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Plenarsitzung
des Nationalrates


Stenographisches Protokoll

 

111. Sitzung des Nationalrates der Republik Österreich

Mittwoch, 16., und Donnerstag, 17. Juni 2021

 

XXVII. Gesetzgebungsperiode

 

 

 

Großer Redoutensaal

 


Stenographisches Protokoll

111. Sitzung des Nationalrates der Republik Österreich

XXVII. Gesetzgebungsperiode

Mittwoch, 16., und Donnerstag, 17. Juni 2021

Dauer der Sitzung

                                                    Mittwoch, 16. Juni 2021: 9.05 – 24.00 Uhr

                                                  Donnerstag, 17. Juni 2021: 0.00 –   0.25 Uhr

*****

Tagesordnung

1. Punkt: EU-Erklärungen der Bundesministerin für EU und Verfassung und der Bun­desministerin für Klimaschutz, Umwelt, Energie, Mobilität, Innovation und Technologie gemäß § 74b Abs. 1 lit b der Geschäftsordnung des Nationalrates zum Thema „Zukunft der Europäischen Union“

2. Punkt: Bericht über den Antrag 1581/A der Abgeordneten Mag. Jörg Leichtfried, Herbert Kickl, Dr. Nikolaus Scherak, MA, Kolleginnen und Kollegen betreffend Minis­teranklage gemäß Art. 142 Abs. 2 lit. b B-VG wider den Bundesminister für Finanzen

3. Punkt: Bericht über den Antrag 1278/A der Abgeordneten Mag. Jörg Leichtfried, Kolleginnen und Kollegen betreffend Ministeranklage gemäß Art. 142 Abs. 2 lit. b B-VG wider die Bundesministerin für Digitalisierung und Wirtschaftsstandort

4. Punkt: Bericht über den Antrag 1647/A der Abgeordneten Mag. Michaela Steinacker, Mag. Agnes Sirkka Prammer, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Diziplinarstatut für Rechtsanwälte und Rechtsanwaltsanwärter, die Rechts­anwaltsordnung, das 1. COVID-19-Justiz-Begleitgesetz und das 2. COVID-19-Justiz-Begleitgesetz geändert werden

5. Punkt: Bericht über den Antrag 1648/A der Abgeordneten Mag. Wolfgang Gerstl, Mag. Agnes Sirkka Prammer, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz über Änderungen des Bundes-Verfassungsgesetzes, des COVID-19 Begleitgesetzes Vergabe und des Verwaltungsrechtlichen COVID-19-Begleitgesetzes sowie das Außer­krafttreten einiger Verfassungsbestimmungen

6. Punkt: Bericht über den Antrag 1649/A der Abgeordneten Mag. Wolfgang Gerstl, Mag. Agnes Sirkka Prammer, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Parteiengesetz 2012, das KommAustria-Gesetz, das Presseförde­rungs­gesetz 2004, das Publizistikförderungsgesetz 1984 und das ORF-Gesetz geändert wer­den

7. Punkt: Bericht über den Antrag 1699/A der Abgeordneten Mag. Wolfgang Gerstl, Mag. Agnes Sirkka Prammer, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz,


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll111. Sitzung, 16. und 17. Juni 2021 / Seite 2

mit dem das Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz und das Verwaltungsgerichtshof­gesetz 1985 geändert werden

8. Punkt: Bericht über den Antrag 1701/A(E) der Abgeordneten Barbara Neßler, Norbert Sieber, Kolleginnen und Kollegen betreffend Weiterentwicklung des Mutter-Kind-Passes zu einem Eltern-Kind-Pass bis zum 18. Lebensjahr sowie über den

Antrag 1330/A(E) der Abgeordneten Michael Bernhard, Kolleginnen und Kollegen betreffend Eltern-Kind-Pass

9. Punkt: Bericht über den Antrag 1431/A(E) der Abgeordneten Eva Maria Holzleitner, BSc, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Familienberatungsstellen am Limit!“

10. Punkt: Bericht über den Antrag 770/A(E) der Abgeordneten Petra Wimmer, Kolle­ginnen und Kollegen betreffend „einen bundeseinheitlichen Rahmen und einheitlich ge­regelte Finanzierung der Kinderschutzzentren“

11. Punkt: Bericht über den Antrag 1619/A(E) der Abgeordneten Dipl.-Kffr. (FH) Eli­sa­beth Pfurtscheller, Mag. Meri Disoski, Kolleginnen und Kollegen betreffend der Erhe­bung über Geldmittel, die der Bund für Maßnahmen in Bezug auf den Abbau von Gewalt gegen Frauen und Kinder, sowie für die Präventionsarbeit, inklusive Täterarbeit in den einzelnen Ministerien aufwendet

12. Punkt: Bericht über den Antrag 1642/A(E) der Abgeordneten Gabriele Heinisch-Hosek, Kolleginnen und Kollegen betreffend Ende der Gewalt gegen Frauen!

13. Punkt: Bericht über den Antrag 1610/A(E) der Abgeordneten Henrike Brandstötter, Kolleginnen und Kollegen betreffend Informationskampagne und Sensibilisierungsmaß­nahmen gegen Gewalt an Frauen

14. Punkt: Bericht über den Antrag 1613/A(E) der Abgeordneten Henrike Brandstötter, Kolleginnen und Kollegen betreffend Aufbrechen von Geschlechterstereotypen zur Ge­waltprävention bei Männern

15. Punkt: Bericht über den Antrag 1594/A(E) der Abgeordneten Dr. Ewa Ernst-Dziedzic, Nico Marchetti, Kolleginnen und Kollegen betreffend Schutz von interge­schlechtlichen Kindern und Jugendlichen vor medizinisch nicht notwendigen Behandlun­gen an den Geschlechtsmerkmalen

16. Punkt: Bericht über den Antrag 1643/A(E) der Abgeordneten Eva Maria Holzleitner, BSc, Kolleginnen und Kollegen betreffend Recht und Würde intergeschlechtlicher Kinder dürfen nicht weiter verletzt werden

17. Punkt: Bericht über den Antrag 1600/A(E) der Abgeordneten Mag. Yannick Shetty, Kolleginnen und Kollegen betreffend Konversionstherapien stoppen – einstimmigen Entschließungsantrag aus 2019 endlich umsetzen

18. Punkt: Bericht über den Antrag 95/A(E) der Abgeordneten Gabriele Heinisch-Hosek, Kolleginnen und Kollegen betreffend Beauftragung einer Zeitverwendungsstudie

19. Punkt: Bericht über den Antrag 375/A(E) der Abgeordneten Gabriele Heinisch-Hosek, Kolleginnen und Kollegen betreffend Beauftragung einer Zeitverwendungsstudie

20. Punkt: Bericht über den Antrag 71/A(E) der Abgeordneten Henrike Brandstötter, Kolleginnen und Kollegen betreffend Teilnahme an EU-Zeit­verwendungsstudie

21. Punkt: Bericht über den Antrag 1511/A(E) der Abgeordneten Gabriele Heinisch-Hosek, Kolleginnen und Kollegen betreffend Frauen am Arbeitsmarkt – Maßnahmen­paket zur Krisenbewältigung


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22. Punkt: Umweltschutzprotokoll zum Antarktis-Vertrag samt Anhang und Anlagen I bis V

23. Punkt: Bericht über den Antrag 1576/A(E) der Abgeordneten Walter Rauch, Kolle­ginnen und Kollegen betreffend praktischer Klimaschutz statt ideologiegetriebenem Gesellschaftsumbau

24. Punkt: Bericht über den Antrag 1552/A(E) der Abgeordneten Walter Rauch, Kolle­ginnen und Kollegen betreffend Bundesreparaturbonus

25. Punkt: Bericht über den Antrag 689/A(E) der Abgeordneten Julia Elisabeth Herr, Kolleginnen und Kollegen betreffend Einführung einer Reparatur-Prämie von 300 Euro pro Jahr

26. Punkt: Bericht über den Antrag 1686/A der Abgeordneten Peter Haubner, Dr. Elisa­beth Götze, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundes­gesetz über die Errichtung eines Härtefallfonds (Härtefallfondsgesetz) geändert wird

27. Punkt: Bericht über den Antrag 1653/A der Abgeordneten Gabriel Obernosterer, Dr. Elisabeth Götze, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das KMU-Förderungsgesetz und das Garantiegesetz 1977 geändert werden

28. Punkt: Bericht über den Antrag 1669/A der Abgeordneten Gabriel Obernosterer, Mag. Dr. Jakob Schwarz, BA, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Einkommensteuergesetz 1988, das Umsatzsteuergesetz 1994 und das Alkoholsteuergesetz geändert werden

29. Punkt: 44. Bericht der Volksanwaltschaft (1. Jänner bis 31. Dezember 2020)

*****

Inhalt

Personalien

Verhinderungen ........................................................................................................      38

Ordnungsrufe ..................................................................................  90, 96, 99, 122

Geschäftsbehandlung

Einwendungen der Abgeordneten Mag. Jörg Leichtfried, Kolleginnen und Kolle­gen gegen die Tagesordnung gemäß § 50 GOG ....................................................      38

Einwendungen der Abgeordneten Dr. Dagmar Belakowitsch, Kolleginnen und Kollegen gegen die Tagesordnung gemäß § 50 GOG ............................................      39

Durchführung einer Debatte gemäß § 50 Abs. 1 GOG ............................................      87

RednerInnen:

Mag. Jörg Leichtfried .............................................................................................      87

Dr. Dagmar Belakowitsch ......................................................................................      89

Gabriela Schwarz ....................................................................................................      90

Kai Jan Krainer ........................................................................................................      92

Sigrid Maurer, BA ...................................................................................................      93

Dr. Susanne Fürst ...................................................................................................      94

Dr. Nikolaus Scherak, MA ......................................................................................      95

Mag. Andrea Kuntzl ................................................................................................      96


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Dr. Christian Stocker ..............................................................................................      97

Christian Hafenecker, MA ......................................................................................      99

Einwendungen finden keine Mehrheit ......................................................................    101

Antrag der Einsetzungsminderheit gemäß § 53 Abs. 6 VO-UA iVm § 107 letzter Satz GOG auf nochmalige Verlängerung der für den Ibiza-Untersuchungsaus­schuss geltenden Frist um weitere drei Monate .......................................................    104

Verlangen der Abgeordneten Dr. Stefanie Krisper, Kolleginnen und Kollegen gemäß § 53 Abs. 6 VO-UA iVm § 2 Abs. 1 VO-UA auf Durchführung einer kurzen Debatte über den Antrag auf nochmalige Verlängerung .........................................    104

Durchführung einer kurzen Debatte gemäß § 57a Abs. 1 GOG ..............................    300

RednerInnen:

Dr. Stephanie Krisper .............................................................................................    300

Mag. Klaus Fürlinger ..............................................................................................    303

Kai Jan Krainer ........................................................................................................    304

Christian Hafenecker, MA ......................................................................................    306

Sigrid Maurer, BA ...................................................................................................    307

Dr. Helmut Brandstätter .........................................................................................    309

Ablehnung des Antrages auf nochmalige Verlängerung der für den Ibiza-Unter­suchungsausschuss geltenden Frist ........................................................................    311

Redezeitbeschränkung nach Beratung in der Präsidialkonferenz gemäß § 57 Abs. 5 GOG ..............................................................................................................    104

Antrag des Abgeordneten MMMag. Dr. Axel Kassegger im Sinne des § 18 Abs. 3 GOG auf Anwesenheit des Bundesministers für Finanzen – Ablehnung ..................................................................................................................... 137, 139

Wortmeldungen im Zusammenhang mit dem Antrag des Abgeordneten MMMag. Dr. Axel Kassegger:

August Wöginger ....................................................................................................    137

Mag. Jörg Leichtfried .............................................................................................    138

Sigrid Maurer, BA ...................................................................................................    138

Aktuelle Stunde (22.)

Thema: „Sichere Gastfreundschaft: Comeback des österreichischen Touris­mus“ .........................................................................................................................      39

RednerInnen:

Gabriel Obernosterer ..............................................................................................      39

Bundesministerin Elisabeth Köstinger ................................................................      42

Rebecca Kirchbaumer ............................................................................................      45

Melanie Erasim, MSc ..............................................................................................      46

Mag. Gerald Hauser ................................................................................................      48

Dr. Elisabeth Götze .................................................................................................      49

Mag. Gerald Loacker ..............................................................................................      51

Christoph Zarits ......................................................................................................      52

Michael Seemayer ...................................................................................................      54

Erwin Angerer .........................................................................................................      56

Dr. Astrid Rössler ...................................................................................................      57

Fiona Fiedler, BEd ..................................................................................................      59


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Aktuelle Stunde – Aktuelle Europastunde (23.)

Thema: „Freies Österreich mit freien Bürgern statt EU-Zwangsbeglückung durch Bargeldbegrenzung und Schuldenunion, Herr Bundeskanzler!“ ..........      60

RednerInnen:

Petra Steger .............................................................................................................      60

Bundeskanzler Sebastian Kurz .............................................................................      63

Dr. Reinhold Lopatka ..............................................................................................      66

Mag. Jörg Leichtfried .............................................................................................      68

MEP Mag. Dr. Georg Mayer, MBL-HSG ................................................................      69

Michel Reimon, MBA ..............................................................................................      70

MEP Claudia Gamon, MSc (WU) ...........................................................................      72

Mag. Wolfgang Gerstl .............................................................................................      73

Katharina Kucharowits ...........................................................................................      74

MMMag. Dr. Axel Kassegger .................................................................................      76

MEP Thomas Waitz .................................................................................................      78

Dipl.-Ing. Karin Doppelbauer .................................................................................      79

MEP Dr. Angelika Winzig .......................................................................................      81

MEP Mag. Dr. Bettina Vollath ................................................................................      82

Peter Wurm ..............................................................................................................      83

Mag. Nina Tomaselli ...............................................................................................      85

Dr. Helmut Brandstätter .........................................................................................      86

Bundesregierung

Vertretungsschreiben ................................................................................................      38

Rechnungshof

Verlangen gemäß § 99 Abs. 2 GOG im Zusammenhang mit dem Antrag 1706/A betreffend Gebarungsüberprüfung ...........................................................................    311

Ausschüsse

Zuweisungen .............................................................................................................    101

Unvereinbarkeitsangelegenheiten

Sechster Bericht des Unvereinbarkeitsausschusses ...............................................    104

Verhandlungen

1. Punkt: EU-Erklärungen der Bundesministerin für EU und Verfassung und der Bundesministerin für Klimaschutz, Umwelt, Energie, Mobilität, Innovation und Technologie gemäß § 74b Abs. 1 lit b der Geschäftsordnung des Nationalrates zum Thema „Zukunft der Europäischen Union“ .......................................................    104

RednerInnen:

Bundesministerin Mag. Karoline Edtstadler ........................................................    105

Bundesministerin Leonore Gewessler, BA .........................................................    108

Dr. Reinhold Lopatka ..............................................................................................    111

Eva Maria Holzleitner, BSc ....................................................................................    114

Petra Steger .............................................................................................................    115

MEP Thomas Waitz .................................................................................................    117

MEP Claudia Gamon, MSc (WU) ...........................................................................    119

Mag. Carmen Jeitler-Cincelli, BA ..........................................................................    120

Julia Elisabeth Herr ................................................................................................    122

MEP Mag. Dr. Georg Mayer, MBL-HSG ................................................................    124


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Sigrid Maurer, BA ...................................................................................................    125

Dr. Nikolaus Scherak, MA ......................................................................................    126

MEP Simone Schmiedtbauer .................................................................................    128

Maximilian Lercher .................................................................................................    129

Dr. Susanne Fürst ...................................................................................................    131

Michel Reimon, MBA ..............................................................................................    134

Michael Bernhard ....................................................................................................    135

Entschließungsantrag der Abgeordneten Dr. Reinhold Lopatka, Michel Reimon, MBA, Kolleginnen und Kollegen betreffend „die EU-Zukunftskonfe­renz“ – Annahme (180/E) ..........................................................................  113, 137

Entschließungsantrag der Abgeordneten Dr. Susanne Fürst, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Nein zum Grünem Pass und einer Kinderimpfpflicht“ – Ablehnung .................................................................................................  132, 137

2. Punkt: Bericht des Verfassungsausschusses über den Antrag 1581/A der Abgeordneten Mag. Jörg Leichtfried, Herbert Kickl, Dr. Nikolaus Scherak, MA, Kolleginnen und Kollegen betreffend Ministeranklage gemäß Art. 142 Abs. 2 lit. b B-VG wider den Bundesminister für Finanzen (931 d.B.) ........................................    137

RednerInnen:

Mag. Jörg Leichtfried .............................................................................................    139

Mag. Wolfgang Gerstl .............................................................................................    140

Michael Schnedlitz ..................................................................................................    141

Mag. Nina Tomaselli ...............................................................................................    142

Dr. Nikolaus Scherak, MA ......................................................................................    144

Mag. Andreas Hanger .............................................................................................    145

Kai Jan Krainer ........................................................................................................    146

Mag. Wolfgang Gerstl (tatsächliche Berichtigung) .................................................    148

Dr. Susanne Fürst ...................................................................................................    148

Kai Jan Krainer (Erwiderung auf eine tatsächliche Berichtigung) ..........................    150

Sabine Schatz ..........................................................................................................    150

Dr. Johannes Margreiter ........................................................................................    151

Kenntnisnahme des Ausschussberichtes 931 d.B. ..................................................    177

3. Punkt: Bericht des Verfassungsausschusses über den Antrag 1278/A der Abgeordneten Mag. Jörg Leichtfried, Kolleginnen und Kollegen betreffend Minis­teranklage gemäß Art. 142 Abs. 2 lit. b B-VG wider die Bundesministerin für Digitalisierung und Wirtschaftsstandort (930 d.B.) ...................................................    152

RednerInnen:

Dr. Christoph Matznetter ........................................................................................    152

Dr. Christian Stocker ..............................................................................................    153

Mag. Christian Ragger ............................................................................................    154

Dr. Elisabeth Götze .................................................................................................    155

Douglas Hoyos-Trauttmansdorff ..........................................................................    156

Andreas Minnich .....................................................................................................    157

Mag. Christian Drobits ...........................................................................................    158

Dr. Helmut Brandstätter .........................................................................................    159

Kenntnisnahme des Ausschussberichtes 930 d.B. ..................................................    177

Gemeinsame Beratung über

4. Punkt: Bericht des Verfassungsausschusses über den Antrag 1647/A der Ab­geordneten Mag. Michaela Steinacker, Mag. Agnes Sirkka Prammer, Kolleginnen


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und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Diziplinarstatut für Rechtsanwälte und Rechtsanwaltsanwärter, die Rechtsanwaltsordnung, das 1. COVID-19-Justiz-Begleitgesetz und das 2. COVID-19-Justiz-Begleitgesetz geändert werden (926 d.B.) ......................................................................................    160

5. Punkt: Bericht des Verfassungsausschusses über den Antrag 1648/A der Ab­geordneten Mag. Wolfgang Gerstl, Mag. Agnes Sirkka Prammer, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz über Änderungen des Bundes-Verfas­sungs­gesetzes, des COVID-19 Begleitgesetzes Vergabe und des Verwaltungs­recht­lichen COVID-19-Begleitgesetzes sowie das Außerkrafttreten einiger Verfas­sungsbestimmungen (927 d.B.) ................................................................................    160

6. Punkt: Bericht des Verfassungsausschusses über den Antrag 1649/A der Abgeordneten Mag. Wolfgang Gerstl, Mag. Agnes Sirkka Prammer, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Parteiengesetz 2012, das KommAustria-Gesetz, das Presseförderungsgesetz 2004, das Publizistikförde­rungs­gesetz 1984 und das ORF-Gesetz geändert werden (928 d.B.) .............................    161

7. Punkt: Bericht des Verfassungsausschusses über den Antrag 1699/A der A­bgeordneten Mag. Wolfgang Gerstl, Mag. Agnes Sirkka Prammer, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Verwaltungsgerichts­verfahrensgesetz und das Verwaltungsgerichtshofgesetz 1985 geändert werden (929 d.B.) ..................................................................................................................    161

RednerInnen:

Mag. Harald Stefan .................................................................................................    161

Mag. Michaela Steinacker ......................................................................................    162

Mag. Christian Ragger ............................................................................................    163

Mag. Ruth Becher ...................................................................................................    163

Mag. Agnes Sirkka Prammer .................................................................................    164

Dr. Johannes Margreiter ........................................................................................    166

Johann Singer .........................................................................................................    167

Dipl.-Ing. Nikolaus Berlakovich .............................................................................    168

Mag. Klaus Fürlinger ..............................................................................................    169

Annahme der vier Gesetzentwürfe in 926, 927, 928 und 929 d.B. ..........................    177

Gemeinsame Beratung über

8. Punkt: Bericht des Ausschusses für Familie und Jugend über den Antrag 1701/A(E) der Abgeordneten Barbara Neßler, Norbert Sieber, Kolleginnen und Kollegen betreffend Weiterentwicklung des Mutter-Kind-Passes zu einem Eltern-Kind-Pass bis zum 18. Lebensjahr sowie über den

Antrag 1330/A(E) der Abgeordneten Michael Bernhard, Kolleginnen und Kollegen betreffend Eltern-Kind-Pass (868 d.B.) ....................................................................    179

9. Punkt: Bericht des Ausschusses für Familie und Jugend über den An­trag 1431/A(E) der Abgeordneten Eva Maria Holzleitner, BSc, Kolleginnen und Kollegen betref­fend „Familienberatungsstellen am Limit!“ (869 d.B.) ..............................................    179

10. Punkt: Bericht des Ausschusses für Familie und Jugend über den Antrag 770/A(E) der Abgeordneten Petra Wimmer, Kolleginnen und Kollegen betreffend „einen bun­deseinheitlichen Rahmen und einheitlich geregelte Finanzierung der Kinderschutz­zentren“ (870 d.B.) ....................................................................................................    179

RednerInnen:

Petra Wimmer ..........................................................................................................    179

Norbert Sieber .........................................................................................................    180


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Edith Mühlberghuber ..............................................................................................    181

Mag. Meri Disoski ...................................................................................................    182

Eva Maria Holzleitner, BSc ....................................................................................    183

Michael Bernhard ....................................................................................................    185

Mario Lindner ..........................................................................................................    186

Ing. Mag. (FH) Alexandra Tanda ............................................................................    187

Mag. Ruth Becher ...................................................................................................    188

Ralph Schallmeiner ................................................................................................    188

Claudia Plakolm ......................................................................................................    189

Annahme der dem schriftlichen Ausschussbericht 868 d.B. beigedruckten Ent­schließung betreffend „Weiterentwicklung des Mutter-Kind-Passes zu einem Eltern-Kind-Pass bis zum 18. Lebensjahr“ (181/E) ..................................................    191

Kenntnisnahme der beiden Ausschussberichte 869 und 870 d.B. ..........................    191

Gemeinsame Beratung über

11. Punkt: Bericht des Gleichbehandlungsausschusses über den Antrag 1619/A(E) der Abgeordneten Dipl.-Kffr. (FH) Elisabeth Pfurtscheller, Mag. Meri Disoski, Kol­leginnen und Kollegen betreffend der Erhebung über Geldmittel, die der Bund für Maßnahmen in Bezug auf den Abbau von Gewalt gegen Frauen und Kinder, sowie für die Präventionsarbeit, inklusive Täterarbeit in den einzelnen Ministerien auf­wendet (892 d.B.) .....................................................................................................    191

12. Punkt: Bericht des Gleichbehandlungsausschusses über den Antrag 1642/A(E) der Abgeordneten Gabriele Heinisch-Hosek, Kolleginnen und Kollegen betreffend Ende der Gewalt gegen Frauen! (893 d.B.) .............................................................    191

13. Punkt: Bericht des Gleichbehandlungsausschusses über den Antrag 1610/A(E) der Abgeordneten Henrike Brandstötter, Kolleginnen und Kollegen betreffend Infor­mationskampagne und Sensibilisierungsmaßnahmen gegen Gewalt an Frauen (894 d.B.) ..................................................................................................................    191

14. Punkt: Bericht des Gleichbehandlungsausschusses über den Antrag 1613/A(E) der Abgeordneten Henrike Brandstötter, Kolleginnen und Kollegen betreffend Aufbrechen von Geschlechterstereotypen zur Gewaltprävention bei Männern (895 d.B.) .........    191

RednerInnen:

Gabriele Heinisch-Hosek .......................................................................................    192

Dipl.-Kffr. (FH) Elisabeth Pfurtscheller .................................................................    193

Rosa Ecker, MBA ....................................................................................................    194

Mag. Meri Disoski ...................................................................................................    195

Bundesministerin Mag. Karoline Edtstadler ........................................................    196

Sabine Schatz ..........................................................................................................    198

Henrike Brandstötter ..............................................................................................    199

Norbert Sieber .........................................................................................................    200

Mag. Romana Deckenbacher .................................................................................    201

Michael Bernhard ....................................................................................................    202

Mag. Meri Disoski (tatsächliche Berichtigung) .......................................................    202

Annahme der dem schriftlichen Ausschussbericht 892 d.B. beigedruckten Ent­schließung betreffend „der Erhebung über Geldmittel, die der Bund für Maßnah­men in Bezug auf den Abbau von Gewalt gegen Frauen und Kinder, sowie für die Präventionsarbeit, inklusive Täterarbeit in den einzelnen Ministerien aufwendet“ (182/E) ......................................................................................................................    229

Kenntnisnahme der drei Ausschussberichte 893, 894 und 895 d.B. .......................    229


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll111. Sitzung, 16. und 17. Juni 2021 / Seite 9

Gemeinsame Beratung über

15. Punkt: Bericht des Gleichbehandlungsausschusses über den Antrag 1594/A(E) der Abgeordneten Dr. Ewa Ernst-Dziedzic, Nico Marchetti, Kolleginnen und Kolle­gen betreffend Schutz von intergeschlechtlichen Kindern und Jugendlichen vor medizinisch nicht notwendigen Behandlungen an den Geschlechtsmerkmalen (896 d.B.) ..................................................................................................................    202

16. Punkt: Bericht des Gleichbehandlungsausschusses über den Antrag 1643/A(E) der Abgeordneten Eva Maria Holzleitner, BSc, Kolleginnen und Kollegen betref­fend Recht und Würde intergeschlechtlicher Kinder dürfen nicht weiter verletzt werden (897 d.B.) .....................................................................................................    203

17. Punkt: Bericht des Gleichbehandlungsausschusses über den Antrag 1600/A(E) der Abgeordneten Mag. Yannick Shetty, Kolleginnen und Kollegen betreffend Kon­versionstherapien stoppen – einstimmigen Entschließungsantrag aus 2019 endlich umsetzen (898 d.B.) .................................................................................................    203

RednerInnen:

Mario Lindner ..........................................................................................................    203

Nico Marchetti .........................................................................................................    204

Rosa Ecker, MBA ....................................................................................................    207

Dr. Ewa Ernst-Dziedzic ...........................................................................  208, 214

Mag. Yannick Shetty ...............................................................................................    208

Bundesministerin für Justiz Dr. Alma Zadić, LL.M. ............................................    211

Irene Neumann-Hartberger ....................................................................................    213

Mario Lindner (tatsächliche Berichtigung) ..............................................................    214

Mag. Yannick Shetty (tatsächliche Berichtigung) ...................................................    215

Bundesministerin Mag. Karoline Edtstadler ........................................................    215

Entschließungsantrag der Abgeordneten Nico Marchetti, Dr. Ewa Ernst-Dziedzic, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Schutz der LGBTIQ-Rechte in Europa“ – Annahme (185/E) .....................................................................  206, 230

Entschließungsantrag der Abgeordneten Mag. Yannick Shetty, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Angriffe auf LGBTIQ-Rechte in Ungarn aufs Schärfste verurteilen“ – Ablehnung ...........................................................................  210, 230

Annahme der dem schriftlichen Ausschussbericht 896 d.B. beigedruckten Ent­schließung betreffend „Schutz von intergeschlechtlichen Kindern und Jugend­lichen vor medizinisch nicht notwendigen Behandlungen an den Geschlechtsmerkmalen“ (183/E) ......................................................................................................................    229

Kenntnisnahme des Ausschussberichtes 897 d.B. ..................................................    229

Kenntnisnahme des Ausschussberichtes 898 d.B. hinsichtlich des Antrages 1600/A(E) .................................................................................................................    229

Annahme der dem schriftlichen Ausschussbericht 898 d.B. beigedruckten Ent­schließung betreffend „Verbot von Behandlungen bei Minderjährigen, sowie Voll­jährigen, deren Einwilligung auf Willensmangel beruht, die auf eine Veränderung der sexuellen Orientierung abzielen“ (184/E) ...........................................................    229

Gemeinsame Beratung über

18. Punkt: Bericht des Gleichbehandlungsausschusses über den Antrag 95/A(E) der Abgeordneten Gabriele Heinisch-Hosek, Kolleginnen und Kollegen betreffend Beauftragung einer Zeitverwendungsstudie (899 d.B.) ............................................    216


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll111. Sitzung, 16. und 17. Juni 2021 / Seite 10

19. Punkt: Bericht des Gleichbehandlungsausschusses über den Antrag 375/A(E) der Abgeordneten Gabriele Heinisch-Hosek, Kolleginnen und Kollegen betreffend Beauftragung einer Zeitverwendungsstudie (900 d.B.) ............................................    216

20. Punkt: Bericht des Gleichbehandlungsausschusses über den Antrag 71/A(E) der Abgeordneten Henrike Brandstötter, Kolleginnen und Kollegen betreffend Teilnahme an EU-Zeitverwendungsstudie (901 d.B.) ..............................................    216

RednerInnen:

Mag. Verena Nussbaum .........................................................................................    216

Dipl.-Kffr. (FH) Elisabeth Pfurtscheller .................................................................    217

Edith Mühlberghuber ..............................................................................................    218

Mag. Meri Disoski ...................................................................................................    220

Entschließungsantrag der Abgeordneten Edith Mühlberghuber, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Schulstartgeld für alle Schülerinnen und Schüler der Primar- und Sekundarstufe“ – Ablehnung ................................................  220, 230

Kenntnisnahme der drei Ausschussberichte 899, 900 und 901 d.B. .......................    230

21. Punkt: Bericht des Gleichbehandlungsausschusses über den Antrag 1511/A(E) der Abgeordneten Gabriele Heinisch-Hosek, Kolleginnen und Kollegen betreffend Frauen am Arbeitsmarkt – Maßnahmenpaket zur Krisenbewältigung (902 d.B.) ...    222

RednerInnen:

Mag. Dr. Petra Oberrauner .....................................................................................    222

Mag. Romana Deckenbacher .................................................................................    223

Rosa Ecker, MBA ....................................................................................................    224

Mag. Meri Disoski ...................................................................................................    225

Henrike Brandstötter ..............................................................................................    226

Mag. Maria Smodics-Neumann .............................................................................    227

Kenntnisnahme des Ausschussberichtes 902 d.B. ..................................................    230

Gemeinsame Beratung über

22. Punkt: Bericht des Umweltausschusses über die Regierungsvorlage (812 d.B.): Umweltschutzprotokoll zum Antarktis-Vertrag samt Anhang und Anlagen I bis V (903 d.B.) ..................................................................................................................    230

23. Punkt: Bericht des Umweltausschusses über den Antrag 1576/A(E) der Ab­geordneten Walter Rauch, Kolleginnen und Kollegen betreffend praktischer Klima­schutz statt ideologiegetriebenem Gesellschaftsumbau (906 d.B.) .........................    230

RednerInnen:

Walter Rauch ...........................................................................................................    231

Dr. Astrid Rössler ...................................................................................................    232

Cornelia Ecker .........................................................................................................    233

Johannes Schmuckenschlager .............................................................................    234

Mag. Yannick Shetty ...............................................................................................    235

Hermann Weratschnig, MBA MSc .........................................................................    236

Andreas Kollross ....................................................................................................    237

Mag. Carmen Jeitler-Cincelli, BA ..........................................................................    238

Lukas Hammer ........................................................................................................    239

Nikolaus Prinz .........................................................................................................    240

Dipl.-Ing. Nikolaus Berlakovich .............................................................................    241

Joachim Schnabel ..................................................................................................    242

Franz Hörl ................................................................................................................    243

Michael Schnedlitz ..................................................................................................    243


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll111. Sitzung, 16. und 17. Juni 2021 / Seite 11

Genehmigung des Staatsvertrages samt Anhang und Anlagen I bis V in 903 d.B. .....    254

Beschlussfassung im Sinne des Art. 50 Abs. 2 Z 4 B-VG hinsichtlich 903 d.B. ......    254

Kenntnisnahme des Ausschussberichtes 906 d.B. ..................................................    254

Gemeinsame Beratung über

24. Punkt: Bericht des Umweltausschusses über den Antrag 1552/A(E) der Abge­ordneten Walter Rauch, Kolleginnen und Kollegen betreffend Bundesreparatur­bonus (904 d.B.) .......................................................................................................    244

25. Punkt: Bericht des Umweltausschusses über den Antrag 689/A(E) der Abge­ordneten Julia Elisabeth Herr, Kolleginnen und Kollegen betreffend Einführung einer Reparatur-Prämie von 300 Euro pro Jahr (905 d.B.) ......................................    245

RednerInnen:

Julia Elisabeth Herr ................................................................................................    245

Dr. Astrid Rössler ...................................................................................................    246

Dipl.-Ing. Gerhard Deimek .....................................................................................    247

Mag. Maria Smodics-Neumann .............................................................................    248

Bundesministerin Leonore Gewessler, BA .........................................................    249

Julia Elisabeth Herr (tatsächliche Berichtigung) ....................................................    251

Robert Laimer ..........................................................................................................    251

Michael Bernhard ....................................................................................................    252

Ing. Martin Litschauer ............................................................................................    253

Kenntnisnahme des Ausschussberichtes 904 d.B. hinsichtlich des Antrages 1552/A(E) .................................................................................................................    255

Annahme der dem schriftlichen Ausschussbericht 904 d.B. beigedruckten Ent­schließung betreffend „Reparieren statt Wegwerfen: Österreichweite Förderung von Reparaturen“ (186/E) .........................................................................................    255

Kenntnisnahme des Ausschussberichtes 905 d.B. ..................................................    255

Gemeinsame Beratung über

26. Punkt: Bericht des Budgetausschusses über den Antrag 1686/A der Abge­ordneten Peter Haubner, Dr. Elisabeth Götze, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz über die Errichtung eines Härte­fallfonds (Härtefallfondsgesetz) geändert wird (933 d.B.) ........................................    255

27. Punkt: Bericht des Budgetausschusses über den Antrag 1653/A der Abgeord­neten Gabriel Obernosterer, Dr. Elisabeth Götze, Kolleginnen und Kollegen be­treffend ein Bundesgesetz, mit dem das KMU-Förderungsgesetz und das Garan­tiegesetz 1977 geändert werden (934 d.B.) .............................................................    255

28. Punkt: Bericht des Budgetausschusses über den Antrag 1669/A der Abgeord­neten Gabriel Obernosterer, Mag. Dr. Jakob Schwarz, BA, Kolleginnen und Kolle­gen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Einkommensteuergesetz 1988, das Um­satzsteuergesetz 1994 und das Alkoholsteuergesetz geändert werden (935 d.B.) ........    255

RednerInnen:

Kai Jan Krainer ........................................................................................................    255

Gabriel Obernosterer ..............................................................................................    257

Julia Elisabeth Herr ................................................................................................    258

Erwin Angerer .........................................................................................................    259

Mag. Karin Greiner ..................................................................................................    260


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll111. Sitzung, 16. und 17. Juni 2021 / Seite 12

Mag. Eva Blimlinger ................................................................................................    260

Dr. Christoph Matznetter ........................................................................................    261

Dipl.-Ing. Karin Doppelbauer .................................................................................    263

Bundesministerin Dr. Margarete Schramböck ....................................................    265

Bundesminister Mag. Gernot Blümel, MBA .........................................................    266

Franz Hörl ................................................................................................................    268

Michael Bernhard ....................................................................................................    269

Christoph Stark .......................................................................................................    272

Mag. Dr. Rudolf Taschner ......................................................................................    273

Laurenz Pöttinger ...................................................................................................    274

Ralph Schallmeiner ................................................................................................    275

Mag. Gerald Loacker ..............................................................................................    276

Entschließungsantrag der Abgeordneten Kai Jan Krainer, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Verlängerung des Härtefallfonds und der Stundungs­möglich­keiten bis Jahresende“ – Ablehnung .........................................................  262, 277

Entschließungsantrag der Abgeordneten Dr. Nikolaus Scherak, MA, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Flexibilisierung Ladenöffnungszeiten“ – Ablehnung ....  271, 277

Annahme der drei Gesetzentwürfe in 933, 934 und 935 d.B. ..................................    276

29. Punkt: Bericht des Volksanwaltschaftsausschusses über den 44. Bericht der Volksanwaltschaft (1. Jänner bis 31. Dezember 2020) (III-224/867 d.B.) ...............    277

RednerInnen:

Martina Diesner-Wais .............................................................................................    277

Rudolf Silvan ...........................................................................................................    279

Mag. Christian Ragger ............................................................................................    280

David Stögmüller ....................................................................................................    280

Dr. Johannes Margreiter ........................................................................................    282

Peter Weidinger ......................................................................................................    283

Sabine Schatz ..........................................................................................................    284

Rosa Ecker, MBA ....................................................................................................    285

Bedrana Ribo, MA ...................................................................................................    286

Mag. Elisabeth Scheucher-Pichler ........................................................................    286

Petra Bayr, MA MLS ................................................................................................    288

Christian Lausch .....................................................................................................    289

Dr. Gudrun Kugler ..................................................................................................    290

Ing. Reinhold Einwallner ........................................................................................    290

Volksanwalt Mag. Bernhard Achitz .......................................................................    291

Volksanwalt Werner Amon, MBA ..........................................................................    294

Volksanwalt Dr. Walter Rosenkranz .....................................................................    296

Ing. Josef Hechenberger ........................................................................................    298

Mario Lindner ..........................................................................................................    299

Kenntnisnahme des Berichtes III-224 d.B. ...............................................................    300

Eingebracht wurden

Petitionen .................................................................................................................    101

Petition betreffend „VOLLER SCHUTZ vor Hass & Diskriminierung“ (Ordnungs­nummer 61) (überreicht vom Abgeordneten Mario Lindner)

Petition betreffend „Selbstbestimmung und Anerkennung von transidenten, nicht-binären und intergeschlechtlichen Menschen“ (Ordnungsnummer 62) (überreicht von den Abgeordneten Mario Lindner und Mag. Yannick Shetty)


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll111. Sitzung, 16. und 17. Juni 2021 / Seite 13

Petition betreffend „INKLUSIVE BILDUNG JETZT“ (Ordnungsnummer 63) (über­reicht von den Abgeordneten Petra Vorderwinkler, Fiona Fiedler, BEd, Mag. Martina Künsberg Sarre und Mag. Verena Nussbaum)

Bürgerinitiativen .....................................................................................................    102

Bürgerinitiative betreffend „Aktion 40.000 – Arbeitsplätze, Chancen, Zuversicht“ (Ordnungsnummer 34)

Bürgerinitiative betreffend „Abschaffung des Dieselprivilegs. Jetzt!“ (Ordnungs­nummer 35)

Regierungsvorlagen ...............................................................................................    101

891: Bundesgesetz, mit dem ein Bundesgesetz über österreichische Beiträge an internationale Finanzinstitutionen (IFI-Beitragsgesetz 2021) erlassen und das Bundesschatzscheingesetz geändert wird

932: Vereinbarung gemäß Art. 15a B-VG zwischen dem Bund und dem Land Oberösterreich über die Finanzierung der Planung der Stadtregionalbahnprojekte Linz

Berichte ....................................................................................................................    101

Vorlage 64 BA: Bericht über die Wirkungsorientierte Folgenabschätzung 2020 gemäß § 68 Abs. 5 BHG 2013 iVm § 6 Wirkungscontrollingverordnung; BM f. Kunst, Kultur, öffentlichen Dienst und Sport

Vorlage 65 BA: Bericht gemäß § 67 Abs. 4 BHG 2013 über die Ergebnisse des Beteiligungs- und Finanzcontrolling zum Stichtag 31. März 2021; BM f. Finanzen

Vorlage 66 BA: Bericht über die Entwicklung des Bundeshaushaltes von Jänner bis April 2021 sowie COVID-19 Berichterstattung, gemäß § 3 Abs. 4 COVID-19 Fondsgesetz, § 3b Abs. 4 ABBAG-Gesetz und § 1 Abs. 5 Härtefallfondsgesetz; BM f. Finanzen

III-322: Bericht betreffend Frühe sprachliche Förderung in Kindergärten – Reihe BUND 2021/20; Rechnungshof

III-324: Bericht betreffend Schutzwaldbewirtschaftung bei der Österreichischen Bundesforste AG; Follow-up-Überprüfung – Reihe BUND 2021/21; Rechnungshof

III-325: Bericht betreffend Bundespensionskasse AG – Veranlagungsstrategien und Asset Management; Follow-up-Überprüfung – Reihe BUND 2021/22; Rech­nungshof

III-328: Bericht gemäß § 13 Abs. 1a des Bundesgesetzes über die Finanzierung der Arbeitsmarktpolitik (Arbeitsmarktpolitik-Finanzierungsgesetz – AMPFG) für das Jahr 2020 sowie Jänner bis April 2021; BM f. Arbeit

III-329: Österreichischer Forschungs- und Technologiebericht 2021; BM f. Bildung, Wissenschaft und Forschung, BM f. Klimaschutz, Umwelt, Energie, Mobilität, Innovation und Technologie und BM f. Digitalisierung und Wirtschaftsstandort

III-330: Bericht nach § 3 Abs. 5 des Bundesgesetzes über die Errichtung des COVID-19-Krisenbewältigungsfonds für April 2021; BM f. Bildung, Wissenschaft und Forschung


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll111. Sitzung, 16. und 17. Juni 2021 / Seite 14

III-331: Bericht nach § 3 Abs. 5 des Bundesgesetzes über die Errichtung des COVID-19-Krisenbewältigungsfonds für April 2021; BM f. Landwirtschaft, Regio­nen und Tourismus

III-332: Bericht nach § 3 Abs. 5 des Bundesgesetzes über die Errichtung des COVID-19-Krisenbewältigungsfonds und § 1 Abs. 5 des Bundesgesetzes über die Errichtung eines Härtefallfonds für April 2021; BM f. Digitalisierung und Wirt­schaftsstandort

III-333: Bericht nach § 1 Abs. 5 des Bundesgesetzes über die Errichtung eines Härtefallfonds in der Land- und Forstwirtschaft inkl. Privatzimmervermietung für April 2021; BM f. Landwirtschaft, Regionen und Tourismus

III-334: Bericht nach § 3 Abs. 5 des Bundesgesetzes über die Errichtung des COVID-19-Krisenbewältigungsfonds für April 2021; Bundeskanzler

III-335: Bericht betreffend Prävention und Bekämpfung von Cyberkriminalität – Reihe BUND 2021/23; Rechnungshof

III-336: Bericht betreffend Burgtheater GmbH – Reihe BUND 2021/24; Rechnungs­hof

III-337: Bericht nach § 3 Abs. 5 des Bundesgesetzes über die Errichtung des COVID-19-Krisenbewältigungsfonds für April 2021 – Untergliederung 34 Innova­tion und Technologie (Forschung); BM f. Klimaschutz, Umwelt, Energie, Mobilität, Innovation und Technologie

III-338: Bericht nach § 3 Abs. 5 des Bundesgesetzes über die Errichtung des COVID-19-Krisenbewältigungsfonds für April 2021 – Untergliederung 41 Mobilität; BM f. Klimaschutz, Umwelt, Energie, Mobilität, Innovation und Technologie

III-339: Bericht nach § 3 Abs. 5 des Bundesgesetzes über die Errichtung des COVID-19-Krisenbewältigungsfonds für April 2021 – Untergliederung 43 Klima, Umwelt und Energie; BM f. Klimaschutz, Umwelt, Energie, Mobilität, Innovation und Technologie

III-340: Bericht nach § 1 Abs. 4 des Bundesgesetzes über die Errichtung eines Fonds für eine Überbrückungsfinanzierung für selbständige Künstlerinnen und Künstler für Mai 2021; BM f. Kunst, Kultur, öffentlichen Dienst und Sport

III-341: Bericht nach § 3 Abs. 5 des Bundesgesetzes über die Errichtung des COVID-19-Krisenbewältigungsfonds für Jänner bis April 2021; BM f. Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz

III-343: Bericht nach § 3 Abs. 5 des Bundesgesetzes über die Errichtung des COVID-19-Krisenbewältigungsfonds für März 2020 bis Mai 2021; BM f. Arbeit

III-344: Bericht nach § 1 Abs. 4 des Bundesgesetzes über die Errichtung eines Non-Profit-Organisationen Unterstützungsfonds für Mai 2021; BM f. Kunst, Kultur, öffentlichen Dienst und Sport

III-345: Sechster Bericht des Biopatent Monitoring Komitees; BM f. Klimaschutz, Umwelt, Energie, Mobilität, Innovation und Technologie

Anträge der Abgeordneten

Hermann Brückl, MA, Kolleginnen und Kollegen betreffend Überprüfung des Bundes­ministeriums für Bildung, Wissenschaft und Forschung betreffend die Beschaffungen in den Jahren 2020 und 2021 in Zusammenhang mit der Covid-Pandemie (1706/A)


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll111. Sitzung, 16. und 17. Juni 2021 / Seite 15

Mag. Christian Drobits, Kolleginnen und Kollegen betreffend Fake Shops (1707/A)(E)

Melanie Erasim, MSC, Kolleginnen und Kollegen betreffend Finanzielle Hilfsmaß­nah­men für Stornierungen im Zusammenhang mit Covid-19 (1708/A)(E)

Melanie Erasim, MSC, Kolleginnen und Kollegen betreffend Gratis Corona-Tests für Privatzimmervermieter*innen (1709/A)(E)

Dr. Christoph Matznetter, Kolleginnen und Kollegen betreffend Verlängerung des Härtefallfonds und der Stundungsmöglichkeiten bis Jahresende (1710/A)(E)

Dr. Christoph Matznetter, Kolleginnen und Kollegen betreffend Maßnahmen im Zuge der erwarteten Pleitewelle (1711/A)(E)

Dietmar Keck, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz über den Schutz der Tiere (Tierschutzgesetz – TSchG) geändert wird (1712/A)

Michael Bernhard, Kolleginnen und Kollegen betreffend Anpassung der Schwellen­werte in der Bundes-Umgebungslärmschutzverordnung an die Empfehlungen der WHO (1713/A)(E)

Dr. Helmut Brandstätter, Kolleginnen und Kollegen betreffend Aufwertung und schritt­weise Anerkennung der Nationalen Einheitsregierung in Myanmar (1714/A)(E)

Dr. Helmut Brandstätter, Kolleginnen und Kollegen betreffend Fremdenpässe für De­mokratieaktivist_innen aus Belarus, Hongkong (1715/A)(E)

Henrike Brandstötter, Kolleginnen und Kollegen betreffend Mut zu einem echten Kultur-Neustart (1716/A)(E)

Fiona Fiedler, BEd, Kolleginnen und Kollegen betreffend Planungssicherheit und neue Anreize für die Veranstaltungsbranche (1717/A)(E)

Mag. Martina Künsberg Sarre, Kolleginnen und Kollegen betreffend Umgeschulte Linkshändigkeit (1718/A)(E)

Mag. Martina Künsberg Sarre, Kolleginnen und Kollegen betreffend Bildung als zentrale Säule in der FTI-Strategie 2030 (1719/A)(E)

Mag. Gerald Loacker, Kolleginnen und Kollegen betreffend Flexibilisierung Ladenöf­fnungszeiten (1720/A)(E)

Mag. Gerald Loacker, Kolleginnen und Kollegen betreffend Gesundheitsmonitoring von Schüler_innen (1721/A)(E)

Mag. Gerald Loacker, Kolleginnen und Kollegen betreffend School Nurses (1722/A)(E)

Mag. Gerald Loacker, Kolleginnen und Kollegen betreffend Schulpsychologie und Schulsozialarbeit (1723/A)(E)

Mag. Gerald Loacker, Kolleginnen und Kollegen betreffend Schulpsychologie und Schulsozialarbeit (1724/A)(E)

Dr. Johannes Margreiter, Kolleginnen und Kollegen betreffend Unterhaltssicherung (1725/A)(E)

Dr. Johannes Margreiter, Kolleginnen und Kollegen betreffend § 13 WaffenG (1726/A)(E)


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll111. Sitzung, 16. und 17. Juni 2021 / Seite 16

Dr. Nikolaus Scherak, MA, Kolleginnen und Kollegen betreffend Archivierung beruf­licher Nachrichten und Kanäle oberster Staatsorgane (1727/A)(E)

Mag. Yannick Shetty, Kolleginnen und Kollegen betreffend Diskriminierung im Ama­teur­sport (1728/A)(E)

Dipl.-Ing. Karin Doppelbauer, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz vom 6. Feber 1968 über elektrische Leitungsanlagen, die sich nicht auf zwei oder mehrere Bundesländer erstrecken, geändert wird (1729/A)

Mag. Dr. Petra Oberrauner, Kolleginnen und Kollegen betreffend freie Endgerätewahl beim Internetzugang (1730/A)(E)

Maria Großbauer, Mag. Eva Blimlinger, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz über die Errichtung eines Fonds für eine Überbrückungsfinanzierung für selbständige Künstlerinnen und Künstler geändert wird (1731/A)

Mag. Andrea Kuntzl, Kolleginnen und Kollegen betreffend Digitalisierung der Hoch­schulen (1732/A)(E)

Edith Mühlberghuber, Kolleginnen und Kollegen betreffend Jährliche Anpassung der Familienbeihilfe an die Inflationsrate (1733/A)(E)

Edith Mühlberghuber, Kolleginnen und Kollegen betreffend Schulstartgeld für alle Schülerinnen und Schüler der Primar- und Sekundarstufe (1734/A)(E)

Mag. Harald Stefan, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz mit dem das Bundesgesetz vom 23. Jänner 1974 über die mit gerichtlicher Strafe bedrohter Handlungen (Strafgesetzbuch – StGB), BGBl. Nr. 60/1974 geändert wird (1735/A)

Mag. Harald Stefan, Kolleginnen und Kollegen betreffend Einbeziehung der Insassen von Justizanstalten in die gesetzliche Krankenversicherung (1736/A)(E)

Mag. Dr. Martin Graf, Kolleginnen und Kollegen betreffend Abschaffung der Zwangs­mitgliedschaft in der der Österreichischen Hochschülerinnen- und Hochschülerschaft (1737/A)(E)

Christian Ries, Kolleginnen und Kollegen betreffend Präsenzdienst, Assistenzeinsatz und Zivildienst dürfen nicht zum Verlust des Rechtsanspruches auf den Papamonat führen (1738/A)(E)

Dr. Dagmar Belakowitsch, Kolleginnen und Kollegen betreffend Diskriminierungs­ver­bot gegen das Zwangsregime „Grüner Pass“ (1739/A)(E)

Peter Wurm, Kolleginnen und Kollegen betreffend Verringerung der Lebensmittel­ver­schwendung – Umsetzung des Unterziels 12.3 der Agenda 2030 Bericht des Rech­nungshofes Reihe BUND 2021/19 (1740/A)(E)

Peter Wurm, Kolleginnen und Kollegen betreffend Diskriminierungsverbot gegen das Zwangsregime „Grüner Pass“ (1741/A)(E)

Mag. Gerhard Kaniak, Kolleginnen und Kollegen betreffend Diskriminierungsverbot gegen das Zwangsregime „Grüner Pass“ (1742/A)(E)

Katharina Kucharowits, Kolleginnen und Kollegen betreffend Verschwinden von Kindern und Jugendlichen mit Fluchterfahrung (1743/A)(E)


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll111. Sitzung, 16. und 17. Juni 2021 / Seite 17

Erwin Angerer, Kolleginnen und Kollegen betreffend Fristverlängerung für die Beantra­gung der Mittel aus dem Kommunalen Investitionsprogramm (1744/A)(E)

Anfragen der Abgeordneten

Dr. Johannes Margreiter, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Justiz betreffend Tod in Gefängnis (6776/J)

Mag. Gerald Loacker, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz betreffend Blackbox Arbeitsunfähigkeit (6777/J)

Mag. Gerald Loacker, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Arbeit betreffend Blackbox Arbeitsunfähigkeit (6778/J)

Douglas Hoyos-Trauttmansdorff, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz betreffend Datenschutz beim „Grünen Pass“ (6779/J)

Douglas Hoyos-Trauttmansdorff, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Landesverteidigung betreffend GSVP Solidarität im globalen Sicherheitsumfeld (6780/J)

Mag. Gerald Loacker, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz betreffend Sozialversicherung: Offenle­gung der Gebarungsvorschaurechnungen (05/2021) (6781/J)

Mario Lindner, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Frauen, Familie, Jugend und Integration betreffend Ankündigungen aus dem Maßnahmenpaket gegen Gewalt an Frauen und zur Stärkung von Gewaltprävention im Bereich der Männerarbeit (6782/J)

Mario Lindner, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Inneres betreffend Ankündigungen aus dem Maßnahmenpaket gegen Gewalt an Frauen und zur Stärkung von Gewaltprävention im Bereich der Männerarbeit (6783/J)

Mario Lindner, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Soziales, Gesund­heit, Pflege und Konsumentenschutz betreffend Ankündigungen aus dem Maßnah­menpaket gegen Gewalt an Frauen und zur Stärkung von Gewaltprävention im Bereich der Männerarbeit (6784/J)

Mario Lindner, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Justiz betreffend Ankündigungen aus dem Maßnahmenpaket gegen Gewalt an Frauen und zur Stärkung von Gewaltprävention im Bereich der Männerarbeit (6785/J)

Julia Elisabeth Herr, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Klima­schutz, Umwelt, Energie, Mobilität, Innovation und Technologie betreffend Ministeriums­interne Maßnahmen für den Klimaschutz (6786/J)

Julia Elisabeth Herr, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Kunst, Kultur, öffentlichen Dienst und Sport betreffend Ministeriumsinterne Maßnahmen für den Klimaschutz (6787/J)

Julia Elisabeth Herr, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Landwirt­schaft, Regionen und Tourismus betreffend Ministeriumsinterne Maßnahmen für den Klimaschutz (6788/J)

Julia Elisabeth Herr, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Landes­verteidigung betreffend Ministeriumsinterne Maßnahmen für den Klimaschutz (6789/J)


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll111. Sitzung, 16. und 17. Juni 2021 / Seite 18

Julia Elisabeth Herr, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz betreffend Ministeriumsinterne Maßnah­men für den Klimaschutz (6790/J)

Julia Elisabeth Herr, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Justiz betreffend Ministeriumsinterne Maßnahmen für den Klimaschutz (6791/J)

Julia Elisabeth Herr, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Inneres betreffend Ministeriumsinterne Maßnahmen für den Klimaschutz (6792/J)

Julia Elisabeth Herr, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Finanzen betreffend Ministeriumsinterne Maßnahmen für den Klimaschutz (6793/J)

Julia Elisabeth Herr, Kolleginnen und Kollegen an den Bundeskanzler betreffend Ministeriumsinterne Maßnahmen für den Klimaschutz (6794/J)

Julia Elisabeth Herr, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Digitalisie­rung und Wirtschaftsstandort betreffend Ministeriumsinterne Maßnahmen für den Klima­schutz (6795/J)

Julia Elisabeth Herr, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Arbeit betreffend Ministeriumsinterne Maßnahmen für den Klimaschutz (6796/J)

Julia Elisabeth Herr, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Bildung, Wissenschaft und Forschung betreffend Ministeriumsinterne Maßnahmen für den Klimaschutz (6797/J)

Julia Elisabeth Herr, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für europäische und internationale Angelegenheiten betreffend Ministeriumsinterne Maßnahmen für den Klimaschutz (6798/J)

Mag. Verena Nussbaum, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Arbeit betreffend Evaluierung der Sonderbetreuungszeit von März 2020-März 2021 (6799/J)

Alois Kainz, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Arbeit betreffend 500 Euro Bonus spaltet Teams im Gesundheits- und Pflegebereich (6800/J)

Alois Kainz, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz betreffend 500 Euro Bonus spaltet Teams im Gesund­heits- und Pflegebereich (6801/J)

Mag. Gerhard Kaniak, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Inneres betreffend Covid-Impfungen (6802/J)

Rosa Ecker, MBA, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Frauen, Familie, Jugend und Integration betreffend der Verzögerungen hinsichtlich der Anspruchs­überprüfungsschreiben zum Bezug der Familienbeihilfe (6803/J)

Petra Steger, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Kunst, Kultur, öffentlichen Dienst und Sport betreffend den Folgen des „EU-Impfpasses“ für Profi- und Amateursportler (6804/J)

Peter Wurm, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Soziales, Ge­sund­heit, Pflege und Konsumentenschutz betreffend Fitnessstudios kassierten trotz Sperre Beiträge und Servicepauschalen (6805/J)

Peter Wurm, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Soziales, Ge­sund­heit, Pflege und Konsumentenschutz betreffend Kryptowährungen und Konsumen­ten­schutz (6806/J)


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll111. Sitzung, 16. und 17. Juni 2021 / Seite 19

Rosa Ecker, MBA, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Finanzen betreffend der Verzögerungen hinsichtlich der Anspruchsüberprüfungsschreiben zum Bezug der Familienbeihilfe (6807/J)

Christian Hafenecker, MA, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Finan­zen betreffend Rechtsberatung für die Mitarbeiter des BMF aufgrund von Aktenliefe­rungen an den Untersuchungsausschuss (6808/J)

Mag. Gerald Hauser, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz betreffend Entwicklung der Todesfälle nach Covid-19-Impfungen (6809/J)

Peter Wurm, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Soziales, Gesund­heit, Pflege und Konsumentenschutz betreffend Corona-Krise kostet uns 175 Milliarden Euro (6810/J)

Edith Mühlberghuber, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Frauen, Familie, Jugend und Integration betreffend Kürzung des Kinderbetreuungsgeldes auf­grund fehlender Übermittlung der Mutter-Kind-Pass-Untersuchungen (6811/J)

Petra Steger, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Kunst, Kultur, öffentlichen Dienst und Sport betreffend wirtschaftliche Auswirkungen der Coronapolitik auf den Sportbereich (6812/J)

Edith Mühlberghuber, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Frauen, Familie, Jugend und Integration betreffend Verlust des Anspruchs auf einkommens­abhängiges Kinderbetreuungsgeld bei mehr als 14-tägigem Krankengeldbezug (6813/J)

Peter Wurm, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Soziales, Gesund­heit, Pflege und Konsumentenschutz betreffend Tickets nicht rückerstattet: Millionen­strafen für Fluglinien (6814/J)

Rosa Ecker, MBA, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz betreffend der hohen Zahlungen bei ver­späteter Übermittlung von Mutter-Kind-Pass-Untersuchungen (6815/J)

Wolfgang Zanger, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Arbeit betreffend Vereinsausschluss der ASB Graz GmbH, Gruppe Graz und LV Steiermark und Förderungen für den Arbeitersamariterbund (6816/J)

Wolfgang Zanger, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz betreffend Vereinsausschluss der ASB Graz GmbH, Gruppe Graz und LV Steiermark und Förderungen für den Arbeitersama­riterbund (6817/J)

Wolfgang Zanger, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz betreffend Verringerung der Lebensmittel­verschwendung – Umsetzung des Unterziels 12.3 der Agenda 2030 Bericht des Rechnungshofes Reihe BUND 2021/19 (6818/J)

Mag. Gerald Hauser, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz betreffend Chaos um Tests in Tirol (6819/J)

Dr. Dagmar Belakowitsch, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Arbeit betreffend Ausländer- und Inländerarbeitslosigkeit 2020 und 2021 (6820/J)

Dr. Dagmar Belakowitsch, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Sozia­les, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz betreffend Wirbel um PCR-Abzocke in Mücksteins Gruppenpraxis (6821/J)


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll111. Sitzung, 16. und 17. Juni 2021 / Seite 20

Walter Rauch, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Klimaschutz, Umwelt, Energie, Mobilität, Innovation und Technologie betreffend Grüner Posten­schacher – Ex-Abgeordneter Julian Schmid erhält „Green Job“ bei der österreichischen Energieagentur (6822/J)

Peter Wurm, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Soziales, Gesund­heit, Pflege und Konsumentenschutz betreffend Türkis-grüner Vertagungszirkus. Bei­spiel Eins: Antrag der Abgeordneten Peter Wurm, Kolleginnen und Kollegen betreffend Preismonitoring und Inflationsstopp in COVID-19-Zeiten (6823/J)

Dr. Dagmar Belakowitsch, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz betreffend „Mast niedergemäht: SPÖ-Bezirkschef in nächtlichen Autounfall verwickelt“ (6824/J)

Peter Wurm, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Soziales, Gesund­heit, Pflege und Konsumentenschutz betreffend Türkis-grüner Vertagungszirkus. Bei­spiel Zwei: Antrag der Abgeordneten Peter Wurm, Kolleginnen und Kollegen betreffend Status über transparente, rechtssichere und angemessene Regelungen im Bereich der Inkassogebühren (6825/J)

Rosa Ecker, MBA, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz betreffend der Umsetzung der Maßnah­men aus dem aktuellen Männerbericht (6826/J)

Petra Steger, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Kunst, Kultur, öffentlichen Dienst und Sport betreffend gesundheitliche Auswirkungen der Corona­politik auf den Sportbereich (6827/J)

Peter Wurm, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Soziales, Gesund­heit, Pflege und Konsumentenschutz betreffend „Gewährleistungsrecht NEU“ (6828/J)

Mag. Gerhard Kaniak, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz betreffend Zwei schwere Impfreaktionen (6829/J)

Alois Kainz, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Inneres betreffend Verkauf von Grenzkontrollstationen in Österreich (6830/J)

Rosa Ecker, MBA, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Inneres be­treffend aktueller Stand der Dinge hinsichtlich regelmäßiger Hochrisikofallkonferenzen in Österreich (6831/J)

Mag. Gerald Hauser, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Klima­schutz, Umwelt, Energie, Mobilität, Innovation und Technologie betreffend Tunnel­lösung für den Fernpass (6832/J)

Mag. Gerald Hauser, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Justiz betreffend der illegalen PCR-COVID-19-Tests in Tirol (6833/J)

Mag. Jörg Leichtfried, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Digitalisie­rung und Wirtschaftsstandort betreffend Folgeanfrage EU-Mercosur-Abkommen (6834/J)

Mario Lindner, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Inneres betreffend Offener Brief gegen Diskriminierung (6835/J)

Mario Lindner, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Kunst, Kultur, öffentlichen Dienst und Sport betreffend Offener Brief gegen Diskriminierung (6836/J)


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll111. Sitzung, 16. und 17. Juni 2021 / Seite 21

Mario Lindner, Kolleginnen und Kollegen an den Bundeskanzler betreffend Offener Brief gegen Diskriminierung (6837/J)

Dr. Helmut Brandstätter, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für euro­päische und internationale Angelegenheiten betreffend GASP und europäische Soli­darität im globalen Sicherheitsumfeld (6838/J)

Dr. Stephanie Krisper, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Justiz betreffend Anzeige gegen österreichischen Deutsche-Bank-Aufsichtsrat und ÖVP-Spen­der durch deutsche Finanzmarktaufsicht BaFin (6839/J)

Dr. Stephanie Krisper, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Justiz betreffend Chronologische Übersicht über die Ermittlungen der „SoKo Tape“ (6840/J)

Christian Hafenecker, MA, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Finanzen betreffend Projekt Novomatic Bella Italia (6841/J)

Christian Hafenecker, MA, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Finanzen betreffend Operation BBG 2015 und MMag. Thomas Schmid (6842/J)

Mag. Meri Disoski, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Inneres betreffend Waffengebrauch, -verbote und -einziehungen im Zusammenhang mit Gewalt an Frauen und damit einhergehenden Wegweisungen, Annäherungs- und Betretungs­verboten (6843/J)

Mag. Gerald Loacker, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz betreffend Ausbau von Pflegekapazitäten in der Krise (6844/J)

Dr. Johannes Margreiter, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Justiz betreffend Gewalt gegen Frauen (6845/J)

Douglas Hoyos-Trauttmansdorff, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Finanzen betreffend Datenübermittlung an Abgabebehörden (6846/J)

Douglas Hoyos-Trauttmansdorff, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Justiz betreffend Datenschutzbehörde – Handhabung Datenspeicherung (6847/J)

Josef Schellhorn, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Finanzen betreffend Wirtschaftshilfen öffentliche Unternehmen: Hintergrund zu unterschiedlichen Regelungen (6848/J)

Mario Lindner, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Soziales, Gesund­heit, Pflege und Konsumentenschutz betreffend Förderung von Männerarbeit und Män­nerberatung (6849/J)

Mag. Hannes Amesbauer, BA, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz betreffend Obersteirischer Impf­skandal erfordert lückenlose Aufklärung! (6850/J)

Dr. Dagmar Belakowitsch, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Inne­res betreffend „Seepferdchen-Runde“ in der Göttweihergasse (6851/J)

Mag. Gerhard Kaniak, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz betreffend Sachverhaltsdarstellung gegen Bundesminister Univ. Prof. Dr. Heinz Fassmann betreffend Medizinproduktegesetz (6852/J)

Dr. Dagmar Belakowitsch, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Sozia­les, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz betreffend Bundesarchivgut BM a.D. Rudolf Anschober (6853/J)


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll111. Sitzung, 16. und 17. Juni 2021 / Seite 22

Peter Wurm, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Arbeit betreffend Folgeanfrage zu der Nr. 6072/J „Beschwerden von Arbeitnehmern wegen des Tragens von FFP2 Masken“ (6854/J)

Peter Schmiedlechner, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Land­wirtschaft, Regionen und Tourismus betreffend geografische Angaben bei Lebensmitteln als Teil der Kulinarik-Strategie forcieren (6855/J)

Dr. Dagmar Belakowitsch, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Arbeit betreffend Bundesarchivgut BM a.D. Christine Aschbacher (6856/J)

Douglas Hoyos-Trauttmansdorff, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Landesverteidigung betreffend Österreich wird endlich fit für die Marine (6857/J)

Christian Hafenecker, MA, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Finan­zen betreffend Reise des damaligen Generalsekretärs im Finanzministerium Thomas Schmid nach Äthiopien 2019 (6858/J)

Christian Hafenecker, MA, Kolleginnen und Kollegen an den Bundeskanzler betreffend Reise des damaligen Generalsekretärs im Finanzministerium Thomas Schmid nach Äthiopien 2019 (6859/J)

Christian Hafenecker, MA, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für europäische und internationale Angelegenheiten betreffend Reise des damaligen Gene­ralsekretärs im Finanzministerium Thomas Schmid nach Äthiopien 2019 (6860/J)

Mag. Gerald Loacker, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz betreffend Präventionsprogramme in Öster­reich (6861/J)

Dr. Johannes Margreiter, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Arbeit betreffend Rechtzeitige Umsetzung der EU-Whistleblowerrichtlinie (6862/J)

Mag. Gerald Loacker, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz betreffend Daten zu Impfdurchbrüchen (6863/J)

Mag. Gerald Loacker, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz betreffend COVID-19: Daten zu Hospita­lisie­rungen und Todesfällen (Folgeanfrage Mai 2021) (6864/J)

Alois Kainz, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Arbeit betreffend Ausländer&Inländer-Arbeitslosigkeit 2020 und 2021 im Bundesland Niederösterreich (6865/J)

Alois Kainz, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Arbeit betreffend Langzeitbeschäftigungslose 2020&2021 Ausländer&Inländer in Niederösterreich (6866/J)

Alois Kainz, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Arbeit betreffend Langzeitarbeitslose 2020&2021 Ausländer&Inländer in Niederösterreich (6867/J)

Dr. Dagmar Belakowitsch, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Arbeit betreffend Langzeitbeschäftigungslose 2020&2021 Ausländer&Inländer (6868/J)

Dr. Dagmar Belakowitsch, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Arbeit betreffend Langzeitbeschäftigungslose 2020&2021 Ausländer&Inländer Wien (6869/J)

Christian Hafenecker, MA, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Finanzen betreffend Thomas Schmid verlässt ÖBAG mit heutigem Datum (6870/J)


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll111. Sitzung, 16. und 17. Juni 2021 / Seite 23

Peter Wurm, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Arbeit betreffend Ausländer- und Inländerarbeitslosigkeit 2020 und 2021 im Bundesland Tirol (6871/J)

Dipl.-Ing. Gerhard Deimek, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Klimaschutz, Umwelt, Energie, Mobilität, Innovation und Technologie betreffend Streichung der Flugverbindung Graz-Wien (6872/J)

Alois Kainz, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Landwirtschaft, Regionen und Tourismus betreffend Umsetzung der Empfehlungen des Rechnungs­hofes betreffend Schutzwaldbewirtschaftung bei der Österreichischen Bundesforste AG (6873/J)

Dipl.-Ing. Gerhard Deimek, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Finanzen betreffend Steuerprüfung aufgrund satirischen Blümel-Leiberls? (6874/J)

Petra Steger, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für EU und Verfassung betreffend Abschaffung des Bargeldes in der EU (6875/J)

Dr. Reinhard Eugen Bösch, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Landesverteidigung betreffend Umstellung des Bundesheeres auf das System „Cook & Chill“ (6876/J)

Christian Lausch, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Justiz be­treffend Kosten der medizinischen Versorgung im Strafvollzug (6877/J)

Dr. Dagmar Belakowitsch, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Arbeit betreffend Geschäftszahl: 2021-0.189.823 betreffend AMS-Förderungen für Schein­firmen im Bundesland Wien (6878/J)

Peter Wurm, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Arbeit betreffend Geschäftszahl: 2021-0.226.907- Beschwerden von Arbeitnehmern wegen des Tragens von FFP2 Masken (6879/J)

Michael Schnedlitz, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz betreffend Impfzwang der Arbeiterkammer Niederösterreichs für Mitarbeiter unter dem Deckmantel der „Fürsorgepflicht“ (6880/J)

Michael Schnedlitz, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Arbeit betreffend Impfzwang der Arbeiterkammer Niederösterreichs für Mitarbeiter unter dem Deckmantel der „Fürsorgepflicht“ (6881/J)

Hermann Brückl, MA, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Bildung, Wissenschaft und Forschung betreffend Leistungsrückstand 10-Jähriger laut TIMSS (6882/J)

Hermann Brückl, MA, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Bildung, Wissenschaft und Forschung betreffend Gurgeltests an Schulen und skurrile Empfeh­lungen eines Schuldirektors (6883/J)

Hermann Brückl, MA, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Bildung, Wissenschaft und Forschung betreffend Ninja-Testpass an Schulen (6884/J)

Mag. Harald Stefan, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Justiz betreffend Zahlungsverweigerungen wegen Maskentragens (6885/J)

Mag. Gerald Hauser, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz betreffend „Gibt es Gratistests aus der Apotheke, die untauglich und giftig sind?“ (6886/J)


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll111. Sitzung, 16. und 17. Juni 2021 / Seite 24

Dr. Dagmar Belakowitsch, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Arbeit betreffend Langzeitarbeitslose 2020&2021 Ausländer&Inländer Wien (6887/J)

Rosa Ecker, MBA, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz betreffend Ausweitung des Corona-Bonus auf Rettungsorganisationen (6888/J)

Rosa Ecker, MBA, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Arbeit betref­fend Ausweitung des Corona-Bonus auf Rettungsorganisationen (6889/J)

Dipl.-Ing. Gerhard Deimek, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Sozia­les, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz betreffend Der Grüne Pass verzögert sich (6890/J)

Dipl.-Ing. Gerhard Deimek, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Sozia­les, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz betreffend Kinder auf Intensivstationen (6891/J)

Christian Ries, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Bildung, Wissen­schaft und Forschung betreffend die Diplomarbeit von Christine Aschbacher (6892/J)

Christian Ries, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Soziales, Gesund­heit, Pflege und Konsumentenschutz betreffend Datendiebstahl durch Fake-SMS (6893/J)

Christian Ries, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Arbeit betreffend Ausländer&Inländer-Arbeitslosigkeit 2020 und 2021 im Bundesland Burgenland (6894/J)

Petra Steger, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Finanzen betreffend Einführung eines digitalen Euros in der EU (6895/J)

Dr. Dagmar Belakowitsch, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Arbeit betreffend Langzeitarbeitslose 2020&2021 Ausländer&Inländer (6896/J)

Christian Lausch, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Justiz betref­fend Folgeanfrage zur Anfrage „schwere Vorwürfe um Grundkauf in Großebersdorf“ (6897/J)

Christian Lausch, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Justiz betref­fend Übergriffe durch Häftlinge auf Strafvollzugsbedienstete (6898/J)

Dr. Johannes Margreiter, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Justiz betreffend Folgeanfrage Strafverfahren in den Causen Ischgl und Sölden im Zusammen­hang mit der Corona Epidemie (6899/J)

Douglas Hoyos-Trauttmansdorff, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Klimaschutz, Umwelt, Energie, Mobilität, Innovation und Technologie betreffend Bericht des Rechnungshofes betreffend Traunseetram: Umsetzung der Empfehlungen (6900/J)

Dr. Nikolaus Scherak, MA, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Inneres betreffend EU Reglementierung der Massenüberwachung (6901/J)

Michael Schnedlitz, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Justiz be­treffend Ermittlungen gegen ÖVP-Nationalratsabgeordneten Andreas Hanger (6902/J)

Katharina Kucharowits, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Justiz betreffend Umsetzung der EU-Urheber*innenrechtsrichtlinie (6903/J)


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll111. Sitzung, 16. und 17. Juni 2021 / Seite 25

Mag. Hannes Amesbauer, BA, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Inneres betreffend Umsetzung der Arbeitsvereinbarung mit Serbien (6904/J)

Dr. Helmut Brandstätter, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Justiz betreffend Folgeanfrage: Vergabe von Millionenaufträgen durch das Justizministerium an Unternehmen des Chief Digital Officers (6905/J)

Mario Lindner, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Inneres betreffend Ethnic Profiling in der Polizei (6906/J)

Mario Lindner, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Finanzen betreffend Finanzierung des Gewaltschutzpakets (6907/J)

Sabine Schatz, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Justiz betreffend die Hausdurchsuchungen und Waffenfunde in der Corona-LeugnerInnen-Szene im Mai 2021 (6908/J)

Sabine Schatz, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Inneres betreffend die Hausdurchsuchungen und Waffenfunde in der Corona-LeugnerInnen-Szene im Mai 2021 (6909/J)

Sabine Schatz, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Justiz betreffend die Beschmierung der Volkshilfe Familienunterkunft in Wien Floridsdorf (6910/J)

Sabine Schatz, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Inneres betreffend die Beschmierung der Volkshilfe Familienunterkunft in Wien Floridsdorf (6911/J)

Mag. Gerald Loacker, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Finanzen betreffend ÖBAG: Noch etwas Schmerzengeld schuldig? (6912/J)

Mag. Gerald Loacker, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz betreffend Übersieht die Bundesregierung das Problem der abnehmenden „aktiven“ COVID-Impfbereitschaft? (6913/J)

Mag. Martina Künsberg Sarre, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Bildung, Wissenschaft und Forschung betreffend Lehrer_innenmangel an Österreichs Schulen (6914/J)

Dr. Nikolaus Scherak, MA, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Klimaschutz, Umwelt, Energie, Mobilität, Innovation und Technologie betreffend vom BMK in Auftrag gegebene Studien 2020/21 (6915/J)

Dr. Nikolaus Scherak, MA, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Justiz betreffend vom BMJ in Auftrag gegebene Studien 2020/21 (6916/J)

Dr. Nikolaus Scherak, MA, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Landwirtschaft, Regionen und Tourismus betreffend vom BMLRT in Auftrag gegebene Studien 2020/21 (6917/J)

Dr. Nikolaus Scherak, MA, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Landesverteidigung betreffend vom BMLV in Auftrag gegebene Studien 2020/21 (6918/J)


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll111. Sitzung, 16. und 17. Juni 2021 / Seite 26

Dr. Nikolaus Scherak, MA, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Inneres betreffend vom BMI in Auftrag gegebene Studien 2020/21 (6919/J)

Dr. Nikolaus Scherak, MA, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Finanzen betreffend vom BMF in Auftrag gegebene Studien 2020/21 (6920/J)

Dr. Nikolaus Scherak, MA, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Digitalisierung und Wirtschaftsstandort betreffend vom BMDW in Auftrag gegebene Studien 2020/21 (6921/J)

Dr. Nikolaus Scherak, MA, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Bildung, Wissenschaft und Forschung betreffend vom BMBWF in Auftrag gegebene Studien 2020/21 (6922/J)

Dr. Nikolaus Scherak, MA, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz betreffend vom BMSGPK in Auftrag gegebene Studien 2020/21 (6923/J)

Dr. Nikolaus Scherak, MA, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Arbeit betreffend vom BMA in Auftrag gegebene Studien 2020/21 (6924/J)

Dr. Nikolaus Scherak, MA, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für euro­päische und internationale Angelegenheiten betreffend vom BMEIA in Auftrag gegebene Studien 2020/21 (6925/J)

Dr. Nikolaus Scherak, MA, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Kunst, Kultur, öffentlichen Dienst und Sport betreffend vom BMKÖS in Auftrag gegebene Studien 2020/21 (6926/J)

Dr. Nikolaus Scherak, MA, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für EU und Verfassung betreffend vom BMEUV in Auftrag gegebene Studien 2020/21 (6927/J)

Dr. Nikolaus Scherak, MA, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Frauen, Familie, Jugend und Integration betreffend vom BMFI in Auftrag gegebene Studien 2020/21 (6928/J)

Dr. Nikolaus Scherak, MA, Kolleginnen und Kollegen an den Bundeskanzler betreffend vom Bundeskanzleramt in Auftrag gegebene Studien 2020/21 (6929/J)

Sabine Schatz, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Landesvertei­digung betreffend die Hausdurchsuchungen und Waffenfunde in der Corona-Leug­nerInnen-Szene im Mai 2021 (6930/J)

Mag. Karin Greiner, Kolleginnen und Kollegen an den Bundeskanzler betreffend Die Sputnik-Lüge – War alles nur ein großes Ablenkungsmanöver? (6931/J)

Julia Elisabeth Herr, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Klima­schutz, Umwelt, Energie, Mobilität, Innovation und Technologie betreffend Umsetzung der Forderungen des Klimavolksbegehrens (6932/J)

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Dr. Dagmar Belakowitsch, Kolleginnen und Kollegen an den Präsidenten des Natio­nalrates betreffend „Seepferdchen-Runde“ in der Göttweihergasse (35/JPR)

Anfragebeantwortungen

des Bundesministers für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz auf die Anfrage der Abgeordneten Michael Schnedlitz, Kolleginnen und Kollegen (Zu 2494/AB zu 2489/J)

des Bundesministers für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Christian Ries, Kolleginnen und Kollegen (6064/AB zu 6129/J)


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll111. Sitzung, 16. und 17. Juni 2021 / Seite 27

des Bundesministers für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Hannes Amesbauer, BA, Kolleginnen und Kollegen (6065/AB zu 6149/J)

des Bundesministers für Kunst, Kultur, öffentlichen Dienst und Sport auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Helmut Brandstätter, Kolleginnen und Kollegen (6066/AB zu 6099/J)

des Bundesministers für Arbeit auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Helmut Brandstätter, Kolleginnen und Kollegen (6067/AB zu 6101/J)

des Bundesministers für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Helmut Brandstätter, Kolleginnen und Kollegen (6068/AB zu 6109/J)

der Bundesministerin für Landwirtschaft, Regionen und Tourismus auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Gerald Hauser, Kolleginnen und Kollegen (6069/AB zu 6151/J)

der Bundesministerin für Landwirtschaft, Regionen und Tourismus auf die Anfrage der Abgeordneten Rosa Ecker, MBA, Kolleginnen und Kollegen (6070/AB zu 6128/J)

der Bundesministerin für Landwirtschaft, Regionen und Tourismus auf die Anfrage der Abgeordneten Michael Schnedlitz, Kolleginnen und Kollegen (6071/AB zu 6122/J)

der Bundesministerin für Justiz auf die Anfrage der Abgeordneten Christian Lausch, Kolleginnen und Kollegen (6072/AB zu 6131/J)

der Bundesministerin für Landwirtschaft, Regionen und Tourismus auf die Anfrage der Abgeordneten Peter Schmiedlechner, Kolleginnen und Kollegen (6073/AB zu 6138/J)

der Bundesministerin für Justiz auf die Anfrage der Abgeordneten Christian Hafenecker, MA, Kolleginnen und Kollegen (6074/AB zu 6121/J)

der Bundesministerin für Justiz auf die Anfrage der Abgeordneten Walter Rauch, Kolle­ginnen und Kollegen (6075/AB zu 6116/J)

der Bundesministerin für Justiz auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Helmut Brandstätter, Kolleginnen und Kollegen (6076/AB zu 6106/J)

der Bundesministerin für Landwirtschaft, Regionen und Tourismus auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Helmut Brandstätter, Kolleginnen und Kollegen (6077/AB zu 6111/J)

des Bundeskanzlers auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Helmut Brandstätter, Kolleginnen und Kollegen (6078/AB zu 6098/J)

der Bundesministerin für EU und Verfassung im Bundeskanzleramt auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Helmut Brandstätter, Kolleginnen und Kollegen (6079/AB zu 6105/J)

der Bundesministerin für Frauen, Familie, Jugend und Integration im Bundeskanzleramt auf die Anfrage der Abgeordneten Rosa Ecker, MBA, Kolleginnen und Kollegen (6080/AB zu 6113/J)

der Bundesministerin für Justiz auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Helmut Brandstätter, Kolleginnen und Kollegen (6081/AB zu 6097/J)

des Bundeskanzlers auf die Anfrage der Abgeordneten Walter Rauch, Kolleginnen und Kollegen (6082/AB zu 6120/J)

der Bundesministerin für Frauen, Familie, Jugend und Integration im Bundeskanzleramt auf die Anfrage der Abgeordneten Rosa Ecker, MBA, Kolleginnen und Kollegen (6083/AB zu 6123/J)


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll111. Sitzung, 16. und 17. Juni 2021 / Seite 28

der Bundesministerin für EU und Verfassung im Bundeskanzleramt auf die Anfrage der Abgeordneten Walter Rauch, Kolleginnen und Kollegen (6084/AB zu 6144/J)

der Bundesministerin für Frauen, Familie, Jugend und Integration im Bundeskanzleramt auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Helmut Brandstätter, Kolleginnen und Kollegen (6085/AB zu 6145/J)

der Bundesministerin für Frauen, Familie, Jugend und Integration im Bundeskanzleramt auf die Anfrage der Abgeordneten Rosa Ecker, MBA, Kolleginnen und Kollegen (6086/AB zu 6146/J)

des Bundesministers für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Dagmar Belakowitsch, Kolleginnen und Kollegen (6087/AB zu 6155/J)

der Bundesministerin für Klimaschutz, Umwelt, Energie, Mobilität, Innovation und Tech­nologie auf die Anfrage der Abgeordneten Walter Rauch, Kolleginnen und Kollegen (6088/AB zu 6119/J)

der Bundesministerin für Klimaschutz, Umwelt, Energie, Mobilität, Innovation und Tech­nologie auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Helmut Brandstätter, Kolleginnen und Kollegen (6089/AB zu 6107/J)

der Bundesministerin für Justiz auf die Anfrage der Abgeordneten Rosa Ecker, MBA, Kolleginnen und Kollegen (6090/AB zu 6130/J)

der Bundesministerin für Frauen, Familie, Jugend und Integration im Bundeskanzleramt auf die Anfrage der Abgeordneten Rosa Ecker, MBA, Kolleginnen und Kollegen (6091/AB zu 6127/J)

der Bundesministerin für Klimaschutz, Umwelt, Energie, Mobilität, Innovation und Tech­nologie auf die Anfrage der Abgeordneten Henrike Brandstötter, Kolleginnen und Kollegen (6092/AB zu 6165/J)

des Bundeskanzlers auf die Anfrage der Abgeordneten Henrike Brandstötter, Kolle­ginnen und Kollegen (6093/AB zu 6156/J)

des Bundesministers für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Gerald Loacker, Kolleginnen und Kollegen (6094/AB zu 6159/J)

des Bundesministers für Finanzen auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Helmut Brandstätter, Kolleginnen und Kollegen (6095/AB zu 6161/J)

des Bundesministers für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Stephanie Krisper, Kolleginnen und Kollegen (6096/AB zu 6162/J)

des Bundesministers für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Gerald Loacker, Kolleginnen und Kollegen (6097/AB zu 6158/J)

des Bundesministers für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Gerald Loacker, Kolleginnen und Kollegen (6098/AB zu 6166/J)

der Bundesministerin für Justiz auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Stephanie Krisper, Kolleginnen und Kollegen (6099/AB zu 6163/J)

des Bundeskanzlers auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Gerald Loacker, Kolle­ginnen und Kollegen (6100/AB zu 6157/J)


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll111. Sitzung, 16. und 17. Juni 2021 / Seite 29

des Bundeskanzlers auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Stephanie Krisper, Kolle­ginnen und Kollegen (6101/AB zu 6164/J)

der Bundesministerin für Klimaschutz, Umwelt, Energie, Mobilität, Innovation und Tech­nologie auf die Anfrage der Abgeordneten Walter Rauch, Kolleginnen und Kollegen (6102/AB zu 6453/J)

der Präsidentin des Rechnungshofes auf die Anfrage der Abgeordneten Rainer Wimmer, Kolleginnen und Kollegen (6103/AB zu 6257/J)

des Bundeskanzlers auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Gerald Loacker, Kolle­ginnen und Kollegen (6104/AB zu 6167/J)

des Bundesministers für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz auf die Anfrage der Abgeordneten Peter Schmiedlechner, Kolleginnen und Kollegen (6105/AB zu 6171/J)

des Bundesministers für Finanzen auf die Anfrage der Abgeordneten Andreas Kollross, Kolleginnen und Kollegen (6106/AB zu 6168/J)

des Bundesministers für europäische und internationale Angelegenheiten auf die An­frage der Abgeordneten Peter Schmiedlechner, Kolleginnen und Kollegen (6107/AB zu 6169/J)

des Bundesministers für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Gerald Loacker, Kolleginnen und Kollegen (6108/AB zu 6174/J)

der Bundesministerin für Landwirtschaft, Regionen und Tourismus auf die Anfrage der Abgeordneten Peter Schmiedlechner, Kolleginnen und Kollegen (6109/AB zu 6172/J)

der Bundesministerin für Klimaschutz, Umwelt, Energie, Mobilität, Innovation und Technologie auf die Anfrage der Abgeordneten Peter Schmiedlechner, Kolleginnen und Kollegen (6110/AB zu 6170/J)

des Bundesministers für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Christoph Matznetter, Kolleginnen und Kollegen (6111/AB zu 6183/J)

des Bundesministers für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz auf die Anfrage der Abgeordneten Peter Wurm, Kolleginnen und Kollegen (6112/AB zu 6280/J)

des Bundesministers für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz auf die Anfrage der Abgeordneten Alois Kainz, Kolleginnen und Kollegen (6113/AB zu 6225/J)

des Bundesministers für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz auf die Anfrage der Abgeordneten Alois Kainz, Kolleginnen und Kollegen (6114/AB zu 6248/J)

des Bundesministers für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz auf die Anfrage der Abgeordneten Peter Wurm, Kolleginnen und Kollegen (6115/AB zu 6266/J)

des Bundesministers für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz auf die Anfrage der Abgeordneten Alois Kainz, Kolleginnen und Kollegen (6116/AB zu 6249/J)

des Bundesministers für Finanzen auf die Anfrage der Abgeordneten Dipl.-Ing. Karin Doppelbauer, Kolleginnen und Kollegen (6117/AB zu 6176/J)


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll111. Sitzung, 16. und 17. Juni 2021 / Seite 30

des Bundesministers für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Dagmar Belakowitsch, Kolleginnen und Kollegen (6118/AB zu 6276/J)

des Bundesministers für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz auf die Anfrage der Abgeordneten Rainer Wimmer, Kolleginnen und Kollegen (6119/AB zu 6197/J)

des Bundesministers für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Gerhard Kaniak, Kolleginnen und Kollegen (6120/AB zu 6289/J)

des Bundesministers für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz auf die Anfrage der Abgeordneten Peter Wurm, Kolleginnen und Kollegen (6121/AB zu 6263/J)

des Bundesministers für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Christian Ragger, Kolleginnen und Kollegen (6122/AB zu 6287/J)

des Bundesministers für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz auf die Anfrage der Abgeordneten Alois Kainz, Kolleginnen und Kollegen (6123/AB zu 6254/J)

des Bundesministers für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz auf die Anfrage der Abgeordneten Peter Wurm, Kolleginnen und Kollegen (6124/AB zu 6278/J)

des Bundesministers für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz auf die Anfrage der Abgeordneten Peter Wurm, Kolleginnen und Kollegen (6125/AB zu 6261/J)

des Bundesministers für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Dagmar Belakowitsch, Kolleginnen und Kollegen (6126/AB zu 6258/J)

des Bundesministers für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz auf die Anfrage der Abgeordneten Alois Kainz, Kolleginnen und Kollegen (6127/AB zu 6250/J)

des Bundesministers für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz auf die Anfrage der Abgeordneten Peter Wurm, Kolleginnen und Kollegen (6128/AB zu 6283/J)

des Bundesministers für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz auf die Anfrage der Abgeordneten Peter Wurm, Kolleginnen und Kollegen (6129/AB zu 6279/J)

des Bundesministers für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Gerhard Kaniak, Kolleginnen und Kollegen (6130/AB zu 6281/J)

des Bundesministers für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Dagmar Belakowitsch, Kolleginnen und Kollegen (6131/AB zu 6282/J)

des Bundesministers für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz auf die Anfrage der Abgeordneten Fiona Fiedler, BEd, Kolleginnen und Kollegen (6132/AB zu 6195/J)

des Bundesministers für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz auf die Anfrage der Abgeordneten Elisabeth Feichtinger, BEd BEd, Kolleginnen und Kollegen (6133/AB zu 6198/J)

des Bundesministers für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Gerhard Kaniak, Kolleginnen und Kollegen (6134/AB zu 6288/J)

des Bundesministers für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Dagmar Belakowitsch, Kolleginnen und Kollegen (6135/AB zu 6239/J)


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll111. Sitzung, 16. und 17. Juni 2021 / Seite 31

des Bundesministers für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz auf die Anfrage der Abgeordneten Peter Wurm, Kolleginnen und Kollegen (6136/AB zu 6215/J)

des Bundesministers für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Gerald Loacker, Kolleginnen und Kollegen (6137/AB zu 6192/J)

des Bundesministers für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz auf die Anfrage der Abgeordneten Alois Kainz, Kolleginnen und Kollegen (6138/AB zu 6246/J)

des Bundesministers für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz auf die Anfrage der Abgeordneten Peter Wurm, Kolleginnen und Kollegen (6139/AB zu 6259/J)

des Bundesministers für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Dagmar Belakowitsch, Kolleginnen und Kollegen (6140/AB zu 6264/J)

des Bundesministers für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Christian Ragger, Kolleginnen und Kollegen (6141/AB zu 6286/J)

des Bundesministers für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Gerald Loacker, Kolleginnen und Kollegen (6142/AB zu 6175/J)

der Bundesministerin für Justiz auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Stephanie Krisper, Kolleginnen und Kollegen (6143/AB zu 6178/J)

des Bundesministers für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz auf die Anfrage der Abgeordneten Peter Wurm, Kolleginnen und Kollegen (6144/AB zu 6262/J)

des Bundesministers für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz auf die Anfrage der Abgeordneten Mario Lindner, Kolleginnen und Kollegen (6145/AB zu 6211/J)

des Bundesministers für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Hannes Amesbauer, BA, Kolleginnen und Kollegen (6146/AB zu 6273/J)

des Bundesministers für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Stephanie Krisper, Kolleginnen und Kollegen (6147/AB zu 6177/J)

der Bundesministerin für Landesverteidigung auf die Anfrage der Abgeordneten Mario Lindner, Kolleginnen und Kollegen (6148/AB zu 6200/J)

der Bundesministerin für Landesverteidigung auf die Anfrage der Abgeordneten Alois Kainz, Kolleginnen und Kollegen (6149/AB zu 6241/J)

des Bundesministers für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz auf die Anfrage der Abgeordneten Alois Kainz, Kolleginnen und Kollegen (6150/AB zu 6240/J)

des Bundesministers für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Dagmar Belakowitsch, Kolleginnen und Kollegen (6151/AB zu 6238/J)

des Bundesministers für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Dagmar Belakowitsch, Kolleginnen und Kollegen (6152/AB zu 6267/J)


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll111. Sitzung, 16. und 17. Juni 2021 / Seite 32

der Bundesministerin für Landesverteidigung auf die Anfrage der Abgeordneten Alois Kainz, Kolleginnen und Kollegen (6153/AB zu 6226/J)

des Bundesministers für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Gerhard Kaniak, Kolleginnen und Kollegen (6154/AB zu 6272/J)

der Bundesministerin für Digitalisierung und Wirtschaftsstandort auf die Anfrage der Abgeordneten Mario Lindner, Kolleginnen und Kollegen (6155/AB zu 6202/J)

der Bundesministerin für Digitalisierung und Wirtschaftsstandort auf die Anfrage der Abgeordneten Alois Kainz, Kolleginnen und Kollegen (6156/AB zu 6221/J)

der Bundesministerin für Digitalisierung und Wirtschaftsstandort auf die Anfrage der Abgeordneten Alois Kainz, Kolleginnen und Kollegen (6157/AB zu 6234/J)

der Bundesministerin für Digitalisierung und Wirtschaftsstandort auf die Anfrage der Abgeordneten Peter Wurm, Kolleginnen und Kollegen (6158/AB zu 6290/J)

der Bundesministerin für Digitalisierung und Wirtschaftsstandort auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Christian Drobits, Kolleginnen und Kollegen (6159/AB zu 6294/J)

des Bundesministers für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz auf die Anfrage der Abgeordneten Alois Kainz, Kolleginnen und Kollegen (6160/AB zu 6251/J)

des Bundesministers für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Christian Ragger, Kolleginnen und Kollegen (6161/AB zu 6265/J)

des Bundesministers für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz auf die Anfrage der Abgeordneten Peter Wurm, Kolleginnen und Kollegen (6162/AB zu 6275/J)

des Bundesministers für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Christian Drobits, Kolleginnen und Kollegen (6163/AB zu 6193/J)

des Bundesministers für Arbeit auf die Anfrage der Abgeordneten Mario Lindner, Kolle­ginnen und Kollegen (6164/AB zu 6207/J)

des Bundesministers für Arbeit auf die Anfrage der Abgeordneten Peter Wurm, Kolle­ginnen und Kollegen (6165/AB zu 6214/J)

des Bundesministers für Arbeit auf die Anfrage der Abgeordneten Alois Kainz, Kolle­ginnen und Kollegen (6166/AB zu 6223/J)

des Bundesministers für Kunst, Kultur, öffentlichen Dienst und Sport auf die Anfrage der Abgeordneten Alois Kainz, Kolleginnen und Kollegen (6167/AB zu 6244/J)

des Bundesministers für Arbeit auf die Anfrage der Abgeordneten Alois Kainz, Kolle­ginnen und Kollegen (6168/AB zu 6236/J)

des Bundesministers für Arbeit auf die Anfrage der Abgeordneten Alois Kainz, Kolle­ginnen und Kollegen (6169/AB zu 6247/J)

des Bundesministers für Arbeit auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Gerhard Kaniak, Kolleginnen und Kollegen (6170/AB zu 6271/J)

des Bundesministers für Arbeit auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Christian Ragger, Kolleginnen und Kollegen (6171/AB zu 6285/J)


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll111. Sitzung, 16. und 17. Juni 2021 / Seite 33

des Bundesministers für Arbeit auf die Anfrage der Abgeordneten Julia Elisabeth Herr, Kolleginnen und Kollegen (6172/AB zu 6189/J)

des Bundesministers für Finanzen auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Christoph Matznetter, Kolleginnen und Kollegen (6173/AB zu 6180/J)

der Bundesministerin für Klimaschutz, Umwelt, Energie, Mobilität, Innovation und Tech­nologie auf die Anfrage der Abgeordneten Julia Elisabeth Herr, Kolleginnen und Kollegen (6174/AB zu 6188/J)

des Bundesministers für Finanzen auf die Anfrage der Abgeordneten Kai Jan Krainer, Kolleginnen und Kollegen (6175/AB zu 6182/J)

des Bundesministers für Finanzen auf die Anfrage der Abgeordneten Mario Lindner, Kolleginnen und Kollegen (6176/AB zu 6210/J)

des Bundesministers für Finanzen auf die Anfrage der Abgeordneten Alois Kainz, Kolle­ginnen und Kollegen (6177/AB zu 6219/J)

des Bundesministers für Finanzen auf die Anfrage der Abgeordneten Alois Kainz, Kolleginnen und Kollegen (6178/AB zu 6232/J)

des Bundesministers für Finanzen auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Christian Drobits, Kolleginnen und Kollegen (6179/AB zu 6194/J)

der Bundesministerin für Justiz auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Harald Stefan, Kolleginnen und Kollegen (6180/AB zu 6270/J)

der Bundesministerin für Justiz auf die Anfrage der Abgeordneten Alois Kainz, Kolle­ginnen und Kollegen (6181/AB zu 6230/J)

des Bundesministers für Bildung, Wissenschaft und Forschung auf die Anfrage der Abgeordneten Alois Kainz, Kolleginnen und Kollegen (6182/AB zu 6235/J)

der Bundesministerin für Justiz auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Philipp Schrangl, Kolleginnen und Kollegen (6183/AB zu 6274/J)

der Bundesministerin für Justiz auf die Anfrage der Abgeordneten Christian Lausch, Kolleginnen und Kollegen (6184/AB zu 6216/J)

der Bundesministerin für Justiz auf die Anfrage der Abgeordneten Alois Kainz, Kolle­ginnen und Kollegen (6185/AB zu 6217/J)

der Bundesministerin für Justiz auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Harald Stefan, Kolleginnen und Kollegen (6186/AB zu 6260/J)

der Bundesministerin für Justiz auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Selma Yildirim, Kolleginnen und Kollegen (6187/AB zu 6191/J)

der Bundesministerin für Justiz auf die Anfrage der Abgeordneten Mario Lindner, Kolleginnen und Kollegen (6188/AB zu 6199/J)

der Bundesministerin für Justiz auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Johannes Margreiter, Kolleginnen und Kollegen (6189/AB zu 6186/J)

der Bundesministerin für Justiz auf die Anfrage der Abgeordneten Alois Kainz, Kolle­ginnen und Kollegen (6190/AB zu 6256/J)


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll111. Sitzung, 16. und 17. Juni 2021 / Seite 34

des Bundesministers für europäische und internationale Angelegenheiten auf die Anfrage der Abgeordneten Petra Bayr, MA MLS, Kolleginnen und Kollegen (6191/AB zu 6184/J)

des Bundesministers für europäische und internationale Angelegenheiten auf die An­frage der Abgeordneten Mario Lindner, Kolleginnen und Kollegen (6192/AB zu 6201/J)

des Bundesministers für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Sabine Schatz, Kolleginnen und Kollegen (6193/AB zu 6181/J)

des Bundesministers für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Mario Lindner, Kolleginnen und Kollegen (6194/AB zu 6206/J)

des Bundesministers für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Alois Kainz, Kolle­ginnen und Kollegen (6195/AB zu 6218/J)

des Bundesministers für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Alois Kainz, Kolle­ginnen und Kollegen (6196/AB zu 6231/J)

des Bundesministers für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Alois Kainz, Kolle­ginnen und Kollegen (6197/AB zu 6255/J)

des Bundesministers für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Christian Lausch, Kolleginnen und Kollegen (6198/AB zu 6269/J)

des Bundesministers für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Hannes Amesbauer, BA, Kolleginnen und Kollegen (6199/AB zu 6284/J)

des Bundesministers für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Yannick Shetty, Kolleginnen und Kollegen (6200/AB zu 6310/J)

der Bundesministerin für Landwirtschaft, Regionen und Tourismus auf die Anfrage der Abgeordneten Mario Lindner, Kolleginnen und Kollegen (6201/AB zu 6205/J)

der Bundesministerin für Landwirtschaft, Regionen und Tourismus auf die Anfrage der Abgeordneten Alois Kainz, Kolleginnen und Kollegen (6202/AB zu 6245/J)

der Bundesministerin für Landwirtschaft, Regionen und Tourismus auf die Anfrage der Abgeordneten Alois Kainz, Kolleginnen und Kollegen (6203/AB zu 6227/J)

der Bundesministerin für Landwirtschaft, Regionen und Tourismus auf die Anfrage der Abgeordneten Alois Kainz, Kolleginnen und Kollegen (6204/AB zu 6242/J)

der Bundesministerin für Landwirtschaft, Regionen und Tourismus auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Christian Drobits, Kolleginnen und Kollegen (6205/AB zu 6291/J)

des Bundesministers für europäische und internationale Angelegenheiten auf die An­frage der Abgeordneten Alois Kainz, Kolleginnen und Kollegen (6206/AB zu 6220/J)

des Bundesministers für europäische und internationale Angelegenheiten auf die An­frage der Abgeordneten Alois Kainz, Kolleginnen und Kollegen (6207/AB zu 6233/J)

des Bundesministers für Bildung, Wissenschaft und Forschung auf die Anfrage der Abgeordneten Alois Kainz, Kolleginnen und Kollegen (6208/AB zu 6222/J)

des Bundesministers für Bildung, Wissenschaft und Forschung auf die Anfrage der Ab­geordneten Mag. Martina Künsberg Sarre, Kolleginnen und Kollegen (6209/AB zu 6187/J)


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll111. Sitzung, 16. und 17. Juni 2021 / Seite 35

des Bundesministers für Bildung, Wissenschaft und Forschung auf die Anfrage der Abgeordneten Mario Lindner, Kolleginnen und Kollegen (6210/AB zu 6212/J)

des Bundesministers für Kunst, Kultur, öffentlichen Dienst und Sport auf die Anfrage der Abgeordneten Mario Lindner, Kolleginnen und Kollegen (6211/AB zu 6208/J)

des Bundesministers für Kunst, Kultur, öffentlichen Dienst und Sport auf die Anfrage der Abgeordneten Peter Wurm, Kolleginnen und Kollegen (6212/AB zu 6268/J)

des Bundesministers für europäische und internationale Angelegenheiten auf die Anfrage der Abgeordneten Julia Elisabeth Herr, Kolleginnen und Kollegen (6213/AB zu 6190/J)

der Bundesministerin für Landwirtschaft, Regionen und Tourismus auf die Anfrage der Abgeordneten Alois Kainz, Kolleginnen und Kollegen (6214/AB zu 6253/J)

der Bundesministerin für Klimaschutz, Umwelt, Energie, Mobilität, Innovation und Tech­nologie auf die Anfrage der Abgeordneten Alois Kainz, Kolleginnen und Kollegen (6215/AB zu 6228/J)

der Bundesministerin für Klimaschutz, Umwelt, Energie, Mobilität, Innovation und Tech­nologie auf die Anfrage der Abgeordneten Alois Kainz, Kolleginnen und Kollegen (6216/AB zu 6243/J)

der Bundesministerin für Klimaschutz, Umwelt, Energie, Mobilität, Innovation und Tech­nologie auf die Anfrage der Abgeordneten Mario Lindner, Kolleginnen und Kollegen (6217/AB zu 6213/J)

der Bundesministerin für Klimaschutz, Umwelt, Energie, Mobilität, Innovation und Tech­nologie auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Christian Drobits, Kolleginnen und Kollegen (6218/AB zu 6292/J)

des Bundeskanzlers auf die Anfrage der Abgeordneten Henrike Brandstötter, Kolle­ginnen und Kollegen (6219/AB zu 6185/J)

des Bundeskanzlers auf die Anfrage der Abgeordneten Rainer Wimmer, Kolleginnen und Kollegen (6220/AB zu 6196/J)

der Bundesministerin für Frauen, Familie, Jugend und Integration im Bundeskanzleramt auf die Anfrage der Abgeordneten Mario Lindner, Kolleginnen und Kollegen (6221/AB zu 6203/J)

des Bundeskanzlers auf die Anfrage der Abgeordneten Mario Lindner, Kolleginnen und Kollegen (6222/AB zu 6204/J)

der Bundesministerin für EU und Verfassung im Bundeskanzleramt auf die Anfrage der Abgeordneten Mario Lindner, Kolleginnen und Kollegen (6223/AB zu 6209/J)

des Bundeskanzlers auf die Anfrage der Abgeordneten Alois Kainz, Kolleginnen und Kollegen (6224/AB zu 6224/J)

des Bundeskanzlers auf die Anfrage der Abgeordneten Alois Kainz, Kolleginnen und Kollegen (6225/AB zu 6237/J)

des Bundeskanzlers auf die Anfrage der Abgeordneten Peter Wurm, Kolleginnen und Kollegen (6226/AB zu 6277/J)

des Bundesministers für Bildung, Wissenschaft und Forschung auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Christian Drobits, Kolleginnen und Kollegen (6227/AB zu 6293/J)


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll111. Sitzung, 16. und 17. Juni 2021 / Seite 36

des Bundesministers für Kunst, Kultur, öffentlichen Dienst und Sport auf die Anfrage der Abgeordneten Alois Kainz, Kolleginnen und Kollegen (6228/AB zu 6229/J)

des Bundesministers für Bildung, Wissenschaft und Forschung auf die Anfrage der Abgeordneten Alois Kainz, Kolleginnen und Kollegen (6229/AB zu 6252/J)

des Bundesministers für europäische und internationale Angelegenheiten auf die An­frage der Abgeordneten Dr. Stephanie Krisper, Kolleginnen und Kollegen (6230/AB zu 6327/J)

des Bundesministers für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Mario Lindner, Kolleginnen und Kollegen (6231/AB zu 6295/J)

der Bundesministerin für EU und Verfassung im Bundeskanzleramt auf die Anfrage der Abgeordneten Mario Lindner, Kolleginnen und Kollegen (6232/AB zu 6300/J)

der Bundesministerin für Frauen, Familie, Jugend und Integration im Bundeskanzleramt auf die Anfrage der Abgeordneten Petra Bayr, MA MLS, Kolleginnen und Kollegen (6233/AB zu 6304/J)

des Bundesministers für Arbeit auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Dagmar Belakowitsch, Kolleginnen und Kollegen (6234/AB zu 6302/J)

des Bundesministers für europäische und internationale Angelegenheiten auf die An­frage der Abgeordneten Mario Lindner, Kolleginnen und Kollegen (6235/AB zu 6299/J)

des Bundesministers für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Gerald Loacker, Kolleginnen und Kollegen (6236/AB zu 6324/J)

des Bundesministers für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz auf die Anfrage der Abgeordneten Mario Lindner, Kolleginnen und Kollegen (6237/AB zu 6298/J)

des Bundesministers für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz auf die Anfrage der Abgeordneten Mario Lindner, Kolleginnen und Kollegen (6238/AB zu 6297/J)

der Bundesministerin für Justiz auf die Anfrage der Abgeordneten Mario Lindner, Kolleginnen und Kollegen (6239/AB zu 6296/J)

der Bundesministerin für Justiz auf die Anfrage der Abgeordneten Mario Lindner, Kolleginnen und Kollegen (6240/AB zu 6301/J)

der Bundesministerin für Justiz auf die Anfrage der Abgeordneten Christian Lausch, Kolleginnen und Kollegen (6241/AB zu 6303/J)

des Bundesministers für Finanzen auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Stephanie Krisper, Kolleginnen und Kollegen (6242/AB zu 6311/J)

des Bundesministers für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz auf die Anfrage der Abgeordneten Fiona Fiedler, BEd, Kolleginnen und Kollegen (6243/AB zu 6312/J)

des Bundesministers für Arbeit auf die Anfrage der Abgeordneten Mario Lindner, Kolleginnen und Kollegen (6244/AB zu 6306/J)

des Bundesministers für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Gerald Loacker, Kolleginnen und Kollegen (6245/AB zu 6307/J)


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll111. Sitzung, 16. und 17. Juni 2021 / Seite 37

des Bundesministers für Arbeit auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Gerald Loacker, Kolleginnen und Kollegen (6246/AB zu 6308/J)

des Bundesministers für Kunst, Kultur, öffentlichen Dienst und Sport auf die Anfrage der Abgeordneten Douglas Hoyos-Trauttmansdorff, Kolleginnen und Kollegen (6247/AB zu 6309/J)

des Bundesministers für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Gerald Loacker, Kolleginnen und Kollegen (6248/AB zu 6317/J)

der Bundesministerin für Frauen, Familie, Jugend und Integration im Bundeskanzleramt auf die Anfrage der Abgeordneten Mario Lindner, Kolleginnen und Kollegen (6249/AB zu 6305/J)

der Bundesministerin für Frauen, Familie, Jugend und Integration im Bundeskanzleramt auf die Anfrage der Abgeordneten Rosa Ecker, MBA, Kolleginnen und Kollegen (6250/AB zu 6332/J)

der Bundesministerin für Frauen, Familie, Jugend und Integration im Bundeskanzleramt auf die Anfrage der Abgeordneten Philip Kucher, Kolleginnen und Kollegen (6251/AB zu 6356/J)

der Bundesministerin für Frauen, Familie, Jugend und Integration im Bundeskanzleramt auf die Anfrage der Abgeordneten Rosa Ecker, MBA, Kolleginnen und Kollegen (6252/AB zu 6390/J)

des Bundesministers für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Yannick Shetty, Kolleginnen und Kollegen (6253/AB zu 6323/J)

des Bundesministers für Finanzen auf die Anfrage der Abgeordneten Michael Bernhard, Kolleginnen und Kollegen (6254/AB zu 6319/J)

des Bundeskanzlers auf die Anfrage der Abgeordneten Michael Bernhard, Kolleginnen und Kollegen (6255/AB zu 6320/J)

des Bundesministers für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Mario Lindner, Kolleginnen und Kollegen (6256/AB zu 6315/J)

des Bundesministers für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz auf die Anfrage der Abgeordneten Wolfgang Zanger, Kolleginnen und Kollegen (6257/AB zu 6336/J)

der Bundesministerin für Justiz auf die Anfrage der Abgeordneten Mario Lindner, Kolleginnen und Kollegen (6258/AB zu 6316/J)

des Bundesministers für Kunst, Kultur, öffentlichen Dienst und Sport auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Yannick Shetty, Kolleginnen und Kollegen (6259/AB zu 6314/J)

des Bundesministers für Kunst, Kultur, öffentlichen Dienst und Sport auf die Anfrage der Abgeordneten Michael Bernhard, Kolleginnen und Kollegen (6260/AB zu 6318/J)

der Bundesministerin für Landwirtschaft, Regionen und Tourismus auf die Anfrage der Abgeordneten Sabine Schatz, Kolleginnen und Kollegen (6261/AB zu 6313/J)


 


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll111. Sitzung, 16. und 17. Juni 2021 / Seite 38

09.05.53Beginn der Sitzung: 9.05 Uhr

Vorsitzende: Präsident Mag. Wolfgang Sobotka, Zweite Präsidentin Doris Bures, Dritter Präsident Ing. Norbert Hofer.

09.05.54*****


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Meine sehr geehrten Damen und Herren! Werte Abgeordnete! Ich darf Sie recht herzlich zur 111. Sitzung des Nationalrates begrüßen. Die Sitzung ist eröffnet. Mein Gruß gilt natürlich auch den Journalistinnen und Jour­nalisten. Heute ist das erste Mal wieder ein Teil der Besuchergalerie geöffnet. Gleich­zeitig darf ich die Damen und Herren zu Hause vor den Bildschirmen recht herzlich begrüßen.

Die nicht verlesenen Teile des Amtlichen Protokolls der 109. Sitzung sowie das Amtliche Protokoll der 110. Sitzung vom 26. Mai 2021 sind in der Parlamentsdirektion aufgelegen und wurden nicht beanstandet.

Als verhindert gemeldet sind heute die Abgeordneten MMag. Dr. Agnes Totter, BEd, MMag. DDr. Hubert Fuchs, Alois Kainz, Mag. Philipp Schrangl, Mag. Georg Bürstmayr, Barbara Neßler und Josef Schellhorn.

Vertretung von Mitgliedern der Bundesregierung


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Für den heutigen Sitzungstag hat das Bundes­kanzleramt über Vertretung von Mitgliedern der Bundesregierung folgende Mitteilung gemacht:

Bis auf Weiteres wird Bundesministerin für Frauen, Familie, Jugend und Integration MMag. Dr. Susanne Raab durch Bundesministerin für EU und Verfassung Mag. Karoline Edtstadler vertreten.

Ferner gebe ich die Vertretung von Mitgliedern der Bundesregierung, die sich in einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union aufhalten, wie folgt bekannt:

Vizekanzler Mag. Werner Kogler wird durch Staatssekretärin im Bundesministerium für Kunst, Kultur, öffentlichen Dienst und Sport Mag. Andrea Mayer vertreten.

Bundesminister für europäische und internationale Angelegenheiten Mag. Alexander Schallenberg, LL.M. wird durch Bundesministerin für Landesverteidigung Mag. Klaudia Tanner und Bundesminister für Inneres Karl Nehammer, MSc wird durch Bundes­minister für Bildung, Wissenschaft und Forschung Dr. Heinz Faßmann vertreten.

*****

Ich darf bekannt geben, dass diese Sitzung wie üblich von ORF 2 bis 13 Uhr, dann bis 19.15 Uhr auf ORF III übertragen wird; im Anschluss wird sie in der TVthek kommentiert übertragen.

*****

Herr Abgeordneter Leichtfried hat im Sinne des § 50 der Geschäftsordnung schriftlich Ein­wendungen gegen die Tagesordnung der heutigen Sitzung erhoben. Die Einwendungen betreffen die Vorreihung des Tagesordnungspunktes 2 als Tagesordnungspunkt 1.


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll111. Sitzung, 16. und 17. Juni 2021 / Seite 39

Außerdem hat Frau Abgeordnete Belakowitsch im Sinne des § 50 der Geschäftsordnung schriftlich Einwendungen gegen die Tagesordnung der heutigen Sitzung erhoben. Die Einwendungen betreffen ebenfalls die Vorreihung des Tagesordnungspunktes 2 als Tages­ordnungspunkt 1.

Ich trete diesen Einwendungen nicht bei, weshalb der Nationalrat zu entscheiden hat.

In der gemäß § 50 der Geschäftsordnung stattfindenden gemeinsamen Debatte beschränke ich die Redezeit auf 5 Minuten und die Zahl der Redner pro Klub auf drei. Die Ein­wendungsdebatte findet nach der Aktuellen Europastunde statt.

09.08.49Aktuelle Stunde


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Wir gelangen nun zur Aktuellen Stunde mit dem Thema:

„Sichere Gastfreundschaft: Comeback des österreichischen Tourismus“

Ich darf dazu Frau Bundesministerin Köstinger sehr herzlich begrüßen.

Als Erster zu Wort gemeldet ist Abgeordneter Obernosterer. Bei ihm steht das Wort. – Sie wissen, Herr Abgeordneter, 10 Minuten Redezeit; alle anderen folgen dann mit 5 Minuten.


9.09.15

Abgeordneter Gabriel Obernosterer (ÖVP): Herr Präsident! Frau Bundesministerin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Meine sehr verehrten Damen und Herren zu Hause vor den Fernsehschirmen! „Sichere Gastfreundschaft: Comeback des österreichischen Tourismus“ lautet heute das Thema der Aktuellen Stunde.

Gestern Abend hat eine Onlinepressekonferenz des IWF stattgefunden. Wisst ihr, was dort gesagt wurde? Das ist gerade für die Oppositionsparteien wichtig: Die österreichi­schen Coronahilfen sind beispielhaft, und so wie der österreichische Finanzhaushalt auf­gestellt ist, wird man auch in Zukunft kein Sparpaket für notwendig erachten. (Zwischen­ruf des Abg. Einwallner.)

Wir sind jetzt – hoffentlich, sage ich – am Ende dieser Coronakrise. Wir wissen, die Wirtschaft ist wieder angesprungen, wir wissen, im Bereich des Tourismus konnte wieder aufgesperrt werden. Die Menschen sind Gott sei Dank wieder in der Arbeit, die Zahl der Arbeitslosen liegt knapp unter jener von vor Corona, circa 300 000 Personen sind noch in Kurzarbeit und gewissen krisengeschüttelten Unternehmen muss man jetzt auf den letzten Metern noch helfen.

Ich bin selbst Touristiker, meine Familie führt zu Hause zwei Tourismusbetriebe. Heute vor neun Monaten hat es den Lockdown gegeben, alles wurde zugesperrt – schwer­punktmäßig ganz stark im Tourismus –, sieben Monate von diesen 15 Monaten sind die Betriebe zu gewesen. Wisst ihr, was in den Köpfen der Unternehmer vorgegangen ist? – Sie haben Existenzangst gehabt, niemand hat gewusst, wie es weitergeht.

Wenn man sich das chronologisch anschaut: Im Jänner letzten Jahres sind die ersten Coronainfektionen aufgetreten, und im Februar hat diese Regierung schon angefangen, daran zu arbeiten, Hilfspakete für die Wirtschaft zu schnüren – Frau Bundesminister Köstinger ist zuständig für die Tourismuswirtschaft (Beifall bei ÖVP und Grünen) –, damit die Branche so gut wie möglich über die Runden kommt.

Am 14. und 15. März letzten Jahres sind wir hier in einer Sondersitzung gesessen, und wir waren uns alle darüber einig, was wir wollen – es hat damals Einstimmigkeit gegeben.


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Damals haben diese Regierung und Sie, Frau Bundesministerin, schon die Kurzarbeit auf den Weg gebracht gehabt, weil man gewusst hat, es gibt keine Einnahmen mehr. Es stellte sich die Frage, wie man die Betriebe finanziell absichern kann, damit es nicht zu Existenzängsten kommt und sie nicht zahlungsunfähig werden. Es wurden damals auch sofort die Stundungen beim Finanzamt, die Stundungen bei der Gebietskrankenkasse beschlossen, und gleichzeitig hat man damals schon den Betrieben einen Überbrückungs­kredit gewährt – für zwei Jahre zinsenfrei, fünf Jahre die Hälfte des Zinssatzes, bis zu 25 Prozent des Jahresumsatzes. Damit war das Erste einmal abgedeckt und niemand musste Angst davor haben, dass irgendeine Bank den Geldhahn abdreht. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Grünen.)

Da die Betriebe sieben Monate zugesperrt waren, hat man auch gewusst, dass es weitere Hilfen braucht. Ich will gar nicht alle aufzählen, das kann ich nicht. Und warum sind es so viele Hilfen? – Weil es unterschiedliche betriebliche Strukturen gibt. Man hat schauen müssen, dass man das nicht in einem macht, damit es nicht zu missbräuch­licher Verwendung kommt; dadurch hat auch das eine oder andere länger gedauert.

Wer das nur ein bisschen beobachtet hat, weiß – und auch ihr von den Oppositions­parteien: Leute, wenn ihr da ein bisschen fair seid, müsstet ihr das wirklich sagen! –, dass diese Bundesregierung mit unserem Bundeskanzler Kurz an der Spitze und Vizekanzler Kogler und dem gesamten Regierungsteam seit 15 Monaten Tag und Nacht arbeitet, damit man diesen Staat, diese Wirtschaft und den Arbeitsmarkt entsprechend rüberbringt. Das wird uns auch von den ausländischen Medien ganz klar bestätigt. (Beifall bei ÖVP und Grünen. – Zwischenruf des Abg. Amesbauer.)

Ich kann mich noch gut an die Reaktion erinnern, als wir gesagt machen: Machen wir die Mehrwertsteuersenkung! – Ja, dieser bürokratische Aufwand! – Redet heute einmal mit einem Wirten oder einem Hotelier, der erklärt euch, was ein bürokratischer Aufwand ist. Das war die beste, unkomplizierteste und schnellste Hilfe. (Beifall bei ÖVP und Grünen. – Zwischenruf des Abg. Loacker.)

Der Fixkostenzuschuss, der Umsatzersatz, die Kurzarbeit – es wurde jedem gleich viel geholfen, ob Arbeitnehmer oder Arbeitgeber. Wir können jetzt wirklich positiv in die Zukunft schauen, auch die Tourismuswirtschaft.

Ich bin lange genug in diesem Geschäft – als Unternehmer und auch als Politiker seit 16 Jahren –, und ich getraue mich eines ganz öffentlich und klar zu sagen: Ich weiß, welche Wertigkeit der Tourismus in diesem Haus in der Vergangenheit gehabt hat. Gott sei Dank ist der Tourismus mit einem eigenen Ministerium ausgestattet worden, wir haben eine eigene Tourismusministerin, die auch von der Praxis her, von ihrer Kindheit her weiß, was sich dort abspielt, und sie hat Verständnis dafür. Frau Bundesministerin, Sie haben der österreichischen Tourismuswirtschaft und Freizeitwirtschaft geholfen, weshalb andere Länder – und da könnt ihr alle eure Kollegen in Italien, in der Schweiz, in Deutschland fragen – neidvoll zu uns schauen, um zu erfahren, wie das möglich ist; und gewisse Sachen werden heute noch kopiert. Bei uns ist das Geld angekommen und in gewissen Ländern kann man noch nicht einmal darum ansuchen. Das ist die wahre Geschichte. Bitte akzeptiert das auch einmal! (Beifall bei ÖVP und Grünen.)

Was diese Regierung natürlich auch gemacht hat, damit man ordentlich durch die Krise kommt – nicht nur diese Wirtschaftshilfen, auch für den Arbeitsmarkt und auch in den Betrieben –, ist das, was Österreich mit den Testungen gemacht hat; das ist beispielhaft gelungen. Menschen von anderen Ländern jenseits der Grenze sind zu uns gefahren, um sich testen lassen zu können. Ihre Initiative, Frau Bundesministerin, mit dem grünen Pass (Heiterkeit und Zwischenruf des Abg. Wurm – Zwischenruf des Abg. Loacker) ist beispielgebend und gibt uns Hoffnung, dass wir halbwegs gut über den Sommer kommen. (Ruf bei der SPÖ: Was soll denn das, bitte?!)


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Eines sage ich euch auch: Schaut nach England – gestern Abend war es in den Nach­richten zu hören –, schaut nach England! (Abg. Wurm: Fahren wir in Urlaub nach Italien ...! – Zwischenruf des Abg. Amesbauer.) Vier Wochen wurden die Öffnungs­schritte wieder nach hinten geschoben, und bei uns besteht wirklich die Hoffnung, dass wir mit 1. Juli wieder zur Normalität zurückkommen (neuerlicher Zwischenruf des Abg. Amesbauer) – unter einer Voraussetzung, nämlich dass wir uns daran halten, dass es sicher bleibt. Und wie bleibt es sicher? – Indem wir uns nicht gegenseitig anstecken (Abg. Amesbauer: Na geh, komm! Schon wieder Panikmache! – Zwischenruf der Abg. Belakowitsch), sondern uns alle impfen lassen, so wie drei Viertel der Bevölkerung; und das restliche Viertel wird wohl auch noch so gescheit werden. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Grünen. – Abg. Amesbauer: Na geh, komm! – Ruf bei der FPÖ: So ein Unsinn!)

Frau Bundesministerin, jetzt heißt es, in die Zukunft zu schauen. Wir werden dies­bezüglich heute auch noch einige Beschlüsse fassen. Die Hilfen bis jetzt sind ange­kommen. Und wisst ihr, warum sie angekommen sind? Da kann man vonseiten der Opposition sagen, was auch immer man will: Zeigt mir einen Betrieb – es gibt nämlich keinen –, der bis zum 15. März letzten Jahres, als der Lockdown gekommen ist, zah­lungsfähig war und es heute nicht mehr ist! Die Betriebe, die bis damals zahlungsfähig waren, sind es auch heute noch. Das kann Österreich behaupten, andere Länder können das nicht behaupten. Darauf können wir stolz sein, und die Betriebe wissen das auch. (Beifall bei ÖVP und Grünen.)

Wie gesagt, auf den letzten Metern dürfen wir natürlich unsere Betriebe nicht allein­lassen, wir müssen schauen, dass wir gut in die Zukunft kommen; da gibt es noch ge­wisse Bereiche, wie bei den Veranstaltern, Kongressen et cetera. Gewisse Förder­richtlinien laufen aus, weil sie nicht mehr notwendig sind, aber gewisse wurden noch verlängert, werden auch heute hier noch beschlossen – betreffend den Ausfallsbonus, den Verlustersatz, den Härtefallfonds, die Garantie von Überbrückungskrediten und die Stundungen –, natürlich mit ein bisschen schärferen Maßnahmen. Diese Verlängerun­gen gelten nur mehr für jene, die einen Umsatzeinbruch von mindestens 50 Prozent haben. (Abg. Wurm: In welchem Quartal?) Wir hoffen, dass wir bis Ende des Jahres wie gesagt auch da wieder alle durchkriegen.

Noch einmal zum Abschluss: Frau Bundesministerin, ich weiß, dass das das Geld der Steuerzahler ist, und es ist keine Selbstverständlichkeit gewesen, dass der Touris­muswirtschaft, die ja in Österreich einen wesentlich höheren Stellenwert als in anderen Ländern hat – der Wirtschaftsanteil des Tourismus ist noch einmal so hoch wie in der Schweiz oder in Italien –, weshalb es uns auch wesentlich stärker getroffen hat und wir auch wesentlich mehr tun mussten, mit diesen Hilfen - -


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Bitte kommen Sie zum Schluss! Die Redezeit ist vorbei.


Abgeordneter Gabriel Obernosterer (fortsetzend): In der größten Krise der Nach­kriegszeit ist es dank dieser Bundesregierung, die mit Hausverstand und mit den Infor­mationen der Experten seit 15 Monaten Tag und Nacht gearbeitet hat, möglich, dass wir heute so dastehen. Dafür sage ich ganz ehrlich: Frau Bundesminister, ich danke Ihnen im Namen der Tourismus- und Freizeitwirtschaft. (Beifall bei ÖVP und Grünen.)

9.19


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist die Frau Bundesministerin für Landwirtschaft, Regionen und Tourismus. Ich darf ihr das Wort erteilen. – Frau Bun­desminister, das Wort steht bei Ihnen. Bitte.



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9.20.09

Bundesministerin für Landwirtschaft, Regionen und Tourismus Elisabeth Köstinger: Sehr geehrter Herr Präsident! Geschätzte Damen und Herren Abgeordnete! Liebe Zuse­he­rinnen und Zuseher vor den Fernsehern oder online! (Zwischenruf der Abg. Belakowitsch.) Ich freue mich sehr, dass das Hohe Haus heute Tourismus zum Thema der Aktuellen Stunde gewählt hat und – vor allem – das Thema „Sichere Gastfreundschaft: Comeback des österreichischen Tourismus“ debattiert. (Abgeordnete der SPÖ halten Tafeln mit der Aufschrift: „Corona-Bonus für alle!“ in die Höhe und entrollen auf der Galerie ein Transparent mit der Aufschrift: „Für Österreich: KrisenheldInnen – Für die Kurz-Partei: Pöbel“, „Corona-Bonus für alle!“ – Beifall bei Abgeordneten der SPÖ.) Die letzten Monate der Coronapandemie haben vor allem dem Tourismus in Österreich, der Gastro­nomie, der Freizeitwirtschaft, den Reiseveranstaltern, aber vor allem eben auch den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern, die von den massiven Einschränkungen und vom – nahezu – Erliegenkommen der internationalen Reisefreiheit betroffenen waren, wirklich sehr viel abgerungen. (Zwischenrufe bei der SPÖ.)

Ein ganz großes Dankeschön ist wirklich all jenen zu sagen, die durchgehalten haben, vor allem den Betrieben, die die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in die Kurzarbeit über­nommen haben, den vielen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern, die auch geblieben sind, die es erwartet haben und die jetzt maßgeblich eben auch Anteil daran haben, dass wir - -


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Darf ich Sie bitten, die Taferln wieder herun­terzunehmen? Wir haben ja 30 Sekunden vereinbart. – Danke.

Bitte, Frau Minister. (Abg. Leichtfried: Was ist mit dem Coronabonus für die, die durch­gehalten haben?! – Zwischenruf des Abg. Wöginger.)


Bundesministerin für Landwirtschaft, Regionen und Tourismus Elisabeth Köstinger (fortsetzend): Vielen Dank, sehr geehrter Herr Präsident!

Dass wir in Österreich am 19. Mai bei einer Coronalage, einer Infektionslage, die bei Weitem besser war, als viele der Expertinnen und Experten vorausgesagt haben, alle Branchen gleichzeitig wieder aufsperren konnten, ist vor allem einem geschuldet, und das ist das große Zutun der Bevölkerung in diesem Land, das Verständnis, dass wir uns in einer Pandemie befinden. Die schmerzhaften Kontaktbeschränkungen, das Testen, das Impfen, all das hat dazu beigetragen, dass wir mit 19. Mai wieder haben aufsperren können (Zwischenrufe bei der FPÖ) – dafür wirklich ein großes Dankeschön. Man sieht es aktuell auch schon an den positiven Entwicklungen am Arbeitsmarkt: Die Situation verbessert sich merklich, es geht wieder aufwärts. (Beifall bei der ÖVP und bei Abge­ordneten der Grünen.)

Geschätzte Damen und Herren! Das Aufsperren war insofern auch sehr bemerkenswert, weil wir nach wie vor, obwohl wir jetzt schon seit drei Wochen alle Bereiche wieder offen haben, ständig sinkende Coronazahlen sehen (Zwischenruf der Abg. Belakowitsch), und der Hintergrund ist, dass wir nicht leichtfertig geöffnet haben, sondern nach wie vor Sicherheitsmaßnahmen und die 3G-Regelung – getestet, geimpft, genesen – haben. Wir sehen einfach, dass das wirklich die richtige Strategie ist. Auch wenn es aktuell wieder Berichte wie beispielsweise jene aus Großbritannien gibt, wo wieder eine Virusmutation auftritt, die um ein Vielfaches infektiöser als der Mutant, den wir bisher kannten, ist, so zeigt das dennoch, dass das der richtige Weg ist. (Zwischenruf der Abg. Belakowitsch.) Österreich ist ein Tourismusland, der Tourismus hängt davon ab, dass es jetzt im Som­mer, aber vor allem dann auch im Herbst und im Winter eine stabile Coronasituation gibt, und wir werden alles dafür tun, dass das in unserem Land auch so bleibt. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Grünen.)


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Sehr geehrte Damen und Herren Abgeordnete, mit 10. Juni konnten wir weitere Erleich­terungen umsetzen. Das betrifft vor allem Personengruppen und die Masken im Out­doorbereich. Der eigentlich wirklich wichtige Schritt wird für uns aber mit Anfang Juli erfolgen: Dann werden vor allem auch wieder Veranstaltungen, Feiern, Hochzeiten – etwas ganz Wichtiges für das gesellschaftliche und natürlich auch das private Leben – möglich sein. All das wird wieder möglich sein. Vor allem aber – und das ist mir ein ganz besonders wichtiges Anliegen – wollen wir auch eine Möglichkeit schaffen, dass die Nachtgastronomie wieder aufsperrt. Wir alle haben die Situation am Donaukanal und auch am Karlsplatz gesehen und erlebt. Die Jugend will wieder feiern, und genau das muss auch wieder ermöglicht werden. Das hat sie sich wirklich verdient. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Grünen.)

Wir werden auf jeden Fall auch dabei sehr vorsichtig vorgehen, das ist vollkommen klar. Die 3G-Regel wird uns erhalten bleiben. Dass das aber wirklich möglich ist, ist vor allem der breiten Teststrategie, dem Zutun der Bevölkerung und vor allem eben auch dem großem Impffortschritt geschuldet. Statistisch gesehen wird in Österreich in jeder Sekunde ein Mensch geimpft. Das entspricht aktuell über 86 000 geimpften Personen am Tag. Dafür sage ich wirklich ein großes Dankeschön auch an die Bundesländer, an die Gemeinden und vor allem auch an die vielen Freiwilligen und Ehrenamtlichen, die uns dabei helfen, diese große Aufgabe zu bewältigen. (Beifall der Abgeordneten Rössler und Voglauer.) Es gibt jetzt aktuell schon 27 Prozent der Bevölkerung, also 2,1 Millionen Menschen, mit vollständiger Immunisierung, sie haben also auch schon den zweiten Stich. Wir sind da wirklich sehr zuversichtlich, dass das in den nächsten Monaten so weitergehen wird – ein ganz großes Dankeschön dafür! (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Grünen.)

Ich darf an dieser Stelle aber auch eine Initiative unsererseits erwähnen, die wirklich sehr gut funktioniert hat und die auch bereits im letzten Jahr maßgeblich dazu beigetragen hat, dass wir eine gute Sommersaison hatten: Das ist unser Testprogramm Sichere Gastfreundschaft. Wir sind das einzige Land der Welt, dass die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter insbesondere aus Gastronomie und Tourismus einmal wöchentlich mittels PCR-Test testet. Das funktioniert eben auch vor Ort sehr gut, und das hat auch dazu geführt, dass wir neben dem Thema Gastlichkeit vor allem auch das, was jetzt vor allem für ausländische Gäste buchungsentscheidend ist, adressieren konnten, und das ist das Thema Sicherheit.

Wir haben in den letzten Monaten gesehen, wie sehr sich auch dieses Gästeverhalten verändert. Früher haben Gäste bei Buchungsanfragen meistens gefragt: Wie ist der Wellnessbereich aufgestellt? Gibt es einen Parkplatz? Funktioniert WLAN? – Jetzt wird maßgeblich als Erstes nachgefragt, wie die Coronasituation ist, wie die Regeln sind und ob man in seinem Urlaub wirklich sicher ist (Abg. Amesbauer: Hat Ihnen das der Chef vom Sacher gesagt?), und das konnten wir über unser Testprogramm Sichere Gastfreundschaft umsetzen. Fast 1,5 Millionen PCR-Tests sind mittlerweile durchgeführt worden.

Gleichzeitig haben wir jetzt auch die Möglichkeit der Selbsttests vor Ort geschaffen, das heißt, auch einem spontanen Kaffeehaus-, Restaurantbesuch steht nichts im Wege. Es gibt die Möglichkeit, sich vor Ort beim Wirt, in der Gastronomie testen zu lassen. Auch dafür sage ich ein großes Dankeschön an die Bundesländer für die gute Zusammen­arbeit. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Grünen. – Zwischenruf des Abg. Amesbauer.)

Sehr geehrte Damen und Herren! Der Urlaub braucht aber vor allem die Wieder­herstel­lung der Reisefreiheit. Das war der Grund unseres großen Engagements, europaweite Regelungen zu schaffen (Zwischenruf der Abg. Belakowitsch), dass man nicht nur – und ich bitte, da auch wirklich gut zuzuhören – als Geimpfter wieder reisen kann – diese


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Pläne hat es von einigen Ländern gegeben –, sondern wir haben in Europa den grünen Pass durchgesetzt und damit die Möglichkeit geschaffen, geimpft, getestet und genesen Grenzen wieder zu überqueren und vor allem eben auch einen Urlaub in Anspruch zu nehmen. Das war uns als Bundesregierung immer ein wichtiges Anliegen. Zum einen gibt es Länder mit einem deutlich niedrigeren Impffortschritt als bei uns in Österreich, und zum anderen wird es immer wieder auch Menschen geben, die sich nicht impfen lassen – und das ist auch okay. Im Endeffekt braucht es trotzdem eine Möglichkeit, wieder zu reisen, und das ist eben als Genesener und Getesteter mit dem grünen Pass in Europa wieder möglich. (Beifall bei Abgeordneten von ÖVP und Grünen.)

Das zuständige Gesundheitsministerium arbeitet an der Umsetzung. Schrittweise werden auch die Nachweise mit dem QR-Code ausgestattet. Seit 10. Juni sind die Tests bereits mit dem EU-weit gültigen QR-Code versehen. Diese können unter qr.gv.at bereits gescannt werden. Ab 18.6. wird es vor allem für Gastronomie, Hotellerie und die Ver­anstaltungswirtschaft die Green-Check-App geben, die wir zur Verfügung stellen, um das eben auch sehr einfach und sehr schnell nachzuvollziehen.

Zusätzlich zu all dem haben wir unsere Betriebe auch wirtschaftlich massiv unterstützt. Wir haben frühe Maßnahmen gesetzt, Gabriel Obernosterer hat das auch bereits ange­sprochen. Wir haben vor allem auch versucht, die vielen Unterschiede in den Branchen zu adressieren: die Insolvenzabsicherung für die Reiseveranstalter; der Schutzschirm für die Veranstaltungsbranche konnte auf 10 Millionen Euro erhöht werden – es wurden da mittlerweile schon Förderzusagen in Höhe von rund 86 Millionen Euro abgegeben –; wir haben eine Sonderlösung für Privatvermieter geschaffen; wir haben eine Gast­garten­offensive geschaffen und die Erhöhung der Haftungsübernahmen bei Investitionen neben der Investitionsprämie ermöglicht. All das hat dazu beigetragen, dass unsere Betriebe jetzt wieder gut, richtig und gesichert aufsperren können, voll durchstarten können und das tun können, was sie am besten können, und das ist im Endeffekt für Gastlichkeit zu sorgen und uns allen die bewährte Kulinarik zu bieten. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Grünen.)

Gleichzeitig haben wir vonseiten des Tourismusministeriums mit der gesamten Touris­musbranche einen Comebackprozess gestartet, weil wir natürlich auch in der Corona­krise gesehen haben, wie viele Herausforderungen es im Tourismus trotz der guten Jahrzehnte in der Vergangenheit gibt und dass wir durchaus auch Schwachstellen haben, die wir beheben wollen. Wir haben im April gemeinsam mit der gesamten Branche in einem sehr groß angelegten Beteiligungsprozess sehr viele der Herausforderungen diskutiert. Das betrifft vor allem den touristischen Arbeitsmarkt, das ist für uns aktuell das bren­nendste Thema. Es gibt zwar nach wie vor sehr viele Arbeitsuchende, die Tourismus­branche sucht aber händeringend nach Fachkräften. Das ist vor allem auch gemeinsam mit Arbeitsminister Martin Kocher ein Thema, das wir strategisch für die Zukunft an­gehen.

Da sage ich wirklich ein großes Dankeschön an alle Betriebe. Es sind rund 20 000, die ihre Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in die Kurzarbeit übernommen haben. Das war für die Betriebe nicht kostenfrei. Das hat sie durchaus auch sehr viel Geld gekostet, aber es hat sich im Endeffekt ausgezahlt, weil das gute Personal so auch geblieben ist.

Wir schaffen mit der Verlängerung der Kurzarbeit und weiteren Wirtschaftshilfen für die besonders betroffenen Branchen eine Überlebensmöglichkeit. Wir werden in Zukunft alle gefordert sein. Die Tätigkeit im Tourismus, in der Gastronomie ist eigentlich einer der schönsten Berufe der Welt, weil man mit Menschen in Kontakt kommt. Die Service­leistung, die Dienstleistung ist etwas, bei dem auch sehr viel zurückkommt. Wir wollen einen Fokus auf die Aus- und Weiterbildung legen, vor allem auf die Ausbildung der Lehrlinge, und das werden wir gemeinsam mit der Branche umsetzen.


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Der Tourismus in den Regionen ist eine zweite ganz wichtige Maßnahme, die wir nun umsetzen. Wir haben in der Coronapandemie gesehen, dass es nicht nur das eine Hotel ist, das vom Tourismus abhängt, sondern es sind die Fleischer, die Bäcker vor Ort bis hin zu den Friseuren, den Wäschereien, der Landwirtschaft – alle hängen davon ab, dass es Gäste in unserem Land gibt. Da werden wir vor allem auch in Kooperation mit der Landwirtschaft einige neue Initiativen starten.

Der dritte ganz wichtige Themenbereich betrifft das Reiseverhalten der Zukunft. Was erwarten sich die Gäste vom Urlaubsland, vom Kongressland, vom Messeland Öster­reich, wenn sie in den nächsten Jahren herkommen? – Genau das erarbeiten wir auch mit der Österreich-Werbung. Wir werden einen ganz großen Schwerpunkt in Richtung Kongresstourismus starten und vor allem auch unsere Veranstaltungen, unsere Kunst und Kultur da wirklich an vorderster Front positionieren.

Das vierte Thema betrifft die Finanzierungsperspektiven. Es gibt eine katastrophale Eigenkapitalausstattung im Tourismus – das war uns vorher schon bekannt. Das ist durch die Krise verstärkt worden. Gemeinsam mit Expertinnen und Experten diskutieren wir Möglichkeiten wie beispielsweise die gewerbliche Tourismusförderung und andere Lösungen, mit denen wir die Eigenkapitalausstattung verstärken können.

Geschätzte Damen und Herren! Am Ende werden wir es geschafft haben – gemeinsam mit den vielen Unternehmerinnen und Unternehmern, mit den rund 750 000 Mitarbei­terinnen und Mitarbeitern, die vom Tourismus, von der Veranstaltungsbranche, von der Gastronomie, von den Messen, von den Kongressen abhängen. Am Ende werden wir auf jeden Fall gestärkt aus dieser Krise herausgehen, davon bin ich absolut überzeugt.

Geschätzte Damen und Herren! Der Erfolg des Tourismus in Österreich ist kein Zufall, sondern das Ergebnis harter Arbeit von vielen Unternehmerinnen und Unternehmern, von sehr vielen engagierten und motivierten Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern, und ihnen gilt unser ganz großer Dank und vor allem unsere vollste Unterstützung. Auf geht’s! (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Grünen.)

9.33


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Abgeordnete Kirchbaumer. Die Redezeit beträgt nun 5 Minuten. – Bitte.


09.33.29

Abgeordnete Rebecca Kirchbaumer (ÖVP): Herr Präsident! Werte Frau Bundes­minis­terin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Werte Zuseherinnen und Zuseher hier bei uns auf der Galerie und zu Hause! Der Tourismus ist einer der bedeutendsten Wirtschaftszweige in Österreich. Als Tirolerin liegt mir der Tourismus natürlich besonders am Herzen. Mit vier Jahren schon konnte ich unseren Gästen unsere Frühstückssemmeln servieren.

Im Jahr 2019 erwirtschaftete die Tourismusbranche direkt und indirekt 28,3 Milliarden Euro. Das entspricht 7,3 Prozent des Bruttoinlandsproduktes. Sichere Gastfreundschaft ist nicht nur ein Spruch, sondern wir in Österreich leben das. Österreich ist das gast­freundlichste Land der Welt. Der Tourismus, die Gastronomie, die Hotellerie haben einen hohen Stellenwert in Österreich und weit über unsere Grenzen hinaus. (Abg. Belakowitsch: ... wie kommen Sie da drauf?)

Die Tourismusbranche, die Hotellerie, die Gastronomie sowie die Messe-, Freizeit- und Veranstaltungsbranche gehören zu den am schlimmsten von der Pandemie betroffenen Wirtschaftszweigen. Wir haben ein unglaubliches Glück, dass unsere Bundesministerin Elisabeth Köstinger von Anfang an alle Hebel in Bewegung gesetzt hat, um diese Branchen zu unterstützen und ihnen bestmöglich zu helfen. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Grünen.)


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Allein durch den Veranstalterschutzschirm konnten 300 Millionen Euro – 10 Millionen Euro pro Veranstalter – ausbezahlt werden. Die Stadthotellerie wird noch eine Zeit brauchen, um diese Pandemie gut zu überstehen. Da ist es richtig und wichtig, dass weiterhin Hilfen gegeben werden. Dafür setzt sich unsere Tourismusministerin Elli Köstinger ein, um weiter mit aller Kraft Hilfen zu beschaffen – ein großes Danke dafür. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Grünen.)

Ein kurzer Rückblick auf die Hilfen, die bereits ausbezahlt wurden: Fixkostenzuschuss: über 420 Millionen Euro ausbezahlt; Verlustersatz: rund 11 Millionen Euro ausbezahlt; Lockdownumsatzersatz November: über 1 Milliarde Euro ausbezahlt (Beifall bei Abge­ordneten von ÖVP und Grünen); Lockdownumsatzersatz Dezember: weitere 590 Millio­nen Euro ausbezahlt; Ausfallsbonus: rund 600 Millionen Euro ausbezahlt. – Diese Hilfen sprechen für sich selbst. Unsere Nachbarländer schauen ganz neidisch auf uns. Die Pandemie hat uns gezeigt, wie wichtig diese Branche ist – für die Gesellschaft, für den Arbeitsmarkt und für die Gäste, die wir bewirten dürfen.

Die Strategie Sichere Gastfreundschaft wurde gemeinsam mit den Mitgliedern der Bun­desregierung, allen voran Bundesministerin Köstinger, den Bundesländern, dem Städte­bund, dem Gemeindebund und den Sozialpartnern erarbeitet. Es war neben dem Datum der Öffnungen auch wichtig, unter welchen Sicherheitsauflagen die Gastronomie, die Hotellerie, die Veranstaltungs- und Freizeitbranche wieder öffnen dürfen.

Weitere Öffnungsschritte werden in Aussicht gestellt, wie zum Beispiel für die Nacht­gastronomie. Es ist dieser Regierung und auch den Unternehmerinnen und Unterneh­mern wichtig, dass die Rahmenbedingungen für eine größtmögliche Freiheit und die größtmögliche Sicherheit gegeben sind.

Durch die Öffnungsschritte wurden für arbeitslose Menschen auch wieder Arbeitsplätze in der Gastronomie geschaffen. 880 000 Menschen waren in der Tourismusbranche durch die Pandemie arbeitslos. Viele Menschen konnten durch die Öffnungsschritte wieder Arbeit finden. Die 3G-Regel zeigt Wirkung: Die Zahlen gehen stetig nach unten. Im Sommer werden auch wieder Veranstaltungen möglich sein.

Trotzdem müssen wir weiterhin achtsam sein und dürfen die bereits erreichten Erfolge nicht aufs Spiel setzen. Die Impfung wird der Weg aus der Pandemie sein. Trotzdem braucht es auch die Testungen, bis alle Impfwilligen geimpft sind. Die Wirtschaft trägt einen großen Teil dazu bei, dass die Testungen auch in den Betrieben gemacht werden können. Die heimischen Wirtinnen und Wirte und deren Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter machen nicht nur einen Job, sondern sie sind mit Leib und Seele Gastwirte.

Unserem Bundeskanzler Sebastian Kurz gemeinsam mit dem gesamten Regie­rungs­team ist es wichtig, dass sich alle Menschen in Österreich sicher und wohlfühlen. Sicher für den Gast, sicher für die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer, Sicherheit für die Menschen in Österreich: Das ist das Ziel dieser Regierung. – Vielen Dank. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Grünen.)

9.38


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Erasim. – Bitte.


09.38.27

Abgeordnete Melanie Erasim, MSc (SPÖ): Herr Präsident! Frau Ministerin! Geschätzte Zuseherinnen und Zuseher! (Die Rednerin stellt eine Tafel mit der Aufschrift „Corona-Bonus für alle!“ auf das Rednerpult.) Frau Bundesministerin, Sie präsentieren hier wieder einmal Ihren angeblich so tollen Comebackplan für die österreichische Hotellerie und Gastronomie. Sie schalten fleißig Inserate, machen PR-Shows und betreiben Realitäts­verweigerung im ganz großen Stil. Nur: Sie lassen sich hier für Boni abfeiern, die für


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viele Systemerhalterinnen und Systemerhalter nie in greifbarer Nähe sein werden. Wir fordern, diesen Bonus allen Beschäftigten der Daseinsvorsorge auszubezahlen. (Beifall bei der SPÖ.)

Sie hingegen machen eines: Sie spalten und unterscheiden zwischen fleißigen Men­schen, die einen Bonus bekommen, und fleißigen Menschen, die eben keinen Bonus bekommen – Reinigungskräfte, die dafür Sorge getragen haben, dass unsere Kranken­häuser steril sind, Rettungssanitäter, die wesentlich mehr Einsätze gefahren sind und als Ersthelfer einem immens hohen Risiko ausgesetzt waren. All diesen Menschen sagen Sie ins Gesicht: Wir haben eh für euch geklatscht, das muss reichen, Geld be­kommt ihr von uns keines! – Dafür würde ich mich wirklich schämen.

Auch Herr Klubobmann Wöginger – der jetzt nicht anwesend ist –, der ehemals Zentral­betriebsratsvorsitzender des Roten Kreuzes war, vergisst in dieser schwierigen Situation auf seine ehemaligen Kolleginnen und Kollegen – ein wirklich schäbiges Verhalten! (Beifall bei der SPÖ.)

Wir Sozialdemokratinnen und Sozialdemokraten kämpfen hier Schulter an Schulter mit all jenen, die weiter fleißig ihrer Arbeit nachgegangen sind, gleichzeitig unglaubliche Mehr­belastungen mit Kinderbetreuung, mit Homeschooling gestemmt haben, aber auch mit den vielen Beschäftigten, die eben nicht arbeiten konnten. Und da kommen wir zum Tourismus und zur Gastronomie zurück. Wir denken auch an all jene, die in Kurzarbeit waren, ihren Job verloren haben, ihre Ersparnisse aufbrauchen mussten. Ihnen allen gebühren Konzepte seitens der Politik, die ihren Namen auch verdienen.

Können Sie mir erklären, wie Sie einem Arbeiter, einer Arbeiterin begreiflich machen, dass Herr Schmid 200 000 Euro Abfertigung bekommt, die Heldinnen und Helden der Krise, denen Sie vollmundig versprochen haben, dass ihnen gedankt werden wird, aber durch die Finger schauen?

Sie haben so viel versprochen und leider fast nichts davon gehalten. Das jüngste Bei­spiel ist der grüne Pass, über den Sie sich jetzt so freuen, der zuerst datenschutz­rechtlich schwerst bedenklich konzipiert war und erst nach vielen Reparaturvorschlägen seitens der SPÖ als Gesetz beschlossen werden konnte. Das ist Ihr nächster Flop! Er ist eine europaweite Lachnummer – handwerklich verpfuscht, so wie vieles in dieser Regierung, die von einer Panne in die nächste tappt. (Beifall bei der SPÖ sowie der Abgeordneten Krisper und Loacker.)

Der enorme Fachkräftemangel ist ebenso ein Problem, das Sie sich, Frau Ministerin, ganz oben auf Ihre Fahne schreiben können. Die Zeit der Pandemie wurde nicht genutzt, um den Beschäftigten in dieser Branche ausreichend Perspektiven zu bieten. Und was ist Ihre Antwort? – Die Zumutbarkeitsregelungen sollen verschärft werden, wodurch Menschen entwurzelt und von ihren Familien weggerissen werden und eine Art moderne Sklaverei Einzug hält. Das ist ein weiteres Signal, damit ja niemand mehr versucht, in diesen für Österreichs Wirtschaft so relevanten Branchen Fuß zu fassen.

Die Förderungen, die Sie ausbezahlen, sind oft nicht treffsicher und schon gar nicht transparent hinter dem undurchsichtigen Schleier der Cofag, in der offensichtlich so viel Geheimes passiert, dass nicht einmal wir als gewählte Volksvertreterinnen und Volks­vertreter hineinschauen dürfen. Deshalb schlagen wir vonseiten der SPÖ vor, jeder Familie, jedem Haushalt einen Coronatausender in Form von Konsumationsgutscheinen zur Verfügung zu stellen. (Beifall bei der SPÖ.)

Das würde nämlich die Wirtschaft wirklich ankurbeln, den kleinen Betrieben helfen und Familien schöne Erlebnisse nach einer langen Zeit mit vielen Entbehrungen ermög­lichen. Ebenso würden 30 000 Arbeitsplätze gesichert werden, weil vor allem kleine und


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mittlere Unternehmen davon profitieren würden – und das brauchen die Betriebe in der Hotellerie und Gastronomie wie einen Bissen Brot.

In vielen Bereichen bewegen sich die Umsätze derzeit – auch wenn Sie alles so hoch­jubeln – bei unter 50 Prozent im Vergleich zum Vorkrisenniveau. Und wenn Sie nicht eine Pleitewelle enormen Ausmaßes riskieren wollen, dann unterstützen Sie end­lich Vorschläge, die tatsächlich helfen, Arbeitsplätze zu schaffen und Betriebe zu retten! – Danke schön. (Beifall bei der SPÖ.)

9.43


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Abgeordneter Hauser. – Bitte sehr.


9.43.38

Abgeordneter Mag. Gerald Hauser (FPÖ): Herr Präsident! Geschätzte Frau Minister! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Jetzt haben wir drei ÖVP-Vorredner gehört, die versucht haben, sich die Welt, die nicht schön ist, schönzureden. Wie schaut die Wahr­heit aus? – Der Dauerlockdown ab 2. November hat einen derartigen Kollateralschaden für den Tourismus verursacht, wie es ihn überhaupt noch nie gegeben hat. Das war ein maximaler Schaden für den Tourismus, und zwar nicht von irgendjemandem verursacht, Kollege Obernosterer, sondern von der Regierungspolitik verursacht. Und dafür wollt ihr auch noch bejubelt werden! (Beifall bei der FPÖ. – Zwischenrufe der Abgeordneten Haubner und Obernosterer.)

Seit dem 19. Mai wird geöffnet, und ich sage das immer wieder dazu: mit angezogener Handbremse. Und da ihr sagt, es sei alles so gut: Die Österreichische Hotelier­vereini­gung hat auf ihrem ÖHV-Kongress die Unternehmer befragt, wie sie die Performance der Bundesregierung, die Regierungspolitik beurteilen, und diese Beurteilung hat einen Dreier ergeben. Wenn man zu diesem Dreier das dazunimmt, was ich jetzt noch zu sagen habe, nämlich: keine Vorbereitung für die Zeit danach und zum Teil unsoziale För­derpolitik, dann kommt man bestenfalls auf einen Vierer, wenn nicht auf einen glatten Fünfer. So schaut unterm Strich die desaströse Politik dieser Regierung aus, die einen Kollateralschaden und einen maximalen Schaden für die österreichische Tourismuswirt­schaft verursacht hat, und zwar in einem Ausmaß, das nicht erforderlich war, und in einem Ausmaß, das es in dieser Republik überhaupt noch nie gegeben hat. (Beifall bei der FPÖ.)

Was hat die Konkurrenz vorgezeigt? Kollege Obernosterer, du weißt es ganz genau! In der Schweiz hat man unser Sicherheitskonzept, das wir für unsere Betriebe erstellt haben, ab Jänner umgesetzt. Die Skilifte waren geöffnet, die Hotellerie war geöffnet, und man hat 50 Prozent Wertschöpfung erzielt, während bei uns ein Nächtigungsminus von 97 Prozent eingefahren wurde. So schaut es aus! Wir brauchen nicht permanent aufs Ausland zu schauen und zu sagen, wie schlecht es dort ist. Die Konkurrenz aus dem Ausland schaut zu uns, sie hat den Kopf geschüttelt und gesagt: Um Gottes willen, wieso ist denn der österreichische Tourismus total zugesperrt?

Ich habe im Winter im Zuge der Debatte mehrmals die Forderung aufgestellt und gesagt: Wieso sperrt ihr denn nicht die Ferienwohnungen auf? Wieso sperrt ihr nicht die Chalets, die Ferienhäuser auf, wo Gäste isoliert von anderen Gästen durchaus wohnen kön­nen? – Ihr habt auf diese Vorschläge nicht einmal reagiert! (Zwischenruf der Abg. Pfurtscheller.) Ihr wolltet zusperren. Ihr habt einen Kollateralschaden verursacht, und jetzt geht ihr her und sagt: Um Gottes willen! Wir sind so gut, wir sind so stark, wir sind der Anton aus Tirol! So schaut das leider Gottes nicht aus. (Beifall bei der FPÖ.)

Hilfe zur Selbsthilfe wurde nicht umgesetzt: Seit einem Jahren liegen unsere Initiativen zur Stärkung des Eigenkapitals im Tourismusausschuss. Das ist eine Dauerschleife,


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eine Dauervertagung. Was wollten wir? – Wir wollten das Eigenkapital stärken. Natürlich ist bekannt, dass die Betriebe verstärkt Eigenkapital brauchen. Dann muss man agieren, dann muss man das tun, aber ihr habt nur unsere Initiativen vertagt. Wir wollten eine Aufwertungsbilanz haben. Wir wollten eine Gleichstellung zwischen Eigen- und Fremd­kapitalzinsen haben. Ihr habt nichts gemacht, außer unsere Anträge zu vertagen! Betref­fend Senkung der Lohnnebenkosten ist überhaupt noch nichts weitergegangen. Also Hausaufgaben nicht gemacht, geschlafen, verschlafen – Nicht genügend! (Beifall bei der FPÖ.)

Und wie schaut es bei den Entschädigungen aus? Die sind durchaus durchwachsen und unterschiedlich. Betreffend das Epidemiegesetz: Ein Großteil der Betriebe wartet seit 13 Monaten auf die Entschädigung gemäß Epidemiegesetz. Das ist ein Armuts­zeugnis! (Zwischenruf des Abg. Obernosterer.) Hinsichtlich aller Betriebe mit mehr als zehn Betten, hinsichtlich aller touristischen Vermieter mit mehr als zehn Betten mussten wir 13 Monate kämpfen, damit überhaupt ein Entschädigungsanspruch zugesprochen wird. Das war unsere Initiative. Hätten wir uns nicht für die privaten Vermieter eingesetzt, für die Masse der Kleinbetriebe, hätte es gar nichts gegeben. (Beifall bei der FPÖ.) In den ersten Runden war gar nichts dabei. Wir als Freiheitliche Partei waren der Schutz­patron für die Privatbetriebe, für die kleinen Gewerblichen, für die kleinen Vermieter überhaupt.

Schaut euch einmal an, wie die Struktur aussieht! (Der Redner stellt ein Plakat, auf dem eine Tabelle abgebildet ist, in der betreffend Vermietung neun Kategorien angeführt sind, in denen Förderungsmodelle wie Härtefallfonds, Umsatzersatz November und Dezem­ber 2020, Ausfallsbonus et cetera gegenübergestellt sind, auf das Rednerpult.) Ich habe mir die Mühe gemacht, mir anzusehen, wie man ein an sich einfaches Thema kompliziert machen kann. Ihr habt so eine undifferenzierte, undurchsichtige Förderstruktur für die Kleinbetriebe erstellt, mit einem Bürokratiewahnsinn und Anforderungen an die Betriebe, die die wenigsten durchblicken, und ihr habt eine Struktur geschaffen, die man einfacher machen kann. Was hättet ihr tun müssen? – Ihr hättet sagen müssen: All jene Betriebe, die durch Vorgabe der Regierung, der Behörde behördlich geschlossen sind, sind zu entschädigen.


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Den Schlusssatz bitte!


Abgeordneter Mag. Gerald Hauser (fortsetzend): Man braucht keine komplexe, un­differenzierte, nicht nachvollziehbare Struktur (Abg. Haubner: Das glaubt keiner!), die darin geendet hat, dass viele Betriebe im Tourismus, die mehr als zehn Betten ver­mieten, bis heute noch keinen Cent ausbezahlt bekommen haben. Das ist ein Armuts­zeugnis. Macht endlich einmal die Hausaufgaben! (Beifall bei der FPÖ.)


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Darf ich Sie bitten! Die Zeit ist weit überschritten.


Abgeordneter Mag. Gerald Hauser (fortsetzend): Hört damit auf, eure Politik im Hohen Haus zu bejubeln! (Beifall bei der FPÖ. – Abg. Obernosterer: Das hast du jetzt aber selber nicht geglaubt! – Ruf bei der ÖVP: Voll daneben! – Abg. Hauser – auf dem Weg zu seinem Sitzplatz in Richtung Abg. Obernosterer –: Jedes Wort!)

9.49


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Abgeordnete Götze. – Bitte.


9.49.35

Abgeordnete Dr. Elisabeth Götze (Grüne): Herr Präsident! Werte Frau Ministerin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Wertes Publikum! Der Tourismus ist fraglos einer der wichtigsten Wirtschaftszweige in Österreich. Fangen wir mit den guten Nachrichten an: Ich bin mir sicher, wir haben einen guten Sommer vor uns. Wir freuen uns alle über die Lockerungen und die Öffnungen. Die Siebentageinzidenz ist massiv zurückgegangen,


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auch dank der vielen Menschen, die bereits geimpft sind – über sechs Millionen Men­schen sind bereits einmal geimpft –, daher rechne ich nicht mit weiteren Einschränkun­gen. In ganz Europa hat sich die Situation stabilisiert. Die Menschen wollen wieder ver­reisen, und sie werden kommen. (Beifall bei den Grünen.)

Das sind sehr gute Nachrichten für die Tourismusbranche. Gleichzeitig gibt es aber auch schlechte Nachrichten, ich möchte da zwei Themen ansprechen: einerseits natürlich die Krise, von der der Tourismus massiv betroffen war, und zweitens auch strukturelle Defi­zite. Zur Krise: Wie gesagt, der Tourismus ist besonders betroffen, aber dank der zahl­reichen Unterstützungsmaßnahmen sind auch die Tourismusbetriebe sehr gut durch die Krise gekommen. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Wie geht es weiter? – Manche Bereiche, insbesondere die Stadthotellerie, aber auch die Nachtgastronomie und zum Teil auch die ReiseveranstalterInnen, werden noch länger mit Schwierigkeiten zu kämpfen haben. Da macht es volkswirtschaftlich auch absolut Sinn, die Unterstützungsmaßnahmen zu verlängern, und das passiert. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Kollegin Erasim, glaube ich, hat die Unternehmen angesprochen, die 50 Prozent Um­satzausfall haben. Genau an die wurde gedacht: Gestern wurde verkündet, dass Unter­nehmen, die mehr als 50 Prozent Umsatzausfall haben, mit umfassenden Unterstüt­zungs­maßnahmen rechnen können. Mit dem Ausfallsbonus wird der Umsatz, der ihnen ausfällt, mittels einer Ersatzrate ersetzt. Die Ersatzrate wird an die üblichen Kosten in der Branche angepasst, und im Tourismus ist das in einer Größenordnung von 40 Pro­zent. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Es gibt den Härtefallfonds für die Härtefälle, also ein Sicherheitsnetz für Unternehme­rinnen und Unternehmer, einerseits auch bei 50 Prozent Umsatzausfall. Darüber hinaus bekommen alle, die aus welchen Gründen auch immer – aus coronabedingten Gründen – ihre Kosten nicht decken können, 600 bis 2 000 Euro. Auch das ist sehr wertvoll. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Dann gibt es den Verlustersatz für die Betriebe, die coronabedingt Verluste machen. Sie haben natürlich die Pflicht, ihre Schäden zu minimieren, sie können da nicht alle Verluste hineinpacken, aber coronabedingte Verluste werden abgedeckt, und zwar auch wieder dann, wenn der Umsatz im Vergleich zum Vorkrisenniveau um 50 Prozent gesunken ist. Weiters wird die coronabedingte Kurzarbeit für die Betriebe, die massive Umsatzausfälle haben, verlängert. Ein Thema, das wir hier schon ausführlich besprochen haben, ist der Veranstaltungsschutzschirm. Auch dieser ist sehr wertvoll für den Tourismus, weil damit garantiert wird, dass kulturelle Angebote weiter stattfinden können.

Ich möchte noch zu strukturellen Themen kommen: Es hat sich gezeigt, dass uns die Coronakrise strukturelle Probleme stärker vor Augen führt. Ein Thema, das ich an­sprechen möchte, ist das Wettrüsten der Betriebe. In den letzten Jahren sind Betten­burgen entstanden, weil Unternehmen mit mehr Betten auf mehr Umsatz gehofft haben. Mehr Umsatz bedeutet aber nicht mehr Wertschöpfung. Es gibt in Tirol zahlreiche Vier­sternbetriebe, die auf Fünfsternniveau aufgerüstet haben und Dreisternpreise verlangen. Das kann sich nicht ausgehen, da muss sich wieder etwas umdrehen. Es gibt Saison­betriebe, die nur 40 Prozent des Jahres ausgelastet sind, diese sind auch als Arbeit­geber völlig unattraktiv. Auch da müssen wir etwas verändern. Wir müssen stärker auf Qualität setzen, auf Wertschöpfung und auch auf Ganzjährigkeit. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Die Förderstrukturen müssen dem angepasst werden, diese Diversität müssen wir stärker ausbauen, auch die Kleinteiligkeit der Betriebe ist eine große Qualität. Es ist da schon einiges passiert, unter anderem wurde die Investitionsprämie eingeführt. Viele Betriebe haben sie in Anspruch genommen, um ökologische Investitionen zu tätigen.


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Aktuell werden unter anderem Schutzhütten in Tirol und Rad- und Wanderwege ausgebaut, um das lokale Angebot zu verstärken.

Ein gutes Thema ist auch der Urlaub ohne Auto. Wie kann ich mit der Bahn anreisen und mich vor Ort ohne Auto bewegen? Da braucht es Rad- oder Carsharingangebote. Ein Beispiel für Ganzjährigkeit sind Hotels, die quasi Homeoffice im Hotel anbieten. Ich finde, das ist eine großartige Möglichkeit, um diesen neuen Trend zu Heimarbeit mit Urlaub zu verbinden. Damit kann man Urlaub und Arbeit verbinden. Unser Ziel ist, dass touristische Ortschaften, Tourismusgebiete ein guter Platz zum Leben sind, auch für die arbeitende Bevölkerung, und daran arbeiten wir.

Ein weiteres Thema sind Tourismusbetriebe, die leer stehen. Da braucht es geeignetes Leerstandsmanagement. Wir wollen nicht mehr Betten, sondern deren Zahl eher redu­zieren, angepasst an die Nachfrage.

Zusammenfassend: Ich bin davon überzeugt, dass der österreichische Tourismus eine große Zukunft hat. Es gibt bei uns einerseits einzigartige kulturelle Angebote und ande­rerseits auch eine großartige intakte Natur. Diese Stärken müssen wir stärken und ausbauen. Gleichzeitig müssen wir auch Neues ermöglichen, und dabei wollen wir die Betriebe unterstützen. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

9.56


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Abgeordneter Loacker. – Bitte.


9.56.45

Abgeordneter Mag. Gerald Loacker (NEOS): Herr Präsident! Sehr geehrte Frau Bun­desministerin! Kollegin Götze hat jetzt nicht erklärt, wie sie in Galtür oder in Schoppernau ein Hotel ganzjährig führen will. Da frieren Ihnen nämlich im Oktober und im November die Zehen ab. Sie können mir das nachher noch erklären.

Die Frau Landwirtschaftsministerin ist ja nicht nur die Ministerin für die Landwirtschaft, für die Heugabel und für den Mähdrescher (He-Rufe bei der ÖVP – Heiterkeit bei den NEOS), sondern auch für den Tourismus, und manchmal ist sie auch Gesundheits­ministerin – jedenfalls meint sie das.

Und so haben Sie letztes Jahr die Teststrategie für den Tourismus ausgegeben, nicht abgestimmt mit dem Gesundheitsminister. Das war ein bisschen ein Fiasko, weil Sie nicht nachgedacht haben, dass ein Betrieb nicht alle Mitarbeiter testen lässt, wenn wegen eines Verdachtsfalls die ganze Belegschaft für 14 Tage in Quarantäne ist. Sie wären besser ruhig gewesen und hätten sich besser mit dem Minister abgestimmt. Das haben Sie nicht getan. (Zwischenruf des Abg. Obernosterer.)

Die Lernkurve ist flach geblieben, und so sind Sie auch heuer wieder laut bei Gesund­heitsthemen. Sie haben Werbeauftritte, Pressekonferenzen absolviert – die Zuhörer können Ihre Textbrocken, die -bausteine schon auswendig aufsagen – und haben einen Comebackplan Tourismus präsentiert. Sie haben vorhin von dem Prozess mit der Branche erzählt, in diesem Prozess sind Sie draufgekommen: Wir haben ein Fach­kräftethema im Tourismus, wir haben ein Lehrlingsthema im Tourismus und wir haben Probleme mit der Finanzierung! – Na dafür hätte ich keinen teuren Prozess mit dem Ministerium gebraucht!

Was der Tourismus gebraucht hätte, wären beispielsweise frühzeitige Ansagen, was die Auflagen sind, wenn die Unternehmen wieder aufsperren. Wenn sie nämlich größere Veranstaltungen machen, dann brauchen sie unter Umständen zwei Monate Vorlaufzeit. Das hatten die Betriebe nicht. Das kostet Jobs, das kostet die Unternehmer Einnahmen und das kostet die öffentliche Hand Steuergelder.


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Sie waren auch sonst laut: Am 9. Mai haben Sie in der „Pressestunde“ gesagt: Öster­reich führt den grünen Pass ein, und zwar schneller als die EU! Und wenn die EU so trödelt, haben Sie gesagt, dann wird Österreich bilaterale Abkommen mit den anderen Ländern über den grünen Pass abschließen! Und jetzt? – Jetzt haben zehn EU-Länder den grünen Pass fertig. Wer hat ihn nicht fertig? – Die Republik Österreich. (Bundes­ministerin Köstinger: Seit 19. Mai!) Ein bisschen laut waren Sie halt. Bei uns hat nicht einmal die größte Gruppe, die der Geimpften, den QR-Code, mit dem man über die Grenze fahren kann.

Das ist Ihre Ankündigungspolitik: Bei Pressekonferenzen und Medienterminen – wun­der­bar, toll inszeniert –, da treten Sie souverän auf. Aber die Arbeit dahinter? – Wissen Sie, die Knochenarbeit ist immer 95 Prozent und das Ankündigen 5 Prozent der Ge­schichte. (Beifall bei den NEOS sowie des Abg. Kaniak.)

Jetzt geht es Ihnen um den sicheren Tourismus im Sommer 2021. Da kann man viel testen, die Gäste dürfen auch im Hotel Selbsttests durchführen. Der Punkt aber ist, ob diese Tests, wenn man selbst in der Nase gebohrt hat, vom Herkunftsland der Touristen auch anerkannt werden – in vielen Fällen eben nicht. Was die brauchen, ist ein Test, der eine Fremdanwendung gehabt hat, das kann man aber im Hotel nicht machen. (Zwischenbemerkung von Bundesministerin Köstinger.)

Die Touristen müssen, wenn sie zum Beispiel in eine Apotheke gehen und einen Test durchführen lassen, 25 Euro zahlen. Das ist die Gastfreundlichkeit, die Sie nicht orga­nisiert haben. Sie hätten sich hinsetzen und gemeinsam mit dem Gesundheits­minister, mit den Apotheken, die in allen Ecken der Republik vertreten sind, ein Netz aufbauen müssen, wo die Touristen problemlos hingehen, sich testen lassen und dann einen auch für ihr Heimatland anerkannten Test holen können, ohne dass sie 25 Euro zahlen müssen. Echte Tourismuswerbung sieht anders aus als das, was Sie fabrizieren. (Beifall bei den NEOS sowie des Abg. Kaniak.)

Wir haben im Tourismus einen massiven Arbeitskräftemangel. Heute hat die Chefin des Tourismus in der WKO gesagt, 50 000 Arbeitskräfte fehlen. Was macht Ihre Regie­rung? – Sie verlängert die Kurzarbeit sogar für Leute, die in 0 Prozent Kurzarbeit sind. Wir zahlen also mit Steuergeld die Menschen dafür, dass sie zu Hause sitzen bleiben, während sie an anderer Stelle gebraucht würden. Das ist Ihre Wirtschaftspolitik, das ist Ihre Fachkräftepolitik (Zwischenruf des Abg. Deimek): Die Menschen werden fürs Nichtstun bezahlt – und Sie feiern sich dafür hier vorne ab! (Beifall bei den NEOS. – Zwischenruf des Abg. Haubner.)

Tourismus bedeutet international auch offene Geschäfte. Dort, wo die Menschen hin­kommen, wollen sie vielleicht auch einkaufen gehen. Das gilt vor allem für den Städte­tourismus, der besonders leidet. Man könnte als kreative Regierung vielleicht einmal sagen: Versuchen wir es mit offenen Geschäften – nämlich dort, wo die Touristen hinkommen, damit sie auch einkaufen gehen können und damit unser stationärer Handel aufholen kann, was er gegenüber dem Onlinehandel verloren hat. Da kommt nichts. Man kann in Italien, in Kroatien, in Tschechien, in Polen, in Portugal einkaufen – in Österreich bleibt alles zu! Sie könnten ein Wort mitreden, wenn es darum geht, die Wettbewerbs­fähigkeit der Einkaufsdestination Österreich zu verbessern, aber da tun Sie nichts. (Beifall bei den NEOS. – Zwischenruf bei den Grünen.)

10.01


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Abgeordneter Zarits. – Bitte.


10.01.53

Abgeordneter Christoph Zarits (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Frau Minister! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Lieber Gerald Loacker, ich finde es interessant,


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dass Menschen, die immer alles besser wissen, in ihrem ganzen Leben noch nichts besser gemacht haben. (Beifall bei der ÖVP.) Das Wichtigste aber ist – und das stört dich ja –, dass wir in dieser Pandemiebekämpfung auf einem guten Weg sind, und das Wichtigste ist, dass wir auch ein Ziel vor Augen haben und dass wir in dieser Pande­miebekämpfung auf den letzten Metern sind. Wir haben in den letzten 15 Monaten viele Maßnahmen mit dem Ziel, die Wirtschaft zu stärken, und mit dem Ziel, die Arbeitsplätze zu sichern, gesetzt.

Schauen wir uns den Tourismus an, den Sportbereich, der für mich auch zum Tourismus dazugehört, Kunst und Kultur im Jahr 2019 oder im Jänner 2020: Die Bilder, die wir sehen: volle Pisten, volle Hütten, die Gastronomie ist voll, die Sportplätze sind voll, die Hallen sind voll, die Sportevents, die Kunst- und Kulturszene – Österreich hat sich im Tourismus von seiner besten Seite gezeigt. Unser Ziel ist – gemeinsam mit Sebastian Kurz, Werner Kogler und unserer Tourismusministerin –, dort auch wieder hinzukom­men. Ich bin davon überzeugt, dass wir mit den Maßnahmen, die wir gesetzt haben, das Comeback für Österreich auch schaffen werden. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeord­neten der Grünen.)

Die letzten 15 Monate waren eine Herausforderung im Bereich des Tourismus, im Be­reich des Sports, im Bereich der Kunst und Kultur und auch in vielen anderen Bereichen. Ja, das war eine Herausforderung, ja, das wissen wir. Ja, wir haben mit den Entschei­dungen, die wir getroffen haben, den Menschen auch viel abverlangt, aber es war notwendig. Wissen Sie, warum wir die Öffnungsschritte bereits am 19. Mai machen konnten? – Weil wir in der Pandemiebekämpfung aufgrund dieser Maßnahmen viel weiter als andere Länder sind. Ein weiterer Punkt ist, dass die Menschen in Österreich bei dieser Pandemiebekämpfung solidarisch mitgemacht haben. Ein weiterer Grund, warum wir weiter als andere Länder sind, ist, dass die Teststrategie dank der Frau Bundesminister auch funktioniert: Wir testen in den Gemeinden, wir testen in den Apo­theken, wir testen in den Schulen – bis hin zum Wohnzimmer.

Das Gute und das alles Entscheidende ist, dass die Impfstrategie funktioniert, dass die Impfungen vorangehen. Jede Sekunde wird in Österreich ein Mensch geimpft. Bis 1. Juli werden wir es schaffen, dass fünf Millionen Menschen geimpft sind, und ich glaube, das ist der Schlüssel zum Erfolg. Wir sind in dieser Pandemiebekämpfung auf den letzten Metern, und ich bin davon überzeugt, dass wir das auch, gemeinsam mit den Ländern, mit den Gemeinden und vor allem mit der österreichischen Bevölkerung, mit den Leuten, die sich auch an die Maßnahmen halten, schaffen. (Beifall bei der ÖVP und bei Abge­ordneten der Grünen.)

Meine geschätzten Damen und Herren, ja, wir wissen alle, wie wichtig der Tourismus für uns ist. Wir wissen alle, wie wichtig auch der Sport für uns ist. Im Tourismus haben wir vor Corona eine Wertschöpfung von 60 Milliarden Euro gehabt, es sind über 300 000 Men­schen, die Arbeit im Tourismusbereich finden, und genau da müssen wir ansetzen.

Wir haben in den letzten 15 Monaten wichtige Maßnahmen gesetzt, um den Tourismus zu unterstützen, um die Unternehmer zu unterstützen. Herr Kollege Obernosterer hat es angesprochen: Die Hilfsmaßnahmen, die Hilfspakete, die wir geschnürt haben, haben funktioniert. Wir sind auch da viel weiter als andere Länder. Vor allem im Tourismus­bereich war es wichtig, dass wir, gemeinsam mit den Sozialpartnern, die Kurzarbeit beschlossen haben. Da wurde bereits ein Betrag von 1,6 Milliarden Euro ausbezahlt, und wir haben Hunderttausende Arbeitsplätze, vor allem auch im Tourismus, gesichert. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Grünen.)

Meine geschätzten Damen und Herren, Tourismus, Sport, Kunst und Kultur gehören zusammen. Denken wir zurück an die tollen Sportevents, denken wir zurück an die tollen Kunst- und Kulturveranstaltungen, die natürlich viele Hunderttausende Menschen aus


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dem In- und Ausland zu uns bringen und Menschen dazu bringen, bei uns Urlaub zu machen!

Ich denke da auch an den Sportbereich, in dem es, aufgrund der Maßnahmen, die wir gesetzt haben, möglich war, früher als andere Länder aufzumachen. Es gibt in Öster­reich 15 000 Vereine. Es sind 580 000 Ehrenamtliche in den Sportvereinen tätig und 2,1 Millionen Mitglieder, die in den Sportvereinen engagiert sind. Da starten wir gemein­sam mit dem Tourismus durch. Es ist für mich und für viele andere natürlich eine große Freude, dass die Sportplätze wieder voll sind, dass die Kinder und Jugendlichen wieder Sport betreiben können, dass die Sporthallen wieder voll sind.

Jetzt auch eine tolle Nachricht – Sie haben es ja alle in den Medien gehört, und da sieht man, dass die Maßnahmen, die wir gesetzt haben, und die Pandemiebekämpfung in Österreich auch funktionieren und international auch anerkannt sind –: Es wird vier Großveranstaltungen im Sportbereich in der Steiermark, zweimal Moto-GP und zweimal Formel 1, geben. Das zeigt, dass wir auf dem richtigen Weg sind, dass die Bundes­regie­rung mit unserem Kanzler, mit unserer Tourismusministerin die richtigen Maßnahmen gesetzt hat.

Wir brauchen weitere Öffnungsschritte. Mit 19. Mai wurden die ersten Öffnungsschritte und vor wenigen Tagen die zweiten Öffnungsschritte verkündet – und mit 1. Juli geht es dann bergauf. Ich bin überzeugt davon: Wir sind auf den letzten Metern dieser Pande­miebekämpfung, und ich weiß, dass wir das auch gemeinsam schaffen werden. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Grünen.)

10.07


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Abgeordneter Seemayer. – Bitte.


10.07.29

Abgeordneter Michael Seemayer (SPÖ): Herr Präsident! Frau Bundesministerin! Kolleginnen und Kollegen! Damen und Herren! Es ist gut, dass es im Tourismus wieder bergauf geht, auch wenn es jetzt noch mit Einschränkungen und manchen Schutzmaß­nahmen verbunden ist. Es ist gut, dass die Beschäftigten in der Branche nach langer Zeit wieder an ihren Arbeitsplatz zurückkehren können, und es ist natürlich auch erfreu­lich, dass sich die Situation am Arbeitsmarkt dementsprechend entspannt.

Das alles geschieht deswegen, weil die Branche wieder aufsperren und ihre Arbeit machen kann. Dass das jetzt hier als Verdienst der Bundesregierung verkauft wird, ist nur schwer nachzuvollziehen. Wenn wir schon die Möglichkeit haben, hier über den Tourismus und über die Branche zu diskutieren, dann, glaube ich, Kolleginnen und Kollegen, ist es auch wichtig, dass wir über die Beschäftigten in dieser Branche reden.

Wie ist es den unzähligen Kolleginnen und Kollegen in den letzten Monaten im Touris­mus, in der Gastronomie, in der Hotellerie und in der Veranstaltungsbranche überhaupt ergangen? – Viele von ihnen haben ihren Job verloren, müssen dadurch auch mit weni­ger als der Hälfte oder mit rund der Hälfte des Einkommens ihren Lebensunterhalt be­streiten.

Viele der Kolleginnen und Kollegen im Tourismus hatten auch die Möglichkeit, die Kurzarbeit in Anspruch zu nehmen, aber trotzdem zeigen uns die Arbeitslosenzahlen, dass genau in diesem Bereich trotzdem Arbeitsverhältnisse aufgelöst werden, wie es leider in der Branche oft üblich ist. Jetzt zeigt sich, dass Kurzarbeit nicht nur für die Beschäftigten einen Vorteil gebracht hat, sondern auch für die Unternehmer und Unter­nehmerinnen in der Branche: Sie haben ihre Fachkräfte halten können.


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Wir haben in den letzten Tagen immer wieder Meldungen gehört, dass Fachkräfte ge­sucht werden, dass im Tourismus Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter gesucht werden. Viele haben aber während ihrer Arbeitslosigkeit die Branche verlassen. Das hat natürlich viele Gründe: Ein Grund ist die Jobsicherheit. Wenn jemand in einer Branche schon mehrmals arbeitslos geworden ist, dann dürfen wir es ihm nicht verdenken, dass er sich nach einem Job umschaut, der mehr Sicherheit bringt. Viele haben es sich auch nicht mehr leisten können, in der Arbeitslosigkeit in ihrer Branche zu verharren und zu warten, bis man wieder aufsperren und an den Arbeitsplatz zurückkehren kann. Wir haben zahlreiche Anträge gestellt, das Arbeitslosengeld zu erhöhen, um den Menschen auch die Möglichkeit zu geben, diese Arbeitslosigkeit zu überbrücken.

Ein weiterer Grund ist, dass die Menschen genau das getan haben, was man von ihnen erwartet: Arbeitslose Menschen haben sich Arbeit gesucht, die allermeisten Menschen sind nämlich nicht gern arbeitslos. Wenn man hier im Haus die Forderung hört, dass das AMS arbeitslose Menschen aus dem Tourismus nicht mehr in andere Branchen vermitteln oder Umschulungen nicht mehr zahlen soll, dann ist das nicht zu verstehen. Die Menschen haben sich das so nicht verdient. (Beifall bei der SPÖ.)

Wenn dann noch die abgedroschene Forderung nach Lockerung der Zumutbar­keits­grenze kommt: Kolleginnen und Kollegen, das wird mit den Menschen nicht machbar sein, das ist weltfremd. Die meisten Menschen haben Familie, sind in ein Umfeld einge­bettet, das es ihnen gar nicht ermöglicht, den Lebensmittelpunkt um Hunderte Kilometer zu verlegen. Da gibt es Kinderbetreuungspflichten – auch wenn es die Enkelkinder sind, auf die man aufpassen muss –, da gibt es Betreuungspflichten gegenüber den eigenen Eltern, wenn man sie pflegt oder für sie da sein muss oder will, weil sie nicht mehr so gut können.

Da braucht es andere Maßnahmen. Da braucht es Maßnahmen, damit Menschen wieder gerne im Tourismus arbeiten und dort Beschäftigung suchen. Die Maßnahmen sind Jobsicherheit, Ganzjahresbeschäftigung, geregelte Arbeitszeiten, soweit es möglich ist, angemessene Entlohnung, aber auch Weiterbildungsmöglichkeiten in der Branche. Da reden wir über Rahmenbedingungen, da reden wir über Arbeitsbedingungen, die wir so gestalten müssen, dass die Menschen motiviert in der Branche Beschäftigung suchen.

Weil wir gerade bei Rahmenbedingungen sind und dabei, wie wir mit Menschen um­gehen: Frau Bundesministerin, Sie sind ja für den Zivildienst zuständig. Das ist zwar erst morgen auf der Tagesordnung, aber ein paar Worte dazu: Morgen wird ein Schritt zur Angleichung der Behandlung von Wehrdienern und Zivildienern beschlossen, aber nur deshalb, weil der Verfassungsgerichtshof Bedenken hinsichtlich dieser Ungleichbe­hand­lung geäußert hat.

Mir scheint fast, dass Ungleichbehandlung in den letzten Monaten eine Regierungs­maßnahme geworden ist (Beifall bei der SPÖ) – anders kann man nämlich den aktuellen Entwurf zum Coronabonus nicht verstehen. Während Pflegerinnen und Pfleger, Ärztin­nen und Ärzte den Bonus erhalten sollen, sollen Zivildiener bei dieser Geschichte leer ausgehen, genauso wie Reinigungskräfte, die in Krankenhäusern beschäftigt sind, oder Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer im Patiententransport. Auch die Sanitäterinnen und Sanitäter im Rettungswesen haben keinen Anspruch auf den Coronabonus, egal wo sie beschäftigt sind – beim Samariterbund, beim Roten Kreuz und so weiter.

Bemühen wir uns um gute Rahmenbedingungen, bemühen wir uns um gute Mitar­beite­rinnen und Mitarbeiter, dann wird der Öffnung und einer guten Saison nichts im Wege stehen! – Danke. (Beifall bei der SPÖ.)

10.12


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Abgeordneter Angerer. – Bitte sehr.



Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll111. Sitzung, 16. und 17. Juni 2021 / Seite 56

10.12.56

Abgeordneter Erwin Angerer (FPÖ): Herr Präsident! Geschätzte Frau Ministerin! Hohes Haus! Vor allem aber geschätzte Gastwirtinnen und Gastwirte in diesem Land mit Ihren Mitarbeitern und Mitarbeiterinnen! Wenn ich mir die Rede von Kollegen Obernosterer als Wirtevertreter und von Herrn Zarits von der ÖVP anhöre, dann stelle ich fest, dass sich die ÖVP offensichtlich Dankbarkeit von den Wirten in diesem Land erwartet.

Ich muss euch sagen, hinsichtlich dessen, was ihr den Gastronomen im letzten Jahr angetan habt, wären eher Demut und Respekt vor den Gastronomen angebracht. (Beifall bei der FPÖ.) Sie sind nämlich diejenigen, die die Steuern erwirtschaftet haben, damit ihr heute das Geld verteilen und sagen könnt, dass das so toll war, was ihr gemacht habt. Sie sind diejenigen, die auch in Zukunft die Schulden werden bezahlen müssen, und sie sind diejenigen, die jetzt – wie du richtig gesagt hast, lieber Kollege Obernosterer – um ihre Existenz kämpfen und schauen müssen, dass sie ihre Mitarbeiter wieder in Be­schäftigung bringen.

Zur Dankbarkeit, die ihr für das, was ihr in den letzten Jahren für die Gastronomie getan habt, verlangt: Lassen wir das ein bisschen Revue passieren! Angefangen hat es mit dem eingeschränkten Rauchverbot – die Wirte haben umbauen dürfen –, danach kam das totale Rauchverbot, danach die Allergenverordnung, danach hat man die Spar­ver­einskultur in den Gastronomiebetrieben zerstört, dann kam die Registrierkassenpflicht – unzählige Aufgaben und Auflagen. Das ist also Dankbarkeit! Ich sage euch, die Freude bei den Wirten und Gastwirten darüber, was ihr für sie getan habt, hält sich in Grenzen.

Wenn ich mir die Coronamaßnahmen anschaue: Zuerst kam die Abschaffung des Epide­miegesetzes – damit wurden die Betriebe zu Bittstellern gemacht –, und dann wurden überbordende Auflagen und Vorschriften gemacht, sodass jeder einen Steuerberater braucht, damit er überhaupt die Möglichkeit hat, einen Antrag zu stellen, oder überhaupt anspruchsberechtigt ist. Dafür haben wir das ganze letzte Jahr über kämpfen müssen – allein bei den Privatzimmervermietern, die Kollege Hauser schon erwähnt hat.

Das ist das, was ihr in den letzten Jahren für die Betriebe getan habt. Schauen wir uns dann noch die Beruhigungspille mit dem Umsatzersatz im letzten Herbst – im November und Dezember – an: Da habt ihr offensichtlich die Reißleine gezogen. Diesen Umsatz­ersatz werden die Betriebe natürlich heuer noch steuerlich erklären und entsprechend Steuern zahlen müssen. Für diese Hilfe, die ihnen gegeben worden ist, wird bei den Betrieben auch noch ein gewisses Erwachen kommen.

Schauen wir uns die Verordnungen an, die herausgegeben wurden – nur das Best-of –: Zuerst, was das Maskenthema betrifft, haben wir diese Maske mit der Plexiglasscheibe gehabt, dann ist der Mund-Nasen-Schutz gekommen, jetzt haben wir die FFP2-Maske. Die 50-Meter-Regel: Es ist völliger Wahnsinn, dass man 50 Meter rund um ein Lokal nichts verabreichen darf. In Skigebieten darf die Skihütte im Tal offen sein – danke schön, wenn ich Skifahren gehe, hilft es sehr, wenn im Tal eine Skihütte offen ist! Oder man darf Feiern wie Hochzeiten zwar in einem Gastronomiebetrieb abhalten, aber Speisen und Getränke dürfen nicht verabreicht werden – viel Spaß bei der Hochzeit! (Abg. Obernosterer: Blödsinn! – Zwischenbemerkung von Bundesministerin Köstinger.) Das sind nur wenige Auszüge aus Ihren Verordnungen – völlig aus der Welt, völlig praxisfern. Das war das, war ihr den Betrieben aufgebürdet habt. (Zwischenruf des Abg. Hörl.)

Wenn wir die Einschränkungen weiter anschauen: Über sieben Monate waren die Betriebe zugesperrt. Zunächst gab es die Hoffnung, dass man vielleicht zu Weihnachten, während der Weihnachtsferien aufsperren kann. Die nächste Hoffnung war: vielleicht in der Wintersaison!, die nächste Hoffnung: vielleicht zu Ostern! – Es gab keine Planbarkeit


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll111. Sitzung, 16. und 17. Juni 2021 / Seite 57

für die Betriebe, sie wurden völlig in der Luft hängen gelassen und haben nicht gewusst, wann sie aufsperren können.

Das hat natürlich dazu geführt, dass sich viele ihrer Mitarbeiter nach neuen Jobs umsehen mussten und umgesehen haben. Das ist, wenn wir uns jetzt die aktuelle Situ­ation anschauen, in der Gastronomie ein Riesenproblem. Die Mitarbeiter waren arbeits­los oder in Kurzarbeit, hatten massive Einbußen bei ihren Einkommen. Ein Arbeitsloser, der 55 Prozent des Einkommens erhält und dessen Trinkgeld wegfällt, muss sich nach einem neuen Job umschauen. Heute stehen die Betriebe da und haben keine Mitar­beiter – das ist die Situation, damit kämpfen sie, dagegen muss man etwas tun. (Abg. Hörl: Ihr seid ...!)

Was jetzt noch dazukommt: Die Saisonmitarbeiter müssen zumindest sechs Monate beschäftigt sein, damit sie im Herbst wieder Anspruch auf Arbeitslosengeld haben. Sie hängen jetzt wieder in der Luft, weil sie diese Zeit nicht zusammenbekommen. Das sind die Probleme, die zu lösen wären, aber nichts davon ist bis heute gelöst, es gibt immer nur leere Phrasen und Worthülsen. Jetzt wird wieder etwas gemacht, wieder etwas Neues aufgestellt, und die Betriebe werden im Regen stehen gelassen.

Frau Ministerin, ich lese heute bei der Aktuellen Stunde: sichtbare Gastfreundlichkeit. (Bundesministerin Köstinger: Sicherheit!) Bitte, liebe Elli Köstinger, sichtbare Gast­freundlichkeit: Das ist keine sichtbare Gastfreundlichkeit! (Beifall bei der FPÖ. – Bundes­ministerin Köstinger: Sichere! – Heiterkeit des Abg. Kickl.) Bitte nehmt den Mitarbei­tern, den hübschen Mitarbeiterinnen bei uns in der Gastronomie, unseren Gastwirten endlich die Masken ab – das ist sichtbare Gastfreundschaft! (Zwischenruf der Abg. Disoski.) Dann wird es wieder ein Comeback im Tourismus geben – so wird es im Tourismus kein Comeback geben. – Danke schön. (Beifall bei der FPÖ. – Zwischenrufe der Abgeordneten Hörl und Obernosterer.)

10.18


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Rössler. – Bitte.


10.18.23

Abgeordnete Dr. Astrid Rössler (Grüne): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Frau Bundesministerin! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Geschätzte Zuhörerinnen und Zuhörer vor den Bildschirmen! Warum kommen Menschen gerne nach Österreich auf Urlaub? – Es sind die Städte, es ist die Kultur, es ist ein enorm großes Sport- und Outdoorangebot vom Skifahren bis zum Wandern, aber es sind auch die Landschaft und die Natur. Die Topangaben, warum Menschen nach Österreich auf Urlaub kommen, sind: Berge, Wälder, Seen – und Gastlichkeit gleichauf. Es sind diese Qualitäten, die für Österreichs Tourismus das größte und wertvollste Kapital sind.

Das ist die Marke Qualitätstourismus, also: Come back Qualitätstourismus in Österreich! Das ist unser Kapital, das sind hochwertige Arbeitsplätze, das sind Arbeitsbedingungen, die Qualität und Gastlichkeit bieten. Gastlichkeit lebt von der Begegnung. Gastlichkeit ist mehr als Service. Gastlichkeit ist die Begegnung mit Gästen, eine persönliche Beziehung zu ihnen aufzubauen, damit sie auch wiederkommen – das ist unser wichtigstes Kapital. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Qualitätstourismus bedeutet aber eben nicht Masse und Preiskampf. Preiskampf führt zu schlechten Arbeitsbedingungen, zu schlechterer Lebensqualität durch Overtourism in der Region und auch zur Überlastung von Naturräumen und Landschaft. Die Marke Urlaub in Österreich verbindet diese Qualitätsmerkmale. Naturraum und Gastlichkeit sind damit unser Kapital. Erholung, Erholungslandschaften sind damit auch ein Kapital unserer touristischen Zukunft.


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Die Ferienregion Nationalpark Hohe Tauern, eine Tourismusregion, eine große Touris­musregion in einem großen Skigebiet, Salzburg, Tirol, eingebettet in die grandiose Naturlandschaft des Nationalparks Hohe Tauern, hat vor einigen Jahren ein Leitbild entwickelt beziehungsweise überarbeitet. Das hat damit begonnen, junge Menschen, junge Unternehmerinnen und Unternehmer einzuladen und zu fragen: Welche Rahmen­bedingungen braucht ihr, damit ihr euren elterlichen Betrieb übernehmen wollt? Es ist nicht mehr selbstverständlich, dass die nächste Generation den Betrieb übernehmen möchte. (Beifall bei Grünen und ÖVP.)

Erstens: Junge Menschen wollen in der Region bleiben, sie wollen den Betrieb über­neh­men.

Zweitens: Es gab ein klares Bekenntnis zu naturverträglichem und vor allem natur­verbundenem Qualitätstourismus. Gastlichkeit braucht diese Begegnung. Das war der Wunsch und das war auch der Ausdruck im Rahmen dieses Leitbilds.

Drittens: Es kam der dringende Appell, den Bettenstopp auszusprechen und nicht plan­los und ungezügelt die Kapazitäten im Tourismus mit sehr fragwürdigen Tourismus­kon­zepten auszubauen – vom Aparthotel bis zu Chaletdörfern, die in Wahrheit nichts ande­res als Veranlagungs- und Spekulationsobjekte sind, immobiliengetrieben, und nicht mit Qualitätstourismus verbunden sind.

Viertens: Der Wunsch Regionalität bedeutet, regionaltypische Angebote zu schaffen, vom Speisenangebot bis zu regionaltypischen anderen Angeboten, Veranstaltungen und so weiter.

Es geht um die Marke Gastlichkeit und die Marke Wertschätzung des Produktes, das man anbietet, und das beinhaltet auch, Wertschätzung für den Gast zu vermitteln.

Das ist unsere Chance, und jede Chance birgt auch Risiken in sich, und das derzeit größte Risiko ist die planlose Errichtung von nicht qualitätstourismusgetriebenen Ange­boten. Und es macht einen Unterschied, ob der Gast persönlich empfangen wird oder ob er einen vierstelligen Zahlencode übernimmt und zum Schlüsselkasten geht und irgendeine Tür aufsperrt. Das ist der Unterschied, und wir müssen unbedingt beim Qualitätstourismus bleiben. (Beifall bei Grünen und ÖVP.)

Das ist das Plädoyer für das Comeback des österreichischen Qualitätstourismus, für das Comeback der Marke Urlaub in Österreich und es ist vor allem ein Appell an die Bundesländer und die Gemeinden betreffend die Raumordnung, denn dort werden die Rahmenbedingungen dafür geschaffen, ob wir weiterhin wirtschaftlich tragfähige Qualitätsbetriebe haben, ökologisch tragfähig in einer grandiosen Naturlandschaft und auch sozial tragfähig mit guten Arbeitsbedingungen, die Qualitätsarbeitskräfte in der Region erhalten und binden. (Beifall bei Grünen und ÖVP.)

Diese Raumordnungsrahmenbedingungen entscheiden über die Standortsicherung für die Leitbetriebe des österreichischen Qualitätstourismus – es ist notwendig, dass die Raumordnung diese Verantwortung übernimmt – und Planungssicherheit durch geord­nete Entwicklung. Dafür sind die Gemeinden und die Länder verantwortlich.

Ich komme zum Schluss: Qualitätstourismus ist auch der maßgebliche Faktor für den Erhalt von lebendigen Stadt- und Ortskernen, das bedingt einander. Der Gast sucht ein regionaltypisches Angebot am Urlaubsort. Er braucht die Geschäfte, er braucht das Kunsthandwerk, er braucht das regionaltypische Angebot.

Ich wünsche allen UnternehmerInnen und Unternehmen im Tourismus einen erfolg­reichen Sommer und ich freue mich auf den Urlaub in Österreich. (Beifall bei Grünen und ÖVP.)

10.23



Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll111. Sitzung, 16. und 17. Juni 2021 / Seite 59

Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Fiedler. – Bitte sehr.


10.24.03

Abgeordnete Fiona Fiedler, BEd (NEOS): Herr Präsident! Hohes Haus! Werte Minis­terin! Kolleginnen und Kollegen! Liebe Zuseherinnen und Zuseher zu Hause! (Die Be­grüßung auch in Gebärdensprache ausführend:) Liebe gehörlose Menschen! „Sichere Gastfreundschaft: Comeback des österreichischen Tourismus“: Unsere Bundesregie­rung bemüht sich, die Rolle des Tourismus in der österreichischen Wirtschaft groß­zu­reden. Abseits der teils chaotischen Pandemiebekämpfung hat Österreich mit rund 15 Prozent des BIPs einen hohen Tourismusanteil. Umso verwunderlicher ist es, wie mangelhaft und egozentrisch die Vorbereitungen auf diesen Sommer gelaufen sind.

Ich darf daran erinnern, dass nach dem Sommer der Herbst kommt und das große Schlummern in dieser Form nicht weitergehen kann. Bei den Betrieben macht sich Per­spektivlosigkeit breit, insbesondere im Städtetourismus und in den davon abhängigen Unternehmen. Mitte Juni wissen die Unternehmen immer noch nicht, welche Hilfen in welcher Form verlängert werden.

Das Wifo bestätigt die erwartete Entwicklung des Tourismus: Mangels internationaler Gäste erwartet der Städtetourismus empfindliche Verluste von über 50 Prozent des 2019 erzielten Volumens. Auch die Bundesregierung sah diese Entwicklung und es wurde sogar darüber gesprochen, doch kurzfristige Husch-pfusch-Aktionen folgten.

Wir NEOS haben bereits im Dezember 2020 die Einführung eines zielgerichteten und raschen Instruments der Verlustkompensation gefordert. Dieses Instrument nach dem sogenannten Kieler Modell ist ebendieses, das der designierte Wifo-Chef Felbermayr seit Monaten empfiehlt. Im Mai 2021 haben wir diese Forderung noch einmal bekräftigt. Und warum? – Die Verlustkompensation wäre unkomplizierter, treffsicherer als alles, was jetzt vage auf dem Tisch liegt, und würde Unternehmerinnen und Unternehmern endlich das geben, was sie dringend brauchen: Planbarkeit (Beifall bei den NEOS), weil die betroffenen Unternehmen endlich wieder eine Perspektive brauchen. Aus den zahl­reichen Fehlern der Vergangenheit muss eine Erkenntnis kommen, um Hilfsinstrumente so auszugestalten, dass Unternehmen rasch, unbürokratisch und zielgerichtet geholfen wird. Das muss oberstes Ziel sein!

Abseits davon braucht es aber auch neue Impulse für die Veranstaltungsbranche, die mit dem Städtetourismus eng verwoben ist. Veranstaltungen brauchen lange Vorlauf­zeiten. Messen, Kongresse und so weiter folgen langen Zyklen, die Jahre zuvor abge­stimmt werden. Daher bringen wir auch heute einen Antrag ein, um Anreize für mehr Veranstaltungen zu setzen. Der Vienna Meeting Fund soll dabei als Vorlage dienen. Es ist natürlich Aufgabe der Bundesregierung, in Umfang und Ausgestaltung eine passende Version für ganz Österreich zu finden. Für konstruktive Gespräche sind wir jederzeit bereit.

Apropos konstruktive Zusammenarbeit: Wir weisen seit Monaten auf die großen Liqui­ditätsprobleme hin. Seit Monaten schlagen wir vor, neue Instrumente einzuführen, damit Unternehmen an mehr Eigenkapital kommen. Sämtliche Vorschläge werden abgelehnt. Es gibt keine Diskussionen, geschweige denn Zeichen einer Problemwahrnehmung.

Die Eigenkapitalquote in Österreich lag schon vor der Krise im Schnitt bei 8 Prozent. Es ist auch nicht neu, dass Österreich in der EU in diesem Bereich weit abgeschlagen ist. Die Bundesregierungen schreiben seit 2008 Verbesserungen dieses Umstandes in die Programme – bis jetzt ohne Erfolg. Auch gab es letztes Jahr einen Minister­rats­be­schluss, aber es wurde nicht geliefert. Offenbar gilt hier: Nicht das Erreichte zählt, son­dern das Erzählte reicht.


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll111. Sitzung, 16. und 17. Juni 2021 / Seite 60

Wir können nur hoffen, dass Sie den Empfehlungen der Tourismusexperten im Bereich Banken und Wirtschaftstreuhänder zugehört haben. Am Montag kündigte der Finanz­minister nämlich an, dass der Ministerratsbeschluss vom letzten Jahr endlich konkret aus­gearbeitet wurde. Der Schwarze Peter wurde zugleich dem grünen Juniorpartner zugeschoben. Es ist schon beachtlich, wie die ÖVP bei echten Reformen viel ankündigt, aber nichts tut. Die Zeichen sind also wenig positiv.

Tun Sie (in Richtung Bundesministerin Köstinger) mir einen Gefallen: Überraschen Sie uns und sich selbst mit echten und ambitionierten Reformen! Wenn wir endlich einmal über das Erreichte sprechen können, werden unsere Reaktionen auch weit positiver ausfallen. Legen Sie etwas vor, dann können wir es im Herbst gemeinsam beschließen! Sie wissen es selbst: Die Uhr tickt! Beim Umsetzen Ihrer Versprechen schauen wir genau zu. – (Sich auch in Gebärdensprache bedankend:) Danke. (Beifall bei den NEOS.)

10.28


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort ist dazu niemand mehr gemeldet. Damit ist die Debatte geschlossen.

Ich darf mich bei der Frau Bundesministerin für ihre Anwesenheit herzlich bedanken.

10.28.33Aktuelle Europastunde


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Wir kommen jetzt zur Aktuellen Europastunde mit dem Thema:

„Freies Österreich mit freien Bürgern statt EU-Zwangsbeglückung durch Bargeldbegrenzung und Schuldenunion, Herr Bundeskanzler!“

Ich darf den Herrn Bundeskanzler und die Frau Verfassungsministerin sehr herzlich in unserer Mitte begrüßen. Ich begrüße auch die Abgeordneten zum Europäischen Parla­ment Winzig, Vollath, Mayer, Waitz und Gamon.

Als Erste zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Petra Steger, sie hat eine Redezeit von 10 Minuten. – Bitte sehr, Frau Abgeordnete.


10.29.08

Abgeordnete Petra Steger (FPÖ): Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Bundeskanzler! Sehr geehrte Frau Minister! Hohes Haus! Ja, in den letzten Monaten haben wir dank dieser Bundesregierung einen Lockdown nach dem anderen erlebt. Viele Angestellte wurden monatelang zum Nichtstun gezwungen, und das, obwohl wir genau wissen, wie wenig Lockdowns bringen und wie schädlich sie in Wahrheit sind – schädlich für die Wirtschaft, für die Gesundheit und vor allem für die Arbeitsleister. Wie Sie alle wissen, waren wir deswegen schon immer entschiedene Gegner von Lockdowns. Allerdings muss ich auf der anderen Seite ehrlich gesagt zugeben, dass ich mir in letzter Zeit öfter, wenn ich mir die Initiativen und Vorschläge der EU-Kommission angesehen habe, einen Lockdown schon fast gewünscht hätte, nur um uns diese ständigen Eingriffe in unsere nationalstaatliche Souveränität und diese ständigen absurden Vorschläge der EU zu ersparen. Das, sehr geehrte Damen und Herren, wäre ein sinnvoller Lockdown gewesen, das hätte Österreich so einiges erspart. (Beifall bei der FPÖ.)

Leider ist offenbar das Gegenteil der Fall. Die Betriebsmotoren laufen seit Monaten auf Hochtouren, nur leider fährt die EU wieder einmal in die vollkommen falsche Richtung. Auf EU-Ebene erleben wir einen Tabubruch nach dem anderen, angefangen von der Schuldenunion, europäischen Anleihen, EU-Steuern bis hin zum neuesten bedenklichen


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Vorschlag der Bargeldbegrenzung und natürlich der damit einhergehenden Totalüber­wachung.

Endlich kann die EU all die Dinge umsetzen, die sie schon seit so vielen Jahren möchte. Endlich ist all das möglich, was nie ging. Unter dem Deckmantel von Corona, unter dem Deckmantel der Solidarität und – nicht zu vergessen – natürlich aufgrund der angeblichen Alternativlosigkeit, die immer behauptet wird, missbraucht die Europäische Union diese Krise, um ihre Macht gewaltig zu erweitern und ihre Kompetenzen noch mehr auszubauen. Sehr geehrte Damen und Herren, das ist auf das Schärfste zu verur­teilen! (Beifall bei der FPÖ.)

Erst in der vergangenen Nationalratssitzung hat die Bundesregierung gemeinsam mit den anderen Oppositionsparteien und gegen die Stimmen der FPÖ einen der weit­reichendsten Beschlüsse im Zusammenhang mit der Europäischen Union seit der Ein­führung des Euro gefasst. Fernab der medialen Öffentlichkeit wurde der EU-Wieder­aufbaufonds beschlossen und damit der Weg in eine fatale Schuldenunion geebnet. 750 Milliarden Euro darf die EU nun an Schulden aufnehmen und dafür Anleihen ausgeben. Endlich hat sie das geschafft, was sie bereits seit der Finanzkrise 2008 wollte – Corona sei Dank! Wir zahlen und haften jetzt endlich für die Schulden von Pleitestaaten wie Italien, Spanien oder Griechenland, und das, obwohl zigtausend Men­schen in Österreich noch immer dringend auf Hilfe warten und vor dem Nichts stehen.

Sehr geehrte Damen und Herren, Solidarität ist schön und gut, aber was ist mit der Solidarität gegenüber der eigenen Bevölkerung? (Beifall bei der FPÖ.) Was ist mit der Solidarität gegenüber den nächsten Generationen, die Sie damit ausbluten? Die sind Ihnen anscheinend vollkommen egal.

2008 – und das ist besonders erstaunlich – war die ÖVP sogar noch dagegen. Sie ist aber wieder einmal umgefallen. Werte Kollegen von der ÖVP, ich muss jetzt diejenigen ansprechen, die damals vielleicht noch dabei waren: Herr Kollege Lopatka – Herr Kollege Haubner ist gerade nicht hier –, was sagen Sie eigentlich zu dieser Entwicklung? 2008 waren Sie dagegen. Hätten Sie es für möglich gehalten, dass Sie unter einem türkisen Anstrich und Bundeskanzler Kurz so die Meinung ändern müssen? Es ist zurzeit nicht leicht, ein Türkiser zu sein, sehr geehrte Kollegen von der ÖVP, ich weiß! (Zwi­schenruf des Abg. Ottenschläger.)

Das Erstaunliche ist ja – ich weiß nicht, ob Sie das noch wissen –, dass das ursprünglich ein sozialistisches Projekt war, das Sie damals abgelehnt haben. Es waren nämlich die europäischen Sozialdemokraten, die das immer wollten – logisch, denn es ist in Wahrheit ja auch nichts anderes als eine gewaltige Umverteilung von reicheren hin zu ärmeren Ländern. Das heißt, Sie stimmen offiziell dieser Umverteilung zu. Bei den Ärmeren reden wir nicht von Ländern, die unverschuldet ärmer sind, sondern wir reden von Ländern, die vor allem deswegen so schlecht dastehen, weil sie vorher schon schlecht gewirtschaftet und sich eben nicht an die Fiskalregeln gehalten haben.

Sie stimmen einer Umverteilung zu und führen damit auch das von Ihnen ständig betonte Leistungsprinzip ad absurdum. Schlechtes Wirtschaften lohnt sich – das ist ein Konzept, das wir normalerweise von den Sozialdemokraten kennen. Schulden, Schulden und noch mehr Schulden und weg von Österreich umverteilen – das kennen wir von denen, aber nicht von Ihnen. Sie sollten diese Vorgehensweise einmal überdenken, sehr geehrte Damen und Herren! (Beifall bei der FPÖ.)

Österreich wird aus dem Fonds 3,7 Milliarden Euro bekommen. Dafür werden wir um die 12 Milliarden Euro, wenn nicht sogar noch viel mehr, zahlen müssen, da wir dank Ihnen ja jederzeit für die Tilgung der Schulden anderer Staaten herangezogen werden können, ohne dass wir erneut dazu gefragt werden müssen. Ich sage nur: Gute Nacht, öster­reichische Budgethoheit!


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Dazu kommt auch noch, dass dieser Beschluss eindeutig EU-rechts- und verfassungs­widrig ist. Das spielt für Sie aber offenbar eh keine Rolle, wie wir an den unzähligen Rechts- und Verfassungsbrüchen in den letzten Monaten erkennen können. Verfas­sungsgemäß: Das ist keine Kategorie mehr, in der Sie denken; das Legalitätsprinzip: egal; die Interessen der österreichischen Steuerzahler: vollkommen egal. Ich frage mich in solchen Situationen ja immer, wo der Bundespräsident eigentlich bleibt, wenn man ihn einmal braucht. Er redet immer von der Schönheit der Verfassung, und wenn sie dann wirklich in Gefahr ist, versteckt er sich in der Hofburg und es ist überhaupt nichts mehr von ihm zu hören. (Beifall bei der FPÖ.)

Wir haben extra ein eigenes Gutachten vom renommierten Verfassungsexperten und Universitätsprofessor Geistlinger erstellen lassen, der diese Verfassungswidrigkeit klar aufgezeigt hat, und nein, sehr geehrter Herr Bundeskanzler, das sind keine juristischen Spitzfindigkeiten, wie Sie das immer gerne zum Ausdruck bringen. Das wird Sie früher oder später auch noch einholen, und dafür werden Sie sich verantworten müssen.

Herr Professor Geistlinger hat sowohl Ihnen, Herr Bundeskanzler, als auch dem Bun­despräsidenten seine Expertise und Beratung diesbezüglich angeboten, doch Sie beide hatten natürlich kein Interesse daran. Warum auch, wenn die EU – und da ist natürlich auch Österreich mit an Bord – gerade an der größten Weichenstellung der EU-Ge­schichte, nämlich an der Entwicklung der Europäischen Union hin zu einem budgetierten Staat, arbeitet? Das wollen weder wir, sehr geehrte Damen und Herren, noch will das die österreichische Bevölkerung. Das werden Sie spätestens bei der nächsten Wahl zu spüren bekommen. (Beifall bei der FPÖ.)

Wir werden uns natürlich auch weiterhin dagegen zur Wehr setzen und nicht locker lassen, denn diese Schulden- und Transferunion wird natürlich auf Dauer bleiben, das haben sowohl der deutsche Bundesfinanzminister Scholz, der deutsche Bundesrech­nungshof, der EU-Parlamentspräsident als auch EZB-Präsidentin Lagarde bestätigt. Und es ist bisher alles, was in Krisenzeiten in der EU eingeführt wurde, auf Dauer geblieben – so geschehen auch beim ESM. Wir werden uns vor allem auch deswegen weiterhin zur Wehr setzen – ich habe es schon oft gesagt –, weil das Einstehen für Schulden dazu führt, dass immer mehr Schulden gemacht werden. Sehr geehrte Damen und Herren, das No-Bail-out-Prinzip steht aus einem bestimmten Grund in der europäischen Wirt­schaftsverfassung, und es soll natürlich erhalten bleiben.

Ich kann aber jetzt schon sagen: All das Geld, das jetzt in diese Länder fließt, wird am Ende verpuffen, und dann bleibt nur ein noch größerer Schuldenberg. Man darf auch nicht vergessen, dass die EU schon vor der Coronakrise einen unverantwortlichen Schuldenberg angehäuft hat. Die EZB hat bereits unglaubliche 4 Billionen Euro an Staatsanleihen gekauft, durch die sie seit Jahren vertragswidrig eine monetäre Staats­finanzierung genau dieser maroden Länder betreibt und den Markt mit einer Unmenge an Geld flutet. Genau deswegen erleben wir seit Jahren eine Nullzinspolitik, durch die die Sparer enteignet werden. Genau deswegen haben wir jetzt in der Krise auch keinen geldpolitischen Spielraum. Die EU hat mit ihrer Geld- und Finanzpolitik dafür gesorgt, dass die Schulden ins Unermessliche steigen und der Euro auf mehr als wackeligen Beinen steht, und die Inflationswelle, die noch kommt, wird uns besonders hart treffen.

Sehr geehrter Herr Bundeskanzler, es reicht Ihnen und der EU aber offenbar nicht, den Bürgern das Geld aus der Tasche zu ziehen und ihnen einen Schuldenrucksack umzu­hängen, der sie über Generationen hinweg belasten wird. Die EU will auch wissen, was die Bürger mit dem Geld, das ihnen nach all diesen Maßnahmen noch bleibt, so anstellen. Da wären wir schon beim nächsten Schritt der EU auf ihrem fatalen Irrweg, nämlich bei der geplanten Begrenzung des Bargelds auf maximal 10 000 Euro, die natürlich den ersten Schritt in Richtung einer schleichenden Bargeldabschaffung, vor der wir schon seit vielen Jahren warnen, darstellt.


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Laut Vorschlag der EU-Kommission soll eine Bargeldgrenze bei 10 000 Euro eingeführt werden. Als Grund dafür nennt die EU-Kommission die Bekämpfung von Geldwäsche und Terrorfinanzierung, was insbesondere deswegen absurd ist, da ja gerade Krypto­währungen wie Bitcoin dafür bekannt sind, dass sie für solche Machenschaften gerne missbraucht werden. Die zuständige Kommissarin begründet das noch niedlicher, muss ich fast sagen, nämlich damit, dass das Geld einfach viel zu schwer zu tragen ist. Ich finde es ja toll, dass sich die Kommission jetzt um die Rückenleiden der Bevölkerung kümmert. Auch die Bundesregierung bewirbt das bargeldlose Zahlen, aber vor allem wegen Corona und der Hygiene. In Wahrheit, sehr geehrte Damen und Herren, sind all diese Dinge zweitrangig. In Wahrheit geht es um etwas ganz anderes, nämlich um den gläsernen Bürger und um Daten – um nichts anderes geht es da.

10 000 Euro klingt vielleicht nach viel. Ich kann jetzt schon versprechen, dass aus den 10 000 Euro bald 500 Euro werden, irgendwann landen wir bei 0 Euro, und damit einhergehend landen wir bei einer totalen Überwachung, Kontrolle und Steuerbarkeit der Bürger. Das Gute aus Sicht der EU ist, dass sie damit zwei Fliegen mit einer Klappe schlagen kann. Einerseits kann der Bürger überwacht werden, andererseits ist es, neben der geplanten Einführung europäischer Steuern, wahrscheinlich die einzige Möglichkeit, wieder aus dem Schuldenberg herauszukommen. Man erinnere sich an die Finanz­krise 2007, als die jetzige EZB-Präsidentin Lagarde gesagt hat, man müsse ja nur jeden Sparer um 10 Prozent enteignen, damit wären die Schulden getilgt. Diese Dame ist jetzt EZB-Präsidentin, das muss man sich einmal vorstellen!


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Den Schlusssatz bitte!


Abgeordnete Petra Steger (fortsetzend): Gibt es kein Bargeld mehr, genügt natürlich ein einfacher Knopfdruck, um die Schulden zu begleichen. Aus diesem Grund kommt die Bargeldobergrenze, aus diesem Grund gibt es auch den Vorschlag zur Einführung einer digitalen Währung, eines digitalen Euros und vieles weiter. Aus diesem Grund werden wir uns auch entschieden und mit allen politischen Mitteln dagegen zur Wehr setzen, das kann ich Ihnen jetzt schon versprechen, sehr geehrte Damen und Herren.

Zum Abschluss: „Geld ist geprägte Freiheit“, das hat schon der russische Schriftsteller Dostojewski im 19. Jahrhundert geschrieben. Wir als Freiheitliche sind jedenfalls der Meinung, dass es weder den Staat noch eine Bank etwas angeht, was wir wann und wo kaufen. Für die FPÖ ist die Freiheit der Österreicher, die Freiheit der Bürger das oberste Prinzip, und aus diesem Grund werden wir uns auch weiterhin gegen diesen EU-Über­wachungswahnsinn zur Wehr setzen. Aus diesem Grund fordern wir zum wiederholten Male - -


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Darf ich Sie bitten, zum Schluss zu kommen! Sie haben Ihre Zeit schon sehr überschritten.


Abgeordnete Petra Steger (fortsetzend): Schlusssatz: Schützen wir unser Bargeld in unserer Verfassung, und schützen wir damit endlich die Freiheit unserer Bürger! (Beifall bei der FPÖ.)

10.40


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist der Herr Bundeskanzler. Das Wort steht bei ihm. – Bitte sehr.


10.40.27

Bundeskanzler Sebastian Kurz: Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Karoline Edtstadler! Sehr geehrte Damen und Herren Abgeordnete! Ich darf vielleicht zunächst einmal erleichtert und positiv beginnen. (Abg. Kickl: ... der Freude über das Korruptionsvolks­begehren Ausdruck verleihen!) Wir haben Gott sei Dank eine sehr gute Entwicklung, was die Pandemie betrifft. Die Ansteckungszahlen sinken weiterhin, die Zahl der Geimpften


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steigt rasant an, die Situation ist eine immer bessere. Wir können getrost sagen, dass wir das Schlimmste hinter uns haben. Ich glaube, ich spreche da für die gesamte Bevölkerung – alle sind froh, dass wir Schritt für Schritt zur Normalität zurückkehren und unser Leben endlich auch wieder genießen können. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Grünen.)

Wir liegen auch im europäischen Vergleich gut. Wir sind unter den Ländern mit den niedrigsten Infektionszahlen, wir sind unter den Ländern, die einen guten Impffortschritt haben (Zwischenruf der Abg. Belakowitsch), wir liegen bei allen Vergleichswerten immer im besten Drittel und können insofern zufrieden sein, dass wir uns als Republik Österreich gut machen.

Auf der anderen Seite aber – das möchte ich auch erwähnen – ist es für uns nicht irre­levant, wie die Situation in anderen Ländern ist, denn was sowohl die Gesundheits­situation im Kampf gegen die Pandemie als auch die wirtschaftliche Situation betrifft, sind wir eng verwoben, insbesondere mit den anderen europäischen Ländern. Daher bin ich froh, dass die Situation sich in allen europäischen Ländern positiv entwickelt, dass die Pandemie Schritt für Schritt zurückgedrängt werden kann und dass das natürlich auch dazu führt, dass die Wirtschaft wieder anspringt und wir endlich wieder eine sehr, sehr positive Entwicklung in diesem Bereich haben.

Die Wirtschaftsforscherinnen und Wirtschaftsforscher korrigieren ihre Prognosen stetig nach oben, wir rechnen in Österreich in diesem Jahr mit einem Wachstum von rund 3,5 Prozent. Das sind nicht nur Zahlen, Daten und Fakten, sondern das bedeutet, dass viele Menschen endlich wieder in ihre Jobs zurückkommen können, dass wir die Arbeitslosigkeit zurückdrängen können und dass Menschen endlich wieder das tun können, was in einer Gesellschaft das Wichtigste ist, nämlich ihr Geld selbst verdienen, um für ihre Familie und ihre Lieben zu sorgen. Das ist es, wofür wir kämpfen, und es ist schön, zu erleben, dass das jetzt auch endlich wieder stattfindet, sehr geehrte Damen und Herren! (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Grünen.)

Ihre Wortmeldung, sehr geehrte Frau Abgeordnete (in Richtung Abg. Steger), war natürlich in einer auch zu erwartenden Art und Weise von einem sehr kritischen Blick auf Europa geprägt. (Abg. Kickl: ... vor allem auch auf Sie! – Zwischenruf des Abg. Kassegger.) Ich möchte daher eingangs schon noch betonen, dass wir in vielen Bereichen einfach eine sehr starke Verwobenheit mit unseren Nachbarländern sowie auch mit allen Mitgliedstaaten der Europäischen Union haben. Wir als Republik Öster­reich verdienen 6 von 10 Euro im Export, unsere wichtigsten Handelspartner sind euro­päische Länder, wir sind ein Tourismusland, wir haben 15 Prozent unserer Wertschöp­fung in Tourismus, Sport und Freizeitwirtschaft.

Wir wissen, wie schmerzhaft es war, die Phase zu erleben, in der der Tourismus still­gestanden ist, und wir sind froh, dass in diesem Sommer wieder viele Gäste aus Deutschland und anderen Ländern zu uns kommen werden. Insofern sollten wir über die positive Entwicklung, die es derzeit Gott sei Dank in der Europäischen Union gibt, froh sein; wir sollten über den Impffortschritt, über das Zurückdrängen der Ansteckungs­zahlen froh sein; und wir sollten ein gesundes Interesse daran haben, dass sich die Wirtschaft nicht nur in Österreich, sondern auch darüber hinaus gut entwickelt, weil das unmittelbare Auswirkungen auf unseren Standort und die Arbeitsplätze in Österreich hat, sehr geehrte Frau Abgeordnete! (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Grünen.)

Wo ich Ihnen recht geben muss: Ja, es stimmt, wir haben in der Krise sehr viel investiert. Wir haben sehr viel in die Hand genommen, wir haben 35 Milliarden Euro investiert, aus­gegeben, zugesagt – wie auch immer Sie es formulieren wollen. Es war für mich eine gewisse Überwindung, das gebe ich zu, denn Sie wissen, da Sie mich, glaube ich, auch in der Zusammenarbeit in der Koalition stets erlebt haben: Mir ist ein ausgeglichenes


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Budget wichtig. Ich bin irrsinnig stolz darauf, dass wir es, auch gemeinsam mit den Freiheitlichen in der Regierung, nach 60 Jahren Schuldenpolitik zustande gebracht haben, einen Budgetüberschuss zu erwirtschaften. Es war daher eine harte Entschei­dung, dem Prinzip „Koste es, was es wolle“ zu folgen, Geld in die Hand zu nehmen, um die Krise zu bekämpfen. (Abg. Leichtfried: Wer war Finanzminister in den letzten 30 Jahren hier?)

Ich bin aber fest davon überzeugt, dass es die richtige Entscheidung war. Wir haben mit der Kurzarbeit, mit den Wirtschaftshilfen und vielen anderen Investitionen sichergestellt, dass Arbeitsplätze gerettet werden, dass Menschen ihre Jobs nicht verlieren, dass Betriebe diese Krise überleben und wir wirtschaftlich aus dieser Krise schnell wieder herauskommen. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Grünen.)

Ich stehe dazu, dass wir diesen Weg gegangen sind, weil er richtig und notwendig war, genauso wie es notwendig ist, alles zu tun, um das Budget jetzt Schritt für Schritt wieder in eine richtige Richtung zu entwickeln und die Schuldenpolitik auch wieder zu beenden. (Abg. Kickl: Der falsche Spickzettel! Zwischenruf der Abg. Steger.)

Was die Europäische Union betrifft: Da gab es harte Verhandlungen, Sie haben das mitverfolgt. (Zwischenruf des Abg. Kickl.) Ich habe gemeinsam mit den frugalen vier dafür gekämpft, dass es nicht zu einer Schuldenunion in der Europäischen Union kommt. (Abg. Belakowitsch: Aber leider haben Sie es nicht durchgesetzt!) Wir haben dafür gekämpft, dass unser österreichischer Rabatt auf ein massives Ausmaß erhöht wird; wir haben dafür gekämpft, dass, wenn Geld ausgegeben wird, es richtig investiert wird – in Digitalisierung, in die grüne Transformation, in Bereiche, die uns nachhaltiger und resilienter machen (Zwischenrufe der Abgeordneten Belakowitsch und Wurm) –, und ich bin sehr froh, dass wir uns so intensiv eingesetzt haben. Es war anstrengend, es war kräfteraubend, es war mit sehr viel Reibung verbunden, es war aber ein richtiger, notwendiger und guter Kampf, und ich bin mit dem Ergebnis sehr, sehr zufrieden. (Abg. Belakowitsch: Das meinen Sie jetzt aber nicht ernst, oder?) Wir haben uns in die Verhandlungen eingebracht, wir haben vieles in die richtige Richtung bewegt – und ja, ich stehe auch dazu, dass es in einer Jahrhundertkrise wie dieser wichtig ist, dass auch auf europäischer Ebene zur Krisenbewältigung (Abg. Steger: ... EZB ...!) und zum Wiederaufbau der europäischen Wirtschaft Geld in die Hand genommen wird. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Grünen.)

Zu guter Letzt, sehr geehrte Frau Abgeordnete: Was das Bargeld betrifft, brauchen Sie sich keine Sorgen zu machen, solange die Volkspartei regiert und solange ich Bun­deskanzler sein darf. (Abg. Kickl: Ja!) Wir haben eine klare Position zu technischen und digitalen Zahlungsmitteln: Das ist eine gute Ergänzung (Abg. Kickl: Das sind aber keine guten Perspektiven für das Bargeld!), das wird von mehr und mehr Menschen ange­nommen, und wir sind froh, dass wir diese Möglichkeiten haben. (Zwischenruf der Abg. Steger.) Das Bargeld – und da bin ich absolut bei Ihnen – ist ein Stück Freiheit und im Zahlungsverkehr und im alltäglichen Geschäftsverkehr genauso wichtig wie andere Zahlungsmittel. (Beifall bei der ÖVP.)

Wir werden uns daher selbstverständlich auch auf europäischer Ebene weiterhin dafür einsetzen (Abg. Steger: Schreiben wir es in die Verfassung!), werden allem, was dem widerspricht, keine Zustimmung erteilen (Abg. Kickl: Wir schreiben es gemeinsam in die Verfassung!), und ich lade Sie ein: Werfen Sie einen Blick in unser Regierungspro­gramm, auch da haben die Grünen und wir als Volkspartei das gemeinsam verankert! (Abg. Kickl: Schreiben wir es in die Verfassung!) – Sehr geehrte Damen und Herren, ich danke Ihnen für die Aufmerksamkeit. (Beifall bei ÖVP und Grünen.)

10.48



Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll111. Sitzung, 16. und 17. Juni 2021 / Seite 66

Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Abgeordneter Lopatka. – Bitte.


10.48.45

Abgeordneter Dr. Reinhold Lopatka (ÖVP): Herr Präsident! Herr Bundeskanzler! Frau Bundesministerin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Herr Bundeskanzler, danke erstens für die Klarstellungen und zweitens für den optimistischen Ausblick. Das stimmt durchaus positiv – zu Recht! Es ist das Gegenstück zu dem, was heute in der Aktuellen Europastunde durch dieses FPÖ-Verlangen seitens dieser Fraktion wieder einmal geboten wird.

Es ist wieder einmal etwas aus der Kickl-Sudelküche, kann ich nur sagen. Was macht die FPÖ? – Halbwahrheiten, unrichtige Behauptungen aneinanderreihen, um die Bevöl­kerung, die in den letzten Monaten durch Corona wirklich belastet war, weiterhin zu verunsichern. (Zwischenrufe der Abgeordneten Belakowitsch und Steger.) Schade, dass Ihnen nicht mehr einfällt!

In Ihrem Redebeitrag, Kollegin Steger, war wiederum nichts Konstruktives dabei, absolut nichts, kein Sterbenswörtchen. (Abg. Steger: Man muss zuerst ...!) Der Bundeskanzler hat es angesprochen: Was diese Regierung geleistet hat, um den Menschen zu helfen, war mehr, als andere Regierungen gemacht haben. Selbstverständlich sind wir mit unserer Bevölkerung solidarisch, selbstverständlich! (Beifall bei der ÖVP und bei Abge­ordneten der Grünen.)

Sie sagen: Freie Bürger statt EU-Zwangsbeglückung! (Abg. Matznetter: Die Regierung kann’s nicht!) Ich sage Ihnen: Diese Europäische Union hat den Menschen mehr persönliche Freiheiten gebracht, als sie jemals zuvor hatten. (Beifall bei Abgeordneten der ÖVP. – Heiterkeit bei der FPÖ.) – Ja, Sie lachen, aber Sie sind dann dagegen, wenn es eine freie Wohnsitzwahl, wenn es freien Personenverkehr gibt. (Zwischenrufe bei der FPÖ.) Das stört Sie dann, Kolleginnen und Kollegen von der FPÖ. Diese Freiheiten hat die Europäische Union aber gebracht: Religionsfreiheit, Versammlungsfreiheit, Mei­nungs­freiheit (Ruf bei der FPÖ: Ihre Reden waren auch schon besser! – weitere Zwi­schenrufe bei der FPÖ), alles abgesichert in der Charta der Grundrechte der Euro­päischen Union. Wenn diese Freiheiten wo gefährdet sind, dann bei Schwesterparteien von Ihnen, wie in Polen. (Abg. Kickl: Echt! Um Gottes willen!) Das schreibe ich Ihnen in Ihr Stammbuch. Ja, so ist es! (Beifall bei ÖVP und Grünen. – Abg. Kassegger: ... ein Jurist! Staatsgrundgesetz 1867 ...!)

Nicht die Europäische Union gefährdet die Grundrechte, nicht wir, das sind Sie und Ihre Schwesterparteien, mit denen Sie in einer Fraktion sind. (Abg. Kickl: Sie haben es so weit gebracht, dass wir ein Korruptionsvolksbegehren in unserem Land brauchen! Sie brauchen nicht ...!) – Ja, Kollege Kickl, Sie haben uns 2008 schon gesagt, das Ende des Euro ist gekommen. (Abg. Belakowitsch: Ja eh! – Zwischenruf des Abg. Lausch.) Was Sie da gesagt haben, ist völlig falsch. Bei meiner letzten Rede haben Sie hier dazwischengerufen – ich zitiere Sie jetzt, Sie können es in den Protokollen nachlesen –, es gebe für den Euro nur mehr eine „künstliche Lebensverlängerung“ – absolut falsch! Der Euro hat sich in der Krise bewährt. Wir haben 2008 aus der Schuldenkrise gelernt. Der Euro ist jetzt besser aufgestellt als jemals zuvor. (Abg. Steger: Das glauben Sie doch selber nicht!) Es ist so, auch wenn Sie es nicht hören wollen. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Grünen. – Zwischenrufe bei der FPÖ.)

Die Menschen brauchen keine Angst zu haben, wenn es um ihr Bargeld geht. (Zwi­schenruf der Abg. Steger.) Der Herr Bundeskanzler hat es angesprochen, der Finanz­minister hat es an dem Tag gesagt, an dem die zuständige Kommissarin - - (Abg. Kickl: Schreiben wir es in die Verfassung! Herr Kollege Lopatka, schreiben wir es in die Verfassung! Sind Sie so mutig?) – Ja, das sage ich Ihnen, schauen Sie nach: 2016 habe


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ich als Klubobmann den Antrag gestellt, dass wir es in die Verfassung schreiben. (Abg. Belakowitsch: Falsch! – Zwischenruf der Abg. Steger.)

Die SPÖ war damals unser Koalitionspartner, Kollege Leichtfried steht schon hier, vielleicht kann er mir erklären, warum sie nicht mitgegangen ist. (Abg. Kickl: Das wird eine längere Beichte am Sonntag!) Die SPÖ hat damals klargestellt: Wir sind auch dafür, dass das Bargeld geschützt bleibt, wir glauben aber, wir brauchen keine verfassungs­mäßige Absicherung.

Ich habe es anders gesehen. (Ruf bei der FPÖ: Warum? – Zwischenruf der Abg. Steger.) Warum? – Hätten wir es in der Verfassung, wären unsere Minister, wer immer in der Regierung ist, daran gebunden, das Bargeld zu schützen. Auf europäischer Ebene – das hat damals Nationalbankpräsident Nowotny klargestellt – kann das Bargeld nur abgeschafft werden, wenn es Einstimmigkeit gibt. Der Herr Bundeskanzler hat es gesagt, Sie wollten es nicht hören. (Abg. Steger: Der hat schon viel gesagt!) Mit Österreich gibt es keine solche Abstimmung mit dem Ergebnis, dass das Bargeld Geschichte ist. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Grünen. – Abg. Kickl: Es gibt ja auch keine Beitragserhöhungen, das hat er ja auch versprochen! Auch ge­brochen!)

Schauen Sie, ich sage Ihnen eines: Sie reden von Schuldenunion. Wir haben – der Bundeskanzler hat es auch angesprochen – für uns, für Österreich selbst – und alle, ob in den USA, ob in Europa – in dieser Coronakrise, glaube ich, das Richtige gemacht, was ich sonst nie für richtig halte, nämlich Schulden zu machen, um den Menschen zu helfen, um die notwendige Solidarität auch tatsächlich zum Leben zu erwecken. (Zwi­schenruf der Abg. Steger.) Das, was die Europäische Union da macht, ist aber ein einmaliger Akt, das ist kein Einstieg in die Schuldenunion (Zwischenrufe bei der FPÖ) – das wollen Sie nicht hören. (Abg. Kickl: Lopatka als Einpeitscher des Schuldensozialis­mus! Großartig!)

Ich hoffe sehr, dass es der Kommission gelingt, mehr mit dem Geld zu erreichen, als es bisher bei Kohäsionsmitteln der Fall war, nämlich was Digitalisierung betrifft, was den Umweltbereich betrifft – da brauchen wir das Geld.

Bei der FPÖ ist eines der Fall, und damit komme ich zum Schluss: Sie haben vom ersten Tag an – Kickl hat ja gesagt, Haider sei sein großes Vorbild – eigentlich nie genau gewusst, ob Sie jetzt wollen, dass Österreich in dieser Union ist, ja oder nein. Sie haben das nie klar beantworten können.

Sie können sich schon noch an Ihren Vorvorgänger erinnern, H.-C. Strache? – Vielleicht haben Sie ihn damals auch bei der Meinungsfindung unterstützt. Der hat am 25. Juni 2016 gemeint: „[...] wenn die Europäische Union nicht bereit ist, ihre Fehler abzustellen, dann wird man nicht mehr zusehen können. Dann ist natürlich auch ein Exit oder Auxit mit einer Volksabstimmung in Österreich möglich.“

Ihren absolut erfolglosen Wiener Parteiobmann kennen Sie schon noch, oder? – Ja, den kennen Sie, gut. (Abg. Matznetter: Blümel!) Dominik Nepp hat im letzten Jahr in seiner Not, weil er gesehen hat, wie es immer näher an den Abgrund geht, gemeint, wir sollten in Österreich wieder über einen EU-Austritt diskutieren. Sie haben eine Konstante in Ihrer Europapolitik, das ist nämlich Ihr gestörtes Verhältnis zur Europäischen Union. (Abg. Kickl: Unsere Konstante heißt Rot-Weiß-Rot!) Das ist der große Unterschied zu allen Fraktionen hier im Haus, denn diese haben zwar unterschiedliche Zugänge, aber es gibt eine konstruktive Mitarbeit für eine positive Weiterentwicklung der Europäischen Union. (Abg. Kickl: Der war auch schon besser!) Hier bleiben Sie alleine sitzen. – Schade! (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Grünen.)

10.55



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Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Abgeordneter Klubobmann Leichtfried. Bei ihm steht das Wort. – Bitte. (Abg. Kickl: Ein abgehalfterter General­sekretär spielt Europapolitik!)


10.55.11

Abgeordneter Mag. Jörg Leichtfried (SPÖ): Herr Präsident! Herr Bundeskanzler! Frau Bundesministerin! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Sehr geehrte Damen und Herren! Wenn man die Rede des Bundeskanzlers zusammenfassen mag, so, würde ich sagen, geht das so: In Österreich fließen Milch und Honig, allen geht es gut, und das ist das alleinige Verdienst der ÖVP. (Abg. Hörl: Richtig!) – Das ist nur leider nicht so, geschätzte Damen und Herren, es ist nicht so.

Wir haben immer noch Hunderttausende Arbeitslose in Österreich, wir haben Menschen, die um ihre Existenz bangen, wir haben Menschen, die ihre Betriebe verloren haben, wir haben Menschen, die in der Nacht nicht schlafen können, weil sie ihre Schulden nicht mehr zahlen können. Wir haben die größte Wirtschaftskrise seit 1945, und da gibt es nichts schönzureden, Herr Bundeskanzler! Das hat die ÖVP in diesem Land verursacht. (Beifall bei der SPÖ.)

Gerade jetzt, wenn wir zur europäischen Ebene kommen, braucht es etwas, was ich bei Ihnen wirklich vermisse. Sie haben sich jetzt wieder hingestellt und gesagt: Ja, wir sind da die Besten, wir sind dort die Besten, wir sind überhaupt Weltmeister!, obwohl es nicht stimmt, wie man beispielsweise beim grünen Pass sieht. Herr Bundeskanzler, was ist? – Der hätte ja schon längst gelten müssen, der wäre ja schon eingeführt. Wo ist der grüne Pass jetzt? Was ist mit den Geimpften? – Die kriegen keinen grünen Pass. War das der Plan, Herr Bundeskanzler?

Da sieht man den Unterschied zwischen Show und Realität. Blöderweise überwiegt bei Ihnen immer die Show, und das ist für die Menschen im Land sicherlich nicht gut. (Beifall bei der SPÖ.)

Was ich aber eigentlich ansprechen wollte: Europäische Politik heißt nicht, sich immer hinzustellen und zu sagen: Wir sind die Besten und alle anderen interessieren uns nicht!, nein, europäische Politik heißt zusammenhalten, zusammenstehen, für den anderen ein­stehen, sich um den anderen kümmern. Das ist wirklich europäische Politik, geschätzte Damen und Herren! Wenn etwas in der österreichischen Europapolitik abgeht, dann ist es genau das: für andere einzustehen und nicht egoistisch zu sein. Das prägt aber Ihren Politikstil nicht nur in der Europapolitik, Herr Kurz, sondern insgesamt. (Beifall bei der SPÖ.)

Was das Land wirklich braucht – die Vereinigten Staaten haben es vorgelebt –, ist eine Investitionsoffensive. Joe Biden hat gezeigt, wie man es macht, hat gezeigt, wie viel man investieren muss, damit ein Land vorwärtsgebracht werden kann. (Abg. Steger: Die haben doch keine Coronamaßnahmen!) In Österreich wären das 40 Milliarden Euro, die notwendig wären, 40 Milliarden Euro müssten investiert werden, um die Wirtschaft zu stärken, um Arbeitsplätze zu sichern, um unser Land wieder vorwärtszubringen, aber davon ist nichts zu sehen, Herr Bundeskanzler. Was man sieht, sind Showpresse­kon­ferenzen am laufenden Band. Was für unser Land gefragt wäre, wäre ehrliche Arbeit, und die vermisse ich bei Ihnen auf österreichischer und auf europäischer Ebene ganz massiv. (Beifall bei der SPÖ.)

Wenn es die Chance gibt, auf europäischer Ebene für Österreich einzutreten – und das ist besonders enttäuschend, Herr Bundeskanzler! –, dann tun Sie es nicht. Dann tun Sie es einfach nicht. Wer außer Ihnen und Herrn Kocher versteht, dass man nicht für einen europäischen Mindestlohn sein kann? Wer versteht denn das, geschätzte Damen und Herren? – Niemand versteht das. (Beifall bei der SPÖ.)


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Wir erleben gerade, was es heißt, dass es so große Lohnunterschiede in der Europäischen Union gibt. (Abg. Ottenschläger: ... Sozialpartnerschaft ablösen? – Abg. Pfurtscheller: ... Sozialpartnerschaft!) Was ist mit ATB? Warum sind die aus der Obersteiermark in ein Land abgewandert, wo billiger produziert werden kann? Was ist mit MAN? – Dasselbe Problem!

Wenn es in Europa nicht an ein einheitliches Niveau herangeführte Löhne gibt, wenn es nicht irgendwann einmal ein einheitliches Lohnniveau gibt, wenn man nicht einmal be­ginnt, über Mindestlöhne zu reden, bedeutet das, dass Arbeitsplätze aus Österreich verschwinden (Abg. Salzmann: Was ist mit der Sozialpartnerschaft?), dass die Armut nach Österreich kommt und dass immer mehr Leute in Österreich um ihre Existenz bangen müssen. (Abg. Pfurtscheller: Wir haben einen Mindestlohn!) Das ist das Resul­tat Ihrer Politik, Herr Kurz, und dem treten wir sicherlich entgegen. (Beifall bei der SPÖ.)

Herr Kurz, in der Europapolitik geht es um Zusammenhalt und nicht um gegenseitiges Ausspielen. Es geht nicht um großspurige Ankündigungen, es geht ums Umsetzen.

Herr Kurz, wenn man sich Ihre bisherige Europapolitik ansieht, so sieht man eines: Die Showpolitik, die nicht einmal mehr in Österreich funktioniert, ist an der harten Realität gescheitert – in Europa und in Österreich –, und darunter leiden die Menschen in unse­rem Land, Herr Bundeskanzler. – Danke schön. (Beifall bei der SPÖ.)

11.00


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Abgeordneter Mayer, Mitglied des Europäischen Parlaments. – Bitte, das Wort steht bei Ihnen.


11.00.12

Mitglied des Europäischen Parlaments Mag. Dr. Georg Mayer, MBL-HSG (FPÖ): Herr Präsident! Geschätztes Hohes Haus! Sehr geehrter Herr Bundeskanzler! Sehr geehrte Frau Ministerin! Es freut mich, dass ich heute wieder einmal bei Ihnen sein und eine angeregte Europadebatte mit euch führen darf – wobei, Herr Bundeskanzler: Das ist wieder so eine typische Finte, die die ÖVP da ganz gern macht, indem sie sagt, wir seien europakritisch. Geschätzte Kollegen, ich glaube, wir sind nicht europakritisch. Ganz im Gegenteil – wir lieben Europa. Wem gegenüber wir kritisch sind, das ist diese Europäische Union und das sind die Entwicklungen, die sie derzeit nimmt. (Beifall bei der FPÖ.)

Der freie Bürger, geschätzte Kollegen, der war einmal. Die Reisefreiheit, geschätzte Kollegen, die ja, wie wir heute von Herrn Lopatka schon gehört haben, eine der wesent­lichen Grundsäulen dieser Europäischen Union ist, die war einmal. Ich weiß nicht, wie sehr Sie sich bewegen, bei uns bringt das natürlich das Mandat mit sich. Ich bin gestern in Wien gelandet und musste durch eine Kontrolle. Ich habe gedacht, diese Kontrollen sind mehr oder weniger abgeschafft, es gibt sie nur mehr stichprobenartig. Dann habe ich ein Formular – also so etwas habe ich noch nicht gesehen, dieses Formular ist schildbürgerstreichähnlich – mit zig Unterpunkten vorgelegt bekommen; etwa ob ich geimpft bin oder mit diesen erwähnten 3G. Also da kann sich ja kein Mensch mehr auskennen. Zudem ist das etwas – und das hat mich wirklich besonders bedrückt –, von dem sich vor zwei Jahren niemand hätte vorstellen können, dass so etwas in der Euro­päischen Union, wo wir die Reisefreiheit so hochhalten, von Menschen abgefragt wird, und mit dem wir nicht werden leben können. (Präsidentin Bures übernimmt den Vorsitz.)

Das Einzige, das in dieser Europäischen Union noch frei ist, ist mehr oder weniger der Güterverkehr. Der darf sich noch frei bewegen, das hat immer funktioniert.

Nichts ist es also mit diesen verkündeten Erleichterungen hier im Land oder für den Reiseverkehr in ganz Europa. Das Gegenteil ist der Fall. Vizekanzler Kogler von den Grünen stellt sich dann hin und verkündet: Die Sperrstunde wird auf 23 Uhr ausgeweitet. –


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Oh glücklicher Bürger! Damit Herr Kogler im Wirtshaus sitzen und die Europa­meister­schaft anschauen kann, wird die Sperrstunde auf 23 Uhr ausgeweitet. Also das ist schon eine Chuzpe der besonderen Art, die dem Bürger zugemutet wird. (Beifall bei der FPÖ.)

Die Rückkehr zur Normalität – wo ist die denn, Herr Bundeskanzler? Finden Sie es normal, dass hier diese Plexiglasscheiben aufgestellt sind? Finden Sie es normal, dass wir noch immer – Sie haben es gerade verkündet – mit diesen Fetzchen durch die Gegend laufen müssen? – Also ich finde das nicht normal, die Normalität ist noch weit entfernt. Ich denke, Orwell hat sich 1984 eine derartige Einschränkung der Freiheitsrechte nicht einmal träumen lassen.

Dabei wird – das ist etwas, was mich als Juristen wiederum besonders bewegt – hier in Österreich von einer österreichischen Bundesregierung vorsätzlich Verfassungsrecht gebrochen – vorsätzlich, nachhaltig und immer wieder. Das Traurige daran ist dann auch noch: Am Großteil der Medienwelt geht das völlig vorbei, die interessiert das nicht einmal besonders. Da möchte man rufen: Hans Kelsen – Urheber der österreichischen Bundes­verfassung –, schau oba! Der würde sich nämlich im Grab umdrehen, wenn er das erleben würde. (Beifall bei der FPÖ.)

Diese wunderbare Verfassung, die Kelsen zum Schutz der Bürger vor einem über­mäch­tigen Staat geschaffen hat, wird von Ihnen de facto außer Kraft gesetzt. Dann ist schon klar, dass dann verlangt werden kann – Kollege Lopatka hat das, glaube ich, gesagt (Abg. Lopatka nickt) –: die Verankerung des Bargeldverkehrs in der Verfassung. Ich weiß, das ist euch wurscht, weil ihr die Verfassung sowieso nicht mehr respektiert. (Rufe bei der ÖVP: Na na!) Die Reise geht ja nun gerade in eine völlig andere Richtung.

Jetzt kommen wir zu diesem grünen Pass, der da immer so hochgehalten wird: Bis heute gibt es ihn nicht, und ich frage mich: Was ist der Mehrwert dieses grünen Passes? – Also ich kann ihn nicht erkennen, denn wenn man geimpft ist, kann man ja trotzdem noch Menschen anstecken. Also das hat alles weder Hand noch Fuß. Die Bargeldbegrenzung, die jeden geringsten Geldverkehr der Menschen kontrollieren will, ist im Übrigen auch völlig nutzlos, denn Verbrecherorganisationen nützen völlig andere Wege, um ihr Geld ins System zu bringen.

Die Datenkrake wird immer größer, und wir können das Ausmaß dieser Krake gar nicht mehr abschätzen. Wo sind da die Grünen – weil Kollege Reimon gerade dort sitzt und sich schon vorbereitet –, wo sind da die Grünen, die früher immer den Datenschutz als das Wichtigste gepriesen haben? – Die Grünen sind mittendrin beim Einzäunen der Bürger in Österreich und in Europa. (Beifall bei der FPÖ.)

Geschätzte Kollegen, der gläserne Mensch ist im Jahr 2021 längst Realität, und es geht munter weiter. Als Freiheitlicher kann man dazu nur sagen: Mit uns kann und wird das nicht so weitergehen. Das ist nicht die Freiheit, die wir meinen. 1848 lässt grüßen. – Danke schön. (Beifall bei der FPÖ.)

11.05


Präsidentin Doris Bures: Als Nächster zu Wort gemeldet: Herr Abgeordneter Michel Reimon. – Bitte.


11.05.42

Abgeordneter Michel Reimon, MBA (Grüne): Frau Präsidentin! Herr Bundeskanzler! Frau Bundesministerin! Ehrlich gesagt, das einzig Interessante an dieser Diskussion ist tatsächlich die Bargeldabschaffung und wie die FPÖ das thematisiert. Es ist ja voll­kommen falsch, dass die Europäische Kommission in der Union eine Bargeldbeschrän­kung einführen würde, denn in 22 der 26 Mitgliedstaaten gibt es die schon. In Belgien zum Beispiel ist Bargeld auf 3 000 Euro beschränkt. In Italien ist es auf 2 999,99 Euro beschränkt, und wenn Sie diesen 1 Cent, den Sie in Belgien zahlen, in Italien zahlen,


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machen Sie sich strafbar. Viel Spaß, wenn Sie das als österreichischer Staatsbürger nicht wissen! In Deutschland sind es 10 000 Euro, aber Sie müssen es registrieren, wenn Sie mehr als 10 000 Euro ausgeben. In Frankreich sind es 1 000 Euro, aber der Ver­käufer darf bei mehr als 50 Geldscheinen ablehnen. In Estland machen Sie sich strafbar, wenn es mehr als 50 Geldscheine sind. – Viel Spaß, Kollege Mayer, wenn Sie in Estland sind und das nicht wissen und dort 51 Geldscheine auf den Tisch legen! Sie machen sich strafbar und wissen es nicht. (Abg. Wurm: Was ist die Botschaft? Die Botschaft!) Das Ganze ist ein einziges nationales Desaster und ein Fleckerlteppich von nationalen Regelungen, die abgeschafft gehören. (Abg. Wurm: Was ist die Botschaft? Die Bot­schaft! – Abg. Steger: ... Fleckerlteppich!) So schaut es aus. (Beifall bei Abgeordneten der Grünen.)

Das Ganze ist ein bürokratischer Wahnsinn in der Europäischen Union und gehört ver­ein­heitlicht. Eine Regelung auf 10 000 Euro anzusetzen (Abg. Steger: Maximal, ist die Regelung!) ist hochgradig vernünftig – das einmal als Allererstes. (Beifall bei den Grünen. – Abg. Amesbauer: Das ist Blödsinn!) – Warten Sie, Moment!

Ich komme jetzt noch zu dem Punkt, warum ich das von der FPÖ so spannend finde. Sie argumentieren es dann mit Datenschutz und Anonymität. Eine Zahlung, eine Barzahlung ist ja nur dann anonym, wenn man gleichzeitig auf der anderen Seite keinen Vertrag und kein Papierl hat; selbst wenn man 250 000 Euro in bar zahlen würde. In dem Moment, in dem man einen Kaufvertrag für eine Wohnung abschließt, in dem man einen Kaufvertrag hat, ist das nicht anonym. In dem Moment, in dem man im Grundbuch steht, ist das nicht anonym. In dem Moment, in dem man ein Auto kauft und das Auto anmeldet, ist es nicht anonym. Auch wenn man nur einen Garantievertrag unterschreibt, ist es nicht anonym.

Jetzt interessiert mich eines: Welcher FPÖ-Abgeordnete macht Verträge oder Geschäfte mit 10 000 Euro in bar, ohne dass er einen Wisch oder einen Vertrag unterschreibt? (Beifall bei den Grünen.) Was für ein Geschäft habt ihr zu verstecken? Zeigt einmal auf: Wer von euch hat im letzten Jahr 10 000 Euro in bar genommen, ohne einen Vertrag zu unterschreiben? (Abg. Wurm: Hahaha! – Zwischenruf des Abg. Amesbauer.) – Wofür? (Abg. Amesbauer: Das geht ja Sie nichts an!) – Okay. Gibt es eine Steuererklärung? (Abg. Deimek: ... jedenfalls bei Ihnen nicht!) Gibt es - -

Bitte fürs Protokoll: Kollege Amesbauer gibt zu Protokoll, dass er voriges Jahr 10 000 Euro ohne Angabe eingesteckt hat. Ich hätte gern die Transparenzerklärung des vorigen Jahres – danke. – Das war jetzt ein blödes Aufzeigen, das sage ich Ihnen. (Beifall bei den Grünen.)

Wenn nicht, eine Frage: Habt ihr ein Geschäft gemacht, bei dem ihr 10 000 Euro ge­nommen habt? – Es gibt nur einen einzigen Grund, warum ihr gegen diese Bargeld­beschränkung seid, liebe Freiheitliche, und das ist, weil das ein Schwarzgelddeal ist, diese 10 000 Euro ohne Vertrag einstecken zu können. Da geht es um den Schutz von Schwarzgeld. Ihr seid immer noch die OligarchInnenpartei, nach wie vor. (Zwischenruf der Abg. Steger.) Da sitzt Herbert Kickl, der 20 Jahre für Herrn Strache die rechte Hand gemacht hat, in der OligarchInnenpartie immer fix und vorne dabei, und jetzt immer noch, nach wie vor, als Parteichef die Schwarzgeldmafia schützt.

Wir hatten vorige Woche in Salzburg den Fall, dass 3,5 Millionen Euro Schwarzgeld, unversteuertes Bargeld, aufgefunden worden sind. (Abg. Kickl: Von Ihnen ist man ja nichts anderes gewohnt!) Das sind die Fälle, die ihr schützt. Ihr schützt nicht die kleinen Mindestverdiener, für die 300, 400 Euro schon sehr viel Bargeld sind, sondern ihr schützt damit die Schwarzgeldmafia. (Zwischenruf der Abg. Steger.) Ihr schützt damit die Mafia­clans, das ist alles, und ihr nehmt sogar noch in Kauf, dass ihr damit die Terrorfinan­zierung schützt. Ihr schützt die Terrorfinanzierung, denn die läuft auch über Bargeld. So


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wichtig ist euch, dass ihr die Schwarzgeldmafia schützt. Das ist das Einzige, das die FPÖ interessiert. (Beifall bei den Grünen.) Ihr seid nach wie vor die Mafia- -, ah, die Unterstützer derer, die das Schwarzgeld einstecken. Das ist das Einzige.

Im Übrigen, was den Datenschutz angeht (Zwischenruf der Abg. Steger): Die Euro­päi­sche Union überlegt die Einführung eines digitalen Euros (Zwischenruf des Abg. Kickl), und das ist ein großartiges Datenschutzprojekt. Wissen Sie, warum? – Weil Sie schon jetzt sehr viele Überweisungen in der Europäischen Union digital haben. Ihre Bank weiß jeden Cent, den Sie überweisen. Amazon, wenn Sie dort kaufen, sieht alles. – Wurscht. Wenn Sie ein Hotel buchen, ist nichts datengeschützt. (Zwischenrufe der Abgeordneten Kickl und Wurm.) Ein digitaler Euro könnte das machen wie bei Kryptowährungen: Sie können sich 300 Euro aufs Handy laden, jemand anderem überweisen, und es ist nicht nachvollziehbar, wie diese 300 Euro herumgehen. Das Einzige ist: Wenn Sie das Handy verlieren, ist das Geld weg, so wie bei Bargeld. Einen besseren Datenschutz auf digitaler Ebene, als das zu machen, können Sie gar nicht bekommen, denn dann erst sind Sie nicht überwachbar. Dazu müssten Sie aber eine Technologie verstehen, die ein bissl moderner ist als irgendetwas, was 1945 produziert worden ist. (Zwischenruf der Abg. Steger.) Das ist das Problem. – Danke. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

11.10


Präsidentin Doris Bures: Als Nächste gelangt das Mitglied des Europäischen Parla­ments Frau Abgeordnete Claudia Gamon zu Wort. – Bitte.


11.11.00

Mitglied des Europäischen Parlaments Claudia Gamon, MSc (WU) (NEOS): Frau Präsidentin! Werte Kolleginnen und Kollegen! Der europäische Wiederaufbaufonds, diese Einigung ist ja das größte Konjunkturpaket der europäischen Geschichte, ein historischer Moment für die europäische Solidarität. Ich finde, er ist auch ein Sinnbild eines vereinten Europas und er ist auch ein Zeichen gegen den Zynismus, der oft vorherrscht, wenn wir darüber reden, was Europa leisten kann und was es nicht leisten kann.

Da sei jetzt aber schon ein Kommentar in Richtung FPÖ oder in Richtung Petra Steger erlaubt. Von euch kommt ja wirklich immer nur: Nein, nein, nein. (Zwischenruf der Abg. Steger.) – Du hast es geschafft, diese intellektuelle Gymnastik hinzulegen, im selben Satz zu kritisieren, dass es das europäische Wiederaufbaupaket gibt, und gleichzeitig zu kritisieren, dass Unternehmen zu wenig geholfen wird. (Neuerlicher Zwischenruf der Abg. Steger.) Ich bin mir auch sicher, dass ihr ohne Wiederaufbaupaket nächstes Jahr hier gestanden wärt und gesagt hättet: Wo ist Europa? Warum hat man da nichts getan? – Genau das ist nämlich die Politik der FPÖ, immer nur: Nein, nein, nein. – Es geht nie darum, wie man wirklich etwas verändern, Menschen wirklich helfen oder Eu­ropa wirklich zum Besseren verändern kann. (Beifall bei den NEOS und bei Abge­ordneten der Grünen. – Zwischenruf der Abg. Steger.) Ihr habt nichts anderes im Pro­gramm. Das ist alles, mehr ist einfach nicht da!

Du kritisierst, dass in diesem Moment Geld vom Kapitalmarkt geholt wird, um Europa aus der Krise zu bringen, und gleichzeitig empörst du dich brutalst darüber, dass nichts getan wird. – Genau das ist wieder die FPÖ. Es geht immer nur darum, politisches Klein­geld aus etwas zu schlagen, das gar nicht da ist. (Abg. Steger: Das stimmt ja gar nicht!) Eigentlich eh beachtlich: Aus nichts etwas zu machen, das ist ja fast magisch, wie die FPÖ das hier mit ihrer Politik immer wieder auch beim Thema Europa darlegt. Euch kann in dieser Frage wirklich keiner mehr helfen, aber etwas ist ganz klar: Europa wird mit euch und euren ganzen Freunden auf diesem Kontinent nicht weiterentwickelt werden.


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(Beifall bei den NEOS und bei Abgeordneten der Grünen.) Mit der FPÖ, mit den Rechten in Europa werden wir in die Vergangenheit katapultiert. (Zwischenruf der Abg. Steger.)

Allen – wirklich allen! –, die normalerweise grundsätzlich ohne Scheuklappen durch das Leben laufen, ist vollkommen klar gewesen, dass Europa nur geeint und vereint, gemein­sam aus der Krise herauskommen wird, und auch allen, die aus der Bewältigung der letzten Wirtschaftskrise etwas gelernt haben (Zwischenruf der Abg. Steger), war klar, dass es da einen Kraftakt an Investitionen brauchen wird. Ohne diese Initiative von Frankreich und Deutschland hätte, glaube ich, niemand den Mut gehabt, wirklich auch zu sagen, in welche Richtung wir gehen müssen.

Österreich ist das ganz sicher nicht zu verdanken, weil wir – das offizielle Österreich, auch vertreten durch den Bundeskanzler – da ja auf der zurückhaltenden Seite waren und gesagt haben: Na ja, jetzt schauen wir schon einmal, Geiz ist geil!, anstatt: Whatever it takes!, und es war eher kleingeistig anstatt weitsichtig, als wir letztes Jahr, eigentlich eh in etwa zur selben Zeit, darüber debattiert haben. (MEP Mayer: Was machen Sie ... eigentlich? – Abg. Kickl: Weitsichtig ist fehlsichtig!) Weitsichtig ist - - – Okay, heute geht es offensichtlich wirklich darum, wer wie weit sieht (Abg. Kickl: Na ja, es ist ja so: Wenn einer weitsichtig ist, dann braucht er eine Brille!), aber offensichtlich ist immer wieder klar: Bei der FPÖ hört das Ganze etwa (eine Hand knapp vor den Augen haltend) hier auf.

Anders als die meisten internationalen Experten (Zwischenruf der Abg. Steger), die sich ja in allen relevanten Medien klar darüber geäußert hatten, was für eine kraftvolle Reco­very ihrer Meinung nach notwendig wäre, waren sich ja auch die Köpfe vor allem bei der ÖVP ganz klar einig, dass man lieber klein denken möchte. Wer glaubt, dass Österreich alleine besser aus der Krise gekommen wäre, lebt wirklich auf einem anderen Planeten, und wer glaubt, dass es uns besser geht, wenn es anderen EuropäerInnen immer noch schlechter geht, hat einfach die Basics überhaupt nicht verstanden. (Abg. Obernosterer: Aber ihr schon, oder?)

Die Europäische Union ist unser größtes Glück, aber es ist auch ein Schicksal, das wir gemeinsam teilen. Wir wissen, dass es auch für die österreichischen Arbeitenden und Unternehmen in diesem Land wichtig ist, dass es den Italienerinnen und Italienern gut geht, wir wissen, dass es für uns alle wichtig ist, wie es den Nächsten geht – und das europäische Wiederaufbaupaket ist genau dazu da, um das sicherzustellen: dass wir gemeinsam in die Zukunft gehen und eine gute Zukunft haben werden, dass wir am europäischen Wohlstand weiterarbeiten werden.

Dass das nicht von allen hier gesehen wird, ist wirklich tragisch, aber man kann echt nur froh sein, dass (in Richtung FPÖ) Sie nicht mehr in den Entscheidungsfunktionen sitzen (Ruf: Gott sei Dank, gelt?), um das mitbestimmen zu können. (Beifall bei den NEOS.)

11.15


Präsidentin Doris Bures: Als Nächster gelangt Herr Abgeordneter Wolfgang Gerstl zu Wort. – Bitte.


11.16.01

Abgeordneter Mag. Wolfgang Gerstl (ÖVP): Regierungsübereinkommen 2020 bis 2024. Bekenntnis zum Erhalt des Bargelds im Rahmen der geltenden Geldwäsche­be­stim­mungen. (Der Redner stellt eine Tafel mit der Aufschrift: „Regierungsüberein­kom­men 2020 – 2024; Bekenntnis zum Erhalt des Bargelds im Rahmen der geltenden Geldwäschebestimmungen; Seite 11“ auf das Rednerpult.)

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Herr Bundeskanzler! Frau Bundesministerin! Bundeskanzler Kurz ist der Garant dafür, dass in der Europäischen Union, wo im Bereich der Finanzen das Einstimmigkeitsprinzip herrscht (Ruf: ... abgeschafft wird!), das Bargeld


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nicht abgeschafft werden kann. Darauf können Sie sich verlassen. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Grünen. – Zwischenruf der Abg. Belakowitsch.)

Das Bargeld ist bei Kleinstbeträgen das schnellste und am häufigsten verwendete Zahlungsmittel. Das Bargeld ist bei Kleinstbeträgen auch das billigste Zahlungsmittel. Das Bargeld kann von allen Menschen gleichermaßen verwendet werden, egal ob man ein Konto hat oder nicht. Das Bargeld erleichtert einem, einen Überblick zu haben, ob man schon genügend Ausgaben getätigt oder ob man auch genügend Mittel verfügbar hat. (Zwischenruf der Abg. Belakowitsch.) Das Bargeld ist ein Zahlungs- und Wertauf­bewahrungsmittel, um da und dort auch vor Banken flüchten zu können, wenn man sich ein Guthaben auf die Seite legen möchte. Und vor allem ist das Bargeld fälschungssicher und auch ziemlich betrugssicher.

Daher hat, meine Damen und Herren – und jetzt die Überraschung! –, Kollege Lopatka nicht nur bereits 2016 die Initiative gesetzt, das Bargeld bei uns entsprechend gesetzlich abzusichern (Abg. Belakowitsch: Das stimmt ja gar nicht!), als er keine Zusage vonsei­ten der SPÖ bekommen hat. (Zwischenruf der Abg. Belakowitsch. – Abg. Kickl: Ja, aber wogegen?) – Ja, Frau Kollegin Belakowitsch! Herr Kollege Kickl (Abg. Kickl: Gegen wen wollen Sie es denn absichern? Gegen wen wollen Sie es denn absichern? ... offen­bar doch bedroht, oder?), offenbar ist Ihnen das entgangen, als Sie, Herr Kollege Kickl, noch nicht in Verantwortung für die FPÖ waren. Damals, unter Ihrem Vorgänger, hat Kollege Hofer sich sehr wohl noch für das Bargeld in der Verfassung eingesetzt (Zwi­schenruf der Abg. Belakowitsch), und ich habe mit Kollegen Harald Stefan (Zwischenruf der Abg. Steger), Ihrem Verfassungssprecher, gemeinsam einen Antrag gemacht, liebe Kolleginnen und Kollegen (neuerlicher Zwischenruf des Abg. Kickl): Am 25. September 2019 haben wir einen gemeinsamen Antrag gemacht – gemeinsam! Sie wollen sich heute davon distanzieren. Ich verstehe Sie nicht mehr. Sie müssen Kollegen Hofer nicht so sehr leugnen, dass Sie sogar Ihren eigenen Antrag vergessen! (Beifall bei der ÖVP.)

Eigentlich aber geht die Aufregung gar nicht mehr in Richtung der FPÖ, sondern - - (Abg. Kickl: Die Auszeit hat Ihnen geschadet, Herr Gerstl!) Jetzt beherrschen Sie sich! Ich weiß, das ist schwierig für Sie, da Sie jetzt eine neue Funktion haben – da müssen Sie sich besonders hervortun (Zwischenruf des Abg. Deimek) –, aber es war eben so, dass wir einen gemeinsame Zeit gehabt und einen gemeinsamen Antrag gemacht haben. Doch wer diesen gemeinsamen Antrag verlassen hat, das war die SPÖ – das war die SPÖ! Ich erinnere mich genau: Am 25. September 2019 wurde auch mit dem SPÖ-Verfassungssprecher Wittmann eine Übereinstimmung erzielt, dass wir das Bargeld in der Verfassung verankern. Und was ist dann passiert? – Dann kam Kollege Leichtfried, der jetzt nicht mehr im Saal ist, hat alles in der Partei umgedreht (Zwischenruf des Abg. Deimek), und die SPÖ hat ihre Zusage, dass das Bargeld in die Verfassung kommt, zurückgezogen.

Meine Damen und Herren! Dass wir das heute nicht haben, ist Schuld der SPÖ, weil die FPÖ damals noch dafür war – heute ist sie es offenbar auch nicht mehr. – Vielen Dank. (Beifall bei der ÖVP. – Zwischenruf des Abg. Deimek. – Abg. Kickl: Ich glaube, der versteht es wirklich nicht besser! Bemitleidenswert!)

11.19


Präsidentin Doris Bures: Als Nächste gelangt Frau Abgeordnete Katharina Kucharowits zu Wort. – Bitte.


11.19.55

Abgeordnete Katharina Kucharowits (SPÖ): Frau Präsidentin! Werter Herr Bundes­kanzler! Werte Frau Ministerin! Geschätzte Kollegen und Kolleginnen! Liebe Zusehe­rinnen und Zuseher! Werte Kollegen und Kolleginnen von der FPÖ! Sie wissen, das


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Bargeld bleibt. Deshalb ist Ihr Spin in dem Titel Ihrer Aktuellen Stunde und in Ihren Ausführungen dazu falsch. Sie wissen, dass Sie hier mit einem falschen Spin arbeiten. Das Bargeld bleibt bestehen. (Beifall bei der SPÖ.)

Reden wir aber gerne über das Geld! Es wäre unserer Meinung nach dringend vonnöten, jetzt über die Antworten auf die Gesundheitskrise, die Wirtschaftskrise, die Sozialkrise zu reden. Wir müssen raus aus der sozialen Krise, und das müsste auch das oberste Ziel der Bundesregierung sein, auf österreichischer Ebene, aber natürlich auch auf gemeinschaftlicher, auf EU-Ebene.

Wer zahlt die Krise, werte Bundesregierung? Wer? – Wir hören von Ihnen, wenn über­haupt, nur fatale Vorschläge. Wir werden aber nicht zulassen, dass jene, die ohnehin schon am allermeisten durch die Gesundheitskrise getroffen sind, jetzt auch noch dafür zahlen müssen – sicher nicht mit uns! (Beifall bei der SPÖ.)

Ideen, die aus dem Umfeld der ÖVP kamen, unfassbare Ideen – die Notstandshilfe zu kürzen, das Arbeitslosengeld zu reduzieren –, sind ganz klare No-Gos. Jenen, die eh schon nichts mehr haben, noch etwas wegzunehmen ist sehr überheblich, vor allem in den privilegierten Rollen, in denen wir stecken. (Beifall bei der SPÖ.)

Wir als Sozialdemokratie fordern genau das Gegenteil. Seit mehr als einem Jahr treten wir vehement – und wir werden auch nicht leise werden – dafür ein, das Arbeitslosengeld zu erhöhen. Sie wehren sich dagegen mit Händen und Füßen, was wirklich unglaublich ist, wenn man daran denkt, dass es da um Menschen und deren Familien geht, die ganz klar um ihre Existenzen kämpfen. Wir müssen da endlich aktiv werden – aber nicht mit Einmalzahlungen, die Sie als Bundesregierung getätigt haben, sondern mit Rechtsansprüchen, und deshalb: Rauf mit dem Arbeitslosengeld! Kinder, Frauen und Männer müssen sich darauf verlassen können. (Beifall bei der SPÖ.)

Wir fordern Sie wirklich auf, endlich etwas zu tun, um auch einen starken Sozialstaat in der Europäischen Union zu verteidigen. Vor allem brauchen wir auch ein Bekenntnis von Ihrer Seite, dass Sie zu diesem Sozialstaat stehen, übrigens auch wenn es um euro­päische Mindestlöhne geht, weil das mit Verlaub wirklich eine Frechheit ist, dass Sie als Bundesregierung da ganz klar dagegen auftreten.

Tun Sie auch etwas in Sachen Steuergerechtigkeit, sowohl in Österreich als auch auf europäischer Ebene!

Werte Kollegen und Kolleginnen, es ist jetzt höchste Zeit für einen echten Solidarbeitrag der Superreichen – jetzt! Wir hören von Ihnen nichts dazu – weder zur Finanztrans­aktionssteuer noch zur Konzernbesteuerung in irgendwelchen europäischen Gremien. All das ist aber mehr als überfällig!

Ganz ehrlich: Wo ist Ihr echter Einsatz für eine echte Digitalsteuer von Onlinegiganten, die am allerallermeisten von der Krise profitiert haben? (Beifall bei der SPÖ.) Sie machen genau das Gegenteil: Sie vertagen sogar die Debatte auf europäischer Ebene, was die Digitalsteuer anbelangt, und das ist ein Schlag ins Gesicht für jene Menschen in Österreich, rund 400 000 an der Zahl, die entweder arbeitslos oder in Schulungspro­grammen sind.

Wo ist übrigens auch Ihr Einsatz, wenn Millionärinnen und Millionäre bereits das Angebot offerieren, Erbschafts- und Schenkungssteuern zu zahlen? Sie laden uns regelrecht ein, das anzunehmen. Ich höre von Ihnen gar nichts dazu, und das ist wirklich, wirklich ärgerlich. Werte Kollegen und Kolleginnen, es ist jetzt, wie gesagt, an der Zeit, einen echten Solidarbeitrag der Superreichen einzufordern. Es ist jetzt dringend an der Zeit.

Ich möchte aber noch ein anderes Thema ansprechen, den EU-Recoveryfund. Öster­reich hat sich daraus 3,5 Milliarden Euro für Investitionen, für Projekte, für die Schaffung


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neuer Arbeitsplätze, für die Digitalisierung, für den Kampf gegen die Klimakrise holen können. Was haben Sie gemacht? – Sie haben die Chance vertan, Sie haben den Motor nicht einmal angeworfen, Sie haben alte Projekte eingereicht und damit auch keine neuen Jobs auf die Füße bekommen. Das ist höchst problematisch.

Wir erwarten uns, werte RegierungskollegInnen, echte Schritte raus aus der Krise, natio­nal und europäisch, und keinen Wettstreit innerhalb Europas und schon gar kein Raus­sparen, sondern ein Rausinvestieren – das braucht es dringend! (Beifall bei der SPÖ.) Es ist jetzt an der Zeit, für ein starkes soziales Europa zu sorgen, dafür wäre die Union nämlich da. Also: Rauf mit dem Arbeitslosengeld, her mit neuen Jobs, rauf mit den Mindestlöhnen und her mit dem echten Solidarbeitrag der Superreichen!

Abschließend, weil ich es persönlich und politisch für ganz wichtig halte, weil sich da seit Jahren nichts tut: Her mit einer ehrlichen und echten Menschenrechteunion, die Kinder, Frauen und Männer in menschenunwürdigen Camps mitten in Europa nicht im Stich lässt und ignoriert! Tun Sie endlich etwas dafür, holen Sie diese Menschen raus, retten Sie diese und lassen Sie helfen! Wir haben in Österreich Platz. – Danke. (Beifall bei der SPÖ.)

11.25


Präsidentin Doris Bures: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Axel Kassegger. – Bitte.


11.25.14

Abgeordneter MMMag. Dr. Axel Kassegger (FPÖ): Frau Präsidentin! Sehr geehrter Herr Bundeskanzler! Sehr geehrte Frau Bundesministerin! Ja, ich bin ein bisschen ver­wirrt – verwirrt deshalb, weil das, was Sie, Herr Bundeskanzler, im österreichischen Parlament und den österreichischen Bürgern gegenüber sagen, und das, was Sie dann tatsächlich auf europäischer Ebene umsetzen, das eine oder andere Mal so überhaupt nicht zusammenpassen.

Es ist klar und bekannt, dass die SPÖ und auch die NEOS – Kollegin Gamon hat es ja schon dokumentiert – ganz eindeutig für eine politische Union, für einen europäischen Zentralstaat et cetera sind.

Bei der ÖVP ist es so, dass das in Österreich, auch durch Sie, immer so dargestellt wird: Wir wollen keine Schuldenunion, und das ist auch keine Schuldenunion! – Selbstver­ständlich ist das eine Schuldenunion, wenn man 750 Milliarden Euro gemeinsame Schulden aufnimmt und Haftungsbestimmungen hat, die vorsehen, dass Österreich für den Fall, dass andere nicht zahlen können, einspringt. Was ist das anderes als eine Schuldenunion?

Wenn Sie da mit dem Verhandlungsergebnis so zufrieden sind, das so ausschaut, dass wir 3,7 Milliarden Euro bekommen und jetzt schon 12 Milliarden Euro zurückzahlen müssen, dann weiß ich nicht, was an diesem Verhandlungsergebnis so toll sein soll. (Beifall bei der FPÖ.)

Herr Draghi kann mit dem Verhandlungsergebnis durchaus zufrieden sein. Der bekommt nämlich an die 190 Milliarden Euro jetzt schon, sofort von der Europäischen Union überwiesen. Also es ist toll, dass wir da Italien finanzieren.

Dasselbe gilt für die Aussage: Wir wollen keine EU-Steuern! – Warum stimmen Sie dann dem Eigenmittelsystem, das de facto EU-Steuern bedeutet, zu?

Oder: Wir wollen eine strengere Migrationspolitik! – Warum pushen Sie dann den EU-Migrationspakt, der das Gegenteil einer strengeren Migrationspolitik ist?


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Wir wollen mehr Subsidiarität! – Warum unterstützen Sie dann alle Bewegungen, die die Kompetenzen immer mehr in Richtung Brüssel, in Richtung Europäische Union ver­schieben?

Ich kenne mich also nicht aus, auf wessen Seite Sie tatsächlich stehen – auf der Seite der Schäubles, der Merkels, der Macrons, der von der Leyens, also europäischer Zentralisten, die ganz klar sagen, sie wollen einen europäischen Zentralstaat mit einer Geldpolitik, Steuerpolitik, Sozialpolitik, Migrationspolitik?

Das Ganze muss man aber zu Ende denken: Das bedeutet dann auch das Ende selbstständiger Nationalstaaten in Europa. Das wollen die, wir wollen das nicht. Wir wollen einen selbstbewussten, selbstständigen, mit Kompetenzen und Mitteln ausgestat­teten Staat Republik Österreich, neben vielen anderen Nationalstaaten in Europa, dessen Regierung zuallererst die Interessen seiner Staatsbürger vertritt (Beifall bei der FPÖ) – selbstverständlich eingebettet in eine europäische Wirtschaftsunion.

Das ist aber bitte etwas anderes als eine politische Union, ein europäischer Superstaat. Wir waren immer für eine europäische Wirtschaftsunion mit Freihandel et cetera inner­halb der europäischen Länder, das ist doch völlig klar. Das ist aber etwas völlig anderes als eine politische Union, die jetzt – in Wahrheit seit 1992, seit dem Vertrag von Maastricht, da sind wir auf europäischer Ebene ein bisschen falsch abgebogen – voll in Richtung eines europäischen Zentralstaats geht. Das wollen wir nicht! (Beifall bei der FPÖ.)

Die Frage ist: Was wollen Sie? Was will die ÖVP? Bei SPÖ, NEOS und Grünen ist das klar, bei der ÖVP ist das nicht klar. Kollege Karas ist da durchgängiger und schlüssiger, bei dem ist das auch klar. Der redet in Österreich auch so, wie er in Brüssel dauernd agiert, aber bei Ihnen und der ÖVP kenne ich mich nicht aus.

Abschließend noch ein Wort zu dem Vorwurf an die Freiheitlichen, wir seien keine Euro­päer, oder was auch immer: Wir sind kritisch gegenüber der Europäischen Union und der Entwicklung der Europäischen Union in Richtung Zentralstaat. Das wollen wir nicht! Wir sind selbstverständlich offen für eine Wirtschaftsunion, für einen großen Wirt­schaftsraum, überhaupt keine Frage. Wir sind glühende Europäer, wenn es darum geht, die europäische Vielfalt, die Vielfalt der Staaten, der Nationalstaaten zu erhalten. Wir sind glühende Europäer in der Migrationsfrage, wenn es darum geht, die Interessen der Einheimischen zu vertreten, und selbstverständlich sind wir glühende Europäer, was die europäische Wirtschaft betrifft. Die schafft nämlich Wohlstand und Arbeitsplätze.

Das allerdings, was momentan unter anderem auch mit diesem Green Deal Ihrer Par­teifreundin von der Leyen läuft, ist ja alles andere als die Stärkung der europäischen Wirtschaft, sondern, würde ich sogar sagen, ein bewusster Angriff insbesondere auf die europäische Automobilindustrie mit Tausenden, Hunderttausenden, Millionen Arbeits­plätzen. Da werden wir uns dann noch anschauen, wie sich das tatsächlich entwickeln wird.

Wir haben da überhaupt kein gutes Gefühl, was die ganze europäische Klimapolitik betrifft, die ja von Ihrer Seite offensichtlich auch voll unterstützt wird. Es gibt ja jetzt das Erneuerbaren-Ausbau-Gesetz, wir wissen, das Klimaschutzgesetz ist in Vorberatung, und da stehen ja Grausamkeiten drinnen. Das werden wir in den nächsten Monaten noch genau anschauen, insbesondere Ihr Verhalten als Wirtschaftspartei ÖVP in diesem Zusammenhang. (Beifall bei der FPÖ.)

11.30


Präsidentin Doris Bures: Als Nächster ist Europaparlamentarier Thomas Waitz zu Wort gemeldet. – Bitte.



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11.30.55

Mitglied des Europäischen Parlaments Thomas Waitz (Grüne): Geschätzte Präsi­dentin! Herr Bundeskanzler! Mitglieder der Bundesregierung! Geschätzte Abgeordnete und insbesondere werte FPÖ! Ihre angebliche Schuldenunion, die Sie hier beklagen, worum handelt es sich dabei? – Es geht darum, dass angesichts der größten Krise seit dem Ende des Zweiten Weltkriegs, die wir gemeinsam zu stemmen haben, eines his­torischen Ereignisses, alle europäischen Staaten zusammenstehen, um gemeinsam unsere Wirtschaft in der Europäischen Union wiederaufzubauen.

Es handelt sich dabei um ein Instrument der Solidarität. – Ich weiß, Solidarität ist nicht unbedingt ein Begriff, mit dem Sie wahnsinnig viel anfangen können, aber ich möchte eine Erklärung wagen: Solidarität bedeutet, dass, selbst wenn unter Ihren Vorgängern und auch Vorgängerinnen in einem Bundesland Österreichs, in Kärnten, 8 000 Millionen Euro über die Hypo Alpe-Adria versenkt werden (Abg. Kassegger: Das ist doch ein totaler Blödsinn, ...!), Österreich zusammensteht, auch die Steuerzahlerinnen und Steu­erzahler zusammenstehen, um die Bürger Kärntens nicht im Stich zu lassen – genau nicht im Stich zu lassen. (Zwischenrufe der Abgeordneten Kassegger und Steger.) Das ist das, was man unter Solidarität versteht! Jetzt geht es um den Zusammenhang mit jenen EU-Mitgliedstaaten, die wirtschaftlich nicht ganz so super dastehen wie wir.

Ist Ihnen bewusst, dass Österreich eine Exportnation ist? (Abg. Kickl: Ach so! Wir kaufen es uns jetzt selber ab! Ach so! Na gut: Wir kaufen es uns jetzt selber ab!) Ist Ihnen bewusst, dass wir 30 Prozent unseres Bruttoinlandsproduktes mit Exporten ver­dienen? Ich nenne Ihnen ein paar Zahlen zu den Ländern, auf die Sie gerne hinhauen: Italien: 10 Prozent unserer Exporte, Ungarn: 5 Prozent unserer Exporte, Polen: 5 Pro­zent unserer Exporte. Allein in diese Staaten gehen insgesamt 20 Prozent unserer Exporte. Glauben Sie nicht, dass es daher Sinn macht, dort die Wirtschaft mit zu unterstützen und vor dem Kollaps zu bewahren, damit die BürgerInnen in diesen Ländern auch das Geld haben, österreichische Produkte zu kaufen? Es geht dabei um Tausende Arbeitsplätze in Österreich! Die sind Ihnen offensichtlich egal. (Abg. Kickl: Die Schweiz ist kurz vor dem Untergang! Die Schweiz ist kurz vor dem Staatsbankrott!)

Lassen Sie mich aber noch zu einem anderen Thema kommen, das ich im Moment ja eigentlich viel spannender finde – denn üblicherweise halte ich im Europäischen Parla­ment Reden zu Tatsachen, zu Realitäten und nicht zu meiner Meinung nach wahnhaften Vorstellungen einer angeblich geplanten Abschaffung des Bargelds. (Abg. Belakowitsch: Wahnhaft ist ein Schimpfwort!)

Lassen Sie mich Ihnen mitteilen: Bisher gibt es dazu weder ein Gesetzesvorhaben noch einen Initiativbericht, noch hat die Europäische Kommission jemals behauptet, dass sie das Bargeld abschaffen möchte. Das ist eine Chimäre, die Sie hier in die Luft zeichnen! (Zwischenruf der Abg. Steger.) Ich weiß ja nicht, wer Ihnen das überhaupt abnimmt.

Ich darf Sie aber beruhigen: Ich bin ein Freund von Bargeld. Ich möchte auch nicht, dass ein Finanzdienstleister bei jeder kleinen Zahlung, die ich tätige, ein bissel was mit­schneidet, und ich möchte auch nicht, dass dann der Finanzdienstleister, oder wer auch immer, meine Daten verkauft und mich mit personalisierter Werbung zuschüttet. (Ruf bei der ÖVP: Bravo!) Ich stehe dazu, dass Bargeld als Zahlungsmittel unbedingt erhalten werden muss, aber wissen Sie, im Allgemeinen haben Bürgerinnen und Bürger dieses Landes nicht 10 000 Euro als Taschengeld im Jackett. (Zwischenruf des Abg. Kickl.) Üblicherweise haben Bürgerinnen und Bürger nicht das Problem, dass sie bei einer Begrenzung von Bargeldzahlungen irgendwie in Erklärungsnöte geraten, denn üblicher­weise versteuern wir das Geld, das wir verdienen, ordentlich (Beifall bei den Grünen) – und ich bitte um Entschuldigung, aber: Meine Fraktion ist es auch nicht, die im Verdacht steht, mit Taschen voller Bargeld im Auto herumzufahren (neuerlicher Zwischenruf des


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Abg. Kickl) oder irgendwelche Goldschätze in Alpenpensionen zu verstecken. (Zwischen­ruf der Abg. Belakowitsch.) Ich weiß nicht, vielleicht verstecken Sie dort auch Taschen voller Bargeld, das Sie loswerden wollen.

Ich verstehe auch überhaupt nicht, wieso Sie hier genau dafür eintreten, obwohl Sie doch angeblich das genaue Gegenteil wollen. Wer hat denn solche Mengen an Bargeld, mit denen er gerne bezahlen würde? (Abg. Martin Graf: Die ÖVP!) – Mafiabosse, Waffenschmuggler, Menschenschmuggler, Drogenhändler oder, ich weiß ja nicht, vielleicht Ihre Freunde, die russischen Oligarchen, die dann auf der Kärntner Straße mit Bargeld eine 40 000-Euro-Rolex kaufen wollen. Sind das jene, die Sie verteidigen, oder sind es jene, die das Schwarzgeld an der Finanz vorbei in ihre Taschen räumen und dann damit einkaufen gehen wollen? (Abg. Kickl: Sie haben schon Schaum vorm Mund!)

Es geht um eine Beschränkung von Bargeldzahlungen auf eine Höhe von 10 000 Euro! Ich weiß nicht, wie weit Sie von der Realität von Bürgerinnen und Bürgern entfernt sind, ob Sie noch wissen, wie viel Geld 10 000 Euro für einen normalen Menschen in diesem Land sind. (Abg. Kickl: Das weiß ich besser als Sie!) Ich kann absolut nicht nach­vollziehen, was Sie hier machen. Sie leiten die Bevölkerung in die Irre. Sie zeichnen ein Bild in die Luft, das keinen Bezug zur Realität hat. Schämen Sie sich! (Beifall bei den Grünen. – Abg. Kickl: Sie haben Schaum vorm Mund, ...! – Zwischenruf der Abg. Steger. – Abg. Belakowitsch: ... ist eine schwere Erkrankung! Das weisen wir zurück!)

11.35


Präsidentin Doris Bures: Als Nächste gelangt Frau Abgeordnete Karin Doppelbauer zu Wort. – Bitte.


11.35.58

Abgeordnete Dipl.-Ing. Karin Doppelbauer (NEOS): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Herr Bundeskanzler! Frau Bundesministerin! Es geht um Europa. Es ist ein wunder­schönes Thema, und ich würde diese Rede jetzt eigentlich gern sehr positiv gestalten, weil ich glaube, dass wirklich gerade große, schöne Dinge auf dem Weg sind.

Ich möchte aber vorab auch eines ganz, ganz klar sagen: Wir NEOS sind keine Freunde einer Schuldenunion – das unterstützen wir nicht –, aber was jetzt passiert, ist etwas anderes. Es geht nämlich nicht um den Einstieg in eine generelle Schuldenunion, wie von der FPÖ immer wieder kolportiert wird, sondern es geht um zeitlich und in der Höhe begrenzte gemeinsame Maßnahmen zur Bekämpfung der Pandemiefolgen und zur Stärkung der gesamten europäischen Wirtschaft – und das ist gut und richtig. (Beifall bei den NEOS.)

Lassen Sie uns vielleicht ein bisschen über Europa reden! Europa ist vor allem eines: Es ist Freiheit. Es ist persönliche Freiheit. Es geht darum, dass wir uns in Ländern der Europäischen Union niederlassen können. Wir können dort arbeiten, wir können Unter­nehmen gründen. Wir können dort mit der Bankomatkarte bezahlen, wir haben eine starke europäische Währung. Es ist natürlich auch eine wirtschaftliche Freiheit. Ich spreche da vom gemeinsamen Binnenmarkt und von den Möglichkeiten, die dadurch für Österreich geschaffen worden sind, denn es hat, glaube ich, in der Vergangenheit fast kein zweites Land so wie Österreich von diesem gemeinsamen europäischen Binnen­markt profitiert, und das ist auch ein ganz, ganz wichtiger Punkt, den ich hervorheben möchte.

Und ja, gegen all diese Freiheiten gibt es und gab es natürlich immer wieder Wider­stände, aber wir verdanken dieser Europäischen Union auch, dass wir als Österreich nicht in der Bedeutungslosigkeit versunken sind, meine Damen und Herren. Es geht vor allem darum, dass wir wirtschaftspolitisch und auch geopolitisch eine Stimme haben –


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eine Stimme, die uns die Europäische Union gibt und die wir ansonsten nicht hätten. (Beifall bei den NEOS.)

Lassen Sie mich vielleicht dazu auch noch sagen: Es geht nicht nur um Freiheit – die ja auch nicht nur außerhalb der Europäischen Union angegriffen wird, sondern teilweise sogar von unseren Nachbarländern –, sondern es geht vor allem auch um die liberale Demokratie, und es geht auch um die Rechtsstaatlichkeit – und das macht unser Europa so großartig und so einzigartig. (Beifall bei den NEOS.)

Und ja, dieses Europa entwickelt sich im Augenblick gerade weiter, und ja, die Kom­mis­sion nimmt im Augenblick gerade auf dem Kapitalmarkt Geld auf, Geld, das in der Form von Darlehen und Zuschüssen den Mitgliedstaaten zur Verfügung gestellt werden soll, und im Gegenzug dazu müssen die Mitgliedstaaten Pläne, nationale Reformpläne vorle­gen, um an diese Gelder auch heranzukommen. Es wird dabei nicht mit der Gießkanne gearbeitet, sondern es werden jene Länder, die vielleicht schlechter gestartet haben als andere Länder, weil es andere Voraussetzungen gab, und die sich wahrscheinlich auch langsamer erholen werden, stärker unterstützt werden – und ja, das ist eine solidarische und eine ausgleichende Initiative durch die Europäische Union.

Jetzt kann man natürlich sagen, das will man nicht – alles gut, man kann da unter­schiedlicher Meinung sein –, aber letztendlich muss man durchaus auch einen Schritt weiter denken, denn: Wer profitiert denn davon? – Alle profitieren davon! Gesamteuropa profitiert davon, und besonders so kleine Volkswirtschaften wie die österreichische, die durch den Export so eng verzahnt und so vernetzt mit den Nachbarländern ist. – Also: Alles gut und richtig gemacht!

Ein nächster Punkt, der heute auch noch viel zu wenig angesprochen worden ist: die Bewältigung der Krise über diese Initiative Next Gen. Dabei geht es ja auch um andere Dinge. Es wird ja auch die europäische Wirtschaft dabei unterstützt, sich in eine nach­haltige, in eine grüne Wirtschaft, in eine Wirtschaft, die wissenschaftlich angegangen wird und die natürlich auch sehr viel digitaler ist, zu transformieren. Das sind alles Dinge, die wir in Europa über die letzten Jahre wirklich versäumt haben. Da haben wir die Möglichkeit, einen großen Schritt nach vorne zu gehen.

Da hätten wir uns natürlich gewünscht – und jetzt komme ich zum österreichischen Aufbauplan –, dass auch ein bisschen ambitionierter und innovativer vorgegangen wird, denn was da passiert ist – und das ist eben aus unserer Sicht das Resultat der sehr kurzfristigen Entwicklung dieser nationalen Pläne, die dann eingereicht worden sind –, ist, dass einfach bestehende Programme genommen worden sind, und die wurden halt weiterentwickelt.

Jetzt ist das per se nicht alles schlecht – das stimmt schon –, aber natürlich hat man die Möglichkeit nicht genützt, wirklich in innovative, neue Techniken hineinzugehen und noch einmal einen großen Boost zu schaffen. Vor allem bei der Digitalisierung und bei der Bildung hätte es noch verdammt viel Luft nach oben gegeben.

Ich bin ja auch schon gespannt, wie die Europäische Kommission den österreichischen Plan letztendlich beurteilen wird, denn für alle Mitgliedstaaten gilt – und das ist richtig und wichtig –, dass die Gelder nicht einfach nur zum Stopfen von Budgetlöchern herge­nommen werden sollen.

Vielleicht noch ein letzter Gedanke, weil das ja auch vor noch nicht allzu langer Zeit hier im Nationalrat angenommen worden ist: Da geht es mir um den Eigenmittelbeschluss der EU, meiner Meinung nach auch ein ganz, ganz wichtiges Instrument. Wir stehen dazu, dass die EU eine eigene Finanzierungsmöglichkeit bekommen soll. Warum? – Es geht da nicht nur darum, dass natürlich die Schulden abgetragen werden müssen – das ist der eine Punkt, und das ist richtig und wichtig –, sondern es geht vor allem darum, in


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welche Richtung da gedacht wird. Diese Eigenmittelkategorien, die man bis Anfang 2026 vorstellen soll, enthalten zum Beispiel ein CO2-Grenzausgleichssystem – eine ganz, ganz wichtige Forderung –, eine europaweite Digitalabgabe, die wir brauchen – wir wer­den es nicht in Österreich alleine lösen –, und auch ein überarbeitetes EU-Emissions­handelssystem. Das sind alles ganz, ganz wichtige Schritte.

Für Europa und für uns NEOS sind das heute gute Nachrichten. – Vielen Dank. (Beifall bei den NEOS.)

11.41


Präsidentin Doris Bures: Als Nächste ist Europaparlamentarierin Angelika Winzig zu Wort gemeldet. – Bitte.


11.42.05

Mitglied des Europäischen Parlaments Dr. Angelika Winzig (ÖVP): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Frau Ministra! Herr Bundeskanzler! Geschätzte Kolle­ginnen und Kollegen! Da ich die einzige österreichische Abgeordnete bin, die sowohl im Budget- als auch im Haushaltskontrollausschuss Vollmitglied ist, sehe ich es jetzt als meine Aufgabe, Sie von dem Halbwissen und den Halbwahrheiten der FPÖ zu erlösen. (Abg. Wurm: Bitte! ...!)

In der kleinen Welt der FPÖ ist offensichtlich vieles noch nicht angekommen, nämlich dass wir eine weltweite Pandemie haben, von der 190 Länder mit bisher 177 Millionen infizierten Menschen und 3,8 Millionen Toten betroffen sind. (Beifall bei Abgeordneten der ÖVP.)

Solch eine weltweite Ausnahmesituation erfordert natürlich auch finanzielle Maßnah­men, um diese Krise auf der einen Seite rasch zu überwinden und auf der anderen Seite auch für künftige Krisen gerüstet zu sein und unabhängiger zu werden. Daher haben wir bereits im letzten Jahr ein umfassendes Paket geschnürt, einerseits mit dem sieben­jährigen Finanzrahmen für ein Budget von 155 Milliarden Euro jährlich. Das entspricht in etwa dem österreichischen gesamtstaatlichen Budget. Dann gibt es das Programm Next Generation EU, das Resilienzprogramm mit Zuschüssen in der Höhe von 390 Milliarden Euro und Krediten in der Höhe von 360 Milliarden Euro. Die neuen Eigenmittel zur Refinanzierung wurden ja bereits erwähnt. Das Besondere daran war dann auch noch die Konditionalität von Rechtsstaatlichkeit und der Ausschüttung der finanziellen Mittel an die Mitgliedstaaten. (Zwischenruf der Abg. Steger.)

Bedanken dürfen wir uns dafür bei unserem Budgetkommissar Gio Hahn, der das Paket höchst professionell und vor allem auch in seiner bekannt ruhigen Art auf die Beine gestellt hat. Das war wirklich einzigartig.

Nur wenn es allen Ländern in Europa gut geht, geht es auch Österreich gut, und wir können im Konzert der Weltmächte mitspielen, den Ton angeben und für die Zukunft Abhängigkeiten beenden. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Grünen.)

Bedanken darf ich mich auch bei Ihnen, Herr Bundeskanzler, für Ihren kritischen, konstruk­tiven EU-Zugang. Der ist für manche Länder nicht immer bequem. Das ist aber auch gut so, denn Sie zeigen die Schwachstellen auf und fordern Veränderungen ein. Dies ist Ihnen bei der Zusammensetzung des Wiederaufbaufonds gelungen, denn ich bin auch der Meinung, dass 750 Milliarden Euro direkte Zuschüsse auch unseren Steuerzahlern gegenüber nicht verantwortbar sind.

Dies ist Ihnen aber auch vor allem bei der schleppenden Impfstoffversorgung gelungen. Astra Zeneca würde uns heute noch auf der Nase herumtanzen, wenn Sie nicht entsprechenden Druck ausgeübt hätten. (Abg. Belakowitsch: Eine bravouröse Leistung des Kanzlers!) Mit dem gestrigen Tag haben wir bereits 6,5 Millionen Impfdosen aus


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diesem Paket der EU geliefert bekommen. Die damit gewonnene Freiheit verdanken wir nur Ihnen, Herr Bundeskanzler – danke. (Beifall bei der ÖVP. – Zwischenruf der Abg. Steger.)

Während wir an Lösungen gearbeitet haben, sind Sie, Herr Kickl, mit Ihren Identitären­freunden spazieren gegangen. Das war sicher auch ganz nett.

Zum Abschluss darf ich Ihnen noch eines versprechen: dass wir im Budgetkontroll­ausschuss des Europäischen Parlaments in Zusammenarbeit mit der Kommission, mit Olaf, mit der Europäischen Staatsanwaltschaft und auch mit dem Europäischen Rech­nungshof alles daran setzen (Zwischenruf des Abg. Kassegger), dass wir den Einsatz der Mittel genau kontrollieren werden, missbräuchliche Verwendung aufzeigen werden und dass die Verschwendung von Steuergeld keine Chance hat.

Wir sorgen aber auch im Budgetausschuss dafür, dass die finanziellen Mittel nicht zum Aufholen von Versäumnissen einzelner Mitgliedstaaten in der Vergangenheit verwendet werden, sondern nur in definierte Zukunftsbereiche wie Forschung, Innovation und Digitalisierung, Transformation und Klimaschutz fließen.

Weil schon unser eingereichtes Resilienzpaket angesprochen wurde: Das wurde auf EU-Ebene bereits sehr gelobt, und ich finde auch, dass es ein hervorragendes Paket ist. Es werden nicht alte Projekte abgebildet, sondern zukunftsträchtige Projekte, die unser Land weiterhin zukunftsfit machen. – Danke. (Beifall bei der ÖVP.)

11.46


Präsidentin Doris Bures: Nun gelangt Europaabgeordnete Bettina Vollath zu Wort. – Bitte.


11.46.32

Mitglied des Europäischen Parlaments Mag. Dr. Bettina Vollath (SPÖ): Geschätzte Frau Präsidentin! Herr Bundeskanzler! Frau Bundesministerin! Noch einmal, damit es wirklich allen klar ist: Nein, niemand will das Bargeld abschaffen, weder die Kommission noch der Rat noch das Parlament. (Beifall bei der SPÖ sowie der Abg. Krisper.)

Was tatsächlich vorgeschlagen wurde, um Geldwäsche zu bekämpfen – und das wurde schon richtiggestellt –: Wer mehr als 10 000 Euro in die EU einführen oder aus der EU ausführen möchte, soll kontrolliert werden. Wenn die Geschwindigkeit auf der Autobahn kontrolliert wird, wird deswegen auch nicht die Geschwindigkeit abgeschafft. (Abg. Kickl: Es wollte auch niemand eine Mauer bauen!)

Letztlich bleibt es eine politische Frage, was man wichtiger findet: die Freiheit für wenige, auch aus Sicht von NormalbürgerInnen astronomisch hohe Zahlungen in bar durchfüh­ren zu können, oder die Sicherheit aller, dass kriminelle Aktivitäten erschwert werden. Wir stehen für Zweiteres. Geldwäsche, Terrorismusfinanzierung, Korruption müssen umfassend bekämpft werden, und dazu gehört die Kontrolle von dubiosen Bargeldge­schäften, aber das hat nichts, rein gar nichts mit dem Geld als Zahlungsmittel im täg­lichen Leben zu tun. Statt das falsch zu behaupten, wäre es wesentlich sinnvoller, gegen die Risiken von Kryptoveranlagungen vorzugehen. Auch da braucht es dringend eine Identitätskontrolle, um der Nutzung durch Kriminelle einen Riegel vorzuschieben. (Beifall bei der SPÖ.)

Nun zum Vorwurf der Schuldenunion: Dass sich die europäischen Regierungschefs auf einen umfassenden Aufbauplan geeinigt haben, ist ein Eingeständnis dessen, dass die Austeritätspolitik nach der Finanz- und der folgenden Wirtschaftskrise in den Zehner­jahren ein Fehler war. Diesmal will man es richtig machen, und das ist gut so. Der Wiederaufbau kostet Geld, und die EU kann zu besseren Konditionen Kredite aufnehmen.


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Das ist wesentlich gescheiter, als wenn sich jedes Land sein Geld selber teuer auf dem Finanzmarkt besorgt.

Gerade die gemeinsame Beschaffung dieser Gelder ermöglicht auch eine Zweckbin­dung dieses Geldes, um eine Win-win-Situation zu schaffen, denn zusätzlich zur dringenden Belebung der Wirtschaft werden wir durch die Zweckbindung den dringend notwendigen digitalen, klimatischen und sozialen Wandel schaffen und so eine gute Zukunft für Europa bauen. (Beifall bei der SPÖ.)

Auch die Rückzahlung dieser Mittel folgt einem guten Plan. Sie soll nämlich über neue Eigenmittel der EU bedient werden. Auch da kommt es, wenn die Mitgliedsländer kluge Entscheidungen treffen, zu einer Win-win-Situation. Diese neuen Einnahmequellen für die EU werden nämlich im besten Sinne des Wortes gute Steuerungsmittel sein. Es geht zum Beispiel um einen CO2-Grenzausgleich für faire globale Wettbewerbsbedingungen für europäische Unternehmen; es geht um eine Digitalabgabe, die diesen Namen auch verdient, um ein erweitertes EU-Emissionshandelssystem und auch endlich um eine zumindest europäische Finanztransaktionssteuer. (Beifall bei der SPÖ.)

Es geht also um die Investitionen, die wir derzeit brauchen, um die Wirtschaft anzu­kurbeln; und es geht auch darum, dass die Union uns durch innovative Lenkungsmaß­nahmen gemeinsam zukunftsfit macht und gleichzeitig ihren Eigenmittelanteil so erhöht, dass die Mitgliedsländer und damit auch die österreichischen Steuerzahlerinnen und Steuerzahler entlastet werden.

Nun ein Satz zum ständigen Neidkomplex: Es stützt seltsamerweise auch die österreichi­sche Wirtschaft, dass manche Länder richtigerweise aus diesem Aufbaufonds mehr Mittel erhalten werden als andere. Gerade wir in Österreich leben prächtig vom Export und sollten daher wissen, wie wichtig es ist, dass wirklich alle europäischen Länder gut durch die Krise kommen. Wenn wichtige Partner von uns in der Krise verharren, dann stellt sich das als Bumerang für die österreichische Wirtschaft heraus.

Zum Schluss möchte ich noch darauf hinweisen, dass auch die Frage, wie EU-Gelder an sich verwendet werden, wichtig ist. In gewissen Mitgliedstaaten versickern europäi­sche Gelder seit Jahren in dunkeln Kanälen und werden sogar durch die eigenen Regie­rungen zum Abbau von Rechtsstaatlichkeit verwendet. Als Europäisches Parlament haben wir daher vergangene Woche die sofortige Anwendung des Rechtsstaatsmecha­nismus gefordert, der seit 1. Jänner endlich in Kraft ist. Es ist schade, dass die FPÖ dagegengestimmt hat und die ÖVP sich in der Abstimmung sehr uneinig war, denn das ist eine große Chance für Europa. (Beifall bei der SPÖ.)

Wir müssen mehr denn je alle an einem Strang ziehen. Gerade die Coronakrise hat uns die eigene Verletzlichkeit vor Augen geführt. Wir sollten die Menschen aktiv zur Mitarbeit auffordern und sie nicht verunsichern. – Danke. (Beifall bei der SPÖ.)

11.51


Präsidentin Doris Bures: Zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Peter Wurm. – Bitte.


11.52.00

Abgeordneter Peter Wurm (FPÖ): Frau Präsidentin! Herr Bundeskanzler! Frau Minis­ter! Dies ist eine sehr spannende und, wie ich finde, auch entlarvende Diskussion. Es gibt das Modell freie Bürger in einem freien Österreich – das andere Modell ist totale staatliche Kontrolle nach dem Vorbild der UdSSR oder Chinas, wie es die Grünen gerne hätten. Wo wir Freiheitliche stehen, ist, glaube ich, ganz klar: Wir stehen offensichtlich ganz alleine bei den freien Bürgern in einem freien Österreich. (Zwischenruf des Abg. Jakob Schwarz.) Drei Parteien kann man, glaube ich, anderswo verorten. Es ist spannend, auf welcher Seite die ÖVP steht; da gibt es unterschiedliche Strömungen. Auch heute ist mir nicht ganz klar, auf welcher Seite die ÖVP wirklich steht, aber ich lade


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euch gerne ein, unserem Weg zu folgen. Freie Bürger in einem freien Österreich – das ist, glaube ich, der richtige Weg (Zwischenruf des Abg. Obernosterer), den wir alle einschlagen sollten. (Beifall bei der FPÖ.)

Es hat allerdings in dieser Coronazeit von der Regierungsseite und ihren Experten einige Fakenews gegeben. Nun komme ich zum Thema, nämlich Bargeld. Sie erinnern sich: Eine dieser Fakenews der Experten war ja ganz am Anfang, dass der Virus quasi über Bargeld übertragen wird. Deshalb hat man gesagt: Man darf kein Bargeld mehr ver­wenden. Das hat meines Erachtens doch so ein bisschen in die Linie der letzten Jahre und Jahrzehnte gepasst, dass man dem Bargeld ziemlich den Garaus machen wollte. Das hat schon ein bisschen Tradition: Sie erinnern sich an die Abschaffung des Fünfhunderteuroscheins, nun gibt es die ominöse 10 000-Euro-Bargeldgrenze. Es geht also alles in die Richtung, Bargeld zu verunmöglichen oder einzuschränken.

Wir haben auf der anderen Seite im Konsumentenschutzausschuss sehr spannende Diskussionen gehabt, bei denen es um die Verfügbarkeit von Bargeld ging. Heutzutage ist es für die Bürger in Österreich ein Thema, dass sie sehr schwer und teilweise sehr teuer zu ihrem eigenen Bargeld kommen: über Bankomaten und Bankfilialen. In manchen ländlichen Regionen ist es mittlerweile für die normalen Bürger – und das verstehen die Grünen natürlich nicht – nicht so einfach, zu ihrem eigenen Ersparten zu kommen. Auch das sind Themen, bei denen man offensichtlich einen Weg beschreitet, den wir als Freiheitliche natürlich nicht mitgehen wollen.

Man hat es in der Coronakrise gesehen: Zahlreiche Betriebe durften ungestraft Bargeld verweigern. Aktuell verweigert meine Lieblingsairline, die Austrian Airlines, nach wie vor an Bord ungestraft die Annahme von Bargeld. Ich bemühe mich nun, das endlich aufzuheben. Es sagen zwar immer alle, vor allem auch der Bundeskanzler: Bargeld muss noch entsprechend verfügbar sein!, aber es gibt zahlreiche Betriebe in Österreich, die das nicht einhalten. Wie gesagt: Wir wollen den freien Zugang zu Bargeld, wir wollen auch keinen gläsernen Bürger wie in China oder in anderen Diktaturen. Anonymität und Privatsphäre müssen nach wie vor gegeben sein, und dafür werden wir kämpfen. Wir werden auch nicht müde werden, Herr Bundeskanzler, Sie noch einmal einzuladen, das in den Verfassungsrang zu heben. Ich hoffe, man kann im Sinne der Bürger vielleicht auch einmal die SPÖ bei diesem Unterfangen mitnehmen, damit wir das einmal für alle Zeiten entsprechend gesichert haben. (Beifall bei der FPÖ.)

Die vorgeschobenen Argumente, man würde damit quasi die Kriminalität, die Mafia oder sonst etwas behindern, kosten ja jeden, der sich auskennt, glaube ich, nur ein Lächeln. Ganz im Gegenteil: Das hilft eher sogar den Mafiastrukturen, die ja in den letzten Jahren nicht schwächer, sondern eher stärker geworden sind. Da sind Sie mit Sicherheit auf dem Holzweg.

Ich möchte noch eines erwähnen, weil es oft vergessen wird: Diese Anonymität haben wir in den letzten Jahren sukzessive verloren. Ich erinnere daran, dass damals keiner die Auswirkungen der Einführung des Iban für uns alle wirklich realisiert hat. Sie können heute sehr, sehr einfach bereits all ihre Kontobewegungen über den Iban nachvoll­ziehen. Das heißt, da haben wir schon mehr oder weniger einen gläsernen Bürger – und das letzte Nadelöhr besteht halt noch aus 20 Euro, 50 Euro oder 100 Euro im Hosensack (Zwischenruf bei der ÖVP), mit denen man vielleicht noch irgendwo anonym konsu­mieren darf, ohne dass man wirklich aufgeblattelt ist, was man den ganzen Tag macht und kauft.

Auch die Negativzinsen wurden heute schon erwähnt. Sie werden natürlich auch in dieser Krise zukünftig ein Thema sein. Es stellt sich die Frage: Wie leicht wird man es Staaten machen, auf die offiziellen Bankguthaben zuzugreifen? Sie werden sich erinnern,


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in Zypern war das vor zehn Jahren überhaupt kein Problem. Da hat es dann einen Haircut gegeben. Das würde ich alles nicht ausschließen.

Eine Geschichte, die auch untergegangen ist: Wir haben in Österreich die Einlagensiche­rung verloren – falls das wieder jemand vergessen haben sollte. Es gibt zwar den ominösen Bankenfonds, nur würde ich mich nicht unbedingt auf den verlassen. Auch da sieht man einfach: Wenn man quasi eine offizielle Einlage hat, ist man auch in diesem Fall nicht gesichert. Da schützt einen Bargeld, und das ist sehr wohl für alle Österreicher ein Thema – egal, ob es 5 000 Euro sind, 12 000 Euro oder 20 000 Euro. Wenn man das erarbeitet und erspart hat, dann sollte einem das zustehen.

Wir Freiheitliche stehen dafür, das Bargeld in Österreich für alle Zeiten zu sichern. Ich würde mich freuen, wenn wir da endlich einmal mit der ÖVP zusammenarbeiten könnten und das dann nicht nur mit Lippenbekenntnissen entsprechend absichern. – Danke. (Beifall bei der FPÖ.)

11.57


Präsidentin Doris Bures: Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Nina Tomaselli. – Bitte.


11.57.48

Abgeordnete Mag. Nina Tomaselli (Grüne): Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Liebe Zuseherinnen und Zuseher! Ich muss Ihnen, Kollege Wurm, und den anderen Kollegen von der FPÖ schon sagen: Ihre Reden, die Sie hier heute preisge­geben haben, sind schon etwas launig. Mich begeistert irgendwie Ihre Darstellung, dass Sie sozusagen als mutige Krieger in die Schlacht ziehen und unter widrigsten Umstän­den gegen die Feinde in Brüssel kämpfen. Die FPÖ ist quasi Robin Hood, der für Münzen und Scheine (Abg. Wurm: Gut erkannt, Frau Kollegin, gut erkannt!) sowie für die Ent­rechteten und Unterworfenen kämpft. Das ist vor allem eines: Es ist ein Schauspiel und hat mit der Realität leider gar nichts zu tun, denn niemand, auch wirklich niemand, hat die Absicht, das Bargeld abzuschaffen, meine sehr geehrten Damen und Herren. (Beifall bei den Grünen. – Abg. Belakowitsch: Niemand hat ...! Niemand ..., Frau Kollegin!)

Wir wissen ja schon, was dahintersteckt, liebe FPÖ: Sie haben wieder in Ihre Trickkiste gegriffen, und Sie setzen, wie so oft, auf das Konzept Angst. Sie wollen den Menschen einreden, dass ihnen irgendjemand verbieten will (Abg. Belakowitsch: Sind Sie denn ...?), mit Bargeld zu zahlen. Das ist selbstverständlich nicht der Fall; das will die EU-Kommission nicht, das hat sie nie gefordert, und sie wird es auch nie fordern. (Abg. Steger: Woher wissen Sie das?)

Die EU-Kommission will lediglich – und ich glaube, es ist schon wichtig, dass man das nochmals betont – eine Transaktionsobergrenze von 10 000 Euro einführen. Das ist auch richtig so, denn während sich Kriminelle und Geldwäscher an unbeschränkten Bar­geldzahlungen erfreuen, betrifft es nämlich den durchschnittlichen Bürger und die durchschnittliche Bürgerin überhaupt nicht – oder können Sie mir erklären, wann Sie das letzte Mal mit Taschen voller Bargeld herumgelaufen sind? Gut, das ist nun ein blödes Beispiel für die FPÖ; wie H.-C. Strache und andere zeigen, ist das bei Ihnen ja durchaus im Rahmen des Möglichen. (Beifall bei den Grünen.)

Geldwäsche vergiftet das Wirtschaftssystem – und das ist Ihnen offenbar gleichgültig. Für Kriminelle ist nichts so gut wie Cash. Geldwäsche, Korruption, Steuerhinterziehung, organisierte Kriminalität – nichts davon würde funktionieren, gäbe es das Bargeld nicht. Eine Bargeldobergrenze – und ich glaube, das muss man ganz oft betonen – ist ein Beitrag zu Steuerehrlichkeit und ist auch ein Beitrag zum Wettbewerbsvorteil, nämlich für die Ehrlichen. Wir haben heute schon gehört, 18 von 27 EU-Staaten haben bereits eine Bargeldobergrenze eingeführt, da gibt es alles zwischen 500 und 15 000 Euro. Ich


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darf Ihnen ein Geheimnis verraten: Nirgendwo in diesen Ländern ist das Bargeld abge­schafft worden.

Nichtdestotrotz, am Ende des Tages muss man noch einmal festhalten: Jeder hat die Freiheit, so zu zahlen, wie er möchte, und das soll auch so bleiben. Trotzdem darf man nicht ignorieren, dass Kriminelle und Geldwäscher große Bargeldtransaktionen für ihre Machenschaften ausnutzen. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

12.00


Präsidentin Doris Bures: Nun gelangt Herr Abgeordneter Helmut Brandstätter zu Wort. – Bitte, Herr Abgeordneter.


12.00.57

Abgeordneter Dr. Helmut Brandstätter (NEOS): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Herr Bundeskanzler! Frau Bundesministerin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ja, wenn das Leben so einfach wäre, Frau Kollegin Steger: Wir haben das Bargeld und damit die Freiheit in Österreich. – Ich fürchte, so einfach ist es nicht. (Zwischenruf der Abg. Steger.) Es ist auch nicht so, dass man sagen kann, wir sind freie Bürger in einem freien Österreich. Ja, das ist schon so, aber wenn wir es erhalten wollen, freie Bürger in einem freien Österreich zu sein, dann müssen wir freie Bürger in einem einigen und freien Europa werden.

Das ist unsere einzige Chance. Wenn Sie sich die Weltgeschichte und die Weltpolitik im Moment ansehen, dann erkennen Sie, dass wir nur zwei Möglichkeiten haben: Objekt dieser Veränderungen zu werden, die wir beobachten können, oder als starke Europäer gemeinsam in Europa Subjekt dieser Geschichte zu sein.

Ich möchte jetzt ein bisschen aus diesem Klein-Klein in die Weltpolitik hinausgehen. Wir hatten gerade die Veranstaltung in Cornwall, und der Auftritt von Präsident Biden war natürlich sehr positiv, weil er zu Multilateralismus gestanden ist, weil er wieder zur Freundschaft zu Europa gestanden ist und weil wir den Eindruck hatten, dass wir mit diesem Präsidenten als Europäer anders, positiv arbeiten können.

Es gab aber auch eine wesentliche Differenz. Bei der Art und Weise und der Aggres­sivität, die er gegenüber China ausspricht, müssen wir schon fragen: Ist es das, was wir wollen? Wollen wir nicht als Europäer unsere eigene Chinapolitik haben? Die kann natürlich nicht so ausschauen, dass wir sagen: Ihr schafft an, und wir machen alles! – nein –, sondern indem wir auf Augenhöhe auch mit den Chinesinnen und Chinesen reden, indem wir unsere Bedingungen stellen, durchaus auch was Lieferketten betrifft, was Menschenrechte, was Kinderarmut betrifft. Das müssen aber wir entscheiden, das müssen wir hier entscheiden. Dabei können wir uns auch nicht auf die Amerikaner verlassen, sondern da heißt es schon: Wir gemeinsam in Europa.

Oder Umweltpolitik: Ich bin für jede Maßnahme in Europa und in Amerika, aber wenn wir den CO2-Ausstoß wirklich weltweit reduzieren wollen, müssen wir schon schauen, dass die Zahl chinesischer Kohlekraftwerke reduziert wird. Das werden wir auch nur in ge­meinsamen Verhandlungen erreichen und nicht, indem wir einfach wegschauen.

Damit bin ich beim Thema Russland. Ja, Herr Bundeskanzler, ich bin sehr dafür, dass wir natürlich mit den Russen reden. Es ist ein wichtiger Partner, es ist ein europäischer Partner. Ganz Europa hat aber sehr aufmerksam zugeschaut, dass ausgerechnet Sie gemeinsam mit dem Emir von Katar – wie die Menschenrechte dort gewahrt werden, wissen wir – bei diesem Sankt Petersburger Wirtschaftsgespräch aufgetreten sind.

Deswegen habe ich ein Buch mitgebracht (das Buch „Putins Russland“ von Angela Stent in die Höhe haltend), es ist wirklich wichtig, es geht nicht um Russland, sondern es geht um Putins Russland. Ich würde Sie dringend bitten, ein paar Fototermine abzusagen und


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ein paar Kapitel in diesem Buch zu lesen oder zumindest diesen einen Satz zu hören, Herr Bundeskanzler: Russland will gegen ein gespaltenes Europa die eigenen Interes­sen durchsetzen. – Zitatende. Der österreichische Bundeskanzler sollte das wissen, sollte mit den anderen Europäern gemeinsam auftreten, dann mit Russland verhandeln und sich nicht unterkriegen lassen. (Beifall bei den NEOS.)

Wir wollen das Europa der Werte. Was sich in Ungarn gerade abspielt, verstößt gegen die europäischen Werte. Wenn man dort nach der sexuellen Orientierung beurteilt wird, ausgeschieden, benachteiligt wird, dann müssen wir aufstehen und sagen: Nein, das lassen wir uns nicht gefallen! Kollege Yannick Shetty wird noch einen Antrag dazu einbringen.

Es ist auch das schon gesagt worden: Natürlich geht es auch um die Justiz, es geht auch um den Rechtsstaat. Damit haben wir in einigen europäischen Ländern Probleme, leider auch in Österreich. Wunderbar, jetzt gibt es ein Antikorruptionsvolksbegehren! Ich bin sehr dankbar, wenn verschiedene Kolleginnen und Kollegen – auch der Herr Bundes­kanzler – sagen, sie unterstützen das. Ich werde das böse Wort nicht verwenden, aber wenn Sie nicht das eine sagen und das andere tun wollen, dann müssen Sie schon sehr konsequent sein und diese unfassbaren Attacken gegen einzelne Staatsanwältinnen und Staatsanwälte endlich beenden. (Beifall bei den NEOS und bei Abgeordneten der SPÖ. – Zwischenruf bei der ÖVP.)

Frau Jilek ist im „Standard“ aufgetreten und hat erklärt, wie sie behandelt wurde, wie man alles dafür getan hat, dass sie nicht weiter Untersuchungen macht. Martin Kreutner sagt – das ist ein wichtiger Satz –: „Wenn eine Gewalt damit beginnt, die anderen Gewal­ten permanent anzukleckern, zu unterminieren oder infrage zu stellen, dann wird irgend­wann der Staat zusammenstürzen.“

Dann haben wir auch nichts mehr von dem vereinten Europa, aber das brauchen wir: ein freies Österreich, ein anständiges Österreich in einem vereinten Europa! – Danke schön. (Beifall bei den NEOS und bei Abgeordneten der SPÖ.)

12.05


Präsidentin Doris Bures: Zu Wort ist dazu niemand mehr gemeldet. Damit ist die Debatte geschlossen.

12.06.00Einwendungen gegen die Tagesordnung gemäß § 50 GOG


Präsidentin Doris Bures: Damit gelangen wir nunmehr zur bereits angekündigten Ein­wen­dungsdebatte.

Erster Redner ist Herr Abgeordneter Jörg Leichtfried. Ich erteile ihm das Wort. – Bitte, Herr Abgeordneter.


12.06.10

Abgeordneter Mag. Jörg Leichtfried (SPÖ): Frau Präsidentin! Geschätzte Damen und Herren! Geschätzte Zuseherinnen und Zuseher! Den zweifelhaften Umgang dieser Re­gierung mit rechtsstaatlichen Prinzipien, mit der Demokratie, mit dem Parlamen­tarismus sind wir ja leider schon einige Zeit gewöhnt. Ich glaube, es hat mit der Bemer­kung des Bundeskanzlers begonnen, dass verfassungswidrige Verordnungen lediglich „juristische Spitzfindigkeiten“ sind, hat sich dann weiterentwickelt und endet in Attacken auf Staats­anwälte, die ermitteln, in Attacken auf den Rechtsstaat, in Attacken auf die Verfassung. Das ist das, was derzeit in Österreich geschieht.

Und was noch geschieht, ist, dass die Regierungsparteien und die Regierung versuchen, dieses Parlament, dieses Hohe Haus möglichst kleinzuhalten, möglichst unauffällig zu


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll111. Sitzung, 16. und 17. Juni 2021 / Seite 88

halten, möglichst dafür zu sorgen, dass hier nichts Substanzielles passiert. Das ist nicht unser Zugang zum Parlamentarismus, geschätzte Damen und Herren! (Beifall bei der SPÖ.)

Das zeigt sich an einigen Beispielen. Meine Damen und Herren von der ÖVP, ich kann mich gut erinnern, bei der letzten Nationalratssitzung ist Kollege Obernosterer hier gestanden und hat gesagt: Bitte, diskutieren wir endlich über Inhalte! Lassen wir uns über Inhalte streiten, setzen wir uns damit auseinander! Die Menschen sollen sehen, was wir für einen unterschiedlichen Zugang zu den Themen haben. Und was ist vor Kurzem passiert? – Die Regierungsparteien haben 57 Oppositionsanträge vertagt. Wenn das über Inhalte diskutieren ist, geschätzte Damen und Herren, dann brauche ich diese Diskussionen so sicher nicht. (Beifall bei der SPÖ.)

Wenn die ÖVP Diskussionen nicht verhindern kann, schaut man, dass das, was schmerzt, was die Menschen interessiert, was die Menschen sehen wollen, um beurteilen zu können, wie sich eine Partei verhält, was sie tut, möglichst spät drankommt, damit das möglichst nicht gesehen wird, damit das möglichst wenige Menschen sehen. Das ist nicht Parlamentarismus, das ist nicht im Parlament arbeiten, das ist nicht diskutieren, geschätzte Damen und Herren, das ist Parlamentarismus à la ÖVP, den wir nicht brauchen. (Beifall bei der SPÖ.)

Wenn man mit einer Debatte nicht mehr zurechtkommt, werden sogar Europaerklä­run­gen aus dem Hut gezaubert, um die Diskussion über die Ministeranklage gegen Herrn Blümel auf möglichst spät zu verschieben (Abg. Wöginger: Seid ihr jetzt gegen Europa auch schon?), um zu verhindern, dass die Menschen wieder daran erinnert werden, wie Herr Blümel die Verfassung gebrochen hat, dass er sich geweigert hat, Akten zu liefern, dass es den Bundespräsidenten gebraucht hat, der beinahe Exekution geführt hat, damit der Untersuchungsausschuss dieses Hauses zu seinem Recht kommt, zu dem Recht, das wir eigentlich alle einfordern müssen und hinter dem wir gemeinsam stehen müssen, damit aufgeklärt wird und damit die Dinge ans Licht kommen, geschätzte Damen und Herren! (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Haubner: Spärlicher Applaus!)

Darüber, Kolleginnen und Kollegen von der türkisen ÖVP, wollen Sie nicht reden, dafür schämen Sie sich, zumindest einige von Ihnen, davor haben Sie Angst. (Zwischenruf des Abg. Wöginger.) Weil Sie es nicht verhindern können, versuchen Sie, es auf einen möglichst späten Zeitpunkt zu verschieben. Das ist inakzeptabel für ein Parlament, geschätzte Damen und Herren (Beifall bei der SPÖ Abg. Wöginger: Halb zwei, halb zwei!), deshalb bringen wir gemäß § 50 Abs. 1 der Geschäftsordnung des Nationalrates eine Einwendung gegen die Tagesordnung der 111. Sitzung samt Verlangen auf eine Debatte ein.

Gegenstand der Einwendung ist Tagesordnungspunkt 2: Bericht des Verfassungsaus­schus­ses über den Antrag 1581/A der Abgeordneten Leichtfried, Kickl, Scherak, Kolle­ginnen und Kollegen betreffend Ministeranklage gemäß Art. 142 Abs. 2 lit. b B-VG wider den Bundesminister für Finanzen. Hinsichtlich dieses Tagesordnungspunkts wird eine Vorreihung als Tagesordnungspunkt 1 an die Spitze der Tagesordnung beantragt.

Geschätzte Damen und Herren, mein Appell: Herr Bundesminister Blümel hat die Ver­fassung gebrochen. Geben wir dem Verfassungsgerichtshof die Möglichkeit, darüber zu befinden. – Danke schön. (Beifall bei der SPÖ. Zwischenruf bei der ÖVP.)

12.11


Präsidentin Doris Bures: Nun ist Frau Abgeordnete Dagmar Belakowitsch zu Wort gemeldet. – Bitte.



Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll111. Sitzung, 16. und 17. Juni 2021 / Seite 89

12.11.20

Abgeordnete Dr. Dagmar Belakowitsch (FPÖ): Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren vor den Bildschirmen! Eine Einwendungsdebatte muss heute stattfinden, weil die Abgeordneten der Regierungsparteien es vorgezogen haben, das, was wahrscheinlich die meisten Bürger in unserem Land tatsächlich brennend interessiert, nämlich die Verhandlungen über die Ministeranklage, hier herinnen nach hinten – dann, wenn sie möglicherweise schon im Schwimmbad sind – zu reihen. Das ist die Hoffnung der ÖVP gewesen.

Ich kann das aus Sicht der Österreichischen Volkspartei, die nicht will, dass recht viele Leute mitbekommen, was bei der Volkspartei und bei einzelnen ihrer Mitglieder alles so abgeht, sogar nachvollziehen. Sie alle wissen, unser Finanzminister hat die Verfassung gebrochen (Zwischenruf des Abg. Hörl), er hat sich geweigert, Akten zu liefern. Im letzten Moment – da musste dann schon der Herr Bundespräsident ausrücken – hat er sie geliefert, obwohl sie schon lange vorher vorbereitet waren. Er hat es bis zum Letzten ausgereizt. Das ist kein Umgang mit dem Parlament, das ist aber auch kein Umgang mit unserer Republik, so geht man mit dieser Republik nicht um.

Es ist auch nicht besonders verwunderlich gewesen, dass gerade dieser Finanzminister das gemacht hat, da er auch in der Vergangenheit schon gezeigt hat, dass er mit seiner Familie, mit seinen Freunden diese Republik als Eigentum betrachtet. Diese Minister­anklage hat ja auch einen Schuss Aktualität bekommen, denn es ist ja der Öbag-Chef, einer der besten Freunde unseres Finanzministers – der sich geweigert hat, seine Akten zu liefern – zurückgetreten. Das wird ja wohl nicht ohne Grund gewesen sein, dass Herr Schmid plötzlich mit sofortiger Wirkung zurückgetreten ist. Nur so eine Frage am Rande: Was ist denn eigentlich mit der Entourage, die er mitgenommen hat?

Meine Damen und Herren! Dieser Herr Schmid hat sich ja nicht allein an die Spitze der Öbag setzen können, da gab es ja ganz gewichtige Helfer in dieser Republik, da gab es ja Finanzminister Blümel, der ihm geschrieben hat: „Du bist Familie“ Selbstverständlich ist er da auch unterstützt worden. Auch das ist Sache des Finanzministers Blümel gewe­sen, daher hängen all diese Aussagen, all diese Situationen, all diese Vorgänge ja zu­sammen, das kann man ja nicht alles einzeln, nicht isoliert sehen. Angesichts dieser Chats, die sukzessive veröffentlicht werden, ist es auch nicht verwunderlich, dass Minister Blümel natürlich versucht hat, Akten eben nicht zu liefern.

Das Schlimme, meine Damen und Herren von der Österreichischen Volkspartei, ist aber, dass Sie ihm weiterhin die Mauer machen, obwohl in der Zwischenzeit bekannt ist, dass dieser Minister nicht mehr tragbar ist, dass dieser Minister das Recht einfach bricht und dass dieser Minister die Republik nicht ernst nimmt und damit auch die Bürger in diesem Land nicht ernst nimmt.

Da stelle ich mir langsam schon die Frage: Was versprechen Sie sich denn davon? Es ist unangenehm, darüber zu diskutieren, das verstehe ich – dann schauen Sie, dass er zurücktritt, denn dieser Rücktritt ist mehr als überfällig, meine Damen und Herren von der Österreichischen Volkspartei. Sich aber in der Präsidiale hinzusetzen und zu sagen: Also wir machen jetzt eine Europaerklärung über die Zukunftskonferenz!, obwohl inhalt­lich noch überhaupt nichts da ist: Meine Damen und Herren, das ist ein billiger Geschäfts­ordnungstrick gewesen, den Sie da angewandt haben. Wir sind kompromissbereit und haben vorgeschlagen, die Europaerklärung später zu machen, denn die Bürger in die­sem Land haben Interesse daran, zu sehen, wie jetzt wirklich mit einem Minister, der tatsächliches Fehlverhalten an den Tag gelegt hat, umgegangen wird. Das ist das Recht der österreichischen Bevölkerung, das ist das Recht derer, die diesen Minister mit ihrem Steuergeld bezahlen – und das nicht zu knapp. Sie aber haben nichts anderes zu tun,


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als zu mauern, als den Minister sozusagen auf seinem Sessel sitzen zu lassen, dass er und seinesgleichen sich weiterhin die Taschen vollstopfen können.

Wissen Sie, meine Damen und Herren, das ist das Grundübel in dieser Republik, das ist das Grundübel dieser Österreichischen Volkspartei, es gibt für Sie nur Familie, Pöbel, Tiere, nebenbei gibt es möglicherweise dann auch noch Frauen (Zwischenruf des Abg. Wöginger), aber solche, die dann auch noch steuerbar für delikate Dinge sind. Das ist das Hauptproblem, das sind die Kategorien, in denen Sie denken. Wenn dann einer aufgeblattelt wird und wenn einer so viel im Unrecht ist, dann versuchen Sie das zuzudecken, anstatt dass Sie offensiv damit umgehen und auch die Konsequenzen zie­hen. Das würde ich mir erwarten, das braucht es nämlich, es braucht nämlich die politi­sche Hygiene.

Wir sind der Meinung, dass muss vorher verhandelt werden, weil die Bürgerinnen und Bürger ein Recht darauf haben, zu erfahren, was alles passiert ist, weil die Bürgerinnen und Bürger auch ein Recht haben, zu sehen, wie Sie da mauern. Sie wissen ganz genau, je später der Nachmittag, umso weniger Fernsehzuseher gibt es, da auch ORF 2 dann nicht mehr überträgt, meine Damen und Herren. Es hat auch nichts genützt, dass Prä­sident Sobotka den Versuch gestartet hat, uns zu erklären: Na ja, also nach 13 Uhr gibt es viel mehr Zuseher, da sind die Quoten viel höher! – Wenn das so wäre und Ihnen die EU-Erklärung so wichtig ist (Zwischenruf bei der ÖVP), warum machen wir dann nicht die EU-Erklärung nach 13 Uhr, meine Damen und Herren? Das wäre es gewesen, also das ist ein Widerspruch in sich. (Abg. Wöginger: Da wird gelogen, dass sich die Balken biegen!) – Wissen Sie, Herr Kollege Wöginger, wenn Sie von der Lüge sprechen, dann wäre ich ganz (Präsidentin Bures gibt das Glockenzeichen), ganz vorsichtig. Das ist in der ÖVP beheimatet, da wird gelogen, dass sich die Balken biegen. (Beifall bei der FPÖ. Zwischenrufe bei der ÖVP.)

12.16.45*****


Präsidentin Doris Bures: Frau Abgeordnete, falls der Zwischenruf der Vorwurf der Lüge war, dann werde ich schauen, was im Protokoll steht, ich habe es nicht gehört. Je­denfalls haben Sie diesen Vorwurf getätigt, daher erteile ich Ihnen einen Ordnungsruf. Ich werde aber schauen, ob das auch im Protokoll ist.

*****

Sie müssen nun den Schlusssatz formulieren.


12.17.08

Abgeordnete Dr. Dagmar Belakowitsch (fortsetzend): Unser Schlusssatz ist: Wir wollen, dass das zu einer Zeit hier herinnen verhandelt wird, in der die Bürgerinnen und Bürger vor den Fernsehgeräten auch die Möglichkeit haben, das mitzuverfolgen. (Beifall bei der FPÖ.)

12.17


Präsidentin Doris Bures: Als Nächste zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Gabriela Schwarz. – Bitte.


12.17.28

Abgeordnete Gabriela Schwarz (ÖVP): Frau Präsidentin! Werte Kolleginnen und Kollegen! Liebe Zuseherinnen und Zuseher! Um das jetzt einmal für alle, die uns zuse­hen und zuhören, ein bisschen einzuordnen, um Orientierung zu schaffen: Worum geht es denn eigentlich? – Es geht darum, dass die Opposition beschlossen hat, mit Anpatz­versuchen medial möglichst attraktiv rüberzukommen. (Abg. Deimek: Das ist doch wohl ...!) Die Mär, dass der ORF abdreht, ist doch bitte kompletter Unsinn. Der ORF


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überträgt selbstverständlich zuerst auf ORF 2 und dann auf ORF III, also dieses Argu­ment geht wirklich ins Leere. Was soll das eigentlich? (Beifall bei der ÖVP.) Auch die Journalistinnen und Journalisten verlassen um 13 Uhr nicht fluchtartig die Galerie, das ist ja lächerlich.

Worum geht es denn eigentlich? – Statt konstruktiv für Österreich zu arbeiten, wird von Beginn an immer versucht, Bundeskanzler Kurz loszuwerden. Ich kann Ihnen nur eines sagen: Dieser Versuch, den Willen der Wählerinnen und Wähler zu ignorieren, geht absolut ins Leere. (Beifall bei der ÖVP.) Wir haben eine Bundesregierung, wir haben einen Bundeskanzler, die arbeiten – und gerade in Zeiten wie diesen, in denen es darum geht, die größte Gesundheits- und Wirtschaftskrise erfolgreich zu durchleben und zu verarbeiten, ist das wichtiger denn je. (Zwischenruf bei der FPÖ.)

Diese Versuche sind das, was mich wirklich irritiert und was auch die Menschen draußen zusehends irritiert, nämlich in diesem Hohen Haus einen politischen Ton anzuschlagen, bei dem es nur mehr darum geht, zu diskreditieren, vorzuverurteilen, mit Argumenten zu kommen, die hanebüchen sind. (Zwischenruf des Abg. Krainer.) Glauben Sie denn allen Ernstes, dass das draußen gut ankommt? Wie sollen wir denn bitte jungen Menschen klarmachen, dass es sich auszahlt, in der Politik zu arbeiten, Politikerin oder Politiker zu werden und die Interessen der Bevölkerung zu vertreten, wenn hier in diesem Haus so miteinander umgegangen wird? (Beifall bei der ÖVP. Abg. Belakowitsch: Sie haben recht, bei der Österreichischen Volkspartei zahlt es sich nicht aus!)

Ich muss mich schon wundern: In Brüssel geht es um die Zukunft der EU, und somit geht es auch um unsere Zukunft. Dass dieses Thema von der SPÖ so lapidar weggewischt und abgetan wird, das wundert mich wirklich; von der FPÖ wundert mich das schon lange nicht mehr, denn die sind ja auf einem Anti-EU-Kurs, dass es nur so rauscht, aber von der SPÖ hätte ich mir da wirklich etwas anderes erwartet. Welches Bild geben wir denn international ab, wenn wir sagen: Europa ist uns nichts wert, wir diskutieren das irgendwann!? Wo sind denn da unsere Werte und unsere Wertigkeiten? (Abg. Belakowitsch: Wo sind die Werte des Ministers Blümel?!)

Fest steht, dass in diesem Haus in der politischen Debatte und auch im Untersuchungs­ausschuss ein Ton eingekehrt ist, der alles andere als dazu angetan ist, uns gegenüber Wertschätzung zu empfinden – die Wertschätzung, die wir gegenüber der Bevölkerung empfinden. Wir liefern ein Bild nach außen, in dem es nur darum geht, wer das ange­richtet hat und Vorverurteilungen zu treffen. (Zwischenrufe bei der FPÖ.) Ja, allen Ernstes, bitte: Wir sind für Rechtsstaatlichkeit (Zwischenruf der Abg. Belakowitsch), keine Frage, wir sind für eine Stärkung der Justiz. Das hat auch der Kanzler gestern ganz klar gesagt, deshalb: Ja zu dem Volksbegehren! Wir sind für eine Stärkung der Persönlichkeitsrechte. Wofür wir nicht zu haben sind, ist dieser unterirdische Ton, der nur mehr abgründig ist. Da unterscheiden wir uns ganz klar. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Grünen.)

Was wir und die Bevölkerung seit geraumer Zeit erleben, ist ganz klar: SPÖ, NEOS und FPÖ: Kurz muss weg! (Abg. Belakowitsch: Es geht um den Herrn Blümel! – Weitere Zwischenrufe bei der FPÖ.) Ich sage Ihnen eines, dieser Versuch von SPÖ und FPÖ 2019 ist kläglich gescheitert. Es wären alle gut beraten (Zwischenrufe bei der FPÖ), das nicht noch einmal zu versuchen. Dieser Versuch wird wieder scheitern, denn Kurz bleibt da, das sage ich und bin da sehr zuversichtlich. (Rufe bei SPÖ und FPÖ: Nicht mehr lang!) Dieser Bundeskanzler und diese Bundesregierung begleiten uns gut durch die Pandemie und sichern Österreich eine wirklich gute Zukunft. Vergessen Sie das nicht und vergessen Sie, noch einmal, bitte nicht, welches Bild wir draußen in der Öffent­lichkeit abgeben! Das ist im Moment letztklassig.


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Ich bin zutiefst davon überzeugt, wenn in diesem Haus wieder Anstand und Respekt einkehren, werden wir alle miteinander Österreich gut begleiten können. (Zwischenrufe bei der FPÖ.) Anstand und Respekt vermisse ich bei sehr vielen in diesem Haus. Mein Appell: Lassen wir sie wieder die Oberhand gewinnen! (Beifall bei der ÖVP.)

12.21


Präsidentin Doris Bures: Nun gelangt Herr Abgeordneter Kai Jan Krainer zu Wort. – Bitte, Herr Abgeordneter.


12.21.58

Abgeordneter Kai Jan Krainer (SPÖ): Die Rede von Kollegin Schwarz war natürlich nicht zum Thema; es geht hier gar nicht um Kurz, es geht um Blümel. Sie hatte mit einem aber vollkommen recht, nämlich dass der Ton, der im Untersuchungsausschuss, im Parlament eingezogen ist, wirklich letztklassig ist.

Diesen Ton haben zwei Personen zu verantworten: Die eine ist der Vorsitzende des Untersuchungsausschusses Sobotka und die andere der Fraktionsführer der ÖVP Hanger. (Beifall bei SPÖ und FPÖ. – Zwischenruf des Abg. Haubner.) Davon kann sich jeder überzeugen, indem er sich einmal selber reinsetzt und sich den Ton dort anhört; es kann auch jeder die Protokolle nachlesen. Wenn die ÖVP nicht die ganze Zeit mauern würde, dann könnte man das auch live im Fernsehen betrachten, wobei Kollege Hanger auch immer wieder im Fernsehen zu sehen ist, wo man das live beobachten kann – halt nicht im Rahmen des Untersuchungsausschusses, sondern im Rahmen von Diskussio­nen oder Nachrichtensendungen. Kollegin Schwarz hat vollkommen recht, dieser Ton ist wirklich letztklassig. (Beifall bei der SPÖ. – Zwischenruf des Abg. Taschner.)

Worum geht es eigentlich bei dieser Debatte? – Es geht darum, dass die ÖVP mithilfe der Grünen die Debatte über eine Ministeranklage gegen Minister Blümel am liebsten wahrscheinlich nach Mitternacht verschoben hätte. Das geht halt nicht so leicht, des­wegen haben Sie diese EU-Debatte erfunden – erfunden! –, die im Anschluss stattfin­den wird. Sie war gar nicht vorgesehen. (Abg. Gabriela Schwarz: ... bei der Sonderprä­sidiale ...!) – Sie kam erst bei der Sonderpräsidiale, aber am Freitag war sie noch gar nicht im Gespräch. Sie haben sie über das Wochenende erfunden, weil Ihnen klar war, dass es unhaltbar ist, erst quasi nach allen Verfassungspunkten die Ministeranklage gegen Herrn Blümel zu diskutieren. Sie haben die EU-Debatte über das Wochenende erfunden. Sie könnten es genauso gut morgen bereits um 10 Uhr machen, das wäre eine noch bessere Zeit als heute. Es geht Ihnen nur darum, die Debatte über Herrn Blümel zu verschieben und zu verstecken, weil Sie sich offenbar für sein Verhalten genieren – und das tun Sie zu Recht. (Beifall bei der SPÖ. – Zwischenruf der Abg. Gabriela Schwarz.)

Wir können uns das Verhalten des Herrn Blümel ansehen. Er hat am 22. Jänner letzten Jahres, 2020, das erste Mal eine Aufforderung bekommen, Akten zu liefern – Akten und Unterlagen, die dem Untersuchungsausschuss aufgrund des Gesetzes zustehen. Er hat es ignoriert.

Er hat am 3. März die nächste Aufforderung bekommen, dann am 30. September und am 11. November letzten Jahres weitere Aufforderungen. Heuer am 13. Jänner haben wir zum ersten Mal eine sogenannte Rüge ausgesprochen, in der wir ganz detailliert gesagt haben, welche Akten und Unterlagen fehlen. Er hat auch das wieder ignoriert. Dann kam am 3. März das Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes, das Minister Blümel verpflichtet, diese Akten und Unterlagen zu liefern. Was hat er gemacht? – Er hat es ignoriert. Er hat sie ausdrucken und im Keller verstecken lassen, weil er gewusst hat, dass am Ende des Tages der Exekutor kommt und sie sich holt. Dazu hat man sie halt schon ausgedruckt und im Keller vorbereitet. Bereits im März sind diese Unterlagen fertig gewesen.


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Wir sind dann wieder zum Verfassungsgerichtshof gegangen und haben gesagt: Bitte lieber Verfassungsgerichtshof, Minister Blümel ignoriert euer Erkenntnis, er ignoriert euch, stellt doch den Antrag an den Bundespräsidenten auf Exekution! – Am 5. Mai hat er das dann getan, und Minister Blümel hat mehr oder weniger– rechtswidrig in Stufe 3 klassifiziert – die Akten und Unterlagen, die in der Zwischenzeit schon recht viel Staub angesetzt hatten, einfach dem Parlament vor die Tür geknallt. Wir sind dann wieder zum Bundespräsidenten gegangen und haben darauf hingewiesen, dass er das nicht ordnungsgemäß macht. Jetzt hat er dann begonnen, diese Akten und Unterlagen auch elektronisch und nicht nur auf Papier zu liefern, aber diese Lieferung ist bis heute unvollständig, bis heute hat der Minister unvollständig geliefert.

Ich meine, es gab einmal eine Partei, die gesagt hat, sie stehe für Anstand, Transparenz und Kontrolle. Das war die grüne Partei. In der Zwischenzeit muss man feststellen, das, was Sie in diesem Fall hier machen, ist zudecken, verdunkeln und einem inakzeptablen Verhalten eines Bundesministers die Mauer machen – einem Bundesminister, der keinen Respekt vor dem Parlament und der Demokratie hat, der keinen Respekt vor der Ver­fassung und vor dem Rechtsstaat hat und der auch keinen Respekt vor dem Bundes­präsidenten und der Bevölkerung hat. Sie (in Richtung Grüne) machen dem die Mauer, und es ist unanständig, dass Sie das machen. Sie sollten diesem Misstrauensantrag und auch dieser Änderung der Tagesordnung zustimmen, damit wir das jetzt hier debattieren und den Minister dem Verfassungsgerichtshof überantworten können, der entscheidet, ob der Minister Recht gebrochen hat oder nicht, wie es in der Verfassung vorgesehen ist. – Vielen Dank. (Beifall bei der SPÖ sowie des Abg. Brandstätter.)

12.27


Präsidentin Doris Bures: Als Nächste ist Frau Klubvorsitzende Sigrid Maurer zu Wort gemeldet. – Bitte.


12.27.21

Abgeordnete Sigrid Maurer, BA (Grüne): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Werte Kolle­ginnen und Kollegen! Liebe ZuseherInnen! Für die ZuseherInnen: Worum geht es hier in dieser Debatte? – Wir befinden uns in einer sogenannten Einwendungsdebatte. Was heißt das? – Wir haben im Parlament grundsätzlich die Usance, die Vorgabe durch die Geschäftsordnung des Nationalrates, dass wir uns in der Präsidiale – die Präsidiale besteht aus allen FraktionschefInnen und den drei NationalratspräsidentInnen – auf eine gemeinsame Tagesordnung einigen. Das gelingt in den allermeisten Fällen – zum Glück – tatsächlich, sodass wir uns einig sind – alle fünf Fraktionen mit den Nationalratspräsi­dentInnen – und eine Tagesordnung zustande bringen, die so ausschaut, wie sie alle akzeptieren können.

Jetzt ist es so, dass wir am heutigen Tag zwei Aktuelle Stunden und eine EU-Erklärung von zwei Ministerinnen haben. Eine EU-Erklärung sollte eigentlich zweimal pro Jahr stattfinden; in dieser GP hat bis jetzt noch keine einzige solche EU-Erklärung stattge­funden – coronabedingt, zeitbedingt et cetera. Es geht um nichts Geringeres als die Zukunft Europas, um die Europakonferenz, und ich muss schon sagen, dass mich die Abneigung der Sozialdemokratie gegenüber diesem wichtigen Thema dann doch etwas überrascht, denn eigentlich sollte Ihnen das ja doch ein zentrales Anliegen sein. (Beifall bei Grünen und ÖVP.)

Die Geschäftsordnung im Parlament sieht vor: Zuerst kommen immer die Aktuellen Stunden; die haben wir bereits abgehandelt. Für alle Erklärungen ist es die parlamen­tarische Usance, die wir hier haben, Kollege Leichtfried und auch Kollege Krainer, dass sie am Beginn der Tagesordnung stehen – und so auch diese EU-Erklärungen. (Zwi­schenrufe bei der ÖVP.)


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Sie pochen völlig zu Recht immer darauf, dass wir die Usancen dieses Hauses einhalten und nicht brechen. (Zwischenruf des Abg. Haubner.) Was Sie aber machen, ist, jetzt wieder Rosinen zu picken. Die Usance soll nicht gelten, wenn Sie einen Tagesordnungs­punkt früher diskutieren wollen. Worum geht es dabei eigentlich? – Es geht um 1,5 Stun­den. Ich weiß nicht, wo Ihre WählerInnen um halb zwei Uhr oder um 2 Uhr sind; vielleicht machen sie einen Mittagsschlaf. Ich weiß es nicht, wo Ihre große Sorge ist. Es gibt das Internet, es wird auf ORF III übertragen, die Debatte, die Sie haben wollen, ist mitten am Tag. Wir haben aber die Usance, dass zuerst die Erklärung kommt (Ruf bei der SPÖ: Wo bitte?!), die werden wir jetzt diskutieren (Abg. Haubner: Zuhören!), dann werden wir die Tagesordnung abarbeiten, und da werden die MinisterInnenanklagen diskutiert werden – ganz normal. (Beifall bei Grünen und ÖVP.)

Was Sie hier jetzt abziehen, ist eine Show wegen 1,5 Stunden, und Sie selber sorgen jetzt für eine weitere Verzögerung. Sie sorgen dafür, dass diese Debatte potenziell um 1,5 Stunden später geführt wird. Dass die Debatte zu einem späteren Zeitpunkt stattfinden wird, dafür sind Sie selbst verantwortlich, liebe Sozialdemokratie. (Beifall bei Grünen und ÖVP. – Zwischenruf bei der SPÖ.) Ich halte dieses Verhalten für kindisch und ein bisschen beschämend.

Die Oppositionsparteien pochen absolut zu Recht immer darauf, dass die Usancen des Hauses eingehalten werden und dass wir Entscheidungen gemeinsam treffen. Der Prä­sident und auch die Präsidentin bemühen sich darum, dass wir eine gemeinsame Tagesordnung, eine gemeinsame Vorgangsweise für das Abhalten unserer Debatten hier im Haus schaffen (Abg. Leichtfried: Darum bemühen sich alle Parteien!), daran sollten sich alle Parteien gleichermaßen beteiligen. (Weiterer Zwischenruf bei der SPÖ.)

Sie waren mit dieser Tagesordnung nicht einverstanden, okay, die Einwendungsdebatte ist Ihr gutes Recht, aber den Anlass und die Auslegung der Usancen, wenn sie Ihnen halt gerade nicht passen, halte ich einer an sich eigentlich staatstragenden Sozial­demokratie für nicht würdig. Wir werden diesem Einwendungsantrag natürlich auch nicht zustimmen. – Vielen Dank. (Beifall bei Grünen und ÖVP.)

12.31


Präsidentin Doris Bures: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Susanne Fürst. – Bitte.


12.31.43

Abgeordnete Dr. Susanne Fürst (FPÖ): Frau Vorsitzende! Sehr geehrte Damen und Herren! Noch einmal ganz kurz eine Zusammenfassung für die Zuseher: An Plenartagen sind die wichtigsten Tagesordnungspunkte immer bis 13 Uhr abzuhandeln, denn bis zu diesem Zeitpunkt geht die Sendezeit und die Übertragung durch ORF 2. Danach geht es weiter in ORF III, das ist richtig, doch jedermann – zumindest hier im Plenum – weiß, dass die Zuseherzahlen ab 13 Uhr drastisch absinken. Die wichtigsten Tagesord­nungs­punkte werden daher immer vor 13 Uhr abgehandelt, daher auch das Ansinnen der Regierungsparteien, die Ministeranklagen nach 13 Uhr zu platzieren.

Frau Abgeordnete Schwarz hat hier sehr leidenschaftlich von Anstand, Respekt und vom guten Ton in diesem Haus gesprochen. Dieses Anliegen teile ich eigentlich völlig mit ihr. Sie hat sich auch über die mangelnde Wertschätzung beklagt, die ihr entgegengebracht wird. – In diesem Zusammenhang wollte ich Sie fragen: Haben Sie schon einmal die Chats Ihrer Parteikollegen gelesen? Also da wimmelt es nicht gerade so von Anstand und Respekt (Beifall bei der FPÖ), nämlich auch nicht von Anstand und Respekt gegen­über Frauen. Vielleicht werden Ihnen die ja vorenthalten, aber Sie sollten da einmal ein bisschen nachlesen.

Sehr geehrte ÖVP! Welchen Frust, welche Hilflosigkeit gibt es bei Ihnen, dass Sie jetzt zu diesem leicht zu durchschauenden Manöver greifen müssen? Das ist schon peinlich.


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Und mit Verlaub, Herr Kollege Hanger, Abgeordneter Hanger, Fraktionsführer im U-Ausschuss, Ihre Ankündigung, sofort zum Antikorruptionsvolksbegehren zu schusseln und zu unterschreiben, entwertet dieses Volksbegehren ja schon, bevor es überhaupt losgegangen ist; das sind derart durchsichtige Manöver. (Zwischenruf des Abg. Haubner.) Nervosität macht sich breit; ich kann mir das gut vorstellen: Es fließt so viel Geld an die Medien, es gibt die Medienförderung und trotzdem: Der Kochtopf, in dem es brodelt, lässt sich nicht mehr schließen. Sie sind in der Koalition mit den Grünen gefangen, Sie müssen sich öffentlich maßregeln und bemoralisieren lassen; dagegen können Sie sich offensichtlich nicht helfen und lassen Ihren Frust dann an anderen aus, zum Teil auch an uns, aber wir halten das schon aus.

Jedenfalls halte ich die Versuche von Klubobmann Wöginger, Finanzminister Blümel, der nachher hier erscheinen wird, die beste Sendezeit wegzunehmen, für wirklich sehr unkollegial und befremdlich. Nur weil Klubobmann Wöginger nicht zum engsten Kreis der Familie gehört, braucht er ja nicht so kleinlich zu sein, Kollegen Blümel gleich ins TV-Nirwana zu schicken. Er hat uns nämlich letztes Mal erklärt, er komme gerne ins Par­lament, er stelle sich gerne den Diskussionen hier und scheue die Diskussionen nicht. Er stellt da eh seinen Mann, also lassen Sie ihn das bitte auch tun. Dass er da manchmal ein bisschen vergesslich ist, disqualifiziert ihn doch nicht gleich für das Amt; Sie brauchen ihn deshalb nicht gleich zu verstecken. Das entschuldigt ihn eigentlich eher, denn da vergisst man dann natürlich schon auch einmal, einem Erkenntnis des VfGH nachzu­kommen oder Akten rechtzeitig zu liefern.

Über all das wollen wir hier reden. Er verdient es auch, hier den Zuschauern und den Wählerinnen und Wählern erklären zu können, wie er sich dieser Ministeranklage entgegenstellen und sich rechtfertigen wird, und das zur besten Sendezeit. Bitte, daran hat auch die breite Öffentlichkeit ein Interesse. Die möchte sich das anhören, die möchte es sich erklären können, und außerdem ist es auch ein bisschen unterhaltsam. Vielleicht erklärt er uns ja auch das eine oder andere Emoji und was es wirklich bedeutet hat. Was war in den Botschaften zwischen ihm und seinem besten Kumpel Thomas Schmid versteckt? Wir wollen das alles wissen.

Außerdem hat er auch erklärt, dass Obmanndebatten in der ÖVP etwas ganz Normales sind. (Zwischenruf bei der ÖVP.) Na bitte, das wollen wir hören! Wen interessiert das? Dass Sie da jetzt wirklich eine Debatte zur Zukunft der EU abhalten wollen, die wir ja eigentlich schon am Vormittag gehabt haben, und dazu hier zwei Ministerinnen plaudern lassen wollen, ist schon eher deprimierend, die Zukunft der EU schaut nicht so gut aus. Wir möchten uns lieber die Ministeranklage anhören und dem Finanzminister dafür wirklich die beste Sendezeit zur Verfügung stellen. (Beifall bei der FPÖ.)

12.35


Präsidentin Doris Bures: Als Nächster gelangt Herr Abgeordneter Nikolaus Scherak zu Wort. – Bitte.


12.36.02

Abgeordneter Dr. Nikolaus Scherak, MA (NEOS): Frau Präsidentin! Ich bin ja ein sehr leidenschaftlicher und überzeugter Parlamentarier und freue mich über jede Einwendungsdebatte und über Geschäftsordnungsdebatten. Heute verstehe ich es nur nicht ganz, muss ich ehrlich dazusagen. Wir diskutieren hier jetzt 1 Stunde lang darüber, ob wir in 1,5 Stunden oder eine halbe Stunde früher über die Ministeranklage diskutieren. Ich persönlich kenne das Fernsehverhalten aller Österreicherinnen und Österreicher nicht. Ich glaube, es gibt auch Menschen, die nach 13 Uhr fernschauen, die auch ORF III schauen; junge Menschen schauen sich das überhaupt gleich in der TVthek oder der­gleichen an.


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Ja, ich verstehe auch, dass man gegen die Tagesordnung eine Einwendung einbringt, wenn die Regierungsparteien das auf 23.30 Uhr verschoben hätten. Das würde ich verstehen, aber das ist es ja nicht, und mit jeder Minute, die wir hier diskutieren, rückt die Debatte über die Ministeranklagen faktisch auch 1 Minute weiter nach hinten. (Beifall bei NEOS, ÖVP und Grünen.)

Es hat Diskussionen in der Präsidiale gegeben, wie das ist; es gibt diese EU-Erklärung zur Zukunftskonferenz, die ich für extrem wichtig halte. Es ist nicht nur in der Geschäfts­ordnung vorgesehen, dass es EU-Erklärungen gibt, sondern es geht ganz besonders um diese Erklärung zur Zukunftskonferenz; wir haben schon länger diskutiert, dass eine solche kommen soll, und das geht de facto nur am heutigen Tag. Im Juli geht es nicht, weil die Europaabgeordneten nicht dabei sein können. Heute waren sie schon da, und es macht daher Sinn, dass wir das an die jetzige Debatte anschließen. Als Kompromiss ist die Ministeranklage von Tagesordnungspunkt 5 auf Tagesordnungspunkt 2 vorge­reiht worden; das ist ein Kompromiss, mit dem man nicht zufrieden sein muss, das ist okay, aber wie gesagt: Jede Minute, die wir jetzt darüber diskutieren, diskutieren wir das andere dann um dieselbe Zeitspanne später. In dem Sinn erspare ich Ihnen weitere Ausführungen und hoffe, dass wir dann ordentlich zur Ministeranklage diskutieren, und das möglichst bald. (Beifall bei NEOS, ÖVP und Grünen.)

12.37

12.37.49*****


Präsidentin Doris Bures: Bevor ich Frau Abgeordneter Kuntzl das Wort erteile, möchte ich noch mitteilen, dass ich mir von der vorangegangenen Debatte das Stenographische Protokoll der Ausführungen des Herrn Abgeordneten Reimon habe übermitteln lassen. Aus diesem ist ersichtlich, dass Sie an eine im Haus vertretene Fraktion den Vorwurf gerichtet haben: „Ihr seid nach wie vor die Mafia- -, [...]“ – Dafür erteile ich Ihnen nach­träglich einen Ordnungsruf. (Beifall bei der FPÖ.)

*****

Nun gelangt Frau Abgeordnete Kuntzl zu Wort. – Bitte, Frau Abgeordnete.


12.38.24

Abgeordnete Mag. Andrea Kuntzl (SPÖ): Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Natürlich geht es darum, dass die Tagesordnung so gestaltet werden soll, dass über das, was der ÖVP unangenehm ist, nicht vorrangig geredet wird, sondern das ein bisschen nach hinten gereiht wird. Selbstverständlich geht es darum, denn worüber die ÖVP nicht reden will, das soll verräumt werden, wenn es schon nicht verhindert werden kann. Das ist das eigentliche Thema und, sehr geehrter Kollege Scherak, deswegen wird das auch thematisiert, um diese Logik, diese Vorgangsweise der Regierungsparteien darzulegen. (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der FPÖ.)

Man versteht es ja auch ein bisschen, dass das unangenehm ist. Es dauert jetzt schon Wochen, immer wieder kommt Neues auf und wieder Neues, und es wird nicht ange­nehmer für die ÖVP, ganz im Gegenteil, es wird immer unangenehmer. Das Unange­nehme heute ist, dass wir hier im Haus über zwei – zwei! – Ministeranklagen gegen zwei ÖVP-Minister diskutieren werden, gegen den einen, weil er gegen die Verfassung verstoßen hat, und gegen die andere, die Wirtschaftsministerin, weil der Verdacht auf Untreue im Zusammenhang mit dem misslungenen Kaufhaus Österreich besteht. Man versteht, dass das unangenehm ist, das rechtfertigt aber nicht die Vorgangsweise, das verstecken zu wollen und in der Tagesordnung nach hinten zu räumen. (Zwischenruf des Abg. Haubner.)


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An die Kollegin der ÖVP, die gesagt hat, dass das Haus hier ein letztklassiges Bild liefert: Nicht das Haus liefert ein letztklassiges Bild, Frau Kollegin Schwarz – nicht das Haus! (Zwischenruf bei der ÖVP) –, die ÖVP bietet in den letzten Wochen ein letztklassiges Bild. (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der FPÖ.)

Ich weiß, es ist Ihnen unangenehm, es ist Ihnen mit Recht unangenehm – die Chats, die da zutage gekommen sind und die mit Recht auch schon zu ersten Rücktritten geführt haben. Diese Chats sind nämlich gar nicht privat, überhaupt nicht privat. (Zwischenrufe bei der ÖVP.) Auch wenn sie nicht für die Öffentlichkeit gedacht waren, sind sie nicht privat, denn es geht um den Umgang mit dem Rechtsstaat, es geht um den Umgang mit der Justiz, es geht um zutiefst politische Themen (Zwischenruf des Abg. Ofenauer), und es offenbart die Haltung dieser Amtsträger diesen rechtsstaatlichen Prinzipien gegen­über. Sie haben daher mit voller Berechtigung zu Rücktritten geführt.

Jetzt komme ich zu den Grünen: Die Grünen erfüllen in diesem relativ harmlosen Punkt – aber deswegen ist es ja umso verwunderlicher; es wird halt später diskutiert, wird ver­räumt – den Willen der ÖVP. Das ist nicht ein Punkt (Zwischenruf der Abg. Disoski), der euch wirklich gefährlich werden könnte; die Grünen erfüllen nun aber wieder brav die Rolle, die die ÖVP von ihnen erwartet.

Das habt ihr zwar heute nicht so argumentiert, aber das kommt immer wieder, nämlich der Punkt: Wir wollen einander nicht überstimmen! Wir können einander in einer Koali­tion nicht überstimmen! (Zwischenrufe der Abgeordneten Ribo und Schallmeiner.) – Das verstehe ich vom Prinzip her schon. Ich hätte nur eine kleine Denkanregung für die Freunde und Freundinnen von den Grünen, nämlich: Man könnte es auch einmal umgekehrt sehen (Zwischenruf des Abg. Schallmeiner), nämlich dass nicht ihr die ÖVP überstimmt, sondern dass ihr immer wieder, permanent von der ÖVP überstimmt werdet. Ihr könntet das auch einmal umdrehen und sagen: Wir wollen das durchsetzen, was wir gut finden, und nicht von euch überstimmt werden! (Zwischenruf der Abg. Maurer.– Das wäre einmal eine Haltung, die wir uns von den Grünen erwarten würden. (Beifall und Zwischenruf bei der SPÖ.)

Sehr geehrte Damen und Herren, es geht darum, dass wieder einmal für die ÖVP unangenehme Dinge auf der Tagesordnung sein werden, die wir weiter vorne diskutieren könnten; dafür würden wir um Zustimmung ersuchen. (Beifall bei der SPÖ.)

12.42


Präsidentin Doris Bures: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Christian Stocker. – Bitte.


12.43.01

Abgeordneter Dr. Christian Stocker (ÖVP): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Frau Bun­desministerin! Meine geschätzten Kolleginnen und Kollegen im Hohen Haus! Ver­ehrte Zuseherinnen und Zuseher zu Hause! Das, was wir hier gerade erleben, ist alles andere als eine Sternstunde des Parlamentarismus. (Abg. Belakowitsch: Ach so?!) Es werden jetzt die fragwürdigen Methoden des Untersuchungsausschusses in das Plenum verlegt. (Zwischenrufe bei der SPÖ.)

Ich bin wirklich überrascht, dass sich die SPÖ gemeinsam mit der FPÖ zu dieser Ein­wendungsdebatte einfindet und dann sagt, dass wir verhindern wollen, dass zu einer guten Zeit – zu einer Sendezeit mit möglichst vielen Zusehern – eine Debatte über eine Ministeranklage – über die wir schon noch reden werden – stattfindet, und damit gleich­zeitig verhindert, dass diese Debatte früher stattfindet. (Abg. Belakowitsch: Ihr ver­hindert das!)

Ich weiß schon, Sie haben sich hier in einer Art Gefährdungskoalition zusammengefun­den. Sie gefährden hier – ich sage das wirklich ganz deutlich – das Ansehen und das


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Vertrauen der Bevölkerung in dieses Parlament. (Beifall bei der ÖVP. – Zwischenrufe bei FPÖ und NEOS.)

Frau Kollegin Belakowitsch, ich weiß schon, mit der Gefährdung hat Ihre Partei große Erfahrung. Ihr designierter Parteiobmann hat als Innenminister die Sicherheit gefährdet, Stichwort BVT. (Zwischenruf der Abg. Belakowitsch. – Weitere Zwischenrufe bei der FPÖ.) Im Zusammenhang mit den Coronamaßnahmen gefährden sie gemeinsam die Gesundheit von uns allen und der Bevölkerung (Zwischenrufe der Abgeordneten Brückl und Belakowitsch), und Sie gefährden nun gemeinsam mit der SPÖ das Vertrauen in dieses Parlament. (Beifall bei der ÖVP. – Neuerlicher Zwischenruf der Abg. Belakowitsch.)

Worum geht es eigentlich? – Das ist doch eine Scheindebatte der Sonderklasse. Es wird wieder die Geschäftsordnung dazu benutzt, um eine Scheindebatte zu führen. Es geht überhaupt nicht um den Inhalt (Abg. Belakowitsch: Eine Scheinanklage heißt ...!)  diesen werden wir in der Debatte zu dieser Ministeranklage schon diskutieren –, es geht um Show, es geht um Bühne, es geht um Kulisse (Zwischenruf des Abg. Amesbauer), das ist Ihr Anliegen und sonst gar nichts. (Beifall bei der ÖVP. – Zwischenruf der Abg. Belakowitsch.)

Ich sage Ihnen jetzt noch etwas: Bei dieser Debatte geht es ja eigentlich nur darum, ob Tagesordnungspunkt 2 der erste sein soll. Wenn Sie sich aber schon mit dem Herrn Finanzminister beschäftigen, dann darf ich Ihnen eines sagen: Recht wird von ihm nicht gebrochen, sondern respektiert (Beifall bei der ÖVP – Ah-Rufe bei der SPÖ); ja, wird respektiert. Ich sage Ihnen auch – das sage ich Ihnen als Jurist –: Diese Aktenlie­ferungen haben ein neues Rechtsumfeld betroffen. So etwas hat es in dieser Dimension und in dieser Allgemeinheit noch nicht gegeben. (Abg. Belakowitsch: Das stimmt ja nicht! ...! – Zwischenruf des Abg. Amesbauer.) Wer sich die Finanzprokuratur als Ratgeber sucht (weitere Zwischenrufe bei der FPÖ), ist bereit, das, was der Verfas­sungs­gerichtshof erkennt, zu erfüllen. (Zwischenruf der Abg. Belakowitsch.) Dass da ein Rechtsbruch vorliegt, weise ich zurück. (Beifall bei der ÖVP. – Zwischenrufe bei SPÖ und FPÖ.)

Dass Sie mit dem Herrn Finanzminister über eine Ministeranklage reden wollen, spricht für sich; das entbehrt jeder Grundlage. (Abg. Belakowitsch: Glauben Sie!) Wir können aber gerne darüber reden, wie diese Republik durch die Coronakrise gekommen ist. (Zwischenruf bei der FPÖ.) Das, was Sie herbeigeredet haben und was Sie sich offensichtlich teilweise wünschen, meine geschätzten Damen und Herren von der Opposition, nämlich dass die Einkommen gesunken wären, ist nicht der Fall. (Zwischen­ruf des Abg. Krainer.) Durchschnittlich 1 Prozent: Das ist minimal für diese Krise. (Zwi­schenruf bei der FPÖ.)

Die Pleitewelle, von der immer die Rede ist, ist gar nicht in Sicht, im Gegenteil. (Abg. Belakowitsch: Herr Kollege, das ist eine Einwendungsdebatte! – Zwischenruf des Abg. Deimek.) Es ist so, dass dieser Wirtschaftsstandort prosperiert, dass das Vertrauen in die Wirtschaft groß ist, dass die Unternehmer investieren. (Abg. Belakowitsch: Aber Sie kennen die Geschäftsordnung schon?! – Zwischenruf des Abg. Deimek.) Wir sind aufgrund der Hilfen durch das Finanzministerium, die wir hier beschlossen haben, besser durch die Krise gekommen (Zwischenruf der Abg. Belakowitsch) als die meisten anderen Länder in Europa und auf der Welt. Das ist ein Verdienst des Finanzministers, und darüber reden wir gerne mit Ihnen. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Grünen.)

Ich sage Ihnen noch etwas: Ich als Parlamentarier halte Oppositionspolitik für richtig und wichtig. (Abg. Belakowitsch: Wirklich?! – Weitere Zwischenrufe bei der FPÖ. – Heiter­keit und Zwischenrufe bei der SPÖ.) Ein hoher Vertreter der SPÖ hat gesagt: Opposition


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ist Mist! – Ich bin nicht dieser Meinung; auch wenn Sie sich Mühe geben, dass er recht hat.

Ich sage Ihnen: Wir achten dieses Parlament, wir respektieren das Parlament (Abg. Loacker: Ach geh! – Abg. Belakowitsch: Seit wann? – Zwischenrufe bei der SPÖ), und wir werden die Ministeranklage, die unberechtigt ist (Zwischenrufe bei FPÖ und NEOS), an dem Tagesordnungspunkt diskutieren, an dem es vorgesehen ist, und nicht, wann Sie es sich wünschen. (Beifall bei der ÖVP.)

12.47

12.47.47*****


Präsidentin Doris Bures: Ich habe bei der Rede von Frau Abgeordneter Belakowitsch darauf hingewiesen, dass ich mich über den Zwischenruf von Herrn Klubobmann Wöginger informieren lasse, und das liegt mir nun vor.

Herr Klubobmann Wöginger, Sie haben gesagt: „Da wird gelogen, dass sich die Balken biegen!“, und dafür erteile ich Ihnen natürlich einen Ordnungsruf. (Zwischenruf bei der ÖVP: Stimmt ja!)

*****

Nun gelangt Herr Abgeordneter Christian Hafenecker zu Wort. – Bitte. (Zwischenrufe bei der ÖVP.)


12.48.15

Abgeordneter Christian Hafenecker, MA (FPÖ): Herr Kollege Stocker, es ist wirklich bemerkenswert, was Sie immer wieder für Analogien ziehen und in welcher Parallelwelt Sie eigentlich unterwegs sind. Sie haben vorhin gerade gesagt: Gernot Blümel ist der Minister, der das Recht respektiert. – Entschuldigen Sie, haben Sie vergessen, dass wir erst vor Kurzem genau an dieser Stelle darüber gesprochen haben, dass der Herr Bun­despräsident einen Exekutionsauftrag gegen ihn hatte?! Er hat das Recht mit Füßen getreten und hat es ignoriert. (Zwischenruf des Abg. Deimek.) Das ist das Thema, mit dem wir uns hier ständig auseinandersetzen müssen. Als Sie jetzt Ihre Sonntagsrede gehalten haben, habe ich mir gedacht, nicht schlecht, also es geht immer noch eine Stufe drüber.

Weil Sie vorhin gesagt haben, Klubobmann Kickl wäre ein Staatsgefährder gewesen, Herr Kollege Stocker: Das lasse ich so überhaupt nicht stehen. (Abg. Haubner: Na ja!) Was wir aber machen können – Sie sind ja selber im Untersuchungsausschuss –, ist, dass wir schon über Akten reden können, die uns angeliefert worden sind, auch wenn es sich um Klassifizierungsstufe 3 handelt, bei denen es tatsächlich darum geht, dass Staatsgeheimnisse verraten werden, und das Ganze im ÖVP-Universum. (Abg. Gabriela Schwarz: Wo sind die Strache-Chats?) – Frau Kollegin Schwarz, ich verstehe schon, dass Sie da jetzt sehr, sehr nervös sind. (Abg. Gabriela Schwarz: Wo sind die Strache-Chats?) – Die Strache-Chats sind einfach deswegen noch nicht da (Zwischenruf bei der ÖVP) – mich würden sie auch interessieren –, weil die ÖVP schlicht und ergreifend mit ihrer Korruptionsanfälligkeit die Justiz derzeit überlastet; das ist der Punkt (Heiterkeit bei der FPÖ), ansonsten hätten wir die Strache-Chats schon längst gelesen. (Beifall bei der FPÖ.)

Zu dieser Einwendungsdebatte kommend: Natürlich haben Sie wiederum alles dafür getan – die Rechtsbeugung im Hohen Haus funktioniert ja ständig nach der Regie der ÖVP –, natürlich haben Sie geschaut, dass Sie mit Gernot Blümel aus der Hauptfern­sehübertragungszeit draußen sind, damit er da eben nicht live im ORF ausgestrahlt wird


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(Zwischenruf der Abg. Gabriela Schwarz), dass es zeitversetzt ist und vielleicht in der Nacht ausgestrahlt wird – was auch immer. Das ist Ihr Ziel, Frau Kollegin Schwarz (Zwi­schenruf des Abg. Haubner), und da müssen Sie halt auch dazu stehen.

Sagen Sie gleich: Wir wollen nicht darüber reden, wir wollen den Ständestaat 2.0! Das haben wir mittlerweile bei Ihnen schon mehrfach gesehen. Sie beugen das Recht, wo es geht. Sie nehmen sich noch Kollegin Maurer dazu; die tut mir eigentlich leid. Jetzt hat sie ihren Parteitag zumindest hinter sich, und da hat man sich ja gegenseitig auf die Schulter geklopft und gesagt: Ja, wir sind in Wahrheit die Opposition in der Regierung und wir geben der ÖVP Gas! (Abg. Haubner: Das versteht jetzt keiner, was du sagst!) Fakt ist aber, dass sich Frau Kollegin Maurer schon wieder hergestellt hat und Ihnen da sozusagen die Rutsche für Ihre Rechtsbeugung gelegt hat, die Sie da halt ständig betreiben.

Eines noch: Wenn die Tagesordnung so ist, wie sie ist, dann muss man dazu sagen, dass darunter ein Name steht, und zwar Herr Präsident Sobotka – und es zeigt sich auch im Untersuchungsausschuss immer wieder, wie er diesen führt, wie parteiisch er diesen führt und wie nichtäquidistant er da vorgeht; das ergibt am Endes des Tages einfach nur eine Abrundung.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Das sind genau die Merkmale, die wir immer wieder herausgearbeitet haben, wo es um den tiefen Staat geht, den sich die ÖVP da jetzt gerade zurechtgezimmert hat und den sie auch bedienen möchte, wo es auch um die Frau Ministerin geht, die dann halt immer gleich die eigene Behörde – in der sie zwar noch keinen Tag gearbeitet hat, aber der Mascherlposten ist auf jeden Fall da – kritisiert. – Also auch das sind Dinge, die einfach einen tiefen Einblick in die ÖVP geben und wie diese insgesamt funktioniert.

Eines noch wegen vorhin, weil die Frau Präsidentin einen Ordnungsruf wegen dieser Geschichte mit der Mafia erteilt hat: Stimmt, der Ordnungsruf gegen Kollegen Reimon ist komplett gerechtfertigt gewesen, und auch die Mafia hat ja schon gesagt, sie lässt sich nicht ständig ÖVP-Methoden vorwerfen; also auch die ist beleidigt. (Heiterkeit bei Abgeordneten der FPÖ.) Das heißt, ich verstehe das und habe auch totales Verständnis für diesen Ordnungsruf.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich glaube, es ist einfach richtig und wichtig gewesen, dass wir die Einwendungsdebatte machen, damit wir einfach sichtbar machen, was die ÖVP schon wieder treibt, was die ÖVP schon wieder alles verräumen möchte und wie die ÖVP ist.

Zum Abschluss: Uns sind ja angesichts Ihrer Klassifizierungsstufen immer ein bisschen die Hände gebunden. Man macht ja immer den Bock zum Gärtner, der Minister, der die Akten liefert, sagt auch immer gleich, welche Stufe das ist. Ich sage aber jetzt trotzdem, auch auf die Gefahr hin, dass mich Herr Wöginger jetzt höchstpersönlich verhaftet und einsperrt (Abg. Wöginger schüttelt den Kopf), was sich Minister Blümel letzte Woche geleistet hat: Er hat uns einen Akt mit der Klassifizierungsstufe 4 geschickt – Stufe 4!, da geht es um die Gefährdung von Menschleben und so weiter und so fort, das ist so vorgesehen –, und dann stellt sich heraus, dass das das I-Phone-Telefonbuch von Herrn Minister Blümel gewesen ist; Sie führen uns da an der Nase herum mit einer Stufe 4: So sind Sie, und genau das ist es, was wir hintertreiben werden! (Beifall bei der FPÖ. Abg. Deimek: ... Staatsarchiv!)

12.52

12.52.21


Präsidentin Doris Bures: Zu Wort ist dazu nun niemand mehr gemeldet. Die Debatte ist geschlossen.


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll111. Sitzung, 16. und 17. Juni 2021 / Seite 101

Ich frage die Fraktionen, ob wir gleich mit der Abstimmung fortfahren können. – Gut, dann gehe ich auch so vor.

Ich ersuche jene Abgeordneten, die den Einwendungen Rechnung tragen wollen, die Vorreihung des Tagesordnungspunktes 2 als Tagesordnungspunkt 1 zu unterstützen, um ein Zeichen der Zustimmung. – Das ist die Minderheit, und somit bleibt es bei der schriftlich mitgeteilten Tagesordnung.

12.52.57Einlauf und Zuweisungen


Präsidentin Doris Bures: Hinsichtlich der eingelangten Verhandlungsgegenstände und deren Zuweisungen verweise ich gemäß § 23 Abs. 4 der Geschäftsordnung auf die im Sitzungssaal verteilte Mitteilung.

Die schriftliche Mitteilung hat folgenden Wortlaut:

A. Eingelangte Verhandlungsgegenstände:

1. Schriftliche Anfragen: 6776/J bis 6932/J

Schriftliche Anfragen an den Präsidenten des Nationalrates:

35/JPR

2. Anfragebeantwortungen: 6064/AB bis 6261/AB

Ergänzung zur Anfragebeantwortung: Zu 2494/AB

3. Regierungsvorlage:

Bundesgesetz, mit dem ein Bundesgesetz über österreichische Beiträge an internatio­nale Finanzinstitutionen (IFI-Beitragsgesetz 2021) erlassen und das Bundesschatz­schein­gesetz geändert wird (891 d.B.)

B. Zuweisungen:

1. Zuweisungen seit der letzten Sitzung gemäß §§ 31d Abs. 5a, 32a Abs. 4, 74d Abs. 2, 74f Abs. 3, 80 Abs. 1, 100 Abs. 4, 100b Abs. 1 und 100c Abs. 1:

Budgetausschuss:

Bericht zur Wirkungsorientierung 2020 gemäß § 68 Abs. 5 BHG 2013 iVm § 6 Wirkungs­controllingverordnung, vorgelegt vom Bundesminister für Kunst, Kultur, öffentlichen Dienst und Sport (Vorlage 64 BA)

Bericht des Bundesministers für Finanzen gemäß § 67 Abs. 4 BHG 2013 über die Ergeb­nisse des Beteiligungs- und Finanzcontrolling zum Stichtag 31. März 2021 (Vorlage 65 BA)

Bericht des Bundesministers für Finanzen über die Entwicklung des Bundeshaushaltes von Jänner bis April 2021 sowie COVID-19 Berichterstattung, gemäß § 3 Abs. 4 COVID-19 Fondsgesetz, § 3b Abs. 4 ABBAG-Gesetz und § 1 Abs. 5 Härtefallfondsgesetz (Vorlage 66 BA)

Ausschuss für Petitionen und Bürgerinitiativen:

Petition Nr. 61 betreffend "VOLLER SCHUTZ vor Hass & Diskriminierung", überreicht vom Abgeordneten Mario Lindner

Petition Nr. 62 betreffend "Selbstbestimmung und Anerkennung von transidenten, nicht-binären und intergeschlechtlichen Menschen", überreicht von den Abgeordneten Mario Lindner und Mag. Yannick Shetty


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Petition Nr. 63 betreffend "INKLUSIVE BILDUNG JETZT", überreicht von den Abgeordneten Petra Vorderwinkler, Fiona Fiedler, BEd, Mag. Martina Künsberg Sarre und Mag. Verena Nussbaum

Bürgerinitiative Nr. 34 betreffend "Aktion 40.000 – Arbeitsplätze, Chancen, Zuversicht"

Bürgerinitiative Nr. 35 betreffend "Abschaffung des Dieselprivilegs. Jetzt!"

2. Zuweisungen in dieser Sitzung:

a) zur Vorberatung:

Rechnungshofausschuss:

Bericht des Rechnungshofes betreffend Frühe sprachliche Förderung in Kindergärten – Reihe BUND 2021/20 (III-322 d.B.)

Bericht des Rechnungshofes betreffend Schutzwaldbewirtschaftung bei der Österreichi­schen Bundesforste AG; Follow-up-Überprüfung – Reihe BUND 2021/21 (III-324 d.B.)

Bericht des Rechnungshofes betreffend Bundespensionskasse AG – Veranlagungs­strategien und Asset Management; Follow-up-Überprüfung – Reihe BUND 2021/22 (III-325 d.B.)

Bericht des Rechnungshofes betreffend Prävention und Bekämpfung von Cyberkrimi­nalität – Reihe BUND 2021/23 (III-335 d.B.)

Bericht des Rechnungshofes betreffend Burgtheater GmbH – Reihe BUND 2021/24 (III­336 d.B.)

Verkehrsausschuss:

Vereinbarung gemäß Art. 15a B-VG zwischen dem Bund und dem Land Oberösterreich über die Finanzierung der Planung der Stadtregionalbahnprojekte Linz (932 d.B.)

b) zur Enderledigung im Sinne des § 28b GOG (vorbehaltlich der endgültigen Entscheidung des Ausschusses):

Ausschuss für Arbeit und Soziales:

Bericht gemäß § 13 Abs. 1a des Bundesgesetzes über die Finanzierung der Arbeits­marktpolitik (Arbeitsmarktpolitik-Finanzierungsgesetz – AMPFG) für das Jahr 2020 sowie Jänner bis April 2021, vorgelegt vom Bundesminister für Arbeit (III-328 d.B.)

Bericht nach § 3 Abs. 5 des Bundesgesetzes über die Errichtung des COVID-19-Krisen­bewältigungsfonds für März 2020 bis Mai 2021, vorgelegt vom Bundesminister für Arbeit (III-343 d.B.)

Ausschuss für Forschung, Innovation und Digitalisierung:

Österreichischer Forschungs- und Technologiebericht 2021, vorgelegt vom Bundes­minister für Bildung, Wissenschaft und Forschung, der Bundesministerin für Klima­schutz, Umwelt, Energie, Mobilität, Innovation und Technologie und der Bundesminis­terin für Digitalisierung und Wirtschaftsstandort (III-329 d.B.)

Bericht nach § 3 Abs. 5 des Bundesgesetzes über die Errichtung des COVID-19-Krisen­bewältigungsfonds für April 2021 – Untergliederung 34 Innovation und Technologie (Forschung), vorgelegt von der Bundesministerin für Klimaschutz, Umwelt, Energie, Mobilität, Innovation und Technologie (III-337 d.B.)

Sechster Bericht des Biopatent Monitoring Komitees, vorgelegt von der Bundesminis­terin für Klimaschutz, Umwelt, Energie, Mobilität, Innovation und Technologie (III-345 d.B.)


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Gesundheitsausschuss:

Bericht nach § 3 Abs. 5 des Bundesgesetzes über die Errichtung des COVID-19-Krisen­bewältigungsfonds für Jänner bis April 2021, vorgelegt vom Bundesminister für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz (III-341 d.B.)

Kulturausschuss:

Bericht nach § 1 Abs. 4 des Bundesgesetzes über die Errichtung eines Fonds für eine Überbrückungsfinanzierung für selbständige Künstlerinnen und Künstler für Mai 2021, vorgelegt vom Bundesminister für Kunst, Kultur, öffentlichen Dienst und Sport (III-340 d.B.)

Ausschuss für Land- und Forstwirtschaft:

Bericht nach § 1 Abs. 5 des Bundesgesetzes über die Errichtung eines Härtefallfonds in der Land- und Forstwirtschaft inkl. Privatzimmervermietung für April 2021, vorgelegt von der Bundesministerin für Landwirtschaft, Regionen und Tourismus (III-333 d.B.)

Sportausschuss:

Bericht nach § 1 Abs. 4 des Bundesgesetzes über die Errichtung eines Non-Profit-Organisationen Unterstützungsfonds für Mai 2021, vorgelegt vom Bundesminister für Kunst, Kultur, öffentlichen Dienst und Sport (III-344 d.B.)

Tourismusausschuss:

Bericht nach § 3 Abs. 5 des Bundesgesetzes über die Errichtung des COVID-19-Krisenbewältigungsfonds für April 2021, vorgelegt von der Bundesministerin für Landwirtschaft, Regionen und Tourismus (III-331 d.B.)

Umweltausschuss:

Bericht nach § 3 Abs. 5 des Bundesgesetzes über die Errichtung des COVID-19-Krisenbewältigungsfonds für April 2021 – Untergliederung 43 Klima, Umwelt und Ener­gie, vorgelegt von der Bundesministerin für Klimaschutz, Umwelt, Energie, Mobilität, Innovation und Technologie (III-339 d.B.)

Unterrichtsausschuss:

Bericht nach § 3 Abs. 5 des Bundesgesetzes über die Errichtung des COVID-19-Krisen­bewältigungsfonds für April 2021, vorgelegt vom Bundesminister für Bildung, Wissenschaft und Forschung (III-330 d.B.)

Verfassungsausschuss:

Bericht nach § 3 Abs. 5 des Bundesgesetzes über die Errichtung des COVID-19-Krisen­bewältigungsfonds für April 2021, vorgelegt vom Bundeskanzler (III-334 d.B.)

Verkehrsausschuss:

Bericht nach § 3 Abs. 5 des Bundesgesetzes über die Errichtung des COVID-19-Krisen­bewältigungsfonds für April 2021 – Untergliederung 41 Mobilität, vorgelegt von der Bundesministerin für Klimaschutz, Umwelt, Energie, Mobilität, Innovation und Techno­logie (III-338 d.B.)

Ausschuss für Wirtschaft, Industrie und Energie:

Bericht nach § 3 Abs. 5 des Bundesgesetzes über die Errichtung des COVID-19-Krisen­bewältigungsfonds und § 1 Abs. 5 des Bundesgesetzes über die Errichtung eines


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Härtefallfonds für April 2021, vorgelegt von der Bundesministerin für Digitalisierung und Wirtschaftsstandort (III-332 d.B.)

*****


Präsidentin Doris Bures: Ich teile mit, dass der Sechste Bericht des Unvereinbarkeits­ausschusses an die Mitglieder des Nationalrates verteilt wurde.

Antrag auf nochmalige Verlängerung des Ibiza-Untersuchungsausschusses


Präsidentin Doris Bures: Ich gebe bekannt, dass die Einsetzungsminderheit gemäß § 53 Abs. 6 der Verfahrensordnung für parlamentarische Untersuchungsausschüsse einen Antrag auf nochmalige Verlängerung des Ibiza-Untersuchungsausschusses um drei Monate eingebracht hat.

Eine Debatte über diesen Antrag findet nach Erledigung der Tagesordnung statt.

Die Abstimmung über den gegenständlichen Antrag erfolgt gemäß § 53 Abs. 6 der Ver­fahrensordnung für parlamentarische Untersuchungsausschüsse am Ende dieser Sitzung.

Behandlung der Tagesordnung


Präsidentin Doris Bures: Es ist vorgeschlagen, die Debatten über die Punkte 4 bis 7, 8 bis 10, 11 bis 14, 15 bis 17, 18 bis 20, 22 und 23, 24 und 25 sowie 26 bis 28 der Tagesordnung jeweils zusammenzufassen.

Wird dagegen ein Einwand erhoben? – Das ist nicht der Fall.

Redezeitbeschränkung


Präsidentin Doris Bures: Zwischen den Mitgliedern der Präsidialkonferenz wurde Konsens über die Dauer der Debatten erzielt. Demgemäß wurde eine Tagesblockzeit von 8 „Wiener Stunden“ vereinbart, sodass sich folgende Redezeiten ergeben: ÖVP 156, SPÖ 108, FPÖ 88, Grüne 80 sowie NEOS 64 Minuten.

Gemäß § 57 Abs. 7 der Geschäftsordnung beträgt die Redezeit von jenen Abgeord­neten, die keinem Klub angehören, für die gesamte Tagesordnung je 32 Minuten. Darü­ber hinaus wird deren Redezeit auf 5 Minuten je Debatte beschränkt.

Wir kommen sogleich zur Abstimmung über die eben dargestellten Redezeiten.

Ich bitte Sie um Ihre Zustimmung. – Das ist einstimmig so angenommen.

Darüber hinaus wurde zwischen den Mitgliedern der Präsidialkonferenz für den Tages­ordnungspunkt 1 folgende Redezeit vereinbart: die Bundesministerinnen: je maximal 10 Minuten; drei RednerInnenrunden nach Klubstärke: je 5 Minuten, davon zwei Red­nerInnenrunden Abgeordnete zum Nationalrat, eine RednerInnenrunde MEPs.

Wir gehen in die Tagesordnung ein.

12.55.581. Punkt

EU-Erklärungen der Bundesministerin für EU und Verfassung und der Bundes­ministerin für Klimaschutz, Umwelt, Energie, Mobilität, Innovation und Technolo­gie gemäß § 74b Abs. 1 lit b der Geschäftsordnung des Nationalrates zum Thema „Zukunft der Europäischen Union“



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Präsidentin Doris Bures: Wir gelangen zum 1. Punkt der Tagesordnung.

Entsprechend der gerade erwähnten Vereinbarung in der Präsidialkonferenz sollen diese Erklärungen eine Dauer von 10 Minuten nicht überschreiten.

Ich begrüße die beiden Bundesministerinnen in unserer Mitte und erteile Ministerin Karoline Edtstadler als Erster das Wort. – Bitte, Frau Ministerin.


12.56.39

Bundesministerin für EU und Verfassung im Bundeskanzleramt, betraut mit der Vertretung der Bundesministerin für Frauen, Familie, Jugend und Integration Mag. Karoline Edtstadler: Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren Abgeordnete! Hohes Haus! Geschätzte Zuseherinnen und Zuseher! Gäbe es die EU nicht, müssten wir sie jetzt gründen. Dieses Zitat stammt vom ehemaligen Bundes­kanzler Wolfgang Schüssel, und er hat es am 9. Mai dieses Jahres am Europatag in einem gemeinsamen Interview gesagt.

Als überzeugte Europäerin stimme ich ihm zu 100 Prozent zu, und als überzeugte Europäerin bin ich auch der festen Überzeugung, dass es genau diese Diskussion über diese Europäische Union hier in diesem Hohen Haus braucht.

Deshalb möchte ich mich eingangs dafür bedanken, dass das möglich ist, und gleichzeitig schon auch meiner Verwunderung darüber Ausdruck verleihen, dass manche eine Europaerklärung als Provokation oder als Ablenkungsmanöver sehen. Ich sage Ihnen: Für mich steht Europa an erster Stelle! (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Grünen. – Abg. Amesbauer: ... und für mich Österreich!)

Die letzten Monate, die letzten eineinhalb Jahre haben ganz deutlich die Stärken, aber auch die Schwächen der Europäischen Union zutage befördert. Wir haben erlebt, was es bedeutet, wenn von heute auf morgen Grenzbalken heruntergehen, von denen viele von uns, insbesondere der jungen Generation, gar nicht mehr wussten, dass sie jemals dort waren. Wir haben erlebt, was es bedeutet, wenn Facharbeiterinnen und Facharbei­ter aus den umliegenden Mitgliedstaaten nicht mehr ohne Hürden täglich nach Österreich einpendeln konnten. Wir haben auch erleben müssen, was es bedeutet, wenn Familien von einer Sekunde auf die andere ohne ihre 24-Stunden-BetreuerInnen für die Eltern und die Großeltern auskommen müssen. Und wir haben auch gesehen, was es heißt, wenn man zum Beispiel vom Salzburger Pinzgau plötzlich nicht mehr 45 Minuten, sondern 2 Stunden ins Krankenhaus nach Salzburg braucht, weil man nicht über das Deutsche Eck fahren kann. (Präsident Hofer übernimmt den Vorsitz.)

Vieles, meine sehr geehrten Damen und Herren, ist nicht perfekt gelaufen. Vieles hat aber auch gut funktioniert: Denken Sie an die zahlreichen Wirtschaftshilfen, an die Hilfsprogramme, an den 750 Milliarden Euro schweren Wiederaufbaufonds, der letztlich in einer Marathonsitzung aller Staats- und Regierungschefs beschlossen worden ist! (Abg. Hauser: ... kreditfinanziert! ... jedes europäische Gesetz gebrochen!) Denken Sie daran, dass es in ganz kurzer Zeit – und niemand hätte das für möglich gehalten – gelungen ist, Impfstoffe von mehreren Firmen auf den Markt zu bringen, zuzulassen, zu produzieren und den Menschen gratis zur Verfügung zu stellen! (Zwischenruf des Abg. Stefan.) All das ist schneller gegangen, als wir es am Anfang geglaubt haben.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, seit ich Europaministerin bin, hatte ich die Gelegenheit, viele Menschen aus allen Mitgliedstaaten der Europäischen Union kennen­zulernen. Ich hatte auch die Möglichkeit, viele Mitgliedstaaten zu bereisen, mir ein Bild vor Ort zu machen, und ich sage Ihnen: Ich bin immer wieder aufs Neue beeindruckt, wie dieser European Way of Life, diese Vision für ein Europa der Freiheit, des Friedens und des Wohlstandes auf diesem Kontinent seit Ende des Zweiten Weltkriegs kontinuierlich umgesetzt worden ist.


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Bei allen Differenzen, die es immer wieder gibt, einen uns Werte wie Demokratie, Rechtsstaatlichkeit und Menschenrechte, und das ist unser gemeinsames Fundament der Zusammenarbeit. Ich sage Ihnen aber auch, es bewegt mich zutiefst, wenn man den Zustand der Europäischen Union im zweiten Jahrzehnt des 21. Jahrhunderts ganz nüchtern betrachtet, denn dann muss man sagen, dass diese Europäische Union einer Baustelle gleicht.

Die „Mehrheit der Österreicher sieht EU als gescheitert“: Diese Aussage stammt nicht von mir, sie findet sich in der Studie des European Council on Foreign Relations, durchgeführt im April und Mai dieses Jahres. Oder: „Nirgends ist das Image der EU schlechter als in Österreich.“ – Das besagt die aktuelle Eurobarometer-Umfrage.

Meine Damen und Herren, das lässt mich nicht kalt. Ich habe Tausende Menschen getroffen – virtuell, physisch, bei Sprechtagen in den Bundesländern, bei Diskussions­veranstaltungen –, und nach all diesen Gesprächen muss ich Ihnen sagen, ja, die Österreicherinnen und Österreicher haben recht, denn die großen Herausforderungen sind nach wie vor ungelöst. Denken Sie etwa an den unvollendeten Binnenmarkt: Unsere Wirtschaft braucht den Binnenmarkt so unglaublich dringend, um im globalen Wettbewerb bestehen zu können. Denken Sie an die Migrationsproblematik, die wir nur gemeinsam und entschieden auf europäischer Ebene lösen können, oder denken Sie an die Digitalisierung, wo wir, von Großkonzernen aus den USA und China getrieben, hinterherhinken!

Ja, die EU steht heute vor einer existenziellen Bedrohung. Sprechen wir diese Wahrheit aus und sprechen wir diese Wahrheit an! Reden wir darüber, und zwar ohne in alte Denkmuster zu verfallen, in Denkmuster, die etwa heißen: Wer kritisiert, ist antieuro­päisch! Wer kritisiert, hilft nur den EU-Gegnern! Wer kritisiert, ist ein Populist! (Zwischen­ruf der Abg. Steger.)

Ich bin davon überzeugt, wer heute noch so denkt, gefährdet Europa, wer heute noch so denkt, schafft Raum für antieuropäische Tendenzen und hat das Ohr nicht beim Bürger und bei der Bürgerin. Ich sage Ihnen, wir müssen die Europäische Union kritisieren, nicht weil wir antieuropäisch sind, sondern vielmehr weil wir proeuropäisch sind, und zu diesem proeuropäischen Weg sehe ich keine Alternative. Das setzt aber auch voraus, dass wir die Probleme ansprechen, dass wir über Lösungen diskutieren. Leicht wird das auch in Zukunft nicht sein, es wird nicht leicht, einen Konsens zu finden, aber es sollte sich lohnen. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Grünen.)

Deshalb freue ich mich auch sehr, dass die Präsidentin der Europäischen Kommission Ursula von der Leyen die Idee von Emmanuel Macron, dem französischen Präsidenten, aufgegriffen hat und die Zukunftskonferenz für die Europäische Union ins Leben gerufen hat. Die österreichische Bundesregierung hat das von Anfang an begrüßt, und ich als Europaministerin habe mich auch immer dafür eingesetzt, dass diese Zukunftskonferenz möglichst schnell startet. Ich gebe zu, pandemiebedingt gab es auf europäischer Ebene eine Verzögerung von einem Jahr, aber am 9. Mai dieses Jahres, am Europatag – der auch der Muttertag war –, konnte diese Zukunftskonferenz auch auf europäischer Ebene gestartet werden.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, das ist die Chance, mitzudiskutieren, mitzu­denken und mitzugestalten, in der Gemeinde, in den Vereinen, in der Schule, in kleinen und in großen Konferenzen in ganz Österreich. Nur zu raunzen ist tatsächlich zu wenig. Wer nicht zufrieden ist, der sollte jetzt damit anfangen, mitzugestalten. Wer nicht zufrie­den ist, der sollte sich jetzt als Inputgeber hervortun, Veranstaltungen und Diskussions­veranstaltungen machen, jedenfalls daran teilnehmen, denn das ist die reale Chance, unsere gemeinsame Zukunft zu gestalten, die Probleme endlich klar und deutlich anzusprechen und auch überzeugte Lösungsansätze zu entwickeln.


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Einige dieser Forderungen – die ziehe ich aus vielen Gesprächen, die ich schon geführt habe – möchte ich an dieser Stelle auch anführen: Ich fordere, dass die Wirtschaft nicht weiter gehemmt wird. Die EU ist Weltspitze, wenn es darum geht, Regulierungen zu entwerfen. Europa hat die Regeln, China und die USA haben den Gewinn. Daten- und Konsumentenschutz sind wesentlich, wenn es aber keine Arbeitsplätze mehr gibt, dann sind sie wohl weniger wert. Der Fokus muss endlich auf Innovation liegen. Wir brauchen dynamischere Märkte, sonst werden wir abgehängt. (Beifall bei der ÖVP sowie der Abgeordneten Maurer und Rössler.)

Der European Way of Life war immer auf sozialem Zusammenhalt und wirtschaftlicher Stärke aufgebaut. Das war unser Erfolgsrezept der letzten 70 Jahre, und das sollte es auch in Zukunft sein. Ich fordere ein echtes Bekenntnis zum Freihandel. Wir alle kennen die Probleme um Mercosur, und die österreichische Bundesregierung ist gegen das vorliegende Mercosur-Abkommen in der jetzigen Form, aber wir brauchen eine Lösung und wir brauchen auch Freihandel, auch mit Lateinamerika. Wir brauchen auch den Wettbewerb nicht zu scheuen. Am Ende werden wir mit EU-Freihandelsabkommen immer besser dastehen und davon profitieren. Warum? – Weil wir damit die Möglichkeit haben, die Rahmenbedingungen mitzugestalten und sie uns nicht von anderen diktieren zu lassen. (Beifall bei der ÖVP.)

Ich fordere, das Versprechen gegenüber den Ländern des Westbalkans endlich einzulösen. Es geht um die Glaubwürdigkeit der Europäischen Union. Es geht aber auch um die Sicherheit für die Europäische Union. Solange die Länder des Westbalkans nicht Teil der Europäischen Union sind, ist die Europäische Union nicht vollständig. Das wird noch ein langer Weg, aber auch dieser lange und steinige Weg wird sich lohnen, wenn wir diese Länder unterstützen. (Beifall bei der ÖVP sowie der Abgeordneten Disoski und Maurer.)

Ich fordere, die illegale Migration entschlossen zu beenden. Die Probleme der Welt lassen sich weder auf den griechischen Inseln noch auf den Booten im Mittelmeer lösen. Ja, meine sehr geehrten Damen und Herren, jeder auf der Welt sollte den Anspruch darauf haben, nach dem European Way of Life zu leben, aber bleiben wir realistisch, nicht jedem Menschen auf der Welt werden wir diesen European Way of Life in Europa ermöglichen können, und es ist wohl unsere Aufgabe, unsere Werte, unsere Haltung zu exportieren, damit auch in anderen Teilen der Welt eine Perspektive geschaffen werden kann. Das ist aus meiner Sicht die einzig gangbare Möglichkeit, diese Probleme zu lösen. (Präsident Hofer gibt das Glockenzeichen. – Abg. Deimek: Und aus! – Zwischen­ruf des Abg. Hafenecker.)

Ich fordere eine schlankere und eine schnellere Europäische Union, eine Europäische Union, die nicht ein Parlament hat, das zwischen zwei Sitzen hin- und herpendelt und für 27 Kommissare ein Portfolio zur Verfügung stellt. Wir müssen die Institutionen und Prozesse dynamisieren. Wir brauchen mehr Gewicht in der Außenpolitik. Wir müssen geeint mit Industrie und Wirtschaft entschieden gegen den Klimawandel ankämpfen, damit wir unser Ziel, im Jahr 2050 der erste klimaneutrale Kontinent zu sein, auch ein­halten können und das auch gewähren können. (Präsident Hofer gibt neuerlich das Glockenzeichen. – Abg. Schnedlitz: ... ganze Zeit auf die rote Lampe!)

Wir müssen mit einer Stimme sprechen und Europa als gemeinsame Stärke nutzen. Die großen Fragen können wir nur gemeinsam lösen, die kleineren können wir auch in den Regionen belassen. Reden wir jetzt über die Zukunft der Europäischen Union! Beteiligen Sie sich, reden Sie mit, wenn es darum geht, in der Zukunftskonferenz die Europäische Union der Zukunft zu gestalten! Es lebe die Republik Österreich in einem starken,


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geeinten, zukunftsorientierten Europa, in einer starken Europäischen Union, die die Bür­gerinnen und Bürger Österreichs entscheidend mitgestalten! – Vielen Dank. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Grünen. – Zwischenrufe bei SPÖ und FPÖ.)

13.08


Präsident Ing. Norbert Hofer: Ich erteile nun der Bundesministerin für Klimaschutz, Umwelt, Energie, Mobilität, Innovation und Technologie das Wort. – Bitte, Frau Bundes­ministerin.


13.08.24

Bundesministerin für Klimaschutz, Umwelt, Energie, Mobilität, Innovation und Technologie Leonore Gewessler, BA: Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Abgeordnete! Ein ganz besonderes Willkommen möchte ich den Abgeordneten des Europaparlaments gerade zu dieser Debatte ausrichten! Liebe EU-Bürgerinnen und ‑Bürger, die Sie uns heute bei dieser Debatte zuschauen! Ich habe nachgeschaut, am 12. Juni 1994, am Tag des Referendums über den EU-Beitritt Österreichs, war ich 16, konnte also noch nicht mitstimmen. Ich kann mich aber noch sehr genau an die Freude erinnern, die ich damals, an dem Tag gefühlt habe, als ich die Entscheidung gehört habe.

Knapp 20 Jahre später – beinahe auf den Tag genau 20 Jahre später – habe ich nach sechs Jahren in Brüssel, wo ich für ein starkes, für ein solidarisches, für ein soziales, für ein ökologisches Europa gearbeitet habe, meine Koffer gepackt und bin wieder nach Österreich zurückgekehrt. Seit damals steht auf meinem Twitter-Profil „Europäische Österreicherin“.

Ja, klar, ich spüre Begeisterung für Europa, wenn ich an unser Europa denke, wenn ich an die EU denke, und an das, was es ist, und noch mehr, wenn ich innehalte und mir überlege, was es noch sein kann. Ich weiß, diese Einstellung teile ich mit vielen Men­schen in Österreich, in Europa, in der gesamten EU, weil wir sehen, was wir an der EU haben. Wir haben es, glaube ich, letztes Jahr deutlich und schmerzlich erlebt, was es heißt, wenn wir die Errungenschaften, die wir gemeinsam erreicht haben, nicht mehr haben. Wie sehr hat uns die Reisefreiheit gefehlt und wie schmerzlich haben wir gespürt, was es bedeutet, wenn Grenzen innerhalb von Europa wieder hochgehen.

Wir sehen aber auch, welches Potenzial wir in unserer Europäischen Union haben. Genau diese Begeisterung, dieses Wissen um das, was die Europäische Union, was Europa für uns bedeutet, ist es, was das Projekt am Laufen hält, und es ist wunderbar und es ist gut so. Andernfalls müsste man es erfinden, damit es weiterläuft. Viele groß­artige Fortschritte, viele großartige Errungenschaften haben wir in dieser EU bereits gemeinsam gemacht, gemeinsam erreicht. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeord­neten der ÖVP.)

Von Zeit zu Zeit ist es aber gut und wichtig und notwendig, dass man ein Projekt nicht nur am Laufen hält, sondern dass man auch kurz die Pausetaste drückt, um zu sehen: Wo stehen wir gerade, wo wollen wir hin, wo drückt der Schuh, welche Veränderungen braucht es, damit wir unsere Ziele erreichen, das, was wir uns gemeinsam vorge­nommen haben, auch wirklich schaffen? Gerade das Überzeugtsein vom europäischen Projekt, gerade das Wissen darum, wie wichtig es ist, hindert uns ja gar nicht daran, zu sehen, was noch nicht optimal läuft. Ganz im Gegenteil: Genau diese Begeisterung, genau dieses Wissen um das, was wir noch tun müssen, gibt uns die Kraft, die notwendigen Veränderungen auch wirklich anzugehen.

Gerade wir hier, gerade wir, die den politischen Diskurs in unserem Land, in der Europäischen Union auch ganz besonders mitbestimmen, haben Verantwortung für diese Diskussion, haben Verantwortung für den Stil dieser Diskussion. Wir sollten nie


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vergessen: Wenn wir von der EU fordern, dann fordern wir am Ende von uns – denn die Europäische Union, das sind wir, wir machen als Gesamtes die Europäische Union aus. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Genau dieses Innehalten, genau dieses Nachdenken, genau dieses Auf-die-Pausetaste-Drücken und sich überlegen, was wir für die nächsten großen Entwicklungsschritte der Europäischen Union brauchen, das machen wir jetzt wieder einmal in der EU: mit der Zukunftskonferenz, die am 9. Mai eröffnet wurde. Die Zukunftskonferenz bietet uns die Möglichkeit, uns genauer mit den vielfältigen Herausforderungen und offenen Fragen, die sich in den vergangenen Jahren gestellt haben, auseinanderzusetzen und vor allem gute Lösungen, gute Antworten zu finden, denn um gut zu bleiben, muss die EU als Gemeinschaft, als Gemeinschaftsprojekt stets flexibel bleiben, muss lernfähig sein, muss auch Korrekturprozesse zulassen.

Natürlich gibt es Verbesserungspotenzial, daran besteht überhaupt kein Zweifel. Nicht zuletzt die vergangenen Monate haben gezeigt, wo wir Schwachpunkte haben, wo wir vor allem auch in Krisensituationen sehen, dass wir noch Luft nach oben haben: im guten Umgang in der Union miteinander, mit Krisensituationen.

Wir haben im Jahr der Pandemie, in einem Jahr, das sicher ein historisches war, das viel Leid verursacht hat, in Österreich, in Europa, auch gesehen, dass das ein Moment in unserer Geschichte war, in dem wir auch sehr klar Schwächen wahrgenommen haben – aber es kann genauso der Moment in unserer Geschichte gewesen sein, in dem sich Europa zusammengesetzt und einen weiteren Schritt Richtung Zukunft gemacht hat. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Wir müssen unsere Grundsätze, die Mechanismen der Union und ihre Strukturen wirklich ambitioniert reflektieren, manches neu überdenken. So können wir, wo notwendig, auch Anpassungen und Reformen in Gang setzen. Das kann allerdings nur geschehen, wenn wir wirklich zu innovativen und wirksamen Ergebnissen kommen. Diese Ergebnisse wer­den wir nur erreichen – davon bin ich überzeugt –, wenn wir einen breiten Mitwirkungs­prozess beim Nachdenken, beim Reflektieren, beim Diskutieren und beim Evaluieren im Rahmen dieser Zukunftskonferenz und ihrer unzähligen Einzelveranstaltungen schaffen. Alle Bürgerinnen und Bürger Europas sind eingeladen, sich daran zu beteiligen, denn über Europa und über Europas Zukunft nachzudenken heißt, über unsere eigene Zukunft nachzudenken.

Mit dieser Zukunftskonferenz wollen wir die Arbeit der Europäischen Union auf frische, auf fitte, auf verlässliche Beine stellen. Wir wollen eine EU gestalten, die fair ist, die nachhaltig ist, ressourcenschonend, umwelterhaltend, aber eben auch bürgerinnen- und bürgernahe auf die großen Herausforderungen der Zeit eingeht und diesen begegnet, indem wir politische und gesellschaftliche Modelle finden, deren praktische Umsetzung auch unser aller Vertrauen in dieses Jahrhundertprojekt Europäische Union wieder stärkt.

Es ist klar, dass das nur gelingen kann, wenn dieser Reformprozess von allen mitge­tragen wird, die von den Ergebnissen betroffen sein werden. Europa denkt über sich nach heißt also insbesondere auch, dass die europäischen Bürgerinnen und Bürger es sind, um die es eigentlich geht.

Eine der zentralen Fragen der Zukunftskonferenz ist die Demokratie in Europa. Diese Frage ist im Grunde nicht neu, sie drängt vor allem immer wieder in Zeiten von Krisen hervor. Wir wissen, die große, aktuelle Herausforderung ist die Bewältigung der medizi­nischen, der sozialen, der ökonomischen Folgen der Covid-19-Pandemie und damit zu­sammenhängend der Aufbau unserer Wirtschaft auf ökologischen Grundlagen – und vor allem der historische Auftrag unserer Generation, nämlich der Klimakrise und der Krise


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der Biodiversität etwas entgegenzusetzen. Darum geht es genau jetzt. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Mit dem Green Deal haben wir uns in der EU bereits ein hervorragendes Werkzeug in die Hand gegeben. Die große gemeinsame Aufgabe, die sich jetzt auf ganz viele und sehr unterschiedliche Politikbereiche erstreckt, ist die Umsetzung. Wenn man sich anschaut, was wir im Umweltminister-, -ministerinnenrat gerade auf der Tagesordnung haben – Kreislaufwirtschaft, die Maßnahmen und Wege zur Erreichung unserer Klima­ziele, das Nullverschmutzungsziel, die Förderung für ökologisch nachhaltige Inves­titio­nen in Wirtschaft und Industrie, die Erzeugung von sauberer Energie, nachhaltigen Gütern, ein klimaneutrales Mobilitätssystem, der Erhalt und Schutz unserer ökologi­schen Lebensgrundlagen, wie wir die globalen Nachhaltigkeitsziele, die SDGs, auch auf europäischer und globaler Ebene weitertreiben –, zeigt das: Für eine lebenswerte Zukunft in Europa, in Österreich, auf diesem Planeten ist gerade viel zu tun und da tut die Europäische Union gerade sehr, sehr viel.

Für eine lebenswerte Zukunft – und das ist mir in diesem Zusammenhang auch be­son­ders wichtig, zu erwähnen –: In jedem dieser Umweltbereiche geht es darum, dass wir in Europa niemanden zurücklassen. Leave no one behind! – Das darf nicht nur eine Überschrift sein, das muss sich auch in konkreten Ergebnissen widerspiegeln. (Beifall bei den Grünen sowie des Abg. Sieber.)

Wir brauchen auch ein Mitdenken der internationalen Dimension, das versteht sich von selbst. Wir sind uns alle, glaube ich, dessen bewusst, dass wir letztlich nur zusammen mit unseren Partnern, mit unseren MitstreiterInnen große Lösungen für unseren Planeten entwickeln können. Unser gemeinsames Nachdenken über Europa und seine Strukturen soll dazu dienen, den Herausforderungen, die ich beschrieben habe, mit den passenden Maßnahmen und Mitteln zu begegnen, unserer Gemeinschaft Europäische Union auch das strukturelle Rüstzeug mitzugeben, das für die Bewältigung gegen­wärtiger und zukünftiger Krisen geeignet ist.

Die besten Lösungen zu finden, das ist jetzt die Aufgabe, und das geschieht am besten durch die Mitsprache möglichst vieler Menschen. Die EU-Zukunftskonferenz – lasst uns das nie vergessen! – ist als zivilgesellschaftlicher Prozess ausgelegt. Alle Bürgerinnen und Bürger, zivilgesellschaftlichen Akteure aus allen Mitgliedstaaten sind zur Beteiligung aufgerufen. Ja, wir wollen, und ja, wir müssen alle diese Stimmen hören, denn ein Europa, eine Europäische Union, die nur manche Stimmen hört, wird blinde Flecken nicht vermeiden können.

Wir sind deshalb auf die Bürgerinnen und Bürger angewiesen, und deshalb mein Appell an Sie, an alle, die uns heute zuschauen: Nützen Sie diese Chance, ergreifen Sie diese Chance, machen Sie diesen Schritt und unterstützen Sie die EU, unterstützen Sie uns alle bei unserem Weg und bei unserem neuen Schritt Richtung Zukunft! (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Am 19. Juni findet das erste Konferenzplenum der Zukunftskonferenz statt. Ein Event für Bürgerinnen und Bürger wird stattfinden, auch eine Österreicherin ist vertreten: Valentina Gutkas wird am 17. Juni in Lissabon für uns die Stimme erheben. Ich glaube, es ist eine Einladung an Sie alle, dass Sie ihr mit offenen Ohren zuhören, was uns vor allem junge Menschen über die Zukunft der Europäischen Union zu sagen haben. (Präsident Hofer gibt das Glockenzeichen.)

Die Zukunftskonferenz wird sich mit vielen Fragen beschäftigen, aber ich hoffe vor allem auch darauf, dass die Zukunftskonferenz ein bisschen etwas von der Begeisterung für dieses großartige europäische Projekt weiter belebt oder auch neu auslöst. Da geht es um eine Begeisterung für die Menschen in Europa, für die Diversität, für den Zusam­menhalt, für das Voneinanderlernen, für die gemeinsame Zukunftsgestaltung – eine


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Begeisterung für das Projekt Europäische Union. (Beifall bei den Grünen und bei Abge­ordneten der ÖVP.)

13.19


Präsident Ing. Norbert Hofer: Wir gehen nun in die Debatte ein.

Ich mache darauf aufmerksam, dass laut der Vereinbarung in der Präsidialkonferenz kein Redner länger als 5 Minuten sprechen soll.

Zu Wort gelangt nun Herr Dr. Reinhold Lopatka. – Bitte, Herr Abgeordneter.


13.19.17

Abgeordneter Dr. Reinhold Lopatka (ÖVP): Herr Präsident! Meine sehr geehrten Bundesministerinnen! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Wir haben heute schon hitzige Debatten gehabt, aber ich glaube, in Wirklichkeit ist die wichtigste, vor allem für die Jugend des Landes, die, die wir jetzt führen – denn die Zukunft Österreichs ist Europa. Ich sehe keine Alternative außerhalb der Europäischen Union, und ich hoffe, dass das alle Fraktionen so sehen.

Man kann natürlich die Europäische Union sehr positiv sehen, man kann aber, wenn man es mit der Europäischen Union ernst meint, auch das eine oder andere kritisch sehen. Es ist ja schon von Europaministerin Karoline Edtstadler angesprochen worden, dass der, dem Europa wichtig ist, nicht unbedingt der sein muss, der in der ersten Reihe in einem Jubelchor steht. So sehe ich auch diese Zukunftskonferenz.

Auch die neue Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen hat das sehr rasch erkannt. Denn welches Bild hat Europa nach der großen Aufbruchsstimmung mit Erwei­terungsrunden zuletzt abgegeben, nicht selbst verschuldet? – Wir hatten 2008 die Eurokrise, dann hatten wir die Migrationskrise und den Brexit, der kein Erfolg für die Europäische Union ist, schon gar nicht für das UK.

Als dann die Zukunftsdebatte starten sollte, ist die Coronakrise gekommen, und das sind natürlich krisenhafte Erscheinungen. Daher ist es umso wichtiger, jetzt zu starten. Die Europäische Union ist ein kompliziertes Gebilde, daher hat es relativ lange gedauert, bis auch manche – und ich möchte das hier kritisch ansprechen – Zentralisten in Brüssel erkannt haben, dass die Europäische Union auch die Einbindung der nationalstaatlichen Parlamente braucht.

Frau Bundesministerin Gewessler, ich verstehe Sie, es ist natürlich wichtig, die Bürger­gesellschaft einzubinden, aber hier sitzen von den Bürgern gewählte Vertreter. Da muss man eine richtige Balance finden. Ich glaube, dass wir, so wie wir das hier im Parlament aufgesetzt haben, die Chance haben, als österreichischer Nationalrat gemeinsam mit unseren Kolleginnen und Kollegen aus dem Bundesrat tatsächlich einen wesentlichen Beitrag zu leisten, dass man am Ende dieses Diskussionsprozesses nicht zur Tages­ordnung übergeht, sondern die eine oder andere Änderung gemeinsam mitträgt. Will sich die Europäische Union in dieser dynamischen Welt – und da müssen wir über die Grenzen der EU hinausschauen – durchsetzen können, muss sie in einzelnen Bereichen schneller, handlungsfähiger, selbstbewusster werden, damit wir entsprechend agieren können.

Bisher haben wir vor allem nach Krisen reagiert. Ich glaube, dass wir – weil Kollege Matznetter herschaut, der auch Finanzstaatssekretär war – aus der Eurokrise gelernt haben, der Euro seither gestärkt ist und der Stabilitätsmechanismus ein Bereich ist, in dem wir Fortschritte erzielt haben. Im Migrationsbereich auf europäischer Ebene kann ich das noch nicht sagen, um ein anderes Beispiel zu nennen.


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Das heißt, was ich meine, ist: Wenn wir über die Zukunft von Europa diskutieren, sind nationalstaatliche Parlamente einzubinden. Stellen Sie sich vor, wir diskutieren über die Zukunft von Österreich und klammern die Bundesländer aus – na viel Glück, könnte ich uns da nur wünschen! Wir hatten ja schon den Österreich-Konvent, mit dem wir versucht haben, unser Land weiterzubringen, was die Zusammenarbeit betrifft. Das heißt, ich bin absolut für diesen Bürgerdialog, aber ich bin auch dafür, den nationalstaatlichen Parlamenten hier in der Debatte ein entsprechendes Gewicht zu geben.

Wir werden ja morgen das erste Mal zusammensitzen. Wir haben - -


Präsident Ing. Norbert Hofer: Sehr geehrter Herr Abgeordneter, ich will Sie nicht unter­brechen, aber Sie wollten noch einen Antrag einbringen und haben nur noch 1 Minute Redezeit. – Bitte.


Abgeordneter Dr. Reinhold Lopatka (fortsetzend): Ja, das mache ich sehr schnell.

Wir kommen also morgen hier zusammen, und meine Idee ist, dass wir uns auf die Jugend bei uns im Land konzentrieren. Es ist auch eine Kollegin aus dem französischen Parlament hier, die die Debatte mitverfolgt. Frankreich will, was den Westbalkan betrifft, gemeinsam mit uns aktiv werden. Da könnten wir Signale ausschicken, die in die richtige Richtung gehen, nämlich Richtung Erweiterung und Richtung Zukunft, und das ist die Jugend im Land.

Daher darf ich folgenden Antrag einbringen und ich bedanke mich bei Michel Reimon für die Vorbereitung dieses Antrages:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Dr. Reinhold Lopatka, Michel Reimon, MBA, Kolleginnen und Kolle­gen betreffend „die EU-Zukunftskonferenz“

Der Nationalrat wolle beschließen:

Die Bundesregierung wird aufgefordert, im Rahmen der Konferenz zur Zukunft Europas in Österreich mit Bürgerinnen und Bürgern einen ergebnisoffenen und transparenten Dialog in Übereinstimmung mit den Grundwerten der Union zu allen Politikbereichen zu führen;

bei der Organisation von Veranstaltungen und BürgerInnenforen stets bestmöglich auf eine repräsentative Zusammensetzung, also in Bezug auf geografische Herkunft, Ge­schlecht, Alter, sozioökonomischen Hintergrund und den Bildungsweg der Bürgerinnen und Bürger, zu achten;

sich im Plenum der Konferenz und in anderen geeigneten Foren dafür einzusetzen, dass die EU den Empfehlungen der BürgerInnen rasch durch konkrete und rasche Reform- und Gesetzesinitiativen nachkommt;

und sich bei Bedarf auch für eine Verlängerung der Konferenz zur Zukunft Europas auszusprechen.

*****

Ich bitte alle Fraktionen, diesem Antrag die Zustimmung zu geben, und bedanke mich beim Präsidenten für den Hinweis, sodass ich diesen Antrag noch ordnungsgemäß ein­bringen konnte. (Beifall bei ÖVP und Grünen.)

13.25


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll111. Sitzung, 16. und 17. Juni 2021 / Seite 113

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Reinhold Lopatka, Michel Reimon,

Kolleginnen und Kollegen

betreffend die EU-Zukunftskonferenz

eingebracht im Zuge der Debatte zu TOP 1 EU-Erklärungen der Bundesministerin für EU und Verfassung und der Bundesministerin für Klimaschutz, Umwelt, Energie, Mobi­lität, Innovation und Technologie gemäß §74b Abs.   1   lit   b   der   Geschäfts­ord­nung   des   Nationalrates   zum   Thema   "Zukunft der Europäischen Union"

Die Europäische Union ist eine der größten Errungenschaften des 20. Jahrhunderts. Sie ist eine Verantwortungs- und Solidargemeinschaft mit gemeinsamen Regeln. Sie steht für die gemeinsamen Werte Freiheit, Demokratie, Rechtsstaatlichkeit, Gleichberechti­gung und Menschenrechte sowie für Wohlstand und wirtschaftlichen, sozialen und territorialen Zusammenhalt.

Um diese Errungenschaften auch für die Zukunft zu wahren und weiterzuentwickeln, braucht es heute eine tiefgehende und ehrliche Debatte. Denn angesichts zahlreicher Herausforderungen wie der Klimakrise, die Förderung der europäischen Wettbewerbs­fähigkeit und der strategischen Autonomie, der COVID-19-Pandemie, sozialer Ungleich­heiten und Angriffen auf die Rechtsstaatlichkeit braucht es Reformen, damit die Euro­päische Union handlungsfähig, zukunftsfit und krisenfest bleibt. Dies kann möglicher­weise auch in Vertragsänderungen münden.

Die von der Europäischen Union initiierte „Konferenz zur Zukunft Europas“ spielt eine wichtige Rolle bei der Weiterentwicklung der EU als starke Akteurin. Im Zentrum der Konferenz zur Zukunft Europas stehen der Dialog mit Bürgerinnen und Bürgern sowie ihre Impulse für die Gestaltung der Zukunft des europäischen Projekts. Das Europäische Parlament, der Rat und die Europäische Kommission haben sich verpflichtet, mit Euro­päerinnen und Europäern aus allen Gesellschaftsschichten und Regionen der Union die Herausforderungen und Prioritäten Europas zu erörtern und in diesem Prozess sicher­zustellen, dass die Stimmen der Bürgerinnen und Bürger, inklusive Jugendlicher, aus­reichend Gehör finden. Eine wesentliche Rolle kommt dabei auch den nationalen Parla­menten in der EU als jene die BürgerInneninteressen legitim vertretenen Institutionen zu, deren Einbindung wichtig ist, um deren Sichtweise in den Prozess der Zukunfts­konferenz einfließen zu lassen.

Die Institutionen haben sich auch verpflichtet, im Rahmen ihrer Zuständigkeiten den Vorschlägen und Empfehlungen der Bürgerinnen und Bürger zu folgen. Dass die Ergeb­nisse der Konferenz zu konkreten Reformen und Gesetzesinitiativen führen, ist nicht nur für die Glaubwürdigkeit der EU, sondern auch für ihre zukünftige Handlungsfähigkeit ausschlaggebend.

Die Empfehlungen der nationalen und europäischen BürgerInnenforen werden in den Plenarversammlungen der Konferenz erörtert, an denen auch VertreterInnen des Euro­päischen Parlaments, der Mitgliedstaaten, der Europäischen Kommission, der natio­na­len Parlamente, des Ausschusses der Regionen, des Wirtschafts- und Sozialausschus­ses, der SozialpartnerInnen und der Zivilgesellschaft teilnehmen. Das Plenum tritt erst­mals am 19. Juni 2021 in Straßburg zusammen.

 


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll111. Sitzung, 16. und 17. Juni 2021 / Seite 114

Die unterfertigenden Abgeordneten stellen daher folgenden

Entschließungsantrag

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesregierung wird aufgefordert,

im Rahmen der Konferenz zur Zukunft Europas in Österreich mit Bürgerinnen und Bür­gern in einem ergebnisoffenen und transparenten Dialog in Übereinstimmung mit den Grundwerten der Union zu allen Politikbereichen die zukünftigen Prioritäten und Heraus­forderungen der EU zu erörtern;

bei der Organisation von Veranstaltungen und BürgerInnenforen stets bestmöglich auf eine repräsentative Zusammensetzung, unter anderem in Bezug auf die geografische Herkunft, das Geschlecht, das Alter, den sozioökonomischen Hintergrund und/oder den Bildungsweg der Bürgerinnen und Bürger, zu achten;

sich im Plenum der Konferenz und in anderen geeigneten Foren dafür einzusetzen, dass die EU den Empfehlungen der BürgerInnen rasch durch konkrete und rasche Reform- und Gesetzesinitiativen nachkommt;

sich bei Bedarf für eine Verlängerung der Konferenz zur Zukunft Europas auszu­sprechen.“

*****


Präsident Ing. Norbert Hofer: Der Entschließungsantrag ist ausreichend unterstützt, er ist ordnungsgemäß eingebracht und steht somit auch in Verhandlung.

Zu Wort gemeldet ist nun Frau Abgeordnete Eva Maria Holzleitner. – Bitte schön, Frau Abgeordnete.


13.25.12

Abgeordnete Eva Maria Holzleitner, BSc (SPÖ): Herr Präsident! Werte Ministerinnen! Werte Kolleginnen und Kollegen! Werte Zuseherinnen und Zuseher! Quo vadis, Euro­päische Union? Wohin gehen wir mit der EU? Wohin soll uns der Weg führen? Für mich, für uns als SPÖ ist eines klar: Dieser Weg muss ein gemeinsamer sein. Nur in einem geeinten Europa können wir die Fragen der Zukunft in Angriff nehmen. Auch im letzten Jahr haben wir ja ganz, ganz stark gesehen, wohin uns vor allem kleinstaatliche Natio­nal­staaterei und Egoismus führen können: Maskenlieferungen werden nicht weiterge­geben, Grenzen werden geschlossen, ein Land gegen das andere.

In einer globalen Krise gibt es aber keine Alternative. Ein Virus sagt nicht: Huch, Grenze, da gehe ich nicht drüber! – Deswegen ist dieser gemeinsame Weg so unabdingbar und wichtig, und er wird nur so gut ausgebaut sein, so gut wir in vielen, vielen Zukunftsfragen auch wirklich zusammenarbeiten.

Wie schaffen wir ein faires und gerechtes Europa? – Das ist beispielsweise eine dieser Fragen. Da sind natürlich der Kampf gegen Steuerschlupflöcher und ein starkes Ein­treten für die Rechte von Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern sehr wichtige Themen, die auch nicht erst im letzten Jahr relevant geworden sind. Konzernmultis zahlen weniger Steuern als das Kaffeehaus ums Eck – ein Thema, das wir auch im Europawahlkampf schon gehabt haben.

ArbeitnehmerInnen stehen massiv unter Druck, wenn ihre Rahmenbedingungen für gute Arbeit im Wettkampf sukzessive abgebaut werden. Auch Österreich muss sich da an der Nase nehmen. Beispielsweise haben wir im letzten Jahr und in der Vergangenheit immer


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wieder gesehen, wie die Rechte von Erntehelferinnen und Erntehelfern mit Füßen getreten wurden: Hungerlöhne, verschimmelte Massenunterkünfte, Reisepässe werden abgenommen – all das mitten in Europa, mitten in Österreich.

Es ist nicht nur das, bei dem wir nicht zuschauen dürfen: Österreich hat sich auch bei einem weiteren Punkt nicht unbedingt mit Ruhm bekleckert. Unter Türkis-Blau wurde die Familienbeihilfe indexiert – ein Symbolbild für rückwärtsgewandte Europapolitik in den letzten Jahren. Wir wollen eine solidarische Steuer- und Sozialunion, die Arbeitnehme­rinnen und Arbeitnehmer wirklich schützt und sie mitnimmt. (Beifall bei der SPÖ.)

Wir wollen aber auch – und das ist, glaube ich, im Pridemonat sehr wichtig – ein buntes Europa, in dem gesellschaftliche Vielfalt nicht nur toleriert wird, sondern auch ein Teil davon ist, in dem man lieben und leben kann, wen und wie man möchte, und in dem LGBTIQ-Verbotszonen in Polen und Ungarn auf das Schärfste verurteilt werden. (Beifall bei der SPÖ sowie der Abg. Ernst-Dziedzic.)

Wir wollen ein Europa, in dem jedem Angriff auf das Selbstbestimmungsrecht von Frauen hinsichtlich Schwangerschaftsabbruch klar folgen muss: keinen Millimeter – mein Körper, meine Entscheidung! (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der Grünen.) Es sind Dinge, die wir in einem zukunftsgewandten Europa niemals akzep­tieren dürfen.

Insbesondere für die junge Generation hat die Europäische Union schon so viele positive Dinge zutage gebracht: ArbeitnehmerInnenfreizügigkeit, Urlaub, Reisen, ohne Visum ins Ausland fahren, telefonieren, chatten und surfen ohne Roaminggebühren, den Horizont erweitern, im geförderten Erasmus-plus-Programm lernen und sich weiterbilden und in viele Länder fahren, ohne die Währung wechseln zu müssen. All das ist Europa, all das ist unsere Gemeinschaft, und das ist schön.

Jetzt gilt es, diese Errungenschaften nicht nur hochzuhalten, sondern sie auch in einem wirklich breiten Dialog in der EU-Zukunftskonferenz, an der alle Beteiligten gleichbe­rechtigt teilhaben können, für die zukünftigen Generationen weiterzuentwickeln. Ich glaube, dass das gerade in Zeiten von Fakenews und Desinformation ein wesentlicher Beitrag ist, weil gerade die Europäische Union immer wieder mit bewussten Falsch­meldungen über Initiativen und Vorhaben konfrontiert ist. Die Europäische Union ist in diesem Spiel nicht der Bösewicht – sie ist die Superheldin, und das müssen wir lautstark nach außen tragen.

Ich finde, das Zentralste an dieser Zukunftskonferenz ist vor allem, dass viele Bürgerin­nen und Bürger daran teilhaben können. Sie setzen wirklich große Hoffnungen darin, dass wir das gemeinsam weiterentwickeln.

Auch Österreich ist gefragt, sich konstruktiv zu beteiligen, und ich glaube, dass wir gerade bei diesem ersten Schritt das konsequente Ausschließen von Reformen oder weiteren Schritten nicht in den Raum stellen dürfen. Wir wollen ein fortschrittliches, ein gemeinschaftliches Europa, ein Europa der Menschen und ein Europa der Zukunfts­chancen. (Beifall bei der SPÖ.)

13.30


Präsident Ing. Norbert Hofer: Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Petra Steger. – Bitte, Frau Abgeordnete.


13.30.15

Abgeordnete Petra Steger (FPÖ): Herr Präsident! Sehr geehrte Damen auf der Regie­rungsbank! Hohes Haus! Ich muss sagen, ich finde es ja fast amüsant: Wir haben nämlich so gut wie nie eine EU-Debatte hier im Hohen Haus, abgesehen natürlich von den Aktuellen Europastunden, und kaum stehen zwei Ministeranklagen gegen ÖVP-


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Minister auf der Tagesordnung, schwupps, da kommt eine EU-Erklärung überraschend daher, und wir haben sogar zwei EU-Debatten an nur einem Tag, nur damit Ihre Kor­ruption und Misswirtschaft möglichst noch ein bisschen später auf der Tagesordnung steht und wieder einmal nicht die mediale Aufmerksamkeit bekommt. (Beifall bei der FPÖ und bei Abgeordneten der NEOS.)

Absurder geht es nicht mehr, aber das sind ja die bekannten und auch typischen parla­mentarischen Taschenspielertricks, die wir von der ÖVP nur allzu gut kennen. Da am Wochenende ja die erste Tagung der EU-Zukunftskonferenz stattfindet, bietet sich das natürlich super für eine Erklärung an. Neuigkeit gibt es zwar noch keine, eine Tages­ordnung gibt es auch noch nicht wirklich, diskutiert wird inhaltlich auch noch nichts, weil es auch mehr um organisatorische Dinge geht, aber egal, da hat sich die ÖVP gedacht: Wir werden einfach trotzdem darüber reden und dieselben Phrasen wiedergeben! – die Phrasen, die wir eh schon immer hören, und genau das haben wir auch heute gehört.

Genauso sinnbefreit ist auch der Antrag von den Regierungsparteien. Da haben Sie einfach alles, was auf der Homepage der Zukunftskonferenz zu finden ist, zusam­men­kopiert und in Ihren Antrag geschrieben, das, was sowieso schon vorgesehen ist. Der Neuigkeitswert, sehr geehrte Damen und Herren, ist gleich null.

Aber gut, Sie wollen über die Zukunft der Europäischen Union reden – das tue ich gerne –, dann reden wir darüber. Reden wir über all die katastrophalen Entwicklungen auf EU-Ebene! Reden wir über den immer größer werdenden EU-Zentralismus und die damit einhergehende Aufgabe unserer nationalstaatlichen Souveränität! Reden wir darüber, dass Sie, werte Kollegen von der ÖVP, Österreich Stück für Stück an Brüssel verkaufen! Reden wir über die schleichende Gesamtänderung unserer Verfassung! Reden wir über die unzähligen EU-Rechts- und Verfassungsbrüche, denen Sie ständig zustimmen! Reden wir darüber, wie die EU die Coronakrise dafür missbraucht, ihre Kom­petenzen gewaltig zu erweitern!

Das ist, sehr geehrte Damen und Herren – auch wenn Sie es nicht hören wollen –, ein katastrophaler Irrweg, den wir mit Sicherheit nicht unterstützen werden und auch auf das Schärfste verurteilen! (Beifall bei der FPÖ.)

Ich finde das, was Frau Ministerin Edtstadler in ihrer Rede gesagt hat, ganz erstaunlich. Sie hat tatsächlich gesagt, für sie „steht Europa an erster Stelle“. Darauf möchte ich antworten – und ich glaube, dass ich da auch für meine Kollegen von der FPÖ hier im Nationalrat sprechen kann –: Für uns steht immer noch Österreich an erster Stelle, sehr geehrte Damen und Herren!

Dabei geht es uns nicht darum, für oder gegen die EU zu sein, sondern es geht prinzipiell um die zukünftige Ausrichtung und Entwicklung der EU. Wir erleben seit Jahren eine EU, die zahlreiche Fehlentwicklungen aufzeigt. Wir erleben seit Jahren eine EU, die noch immer nichts aus der Flüchtlingskrise 2015 gelernt hat, die es nicht schafft, ihre Außen­grenzen zu schützen, sich von der Türkei erpressen lässt und noch immer von Flücht­lings­verteilung spricht, so wie bei der aktuellen Asylpaktdebatte. Wir erleben trotz Co­ronakrise eine gewaltige Massenmigration.

Wir haben ein Impfstoffdesaster erlebt – Großbritannien hat gezeigt, dass man außer­halb der EU viel schneller an Impfstoff herankommt. Wir erleben die Aufgabe von EU-Freizügigkeiten durch die Einführung des europäischen grünen Passes, obwohl die WHO davon abgeraten hat und die Coronazahlen dermaßen gering sind, dass es keine Grundlage mehr dafür gibt. Wir erleben auch, wie in der vorhergegangenen Debatte ge­sagt, eine Schuldenunion, in der wir nun für Schulden anderer Staaten zahlen und haf­ten.


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Noch einmal zur Bargeldobergrenze und der angesprochenen drohenden Abschaffung des Bargeldes – manche Kollegen haben anscheinend noch immer nicht kapiert, worum es da eigentlich geht –: Natürlich gibt es jetzt noch keine Bargeldabschaffung. Genau deswegen habe ich auch von einem schleichenden Prozess geredet, und wir sehen die Gefahr, dass es mit den jetzt gesetzten Schritten dorthin geht. Gerade die EU hat in der Vergangenheit mehrfach bewiesen, dass Dinge, die einige Zeit zuvor noch undenkbar waren, ziemlich schnell dahergekommen sind, Stichwort Eurobonds. Außerdem: Dem Wort des Kanzlers würde ich erst recht nicht vertrauen. Aus genau diesem Grund wollen wir den Schutz des Bargeldes in unsere Verfassung aufnehmen, um auch ein klares Zeichen für den Schutz der Freiheit unserer Bürger in diesem Land zu setzen.

Aber, wie gesagt, wir erleben eine negative Entwicklung nach der anderen in der Euro­päischen Union. Nicht umsonst hat das erste Mitgliedsland die EU bereits verlassen. Das Traurige ist, Großbritannien ist gerade dabei, zu beweisen, dass es tatsächlich recht hatte. Das „Handelsblatt“ titulierte vor Kurzem sogar – ich zitiere –: „Von wegen Brexit-Flaute – Großbritannien erwartet Rekord-Aufschwung“. – Genau dieses Ergebnis ist natürlich eine katastrophale Entwicklung für die EU. (Präsident Hofer gibt das Glocken­zeichen.)

Trotz all dieser Fehlentwicklungen wird Kritik leider Gottes – auch wenn Sie gesagt haben, es soll so sein – noch immer nicht akzeptiert, und an all diesen Fehlentwicklun­gen wird auch die Zukunftskonferenz nichts ändern, leider Gottes, weil das nur ein Showbürgerbeteiligungsprozess ist, bei dem das Endergebnis ohnehin schon feststeht, und das heißt wieder einmal: mehr EU. (Beifall bei der FPÖ.)

13.35


Präsident Ing. Norbert Hofer: Zu Wort gelangt das Mitglied des Europäischen Parla­ments Thomas Waitz. – Bitte schön.


13.35.55

Mitglied des Europäischen Parlaments Thomas Waitz (Grüne): Herr Präsident! Frau Ministerin Edtstadler! Frau Ministerin Gewessler! Werte Abgeordnete! Wir hier im Haus teilen etwas, zumindest teilen wir das mit der Mehrheit der Abgeordneten: Viele von uns – die meisten – sind glühende Europäer. Es hat uns Frieden gebracht, Aussöhnung mit unseren Nachbarn, Wohlstand, einen Raum von Menschenrechten und von wirt­schaftlicher Prosperität.

Das bedeutet aber nicht, dass innerhalb der Europäischen Union alles wie am Schnürchen läuft, das bedeutet nicht, dass alles bestens ist. Wir haben in diesem Jahr der Covid-Krise durchaus einige Defizite erkennen können. Wir haben eine mangelnde Koope­ration der Staaten bei der Bekämpfung der Covid-Krise gesehen. Wir haben einen Flicken­teppich bei den Maßnahmen gesehen, unterschiedliche Grenzregime zwischen den Staaten. Wir haben gesehen, dass es unterschiedliche Testregeln beim Übertritt von einem Land in das andere gibt – der eine Test gilt so lange, der andere Test gilt so lange. Wir haben gesehen, dass es unterschiedliche Quarantäneregeln gegeben hat. Wir haben alle einen Flickenteppich von Lockdowns gemacht und dabei nicht unbedingt optimal agiert.

Auch bei der Beschaffung des Impfstoffes ist manches gut gegangen und manches nicht optimal gelaufen. Auch da, das haben wir gesehen, muss die Europäische Union schneller werden, da muss die Europäische Union effektiver werden.

Wir haben gesehen, dass wir uns in Abhängigkeiten von globalen Lieferketten befinden, und zwar in sehr sensiblen Bereichen. Wenn einmal 80 oder 90 Prozent der Antibiotika in China und Indien hergestellt werden und überhaupt nicht mehr in Europa, dann müs­sen wir uns Gedanken machen, wie wir vielleicht manche zentralen und strategischen Wirtschaftsbereiche wieder zurück nach Europa holen.


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Wir haben gesehen, wie andere Mächte Einfluss auf unsere europäische Innenpolitik nehmen – China, Russland –, auch mit Impfstoffdiplomatie. Es hat uns geschadet, dass einzelne Nationalstaaten da aus der gemeinsamen europäischen Linie ausgeschert sind, und auch da haben wir gesehen, dass in der Außenpolitik immer noch Mängel zu beurteilen sind. Wir könnten global stärker auftreten, wenn wir in unseren außenpoliti­schen Auftritten mehr das Gemeinsame ins Zentrum stellen, unser gemeinsames Inter­esse, denn es wird uns nicht gelingen, mit kleinen Nationalstaatereien gegen unseren systemischen Rivalen China oder das aggressive Verhalten unseres Nachbarn Russ­land zurechtzukommen, dem etwas entgegenzusetzen, unser Modell der aufgeklärten Demokratie, der Menschenrechte, der freien Gesellschaft dem entgegenzusetzen. (Beifall bei Grünen und ÖVP.)

Wir sehen aber auch wesentlich mehr Abstimmungsbedarf, wenn es um die Frage der Klimakrise geht. Sie alle wissen, wir haben einen 750 Milliarden Euro schweren Recovery and Resilience Fund, also Wiederaufbaufonds, auf den Weg gebracht. Das klingt fürs Erste gut, das heißt aber noch lange nicht, dass durch diesen Aufbaufonds die gesetzten Ziele auch wirklich erreicht werden, das heißt nicht, dass automatisch gewährleistet ist, dass die lokale und regionale Ökonomie und Wirtschaft davon profitieren oder dass die Bürgerinnen und Bürger von diesem Geld tatsächlich etwas in ihren Geldtaschen sehen.

Das Beispiel Solaranlagen: Vor zehn Tagen war ich in Spanien. Spanien möchte 100 000 Hektar landwirtschaftliches Land mit Solaranlagen bedecken. Sie sehen hier einen Grünen, ich bin ein großer Fan der Solarenergie, nur sage ich: Bitte zuerst die Haushalte, zuerst alle Dächer, die Richtung Süden, Osten oder Westen schauen! Das bringt den BürgerInnen etwas, das verringert ihre Energierechnung oder schafft vielleicht sogar ein kleines Einkommen. Es bringt also nicht so wahnsinnig viel, das Geld einseitig an einzelne große, oft im Staatsbesitz befindliche Unternehmen zu verteilen. Wir müssen schon schauen, dass da auch die lokalen Handwerker, die lokalen Betriebe tatsächlich in den Genuss der Unterstützung kommen, denn das schafft die Menge an Arbeits­plätzen vor Ort und es schafft so etwas wie soziale Gerechtigkeit bei der Veränderung und dem Übergang unserer Wirtschaft zu einer CO2-neutralen Wirtschaft – und darauf müssen wir besser achten. (Beifall bei den Grünen.)

Diese Zukunftskonferenz, die nun auf den Weg gebracht wurde, wird bereits seit einiger Zeit bei uns im Europäischen Parlament diskutiert – offen gesagt: eigentlich seit der Europawahl –, und es hat auch einige Zeit gedauert, bis wir zu dem Entschluss gekommen sind, diese Konferenz auf den Weg zu schicken. Das ist schade, denn wir haben nur mehr ein Jahr Zeit für einen Einbindungsprozess, und uns muss bewusst sein: Konkrete Lösungen werden am Ende dieses Einbindungsprozesses nicht stehen können, dafür ist die Zeit zu knapp.

Was wir aber machen können, ist, die Meinungen und die Mehrheiten, die Ideen und Hinweise der nationalen Parlamente, der regionalen Parlamente wie unserer Landtage, aber insbesondere von Bürgerinnen und Bürgern zu sammeln und zu konstruktiven Vorschlägen zusammenzufügen. Es gäbe durchaus einiges Positives, was dabei herauskommen könnte, zum Beispiel eine Stärkung der direkten Wahlmöglichkeit der Kommissionspräsidentin oder des Kommissionspräsidenten, vielleicht auch so etwas wie eine kleine Anzahl an Mandaten, die für nationale Listen vergeben wird. (Präsident Hofer gibt das Glockenzeichen.)

Ich will den Ergebnissen aber nicht vorgreifen. Es geht darum, dass wir zuhören, dass wir diese Vorschläge aufnehmen, und es wird unser aller Aufgabe sein – in den natio­na­len Parlamenten wie bei uns im Europäischen Parlament, im Rat und in der Kom­mission –, daraus Vorschläge zu machen, die unser gemeinsames Europa weiter voranbringen. –


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Ich danke für die Aufmerksamkeit. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

13.41


Präsident Ing. Norbert Hofer: Zu Wort gelangt nun Frau Abgeordnete Claudia Gamon. – Bitte schön, Frau Abgeordnete.


13.41.38

Mitglied des Europäischen Parlaments Claudia Gamon, MSc (WU) (NEOS): Sehr geehrter Herr Präsident! Werte Kolleginnen und Kollegen! Es ist schön, dass wir wieder einmal eine EU-Erklärung haben, auch wenn deren Zweck vielleicht nur war, eine Ministeranklage irgendwie in die ungünstige Fernsehzeit zu verschieben. (Zwischenruf der Abg. Disoski. – Zwischenruf des Abg. Bernhard.)

Ich weiß, ihr seid es wirklich nicht gewohnt, auch den EU-Abgeordneten ab und zu zuzu­hören, aber ich möchte jetzt schon ein paar Worte sagen, nämlich: Das ist typisch. Es ist etwas, was wir von der ÖVP genau so kennen, denn wenn man über die Europäische Union redet, hat alles eigentlich nur einen Zweck, und zwar von den eigenen Fehlern abzulenken und stattdessen zu unterstellen, dass EU-Institutionen und europäische PartnerInnen für etwas verantwortlich seien. Genau so funktioniert es immer wieder.

Das letzte Jahr hat sich da ziemlich nahtlos in die Greatest Hits der antieuropäischen Rhetorik der ÖVP eingereiht. Es ging um einen ominösen – unter Anführungszeichen – „Impfbasar“ und – unter Anführungszeichen – „geheime“ Liefervereinbarungen, die der Bundeskanzler irgendwo bei der Kommission vermutet hat. Fakt war dann aber doch, dass Österreich – wie alle anderen Mitgliedstaaten auch – natürlich in alle Entschei­dungen sehr klar und sehr eng eingebunden war. Doch anstatt die Verantwortung für Unwissenheit und Fehlentscheidungen auch bei sich selbst zu suchen, hat man wieder woanders gesucht und relativ absurde Vorwürfe auch in Richtung der europäischen Institutionen gerichtet.

Aktuelles Beispiel: der grüne Pass. Die ÖsterreicherInnen wissen ja, wie es darum steht, nämlich vielleicht, vielleicht auch nicht. Eigentlich wissen wir es nicht wirklich. Was steht jetzt drinnen? Wann sind die Geimpften dabei? Ist er eigentlich praktikabler als ein ausgedrucktes PDF? Im Moment sind wir uns da noch nicht sicher. Was hat aber Bundeskanzler Kurz noch im März dazu gesagt? – „Wir wollen nicht auf die Umsetzung auf europäischer Ebene warten“ müssen. (Beifall bei den NEOS und bei Abgeordneten der SPÖ.) Jetzt warten wir natürlich immer noch auf die Umsetzung auf österreichischer Ebene und darauf, dass sie dann abgeschlossen ist. Heute ist nämlich die EU-Infrastruktur schon fertig. Was bei der Deadline am 1. Juli dann in Österreich zur Verfügung steht, steht in den europäischen Sternen.

Die ÖVP schädigt nicht nur unsere gemeinsamen Institutionen, sondern schürt auch Ressentiments gegen unsere MitbürgerInnen auf europäischer Ebene und gegen andere Regierungen in Europa und schadet damit auch unserem Ansehen in der gesamten Europäischen Union. Wir erinnern uns an das, was Sebastian Kurz über andere EU-Mitgliedstaaten gesagt hat, die seiner Meinung nach „schlicht und ergreifend in ihren Systemen kaputt“ seien. – Ich glaube, die Menschen, die in diesen Ländern leben, die er damals angesprochen hat, müssen nur regelmäßig Zeitung lesen, um über die wöchentlichen neuen Enthüllungen zu Korruptionsverdacht oder Ähnlichem in der ÖVP lesen zu können, und sind entsetzt. Staaten, die in ihren Systemen irgendwie kaputt sind: Was könnte damit eigentlich gemeint sein?

Die ÖVP verspielt den ehemals guten Ruf Österreichs eigentlich nur, um damit politi­sches Kleingeld zu machen. In der ÖVP steht die eigene Karriere über dem Land, über den Bürgern und über der Europäischen Union. Das ist das Grundproblem, das wir im


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Moment in Österreich haben. (Beifall bei den NEOS.) Solange es nämlich der ÖVP hilft, ist der Kollateralschaden vollkommen egal – egal, wo er entsteht.

Wir haben in den letzten Wochen gesehen, was für Auswirkungen dieses über die Jahre hinweg betriebene EU-Bashing hat. Wer sich das letzte Eurobarometer angeschaut hat, auch darüber, was das Ansehen der Europäischen Union und das Vertrauen der Öster­reicherinnen und Österreicher in die Europäische Union betrifft, konnte sehen, dass die ÖVP mit ihrer Arbeit in ihrem Sinne erfolgreich gewesen ist. Die Österreicherinnen und Österreicher verlieren aufgrund der ÖVP das Vertrauen in die Europäische Union. Das ist ein nachhaltiger Schaden, den die ÖVP ganz alleine zu verantworten hat. (Beifall bei den NEOS sowie des Abg. Matznetter.) Da hat Ihnen nicht einmal die FPÖ helfen müs­sen, das haben Sie ganz alleine hingekriegt.

Nicht einmal die ÖVP kann aber etwas dagegen tun, dass die Bürgerinnen und Bürger größere Erwartungen an die Politik haben und sich von der Politik mehr erwarten. Sie erwarten sich auch mehr von Europa. Europa weiterzuentwickeln ist die Aufgabe, der sich auch die ÖVP in der Konferenz zur Zukunft Europas wird stellen müssen. (Abg. Kugler: Da sitzen wir! Da sitzen wir! – Abg. Hanger: Hier sind wir! Sie reden immer da rüber!)

Ich bin wirklich gespannt, ob wir denn bei dieser Zukunftskonferenz noch ins Reden kommen. Ich werde nämlich zuschauen, was ihr dabei machen werdet. (Abg. Hanger: Tolle Rede! – Weitere Zwischenrufe bei ÖVP und Grünen.) Ich bin wirklich daran interessiert, ob irgendwelche sinnvollen Vorschläge zur EU-Reform kommen werden oder ob man sich wieder einmal damit zufriedengibt, den Fehler bei den anderen zu suchen, so wie es die ÖVP immer schon tut. (MEP Mayer: Sie machen seit 5 Minuten nichts anderes!) Es ist immer dasselbe. Wir werden Sie damit nicht durchkommen las­sen. (Beifall bei den NEOS sowie des Abg. Matznetter.) Die Europäerinnen und Euro­päer haben andere Erwartungen an die Zukunft der Europäischen Union, nämlich mehr, als ihnen die ÖVP zutrauen würde. (Beifall bei den NEOS sowie des Abg. Matznetter. – Abg. Hanger: Sensationelle Rede!)

13.46


Präsident Ing. Norbert Hofer: Zu Wort gelangt Frau Abgeordnete Mag.a Carmen Jeitler-Cincelli. – Bitte schön, Frau Abgeordnete.


13.46.51

Abgeordnete Mag. Carmen Jeitler-Cincelli, BA (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Frauen Ministerinnen! Hohes Haus! Ich bin jetzt ehrlich gesagt ein bisschen baff, weil ich denke: Selber 5 Minuten zu nutzen und nicht ein einziges Mal zum Thema zu machen: Wohin wollen wir? Wo ist die Zuversicht? Wo gehen wir mit Europa hin?, sondern nur über die ÖVP und den Kanzler abzulästern, ist völlig absurd. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Grünen.)

Die Zukunftskonferenz Europas heißt das Thema! Ehrlich gesagt habe ich das Gefühl, die NEOS sind wirklich schon lange nicht mehr das, was sie waren. Ich glaube, dass das Matthias furchtbar wehtut, aber ich sage dazu jetzt gar nichts mehr weiter. (Abg. Matznetter:  ...von der ÖVP ...!)

Konferenz, conferre: Das Wort conferre kommt aus dem Lateinischen und heißt: zusam­mentragen, einander nahebringen, beitragen. Der Dialog, in den wir jetzt treten, ist ein offener Dialog mit den Menschen in ganz Europa, und es sollen sich alle bewusst ein­geladen fühlen. Ich freue mich ganz besonders, dass auch MEPs, also Europaabgeord­nete, hier sind, weil das wirklich zu selten vorkommt. Ich glaube, dass wir uns so auch besser mit den Themen identifizieren können und selbst ein bisschen in den Dialog kommen.


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Ich möchte betreffend diesen Dialog heute drei Fragen aufwerfen und einbringen. Die erste Frage ist: Was macht uns als Europa eigentlich aus? Wer sind wir und was ist unsere Identität? Was ist unsere Rolle, die Essenz, die Rolle in unserer Welt?

Für mich ist Europa in erster Linie die Heimat großer Denker. Europa ist ein Kontinent der Philosophen, der Erfinder, der Wissenschaftler, der Entdecker. Wir haben den Geist der Kreativität, der Kultur, der Architektur. Allein wenn man sich diese Räume anschaut, das Design, die Innovationskraft: All das basiert auf einem wachen Geist. Unsere gemeinsame europäische DNA ist die enorme Schöpfungskraft der Menschen.

Worauf basiert diese Schöpfungskraft? – Ich habe darüber nachgedacht: Für mich ist es die Freiheit. Wir sind ein Kontinent der Freiheit, ein Kontinent freier Menschen, die frei denken dürfen und Individuen sind. Gio Hahn hat das letzte Woche beim Europaforum Wachau so bezeichnet, er hat gesagt: Im Gegensatz zu den USA und China haben wir eine Demokratie eingebettet in eine ökosoziale Marktwirtschaft als Gegenmodell zu Diktatur und Turbokapitalismus. – Sehr geehrte Damen und Herren, das trifft es. Es ist ein Privileg, so leben zu dürfen. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Grünen.)

Die zweite Frage ist für mich: Was haben wir in diesem Europa bereits erreicht? – Wir haben Frieden, wir haben eine intakte Natur, wir haben einen reichen Kulturschatz, architektonische Meisterwerke wie eben dieses Haus, wie Wien, wie Mailand, wie Paris, all das, was wir so schätzen. Wir haben mit Abstand den attraktivsten Absatzmarkt der Welt. Nur 5 Prozent der Weltbevölkerung erreichen über 20 Prozent der Weltwirt­schafts­leistung. – Bundesministerin Karoline Edtstadler, danke auch für dein klares Bekenntnis zum Freihandel.

Ja, wir werden uns in vielerlei Hinsicht klarer bekennen müssen, und da werden wir uns auch noch zusammenraufen müssen – ein ganz klares Bekenntnis. Wir finanzieren da­mit Sozialleistungen  da auch ein Appell an die SPÖ –, 50 Prozent der weltweiten Sozialleistungen gibt es in Europa – 50 Prozent! –, und auch die Entwicklungshilfegelder kommen aus Europa. (Zwischenrufe bei der SPÖ.) Und ich bin stolz darauf! (Zwischenruf des Abg. Matznetter.) Wir haben ein Sicherheitsnetz, das einen im Alter, während einer Krankheit, in jeder Lebenssituation absichert – darauf können wir stolz sein. (Abg. Matznetter: Was ist mit ...?) Ganz klar ist aber: Wir dürfen es nicht überreizen. Irgend­wann ist eine Grenze erreicht, an der auch ein System kollabieren kann. (Beifall bei der ÖVP. – Abg. Matznetter: Nicht mit uns!)

Die dritte Frage: Wer wollen wir als Europa von morgen sein, und wie werden wir wieder die beste Version von uns selbst?  Es kratzt natürlich an unserem Selbstbewusstsein, an unserem Selbstwert: Brexit; die Schweiz und das Rahmenabkommen, das scheitert, das nicht angenommen wird. Dieses Gefühl, unattraktiv zu sein, also dass man sagt: Die wollen nicht zu mir gehören!, kennt vielleicht jeder, und ich glaube, wir müssen uns ganz bewusst selber auf den Weg begeben, uns wieder attraktiv zu fühlen, wieder einen Selbstwert zu entwickeln. Das ist die eigentliche Frage. Es ist eine Frage der Vernunft, diesen Wert bewusst zu sehen, und dafür brauchen wir eine ganz neue Geschlossenheit.

Ein klarer Blick geht da nach Südosteuropa, das ist notwendig – danke auch da für ganz klare Worte. Ja, Südosteuropa, das ist unsere Zukunft. Es muss ganz klar sein, dass wir da nicht mehr nur Signale absenden, sondern dass jetzt Taten folgen. Ich komme gerade aus dem Kosovo; da sind Menschen bemüht, die wirklich Seite an Seite so hart daran arbeiten, dieses Land in die EU zu führen, und es ist unser Job, sie dabei zu unter­stützen. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Grünen.)

Zu guter Letzt: Wie werden wir nun die beste Version von uns selbst? – Der Weg kann nur sein: Optimismus und Zuversicht, kein Gekäffe wie vorhin von Kollegin Gamon, son­dern Prosperität, Zuversicht. Die Prognosen sind erhellend, mit der Wirtschaft geht es nach oben. (Zwischenruf des Abg. Matznetter. – Präsident Hofer gibt das Glockenzeichen.)


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Investieren wir in Zukunftschancen, hier auch nachhaltige Themen genannt, und glau­ben wir an die Menschen, an unsere unendliche Schöpferkraft in Europa! (Präsident Hofer gibt neuerlich das Glockenzeichen.) Was Europa braucht, ist ein neuer Geist der Begeiste­rung.

Herr Hofer, ganz kurz noch an Sie: Ich würde Sie bitten, dass Sie uns weiter unter­stützen, wenn wir das nächste Mal über ein SDG-Papier oder etwas Ähnliches abstim­men, auch wenn es außenpolitisch ist. Ich glaube nämlich, diese Zukunftskonferenz (Präsident Hofer gibt neuerlich das Glockenzeichen), alles, was diese Nachhaltig­keits­themen, die unser Europa ausmachen, betrifft, ist unser Sprungbrett für ein noch stär­keres Europa und ein klares Bekenntnis zur Freiheit, zu unserem European Way of Life. – Danke. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Grünen.)

13.52

13.52.22*****


Präsident Ing. Norbert Hofer: Sehr geehrte Frau Abgeordnete, ich bin mir nicht sicher, ob Sie vorhin in Richtung Abgeordneter Gamon Gekläffe gesagt haben. Habe ich mich verhört? (Abg. Jeitler-Cincelli – auf dem Weg zu ihrem Sitzplatz –: Ich weiß gar nicht – Gekeife? – Zwischenrufe bei ÖVP und FPÖ. – Ruf: Gekeife!? – Abg. Matznetter: ... nicht verhört!) – In diesem Fall muss ich Ihnen für diese Wortwahl einen Ordnungsruf erteilen.

*****

Zu Wort gemeldet ist nun Frau Abgeordnete Julia Elisabeth Herr. – Bitte schön, Frau Abgeordnete.


13.52.55

Abgeordnete Julia Elisabeth Herr (SPÖ): Herr Präsident! Sehr geehrtes Hohes Haus! Die Zukunftskonferenz der EU – ein Prozess, um die Europäische Union zu reformieren. Ich will dazu zwei Punkte einbringen.

Zuerst: Die Zukunft der EU, das ist nichts Externes. Wir schreiben sie alle gemeinsam tagtäglich, gestern und auch heute, und deshalb zählen nicht vordergründig die schönen Reden der Regierungsvertreterinnen, die wir heute gehört haben, sondern die Taten der letzten eineinhalb Jahre auf europäischer Ebene.

Da komme ich zum ersten Punkt, den auch Kollegin Jeitler-Cincelli angesprochen hat: Wir sollen auf unseren Sozialstaat stolz sein – ich sehe das genauso! Wir sollen auf unsere sozialpolitischen Errungenschaften stolz sein, darauf, dass wir im Vergleich mit anderen EU-Ländern der Arbeit einen größeren Wert geben, dass wir 98 Prozent aller Jobs in diesem Land durch Kollektivverträge abdecken und arbeitsrechtliche Mindest­standards festschreiben, was zum Beispiel den bezahlten Urlaub betrifft, oder aber auch einen Mindestlohn, denn Arbeit muss sich lohnen. Ja, ich sehe es wie Sie, darauf sollten wir stolz sein! (Beifall bei der SPÖ.)

Genau dazu liegt jetzt aber ein Vorschlag auf dem Tisch, um in ganz Europa, in der gesamten EU nachzuziehen, nämlich Kollektivverträge zu unterstützen und endlich auch einen EU-weiten Mindestlohn umzusetzen. Wer aber blockiert das? – Sie! Die Bundes­regierung, die österreichische Bundesregierung, stellt sich da in Person des ÖVP-Arbeitsministers im Kampf für faire Löhne in der ganzen EU quer. Selbst dann, wenn es Österreich gar nicht direkt treffen würde, weil unsere Bestimmungen ohnehin schon weitergehend sind, sind Sie dagegen. Da bringt es überhaupt nichts, wenn Sie hier heute schöne Worte aussprechen und sagen, der Sozialstaat sei so wichtig, wenn Sie dann


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gleichzeitig diejenigen sind, die faire Löhne in ganz Europa verhindern. (Beifall bei der SPÖ.)

Wir brauchen auch nicht zu glauben, dass es uns nicht indirekt trifft, wenn in einem Land wie Polen beispielsweise die Menschen Vollzeit arbeiten und dann zum Beispiel mit unvorstellbaren 500 Euro nach Hause gehen. Dann brauchen wir uns nicht zu wundern, wenn österreichische Traditionsbetriebe wie ATB Spielberg nach Polen abgesiedelt wer­den, weil dort eben billiger produziert werden kann – auf Kosten der dort vor Ort arbei­tenden Menschen. Dann brauchen wir uns auch nicht zu wundern, wenn es Diskus­sionen gibt, ob MAN Steyr nach Polen abwandert, weil man dort eben billiger produ­zieren kann, weil die Arbeitskräfte dort ganz einfach nichts verdienen. Ein Drittel von dem, was wir in Österreich durchschnittlich verdienen, wird in Polen ausbezahlt!

Diese Politik, wenn hier Arbeitsplätze abwandern, trifft uns in Österreich mitten ins Herz. Das ist eine Lose-lose-Politik, die Sie da betreiben! Das ist ein Lose für die österreichi­schen Arbeitnehmer und Arbeitnehmerinnen, die ihren Arbeitsplatz verlieren, weil er abgesiedelt wird, und das ist auch ein Lose für die ArbeitnehmerInnen in unseren Nachbarländern, die um ihren fairen Lohn betrogen werden – Lose-lose.

Die Einzigen allerdings, die davon profitieren, sind jene, die dieses Lohngefälle aus­nutzen, die ihre Produktionsstandorte in einem Wettlauf nach unten immer genau dorthin verlegen, wo es gerade am billigsten ist, um eben billiger zu produzieren und mehr Profit zu erwirtschaften. Davon hat die Allgemeinheit allerdings nichts, und genau dieses Prinzip – da komme ich auch schon zum zweiten Punkt – finden wir in Diskussionen ganz oft vor, wenn es um die EU geht, auch wenn es um die Besteuerung von großen Konzernen geht. Da unterbieten sich seit Jahren die Nationalstaaten in der EU, wer den Konzernen denn noch mehr Profite ermöglicht, wer noch weniger Steuern von ihnen verlangt.

In unserem Nachbarland, der Slowakei, sind es 19 Prozent. In Zypern sind es 12,5 Pro­zent, in Malta effektiv überhaupt nur mehr circa 10 Prozent. Dann ist Orbán gekommen und hat gesagt: Nein, ich bin noch billiger, bei mir sind es nur 9 Prozent! – In Irland wollen die überhaupt keine Steuern mehr, die sagen: Nein, nein, behaltet euch das Geld!

Wir, die Nationalstaaten, lassen uns gegeneinander ausspielen – wer geht noch weiter runter? –, und was am Ende passiert, ist, dass große Milliardengewinne nicht mehr versteuert werden, während jeder normale, arbeitende Mensch bei jeder Wurstsemmel, die er kauft, Steuern zahlen muss. (Beifall bei der SPÖ.) Das ist dieser Wettlauf nach unten, und den müssen wir beenden!

Daran wird die Zukunft der EU zu messen sein: ob wir es schaffen, den Gewinn, den wir alle gemeinsam erwirtschaften, den Wohlstand, den wir alle gemeinsam erwirtschaften, fair zu verteilen, sodass auch die arbeitenden Menschen etwas davon haben, nicht nur die Aktionäre und Aktionärinnen. Deshalb brauchen wir erstens einen europäischen Mindestlohn, und zweitens brauchen wir in dieser Europäischen Union eine Mindest­gewinnbesteuerung, denn alle müssen ihren Beitrag leisten. – Das sind die zentralen Fragen.

An beide Ministerinnen: Ich habe Ihnen bei Ihren Statements sehr gut zugehört. (Prä­sident Hofer gibt das Glockenzeichen.) Diese sozialpolitischen Punkte haben Sie nicht einmal angesprochen. Das ist einfach nicht zeitgemäß! Die Europäische Union im Jahr 2021 muss klarstellen: Arbeit muss sich lohnen, und sie ist uns auch etwas wert. – Danke schön. (Beifall bei der SPÖ.)

13.58


Präsident Ing. Norbert Hofer: Herr Abgeordneter Mag. Dr. Georg Mayer ist jetzt zu Wort gemeldet. – Bitte schön, Herr Abgeordneter.



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13.58.22

Mitglied des Europäischen Parlaments Mag. Dr. Georg Mayer, MBL-HSG (FPÖ): Herr Präsident! Geschätztes Hohes Haus! Liebe Frau Europaministerin, zunächst einmal möchte ich mich bei Ihnen bedanken. Ich finde es nämlich bemerkenswert, dass Sie hier in der Öffentlichkeit zumindest einmal sagen, dass Kritik an dieser Europäischen Union möglich sein muss und durchaus auch angebracht ist. Das ist für mich schon einmal ein bemerkenswerter Schritt in eine richtige Richtung, denn wir werden ja seit Jahr und Tag dafür geprügelt, dass wir sagen: Es muss sich in dieser Europäischen Union etwas ändern. – Dafür gibt es zahlreiche Gründe, wir wissen das, Sie waren einmal Kollegin im Europaparlament.

Wenn man dann heute – diese europapolitische Stunde ist ja Gott sei Dank in die Verlängerung gegangen, wir dürfen jetzt also nahezu 2 Stunden über Europapolitik diskutieren – Kollegin Gamon und Kollegen Waitz hört, also das, was sie hier so zum Besten geben, dann muss man sagen: Da fehlt ja nun wirklich jede Vision für eine Zukunft Europas, dafür, wohin diese sich entwickeln soll.

Wir leben in einer Zeit – das haben wir auch schon diskutiert –, die wahrscheinlich seit dem Ende des Zweiten Weltkrieges die größte Krise ist. Wir haben jetzt ein Zeitfenster, in dem wir durch die Gesetzgebung und auf europäischer Ebene auch durch die Schaffung von Rahmenbedingungen Unternehmen, die in der Krise gelitten haben, stärken können.

Frau Kollegin Herr, ich habe das schon im Wahlkampf immer von Ihnen gehört: dieses Bashing der Industrie, wie Sie es nennen, oder der Konzerne. Also 99 Prozent der Unternehmen in Österreich sind Klein- und Mittelbetriebe, kleine und mittlere Unterneh­men, die Arbeitsplätze in Österreich schaffen. Das ist nicht die SPÖ, die das macht, das sind die Unternehmer, Frau Kollegin Herr. Vielleicht überdenken Sie dieses Bashing einmal, denn diese Menschen kämpfen um ihre Existenz. Ich glaube, wir sollten ein gemeinsames Ziel haben, nämlich Unternehmen zu stärken, die dann am Ende des Tages natürlich auch die Arbeitsplätze für die Menschen im Land schaffen.

In diesem essenziell wichtigen Zeitfenster, das uns nur wenig Zeit lassen wird, sind wir jetzt und müssen in Österreich, aber auch in Europa die Weichen für die Zukunft der Menschen stellen. In dieser Zeit macht die Europäische Kommission eine Industrie­politik, bei der man den Eindruck hat, dass sie genau das Gegenteil will, dass sie nicht die Unternehmen stärken will, sondern den Unternehmen Steine in den Weg legen will. Das ist ein völlig irrlaufender Klimaschutz, der Green Deal genannt wird, bei dem man sich von einem kleinen Mädchen aus Schweden und von Medien treiben lässt.

In den nächsten 20 Jahren werden Maßnahmen gesetzt werden, die geradezu dazu dienen, Unternehmer in ihrer Entwicklung zu behindern, etwa die Reduktion der Treib­hausgase. Das hat man ja jetzt wieder verschärft: Bis 2030 sollen diese um 55 Prozent gesenkt werden. Das geht bis 2050 in Richtung Nullstellung der Treibhausgase. Da werden Steine in den Weg gelegt, das ist völlig unrealistisch und schlicht nicht umsetz­bar.

Was heißt denn das aufseiten der Energielieferanten? – Das heißt nichts anderes, als dass sich die Atomlobby in Brüssel bereits die Hände reibt, denn die sind die Ersten, die mit ihren Atommeilern sagen werden: Wir machen grüne Energie. Das geschieht in einem Land – da wundert es mich ein bisschen, dass man da bei den Grünen so wenig hört, aber die lassen sich ja mit ihrer Regierungsbeteiligung momentan wie ein Tanzbär von der ÖVP durchs Plenum ziehen –, in dem man stolz darauf ist, dass man eben keinen Atomstrom hat.


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Mit dieser Industriepolitik, geschätzte Kollegen, sind wir in Europa auf dem besten Weg, ein europäisches Disneyland für Amerikaner und Asiaten zu werden, die dann nur mehr zu Tourismuszwecken zu uns nach Europa und nach Österreich kommen. Diesen Weg halte ich – und ich glaube: halten wir – für den völlig falschen Ansatz. Unternehmer gehören unterstützt, Rahmenbedingungen gehören geschaffen, damit die Wirtschaft frei arbeiten kann, und so sollten wir sie auch arbeiten lassen. – Danke schön. (Beifall bei der FPÖ.)

14.02


Präsident Ing. Norbert Hofer: Nächste Rednerin ist Frau Klubobfrau Sigrid Maurer. – Bitte schön, Frau Abgeordnete.


14.02.46

Abgeordnete Sigrid Maurer, BA (Grüne): Sehr geehrter Herr Präsident! Werte Minis­terinnen! Werte Kolleginnen und Kollegen! Liebe ZuseherInnen! Meinem Vorredner von der FPÖ kann ich nur ins Stammbuch schreiben: Herr Kollege, ohne intakten Planeten wird es auch keine intakte Wirtschaft mehr geben, nämlich gar keine. Wir müssen diesen Planeten retten, und natürlich müssen wir das tun, indem wir ganz ambitionierte Klimapolitik machen. Da sind Sie leider auf dem Holzweg. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Ich freue mich aber, dass die große Mehrheit in diesem Saal sachlich, zuversichtlich und zukunftsorientiert über die künftige Ausrichtung der EU und den Weg dorthin diskutieren möchte. Ein bisschen enttäuschend, muss ich sagen, war der Beitrag von Kollegin Gamon. Ich bin extra im Saal geblieben, um ihn zu hören, aber ich habe leider keine einzige Idee gehört, sondern eigentlich nur innenpolitisches Lamento. Das ist ein bisschen schade.

Die Europäische Union ist eine der größten Errungenschaften des 20. Jahrhunderts, und ich kann mich noch gut an das Referendum erinnern. Ich war damals elf Jahre alt, die ganze Familie hat verfolgt, wie das wohl ausgehen wird. Ich habe sicher nicht ganz genau verstanden, was da passiert, aber meine Eltern haben sich sehr gefreut, und deshalb habe ich mich auch sehr gefreut, dass es gelungen ist, dass Österreich der EU beitritt.

Es war eine schöne Idee, dass dieses Europa jetzt zusammenwächst und dass wir beispielsweise mittelfristig überall mit demselben Geld zahlen können. Ich bin im Stubaital aufgewachsen, das liegt am Brenner. Wenn wir über den Brenner nach Südtirol gefahren sind, haben wir dort mit Lire bezahlt. Dass das wegfällt, war eine ganz besondere Weiter­entwicklung. Man hat gemerkt: Okay, da geschieht etwas Großes, da entwickelt sich etwas weiter.

Die EU war ein großes Versprechen, und sie ist jetzt nicht mehr wegzudenken. Wir haben mit der Europäischen Union eine Verantwortungs- und Solidargemeinschaft mit gemeinsamen Regeln, Grundlagen und Werten aufgebaut. Die EU steht für Werte wie Freiheit, Demokratie, Rechtsstaatlichkeit, Gleichberechtigung, Menschenrechte, aber auch für Wohlstand und Zusammenhalt. Zusammenhalt in guten Zeiten ist jetzt nicht die große Herausforderung, in schlechten Zeiten zeigt sich dann, was es trägt. Zusam­menhalten heißt, Krisen zu bewältigen und auch unangenehmen Wahrheiten ins Gesicht zu schauen. Das erfordert die notwendige Bereitschaft aller Länder dazu, und das erfor­dert auch Mut.

Dass genau dieser Mut und diese Bereitschaft in Europa vorhanden sind, hat sich in den letzten Monaten gezeigt. Der RRF ist der größte Wiederaufbauplan in Europa seit dem Zweiten Weltkrieg. Was hier heute als Schuldenunion beschimpft wird, ist ein einmaliger und absolut notwendiger Kraftakt einer Solidargemeinschaft. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der ÖVP.)


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Dass die EU an einem gemeinsamen Strang zieht, sieht man eben an diesem ge­meinsamen Rahmen, an der Zielsetzung, an den gemeinsamen Zielen der Projekte im RRF. Diese Ziele gehen in eine Richtung, nämlich nach vorne in Richtung Zukunft, ganz zentral durch Klima- und Digitalisierungsprojekte. (Beifall bei den Grünen sowie des Abg. Smolle.)

Die Globalisierung, die Digitalisierung lassen die Welt enger zusammenrücken, und die Krisen, die wir zu bewältigen haben, machen alle nicht an den Ländergrenzen halt, weder die Pandemie noch die Klimakrise. Es sind globale Herausforderungen, und sie betreffen alle Menschen auf diesem Planeten. Diese kurzfristigen und langfristigen Krisen zeigen: Wir müssen die europäische Zusammenarbeit verstärken und gerade in Sachen Entscheidungsfähigkeit zulegen. Die Coronakrise hat nämlich schon auch eindrucksvoll gezeigt – aber halt leider manchmal in einem Schneckentempo –, welche Kraft und Krisenlösungsfähigkeit die EU besitzt.

Der RRF spricht diesbezüglich eine deutliche Sprache und zeigt auch, dass die EU aus Krisen lernen und sich weiterentwickeln kann. Diesen Schwung müssen wir mitnehmen und uns im Zuge der Konferenz zur Zukunft Europas – wie im Regierungsprogramm vereinbart – für eine weitreichende zivilgesellschaftliche Beteiligung, die Annahme von Beschlüssen mit qualifizierter Mehrheit in zusätzlichen Bereichen, ein Initiativrecht des Europäischen Parlaments und die Ausweitung des Mitentscheidungsverfahrens ein­set­zen.

Was heißt das? – Ich möchte gern das Initiativrecht des Europäischen Parlaments herausgreifen. Stellen Sie sich vor, insbesondere die Abgeordneten der Opposition, Sie könnten hier in diesem Parlament keine Gesetzesanträge stellen, Sie könnten von sich aus keine Initiativanträge stellen, nicht selbst etwas einbringen! Das ist im Europäischen Parlament Realität. Diese Beschränkung gibt es dort, und es wäre eine ganz zentrale Weiterentwicklung, dass das Europäische Parlament Initiativrecht erhält, damit unsere Abgeordneten dort gesetzgebend wirken können. (Beifall bei den Grünen.)

Zentrales Ziel der Zukunftskonferenz Europa - - (Präsident Hofer gibt das Glocken­zeichen.) – Oje! Gut, dann muss ich einen größeren Teil meiner Rede leider übersprin­gen. Was ich noch sagen möchte: Direkte BürgerInnenbeteiligung ist enorm wichtig, wir sehen das in Vorarlberg an den BürgerInnenräten. Wir schaffen einen Klimarat, und ich möchte alle Bürgerinnen und Bürger zur aktiven Teilnahme und Mitgestaltung auffordern. – Vielen Dank. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

14.08


Präsident Ing. Norbert Hofer: Ich darf die Abgeordneten daran erinnern, dass wir am Rednerpult auch eine Digitaluhr haben, auf der man genau sieht, wie viel Zeit noch für die Rede übrig bleibt.

Nächster Redner: Herr Dr. Nikolaus Scherak. – Bitte, Herr Abgeordneter.


14.08.26

Abgeordneter Dr. Nikolaus Scherak, MA (NEOS): Herr Präsident! Frau Bundes­minis­terin! Frau Bundesministerin! Ich glaube, die Zukunftskonferenz gibt uns die großartige Möglichkeit, über die wichtigen Fragen in der Europäischen Union und die Weiterent­wicklung intensiv zu diskutieren. Ich finde, die Einbindung sowohl der nationalen Par­lamente, des Europäischen Parlaments als auch der Bürgerinnen und Bürger ist not­wendig, weil klar ist, dass nach der Krise, in der wir uns jetzt längere Zeit befunden haben, ein Neustart schlichtweg notwendig ist. Diese Zukunftskonferenz gibt die Mög­lichkeit, diesen Neustart auch ordentlich hinzubekommen.


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Was aber für so einen Neustart innerhalb der Europäischen Union notwendig ist, Frau Bundesministerin, ist aus meiner Sicht schon ein klares Bekenntnis der Bundesregierung zur Europäischen Union, und das an 365 Tagen.

Frau Bundesministerin, Sie haben angesprochen, dass das Image der Europäischen Union nirgendwo so schlecht ist wie in Österreich. Das ist erschreckend, da gebe ich Ihnen recht. Man muss sich halt überlegen, wieso das so ist. Das ist das, was Frau Kol­legin Gamon vorhin angesprochen hat: Wenn man immer dann, wenn etwas schiefgeht, die Schuld an Brüssel abschiebt und immer dann, wenn etwas großartig ist, sagt: Na, die in Brüssel haben gar nichts gemacht, sondern wir in Österreich waren das!, dann braucht man sich nicht zu wundern, dass sich die Österreicherinnen und Österreicher vielleicht auch nicht so zur Europäischen Union bekennen. Dann ist natürlich die österreichische Bundesregierung mit schuld daran. (Beifall bei den NEOS.)

Es gibt Hunderte Beispiele. Erinnern Sie sich an die Impfstoffbeschaffung: Die Euro­päische Union hat es verbockt; ich, Sebastian Kurz, habe es gelöst!, an die Diskussion über das Schnitzel und die Pommes, die der Bundeskanzler eine Woche vor der letzten Europawahl noch einmal entfacht hat: Die Europäische Union will unser Schnitzel verbieten!, und an die Frage der Verwaltungsausgaben auf europäischer Ebene, bei der es nur darum ging, Brüssel schlechtzumachen.

Ich glaube, die Welt verändert sich, die Europäische Union verändert sich, die geo­politischen Herausforderungen sind ganz, ganz andere, als sie das vor vielen Jahren waren. Wir müssen im Zusammenhang mit der Zukunftskonferenz die Chance nutzen, dass wir uns entsprechend weiterentwickeln. Man muss sich nur vorstellen, wo wir denn hinwollen und welche Rolle wir in der Welt spielen wollen. Denken Sie an die Präsidentschaftsjahre von Donald Trump – die ja noch nicht so lange her sind – und an die Art und Weise, wie da Politik gemacht wurde und wie schwierig es auch für die Europäische Union war, da einen verlässlichen Partner zu haben! Dazu kann es immer wieder kommen. Zum Glück ist jetzt mit Joe Biden ein überzeugter Transatlantiker amerikanischer Präsident, der auch bei dem Treffen schon klar gesagt hat, dass er weiterhin eine Partnerschaft auf Augenhöhe haben will.

Wir müssen aber handlungsfähiger werden, und ein wesentlicher Schritt zur Handlungs­fähigkeit der Europäischen Union ist, dass wir endlich das Einstimmigkeitsprinzip weg­bringen, dass wir das schaffen, insbesondere in so wichtigen Bereichen wie der Außen­politik, um auch klar sagen zu können, wie wir als Europäische Union etwas haben wollen.

Wir brauchen mehr Kooperation in der Sicherheits- und Verteidigungspolitik; von der Migrationspolitik gar nicht zu reden. Es ist ja absurd, zu glauben, dass wir es schaffen, die Migrationsfragen nationalstaatlich zu lösen. Das haben Sie (in Richtung Bundes­ministerin Edtstadler) auch angesprochen, es ist absolut unmöglich.

Wir müssen auch – und das halte ich auf europäischer Ebene für ganz essenziell – Rahmenbedingungen schaffen, dass Unternehmerinnen und Unternehmer so wirtschaften können, so arbeiten können, dass wir insgesamt als Europäische Union auch wettbewerbsfähig sind und eben nicht das Problem haben, dass in anderen Ländern ganz anders produziert werden kann und wir, weil wir das nicht schaffen, dementsprechend immer wieder ins Hintertreffen geraten.

Wir müssen die Hochschul- und Forschungsinfrastruktur überarbeiten und eine klare Priorität setzen. Wir brauchen eine ernsthafte Reform des Wettbewerbsrechts – auch das ist eine ganz essenzielle Frage – und, ja, wir müssen natürlich Bürokratie abbauen. Das ist eines der wenigen Dinge, in denen ich mit der ÖVP übereinstimme. Die Frage ist nur, wo. Ein wesentlicher Schritt ist – das haben wir schon längst vorgeschlagen, und es ist auch aus österreichischer Sicht, glaube ich, sehr sinnvoll –, dass wir klar sagen: Es


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braucht keine so große Europäische Kommission, es braucht nicht für jeden Staat einen einzelnen Kommissar. Man kann jedenfalls die nationalen Quoten entsprechend ab­schaffen.

Wir brauchen bei der EU-Parlamentswahl – davon sind wir auch überzeugt – eine viel größere Identität, sprich transnationale Listen. Kollege Waitz hat vorhin die Direktwahl des Kommissionspräsidenten, der Kommissionspräsidentin angesprochen. Auch das ist jedenfalls etwas Sinnvolles.

Und wir müssen natürlich, wenn es um den Rechtsstaat, um die Rechtsstaatlichkeit geht, viel intensiver daran arbeiten, dass wir die innereuropäischen Verfahren abändern, denn wir können nur dann Rechtsstaatlichkeit und Grund- und Freiheitsrechte irgendwie authentisch in die Welt exportieren, wenn wir das selbst innerhalb von Europa schaffen – auch diejenigen, die das nicht ganz so sehen. An unseren Nachbarn ein paar Hundert Kilometer weiter Richtung Budapest merken wir, wie mit Menschenrechten, mit Grund- und Freiheitsrechten umgegangen wird, die auch mit Füßen getreten werden.

Ich glaube, wenn wir die Zukunft selbst gestalten wollen, dann müssen wir das selbst machen. Wenn wir das nicht tun, dann werden uns andere definieren, und das halte ich für den falschen Weg. (Beifall bei den NEOS.)

14.13


Präsident Ing. Norbert Hofer: Frau Abgeordnete Simone Schmiedtbauer ist die nächste Rednerin. – Bitte schön, Frau Abgeordnete.


14.13.41

Mitglied des Europäischen Parlaments Simone Schmiedtbauer (ÖVP): Herr Prä­sident! Geschätzte Bundesministerinnen! Werte Kolleginnen und Kollegen zum Natio­nalrat! Herzlichen Dank dafür, dass ich heute zur Zukunft Europas Stellung nehmen darf. Ich möchte gleich mit einem ganz klaren Bekenntnis zur Europäischen Union beginnen. Ich bin eine leidenschaftliche Europäerin, ich bin eine glühende, eine brennende Euro­päerin. Auch für mich steht Europa an erster Stelle, ganz klar. Österreich ist ein Teil davon, ich als Mensch, als Bürgerin bin ein Teil davon, und ich bin sehr stolz darauf, gerade in dieser Situation, in dieser Krisenzeit, in der wir uns befinden, ein Teil davon sein zu dürfen.

Wir haben mit der Europäischen Union Geschäftsmodell geschaffen, ein Gesellschafts­modell, das Demokratie, Rechtsstaatlichkeit, nachhaltiges Wachstum, Respekt für Klima und Umwelt und die Lebensqualität der Bürgerinnen und Bürger in Einklang bringt. Ich glaube an ein starkes, vor allem an ein vereintes Europa.

Die Bürgerinnen und Bürger haben hohe Erwartungen – und das zu Recht. Und ja, in letzter Zeit wurden diese Erwartungen nicht vollends erfüllt, aber nicht nur Europa hatte dieses Problem, dieses Problem der Schockstarre gab es auf der ganzen Welt. Die Umfragen, diese 34 Prozent, haben mich sehr, sehr nachdenklich gestimmt. Ich war eigentlich ein klein wenig schockiert darüber, aber ich durfte jetzt den ganzen Vormittag mit Ihnen verbringen und, geschätzte Kolleginnen und Kollegen, nachdem ich mir einige Diskussionsbeiträge von Ihnen angehört habe, wundert es mich nicht, sondern wir können uns gratulieren, dass wir 34 Prozent geschafft haben. (Beifall bei der ÖVP.)

Warum? – Weil Europa bei uns beginnt, bei jedem Einzelnen von Ihnen zu Hause, als Mensch, als Bürger. Europa beginnt nicht vor dem nächsten Gemeindeamt, vor dem Landtag oder hier vor Ihnen in diesem Hohen Haus. Das muss einmal eine Einstellung sein, und zu dieser Einstellung muss man stehen.

Eine Kollegin hier, ich glaube von der FPÖ, hat den Brexit so quasi als positiv erwähnt: Die haben es geschafft, die sind jetzt frei. – Dazu muss ich Ihnen auch eines sagen:


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Dieser Tag im Europaparlament war einer der emotionalsten in meinem Leben. Wir sind zusammengestanden, Kolleginnen und Kollegen, die sich nicht nahegekommen sind, weil wir so viele sind und in verschiedenen Ausschüssen sitzen, haben uns die Hände gereicht, haben uns umarmt und haben geweint, ein kleiner Teil davon. (Abg. Stefan lächelt.) – Da können Sie gerne lachen, das liegt in Ihren Genen. Das muss man ja fast schon wertschätzen, wie Sie das durchziehen. (Abg. Stefan: Das heißt, eine Volks­abstimmung bringt Sie zum Weinen!) Das war einer der traurigsten Momente für uns als Europäerinnen und Europäer.

Eines sage ich Ihnen auch: Wenn wir über Europa, wenn wir über die Zukunft von Europa reden, dann – das ist heute auch schon zur Sprache gekommen, ich glaube, es war Kolle­gin Schwarz, die das gesagt hat – kommt es auch auf das Miteinanderreden an. Und wissen Sie, Herr Kollege, was uns Abgeordnete im Europaparlament ausmacht? Es mag sehr, sehr schwierig sein, aber es macht auch - - (Ruf bei der FPÖ: Abgehoben­heit!) – Abgehobenheit, das ist immer eine Frage der Sichtweise.

Wir haben keine Koalition, wir müssen uns bei jedem Thema zusammenraufen. Wir müssen uns mit uns, mit den Fraktionen auseinandersetzen, wir bleiben am Tisch sitzen und diskutieren so lange, bis es für Europa passt, und es ist selbstverständlich, dass jeder von uns rote Linien überschreiten muss; einmal tut es dem einen weh, einmal dem anderen. Wir stehen dann aber auf und haben etwas für Europäerinnen und Europäer geschaffen (Abg. Stefan: Und für Österreich?), und das ist der Glaube an eine Zukunft Europas. (Beifall bei der ÖVP sowie bei Abgeordneten von Grünen und NEOS.)

Wenn wir über die Zukunft Europas reden, dann müssen wir auch – und ich darf ja Mitglied im Landwirtschaftsausschuss sein – über landwirtschaftliche Betriebe reden, ganz klar. Sie sind systemrelevant und haben uns in dieser Zeit tagtäglich den Tisch gedeckt. Wir müssen ganz sicher ökonomischer, ökologischer, sozialer werden. Wir müssen das Ganze fordern. Vergessen wir aber eines nicht: Wenn wir über die Zukunft reden, dann reden wir über den ländlichen Raum, über die Menschen, wir reden über Klimapolitik im Hinblick auf den Green Deal, und bitte, wir brauchen beim Thema Klima- und Umweltpolitik Anreize, keine Verbote, und bitte agieren wir auch mit Hausverstand! Lassen wir niemanden zurück!

Jetzt liegt es an den Bürgerinnen und Bürgern, sich einzubringen. Hören wir zu, nehmen wir uns Zeit, schätzen wir das Gegenüber! Die Wünsche, die Sorgen, die Bedenken – packen wir das miteinander an! Als glühende Europäerin weiß ich, dass wir gemeinsam aus dieser Krise gestärkt herauskommen können. Es liegt an uns, an unseren Aussagen, an unserer Einstellung. Wenn wir positiv an die Sache, an die Zukunft Europas herangehen, dann werden wir auch einen regen Beteiligungsprozess erleben können. In diesem Sinne, meine geschätzten Kolleginnen und Kollegen: „In Vielfalt geeint“. – Danke für Ihre Aufmerksamkeit. (Beifall bei ÖVP und Grünen.)

14.19


Präsident Ing. Norbert Hofer: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Maximilian Lercher. – Bitte schön, Herr Abgeordneter.


14.19.13

Abgeordneter Maximilian Lercher (SPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Geschätzte Bundesministerin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ja, Frau Minister, ich gebe Ihnen recht: Wenn man Europa weiterentwickeln will, dann muss man auch die kritischen Punkte beleuchten. Man muss das tun, damit Entwicklung entsteht, denn wenn wir ehrlich sind, dann funktioniert Europa in sehr vielen Bereichen, so wie es heute ist, für die ganz normalen Menschen nicht mehr. Wir erleben Steuerdumping untereinander, die Steuerflucht großer Konzerne und ein Lohndumping, das vor allem auch Österreich trifft.


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Bei großen Themen vom Klimawandel bis hin zu Corona sehen wir ein Ächzen und Mühen und erleben letztlich, dass das Band, das uns in Europa zusammenhält, doch sehr dünn geworden ist. Frau Ministerin, da muss man dann, glaube ich, schon auch darüber nachdenken, welche Verantwortung diesbezüglich auch die österreichische Bundesregierung hat, denn wenn wir Sie dabei beobachten, wie Sie auf europäischer Ebene auftreten und wirken, dann stellen wir fest, dass Sie meistens nicht um den Kompromiss bemüht sind, sondern diejenigen, die noch zusätzlich Öl ins Feuer gießen, und das wird der europäischen Integration nicht dienlich sein. (Beifall bei der SPÖ.)

Wenn wir heute davon reden, dass wir die Bürgerinnen und Bürger in diesem Dialog beteiligen wollen – und, ja, auch müssen –, dann möchte ich an dieser Stelle schon auch die Frage stellen: Wo war dieser Beteiligungsprozess bei den Geldern für den Recovery­fund? – Sie (in Richtung Bundesministerin Edtstadler) waren dafür zuständig, das in Österreich zu koordinieren. Die Gemeinden, die Städte, die Initiativen, die Bürgerinnen und Bürger hatten nicht die Möglichkeit, sich ausreichend zu beteiligen. Sie hatten nicht die Möglichkeit, bei den 3,5 Milliarden Euro für unser Land mitzuwirken, und dort hätten wir, glaube ich, im Sinne einer weiteren Integration und eines besseren Images für das europäische Projekt Beteiligung als wichtige vertrauensbildende Maßnahme ermög­lichen müssen. Das hat nicht stattgefunden. (Beifall bei der SPÖ.)

Das ist doch die Wahrheit! Sie fragen hier heute: Warum ist das Image so schlecht? – Andreas Schieder hat es, glaube ich, gut auf den Punkt gebracht (Abg. Haubner: Der hat noch nie etwas auf den Punkt gebracht! – Ruf bei der ÖVP: Geh bitte!): weil Sie die Europäische Union zum Mistkübel der Innenpolitik degradiert haben! Diesen Vorwurf müssen Sie sich gefallen lassen – das stellt man nämlich fest, wenn man Ihre Aus­sendungen und auch Ihre populistischen Ansagen auf Kosten des europäischen Projek­tes verfolgt. (Beifall bei der SPÖ.)

Da sage ich Ihnen eines: Frau Schmiedtbauer hatte wahrscheinlich, so habe ich es gehört, einen Freud’schen Versprecher, denn sie hat vom EU-Geschäftsmodell ge­sprochen, und so kommt es mir bei Ihnen auch ab und zu vor. (Zwischenruf des Abg. Haubner.) Für Sie ist Europa ein Geschäftsmodell; wir verstehen Europa als Sozial­union, die uns im sozialen Fortschritt helfen soll, Ungerechtigkeit zu überwinden, und da ist der Mindestlohn, wie vorhin schon erwähnt, einer der wichtigsten Punkte, auch für unser Land. (Beifall bei der SPÖ.)

Wenn Sie dieser Initiative auf europäischer Ebene entgegenwirken, dann arbeiten Sie gegen die Interessen der österreichischen Bevölkerung, dann arbeiten Sie gegen die Interessen der österreichischen Steuerzahlerinnen und Steuerzahler, weil Sie durch die Maßnahmen, die Sie auf europäischer Ebene betreiben, den Druck auf die ganz normalen Leute in diesem Land erhöhen. Das Prinzip der Gewinnmaximierung für ein paar wenige, das für Sie das Wichtigste ist, sollten wir dringend durch ein Prinzip ersetzen, das da heißt: Mensch vor Profit, liebe Kolleginnen und Kollegen. (Beifall bei der SPÖ.)

So soll Europa funktionieren: nicht im Kleingeiste mit Ungarn, sondern im Hinblick darauf, dass wir in einem globalen Markt gegenüber den USA und China bestehen müssen, dass wir Initiativen zu betreiben haben, die die europäische Industrie schützen, begleiten und bei denen sich die Politik und auch die Staaten aktiv einbringen. Wir brauchen jetzt den Mut zur Einigung, aber nicht für die Interessen der Großen, sondern für die Interessen der Bevölkerung, der Steuerzahlerinnen und Steuerzahler.

Dieses Europa wünsche ich mir: eines, das wieder darüber diskutiert, wie wir sozial gerechter werden können. Da hatte Abgeordnete Herr vollkommen recht: Sie haben tolle Erklärungen gemacht, aber letztlich haben Sie kein Wort darüber verloren, wie wir die Sozialunion begründen – und dort brauchen wir die ersten und wichtigen Schritte, damit


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die Bürgerinnen und Bürger in dieses so wichtige Projekt wieder mehr Vertrauen haben. Darum bitte ich Sie. – Vielen Dank. (Beifall bei der SPÖ.)

14.24


Präsident Ing. Norbert Hofer: Zu Wort gelangt nun Frau Dr. Susanne Fürst. – Bitte, Frau Abgeordnete.


14.24.17

Abgeordnete Dr. Susanne Fürst (FPÖ): Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Sehr geehrte Ministerinnen! Herr Abgeordneter Lopatka hat der Freiheitlichen Partei heute schon ein gestörtes Verhältnis zur EU attestiert. (Abg. Lopatka: Ja!) Das war eigentlich der einzige Satz, dem ich hier wirklich kräftig zustimmen konnte, denn zu dieser Form der EU, zum jetzigen Brüssel und zu der Richtung, in die Brüssel geht, ja, dazu habe ich ein gestörtes Verhältnis.

Wir waren noch – auch mit unseren Herzen – bei diesem EU-Modell der wirtschaftlichen Zusammenarbeit zur Steigerung des Wohlstands in allen Mitgliedstaaten dabei, denn freie Wirtschaft, freie Bürger, der Leistungsgedanke, ein Sozialsystem und gesunder Wettbewerb führen zu Wohlstand und Wohlstand zu Frieden. Da waren wir dabei: bei den EU-Verträgen und unter den Bedingungen, unter denen wir eben auch betreffend den EU-Beitritt positiv abgestimmt haben.

Das hat sich mittlerweile sehr gewandelt. Nun wandelt sich Brüssel zu einer übergriffigen Institution, bricht EU-Verträge, ist zunehmend ideologiegetrieben, und bei so eine 3G-Union, die jetzt entsteht, sind wir nicht dabei und dazu haben wir ein gestörtes Verhältnis.

Sie haben heute auch schon vom Migrationsthema gesprochen – das ist eines der vielen Themen, bei denen die EU nicht optimal handelt, bei denen noch vieles zu tun ist. Nun, ich würde so sagen: Ja, das Problem ist nicht nur ungelöst, sondern die EU ist vor allen Dingen da, wo sie tätig wird, in sehr negativem Sinne tätig. Sie sollte es besser immer noch den einzelnen Mitgliedstaaten überlassen, ihr Migrationsthema selbst zu behan­deln – ich denke nur an 2015 und an Ungarn, das ja darangegangen ist, beim Ansturm der Flüchtlinge die Außengrenzen wirklich zu schützen, so wie es aber auch die EU-Verträge gemäß dem Schengener Abkommen vorschreiben. Dies wurde als EU-feindlich hingestellt, gegen den europäischen Gedanken handelnd, und es wird jetzt noch mit Rechtsstaatlichkeitsverfahren überzogen.

Wenn Sie sagen, ja, Sie sind auch entschieden gegen die illegale Migration – ich hoffe, Sie ziehen das dann durch, das müssen Sie auch Ihrem Koalitionspartner sagen –, geht es vor allen Dingen darum, dass ja dann diesbezüglich sozusagen der Trick gemacht wird – wie schon im UN-Migrationspakt –, dass man halt einfach das Wörtchen illegal fallen lässt und dass wir das Ganze dann in eine legale Migration ummodeln. Ja, wenn man nicht mehr verbietet, dass Drittstaatler EU-Boden betreten, dann ist man halt schon bei der legalen Migration, und dann werden wir halt schauen, wie das dann im EU-Migrationspakt auch wirklich vereinbart wird und welche Rolle dabei dann die ÖVP-Parlamentarier spielen.

Genauso spannend wird es auch dabei, wie es mit dem grünen Pass weitergeht. Sie sind stolz darauf – Österreich war ein Treiber dieses Instruments, das ja dann natürlich auch dem Impfdruck sozusagen noch einmal Vorschub leistet, was ich dem europäi­schen Gedanken gar nicht entsprechend empfinde. Mit dem grünen Pass hat ein völlig neues Grundrechtsverständnis Einzug gehalten. Sie sagen, das stellt die Reisefreiheit wieder her – die Personenfreizügigkeit war eine der Grundfreiheiten, die wir in den EU-Verträgen hatten. Sozusagen die Mobilität, innerhalb der EU ohne Passkontrolle über die Grenzen zu gehen, war ein zentrales Element; dieses wird mit dem grünen Pass


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beseitigt. Es heißt, das gilt für die Dauer der Pandemie – schauen wir einmal! Das lässt viel Spielraum offen.

Sie sprachen noch von wirtschaftlicher Stärke, die für den Erfolg der EU und der Mitgliedstaaten entscheidend ist. – Ja natürlich, aber da sehe ich auch einen Wider­spruch, wenn man einerseits diesem Wiederaufbaufonds das Wort redet, der jetzt be­schlossen worden ist, dem Sie zugestimmt haben und der auch einmalig sein soll – schauen wir einmal! –, so wie auch, wie gesagt, der grüne Pass, oder dass niemand will, dass - -


Präsident Ing. Norbert Hofer: Frau Abgeordnete, ich darf auch Sie an den Antrag erinnern.


Abgeordnete Dr. Susanne Fürst (fortsetzend): Reden wir in zwei Jahren weiter, wie es wirklich ausschaut! Auf jeden Fall zieht das sehr viel wirtschaftliche Stärke aus den EU-Mitgliedstaaten heraus, und auch der Green Deal ist für die Wirtschaft, sage ich einmal vornehm, nicht wirklich fördernd, fördert also die wirtschaftliche Stärke nicht.

Ich darf noch einen Entschließungsantrag einbringen:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Dr. Susanne Fürst, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Nein zum Grünem Pass und einer Kinderimpfpflicht“

Die unterfertigenden Abgeordneten stellen daher folgenden

Entschließungsantrag

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesregierung wird aufgefordert vom Zwang zum ,Grünen Pass‘ zugunsten echter Reisefreiheit abzusehen, wie auch von Maßnahmen, die eine direkte oder indirekte Impfpflicht von Kindern und Jugendlichen bedeuten.“

*****

(Beifall bei der FPÖ.)

14.29

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Dr. Susanne Fürst

und weiterer Abgeordneter

betreffend Nein zum Grünem Pass und einer Kinderimpfpflicht

eingebracht im Zuge der Debatte über den Tagesordnungspunkt 1, EU-Erklärungen der Bundesministerin für EU und Verfassung und der Bundesministerin für Klimaschutz, Umwelt, Energie, Mobilität, Innovation und Technologie gemäß § 74b Abs. 1 lit b der Geschäftsordnung des Nationalrates zum Thema "Zukunft der Europäischen Union", in der 111. Sitzung des Nationalrates, XXVII. GP, am 16. Juni 2021.


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Im Zuge der Corona-Maßnahmen hat die österreichische Bundesregierung häufig zu­nächst das Eine gesagt und dann zu Lasten der Österreicherinnen und Österreicher das Andere gemacht. Wer Anfang 2020 behauptet hat, dass Mund-Nasen-Schutzmasken dazu beitragen könnten die COVID-19-Krise besser zu bewältigen, wurde von Politikern der Regierungsparteien zunächst der Falschinformation bezichtig, dann bestätigt und schließlich mit der FFP2-Maskenpflicht sogar in der Argumentation überholt.

Keine Impfpflicht für Kinder und Jugendliche

Derzeit wird eine Impfpflicht für Kinder und Jugendliche seitens der Bundesregierung bestritten, was an die Debatte um die Maskenpflicht erinnert. Diesbezüglich positionierte sich der Bildungsminister Faßmann zunächst auch eindeutig: „Eine Maske im Unterricht ist absurd und Kindern nicht zumutbar.“ Seitens der Regierungsparteien beschlossen und umgesetzt wurde diese trotzdem. Erst seit dem 15. Juni 2021 dürfen die Schülerinnen und Schüler wieder frei durchatmen.

Die Impfstoffzulassung für Kinder ab 12 Jahren begrüßten Bundeskanzler Kurz und Gesundheitsminister Mückstein jedoch bereits Ende April ausdrücklich. Kurz sprach von einem „positiven Signal […], dass BionTech und Pfizer den Antrag auf Zulassung für 12- bis 16-Jährige gestellt hat“ und meinte ferner: „Eine Zulassung noch im Sommer würde einen sicheren Schulstart im Herbst erleichtern. Ausreichend Impfstoff, um alle ab zwölf Jahre im Sommer zu impfen, ist jedenfalls vorhanden.“

Wie das definierte Ziel eines „sicheren Schulstarts“, nach wochenlangen Schul­schließun­gen, die ohne jegliche Evidenz erfolgten, erreicht werden soll, bleibt unausgesprochen. Durch verschiedenste Maßnahmen wird jedoch ein indirekter Zwang erzeugt. Reisen Familien ins Ausland, können sich geimpfte Eltern als solche ausweisen, müssen aber ihre gesunden Kinder dennoch regelmäßig testen.

Echte Reisefreiheit statt Grünem Pass

Heimische Datenschützer sehen „Grünen Pass“ nicht zuletzt deshalb mit großer Skep­sis. „Das ist ein unzulässiger Eingriff in die Grundrechte ", betont etwa Hans G. Zeger, Obmann der ARGE Daten. Der „Grüne Pass“ gehe von der Annahme aus, dass jeder Mensch ein Gefährder vom Leben anderer sei, führt Zeger weiter aus und betont: „Eigentlich müsste der Staat mir nachweisen, dass ich eine Gefahr darstelle, und nicht auffordern, mich als frei zu beweisen“

Dass der „Grüne Pass“ – ein technisches Kontrollinstrument – den freien Personen­verkehr in der Europäischen Union gewährleisten soll ist zynisch, zeichnet sich diese doch gerade dadurch aus, Staatsgrenzen ohne (Pass-)Kontrollen überschreiten zu können. In der neuen Normalität muss eine bestimmte Gesundheitseigenschaft jedoch stets – z.B. bei einem Grenzübertritt – zweifelsfrei belegt werden können. Gerade in dieser Kontrollsituation entfaltet der Pass seinen eigentlichen Nutzen als Zutritts­berechtigung zu Veranstaltungen, Dienstleistungen oder eben Staaten.

Das Konzept eines „grünen Passes“ erfordert daher auch die Schaffung von ent­sprechen­den Kontrollsituationen. Wird der Pass als Zutrittsberechtigung zu Veranstaltungen und Dienstleistungen genutzt, müssen dort entsprechende Kontrollpunkte errichtet werden, bei denen die Inhaber eines „Grünen Passes“ jeweils auch ihre Ausweise vorzeigen müssen. Schließlich muss ja sichergestellt werden, dass sich der „grüne Pass“ tat­sächlich auf diese Person bezieht. Die vorgebliche Maßnahme zur Sicherung der Freiheit bewirkt exakt das Gegenteil.

Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgenden


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll111. Sitzung, 16. und 17. Juni 2021 / Seite 134

Entschließungsantrag

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesregierung wird aufgefordert vom Zwang zum „Grünen Pass“ zugunsten echter Reisefreiheit abzusehen, wie auch von Maßnahmen, die eine direkte oder in­direkte Impfpflicht von Kindern und Jugendlichen bedeuten.“

*****


Präsident Ing. Norbert Hofer: Der Entschließungsantrag ist ausreichend unterstützt, er ist ordnungsgemäß eingebracht und steht somit auch in Verhandlung.

Zu Wort gelangt nun Michel Reimon. – Bitte, Herr Abgeordneter.


14.29.47

Abgeordneter Michel Reimon, MBA (Grüne): Herr Präsident! Werte Ministerinnen! Werte Kolleginnen und Kollegen! Mir waren einige der Debatten, ehrlich gesagt, ein bissel zu abstrakt, so, als würde es nur um ein fernes Thema gehen. Ganz konkret geht es ja wirklich um Dinge, die uns in den nächsten Jahren massivst betreffen und bei denen wir massive Fortschritte erzielen müssen.

Wir haben – ein Beispiel greife ich heraus – in Österreich derzeit knapp über 250 000 Ar­beitslose. Die schlechtesten Prognosen, die ich kenne, sprechen davon, dass es im Herbst/Winter bis zu 400 000 werden könnten. Hoffen wir, dass das nicht eintritt, aber es ist ein Szenario, das möglich ist!

In der Eurozone sind es derzeit 13 Millionen, in der Europäischen Union 15 Millionen, das kann auch anwachsen, und all diese Arbeitslosen, diese Männer und Frauen, stehen dann in Konkurrenz zueinander, in einem Binnenmarkt, in dem man die Arbeitneh­merIn­nen hin und her verschieben und Sozial- und Lohndumping betreiben kann, wenn das nicht vernünftig geregelt ist. Das ist ein reales politisches Problem, das wir in der Union haben.

Während die Debatte hier im Parlament läuft, hat die Koalition, hat Arbeitsminister Martin Kocher heute ein Paket gegen Lohn- und Sozialdumping vorgestellt, das Schritte und Maßnahmen enthält, mit denen wir dagegen vorgehen wollen. (Abg. Herr: Mindestlohn!) Im Juni 2021 ist dieses Paket präsentiert worden.

Das wurde in der Europäischen Union 2018 im Europaparlament beschlossen, und 2014 hat die Diskussion begonnen. Es geht jetzt durch alle nationalen Parlamente. Sieben Jahre vom Diskussionsbeginn in der Europäischen Union bis zum Beschluss auf der nationalen Ebene in Österreich: So lang waren die ArbeitnehmerInnen in diesem Land nicht ausreichend geschützt. Dieser Prozess ist doch inakzeptabel! Dieser Prozess als solcher geht doch nicht! Das gehört verbessert, und genau darum geht es in dieser Diskussion. (Beifall bei den Grünen.) Wenn wir das besser machen wollen, dann müssen wir schneller werden.

Kollegin Holzleitner hat heute eine sehr gute Rede gehalten, wie ich finde. Sie als Sozial­demokratin hat davon gesprochen, wie ErntehelferInnen und andere ArbeitnehmerInnen hier in Österreich ausgebeutet werden, und genau darum geht es doch. Sie wird eine Delegierte zu dieser Konferenz sein, soll dorthin fahren und im nächsten Jahr darüber reden, wie wir in Europa einen schnelleren und einen besseren Prozess zusammen­kriegen. Dass die vier proeuropäischen Parteien nicht alle dieselbe Meinung darüber haben, wie wir den Arbeitsmarkt in der Europäischen Union gestalten sollten, ist das eine, aber darauf, dass wir es europäisch besser und schneller machen sollen, sollten


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wir uns doch einigen und verständigen. Deswegen verstehe ich nicht, wie es gelaufen ist, dass wir das nicht mehr ins Zentrum stellen.

Liebe SPÖ, den leichten, zärtlichen Seitenhieb müsst ihr mir erlauben: Dass ihr am Vormittag lieber eine Stunde Geschäftsordnungsdebatte führt, anstatt dass ihr als Arbeit­nehmerpartei hier eure Kollegin zur besten Sendezeit über die Arbeitsbedingungen in der Europäischen Union und darüber, wie wir die Situation für die ArbeitnehmerInnen besser machen können, reden lasst, verstehe ich überhaupt nicht. (Beifall bei Grünen und ÖVP.) Da habt ihr euch leider wirklich ein Haxl gestellt. Darum sollte es uns allen doch eigentlich gehen. (Zwischenrufe bei der SPÖ.) Setzen wir uns jetzt gemeinsam dafür ein, arbeiten wir ein Jahr daran, machen wir jetzt ein Jahr lang schnelle Maßnah­men und dann die europäischen im Großen und Ganzen!

Zum Haxlstellen möchte ich noch auf eines von vorhin kommen: Ich habe einen Ord­nungsruf bekommen, völlig zu Recht, deswegen wiederhole ich das jetzt auch nicht, aber darauf muss man schon eingehen. Wenn die FPÖ hier anonyme Bargeldzahlungen fordert, ich frage, welcher FPÖ-Abgeordneter im letzten Jahr anonym 10 000 Euro ohne Rechnung bekommen hat, und dann einer aufzeigt, dann fühle ich mich schon irgendwie gefordert, nachzufragen. Wenn ich dann auf Nachfrage höre: Das geht dich nichts an!, muss ich sagen: Doch, Herr Amesbauer, es geht uns etwas an! Bis 30.6. haben Sie hier eine Transparenzerklärung abzugeben. Sie haben bestätigt, dass Sie 10 000 Euro ohne Rechnung bekommen haben. Erklären Sie bitte dem Parlament bis 30.6., wie das ist, oder kommen Sie heraus und sagen Sie, dass Sie nicht wissen, worüber Sie im Parlament reden! (Beifall bei Grünen und ÖVP.)

14.33


Präsident Ing. Norbert Hofer: Zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Michael Bernhard. – Bitte, Herr Abgeordneter.


14.34.04

Abgeordneter Michael Bernhard (NEOS): Herr Präsident! Geschätzte Frauen Ministerinnen! Werte Kolleginnen und Kollegen! Ich habe die Debatte sehr aufmerksam verfolgt, ich habe allen 17 Vorrednerinnen und -rednern zugehört, und ich frage mich bei sehr vielen Passagen wirklich, in welcher Welt Sie leben.

Wir sprechen heute über die Zukunft der Europäischen Union, aber anscheinend wird extrem oft auf die Vergangenheit der Europäischen Union vergessen. Sie sprechen darüber, welche Dinge in Zukunft als große Aufgaben vor uns liegen, und wir haben doch gerade erst jetzt in der Pandemie so schmerzlich gespürt, welche Freiheiten weggefallen sind: dass wir nicht mehr frei reisen konnten, dass wir nicht mehr frei studieren konnten, dass wir nicht mehr frei arbeiten konnten, dass ganz viele internationale Projekte weggefallen sind, dass Lieferketten zusammengebrochen sind, dass die Logistik zusammengebrochen ist. All das verkörpert jetzt schon die Europäische Union. Genau das müssen wir einmal in erster Linie bewahren, und das reden vor allem die ÖVP, aber auch die FPÖ in der parlamentarischen Debatte viel zu oft klein.

Daran möchte ich gleich direkt anschließen. Ich glaube, so eine Debatte müsste man viel häufiger hier im Parlament führen – das fehlt. Wir sollten eine solche Debatte über die Zukunft der Europäischen Union nicht einmal im Jahr oder einmal in zwei Jahren, sondern wahrscheinlich jedes zweite oder dritte Monat hier führen, weil es so viele Missverständnisse gibt, die dann aus dem Hohen Haus nach außen getragen werden und dazu beitragen, dass die Akzeptanz der Europäischen Union von Mal zu Mal abnimmt.

Da möchte ich jetzt ganz direkt auf das eingehen, was Sie gesagt haben, Frau Ministerin Edtstadler. Sie haben vom European Way of Life gesprochen, auf den wir stolz sein


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können und den wir auch exportieren können. In der Vergangenheit war ja quasi das europäische Modell ganz stark die soziale Marktwirtschaft, und da kommt jetzt eine neue Komponente dazu, die schon lange in den Sonntagsreden vorhanden war, jetzt aber realpolitisch spürbar wird, nämlich das ökologische Element innerhalb der Europäischen Union: die ökosoziale Marktwirtschaft.

Sieht man sich genauer an, wie denn da die Europäische Union funktioniert, was da die Aufgaben der Zukunft sind und was denn der österreichische Beitrag dazu ist, muss man sagen, die Europäische Union an sich, das Europäische Parlament, auch die Europä­ische Kommission und die europäische Wirtschaft funktionieren schon sehr gut. Es sind nicht die Parlamentarier in Brüssel und Straßburg, die die europäische Politik bremsen, sondern es sind die nationalen Parlamente, es sind die nationalen Regierungen, die auf der Bremse stehen.

Beispiele dafür gibt es genug: Der europäische Green Deal hat sehr klare Antworten für den Biodiversitätsschutz, für die Renaturierung großer Flächen der Europäischen Union, aber auch für eine nachhaltige Landwirtschaft. Was passiert ist, war, dass dann in den einzelnen Räten unter anderen Ministerin Köstinger stark auf die Bremse gestiegen ist. Es hat geheißen: weniger Reduktion der Emissionen, weniger ökologische Landwirt­schaft, weniger Nachhaltigkeit. Es ist nicht die Europäische Union, sondern es ist die österreichische Bundesregierung, und ganz explizit ist es auch die ÖVP!

Natürlich sind es auch Polen mit seiner Kohlewirtschaft und Frankreich mit seiner Agrarindustrie, es ist nicht nur Österreich, aber Österreich leistet leider oft einen sehr negativen Beitrag zur Weiterentwicklung der Europäischen Union.

Da möchte ich jetzt gleich zu einem zweiten Punkt kommen, der da sehr wichtig ist: zu diesen Partikularinteressen, die Sie immer in den Vordergrund stellen, bei denen Sie sich vor einer Abstimmung fragen: Hilft das dem Bauernbund, hilft das der Wirtschafts­kammer? – Wenn das nicht der Fall ist, dann stimmen Sie präventiv einmal dagegen. Das ist genau jene Art der politischen Arbeit, die nicht hilft, eine ökosoziale Markt­wirt­schaft in Europa zu etablieren und den European Way of Life auch zum Exportschlager zu machen. (Beifall bei den NEOS.)

Ich möchte hier an ganz konkreten Punkten sagen, worum es geht: Im Moment impor­tieren wir fossile Energieträger im Wert von 300 Milliarden Euro pro Jahr. Das ist eine Wertschöpfung, die wir aus der Hand geben und quasi dorthin transferieren, wo es instabile Regime gibt, wo es Diktaturen gibt und wo all jene Werte des European Way of Life nicht hochgehalten werden.

Es geht darum, dass man ein klimaneutrales Europa tatsächlich ernst nimmt, und es gibt ausreichend Studien, die besagen, dass mit all den Maßnahmen der Transformation bis 2050 in der Europäischen Union und in den Nachbarstaaten 100 Millionen neue Arbeits­plätze entstehen. Das trägt enorm zur Stabilität auf unserem Kontinent bei. Und – das ist ganz wichtig – der Großteil der Investitionen kommt nicht durch das Wegfördern der Klimakrise, sondern durch die Wirtschaft. (Präsident Hofer gibt das Glockenzeichen.) 90 Prozent aller Investitionen in der Europäischen Union und auf der Welt werden durch eine freie Wirtschaft getätigt, und mit all diesen Investitionen wird ein klimaneutrales Österreich unterstützt. All das sollte auch im Fokus stehen, wenn wir über die Zukunft der Europäischen Union reden – nicht immer nur das Klein- und Schlechtreden. (Präsident Hofer gibt neuerlich das Glockenzeichen.) – Herr Präsident, ich bin schon bei meinem Schlusssatz.

Ich appelliere an Sie: Haben Sie Mut, haben Sie Leidenschaft, kämpfen Sie für ein Europa in der Zukunft, das frei ist und nicht kleingeistig wie die derzeitige Bundes­regierung! – Vielen Dank. (Beifall bei den NEOS.)

14.39

14.39.42



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Präsident Ing. Norbert Hofer: Zu Wort ist dazu niemand mehr gemeldet. Die Debatte ist geschlossen.

Wir gelangen nun zur Abstimmung über den Entschließungsantrag der Abgeordneten Dr. Reinhold Lopatka, Michel Reimon, Kolleginnen und Kollegen betreffend „die EU-Zukunftskonferenz“.

Ich bitte jene Damen und Herren, die für diesen Entschließungsantrag sind, um ein Zeichen der Zustimmung. – Das ist mehrheitlich angenommen. (180/E)

Wir gelangen zur Abstimmung über den Entschließungsantrag der Abgeordneten Dr. Susanne Fürst, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Nein zum Grünem Pass und einer Kinderimpfpflicht“.

Ich bitte jene Damen und Herren, die für diesen Entschließungsantrag sind, um ein Zeichen der Zustimmung. – Das ist die Minderheit. Der Antrag ist abgelehnt.

14.40.272. Punkt

Bericht des Verfassungsausschusses über den Antrag 1581/A der Abgeordneten Mag. Jörg Leichtfried, Herbert Kickl, Dr. Nikolaus Scherak, MA, Kolleginnen und Kollegen betreffend Ministeranklage gemäß Art. 142 Abs. 2 lit. b B-VG wider den Bundesminister für Finanzen (931 d.B.)


Präsident Ing. Norbert Hofer: Wir gelangen zum 2. Punkt der Tagesordnung.

Auf eine mündliche Berichterstattung wurde verzichtet. (Abg. Kassegger: Zur Ge­schäfts­ordnung!)

Zur Geschäftsbehandlung? – Bitte, Herr Abgeordneter.

*****


14.40.58

Abgeordneter MMMag. Dr. Axel Kassegger (FPÖ) (zur Geschäftsbehandlung): Sehr geehrter Herr Präsident! Wir behandeln jetzt unter Tagesordnungspunkt - - (Das vom Redner verwendete Saalmikrofon funktioniert nicht. – Rufe: Man hört nichts! – Ruf bei der ÖVP: Ist eh gescheiter, wenn man nichts hört!) – Jetzt geht’s!

Sehr geehrter Herr Präsident! Wir behandeln jetzt unter Tagesordnungspunkt 2 einen negativen Bericht des Verfassungsausschusses betreffend Ministeranklage gegen Bun­desminister für Finanzen Gernot Blümel. Wir sind verwundert, dass der Herr Bundes­minister nicht anwesend ist, und stellen gemäß § 18 Abs. 3 der Geschäftsordnung einen Antrag auf Herbeischaffung des Herrn Bundesministers. (Beifall bei FPÖ und SPÖ sowie bei Abgeordneten der NEOS. – Abg. Wöginger hebt die Hand.)

14.41


Präsident Ing. Norbert Hofer: Zur Geschäftsbehandlung: Herr Klubobmann, bitte.


14.41.40

Abgeordneter August Wöginger (ÖVP) (zur Geschäftsbehandlung): Herr Präsident! Ja, das Theater geht weiter. Es ist völlig unüblich - - (Abg. Kickl: Hallo! Hallo! – Weitere Zwischenrufe bei der FPÖ.) – Na was denn? (Abg. Kickl: Der Einzige, der ein Theater macht, bist du!)

Den ganzen Tag geht es schon rund. Es wird völlig unnötigerweise eine Einwendungs­debatte geführt. (Abg. Kickl: Das entscheidest aber nicht du!) In der Präsidialkonferenz


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haben wir sogar Punkte vorreihen lassen, aber nein, es muss eingewendet werden, denn zwischen 12 Uhr und halb zwei ist man nicht in der Lage, eine Diskussion derart zu führen, wie wir sie vorgesehen haben. Es ist einfach ein Politschauspiel!

Und jetzt geht es weiter: Wir haben jetzt Vorlagen aus dem Verfassungsausschuss, die Verfassungsministerin ist anwesend. Auch im Ausschuss ist es nicht der Fall, dass die Minister, gegen die sich die Anklage richtet, dort anwesend sind. Es ist auch unüblich, dass sie im Plenum anwesend sind. Auch in den letzten Legislaturperioden hat es immer wieder Ministeranklagen gegeben, und es war nur ganz selten, eigentlich nie der Fall, dass die Minister, um die es gegangen ist, dagesessen sind.

Das sind Vorlagen aus dem Verfassungsausschuss, und Verfassungsministerin Edtstadler ist anwesend; daher ist das ein weiterer Punkt des Polittheaters der Freiheitlichen. (Beifall bei der ÖVP sowie der Abgeordneten Maurer und Jakob Schwarz.)

14.43


Präsident Ing. Norbert Hofer: Herr Abgeordneter Leichtfried zur Geschäftsbehand­lung. – Bitte.


14.43.04

Abgeordneter Mag. Jörg Leichtfried (SPÖ) (zur Geschäftsbehandlung): Herr Präsi­dent! Ich muss jetzt sagen, ich sehe das etwas differenzierter als der Klubobmann der ÖVP. (Rufe bei der ÖVP: Oh? So eine Überraschung!) Wir haben heute Vormittag sehr viel zum Thema Respekt vor der parlamentarischen Demokratie und vor dem Parlament gesprochen (Abg. Tanja Graf: Die Verfassungsministerin ist eh da!), und ich sage Ihnen offen: Wenn es um eine Ministeranklage geht und der Minister, um den es bei dieser Ministeranklage geht, es nicht wert findet, dazu ins Parlament zu kommen, so ist das unglaublich respektlos gegenüber diesem Haus, geschätzte Damen und Herren! (Beifall bei SPÖ und FPÖ.)

Lieber Kollege Wöginger, es ist kein Theater. Da geht es um die Demokratie, und die muss es einem Minister wert sein, dass er sich Zeit für das Parlament nimmt. (Beifall bei der SPÖ.) Wenn er nicht Zeit hat, dann sollte er sich fragen, ob er überhaupt am richtigen Ort und an der richtigen Stelle ist, geschätzte Damen und Herren!

Wir würden diesen Antrag daher unterstützen, Herr Präsident. – Danke schön. (Beifall bei der SPÖ.)

14.44


Präsident Ing. Norbert Hofer: Gibt es weitere Wortmeldungen zur Geschäftsbe­hand­lung? – Bitte, Frau Abgeordnete.


14.44.23

Abgeordnete Sigrid Maurer, BA (Grüne) (zur Geschäftsbehandlung): Sehr geehrter Herr Präsident! Werte Kolleginnen und Kollegen! Ich habe vor zwei Wochen, glaube ich, eine sehr deutliche Rede dazu gehalten, wie das mit dem Parlamentarismus und dem Ernstnehmen des Parlaments und des Verfassungsgerichtshofes und all diesen Dingen ist. Kollege Leichtfried, ich muss aber schon darauf verweisen: Rudi Anschober war bei der Ministeranklage auch nicht anwesend, und es entspricht einfach nicht der Usance. Es gibt den Verfassungsausschuss.

Sie pochen zu Recht immer auf die Usancen, aber es kann halt nicht immer nur dann so sein, wenn es für Sie gerade günstig ist, sondern es muss auch sonst gelten. – Vielen Dank. (Beifall bei Grünen und ÖVP. – Ruf bei der ÖVP: Bravo!)

14.44


Präsident Ing. Norbert Hofer: Ich sehe keine weiteren Wortmeldungen.


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Herr Abgeordneter Kassegger hat den Antrag zur Geschäftsbehandlung gestellt, der Nationalrat wolle im Sinne des § 18 Abs. 3 der Geschäftsordnung die Anwesenheit des Bundesministers für Finanzen verlangen.

Eine Debatte über diesen Antrag wurde nicht verlangt, wir kommen daher sogleich zur Abstimmung.

Ich bitte jene Damen und Herren, die für diesen Antrag sind, um ein Zeichen der Zustimmung. – Das ist die Minderheit. Der Antrag ist abgelehnt. (Zwischenrufe bei SPÖ und FPÖ.)

*****

Zu Wort gelangt nun Herr Abgeordneter Mag. Jörg Leichtfried. – Bitte, Herr Abgeord­neter. (Abg. Eßl: Ich hoffe, er nimmt die Entscheidung des Parlaments zur Kenntnis!)


14.45.57

Abgeordneter Mag. Jörg Leichtfried (SPÖ): Herr Präsident! Frau Bundesministerin! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Sehr geehrte Damen und Herren! Ich werde Ihnen zu Beginn etwas vorlesen: „Ich gelobe, dass ich die Verfassung und alle Gesetze der Republik getreulich beobachten und meine Pflicht nach bestem Wissen und Gewis­sen erfüllen werde.“ – Das hat Herr Finanzminister Blümel bei seiner Angelobung ge­schworen.

Was ist das, wenn man schwört und sich nicht daran hält? (Abg. Kickl: Das ist ein Meineid!) – Es ist schade, es ist traurig, und es ist vor allem traurig, dass wir in diesem Land von solchen Politikern und Politikerinnen regiert werden, geschätzte Damen und Herren, die sich nicht an das halten, was sie irgendwann einmal gelobt haben. (Beifall bei der SPÖ.)

Jedem Politiker und jeder Politikerin, die auf die Verfassung angelobt sind, sollte klar sein, dass es mit dem, was Blümel gemacht hat, nämlich die Verfassung zu brechen (Ruf bei der ÖVP: Hallo!), die Gesetze zu brechen, den Untersuchungsausschuss rechtswidrig zu desavouieren (Ruf bei der ÖVP: ... eine Unterstellung!), irgendwann einmal genug ist, geschätzte Damen und Herren. Es ist genug mit dieser Art von Über­heblichkeit, mit dieser Art von Präpotenz und mit dieser Art von Missachtung des Rechts­staats, die Herr Blümel betreibt, und deshalb gibt es auch von allen Oppositions­parteien eine Anklage vor dem Verfassungsgerichtshof, und das ist gut so, geschätzte Damen und Herren. (Beifall bei der SPÖ, bei Abgeordneten der FPÖ sowie der Abg. Meinl-Reisinger.)

Dass am Ende sogar der Bundespräsident beinahe zum Exekutor werden musste, das sagt wohl genug.

Ich darf jetzt Armin Wolf zitieren, der das sehr gut zusammengefasst hat. Er hat gesagt: Herr Blümel, „Sie sind der erste amtierende Finanzminister, bei dem es eine Hausdurch­suchung gab [...]. Sie sind der erste“ amtierende Finanzminister, gegen den „das Verfassungsgericht eine Exekution beim Bundespräsidenten beantragt hat“, und „Sie sind der erste Finanzminister, gegen den die gesamte Opposition gemeinsam eine Ministeranklage einbringt“.

Das spricht wohl für sich, geschätzte Damen und Herren, und da möchte ich jetzt aber eine Frage an die Fraktion der Grünen richten: Was ist mit euch? Was, bitte, ist mit euch? (Beifall bei der SPÖ sowie der Abgeordneten Brandstätter und Meinl-Reisinger.)

Ihr seid angetreten mit dem Dogma: Der Anstand wird Grün wählen. – Was denkt sich denn der Anstand jetzt, wenn ihr da dem Blümel die Stange hält und wenn ihr nicht


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einmal – ich verstehe ja, dass man einem Misstrauensantrag in einer Koalition nicht zustimmen kann – dafür seid, dass der Verfassungsgerichtshof in die Lage versetzt wird, überprüfen zu können, ob Blümel verfassungswidrig gehandelt hat oder nicht? – Das ist wirklich inakzeptabel, das muss man einmal ganz klar sagen. (Beifall bei der SPÖ sowie der Abgeordneten Kickl, Meinl-Reisinger und Scherak.)

Wir haben jetzt noch ein bisschen Zeit. Ich würde sagen: Gehen Sie in sich und ermög­lichen Sie, dass die Organe dieser Republik ihre Verantwortung wahrnehmen können und entscheiden können: Hat Blümel die Verfassung gebrochen oder nicht? Unseres Erachtens hat er sie gebrochen, und deshalb ist es für ihn auch Zeit zu gehen. – Danke schön. (Beifall bei der SPÖ sowie des Abg. Lausch.)

14.49


Präsident Ing. Norbert Hofer: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Mag. Wolfgang Gerstl. – Bitte, Herr Abgeordneter.


14.49.49

Abgeordneter Mag. Wolfgang Gerstl (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Frau Bundesminister! Hohes Haus! Ein Wort ist heute öfters gefallen, das Wort Respekt. Bei Respekt frage ich einmal: Wie gehen wir miteinander um, von Person zu Person? Wie gehen wir zwischen den Parteien miteinander um? (Ruf bei den NEOS: Die Frage ist: Wie geht der Blümel mit dem Verfassungsgerichtshof um?) Was bedeutet Demokratie (Zwischenruf des Abg. Matznetter), wenn es eine Mehrheit gibt, die einen Bundes­kanzler wählt, und die Minderheit das nicht akzeptiert? Was bedeutet es, wenn eine Minderheit nicht über die Mehrheit hinweg den Bundeskanzler stellen kann und sich daher anderer Mittel bedient, um den Bundeskanzler zu Fall zu bringen? (Abg. Kickl: Das ... er schon selber!)

Nein, meine Damen und Herren, Demokratie ist auch eine Mehrheitsentscheidung. Das hat auch die Opposition zur Kenntnis zu nehmen. (Beifall bei der ÖVP.)

Wenn wir von Respekt reden, Herr Kollege Leichtfried und Frau Kollegin Meinl-Reisinger, dann reden wir nicht nur von Respekt gegenüber dem Parlament, sondern wir reden auch von Respekt gegenüber der Bundesregierung, und wir reden auch von Respekt gegenüber der Justiz. Diese drei Gewalten stehen gleichwertig nebeneinander und verdienen alle Ihren Respekt. (Beifall bei der ÖVP. – Abg. Matznetter: Was war mit der Justiz? Was war mit dem Verfassungsgerichtshof?)

Ich habe ganz, ganz viel Empfinden und auch viel Unterstützungsgefühl dafür, dass die Opposition in einem Untersuchungsausschuss versucht, ihre Kontrolle auszuüben. (Abg. Matznetter: Ja, aber ihr müsst einmal ...!), aber wenn dieses Kontrollrecht dazu miss­braucht wird (neuerlicher Zwischenruf des Abg. Matznetter), um einfach Dinge zu finden, von denen man vorher gar nichts weiß, und dann Dinge öffentlich zu zelebrieren, die nichts mit dem Untersuchungsgegenstand zu tun haben, dann ist das auch fehlender Respekt gegenüber der Aufgabe im Untersuchungsausschuss. (Beifall bei der ÖVP. – Zwischenrufe bei der SPÖ.)

Ich glaube, dass wir alle eine neue Form des Respekts voreinander finden müssen. (Zwischenruf der Abg. Meinl-Reisinger.) Herr Kollege Matznetter, was Sie sagen, ist nämlich bei vielen Menschen so: Sie vermissen den Respekt, den wir voreinander haben sollten.

Dann bin ich schon bei Ihnen, wenn Sie sagen: Wir schauen uns an: Was ist da pas­siert? – Ja, Minister Blümel und das Finanzministerium haben Akten zu spät vorgelegt. Ja, es ist passiert. Mea culpa oder: Wir haben daraus gelernt. Alle haben wir daraus gelernt, und es wird ziemlich sicher nicht mehr vorkommen. Was ich Ihnen und den Zuseherinnen und Zusehern aber sagen möchte, ist: Minister Blümel hat versucht, mit


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der Opposition in ein Gespräch zu kommen, indem er nämlich ein heikles Rechtsproblem lösen wollte, das sich daraus ergibt, dass die privaten Dinge, die in einem Ministerium abgespeichert sind und die über Gesundheitsdaten und weitere persönliche Dinge hinausgehen, nichts mit dem Untersuchungsausschuss zu tun haben. (Zwischenruf der Abg. Meinl-Reisinger.) Das wollte er gemeinsam mit der Opposition klären: Wie können die Aktenlieferungen erfolgen, damit nur das geliefert wird, was dem Untersuchungs­gegenstand entspricht, und nicht das, was nicht dem Persönlichkeitsrecht jedes einzel­nen Mitarbeiters entspricht?

Da ist die Grenze, und da wollten Sie nicht einsteigen. Ihr Zugang war: Wir gehen nochmals zum Verfassungsgerichtshof und holen uns einen Exekutionsantrag. Damit haben Sie zur Eskalation beigetragen. (Zwischenrufe der Abgeordneten Kickl, Kuntzl und Meinl-Reisinger.) Sie hätten es auch in der Hand gehabt, diese Eskalation zu verhindern, aber Sie wollten sie nicht verhindern (Zwischenruf des Abg. Matznetter), Herr Kollege Matznetter. (Beifall bei der ÖVP. – Abg. Matznetter: Was ist mit dem Respekt, Herr Kollege Gerstl, der Verfassung gegenüber?)

Ich möchte jedenfalls Minister Blümel meinen Respekt für die größten Wirtschaftshilfen ausdrücken, die er für Österreich in dieser Pandemie geleistet hat, und für diesen Auf­schwung, mit dem wir wieder gut hinauskommen. (Zwischenruf des Abg. Loacker.) Vielen Dank der österreichischen Bundesregierung dafür. (Beifall bei der ÖVP.)

Lassen Sie mich damit zu meinem Schlusssatz kommen! (Abg. Loacker: Ja, bitte!) Ihnen ist offensichtlich das Schlechte im Menschen wichtiger. Ich zitiere Ihnen nun Hildegard Burjan, vor 88 Jahren verstorben, die letzte und einzige Parlamentarierin, die seliggesprochen wurde. (Zwischenruf des Abg. Schroll.) Am letzten Wochenende hatte sie ihren Todestag. Sie hat gesagt, für ihre parlamentarische Arbeit war wichtig, dass sie in jedem Menschen das Gute gesehen hat. – In diesem Sinne: Alles Gute! (Beifall bei der ÖVP.)

14.55


Präsident Ing. Norbert Hofer: Zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Michael Schnedlitz. – Bitte schön, Herr Abgeordneter.


14.55.33

Abgeordneter Michael Schnedlitz (FPÖ): Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Werte Frau Minister! Was für ein Desaster für die türkise ÖVP, was für ein De­saster für Sebastian Kurz – und damit, sehr geehrte Damen und Herren, meine ich nicht die Ministeranklage, über die wir gerade debattieren. Die ist nur ein kleiner Stein in einem türkisen Gesamtmosaik, einem Mosaik voller Peinlichkeiten, voller Falschmeldungen, einem Mosaik voller durchschaubarer Ausreden, einem Mosaik voller Steine der Regie­rungsunfähigkeit, meist gewürzt – ja! – durch ein breites, freundliches Grinsen für die Kameras, sehr geehrte Damen und Herren.

Wenn es nur darum ginge, einen Preis zu vergeben, einen Oscar für Peinlichkeiten, wenn Sie so wollen, dann würde der Finanzminister diesen definitiv gewinnen: ein Finanzminister, der mit Alibinamen wie Danilo Kunhar und Alibi-E-Mail-Adressen ar­beitet – vielleicht ist ja der letzte Antrag auf Herbeischaffung jetzt nicht durchgegan­gen, weil wir den falschen Namen benutzt haben, sehr geehrte Damen und Herren; ich weiß es nicht –, ein Finanzminister, dessen Laptop, den er angeblich gar nicht hat, während der Hausdurchsuchung Gassi geht, ein Finanzminister mit Erinnerungslücken, verges­senen Nullen und Co. Das sind die Peinlichkeiten.

Wenn es dann aber zu bewusst gestreuten Falschmeldungen und durchschaubaren Ausreden, wie zum Beispiel von meinem Vorredner, Herrn Gerstl, kommt, dann wird es elektrisch, sehr geehrte Damen und Herren. Wenn Sie behaupten, der Finanzminister


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wollte wegen der Rechtsunsicherheit bezüglich der persönlichen Daten, der Gesund­heitsdaten der Mitarbeiter nicht liefern, sehr geehrter Herr Kollege Gerstl, dann muss man das Ganze einfach ein bisschen aufdröseln und dann kommt etwas anderes zum Vorschein – dann zeigt sich nämlich, dass der Finanzminister einfach nicht begründet hat, diesen Teil der Daten, die sensiblen Mitarbeiterdaten, nicht zu liefern; dann hätte er nämlich die Ausrede verloren, das Ganze in die Länge zu ziehen, die Daten vielleicht gar nicht zu liefern, dann hätte es auch keine Möglichkeit mehr gegeben, die Klassi­fizierung nach oben zu schrauben. Somit – bringen wir es auf den Punkt! – haben Sie und hat dieser Finanzminister sensibelste Mitarbeiterdaten, Gesundheitsdaten und Kran­­kendaten auf dem Altar der türkisen Parteipolitik geopfert. Das ist schändlich, sehr geehrte Damen und Herren. (Beifall bei der FPÖ.)

Reden wir über Respekt, Herr Kollege Gerstl, gerne! Das zeigt die Respektlosigkeit dieses Finanzministers, der ja nicht ins Haus kommt, seinen Mitarbeitern gegenüber. Das zeigt aber auch, dass Sie keinen Respekt gegenüber dem Rechtsstaat haben. Sie haben keinen Respekt vor der Verfassung, obwohl Sie darauf angelobt sind. Sehr geehrte Damen und Herren von der ÖVP! Sie haben keinen Respekt vor der Justiz. Sie schrecken nicht einmal davor zurück, die Justiz und die Staatsanwaltschaften zu diskreditieren. Wir alle wissen: Die türkise Clique hat keinen Respekt vor Medien und Journalisten, wenn diese nicht nach ihrer Pfeife tanzen. Sie haben keinen Respekt vor Demokratie, vor dem Parlament.

Wie Sie vielleicht merken, fügt sich das türkise Mosaik langsam Stein für Stein zusam­men. Das Schlimmste für mich ist aber, dass Sie keinen Respekt vor der österreichi­schen Bevölkerung, vor den Österreicherinnen und Österreichern haben (Beifall bei der FPÖ), weil Sie in Ihrer Karrieristenmentalität glauben, Sie sind etwas Besseres, weil Sie glauben, da oben steht die türkise ÖVP und da unten steht der Pöbel und der Rest dieses Landes.

Ich sage Ihnen aber eines: Bevor ich bei Ihnen anstreife, bleibe ich gerne bodenständig und lasse mich gemeinsam mit den Menschen in diesem Land von Ihnen als Pöbel bezeichnen.

Wie wir bereits von Kollegen Leichtfried richtig gehört haben: Sie stellen den ersten amtierenden Finanzminister, bei dem eine Hausdurchsuchung stattgefunden hat. Sie stellen den ersten Minister, gegen den das Verfassungsgericht eine Exekution beim Bundespräsidenten beantragt hat. – In aller Deutlichkeit: Solch eine Abgehobenheit und solch eine Respektlosigkeit und solch einen Umgang mit unserem Rechtsstaat, das hat diese Republik und das haben die Menschen in diesem Land nicht verdient. (Beifall bei der FPÖ, bei Abgeordneten der SPÖ sowie der Abg. Meinl-Reisinger.)

Sehr geehrte Damen und Herren! Dieser türkise Scherbenhaufen, vom Umgang mit der Rechtsstaatlichkeit bis dahin, dass Sie unser Land in den letzten Monaten generell in Schutt und Asche gelegt haben, ist bereits groß genug.

Tun Sie und Ihre türkise Familie diesem Land einen Gefallen und ziehen Sie endlich die Konsequenzen in aller Deutlichkeit. Sie sind nicht mehr tragbar für die Republik Österreich. (Beifall bei der FPÖ.)

15.00


Präsident Ing. Norbert Hofer: Zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Mag. Nina Tomaselli. – Bitte schön, Frau Abgeordnete.


15.00.21

Abgeordnete Mag. Nina Tomaselli (Grüne): Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Liebe Zuseherinnen und Zuseher! Kollege Gerstl, ich sehe Sie jetzt nicht. (Zwischenruf des Abg. Gerstl.) – Ah, da sind Sie! Wenn man Ihnen so zuhört, könnte


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man irgendwie das Gefühl bekommen, dass der Untersuchungsausschuss ungerecht­fertigterweise mit der Lupe in den intimsten Schubladen nachschaut. (Neuerlicher Zwischenruf des Abg. Gerstl.) Das Gegenteil ist der Fall. (Präsident Sobotka übernimmt den Vorsitz.)

Wenn man Ihnen zuhört, Kollege Gerstl – und ich habe mich extra angestrengt, auch zwischen den Zeilen mitzuhören –, stellt man fest, dass für Sie offenbar relativ viel normal ist, was sich in einem Rahmen bewegt, der für andere eigentlich eher abzulehnen ist. Ich nenne drei Beispiele: Der Bundespräsident muss ein VfGH-Erkenntnis exeku­tie­ren. Es gibt ranghohe Justizbeamte, die mutige Korruptionsermittler unter Druck gesetzt haben – und das ist durch Chats belegt. Es gibt einen Generalsekretär im Finanzminis­terium, der zwar gerne ein Gehalt aus Steuergeldern bezieht, aber genau die Steuer­zahlerinnen und Steuerzahler als Pöbel bezeichnet. Sie haben jetzt sehr viel über Respekt und Demokratie gesprochen, aber all das findet keinerlei Erwähnung. Meine Interpretation ist, dass bei Ihnen all diese Inhalte, die auch durch den Untersuchungs­ausschuss zutage getreten sind, nicht kritisierenswert sind, und da wundere ich mich schon sehr. (Zwischenruf des Abg. Gerstl.)

Wir reden heute auch über eine Causa, die es so in Österreich noch nicht gegeben hat. Das höchste Kontrollgremium des Parlaments, der Untersuchungsausschuss, verlangt Akten und bekommt sie nicht. Der VfGH sagt, der Untersuchungsausschuss soll sie bekommen, er bekommt sie trotzdem nicht. Der VfGH sagt nochmals: Akten liefern! – Der Bundespräsident droht mit der Exekution; die Akten werden vor die Tür geworfen und werden on top noch mit Geheimhaltungsstufe 3 klassifiziert. All diese Eskalations­stufen, das sage ich Ihnen schon ganz offen, sind für uns Grüne absolut nicht nachvoll­ziehbar, denn es ist eine Selbstverständlichkeit, dass man das tut, was die oberste Hüterin unserer Grundrechte, nämlich der Verfassungsgerichtshof, sagt. Niemand, und wirklich niemand steht über dem Gesetz. (Beifall bei den Grünen sowie bei Abgeord­neten von SPÖ, FPÖ und NEOS.)

Für mich ist auch sehr klar, und das zeigt die heutige Debatte, dass es noch einiges gibt, was erklärungsbedürftig ist, nicht zuletzt: Wie ist es überhaupt zu dieser Einstufung in Stufe 3 gekommen? Deshalb finde ich es gut, dass Finanzminister Blümel, auch wenn er heute nicht da ist, zumindest nächste Woche im Untersuchungsausschuss Rede und Antwort stehen muss. Er ist zwar nicht da, aber ich nehme an, er wird am Bildschirm mithören. Herr Finanzminister, wenn ich Ihnen zwei Dinge mitgeben darf: Für die Causa Aktenlieferung wäre meines Erachtens schon längst eine Entschuldigung fällig; und zweitens: Nutzen Sie doch Ihre dritte Chance, um einen konstruktiven Umgang mit dem Ibiza-Untersuchungsausschuss zu beweisen und die Fragen einfach zu beantworten, wie das die allermeisten der über 100 Auskunftspersonen bisher getan haben! (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ.) Also erstens: Entschuldigung, und zweitens: einfach besser machen und die Fragen beantworten (Zwischenruf bei der ÖVP) – das wäre aus unserer Sicht richtig und angemessen.

Sie haben sehr viel von Respekt und Justiz gesprochen haben, Herr Kollege Gerstl. PS: Der Verfassungsgerichtshof – auch wenn Sie immer und immer wieder das Gegenteil behaupten – hat nie verlangt, dass persönliche Daten geliefert werden sollen, er hat dies dezidiert im VfGH-Erkenntnis ausgenommen.

Und PPS, Herr Kollege Hanger – ich glaube, man kann es nicht oft genug sagen, und Sie werden ja noch sprechen –: Bitte lassen Sie einfach die haltlosen Angriffe gegenüber der Justiz! – Danke. (Beifall bei den Grünen sowie bei Abgeordneten von SPÖ, FPÖ und NEOS. – Abg. Lausch: Gute Rede! – Zwischenrufe bei der ÖVP sowie des Abg. Amesbauer.)

15.04



Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll111. Sitzung, 16. und 17. Juni 2021 / Seite 144

Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Abgeordneter Scherak. – Bitte.


15.04.35

Abgeordneter Dr. Nikolaus Scherak, MA (NEOS): Herr Präsident! Frau Bundesminis­terin! Nach der Rede von Frau Kollegin Tomaselli gehe ich ja eigentlich fast davon aus, dass die Grünen nun dieser Ministeranklage zustimmen werden. Ich bin gespannt, was dann am Schluss passieren wird. (Beifall bei den NEOS.)

Es ist ja, wie schon richtig angesprochen wurde, eine Debatte über den Respekt vor den Institutionen. Ich bin einerseits sehr froh, dass Kollege Gerstl hier zum ersten Mal als ÖVP-Vertreter zugegeben hat, dass Akten zu spät geliefert wurden. Offensichtlich gab es ein rechtswidriges Verhalten, wenn Akten zu spät geliefert wurden. Es ist aber ande­rerseits nicht so, wie Kollege Gerstl angesprochen hat, dass es da in erster Linie darum ging, Persönlichkeitsrechte zu schützen. Sowohl Frau Kollegin Tomaselli als auch Kol­lege Schnedlitz haben es schon angesprochen: Ja, selbstverständlich müssen die Per­sönlichkeitsrechte und die Gesundheitsdaten der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter ge­schützt werden (Zwischenruf des Abg. Hanger), Herr Kollege Hanger, aber Sie wissen ja ganz genau, wie lange es die Aufforderung an Bundesminister Blümel schon gab, dass er Akten liefert.

Herr Kollege Hanger, Sie sitzen ja im Untersuchungsausschuss (Zwischenrufe bei der ÖVP), Sie wissen ja besser als ich, wie oft denn gefordert wurde, dass die ent­sprechenden Akten geliefert werden. Seit Jänner 2020 ist Bundesminister Blümel dazu verpflichtet, Akten zu liefern. Er ist dann, nachdem er nichts gemacht hat, im März 2020 noch einmal aufgefordert worden, zu liefern. Er hat auch geliefert, allerdings unvoll­ständig. Dann geht das andauernd weiter bis hin zum 13. Jänner dieses Jahres, als Bundesminister Blümel wiederum eine Frist gesetzt wurde, dass er die Akten ent­sprechend liefert. Er hat es wieder nicht gemacht. Am 11. Februar hat dann der Unter­suchungsausschuss den Antrag beim Verfassungsgerichtshof gestellt, der hat eben auch so entschieden, dass natürlich Persönlichkeitsrechte gewahrt werden – und Herr Bundesminister Blümel hat trotzdem nicht geliefert.

Dann ist es zu der absurden Situation gekommen, die einigermaßen einmalig in Öster­reich ist, dass man die Exekution beim Bundespräsidenten beantragen muss. Wie gesagt, bisher gab es nur einmal die Idee der Beantragung der Exekution – unter Jörg Haider, weil er die Ortstafeln nicht aufstellen wollte; nicht einmal er hat es so weit kom­men lassen. Die ÖVP lässt es so weit kommen, es braucht das Erkenntnis des Verfas­sungsgerichtshofes, dass exekutiert werden kann, und es braucht die Androhung des Bundespräsidenten, dass das auch gemacht wird. Diese Respektlosigkeit gegenüber den Institutionen ist, seitdem die ÖVP mit Sebastian Kurz an der Macht ist, leider gang und gäbe geworden. Das ist das Problem, das Sie in Österreich mit den Institutionen haben. (Beifall bei den NEOS sowie bei Abgeordneten von SPÖ und FPÖ.)

Genau dagegen muss man sich mit aller Kraft wehren (Zwischenruf bei der ÖVP), denn es geht ja nicht nur darum, dass Pandoras Box geöffnet wurde – das ist ja schon passiert, das haben Sie ja schon getan –; wenn man sich nicht wehrt, bleibt Pandoras Box sperrangelweit offen. Das heißt, es ist ein Sittenbild; es ist die Art und Weise, wie Sie mit den Institutionen umgehen, welche Verhaltensweisen Sie an den Tag legen; es ist Ihr mangelnder Respekt gegenüber dem Parlament (Zwischenruf des Abg. Hörl), es ist Ihr mangelnder Respekt gegenüber dem Untersuchungsausschuss, es ist Ihr man­geln­der Respekt gegenüber dem Verfassungsgerichtshof. Sie tanzen den Institutionen Österreichs auf der Nase herum – und dagegen muss man sich mit aller Kraft wehren. (Beifall bei den NEOS sowie bei Abgeordneten von SPÖ und FPÖ. – Abg. Hörl: Scherak!)


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Das Problem ist: Sie nehmen hier die Kontrollinstanzen, die Gewaltenteilung in diesem Land schlichtweg nicht ernst. Immer, wenn das passiert, ist das schon ein bisschen ein Indiz dafür, dass Regierungsmitglieder versuchen, ihre eigene Machtposition auszu­nützen, dass sie eher auf den eigenen Vorteil oder den Vorteil von Dritten bedacht sind, dass sie ihre Machtposition missbrauchen und Entscheidungen wohl eher so fällen, dass es der türkisen Familie passt – wir wissen ja aus den Chatnachrichten, wie man sich darüber unterhält –; und auch dagegen muss man sich entsprechend wehren.

Ich will in einem Österreich leben, in dem für eine Bundesregierung klar ist, dass die Institutionen respektiert werden, in dem eine Bundesregierung sich ganz klar zum Rechtsstaat, zur Rechtsstaatlichkeit und zur Demokratie bekennt, und ich will in einem Österreich leben, in dem alle Bürgerinnen und Bürger sich an Gesetze halten, und insbesondere Mitglieder der Bundesregierung. (Beifall bei den NEOS sowie bei Abgeordneten von SPÖ und FPÖ. – Abg. Hörl: Die NEOS!)

15.08


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Abgeordneter Hanger. – Bitte. (Ruf bei der ÖVP: Es dürfen sich auch die NEOS an die Gesetze halten!)


15.08.49

Abgeordneter Mag. Andreas Hanger (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Frau Bundesministerin! Werte Kolleginnen und Kollegen! Hohes Haus! Ein­lei­tend eine Klarstellung: Natürlich hat der Untersuchungsausschuss ein Recht auf Aktenlieferung, das steht ja überhaupt nicht zur Diskussion. Ich bitte halt nur, zur Kenntnis zu nehmen, dass wir einen Rechtsrahmen haben, der schon auch andere Fragen aufwirft. Der Verfassungsgerichtshof hat quasi auch dem Untersuchungs­gegen­stand eine Art Testat gegeben; er hat festgestellt, der Untersuchungsgegenstand ist berechtigt, er ist halt nur unglaublich breit. Sie kennen meine Aussage dazu: Es ist ein Kraut- und Rüben-Ausschuss, in dem wir alles und jedes untersuchen. Das ist Tatsache. Wir nehmen natürlich die Entscheidung des Verfassungsgerichtshofes zur Kenntnis. (Ruf: Na, danke!) – Na ja, aber das Recht, dies zu kritisieren, muss schon auch noch da sein. (Beifall bei der ÖVP.) Wir leben ja in einer liberalen Demokratie – es kann nicht sein, dass alles sakrosankt zur Kenntnis genommen werden muss.

Wir haben auf der anderen Seite auch dahin gehend einen neuen Rechtsrahmen, dass der Verfassungsgerichtshof in einem Erkenntnis festgehalten hat: Es ist alles zu liefern, was  „abstrakt relevant“ ist. Man könnte sogar noch weiter gehen – einmal hieß es sogar: „(potentiell) abstrakt relevant“.

Wenn ich dann als Nichtjurist Juristen frage, was eigentlich „abstrakt relevant“ ist, ob es dazu Kriterien gibt, wer das entscheidet, dann kommt das große Schauen, und alle sagen: Na ja, nein, das wissen wir nicht. Das ist eine neue Rechtslage. (Zwischenruf des Abg. Krainer.)

Und es kommt ein zweiter Aspekt dazu, den ich schon auch in der gleichen Stärke betonen möchte: Es geht schon auch um Persönlichkeitsrechte. Wenn Akten, Unter­lagen geliefert werden und wenn diese privater Natur sind, wenn in die Privatsphäre eingegriffen wird, dann geht es da genauso um ein Recht, das wir schützen müssen. (Beifall bei der ÖVP.) Das ist schon die zentrale Diskussion, die wir führen müssen. Ich darf auch wirklich den Verfassungsgerichtshof bitten, andere Juristen bitten, da klarer vorzugehen, damit es diese Unsicherheiten nicht gibt.

Wenn ich kurz auf die NEOS replizieren darf: Herr Kollege Scherak, ich meine, Sie haben Tausende Mitarbeiterdaten von der Novomatic angefordert. Der Datenschutzrat hat sofort gesagt, das geht nicht, da wird in die Privatsphäre eingegriffen. Nehmen Sie das bitte auch zur Kenntnis! (Beifall bei der ÖVP. – Zwischenruf des Abg. Scherak.)


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Es ist einfach Tatsache, dass Sie im Untersuchungsausschuss mit den unglaublichsten Methoden agieren, Sie leaken Dokumente der Stufe 2, Sie brechen das Recht. (Beifall bei der ÖVP. – Zwischenrufe der Abgeordneten Krainer und Meinl-Reisinger.) – Nein, nein, das ist eine ganz andere Situation, das war Stufe 2 nach dem Informationsord­nungs­gesetz. Am Mittwoch haben Sie noch gesagt: Wie wir aus den Medien erfahren haben!; Sie haben sogar die Bevölkerung angelogen, weil Sie gewusst haben, dass dieses Leak von Ihnen kommt – und am nächsten Tag haben Sie es eingestehen müssen. Das ist in Wirklichkeit der eigentliche Skandal, der im Untersuchungsausschuss passiert ist. (Beifall bei der ÖVP. – Zwischenruf des Abg. Loacker.)

Noch eine kurze Replik auf Kollegin Tomaselli, das erlaube ich mir jetzt, auch im Sinne unserer Koalitionsräson: Liebe Kollegin Tomaselli, ich würde dich wirklich bitten, mir zuzuhören, wenn ich etwas sage. (Abg. Stögmüller: Das ist sehr schwierig!) Ich habe nicht einmal die Justiz pauschal angegriffen, sondern ich habe mir erlaubt, einzelne Staatsanwälte in der WKStA auch zu kritisieren. (Zwischenruf der Abg. Tomaselli.) Wir haben das übrigens in einer hohen Professionalität gemacht (Abg. Stögmüller: Nein!), wir haben diesbezüglich schon Anfang Mai eine Sachverhaltsdarstellung eingebracht. Ich verwehre mich gegen diesen Vorwurf, pauschale Kritik zu üben, sondern die ist fach­lich sehr fundiert, und das werde ich mir auch in Zukunft nicht nehmen lassen. (Zwi­schenruf des Abg. Stögmüller.) Dann passen Sie endlich einmal auf! (Beifall bei der ÖVP. – Abg. Stögmüller: Sie machen nur pauschale Kritik! – Weitere Zwischenrufe bei Grünen sowie Zwischenrufe bei den NEOS.) – Längst gemacht, Herr Kollege Stögmüller! Passen Sie endlich einmal auf, was passiert, aber offensichtlich bekommen Sie nicht einmal mit, was wir auch an Akzenten setzen. Das schreibe ich Ihnen ins Stammbuch! (Zwischenruf des Abg. Stögmüller.)

Ich bin dafür, abzuwägen: Einerseits ist das Recht auf Aktenlieferung uneingeschränkt einzuhalten, andererseits sind aber auch Persönlichkeitsrechte, die Privatsphäre zu schützen. Auch diesen Aspekt müssen wir sehen.

Abschließend möchte ich schon noch einmal darauf hinweisen, dass der Herr Bundes­minister natürlich Kompromissvarianten gebracht hat, um einerseits die Aktenlieferung sicherzustellen und andererseits Persönlichkeitsrechte zu schützen. Das wurde natürlich vom Tisch gewischt, das wollte man nicht. Daran sieht man, es geht Ihnen nicht um Aufklärung, es geht Ihnen um Skandalisierungen, Unterstellungen, Anpatzen. Mehr ist es nicht! – Vielen Dank. (Beifall bei der ÖVP. – Zwischenruf der Abg. Belakowitsch.)

15.13


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Krainer. – Bitte sehr.


15.13.20

Abgeordneter Kai Jan Krainer (SPÖ): Herr Vorsitzender! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Sie haben gerade eine fleischgewordene Nebelgranate gesehen, die sehr viele Sachen behauptet, die mit der Realität wenig bis gar nichts zu tun haben. (Zwi­schenruf bei der ÖVP.) Ich will jetzt gar nicht auf alles eingehen, weil mir die Redezeit zu schade ist, aber ein paar Sachen muss man schon klarstellen.

Erstens: Der Verfassungsgerichtshof hat klargestellt, es dürfen dem Untersuchungs­aus­schuss private Sachen nicht geliefert werden. Sie werden nicht geliefert und sie interes­sieren uns auch nicht. (Zwischenruf des Abg. Hanger.) Was auch immer Herr Hanger hier behauptet, ist falsch. (Beifall bei der SPÖ sowie bei Abgeordneten von Grünen und NEOS. – Zwischenrufe bei der ÖVP.)


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Zweitens: Herr Hanger behauptet, abstrakte Relevanz wäre ein ganz neuer Rechts­rah­men. – Er mag für Sie neu sein, für Untersuchungsausschüsse ist er vom Verfassungs­gerichtshof 2018 restlos geklärt worden, vor mehr als drei Jahren ist er geklärt worden. (Zwischenruf des Abg. Hanger.) Dieser Begriff ist vor mehr als zehn Jahren im Zusam­menhang mit dem Rechnungshof geklärt worden. Sie müssten sich ein bisschen mit Rechtsfragen auseinandersetzen, dann wäre das für Sie nicht ungeklärt und neu, denn für alle anderen im Untersuchungsausschuss ist es klar und eindeutig, nur für Sie und für Finanzminister Blümel nicht; für den ist es auch nicht klar.

Damit kommen wir eigentlich zur Debatte, worum es heute geht. Das kann man noch einmal zusammenfassen:

Herr Blümel ist am 22. Jänner 2020 mit dem sogenannten grundsätzlichen Beweis­be­schluss das erste Mal aufgefordert worden, dem Untersuchungsausschuss Akten und Unterlagen vorzulegen. Dem ist er sehr, sehr eingeschränkt nachgekommen.

Am 3. März ist er mit dem sogenannten ergänzenden Beweisbeschluss noch einmal aufgefordert worden. Dem ist er gar nicht mehr nachgekommen.

Es gab am 30. September einen ergänzenden Beweisbeschluss, darauf hat er gesagt: Es gibt nichts mehr! Am 11. November gab es wieder einen ergänzenden Beweis­beschluss, mit dem ganz konkret nachgefragt wurde. Er hat gesagt, es gibt nichts mehr.

Dann haben wir als Untersuchungsausschuss am 13. Jänner eine sogenannte Rüge ausgesprochen – nur damit man sieht, wie lange dieser Rechtsstreit dauert, wie lange Herr Blümel das Parlament, den Untersuchungsausschuss und damit die Demokratie und die Kontrolle in Wahrheit mit Füßen getreten hat. Wir haben eine Rüge ausge­sprochen. Was hat er gemacht? – Er hat das wieder ignoriert.

Dann sind wir am 11. Februar zum Verfassungsgerichtshof gegangen, am 3. März hat der Verfassungsgerichtshof gesagt: Minister Blümel ist verpflichtet, die vom Unter­suchungs­ausschuss angeforderten Akten und Unterlagen zu liefern. Was hat Herr Blümel gemacht? – Er hat die Anweisung gegeben, die Weisung an eine Mitarbeiterin, das auszudrucken – Stufe 3 –, das bitte in Ordner reinzugeben und in den Keller zu sperren: Wir warten, ob wir auch wirklich exekutiert werden!

Dann haben uns wir als Untersuchungsausschuss wieder an den Verfassungs­gerichts­hof wenden müssen, um zu fragen, wo die Akten und Unterlagen bleiben. Und am 5. Mai hat dann der Verfassungsgerichtshof erstmals in der Geschichte der Zweiten Republik, das allererste Mal, einem Minister quasi die Exekution in Person des Bundespräsidenten auf den Hals gehetzt.

Und was hat er dann gemacht? – Er hat im Finanzministerium angerufen und hat gesagt: Geh, liefert ihnen die Akten und Unterlagen, die bei uns im Keller liegen! – Die wurden uns dann leicht angestaubt vor die Tür geknallt – übrigens rechtswidrig, weil sie natürlich nicht in Stufe 3 geliefert werden dürfen, gar nicht mehr gelesen und verarbeitet werden dürfen. Wir haben uns dann wieder an den Bundespräsidenten gewandt. Das hat dann dazu geführt, dass Herr Blümel gnadenhalber begonnen hat, Teile davon auch so zu liefern, wie sie zu liefern sind.

Ich kann heute dem Hohen Haus sagen: Bis heute ist das Erkenntnis des Verfas­sungs­gerichtshofes vom 3. März noch nicht umgesetzt. Minister Blümel hat das bis heute noch nicht umgesetzt – bis heute nicht! Deswegen sagen wir: Wir wollen, dass der Verfas­sungs­gerichtshof endlich klärt, ob sich Herr Blümel an die Gesetze und an die Verfas­sung hält; das soll er in einem sauberen rechtsstaatlichen Verfahren klären. Das ist der Sinn unseres heutigen Antrages. Und was macht die ÖVP? – Sie macht Herrn Blümel die Mauer, vollkommen wurscht, was Herr Blümel macht.


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Bei den Grünen irritiert mich das aber schon sehr stark. Sie standen einmal – das haben sie selber immer wieder gesagt – für Anstand, für Transparenz und für Kontrolle. Wenn sie heute dagegenstimmen, stehen sie nicht mehr für Kontrolle, für Transparenz und für Anstand, sondern für Zudecken, für Verdunkeln und dafür, einem Minister die Mauer zu machen, der es wirklich nicht verdient hat, nämlich einem, der gezeigt hat, dass er keinen Respekt vor Parlament und Demokratie hat, keinen Respekt vor dem Verfassungs­ge­richtshof und dem Rechtsstaat und auch keinerlei Respekt vor dem Bundespräsidenten und der Bevölkerung hat.

Sie sollten sich wirklich überlegen, ob Sie ein derartiges Verhalten legitimieren wollen oder nicht! Ich fürchte, Sie werden das legitimieren, aber es würde den Grünen besser anstehen, den Rechtsstaat arbeiten zu lassen und den Verfassungsgerichtshof über­prüfen zu lassen, ob Herr Blümel nicht wirklich die ganze Zeit gegen Recht und gegen die Ver­fassung verstößt. – Vielen Dank. (Beifall bei SPÖ und NEOS.)

15.18


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu einer tatsächlichen Berichtigung zu Wort gemeldet hat sich Abgeordneter Gerstl. – Bitte.


15.18.58

Abgeordneter Mag. Wolfgang Gerstl (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Abge­ordneter Krainer hat behauptet, dass Herr Bundesminister Blümel keine Dokumente geliefert hat. (Zwischenruf des Abg. Krainer.)

Ich berichtige tatsächlich: Mit Stand 2. Juni 2021 hat der Finanzminister 26 137 Mails und elektronische Dokumente sowie 12 077 Seiten in der Klassifizierungsstufe 2 und 1 798 Seiten in der Klassifizierungsstufe 3 übermittelt. (Beifall bei der ÖVP. – Zwischen­ruf des Abg. Hörl.)

15.19


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Abgeordnete Fürst. – Bitte sehr.


15.19.42

Abgeordnete Dr. Susanne Fürst (FPÖ): Sehr geehrter Herr Vorsitzender! Sehr geehrte Frau Minister! Sehr geehrte Damen und Herren! Ich verstehe das sehr gut, dass Finanz­minister Blümel heute hier im Plenum nicht zur Verteidigung gegen diese Minister­an­klage erscheint. Er wird sich gedacht haben: Na, wenn ich nicht einmal die beste Sendezeit bekomme, dann erscheine ich nicht! Einen gewissen divenhaften Charakter sagt man ihm ja nach, also ist das nur eine natürliche Schlussfolgerung, wenn ihm nicht einmal die eigenen Parteikollegen eine günstige Sendezeit verschaffen möchten.

Ich habe Finanzminister Blümel bei der letzten Sondersitzung geraten, sich immer gut zu überlegen, von wem er sich verteidigen lässt. Jetzt sind hier schon zwei ÖVP-Vertre­ter angetreten. Abgeordneter Hanger liefert sich ein Gefecht mit dem Koalitionspartner, und Abgeordneter Gerstl hält eine salbungsvolle, bedeutungsschwere Rede und spricht von unlauteren Mitteln, mit denen man kunstvoll sozusagen eigentlich den Bundes­kanzler treffen und zu Fall bringen möchte, auch zum Beispiel jetzt mit dieser Ministeranklage gegen Finanzminister Blümel – also sozusagen ein Stellvertreterkrieg.

Gut, worum geht es bei einer Ministeranklage?  Es geht um Artikel 142 B-VG, um die verfassungsmäßige Verantwortlichkeit eines Bundesministers für die durch seine Amtstätigkeit erfolgten Rechtsverletzungen. Nun stellt sich Abgeordneter Gerstl als sein Verteidiger hierher und gibt sogar zu, dass diese Rechtsverletzungen passiert sind. Also ich kann nur sagen (erheitert): So einen Verteidiger braucht man! (Heiterkeit der Abg.


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Belakowitsch.) Das heißt, er hat damit eben zugegeben, dass die Ministeranklage fundiert ist und dass der VfGH eigentlich darüber befinden sollte.

Abgeordneter Gerstl spricht dann natürlich noch über die sonstigen unglaublichen Ver­dienste unseres Finanzministers, von den größten Wirtschaftshilfen in der EU; auch dem ist sozusagen immanent, dass  wenn die größten Wirtschaftshilfen in der EU notwendig geworden sind da vorher einmal ein maximaler Schaden angerichtet worden ist. Auch das ist keine besonders schöne Bilanz für den Finanzminister und auch nicht für eine Wirtschaftspartei, als die sich die ÖVP ja rühmt.

Auch sonstige Verdienste gibt es nicht, zum Beispiel kann ich bei der Zustimmung zum Wiederaufbaufonds, den wir heute schon intensiv besprochen haben, seine Qualitäten als Finanzminister nicht sehen, denn da ist noch nicht einmal klar, welcher Mitgliedstaat wann wie viel von diesem unglaublichen Betrag von 750 Milliarden Euro zurückzahlen wird. Was auf jeden Fall aber schon feststeht: Österreich wird weniger rausbekommen, als es einbezahlt. Für den Finanzminister wären das grundsätzlich einfache Rech­nun­gen, da sollte man doch zumindest Bedenken haben, bevor man zustimmt.

Zurück zur Ministeranklage: Herr Kollege Krainer hat jetzt den Ablauf dargelegt. Es gab das legitime Verlangen der Opposition an das Finanzministerium, dem U-Ausschuss Akten zu liefern. Finanzminister Blümel zog sich auf den Datenschutz, den er da auf einmal entdeckt hat und darauf, dass die Unterlagen ja auch viel zu umfassend sind, zurück. Es kam zu einem Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes im März, dem Minis­ter wurde aufgetragen, die Akten zu liefern. Es geschah nichts, bis es im Mai zur An­drohung der Exekution durch den Bundespräsidenten kam. Blümel kam dem Auftrag dann widerwillig nach und lieferte Papierberge mit einer hohen Geheimhaltungsstufe.

Ganze Postfächer von Mitarbeitern, auch hohen Mitarbeitern im Finanzministerium, vor­zulegen ist tatsächlich eine heikle Sache. Es geht um Mails von Abteilungsleitern, von Beamten, auch um Mails, die zum Beispiel an Thomas Schmid – und von diesem zurück – geschrieben wurden. Wie heikel die sind, das wissen wir inzwischen. Natürlich kann es da zu Zufallsfunden kommen, und das sollte eigentlich in diesem Ausmaß nicht passieren, aber da gibt es ein großes Aber  Finanzminister Blümel und sein Minis­terium haben es einfach verabsäumt, zu begründen, welche Unterlagen nicht vorzulegen sind und welche schon. Da das nicht gemacht wurde, hatte der Verfassungsgerichtshof keine Wahl, als eben die pauschale Vorlage der E-Mail-Postfächer anzuordnen, denn der VfGH kann die Unterlagen sozusagen nicht nach Relevanz selektieren.

Finanzminister Blümel meinte, er habe sensibel vorgehen wollen. Er sprach immer von Krankenstandsdaten im Finanzministerium. Sind die so umfangreich? Ich meine, das würde ja jetzt nicht für seinen Stil als Vorgesetzter sprechen, aber auf jeden Fall ist er da sehr datensensibel. Bei den Österreichern generell, beim grünen Pass und so weiter, da sind diese Daten plötzlich nicht mehr so relevant.

Auch die Verteidigungslinie aus der Bundesregierung war sehr interessant, auch da sind wir wieder dabei, dass man sich immer überlegen muss, von wem man sich verteidigen lässt. Bundesminister Nehammer meinte, dass Blümel den Aspekt des Datenschutzes hochhalte, da gehe es um einen Grundrechtsausgleich und das sei sehr löblich. – Bun­desminister Nehammer schaut auch bei allen Versammlungen wirklich immer auf einen Grundrechtsausgleich. Ministerin Köstinger spricht auch davon, dass es da um sensible, persönliche Daten von Mitarbeitern gehe und der Finanzminister da eine Sorgfaltspflicht habe. – Ja, aber VfGH-Erkenntnisse sind auch umzusetzen, da gibt es auch eine Sorgfaltspflicht, die leider schwerer wiegt, wenn man vorher verabsäumt hat, eine ent­sprechende Begründung vorzulegen.

Nicht zuletzt der Bundeskanzler: Es ist schwierig und heikel. Bei Datenschutzinteressen von Mitarbeitern, vor allem bei Gesundheitsdaten – die sind besonders schützenswert –, gilt


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es abzuwägen; gerade bei diesen persönlichen Gesundheitsdaten muss man ganz, ganz vorsichtig sein. – Da kann ich auch nur immer wieder sagen: Aha, beim grünen Pass, wie er ursprünglich geplant war, wäre die totale Offenlegung notwendig gewesen. Jetzt ist man wieder ein bisschen zurückgeschritten, aber schauen wir einmal, was noch kommt, auf jeden Fall muss aber jeder seinen Coronastatus offenbaren.

Finanzminister Blümel meinte zum Abschluss eines „ZIB 2“-Interviews zum Thema Aktenlieferung: Eine Anklage, das wird nicht passieren. Ich wünsche es ihm, aber ich habe das Bundeskanzler Kurz schon einmal mitgegeben: Bei Gericht und auf hoher See sind Sie in Gottes Hand. (Beifall bei der FPÖ.)

15.26


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Abgeordneter Krainer hat sich zu einer per­sön­lichen Erwiderung auf die tatsächliche Berichtigung zu Wort gemeldet. – Bitte.


15.26.33

Abgeordneter Kai Jan Krainer (SPÖ): Herr Präsident! Kollege Gerstl hat mir im Rah­men seiner tatsächlichen Berichtigung gerade schlechten Stil unterstellt.

Ich erwidere persönlich: Er hat gemeint, ich hätte behauptet, der Finanzminister hätte gar nichts geliefert, und hat aufgezählt, was er alles geliefert hat. Tatsächlich gesagt habe ich, dass er nur sehr eingeschränkt geliefert hat und dass er bis heute das Erkennt­nis vom 3. März nicht vollständig umgesetzt hat. Das ist leider wahr.

Es wäre eigentlich auch Ihre Aufgabe, dafür zu sorgen, dass Herr Minister Blümel Er­kenntnisse des Verfassungsgerichtshofes endlich wirklich umsetzt und nicht nur so tut, als ob er es machen würde. Vielen Dank. (Beifall bei der SPÖ.)

15.27


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Abgeordnete Schatz. – Bitte sehr.


15.27.23

Abgeordnete Sabine Schatz (SPÖ): Herr Präsident! Frau Bundesministerin! Sehr geehrte Damen und Herren! Lassen Sie mich zu Beginn noch auf Kollegen Gerstl repli­zieren! Sie haben sehr viel von Respekt, von Respekt gegenüber der Justiz gesprochen. Herr Kollege Gerstl, bitte richten Sie sich vor allem an Ihre eigene Fraktion und unter­lassen Sie als ÖVP die andauernden Angriffe auf die Justiz! Das gilt auch für Angriffe auf einzelne Staatsanwälte und Staatsanwältinnen, Herr Kollege Hanger. (Beifall bei der SPÖ.)

Ja, die Erkenntnisse aus dem Untersuchungsausschuss, der die mutmaßliche Käuflich­keit der türkis-blauen Regierung prüfen soll, sind für die ÖVP alles andere als angenehm. Dieser Ibiza-Untersuchungsausschuss war der ÖVP von Beginn an ein Dorn im Auge. Wir erinnern uns: Gemeinsam mit den Grünen hat man zu Beginn versucht, den Unter­suchungsgegenstand so klein und eng wie möglich zu halten. Ja, es ist offensichtlich, dass die ÖVP immer noch, soweit es geht, den Deckel draufhalten will, da alleine das Sittenbild, das uns so manche Chatprotokolle aus dieser türkisen Familie liefern, frauen­verachtend und abgehoben ist. Es ist verständlich, dass die ÖVP nicht will, dass die Bevölkerung oder „der Pöbel“, wie wir lesen  weiß, wie sie über sie denkt.

Dass aber der Finanzminister der Republik, Finanzminister Blümel, einen Beschluss des Verfassungsgerichtshofes zur Aktenlieferung an den Untersuchungsausschuss vorsätz­lich nicht befolgt, dass erstmals in dieser Republik der Bundespräsident einschreiten muss, um einen Minister an die Verfassung, auf die er angelobt wurde, zu erinnern, das ist wirklich ein trauriger Höhepunkt der ÖVP und im Besonderen von Bundesminister


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Blümel im Umgang mit unserem demokratischen Fundament. (Beifall bei der SPÖ sowie der Abgeordneten Brandstätter und Scherak.)

Ganz ehrlich, die daraufhin erfolgte Lieferung von E-Mails in ausgedruckter Form in einer Geheimhaltungsstufe, die nicht gerechtfertigt ist, ist eine weitere Farce und eine weitere Missachtung des Parlaments und seiner Kontrollrechte, die wir uns nicht gefallen lassen dürfen, wenn wir uns als Parlament ernst nehmen. (Beifall bei der SPÖ.)

Nein, Herr Kollege Hanger, es geht hier nicht ums Anpatzen, es geht hier nicht um die böse, böse Opposition gegen die ÖVP, die Regierung oder Bundesminister Blümel im Besonderen. Es geht hier um nichts weniger als um einen Finanzminister der ÖVP und seinen Umgang mit dem demokratischen Fundament unseres Landes, dem Rechtsstaat und der Verfassung. Dieser Umgang, sehr geehrte Damen und Herren, muss über allem stehen. Das Gelöbnis, das Ministerinnen und Minister bei ihrer Angelobung feierlich ablegen, ist ein Bekenntnis zur Einhaltung der Verfassung und aller geltenden Gesetze. Das gilt für alle in diesem Land. (Beifall bei der SPÖ.)

Das Recht ist für alle gleich, niemand steht über dem Recht, auch nicht Kurz, auch nicht Blümel oder sonstige Mitglieder der türkisen Familie – deshalb haben wir diese Minister­anklage eingebracht. Als Parlament dürfen wir nämlich nicht zuschauen beziehungs­weise wegschauen, wenn ein Minister den Rechtsstaat mit Füßen tritt.

Der Verfassungsgerichtshof soll nun prüfen, ob Blümel gegen geltendes Recht ver­stoßen hat. Dass ÖVP und Grüne gegen diese Ministeranklage stimmen, ist auch ein Zeichen dafür, dass sie offenbar nicht sicher sind, ob er diese Prüfung bestehen würde. Das ist ein Zeichen dafür, dass es ganz klar und deutlich so ist, wie wir das verstehen: dass konsequent Verfassungsbruch begangen wurde. Minister Blümel hat den Bogen schon längst überspannt. Er ist rücktrittsreif. Er sollte dem Beispiel von Schmid und Brandstetter dringend und rasch folgen. – Vielen herzlichen Dank. (Beifall bei der SPÖ.)

15.31


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Abgeordneter Margreiter. – Bitte sehr, Herr Abgeordneter.


15.31.54

Abgeordneter Dr. Johannes Margreiter (NEOS): Herr Präsident! Sehr geehrte Frau Bundesministerin! Zur Ministeranklage gegen Minister Blümel ist alles gesagt; sie dürfte wohlbegründet sein. Wir sollten dem Verfassungsgerichtshof die Gelegenheit geben, Recht zu sprechen. Ich will aber diese Debatte, die wir jetzt geführt haben, zum Anlass nehmen, das Problem ein bisschen grundsätzlicher anzugehen.

Wir erleben derzeit ein sogenanntes Fußballgroßereignis: 22 Männer, ein grüner Rasen, ein Ball. Warum fasziniert das die Menschen so? Warum schauen da viele via Fernsehen zu und fiebern mit? – Das ist deswegen so, weil natürlich das Ganze auf der Basis von Regeln funktioniert. Ohne Regeln hätte das alles keinen Sinn. Das Spiel funktioniert nur deswegen, weil diese 22 Spieler, die da am Platz sind, erstens die Regeln kennen, sich zweitens dazu committen, diese Regeln zu befolgen, und es drittens eine Instanz, nämlich den Schiedsrichter, gibt, der Regelverstöße ahnden kann. Wir alle, die wir manchmal Fußball schauen, wissen, was passiert, wenn der Schiedsrichter kritisiert wird. Das hat sofort Konsequenzen, da gibt es eine Gelbe oder eine Rote Karte.

Fußball ist eine sehr schöne Metapher für die Gesellschaft: Auch unsere Gesellschaft funktioniert nur, weil wir Regeln haben – das sind unsere Gesetze, die wir hier machen – und weil wir uns grundsätzlich darauf verständigen, uns daran zu halten; und auch in unserer Gesellschaft gibt es eine Instanz, die dafür Sorge trägt, dass die Regeln ein­gehalten werden, und die es ausspricht, wenn es Regelverstöße gibt.


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Was wir in den letzten Wochen erlebt haben, was seitens der türkisen Partei in Richtung Justiz kommuniziert worden ist, war nicht nur Schiedsrichterkritik, sondern der Schieds­richter wurde regelrecht angerempelt. (Beifall bei den NEOS. – Abg. Taschner: Das ist ein falsches Bild, das Sie haben, ein falsches Bild!)

Sie wissen ganz genau, welche Konsequenzen es hat, wenn man den Schiedsrichter anrempelt. Da sollten Sie besser überlegen, denn Sie schaden dem Gemeinwesen wirklich in ganz massiver Art und Weise, wenn Sie es salonfähig machen, dass wir diese wichtige Instanz Justiz infrage stellen. Natürlich darf man Kritik üben, aber wie gesagt, das, was von Ihnen gekommen ist, hatte mit Kritik nichts mehr zu tun. Das war schwerstes Schiedsrichteranrempeln und ist sehr verpönt.

Das hat unter anderem dazu geführt, dass wir heute vor der Situation stehen – das müs­sen wir begrüßen –, dass sich die Zivilgesellschaft formiert hat, dass es die Idee gibt, ein Antikorruptionsvolksbegehren zu lancieren, und wir hören ja schon, wer das aller unterstützt. Das ist ja wunderschön, nur klingt das sehr nach Schalmeientönen, die nicht sehr glaubwürdig sind.

Trotzdem: Ich lade Sie, ZuseherInnen zu Hause vor den Bildschirmen, alle ein: Unter­stützen Sie dieses Antikorruptionsvolksbegehren! Es ist im Österreich des 21. Jahrhun­derts, im Österreich des Jahres 2021, leider notwendig geworden, dass sich die Zivil­gesellschaft gegen politische Strömungen auflehnt, die maßgebliche Institutionen in einer Art angreifen, die für unseren Staat, für unser Gemeinwesen bereits gefährlich ist. – Vielen Dank. (Beifall bei den NEOS. – Abg. Taschner: Das ist eine Unterstellung!)

15.35


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort ist dazu niemand mehr gemeldet.

Wünscht der Herr Berichterstatter ein Schlusswort? – Das ist nicht der Fall.

Dann verlege ich die Abstimmung wie vereinbart an den Schluss der Verhandlungen über die Vorlagen des Verfassungsausschusses.

15.35.473. Punkt

Bericht des Verfassungsausschusses über den Antrag 1278/A der Abgeordneten Mag. Jörg Leichtfried, Kolleginnen und Kollegen betreffend Ministeranklage ge­mäß Art. 142 Abs. 2 lit. b B-VG wider die Bundesministerin für Digitalisierung und Wirtschaftsstandort (930 d.B.)


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Wir kommen zu Tagesordnungspunkt 3.

Auf eine mündliche Berichterstattung wurde verzichtet.

Zu Wort gemeldet ist Abgeordneter Christoph Matznetter. – Bitte sehr, Herr Abgeord­neter.


15.36.11

Abgeordneter Dr. Christoph Matznetter (SPÖ): Herr Präsident! Geschätzte Frau Bun­desministerin, das betrifft eigentlich nicht Sie (in Richtung Bundesministerin Edtstadler), son­dern Kollegin Schramböck (Ruf bei der ÖVP: Aha!), die sich das auch anhören könnte. Wir haben in der Causa Blümel die Funktionalität der Ministeranklage sehr deut­lich besprochen. Das ist nichts Martialisches. Dabei geht es darum, dass eine unab­hängige Instanz, nämlich das höchste Gericht des Landes, einen Vorgang dahin gehend be­wertet, ob er rechtswidrig war oder nicht. Die aktuelle Regierungsmehrheit verschließt dem österreichischen Parlament die Möglichkeit, diese Prüfung vorzunehmen.


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Ich darf daran erinnern, worum es ging: Im Herbst hat Frau Bundesministerin Schramböck ein Kaufhaus Österreich vorgestellt. Ein paar haben damals schon vermutet, dass es eine Realsatire ist, die da stattfindet, denn: Welche Absurdie soll eine Regierung leiten, dass sie hergeht und glaubt, sie könnte ein neues Amazon gründen?! Die Peinlichkeit ging nur weiter, als Journalisten versucht haben, dort zum Beispiel Schuhe zu suchen. Wissen Sie, was da herauskam? – Ein Tischtennisshop, einmal ein Bergbauer und das dritte Mal eine Alpakawanderung. Ehrlich gesagt, das kann „Die Tagespresse“ von Herrn Jergitsch nicht besser machen. (Ruf bei der ÖVP: Ist doch schön!) Da überholt die Realsatire die Wirklichkeit. Das wäre ja alles noch lustig. Das Problem ist nur: Der österreichische Steuerzahler durfte dieses ganze Kabarett bezahlen. Es hat geheißen, es seien ja eh nur 627 000 Euro. Realiter waren es aber 1,26 Millionen Euro.

Jetzt wird es aber weniger lustig, sondern ernst: Wenn eine Bundesministerin, die kraft Verfassung monokratisch entscheiden kann, 1,26 Millionen Euro für so ein Projekt ausgibt – wahrscheinlich auf Zuruf von Fleischmann, Bonelli und wie sie vom Bundes­kanzleramt alle heißen –, selbst wenn sie die Absicht hat, guten Wind für diese Regie­rung zu machen: Das muss rechtlich überprüft werden. (Beifall bei der SPÖ.)

Es kann nicht sein, dass das Geld unserer SteuerzahlerInnen für eine Lachnummer in diesem Lande einfach beim Fenster hinausgeworfen wird, Kolleginnen und Kollegen. Sie verhindern die Untersuchung durch ein Gericht, und ich schaue dabei auch die Grünen sehr ernsthaft an. Da sollte man sich überlegen, ob man dieser ÖVP die Räuberleiter – Zitat Werner Kogler als Oppositionsabgeordneter – für dieses Vorhaben macht. Eine Ministerin, die 1,26 Millionen Euro für Alpakawanderung in den Sand setzt, hat das Recht – auch selber! –, dass ein Gericht darüber entscheidet, ob dieses Vorhaben das richtige war. Entscheiden Sie sich bitte richtig, Kolleginnen und Kollegen! (Beifall bei der SPÖ.)

15.39


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Abgeordneter Stocker. – Bitte.


15.39.54

Abgeordneter Dr. Christian Stocker (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr geschätzten Kolleginnen und Kollegen in diesem Haus! Sehr geehrte Damen und Herren zu Hause! Diskreditieren, diffamieren, anzeigen, anklagen – das ist das Programm der Opposition. Unter diesem Tagesordnungspunkt wird eine Ministeranklage abgehandelt, dieses Mal gegen Frau Bundesministerin Schramböck. Kollege Matznetter hat behaup­tet, dass eine Ministeranklage ja nichts Martialisches ist. Wir wollen dagegen schon festhalten, dass eine Ministeranklage in der Regel mit dem Amtsverlust endet. Das ist dann schon etwas sehr Martialisches, Herr Kollege.

Es ist auch nicht so, dass es reicht, dass eine Rechtsverletzung vorliegt, sondern sie muss schuldhaft sein. Das sind also schon schwere Geschütze, die da aufgefahren wer­den. Es ist auch wert, sich anzusehen, auf welcher Grundlage diese Geschütze aufge­fahren werden. Ich darf Ihnen dazu eines sagen, Herr Kollege Matznetter und liebe Kolleginnen und Kollegen von der Sozialdemokratie: Diese Grundlage ist nicht nur dünn, sie ist dünner und am dünnsten, und das heißt in diesem Fall SPÖ. (Beifall bei der ÖVP.)

Sie werfen der Frau Ministerin vor, dass dieses Projekt über 1 Million Euro gekostet hat. Lesen Sie einmal nach – Sie waren ja einmal in der Regierung –, wie viel Geld Sie versenkt haben, wer zurückgetreten ist und wer angeklagt wurde (Abg. Hörl: Genau!), denn dann werden Sie nämlich die Unverhältnismäßigkeit dieses Antrages erkennen! (Beifall bei der ÖVP.)


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Ich darf Ihnen eines sagen, und auch die Bevölkerung soll wissen, worauf Sie ihre Anklage stützen: Erstens machen Sie sich Sorgen, ob das Ministerium das überhaupt hätte betreiben dürfen. (Zwischenruf bei der SPÖ.) Nur hat es das auch nicht betrieben. Würden Sie nachlesen, wer das betrieben hat, würden Sie sehen, dass das die Wirt­schaftskammer war. Aus der Innehabung einer Domäne oder eines Mediums abzuleiten, dass das auch der Betreiber ist, ist einfach falsch, weil es eben nicht so einfach ist. (Weitere Zwischenrufe bei der SPÖ.)

Zweitens sagen Sie, dass die Antwort der Frau Ministerin unrichtig war, weil sie einen Sublieferanten genannt hat, der selber sagt, dass er keiner war. Hintergrund ist, dass es ein Angebot und einen Auftrag gegeben hat. Im guten Glauben war die Annahme natürlich, dass der dann auch Subunternehmer war. Und das nehmen Sie zum Anlass für eine Ministeranklage. – Dünn, dünner, SPÖ. (Beifall bei der ÖVP. – Zwischenrufe bei der SPÖ.)

Der dritte Grund ist der übliche strafrechtliche Vorwurf, denn ohne Staatsanwalt kommen Sie ja in Ihrer Politik überhaupt nicht mehr aus. Ich sage Ihnen aber eines: Mit Ihrem Maßstab gemessen hätten Sie wahrscheinlich nie einen Minister gehabt, zumindest nicht lange – und Opposition heißt nicht Destruktion. (Beifall und Bravorufe bei der ÖVP.)

15.43


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Abgeordneter Ragger. – Bitte.


15.43.09

Abgeordneter Mag. Christian Ragger (FPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Die Frau Ministerin ist jetzt rausgegangen. Wie darf man bei so einer Anklage gegenüber einer Ministerin einbegleiten? Man muss sich schon einmal sachlich vor Augen führen, was in dieser Republik passiert ist. Man geht davon aus, dass alle, die hier sitzen, auf die Verfassung angelobt sind und ihr Tun und Schaffen auf gesetzliche Grundlagen stellen. Und dann passiert Folgendes: Eine Ministerin geht vielleicht mit guten Absichten daran und legt sich gemeinsam mit der Wirtschaftskammer ein Projekt zurecht, das im Grunde genommen den Versuch darstellt, ein Verzeichnis irgendwelcher Verkäufer im Internet zu spiegeln, und das dann als Kaufhaus Österreich zu verkaufen. Das hat letztendlich dazu geführt, dass nicht nur strafrechtlich relevante Tatbestände vorliegen könnten, was zu überprüfen ist. Da muss man Kollegen Matznetter einfach recht geben. Es gibt auch eine Vielzahl verschiedener Gesetzesübertretungen. Es reicht da nicht aus, dass sie strafrechtlich oder zivilrechtlich geprüft werden. Die gesetzliche Grundlage sollte auch auf ihre Verfassungsmäßigkeit geprüft werden.

Ich sage Ihnen jetzt, an welche Gesetzesverstöße ich dabei denke. Es gibt die straf­rechtliche Verantwortung, dass innerhalb von zwei, maximal drei Monaten 1,2 Millionen Euro versenkt worden sind. Da sagt man dann so salopp in Richtung SPÖ: Ihr habt ja viel mehr verbraucht. Wenn das das Sittenbild dieser Republik sein soll, dann muss man schon fragen, wo wir da denn anfangen sollen. Wenn das noch nichts sein soll, wenn man nur 1 Million Euro versenkt hat, heißt das, dass man dann damit munter weiter­machen kann. Das kann es wohl nicht sein. (Beifall bei der FPÖ.)

Bei dem, was da wirklich passiert ist, ist das Bundesministeriengesetz nicht eingehalten worden. Auch eine Ausschreibung wäre gerechtfertigt gewesen, aber die Kriterien für eine Ausschreibung sind einfach auf die Seite gewischt worden, denn bei Dienst­leis­tungen beginnt die Ausschreibungspflicht bei 100 000 Euro. Ab diesem Betrag ist auszu­schreiben; das ist negiert worden.

Der dritte Punkt: Man hat jegliche strafrechtliche Überlegungen außer Betracht gelassen. Wir reden da von Fördermissbrauch, von Amtsmissbrauch und vom Tatbestand der


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Untreue. Und als weiteren Punkt kann ich auch zivilrechtliche Tatbestände ins Treffen führen. Würde ich einen Händler vertreten, so würde ich die Frau Ministerin für das, was sie da angestellt hat, wettbewerbsrechtlich durch Sonne, Mond und Sterne schießen – auch das sollte man bedenken. All das rechtfertigt es allemal, hier heute über eine Ministeranklage nachzudenken, denn das ist wirklich plump gemacht worden. Das ist echte Korruption in diesem Land. (Beifall bei der FPÖ sowie der Abg. Steinacker.)

15.45


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Herr Abgeordneter Ragger! Echte Korruption ist ein strafrechtlicher Vorwurf. Ich würde Sie bitten, das zurückzunehmen, sonst muss ich einen Ordnungsruf erteilen.

Zu Wort gemeldet ist Abgeordnete Götze. – Bitte.


15.46.16

Abgeordnete Dr. Elisabeth Götze (Grüne): Herr Präsident! Werte Kolleginnen und Kollegen! Sehr geehrtes Publikum! Das Kaufhaus Österreich ist gescheitert, so ehrlich müssen wir sein. Allerdings war das Ziel dieses Projekts sehr begrüßenswert – das möchte ich hier ausdrücklich festhalten –, und wir müssen dieses Ziel auch weiterhin verfolgen. Was war das Ziel? – Ziel war, die heimischen Unternehmen, die heimischen Klein- und Mittelbetriebe in ihrer digitalen Präsenz und in ihrem Onlinevertrieb zu stär­ken. (Beifall bei den Grünen.)

Wir wissen, mehr als 50 Prozent der 8 Milliarden Euro Umsatz, die derzeit online ge­macht werden, wandern ins Ausland ab; davon profitieren heimische Unternehmen nicht mehr. Daran ist unter anderem Amazon schuld. Amazon ist ein Konzern, ein inter­na­tionaler Konzern, der, wie wir wissen – und das ist auch vielfach diskutiert worden –, kaum Steuern zahlt, Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter recht schlecht bezahlt, nicht zuletzt auch das Lieferpersonal und die Konkurrenz aufkauft. Bei diesem recht unfairen Wett­bewerb haben heimische Unternehmen kaum eine Chance, mitzuhalten. Wir wissen auch, dass Amazon alles verkauft, also nicht nur Bücher; es gibt jetzt sogar Amazon Fresh und damit den Verkauf von Lebensmitteln.

Die Covid-19-Krise hat das Ungleichgewicht zwischen diesen globalen Konzernen, die alle Möglichkeiten nützen, und den heimischen Betrieben verstärkt. Amazon hat seit Beginn der Coronakrise seinen Gewinn verdreifacht. Die heimischen Betriebe zu stützen, um da mithalten zu können, halte ich für wirklich absolut wichtig. (Beifall bei den Grünen sowie des Abg. Hörl.)

Was brauchen wir also? – Wir brauchen noch mehr Unterstützung der heimischen Betriebe. Die Investitionsprämie zur Förderung der Digitalisierung war da beispielsweise ein ganz wichtiger Ansatz. Da ist also viel geschehen. (Beifall bei Grünen und ÖVP.)

Das betrifft auch die KMU-E-Commerce-Förderung. 10 Millionen Euro wurden heuer im März aufgelegt und sind bereits zur Hälfte ausgeschöpft. (Beifall bei den Grünen.) KMU digital stellt heuer 5 Millionen Euro zur Verfügung, auch noch in den nächsten zwei Jahren sind es wie bereits letztes Jahr jeweils 5 Millionen Euro. Heuer wurde die Beratungsleistung noch nicht ganz ausgeschöpft, aber die Leistungen in Bezug auf Umsetzung schon. Wir sehen also, Unternehmer nehmen diese Angebote in Anspruch. Da müssen wir noch mehr Geld hineinstecken.

Wichtiger ist mir auch noch die E-ID. Das ist eine Möglichkeit, dass Kundinnen und Kunden sich nicht bei jedem unterschiedlichen Webshop völlig neu registrieren müssen, sondern eben einmal ihre E-ID-Nummer eingeben und dann alle Daten übernehmen können – und das datensicher und convenient.


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Da müssen wir rasch in die Umsetzung kommen – ich glaube, die Ministerin ist da dran –, und natürlich auch in Bezug auf Konzerne, um noch einmal darauf zurückzukommen, mit echter oder zumindest mehr Steuergerechtigkeit und dadurch faireren Wettbewerbs­bedingungen. Dafür setzen wir uns ein. (Beifall bei Grünen und ÖVP.)

15.50


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Abgeordneter Hoyos-Trauttmansdorff ist zu Wort gemeldet. – Bitte. (Zwischenruf bei der ÖVP.)


15.50.24

Abgeordneter Douglas Hoyos-Trauttmansdorff (NEOS): Herr Präsident! Liebe Kolle­ginnen und Kollegen! Frau Bundesministerin! Das Traurige, das wir beim Thema Digita­lisierung haben, ist, das wir in diesem Parlament eigentlich immer nur darüber reden, wenn etwas schiefgegangen ist. Jetzt könnte man sagen, das liegt daran, dass so wenig von der Regierung kommt. Das ist das eine Problem. Das Problem ist halt aber auch, dass alles, was von der Bundesregierung kommt, schiefgeht. (Zwischenrufe bei der ÖVP.)

Das ist ja nicht nur das Kaufhaus Österreich gewesen. Das ist der grüne Pass, den wir aktuell regelmäßig diskutieren und der schiefgegangen ist. Das war das Datenleck beim Ergänzungsregister im letzten Jahr. Das war die Stopp-Corona-App, die der Herr Präsident dann auch noch eigenhändig zerschossen hat. Das war die Plattform Öster­reich testet und das war zuletzt der Bauchfleck beim Kaufhaus Österreich. (Zwischenrufe bei der ÖVP.) Die Liste ließe sich natürlich noch weiter ergänzen.

Dann haben wir dieses Kaufhaus Österreich. Es wurde viel diskutiert, und ich glaube nach wie vor, dass es einer der größten Fehltritte der Bundesregierung in den letzten Monaten war. Warum? – Wir haben die Frage: Wie stellt sich die Bundesregierung vor, in Konkurrenz zu Amazon zu treten? (Zwischenruf des Abg. Höfinger.) – Das genau war nämlich der Gründungsanspruch. (Zwischenruf bei der ÖVP.) Das muss man sich schon sehr intensiv überlegen. Die ÖVP – die ehemalige Wirtschaftspartei ÖVP – will sozu­sagen staatliche Unternehmen gründen (Zwischenruf des Abg. Hörl), die gegen Amazon vorgehen, was ja die Absurdität überhaupt ist. Das ist eigentlich ein rein sozialistischer Anspruch, den die ÖVP da verfolgt hat. (Beifall bei den NEOS.)

Ja, natürlich müssen wir den Einzelhändlerinnen und Einzelhändlern helfen. Wie haben Sie das aber gemacht? – Das haben Sie mit einer Plattform gemacht, die Sie groß als die Lösung für alle Probleme präsentiert haben. Wenige Minuten später ist man drauf­gekommen, dass man dort nur noch Alpakaführungen findet, und das Ganze für die stolze Summe von 1,3 Millionen Euro – 1,3 Millionen Euro, die Sie in der Krise, in der größten Wirtschaftskrise seit dem Zweiten Weltkrieg, wie Sie immer wieder selber sagen, einfach so beim Fenster rausgeschmissen haben, und das für etwas, was nichts kann. Es gibt eine schlechte, fehlende Suchfunktion – Kollege Matznetter hat das schon aus­geführt. Es ist von Anfang an undurchdacht gewesen. Es war von Anfang an kein Plan dahinter, außer dass sich Präsident Harald Mahrer und Frau Ministerin Schramböck nebeneinander hinstellen und sagen, wie großartig sie Digitalisierung können. Das haben wir gesehen, meine Damen und Herren! (Beifall bei den NEOS sowie der Abg. Yılmaz.)

Man hat bei all diesen Dingen auch immer wieder gesehen – ich gehe da zum Beispiel auf die Plattform Österreich testet ein –, wie schlecht das technisch gemacht war. Erin­nern Sie sich an den legendären Auftritt in „Willkommen Österreich“ (Ruf bei den NEOS: Ja!), bei dem drei oder vier Studenten innerhalb von einer halben Stunde die Plattform Österreich testet nachprogrammiert haben? Genau dasselbe könnten wir fürs Kaufhaus


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Österreich machen, und ich sage Ihnen eines: Dann würde es besser funktionieren als das, was Sie gemacht haben. (Beifall bei den NEOS.)

Dann der Höhepunkt: Auf was kommt man zwei Monate, nachdem diese Plattform gelauncht wurde, drauf? – Na, die Bundesregierung hätte das nie machen dürfen. Die Bundesregierung – das hat damals die Finanzprokuratur sehr richtig festgehalten – darf so etwas eben nicht. Sie kann nicht einfach solch ein erweitertes Firmenregister machen.

Was hat das Ganze gekostet? – 1,3 Millionen Euro für etwas, das ihr nicht hättet machen dürfen, und dann stellt ihr euch her und sagt: Na, es war alles super und wir wollten ja nur helfen!, und so weiter. Genau das kann man eben als Ministerin nicht machen und genau deswegen ist diese Ministeranklage auch notwendig. Eine Ministerin muss dafür sorgen, dass sie in ihrem Ressort effizient ist, und Ministerin Schramböck macht alles andere als das. Sie kann nämlich eben diese Digitalisierungsprojekte nicht umsetzen. Erzählen Sie mir eines, das in den letzten Jahren funktioniert hat! Mir fällt keines ein. Ich glaube, Sie können alle hier fragen, ihnen allen wird kein funktionierendes Digitalisie­rungsprojekt von Frau Ministerin Schramböck einfallen.

Das Einzige, was sie bei diesem Projekt gemacht hat, ist, eine Pressekonferenz zu machen, und das ist etwas, was Sie gut können. Selbst bei der ÖVP fällt mir aber keine Pressekonferenz ein, die 1,3 Millionen Euro gekostet hat und den Bürgerinnen und Bürgern in Österreich genau gar nichts gebracht hat. (Beifall bei den NEOS und bei Abgeordneten der SPÖ.)

15.54


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Abgeordneter Minnich. – Bitte.


15.54.56

Abgeordneter Andreas Minnich (ÖVP): Herr Präsident! Geschätzte Frau Bundes­minister! Werte Abgeordnete, Kolleginnen im Hohen Haus! Liebe Zuseher zu Hause vor den Fernsehbildschirmen! Heute geht es um etwas, das mich wirklich wütend macht. Wir beschäftigen uns jetzt mit einem Antrag auf Ministeranklage gegen unsere Wirtschafts­ministerin. (Zwischenruf bei der SPÖ.)

Sie wissen alle, dass wir jetzt an einem sehr entscheidenden Punkt dieser Krise ange­kommen sind. In den nächsten Jahren wird es nämlich nicht darauf ankommen, welche Maßnahmen Schwachstellen gehabt haben oder ob wir zwei Tage zu spät oder zwei Tage zu früh wieder geöffnet haben – nein! –, sondern in den nächsten Jahren wird entscheidend sein, wie wir uns jetzt aus dieser Krise herausmanövrieren. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Grünen.)

Liebe Opposition, wenn Ihnen etwas an unserem Wirtschaftsstandort Österreich liegt, dann lassen Sie bitte diese peinlichen Spielchen und werden Sie Ihrer politischen Verantwortung endlich gerecht! (Beifall bei der ÖVP sowie der Abg. Maurer. Abg. Lausch: Na ja!)

Was erwarten wir von einer Wirtschaftsministerin in einer solchen Krise? (Abg. Hoyos-Trauttmansdorff: Dass sie nicht 1,3 Millionen Euro beim Fenster raushaut!) – Ja, eine Initiative nach der anderen. (Zwischenruf des Abg. Leichtfried.) Nur wer viel ausprobiert, hat die Chance auf Erfolg. Durchs Gehen entsteht ein Weg und nicht durch Stillstand und das Bauen von Luftschlössern. (Beifall bei der ÖVP sowie des Abg. Jakob Schwarz. – Ruf bei der ÖVP: Genau! – Zwischenruf des Abg. Matznetter.) Unsere Regierung und unsere Ministerin haben diesen Mut. (Abg. Loacker: ... probieren ja auch viel aus! – Zwischenruf des Abg. Matznetter.) Anstatt diesen Mut anzuerkennen, haben Sie nichts Besseres zu tun, als einen Antrag auf Ministeranklage einzubringen. Eine solche An­klage zu schmieden zeigt Ihr wahres Gesicht! (Beifall bei der ÖVP.)


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Es gehört viel Mut dazu, in einer solchen Krise zu regieren. (Zwischenruf der Abg. Meinl-Reisinger.) Ich beneide niemanden auf der Regierungsbank um die letzten Monate, aber am wenigsten beneide ich unsere Wirtschaftsministerin und unseren Finanzminister in einer solchen Krise. (Zwischenruf des Abg. Lausch. – Heiterkeit bei den NEOS. – Zwischenruf des Abg. Matznetter.) Ich möchte an dieser Stelle beiden explizit danken, danken dafür, dass sie in keinem Moment dieser Krise den Mut und den Fokus verloren haben (Zwischenruf bei der SPÖ), genauso wenig wie unsere Unternehmerinnen und Unter­nehmer (Zwischenruf des Abg. Hoyos-Trauttmansdorff), egal wie laut und unsachlich die Opposition sich gegeben hat. (Beifall bei der ÖVP sowie des Abg. Schallmeiner.)

Als regionaler Unternehmer in Korneuburg habe ich schon Unzähliges ausprobiert, und nicht immer hat alles funktioniert (Heiterkeit und Zwischenrufe bei der FPÖ), aber genau solche Bemühungen erwarte ich mir von unserer Wirtschaftsministerin in einer solchen Krise. (Abg. Meinl-Reisinger: Nein!) Sie hat sich für unsere Unternehmen und deren Mitarbeiter starkgemacht. (Zwischenruf der Abg. Meinl-Reisinger.) Das ist es, was wir jetzt brauchen, das ist es, was jetzt zählt. (Beifall bei der ÖVP sowie des Abg. Jakob Schwarz. – Zwischenruf des Abg. Matznetter.)

Lieber politischer Mitbewerber, ein bisschen weniger Verbissenheit und ein bisschen mehr Mut zum Anerkennen wäre höchst an der Zeit. Ich glaube, wir haben wichtigere Aufgaben, um die wir uns jetzt kümmern müssen. Nichtsdestotrotz wünsche ich Ihnen einen schönen Tag. – Danke schön. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Grünen. – Abg. Hoyos-Trauttmansdorff: Jeden Tag 1,3 Millionen Euro beim Fenster rausgeworfen! – Abg. Leichtfried: Das war jetzt eine schlechte Rede! – Zwischenruf bei der ÖVP. – Abg. Matznetter: Beim Ministerrat ...!)

15.58


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Drobits. – Bitte sehr.


15.59.09

Abgeordneter Mag. Christian Drobits (SPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Frau Bun­desministerin! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Nun, wenn ich von den Regie­rungsparteien höre, das Projekt ist gescheitert, und gleichsam eine Mitleidsrede wahr­nehme, dass die Politiker, die dieses Projekt zum Scheitern gebracht haben, eigentlich diejenigen sind, die zu schützen sind, dann denke ich mir, ich bin im falschen Film. (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Leichtfried: Ja!)

Wie soll ich das all jenen erklären, die bei so einem Verhalten entlassen werden oder als Geschäftsführer in Konkurs schlittern und eventuell wegen fahrlässiger Krida oder Untreue verurteilt werden? Was soll man denen sagen, wenn man das heute als Schau­spiel darstellt? (Abg. Matznetter: Der Ministerin!) – Gar nichts.

Man muss ehrlich sagen, Frau Bundesminister Schramböck hat am 7.1.2020 ihr Amt angetreten und klar ein Gelöbnis dafür abgegeben, dass sie die Bundesverfassung und die gesetzlichen Regelungen einhält. Sie ist als Mitglied der Bundesregierung ein haushaltsleitendes Organ und verpflichtet, die Haushaltsordnung einzuhalten. Wenn sie das nicht macht und gegen die gesetzlichen Bestimmungen verstößt, ist sie ineffizient und natürlich auch zur Verantwortung zu ziehen. (Beifall bei der SPÖ. – Ruf bei der SPÖ: Jawohl!)

Es kann nämlich nicht sein, dass ich im Juni, Juli 2020 einen Auftrag bekomme und im November die Plattform Kaufhaus Österreich öffentlich gemacht wird, die wiederum nach 70 Tagen geschlossen wird. 70 Tage, 1,3 Millionen Euro – das ist eine Schande und das dürfen wir so nicht zulassen (Beifall bei der SPÖ sowie des Abg. Brandstätter), weil all diejenigen, die im Endeffekt ihr hart erarbeitetes, ihr hart verdientes Geld – darunter sind


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auch die Systemerhalter in der Covid-Phase –, ihr Steuergeld dafür hingegeben haben, davon nichts haben. Sie befürchten natürlich, dass das auch zukünftig passieren wird. Deshalb sind wir auch der Meinung, dass das, was Frau Minister Schramböck gemacht hat, durchaus ein digitales Totalversagen ist, es ist ein Bauchfleck anstatt eines digitalen Wunders. Es ist genau das, was mein Kollege Matznetter und auch der Kollege von den NEOS gesagt haben: Das ist verantwortungslos und das gehört schonungslos auf­gedeckt.

Abschließend möchte ich sagen, das, was die Bundesregierung macht und vor allem auch Bundesministerin Schramböck gemacht hat, ist Folgendes: Sie kündigt an. Momen­tan läuft die Europameisterschaft, und ich hoffe, dass Österreich morgen gewinnt, ich bin aber überzeugt, dass wir betreffend Ankündigungen jetzt schon Europameister sind. Betreffend Umsetzung sind wir aber kleine Zwerge geblieben.

Diese Ministeranklage ist durchaus gerechtfertigt, und ich bin überzeugt davon, dass der Verfassungsgerichtshof prüfen wird, ob die zuständige Ministerin die Verantwortung dafür zu tragen hat. – Danke sehr. (Beifall bei der SPÖ sowie der Abg. Fürst.)

16.02


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Abgeordneter Brandstätter. – Bitte sehr.


16.02.10

Abgeordneter Dr. Helmut Brandstätter (NEOS): Sehr geehrter Herr Präsident! Frau Bundesministerin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Meine Damen und Herren! Ich wollte eigentlich ein Buch mitbringen – „Prozessmanagement für Dummies“ (Beifall bei Abge­ordneten der NEOS) –, habe mir aber gedacht, wenn ich das herzeige, dann versteht es jemand falsch und dann heißt es wieder: Der will jemanden beleidigen! Nein, ich möchte erstens niemanden beleidigen. Zweitens: Frau Bundesministerin Schramböck, die leider nicht da ist, kann natürlich sehr gut Englisch, aber sie kann auch Digitalisierung, weil sie einmal in diesem Bereich tätig war.

Was ist also passiert? – Ich sage Ihnen, was passiert ist: Das war natürlich nicht ihre Idee, sondern das war, wie so vieles, was diese Bundesregierung macht, ein PR-Schmäh. Da haben sich ein paar PR-Leute, Pressesprecher zusammengesetzt und haben gesagt: Wissts was, machen wir ein Kaufhaus Österreich! – Gut, Kaufhaus Österreich; und dann hat man gesagt: Frau Schramböck, mach das!

So spielt es sich ab, das wissen wir ja auch aus den Chats. Es sind ja oft nicht die Ministerinnen und Minister, die entscheiden, über die macht man sich lustig: Der Löger hat keine Ahnung!, haben wir gelesen. (Zwischenruf des Abg. Matznetter.) Wahrschein­lich haben sie auch gesagt: Geben wir der das, die wird das schon machen! Das heißt, sie musste ein PR-Projekt umsetzen, das aber in der Form nicht umsetzbar war. Wenn man die Geschichte von Amazon kennt, dann weiß man, das war eben kein PR-Projekt, sondern da haben sich Leute zusammengesetzt, sie wollten etwas und haben das auch umgesetzt.

Bei uns muss es auch immer ganz groß sein. Ich erinnere mich an das Foto, als Herr Mahrer und Frau Schramböck dagestanden sind und eine Tafel in der Hand gehalten haben. Ich muss noch einmal sagen, was da draufgestanden ist: „Die E-Commerce-Charta für Österreich“. – Darunter, also unter einer Magna Charta oder etwas Ähnlichem, das in die Geschichte eingeht, machen wir es ja nicht.

„Die E-Commerce-Charta für Österreich“ – das war der Beginn vom Kaufhaus Österreich, ein Monat später hat die Futurezone des „Kurier“ geschrieben: „Handwerklich schlechte Umsetzung“, alles, was man findet, sind „Links direkt zu Amazon“. – So viel also zum Kaufhaus Österreich. Wir stärken damit Amazon, deswegen haben Experten


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gesagt, das schade dem heimischen Handel. Dann ist es noch schlimmer geworden, und deswegen, glaube ich, ist diese Anklage oder ist das Anrufen des Verfas­sungs­gerichtshofes richtig.

Wir haben mehrere Anfragen an Frau Schramböck gestellt – wie das zustande gekom­men ist, wer es gemacht hat, wer es finanziert hat –, und da ist sehr viel Unterschied­liches, Verwirrendes herausgekommen: zuerst eben 600 000 Euro, dann hieß es, das Land- und forstwirtschaftliche Rechenzentrum hat das gemacht, weil dort bekanntlich die Experten für E-Commerce sitzen – die sind für das Auszahlen von Bauerngeldern zuständig, ist ja in Ordnung.

Dann hat man gesagt: Na, vielleicht war es doch Accenture! – Nein, war es nicht. Und auf einmal war es doppelt so teuer. Herr Präsident Mahrer wurde schon angesprochen, er hat ja zuerst gesagt, das kostet 700 000 Euro, und schon am 1. Jänner, also zwei Monate später, hat er Folgendes gesagt: „Ich hätte mir das Projekt des Wirtschafts­ministeriums selbst genauer ansehen sollen“, die sind schuld, da „hätte man mehr draus machen können. Als Digitalisierungsexperte ärgere ich mich über alle Maßen. Gut gemeint, heißt eben leider nicht immer gut gemacht.“

Das stimmt schon, aber da sind zwei Digitalisierungsexperten zusammengekommen, haben es gut gemeint, und was herausgekommen ist, das sehen wir. Und wie so oft – das lernen wir auch von den Türkisen –: Es sind immer die anderen schuld. Mahrer sagt, sie ist schuld, sie sagt, Mahrer ist schuld.

Das Schlimme ist, am Ende hat die „FAZ“ geschrieben: „Wer Schuhe suchte, bekam Kinderkleidung“, das heißt, wir haben auch noch einen Schaden für den Wirtschafts­standort Österreich in unserem wichtigsten Exportland. Wenn das alles keine Gründe sind, dass man sich das genau anschaut, dann weiß ich nicht. Es ist schlimm genug, dass man in Deutschland über Angriffe auf die Justiz redet, über den Mangel unseres Rechtsstaates, aber jetzt haben wir noch ein Problem mit dem Wirtschaftsstandort. Das soll sich der Verfassungsgerichtshof anschauen. – Danke schön. (Beifall bei den NEOS, bei Abgeordneten der SPÖ sowie des Abg. Lausch.)

16.05


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort ist dazu niemand mehr gemeldet. Die Debatte ist damit geschlossen.

Wünscht der Herr Berichterstatter ein Schlusswort? – Das ist nicht der Fall.

Dann verlegen wir, wie vereinbart, die Abstimmungen an das Ende der Verhandlungen über die Vorlagen des Verfassungsausschusses.

16.06.124. Punkt

Bericht des Verfassungsausschusses über den Antrag 1647/A der Abgeordneten Mag. Michaela Steinacker, Mag. Agnes Sirkka Prammer, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Diziplinarstatut für Rechtsanwälte und Rechtsanwaltsanwärter, die Rechtsanwaltsordnung, das 1. COVID-19-Justiz-Be­gleitgesetz und das 2. COVID-19-Justiz-Begleitgesetz geändert werden (926 d.B.)

5. Punkt

Bericht des Verfassungsausschusses über den Antrag 1648/A der Abgeordneten Mag. Wolfgang Gerstl, Mag. Agnes Sirkka Prammer, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz über Änderungen des Bundes-Verfassungsgesetzes, des COVID-19 Begleitgesetzes Vergabe und des Verwaltungsrechtlichen COVID-


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19-Begleitgesetzes sowie das Außerkrafttreten einiger Verfassungsbestimmun­gen (927 d.B.)

6. Punkt

Bericht des Verfassungsausschusses über den Antrag 1649/A der Abgeordneten Mag. Wolfgang Gerstl, Mag. Agnes Sirkka Prammer, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Parteiengesetz 2012, das KommAustria-Gesetz, das Presseförderungsgesetz 2004, das Publizistikförderungsgesetz 1984 und das ORF-Gesetz geändert werden (928 d.B.)

7. Punkt

Bericht des Verfassungsausschusses über den Antrag 1699/A der Abgeordneten Mag. Wolfgang Gerstl, Mag. Agnes Sirkka Prammer, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz und das Verwaltungsgerichtshofgesetz 1985 geändert werden (929 d.B.)


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Wir kommen zu den Punkten 4 bis 7 der Tages­ordnung, über welche die Debatten unter einem durchgeführt werden.

Auf eine mündliche Berichterstattung wurde verzichtet.

Zu Wort gemeldet ist Abgeordneter Stefan. Bei ihm steht das Wort. – Bitte sehr.


16.07.54

Abgeordneter Mag. Harald Stefan (FPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Frau Bundesminister! Sie haben vielleicht schon bei der Einleitung gehört, dass es nun um mehrere Themen geht, die gemeinsam verhandelt werden. Bei den meisten dieser Tagesordnungspunkte geht es im Wesentlichen darum, dass das Provisorium der Covid-Maßnahmen verlängert wird. Das heißt: Wir haben in der Pandemiezeit die Möglichkeit bekommen, in vielen Bereichen Dinge anders abzuwickeln als früher, nämlich in Form von Videokonferenzen und nicht mehr mit persönlicher Anwesenheit.

Wir waren da von Anfang an sehr kritisch und auch weitgehend ablehnend, weil wir der Meinung sind, dass gerade bei Gerichtsverfahren, bei Verwaltungsgerichtsverfahren, aber auch bei Gemeinderatsbeschlüssen und auch hier im Hohen Haus die persönliche Anwesenheit nun einmal erforderlich ist, um Dinge wirklich ernsthaft klären und beschließen zu können.

Jetzt wird dieses Provisorium wiederum verlängert. Das trifft in dem Fall auch die Rechts­anwaltsordnung, auch dort sollen Videokonferenzen möglich sein. Man kann ja darüber diskutieren, was vielleicht wirklich sinnvoll ist, wo wir uns in Zukunft ersparen können, persönlich zusammenzukommen, weil es wirklich nicht notwendig ist. Bei anderen Punkten wiederum muss dieses Erfordernis sehr wohl da sein. Diskutieren wir ehrlich darüber und sagen wir, was ins Dauerrecht übergehen soll und was nicht, anstatt, so wie jetzt, einen Ausnahmezustand zu prolongieren, so zu tun, als gäbe es nach wie vor eine furchtbare Situation in diesem Land, wo man nicht zusammentreffen kann und daher Gerichtsverhandlungen am besten per Videokonferenz machen muss. Das ist der falsche Weg, und daher lehnen wir diese Punkte, die vorgelegt worden sind, ab.

Wir haben einen letzten Punkt, der auch auf der Tagesordnung ist, wo wir im Ausschuss noch dagegen gestimmt haben. Da geht es um das Verwaltungsgerichtsverfahren, um die Wiedereinsetzung in den vorherigen Stand. Da hat der Verfassungsgerichtshof eine


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll111. Sitzung, 16. und 17. Juni 2021 / Seite 162

Bestimmung aufgehoben und dem Gesetzgeber die Möglichkeit gegeben, das bis 30. Juni diesen Jahres zu berichtigen.

Der Gesetzgeber – sprich die Regierungsparteien – hat sich sehr lange Zeit gelassen, eine entsprechende Regelung vorzubereiten. Jetzt liegt sie vor. Die Länder, die da auch miteingebunden sind, haben noch ein paar Änderungswünsche eingebracht, die auch eingearbeitet wurden. Aus unserer Sicht ist das letztlich eine Lösung, der wir zustimmen. Das Vorgehen können wir nicht gutheißen: dass man uns zuerst einmal nur eine sogenannte Trägerrakete schickt, also einen leeren Antrag, den man nachher sehr kurzfristig befüllt, und dass wir überhaupt in diese Situation kommen. Da wir aber inhalt­lich dafür sind, werden wir trotz dieser mangelhaften Vorgangsweise zustimmen. (Beifall bei der FPÖ.)

16.10


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Abgeordnete Steinacker. – Bitte.


16.10.47

Abgeordnete Mag. Michaela Steinacker (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Ge­schätzte Bundesministerinnen! Hohes Haus! Geschätzte Mitbürgerinnen und Mitbürger! Ja, zu Beginn der Pandemie mussten wir wohl schnell handeln. Die Aufmerksamkeit galt der Abwehr von Gesundheitsgefahren und der Vermeidung von wirtschaftlich negativen Auswirkungen. Natürlich mussten wir auch handeln, und das relativ rasch, um die not­wendigen Änderungen in der Justiz entsprechend umzusetzen. Covid-19 hat notwendig gemacht, dass wir Social Distancing leben mussten, und das musste natürlich auch auf den Gerichtsbetrieb und die Justizanstalten umgelegt werden.

Viele dieser Bestimmungen, wie zum Beispiel die Hemmung von Fristen, die Stundung von Krediten oder verminderter Parteienverkehr, sind glücklicherweise nicht mehr notwendig, und daher sind diese Bestimmungen ausgelaufen.

Wie Sie wissen, schreiten die Impfungen in raschem Tempo voran, die Infektionszahlen gehen schnell zurück und die Wirtschaft kann sich endlich erholen. Natürlich werden wir in den nächsten Monaten und Jahren leider noch Auswirkungen spüren, und deswegen verlängern wir auch nochmals den Härtefallfonds für Unternehmer und die Kurzarbeit für besonders betroffene Branchen.

Auch im Justizbereich müssen und werden wir einige Bestimmungen bis Ende des Jahres verlängern, um ein gutes Ausgleiten in eine hoffentlich coronafreie Zeit zu ermög­lichen. Da gehört zum Beispiel die Möglichkeit dazu, Verhandlungen, Anhörungen und Beweisaufnahmen im Bedarfsfall per Videokonferenz durchzuführen. Nach meinem Wissensstand und nach den Rückmeldungen, die wir bekommen haben, gehen die Richter mittlerweile sehr sorgsam mit diesem Thema um. Sie wissen sehr genau zu unterscheiden, wann es Sinn macht, eine Anhörung, eine Verhandlung per Video durch­zuführen: wenn es vom Inhalt her eher formal ist oder nur eine sehr kurze Verhandlungs­dauer vorgesehen ist.

Diese Möglichkeiten räumen wir unserer Justizministerin per Verordnung im Strafpro­zessrecht ein, und auch, in den Justizanstalten notwendigenfalls – für den Fall, dass eine neue Welle kommt – noch bis Ende des Jahres Vorkehrungen für Besuche zu treffen. Außerdem verlängern wir, wie wir soeben auch vom Kollegen gehört haben, die Möglich­keit für die Rechtsanwaltskammern, Briefwahlen durchzuführen und Abstimmungen in den Anwaltskammern und im Disziplinarrat online zu machen, bis zum Jahresende.

Wir überlegen, ob es Sinn macht, einige Bestimmungen ins Dauerrecht zu übernehmen. Es wurde uns von etlichen Seiten rückgemeldet, dass Videokonferenzen sehr, sehr gut gelaufen sind, oft lange Anfahrtswege verhindert haben, wenn die Verhandlung wie gesagt


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sehr kurz war. Für uns hat – das möchte ich an Kollegen Stefan richten – der Grundsatz der Unmittelbarkeit natürlich grundsätzlich immer Vorrang.

Tagsatzungen, die zum Beispiel nur ein Prozessprogramm festlegen, könnten ohne Weiteres auch im Dauerrecht zukünftig per Video stattfinden. Ich denke, es macht Sinn, da in einen guten Dialog zu treten, einen Diskussionsprozess unter Einbindung der Betroffenen abzuhalten, um zu überprüfen, was aus verfassungsrechtlicher Sicht mög­lich ist und was für eine gut funktionierende Justiz langfristig auch Sinn macht.

Die Pandemie selbst ist leider noch nicht vorbei, auch wenn die Zahlen sinken. Es gibt Mutationen, es gibt Varianten. Diese Bestimmungen sind notwendig, daher werden wir diesen Antrag auch entsprechend abstimmen. Ich ersuche um möglichst breite Zustim­mung für diese sinnvollen Verlängerungen zum Ausgleiten in eine coronafreie Zeit. – Danke schön. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Grünen.)

16.14


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Abgeordneter Ragger. – Bitte.


16.14.36

Abgeordneter Mag. Christian Ragger (FPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Geschätzte Ministerin! Ich darf die Ausführungen unserer Partei zu den Tagesordnungspunkten 4 und 5 wiedergeben, insbesondere für das 1. und das 2. COVID-19-Justiz-Begleitgesetz, bei denen wir ja grundsätzlich auch überlegen, sie mitzutragen. Eines aber ist für uns klar: dass diese Sunsetklauseln, die immer wieder prolongiert werden und letztlich am Ende des Tages hinausgezögert werden, eigentlich überfällig sind. Es nicht mehr vertret­bar, sie hintanzustellen, sondern es geht darum, sie in echter, realer Gesetzgebung umzusetzen – weil es meines Erachtens auch nicht mehr nachvollziehbar ist, dass man zum Beispiel Tagsatzungen, Gläubigerversammlungen, Insolvenzverfahren nicht, wie bereits jetzt auch, in das bestehende Gesetz überführt.

Im Bereich der Verwaltung, aber auch des Verwaltungsrechtes kann ich ein Beispiel herausgreifen und einen mir persönlich wichtigen Punkt kritisieren: Man hat es nämlich zum Beispiel mittlerweile zur Mode gemacht, Gemeinderatssitzungen nur mehr mit einer bestimmten Mehrheit einzuberufen, egal, welche Koalition oder Partei das jetzt ist. Man macht dann eine Videoeinberufung der verschiedenen Gemeinderäte, vergisst ein paar, und wenn die anderen, die nicht zur jeweiligen Mehrheitspartei in einem Gemeinderat gehören, nicht gekommen sind, dann wird die Beschlussfassung trotzdem vollzogen.

Das führt meines Erachtens zu einer sehr, sehr gravierenden und gefährlichen Lücke im System der Demokratie und der Rechtsordnung, und daher glaube ich einfach, dass wir diese Prolongierungen endgültig hintanstellen sollten, das aber jetzt auch in den einzel­nen Bereichen – Justizbereich, Verfassungsausschusses – zu diskutieren haben, so­dass sich diese letztendlich am Ende des Tages auch in den einzelnen Gesetzen wieder­finden.

Unsere Fraktion wird daher diese zwei Anträge ablehnen. Wir hoffen aber sehr, dass wir in weiterer Folge im Justizausschuss die Möglichkeit haben werden, dieses ganze Thema dann einer inhaltlichen Lösung zuzuführen. – Danke. (Beifall bei der FPÖ.)

16.16


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Abgeordnete Becher. – Bitte sehr.


16.17.05

Abgeordnete Mag. Ruth Becher (SPÖ): Meine sehr geehrten Damen und Herren! Von den vorliegenden Anträgen benötigt ein Antrag – TOP 5 – eine Verfassungsmehrheit.


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll111. Sitzung, 16. und 17. Juni 2021 / Seite 164

Obwohl alle Änderungen Verwaltungsabläufe und Meinungsbildungsprozesse betreffen und eigentlich formaler Natur sind, greifen sie dennoch in die Grundrechte der Öster­reicherinnen und Österreicher ein.

Das COVID-19-Justiz-Begleitgesetz ermöglicht Anhörungen und mündliche Verhandlun­gen per Videokonferenz, auch Umlaufbeschlüsse sollen möglich bleiben. Zwei Aspekte sind dabei zu berücksichtigen: einerseits das Prinzip des persönlichen Verfahrens und andererseits aber der Schutz der Gesundheit.

Die Ausbreitung von Covid-19 in Österreich ist rückläufig. Trotz einer überwiegend posi­tiven Entwicklung gibt es doch Fragezeichen die Gefahr betreffend, und die Möglich­keit einer neuerlichen Ausbreitung von Covid-19 muss immer im Auge behalten werden.

Besonderes Kopfzerbrechen bereitet uns die Deltavariante, die sich in Großbritannien trotz hervorragender Impfrate rasant ausbreitet. Wir sehen insgesamt, dass von einer Entwarnung keine Rede sein kann. Eine Verlängerung der Maßnahmen ist daher wichtig und gibt uns auch in den nächsten sechs Monaten den nötigen Spielraum, um unmittel­bar reagieren zu können.

Tagsatzungen, Verhandlungen und Gläubigerversammlungen in Exekutionsverfahren sind weiterhin per Videoübertragung möglich, diese Möglichkeit läuft im Juni aber aus. Alle anderen Maßnahmen hingegen – zum Beispiel die Gebührenfreiheit auf Gewährung beim Unterhaltsausschuss, ebenso die Erlaubnis für Gemeinderäte, Beschlüsse per Videokonferenz zu fassen – haben eine Geltungsdauer bis Jahresende, diese wurde erstreckt. Auch im Ministerrat und im ORF ist es weiterhin möglich, Beschlüsse per Videokonferenz zu fassen. Wir werden daher auch diesen vorliegenden Anträgen unsere Zustimmung geben. – Vielen Dank. (Beifall bei der SPÖ.)

16.19


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Abgeordnete Prammer. – Bitte.


16.19.52

Abgeordnete Mag. Agnes Sirkka Prammer (Grüne): Herr Präsident! Geschätzte Frau Bundesministerin! Werte Kolleginnen und Kollegen! Verehrte Zuseherinnen und Zu­seher, die Sie jetzt endlich auch einmal wieder hier im Hohes Haus sein können! Das Infektionsgeschehen sinkt. Viele Maßnahmen können zurückgenommen werden, und alles fühlt sich schon wieder sehr normal an. Das ist sehr gut, und ich hoffe auch wirklich inständig, dass es so weitergeht und wir das weiterhin so gut im Griff behalten, aber das muss nicht sein. Um für etwaige Fälle gewappnet zu sein, müssen wir die Maßnahmen noch einmal, bis Jahresende, verlängern.

Es ist schon gesagt worden: Damit das auch für Verhandlungen und Versammlungen im Exekutions- und Insolvenzverfahren möglich ist, möchte ich noch folgenden Abände­rungsantrag einbringen, den ich aus formalen Gründen wörtlich verlese:

Abänderungsantrag

der Abgeordneten Mag. Michaela Steinacker, Mag. Agnes Sirkka Prammer, Kolleginnen und Kollegen

Der Nationalrat wolle in 2. Lesung beschließen:

Der oben bezeichnete Gesetzesantrag wird wie folgt geändert:


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll111. Sitzung, 16. und 17. Juni 2021 / Seite 165

1. Der Gesetzestitel lautet „Bundesgesetz, mit dem das Disziplinarstatut für Rechts­an­wälte und Rechtsanwaltsanwärter, die Rechtsanwaltsordnung, das 1. COVID-19-Justiz-Begleitgesetz und das 2. COVID-19-Justiz-Begleitgesetz geändert werden“.

2. In Artikel 3 wird nach der Novellierungsanordnung 1. folgende Novellierungs­anordnung 1a eingefügt:

„1a In § 3 Abs. 4 wird das Datum ‚30. Juni 2021‘ durch das Datum ‚31. Dezember 2021‘ ersetzt.“

3. In Artikel 3 tritt an die Stelle der Novellierungsanordnung 4. folgende Novellierungs­anordnung:

„4. Dem § 12 wird folgender Abs. 6 angefügt:

‚(6) § 3 Abs. 1 und 4, § 7 und § 12 Abs. 1 in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. xxx/2021 treten mit Ablauf des Tages der Kundmachung dieses Bundesgesetzes in Kraft.‘“

*****

(Beifall bei Abgeordneten von Grünen und ÖVP.)

Dann darf ich noch kurz darauf zurückkommen, was bereits mehrere VorrednerInnen in der Debatte gesagt haben: Es gibt schon einige Regelungen, bei denen man sich durchaus überlegen sollte, sie ins Dauerrecht zu übernehmen. Vieles ist einfacher, vieles ist bequemer, vieles ist für die Parteien mit mehr Komfort belegt.

Wir dürfen aber nicht vergessen: Wir haben diese Regelungen aus einer Not heraus beschlossen, um während eines Lockdowns, während einer Phase der exponentiellen Verbreitung des Virus einen Betrieb in der Verwaltung und in der Justiz aufrechterhalten zu können. Das heißt, viele dieser Bestimmungen schränken in gewissem Maße auch die Parteienrechte, die Unmittelbarkeit der Verfahren ein. Damit darf man nicht leicht­fertig umgehen. Deshalb gibt es hier auch nicht einfach eine Verlängerung, sondern es ist wirklich wichtig, dass wir uns das in Ruhe anschauen, dass wir dabei alle Betroffenen und alle Beteiligten mitnehmen, in einen Diskussionsprozess eintreten, und dann wird sich sicher herausstellen, dass einiges davon sinnvoll, vieles davon aber nicht zulässig ist, wenn es diese Sondersituation einer Pandemie eben nicht gibt. Das schauen wir uns bitte sehr gerne gemeinsam an. Auf diesen Prozess würde ich mich schon sehr freuen. – Danke. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

16.22

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:

Abänderungsantrag

der Abgeordneten Mag. Michaela Steinacker, Mag.a Agnes Sirkka Prammer

Kolleginnen und Kollegen

zum Antrag 1647/A der Mag. Michaela Steinacker, Mag. Agnes Sirkka Prammer, Kolle­ginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Diziplinarstatut für Rechts­anwälte und Rechtsanwaltsanwärter, die Rechtsanwaltsordnung, das 1. COVID-19-Justiz-Begleitgesetz und das 2. COVID-19-Justiz-Begleitgesetz geändert werden in der Fassung des Ausschussberichts (926 d.B.)

Der Nationalrat wolle in 2. Lesung beschließen:

Der oben bezeichnete Gesetzesantrag wird wie folgt geändert:


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll111. Sitzung, 16. und 17. Juni 2021 / Seite 166

1. Der Gesetzestitel lautet „Bundesgesetz, mit dem das Disziplinarstatut für Rechts­anwälte und Rechtsanwaltsanwärter, die Rechtsanwaltsordnung, das 1. COVID-19-Justiz-Begleitgesetz und das 2. COVID-19-Justiz-Begleitgesetz geändert werden“.

2. In Artikel 3 wird nach der Novellierungsanordnung 1. folgende Novellierungs­anord­nung 1a eingefügt:

„1a. In § 3 Abs. 4 wird das Datum „30. Juni 2021“ durch das Datum „31. Dezember 2021“ ersetzt.“

3. In Artikel 3 tritt an die Stelle der Novellierungsanordnung 4. folgende Novellierungs­anordnung:

„4. Dem § 12 wird folgender Abs. 6 angefügt:

„(6) § 3 Abs. 1 und 4, § 7 und § 12 Abs. 1 in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. xxx/2021 treten mit Ablauf des Tages der Kundmachung dieses Bundesgesetzes in Kraft.““

Begründung:

Es sollen auch die Sonderbestimmungen für Verhandlungen und Versammlungen mittels Videotechnologie in Exekutions- und Insolvenzverfahren verlängert werden und es wird ein Redaktionsversehen behoben.

*****


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Der Antrag ist ordnungsgemäß eingebracht, aus­reichend unterstützt und steht somit in Verhandlung.

Zu Wort gemeldet ist Abgeordneter Margreiter. Bei ihm steht das Wort. – Bitte sehr, Herr Abgeordneter.


16.23.09

Abgeordneter Dr. Johannes Margreiter (NEOS): Herr Präsident! Sehr geehrte Frau Bundesministerin! Hohes Haus! Liebe ZuseherInnen zu Hause vor den Bildschirmen! Was die inhaltliche Seite des Ganzen betrifft, kann ich mich weitgehend meinen Vorred­nerinnen, insbesondere Frau Kollegin Steinacker, anschließen. Die Maßnahmen, die wir heute vorliegen haben, die gesetzgeberischer Eingriffe bedürfen, sind durchaus sinnvoll, und es ist sinnvoll, das alles noch einmal zu verlängern.

Ich hatte, da ich nach wie vor als Praktiker tätig bin, in den vergangenen Monaten aus­reichend Gelegenheit, den unmittelbaren Gerichtsbetrieb mitzuerleben, was es be­deutet, stundenlang mit Maske zu verhandeln. Ich möchte hier die Gelegenheit nutzen und der Justizverwaltung und der Justiz ganz generell doch ein sehr großes Lob und auch einen großen Dank dafür aussprechen, wie die Herausforderungen für den Ge­richtsbetrieb im Zusammenhang mit dieser Pandemie bewältigt worden sind. Das ist keine Selbstverständlichkeit. Es ist einerseits der ununterbrochene Anspruch da, dass Recht gesprochen werden muss, dass Konflikte gelöst werden müssen, da die Men­schen auf Entscheidungen warten. Andererseits galt es eben wirklich, den Anforderun­gen, die sich durch diese hoch ansteckende Krankheit ergeben haben, gerecht zu werden. Das hat die Justiz sehr gut gemeistert, und das verdient Anerkennung.

Was ich natürlich schon auch kritisch erwähnen muss, ist die Art und Weise, wie uns Mandataren die Entscheidungsgrundlagen zu Tagesordnungspunkt 7 zur Verfügung gestellt wurden. Das sollte wirklich nicht Schule machen. Wir haben die entsprechenden


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Unterlagen keine 24 Stunden vor Sitzungsbeginn erhalten. Das ändert aber nichts daran, dass diesen inhaltlich zuzustimmen ist.

Wenn wir davon reden und ins Auge fassen, einzelne Bestimmungen ins Dauerrecht zu übernehmen, so stehen wir dieser Initiative natürlich durchaus konstruktiv gegenüber. Allerdings wird es notwendig sein – und das ist auch eine Anregung an das Ministerium und an die Frau Bundesministerin –, dass wir die Maßnahmen und vieles, was da passiert ist, einer eingehenden Evaluierung unterziehen – wo hat der Gerichtsbetrieb besonders gut funktioniert, wo hat es geklemmt, wo war es schwierig? –, damit wir in jenen Bereichen, in denen man sagt, man kann weiterhin bedenkenlos im Wege des elektronischen Rechtsverkehrs oder des Videotelefonats Distanzverhandlungen machen, das auch ermöglichen. Wir sollten aber nicht über das Ziel hinausschießen, weil betref­fend Wahrheitsfindung und Entscheidungsfindung die persönliche Anwesenheit natürlich grundsätzlich unerlässlich ist.

In diesem Sinne werden wir dem vorliegenden Gesetzespaket zustimmen. – Vielen Dank. (Beifall bei den NEOS sowie des Abg. Gerstl.)

16.26


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Abgeordneter Singer. – Bitte.


16.26.30

Abgeordneter Johann Singer (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Frau Bundesminis­terin! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Sehr geehrte Damen und Herren hier im Haus und vor den Bildschirmen! In den vergangenen eineinhalb Jahren haben wir viele Beschlüsse gefasst. Um die Handlungsfähigkeit auf allen Ebenen des Lebens trotz der Pandemie zum Wohle der Menschen in unserem Land erhalten zu können, haben wir Beschlüsse gefasst, die ganz, ganz wichtig waren, wir haben diese Beschlüsse schnell gefasst und wir haben zu Beginn auch geschlossen agiert.

Was heute zur Beschlussfassung vorliegt, haben meine Vorrednerinnen und Vorredner schon entsprechend erläutert. Es geht um die Verlängerung von Fristen und darum, Videotechnologie und Umlaufbeschlüsse entsprechend einzusetzen.

Als Bürgermeister darf ich mich auf die Auswirkungen und die Möglichkeiten für die Gemeinden beziehen und einige Erläuterungen dazu geben. Videokonferenzen der Kol­le­gialorgane, sprich der Gemeinderäte und der Gemeindevorstände, waren gesetzlich möglich, und auch das Befassen dieser Organe und die Beschlussfassung über Umlauf­beschlüsse waren möglich, natürlich vor dem Hintergrund, dass sie aufgrund der Corona­pandemie unbedingt notwendig waren. Worum ging es? – Es ging darum, die Gemeinde­arbeit durch die Pandemie nicht lahmzulegen und die Arbeit im Sinne der Bürgerinnen und Bürger weiterführen zu können. (Beifall bei der ÖVP sowie der Abgeordneten Disoski, Fischer und Prammer.)

Wir wissen alle, dass diese Maßnahmen aktuell nicht mehr so notwendig sind. Warum? – Die Zahlen stimmen, und der Weg stimmt auch. So wie in allen anderen gesell­schaft­lichen Bereichen dürfen wir auch im Bereich der Gemeinden darüber nachdenken, ob nicht Mechanismen, die im Zuge der Pandemie positiv zur Anwendung gekommen sind, auch ins Dauerrecht überführt werden könnten. Ich kann mir zum Beispiel vorstellen, dass Sitzungen des Gemeindevorstandes unter ganz bestimmten Voraussetzungen künftig durchaus alternativ oder zusätzlich, ergänzend per Videokonferenz abgehalten werden können.

Zurückhaltender bin ich betreffend die Gemeinderatssitzungen. Warum? – Weil ganz besonders auch die Bevölkerung eingeladen ist, daran teilzunehmen, und auch in Zukunft gewährleistet sein muss, dass die Transparenz dieser Beschlüsse entsprechend


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll111. Sitzung, 16. und 17. Juni 2021 / Seite 168

Platz hat. Daher ist es für mich notwendig, da zu schauen, welche Möglichkeiten es tatsächlich gibt.

Sehr geehrte Damen und Herren! Ich habe es schon angesprochen, ebenso meine Vorrednerinnen und Vorredner: Es ist die Zeit gekommen, darüber nachzudenken, welche positiven Erfahrungen wir ins Dauerrecht übernehmen können.

Insbesondere geschätzte Zuseherinnen und Zuseher, lassen Sie sich impfen! Nur so können wir unser Tun und Handeln uneingeschränkt in die Zukunft richten. – Herzlichen Dank. (Beifall bei ÖVP und Grünen.)

16.30


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Herr Abgeordneter Berlakovich ist zu Wort gemel­det. – Bitte.


16.30.14

Abgeordneter Dipl.-Ing. Nikolaus Berlakovich (ÖVP): Herr Präsident! Frau Bundes­ministerin! Hohes Haus! Kollege Singer ist auf die rechtlichen Aspekte der Gemeinde­arbeit eingegangen, ich darf hier auf die enorme Bedeutung der Gemeinden gerade in der Coronapandemie verweisen. Einmal mehr haben die Gemeinden und Städte bewie­sen, welche Schlüsselfunktion sie in unserer Gesellschaft haben. Als es darum ging, alleinstehende Menschen im Lockdown zu versorgen, kranke Menschen zu versorgen, ihnen Medikamente oder Lebensmittel zu bringen, da haben vielfach die Gemeinden, die Gemeinderäte in Österreich Hand angelegt und haben geholfen, gemeinsam mit vielen Ehrenamtlichen. Und dafür gebührt den Gemeinden ein herzliches Dankeschön. (Beifall bei ÖVP und Grünen.)

In den großen Städten ist es vielleicht nicht so, aber in den kleinen Landgemeinden ist die Gemeinde in Wahrheit wie eine große Familie: Wenn Not am Mann ist, geht man zur Bürgermeisterin oder zum Bürgermeister und bittet: Hilf uns, organisier uns etwas!

Daher war und ist es wichtig, dass die Gemeinden handlungsfähig sind. Sie haben ja zusätzliche Aufgaben bekommen, beispielsweise – ich darf daran erinnern – als plötzlich die Arbeitskräfte, die aus dem Ausland nach Österreich kommen, Tests vorweisen muss­ten.

Es war zum Beispiel so, dass im Burgenland die Gemeinden Teststraßen errichtet haben, weil die Kapazitäten im Land nicht ausreichend waren. Auch da haben die Gemeinden eine zentrale Funktion übernommen, damit das Krankenhauspersonal, die Pflegerinnen, die Pfleger, die aus dem Ausland gekommen sind, weiter ihre wichtige Tätigkeit verrich­ten konnten und können.

Natürlich haben die Gemeinden durch den Entfall von Steuermitteln sehr viel Geld verloren; der Bund, die Länder, aber insbesondere auch die Gemeinden.

Wie bedeutsam die Investitionen der Gemeinden sind, hat eine Studie gezeigt, die vor ein paar Jahren gemacht wurde: Die österreichischen Gemeinden – ausgenommen die Stadt Wien, die auch sehr viel investiert; aber es ging um die anderen Gemeinden – haben insgesamt rund 3 Milliarden Euro investiert und damit 40 000 Arbeitsplätze ge­sichert. Das zeigt die große regionalwirtschaftliche Bedeutung der Gemeinden, und des­wegen haben die Bundesregierung und wir hier, das Hohe Haus, zwei Gemeindepakete beschlossen: das erste Gemeindepaket im Vorjahr in der Höhe von 1 Milliarde Euro für notwendige Investitionen im Bereich der Daseinsvorsorge: in Senioreneinrichtungen, in Kindergärten, in Schulen, in die Infrastruktur. Ergänzend wurde, weil es Kritik gegeben hat, die Gemeinden könnten das finanziell nicht stemmen, ein zweites Gemeindepaket in der Höhe von 1,5 Milliarden Euro beschlossen, durch das es insbesondere für struktur­schwache Gemeinden 100 Millionen Euro gibt und Vorschüsse auf die Ertragsanteile


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beziehungsweise eine Aufstockung der Ertragsanteile. Dieses Geld brauchen die Ge­mein­den dringend und sie haben es auch sinnvoll eingesetzt.

Ich darf da ein paar Zahlen erwähnen: Bisher wurden von etwa 1 500 Gemeinden An­träge für die zwei Gemeindepakete gestellt. 4 500 Anträge wurden genehmigt und rund 600 Millionen Euro wurden ausbezahlt.

Im Burgenland wurden beispielsweise 31 Millionen Euro in Aussicht gestellt, 26 Millionen Euro wurden bereits beantragt, unter anderem 3 Millionen Euro für Kindergärten. Die Gemeinde Neckenmarkt hat einen Kindergartenzubau gemacht, um eine Kinderkrippe zu errichten. Die Gemeinde Eltendorf hat in den Abbau von baulichen Barrieren inves­tiert, damit Menschen mit besonderen Bedürfnissen Angebote der Gemeinde in Anspruch nehmen können. Die Gemeinde Oberwart hat in Sportstätten und Freizeiteinrichtungen investiert. – Das nutzt der regionalen Wirtschaft, das ist gut für die Arbeitsplätze in der Region und das nutzt letztendlich Gesamtösterreich. – Herzlichen Dank. (Beifall bei ÖVP und Grünen.)

16.34


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Fürlinger. – Bitte.


16.34.11

Abgeordneter Mag. Klaus Fürlinger (ÖVP): Herr Präsident! Frau Bundesministerin! Ich bringe einen Antrag ein:

Abänderungsantrag

der Abgeordneten Mag. Wolfgang Gerstl, Mag. Agnes Sirkka Prammer, Kolleginnen und Kollegen zum Antrag 1699/A der Abgeordneten Mag. Gerstl, Mag. Prammer, Kollegin­nen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Verwaltungsgerichts­verfah­rensgesetz und das Verwaltungsgerichtshofgesetz 1985 geändert werden, in der Fas­sung des Ausschussberichts (929 d.B.)

*****

Ich erspare mir aufgrund des großen Umfangs und weil ich nur 3 Minuten Redezeit habe die Verlesung. Außerdem hat Kollegin Sirkka Prammer den Schnelllesewettbewerb heute schon gnadenlos für sich entschieden. (Beifall bei ÖVP und Grünen.)

Meine Damen und Herren! Das ist die Umsetzung eines Erkenntnisses des Verfas­sungs­gerichtshofes, das im Verwaltungsverfahren für mehr Struktur und Transparenz sorgt.

Es ist etwas ganz Simples: Bis dato war einer Partei, einem Parteienvertreter nicht be­kannt, wo er Zusätze zu seiner Beschwerde einzubringen hat, wo er Anträge im Rechts­mittelverfahren einbringen muss, weil er nie wusste, wo die Beschwerde gerade ist.

Das ist ein entscheidender Punkt, den wir jetzt beheben: Dann, wenn eine erstinstanz­liche Behörde die Beschwerde dem Beschwerdegericht, der zweiten Instanz, vorlegt, bekommt die Partei eine schriftliche Verständigung und weiß, dass alle Eingaben ab diesem Zeitpunkt beim Instanzgericht einzubringen sind. Das bringt Transparenz, das bringt Struktur und das hilft den Parteienvertreterinnen, Parteienvertretern, aber auch den Parteien im Verwaltungsverfahren und im Rechtsmittelverfahren.

In diesem Sinne bitte ich höflich um Ihre Zustimmung. – Danke. (Beifall bei ÖVP und Grünen.)

16.35


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll111. Sitzung, 16. und 17. Juni 2021 / Seite 170

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:

Abänderungsantrag

der Abgeordneten Mag. Wolfgang Gerstl, Mag.a Agnes Sirkka Prammer

Kolleginnen und Kollegen

zum Antrag 1699/A der Abgeordneten Mag. Gerstl, Mag.a Prammer, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Verwaltungsgerichts­verfahrens­ge­setz und das Verwaltungsgerichtshofgesetz 1985 geändert werden in der Fassung des Ausschussberichts (929 d.B.)

Der Nationalrat wolle in 2. Lesung beschließen:

Der dem Ausschussbericht angeschlossene Gesetzesantrag erhält folgende Fassung:

„Bundesgesetz, mit dem das Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz und das Verwal­tungs­gerichtshofgesetz 1985 geändert werden

Der Nationalrat hat beschlossen:

Artikel 1

Änderung des Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetzes

Das Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz – VwGVG, BGBl. I Nr. 33/2013, zuletzt geän­dert durch das Bundesgesetz BGBl. I Nr. 57/2018 und die Kundmachung BGBl. I Nr. 119/2020, wird wie folgt geändert:

1. In § 7 Abs. 4 Z 4 wird der Ausdruck „Abs. 5“ durch den Ausdruck „Abs. 4“ ersetzt.

2. § 8a Abs. 3 zweiter Satz lautet:

„Der Antrag ist bis zur Vorlage der Beschwerde bei der Behörde und ab Vorlage der Beschwerde beim Verwaltungsgericht einzubringen; ein ab Vorlage der Beschwerde vor Zustellung der Mitteilung über deren Vorlage an das Verwaltungsgericht bei der Behörde gestellter Antrag gilt als beim Verwaltungsgericht gestellt und ist diesem unverzüglich vorzulegen.“

3. In § 13 Abs. 4 wird nach dem zweiten Satz folgender Satz eingefügt:

„Gleichzeitig hat die Behörde den Parteien eine Mitteilung über die Vorlage der Be­schwerde an das Verwaltungsgericht zuzustellen; diese Mitteilung hat den Hinweis zu enthalten, dass Schriftsätze ab Vorlage der Beschwerde an das Verwaltungsgericht unmittelbar bei diesem einzubringen sind.“

4. Den §§ 14 Abs. 2, 15 Abs. 3 und 16 Abs. 2 wird jeweils folgender Satz angefügt:

„Gleichzeitig hat die Behörde den Parteien eine Mitteilung über die Vorlage der Beschwerde an das Verwaltungsgericht zuzustellen; diese Mitteilung hat den Hinweis zu enthalten, dass Schriftsätze ab Vorlage der Beschwerde an das Verwaltungsgericht unmittelbar bei diesem einzubringen sind.“

5. § 15 Abs. 2 letzter Satz wird durch folgende Sätze ersetzt:

„Die Behörde hat dem Verwaltungsgericht den Vorlageantrag und die Beschwerde unter Anschluss der Akten des Verfahrens vorzulegen. Gleichzeitig hat die Behörde den Parteien eine Mitteilung über die Vorlage der Beschwerde an das Verwaltungsgericht zuzustellen; diese Mitteilung hat den Hinweis zu enthalten, dass Schriftsätze ab Vorlage der Beschwerde an das Verwaltungsgericht unmittelbar bei diesem einzubringen sind.“


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll111. Sitzung, 16. und 17. Juni 2021 / Seite 171

6. § 33 Abs. 3 erster Satz lautet:

„In den Fällen des Abs. 1 ist der Antrag auf Wiedereinsetzung binnen zwei Wochen nach dem Wegfall des Hindernisses zu stellen und zwar bis zur Vorlage der Beschwerde bei der Behörde und ab Vorlage der Beschwerde beim Verwaltungsgericht; ein ab Vorlage der Beschwerde vor Zustellung der Mitteilung über deren Vorlage an das Verwaltungs­gericht bei der Behörde gestellter Antrag gilt als beim Verwaltungsgericht gestellt und ist diesem unverzüglich vorzulegen.“

7. In § 34 Abs. 1 zweiter Satz wird die Wortfolge „mit der Vorlage der Beschwerde“ durch die Wortfolge „mit dem Einlangen der vorgelegten Beschwerde“ ersetzt.

8. In § 35 wird nach Abs. 3 folgender Abs. 3a eingefügt:

„(3a) § 47 Abs. 5 VwGG ist sinngemäß anzuwenden.“

9. In § 59 wird dem durch das Bundesgesetz BGBl. I Nr. 138/2017 angefügten Abs. 5 folgender Satz angefügt:

„§ 7 Abs. 4 Z 4 in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. xx/202x tritt mit 1. Jänner 2019 in Kraft.“

10. In § 59 erhält der durch das Bundesgesetz BGBl. I Nr. 57/2018 angefügte Abs. 5 die Absatzbezeichnung „(6)“; folgender Abs. 7 wird angefügt:

„(7) § 8a Abs. 3, § 13 Abs. 4, § 14 Abs. 2, § 15 Abs. 2 und 3, § 16 Abs. 2, § 33 Abs. 3, § 34 Abs. 1, § 35 Abs. 3a und § 59 Abs. 6 in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. xx/202x treten mit Ablauf des Tages der Kundmachung des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. xx/202x in Kraft.“

Artikel 2

Änderung des Verwaltungsgerichtshofgesetzes 1985

Das Verwaltungsgerichtshofgesetz 1985 – VwGG, BGBl. Nr. 10/1985, zuletzt geändert durch das Bundesgesetz BGBl. I Nr. 87/2021, wird wie folgt geändert:

1. Nach dem Titel wird folgendes Inhaltsverzeichnis eingefügt:

„Paragraph       Gegenstand

I. ABSCHNITT

Einrichtung des Verwaltungsgerichtshofes

§§ 1 bis 7.        Mitglieder

§§ 8 und 9.     Leitung

§ 9a.    Sicherheit im Amtsgebäude

§ 10.    Vollversammlung

§§ 11 bis 13.   Senate

§ 14.    Berichter

§ 15.    Beratung und Abstimmung

§ 17.    Evidenzbüro

§ 19.    Geschäftsordnung

§ 20.    Tätigkeitsbericht


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll111. Sitzung, 16. und 17. Juni 2021 / Seite 172

II. ABSCHNITT

Verfahren des Verwaltungsgerichtshofes

1. Unterabschnitt

Allgemeine Bestimmungen

§§ 21 bis 23.   Parteien

§§ 24 und 24a.             Schriftsätze

§ 25.    Akteneinsicht

§ 25a.  Revision

§ 26.    Revisionsfrist

§§ 28 und 29. Inhalt der Revision

§ 30.    Aufschiebende Wirkung

§ 30a.  Vorentscheidung durch das Verwaltungsgericht

§ 30b.  Vorlageantrag

§ 30c.  Aktenvorlage

§ 31.    Befangenheit

§ 32.    Wahrnehmung der Zuständigkeit

§ 33.    Einstellung

§ 34.    Zurückweisung

§ 35.    Abweisung und Aufhebung ohne weiteres Verfahren

§§ 36 bis 37a. Vorverfahren

§ 38.    Fristsetzungsantrag

§ 38a.  Gleichartige Rechtsfragen in einer erheblichen Anzahl von Verfahren

§ 38b.  Einholung einer Vorabentscheidung des Gerichtshofes der Europäischen Union

§§ 39 und 40. Verhandlungen

§ 41.    Prüfung des angefochtenen Erkenntnisses oder Beschlusses

§§ 42 bis 44.   Erkenntnisse

§ 45.    Wiederaufnahme des Verfahrens

§ 46.    Wiedereinsetzung in den vorigen Stand

§§ 47 bis 59.   Aufwandersatz

§ 61.    Verfahrenshilfe

§ 62.    Anzuwendendes Recht

§ 63.    Vollstreckung

2. Unterabschnitt

Besondere Bestimmungen über Feststellungsanträge in Amts- und Organhaftungs­sachen, in Rechtssachen betreffend die Verpflichtungen des Fernsehveranstalters nach dem Fernseh-Exklusivrechtegesetz und in Rechtssachen in den Angelegenheiten der Nach­prüfung im Rahmen der Vergabe von Aufträgen


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§ 64.    Parteien

§ 65.    Einleitung des Verfahrens

§ 66.    Verhandlung

§ 67.    Erkenntnis

§ 68.    Kosten

§ 69.    Verfahrenshilfe

§ 70.    Ergänzende Bestimmungen

3. Unterabschnitt

Besondere Bestimmungen im Verfahren zur Entscheidung von Kompetenzkonflikten zwischen Verwaltungsgerichten oder zwischen einem Verwaltungsgericht und dem Ver­wal­tungsgerichtshof

§ 71.   

4. Unterabschnitt

Elektronischer Rechtsverkehr

§§ 72 bis 76.  

5. Unterabschnitt

Datenschutz

§ 76a. 

III. ABSCHNITT

Schlussbestimmungen

§ 77.    Sprachliche Gleichbehandlung

§ 78.    Vollziehung

§ 79.    Inkrafttreten

§ 80.    Verweisungen“

2. § 15 Abs. 4 und 5 wird durch folgende Abs. 4 bis 8 ersetzt:

„(4) In Rechtssachen, in denen ein Strafsenat (§ 11 Abs. 1) oder ein Dreiersenat (§ 12 Abs. 1) entscheidet, kann der Vorsitzende/die Vorsitzende verfügen, dass die Beratung und Abstimmung nach Maßgabe der technischen Möglichkeiten mit Mitteln der Tele­kommunikation durchgeführt wird oder dass die Beratung und Abstimmung abweichend von Abs. 2 durch Einholung der Zustimmung der anderen Mitglieder des Strafsenates bzw. des Dreiersenates im Umlaufweg ersetzt wird, wenn keines der Mitglieder des Strafsenates bzw. des Dreiersenates widerspricht.

(5) Wenn ein Fünfersenat (§ 11 Abs. 1 bzw. § 12 Abs. 2) im Fall außergewöhnlicher Verhältnisse nicht innerhalb angemessener Frist zusammentreten kann, kann der Vor­sitzende/die Vorsitzende in Rechtssachen, in denen der Fünfersenat entscheidet, ver­fügen, dass die Beratung und Abstimmung nach Maßgabe der technischen Möglich­keiten mit Mitteln der Telekommunikation durchgeführt wird, wenn nicht wenigstens drei Mitglieder des Fünfersenates widersprechen, oder dass die Beratung und Abstimmung abweichend von Abs. 2 durch Einholung der Zustimmung der anderen Mitglieder des Fünfersenates im Umlaufweg ersetzt wird, wenn keines der Mitglieder des Fünfer­senates widerspricht.


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(6) Wenn ein verstärkter Senat (§ 13 Abs. 1) im Fall außergewöhnlicher Verhältnisse nicht innerhalb angemessener Frist zusammentreten kann, kann der Vorsitzende/die Vorsitzende in Rechtssachen, in denen der verstärkte Senat entscheidet, verfügen, dass die Beratung und Abstimmung nach Maßgabe der technischen Möglichkeiten mit Mitteln der Telekommunikation durchgeführt wird, wenn nicht wenigstens fünf Mitglieder des verstärkten Senates widersprechen, oder dass die Beratung und Abstimmung abweichend von Abs. 2 durch Einholung der Zustimmung der anderen Mitglieder des verstärkten Senates im Umlaufweg ersetzt wird, wenn keines der Mitglieder des verstärkten Senates widerspricht.

(7) Wenn die Vollversammlung (§ 10 Abs. 1) im Fall außergewöhnlicher Verhältnisse nicht innerhalb angemessener Frist zusammentreten kann, kann der Vorsitzende/die Vorsitzende in den Angelegenheiten gemäß § 10 Abs. 2 Z 1 bis 4 verfügen, dass die Beratung und Abstimmung nach Maßgabe der technischen Möglichkeiten mit Mitteln der Telekommunikation durchgeführt wird oder dass die Beratung und Abstimmung ab­weichend von Abs. 2 durch Einholung der Zustimmung der anderen Mitglieder der Vollversammlung im Umlaufweg ersetzt wird, wenn nicht wenigstens ein Drittel der Mitglieder der Vollversammlung widerspricht.

(8) Die näheren Regelungen werden in der Geschäftsordnung (§ 19) getroffen.“

3. In § 24 Abs. 1 zweiter Satz wird der Punkt am Ende der Z 2 durch einen Strichpunkt ersetzt; folgende Z 3 wird angefügt:

              „3.         Schriftsätze im Verfahren über einen Fristsetzungsantrag, die an den Verwaltungsgerichtshof gerichtet sind.“

4. § 30a Abs. 6 wird folgender Satz angefügt:

„Gleichzeitig hat das Verwaltungsgericht den Parteien eine Mitteilung über die Vorlage der Revision an den Verwaltungsgerichtshof zuzustellen; diese Mitteilung hat den Hin­weis zu enthalten, dass Schriftsätze ab Vorlage der Revision an den Verwaltungs­gerichtshof unmittelbar bei diesem einzubringen sind.“

5. § 30a Abs. 7 wird folgender Satz angefügt:

„Gleichzeitig hat das Verwaltungsgericht den Parteien eine Mitteilung über die Vorlage der Revision an den Verwaltungsgerichtshof zuzustellen; diese Mitteilung hat den Hinweis zu enthalten, dass Schriftsätze ab Vorlage der außerordentlichen Revision an den Verwaltungsgerichtshof unmittelbar bei diesem einzubringen sind.“

6. § 30a Abs. 8 wird folgender Satz angefügt:

„Gleichzeitig hat das Verwaltungsgericht den Parteien eine Mitteilung über die Vorlage der Revision an den Verwaltungsgerichtshof zuzustellen; diese Mitteilung hat den Hin­weis zu enthalten, dass Schriftsätze ab Vorlage des Fristsetzungsantrages an den Verwaltungsgerichtshof unmittelbar bei diesem einzubringen sind.“

7. § 30b Abs. 2 wird folgender Satz angefügt:

„Gleichzeitig hat das Verwaltungsgericht den Parteien eine Mitteilung über die Vorlage der Revision an den Verwaltungsgerichtshof zuzustellen; diese Mitteilung hat den Hin­weis zu enthalten, dass Schriftsätze ab Vorlage der Revision bzw. des Fristsetzungs­antrages an den Verwaltungsgerichtshof unmittelbar bei diesem einzubringen sind.“

8. § 46 Abs. 3 erster Satz lautet:

„In den Fällen des Abs. 1 ist der Antrag auf Wiedereinsetzung binnen zwei Wochen nach dem Wegfall des Hindernisses zu stellen und zwar bis zur Vorlage der Revision beim Verwaltungsgericht und ab Vorlage der Revision beim Verwaltungsgerichtshof; ein ab


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Vorlage der Revision vor Zustellung der Mitteilung über deren Vorlage an den Ver­wal­tungsgerichtshof beim Verwaltungsgericht gestellter Antrag gilt als beim Verwaltungs­gerichtshof gestellt und ist diesem unverzüglich vorzulegen.“

9. In § 79 Abs. 22 Z 1 entfällt der Ausdruck „3 und“.

10. In § 79 Abs. 22 Z 2 entfällt der Ausdruck „§ 15 Abs. 4 bis 8,“.

11. § 79 wird folgender Abs. 24 angefügt:

„(24) In der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. xx/202x treten in Kraft:

              1.          § 79 Abs. 22 Z 1 und 2 mit 6. Jänner 2021;

              2.          das Inhaltsverzeichnis und § 15 Abs. 4 bis 8 mit 1. Juli 2021 (§ 15 Abs. 4 bis 8 in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. 2/2021 tritt nicht in Kraft);

              3.          § 24 Abs. 1 zweiter Satz, § 30a Abs. 6 bis 8, § 30b Abs. 2 und § 46 Abs. 3 erster Satz mit Ablauf des Tages der Kundmachung des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. xx/202x.““

Begründung

Zu Artikel 1 (Änderung des Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetzes):

Zu Z 1 (§ 7 Abs. 4 Z 4):

Bereinigung eines Redaktionsversehens im Bildungsreformgesetz 2017, BGBl. I Nr. 138/2017.

Zu Z 2 (§ 8a Abs. 3 zweiter Satz):

Es soll dem Antragsteller nicht zur Last fallen, wenn er den Antrag auf Bewilligung der Verfahrenshilfe mangels Zustellung der Mitteilung über die Vorlage der Beschwerde an das Verwaltungsgericht bei der Behörde gestellt hat. Ungeachtet dieser Fiktion soll für den Beginn der Entscheidungspflicht gemäß § 34 Abs. 1 weiterhin das (faktische) Einlangen des Antrags beim Verwaltungsgericht maßgeblich sein. Hat der Antragsteller hingegen die Mitteilung über die Vorlage erhalten und bringt er den Antrag dennoch bei der Behörde ein, soll sie gemäß § 6 Abs. 1 AVG iVm. § 11 VwGVG den Antrag ohne unnötigen Aufschub auf Gefahr des Einschreiters an das Verwaltungsgericht weiter­zuleiten haben.

Zu Z 3 (§ 13 Abs. 4):

Die Behörde soll den Parteien eine Mitteilung über die Vorlage einer Beschwerde, mit der ein Bescheid bekämpft wird, mit dem die Behörde die aufschiebende Wirkung der Beschwerde ausgeschlossen hat, an das Verwaltungsgericht zustellen (zu den mög­lichen Formen der Zustellung siehe das Zustellgesetz – ZustG, BGBl. Nr. 200/1982, etwa auch dessen § 26). In die Mitteilung ist auch der Hinweis aufzunehmen, dass Schriftsätze ab der Vorlage beim Verwaltungsgericht einzubringen sind.

Zu Z 4 (§§ 14 Abs. 2, 15 Abs. 3 und 16 Abs. 2):

Entsprechend der in Z 3 vorgeschlagenen Regelung soll die Mitteilung über die Vorlage der Beschwerde samt Hinweis auf die nunmehrige Einbringungsstelle auch erfolgen, wenn die Behörde von einer Beschwerdevorentscheidung absieht (§ 14 Abs. 2), ver­spätete und unzulässige Vorlageanträge von der Behörde zurückgewiesen wurden und gegen einen solchen Beschwerde erhoben wird (§ 15 Abs. 3) und die Behörde einen Bescheid im Verfahren über eine Beschwerde wegen Verletzung der Entscheidungs­pflicht nicht nachholt (§ 16 Abs. 2).


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Zu Z 5 (§ 15 Abs. 2):

Entsprechend der in Z 3 vorgeschlagenen Regelung soll die schriftliche Mitteilung über die Vorlage der Beschwerde samt Hinweis auf die nunmehrige Einbringungsstelle auch erfolgen, wenn ein zulässiger Vorlageantrag erhoben wurde. Gleichzeitig soll die Be­hörde den Vorlageantrag und die Beschwerde unter Anschluss der Akten des Verfahrens vorlegen.

Zu Z 6 (§ 33 Abs. 3 erster Satz):

Entsprechend der in Z 2 vorgeschlagenen Regelung soll es dem Antragsteller nicht zur Last fallen, wenn er den Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand mangels Zustellung der Mitteilung über die Vorlage der Beschwerde an das Verwaltungsgericht bei der Behörde gestellt hat.

Zu Z 7 (§ 34 Abs. 1 zweiter Satz):

Die Entscheidungspflicht der Verwaltungsgerichte soll nunmehr nicht „mit der Vorlage der Beschwerde“, sondern „mit dem Einlangen der vorgelegten Beschwerde“ ausgelöst werden. Damit soll der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes Rechnung ge­tragen werden, in der bereits bisher auf das tatsächliche Einlangen der Beschwerde beim Verwaltungsgericht abgestellt wurde (vgl. etwa VwGH 4.10.2016, Fr 2016/11/0014, mwN).

Zu Z 8 (§ 35 Abs. 3a):

Da die Rechtsprechung der Verwaltungsgerichte uneinheitlich ist und eine Recht­sprechung des Verwaltungsgerichtshofes zu dieser Rechtsfrage fehlt, soll ausdrücklich klargestellt werden, dass sich der Kostenersatz im Verfahren über Beschwerden wegen Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt nach funktionellen Kriterien richtet.

Zu Z 9 und Z 10 (§ 59 Abs. 5 bis 7):

Bereinigung eines Redaktionsversehens und Inkrafttretensbestimmungen.

Zu Artikel 2 (Änderung des Verwaltungsgerichtshofgesetzes 1985):

Zu Z 1:

Aus Gründen der Übersichtlichkeit soll ein Inhaltsverzeichnis eingefügt werden.

Zu Z 2 (§ 15 Abs. 4 bis 8) und Z 10 (§ 79 Abs. 22 Z 2):

Präzisierende Klarstellung gegenüber jener Fassung, die § 15 Abs. 4 bis 8 durch das Bundesgesetz BGBl. I Nr. 2/2021 mit 1. Juli 2021 erhalten würde. Diese Fassung des § 15 Abs. 4 bis 8 soll nicht in Kraft treten und ab initio durch die vorgeschlagene neue Fassung ersetzt werden.

Zu Z 3 (§ 24 Abs. 1 zweiter Satz):

Schriftsätze im Verfahren über einen Fristsetzungsantrag, die an den Verwaltungs­ge­richtshof gerichtet sind, sollen beim Verwaltungsgerichtshof eingebracht werden. Sonstige Schriftsätze in diesem Verfahren sowie auch der Fristsetzungsantrag selbst sollen weiterhin beim säumigen Verwaltungsgericht eingebracht werden.

Zu Z 4 (§ 30a Abs. 6), Z 5 (§ 30a Abs. 7), Z 6 (§ 30a Abs. 8) und Z 7 (§ 30b Abs. 2):

Legt das Verwaltungsgericht die Revision dem Verwaltungsgerichtshof vor, soll es den Parteien eine entsprechende Mitteilung zustellen (siehe dazu die Ausführungen zu Artikel 1 Z 3) und sie darauf hinweisen, dass Schriftsätze ab Vorlage der Revision an den Verwaltungsgerichtshof unmittelbar bei diesem einzubringen sind (Z 4).


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Die Z 5 (außerordentliche Revision), Z 6 (Fristsetzungsantrag) und Z 7 (Revision und Fristsetzungsantrag, jeweils im Zusammenhang mit einem Vorlageantrag) enthalten der Z 4 entsprechende Regelungen.

Zu Z 8 (§ 46 Abs. 3 erster Satz):

Es soll dem Antragsteller nicht zur Last fallen, wenn er den Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand mangels Zustellung der Mitteilung über die Vorlage der Revision an den Verwaltungsgerichtshof beim Verwaltungsgericht gestellt hat. Hat der Antrag­steller dagegen die Mitteilung über die Vorlage erhalten und bringt er den Antrag dennoch beim Verwaltungsgericht ein, soll es gemäß § 6 Abs. 1 AVG iVm. § 17 VwGVG den Antrag ohne unnötigen Aufschub auf Gefahr des Einschreiters an den Verwal­tungs­gerichtshof weiterzuleiten haben.

Zu Z 9 (§ 79 Abs. 22 Z 1):

Bereinigung eines Redaktionsversehens im Bundesgesetz BGBl. I Nr. 2/2021.

Zu Z 11 (§ 79 Abs. 24):

Inkrafttretensbestimmung.

*****


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Der Antrag ist ordnungsgemäß eingebracht, aus­reichend unterstützt und steht somit mit in Verhandlung.

Zu Wort ist dazu niemand mehr gemeldet. Die Debatte ist damit geschlossen.

Wünscht die Berichterstatterin ein Schlusswort? – Das ist nicht der Fall.

16.36.12Abstimmung über die Tagesordnungspunkte 2 bis 7


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Wir kommen nun zu den verlegten Abstimmungen.

Ich darf zuerst fragen, ob wir in den Abstimmungsvorgang eintreten können. – Ja, wun­derbar.

Wir gelangen nun zur Abstimmung über Tagesordnungspunkt 2: Antrag des Verfas­sungsausschusses, seinen Bericht 931 der Beilagen zur Kenntnis zu nehmen.

Wer dies tut, den bitte ich um ein entsprechendes Zeichen. – Das ist die Mehrheit, ange­nommen.

Wir kommen zur Abstimmung über Tagesordnungspunkt 3: Antrag des Verfassungs­ausschusses, seinen Bericht 930 der Beilagen zur Kenntnis zu nehmen.

Wer dies tut, den bitte ich wiederum um ein Zeichen. – Das ist die gleiche Mehrheit, daher mehrheitlich angenommen.

Wir kommen zur Abstimmung über Tagesordnungspunkt 4: Entwurf eines Bundesge­setzes, mit dem das Disziplinarstatut für Rechtsanwälte und Rechtsanwaltsanwärter, die Rechtsanwaltsordnung, das 1. COVID-19-Justiz-Begleitgesetz und das 2. COVID-19-Justiz-Begleitgesetz geändert werden, in 926 der Beilagen.

Hiezu haben die Abgeordneten Steinacker, Prammer, Kolleginnen und Kollegen einen Zusatz- beziehungsweise Abänderungsantrag eingebracht.

Ich werde daher zunächst über die vom erwähnten Zusatz- beziehungsweise Abän­derungsantrag betroffenen Teile und schließlich über die restlichen, noch nicht ab­gestimmten Teile des Gesetzentwurfes abstimmen lassen.


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll111. Sitzung, 16. und 17. Juni 2021 / Seite 178

Die Abgeordneten Steinacker, Prammer, Kolleginnen und Kollegen haben einen Zusatz- beziehungsweise Abänderungsantrag betreffend Änderung des Titels sowie Einfügung einer Ziffer 1a und Änderung der Ziffer 4 in Artikel 3 eingebracht.

Wer dafür ist, den bitte ich um ein entsprechendes Zeichen. – Das ist die Mehrheit, angenommen.

Schließlich kommen wir zu den restlichen, noch nicht abgestimmten Teilen des Gesetz­entwurfes samt Eingang in der Fassung des Ausschussberichtes.

Wer dafür ist, den darf ich um ein Zeichen ersuchen. – Das ist wiederum mehrstimmig angenommen.

Wir kommen zur dritten Lesung.

Wer auch in dritter Lesung zustimmt, den bitte ich, das zu bekunden. – Das gleiche Stimmverhalten. Das ist die Mehrheit. Der Gesetzentwurf ist somit auch in dritter Lesung angenommen.

Wir gelangen nun zur Abstimmung über Tagesordnungspunkt 5: Entwurf betreffend ein Bundesgesetz über Änderungen des Bundes-Verfassungsgesetzes, des COVID-19 Begleitgesetzes Vergabe und des Verwaltungsrechtlichen COVID-19-Begleitgesetzes sowie das Außerkrafttreten einiger Verfassungsbestimmungen samt Titel und Eingang in 927 der Beilagen.

Da der vorliegende Gesetzentwurf eine Änderung des Bundes-Verfassungsgesetzes sowie Verfassungsbestimmungen enthält, stelle ich zunächst im Sinne des § 82 Abs. 2 Z 1 der Geschäftsordnung die für die Abstimmung erforderliche Anwesenheit der verfas­sungsmäßig vorgesehenen Anzahl der Abgeordneten fest. – Das ist der Fall.

Ich bitte nunmehr jene Damen und Herren, die dem vorliegenden Gesetzentwurf zustim­men, um ein entsprechendes Zeichen. – Das ist mehrheitlich angenommen. Ausdrück­lich stelle ich die verfassungsmäßig erforderliche Zweidrittelmehrheit fest.

Wir kommen zur dritten Lesung.

Wer auch in dritter Lesung dem vorliegenden Gesetzentwurf die Zustimmung erteilt, den darf ich um ein entsprechendes Zeichen bitten. – Das ist das gleiche Stimmverhalten. Daher stelle ich ausdrücklich wiederum die verfassungsmäßig erforderliche Zweidrittel­mehrheit fest. Der Gesetzentwurf ist damit auch in dritter Lesung angenommen.

Abstimmung über Tagesordnungspunkt 6: Entwurf betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Parteiengesetz 2012, das KommAustria-Gesetz, das Presseförderungs­ge­setz 2004 sowie weitere Gesetze geändert werden, samt Titel und Eingang in 928 der Beilagen.

Wer dafür ist, den darf ich um ein Zeichen bitten. – Das ist mehrheitlich angenommen.

Wir kommen zur dritten Lesung.

Wer auch in dritter Lesung zustimmt, den bitte ich um ein Zeichen. – Gleiches Stimm­verhalten. Der Gesetzentwurf ist auch in dritter Lesung angenommen.

Wir gelangen zur Abstimmung über Tagesordnungspunkt 7: Entwurf betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz und das Verwal­tungs­gerichtshofgesetz geändert werden, in 929 der Beilagen.

Hiezu liegt ein gesamtändernder Abänderungsantrag der Abgeordneten Gerstl, Prammer, Kolleginnen und Kollegen vor.

Ich werde so vorgehen, dass ich zuerst über den vorliegenden Gesetzentwurf in der Fassung des gesamtändernden Abänderungsantrages abstimmen lasse.


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll111. Sitzung, 16. und 17. Juni 2021 / Seite 179

Ich bitte jene Damen und Herren, die sich für den vorliegenden Gesetzentwurf samt Titel und Eingang in 929 der Beilagen in der Fassung des gesamtändernden Abänderungs­antrages der Abgeordneten Gerstl, Prammer, Kolleginnen und Kollegen aussprechen, um ein entsprechendes Zeichen. – Das ist einstimmig angenommen.

Wir kommen sogleich zur dritten Lesung.

Wer tut das auch in dritter Lesung? – Gleiches Stimmverhalten. Der Gesetzentwurf ist somit auch in dritter Lesung einstimmig angenommen.

16.40.478. Punkt

Bericht des Ausschusses für Familie und Jugend über den Antrag 1701/A(E) der Abgeordneten Barbara Neßler, Norbert Sieber, Kolleginnen und Kollegen betref­fend Weiterentwicklung des Mutter-Kind-Passes zu einem Eltern-Kind-Pass bis zum 18. Lebensjahr sowie über den

Antrag 1330/A(E) der Abgeordneten Michael Bernhard, Kolleginnen und Kollegen betreffend Eltern-Kind-Pass (868 d.B.)

9. Punkt

Bericht des Ausschusses für Familie und Jugend über den Antrag 1431/A(E) der Abgeordneten Eva Maria Holzleitner, BSc, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Familienberatungsstellen am Limit!“ (869 d.B.)

10. Punkt

Bericht des Ausschusses für Familie und Jugend über den Antrag 770/A(E) der Abgeordneten Petra Wimmer, Kolleginnen und Kollegen betreffend „einen bun­des­einheitlichen Rahmen und einheitlich geregelte Finanzierung der Kinder­schutz­zentren“ (870 d.B.)


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Wir gelangen nun zu den Punkten 8 bis 10 der Tagesordnung, über welche die Debatten unter einem durchgeführt werden.

Auf eine mündliche Berichterstattung wurde verzichtet.

Zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Wimmer. Bei ihr steht das Wort. – Frau Abge­ordnete, bitte.


16.41.42

Abgeordnete Petra Wimmer (SPÖ): Herr Präsident! Werte Ministerinnen! Hohes Haus! Werte Zuseherinnen und Zuseher! Der Mutter-Kind-Pass ist ein Gesundheitspass für die wichtige Phase der Schwangerschaft, der Geburt und die ersten Lebensjahre des Kindes. Er ist eine riesige Errungenschaft und dient ausschließlich der Überprüfung der Gesundheit von Mutter und Kind. Daher ist es uns als SPÖ-Fraktion besonders wichtig, dass der so wichtige Schutz für Mutter und Kind im Vordergrund steht. (Beifall bei der SPÖ sowie des Abg. Sieber.) Das darf auf keinen Fall aufgeweicht werden. Das ist für uns die Voraussetzung, unter der wir diesem Antrag zustimmen.

Ja, Familienmodelle haben sich verändert. Es gibt Patchworkfamilien, Regenbogen­familien, gleichgeschlechtliche Paare, AlleinerzieherInnen und – Gott sei Dank – auch immer mehr Partnerschaftlichkeit bei der Aufteilung der Familienaufgaben. Neue Fa­milien­modelle erfordern ein Umdenken in der Familienpolitik. Daher verwahren wir uns


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll111. Sitzung, 16. und 17. Juni 2021 / Seite 180

nicht gegen die Weiterentwicklung und hängen uns auch nicht an Begrifflichkeiten, wenn von einer Weiterentwicklung Mütter, Väter, Eltern und die Kinder profitieren.

Sehr geehrte Damen und Herren, es darf aber nicht nur bei einer Änderung der Über­schrift bleiben! Es muss eine echte, wirkliche Weiterentwicklung passieren! Die Gesund­heit unserer Kinder regelmäßig zu überprüfen ist wichtig und richtig. Untersuchungen und Diagnosen bis zum 18. Lebensjahr brauchen dann aber auch die entsprechenden therapeutischen und medizinischen Angebote. Es geht um die physische und psychi­sche Gesundheit unserer Kinder, es geht um Zahngesundheit, es geht um Ernährung, es geht auch um Gewaltschutz und so vieles mehr.

Die Kooperation mit Schulärzten, mit Beratungsstellen und mit TherapeutInnen ist dafür eine wichtige Grundvoraussetzung, denn natürlich muss nach einer Untersuchung und einer Diagnose auch der Zugang zu den notwendigen Behandlungen möglich sein. Dann braucht es aber auch mehr Kassenplätze in allen Bereichen, damit die Gesundheit der Kinder nicht von den finanziellen Verhältnissen der Eltern abhängt. Es ist jetzt oft schon schwierig, einen Facharzt zu finden, der kein Wahlarzt und damit wieder kostenpflichtig ist.

Wenn mit der Weiterentwicklung des Mutter-Kind-Passes – oder dann neu: Eltern-Kind-Passes; was mir noch viel besser gefallen würde, wäre ein Familienpass – auch die Angebote in Beratung und Betreuung ausgebaut werden – und wir werden diese brauchen –, dann ist eine echte Weiterentwicklung passiert.

Was wir ganz sicher nicht wollen sind Verschlechterungen für den Schutz von Mutter und Kind in der so sensiblen Phase der Schwangerschaft, der Geburt und im Säug­lingsalter. Was wir auch nicht wollen, ist ein Sozialpass, der Aufschluss über die soziale Situation der Familie gibt. Was wir wollen, ist, dass alles datenschutzrechtlich abge­sichert ist, besonders auch in Hinblick auf die Pläne für einen elektronischen Elternpass.

Sehr geehrte Regierungsparteien, nur unter diesen Voraussetzungen stimmen wir dem Antrag zur Weiterentwicklung des Mutter-Kind-Passes zu. Ich habe es schon im Aus­schuss betont: Wir wissen ganz genau, was wir wollen und was wir nicht wollen. Die Qualität der Ausarbeitung, die Bereitschaft zur Finanzierung und die Details werden zeigen, ob es eine wirkliche Weiterentwicklung ist. Wir werden ganz genau darauf schauen. – Vielen Dank. (Beifall bei der SPÖ.)

16.45


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Abgeordneter Sieber. – Bitte.


16.45.34

Abgeordneter Norbert Sieber (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Frau Minister! Hohes Haus! Wir debattieren die Weiterentwicklung des Mutter-Kind-Passes zum Eltern-Kind-Pass, und ein Blick in den Antrag zeigt schon klar, worum es geht. Der Mutter-Kind-Pass zielt darauf ab, dass alle Schwangeren und Eltern von Kleinkindern die Gelegenheit zur bestmöglichen Vorsorge für Mutter und Kind nützen und dass dieses Angebot in Anspruch genommen werden kann. Das war bisher so, das ist jetzt so und das soll auch in Zukunft so bleiben.

Geschätzte Kollegin Wimmer, alle deine Vorbehalte sind sicherlich begründet, ihr werdet das auch begleiten. Wir haben gesagt: Es ist der Startschuss für eine Weiterentwicklung unter Einbindung der entsprechenden Stakeholder, und da werden wir auch alle gemein­sam unsere Forderungen und Vorstellungen vom neuen Eltern-Kind-Pass einbringen können.

Weil aber der bisherige Mutter-Kind-Pass so ein Erfolgsmodell war, lohnt es sich auch, in die Historie dieses Passes zu schauen: Im Jahr 1974 von der damaligen Gesundheits­ministerin Leodolter ins Leben gerufen, waren es ganz einfach die Kindergesundheit und


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die Müttergesundheit, die dabei im Vordergrund standen. Der Mutter-Kind-Pass war ein voller Erfolg, denn die Kindersterblichkeit konnte dramatisch gesenkt werden und auch die Gefahr für die Schwangeren beziehungsweise für die jungen Mütter wurde ent­sprechend gesenkt.

Meine Damen und Herren, die geschätzte Frau Ministerin Leodolter ist nicht mehr am Leben, aber eine Begleiterin von ihr ist es, nämlich die damalige Staatssekretärin im Familienbereich, Elfriede Karl. Ich konnte mit ihr Kontakt aufnehmen und ein Gespräch führen, und ich kann Ihnen berichten: Die ehemalige Staatssekretärin Karl lässt uns alle grüßen und ist stolz darauf, dass das Projekt, das damals von ihr und Ministerin Leodolter begonnen, aber auch über die Parteigrenzen hinweg gemeinsam beschlossen worden ist, so erfolgreich war, so segensreich für uns alle war und dass wir heute eine Weiterentwicklung vorantreiben können. Ich persönlich freue mich, dass wir das gemeinsam tun. Ich glaube, das ist das Wichtigste an diesem Antrag.

Ein wichtiger Ausspruch von Prof. Leodolter, dem Sohn der damaligen Ministerin, lautet: In keinem Bereich der Humanmedizin wurden in den letzten 40 Jahren so große Fort­schritte gemacht wie im Bereich der Peri- und Neonatalmedizin. – In keinem Bereich waren wir also so erfolgreich wie da. Deswegen müssen wir alles daransetzen und ist es unser erklärtes Ziel, dass wir genau das – was du (in Richtung Abg. Petra Wimmer) auch angesprochen hast – gemeinsam weiterbringen, in die Verhandlungen mit einbringen und auch den zukünftigen Familien-Kind-Pass beziehungsweise Eltern-Kind-Pass wieder zu dem Erfolgsmodell machen, das es bisher schon war.

Ich persönlich bin froh, dass wir diesen Schritt gemeinsam setzen, dass wir eine ent­sprechende Weiterentwicklung der Gesundheitsvorsorge von Kindern bis zum 18. Le­bensjahr vorantreiben können. Ich glaube, dass das eine Qualität mit sich bringt, die gerade in der heutigen, in der neuen Gesellschaft wichtig und sinnvoll ist.

Ich danke noch einmal allen Fraktionen für die Unterstützung des Antrages und freue mich schon auf die entsprechenden Verhandlungen dazu. – Danke. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Grünen.)

16.49


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Frau Abgeordnete Mühlberghuber ist zu Wort ge­meldet. – Bitte.


16.49.26

Abgeordnete Edith Mühlberghuber (FPÖ): Herr Präsident! Sehr geehrte Frau Bun­desminister! Werte Damen und Herren! Meine Vorredner haben die Erfolgsgeschichte des Mutter-Kind-Passes schon erwähnt; da möchte ich mich auch anhängen und das bestätigen. Mit der Vorsorgeuntersuchung ist sehr viel für die Gesundheit der Kinder und der werdenden Mütter unternommen worden, und die Mütter und Kinder haben dadurch sehr profitiert.

Grundsätzlich: ein Ja zur Weiterentwicklung des Mutter-Kind-Passes, daher auch die Zustimmung zu diesem Antrag, dem wir auch im Ausschuss schon zugestimmt haben. Witzig ist bei diesem Antrag allerdings, dass ÖVP und Grüne die Regierung auffordern, das Vorhaben aus dem Regierungsprogramm rasch umzusetzen. Anscheinend wissen Sie noch gar nicht, dass Sie das selber sind. Es ist also witzig, dass Sie diesen Antrag selbst stellen.

Ja, wir schauen uns einmal die Erweiterung des Mutter-Kind-Passes an. Wir werden genau hinschauen, wie es mit der Verpflichtung zur Absolvierung der vorgesehenen Maßnahmen bis zum 18. Lebensjahr ist. Wie schaut das wirklich genau aus?


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Gibt es Sanktionen, wenn ein Jugendlicher der Beratung oder der Untersuchung nicht nachkommt? Wird auch die Jugendsexualität ein Thema sein, wird bei dieser Überar­beitung des Passes auch das hineingenommen? Wie schaut es mit der ersten gynäko­logischen Untersuchung bei den Mädchen aus, wird auch diese Untersuchung künftig im Pass vorhanden sein? – Gerade Schwangerschaft und Verhütung sind ja bei den Jugendlichen ein großes Thema, nicht nur bei den österreichischen Jugendlichen, sondern auch bei jenen, die sich bei uns in Österreich aufhalten, die eingebürgert sind oder bei uns leben.

Genauso wichtig ist das Thema Drogen und Suchtgift. Generell werden die Jugendlichen beim Einstieg in die Droge immer jünger, Experten sprechen von 13-, 14-Jährigen.

Zusammengefasst: Grundsätzlich ja, wir sind für eine Weiterentwicklung des Mutter-Kind-Passes, es sollen positive Aspekte über das Kleinkindalter hinaus gefördert wer­den. Sobald diese Ausarbeitung und Weiterentwicklung vorliegt, werden wir allerdings beurteilen, ob der Pass auch wirklich an die Gesundheit und die Entwicklung unserer Kinder und Jugendlichen angepasst und vor allem auch umsetzbar ist.

Zu den beiden Anträgen der SPÖ betreffend „Familienberatungsstellen am Limit!“ und den einheitlichen Schutz von Kindern in Österreich sowie eine „einheitliche geregelte Finanzierung der Kinderschutzzentren“: Beide Anträge unterstützen wir wie schon im Ausschuss. (Beifall bei der FPÖ.)

16.52


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Abgeordnete Disoski. – Bitte sehr.


16.52.44

Abgeordnete Mag. Meri Disoski (Grüne): Herr Präsident! Frau Bundesministerin! Werte Kolleginnen und Kollegen! Liebe Zuseherinnen und Zuseher! Gestatten Sie mir zu Be­ginn, Bundesministerin Raab, die mit Montag in Mutterschutz gegangen ist, auf diesem Wege für die bevorstehende Geburt alles Gute zu wünschen! (Beifall bei Grünen und ÖVP sowie des Präsidenten Sobotka.) Frau Bundesministerin Edtstadler wird sie vertreten. – Ich freue mich auf die Zusammenarbeit in den Frauen- und Familienagenden mit Ihnen.

Ich darf heute stellvertretend für unsere Familiensprecherin Barbara Neßler überneh­men, die sicher gerne selbst zum Erfolg des Eltern-Kind-Passes gesprochen hätte. Worauf wir uns gemeinsam mit dem Koalitionspartner schon im Regierungs­über­einkom­men geeinigt haben, dazu gab es – das haben wir jetzt schon gehört – im vergangenen Familienausschuss einen Allparteienbeschluss. – Vielen Dank dafür!

Was haben wir da beschlossen? – Die Weiterentwicklung des Mutter-Kind-Passes zum Eltern-Kind-Pass. Der in diesem Zusammenhang bisher am meisten diskutierte Aspekt ist jener der Umbenennung, nämlich zu Eltern-Kind-Pass. Wir wissen, Sprache schafft Realitäten, und die gesellschaftlichen Realitäten haben sich seit der Einführung des Mutter-Kind-Passes im Jahr 1974 eklatant geändert. Familien und Eltern haben sich geändert, auch Rollenbilder haben sich geändert. Mit der Umbenennung reagieren wir auf diese Änderungen, indem wir sprachlich klarmachen: Die Gesundheit eines Kindes liegt in der Verantwortung der Eltern und nicht ausschließlich der Mutter. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Zentraler als diese Umbenennung ist für uns jedoch die Weiterentwicklung und die Erweiterung des Eltern-Kind-Passes. Der bereits bestehende Schutz des Kindes und der Mutter – Frau Kollegin Wimmer, da beruhige ich Sie gerne – wird natürlich aufrecht­er­halten bleiben. Zudem soll auch die Einbeziehung von Hebammen gestärkt werden. Mit


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der Ausweitung des Eltern-Kind-Passes bis zum 18. Lebensjahr wollen wir auch eine bessere Gesundheitsversorgung von Kindern und Jugendlichen erreichen.

Gerade die Coronapandemie hat uns gezeigt, dass wir insbesondere neben der physi­schen Gesundheit auch auf die psychische Gesundheit fokussieren müssen. Wir wissen, dass psychische Erkrankungen bei Kindern und Jugendlichen coronabedingt in einem wirklich besorgniserregenden Ausmaß zugenommen haben. Schlafstörungen, Depres­sionen, Überlastungssymptome – verschiedene Organisationen, wie zum Beispiel Rat auf Draht, haben uns da wirklich alarmierende Zahlen vorgelegt. Umso wichtiger ist es, dass wir dieses lange tabuisierte Thema der psychischen Gesundheit bei Kindern und Jugendlichen jetzt angehen, und da kann der Eltern-Kind-Pass wirklich eine große Chance sein.

Der Mutter-Kind-Pass ist seit seiner Einführung im Jahr 1974 ein wirklich großer Erfolg gewesen, das haben wir von Kollegen Sieber schon gehört. Damit ist einerseits die Gesundheit von Mutter und Kind sichergestellt worden, andererseits ist dadurch auch die Kindersterblichkeit drastisch reduziert worden, was gut war. Knapp 50 Jahre später ist es aber an der Zeit, dass man den Pass reformiert und ihn wie gesagt an die Re­alitäten der Gegenwart anpasst. Diesen Weg werden wir mit Expertinnen und Experten auch gehen. Klar ist auch, das möchte ich betonen - - (Unruhe im Saal.) – Zuhören ist heute offensichtlich schwierig. Klar ist auch, dass dieser Pass datenschutzkonform ausgearbeitet wird und natürlich in seiner finalen Version auch digital verfügbar sein soll.

Abschließend noch zu den beiden Anträgen der SPÖ, die wir hier mit debattieren: Sie fordern einerseits die Budgeterhöhung für Familienberatungsstellen, Sie haben in Ihrem Antrag aber vergessen, zu erwähnen, dass es unter Ihrer Regierungsverantwortung war, dass diese Familienberatungsstellen kaputtgespart worden sind. Das war unter eurer Regierungsverantwortung. – Kollege (in Richtung SPÖ), du schüttelst den Kopf; schau es nach, die Zahlen sprechen da eine eindeutige Sprache! Und was Ihr nicht geschafft habt, das schaffen wir jetzt, indem wir das Budget der Familienberatungsstellen um knapp 3 Millionen Euro aufstocken und zudem auch die jährliche Erhöhung festschreiben. (Beifall bei den Grünen sowie der Abg. Gabriela Schwarz.)

Abschließend: Sie fordern außerdem in einem zweiten Antrag die bundeseinheitliche Rahmensetzung zur Finanzierung von Kinderschutzzentren. Wenn Sie eine solche wollen, wieso haben Sie denn dann einer Verländerung zugestimmt? – Das geht sich irgendwie nicht aus: per Antrag einer Verländerung zustimmen, aber einen bundes­einheitlichen Rahmen fordern. Mir scheint, die SPÖ weiß da nicht so ganz genau, was sie eigentlich will. Umso besser, dass die Bundesregierung es weiß; dass wir Verant­wortung übernehmen, dieser nachkommen und die Förderungen der Kinderschutz­zen­tren entsprechend auch erhöht haben. – Nicht nur fordern, sondern tun, werte Kolle­ginnen und Kollegen! (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

16.57


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Abgeordnete Holzleitner. – Bitte sehr.


16.57.07

Abgeordnete Eva Maria Holzleitner, BSc (SPÖ): Herr Präsident! Werte Frau Minis­terin! Kolleginnen und Kollegen! Liebe Zuseherinnen und Zuseher! Die Familien­bera­tungsstellen und deren Finanzierung sind mittlerweile wirklich ein Dauerbrenner, seit ich Abgeordnete zum Parlament sein darf. Ein Blick zurück: Es war 2017, wir waren nicht mehr in Regierungsverantwortung, sondern es hat eine türkis-blaue Bundesregierung gegeben, die das Budget der Familienberatungsstellen gekürzt hat. (Zwischenruf der Abg. Disoski.) Das war wirklich ein Problem, und nur der Aufschrei des Dachverbandes


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sowie ein wirklich auch gemeinschaftlicher Einsatz hat dann dazu geführt, dass 50 Pro­zent dieser Kürzungen aus den Budgetmitteln des Familienressorts dann wieder kom­pensiert wurden.

Der ursprüngliche Betrag, der vor den Kürzungen da war, ist seitdem aber nicht mehr budgetiert worden, und nach einem Jahr Coronapandemie sind die Familienberatungs­stellen – wir wissen das alle – wirklich chronisch unterfinanziert. 385 Familienberatungs­stellen gibt es, eine Viertelmillion Menschen werden durch sie begleitet und eine halbe Million Beratungsstunden werden absolviert. Die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter sind überlastet – ich glaube, das können wir wirklich so feststellen. Sie sind nach einem Jahr Pandemie überlastet, das ist auch völlig logisch, und ein ausreichendes Budget wäre eigentlich tatsächlich ein Gebot der Stunde.

Wenn ich höre, dass diese Millionen für die Familienberatungsstellen jetzt aus dem Gewaltschutzpaket genommen werden, dann kann ich nur eines sagen: Die Opfer­schutzeinrichtungen kritisieren das, denn Familienberatungsstellen leisten nicht ausschließlich Gewaltschutz, und das muss man wirklich auch so festhalten! (Beifall bei der SPÖ. – Zwischenruf der Abg. Disoski.)

Kollegin Disoski, ich bin völlig bei Ihnen, wenn Sie sagen, die psychosozialen Auswirkungen der Krise müssen angegangen werden. Wir haben das im letzten Jahr ehrlicherweise schon viel, viel öfters eingefordert, es ist nur bis jetzt einfach nicht wirklich etwas passiert. Ich glaube, dass nur die Öffnungen einfach nicht ausreichen werden, sondern wir müssen auch das, was im letzten Jahr passiert ist, aufarbeiten, und deswegen muss das Beratungsstellenangebot tatsächlich auch ausgebaut werden (Beifall bei der SPÖ), es braucht ausreichende Unterstützung, um die psychischen Auswirkungen wirklich abzufangen. Schlafstörungen, Depressionen, Einsamkeit – all das sind Probleme, die Betroffene aktuell haben, und diese können nicht aufgearbeitet werden, weil es einfach nicht ausreichend Angebot gibt.

Mit unserem entsprechenden Antrag hätten wir für die Familien­beratungs­stellen 18 Mil­lionen Euro gefordert. Das ist auch jener Betrag, von dem die Familienberatungsstellen selber sagen, mit dem könnten sie halbwegs gut haushalten und über die Runden kommen. Dieser Betrag soll auch in den nächsten Jahren fortgeschrieben werden.

Aktuell: Der Beitrag aus dem Gewaltschutzpaket wird für längst überfällige Valorisie­run­gen aufgebraucht werden müssen. Das heißt, man kann auch da die Beratung nicht ausbauen, sondern es geht einfach vorwiegend um Valorisierungen, die die letzten Jahre aufgrund der Budgetkürzungen nicht stattfinden konnten. Ich glaube, diese 18 Millionen Euro – mindestens – müssten uns die Familien und ihre Unterstützung auch tatsächlich wert sein. (Beifall bei der SPÖ.)

Was mich in der letzten Ausschusssitzung wirklich massiv aufgeregt hat: Es sind einfach so fadenscheinige Argumente gekommen, als diese Anträge abgelehnt beziehungs­weise andere auch vertagt worden sind, beispielsweise der zu LGBTIQ-Jugendlichen. Diese kleine Erhöhung für die Familienberatungsstellen soll eben nicht nur für die Familienberatung genutzt werden, sondern auch den Gewaltschutz abdecken, Kinder und Jugendliche besser unterstützen und für die besonders vulnerable Gruppe der LGBTIQ-Jugendlichen ebenso zur Verfügung stehen. (Präsidentin Bures übernimmt den Vorsitz.)

Wenn man das durchkalkuliert, weiß man: Das geht sich hinten und vorne nicht aus, dass eben auch alle das kriegen, was sie gerade in dieser aktuellen Krise brauchen. Die ordentliche Finanzierung von Familienberatungsstellen wäre das Mindeste. Wir fordern aber auch gleichzeitig einen echten Gewaltschutz und mindestens eine LGBTIQ-Bera­tungsstelle für Jugendliche pro Bundesland. (Beifall bei der SPÖ.)


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Wir wissen leider: Das wird sich mit dem Angekündigten nicht ausgehen. Wir hätten uns deswegen erhofft, dass mit diesem Antrag, den wir jetzt mittlerweile schon zum x-ten Mal gestellt haben, die Familienberatungsstellen auf diese 18 Millionen Euro sicher bauen können, auch in den Folgejahren, und dass dieser Beitrag einfach für mehr als kleine Valorisierungen ausreicht, weil es das jetzt wirklich brauchen würde, damit die Familien auch nur ansatzweise bestmöglich unterstützt werden können. (Beifall bei der SPÖ.)

17.01


Präsidentin Doris Bures: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Michael Bernhard. – Bitte.


17.01.53

Abgeordneter Michael Bernhard (NEOS): Frau Präsidentin! Geschätzte Frau Bundes­ministerin! Werte Kolleginnen und Kollegen! Es ist ja nicht so häufig der Fall, dass ein Abgeordneter der Opposition zum Rednerpult kommt und sich freut. Heute ist einer dieser seltenen Momente. Ich habe im Februar dieses Jahres gemeinsam mit meiner Fraktion einen Antrag gestellt, in dem die Bundesregierung, insbesondere die Bundes­ministerin für Frauen und Integration, dazu aufgefordert wird, den Mutter-Kind-Pass in einen Eltern-Kind-Pass umzubenennen.

Das war natürlich schon Teil des Regierungsprogramms, es gab im Parlament aber noch keine Initiative. Plötzlich kam Bewegung in die Sache und die türkis-grünen Kollegen im Familienausschuss haben einen entsprechenden Antrag eingereicht, der sogar deutlich weiter geht, nämlich eine deutliche inhaltliche Aufwertung des künftigen Eltern-Kind-Passes beinhaltet. Da bin ich wirklich sehr erfreut und auch dankbar für die ernsthafte Reaktion auf unseren Antrag.

Worum ging es uns NEOS denn im ersten Schritt? – Im ersten Schritt ging es darum, dass der Mutter-Kind-Pass ja nicht nur die Gesundheit der Mutter während der Schwan­gerschaft und rund um die Geburt und die Gesundheit des ungeborenen Kindes und des Babys im Auge hat, sondern die ersten fünf Lebensjahre abdeckt. Wir waren einfach der Meinung: Wenn man da vom Eltern-Kind-Pass spricht, dann bezeichnet das viel stärker diese gemeinsame Verantwortung der Eltern für die Gesundheit des Kindes in diesen ersten fünf Jahren. Das wäre natürlich ein erster Schritt gewesen, einfach ein Signal in Richtung mehr Verantwortung für beide Seiten oder einer ausgewogeneren Verantwor­tung und eines modernen Rollenverständnisses von Familie.

Der vorliegende Antrag der ÖVP und der Grünen geht deutlich weiter. Da geht es im Wesentlichen darum, dass ein wirklicher Vorsorgepass für Kinder bis zum 18. Lebens­jahr entwickelt wird. Dem stehen wir als NEOS grundsätzlich sehr positiv gegenüber. Wir wollen aber – und das möchte ich hier schon mitgeben – darauf hinweisen, dass das ein sehr komplexes Unterfangen ist. Wir sprechen davon, dass die komplette Finanzierung ja derzeit im Familienlastenausgleichsfonds liegt. Das wäre ja nicht finanzierbar, wenn das bis 18 Jahre geht. Das heißt, es braucht eine dringende Überprüfung, welche Maß­nahmen in diesem Eltern-Kind-Pass auch in Zukunft enthalten sein sollen, welche viel­leicht auch jetzt enthalten, aber veraltet sind und welche künftig über welche Finanzie­rungsquellen dargestellt werden können.

Im Antrag der Regierungsfraktionen steht auch, dass alle Stakeholder eingebunden wer­den. Ich darf ganz wärmstens empfehlen, auch die Gesundheitssprecher und -spreche­rin­nen der Regierungsfraktionen und der Oppositionsparteien einzuladen. Da gäbe es viel gutes Feedback, um am Schluss auch zu einem gemeinsamen Antrag zu finden.

Diese Umbenennung samt Ausweitung ist eine tolle Chance, aber nur, wenn man davor ausreichend diskutiert und die richtigen Maßnahmen zusammenfasst. Wenn das gelingt,


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haben Sie die Unterstützung von uns NEOS. – Vielen Dank. (Beifall bei den NEOS sowie der Abg. Disoski.)

17.05


Präsidentin Doris Bures: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Mario Lindner. – Bitte.


17.05.13

Abgeordneter Mario Lindner (SPÖ): Geschätzte Frau Präsidentin! Liebe alle! Wenn man die Politik dieser Regierung für junge Menschen, für Familien und eigentlich für fast alle Gruppen, die von dieser Pandemie besonders hart getroffen wurden, zusammen­fassen will, dann geht das relativ einfach: zu wenig, zu spät und vor allem nicht zu Ende gedacht.

Seit 15 Monaten erleben wir eine Pandemie, die unsere Gesellschaft so tief getroffen hat wie kaum ein Ereignis unserer Lebenszeit. Für die überwiegende Mehrheit der Men­schen in Österreich hat das massive Einschnitte in ihren Alltag und ihr Familienleben bedeutet. Stress, psychische Belastungen, soziale Unsicherheit und dazu noch eine Re­gierung, die lieber großes mediales Theater in unzähligen Pressekonferenzen inszeniert, als wirkliche Unterstützungsmaßnahmen zu setzen, all das hat Folgen, und zwar vor allem für junge Menschen, für Eltern, für Familien. Diese Folgen werden im Sommer nicht verschwinden, sie werden uns noch auf Jahre begleiten. Genau deshalb haben sich die Menschen in Österreich eine Regierung verdient, die nicht die Augen zumacht, sondern endlich handelt.

Schauen wir uns an, was diese Zu-wenig-zu-spät-Politik in der Praxis bedeutet: Ein durchgängiges Thema in der letzten Sitzung des Familienausschusses war die wichtige Arbeit der Familienberatungsstellen – und das zu Recht. In ganz Österreich sind es genau diese mehr als 400 Einrichtungen, die in Krisen helfen, wichtige Unterstützung für Familien anbieten und niederschwellige Anlaufstellen in fast allen Lebenslagen sind. In der aktuellen Krise brauchen wir sie mehr denn je. Eine Regierung, die sich wirklich darum kümmern würde, wie es Familien in Österreich geht, hätte diese Familien­bera­tungsstellen längst mit den finanziellen Mitteln ausgestattet, die sie brauchen, nämlich 18 Millionen Euro – also wieder: zu wenig und zu spät! (Beifall bei der SPÖ.)

Im Zuge Ihres groß angekündigten Gewaltschutzpaketes gibt es für Familienberatungs­stellen knapp 3 Millionen Euro mehr: ein Tropfen auf den heißen Stein. Nach diesem Gießkannenprinzip verteilt sind das pro Beratungsstelle und pro Jahr gerade einmal läppische 7 250 Euro – 7 250 Euro für eine Stelle, die zum Beispiel in meinem Heimat­bezirk Liezen die zentrale Anlaufstelle für Tausende Familien, Eltern und Jugendliche ist, 7 250 Euro für eine Stelle, die beim Gewaltschutz genauso wie bei Partner­schaftsproblemen hilft, die queeren Jugendlichen genauso hilft, wie sie wichtige Arbeit für Mädchen und junge Frauen macht. Mehr ist Ihnen das Wohlergehen von Familien in unserem Land anscheinend nicht wert – und das ist eine Schande, liebe Kolleginnen und liebe Kollegen. (Beifall bei der SPÖ.)

Lassen Sie mich zum Abschluss noch einmal auf eine Gruppe von jungen Menschen zu sprechen kommen, die gerade durch die 15 Monate Pandemie besonders hart getroffen wurde, nämlich schwule, lesbische, bisexuelle, transidente und intergeschlechtliche Jugend­liche! Österreich ist eines der wenigen Länder in Westeuropa, die für diese besonders schützenswerte Gruppe keine eigenen Budgetmittel aufbringt. Wir sprechen von einer Gruppe, bei der das Suizidrisiko drei- bis fünfmal höher als der Durchschnitt ihrer Alters­genossInnen ist. Wir sprechen von einer Gruppe, die auch außerhalb der Pandemie durch Mobbing, Diskriminierung und den fehlenden gesetzlichen Schutz mit enormen psychischen und sozialen Herausforderungen zu kämpfen hat. Wir sprechen von einer Gruppe, für die die letzten 15 Monate in vielen Fällen einen Einschnitt dargestellt haben,


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der ihr Leben dauerhaft zum Schlechteren verändern kann. Das zeigen Dutzende inter­nationale Studien.

Genau für diese LGBTIQ-Jugendlichen fordern wir flächendeckende professionelle Jugend­arbeit und einen eigenen Budgettopf im Familienministerium, damit kein junger Mensch in dieser wichtigen Phase seines Lebens Angst haben muss, zu zeigen, wer er ist. Was macht diese Regierung? – Sie reagiert nicht einmal zu wenig oder zu spät, sie reagiert gar nicht. (Beifall bei der SPÖ.) Sie lassen mutwillig Menschen im Regen stehen, die gerade jetzt unsere Unterstützung brauchen würden, und das ist ein Armutszeugnis. (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Obernosterer: Zieh dir lieber einen Rock an! – Eine Jacke!)

17.09


Präsidentin Doris Bures: Frau Abgeordnete Alexandra Tanda ist als Nächste zu Wort gemeldet. – Bitte.


17.10.01

Abgeordnete Ing. Mag. (FH) Alexandra Tanda (ÖVP): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Frau Ministerin! Geschätztes Hohes Haus! Sehr geehrte Damen und Herren vor den Bildschirmen! Liebe Mütter, Väter vor den Bildschirmen! Knapp ein Viertel mehr – ich als Controllerin runde ja nicht so gerne, deswegen möchte ich es etwas genauer sagen –, um 23 Prozent wurde das Budget für Familienberatungsstellen erhöht; um 23 Prozent, das sind 2,9 Millionen Euro (Beifall bei ÖVP und Grünen), 2,9 Millionen Euro mehr für Familienberatungsstellen, die der Bund zur Verfügung stellt.

Familie, das ist für die meisten der Hort der Geborgenheit, aber leider eben nicht für alle, so leid mir das tut. Daher gibt es in Österreich knapp 400 Familienberatungsstellen als Anlaufstelle, an die sich Menschen, die Sorgen und Nöte haben, wenden können. Familie – und das ist nicht nur das klassische Modell, das möchte ich immer wieder betonen – ist der Ort, wo man Sorge füreinander trägt. Das kann der Vater sein, die Großmutter, das können die Geschwister, die Tanten, Onkel, wer auch immer sein. Und wenn man die Sorge nicht mehr alleine tragen kann, wenn man nicht mehr genau weiß, wie man das jetzt machen soll, wenn Frau oder Mann nicht mehr weiß, wohin mit den Sorgen und Nöten, dann sind die Familienberatungsstellen die ideale Anlaufstelle, denn genau da helfen sie. Sie helfen in Krisensituationen, sie bieten professionelle Hilfe durch ausgebildete SozialarbeiterInnen, PädagogInnen, PsychologInnen, ÄrztInnen, JuristInnen.

Knapp ein Viertel mehr – das möchte ich immer wieder betonen. Gerade in der Pan­de­mie hat man gesehen, dass dieser Bedarf an Beratungen im psychosozialen Bereich besonders wichtig ist. Circa 20 Prozent der 480 000 Beratungen pro Jahr helfen weiter, explizit in Fragen, wenn man selber nicht mehr weiter weiß, nach Scheidungen, nach Trennungen, in Fragen zum Besuchsrecht, zum Unterhaltsrecht. Viele in Europa benei­den uns um dieses Angebot, denn für die Betroffenen ist es kostenlos.

2,9 Millionen Euro mehr – was bedeutet das eigentlich? Das ist viel Geld, und man kann es sich vielleicht nicht vorstellen, aber umgelegt auf ein Durchschnittsgehalt für eine Sozialarbeiterin, einen Sozialarbeiter inklusive Lohnnebenkosten bedeutet das 70 Voll­zeit­arbeitsplätze mehr oder eine neue Beratungsstelle oder mehr an Information, damit die Menschen, die Bedarf haben, auch wissen, dass es dieses Angebot gibt, kostenlos.

Knapp ein Viertel mehr, das möchte ich immer wieder betonen! Knapp ein Viertel mehr – um 2,9 Millionen Euro hat die ÖVP das Budget für diese Familienberatungsstellen aufgestockt, rückwirkend ab Jahresbeginn. Knapp ein Viertel mehr! Ich freue mich darüber, auch wenn es mich traurig stimmt, dass wir solche Situationen haben. Ich freue mich über diese 2,9 Millionen Euro, die den Topf, der auch von Ländern und Gemeinden


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noch mitaufgestockt wird, auf über 60 Millionen Euro anwachsen lassen. – Danke schön. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Grünen.)

17.13


Präsidentin Doris Bures: Nun ist Frau Abgeordnete Ruth Becher zu Wort gemeldet. – Bitte.


17.13.42

Abgeordnete Mag. Ruth Becher (SPÖ): Frau Präsidentin! Frau Ministerin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Die Familie ist die Keimzelle der Gesellschaft, und daher können sich die Eltern in Österreich auch eine faire und ernsthafte Unterstützung erwarten. Doch die finanziell chronisch zu niedrig ausgestatteten Familienberatungs­stellen stellen ein eklatantes Problem dar: Nur ein Drittel der Familienberatungsstellen ist personell so ausgestattet, wie es auch notwendig ist. Dass es in Bezug auf die Kinderschutzzentren noch immer zu keiner klaren Kompetenzverteilung zwischen Ländern und Behörden gekommen ist, stellt natürlich ein weiteres Problem dar.

Ein sensibler Punkt ist die Kindergesundheit, und da zeigt die Stadt Wien, dass es trotz Sparsamkeit möglich ist, weitere Öffnungszeiten außerhalb der Spitalsambulanzen anzubieten. Es wird sehr viel mit den Primärversorgungszentren zusammengearbeitet.

Das Werkzeug für Kinderschutz, Gesundheitsschutz von Kindern ist ein erster Schritt, der, wie heute auch schon erwähnt wurde, 1974 unter der damaligen Gesund­heits­minis­terin Leodolter erfolgte. Der Entschließungsantrag fordert heute eine Weiterentwicklung des Eltern-Kind-Passes, der bis zum 18. Lebensjahr verlängert werden und Aspekte wie psychische Gesundheit, Ernährung, Schaffung von Therapiestationen, all diese Dinge berücksichtigen soll. Das ist natürlich ein sehr ambitionierter Ansatz, wenn man die zuerst genannten Versäumnisse der Bundesregierung im finanziellen Bereich mitbe­trachtet.

Insofern kann man auf die Umsetzung gespannt sein. Für eine sehr sinnvolle Gesund­heits­prävention gibt es seitens der SPÖ natürlich Unterstützung für diesen Entschließungs­antrag. – Vielen Dank. (Beifall und Bravoruf bei der SPÖ sowie Beifall bei den Grünen.)

17.15


Präsidentin Doris Bures: Als Nächster: Herr Abgeordneter Ralph Schallmeiner. – Bitte.


17.15.59

Abgeordneter Ralph Schallmeiner (Grüne): Frau Präsidentin! Sehr geehrte Kollegin­nen und Kollegen! Sehr geehrte Frau Minister! Sehr geehrte Damen und Herren zu Hause vor den Bildschirmen! Als Erstes noch eine Reaktion darauf, was da von den Kolleginnen und Kollegen der Sozialdemokratie gekommen ist: Ihr wisst aber schon, dass es erst vor Kurzem einen Antrag, nämlich einen grünen Antrag, im Wiener Landtag gegeben hat, die Mittel für die psychische Versorgung von Kindern und Jugendlichen um 10 Millionen Euro aufzustocken, und dieser Antrag wurde von euren Kolleginnen und Kollegen in Wien niedergestimmt. (Zwischenruf der Abg. Holzleitner.) Es wäre also durchaus auch möglich gewesen, hier in Wien entsprechend zu agieren (Beifall bei Abgeordneten von Grünen und ÖVP), aber ich weiß: Es soll immer alles der Bund erledigen, das sind wir ja schon gewohnt.

Kommen wir aber zum eigentlichen Thema zurück! Es geht jetzt auch um den Eltern-Kind-Pass. Es geht nicht um eine Umbenennung alleine, wie meine Kollegin Meri Disoski auch schon richtig dargelegt hat. Es geht nicht um den Namen alleine, sondern es geht auch um eine Weiterentwicklung. Es geht darum, eine bestmögliche Begleitung von Kindern, Eltern, egal in welcher Konstellation sich diese befinden, zu erreichen. Es geht


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darum, bestmögliche Versorgung sicherzustellen. Es geht darum, bestmögliche Gesund­heitsversorgung sicherzustellen, psychische, psychosoziale Versorgung sicherzustellen.

Und es geht auch darum, in Zukunft Aufklärung und Prävention entsprechend in den Fokus zu rücken, zum Beispiel wenn es um Aufklärung im Bereich Impfangebote geht. In Österreich gibt es momentan eine sehr schlechte Durchimpfungsrate gegen viele Krankheiten, und ich glaube, da könnte beispielsweise so ein Eltern-Kind-Pass ein entsprechendes Mittel sein – oder auch dann, wenn es zum Beispiel um Ernährung, Ernährungssicherheit et cetera geht, wenn es darum geht, aus Kindern, Jugendlichen mündige Erwachsene zu machen, die auch wissen, welche Eigenverantwortung es gerade in dem Bereich durchaus gibt. (Beifall bei Grünen und ÖVP.)

Es gibt aber auch noch einen anderen Blickwinkel aus unserer Sicht, aus grüner Sicht; meine Kollegin Meri Disoski hat es kurz angesprochen. Es geht auch darum, dass wir die Hebammen wieder in dieses Prozedere eingliedern. Die Hebammen scheiden jetzt im Endeffekt so nach der achten Lebenswoche des Babys aus dem Ganzen aus. Sie können sozusagen eine Schwangerschaft begleiten, sie könnten aber eigentlich viel mehr leisten. Sie hätten die Ausbildung dafür, nur dürfen sie sehr vieles eben nicht. Unser Ansinnen ist es, dass die Hebammen nicht nur während der Schwangerschaft als Begleitung wieder voll eingebunden werden, dass die eine oder andere ärztliche Untersuchung, die da momentan herumgeistert und wieder infrage gestellt wird, wieder die Hebammen übernehmen, sondern es geht auch darum, dass Hebammen auch nach der Geburt des Kindes unterstützend da sein können.

Dafür braucht es mehr Hebammen, und da sind vor allem die Länder in der Pflicht. Wir haben jetzt sieben FHs in Österreich, die Hebammen ausbilden. Es braucht mehr Plätze, wir brauchen viel, viel mehr Hebammen in Österreich. Es geht auch darum, entsprechend Praktikumsplätze an den Kliniken, an den Krankenhäusern zur Verfügung zu stellen, damit diese Ausbildung in entsprechender Qualität erfolgen kann.

Das sind die Herausforderungen. Wir werden uns ihnen stellen und dann natürlich das Gespräch mit den Kritikerinnen und Kritikern genauso wie mit allen anderen Stake­holdern aufnehmen. (Beifall bei Grünen und ÖVP.)

17.19


Präsidentin Doris Bures: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Claudia Plakolm. – Bitte.


17.19.23

Abgeordnete Claudia Plakolm (ÖVP): Frau Präsidentin! Geschätzte Frau Bundes­ministerin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Erlauben Sie mir eine kurze Zeitreise ins Jahr 1974! Der Abba-Song Waterloo schaffte es in die Charts, Hansi Hinterseer hat das Hahnenkammrennen gewonnen und zehn von uns 183 Abgeordneten sind in diesem Jahr 1974 auf die Welt gekommen.

Neben diesen erfreulichen Ereignissen gab es auch politisch viel zu tun – wir haben es schon gehört –: 1974 hatte Österreich die höchste Säuglingssterblichkeit in Westeuropa, und daraufhin wurde der Mutter-Kind-Pass eingeführt. Dieser leistet seither einen nicht mehr wegzudenkenden Beitrag für Gesundheit und Vorsorge, insbesondere während der Schwangerschaft, aber auch für Kinder.

Der Mutter-Kind-Pass ist eine wahre Erfolgsgeschichte: Die Sterblichkeit von Müttern und auch von Kindern ist seither enorm zurückgegangen, und nun beziehen wir auch Väter aktiv in die Gesundheitsvorsorge ihrer Kinder mit ein und entwickeln den Mutter-Kind-Pass weiter zum Eltern-Kind-Pass bis zum 18. Lebensjahr. (Beifall bei ÖVP und Grünen.) Damit wird ein weiterer Meilenstein aus dem Regierungsprogramm endlich umgesetzt.


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll111. Sitzung, 16. und 17. Juni 2021 / Seite 190

Wenn ich mich in meinem Freundeskreis umhöre, muss ich sagen: Viele wissen nicht, dass man auch im jungen Alter schon regelmäßig zur Vorsorgeuntersuchung gehen kann, und das zeigt, dass Gesundheit und Krankheit keine Fragen des Alters sind. Sie kennen kein Alter, und deswegen ist Gesundheitspolitik auch ganz klar Jugendpolitik. Mit dem neuen Eltern-Kind-Pass schaffen wir auch gleiche Chancen für alle: Alle Kinder und Jugendlichen haben damit den gleichen Zugang zur Gesundheitsversorgung, und so können Krankheiten früh erkannt und rechtzeitig behandelt werden.

Und wenn wir schon beim Thema Jugendgesundheit sind: Die psychosoziale Belastung bei Kindern und Jugendlichen hat während des letzten Jahres, insbesondere während der Lockdowns, deutlich zugenommen, das zeigen viele Studien. Unser neuer Gesund­heitsminister hat bei seiner Antrittsrede versprochen, dem Thema Kinder- und Jugend­gesundheit, der psychischen Gesundheit erste Priorität einzuräumen. Wir freuen uns auf die Ergebnisse, und vor allem freuen wir uns auf einen dringend notwendigen Ausbau der kassenfinanzierten Angebote für Kinder und Jugendliche. (Beifall bei ÖVP und Grünen.)

Auch das Thema Impfungen ist schon angesprochen worden, und dieses wird gerade in Zeiten wie diesen, in Wochen wie diesen unter Jugendlichen enorm diskutiert. Gerade in Wien mit einer rot-pinken Stadtregierung bringt man es offenbar nicht zusammen, dass man Jugendlichen eine Perspektive auf eine Impfung gegen Corona gibt. In vielen anderen Bundesländern funktioniert das seit Wochen sehr, sehr gut, da ist die Impfung seit Wochen für alle Altersgruppen freigeschaltet. Die Stadt Wien impft nach wie vor die Generation Ü50.

Wir haben in den letzten Monaten oft zurückstecken müssen, und auch wir Jugendliche waren es, die ab dem ersten Tag, ab dem 13. März 2020, in der Nachbarschaftshilfe, bei Blaulichtorganisationen und vielem mehr mitgeholfen haben, und deswegen freuen wir uns jetzt auf die Impfung, denn sie gibt uns Sicherheit, sie gibt uns Freiheit. Wir wollen uns endlich wieder mit Freundinnen und Freunden treffen, wir wollen fortgehen und wir wollen reisen.

Ich hoffe, die Zurückhaltung unseres Gesundheitsministers punkto Nachtgastroöffnung legt sich, denn eine sichere Öffnung von Bars und Clubs mit 3G-Regel sowie Con­tacttracing schützt uns Jugendliche weit mehr als das unkontrollierte Zusammen­kom­men an öffentlichen Plätzen. Mit Juli sollen definitiv Nachtgastro und Vereinsfeste endlich wieder möglich sein. (Beifall bei ÖVP und Grünen.)

Mit dem heutigen Beschluss fällt der Startschuss für mehr und bessere Kinder- und Jugendgesundheit. Ich hoffe, dieser Beschluss fällt – wie ja auch schon im Ausschuss – einstimmig.

Falls jemand aus den Reihen der FPÖ noch Zweifel hat, dann schlage ich auch gleich den Weg der FPÖ vor, den man ja in den letzten Wochen gerne genommen hat, wenn es bei gewissen Abstimmungen Uneinigkeit gegeben hat. In der FPÖ ist es Usus, dass man eine Sitzung früher verlässt, wenn einem nicht ganz klar ist, ob man auch der Parteilinie entsprechen will. So hat das euer oberösterreichischer FPÖ-Obmann Manfred Haimbuchner bei der Wahl von Herbert Kickl auch gemacht: Er hat die Sitzung frühzeitig verlassen und ist nach Oberösterreich heimgefahren. (Zwischenrufe bei der FPÖ.) Kaum wird es ernst, duckt sich die FPÖ also von der Verantwortung weg und glänzt mit Abwesenheit, wenn man keine gemeinsame Parteilinie zustande bringt. (Beifall bei ÖVP und Grünen.)

Wir hingegen sind hier, um zu arbeiten und in Österreich wieder etwas voranzubringen. – Vielen Dank. (Beifall bei ÖVP und Grünen.)

17.24

17.24.15



Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll111. Sitzung, 16. und 17. Juni 2021 / Seite 191

Präsidentin Doris Bures: Zu Wort ist dazu nun niemand mehr gemeldet. Damit ist diese Debatte geschlossen.

Wird seitens der Berichterstattung ein Schlusswort gewünscht? – Das ist nicht der Fall.

Ich frage die Klubs, ob wir gleich mit den Abstimmungen fortfahren können. – Dann gehe ich so vor.

Wir gelangen jetzt zu den Abstimmungen.

Abstimmung über den Tagesordnungspunkt 8, die dem Ausschussbericht 868 der Beilagen angeschlossene Entschließung betreffend „Weiterentwicklung des Mutter-Kind-Passes zu einem Eltern-Kind-Pass bis zum 18. Lebensjahr“.

Wer sich für diesen Entschließungsantrag ausspricht, den bitte ich um ein Zeichen. – Das ist einstimmig so angenommen. (181/E)

Abstimmung über den Tagesordnungspunkt 9: Antrag des Ausschusses für Familie und Jugend, seinen Bericht 869 der Beilagen zur Kenntnis zu nehmen.

Wer ist für diese Kenntnisnahme? – Das ist mit Mehrheit so angenommen.

Abstimmung über den Tagesordnungspunkt 10: Antrag des Ausschusses für Familie und Jugend, seinen Bericht 870 der Beilagen zur Kenntnis zu nehmen.

Wer für diese Kenntnisnahme ist, den bitte ich um ein Zeichen der Zustimmung. – Das ist mit Mehrheit zur Kenntnis genommen.

17.25.3611. Punkt

Bericht des Gleichbehandlungsausschusses über den Antrag 1619/A(E) der Ab­geordneten Dipl.-Kffr. (FH) Elisabeth Pfurtscheller, Mag. Meri Disoski, Kolleginnen und Kollegen betreffend der Erhebung über Geldmittel, die der Bund für Maß­nahmen in Bezug auf den Abbau von Gewalt gegen Frauen und Kinder, sowie für die Präventionsarbeit, inklusive Täterarbeit in den einzelnen Ministerien aufwen­det (892 d.B.)

12. Punkt

Bericht des Gleichbehandlungsausschusses über den Antrag 1642/A(E) der Abge­ordneten Gabriele Heinisch-Hosek, Kolleginnen und Kollegen betreffend Ende der Gewalt gegen Frauen! (893 d.B.)

13. Punkt

Bericht des Gleichbehandlungsausschusses über den Antrag 1610/A(E) der Abge­ordneten Henrike Brandstötter, Kolleginnen und Kollegen betreffend Informa­tions­kampagne und Sensibilisierungsmaßnahmen gegen Gewalt an Frauen (894 d.B.)

14. Punkt

Bericht des Gleichbehandlungsausschusses über den Antrag 1613/A(E) der Abge­ordneten Henrike Brandstötter, Kolleginnen und Kollegen betreffend Aufbrechen von Geschlechterstereotypen zur Gewaltprävention bei Männern (895 d.B.)



Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll111. Sitzung, 16. und 17. Juni 2021 / Seite 192

Präsidentin Doris Bures: Damit gelangen wir nun zu den Tagesordnungspunkten 11 bis 14, über welche die Debatten unter einem durchgeführt werden.

Auf eine mündliche Berichterstattung wurde verzichtet.

Als erste Rednerin gelangt Frau Abgeordnete Gabriele Heinisch-Hosek zu Wort. – Bitte.


17.27.08

Abgeordnete Gabriele Heinisch-Hosek (SPÖ): Frau Präsidentin! Frau Bundesminis­terin! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Ich glaube, dass es auch für den Herrn Finanzminister von großem Interesse sein sollte, wie, wofür und für wen wir in diesem Land Geld ausgeben. Es ist besonders für die Frauen und die Männer ganz wichtig, wie Geld ausgegeben wird.

Wir werden diesem ersten Ansinnen der Regierungsparteien unsere Zustimmung er­teilen, weil man ja nicht gegen eine Abfrage zum Thema: Wie viel Geld geben wir für den Gewaltschutz aus?, sein kann. Unserer Ansicht nach greift das aber unglaublich kurz, denn die isländische Regierung zum Beispiel hat jetzt alle dortigen Ressorts er­sucht, im Rahmen der Krise aufzulisten, nachzuschauen, wie ein Konjunkturpaket zur Wiederbelebung der Wirtschaft und des öffentlichen Lebens im Allgemeinen beiträgt, wie also diese Gelder den Männern und den Frauen zugutekommen.

Wir sind schon wieder einmal 17 Schritte hintennach und bitten jetzt die seit 21 Jahren tätige Interministerielle Arbeitsgruppe Gender Mainstreaming/Budgeting darum, die Ressorts anzurufen, abzufragen – anrufen steht zwar nicht im Antrag, aber abzufragen –, wie viel Geld wir für den Gewaltschutz ausgeben. Das ist zu kurz gegriffen – viel zu kurz gegriffen! –, weil uns ja auch der Budgetdienst in einer 90-seitigen Anfragebeantwortung Vorschläge gemacht hat – das ist eine kleine, sehr interessante Studie geworden, in der er vorschlägt –, dass wir beim Geldausgeben eigentlich schon bei der Datenlage, bei der Analyse schauen sollten, wie viel für Männer und für Frauen vorgesehen ist; jedes Ressort sollte das auch einem anderen Ressort erzählen, und diese sollten sehr vernetzt tätig sein und arbeiten, denn dann könnte man sehr schnell einen Gesamtüberblick be­kommen, wofür wir Geld ausgeben und welche Daten wir benötigen, die wir vielleicht noch nicht haben.

Ein Budget kann nämlich natürlich Unterschiede verstärken oder Unterschiede abbauen. Dieses Budget, diese unterschiedlichen Bedingungen, die Frauen und Männer in diesem Land vorfinden, bewirken natürlich, dass Macht ungleich verteilt ist – und wir gehen das nicht an.

Die Bundesregierung lässt für einen Bereich, der sehr wichtig ist, abfragen, wir wissen aber immer noch nicht, wie die 24,6 Millionen Euro im Groben aufgeteilt sind – das zwar schon, aber nicht, wann sie wohin ausbezahlt werden und wer wann davon auch pro­fitieren kann.

Sie kennen den Rückstau bei den Frauen- und Mädchenberatungseinrichtungen. Für diese ist kein Cent vorgesehen, außer sie sind vielleicht auch Familienberatungsstellen. Diese würden die Mittel dringend brauchen, damit sie diesen Rückstau an Beratungen abbauen können, damit Armut bei den Frauen vermieden werden kann, damit sie den Frauen juristische Beratung angedeihen lassen können. All das findet sich da nicht.

Es ist wieder einmal ein: Na ja, lassen wir halt einmal abfragen, wie viel Geld wir dafür auf­wenden! Es wäre aber genauso wichtig für die Vereinbarkeit, es wäre genauso wichtig für die Pflege, so wie Island es jetzt macht, nämlich zu überlegen, wofür wir in Zukunft Geld ausgeben wollen, damit niemand benachteiligt ist und Männer und Frauen gleicher­maßen bedient werden. Das fehlt, und das tut uns sehr leid. (Beifall bei der SPÖ.)

17.30



Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll111. Sitzung, 16. und 17. Juni 2021 / Seite 193

Präsidentin Doris Bures: Frau Abgeordnete Elisabeth Pfurtscheller ist die nächste Rednerin. – Bitte.


17.30.57

Abgeordnete Dipl.-Kffr. (FH) Elisabeth Pfurtscheller (ÖVP): Frau Präsidentin! Ge­schätzte Ministerin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Liebe Zuschauer und Zuschau­erinnen! Kollegin Heinisch-Hosek hat jetzt sehr profund erklärt, wie Genderbudgeting funktioniert. Herzlichen Dank dafür, an der Erklärung gibt es nichts auszusetzen!

Ja, wir machen jetzt einen ersten Schritt, Genderbudgeting umfasst natürlich viel mehr. Uns ist jetzt einmal wichtig, eine Zusammenschau zu bekommen, wie viel Geld von der österreichischen Bundesregierung für den Gewaltschutz ausgegeben wird. Der Gewaltschutz ist ein Thema, das uns ja schon sehr lange beschäftigt und gerade in den letzten Wochen und Monaten auch sehr emotional diskutiert worden ist. Uns wird immer wieder von der Opposition vorgehalten, wir würden zu wenig Geld ausgeben, es werden immer wieder Summen von der Opposition genannt, und wir möchten jetzt eine Zusam­menschau haben, um zu sehen, wie die einzelnen Ministerien agieren, wie viel Geld sie ausgeben. Wir hätten das gerne in einem Bericht mit einer Gesamtsumme.

Ja, natürlich, wir hätten das schon früher umsetzen können, Frau Kollegin. Sie haben gesagt: 21 Jahre. Ich kann mich erinnern, dass in dieser Zeit auch sehr viele Minis­terIn­nen der SPÖ dabei waren, Sie hätten es auch schon machen können. (Zwischenruf der Abg. Heinisch-Hosek.) Sie haben sich in den letzten Jahren damit beholfen, dass Sie bei allen Ministerien Anfragen dazu gestellt haben, und das ist ein sehr mühsamer Weg. Wir bekommen die Zahlen jetzt von der Imag zur Verfügung gestellt.

Warum ist das so wichtig? – Gewaltschutz ist eine Querschnittsmaterie, Gewaltschutz ist eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe, und deswegen brauchen wir auch eine Zu­sammenfassung und müssen wir wissen, wer wie viel Geld ausgibt und wer welche Maß­nahmen setzt. Und es geht nicht nur ums Geld, es geht vor allem auch um eine gute, um eine möglichst reibungslose Zusammenarbeit der unterschiedlichen Minis­te­rien.

Da müssen wir ansetzen, und wir haben dazu ständig Diskussionen und versuchen, Verbesserungen herbeizuführen, und man hat es jetzt auch gesehen: Mitte Mai wurde von der Regierung beschlossen, ein sehr großes Gewaltschutzpaket auf den Weg zu bringen: 24,6 Millionen Euro, eine sensationelle Summe, die es vorher noch nie gegeben hat! Man kann an der Zusammensetzung der einzelnen Positionen dieses Paketes er­kennen, dass mehrere Ministerien damit beauftragt und beschäftigt worden sind, und deswegen ist es gut für uns, zu wissen, wer was macht und wie viel Geld dafür ausge­geben wird.

Ich persönlich würde mir wünschen, dass man es in einem weiteren Schritt noch schafft, dass wir auch die Zahlen der Länder erhalten, denn Gewaltschutz ist, wie gesagt, eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe, und die Länder geben auch sehr viel Geld für Gewaltschutz aus. Wenn wir das alles zusammengefasst vorliegen haben, sind wir einen Schritt weiter, weil wir wissen, wo wir mit Verbesserungen ansetzen können.

Ich gebe zu, der Antrag ist jetzt kein Riesenantrag, aber im Sinne der Information für uns alle und im Sinne der guten Diskussionsbasis für uns alle, wo wir weitermachen wollen, ist er ein richtiger und ein wichtiger Antrag, und ich danke schon im Voraus für die breite Zustimmung. – Danke schön. (Beifall bei Abgeordneten der ÖVP sowie der Abg. Disoski.)

17.34


Präsidentin Doris Bures: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Rosa Ecker. – Bitte.



Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll111. Sitzung, 16. und 17. Juni 2021 / Seite 194

17.34.31

Abgeordnete Rosa Ecker, MBA (FPÖ): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Frau Minister! Geschätzte Zuschauer hier im Saal und zu Hause! Zu TOP 11, Regie­rungsantrag: Am Dialogforum Gewaltschutz unter dem Vorsitz von Kollegen Mahrer, bei dem alle Parteien vertreten waren, haben sich viele engagierte Mitarbeiter von Opfer­schutzstellen und von Beratungsstellen beteiligt, und diese machen sich alle berechtigte Hoffnungen auf entsprechende Unterstützung.

Ob das geschnürte Gewaltschutzpaket, das gute Ansätze hat, finanziell ausreicht – ich glaube es nicht. Es braucht dringend eine stabile Basisförderung, und das wurde dort auch genau so artikuliert.

Wir haben im Ausschuss von Frau Minister Raab gehört, wie denn das Geld aus dem Ge­waltschutzpaket verteilt wird, zum Beispiel 4 Millionen Euro für Gewaltpräven­tion/In­nenressort, 0,3 Millionen Euro für das Justizressort, 2 Millionen Euro für den Integra­tionsfonds. Ich habe schon im Ausschuss festgestellt: Man kann zu diesem Regie­rungs­antrag nur den Kopf schütteln. Sie verteilen Geld, ohne genau zu wissen, welches Res­sort wie viel an finanziellen Mitteln für den Gewaltschutz aufwendet. An sich gibt es ja dafür ein verhandeltes Budget, das nächste wird gerade wieder vorverhandelt, von jedem Ministerium.

Wir hören immer, es wurde und es wird so viel Geld für den Gewaltschutz investiert, und mit diesem vorliegenden Antrag erlaubt sich die Regierung, zu erheben, wie viel Geld der Bund für Maßnahmen zum Abbau von Gewalt gegen Frauen und Kinder sowie für Präventionsarbeit inklusive Täterarbeit in den einzelnen Ministerien aufwendet.

Das bedeutet, Sie wissen es nicht. Das ist die Kernaussage dieses Antrages: Sie wissen es nicht! Wie ist denn da eine zweckmäßige, zielgerichtete Projektarbeit möglich? Das ist mir schleierhaft, und es ist auch kein Wunder, wenn sich keine positive Tendenz zeigt.

Wir stimmen diesem Antrag wirklich nur zu, damit diese Wissenslücke endlich ge­schlossen wird. Wir werden begleitend auch Anfragen dazu stellen – schauen wir einmal, ob die Ergebnisse schlüssig und gleichlautend sind –, und wir erwarten uns wirklich rasche, sinnvolle und zielgerichtete Maßnahmen, um der Gewalt und den Morden an Frauen Einhalt zu gebieten.

Zum Antrag bezüglich Sensibilisierungskampagne und Gewaltprävention bei Männern muss klar gesagt werden: Die männerpolitische Grundsatzabteilung wurde von Bun­desminister außer Dienst Rudi Anschober still und heimlich aufgelassen. Genau diese Abteilung hatte als Agenda die Bewusstseinsbildung der Männer. Es braucht eine vernünftige Genderpolitik. Dazu muss man aber auch die Männer ins Boot holen, denn Männerpolitik nützt auch Frauen.

Probleme müssen an der Wurzel gepackt werden, mit Männern muss an gewaltfreier, konfliktfreier Lösungskompetenz gearbeitet werden, wo es notwendig ist, nämlich be­sonders am patriarchalischen Männerbild der Migranten. Ich weiß schon, da gibt es immer einen Aufschrei, aber vor dem Hintergrund der Tat eines 16-jährigen Afghanen, der laut Medienberichten – mittlerweile hat er auch gestanden – ein siebenjähriges Mädchen in Schärding vergewaltigt hat, sieht man, dass das dringendst notwendig ist. Vorher wegschauen und nachher groß entrüstet und erschüttert sein hilft überhaupt niemandem! Das Ziel muss sein, dass es keine nächste Tat gibt. (Beifall bei der FPÖ.)

17.38


Präsidentin Doris Bures: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Meri Disoski. – Bitte.



Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll111. Sitzung, 16. und 17. Juni 2021 / Seite 195

17.38.06

Abgeordnete Mag. Meri Disoski (Grüne): Frau Präsidentin! Frau Bundesministerin! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Werte Zuseherinnen und Zuseher! Österreich hat ein Problem mit Männergewalt und, nein, Kollegin Ecker, dieses Problem ist weder importiert, noch ist es religiös oder kulturell bedingt, dieses Problem wurzelt im Patri­archat, in patriarchalen Unterdrückungsstrukturen und -mechanismen. Das ist der Grund für Männergewalt – keine Religion, keine Ethnie, keine geografische oder sonstige Zugehörigkeit. Und solange diese Unterdrückungsstrukturen und -mechanismen existie­ren, so lange werden Feministinnen gemeinsam dagegen ankämpfen! (Beifall bei den Grünen sowie der Abg. Pfurtscheller.)

Unsere Aufgabe als PolitikerInnen, unsere Aufgabe als Feministinnen besteht darin, gute Rahmenbedingungen für die Opferschutzorganisationen zu schaffen, und die türkis-grüne Bundesregierung nimmt diese Aufgabe sehr ernst.

Das kann man von vorherigen Bundesregierungen so nicht behaupten: Von 2009 bis 2017 dümpelte das für den Gewaltschutz zentrale Frauenbudget bei zehn Komma bissel was zerquetschten Millionen dahin, und ja, die türkis-blaue Bundesregierung hat sogar diese Mittel gekürzt. Die jetzige Bundesregierung hat das geändert, wir holen auf, was vergangene Bundesregierungen verabsäumt haben. Schon im ersten gemeinsamen Budget haben wir die Mittel für Gewaltschutz, Gewaltprävention und auch für Opfer­schutz erhöht, signifikant erhöht, und das ressortübergreifend.

Zusätzlich haben wir mit unserem Koalitionspartner das größte Gewaltschutzpaket der letzten Jahrzehnte geschnürt: 24,6 Millionen Euro; wir haben es heute schon gehört. Was passiert damit? – Wir stärken die Opferschutzeinrichtungen, wir investieren in präventive Männer-, Väter- und Bubenarbeit, damit aus Buben und Männern erst gar keine Täter werden, und wir stärken den Schutz von Mädchen und Frauen vor Män­nergewalt, und zwar nachhaltig, weil jedes Mädchen, weil jede Frau das Recht auf ein gewaltfreies Leben hat. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Damit, Kolleginnen von der SPÖ, möchte ich mich Ihnen zuwenden. Sie haben Ende April im Gleichbehandlungsausschuss einen Antrag eingebracht, mit dem Sie 5 Millionen Euro für den Gewaltschutz gefordert haben. Sie haben Anfang Mai diese Forderung nach 5 Millionen Euro per Antrag nochmals wiederholt. 5 Millionen Euro! – Eine Woche später präsentiert die Bundesregierung ein Gewaltschutzpaket, das 25 Millionen Euro umfasst, das Fünffache der von Ihnen geforderten Summe! Und was macht die SPÖ? – Sie spricht von PR-Politik!

Wissen Sie, was PR-Politik ist? – Wenn man von anderen Dinge fordert, die man selber nicht hergebracht hat. Ich habe mir das in Vorbereitung auf die heutige Rede sehr genau angeschaut: Zwischen 2014 und 2017 gab es einen eklatanten Anstieg der Män­ner­gewalt in Österreich, und welche zusätzlichen Budgetmittel haben die damals von der SPÖ geführten Bundesregierungen zur Verfügung gestellt, um den Gewaltschutz ange­sichts dieser Entwicklungen zu stärken? Welche Mittel? – Ich sage es Ihnen: Keine. Nichts! Keine Erhöhung im Frauenbudget, kein Gewaltschutzpaket, absolut nichts. Und dann stellen Sie sich ernsthaft hier heraus und behaupten, die jetzige Bundesregierung würde nichts tun! (Beifall bei Grünen und ÖVP.)

Die NEOS wiederum fordern per Antrag eine Info- und Sensibilisierungskampagne gegen Männergewalt, nachdem die Bundesregierung eine solche im MinisterInnenrat schon beschlossen hat. Und Sie werfen uns Showpolitik vor, Kollegin von den NEOS? – Das verstehe ich nicht.

Zum Antrag, den Kollegin Pfurtscheller und ich gemeinsam eingebracht haben: In Dis­kus­sionen zu Gewaltschutz kursiert oft eine Zahl, diese Zahl lautet 14,65 Millionen Euro.


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll111. Sitzung, 16. und 17. Juni 2021 / Seite 196

So hoch ist das Budget des Frauenministeriums, nämlich – das dürfte sich mittlerweile herumgesprochen haben – vor dem großen Gewaltschutzpaket, das wir jetzt geschnürt haben; das ist nicht das gesamte Gewaltschutzbudget, das der Bund investiert. Bislang haben wir keine genauen Zahlen darüber gehabt, weil es diese Zusammenschau eben nicht gegeben hat. Das ändern wir mit dem Antrag.

Aber, und das möchte ich betonen, Gewaltschutz ist nicht nur eine Aufgabe des Bundes, auch die Bezirke, die Gemeinden, die Städte und auch die Bundesländer sind da in der Pflicht. Und manche kommen dieser Pflicht auch vorbildlich nach, so zum Beispiel Gabri­ele Fischer, die grüne Frauenlandesrätin in Tirol – sie hat im Vorjahr ein Gleichstellungs- und Gewaltschutzpaket in Höhe von 7 Millionen Euro präsentiert –, und die grüne Grazer Frauenstadträtin Judith Schwentner, die viele von Ihnen ja noch aus ihrer Zeit als Abge­ordnete hier im Hohen Haus kennen – ihr ist es gelungen, mehrjährige Basisfinan­zie­rungen für Frauen- und Mädchenberatungsstellen durchzusetzen. (Beifall bei den Grü­nen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Warum erwähne ich das? – Ich erwähne es – und ich komme damit auch schon zum Schluss, Frau Präsidentin –, weil aus meiner Sicht klar ist: Genau diesen Weg genau in diese Richtung müssen wir auch auf Bundesebene fortsetzen. Wenn wir von Gewalt­schutz sprechen, dann muss es doch unser gemeinsames Ziel sein, Kollegin Ecker, so wie Sie richtig sagen, langfristige Basisfinanzierungen für diese Opferschutzein­richtun­gen zu schaffen, damit sie ihre wichtige Arbeit, ihre wirklich wichtige Arbeit unter guten Rahmenbedingungen machen können und auch langfristig planen können. Dafür wer­den wir Grüne uns weiterhin einsetzen. PR- und Showpolitik überlassen wir anderen. – Danke schön. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

17.43


Präsidentin Doris Bures: Nun hat sich Frau Bundesministerin Karoline Edtstadler zu Wort gemeldet. – Bitte, Frau Ministerin.


17.43.08

Bundesministerin für EU und Verfassung im Bundeskanzleramt, betraut mit der Vertretung der Bundesministerin für Frauen, Familie, Jugend und Integration Mag. Karoline Edtstadler: Frau Präsidentin! Hohes Haus! Geschätzte Zuseherinnen und Zuseher! Erlauben Sie mir, zunächst auch von dieser Stelle aus meiner Kollegin Bundesministerin Susanne Raab alles Gute für die noch verbleibenden, hoffentlich ruhigen Tage und Wochen bis zur Geburt ihres ersten Kindes zu wünschen und mich gleichzeitig für das in mich gesetzte Vertrauen zu bedanken. Ich hoffe wirklich, dass sie die Zeit auch in Ruhe ihrer Familie widmen kann. (Beifall bei ÖVP und Grünen sowie bei Abgeordneten der NEOS.)

Zu den heute hier unter einem verhandelten Berichten aus dem Gleichbe­handlungs­aus­schuss ist natürlich einmal eines festzustellen: Alle drehen sich um Präventionsarbeit, um hoffentlich ein Ende der Gewalt gegen Frauen und Kinder, um die Reaktionen, die es braucht, um diese Gewaltbereitschaft an der Wurzel zu bekämpfen und im Keim zu ersticken und tatsächlich jedem zu seinem Recht zu verhelfen. Ich glaube, für alle sprechen zu können, wenn ich sage, dass jeder in diesem Land und darüber hinaus höchstes Interesse daran hat, dass wir alles tun – und ich möchte einen Schritt weiter gehen und sagen, wir in dieser Bundesregierung und auch in den Regierungen davor haben jeweils alles in unserer Macht Stehende getan –, um Gewalt und Gewalt­bereit­schaft entsprechend entgegenzuwirken.

Faktum ist aber auch, dass die Pandemie natürlich nicht unbedingt zu einer Entspan­nung gerade im Bereich der häuslichen Gewalt geführt hat. Deshalb ist es so wichtig gewesen, dass Bundesministerin Susanne Raab bereits während des ersten Lockdowns


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im Frühjahr 2020 den Fokus auf eine entsprechende Sensibilisierungsoffensive gelegt hat.

Ich darf nur eines herausgreifen, was mich persönlich ganz besonders berührt hat: die Maßnahme, dass man nicht nur per Telefon Hilfe in Anspruch nehmen kann, sondern das auch per SMS tun kann, was genau dann wichtig ist, wenn jemand in einem beengten Setting ist, die Wohnung nicht verlassen kann. Meine sehr geehrten Damen und Herren, das galt für die Pandemie ganz besonders, das gilt aber wohl in vielen Be­reichen auch nach der Pandemie, und zum Glück gibt es derartige Maßnahmen. Das halte ich für ganz, ganz wichtig. (Beifall bei Abgeordneten der Grünen.)

Jeder Frauenmord ist ein Frauenmord zu viel. Wir haben da leider schon in den letzten Jahren eine dramatische Entwicklung gesehen. Ich sage Ihnen das deshalb, weil ich das ganz besonders genau beobachtet, studiert habe und auch versucht habe, dagegen­zuwirken, als ich in meiner Zeit als Staatssekretärin im Innenministerium auch die Task­force Strafrecht geleitet habe. Umso schockierender ist es, wenn man hier Maßnahmen setzt und dennoch sieht, dass man die einzelnen Taten ganz offensichtlich nicht ver­hindern kann. Wichtig ist dann aber eine Reaktion.

Ganz besonders erschütternd war der Frauenmord Ende April, und die Bundesregierung hat – teilweise ist es auch schon angeklungen und gesagt worden – Akutmaßnahmen gesetzt. Es wurde unmittelbar danach ein Sicherheitsgipfel im Innenministerium abge­halten, mit der Justizministerin, dem Innenminister, der Frauenministerin, den neun Lan­despolizeidirektionen. Es wurde wenige Tage darauf, am 12. Mai, ein runder Tisch mit den Opferschutzeinrichtungen und auch mit Gesundheits- und Sozialminister Wolfgang Mückstein einberufen. Es gab das Maßnahmenpaket, das von einigen schon ange­sprochen worden ist, mit einer Erhöhung um 24,6 Millionen Euro für Gewaltprävention.

Ja, da kann man jetzt der Meinung sein, liebe SPÖ, dass das nichts oder zu wenig oder zu spät ist, aber ich sage Ihnen, das ist eine kräftige Erhöhung, und ich glaube, jede Opferschutzeinrichtung, die da Millionen mehr bekommt – auch wenn es aufgeteilt natürlich dann kleinere Beträge sind – ist dankbar dafür, weil sie damit Frauen länger und weiter, auch nach derartigen Taten, begleiten kann. Also eine ganz, ganz wichtige Maßnahme! (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Grünen.)

Ganz konkret zum TOP 11, bei dem es darum geht, die Gelder, die im Gewaltschutz, im Bereich der Präventionsarbeit ausgegeben werden, abzufragen, möchte ich auch in Richtung FPÖ sagen: Nein, es ist nicht so, dass wir nicht wissen würden, welches Geld wir für diese Dinge ausgeben, aber es ist einfach eine Querschnittsmaterie. Ich sage gleichzeitig, es ist eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe, gegen Gewalt aufzutreten, denn es beginnt nicht mit dem Mord, sondern es beginnt oft mit Worten, und da braucht es auch ein Umfeld, das dagegen auftritt. Wir werden aber in Entsprechung auch dieses eingebrachten Antrages erheben, welche Ressorts welche Gelder ausgeben, und zwar ganz konkret für den Abbau von Gewalt gegen Frauen und Kinder sowie für Präven­tions­arbeit inklusive der Täterarbeit, und zwar in der entsprechenden interministeriellen Arbeitsgruppe für Gendermainstreaming und Genderbudgeting, damit wir hier einen ganz klaren Überblick, auch Ihnen, geben können.

Viele weitere Maßnahmen sind gesetzt worden, und ich sage das deshalb, weil ich gegenteilige Darstellungen weder auf mir noch auf der Frauenministerin oder auch der Regierung sitzen lassen möchte. Ich erspare es Ihnen jetzt, dass ich hier alles vorlese, aber es gibt so unglaublich viele Maßnahmen, die in ihrer Gesamtheit, glaube ich, das ausmachen, was man hoffentlich am Ende zusammenfassend als erfolgreiche Arbeit gegen Gewalt an Frauen und Kindern bezeichnen kann, von der Stärkung der Anlauf­stellen für Frauen über einen Förderaufruf 2020 mit einem Volumen von 1,25 Millionen Euro für Projekte in diesem Bereich  Projekte, die im Jahr 2021 umgesetzt werden sollen 


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bis hin zur Opferschutzarbeit im Bereich der Täterarbeit, mir ein ganz besonderes Anlie­gen, und ich möchte auch betonen, dass das nicht in der Zuständigkeit der Frauen­minis­terin, sondern des Innenministers liegt. Ich sage es aber deshalb mit aller Deutlichkeit, weil ich es für eine ganz, ganz wesentliche Maßnahme halte, dass man auch bei der Täterarbeit ansetzt, und das auch ein wesentlicher Output der damaligen Taskforce Strafrecht war, die im dritten Gewaltschutzpaket gemündet hat. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Meine sehr geehrten Damen und Herren, man kann in diesem Zusammenhang nie genug tun, man kann nie früh genug dran sein, aber ich sage es noch einmal: Es ist eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe, die uns alle betrifft, auch im täglichen Miteinander, im täglichen Umgang, und auch dann, wenn man in der Schule, im Umfeld, im Verein oder im Ort etwas feststellt. Ich plädiere wirklich an alle von Ihnen, auch hier dafür einzutreten, dass wir nicht aufhören – auch nicht, wenn hoffentlich kein Frauenmord stattfindet –, über diese Thematik zu sprechen. Es ist mir persönlich – und ich weiß, auch der Frauenministerin – ein ganz besonderes Anliegen. – Vielen Dank. (Beifall bei ÖVP und Grünen.)

17.49


Präsidentin Doris Bures: Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Sabine Schatz. – Bitte.


17.49.54

Abgeordnete Sabine Schatz (SPÖ): Frau Präsidentin! Frau Bundesministerin! Sehr geehrte Damen und Herren! Ja, Sie haben es erwähnt, Frau Bundesministerin: Das Jahr ist noch nicht einmal halb um, und wir müssen schon 14 Frauenmorde in Österreich ver­zeichnen, 14 Femizide, und Femizide sind nur die Spitze des Eisbergs von Gewalt. Gewalt betrifft Frauen unabhängig von Alter, Herkunft, sozialer Stellung oder Religion. Gewalt gegen Frauen ist kein kulturelles oder Migrationsthema. (Beifall bei SPÖ und Grünen.) Gewalt gegen Frauen ist vielmehr Ausdruck von struktureller Ungleich­behand­lung und Ausdruck eines patriarchalen Systems. (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeord­neten der Grünen.)

Gewaltschutz – und das sage ich an dieser Stelle gerne immer wieder – bedarf endlich umfassender, kontinuierlicher Maßnahmen. Alle unsere konkreten Vorschläge und Anträge wurden leider im Ausschuss vertagt oder – so wie der Antrag, der jetzt vorliegt – abgelehnt, vertagt bis Sankt Nimmerlein und abgelehnt, wenn es dann umgesetzt wird. Das werden wir auch zu einem späteren Zeitpunkt noch einmal diskutieren.

Und ja: Es ist grundsätzlich zu begrüßen, dass die Regierung von ÖVP und Grünen jetzt aktiv geworden ist und ein Gewaltschutzpaket angekündigt hat. Ich glaube, die Serie an Frauenmorden und der konsequente Druck von uns als Oppositionsparteien waren dafür auch mitausschlaggebend. Wir wissen aber auch, dass es besorgte Kritik von den Ge­walt­schutzeinrichtungen, Kritik vom Frauenring gibt, die dieses Paket als Mogelpackung bezeichnen und viel, viel, viel mehr Geld einfordern, um tatsächlich die notwendigen konkreten Maßnahmen zur Erfüllung der Istanbulkonvention umzusetzen.

Eines ist klar: Beratungs- und Gewaltschutzeinrichtungen brauchen rasch und kontinu­ierlich Mittel, auch für Planbarkeit. Während Frauen- und Mädchenberatungsstellen bei diesem Paket wahrscheinlich wieder leer ausgehen werden, gibt es – und, Frau Ministerin, Sie haben es jetzt auch erwähnt – wieder Projektausschreibungen in der Höhe von 3,6 Millionen Euro. Die Frauenberatungsstellen beklagen das aber verständ­licherweise, weil sie nicht in der Lage sind, in dieser kurzen Zeit Projekte mit einer Mindestprojektfördersumme von 80 000 Euro und der notwendigen Kofinanzierung auf­zu­stellen. Es ist für normale, kleine Frauenberatungseinrichtungen nicht möglich, Projekte


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entsprechend aufzustellen, und deswegen kommt das Geld nicht dort an, wo es drin­gend notwendig ist, nämlich unten an der Basis. (Beifall bei der SPÖ sowie der Abg. Brandstötter.) Wir müssen weg von dieser Projektförderung hin zu kontinuier­licher, plan­barer und verfestigter Basisförderung für diese Einrichtungen.

Wir fordern in unserem Antrag, den Sie heute ablehnen, unter anderem den strukturellen Austausch mit den Bundesländern im Gewaltschutz. Gerade was die Frauenhäuser betrifft, sind die Länder zuständig.

Wenn wir uns die Zahl der notwendigen Frauenhausplätze laut der Istanbulkonvention anschauen: Da erfüllt alleine Wien die Vorgabe bezüglich der Frauenhausplätze. In Oberösterreich bekommen wir jetzt durch Soziallandesrätin Birgit Gerstorfer drei zusätz­liche Frauenhäuser: im Salzkammergut, im Mühlviertel und in Braunau. Das ist Ge­waltschutz, der wirkt. Bitte unterstützen Sie uns auch in diesen Anliegen! – Vielen herz­lichen Dank. (Beifall bei der SPÖ sowie der Abg. Disoski.)

17.53


Präsidentin Doris Bures: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Henrike Brandstötter. – Bitte.


17.53.31

Abgeordnete Henrike Brandstötter (NEOS): Sehr geehrte Frau Bundesminister! Kolleginnen und Kollegen! Liebe Zuseher daheim vor den Bildschirmen! Vielleicht hat ja der eine oder andere von Ihnen früher einmal „Bravo“ gelesen. Jüngere kennen vielleicht das Heft aus den Erzählungen der Eltern. Aktuell geistert ein sehr verstörender Aus­schnitt aus einem Heft aus dem Jahr 1975 durch die sozialen Netzwerke. Da berichtet Christl aus Österreich in einem Brief an den berühmten Dr. Sommer davon, dass sie sich immer wieder vor ihrem Vater ausziehen muss. Sie schreibt, wenn sie Geld für einen Klassenausflug oder für andere Kleinigkeiten braucht, sagt er, er wird ihr alle Sachen kaputt schlagen und er wird sie rausschmeißen.

So, und was antwortet Dr. Sommer, diese unangreifbare Instanz für das Liebesleben der Teenager der Siebziger- und Achtzigerjahre? – Dr. Sommer antwortet: Hab dich nicht so! Das bildest du dir nur ein. Such dir einen echten Freund und lass deinen Vater in Ruhe, denn dein Vater hat es echt schwer!

Diese Szene ist natürlich aus den Siebzigerjahren, man fragt sich aber vielleicht: Wie geht es den Frauen heute, wenn sie Hilfe brauchen? – Der Grevio-Evaluierungsbericht des Europarates zeigt das sehr deutlich auf. Ich zitiere: „Im Vergleich zu Frauen aus anderen EU-Ländern, sind österreichische Frauen am wenigsten über Kampagnen zum Thema Gewalt gegen Frauen in ihrem Land informiert, was auf eine dringende Not­wendigkeit öffentlicher Sensibilisierungsmaßnahmen schließen lässt.“

Dieser berechtigten Kritik wollten wir NEOS uns anschließen und ihr mit einer Infor­mations- und Sensibilisierungskampagne begegnen. Es geht darum, das Bewusstsein zu schärfen, was akzeptabel ist und was nicht. Unser diesbezüglicher Antrag wurde von ÖVP und Grünen abgelehnt.

Sie haben auch einen weiteren Antrag abgelehnt, nämlich jenen, der Maßnahmen zur Gewaltprävention bei Männern gefordert hat. Patriarchale Denkmuster gelten ja als eine der häufigsten Ursachen geschlechtsspezifischer Gewalt. Ebendiese gesellschaftlich tief verwurzelten Ursachen von Gewalt gegen Frauen gilt es zu überwinden, und dafür braucht es ein nachhaltiges Aufbrechen der stereotypen Geschlechterrollen, und zwar gesamtgesellschaftlich und von Kindesbeinen an. Ja, auch da will man keinen Euro in die Hand nehmen, um das Problem an der Wurzel zu packen. (Abg. Pfurtscheller: Das stimmt nicht! Das stimmt nicht! ...!)


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll111. Sitzung, 16. und 17. Juni 2021 / Seite 200

Vielleicht sehen Sie ja auch gar kein Problem. Da kann ich Ihnen wirklich nur mitgeben: Dr. Sommer war im Vergleich zu Ihnen, liebe Damen und Herren in der Regierung, ein hochkompetenter, sensibler, mitfühlender Experte.

Abschließend möchte ich natürlich auch an dieser Stelle Bundesministerin Susanne Raab die besten Wünsche ausrichten. Ich hoffe, dass sie die Zeit sehr genießen kann. – Vielen Dank. (Beifall bei den NEOS.)

17.56


Präsidentin Doris Bures: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Norbert Sieber. – Bitte.


17.56.42

Abgeordneter Norbert Sieber (ÖVP): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Frau Ministerin! Hohes Haus! Wir diskutieren hier ein sehr ernstes, ein trauriges Thema: die Gewalt an Frauen und die Femizide, diese Frauenmorde, die in diesem Jahr bereits stattgefunden haben. Ich glaube, ich spreche im Namen aller, wenn ich sage, dass jeder einzelne dieser Morde uns betrifft, uns traurig, aber auch zornig macht.

Viel Richtiges wurde bereits gesagt. Männer sind die Aggressoren, aber, meine Damen und Herren, es braucht einen differenzierten Blick auf diese Männergewalt. So sind wir Männer nicht. Diesen pauschalen Vorwurf weise ich zurück. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Grünen.)

Ich kenne in diesem Haus keinen Mann, dem ich zutrauen oder unterstellen würde, dass er in einer derartigen Weise auf Frauen zugeht. Ich kenne in meinem Umfeld, in meinem Bekanntenkreis keinen Mann, der in einer derartigen Weise auf Frauen zugehen würde. Dennoch sage ich: Ja, die Programme sind wichtig und richtig, damit wir da genau und schonungslos hinsehen – bitte auch wirklich mit einem offenen Blick hinschauen: Wo sind diese Strukturen, die Sie beklagen, Frau Brandstötter? Wo sind diese Strukturen? –, damit wir da wirklich genau hinsehen und auch benennen, wo diese Strukturen sind. (Zwischenruf der Abg. Brandstötter.) Ich sage Ihnen: So sind wir Männer nicht! (Beifall bei der ÖVP. – Abg. Brandstötter: Ja, leider schon! ...!)

Meine Damen und Herren, es ist vollkommen richtig und gut, dass die Regierung gleich einen Maßnahmenplan erlassen hat. Mir ist vollkommen klar, es kann immer ein bisschen mehr sein und könnte, sollte vielleicht auch mehr sein. Es ist aber ein ambitionierter Maß­nahmenplan, der in vielen Bereichen wirkt. Für die Stärkung der Gewaltschutzeinrich­tungen sind es 5 Millionen Euro, für die Beratungsstellen zur Gewaltprävention 4 Millionen Euro, für Aufstockung von Familienberatungsstellen und Ausbau und Ab­sicherung der Kinderschutzzentren – mir persönlich besonders wichtig – weitere 3 Mil­lionen Euro, für Stärkung von Frauen mit Migrationshintergrund weitere 3 Millionen Euro, für Gewaltprävention und Kampagnen gegen Männergewalt – über die Sie, Frau Brandstötter, gerade gesagt haben, das finde nicht statt (Zwischenruf der Abg. Brandstötter) – weitere 4 Millionen Euro, 0,3 Millionen Euro für Antigewalt- und Affekt­kontrolltrainings, gerichtlich angeordnete Antigewalttrainings, Stärkung der Fami­lien­gerichtshilfe, Stärkung der juristischen und psychosozialen Prozessbegleitung – in Sum­me ein Betrag von 24,6 Millionen Euro. Ich glaube, das ist ein Maßnahmenpaket, das sich sehen lassen kann und das sicherlich auch entsprechenden Erfolg verzeichnen wird.

Meine Damen und Herren, ich sage zum Abschluss noch einmal: So sind wir Männer nicht. Treten wir aber entschieden gegen diese Gewalt an Frauen gemeinsam auf! (Bei­fall bei der ÖVP. – Ruf bei der SPÖ: Leider sind ... so!)

18.00



Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll111. Sitzung, 16. und 17. Juni 2021 / Seite 201

Präsidentin Doris Bures: Frau Abgeordnete Romana Deckenbacher ist die nächste Rednerin. – Bitte.


18.00.16

Abgeordnete Mag. Romana Deckenbacher (ÖVP): Frau Präsidentin! Frau Bundes­minister! Hohes Haus! Sehr geehrte Zuseherinnen und Zuseher! Als die Einsatzkräfte eintrafen, lag die 35-jährige zweifache Mutter regungslos am Boden. Kurze Zeit später verstarb sie. – Geschehen im April dieses Jahres in meinem Wohnbezirk in der Brigittenau in Wien. Es war damals bereits der neunte Frauenmord, den wir in Österreich in diesem Jahr beklagen mussten.

Die Frau Bundesminister hat es heute schon ausgeführt: Gewaltschutz ist eine Quer­schnittsmaterie, ist ressortübergreifend und ist vor allem eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe von uns allen.

So hat die Bundesregierung sofort ein Maßnahmenpaket für Opferschutz, Gewaltschutz und Prävention beschlossen, und man kann da mit Recht von einer der größten Initiativen der letzten Jahrzehnte sprechen, nämlich in der Höhe von 24,6 Millionen Euro. Diese zusätzlichen Mittel werden für die Stärkung von Gewaltschutzeinrichtungen, für die Aufstockung von Familienberatungsstellen und den Ausbau und die Absicherung von Kinderschutzzentren eingesetzt. Und ja, auch zur Stärkung von Frauen und Mädchen mit Migrationshintergrund werden in ganz Österreich Projekte gegen sexuelle Gewalt gefördert und auch Unterstützungsangebote für von Zwangsheirat betroffene Frauen geschaffen.

Jede Frau und jedes Mädchen soll wissen, dass sie/es Unterstützung bekommt und dass es einen Zufluchtsort gibt. Deshalb werden Sensibilisierungskampagnen betreffend Gewalt an Frauen intensiviert.

Die Frage, warum es immer wieder zu Gewalt gegen Frauen und Kinder, zu Morden kommt, lässt sich nur schwer beantworten. Wenn man mit Betroffenen spricht, zeigt sich aber, das vielen Frauen der Mut fehlt, zuständige Stellen aufzusuchen, nämlich aus Angst, ihr Zuhause oder ihre Kinder zu verlieren, oder auch aus Angst, aus ihren Fa­milien ausgegrenzt zu werden, denn das ist für Frauen mit Migrationshintergrund oft das einzige soziale Netzwerk, das sie haben.

Im Rahmen des Gewaltschutzpaketes werden zum Beispiel auch dem Österreichischen Integrationsfonds ungefähr 2 Millionen Euro zur Verfügung gestellt. Der ÖIF leistet wirk­lich wesentliche Arbeit, etwa mit Wertekursen, zur Aufklärung, zur Information und somit auch zur wichtigen Integration.

Es werden Projekte finanziert, um Frauen die Möglichkeit zu geben, sich wieder in den Arbeitsmarkt zu integrieren und somit eine wirtschaftliche Unabhängigkeit zu schaffen, und diese Frauen sollen und können dann auch Vorbilder für ihre Kinder sein.

An dieser Stelle möchte ich noch einmal sagen, wie wichtig Bildung in diesem Zu­sam­menhang ist. Bildung ist die Basis für eine wirtschaftliche Unabhängigkeit, für gute Berufsausbildung, für ein selbstständiges Leben.

Es liegt in unserer Verantwortung, auch weiterhin der Gewalt keinen Platz zu geben und den Betroffenen jegliche Form von Unterstützung zukommen zu lassen. Finanzielle Mittel sind wichtig, selbstverständlich, um Projekte umsetzen zu können, aus meiner Sicht ist es aber nicht weniger wichtig, auch darauf zu achten, dass wir als Teil der Gesellschaft richtig miteinander umgehen, vor allem darauf, wie wir miteinander um­gehen, nämlich in unserem privaten, beruflichen, aber auch politischen Leben. – Danke. (Beifall bei der ÖVP sowie der Abg. Disoski.)

18.04



Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll111. Sitzung, 16. und 17. Juni 2021 / Seite 202

Präsidentin Doris Bures: Als Nächster gelangt Herr Abgeordneter Michael Bernhard zu Wort. – Bitte.


18.04.13

Abgeordneter Michael Bernhard (NEOS): Lieber Herr Kollege Sieber! Ich habe mich wegen deiner Rede zu Wort gemeldet. Du hast gesagt: „So sind wir Männer nicht“, im Zusammenhang mit dem Thema Gewalt gegen Frauen.

Ich muss dir sagen: Aus der einzelnen Perspektive desjenigen hat man natürlich die Empfindung, wir sind nicht so. Aber wenn du dich hier herausstellst und sagst: „So sind wir Männer nicht!“, leistest du uns Männern einen Bärendienst, und den Frauen ganz besonders. (Beifall bei NEOS und SPÖ.)

Wir wissen, jede fünfte Frau in unserem Land wird irgendwann in ihrem Leben Opfer von sexualisierter Gewalt – und da sind psychische Gewalt und nichtsexualisierte Gewalt noch gar nicht dabei. Das bedeutet, wir haben ein großes Thema.

Das Wichtigste, was die Männer, die für sich selbst in Anspruch nehmen, dass sie nicht Teil des Problems sind, tun können, ist, das Thema offen anzusprechen und nicht pauschal für einen Raum, in dem sie die Hälfte der Leute nicht gut kennen, zu sagen: Da schaut mir keiner so aus, als würde er es tun; in meinem Bundesland kenne ich keinen, der das tun würde.

Ich weiß, dass du es anders gemeint hast, und es ist keine Kritik, aber ich sage dir: Wenn wir in Zukunft anders leben wollen als jetzt und Frauen in unserer Gesellschaft eine gewaltfreie Perspektive bieten wollen, dann müssen wir immer offen über Themen reden und sollten nie pauschal andere in Schutz nehmen, für die wir nicht sprechen können. (Beifall bei den Neos und bei Abgeordneten der Grünen.)

18.05


Präsidentin Doris Bures: Zu einer tatsächlichen Berichtigung liegt mir eine Wort­meldung von der Abgeordneten Meri Disoski vor. – Bitte. Sie kennen die Bestimmungen der Geschäftsordnung.


18.05.58

Abgeordnete Mag. Meri Disoski (Grüne): Kollegin Brandstötter hat in ihrer Rede hier behauptet, dass die Bundesregierung keine Mittel für öffentliche Sensibilisierungs- und Informationskampagnen gegen Männergewalt und auch keine Mittel für Gewaltprä­ventionsmaßnahmen bei Männern zur Verfügung stellen würde.

Ich berichtige tatsächlich: Laut Ministerratsvortrag, den die Bundesregierung am 12.5. beschlossen hat, betragen die genau dafür zur Verfügung gestellten Mittel 4 Millionen Euro. (Beifall bei Grünen und ÖVP.)

18.06


Präsidentin Doris Bures: Mir liegt nun zu diesen Tagesordnungspunkten keine Wort­meldung mehr vor. Daher schließe ich diese Debatte.

Wird seitens der Berichterstattung ein Schlusswort gewünscht? – Das ist nicht der Fall.

Wie vereinbart verlege ich die Abstimmung an den Schluss der Verhandlungen über die Vorlagen des Gleichbehandlungsausschusses.

18.06.5015. Punkt

Bericht des Gleichbehandlungsausschusses über den Antrag 1594/A(E) der Ab­geordneten Dr. Ewa Ernst-Dziedzic, Nico Marchetti, Kolleginnen und Kollegen


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll111. Sitzung, 16. und 17. Juni 2021 / Seite 203

betreffend Schutz von intergeschlechtlichen Kindern und Jugendlichen vor medi­zinisch nicht notwendigen Behandlungen an den Geschlechtsmerkmalen (896 d.B.)

16. Punkt

Bericht des Gleichbehandlungsausschusses über den Antrag 1643/A(E) der Abgeordneten Eva Maria Holzleitner, BSc, Kolleginnen und Kollegen betreffend Recht und Würde intergeschlechtlicher Kinder dürfen nicht weiter verletzt werden (897 d.B.)

17. Punkt

Bericht des Gleichbehandlungsausschusses über den Antrag 1600/A(E) der Abge­ordneten Mag. Yannick Shetty, Kolleginnen und Kollegen betreffend Kon­versions­therapien stoppen – einstimmigen Entschließungsantrag aus 2019 endlich um­setzen (898 d.B.)


Präsidentin Doris Bures: Wir gelangen zu den Punkten 15 bis 17 der Tagesordnung, über welche die Debatten unter einem durchgeführt werden.

Da auf eine mündliche Berichterstattung verzichtet wurde, gelangt Herr Abgeordneter Mario Lindner gleich zu Wort. – Bitte.


18.08.02

Abgeordneter Mario Lindner (SPÖ): Lassen Sie mich mit etwas Positivem beginnen. Die letzte Sitzung des Gleichbehandlungsausschusses hat gezeigt, was alles möglich wäre. Wir haben mit einem guten Dutzend von Anträgen mitten im Pridemonat gesehen, welche Baustellen vor uns liegen und was wir gemeinsam schaffen könnten. Ich möchte mich ganz explizit für die gute Gesprächsbasis mit allen Fraktionen bedanken.

Also ja, im Gleichbehandlungsausschuss wäre viel möglich, aber kaum etwas wird tatsächlich geschafft. Das liegt zuallererst einmal daran, wie die Regierungsfraktionen ÖVP und Grüne mit den Forderungen umgehen, die wir diskutieren. Egal, ob es um LGBTIQ-Jugendarbeit oder das Levelling-up geht, die Regierung lehnt ab oder vertagt. Nicht einmal ein Hearing zum Diskriminierungsschutz war möglich. Obwohl die gesamte Opposition dafür war, hat die Regierung einfach abgelehnt.

Wir bekommen bei den meisten Forderungen einfach zu hören: Regt euch nicht auf, wir arbeiten eh, die Regierung plant dazu etwas!, doch passiert am Ende des Tages de facto nichts, und das ist enttäuschend.

Voller Diskriminierungsschutz, Vorgehen gegen die homophoben Regierungen in Polen und Ungarn, ein nationaler Aktionsplan gegen Hass, sexuelle Bildung in den Schulen und so weiter – all das haben ÖVP und Grüne in den letzten Monaten abgelehnt oder vertagt. Diese Politik des Aussitzens, des Wegschauens und der Ausreden hat sich die LGBTIQ-Community in Österreich einfach nicht verdient. (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der NEOS.)

Heute werden wir zwei Entschließungsanträge beschließen, und das ist gut. Auch da setzt sich aber das Muster des Aufschiebens durch. Betreffend das Verbot von Opera­tionen an intergeschlechtlichen Kindern wurde unser Antrag einfach abgelehnt. Dieser fordert nicht wie jener der Regierungsfraktionen nur Maßnahmen und mögliche gesetzliche Lücken, sondern ein handfestes gesetzliches Verbot von nicht notwendigen Operationen. Ich frage Sie: Warum soll die Regierung nicht einfach rasch ein ge­setz­liches Verbot vorlegen, statt unverbindlich zu prüfen? Hören Sie doch endlich auf, so zu


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll111. Sitzung, 16. und 17. Juni 2021 / Seite 204

tun, als hätten wir ein Ziel erreicht, wenn wir im besten Fall gerade einmal zwei Meter über der Startlinie sind!

Das gleiche Muster sehen wir bei der Konversionstherapie 2019. 2019 hat dieses Haus genau das getan, was Sie heute wiederholen: einen Entschließungsantrag einstimmig beschlossen. Wir brauchen aber keine weiteren Aufforderungen an die Regierung, sondern endlich ein Gesetz! (Beifall bei der SPÖ.)

Liebe KollegInnen von der ÖVP und den Grünen, es geht uns aber um die Sache. Deshalb hat die SPÖ Ihre Arbeit für Sie erledigt und einen fertigen Gesetzesvorschlag zum Verbot von gefährlichen Konversionstherapien vorgelegt. Mein Appell an Sie lautet heute: Lassen Sie das Aufschieben und die Ausreden sein! Tun wir endlich etwas, was das Leben von LGBTIQ-Personen wirklich verbessert, beschließen wir das gesetzliche Verbot von Konversionstherapien noch vor dem Sommer!

Die SPÖ wird deshalb morgen einen Fristsetzungsantrag einbringen. Gehen Sie bis dahin in sich und stimmen Sie morgen zu! Wir haben dann einen Monat Zeit, um dieses Gesetz im Justizausschuss auf Augenhöhe zu diskutieren und Änderungen einzubauen, wenn es nötig ist. Wenn Sie es mit dem Verbot von Konversionstherapien wirklich ernst meinen, dann beschließen wir es noch vor dem Sommer – dann hat diese Regierung endlich einmal wirklich etwas für die LGBTIQ-Community geschafft. – Happy Pride! (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der Grünen.)

18.11


Präsidentin Doris Bures: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Nico Marchetti. – Bitte.


18.12.09

Abgeordneter Nico Marchetti (ÖVP): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Frauen Ministerinnen! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Wir haben nun sehr viel über diese Themen diskutiert, und ich habe ja auch mehrfach betont, dass es da wirklich um gesellschaftspolitische Fragen und um sensible Themen geht, bei denen man sich durchaus Zeit nehmen darf, darüber zu diskutieren.

Wir sind 71 Abgeordnete bei der ÖVP – der eine oder andere mag Ihnen sympathischer oder unsympathischer sein, das sei Ihnen unbenommen, man darf aber nicht vergessen, dass diese 71 Abgeordneten für 1 789 417 Wählerinnen und Wähler stehen. Ich glaube, es ist legitim, dass wir als größte Fraktion in diesem Haus und als die einzig wahre Volkspartei, die alle Breiten und Regionen dieses Landes abdeckt, festhalten, dass es unterschiedliche Lebensrealitäten gibt. Ich habe das Gefühl, wir diskutieren manchmal so, als gäbe es nur die eigene Realität des Abgeordneten und als wäre alles andere irgendwie unvorstellbar und schlimm.

Diesen Zugang habe ich nicht. Ich bin der Meinung, wir in diesem Haus haben die Ver­antwortung, all die unterschiedlichen Lebensrealitäten unter einen Hut zu bringen, um möglichst für alle gute Entscheidungen zu treffen. (Beifall bei der ÖVP und bei Abge­ordneten der Grünen.)

Im Grundsatzprogramm der ÖVP steht: Wie Menschen ihr Leben gestalten und welche Lebensentwürfe sie verfolgen, liegt in ihrer freien Entscheidung.“ Daraus abgeleitet sage ich auch, es hat sich nicht nur ein Homosexueller/eine Homosexuelle Respekt verdient, es hat sich genauso ein gläubiger Katholik, jemand, der ein anderes Lebensmodell hat, etwas anderes als richtig empfindet, diese Akzeptanz verdient. (Zwischenruf bei der SPÖ.) Ich habe diese Debatten immer auch ein bisschen als ein Gegeneinan­deraus­spielen empfunden. Ich bin der Meinung, jede Lebensrealität soll eine Berechtigung haben. Jeder soll leben können, wie er möchte; und das sollte man nicht nur für sich selbst in Anspruch nehmen, sondern man sollte respektieren, wenn andere Lebens­entwürfe haben, und diese genauso respektvoll behandeln. (Beifall bei der ÖVP.)


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll111. Sitzung, 16. und 17. Juni 2021 / Seite 205

Als größte Fraktion in diesem Haus haben wir nicht nur quasi das Abbilden von vielen Lebensrealitäten als Aufgabe, wir haben auch die Verantwortung, Lösungen für Prob­leme zu finden, und genau das tun wir heute. Erstens nehmen wir uns dem Thema des Schutzes von intergeschlechtlichen Kindern und Jugendlichen vor medizinisch nicht notwendigen Behandlungen an den Geschlechtsmerkmalen an. Das Thema wurde lange diskutiert, und ich bin sehr, sehr froh, dass wir heute einstimmig – alle Fraktionen – einen Beschluss fassen und bei diesem Thema endlich weiterkommen.

Das zweite Problem, das wir heute lösen möchten, sind die Konversionstherapien. Wir haben es schon angesprochen: Therapien und alles, was damit zu tun hat, Seelsorge und persönliche Gespräche, sind ganz, ganz sensible Dinge. Ich glaube, wir haben nun einen guten Arbeitsauftrag für eine Regierungsvorlage formuliert, in dem genau das drinsteht, was wir möchten, und der vor allem noch weiter geht als der Ursprungsantrag von Kollegen Shetty, weil wir nicht nur die Ausübung, sondern auch die Durchführung, Bewerbung und Vermittlung von Maßnahmen und Techniken, die das Ziel einer Umpo­lung haben, berücksichtigen. Wir beschränken uns auch nicht nur auf Minderjährige, sondern wir haben wie in Deutschland auch Volljährige, deren Einwilligung auf Willens­mangel beruht, mitberücksichtigt. Ich glaube, wir haben uns da wirklich auf eine gute Lösung verständigt, und ich glaube, Politik mit der geballten Faust ist nicht so gut wie Politik mit der geöffneten Hand. Es hat sich schließlich wieder herausgestellt, dass man so zu besseren Lösungen kommt. Genau deswegen werden wir auch diesen Antrag heute einstimmig beschließen, und das ist sehr, sehr gut so. (Beifall bei ÖVP und Grünen.)

Es wurde von verschiedenen Stellen auch immer wieder thematisiert, dass es halt nicht überall so einen schon sehr guten Schutz für die LGBTIQ-Community gibt wie in Öster­reich. Schauen wir zum Beispiel nach Ungarn: Dort ist am 15.6. ein Gesetz beschlossen worden, das unserer Meinung nach nicht dem entspricht, wie wir glauben, dass man mit dieser Gruppe umgehen sollte, und zwar wurden Homosexuelle mit Pädophilen gleich­gesetzt. Ich glaube, dieses Gesellschaftsbild haben wir schon lange hinter uns, und deswegen bringe ich heute folgenden Antrag ein:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Nico Marchetti, Dr. Ewa Ernst-Dziedzic, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Schutz der LGBTIQ-Rechte in Europa“

Der Nationalrat möge beschließen:

„Die Bundesregierung, insbesondere der Bundesminister für europäische und inter­natio­nale Angelegenheiten, die Bundesministerin für EU und Verfassung sowie die Bundes­ministerin für Justiz werden aufgefordert, sich auf europäischer und bilateraler Ebene für den Schutz und die Verbesserung der Situation von LGBTIQ-Personen in Europa einzusetzen, sowie im Sinne des österreichischen Engagements für Menschenrechte diese Frage auf europäischer Ebene, in den bilateralen Beziehungen [...] zu thema­tisieren.“

*****

Vielen Dank auch, liebe Ministerin Edtstadler, dass Sie vorhin schon persönlich zuge­sichert haben, dass Sie das auch entsprechend engagiert tun werden.

In diesem Sinne ist es vielleicht ein gutes Vorbild dafür, dass man, wenn man redet, zusammenkommt und sich nicht stets gegenseitig bloßstellen muss, damit man glaubt, irgendwelche Punkte zu machen. (Beifall bei ÖVP und Grünen.)



Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll111. Sitzung, 16. und 17. Juni 2021 / Seite 206

Präsidentin Doris Bures: Herr Abgeordneter, Sie haben den letzten Satz im Ent­schließungsantrag nicht ganz vorgelesen. Damit er ordnungsgemäß eingebracht ist, würde ich Sie bitten, den letzten Satz noch einmal zu wiederholen.


Abgeordneter Nico Marchetti (fortsetzend): Das möchte ich gleich beheben, und zwar:

„Schutz und die Verbesserung der Situation von LGBTIQ-Personen in Europa einzu­setzen, sowie im Sinne des österreichischen Engagements für Menschenrechte diese Frage auf europäischer Ebene, in den bilateralen Beziehungen und in anderen rele­vanten multilateralen Foren zu thematisieren.“

Ich hoffe, das war korrekt – und nun wirklich: Danke. (Beifall bei ÖVP und Grünen.)

18.18

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Nico Marchetti, Ewa Ernst-Dziedzic, Kolleginnen und Kollegen

betreffend Schutz der LGBTIQ-Rechte in Europa

eingebracht im Zuge der Debatte in der 111. Sitzung des Nationalrats über Bericht des Gleichbehandlungsausschusses über den Antrag 1600/A(E) der Abgeordneten Mag. Yannick Shetty, Kolleginnen und Kollegen betreffend Konversionstherapien stoppen - einstimmigen Entschließungsantrag aus 2019 endlich umsetzen (898 d.B.)- TOP 17 ,

Gerade im Juni wird im Zuge des „Pride Month“ auf die weltweit gestiegene Diskriminie­rung, Ungleichbehandlung und Gewalt gegenüber der LGBTIQ-Community aufmerksam gemacht. Ziel ist es, die Rechte von homo-, bi-, transsexuellen und intergeschlechtlichen Personen europaweit zu schützen, gerade angesichts der weiterhin bestehenden Un­gleichbehandlungen in zahlreichen Regionen. So wurde beispielsweise am 15.6. vom ungarischen Parlament eine Verschärfung der Strafbestimmungen des Pädophilie-Gesetzes verabschiedet und dabei auch mit Bestimmungen zu Homosexualität ver­knüpft. Klar ist dabei, dass Kinder und Jugendliche vor sexuellen Übergriffen unbedingt geschützt werden müssen. Zugleich muss auch ein wertschätzender Umgang mit sexueller und geschlechtlicher Vielfalt in der Erziehung sichergestellt werden. Die Devise muss dabei lauten altersgerechte Informationen anstatt eines Verbots von Aufklärung.

Diskriminierende Tendenzen sind jedenfalls entschieden zurückzuweisen und ein Ein­satz, sowohl auch bilateraler, europäischer wie auch internationaler Ebene für den Schutz der Rechte der LGTBIQ-Community dringend erforderlich.

Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgenden

Entschließungsantrag

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesregierung, insbesondere der Bundesminister für europäische und inter­nationale Angelegenheiten, die Bundesministerin für EU und Verfassung sowie die Bun­desministerin für Justiz werden aufgefordert, sich auf europäischer und bilateraler Ebene für den Schutz und die Verbesserung der Situation von LGBTIQ-Personen in Europa einzusetzen, sowie im Sinne des österreichischen Engagements für Menschenrechte


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll111. Sitzung, 16. und 17. Juni 2021 / Seite 207

diese Frage auf europäischer Ebene, in den bilateralen Beziehungen und in anderen relevanten multilateralen Foren zu thematisieren.“

*****


Präsidentin Doris Bures: Damit kann ich ihn als ordnungsgemäß eingebracht bewer­ten. Er ist auch ausreichend unterstützt und steht daher mit in Verhandlung.

Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Rosa Ecker. – Bitte.


18.18.25

Abgeordnete Rosa Ecker, MBA (FPÖ): Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Jeder Mensch hat das Recht auf körperliche Unversehrtheit. Ein oder zwei von 1 000 Kindern kommen nicht typischerweise als Junge oder als Mädchen zur Welt. Sie haben Anteile beider Normgeschlechter, sind also nicht eindeutig weiblich oder männlich. Wir sind dafür, dass wir diese Kinder so aufwachsen lassen, wie sie sind. Sie können sich später immer noch entscheiden, ob sie ihren Körper verändern möchten oder nicht – und auch das immer unter der Prämisse, dass sie sich gut informiert haben und dass ihre Zustimmung dazu aus freiem Willen geschieht.

Geschlechtszuweisende und -verändernde Operationen oder auch die sogenannten Umpolungstherapien im Kindesalter verletzen die Menschenrechte auf körperliche Unversehrtheit und auch auf sexuelle Selbstbestimmung. Medizinische Eingriffe und fragwürdige Therapien, bei denen unzulässig Einfluss auf sexuelle Orientierung genom­men wird, können zu schwerwiegenden physischen und psychischen Problemen führen.

Ein Kind kann auch ohne Operationen und ohne Therapie als Junge oder als Mädchen aufwachsen. Ein Kind ist immer richtig, so wie es ist. Fragwürdige Therapien bergen das Risiko, dass dem Kind – meist unter Druck – das falsche Geschlecht zugeordnet wird.

Der hohe soziale Druck, dem betroffene Kinder und Jugendliche genauso wie ihre Eltern ausgesetzt sind, führt eben nicht selten dazu, dass fragwürdige Therapien, Beratungen gesucht werden und dass frühzeitig Entscheidungen getroffen werden, die sich später als falsch herausstellen, denn die Kinder und Jugendlichen selbst sind noch zu jung, um ihre geschlechtliche Identität zu erkennen oder auch zu kommunizieren.

Umoperierte Kinder und Jugendliche – dazu gibt es sehr viele Berichte – erzählen als Erwachsene, dass sie das Gefühl haben, misshandelt und verstümmelt worden zu sein. Sie leiden unter körperlichen und psychologischen Traumata, Depressionen, Angst­erkrankungen, sind suizidgefährdet. Es ist sicher wichtig, dass diese Kinder und Jugend­lichen und auch deren Eltern ausreichend lange auf dem Weg der Findungsphase begleitet werden. Der junge Erwachsene empfindet vielleicht nach der abgeschlossenen Pubertätsentwicklung ganz anders als davor als Kind.

Darum sind auch wir der Meinung, dass Eingriffe und Therapien nur dann erlaubt sein sollen, wenn sie helfen, eine Gefahr für das Leben des Kindes abzuwehren, oder für die Gesundheit des Kindes unbedingt erforderlich sind. Die jungen Erwachsenen sollen mit Erreichen der Volljährigkeit, mit dem 18. Lebensjahr, selbstbestimmt und frei entschei­den, welche Vorgangsweise sie wählen – ohne Druck und ohne Einfluss. Darum sind auch wir dafür, dass mögliche Rechtslücken unbedingt zu schließen sind. (Beifall bei der FPÖ und bei Abgeordneten der Grünen. – Abg. Kickl: Da soll noch einer etwas von wegen Totalopposition sagen!)

18.21


Präsidentin Doris Bures: Als Nächste zu Wort gelangt Frau Abgeordnete Ewa Ernst-Dziedzic. – Bitte.



Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll111. Sitzung, 16. und 17. Juni 2021 / Seite 208

18.21.29

Abgeordnete Dr. Ewa Ernst-Dziedzic (Grüne): Frau Vorsitzende! Frau Ministerin Edtstadler! Frau Ministerin Zadić! Werte Kollegen und Kolleginnen! Heute ist ein Freu­dentag, und zwar nicht deshalb, weil ich Geburtstag habe, sondern weil wir drei Dinge beschließen, bei denen sich das österreichische Parlament selten so einig war. Ich danke auch der Kollegin von der FPÖ dezidiert für diesen Redebeitrag, der nämlich ganz, ganz wichtig ist. Er zeigt auf, dass es da nicht um Ideologie oder Parteipolitik geht, sondern um den Schutz von Kindern, Babys und Jugendlichen.

Zum einen, wenn es um geschlechtsnormierende Operationen geht: IGM gleichzusetzen mit FGM, weiblicher Genitalverstümmelung, war uns ein großes Anliegen, um einfach aufzuzeigen: Es hat nichts in Krankenhäusern verloren, wenn es medizinisch nicht notwendig ist, dass an den Babys herumgeschnipselt wird. Zum anderen haben wir im letzten Plenum besprochen, wie wichtig das dezidierte Verbot von sogenannten Konver­sions-, Umpolungstherapien ist, das heißt, Therapien, die zum Ziel haben, dass man Kinder, Jugendliche einfach wieder heterosexuell macht.

Wir wissen, jeder Mensch ist einzigartig, aber zum einen haben alle die gleichen Rechte, und zum anderen ist die Vielfalt unsere Stärke. Und heute beweist dieses Parlament genau diese Stärke, wenn es zum einen um gleiche Rechte geht und wenn es zum anderen darum geht, Kinder und Jugendliche in Österreich davor zu schützen, dass sie operiert werden, wenn es nicht sein muss, und dass sie therapiert werden, wenn es nicht sein muss. (Beifall bei den Grünen.)

Ganz wichtig – und das ist die dritte Sache, die wir heute hoffentlich auch einstimmig beschließen – ist die Verurteilung der aktuellen Vorgänge in einem Nachbarland von Österreich, nämlich in Ungarn. Wir haben hier immer wieder darüber gesprochen, dass die Entwicklungen dort nicht begrüßenswert sind, weil sie in eine dunkle Vergangenheit zurückverfallen, in der sich Minderheiten davor fürchten mussten, sichtbar zu werden oder zum Beispiel auch in der Schule genannt zu werden, auf die Straße zu gehen oder einen Regenbogenpin zu tragen. Dieser Entwicklung müssen wir auch hier klar einen Riegel vorschieben, und das tun wir heute mit einem Antrag der beiden Regierungs­parteien, mit dem wir Sie, beide Ministerinnen, auffordern, in bilaterale Gespräche mit Ungarn einzutreten und klar zu machen, dass wir als Nachbarland mit Ungarn einen Staat haben möchten, in dem sich niemand davor fürchten muss, im Pridemonat und darüber hinaus dazu zu stehen, wie er oder sie ist.

Es freut mich sehr, dass das heute hier gelungen ist. Ich ersuche um breite Zustimmung zu diesem Antrag, den Nico jetzt hier eingebracht hat.

Ich wünsche allen Betroffenen sowie nicht Betroffenen einen Happy Pride! Ich hoffe, einige von Ihnen auf der Parade am Samstag zu sehen. Da geht es nämlich nicht darum, wie man selber liebt oder lebt, sondern da geht es darum, dass wir solidarisch mit allen sind, dass wir diese Vielfalt in Österreich nicht nur anerkennen, sondern dass wir eben das Recht auf diese Vielfalt in Österreich auch schützen, auch hier im österreichischen Parlament uns zu diesem Schutz bekennen. – Vielen Dank. (Beifall bei den Grünen sowie bei Abgeordneten von ÖVP und SPÖ.)

18.25


Präsidentin Doris Bures: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Yannick Shetty. – Bitte, Herr Abgeordneter.


18.25.19

Abgeordneter Mag. Yannick Shetty (NEOS): Frau Präsidentin! Sehr geehrte Bundes­ministerinnen! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Letzte Woche hat ein grüner


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll111. Sitzung, 16. und 17. Juni 2021 / Seite 209

Funktionär einen Blogbeitrag auf Facebook geteilt, in dem er die Opposition kritisiert hat. Er hat gesagt, wir würden das Motto United in Pride, was so viel bedeutet wie vereint unter dem Regenbogen mit allen gemeinsamen Kräften, nicht verstehen. Ich habe mich dann gefragt: Sind wir vielleicht manchmal zu scharf? Sind wir zu ungeduldig? Kritisieren wir zu viel und zu pauschal?

Ich habe mich dann gefragt, was denn hinter diesem Motto steht, das die Community so lange geprägt hat: United in Pride. – Für mich bedeutet das, im Herzen zu wissen, wer die Verbündeten sind. Und glauben Sie mir, wir tun das. Wir wissen, was wir Menschen, PolitikerInnen wie zum Beispiel Ulrike Lunacek oder in vielen anderen Parteien oder Bewegungen, die jahrzehntelang und zu einem Zeitpunkt, als man sich öffentlich vor Schwulen und Lesben und Transgenderpersonen geekelt hat, dafür eingestanden sind, zu verdanken haben. Wir wissen das. Geeint zu sein bedeutet aber nicht, keine Kritik üben zu dürfen, und deswegen sind wehleidige Trotzreaktionen, wie sie zurzeit bei den Grünen sehr oft zu lesen sind, fehl am Platz. (Beifall bei den NEOS und bei Abge­ordneten der SPÖ. – Zwischenruf der Abg. Ernst-Dziedzic.)

Wissen Sie, mit Macht geht auch Verantwortung einher, und diese türkis-grüne Bundes­regierung übernimmt nicht genug Verantwortung für die LGBTIQ-Community. Nennen Sie mir eine, eine einzige gesetzliche Verbesserung in dieser Legislaturperiode, die Sie gebracht haben! Ich möchte mich vielleicht korrigieren: Verbesserung ist das falsche Wort, denn das würde bedeuten, wir wollen mehr Rechte, wir wollen Privilegien. Das Gegenteil ist eigentlich der Fall. Was LGBTIQ-Personen wollen, ist, dass die Rechte, die ihnen zustehen, die Grundrechte, die ihnen zustehen, auch anerkannt werden.

Es wurde in dieser Legislaturperiode nichts weitergebracht, im Gegenteil, alle konstruk­tiven Vorschläge der Opposition wurden schubladisiert, vertagt, abgelehnt. Weil das so viele sind, möchte ich Ihnen zeigen (eine Tafel mit der Aufschrift „von der türkis-grünen Regierung abgelehnte und vertagte LGBTIQ-Anträge“ in die Höhe haltend), wie viele Anträge wir schon eingebracht haben. Das ist nur ein Ausschnitt, eine Liste von An­trägen, die wir in dieser Legislaturperiode eingebracht haben. Alle wurden vertagt, abge­lehnt, schubladisiert, und das ist nicht in Ordnung! (Beifall bei den NEOS und bei Abge­ordneten der SPÖ.)

Natürlich wissen wir, dass das nicht nur an die Grünen zu adressieren ist, sondern allen voran an die Volkspartei, die in Teilen – und ich betone in Teilen, denn das trifft natürlich nicht alle –, was die Gesellschaftspolitik betrifft, im letzten Jahrtausend verhaftet ist. Ich sage Ihnen, liebe Kolleginnen und Kollegen von der ÖVP – die Betroffenen wissen, wer gemeint ist –: Ich stehe hier als Abgeordneter zum Nationalrat am Rednerpult, ich stehe auf Männer. Hier sind Abgeordnete, Frauen, die auf Frauen stehen, und es werden hier auch einmal Abgeordnete sein, die Transgenderpersonen sind. Und das ist gut so, denn wir repräsentieren hier die Bevölkerung, und das haben auch Sie zu akzeptieren. (Beifall bei den NEOS sowie bei Abgeordneten von SPÖ und Grünen.)

Ich möchte aber natürlich auch noch auf den Etappenerfolg zu sprechen kommen, den wir heute hier feiern können: Mehr als 8 000 Menschen haben innerhalb von einer Woche unsere Petition, die wir zum Verbot von Umpolungstherapien gestartet haben, unterschrieben, und das zeigt, der Druck aus der Zivilgesellschaft hat gewirkt. Heute haben wir einen gemeinsamen Antrag zustande gebracht, sowohl was die Umpolungs­therapien betrifft als auch was das Verbot von Genitalverstümmelung bei interge­schlecht­lichen Kindern betrifft. Das ist wirklich ein toller erster Schritt.

Es ist aber nur ein erster Schritt, denn entgegen der Ankündigung ist das, was wir heute hier beschließen, kein Gesetz, sondern ein Entschließungsantrag, der erst zu einem Gesetz transformiert werden muss.


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll111. Sitzung, 16. und 17. Juni 2021 / Seite 210

Ich möchte noch einen letzten Gedanken ansprechen, der heute hier auch schon dis­kutiert wurde, nämlich zu Ungarn. In Ungarn – um vielleicht die Diktion des Bundes­kanzlers zu verwenden – werden gerade Grundwerte entwertet. Das Gesetz, das ges­tern beschlossen wurde, ist homo- und transphob, und die roten Linien verschieben sich immer weiter.

Deswegen bringe ich zum Abschluss noch einen Entschließungsantrag ein, der scharf und nicht so schwammig wie der gerade eingebrachte ist:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Mag. Yannick Shetty, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Angriffe auf LGBTIQ-Rechte in Ungarn aufs Schärfste verurteilen“

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesregierung, insbesondere der Bundeskanzler und die Bundesministerin für EU und Verfassung, werden aufgefordert, den erneuten Anschlag auf die Rechte der LGBTIQ-Community im Ungarn im Zuge des am 15. Juni 2021 beschlossenen Geset­zesentwurfs aufs Schärfste zu verurteilen.“

*****

Beschließen wir das und zeigen wir Orbán, dass es immer noch rote Linien in Europa gibt! – Vielen Dank. (Beifall bei den NEOS und bei Abgeordneten der SPÖ.)

18.29

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Yannick Shetty, Kolleginnen und Kollegen

betreffend Angriffe auf LGBTIQ-Rechte in Ungarn aufs Schärfste verurteilen

eingebracht im Zuge der Debatte in der 111. Sitzung des Nationalrats über Bericht des Gleichbehandlungsausschusses über den Antrag 1600/A(E) der Abgeordneten Mag. Yannick Shetty, Kolleginnen und Kollegen betreffend Konversionstherapien stoppen – einstimmigen Entschließungsantrag aus 2019 endlich umsetzen (898 d.B.)– TOP 17

Während die LGBTIQ-Community weltweit im Rahmen der Pride den Juni damit ver­bringt, auf die anhaltende und durch Corona sogar noch gestiegene Diskriminierung, Ungleichbehandlung und Gewalt gegenüber der Community aufmerksam zu machen, werden in Ungarn die Rechte von homo-, bi-, transsexueller und intergeschlechtlicher Personen weiter zurückgedrängt. Im Rahmen der Verschärfung der Strafbestimmungen bei sexualisierter Gewalt gegen Kinder und Jugendliche sollen gleichzeitig Auf­klärungs­programme an Schulen, Bücher, Filme und andere Inhalte, die eine von der Heteronorm abweichende Sexualität darstellen, verboten werden. Abgesehen von der proble­ma­tischen Kontextualisierung mit sexualisierter Gewalt ist eine Verunmöglichung von Auf­klärung und Information zu LGBTIQ-Themen fatal und genau das Gegenteil von dem, was es für eine liberale, respektvolle und sichere Gesellschaft braucht, in der alle Menschen frei von Angst und Diskriminierung leben können. Diese regelrechte Zensur von LGBTIQ-Inhalten trifft besonders Jugendliche der Community und verhindert Aufklärung und den Abbau von Vorurteilen im Rest der Gesellschaft und muss von der österreichischen Bundesregierung daher aufs Schärfste verurteilt werden.


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll111. Sitzung, 16. und 17. Juni 2021 / Seite 211

Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgenden

Entschließungsantrag

Der Nationalrat wolle beschließen:

"Die Bundesregierung, insbesondere der Bundeskanzler und die Bundesministerin für EU und Verfassung, werden aufgefordert, den erneuten Anschlag auf die Rechte der LGBTIQ-Community in Ungarn im Zuge des am 15. Juni 2021 beschlossenen Geset­zesentwurfs aufs Schärfste zu verurteilen."

*****


Präsidentin Doris Bures: Der Entschließungsantrag ist ordnungsgemäß eingebracht und steht daher auch mit in Verhandlung.

Als Nächste zu Wort gelangt Frau Bundesministerin Alma Zadić. – Bitte.


18.29.53

Bundesministerin für Justiz Dr. Alma Zadić, LL.M.: Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren Abgeordnete! Geschätzte Zuseherinnen und Zuseher! Wir befassen uns heute im Nationalrat mit einigen sehr wichtigen Anliegen, letzten Endes geht es um echte Gleichstellung und Gleichberechtigung der LGBTIQ-Community. Dazu liegen Ihnen drei Anträge vor, ich hoffe sehr, dass sie breite Zustimmung erfahren.

Zwei Anträge würde ich schon gerne ansprechen, weil wir immer wieder darüber reden und weil es sehr wichtig ist, dass heute ein Zeichen gesetzt wird. Ich als Justizministerin kann Ihnen meine vollste Unterstützung zusichern.

Es geht um das Verbot der Konversionstherapie. Mit solchen Pseudotherapien soll die sexuelle Orientierung von LGBTIQ-Menschen verändert werden, sie sollen, so sagt man, umgepolt werden. Sie können sich vorstellen, was das für diese Personen bedeutet. Gerade im jugendlichen Alter wird ihnen erklärt, dass sie falsch sind, dass sie nicht richtig sind, dass sie umgepolt werden müssen. Das führt zu vielen psychischen Schäden, zu emotionalen Schäden, das führt letzten Endes zu Depressionen und zu Suizid. Daher sind diese Pseudotherapien unglaublich gefährlich, verletzen die Menschenrechte und sind absolut inhuman. Daher begrüße ich es als Justizministerin, dass dieses Verbot heute im Nationalrat behandelt wird, und ich hoffe, dass es dazu breite Zustimmung geben wird. (Beifall bei Grünen und ÖVP.)

Es geht aber auch um den Schutz von intergeschlechtlichen Kindern und Jugendlichen, an denen medizinisch nicht notwendige Behandlungen an ihren Geschlechtsmerkmalen vorgenommen werden. Das erleben wir leider immer wieder. In vielen Ländern werden diese medizinisch nicht notwendigen Behandlungen, in die diese Kinder, Jugendlichen und auch Babys nicht und schon gar nicht selbstbestimmt eingewilligt haben, vorge­nommen. Das führt unter anderem auch zu Verletzungen ihrer Menschenwürde. Der UN-Ausschuss gegen Folter hat es treffend formuliert: Es ist grausam, es ist unmenschlich und erniedrigend im Sinne der UN-Antifolterkonvention.

Meine Damen und Herren, mit dem vorliegenden Antrag schützen wir Kinder und Jugendliche, daher freue ich mich, dass Sie darüber abstimmen. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Es ist mein politisches Ziel, mich für eine Gesellschaft einzusetzen, bei der es um ein gerechtes Miteinander geht, in der jeder und jede ein freies Leben führen und sich entfalten kann. Dass das nicht selbstverständlich ist und dass wir uns tagtäglich für diese


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Rechte einsetzen müssen, das zeigt auch ein Blick Richtung Ungarn, unserem unmit­telbaren Nachbarland. Dort hat das Parlament gestern gegen den großen und auch muti­gen Widerstand der LGBTIQ-Community ein Gesetz verabschiedet, das sich gegen alle sexuellen Orientierungen richtet, die von der heterosexuellen Ausprägung abweichen. So soll etwa Werbung verboten werden, in der Homosexuelle oder Transsexuelle als ein Teil der Gesellschaft dargestellt werden. Meine Damen und Herren, das ist rückschrittlich und entspricht nicht unseren europäischen Werten! (Beifall bei den Grünen.)

Das alles geschieht unter dem Deckmantel der Pädophilie. Diese Gleichsetzung von Homosexualität und Pädophilie ist uns leider auch in Österreich nicht ganz unbekannt. Wir erinnern uns an das Jahr 1970, da war im Strafgesetzbuch die sogenannte Unzucht mit Tieren und Personen desselben Geschlechts zu finden. Erst mit der Strafrechts­reform 1971 änderte sich dieser diskriminierende Straftatbestand, es fanden sich aber weitere diskriminierende Straftatbestände im Strafgesetzbuch, und es dauerte letzten Endes bis ins neue Jahrtausend, bis diese mit der Aufhebung des ungleichen Schutz­alters durch den Verfassungsgerichtshof endlich entkriminalisiert wurden und endlich jegliche Kriminalisierung von gleichgeschlechtlicher sexueller Handlung aufgehoben wurde. (Beifall bei den Grünen.)

Was aus heutiger Sicht unfassbar und klar menschenrechtswidrig erscheint, war für die Betroffenen – einige von ihnen leben heute noch – bitterer Ernst. Es war ungeheures Leid und zerstörte auch unzählige Existenzen. Gerade homosexuelle Männer wurden als eine Gefahr für die Gesellschaft und die sexuelle Sittlichkeit, wie man das damals genannt hat, dargestellt, doch ebenso betroffen waren homosexuelle Frauen, und eine Sensibilität für nicht binäre Identitäten gab es schon gar nicht. Diese Gesetze und die Urteile, die daraus folgten, waren ein schweres Unrecht. Daher bekräftige ich auch anlässlich des Pride Month, dass Menschen nicht aufgrund ihrer sexuellen Orientierung, ihrer Geschlechtsmerkmale oder ihrer Geschlechtsidentität diskriminiert, ungleich be­handelt oder gar strafrechtlich verfolgt werden dürfen.

Die Queercommunity ist und bleibt ein fester Bestandteil unserer Gesellschaft. Es ist eine Community, die viel Leid erfahren musste, auch durch die Hände des Staates und seiner Vertreterinnen und Vertreter. Wie Sie jetzt gehört haben, war die Justiz da keine Ausnahme. Daher möchte ich als Justizministerin, als Gast im Hohen Haus, den heuti­gen Anlass nutzen, um mich stellvertretend für die Justiz noch einmal in aller Form bei allen Menschen, die in der Zweiten Republik aufgrund ihrer sexuellen Orientierung straf­rechtlich verfolgt wurden, und bei allen ihren Angehörigen aufrichtig und in aller Form zu entschuldigen. (Beifall bei Grünen, ÖVP und SPÖ sowie bei Abgeordneten der NEOS.)

Ich möchte auch mein tief empfundenes Bedauern für das Leid und das Unrecht, das ihnen widerfahren ist, ausdrücken, mich aber auch für das lange Schweigen, das darauf folgte, entschuldigen. Diese Menschen wurden von Institutionen, die sie eigentlich hätten schützen sollen, in ihrer Würde, in ihrem Menschsein verletzt.

In den vergangenen Jahren und zum Teil Jahrzehnten haben wir viele Fortschritte erzielt. Die LGBTIQ-Community hat viele, viele ihrer Rechte erkämpfen müssen, aber nach wie vor sind homo-, bisexuelle, trans- und intergeschlechtliche Menschen von Hass und Gewalt betroffen und nach wie vor haben wir einen langen Weg zu gehen, bis wir endlich echte Gleichstellung haben, bis endlich alle gleichgestellt sind.

Wir haben noch viel zu tun und daher bitte ich Sie, diese Schritte heute zu setzen und diesen Anträgen Ihre breite Zustimmung zu geben. – Herzlichen Dank. (Beifall bei Grünen und ÖVP sowie bei Abgeordneten von SPÖ und NEOS.)

18.37


Präsidentin Doris Bures: Als nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Irene Neumann-Hartberger zu Wort gemeldet. – Bitte.



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18.38.08

Abgeordnete Irene Neumann-Hartberger (ÖVP): Frau Präsidentin! Geschätzte Minis­terinnen! Wir beschließen heute den Schutz von intergeschlechtlichen Kindern und Ju­gendlichen vor nicht notwendigen medizinischen Eingriffen – ein Thema, mit dem nicht gleich jeder etwas anzufangen weiß.

Vielleicht ist Ihnen aber in letzter Zeit beim Ausfüllen Ihres Impfformulars etwas aufge­fallen, nämlich dort, wo es darum geht, das Geschlecht anzukreuzen: weiblich oder männlich – soweit klar –, inter, offen, divers oder kein Eintrag sind die weiteren Möglich­keiten, die dort zu finden sind. Das ist eine politische Errungenschaft aus 2019, nur: Große Teile der Gesellschaft können wenig bis gar nichts damit anfangen. Ich gestehe, bis zu meiner politischen Tätigkeit habe auch ich mich damit nicht intensiv auseinan­dergesetzt.

Kennt jeder in diesem Raum eine betroffene Familie? In einem einstündigen Telefonat habe ich mir von einer Bekannten schildern lassen, was es heißt, ein interge­schlecht­liches Kind zu bekommen. Die Freude, das Glück, die Liebe, der Stolz der Eltern, wenn sie ihr Neugeborenes im Arm halten, ist riesig, und dann kommt der einfühlsame Versuch des Arztes, die nicht eindeutige Zuordenbarkeit des Geschlechts dieses wunderschönen Lebewesens, dieses neugeborenen Babys zu erklären. Das ist eine Botschaft, die auch ein Arzt nicht tagtäglich überbringt, und eine Nachricht, die verständlicherweise unter­schiedlichste Gefühlsregungen auslöst.

Freude, Glück und Stolz weichen plötzlich Angst, Ungewissheit, Verzweiflung, Unwis­senheit über die Bedeutung der oft noch vagen Diagnose, aber auch der Hoffnung, dass alles gut wird. Der Wunsch nach einer Lösung und Bewältigung dieser Herausforderung ist verständlicherweise ebenso riesengroß. Es ist eine Nachricht, die eine Familie mit Sicherheit aus dem Gleichgewicht und durchaus auch an die Grenzen ihrer Belastbarkeit bringen kann.

Ich habe einem wertvollen Menschen das Leben geschenkt, war oft die tröstende These dieser Mutter in vielen verzweifelten Momenten. Das glückliche Lächeln ihres Babys und das Vertrauen in die Medizin waren oftmals die einzigen Rettungsanker. Man muss als Eltern dieser Kinder darauf vertrauen, was wenige Spezialisten in diesem Fachgebiet empfehlen. Das medizinisch Notwendige und Richtige zu tun, hängt oft wie ein Damo­klesschwert über den Eltern. Intergeschlechtlichkeit ist mit Sicherheit ein Thema, das definitiv in der Gesellschaft noch nicht genügend Beachtung findet, während der gesell­schaftliche Druck in der Einzelsituation aber enorm sein kann.

Für intersexuelle Kinder beginnt die Herausforderung meist in der Schule, die richtige Identitätskrise schlägt aber spätestens in der Pubertät mit voller Wucht zu. Eltern werden mit Depressionen bis hin zur Suizidgefährdung ihrer Kinder konfrontiert. Tatsache ist, eine Auseinandersetzung mit diesem Thema erfolgt nur dann, wenn es das eigene Umfeld betrifft. Aufklärung, Unterstützung und Begleitung der betroffenen Familien, aber auch Kommunikation nach außen halte ich für wichtige Schritte.

Abschließend und zusammenfassend heißt das, Eingriffe an Geschlechtsmerkmalen dürfen nur mehr dann vorgenommen werden, wenn eine potenzielle Gesundheits­schä­digung oder eine medizinische Notwendigkeit vorliegt, und gesetzliche Lücken müssen für diese Fälle unbedingt geschlossen werden.

Mit dem heutigen Beschluss, der hoffentlich einstimmig stattfinden wird, liegt die finale Lösung mit Sicherheit nicht am Tisch, aber der Arbeitsauftrag an diese Bundesregierung ist damit auf dem Weg. Ich bin zuversichtlich, dass sich da etwas bewegen wird. – Vielen herzlichen Dank. (Beifall bei ÖVP und Grünen.)

18.42



Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll111. Sitzung, 16. und 17. Juni 2021 / Seite 214

Präsidentin Doris Bures: Zu einer tatsächlichen Berichtigung hat sich Herr Abgeord­neter Mario Lindner zu Wort gemeldet. – Bitte.


18.42.43

Abgeordneter Mario Lindner (SPÖ): Frau Präsidentin! Frau Abgeordnete Neumann-Hartberger hat zu Beginn Ihrer Rede behauptet, dass wir heute ein Verbot von Ope­rationen an intergeschlechtlichen Kindern verabschieden. Das ist unrichtig.

Ich berichtige tatsächlich: Wir beschließen heute eine Entschließung, die besagt, dass die BundesministerInnen für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz so­wie für Justiz und für Frauen, Familie, Jugend und Integration ersucht werden, Maß­nahmen zu setzen, um intergeschlechtliche Kinder und Jugendliche und ihre körperliche Unversehrtheit wirksam vor medizinisch nicht notwendigen Eingriffen zu schützen. (Bei­fall bei der SPÖ.)

18.43


Präsidentin Doris Bures: Ein zweites Mal zu Wort gemeldet hat sich Frau Abgeordnete Ewa Ernst-Dziedzic. – Bitte.


18.43.37

Abgeordnete Dr. Ewa Ernst-Dziedzic (Grüne): Werte Kollegen und Kolleginnen! Es ist wichtig, dass Dinge kritisiert werden. Es ist wichtig, dass die Opposition Anträge ein­bringt, Initiativen vorstellt, die dann aufgegriffen werden. Es ist aber nicht richtig, sich hier ans Pult zu stellen und entgegen jeglicher Realität zu behaupten, dass die Regie­rungsparteien nichts unternehmen würden. Das ist schlicht falsch! In den letzten 17 Mo­naten – und ich neige nicht dazu, die ÖVP in Schutz zu nehmen, tue das aber jetzt hier bewusst – ist in dem Bereich so viel weitergegangen wie niemals zuvor. (Beifall bei Grünen und ÖVP.)

Kollege Yannick Shetty, ich zähle gerne auf, was wir alles geschafft haben. Es ist nicht nur ein klarer Auftrag an die Ministerin, ein Verbot für IGM – sorry, Mario, das ist ein bisschen Erbsenzählerei – auszuarbeiten. Wenn wir das heute beschließen, na, was wird denn die Ministerin anderes machen? (Abg. Kickl: No ja! No ja! – Weitere Zwischenrufe bei der FPÖ.) Es ist ein klarer Auftrag, ein Verbot der Konversionstherapien so auszu­ge­stalten, dass sie in Österreich nicht mehr möglich sind. Das war bei deinem damaligen Antrag, Mario, auch nicht viel anders.

Wir haben bei der Blutspende eine Rückstellfrist von zwölf auf vier Monate verkürzt. Dies wird jetzt mit einer Studie zu übertragbaren Krankheiten begleitet, mit der wir uns an­schauen, wie wir den Zugang für alle verbessern können. Wir haben es endlich ge­schafft, Hassverbrechen, sogenannte Hatecrimes, in Österreich zu erfassen. In der Kriminal­statistik werden sie erstmals mit dem Ziel ausgewiesen, dass wir Maßnahmen dagegen setzen können, genauso, wie es Schulungen für Beamte und Beamtinnen gibt, und genauso, wie wir jetzt in Österreich sechs Optionen für den Geschlechtseintrag haben. Wenn das nichts ist, dann weiß ich nicht. (Beifall bei Grünen und ÖVP.)

Wir haben zudem im Parlament den Schutz von vulnerablen Gruppen im Asylverfahren beschlossen – auch das war ganz, ganz wichtig. An dieser Stelle ein Danke an Kollegin Gudrun Kugler, der das genauso wichtig war, weil sie weiß, es gibt Minderheiten, die da besonderen Schutz brauchen.

Nicht zu vergessen ist auch, dass es endlich, endlich in Österreich eine Entschuldigung – Danke an Alma Zadić! – der Republik, der Justiz für die strafrechtliche Verfolgung von homosexuellen Menschen in Österreich gibt. Hören wir auf zu sagen, es passiert gar nichts! Es ist noch nie so viel passiert. (Beifall bei Grünen und ÖVP.)


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Ich bin die Erste, die weiß, was noch offen ist, und unser Regierungskoalitionspartner weiß ganz genau, dass wir weiterhin am Verhandeln sind. Ich weiß, dass wir es gemein­sam zusammenbringen, diese offenen Punkte zu beseitigen. Dazu brauchen wir weder schlechte Oppositionsanträge noch irgendetwas an Listen (Zwischenrufe bei SPÖ und NEOS), die du, Yannick, uns hier vorzeigst, denn würde es dir um die Sache gehen, dann würdest du uns vorher kontaktieren. Wenn es dir um die gemeinsame Sache für die Community geht, dann arbeite mit uns gemeinsam anstatt gegen uns! – Vielen Dank. (Beifall bei Grünen und ÖVP.)

18.46


Präsidentin Doris Bures: Jetzt liegt mir noch eine Wortmeldung zu einer tatsächlichen Berichtigung vor. – Herr Abgeordneter Shetty, bitte.


18.47.06

Abgeordneter Mag. Yannick Shetty (NEOS): Frau Präsidentin! Da wäre jetzt viel zu berichtigen, was wahrscheinlich nicht unter den Tatbestand der tatsächlichen Berich­ti­gung fällt, aber Kollegin Ernst-Dziedzic hat gesagt, dass die Rückstellfrist beim Blutspen­den von zwölf auf vier Monate verkürzt worden ist. Das ist falsch.

Ich berichtige tatsächlich: Die Rückstellfrist ist weiterhin bei zwölf Monaten belassen, und diese Aussage ist nicht richtig. (Beifall bei den NEOS. – Abg. Ernst-Dziedzic: Doch ...!)

18.47


Präsidentin Doris Bures: Mir liegt nun noch eine Wortmeldung von Frau Bundes­minis­terin Karoline Edtstadler vor. – Bitte, Frau Ministerin.


18.47.33

Bundesministerin für EU und Verfassung im Bundeskanzleramt, betraut mit der Vertretung der Bundesministerin für Frauen, Familie, Jugend und Integration Mag. Karoline Edtstadler: Frau Präsidentin! Hohes Haus! Geschätzte Zuseherinnen und Zuseher! Die Debatten zur heutigen Tagesordnung durfte ich mit Ihnen und gemein­sam mit Kollegin Leonore Gewessler mit einer Erklärung zur Europäischen Union begin­nen. Ich habe in dieser Erklärung gesagt, dass die Europäische Union, Europa, auf gleichen Wertefundamenten aufbaut: auf Demokratie, Rechtsstaatlichkeit und Menschenrechten.

Ich sage Ihnen, ich stehe mit jeder Faser zu diesem Wort. Deshalb möchte ich mich auch zum Antrag, der von den Abgeordneten Nico Marchetti und Ewa Ernst-Dziedzic einge­bracht wurde, zu Wort melden.

Gestern war der französische Staatssekretär Clément Beaune zu Gast in Wien, und ebenfalls gestern wurde in Ungarn dieses Gesetz beschlossen. Am Rande einer Pres­sekonferenz wurden wir beide von einem französischen Journalisten darauf ange­sprochen. Ich habe das Gesetz damals – gestern – noch nicht in seinen Details gekannt, habe aber darauf verwiesen, dass es in Europa keine Gesetze geben darf, die diskri­minierend sind, und Clément Beaune hat darauf hingewiesen, dass es besorgnis­erregend wäre, wenn Gesetze beschlossen werden, die diskriminierend sind.

Nun wissen wir mehr: Es dürfte eine Verknüpfung zwischen Homosexualität und Pädo­philie geben. Das ist besorgniserregend, es ist diskriminierend und daher abzulehnen. Ich gehe aber einen Schritt weiter, denn wir haben heute sehr viel über interge­schlecht­liche Kinder gehört, darüber, wie wichtig es ist, diesen Kindern und auch den Ange­hörigen eine entsprechende Sensibilität entgegenzubringen. Das unterschreibe ich voll und ganz und sage: Es ist eine Einschränkung der Meinungsäußerungsfreiheit, wenn diese Kinder, aber auch ganz allgemein Kinder und Jugendliche in ihrer prägenden


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Phase von Informationen ferngehalten werden. Auch das dürfte in diesem Gesetz ent­halten sein.

Wer mich kennt, weiß, dass ich großen Wert darauf lege, diese Dinge im Rat für Allge­meine Angelegenheiten, wo auch die Artikel-7-Verfahren laufen, anzusprechen und zu diskutieren. Ich bin anscheinend auch jemand, der sich nicht scheut, direkt die Kolle­ginnen und Kollegen aus den anderen Mitgliedstaaten, die betroffen sind, zu konfron­tieren und anzusprechen. Nicht immer, das gebe ich zu, ist das etwas, was sofort zum Ziel führt und sich auflöst, aber ich sage, dass ich zu den Grundwerten der Europäischen Union stehe und dass ich nicht müde sein werde, derartige Dinge anzusprechen.

Daher nehme ich diesen Antrag, den Sie an uns gestellt haben, auch an die Justiz­minis­terin und an den Außenminister, sehr ernst und werde das bereits am 22. Juni, an dem das auch beim Rat in Luxemburg auf dem Programm steht, nämlich das Artikel 7-Verfahren gegen Polen und Ungarn, zur Sprache bringen. – Vielen Dank. (Beifall bei ÖVP und Grünen.)

18.50


Präsidentin Doris Bures: Mir liegen nun zu diesen Tagesordnungspunkten keine Wort­meldungen mehr vor. Damit schließe ich die Debatte.

Ich frage, ob einer der Berichterstatter das Schlusswort möchte? – Das ist nicht der Fall.

Wie vereinbart verlege ich die Abstimmung an den Schluss der Verhandlungen über die Vorlagen des Gleichbehandlungsausschusses.

18.50.2318. Punkt

Bericht des Gleichbehandlungsausschusses über den Antrag 95/A(E) der Abge­ordneten Gabriele Heinisch-Hosek, Kolleginnen und Kollegen betreffend Beauftra­gung einer Zeitverwendungsstudie (899 d.B.)

19. Punkt

Bericht des Gleichbehandlungsausschusses über den Antrag 375/A(E) der Abge­ordneten Gabriele Heinisch-Hosek, Kolleginnen und Kollegen betreffend Beauf­tragung einer Zeitverwendungsstudie (900 d.B.)

20. Punkt

Bericht des Gleichbehandlungsausschusses über den Antrag 71/A(E) der Abge­ordneten Henrike Brandstötter, Kolleginnen und Kollegen betreffend Teilnahme an EU-Zeitverwendungsstudie (901 d.B.)


Präsidentin Doris Bures: Wir gehen in der Tagesordnung weiter.

Es sind die Punkte 18 bis 20, die wir jetzt behandeln und über welche die Debatten unter einem durchgeführt werden.

Auf eine mündliche Berichterstattung wurde verzichtet.

Als Erste gelangt Frau Abgeordnete Verena Nussbaum zu Wort. – Bitte.


18.51.41

Abgeordnete Mag. Verena Nussbaum (SPÖ): Frau Präsidentin! Sehr geehrte Minis­te­rinnen! Sehr geehrtes Hohes Haus! Gleich zu Beginn meines Debattenbeitrags muss ich sagen, dass ich es demokratiepolitisch sehr bedenklich finde, wie die Regierungsparteien


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mit Anträgen der Opposition umgehen. Wir haben bereits im Oktober 2020 und wie­derum im April 2021 Anträge bezüglich der Zeitverwendungsstudie eingebracht, die uns Daten über die unbezahlte Arbeit liefern soll. Zuerst wurden unsere Anträge im Gleich­behandlungsausschuss vertagt, im letzten Ausschuss aber abgelehnt. Gleichzeitig hat Frauenministerin Raab angekündigt, genau so eine Zeitverwendungsstudie durchführen zu wollen.

Ich verstehe nicht, warum die ÖVP- und Grünen-Abgeordneten nicht über ihren Schatten springen und unsere Anträge annehmen können. Es geht da um die Beauftragung einer Studie, bitte! Ich empfinde es als ein Drüberfahren über die Opposition, und ich halte das für sehr respektlos uns gegenüber. (Beifall bei SPÖ und NEOS.)

Die Coronapandemie hat uns gezeigt, dass echte Gleichstellung immer noch eine Illusion ist. Ganz im Gegenteil haben sich veraltete traditionelle Rollenbilder sehr schnell wieder verfestigt. Während die Kinderbetreuungseinrichtungen und Schulen, aber auch die Einrichtungen für die Betreuung von SeniorInnen, sogenannte Tageszentren, und Werkstätten für Menschen mit Behinderung geschlossen waren, haben wieder die Frauen die Betreuung dieser Menschen übernommen und wieder vermehrt unbezahlte Arbeit erledigt. Es waren überwiegend Frauen, die jetzt in dieser Zeit ihre Arbeitszeit reduziert haben, um den gesteigerten Betreuungspflichten nachkommen zu können.

Eine Studie der Arbeiterkammer und der Wirtschaftsuniversität Wien zeigt, dass sich zwar der Anteil an der unbezahlten Hausarbeit, die von Männern erledigt wird, in den letzten Jahrzehnten erhöht hat, sich die unbezahlte Arbeit von Frauen aber trotzdem nicht spürbar reduziert hat. Das zeigt, dass Männer zwar vermehrt Aufgaben im Haushalt übernehmen, das Arbeitspensum von Frauen aber konstant hoch bleibt. Von einer Halbe-halbe-Aufteilung kann also noch lange keine Rede sein.

Die letzte Zeitverwendungsstudie in Österreich wurde 2008/2009 durchgeführt. Wir brauchen also dringend aktuellere Zahlen, um aussagekräftige Daten über die aktuelle Verteilung von bezahlter und unbezahlter Arbeit zwischen Männern und Frauen zu er­halten. Es ist aber auch wichtig, dass Österreich an der EU-weiten Studie teilnimmt, denn nur so können in Zukunft ein Genderpaygap, die hohe Teilzeitquote bei Frauen und in weiterer Folge auch die geringen Frauenpensionen aufgezeigt und dagegen dann auch Maßnahmen ergriffen werden.

So bitte, Frau Ministerinnen – ach so, jetzt sind gerade keine da –, es wäre jetzt dringend an der Zeit, diese Studie tatsächlich in Auftrag zu geben und daran zu arbeiten! Wir brauchen diese Daten. – Danke schön. (Beifall bei der SPÖ.)

18.55


Präsidentin Doris Bures: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Elisabeth Pfurtscheller. – Bitte.


18.55.09

Abgeordnete Dipl.-Kffr. (FH) Elisabeth Pfurtscheller (ÖVP): Frau Präsidentin! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Liebe Zuschauerinnen und Zuschauer! Ja, liebe Frau Kollegin Nussbaum, ich kann Ihnen ganz genau erklären, warum wir Ihren Antrag nicht angenommen haben. Das hat bei euch von der Opposition nämlich Methode. (Zwi­schenruf bei der SPÖ.) Ich möchte jetzt einfach nur die Historie der Zeitver­wen­dungss­tudie erzählen.

Wir haben im Jänner 2020 ein Regierungsprogramm herausgebracht. In diesem steht auf Seite 191, dass wir die Zeitverwendungsstudie beauftragen und umsetzen wollen. Was passiert? – Die SPÖ stellt am 27.2.2020, also ungefähr einen Monat später, einen Antrag und will uns beziehungsweise die Regierung beauftragen, eine Zeitverwen­dungs­studie umzusetzen. Jetzt frage ich mich: Habt ihr keine anderen Ideen? Müsst ihr die


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ganze Zeit aus unserem Regierungsprogramm abschreiben? Ich glaube, das müsst ihr nicht, das habt ihr nicht notwendig, und genau aus diesem Grund haben wir diesen Antrag auch nicht angenommen. (Zwischenrufe bei der SPÖ.)

Wir haben jetzt ein Jahr lang erklärt, dass eine Studie beauftragt werden wird. Wir haben sie auch im Budget 2021 berücksichtigt. Auch danach habt ihr nicht aufgehört, uns stän­dig vorzuhalten, dass die Zeitverwendungsstudie noch nicht beauftragt worden ist. Wir haben euch erklärt, warum das seine Zeit dauert. Jetzt kommt sie, und deswegen haben wir diese Anträge jetzt abgelehnt. Das gibt euch immerhin die Chance, das jetzt hier im Plenum noch einmal zu diskutieren.

Ich möchte euch also ganz herzlich bitten: Hört einfach auf, ständig Dinge aus unserem Regierungsprogramm abzuschreiben und dann so zu tun, als wären sie neu erfundene Forderungen von euch! (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Grünen. Zwischenruf bei der SPÖ.)

Jetzt aber zum eigentlichen Thema, geschätzte Zuschauerinnen und Zuschauer! Hand aufs Herz! Würde ich Sie jetzt fragen, was Sie in den letzten zwei Wochen alles getan haben, wie viel Zeit Sie für unterschiedliche Tätigkeiten jeweils aufgewendet haben, dann könnten Sie alle, glaube ich, aus dem Stehgreif keine Antwort geben. Genau das sollten wir aber wissen. Wir sollten wissen, wer wann was gemacht hat, um evidenz­basierte Gleichstellungs-, Frauen- und Familienpolitik, Arbeitspolitik und vieles mehr umsetzen zu können. Deswegen braucht es so eine Zeitverwendungsstudie, mit der erhoben wird, welche Tätigkeiten wer zu welchem Zeitpunkt und in welchem Ausmaß ausführt.

Das haben wir jetzt beauftragt. Die Statistik Austria wird im Herbst mit der Erhebung anfangen. Die Erhebung wird ein Jahr dauern, und das Ergebnis wird dann Anfang 2023 präsentiert werden. Das gibt uns die Möglichkeit, evidenzbasiert verschiedene politische Maßnahmen zu diskutieren und umzusetzen. Wie Kollegin Nussbaum gerade gesagt hat, hat sich aufgrund der Pandemie die Diskussion darüber verstärkt, wer denn welche Arbeit in welchem Ausmaß ausführt. Dabei geht es natürlich hauptsächlich um die Familien- und Carearbeit, ich bin schon sehr gespannt auf die Ergebnisse. Die letzte Zeitverwendungsstudie ist ja schon eine Zeit lang her. Das war in den Jahren 2008/2009.

Mir ist noch ganz wichtig – einen Satz noch, Frau Präsidentin –, zu ergänzen, dass wir das natürlich in Abstimmung mit den EU-Vorschriften beziehungsweise mit den EU-Richtlinien tun müssen, die kurz Hetus heißen. Es geht ja schließlich auch darum, dass wir innerhalb EU-Länder vergleichen können. Das werden wir beziehungsweise die Statistik Austria jetzt so machen, und wir freuen uns wie gesagt alle schon auf die Ergebnisse. – Danke schön. (Beifall bei ÖVP und Grünen.)

18.59


Präsidentin Doris Bures: Als Nächste gelangt Frau Abgeordnete Edith Mühlberghuber zu Wort. – Bitte. (Präsident Hofer übernimmt den Vorsitz.)


18.59.09

Abgeordnete Edith Mühlberghuber (FPÖ): Frau Präsident! Sehr geehrter Herr Prä­sident! Die Frau Ministerin ist nicht hier im Saal. – Ja, quer durch ganz Europa zeigen Zeitverwendungsstudien, wie die Arbeit im Haushalt aufgeteilt wird – Frauen pflegen und putzen, Männer widmen sich der Reparatur und Instandhaltung. Das geht aus der letzten deutschen Studie hervor.

Eine Frage muss da aber schon erlaubt sein: Was bringt uns eine Studie, die uns sagt, während wie vieler Stunden Frauen und Männer welche Arbeit im Haushalt verrichten? Was bringt uns eine solche Studie? Was bringen uns solche Zahlen, was bringt uns dieses Zahlenmaterial?


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll111. Sitzung, 16. und 17. Juni 2021 / Seite 219

Die Partner in den Familien können sich selbst organisieren. Ich glaube, sie brauchen nicht die Politik dazu, sie können das selbst. Auch die Entscheidung über die Aufgaben­verteilung müssen sich einfach die Partner, die Familien, die Kinder in den Familien ganz alleine und selbst ausmachen.

Bei so einer Studie entsteht der Eindruck, da wird ein Keil in die Paare, in die Familien hineingetrieben (Zwischenruf bei der SPÖ – Abg. Pfurtscheller: Ein so ein Blödsinn!), und durch die Coronakrise ist von der Regierung ja schon genug hineingetrieben wor­den, ist schon genug gespaltet worden. Das lassen wir in den Familien und in den Part­nerschaften einfach nicht zu. (Beifall bei der FPÖ.)

Auch die bezahlte und unbezahlte Arbeit dürfen wir nicht auseinanderdividieren und sie dürfen auch nicht gegeneinander ausgespielt werden. Viel wichtiger wäre, die unbe­zahlte Arbeit für alle sichtbar und spürbar zu machen. Wir brauchen keine Erhebungen und Zahlen, wer was macht, wer das Kind umsorgt, wer einkaufen geht, wer die Amts­wege verrichtet – wer einfach den Haushalt schupft –, wir brauchen das einfach nicht. Wir erteilen einer Zeitverschwendungsstudie ganz klar und deutlich eine Absage, weil sie sinnlos ist, und außerdem ist sie noch teuer. (Beifall bei der FPÖ.)

Mit einer solchen Art von Studie verschwendet die Regierung Steuergeld und es ändert mit Sicherheit nichts an der Situation der Frauen in unserem Land. Eine Zeitver­wen­dungsstudie bringt eine alleinerziehende Mutter keinen Schritt weiter. Was wir dringend tun müssen, ist, Frauen in Armut aktiv zu unterstützen, den unbezahlten Einsatz der vielen österreichischen Frauen zu honorieren und aufzuwerten. Wir müssen Geld dort einsetzen, wo es dringend notwendig ist, wo es auch benötigt wird, aber ganz bestimmt nicht für nutzlose Studien, mit denen nur Steuergeld verschleudert wird.

Vernünftig wäre die gerechte Einsetzung des Steuergeldes. Ich denke da an den Schul­start und das Schulstartgeld im September. Dieses wird gemeinsam mit der Familien­beihilfe ausbezahlt, 100 Euro pro Kind von sechs bis 15 Jahren. Kinder über 15 Jahre, die eine weiterführende Schule besuchen, die das Gymnasium besuchen, die eine Lehre machen und die Berufsschule besuchen, profitieren nicht von dieser Leistung. Diese Jugendlichen haben kein eigenes Einkommen, und oft kommen sie auch aus einkom­mensschwachen Familien; deshalb dürfen wir nicht länger zulassen, dass diese Jugend­lichen benachteiligt werden. (Beifall bei der FPÖ.)

Dazu bringe ich einen Entschließungsantrag ein:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Edith Mühlberghuber, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Schul­startgeld für alle Schülerinnen und Schüler der Primar- und Sekundarstufe“

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesregierung, insbesondere die Bundesministerin für Frauen, Familie, Jugend und Integration, wird aufgefordert, das Schulstartgeld, das mit der Familienbeihilfe im September ausgezahlt wird, auf alle Jugendliche im Sekundarbereich auszudehnen.“

*****

Vielen Dank. (Beifall bei der FPÖ.)

19.03

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll111. Sitzung, 16. und 17. Juni 2021 / Seite 220

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Edith Mühlberghuber

und weiterer Abgeordneter

betreffend Schulstartgeld für alle Schülerinnen und Schüler der Primar- und Sekun­dar­stufe

eingebracht im Zuge der Debatte zu TOP 18, Bericht des Gleichbehandlungs­aus­schus­ses über den Antrag 95/A(E) der Abgeordneten Gabriele Heinisch-Hosek, Kolleginnen und Kollegen betreffend Beauftragung einer Zeitverwendungsstudie (899 d.B.)

Die kürzlich erfolgte Beauftragung einer Zeitverwendungsstudie verursacht hohe Kos­ten, die Sinnhaftigkeit dieser Studie und deren Auswirkungen auf die Gesellschaft sind zu hinterfragen. Die für die Zeitverwendungsstudie eingesetzten Gelder könnten weitaus zielgerichteter eingesetzt werden, insbesondere für die Ausweitung des Bezieherkreises des so genannten Schulstartgeldes.

Gemeinsam mit der Familienbeihilfe für den September wird derzeit ein Schulstartgeld in Höhe von 100 Euro für jedes Kind im Alter von sechs bis 15 Jahren ausgezahlt. Das bedeutet, dass das Schulstartgeld in Höhe von 100 Euro im September für jedes Kind, ab dem Kalenderjahr, in dem es 6. Lebensjahr vollendet, bis zu dem Kalenderjahr in dem es das 15. Lebensjahr vollendet, ausbezahlt wird.

Für Kinder über 15 Jahren, die eine weiterführende Schule besuchen, wird kein Schul­startgeld ausgezahlt. Da bei diesen Schülerinnen und Schülern ebenfalls Kosten ent­stehen, diese in der Regel kein eigenes Einkommen haben und zudem oft aus einkom­mensschwachen Familien stammen, dürfen diese Jugendlichen nicht länger benach­teiligt werden.

Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgenden

Entschließungsantrag

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesregierung, insbesondere die Bundesministerin für Frauen, Familie, Jugend und Integration, wird aufgefordert, das Schulstartgeld, das mit der Familienbeihilfe im September ausgezahlt wird, auf alle Jugendliche im Sekundarbereich auszudehnen.“

*****


Präsident Ing. Norbert Hofer: Der Entschließungsantrag ist ausreichend unterstützt, er ist ordnungsgemäß eingebracht und steht somit auch mit in Verhandlung.

Zu Wort gelangt nun Mag. Meri Disoski. – Bitte schön, Frau Abgeordnete.


19.03.48

Abgeordnete Mag. Meri Disoski (Grüne): Herr Präsident! Frau Bundesministerin! Werte Kolleginnen und Kollegen! Liebe Zuseherinnen und Zuseher! Was Frauenorganisa­tio­nen, was feministische Vereine und Wissenschafterinnen seit Jahren fordern, das setzen wir jetzt endlich um. Österreich wird an der EU-weiten Zeitverwendungserhebung teilnehmen, und das ist wirklich gut so.

Frau Kollegin Mühlberghuber, wenn Sie fragen: Was bringt uns das? Wieso ist das wichtig?, kann ich Ihnen das ganz leicht beantworten: weil die Verteilung von Zeit ein absolutes Politikum ist. Wer wie viel Zeit für bezahlte Arbeiten, für unbezahlte Arbeiten


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll111. Sitzung, 16. und 17. Juni 2021 / Seite 221

aufwendet, das ist eine hochpolitische Frage, insbesondere aus frauenpolitischer Per­spektive. Wieso? – Na, ganz einfach: weil das viel über herrschende Geschlechter­verhältnisse, über Geschlechterhierarchien und Machtstrukturen in einer Gesellschaft aussagt und weil so auch evident wird, wo dringender politischer Handlungsbedarf vorhanden ist.

Zeitverwendungsstudien liefern einerseits quantifizierbare Informationen über die ge­schlechtsspezifische Verteilung von unbezahlter und von bezahlter Kindererziehungs-, Versorgungs- oder Familienarbeit, und sie legen andererseits auch die geschlechts­spezifische Verteilung bezahlter Erwerbsarbeit offen. Sie geben zum Beispiel Aufschluss über benötigte Kinderbetreuungs- oder auch Pflegeplätze.

Zeitverwendungsstudien stellen außerdem auch die Grundlage für sogenannte Mone­tarisierungsstudien dar. Mit diesen wiederum kann man das Ausmaß und auch den Wert von unbezahlter Arbeit für die Volkswirtschaft sichtbar machen. Diese Studien sind somit – darum brauchen wir sie, Kollegin – eine wichtige Grundlage für Politik, um Fehlentwicklungen zu korrigieren, Fehlentwicklungen, die zum Beispiel durch eine un­faire Verteilung von Sorgearbeit und einen dadurch auch entstehenden eingeschränkten Zugang von Frauen zum Arbeitsmarkt entstehen.

Wir wissen, bezahlte und unbezahlte Arbeit ist in Österreich zwischen den Geschlech­tern eklatant – nämlich wirklich eklatant – ungerecht verteilt. Anders formuliert: Unbe­zahlte Arbeit ist weiblich. Während zwei Drittel der bezahlten Erwerbsarbeit in Österreich von Männern bestritten werden, leisten Frauen zwei Drittel der unbezahlten Arbeit. Männer arbeiten im Durchschnitt 16 Stunden pro Woche unbezahlt, Frauen doppelt so viel, also 32 Stunden, und das sind 32 Stunden, für die sie nicht bezahlt werden, 32 Stunden, die am Pensionskonto später fehlen, 32 Stunden, die oft auch in die Alters­armut führen.

Darum brauchen wir diese Studie, weil sie offenlegen wird: Wo ist der politische Hand­lungsbedarf, wo müssen wir ansetzen? Wie können wir mit zeitgemäßen neuen Eltern­teilzeitmodellen, mit Karenzmodellen, aber auch mit einer Arbeitszeitreduktion dorthin kommen, wo wir hinwollen, nämlich zu einer faireren Verteilung von bezahlter und unbezahlter Arbeit?

Die letzte Studie – Sie haben es schon gehört – ist zwölf Jahre alt, das heißt, die Daten sind veraltet. Evidenzbasierte Gleichstellungspolitik braucht aber aktuelle qualitative Daten, und die bekommen wir nun mit dieser Studie. Ich freue mich wirklich sehr, weil in der letzten Bundesregierung, unter der türkis-blauen Bundesregierung, eine Durch­führung der Zeitverwendungsstudie nicht vorgesehen worden ist. Umso mehr freue ich mich, dass wir es geschafft haben, in dieser Hinsicht auch unseren Koalitionspartner von der Notwendigkeit derselben zu überzeugen.

Ich schließe mit zwei oder drei schnellen Sätzen ab. Überlegen Sie sich das einmal: Zeit ist das Kostbarste, das wir im Leben haben. Ein Tag hat für uns alle nur 24 Stunden, und es wird endlich Zeit, dass wir diese gerecht verteilen! (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

19.07


Präsident Ing. Norbert Hofer: Zu Wort ist dazu niemand mehr gemeldet. Die Debatte ist geschlossen.

Wünscht die Frau Berichterstatterin ein Schlusswort? – Das ist nicht der Fall.

Wie vereinbart verlege ich die Abstimmungen an den Schluss der Verhandlungen über die Vorlagen des Gleichbehandlungsausschusses und fahre in der Erledigung der Tagesordnung fort.


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll111. Sitzung, 16. und 17. Juni 2021 / Seite 222

19.07.2421. Punkt

Bericht des Gleichbehandlungsausschusses über den Antrag 1511/A(E) der Abge­ordneten Gabriele Heinisch-Hosek, Kolleginnen und Kollegen betreffend Frauen am Arbeitsmarkt – Maßnahmenpaket zur Krisenbewältigung (902 d.B.)


Präsident Ing. Norbert Hofer: Wir gelangen nun zum 21. Punkt der Tagesordnung.

Auf eine mündliche Berichterstattung wurde verzichtet.

Zu Wort gelangt nun Mag.a Dr.in Petra Oberrauner. – Bitte schön, Frau Abgeordnete.


19.07.52

Abgeordnete Mag. Dr. Petra Oberrauner (SPÖ): Herr Präsident! Geschätzte Frau Minister! Ich darf zum Tagesordnungspunkt 21 Folgendes sagen: Die SPÖ hat einen Antrag hinsichtlich eines Maßnahmenpakets zur Krisenbewältigung, was den Arbeits­markt für Frauen betrifft, eingebracht. Auch diesen Antrag hat das Schicksal von 56 anderen Anträgen getroffen, nämlich dass er vertagt wurde und damit nicht mehr existent ist.

Ich möchte Kollegin Pfurtscheller wirklich ausrichten: Auch der Antrag für die Zeitver­wendungsstudie ist bereits 2018 das erste Mal von uns eingebracht worden. Es ist aber vollkommen egal, wer was einbringt. Es ist wichtig, dass es geschieht und dass es am Ende des Tages auch eine positive Veränderung in der Gesellschaft zu diesem Thema für die Frauen gibt.

Strukturrelevant ist es schon, wenn man so mit Ideen anderer umgeht. Ich möchte Sie schon darauf aufmerksam machen, dass nicht 100 Prozent der Wähler Sie gewählt haben, sondern nur ein Teil davon, und die anderen Teile der Bevölkerung, die auch Steuern zahlen, haben vielleicht auch ein Recht, ihre Ideen in einem Programm wie­derzufinden, wenn sie sinnvoll sind. Was am Ende des Tages sinnvoll ist, wird dadurch bewertet, ob Maßnahmen greifen, ob Ziele erreicht werden und ob das auch kontrol­lierbar ist.

Ich möchte festhalten, dass gewisse relevante Punkte durch diese Ablehnung einfach keine Berücksichtigung finden konnten, zum Beispiel das Thema der EPUs. Die Frauen­themen in diesem Bereich sind überhaupt nicht erledigt. 52,3 Prozent der EPUs sind weiblich und die EPUs hat die Krise besonders stark getroffen. Sie haben besonders spät und besonders wenig Geld aus den Fördermaßnahmen, die Corona zugeordnet wurden, zum Überleben bekommen. Jeder, der einmal einen Betrieb gehabt hat oder in der Wirtschaft tätig ist, weiß, Liquidität, und zwar in einem Zeitrahmen, der verträglich ist, ist überlebensnotwendig. Diese Überlebenschance haben sehr viele, auch wenn sie ihre ganzen Ersparnisse und Dinge verkauft haben, leider nicht bekommen, und insofern ist das eigentlich in diese Richtung gar kein Thema.

Ich möchte besonders auf zwei Dinge eingehen, die nicht berücksichtigt wurden. Ich hoffe, die Zeiterfassungsstudie bringt nicht nur eine bessere Verteilung der Arbeitszeit, sondern auch eine bessere Honorierung der geleisteten Arbeit. Ein innovativer Zugang – den können Sie ruhig übernehmen, Hauptsache, das wird umgesetzt – wäre zum Bei­spiel die Erhöhung des Arbeitslosengeldes von Frauen, die wegen Corona unver­schul­det in Arbeitslosigkeit geraten sind und wegen der Kinder zu Hause bleiben, weil sie die Fürsorge für das Kind übernehmen, weil die Kindergärten zu sind, oder weil sie es beim Homeschooling unterstützen. Die Zeit, die Frauen unverschuldet zu Hause verbringen, weil die Folgen der Coronakrise für die Familie von ihnen bewältigt werden, zu honorie­ren wäre ein innovativer Ansatz.


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Diese Zeiten für die Pension anzurechnen wäre ebenfalls ein innovativer Ansatz. Dann reden wir nicht mehr nur davon, wer was macht und wer was gratis macht, sondern davon, wer was macht und was man dafür bekommt. Das wäre eine Gleichbehandlung, eine Gleichberechtigung, ein modernes Konzept in einer modernen Gesellschaft.

Ich möchte noch zwei Punkte erwähnen: Bis heute gibt es keinen Grund, weder einen moralischen, noch einen legistischen noch sonst irgendeinen, warum Frauen für die gleiche Arbeit weniger verdienen. Das ist altertümlich, das hat mit einer modernen Gesellschaft überhaupt nichts zu tun. (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der Grünen.)

Sagen Sie mir bitte, wie Sie das lösen werden! Wenn Sie diesen Antrag nicht schreiben wollen, dann werden wir ihn schreiben, damit es zur Gesetzwerdung kommt. Das kann es einfach nicht geben, das ist lächerlich! Wir brauchen darum nicht zu bitten, das ist ein Menschenrecht für Frauen und Männer; das ist ganz normal, da brauchen wir keine Diskriminierungsdiskussionen.

Das Zweite, das ich noch sagen möchte: Die Frauen, die in Spitzenpositionen sind, haben jetzt einen Nachteil. Es besteht nicht nur die Gefahr, dass sie ein Baby bekom­men, es könnte auch eine Krise auftreten, und dann sind sie wieder weg – deshalb können sie beispielsweise nicht in einen Aufsichtsrat aufgenommen werden. Denken wir also bitte nach! Handeln wir innovativ und modern und geben wir Österreich in dieser Frage endlich die Position, die es verdient! – Danke. (Beifall bei der SPÖ.)

19.12


Präsident Ing. Norbert Hofer: Frau Abgeordnete Mag. Romana Deckenbacher gelangt zu Wort. – Bitte schön, Frau Abgeordnete.


19.12.09

Abgeordnete Mag. Romana Deckenbacher (ÖVP): Herr Präsident! Frau Bundes­minis­ter! Hohes Haus! Sehr geehrte Zuseherinnen und Zuseher! Ich habe an dieser Stelle schon einmal von Heldinnen gesprochen, von Frauen, die vor allem in der Krise Un­menschliches, Übermenschliches geleistet haben, noch immer leisten und oft von Mehrbelastung betroffen waren. Unternehmerinnen, Bäuerinnen, Frauen im Handel, in Dienstleistungssektoren, in systemrelevanten Berufen und Tausende von Frauen im öffentlichen Dienst haben unser System in der Krise am Laufen gehalten.

Viele Frauen, vor allem auch im Tourismus, in der Gastronomie waren leider Gottes ver­mehrt von Arbeitslosigkeit betroffen. Aktuell ist erfreulich, dass 6 600 Personen weniger arbeitslos gemeldet sind als in der Vorwoche. Im Vorjahresvergleich ist die Arbeitslosig­keit damit um fast 150 000 Personen zurückgegangen. Die Arbeitslosenquote im Mai beträgt bei den Frauen 7,8 Prozent, bei den Männern 7,5 Prozent. Wir hoffen, dass sie natürlich noch viel, viel niedriger werden wird.

Der Antrag der SPÖ betreffend „Frauen am Arbeitsmarkt – Maßnahmenpaket zur Krisen­bewältigung“ liegt uns vor. Das ist wichtig, keine Frage. Zu Beginn aber möchte ich eines ganz klar festhalten, sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen der SPÖ: Die Bundes­regierung hat seit Beginn der Krise umfangreiche Maßnahmen gesetzt, um Frauen in unterschiedlichsten Lebenssituationen die bestmögliche Unterstützung zu geben. (Beifall bei der ÖVP sowie der Abgeordneten Disoski und Maurer.)

Unsere Frauenministerin und auch der zuständige Arbeitsminister sind und waren im ständigen Austausch. Das sieht man auch an der Schwerpunktsetzung des AMS für Frauen. So gehen aus dem geplanten AMS-Förderbudget für 2020 rund 50 Prozent der Mittel an Frauen. Ich glaube, Frau Heinisch-Hosek, das war doch auch in Ihrem Sinne, soweit ich mich des Antrages entsinnen kann. Wir sprechen hier von einem Rekord­budget für Frauen am Arbeitsmarkt in der Höhe von 60,5 Millionen Euro. Wenn Sie eine


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gezielte Arbeitsmarktförderung fordern, dann möchte ich Sie daran erinnern, dass in 151 Frauenberatungsstellen in ganz Österreich viele Arbeit suchende Frauen und Mädchen in unterschiedlichsten Belangen ganz gezielt unterstützt wurden. (Zwischenruf der Abg. Heinisch-Hosek.)

Über 11 000 Frauen haben ein Frauenberufszentrum besucht, ihre Teilnahme an vielen, vielen Schulungen hat ihre Qualifikation und somit auch ihre Chance erhöht, am Arbeits­markt besser integriert zu sein. Auch die finanzielle Ausstattung von Frauenberatungs­stellen ist 2020 um 12 Prozent und 2021 erneut um 3 Prozent erhöht worden. Die Coronajoboffensive mit einem Volumen von 700 Millionen Euro hat das Ziel, Arbeits­suchende aus- und weiterzubilden. Erste Zahlen zeigen auch, dass vor allem Frauen davon profitieren: Seit dem Start sind 55 Prozent aller Teilnehmer Frauen.

Tatsache ist, dass die Forderungen im angeführten Antrag bereits fast zur Gänze um­gesetzt sind. Noch nie gab es so viele finanzielle Unterstützungsangebote für Frauen am Arbeitsmarkt. Sehr geehrte Damen und Herren, die einen fordern, aber die Bundes­regierung handelt! (Beifall bei der ÖVP sowie der Abg. Voglauer.)

19.15


Präsident Ing. Norbert Hofer: Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Rosa Ecker. – Bitte, Frau Abgeordnete.


19.16.00

Abgeordnete Rosa Ecker, MBA (FPÖ): Herr Präsident! Sehr geehrte Frau Minister! Liebe Kollegen hier im Saal! Sehr geehrte Zuschauer vor den Fernsehgeräten oder via Livestream! Ja, wir unterstützen den Antrag der SPÖ. Ein weiteres Maßnahmenpaket zur Krisenbewältigung speziell für Frauen am Arbeitsmarkt wäre eine gute Sache. Warum? – Die Arbeitslosigkeit ist rückläufig, trotzdem sind mit heutigem Datum noch immer 368 000 Menschen arbeitslos und 305 000 Menschen zur Kurzarbeit gemeldet, das heißt nicht voll im Arbeitsprozess zurück. Ja, es wird besser, aber für Frauen fällt die Besserung am Arbeitsmarkt weniger deutlich aus als für Männer. Bei älteren und beeinträchtigten Frauen ist der Rückgang der Arbeitslosigkeit sogar noch weniger spürbar. Die Zahl der Langzeitbeschäftigungslosen ist im Mai im Vergleich zum Vorjahr sogar um etwa 20 Prozent gestiegen. Umschulungs- und Weiterbildungsangebote mit frauenpolitischem Fokus sind daher notwendiger denn je.

Besonders in den ländlichen Gebieten waren im März laut ausgewerteten Arbeits­marktdaten fast 70 000 Frauen auf Jobsuche, 65 Prozent mehr als im Vorjahr. Das AMS vermutet, dass Frauen vielfach zur Randbelegschaft zählen und zuerst gekündigt wer­den – no na net. Der Handel, persönliche Dienstleistungen, Hotel- und Gastgewerbe haben schwer unter den von der Regierung verordneten Lockdowns gelitten und werden noch lange brauchen, um sich zu erholen. Sie werden noch lange keine Randbelegschaft zusätzlich einstellen, wenn es nicht nötig ist.

Private Weiterbildung ist für Frauen schwer finanzierbar, insbesondere im Bereich der Digitalisierung aber dringend notwendig, denn die Digitalisierung wird viele Frauen eher früher als später ihren Job kosten.

Besonders wichtig wäre uns auch die Erhöhung des Arbeitslosengeldes, denn wir brauchen hier in diesem Hohen Haus nicht über die niedrigen Frauenpensionen zu diskutieren, wenn wir gleichzeitig wissen, dass genau jene Frauen, die nicht zu den Großver­diene­rinnen gehören, ihren Job verloren haben. Sie trifft der Verlust doppelt: jetzt ohne Job, später weniger Pension. Längere Arbeitslosigkeit bedeutet weit weniger Einkommen und hinkünftig auch weniger Pension. Langzeitarbeitslosigkeit verschärft die Situation noch mehr.


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ÖVP und Grüne lehnen diesen Antrag und damit auch eine finanzielle Besserstellung, eine finanziell bessere Ausstattung von Frauenberatungsstellen ab. Wir haben das heute schon gehört, da wäre eine stabile Basisförderung dringend notwendig. „Koste es, was es wolle“ – das gilt für vieles, aber offensichtlich nicht für die Absicherung von Frauen. (Beifall bei der FPÖ.)

19.18


Präsident Ing. Norbert Hofer: Zu Wort gelangt Frau Abgeordnete Mag. Meri Disoski. – Bitte schön, Frau Abgeordnete.


19.18.59

Abgeordnete Mag. Meri Disoski (Grüne): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Frau Bundesministerin! Werte Kolleginnen und Kollegen! Liebe Zuseherinnen und Zu­seher! Wir haben uns hier im Hohen Haus in den vergangenen Monaten immer wieder über die Situation von Frauen am Arbeitsmarkt unterhalten und darüber debattiert. Das ist gut, richtig und wichtig. Wieso? – Weil wir wissen, dass Frauen am Arbeitsmarkt auch im Jahr 2021 noch immer strukturelle, geschlechtsbedingte Diskriminierungen erfahren.

Denken wir etwa an den Genderpaygap, den Kollegin Oberrauner in ihrer Rede vorhin völlig zu Recht erwähnt hat! Der Genderpaygap ist in Österreich beschämend hoch, er beträgt nach wie vor 20 Prozent. Frauen verdienen in Österreich um 20 Prozent weniger als Männer, einfach weil sie Frauen sind. Was kann man dagegen tun?, hat Kollegin Oberrauner gefragt. Ich glaube, ein Blick nach Skandinavien lohnt, da besteht wahr­scheinlich Konsens unter uns. Da gibt es ganz viele Maßnahmen, unter anderem die verpflichtende Lohntransparenz. In diese Richtung muss es aus meiner Sicht gehen und dazu führen wir auch Gespräche mit dem Koalitionspartner, die wir in Zukunft sicher vertiefen werden.

Wieso ist es gut, dass wir uns hier aus aktuellem Anlass mit der Arbeitsmarktsituation von Frauen beschäftigen? – Weil wir wissen, dass auch die coronabedingte Arbeitslosig­keit Frauen stärker betroffen hat als Männer. Was hat die Bundesregierung folglich gemacht, um diesem Problem zu begegnen? – Sie hat ganz viele sozial- und arbeits­marktpolitische Maßnahmen getroffen, die ganz konkret und ganz gezielt Frauen adressieren. Mit der Erhöhung der Mindestpension und auch der Notstandshilfe wurden Maßnahmen zur sozialen Absicherung von Frauen gesetzt. Wir haben dafür Sorge getragen, dass wieder 50 Prozent der AMS-Gelder für Frauen aufgewendet werden. Die Arbeitsmarktstiftung hat einen sehr klaren Frauenschwerpunkt und macht dezentral und wirklich auch passgenau Weiterbildungen und Umschulungen in den Bundesländern möglich.

Mit der Initiative Sprungbrett gehen wir aktiv – und das ist mir wirklich wichtig: aktiv! – gegen Langzeitarbeitslosigkeit, insbesondere von Frauen, vor. Ein Paket in dieser Höhe ist in der Geschichte Österreichs einzigartig, mag ich fast sagen, und das völlig zu Recht, weil außergewöhnliche Situationen, wie sie die Coronapandemie darstellt, auch nach außergewöhnlichen Maßnahmen verlangen. (Beifall bei den Grünen.)

Kolleginnen von der SPÖ, fällt Ihnen etwas auf, wenn ich diese Maßnahmen so auf­zähle? Die Punkte, die ich gerade genannt habe, finden sich auch in Ihrem Antrag, und die sind entweder schon umgesetzt oder in Umsetzung. Das muss Ihnen doch auffallen, wenn Sie diese Anträge einbringen, dass wir das zum Teil schon abgearbeitet haben oder Initiativen, die in diese Richtung gehen, gerade auch in Umsetzung haben.

Wenn es Ihnen im Parlament nicht aufgefallen ist, Ihren Kolleginnen und Kollegen in den Bundesländern ist das schon aufgefallen, dass es da eine große arbeitsmarktpolitische Initiative der Bundesregierung gibt, mit der auch frauenpolitische Schwerpunkte möglich sind. Die Kolleginnen und Kollegen der SPÖ in den Bundesländern schöpfen die Mittel


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auch gerne medienwirksam aus, denn woher kommen denn die Gelder der Pflege­stiftung in Wien?  Von den 77 Millionen Euro der Wiener Pflegestiftung kommen 55 Mil­lionen Euro aus dem Bundesbudget. Bei den Pressekonferenzen der Wiener Stadtre­gierung habe ich den Hinweis darauf wohl überhört, aber sei’s drum.

In Ihrem Antrag sprechen Sie auch von prekären Lebensumständen von Frauen, die es zu bewältigen gilt. Wenn das der Sozialdemokratie solch ein Anliegen ist, dann, bitte, reden Sie mit Ihren Kolleginnen und Kollegen in Wien! Das muss man sich einmal vor­stellen, was die machen: Mitten in der größten Krise der Zweiten Republik kürzen NEOS und SPÖ im Schnelldurchlauf die Mindestsicherung. Wie können Sie das verantworten? Wie? (Beifall bei den Grünen.)

In Ihrem Antrag findet sich auch eine Erhöhung des Arbeitslosengeldes. Ich darf Sie noch einmal sehr gerne daran erinnern, dass es SPÖ-geführte Bundesregierungen wa­ren, die das Arbeitslosengeld Schritt für Schritt für Schritt gekürzt haben. Das haben Sie zu verantworten. (Zwischenruf des Abg. Kollross. – Weitere Zwischenrufe bei der SPÖ.)

Werte Kollegin von der FPÖ, Kollegin Ecker, wenn Sie sich hierherstellen und behaup­ten, Sie wollen sich für Arbeitslose starkmachen, dann ringt mir das ja nicht einmal ein müdes Lächeln ab. Wer hat denn 2017 im gemeinsamen Regierungsübereinkommen mit der ÖVP ein Arbeitslosengeld Neu angekündigt, das auf eine Kürzung hinaus­ge­laufen wäre? Wer war denn das? Wir waren es nicht! Das war schon die FPÖ. (Beifall bei den Grünen.)

Sehr geehrte Damen und Herren! Mit uns Grünen wird es solche unsozialen Kürzungen jedenfalls nicht geben. (Beifall bei den Grünen.)

19.23


Präsident Ing. Norbert Hofer: Frau Abgeordnete Henrike Brandstötter gelangt zu Wort. – Bitte schön, Frau Abgeordnete.


19.23.26

Abgeordnete Henrike Brandstötter (NEOS): Sehr geehrter Herr Präsident! Kollegin­nen und Kollegen! Auf die Polemik von Kollegin Disoski gehe ich jetzt nicht ein (Zwi­schenruf der Abg. Disoski), sondern ich gehe auf den eigentlichen Antrag der SPÖ hinsichtlich eines Arbeitsmarktpakets für Frauen als Maßnahmenpaket zur Krisenbe­wältigung ein.

Wir verstehen die Intention, unterstützen aber nicht alle Maßnahmen, die Sie vor­schla­gen. Ich greife eine Maßnahme heraus: Die SPÖ möchte die Hälfte der AMS-Mittel für Frauen aufwenden. Wie sieht denn da die aktuelle Lage aus? – Derzeit sind 149 623 Frauen Arbeit suchend gemeldet und 167 337 Männer. Es sind also aktuell mehr Männer als Frauen beim AMS, und trotzdem gibt es bei Schulungen richtigerweise einen Frauen­schwer­punkt, auf den haben wir uns auch verständigt und geeinigt. Derzeit sind 41 408 Frauen und 33 992 Männern in Schulungen, also auch da deutlich weniger Männer.

Jetzt aber grundsätzlich die Mittel, unabhängig von der Pandemie, von allen Zahlen und von allen Notwendigkeiten, auf 50 : 50 festzuzurren, das halte ich in keiner Richtung für besonders gescheit. Wir haben aber Handlungsbedarf beim AMS, Kollegin Oberrauner hat es direkt angesprochen: Es geht um die EPUs. Mehr als 50 Prozent der EPUs sind weiblich und die Krise setzt den über 300 000 EPUs in Österreich sehr zu. Viele müssen zusperren, Konkurs anmelden, vor allem dann, wenn das Insolvenzmoratorium ausläuft.

Viele haben schon aufgegeben, das zeigen die Zahlen aus einer Anfrage von mir an Ar­beitsminister Kocher. Konkret mussten zwischen März 2020 und Februar 2021 10 122 Per­­sonen ihre Selbstständigkeit aufgeben und sind in eine Arbeitslosenvormerkung ge­wech­selt. Zwei Drittel dieser über 10 000 Personen haben einen Anspruch auf Arbeitslosengeld, ein


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Drittel nicht. Damit diese Menschen nicht direkt in der Mindestsicherung landen, mit all den Konsequenzen, schlagen wir einen Vorschuss auf das Arbeitslosengeld vor.

Was bedeutet das konkret? – Wer in der aktuellen Sondersituation seine Selbst­ständig­keit aufgeben muss, wer Insolvenz beantragen muss, der soll einen außertourlichen Anspruch auf Arbeitslosengeld erwerben können. Weil es sich beim Arbeitslosengeld ja grundsätzlich um eine beitragsfinanzierte Versicherungsleistung handelt, in diesem Fall aber keine Beiträge geleistet wurden, müssen wir das Versicherungsprinzip umkehren: Betroffene Selbstständige können jetzt ein Arbeitslosengeld beziehen und die Beiträge werden dann zu einem späteren Zeitpunkt von ihnen zurückbezahlt. Diese Möglichkeit soll befristet bis Ende 2022 bestehen.

Zweiter Punkt: Selbstständige kommen auch ganz selten in den Genuss von AMS-Schu­lungsmaßnahmen. Also von den erwähnten 10 122 Personen, die aktuell arbeitslos gemeldet sind, haben 9 513 keine Schulungsmaßnahmen erhalten. Da ist aus unserer Sicht definitiv Luft nach oben. Es braucht hier mehr Schulungsangebote für Selbst­ständige, und konkret wäre eine Möglichkeit, das Unternehmensgründungsprogramm auszuweiten. Im Augenblick dürfen vormals Selbstständige, also Menschen, die in den letzten drei Jahren selbstständig waren, oder Menschen, die sich in einem laufenden Exekutions- oder Schuldenregulierungsverfahren befinden, nicht daran teilnehmen. Jetzt müssen dann Menschen, die selbstständig waren, wieder selbstständig werden wollen, dazwischen beim AMS sind, Kurse machen à la: Wie bewerbe ich mich richtig? – Das halten wir nicht für sinnvoll.

Das sind zwei konkrete Vorschläge von uns, wie man den EPUs und damit auch vielen Frauen helfen kann, schnell wieder auf die Beine zu kommen, um neu durchzustarten. Liebe ÖVP! Liebe Grüne! Ich habe dazu keinen Antrag geschrieben, weil ihr immer sagt, ihr setzt eh alles um, bevor quasi die Tinte trocken ist. Das sind jetzt zwei Möglichkeiten, konkrete Vorschläge von uns direkt umzusetzen. – Vielen Dank. (Beifall bei den NEOS.)

19.27


Präsident Ing. Norbert Hofer: Zu Wort gelangt Frau Abgeordnete Mag. Maria Smodics-Neumann. – Bitte schön, Frau Abgeordnete.


19.27.48

Abgeordnete Mag. Maria Smodics-Neumann (ÖVP): Herr Präsident! Sehr geehrte Frau Bundesminister Edtstadler! Du hast jetzt den ganzen Tag mit uns verbracht, in deiner Doppelfunktion. Herzlichen Dank für diesen Arbeitseinsatz von 9 Uhr Früh bis jetzt. Danke vielmals.

Sehr geehrte Frau Bundesministerin Raab! Ich darf Ihnen auch noch ganz persönlich alles Gute für die Geburt wünschen, und vor allem die Möglichkeit, diesen ersten Augen­blick, wenn Sie Ihr Baby in der Hand haben, gleich unmittelbar nach der Geburt so genießen zu können, wie ich es damals konnte. Das ist eine der tiefsten Empfindungen, die bei mir auch noch 21 Jahre danach absolut präsent ist, wenn ich daran denke. Das wünsche ich Ihnen von Herzen. (Beifall bei der ÖVP sowie der Abg. Disoski.)

Sehr geehrte Damen und Herren! Als Vertreterin der Wirtschaft darf ich mich in diesem Antrag natürlich den Einpersonenunternehmen widmen. Ich habe auch noch einmal ein bisschen in der Statistik gekramt, denn 60 Prozent der Unternehmen in Österreich sind Einpersonenunternehmen und 51,9 Prozent davon werden von Frauen geführt. Da würde ich jetzt einmal sagen, das ist eigentlich eine schöne, ausgewogene Zahl. Wenn man schaut, was denn die Gründungsmotive sind, die Motive, warum man sich selbst­ständig macht, dann sind das zu 80 Prozent: unabhängig zu sein, frei entscheiden zu können, zu 76 Prozent: sich auch selbst verwirklichen zu können, und die Erreichung einer flexiblen Zeiteinteilung immerhin noch zu knapp 70 Prozent.


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll111. Sitzung, 16. und 17. Juni 2021 / Seite 228

Ich kann mich noch sehr gut erinnern, eine meiner ersten Reden hier in diesem Haus war zum Rechnungshofbericht des Pensionsantrittsalters der Landesbeamten und Lan­desbeamtinnen. Aus den Recherchen im Zuge der Vorbereitung für diese Rede – ich kann mich noch sehr genau erinnern – hat sich ergeben, dass die Selbstständigen interessanterweise an erster Stelle dabei liegen, gesund das Regelpensionsalter zu erreichen. Das heißt, Selbstständigkeit ist auch noch eine gute Vorsorge.

Es gibt in der Wirtschaftskammer natürlich ganz viele Programme, mit denen wir die Einpersonenunternehmen unterstützen und betreuen. Die Betriebshilfe, zum Beispiel, gibt es seit vielen, vielen Jahren, sie kommt dann aufs Tapet, wenn es im Betrieb eine Notsituation gibt, zum Beispiel eine Geburt oder eine längere Krankheit. Dann kann man die Betriebshilfe in Anspruch nehmen.

Kurse, Seminare, Weiterbildungsmöglichkeiten – für jene Einpersonenunternehmen, die in der Selbstständigkeit, in der Gründungsphase, in der Weiterbildungsphase, in der Phase des Schrittes zum ersten Arbeitnehmer Hilfe brauchen, gibt es auch ganz, ganz viel.

In meiner Sparte in Wien, Gewerbe und Handwerk, haben wir ein branchenspezifisches Mentoringprogramm aufgesetzt. Das heißt, ein alter Meister – Sternchen – trifft einen jungen Helden – Sternchen – derselben Branche, sie matchen und können branchen­spezifische Erfahrungen austauschen. Das geht natürlich auch bis hin zur Ausbildung.

Ein positives Beispiel möchte ich auch noch ganz kurz nennen, weil es vorige Woche präsent war: Ich durfte vorige Woche einen Mitgliedsbetrieb, nämlich einen Maler­betrieb – einen Meisterbetrieb –, besuchen, weil dieser den Amazone-Award von Sprung­brett für Mädchen gewonnen hat. Auf der Urkunde steht: Malerbetrieb Andreas Leo Denner, Meisterbetrieb; dieser Betrieb bildet junge Frauen – Sternchen – in handwerk­lichen/technischen Berufen aus und überzeugt dabei durch folgende Maßnahmen: außergewöhnlich großes soziales Engagement bei der Aufnahme und Begleitung von Lehrlingen, Vorbildfunktion innerhalb der Branche, sehr wertschätzendes und familiäres Betriebsklima, hohes Bewusstsein für Diversität und Gleichstellung, aktive und umfas­sende Unterstützung von Jugendlichen im Bereich der Berufsorientierung.

Andreas Leo Denner ist einer von vielen, die nicht aus Genderbewusstsein, sondern einfach mit einem natürlichen Zugang sehr gerne Mädchen in typischen Männerberufen, wie wir sie alle noch nennen, anstellen – was auch gut ist. Ich freue mich, wenn diese Programme, die es seit vielen, vielen Jahren gibt, endlich greifen. Ich muss mich oft selbst zurücknehmen, dass ich dieser Freude nicht Ausdruck verleihe, wenn ich zum Beispiel eine Kfz-Mechanikerin sehe, denn ich glaube, wir müssen mittlerweile ein bisschen aufpassen, dass wir nicht dem Burschen, der Kfz-Mechanik lernt, weniger Auf­merksamkeit schenken als dem Mädchen. Wir müssen jede einzelne Fachkraft, die Österreich mit einer hervorragenden Ausbildung hervorbringt, gleich wertschätzen. Das ist manchmal schwer, aber ich glaube, diesen Weg können wir jetzt beschreiten. – Danke. (Beifall bei der ÖVP sowie der Abgeordneten Disoski und Voglauer.)

19.33


Präsident Ing. Norbert Hofer: Zu Wort ist dazu niemand mehr gemeldet. Die Debatte ist geschlossen.

Wünscht die Frau Berichterstatterin ein Schlusswort? – Das ist nicht der Fall.

Wie vereinbart verlege ich die Abstimmungen an den Schluss der Abstimmungen über die Vorlagen des Gleichbehandlungsausschusses.


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll111. Sitzung, 16. und 17. Juni 2021 / Seite 229

19.33.09Abstimmung über die Tagesordnungspunkte 11 bis 21


Präsident Ing. Norbert Hofer: Wir kommen nun zu den verlegten Abstimmungen über die Berichte des Gleichbehandlungsausschusses, die ich über jeden Tagesord­nungs­punkt getrennt vornehme.

Wünschen die Klubs vor der Abstimmung eine Unterbrechung? – Das ist offenbar nicht der Fall.

Wir kommen jetzt zur Abstimmung über Tagesordnungspunkt 11, die dem Ausschuss­bericht 892 der Beilagen angeschlossene Entschließung betreffend „der Erhebung über Geldmittel, die der Bund für Maßnahmen in Bezug auf den Abbau von Gewalt ge­gen Frauen und Kinder, sowie für die Präventionsarbeit, inklusive Täterarbeit in den einzelnen Ministerien aufwendet“.

Ich bitte jene Damen und Herren, die hiefür eintreten, um ein Zeichen der Zustimmung. – Das ist einstimmig angenommen. (182/E)

Wir gelangen nun zur Abstimmung über Tagesordnungspunkt 12: Antrag des Gleich­behandlungsausschusses, seinen Bericht 893 der Beilagen zur Kenntnis zu nehmen.

Ich bitte jene Damen und Herren, die hiezu ihre Zustimmung geben, um ein ent­sprechen­des Zeichen. – Das ist mehrheitlich angenommen.

Wir gelangen nun zur Abstimmung über Tagesordnungspunkt 13: Antrag des Gleich­behandlungsausschusses, seinen Bericht 894 der Beilagen zur Kenntnis zu nehmen.

Ich bitte jene Damen und Herren, die dafür sind, um ein entsprechendes Zeichen. – Auch das ist mehrheitlich angenommen.

Wir gelangen zur Abstimmung über Tagesordnungspunkt 14: Antrag des Gleichbe­handlungsausschusses, seinen Bericht 895 der Beilagen zur Kenntnis zu nehmen.

Wer dafür ist, den bitte ich um ein Zeichen der Zustimmung. – Das ist mehrheitlich an­genommen.

Wir kommen jetzt zur Abstimmung über Tagesordnungspunkt 15, die dem Ausschuss­bericht 896 der Beilagen angeschlossene Entschließung betreffend „Schutz von inter­geschlechtlichen Kindern und Jugendlichen vor medizinisch nicht notwendigen Be­hand­lungen an den Geschlechtsmerkmalen“.

Ich bitte jene Damen und Herren, die hiefür eintreten, um ein Zeichen der Zustimmung. – Das ist mehrheitlich angenommen. (183/E)

Wir gelangen nun zur Abstimmung über Tagesordnungspunkt 16: Antrag des Gleich­behandlungsausschusses, seinen Bericht 897 der Beilagen zur Kenntnis zu nehmen.

Ich bitte jene Damen und Herren, die hiezu ihre Zustimmung geben, um ein ent­sprechendes Zeichen. – Das ist mehrheitlich angenommen.

Wir gelangen zu den Abstimmungen über Tagesordnungspunkt 17. Wir kommen zu­nächst zur Abstimmung über den Antrag des Gleichbehandlungsausschusses, seinen Bericht 898 der Beilagen hinsichtlich des Entschließungsantrages 1600/A(E) zur Kennt­nis zu nehmen.

Ich bitte jene Damen und Herren, die dazu ihre Zustimmung geben, um ein ent­sprechen­des Zeichen. – Das ist mehrheitlich angenommen.

Weiters kommen wir zur Abstimmung über die dem Ausschussbericht 898 der Beilagen angeschlossenen Entschließung betreffend „Verbot von Behandlungen bei Minderjäh­rigen, sowie Volljährigen, deren Einwilligung auf Willensmangel beruht, die auf eine Ver­änderung der sexuellen Orientierung abzielen“.


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll111. Sitzung, 16. und 17. Juni 2021 / Seite 230

Ich bitte jene Damen und Herren, die dafür eintreten, um ein Zeichen der Zustimmung. – Das ist einstimmig angenommen. (184/E)

Wir gelangen nun zur Abstimmung über den Entschließungsantrag der Abgeordneten Nico Marchetti, Dr.in Ewa Ernst-Dziedzic, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Schutz der LGBTIQ-Rechte in Europa“.

Ich bitte jene Damen und Herren, die für diesen Entschließungsantrag sind, um ein Zeichen der Zustimmung. – Das ist mehrheitlich angenommen. (185/E)

Wir gelangen zur Abstimmung über den Entschließungsantrag der Abgeordneten Mag. Yannick Shetty, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Angriffe auf LGBTIQ-Rechte in Ungarn aufs Schärfste verurteilen“.

Ich bitte jene Damen und Herren, die für diesen Entschließungsantrag sind, um ein Zeichen der Zustimmung. – Das ist die Minderheit. Der Antrag ist abgelehnt.

Wir gelangen nun zur Abstimmung über Tagesordnungspunkt 18: Antrag des Gleich­behandlungsausschusses, seinen Bericht 899 der Beilagen zur Kenntnis zu nehmen.

Ich bitte jene Damen und Herren, die hiezu ihre Zustimmung geben, um ein ent­sprechen­des Zeichen. – Das ist mehrheitlich angenommen.

Wir gelangen zur Abstimmung über den Entschließungsantrag der Abgeordneten Edith Mühlberghuber, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Schulstartgeld für alle Schülerinnen und Schüler der Primar- und Sekundarstufe“.

Ich bitte jene Damen und Herren, die für diesen Entschließungsantrag sind, um ein Zeichen der Zustimmung. – Das ist die Minderheit. Der Antrag ist abgelehnt.

Wir gelangen zur Abstimmung über Tagesordnungspunkt 19: Antrag des Gleich­be­handlungsausschusses, seinen Bericht 900 der Beilagen zur Kenntnis zu nehmen.

Ich bitte jene Damen und Herren, die hiezu ihre Zustimmung geben, um ein entsprechen­des Zeichen. – Das ist mehrheitlich angenommen.

Wir gelangen zur Abstimmung über Tagesordnungspunkt 20: Antrag des Gleichbe­handlungsausschusses, seinen Bericht 901 der Beilagen zur Kenntnis zu nehmen.

Ich bitte jene Damen und Herren, die dazu ihre Zustimmung geben, um ein ent­sprechen­des Zeichen. – Das ist mehrheitlich angenommen.

Wir gelangen zur Abstimmung über Tagesordnungspunkt 21: Antrag des Gleichbe­handlungsausschusses, seinen Bericht 902 der Beilagen zur Kenntnis zu nehmen.

Ich bitte jene Damen und Herren, die dazu ihre Zustimmung geben, um ein entsprechen­des Zeichen. – Das ist mehrheitlich angenommen.

19.38.1322. Punkt

Bericht des Umweltausschusses über die Regierungsvorlage (812 d.B.): Umwelt­schutzprotokoll zum Antarktis-Vertrag samt Anhang und Anlagen I bis V (903 d.B.)

23. Punkt

Bericht des Umweltausschusses über den Antrag 1576/A(E) der Abgeordneten Walter Rauch, Kolleginnen und Kollegen betreffend praktischer Klimaschutz statt ideologiegetriebenem Gesellschaftsumbau (906 d.B.)



Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll111. Sitzung, 16. und 17. Juni 2021 / Seite 231

Präsident Ing. Norbert Hofer: Wir gelangen nun zu den Punkten 22 und 23 der Tages­ordnung, über welche die Debatten unter einem durchgeführt werden.

Auf eine mündliche Berichterstattung wurde verzichtet.

Zu Wort gelangt nun Abgeordneter Walter Rauch. – Bitte.


19.38.51

Abgeordneter Walter Rauch (FPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Frau Bundes­minis­ter! Hohes Haus! Sehr geehrte Zuseherinnen und Zuseher vor den Fernsehgeräten und Bildschirmen! Ja, praktischer Klimaschutz statt ideologischem Gesellschaftsumbau – das ist das Thema, das ich heute hier ans Rednerpult bringe und auch als Antrag for­muliert habe.

Warum? – Frau Bundesminister, mit Ihren Aktionen und Maßnahmen, die Sie in den letzten Monaten oder seit über einem Jahr gesetzt haben, ist es aus unserer Sicht einzig und allein ein ideologischer Kampf im Klima- und Umweltschutzbereich, den Sie führen, und keine sachpolitische Auseinandersetzung mit Hausverstand im Bereich des Klima­schutzes und auch des Naturschutzes.

Ich kann das auch ganz einfach begründen. Auf der einen Seite steht jetzt gerade die massive Erhöhung der NoVA an, von der Tausende Familien, Tausende Unternehmer betroffen sind. Das ist einzig und allein eine Österreichsteuer, die gibt es in keinem anderen Staat in Europa.

Diese Österreichbelastung, die Sie da ins Rennen gebracht haben, werden am Ende des Tages einzig und allein die Bürger zahlen müssen, vor allem die Konsumenten. Und in Richtung der ÖVP, die sich immer Wirtschaftspartei schimpft, muss ich sagen: Es ist höchst an der Zeit, sich irgendwann einmal dazu zu bekennen, was Ihre Ziele sind und was Sie der Wirtschaft oder den Familien noch zusätzlich antun möchten.

Ich bringe Beispiele: Ein VW Sharan, ein typisches Familienfahrzeug hier in Österreich, kostet aktuell 38 100 Euro; 2024 wird er 41 950 Euro kosten. Das ist ein Plus, eine Kostensteigerung in der Höhe von 3 850 Euro für die Anschaffung dieses Pkws. Gleich­zeitig gibt es eine NoVA-Erhöhung für Klein- und Mittelbetriebe. Ein Pritschenwagen, ein Fiat Ducato, kostet aktuell 24 900 Euro; 2024 wird er 46 000 Euro kosten  ein Plus von 21 000 Euro. Jetzt frage ich Sie: Wer wird am Ende des Tages diese Mehrbelastung bezahlen? – Der Konsument! Dafür sind Sie (in Richtung Grüne) verantwortlich und dafür sind Sie (in Richtung ÖVP) verantwortlich, dass im Endeffekt auf der einen Seite der Wirtschaftsstandort Österreich gefährdet ist und auf der anderen Seite auch dieser ideologische, gesellschaftspolitische Umbau, den Sie da ins Rennen führen, ent­sprechend vorangetrieben wird. (Beifall bei der FPÖ. – Zwischenruf des Abg. Schnabel.)

Wenn aus dem Sektor der ÖVP dann Zwischenrufe kommen, weiß ich schon, dass Sie nervös sind. Das verstehe ich natürlich aufgrund Ihrer Regierungssituation, aufgrund Ihres Kanzlers und, und, und. Gleichzeitig verstehe ich Sie aber nicht mehr, wenn Sie der Wirtschaft dementsprechend schaden. (Abg. Jakob Schwarz: Der Wirtschaft hilft das!) – „Der Wirtschaft hilft das!“ – Ich bringe Ihnen ein Beispiel: Der Magna-Chef in Graz, er wird Ihnen nicht ganz unbekannt sein, hat gesagt: Ganz einfach, bei Mehr­belastungen wandere ich von Graz in den Süden, nach Slowenien! – Ganz einfach. Das sind 10 000 Arbeitsplätze! (Zwischenruf des Abg. Jakob Schwarz.) Sie kommen ja selbst aus der Steiermark, und an Ihrer Stelle würde ich einmal vor der eigenen Haustüre kehren und mich irgendwann dazu entschließen und dann dazu bekennen. (Neuerlicher Zwischenruf des Abg. Jakob Schwarz.) Also da sind Sie natürlich ein sehr ideologisch getriebenes Vehikel, das im Endeffekt nichts mit Klima- und Umweltschutzpolitik zu tun hat.


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll111. Sitzung, 16. und 17. Juni 2021 / Seite 232

Einen Bereich, Frau Bundesminister, muss ich noch ansprechen: Sie betonen ja immer, Sie fahren gerne mit dem Zug – das ist sehr löblich – und wollen die Inlandsflüge in Österreich streichen. Das betrifft Graz, Linz, Innsbruck, Klagenfurt, all diese Städte, die natürlich für die einzelnen Länder wichtig sind, auch für den Wirtschaftsstandort. Ihr Staatssekretär, der Staatssekretär in Ihrem eigenen Haus – ich habe diesbezüglich eine Anfrage an Sie gestellt – fliegt Zigtausend Kilometer allein von Wien nach Vorarlberg oder nach Innsbruck, auf dem Weg in seinen Heimatort, und da muss ich sagen: Man sollte immer zuerst vor der eigenen Haustüre kehren, immer dort beginnen, bevor man den anderen belastet.

Das ist eigentlich nicht das, was wir uns vorstellen, und deshalb noch einmal: Weg von dieser ideologischen Klimaschutzpolitik und hin zum Hausverstand! (Beifall bei der FPÖ.)

19.43


Präsident Ing. Norbert Hofer: Zu Wort gelangt nun Frau Dr.in Astrid Rössler. – Bitte schön, Frau Abgeordnete.


19.43.52

Abgeordnete Dr. Astrid Rössler (Grüne): Herr Präsident! Mein Thema ist nicht die NoVA, sondern die Antarktis. Wer die Nachrichten der letzten Tage gehört hat, weiß, dass die Arktis, also die Nordkappe, wesentlich schneller schmilzt als erwartet und dass wir bereits wissen, dass das massive Auswirkungen auf das Weltklima hat.

Heute befassen wir uns mit der Antarktis, nämlich dem Umweltschutzprotokoll zum Antarktis-Vertrag. Das Umweltschutzprotokoll wurde vor 30 Jahren unterzeichnet und wird heute ratifiziert. Nach 30 Jahren war also sozusagen die Zeit reif, dieses wichtige Signal zu setzen. Es ist dies ein wichtiges Signal für die Antarktis als extrem sensibles Ökosystem und auch in Richtung der sehr unterschiedlichen Begehrlichkeiten, was die Ausnutzung der dort vermuteten oder bekannten Rohstoffe betrifft, weltweit gemeinsam den Schutz dieser Ökosysteme sicherzustellen. Das Umweltschutzprotokoll wird mit diesem Beschluss ratifiziert, und dies ist auch ein ganz wichtiges weiteres Signal für die Bedeutung internationaler Zusammenarbeit im Umweltschutz.

Warum das so wichtig ist, einige Details dazu aus diesem Umweltschutzprotokoll: Es geht konkret um die gemeinsame Vereinbarung der Art von Schutzmechanismen, nicht nur eines Schiedsgerichtes, um allfällige Streitigkeiten oder Uneinigkeiten zu regeln, es geht insbesondere um den Erhalt der Tier- und Pflanzenarten und ganz strikte Regeln, was überhaupt entnommen werden darf, ausschließlich für wissenschaftliche Zwecke, die nicht substituierbar sind.

Die Anlage II hält fest – ganz konkret –, dass auch keine fremden Arten eingeschleppt werden dürfen, weil gerade diese abgegrenzten Ökosysteme vor allem auch durch ein­geschleppte Arten schwer geschädigt werden können.

Wichtig ist die Anlage III, in der es um die Abfallentsorgung geht. Abfälle jeglicher Art müssen einer geordneten Behandlung zugeführt werden, es darf keine Verbrennung im Freien stattfinden – wir wissen ja, welche Luftschadstoffe sich dann anlagern. Es ist auch angeführt, welche Stoffe überhaupt verboten sind oder wieder entfernt werden müssen, und weiters verbotene Erzeugnisse, die dort nicht abgelagert oder auch nicht zwischengelagert werden können.

In der Anlage IV geht es schließlich um den Schutz der Meereswässer, darum, welche Substanzen nicht eingebracht werden dürfen. Das betrifft insbesondere die Schifffahrt, Verschmutzungen durch Öl, aber auch die Regelung von Einträgen durch Abfälle.


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll111. Sitzung, 16. und 17. Juni 2021 / Seite 233

Es ist dies ein extrem wichtiges Protokoll, und es ist ein wichtiges Signal, dass dieses Umweltschutzprotokoll mit dem heutigen Beschluss von Österreich ratifiziert wird. (Bei­fall bei Grünen und ÖVP.)

19.46


Präsident Ing. Norbert Hofer: Zu Wort gelangt Frau Abgeordnete Cornelia Ecker. – Bitte schön.


19.47.04

Abgeordnete Cornelia Ecker (SPÖ): Herr Präsident! Geschätzte Frau Ministerin! In den 1970er-Jahren haben Bergbauunternehmungen begonnen, in der Antarktis nach mine­ralischen Rohstoffen zu suchen. Nach Bekanntwerden dieser Maßnahme regte sich großer Widerstand, daher wollten die Antarktisvertragsstaaten bereits 1980 ein Abkom­men schließen, um die Umwelt in diesem Gebiet zu schützen, mit dem Manko, dass es weiterhin erlaubt sein sollte, mineralische Rohstoffe abzubauen.

Die Verhandlungen scheiterten, die Gespräche liefen jedoch weiter, und am 4. Oktober 1991 unterzeichnete Österreich mit weiteren 25 Antarktisvertragsstaaten schließlich das Umweltschutzprotokoll zum Antarktis-Vertrag, welches am 4. Jänner 1998 schlussend­lich in Kraft trat, also sieben Jahre später. Heute ratifizieren wir, wie wir schon gehört haben, hier im Hohen Haus dieses Protokoll, welches zweifelsohne die strengsten Schutz­maßnahmen für die Umwelt festlegt, welche jemals für eine Region der Erde vereinbart wurden, und das ist auch gut so.

Dieses Übereinkommen zielt auch darauf ab, dass der Abbau von Rohstoffen verboten und alles getan werden muss, dass das Ökosystem rund um die Antarktis erhalten bleibt.

Des Weiteren enthält es Regelungen betreffend den Umgang mit Abfall, Regelungen zur Verhütung von Meeresverschmutzung, zur Errichtung von Schutzgebieten und zu ver­bindlichen Umweltverträglichkeitsprüfungen überall dort, wo menschliche Aktivitäten im Bereich von Forschung oder Tourismus vorgesehen sind.

Dieses Vertragswerk hat aber nicht nur einen umfassenden Schutzcharakter für die Natur, sondern trägt auch eine friedenssichernde Funktion in sich. Man darf nämlich nicht vergessen, dass gerade um das Gebiet der Antarktis seit über 50 Jahren ein Territorialkonflikt herrscht. Dieser wurde mit dem Abkommen quasi eingefroren. Damit ist dieses Gebiet der Erde zu einem dem Frieden gewidmeten Naturreservat geworden, welches der Wissenschaft zur Verfügung steht. Die Schaffung eines derartigen Gebietes war zur Zeit der Ausverhandlung des Vertrages ein ganz spezieller Wunsch auch Österreichs.

Anlässlich des 25. Geburtstages verabschiedeten die Vertragsstaaten eine Resolution, welche die Forderung erneuerte, den kommerziellen Abbau von Rohstoffen in diesem Gebiet der Antarktis zu unterlassen. Aus meiner Sicht ist das ein sehr wichtiger Schritt, denn die Rohstoffe auf unserem Planeten werden immer weniger, und es gibt Gebiete, die um jeden Preis vor der Ausbeutung geschützt werden müssen.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, die Antarktis ist mit Sicherheit eines der sen­sibelsten Gebiete auf unserer Erde, welches geschützt werden muss. Die heutige Ratifi­zierung des Umweltprotokolls ist auch ein wichtiges Zeichen für Österreich. Ich bin mir sicher, dass unsere heimischen Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler mit unserem positiven Beschluss heute hier im Hohen Haus ihre Forschungsaktivitäten in diesem Bereich ausbauen können, und das ist auch wichtig, um einen wertvollen Beitrag zum Erhalt dieses einzigartigen Ökosystems leisten zu können. – Danke schön. (Beifall bei der SPÖ, bei Abgeordneten der Grünen sowie des Abg. Schnabel.)

19.50



Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll111. Sitzung, 16. und 17. Juni 2021 / Seite 234

Präsident Ing. Norbert Hofer: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Johannes Schmuckenschlager. – Bitte, Herr Abgeordneter.


19.50.48

Abgeordneter Johannes Schmuckenschlager (ÖVP): Herr Präsident! Geschätzte Frau Bundesministerin! Sehr geehrte Damen und Herren! Wir haben den Antrag des Kollegen Rauch im Ausschuss abgelehnt und werden das auch heute tun, denn wenn man davon spricht, dass man in der Umweltpolitik eine ideologiefreie Politik haben möchte, dann ist das, glaube ich, falsch. Wir brauchen Ideologie, um in der Umweltpolitik voranzukommen. Wir alle haben unsere Ideologien, die sehr viel mit Lebensrealitäten zu tun haben, darum sind wir ja auch Politiker geworden. Das heißt, es ist schon im Grund­satz falsch.

Ich möchte das anhand eines Beispiels klarmachen: In letzter Zeit ist immer wieder eine Studie des ÖAMTC rund um Elektroautos in Diskussion, in der dem Elektroauto eine sehr gute Bilanz bescheinigt wird, was man natürlich unterstützen muss. Eine Präambel sozusagen in dem ÖAMTC-Artikel im „Trend“ lautet aber – ich zitiere –: „Weniger klar ist allerdings noch immer, ob und ab wann sich“ ein E-Auto rechnet. Klar ist, „dass es für unterschiedliche Bedürfnisse immer unterschiedliche Rechnungen geben wird“. – Genau da sind wir bei der Ideologie, und genau das zeigt auch das Spektrum der Um­weltpolitik in diesem Bereich auf, denn es hat mit Umweltpolitik zu tun, wenn es um Lebensrealitäten geht.

Wenn es beim Verbrennungsmotor darum geht, dass wir im Privatbesitz der Österreiche­rinnen und Österreicher einen Gesamtwert von rund 42 Milliarden Euro haben, bei dem wir wissen: Laufzeiten von zehn bis 20 Jahren, Werte, die man weitervermitteln kann, dann ist ja die Frage nicht, ob es gut ist, solch ein Auto zu haben oder nicht, sondern die Frage ist: Wie können wir jenen CO2-Ausstoß mindern, der die negative Folge ist? Da geht es dann darum, was ich einfülle. Ich glaube, das ist ganz, ganz wesentlich, weil es schon ein Unterschied ist, ob die Menschen in der Stadt oder am Land wohnen, ob es für den Privatgebrauch ist oder zum Beispiel für Baufahrzeuge, Zugmaschinen et cetera, und letztendlich auch, wie wir Logistik steuern und lenken. Da geht es um die Bahn, um den Schiffsverkehr und immer um die Frage der Primärenergie – so auch im Flug­verkehr.

Sie haben es angesprochen: Auch Staatssekretär Brunner ist im Inland mit dem Flug­zeug unterwegs, natürlich bei weiten Strecken. Da geht es aber um Zeiteffizienz, um Zeit, die er für die Bürgerinnen und Bürger in Österreich zur Verfügung haben sollte. (Abg. Kassegger: Das ist doch jetzt alles verboten! – Zwischenruf des Abg. Rauch. – Abg. Kassegger: ... er bleibt am Boden!) Er ist einer jener in der Bundesregierung, die am stärksten dafür eintreten, dass wir erneuerbare Energien auch im Flugverkehr mittels synthetischen Treibstoffen einsetzen, Forschungsprojekte voranbringen und in Zukunft Mobilität erhalten können, aber mit dem Ziel, CO2 zu reduzieren. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Grünen.)

Das heißt, der Weg zu einer CO2-freien Zukunft muss auch die Technologieoffenheit enthalten. Da haben wir einfachere und kompliziertere Möglichkeiten, und da gibt es natürlich auch ideologische Auseinandersetzungen zwischen allen Fraktionen (Zwi­schenruf des Abg. Rauch), man muss aber halt schauen, wo man zusammenkommt – sich letztendlich etwas zu erarbeiten, das ist auch in der Regierung immer ein Thema. Bei E10 könnten wir in der Umsetzung zum Beispiel schneller sein, das würden wir uns wünschen. Wir könnten morgen schon 140 000 Tonnen CO2 und mit alternativen Treib­stoffen langfristig 1,5 Millionen Tonnen CO2 einsparen. Da geht es dann aber auch darum, das abzuwägen, und darum ist es wichtig, den Dialog voranzubringen.


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll111. Sitzung, 16. und 17. Juni 2021 / Seite 235

Ein weiteres Beispiel, das an und für sich positiv wäre, ist heute über die Medien – auf orf.at für die Steiermark – hereingeflattert: Die Asfinag will zukünftig dort, wo es verkehrs­technisch möglich ist, die Verkehrsschilder auf Holzschilder umstellen. Das ist ja sehr zu begrüßen, und ich glaube, es ist auch sehr, sehr wesentlich, auf Beschilderung aus Holz zu setzen, nur: Das Holzschild selbst besteht aus Bambus und damit ist sozusagen schon wieder der falsche Weg beschritten. Da müssen wir schauen: Wenn wir das Ziel der Asfinag haben, durch die Schilder allein 400 Tonnen CO2 einzusparen, müssen wir schon überlegen, wieso wir Programme fahren, den heimischen Wald außer Nutzen zu stellen, obwohl wir Holz hätten, und in anderen Ländern, im Ausland den letzten Pan­dabären vom Bambus schütteln, um bei uns dann Holzschilder einzuführen. (Heiterkeit und Beifall bei ÖVP und Grünen.)

Das, glaube ich, ist wichtig: genau zu schauen, die Ziele klar zu definieren – darin sind wir uns einig –; und was den Weg betrifft, haben wir vieles gemeinsam vor und gehen viele erfolgreiche Schritte. (Beifall bei ÖVP und Grünen.)

19.55


Präsident Ing. Norbert Hofer: Zu Wort gelangt Abgeordneter Mag. Yannick Shetty. – Bitte schön, Herr Abgeordneter.


19.55.26

Abgeordneter Mag. Yannick Shetty (NEOS): Herr Präsident! Sehr geehrte Frau Bun­desministerin! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Wir diskutieren ja heute hier unter anderem den Antrag der FPÖ. Wir waren ganz überrascht, denn da sind ja einige sinnvolle Vorschläge dabei – dazu komme ich später noch. Wir waren aber auch überrascht, denn – Kollege Rauch, wir haben im Ausschuss schon darüber diskutiert – vor einigen Monaten gab es einen Antrag der FPÖ mit dem Titel: Alle Klimaschutz­maß­nahmen zurücknehmen! – Ich hoffe, ich habe das richtig zitiert.

Also ich kenne mich nicht ganz aus, wohin die FPÖ da will. Vielleicht nehmen Sie noch einmal einen Feinschliff (Zwischenruf der Abg. Kirchbaumer) in Ihrer Kommunikations­strategie vor, das ist ein bisschen widersprüchlich! Ich freue mich aber, wenn Sie am Ende dieses Prozesses auch zu dem Schluss kommen, dass wir Klimaschutz­maßnah­men brauchen, da Sie in der Vergangenheit – jetzt nicht mehr, ich weiß – immer wieder den Klimawandel geleugnet haben. Also wenn Sie am Ende des Tages auf der Position sind, dass wir gemeinsam an einem Strang ziehen, ist es, glaube ich, ein gutes Ergebnis, denn wir werden am Ende des Tages jeden brauchen.

Ich kenne mich, wie gesagt, nicht ganz aus, ich möchte aber auf ein paar Punkte eingehen, die in diesem Antrag besprochen werden. Ein Punkt ist die Kritik an der NoVA, an der NoVA-Reform. Ich kann die Kritik durchaus verstehen beziehungsweise sehen wir diese NoVA-Reform – oder vielleicht besser: das Reförmchen – auch sehr kritisch. Warum? – Weil es weder ökologisch steuernd noch ausgereift ist.

Frau Bundesministerin, ich habe Sie das schon im Ausschuss gefragt: Erklären Sie mir bitte, warum ein Porsche Cayenne mit 400 PS, der pro forma einen Plug-in-Hybrid ein­gebaut hat, weniger besteuert wird als ein Familienfahrzeug, das vielleicht alle zwei Wochen für einen Familienausflug genutzt wird? Das macht überhaupt keinen Sinn, das ist nicht steuernd und das ist keine wirklich evidenzbasierte Politik. (Beifall bei den NEOS sowie des Abg. Rauch.)

Das ist viel mehr in die Kategorie PR-Show einzuordnen. Ich verstehe auch, dass das notwendig ist, denn die Erfolge im Klimaschutz lassen eher auf sich warten. Dieses Beispiel zeigt aber auch einen Unterschied zwischen linker und liberaler Klimaschutz­politik. Ich glaube, wir können feststellen, dass wir uns im Ziel ja einig sind, beim Weg dorthin aber haben wir durchaus Differenzen. Diesen Kulturkampf, den Sie zum Beispiel


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gegen das Auto führen, den teilen wir nicht. Autos verbieten, Fliegen verbieten, alles verbieten – das ist nicht unser Ansatz. Wir glauben, mit Verboten allein kann man den Klimawandel nicht bekämpfen, da braucht es mehr, zum Beispiel eine wirklich durch­dachte CO2-Steuerreform. Ich habe ja die Wette dazu angeboten – Sie haben sie noch immer nicht angenommen! –, ob sie wirklich kommt.

Ich würde mir wünschen, dass ich diese Wette verliere, weil wir eine Ökologisierung des Steuersystems brauchen. Auch da brauchen wir aber mehr als nur Steuern obendrauf, wir brauchen eigentlich eine durchdachte Steuerrevolution: auf der einen Seite die Steuern massiv senken, die Steuern auf Arbeit senken, die Lohnnebenkosten senken, und auf der anderen Seite mit einer CO2-Steuer jene belohnen, die CO2 einsparen und somit auch ihren Beitrag leisten.

Abschließend: Wir haben immer gehört: „das Beste aus beiden Welten“. Klima schützen, Grenzen schützen, das ist, glaube ich, Ihre Diktion. Die Grenzen werden hart geschützt, das Klima aber noch nicht ausreichend, und da würde ich mir wünschen, dass wir dieses Jahr noch etwas mehr sehen als nichts. – Vielen Dank. (Beifall bei den NEOS.)

19.58


Präsident Ing. Norbert Hofer: Zu Wort gelangt Abgeordneter Hermann Weratschnig. – Bitte schön, Herr Abgeordneter.


19.58.44

Abgeordneter Hermann Weratschnig, MBA MSc (Grüne): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Frau Ministerin! Werte Abgeordnete! Wenn ich mir die NoVA-Kritik so vor Augen führe, fällt mir der Film „Planet der Affen“ ein. (Abg. Hörl: He, he, he! – Weiterer Ruf bei der ÖVP: Hallo, hallo!) Erster Teil, Schlussbild: Der Planet ist zerstört, die Freiheitsstatue ist noch übrig, als Landmark eine Coladose. Da sehe ich dann vor mir noch die letzten Freiheitlichen mit Kollegen Rauch mit Protestplakaten, und sie demonstrieren gegen die NoVA. – Wir haben nur einen Planeten, werte Abgeordnete, um den müssen wir kämpfen! (Beifall bei den Grünen sowie des Abg. Stark.)

Praktischer Umweltschutz, praktischer Klimaschutz: Ja, praktischer Klimaschutz ist absolut notwendig. Von den globalen Zielen über den Bund zu den Ländern bis hin zu den Haushalten: Ohne die Umsetzung der Ziele gibt es praktisch keinen Klimaschutz.

Praktisch bedeutet auch, leistbare, gut ausgebaute Mobilität anzubieten, sauberen Strom, regionale Wirtschaft zu fördern, tiergerechte Landwirtschaft – das ist praktischer, umgesetzter Klimaschutz. Praktisch bedeutet auch: Naturschutz leben und erleben. Naturschutz, Umweltschutz und Klimaschutz gehören zusammen, das sind keine Wider­sprüche. Und aus meiner Sicht ganz wichtig ist: Naturschutz beginnt bei allen von uns direkt vor der Haustür, wo es darum geht, unsere Natur, unseren Lebensraum zu schüt­zen.

Klimaschutz ist nicht allein eine politische Theorie, es bleibt aber alles Theorie, wenn wir nicht praktisch umsetzen. Dazu zwei Beispiele: Es wurden die Nahverkehrsmilliarde und die Klimainvestitionen genannt. Werte Abgeordnete, gerade was den Nahverkehr betrifft: Der ÖBB-Rahmenplan mit 17,5 Milliarden Euro wurde hier schon sehr oft betitelt, nicht zu vergessen sind aber auch die besonderen Mittel für den Bahnausbau von 2020 bis 2024, für Regionalbahnen, für die Dekarbonisierung, für eine Menge von Bereichen, in denen die Gemeinden profitieren. 1,4 Milliarden Euro werden da für Klimaschutzmaß­nahmen in die Hand genommen. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Zweiter Punkt: Bevorzugung der Klimainvestitionen. Schauen wir uns die Umweltför­derungen an, schauen wir uns auch die Investitionsprämie an! Ja was denn dann, wenn


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die Investitionsprämien jetzt nicht für Klimaschutzmaßnahmen genutzt werden? – Das ist ein ganz wichtiger Bereich.

Werte Abgeordnete, Klimaschutzpolitik ist kein Mikadospiel, mit der Angst, irgendjemand könnte sich bewegen. Sie ist auch kein Mensch-ärgere-dich-nicht- und kein Schachspiel, bei dem es Bauernopfer braucht und gibt, sondern sie ist eine Haltung und eine auf wissenschaftlicher Basis fundierte praktische Politik, in der wir gefordert sind, die Maßnahmen umzusetzen. Raus aus der fossilen Zeitrechnung! Altes Denken – Frau Ministerin, Sie haben es schon sehr oft angesprochen – hat ausgedient. Es braucht einen Schub nach vorne, es braucht entschiedene Klimaschutzpolitik.

Werte FPÖ, fürchtet euch nicht! Wir nehmen euch mit, auch wenn es ein schwieriger Orientierungslauf wird. Ihr habt in Zukunft bei vielen Dingen, die hier im Plenum noch debattiert werden, Möglichkeiten – ich denke an das Erneuerbaren-Ausbau-Gesetz, ich denke an das Klimaschutzgesetz, ich denke auch an viele andere ökosoziale Fortschritte und Reformen, die wir hier im Plenum zur Abstimmung bringen. Ihr seid alle mit eingeladen! – Danke. (Beifall bei Grünen und ÖVP. – Zwischenruf des Abg. Bösch.)

20.02


Präsident Ing. Norbert Hofer: Nächster Redner ist Abgeordneter Andreas Kollross. – Bitte schön, Herr Abgeordneter.


20.03.11

Abgeordneter Andreas Kollross (SPÖ): Herr Präsident! Frau Ministerin! Kolleginnen und Kollegen! Werte Zuhörerinnen und Zuhörer! Ich möchte auch zum FPÖ-Antrag, der ja durchaus nicht nur uninteressante Aspekte und Forderungen aufzeigt und beinhaltet, ein paar Anmerkungen machen. Allein die Überschrift aber ist eine, der ich gerne widersprechen würde, nämlich: „praktischer Klimaschutz statt ideologiegetriebenem Gesellschaftsumbau“.

Ich glaube, das Problem, das wir in Sachen Klimapolitik momentan in der Bundesregie­rung haben, ist weniger die Ideologie, sondern das viel größere Problem ist, dass in diesem Bereich viel zu wenig weitergeht, dass es in vielen Fragen schlicht und einfach Stillstand gibt (Beifall bei der SPÖ) und dass die Klimapolitik leider auch – und scheinbar hat man seinen Kurz gelernt, wenn ich das so sagen darf – jetzt vielmehr zur Ankün­digung und Show verkommt als zur tatsächlichen Umsetzung.

Deshalb auch diesbezüglich ein paar konkrete Anmerkungen. Es gibt zwar viele Presse­termine, viele Ankündigungen, es gibt aber letztendlich in diesem Bereich wenig Sub­stanz und wenig Umsetzung, und diese Kritik muss die Regierung, müssen auch die Grünen, müssen auch Sie, Frau Ministerin – ich weiß eh, dass es auch mit dem Koali­tionspartner zu tun hat –, sich schon gefallen lassen.

Zum Beispiel: Wo ist jetzt konkret das 1-2-3-Ticket, von dem wir seit Langem hören? Wenn ich mich richtig erinnere, hat es geheißen: Na ja, zumindest im ersten Halb­jahr 2021 werden wir so weit sein. – Ich möchte nur daran erinnern. Schauen wir auf den Kalender: Das erste Halbjahr ist de facto vorbei. Wo ist das 1-2-3-Ticket?

Wo ist die ökologische Steuerreform? Wo ist die Richtlinie für – Sie wissen, mein Steckenpferd aus dem Umweltausschuss – finanziell schwache Haushalte betreffend den Heizkesseltausch? Wo sind die Klimaziele? Wo ist das Klimaschutzgesetz, das klar regelt, wie viel und wo in Österreich wir CO2 einsparen und welche Maßnahmen wir setzen?

Wo ist der Reparaturbonus? – Ich weiß, wir haben heute diesbezüglich in weiterer Folge einen Tagesordnungspunkt, und wir begrüßen das natürlich, dass das jetzt zumindest einmal auf die Tagesordnung gekommen ist. Das war ja eine lange Initiative der Kollegin


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Herr, und ihr seid jetzt hergegangen, habt einen Entschließungsantrag gemacht und fordert euch jetzt selber auf, etwas zu tun. Wo aber ist das Gesetz? Wo sind die Fristen dazu? (Zwischenruf des Abg. Jakob Schwarz.) Wann wird das in diesem Bereich, den Reparaturbonus betreffend, endlich umgesetzt? (Beifall bei der SPÖ.)

Ich könnte das noch unendlich weit fortsetzen, ich glaube aber, man muss schlicht und einfach am Ende des Tages festhalten: Die Klimakrise kann man eben nicht wegreden, die Klimakrise kümmert sich auch nicht darum, ob es Ankündigungen oder Presse­konferenzen gibt. – Das war ja irgendwie das grüne Leuchtturmprojekt. Deswegen seid ihr ja in der Regierung, deswegen nehmt ihr angeblich alles andere zur Kenntnis, was dort drüben (in Richtung ÖVP deutend) passiert, weil ihr in diesem Klimaschutzbereich so viel weiterbringen wollt oder auch weiterbringt! Diesem Leuchtturmprojekt aber geht schön langsam das Licht aus, der Dämmerungsschalter ist schon ziemlich einge­schal­tet. – Danke schön. (Beifall bei der SPÖ.)

20.06


Präsident Ing. Norbert Hofer: Zu Wort gemeldet ist Mag. Carmen Jeitler-Cincelli. – Bitte schön, Frau Abgeordnete.


20.06.59

Abgeordnete Mag. Carmen Jeitler-Cincelli, BA (ÖVP): Sehr geehrte Frau Ministerin! Sehr geehrter Herr Präsident! Lieber Walter Rauch! Anhand des Antrages und des Um­gangs damit sieht man eigentlich schon den Background, den dieser hat, denn wenn man dann nur einen Redner zu dem Antrag herausschickt, ist, glaube ich, die Ernst­haftigkeit in Frage gestellt. (Abg. Deimek: ... Redezeit! Aber ist klar, da müsste man einmal nachdenken, keine Frage!)

Ich habe das Thema SDGs heute schon kurz erwähnt. Der Herr Präsident hat mir so etwa einen halben Ordnungsruf erteilt, ich glaube, wir waren da begrifflich nicht ganz klar. Ich habe einen halben gut, würde ich einfach sagen.

Ich war wirklich irritiert und fand das total schade. In diesem SDG-Konzept sind ganz viele Felder drinnen, wo wir die Möglichkeit hätten, genau daran zu arbeiten und eben ideologiebefreit oder neutral miteinander darüber zu reden. Wir haben das in die Präsidiale gebracht, Jörg Leichtfried hat es sogar ein Paradebeispiel für die interfrak­tionelle parlamentarische Zusammenarbeit genannt. Und dann stimmt ihr nicht mit oder sagt, ihr wart gar nicht eingebunden! – Das finde ich total schade. Ich meine, ich brauche jetzt nicht die Susi-und-Strolchi-Romantik, ich habe aber das Gefühl gehabt, wir haben eine wirklich gute Brücke zueinander, wir haben wirklich gesprochen, wir sind miteinan­der in Kommunikation. Ich fand das wirklich schade und irgendwie auch irritierend und traurig. (Zwischenruf des Abg. Deimek.)

Kollege Kollross, an die SPÖ möchte ich nur adressieren: Es gibt so viele Dinge. Werner Faymann war 2001 Wohnbaustadtrat der Stadt Wien und wollte damals schon Wien zum Vorbild für Wohnbau machen, und zwar im Bereich Umweltschutz. Und was ist heute? – Du hast vorhin in deiner Rede wieder Dinge erwähnt: Entfernung von Ölkesseln. Also, aktuell? – Das Thema ist 20 Jahre alt! (Zwischenrufe der Abgeordneten Herr und Kollross.)

Ich glaube, wir müssen über das reden, was heute ist. Wir reden 20 Jahre später immer noch über dieselben Themen, und zum Teil haben wir sehr ähnliche Ansätze wie unser Koalitionspartner, zum Teil haben wir aber natürlich unterschiedliche. Für unsere Zielgruppen ist natürlich das permanente Verteufeln von Verbrennungsmotoren ein The­ma, oder, jetzt kürzlich aufgekocht, das Entfernen von Tankstellen; sogar Hybridtech­nologie wurde in Frage gestellt, gefragt, ob diese gescheit ist.


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Wir glauben einfach, dass viele von uns gar nicht asketisch leben wollen, sondern die Innovation ist die Kraft, die alles lösen kann, und wir vertrauen da voll in die Forschung, in die Industrie. (Beifall bei der ÖVP sowie der Abg. Rössler.)

Wie wollen wir jetzt diese minus 1,5 Grad an Erderwärmung garantieren? (Zwischenrufe bei Grünen und SPÖ.) Wie können wir das schaffen? – Die Antwort ist Innovation – Innovation rauf und Steuern runter, für all das, was da hineingeht. Klimaschutz darf nie dazu führen, dass die Emissionen und mit ihnen die Unternehmen abwandern. Da bin ich bei euch, das darf nicht sein.

Die Industrie ein Problemlöser? – Vertrauen wir darauf – auf sie, auf die Forschung! Ich möchte noch ein Zitat aus der Raumfahrt bringen, Apollo 13: Failure is not an option. – Wir haben gar keine Option, da zu scheitern. Das ist unser einziger Planet, den wir haben, und wir müssen ihn retten.

Die positive Haltung der Frau Ministerin möchte ich hier auch betonen, dieses: Wir schaffen das! Wir haben oft unsere unterschiedlichen Sichtweisen, aber sie sagt: Wir schaffen das!, und ich bin überzeugt: Wir schaffen das!

Daher, lieber Walter, bei allem Respekt: Ich finde diesen Antrag reinen Populismus, weil man gesehen hat, du meinst das eigentlich nicht ernst. Ich schätze dich, aber im Bereich der Umweltpolitik muss ich leider sagen: Ohne Rauch geht’s auch! – Danke. (Beifall bei der ÖVP.)

20.10


Präsident Ing. Norbert Hofer: Zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Lukas Hammer. – Bitte, Herr Abgeordneter. (Ruf bei der FPÖ: Jetzt kommt ein Hammer!)


20.10.25

Abgeordneter Lukas Hammer (Grüne): Liebe Kolleginnen und Kollegen! Liebe Frau Ministerin! Sehr geehrter Herr Präsident! Die Wissenschaft sagt uns, dass wir derzeit, wenn wir so weitermachen wie bisher, darauf zusteuern, dass weite Teile unseres Pla­neten nicht mehr bewohnbar sind. Ich habe zwei kleine Töchter, ich weiß, viele von Ihnen haben auch Kinder. Mein Ansatz, mein Versprechen, auch meine Motivation, in die Politik zu gehen, war, alles dafür zu tun, dass diese Kinder – meine Kinder, aber auch alle anderen Kinder – einen bewohnbaren Planeten haben. Wenn das meine Ideologie sein soll: Gut, dann ist das meine Ideologie, von mir aus, wenn Sie das so nennen wollen. (Beifall bei Grünen und ÖVP.)

Ganz ehrlich – und das müssen Sie sich anhören –, ich denke, es ist so, wie wir das jetzt bei der Coronakrise gesehen haben – es sind sehr ähnliche Phänomene –: Sie weigern sich, wissenschaftliche Fakten als solche anzuerkennen, und Sie weigern sich, ent­sprechend zu handeln. Es geht um Populismus – ich erinnere an den Selbstversuch hier mit einem Coronatest und Coca-Cola. Es geht um billigen Populismus, anstatt dass Sie wirklich versuchen, an konkreten Lösungen mitzuarbeiten. (Zwischenruf des Abg. Rauch.)

Wir haben es jetzt in der Coronakrise gesehen: Sie sind auf die Straße gegangen, Ihr Parteichef ist mit Neonazis in Wien durch die Gassen marschiert, anstatt wirklich an der Bekämpfung der Coronakrise mitzuwirken. (Abg. Hauser: Ein so ein Blödsinn! – Zwi­schenruf des Abg. Deimek.) Bei der Klimakrise ist es genau das Gleiche: Sie verspotten junge Menschen, die sich tagtäglich im Kampf gegen die Klimakrise engagieren, anstatt wirklich konstruktiv mitzuarbeiten. (Beifall bei den Grünen. – Abg. Deimek: ... das wäre mir zu blöd!)

Ganz ehrlich, bezüglich Ihrer Kritik an der Ministerin gerade im Bereich der Mobilität: Schauen wir uns an, was der letzte blaue Verkehrsminister gemacht hat: Er hat den ÖBB-Rahmenplan zum Ausbau des Bahnnetzes um 2 Milliarden Euro gekürzt – 2 Milliarden


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Euro weniger! (Abg. Rauch: Was war denn die Begründung? Was war die Begrün­dung! ... lächerlich!) Die Ministerin legt einen Rekordrahmenplan von 17,5 Milliarden Euro vor. Sie haben von einem österreichweiten Öffiticket nur geredet. Was macht die Ministerin? – Sie setzt es um. (Zwischenruf des Abg. Deimek.)

Liebe SPÖ, vielleicht reden Sie einmal mit Ihren Kolleginnen und Kollegen im Burgen­land und in Wien, damit wir dieses Jahr das österreichweite Klimaticket auch tatsächlich umsetzen können. – Danke schön. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

20.13


Präsident Ing. Norbert Hofer: Zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Nikolaus Prinz. – Bitte schön, Herr Abgeordneter.


20.13.14

Abgeordneter Nikolaus Prinz (ÖVP): Geschätzter Herr Präsident! Frau Bundesminis­terin! Meine Damen und Herren! Klimaschutz geht uns eigentlich alle an, und er muss uns allen etwas wert sein. Wir können mit praktischen Beispielen beginnen: Ich komme selbst aus der Landwirtschaft. Wenn man sich die Lebensmittel anschaut und gerne Rindfleisch isst, sieht man, dass Rindfleisch aus Südamerika eine CO2-Belastung von 84 Kilogramm CO2 pro Kilogramm Fleisch hat, in Österreich produziert, hat es gut 10 Kilogramm CO2-Belastung. Das ist Klimaschutz im Kleinen – oder, wenn man Fahrgemeinschaften bildet. (Abg. Schnedlitz: Deswegen importiert der Bauernbund auch Erdäpfel aus Südafrika!)

Wir reden gerne vom öffentlichen Verkehr. Dieser ist wichtig, es muss uns aber bewusst sein, dass es ein Unterschied ist, ob man in Ballungsräumen lebt, ob man in der Stadt, in Wien lebt, wo man eine U-Bahn hat, oder ob man im tiefsten Wald- oder Mühlviertel – im Mühlviertel, wo ich daheim bin – lebt. Wir werden immer einen gewissen Individualverkehr brauchen, gleichzeitig aber natürlich entsprechende Schritte setzen, wie das 1-2-3-Ticket, bei dem Oberösterreich in Zukunft entsprechend voll dabei ist.

Überhaupt ist Oberösterreich im Bereich Klimaschutz eigentlich sehr vorbildlich, nicht nur bei den Maßnahmen, die die Landesregierung setzt, sondern auch bei der Wirt­schaft: Es gibt sehr viele Firmen, die in Klimatechnologie investieren, dadurch werden viele Arbeitsplätze gesichert, und die Firmen sind eigentlich auf der ganzen Welt aktiv. So gesehen ist Oberösterreich ein Vorzeigeland. (Beifall bei der ÖVP.)

Das kommt natürlich in Oberösterreich nicht ganz von ungefähr. Es gibt dort auch Leute wie Landeshauptmann Stelzer an der Spitze, denen das Thema einfach wichtig ist und denen es wert ist, dass wir da etwas tun. Wir müssen aber auch bereit sein, wenn wir an Elektroautos denken – gute Geschichte, keine Frage, ein Teil der Lösung, nicht allein die Lösung! –, den Strom selbst zu erzeugen oder mehr Strom aus natürlichen Res­sourcen zu erzeugen. Da müssen wir über Speicherkraftwerke nachdenken, bei denen man Wasser, wenn man Strom hat, den man nicht braucht, hinaufpumpen kann, und sobald man Strom braucht, kommt es wieder runter. (Beifall bei Abgeordneten der ÖVP.) Dann macht das – als Beispiel – Sinn.

Ich glaube, da könnten wir lange darüber diskutieren und jedem von uns fällt etwas ein. Letztlich müssen wir bereit sein, gemeinsam etwas umzusetzen, damit die Bevölkerung auch mitgeht. Es muss machbar sein.

Lieber Kollege Rauch, du kannst dich darauf verlassen: Die ÖVP hat in der Vergangen­heit Umwelt- und Klimaschutz mit Vernunft betrieben und wird das auch in Zukunft tun. (Beifall bei der ÖVP.)

20.15



Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll111. Sitzung, 16. und 17. Juni 2021 / Seite 241

Präsident Ing. Norbert Hofer: Zu Wort gelangt Dipl.-Ing. Nikolaus Berlakovich. – Bitte, Herr Abgeordneter.


20.15.55

Abgeordneter Dipl.-Ing. Nikolaus Berlakovich (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Frau Bundesministerin! Hohes Haus! Es mutet wahrscheinlich für die Zuseherinnen und Zuseher einigermaßen kurios an, wenn es draußen weit über 30 Grad hat und wir hier drinnen das  Antarktis-Umweltschutzprotokoll diskutieren. Da kommt dann bei manchen oft die Bemerkung: Na ja, habt ihr keine anderen Sorgen? Welche Dinge diskutiert ihr da im Parlament eigentlich, die irgendwo weit weg sind?

Ich habe das im Lauf der Jahre immer wieder erlebt, wenn wir über entfernte Regionen, über den Schutz des Eisbären – quasi symbolisch für den Klimawandel – und über die Verdrängung des Eisbären gesprochen haben. So ein Plüscheisbär ist ja sehr lieb und nett. Irgendwann kommt man drauf, dass die Leute sagen: Ja, ja, der Schutz des Eis­bären ist wichtig, aber was geht uns das hier in Österreich an? Genau diese Debatte müssen wir führen, um die Betroffenheit zu schaffen, dass wir hier im eigenen Land etwas tun müssen und dass die Welt – auch in umweltpolitischer und gerade in klimapolitischer Sicht – ein Dorf ist.

Ein paar Beispiele sollen das veranschaulichen: Vor Kurzem wurde wieder in ein­drucksvollen Dokumentationen des Reaktor-Super-GAUs in Tschernobyl gedacht. Auch wenn das doch einigermaßen weit weg ist, hat die radioaktive Wolke jedenfalls uns hier sehr stark betroffen, und auch weite Teile der restlichen Welt. Bei Fukushima war es ähnlich.

Oder man denke an den Plastikmüll, der hier bei uns entsteht, der im asiatischen Raum entsteht und der dann – über 80 Millionen Tonnen Plastikmüll! – in einer Gegend im Ozean auftaucht, wo nie auch nur ein Flankerl Plastik entstanden ist. Das geht bis hin zur Antarktis, wo durch das Abschmelzen des Gletschereises der Meeresspiegel steigt und dann Küstenregionen im asiatischen Raum, im amerikanischen Raum von Über­schwemmung bedroht sind.

Das heißt: Wenn wir erkennen, dass es sehr wohl wichtig ist, was in entlegenen Regio­nen passiert, dann muss ein Bewusstsein entstehen, selber etwas zu tun und auch positiv zu motivieren. Es hat sich natürlich auch das Meinungsbild geändert. Den Menschen ist es bewusster geworden, dass es wichtig ist, hier etwas für den Klimaschutz zu tun. Ein Wissenschafter von der Boston University hat kürzlich gesagt, als es um den Zustandsbericht der Antarktis ging: Wenn wir die Antarktis schützen, dann schützen wir uns selbst.

In diesem Lichte ist dieses Umweltprotokoll zu sehen, bei dem es ja darum geht, supranational eine Region zu schützen, die in Wahrheit reich an Vorkommen, an wert­vollen Stoffen ist. Ich darf hier nur zitieren: Angeblich gibt es unter der Antarktis 45 Mil­liarden Barrel Erdöl, 115 Billionen Kubikmeter Erdgas, Titan, Chrom, Eisen, Kupfer bis hin zu Platin und Gold, also wirtschaftlich vielleicht interessant. Trotzdem regelt das Übereinkommen, dass hier nicht Bergbau, sondern Forschung betrieben werden soll und dass dieses einzigartige Ökosystem nicht ausgenutzt werden soll.

Deswegen beschließen wir hier das Protokoll, weil auch österreichische Forscherinnen und Forscher Interesse haben, an diesem Thema mitzuarbeiten. In diesem Sinne gibt es Unterstützung für dieses Thema, auch wenn die Angelegenheit weit weg ist. – Danke schön. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Grünen.)

20.19


Präsident Ing. Norbert Hofer: Zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Joachim Schnabel. – Bitte, Herr Abgeordneter.



Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll111. Sitzung, 16. und 17. Juni 2021 / Seite 242

20.19.19

Abgeordneter Joachim Schnabel (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Werte Frau Ministerin! Hohes Haus! Geschätzte Damen und Herren vor den Monitoren! Der Antrag der Freiheitlichen Partei ist more of the same. More of the same, was alles nicht sein soll, more of the same, was alles nicht geht, und more of the same, dass mit Maßnahmen von gestern und vorgestern die Klimakrise nicht zu bewältigen sein wird.

Ich bin froh, dass wir als Koalitionsparteien uns der Herausforderung des Klimawandels stellen und hier proaktiv Maßnahmen setzen, um Österreich zu transformieren, um unseren Kindern und Enkelkindern eine tolle Umwelt zu hinterlassen. (Beifall bei ÖVP und Grünen.)

Geschätzte Damen und Herren der Freiheitlichen Partei, Sie diskutieren mehr oder weniger noch über das Thema Benzin oder Diesel, wir in der Koalition diskutieren über etwas anderes. Wir diskutieren über Elektromotor oder Wasserstoffantrieb, und das ist die Diskussion, die es zu führen gilt, wenn wir über die Energieform der Zukunft, wenn wir über die Antriebsform der Zukunft reden.

Ich war in der vergangenen Woche mit unserem Landeshauptmann Hermann Schützenhöfer bei einem Betrieb bei uns in der Südsteiermark, der sich im Bereich der Wasserstoff­technologie spezialisiert hat; ein relativ junges Unternehmen, 15 Jahre alt, und im Bereich der Testung von Wasserstofftanks, von Wasserstoffventilen und in der Herstel­lung von Spezialventilen unter den top drei Unternehmen des Weltmarktes – unter den top drei Unternehmen des Weltmarktes! Das hat mir aufgezeigt, wie weit vorne wir hier in Österreich in dieser Technologie sind.

Ich möchte jetzt in meiner Rede das Thema Wasserstoff aufgreifen, weil sich in diesem Bereich sehr viel tut. Europa ist diesbezüglich nach wie vor Weltmarktführer, wir haben da in Europa ganz, ganz viel Kompetenz und Know-how. Diese Weltmarktführerschaft darf Europa nicht verlieren. Es gilt aber auch, Österreich als Industrie- und Hoch­technologiestandort so aufzustellen, dass wir da mit dabei sind. Wir müssen mit dabei sein, um die Energiewende zu schaffen. Ich weiß, es gibt die Diskussion der Farbenlehre des Wasserstoffs, aber wir werden irgendwann genug regenerativen Wasserstoff haben, um die Energiewende zu schaffen. (Beifall bei der ÖVP.)

Die Fahrzeuge im Pkw-Bereich werden ganz sicher – der Markt macht es vor – batte­riebetrieben sein, wenn es aber längere Distanzen braucht, wenn es schwerer wird, werden wir auch den Wasserstoff als Antriebsform brauchen. Wir werden den Wasser­stoff im Bereich der Lkw-Transporte brauchen, auch im Schienenverkehr und bis hin zur Erzeugung von E-Fuels, was dann auch in den Flugverkehr hineingehen wird.

Deutschland hat schon eine Wasserstoffstrategie erlassen, 9 Milliarden Euro werden dort investiert, in Frankreich zum Beispiel 7,5 Milliarden Euro. Auf Österreich herunter­gerechnet würde das circa 900 Millionen bis 1 Milliarde Euro bedeuten. Hier gilt es zu investieren.

Ich danke Ihnen, Frau Ministerin, dass im EAG mit 500 Millionen Euro schon einmal ein erster Schritt getan ist. Da müssen wir dranbleiben und weiter investieren, in unsere Wirtschaft, in uns als Forschungsstandort, und ich ersuche Sie, die Wasserstoffstrategie baldigst auf Schiene zu bringen, um Österreich auch für diese Zukunft an der Spitze zu halten. – Danke. (Beifall bei ÖVP und Grünen.)

20.23


Präsident Ing. Norbert Hofer: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Franz Hörl. – Bitte, Herr Abgeordneter.



Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll111. Sitzung, 16. und 17. Juni 2021 / Seite 243

20.23.18

Abgeordneter Franz Hörl (ÖVP): Herr Präsident! Frau Minister! Niki Berlakovich, unser ehemaliger Umweltminister, hat es gut beschrieben: Warum Antarktis-Vertrag, warum beschäftigen wir uns damit? – Weil wir eben Klimaschutz und Umweltschutz global sehen müssen und das Ganze betrachten müssen, und dazu gehört halt auch, dass Österreich an diesem Problem 0,2 Prozent Anteil hat – das sind Dinge, die wir einfach nicht verschweigen können – und die Europäische Union 10 Prozent. Das sind die Größenordnungen; dass wir mehr tun müssen, ist klar.

Ich möchte nur darauf hinweisen, dass wir Österreicher eigentlich schon eine lange Tradition haben, was die Arktis betrifft. Es gab ja Herrn Carl Weyprecht und Julius Payer, die in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts im Nordpolarmeer herumgesucht haben, das Franz-Josef-Land entdeckt haben und es auch so benannt haben. Es gibt auch noch eine Insel, nach Graf Wilczek, dem ehemaligen Gründer der Wiener Freiwilligen Ret­tungsgesellschaft, benannt. Österreich hat also eine lange Tradition, und so war es eigentlich ganz klar, dass wir 100 Jahre später unter der ersten Umweltministerin, näm­lich Marlies Flemming, einer Schwarzen oder Türkisen, würde man heute sagen , diesen Staatsvertrag unterschrieben haben und 1999 auch das beigefügte Umwelt­schutzprotokoll unterzeichnet haben. (Beifall bei ÖVP und Grünen.)

Heute beschließen wir diesen Staatsvertrag, dieses Abkommen, das das menschliche Verhalten, den Schutz der Arten und natürlich auch die Ausweisung von Schutzgebieten, Abfallbeseitigung und so weiter regelt – ein solidarischer Akt der Staatengemeinschaft, die wir natürlich auch unterstützen müssen. Haftungsfragen haben wir ausgeklammert, da wir in den nächsten Jahren zumindest in der Antarktis keine Absichten haben.

Ich möchte jetzt aber meine Redezeit noch darauf verwenden, Sie für die nächsten Tage im Sommer, wenn es ganz, ganz warm ist, darauf hinzuweisen, dass es zwischen Dach­stein und dem Pitztaler Gletscher wunderbare Gebiete gibt, in denen man sich wun­derbar erholen kann, die Kulinarik genießen kann, die Regionalität genießen kann, auch Gletscherhöhlen besichtigen kann. Sie können mit gutem Gewissen dort hinfahren. Frau Klubobfrau Maurer, Sie kennen den Stubaier Gletscher am besten, das ist ja Ihre Heimat. Sie können das alles nützen und Sie können das mit gutem Gewissen machen. Das Umweltbundesamt stellt fest, dass Urlaub in Österreich mit Skifahren oder auch Wandern im Sommer derjenige Urlaub ist, der den geringsten Footprint hat, und ich könnte eine ganze Liste aufzählen, was wir alles dafür tun.

Bei Ihnen, Frau Bundesminister, möchte ich mich bedanken. Ihre Initiative mit den Schlafwägen beziehungsweise mit den Autoreisezügen, womit Sie sich ja persönlich bis nach Amsterdam bemüht haben, wo Sie das dann auch noch demonstriert haben, in Amsterdam mit dem Fahrrad herumgefahren sind und gezeigt haben, welch hohen Wert der Umweltschutz und gerade die Mobilität für Sie haben, hat auch dem österreichischen Tourismus genützt. Dafür meinen herzlichen Dank. (Beifall bei Abgeordneten der ÖVP.)

Guter Rat also: Wenn es warm wird, fahrt zum Gletscher, erholt euch am Gletscher, nützt das und tut es mit gutem Gewissen, denn Gletscher haben auch einen wirtschaftlichen Wert! (Beifall bei ÖVP und Grünen.)

20.26


Präsident Ing. Norbert Hofer: Zu Wort gemeldet ist nun Herr Abgeordneter Michael Schnedlitz. – Bitte, Herr Abgeordneter.


20.26.30

Abgeordneter Michael Schnedlitz (FPÖ): Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Ich muss nur mit ein paar Geschichten aufräumen, die hier von den Vorrednern


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll111. Sitzung, 16. und 17. Juni 2021 / Seite 244

angemerkt worden sind. Wenn Sie sich hierher ans Rednerpult stellen und sagen, bei der Freiheitlichen Partei wäre es bei der Klimapolitik so wie bei der Coronapolitik, wir würden – wie Sie es zitiert oder zumindest sinngemäß gesagt haben – wissenschaftliche Fakten nicht akzeptieren, dann kann ich nur sagen: Das stimmt so nicht, das ist nicht so! Nur ist unsere Politik nicht alternativlos, bei uns schließt sich das eine Positive nicht durch das andere Positive aus.

Wenn man zum Beispiel die Coronapolitik hernimmt: Da schließen sich bei uns der Schutz der Gesundheit und der Schutz der Freiheit, der Rechtsstaatlichkeit und der Men­schenwürde nicht gegenseitig aus. Wenn man auf die Umwelt schaut: Wir arbeiten halt nicht mit Verboten. Wir halten wenig davon, zu sagen, Klimaschutz sei alternativlos und deshalb müsse man mit Verboten arbeiten. Wir haben ja heute von der ÖVP schon gehört, wie viel die Autos wert sind  mehrere Milliarden. Da mit Enteignungsphantasien zu arbeiten? – Nein! Wir sagen, es muss Alternativen geben, Alternativen mit Haus­verstand, die sowohl unseren Planeten und die Umwelt schützen und andererseits aber auch den Leuten Geld zum Leben übrig lassen, den Pendlern die Möglichkeit, ein Auto zu haben, garantieren, auch in den ländlichen Regionen, und so weiter.

Nur noch zwei Kleinigkeiten zum Abschluss: Besonders perfide – und da spielen wir auch nicht mit – ist die Ankündigungspolitik dieser Regierung. Sie zieht sich heute schon durch den ganzen Tag und auch durch die ganze Regierungsperiode. Wenn ein ÖVP-Vertreter hier sagt, gerade bei den Lebensmitteln kann man bei der Regionalität und bei regionalem Konsum wirklich etwas bewegen, dann stimmen wir dem zu, das ist absolut richtig. Was Sie halt nicht dazusagen, ist, dass es gerade ein Bauernbündler war, ein Unternehmer aus Tirol, der, obwohl wir Tonnen und Abertonnen, Hunderttausende Tonnen Erdäpfel bei uns in Österreich haben, um Geschäfte zu machen, Erdäpfel aus Afrika importiert.

Wenn zum Beispiel auch ein ÖVP-Vertreter die Atomkraftprobleme und Tschernobyl anspricht: Sehr geehrte Damen und Herren, Tschernobyl liegt 1 000 Kilometer entfernt, und ja, es war tragisch. Sie haben sogar im Regierungsprogramm festgeschrieben, Sie würden alles unternehmen, um die Reaktorinbetriebnahme in Mochovce zu verhindern. Aber was haben Sie denn gemacht? – Ich muss Ihnen sagen, und in diesem Fall teilen wir sogar die Meinung von Global 2000: Gar nichts machen Sie, zu wenig machen Sie!

Ich muss Ihnen schon sagen: Wir stehen für eine klare Politik, dass es den Menschen besser geht, dass es natürlich auch der Umwelt besser geht. Für uns schließen sich diese Dinge nicht gegenseitig aus. Wir halten nichts von Ankündigungen, wir halten etwas von Politik mit Hausverstand, die handelt. (Beifall bei der FPÖ.)

20.29


Präsident Ing. Norbert Hofer: Zu Wort ist niemand mehr dazu gemeldet. Die Debatte ist geschlossen.

Wird seitens der Berichterstattung ein Schlusswort gewünscht? – Das ist nicht der Fall.

Wie vereinbart verlege ich die Abstimmungen an den Schluss der Verhandlungen über die Vorlagen des Umweltausschusses und fahre in der Erledigung der Tagesordnung fort.

20.29.3724. Punkt

Bericht des Umweltausschusses über den Antrag 1552/A(E) der Abgeordneten Walter Rauch, Kolleginnen und Kollegen betreffend Bundesreparaturbonus (904 d.B.)


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25. Punkt

Bericht des Umweltausschusses über den Antrag 689/A(E) der Abgeordneten Julia Elisabeth Herr, Kolleginnen und Kollegen betreffend Einführung einer Reparatur-Prämie von 300 Euro pro Jahr (905 d.B.)


Präsident Ing. Norbert Hofer: Wir gelangen nun zu den Punkten 24 und 25 der Tages­ordnung, über welche die Debatten unter einem durchgeführt werden.

Auf eine mündliche Berichterstattung wurde verzichtet.

Als Erste zu Wort gelangt nun Julia Elisabeth Herr. – Bitte schön, Frau Abgeordnete.


20.30.13

Abgeordnete Julia Elisabeth Herr (SPÖ): Herr Präsident! Werte Frau Umweltminis­terin! Wir haben schon gehört, um welches Thema es heute geht: Es geht um Repa­raturen, und ich freue mich zu sagen, dass wir heute auf Antrag der ÖVP, der Grünen, aber auch der SPÖ einen bundesweiten Reparaturbonus in der Höhe von bis zu 200 Euro beschließen, den in Zukunft alle werden einlösen können, die sich dafür entscheiden, ein Elektrogerät reparieren zu lassen, statt es wegzuwerfen. Durch dieses Reparieren, durch dieses Wiederverwenden werden nämlich nicht nur wertvolle Ressourcen und Materialien gespart, nein, wir reduzieren auch unseren CO2-Ausstoß und – auch das ist in der Krise wichtig zu betonen – wir können natürlich heimische Reparaturbetriebe unterstützen und mit diesen Anreizen auch weitere Arbeitsplätze schaffen.

Das alles ist wichtig, und ich sage auch, da lohnt es sich manchmal, dranzubleiben: Das erste Mal, dass wir diesen Antrag gestellt haben, war nämlich vor circa einem Jahr, am 17. Juli. Damals haben die Regierungsparteien meinen Antrag noch vertagt. Wir haben nicht lockergelassen und haben ihn drei Monate später wieder auf die Tagesordnung gesetzt. Da wurde er wieder vertagt, aber beim dritten Mal hat auch die Regierung ihre Meinung geändert und sich dann ebenfalls dazu entschlossen, den Reparaturbonus möglich zu machen. Das ist auf alle Fälle eine positive Entwicklung, da zahlt es sich auch aus, ein Jahr lang dranzubleiben, und ich freue mich, dass wir das heute be­schließen können. (Beifall bei der SPÖ.)

Was ich aber trotzdem anmerken muss – mein Kollege Kollross hat es gleichfalls schon angesprochen –: Das ist erneut quasi eine Aufforderung an die Bundesregierung ohne eine Frist – diese fehlt. Seit einem Jahr haben wir aber darüber gesprochen, wir werden auch weiterhin nicht lockerlassen, und ich gehe davon aus, dass wir da schnell in eine Umsetzung kommen, weil ja auch die Wirkung so beachtlich ist: Wenn wir alle Wasch­maschinen, Staubsauger, Laptops und Smartphones innerhalb der Europäischen Union nur ein Jahr länger nutzen würden – all diese elektrischen Geräte ein Jahr länger nutzen würden –, könnten wir so viele Tonnen CO2 sparen, 4 Millionen nämlich, wie zwei Mil­lionen Autos im Jahr produzieren. Da sehen wir, wie viel da tatsächlich auch möglich ist, wie wichtig das Ganze ist.

Die Stadt Wien zeigt auch erfolgreich vor, wie man so etwas umsetzen kann, da gibt es diesen Reparaturbonus bereits. Den haben innerhalb von drei Monaten auch viele Menschen genutzt: Es waren 8 000 Elektrogeräte, die repariert statt weggeworfen wurden, und das hat 190 Tonnen CO2 alleine in Wien gespart, und auch das ist, denke ich, erfreulich. (Beifall bei der SPÖ.)

Ist das jetzt genug? – Nein, natürlich nicht! Auch in dieser Frage müssen wir weiter­gehen. Klar ist: Heute werden Produkte oft ja schon so produziert, dass man sie gar nicht reparieren kann! Beim I-Phone, wenn wir uns an früher erinnern, hat man den Akku noch herausnehmen können. Das geht gar nicht mehr! Diese Unternehmen haben kein Interesse daran, dass repariert wird, denn sie wollen, dass weggeworfen und etwas Neues


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gekauft wird, denn mit jedem Neukauf gibt es Umsatz, gibt es auch Profite – das ist aber nicht nachhaltig.

Wir brauchen ein Recht auf Reparatur. Es muss klar geregelt sein, wann es Ersatzteile gibt, wo diese erhältlich sind und dass die Reparatur möglich ist. Es braucht für die Konsumenten und Konsumentinnen langlebige Produkte, bei denen auch vollkommen klar ist: Wir müssen neue Produktstandards vorgeben! Das bedeutet: Ja, heute ist der Reparaturbonus ein erster Schritt, aber als nächster Schritt müssen – ich hoffe, in der ganzen EU – ein Recht auf Reparatur und verbindliche Vorgaben folgen, was eben Produkte wirklich können müssen, damit sie für die Konsumenten und Konsumentinnen brauchbar sind – nicht kurzfristig, sondern langfristig, denn das ist nachhaltig. – Danke schön. (Beifall bei der SPÖ.)

20.34


Präsident Ing. Norbert Hofer: Zu Wort gelangt nun Frau Dr.in Astrid Rössler. – Bitte schön, Frau Abgeordnete.


20.34.20

Abgeordnete Dr. Astrid Rössler (Grüne): Herr Präsident! Sehr geschätzte Frau Bun­des­ministerin! Nach diesem Enthusiasmus der Kollegin Herr, dem man sich überhaupt nicht entziehen kann, den ich ja nur voller Begeisterung teilen kann, möchte ich trotzdem nur ganz zart feststellen, dass der Reparaturbonus bereits im Regierungsprogramm steht und nicht von dir, liebe Kollegin, erfunden wurde, sondern er ist von Anfang an praktisch Programm gewesen. Es gibt ihn ja auch bereits in anderen Bundesländern, die Erfahrung haben wir – das habe ich auch schon einige Male zitiert – in Salzburg jeden­falls schon seit zwei Jahren. Ich habe auch die Zahlen genannt.

Die Erfahrungen sollen auch nicht schmälern, dass dies ein Thema ist, das uns eint. Ich bin auch froh, dass es uns eint, denn manches ist ja nicht ganz so einfach, und ich werde auch nicht lockerlassen und nie müde werden, zu versuchen, dass sich möglichst alle Parteien in Sachen Umweltschutz einigen und sich gegenseitig auch noch sozusagen in ihren Wünschen überbieten. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Der Reparaturbonus hat sich bewährt, und inzwischen sind jetzt noch die 130 Millionen Euro zusätzlich durch den RRF-Fonds möglich geworden. Und der Zeitpunkt steht fest, liebe Kollegin Herr. Mit 1.1.2022 wurde er schon so fixiert und soll bis zu diesem Zeitpunkt kommen.

Auch das eint uns: Die besten aller Systeme sollen sich durchsetzen; das Wiener System ist besonders einfach in der Anwendung, und aus diesen Erfahrungen mit unter­schied­lichen Bundesländern zeichnet sich ab, dass das Wiener System übernommen werden soll.

Zum diesem Thema, dass Reparatur Geräte spart und Abfall reduziert – eine klassische Maßnahme der Abfallvermeidung, Abfallreduktion –, kommt natürlich noch Reuse dazu, und auch das ist ein wichtiger Baustein im Gesamtkontext von Ressourcensparen, dem Vermeiden von Abfällen, längerer Verwendungsdauer. Dass Reuse ein Teil der AWG-Novelle ist, auch das ist ein wichtiger Bestandteil. Künftig werden nämlich jährlich 5 Pro­zent aus den Entpflichtungsgebühren für Elektronik- und Elektrogeräte verbindlich in solche Projekte für Reuse gehen – Reuse und Reparatur. Auch das ist ein wichtiger Beitrag.

Was uns in diesem Zusammenhang ebenfalls wichtig ist, ist nicht nur das Recht auf Reparatur, das Recht auf Ersatzteile, das Recht auf Anleitungen, sondern auch das Recht, dass die Ersatzteile mit haushaltsüblichen Werkzeugen getauscht und eingebaut werden können. Es nützt nichts, wenn man tolle Ersatzteile hat, wenn man dazu weitere


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teure Werkzeuge braucht, um sie überhaupt einzubauen. Auch das gehört dazu. Da unterstützt uns Gott sei Dank auch die EU.

Es wird aber auch im Bereich der Forschung und Entwicklung für die Kreislaufwirtschaft wichtig sein, das Produktdesign von vornherein zu verbessern, damit es reparatur­freund­lich und austauschfreundlich wird und der Stoffkreislauf leichter zu schließen ist, sodass wir, wenn wir Produkte länger verwenden, sie auch besser reparieren, aber am Ende ihrer Nutzungsdauer auch leichter zerlegen und die enthaltenen Stoffe besser wieder nutzen und rezyklieren können.

Alles in allem ist es erfreulich, dass dieser Reparaturbonus jetzt von allen Parteien getragen und unterstützt wird.

Ein letzter Satz in Richtung des Herrn Kollegen Kollross zum Thema ankündigen und nicht ernsthaft Klimaschutz betreiben: Da möchte ich nur in Richtung SPÖ betreffend neues Raumordnungsgesetz Burgenland kritisch anmerken, dass das, was dort verän­dert und aufgeweicht wurde, leider allen Intentionen von Klimaschutz und klimagerechter Raumordnung widerspricht. Bitte etwas vorsichtig sein, wenn man nur von Ankündigun­gen spricht! (Beifall bei Abgeordneten der Grünen und bei der ÖVP.)

20.38


Präsident Ing. Norbert Hofer: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Dipl.-Ing. Gerhard Deimek. – Bitte schön, Herr Abgeordneter.


20.38.35

Abgeordneter Dipl.-Ing. Gerhard Deimek (FPÖ): Herr Präsident! Frau Bundesminis­terin! Ich darf einmal mit Folgendem beginnen: Liebe Frau Kollegin Herr, ich darf Sie mit den Worten Ihres Kollegen Kollross etwas korrigieren: Wir beschließen den Bonus oder das Modell nicht, wir beschließen, wie es der Kollege gesagt hat, dass sich die Regie­rungsparteien selber auffordern. – Ist komisch, ist legal, ist halt so – gut.

Inhaltlich sind wir dabei, und wir haben ja auch selber einen entsprechenden Antrag vorgestellt, der dann leider mit dem §-27-Antrag overrulet wurde. Uns ist es dabei darum gegangen, rasch ein gutes Modell zu finden – mit dem Wiener Modell, das gut ist, das auch rasch bei den Bürgern ankommt und das vor allem die Zwecke, nämlich das öko­logische, das konsumentenschutzpolitische Ziel und vor allem natürlich auch ein sozia­les Ziel, erreicht. Man muss sich vorstellen: Dort, wo es wirkt – das sind Menschen, die nicht unser Einkommen haben, sondern die vielleicht mit 1 000 Euro netto für drei Perso­nen über die Runden kommen müssen –, sind das alles Investitionen; und wenn diese Investitionen, egal ob Haushaltsgeräte, Werkzeuge, Elektronik und so weiter, nicht das erwartete Lebensalter erreichen, dann haben diese Menschen ein Problem. Daher ist es neben den umweltpolitischen und anderen Zielen wichtig, auch da rasch ein vernünftiges Modell zu schaffen.

Ich sage jetzt nicht, dass Wien das beste Modell hat. Kollegin Rössler hat das Salzburger Modell angesprochen. Ja, wenn es dort bessere Modelle gibt, dann soll man das durch­aus übernehmen. Ich weiß es nicht konkret, ich kenne das Salzburger Modell nicht. Wichtig ist nur  und da nehme ich jetzt Frau Kollegin Rössler in die Ziehung; Sie werden sich noch erinnern, was gezählt hat, als Sie als Landesrätin Teil der Exekutive waren –: Nicht die Sonntagsreden haben gezählt, gezählt hat, was Sie wie wann gemacht haben, welche Kosten und welchen Nutzen es für die Bürger gebracht hat.

In diesem Fall ist es genauso. Wir sagen jetzt, okay, schauen wir uns einmal an, was in der nächsten Zeit in Begutachtung geht, was kommen wird, und dann können wir mes­sen: Was kommt wann, welche Kosten verursacht das und welchen Nutzen hat das? Wenn das Ergebnis entspricht, werden wir auch mitgehen. Wenn es nicht entspricht, wenn es


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keine Kosten verursacht, aber auch keinen Nutzen bringt, dann werden wir da noch einmal den Finger in die Wunden legen.

Es hat mich auch gefreut, dass eine Vertreterin der Grünen sagt: Das beste Modell soll sich durchsetzen! – Ich nenne das Technologieneutralität, und ich würde mir wünschen, dass diese Technologie- oder Modellneutralität bei den Grünen überall Eingang findet. – Danke. (Beifall bei der FPÖ.)

20.41


Präsident Ing. Norbert Hofer: Zu Wort gelangt Frau Abgeordnete Mag.a Maria Smodics-Neumann. – Bitte schön, Frau Abgeordnete.


20.41.46

Abgeordnete Mag. Maria Smodics-Neumann (ÖVP): Herr Präsident! Werte Kollegin­nen und Kollegen! Sehr geehrte Frau Bundesminister! Wenn ich mein Verhalten ändern soll, dann ist Motivation eindeutig die nachhaltigere Triebfeder – und zwar im doppelten Sinn: länger anhaltend und nachhaltig für die Umwelt –, als wenn man Verbote aus­spricht. Das möchte ich einmal voranstellen, und deswegen freut mich dieses Projekt auch so.

Reparieren statt wegwerfen in Form von fördern statt verbieten kann nur unterstützt werden. Kollegin Rössler hat es schon gesagt, es steht auch im Regierungsprogramm, und da sind natürlich die Gewerbe- und Handwerksbetriebe gefragt. Wir haben uns als Vertretung für Gewerbe und Handwerk schon im Jahr 2018 damit auseinandergesetzt. Die Möglichkeit der Reparatur liegt immer auch in der Genesis der produzierenden Betriebe. Wir haben dann 2019 einen Schwerpunkt gesetzt und das Firmen-A-bis-Z der Wirtschaftskammer Wien um den Button Reparatur erweitert. Das heißt, man kann heute schon über das Anklicken des Buttons Reparatur diverseste Branchen abfragen und Firmen finden, die Reparaturen anbieten. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Grünen.)

Ich glaube, dass es wichtig ist, dass es schon Modelle in den verschiedensten Aus­prä­gungen gibt. Jetzt haben wir ein bisschen den Wettbewerb der besseren Modelle. Frau Bundesministerin, das Wichtige wird nicht die Tatsache sein, dass es kommt – ich glaube, da sind wir uns alle einig, dass das eine ganz sinnvolle Geschichte ist –, sondern wichtig wird sein, wie das Modell ausgestaltet ist.

Da ist es mir besonders wichtig, auf eines hinzuweisen – Herr Kollege Deimek, ich glaube, du hast nicht die gesamtheitliche Information des Wiener Modells, was ich durch­aus nachvollziehen kann, weil es sehr, sehr schwer ist, dem auf den Grund zu gehen; da wir aber als Gewerbe- und Handwerksbetriebe Zulieferer des Wiener Modells sind, bin ich da ein bisschen tiefer drinnen –, eine Sache stört mich ganz massiv: Dieses Modell schließt einzelne Handwerksbetriebe aus, also nicht nur einzelne, sondern von diesen 250 möglichen sind tatsächlich nur 19 Gewerbebetriebe im Wiener Modell abge­bildet, weil es die Beschränkung gibt, dass diese Betriebe Mitglied des Reparaturnetz­werkes sein müssen.

Das Reparaturnetzwerk ist aber ein Projekt der Umweltberatung in Wien, sprich des Magistrats. Da gibt es einen Verein, ein Projekt Reparaturnetzwerk, und nur wer dort Mitglied ist, kommt in den Genuss des Reparaturbons. Das ist für mich eine massive Ungleichbehandlung. Ich bin auch laufend im Austausch mit der Umweltberatung. Der Herr Stadtrat hat es coronabedingt zeitlich noch nicht geschafft, mit mir Kontakt aufzu­nehmen, aber das kriegen wir auch noch hin.

Ich glaube also, der Schlüssel zum Glück wird sein, wie das Modell ausgestaltet und wie es umgesetzt wird, damit wir flächendeckende Angebote haben, damit meisterlich, fach­lich geprüfte Unternehmen das gerade bei Elektronikgeräten anbieten können. Vor allem


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sind diese Betriebe auch diejenigen, die Lehrlinge ausbilden. Daher ist es wichtig, in der Ausbildung schon auf das Thema Reparatur entsprechend aufmerksam zu machen, die Jugendlichen verstärkt mit dem Thema zu konfrontieren, wobei ich das Gefühl habe, dass die Jugendlichen ohnehin schon viel weiter sind als vielleicht manche andere.

Deswegen glaube ich, wenn man es gut umsetzt, können alle gewinnen: die Konsu­menten, die Auszubildenden, die Wirtschaft. Die Wertschöpfung bleibt in Österreich, die Arbeitsplätze könnten gesichert oder ausgebaut werden, und in erster Linie gewinnt mit der Verhaltensänderung natürlich die Umwelt. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeord­ne­ten der Grünen.)

20.45


Präsident Ing. Norbert Hofer: Zu Wort gemeldet hat sich Frau Bundesministerin Leonore Gewessler. – Bitte schön, Frau Bundesministerin.


20.45.59

Bundesministerin für Klimaschutz, Umwelt, Energie, Mobilität, Innovation und Technologie Leonore Gewessler, BA: Sehr geehrter Herr Präsident! Werte Abge­ord­nete! Werte Zuseherinnen und Zuseher, auch noch zu so später Stunde! Ich freue mich sehr über die große Einigkeit bei diesem Thema im Haus und dass das Thema Kreislaufwirtschaft  also das Thema Umstellung unserer wirtschaftlichen Basis auf ein System, das mit einem Planeten auskommt, indem wir unsere Ressourcen im Kreis führen  und diese Maßnahme zur Kreislaufwirtschaft hier im Haus eine so große Unter­stützung haben.

Tatsächlich ist die Kreislaufwirtschaft eines der zentralen Themen auf der EU-Ebene. Frau Kollegin Rössler hat es angesprochen: Wir haben dort den Aktionsplan Kreislauf­wirtschaft, in dem insbesondere das Thema Reparatur ein ganz zentrales ist. Es geht um ein Recht auf Reparatur, um eine Verlängerung von Gewährleistungsfristen, um die Notwendigkeit, dass Ersatzteile tatsächlich bereitgestellt werden – also einen Meilen­stein in der Produktpolitik in Europa.

Wir arbeiten generell an einem neuen Set-up der Produktpolitik. Erster Testcase sozu­sagen ist die Batterieverordnung, bei der es genau darum geht, entlang des gesamten Lebenszyklus die ökologischen Fragen im Blick zu haben, die sozialen Fragen im Blick zu haben und wirklich entlang der Hierarchie Reuse and Recycle zu agieren. Da ist auf europäischer Ebene gerade enorm viel im Gange.

Das unterstützen wir national mit einer Kreislaufwirtschaftsstrategie, die wir im BMK erarbeiten. Wir haben – auch das haben wir schon mehrfach hier im Haus diskutiert – mit einer Senkung der Mehrwertsteuer auf kleinere Reparaturen begonnen. Wir haben den Rahmen, den die EU-Mehrwertsteuerrichtlinie für diese Steuersenkung hergibt, vollständig ausgenützt. Diese EU-Richtlinie hat aber auch eine Grenze, nämlich: Reparaturen von Elektrogeräten kann man nicht über die Mehrwertsteuer fördern. Dazu braucht es andere Modelle, und dieses andere Modell bringen wir mit diesem Reparatur­bonus auf den Weg.

Wir sehen die Förderung der Reparatur von elektrischen und elektronischen Geräten als Maßnahme im österreichischen Aufbau- und Resilienzplan 2020 bis 2026 vor. Das Gesamtbudget beträgt 130 Millionen Euro, das ist ein großes Budget, und das ist gut so. Wir haben schon von den vielen Bundesländermodellen, die es für diese Reparaturboni gibt, gesprochen. Das erste gab es meines Wissens in Oberösterreich, Rudi Anschober hat das damals auf den Weg gebracht. Der Reparaturbonus in Oberösterreich war tatsächlich eine der erfolgreichsten Landesförderungen in Oberösterreich ever, es gab Zehntausende Anträge, also enorm viel Nachfrage. Und es ist gut so, dass das nach­gefragt wird, weil die Verlängerung der Lebensdauer von Produkten ein wesentlicher


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Beitrag zur Abfallvermeidung, zur Ressourcenschonung, aber natürlich auch zur Reduk­tion von Emissionen ist. Man darf nämlich nicht vergessen, in der Produktion und in der Entsorgung entsteht bei den allermeisten Produkten der größte Anteil der CO2-Emis­sionen, und deswegen sind die Verlängerung der Lebensdauer und das Im-Kreislauf-Führen so ein zentraler Beitrag zum Klimaschutz. (Beifall bei den Grünen und bei Abge­ordneten der ÖVP.)

Wir haben aber derzeit die Situation, dass der Anreiz zur Reparatur zu gering ist; wir haben es im Ausschuss diskutiert. Das hat viele verschiedene Gründe, aber einer der Gründe ist definitiv, dass es oft einen zu geringen Preisunterschied zwischen Reparatur und Neukauf gibt, dass es einen Mangel an Reparaturmöglichkeiten gibt, dass die Ersatzteile fehlen oder dass es einfach Informationsdefizite gibt.

Die Förderung für Reparaturen bei den Konsumentinnen und Konsumenten soll für viele dieser Fragen Abhilfe schaffen, das Bewusstsein stärken, und – auch das sehen wir am Beispiel Oberösterreich – sie hilft auch nachhaltig, die Reparaturwirtschaft anzukurbeln. Es sind Arbeitsplätze in Reparaturbetrieben entstanden. Das sind oft sozialökonomische Betriebe, die Menschen auf dem Zweiten Arbeitsmarkt eine Chance geben. Das sind oft gemeinnützige Initiativen, die aber auch ein ganz wichtiger Wirtschaftsfaktor sind.

Zur konkreten Ausgestaltung der Förderung gab es ein paar Fragen. Lieber Herr Kollege Kollross, Sie haben mich gefragt: Wann kommt das Gesetz? Wann kommt die No­velle? – Das Bundesfinanzrahmengesetz wurde im April eingebracht und im Mai hier beschlossen. Darin ist die budgetäre Bedeckung für 2022 bereits beschlossen.

Wir werden den Bonus mit der AWS umsetzen, arbeiten derzeit an der Ausgestaltung der Richtlinie dafür, und was wir tun werden, ist, eine bundesweit einheitliche Förderung zu schaffen. Die Bundesländer haben die Förderungen bisher unterschiedlich aus­gestaltet, und wir wollen eine bundesweit einheitliche Förderung im Ausmaß von maxi­mal 50 Prozent der Kosten bis zu maximal 200 Euro.

Weil Herr Kollege Deimek mich darauf angesprochen hat, dass es sozusagen ver­schie­dene Modelle gibt: Ja, das stimmt, aber mein Zugang zu ganz vielen der politischen Fragen ist, dass wir uns das beste Modell suchen  das ist keine neutrale Frage, das ist oft eine Entscheidungsfrage –, und an diesem Modell arbeiten wir jetzt gerade. Es soll eine zielgerichtete, möglichst effiziente Förderung mit weitgehender IT-Unterstützung werden, sodass der Verwaltungsaufwand sowohl beim Förderempfänger, der Förder­empfängerin als auch bei der abwickelnden Stelle möglichst gering gehalten wird.

Ich habe die Rückmeldung zu Wien gehört und werde das auch in die Umsetzung mit­nehmen. Tatsächlich haben wir die Überlegung, den Reparaturbonus am Wiener Modell anzulehnen, weil dieses mittels eines downloadbaren Gutscheines und der Einlösung direkt in der Reparaturwerkstätte eine für alle an sich recht unkomplizierte Abwicklung bietet.

Die Erfahrungen, die wir in den Bundesländern gesammelt haben, werden wir natürlich in die konkrete Ausgestaltung einbeziehen, weil wir daraus auch viel lernen können. Auch eines kann ich zusagen: Wir haben auch die Frage der Frist geklärt, und zwar im nationalen Aufbau- und Resilienzplan. Wir haben dort nämlich den Start der Förderung mit 1.1.2022 eingemeldet, und das werden wir auch genau so umsetzen. – Herzlichen Dank. (Beifall bei Grünen und ÖVP.)

20.52


Präsident Ing. Norbert Hofer: Zu einer tatsächlichen Berichtigung zu Wort gemeldet hat sich Frau Abgeordnete Herr. – Bitte.



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20.52.35

Abgeordnete Julia Elisabeth Herr (SPÖ): Herr Präsident! Abgeordnete Smodics-Neumann hat in ihrer Rede behauptet, dass beim Wiener Modell des Reparaturbonus quasi einzelne Betriebe ausgeschlossen werden, und hat es so dargestellt, als ob es willkürliche Ausschlusskriterien geben würde.

Ich berichtige tatsächlich: Es sind Qualitätskriterien, die angewendet werden. Zum Bei­spiel muss garantiert werden, dass ein gewisser Prozentsatz der Arbeitsplätze wirklich auch dem Reparieren dient, also dass es nicht eigentlich um den Verkauf von Neuware geht, oder dass der Betrieb, um den es geht, nicht zum Beispiel nur eine Marke anbietet, also dass es dabei wirklich auch universal um einen Reparaturbetrieb geht, oder dass zum Beispiel die Erstellung von Kostenvoranschlägen nicht eine gewisse Grenze überschreiten darf, weil es darum geht, für die Konsumenten und Konsumentinnen ein gutes Ergebnis zu erzielen. (Zwischenrufe bei der ÖVP.)

Das bedeutet, es gibt qualitative Kriterien und keine Willkür. – Danke schön. (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Deimek: Das war eine tatsächliche Bestätigung!)

20.53


Präsident Ing. Norbert Hofer: Zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Robert Laimer. – Bitte, Herr Abgeordneter.


20.53.49

Abgeordneter Robert Laimer (SPÖ): Herr Präsident! Hohes Haus! Frau Ministerin! Reparieren statt wegwerfen: Würde diesem Grundgedanken gefolgt, ließe sich viel unnötiger Elektroschrott vermeiden und der Ressourcenverbrauch senken. Aktuell ist dieser Ansatz jedoch bloß ein Nischenprogramm. Wir stehen daher in der Verant­wor­tung, diesen Ansatz noch viel stärker in den umwelt-, wirtschafts- und gesellschafts­politischen Fokus zu rücken und öffentlichkeitswirksam sichtbar zu machen. Dies könnte à la longue auch der Kreislaufwirtschaft die nötigen Impulse bringen, damit diese flächen­deckend mehr Bedeutung erlangt.

Zum Reparaturbonus, glaube ich, können wir uns auf den Minimalkompromiss einigen, dass es noch kein fertiges Gesetz gibt, Frau Minister.

Reparatur statt Neukauf heißt auch, althergebrachte Gewohnheiten zu hinterfragen. Wenn man sich vor Augen führt, dass innerhalb der Europäischen Union jährlich über 2,5 Milliarden Tonnen Abfall produziert werden, dann kommt man zu dem Schluss, dass die Konsum- und Wegwerfgesellschaft längst an ihre Grenzen gestoßen ist und rote Linien überschritten hat. Dabei wäre es gar nicht so kompliziert, eine ressourcen­scho­nende Wirtschaftsweise zu etablieren.

Viele Produkte könnten deutlich länger in Gebrauch sein, wenn die Hersteller nicht durch geplante Obsoleszenzen die Lebensdauer von Gütern künstlich verringern würden. Ebenso ließen sich Produkte unterschiedlichster Art durch Reparaturmaßnahmen länger am Leben erhalten. Zur Ressourcenschonung würden auch sämtliche Recycling­maß­nahmen beitragen, die Materialien für längere Zeit im Kreislauf der Wirtschaft halten würden. In diesen Bereichen gibt es noch ordentlich Luft nach oben.

All jene unter uns, die noch vor dem Zeitalter der exzessiven Wegwerfgesellschaft ihre Fernsehgeräte und Stereoanlagen warten und reparieren ließen, wissen, dass ein TV-Gerät eine durchschnittliche Lebensdauer von über zehn Jahren hatte und erst entsorgt wurde, wenn die Bildröhre kaputt war. Ich weiß, das klingt heute sehr retro, es war aber noch vor dem Millennium der Fall.


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Meine Damen und Herren, abschließend möchte ich schon noch darauf hinweisen, dass es Zeit ist – wir warten beinahe schon ein halbes Jahr darauf – für eine hoffentlich sozial gerechte Klimazielsetzung, die der verpflichtenden Klimaneutralität den Weg ebnen muss. Sie passiert aber bis dato nicht. Sollen wir bei der CO2-Reduktion auf den Welt­spartag warten? Man hat den Eindruck, grüne Energie- und Umweltpolitik dreht sich unaufhörlich im Kreis und sorgt nicht ausreichend und konsequent für zum Beispiel innovative Kreislaufwirtschaft, für eine Energiewende und auch für eine rasche Eindäm­mung der Plastikflut. Auch da sind wir als Republik Österreich mittlerweile säumig. – Danke. (Beifall bei der SPÖ.)

20.57


Präsident Ing. Norbert Hofer: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Michael Bernhard. – Bitte, Herr Abgeordneter.


20.57.24

Abgeordneter Michael Bernhard (NEOS): Herr Präsident! Geschätzte Frauen Minis­terin­nen! Werte Kolleginnen und Kollegen! Wir sprechen ja im Wesentlichen gerade davon, warum es für Konsumentinnen und Konsumenten oft einfacher und wünschens­werter ist, etwas neu zu kaufen, als etwas zu reparieren, und wir diskutieren das, weil es im Umweltausschuss behandelt wurde, ausschließlich aus umweltpolitischer Perspek­tive.

Es hat jetzt in dieser Runde noch kein Redner und keine Rednerin ein ganz zentrales Thema angesprochen, und dieses Thema ist: Warum ist es denn so viel teurer, zu reparieren, als neu zu kaufen? – Das ist nicht, weil die Menschen quasi per se immer das Neue und Glänzende haben wollen – es gibt ja ohnedies einen Trend zum Repa­rieren –, sondern es ist deswegen, weil man, wenn man 1 Stunde eines Handwerkers bezahlen möchte, selbst 5 Stunden dafür arbeiten muss. Das ist das Hauptproblem.

Eines der Themen ist: Es gibt in Österreich eine viel zu hohe Last auf Lohn, auf Ein­kommen und bei Lohnnebenkosten. Ich habe mir gerade angesehen, nur um einen Ver­gleich zu ziehen – und wir reden jetzt nicht über Fernost und andere Gebiete –: Wo steht denn Österreich innerhalb der Europäischen Union? – Ich hoffe, man kann es sehen (ein Schriftstück in die Höhe haltend): auf Platz drei. Vor uns sind Schweden und Frankreich. Wir stehen je 100 Euro, die wir an einen Arbeitnehmer auszahlen, bei Lohnnebenkosten von 41 Euro. Von vergleichbaren Staaten – ich spreche jetzt bewusst von vergleichbaren Staaten – liegt etwa Deutschland bei 27 Euro, Finnland, das im Umweltbereich auch oft genannt wird, bei 23 Euro, die Niederlande bei der Hälfte, nämlich bei 21 Euro, Dänemark bei 15 Euro. Luxemburg lassen wir lieber weg, denn dort gibt es doch eine etwas andere Steuerlogik.

Was ich sagen will, ist: Das sind 40 Prozent Aufschlag auf das, was der Mensch bei uns verdient! Dann ist es natürlich enorm teuer, eine Reparatur durchführen zu lassen. Wenn man das dann nicht nur mit europäischen Ländern, sondern international vergleicht, kommen natürlich ganz andere Werte heraus.

Der zweite Grund, warum es so teuer ist, ist, dass Österreich sich ganz auf die Besteue­rung von Arbeit konzentriert. Da gibt es ein Freudenfest sondergleichen, wenn wieder irgendjemand eine Steuerreform anbieten kann und damit eigentlich nur sozusagen die Abgeltung der kalten Progression verkauft. In Wirklichkeit müsste man aber eine CO2-Steuer und einen CO2-Grenzausgleich einführen – oder es kann auch irgendeine andere Form im CO2-Bereich sein, das ist ja egal – und dafür die Arbeit massiv entlasten. Dann schafft man eine faire Balance zwischen denen, die reparieren, und denen, die vielleicht weit weg produzieren und dann nach Österreich importieren. Das ist ein ganz zentrales Element, das hier aber nicht angesprochen wird. (Beifall bei den NEOS.)


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Der dritte Punkt, der da hineinfällt, ist: Selbst wenn man auf die Idee kommt, man möchte unbedingt reparieren, dann hat man – und das kann man ganz oft auch persönlich erleben – bei den Handwerkern das Problem, dass man eine enorm lange Wartezeit hat. Es ist leider im Moment nicht so, dass diese auf uns warten, sondern oft so, dass sie massiv überbucht sind. Das liegt daran, dass sie im Wachsen beschränkt sind, aus einem einfachen Grund: weil sie keine Fachkräfte finden. Suchen Sie heute einmal eine Handwerkerin oder einen Handwerker, eine Person, die gut ausgebildet und frei auf dem Arbeitsmarkt verfügbar ist! Die gibt es faktisch nicht.

Daher: Es gibt viel zu hohe Lohnnebenkosten. Für diese ist jede Regierung seit Beginn der Zweiten Republik, inklusive dieser, verantwortlich. Es gibt keine Besteuerung auf Ressourcen und eine viel zu hohe Besteuerung auf Arbeit, und es gibt, zum Dritten, einen Fachkräftemangel. Alle drei sind Themen, die nicht umweltpolitisch sind, sondern die Österreich selbst beeinflussen kann. Da geht es nicht um eine moralische Wertung, wann was richtig und wann was falsch ist, sondern der Staat lenkt mit all seinen Maßnahmen in die falsche Richtung.

Deswegen – und das ist jetzt die große Kurve zum Punkt, warum wir trotzdem zustim­men –: Es gibt eine klaffende Wunde durch eine jahrzehntelange falsche Politik, Frau Ministerin, und jetzt nehmen Sie eine zugegeben gute Idee von der rot-pinken Stadt­regierung in Wien, einen Reparaturbonus, und kleben ein Mickymauspflaster auf diese klaffende Wunde, statt diese großen Reformen anzugehen.

Es sollte das Ziel einer Wirtschaftsministerin sein – nicht Ihr Ziel als Klima- und Umwelt­ministerin, das sei Ihnen zugestanden –, sich dafür einzusetzen, dass die Wirtschaft wirklich brummen kann, es sollte das Ziel eines Finanzministers sein, nicht zu chatten, sondern eine Steuerreform zu machen, und es sollte Ihr Ziel sein, eine CO2-Besteuerung einzuführen und dafür die Arbeitskosten zu reduzieren; dann hätten wir auch die Repa­ratur im Sack. – Vielen Dank. (Beifall und Bravoruf bei den NEOS.)

21.01


Präsident Ing. Norbert Hofer: Zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Ing. Martin Litschauer. – Bitte schön, Herr Abgeordneter.


21.02.04

Abgeordneter Ing. Martin Litschauer (Grüne): Sehr geehrter Herr Präsident! Frau Ministerin! Sehr geehrte Damen und Herren! Ja, Reparaturbonus: Kollege Bernhard hat mir, glaube ich, gerade ein bisschen ein Thema aufgelegt. Er hat das Augenmerk auf die Lohnnebenkosten beim Reparieren gelegt, und ich würde das gerne gleich einmal ein bisschen aufgreifen. (Präsident Sobotka übernimmt den Vorsitz.)

Grundsätzlich ist es natürlich richtig, dass die Höhe der Lohnnebenkosten beim Repa­rieren ein Problem darstellt, wenn man einen sehr hohen Arbeitsaufwand hat. Wenn man aber Kleingeräte repariert, muss das Problem nicht zwingend bei der Finanzierung der Kosten der Reparatur liegen, weil auch die Ersatzteilkostenproblematik sehr stark hinein­spielt und nur die Entlastung bei den Lohnnebenkosten die Reparatur noch nicht wirt­schaftlich macht.

Ein kleines Beispiel: Ich hatte einen kaputten Drucker, da war der Druckkopf ein­gegan­gen. Der Drucker hatte damals 90 Euro gekostet. Dann wollte ich den Druckkopf erset­zen und habe lange gesucht, bis ich überhaupt ein Ersatzteil gefunden habe. Dann hätte das Ding 65 Euro gekostet, nur der Druckkopf. Es scheitert dann daran, dass Ersatzteile einfach so viel kosten, und deswegen ist dieser Reparaturbonus, der Gesamtkosten tragen kann, so wie er jetzt angesetzt ist, ganz, ganz wichtig.

Da sehen wir: Wir müssen dahin kommen, dass die Ersatzteile erstens verfügbar sind, zweitens auch einen vernünftigen Preis haben und man hoffentlich auch Produkte


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bekommt, die hochwertig und langlebig sind. Mit diesem Reparaturbonus wird es uns gelingen, dass den Österreicherinnen und Österreichern viele Hundert Millionen Euro überbleiben. Die können sie dann hoffentlich auch in hochwertige Geräte investieren.

Meine Kollegin Ulli Fischer war bei Sepp Eisenriegler im Reparatur- und Servicezentrum, und ich habe Sepp Eisenriegler auch schon einmal kennenlernen dürfen. Er bringt ein ganz interessantes Beispiel. Er sagt: Wenn man 20 Jahre Wäsche waschen will, dann hat man die Möglichkeit, eine Waschmaschine zu kaufen, die zwischen 800 und 900 Euro kostet und die in der Regel dann die 20 Jahre hält oder nur kleine Reparaturen braucht, oder man kauft sieben Waschmaschinen um 300 Euro, bei denen die Kunststofftrom­meln nach drei Jahren kaputt sind, weil man da nicht mehr als drei Jahre Lebensdauer erwarten darf. Man hat dann sieben mal 300 Euro in der gleichen Zeit ausgegeben und das Doppelte von dem in die Waschmaschine investiert, was eine langlebige, hoch­qualitative Waschmaschine gekostet hätte. Diese hochqualitative Waschmaschine lässt sich natürlich auch wesentlich wirtschaftlicher finanzieren. Die 300-Euro-Wasch­maschine ist im Regelfall etwas, das sofort auf den Müll kommt.

Ich darf vielleicht noch zur Ökodesignrichtlinie ergänzen: Es gibt auch Handys (ein Handy in die Höhe haltend), bei denen man nicht nur den Akku tauschen kann, sondern jedes Ersatzteil, Kamera und so weiter, nachkaufen kann, und deswegen ist auch auf die Produktwahl noch ein bisschen Augenmerk zu legen. Da bin ich auch ein großer Freund der Digitalisierung, denn die Digitalisierung hilft dabei, dass man diese Teile teilweise selber ohne Spezialwerkzeug reparieren kann, und deswegen freue ich mich darauf, dass wir das Reparieren fördern und auch die notwendige Motivation dafür bei allen auslösen. – Vielen Dank. (Beifall bei Grünen und ÖVP.)

21.05


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort ist dazu niemand mehr gemeldet. Die Debatte ist damit geschlossen.

Wünscht die Berichterstatterin ein Schlusswort? – Das ist nicht der Fall.

21.05.40Abstimmung über die Tagesordnungspunkte 22 bis 25


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Wir kommen zu den Abstimmungen über die Ta­gesordnungspunkte des Umweltausschusses.

Ich darf fragen: Können wir in den Abstimmungsvorgang eingehen? ÖVP? FPÖ? NEOS? Grüne? SPÖ? – Okay.

Wir gelangen nun zur Abstimmung über den Tagesordnungspunkt 22: Antrag des Umweltausschusses, dem Abschluss des Staatsvertrages: Umweltschutzprotokoll zum Antarktis-Vertrag samt Anhang und Anlagen I bis V, in 812 der Beilagen gemäß Art. 50 Abs. 1 Z 1 Bundes-Verfassungsgesetz die Genehmigung zu erteilen.

Wer dafür ist, den bitte ich um ein dementsprechendes Zeichen. – Das ist einstimmig angenommen.

Ich lasse jetzt über den Antrag des Umweltausschusses, wonach dieser Staatsvertrag im Sinne des Art. 50 Abs. 2 Z 4 Bundes-Verfassungsgesetz durch Erlassung von Geset­zen zu erfüllen ist, abstimmen.

Wer dafür ist, den bitte ich um ein dementsprechendes Zeichen. – Auch das ist ein­stimmig.

Tagesordnungspunkt 23: Antrag des Umweltausschusses, seinen Bericht 906 der Beilagen zur Kenntnis zu nehmen.


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll111. Sitzung, 16. und 17. Juni 2021 / Seite 255

Wer das tut, den bitte ich um ein dementsprechendes Zeichen. – Das ist mehrheitlich angenommen.

Tagesordnungspunkt 24: Wir kommen zunächst zur Abstimmung über den Antrag des Umweltausschusses, seinen Bericht 904 der Beilagen hinsichtlich des Entschließungs­antrages 1552/A(E) zur Kenntnis zu nehmen.

Wer das tut, den bitte ich um ein dementsprechendes Zeichen. – Das ist mit Mehrheit angenommen.

Weiters kommen wir zur Abstimmung über die dem Ausschussbericht 904 der Beilagen angeschlossene Entschließung betreffend „Reparieren statt Wegwerfen: Österreich­weite Förderung von Reparaturen“.

Wer dafür ist, den bitte ich um ein Zeichen. – Das ist einstimmig angenommen. (186/E)

Wir gelangen zur Abstimmung über Tagesordnungspunkt 25: Antrag des Umweltaus­schusses, seinen Bericht 905 der Beilagen zur Kenntnis zu nehmen.

Wer dies tut, möge das mit einem Zeichen bekunden. – Das ist mehrheitlich ange­nom­men.

21.07.5526. Punkt

Bericht des Budgetausschusses über den Antrag 1686/A der Abgeordneten Peter Haubner, Dr. Elisabeth Götze, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundes­gesetz, mit dem das Bundesgesetz über die Errichtung eines Härtefallfonds (Härtefallfondsgesetz) geändert wird (933 d.B.)

27. Punkt

Bericht des Budgetausschusses über den Antrag 1653/A der Abgeordneten Gabriel Obernosterer, Dr. Elisabeth Götze, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bun­desgesetz, mit dem das KMU-Förderungsgesetz und das Garantiegesetz 1977 ge­än­dert werden (934 d.B.)

28. Punkt

Bericht des Budgetausschusses über den Antrag 1669/A der Abgeordneten Gabriel Obernosterer, Mag. Dr. Jakob Schwarz, BA, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Einkommensteuergesetz 1988, das Umsatzsteuer­gesetz 1994 und das Alkoholsteuergesetz geändert werden (935 d.B.)


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Wir gelangen nun zu den Tagesordnungs­punk­ten 26 bis 28, über welche die Debatten wieder unter einem durchgeführt werden.

Ich darf mich bei Frau Ministerin Gewessler herzlich für die Anwesenheit bedanken und begrüße den Finanzminister. Frau Wirtschaftsministerin Schramböck bleibt noch.

Auf eine mündliche Berichterstattung wurde verzichtet.

Als Erster zu Wort gemeldet ist Abgeordneter Krainer. Ich darf ihm das Wort erteilen. – Herr Abgeordneter, Sie gelangen zu Wort.


21.09.05

Abgeordneter Kai Jan Krainer (SPÖ): Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Herr Minister Blümel (in Richtung Bundesminister Blümel, der mit Abg.


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll111. Sitzung, 16. und 17. Juni 2021 / Seite 256

Engelberg spricht), würden Sie mir vielleicht Ihr Ohr leihen oder doch nicht? – Wir kön­nen auch die Sitzung unterbrechen, wenn der Finanzminister gerade keine Zeit für die Debatte hat.

Sie waren ja heute bei der Debatte über die Ministeranklage gegen Sie nicht da. Da hatten wir eine interessante Debatte. Ich habe hier gesagt, dass Sie bis heute das Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes vom 3. März nicht umgesetzt haben, wonach ja in der Zwischenzeit erst- und einmalig in der Zweiten Republik vom Bundes­prä­sidenten sogar ein Exekutionsverfahren gegen einen amtierenden Minister geführt wird. (Abg. Eßl: Was haben wir für ein Thema?)

Kollege Gerstl vertraut Ihnen offenbar so blind, dass er sogar rausgekommen ist und behauptet hat, das, was ich gesagt habe, wäre falsch. Und siehe da, zwei Stunden später bekomme ich ein E-Mail von Ihnen, und wissen Sie, was da drinnen steht? – Dass Sie durch ein Versehen, irrtümlich noch nicht alle Akten und Unterlagen geliefert haben, die Sie hätten liefern müssen, weil Sie der Verfassungsgerichtshof dazu am 3. März verpflichtet hat. (Abg. Hörl: Er soll zur Sache reden! – Weitere Zwischenrufe bei der ÖVP.)

Das haben Sie bis jetzt noch nicht geliefert! Sie haben angekündigt, dass es heute noch geliefert wird. Wir haben heute zumindest von der Parlamentsdirektion noch keine Be­stätigung. Dabei ist heute der 16. Juni, und Sie haben noch immer das Erkenntnis vom Verfassungsgerichtshof vom 3. März nicht umgesetzt. Mittlerweile geben Sie es zu und sagen: Es war ein Versehen, ein Irrtum, dass wir noch nicht alle Akten und Unterlagen geliefert haben. – Ich sage Ihnen: Herr Minister, so geht es nicht! Unsere Geduld ist erschöpft! (Beifall bei der SPÖ.)

Wir werden heute noch Gelegenheit haben, das zu debattieren. Sie sind herzlichst ein­geladen, weil wir ja heute noch einmal über die Nachspielzeit des Untersuchungs­aus­schusses debattieren. Wir kennen das alles von der Europameisterschaft: Wenn eine Mannschaft Zeit verzögert, dann wird das eingerechnet, dann gibt es die Nachspielzeit, und in der Geschichte von Untersuchungsausschüssen hat noch nie jemand so viel Zeit verzögert wie Sie und Bundeskanzler Kurz. (Ruf bei der ÖVP: Tagesordnung!)

Wir bestehen auf diese Nachspielzeit. Wir werden heute ja noch darüber debattieren können, ob es auch wirklich zu dieser Nachspielzeit kommt oder ob ernsthaft eine Mehrheit hier in diesem Haus diese Vorgangsweise akzeptiert, dass ein Minister am 16. Juni sagt: Durch einen Irrtum und durch ein Versehen habe ich noch immer nicht alle Akten und Unterlagen geliefert, die ich seit 3. März vonseiten des Verfassungs­ge­richtshofes verpflichtend hätte liefern sollen. (Zwischenruf des Abg. Hanger.) Wir werden sehen, ob wirklich eine Mehrheit sagt: Ja, das legitimieren wir und diese Vorgangsweise decken wir!, oder ob eine Mehrheit hier im Haus sagt: Nein, das geht selbst uns zu weit! (Neuerlicher Zwischenruf des Abg. Hanger.) Auch Ihnen, Herr Hanger, könnte irgend­wann einmal etwas zu weit gehen, denn glauben Sie mir eines: Herr Blümel ist bereit, so weit zu gehen, dass es sogar für Sie zu weit ist. (Beifall bei der SPÖ sowie des Abg. Loacker.)

Zur gegenständlichen Debatte: Wir verlängern hier einige Hilfsmaßnahmen, die die Krise betreffen. (Abg. Hanger: ... steht auf der Tagesordnung!) Das ist gut und richtig so, da stimmen wir zu. Die Frage aber – und das ist eine wesentliche Frage; Herr Hanger, ich weiß, sie interessiert Sie nicht – ist: Wer bezahlt am Ende diese Krise? (Abg. Hanger: Ich bin gespannt, wann er wieder ...!) Wir wissen aufgrund unserer heutigen Steuer­struktur, dass über 80 Prozent unserer Steuern sich aus Steuern auf Arbeit (neuerlicher Zwischenruf des Abg. Hanger) und Konsum zusammensetzen, sprich, die Arbeitneh­merinnen und Arbeitnehmer, die Pensionistinnen und die Pensionisten bezahlen unsere Steuern und Abgaben.


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll111. Sitzung, 16. und 17. Juni 2021 / Seite 257

Im Bereich Kapital und Vermögen ist es durch unsere eigentlich nicht existente Vermö­genssteuer so, dass nur circa 15 Prozent des Staatshaushaltes aus Steuern im Bereich Kapital und Vermögen stammen. Das heißt, wenn wir an unserer Steuerstruktur nichts ändern, bezahlen über 80 Prozent die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer und nicht einmal 20 Prozent die, die über Vermögen und Kapital verfügen.

Was macht der Minister? – Er denkt darüber nach, die Steuerstruktur zu ändern, und zwar dahin gehend, dass die Großkonzerne, die heute schon keinen gerechten Beitrag zahlen, noch weniger zahlen. Das heißt, Sie wollen, dass die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer (Zwischenruf des Abg. Hanger), die Pensionistinnen und Pensionisten nicht nur 80 Prozent, sondern 90 Prozent der Krisenkosten zahlen und die Bereiche Kapital und Vermögen noch weniger! Da werden Sie mit unserem erbitterten Widerstand rechnen müssen. – Vielen Dank. (Beifall bei der SPÖ. – Ruf bei der SPÖ: Sehr gute Rede!)

21.13


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Abgeordneter Obernosterer. – Bitte.


21.13.39

Abgeordneter Gabriel Obernosterer (ÖVP): Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Frau Bundesministerin! Herr Finanzminister! Meine sehr verehrten Damen und Herren zu Hause vor den Fernsehschirmen! Herr Kollege Krainer, zum Inhalt der jetzigen Tagesordnungspunkte haben wir nicht viel gehört. Ich habe vernommen, was Sie sonst gesagt haben, aber ich werde euch jetzt etwas sagen – ich habe das schon heute Vor­mittag bei der Aktuellen Stunde gesagt –: Was wir hier sagen, wird ja nicht wahrge­nommen oder wird einfach nicht akzeptiert, akzeptiert aber bitte schön wenigstens das, was internationale Experten und Institute sagen!

Gestern Abend hat es eine Onlinepressekonferenz vom IWF gegeben. Dort ist gesagt worden, die Coronahilfen in Österreich sind beispielgebend. (Zwischenrufe bei der SPÖ.) Und wisst ihr, was der IWF noch gesagt hat? – Der österreichische Finanzhaushalt ist so gut aufgestellt, dass es aus heutiger Sicht nicht notwendig sein wird, dass wir danach ein Sparpaket machen. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Grünen.)

Eines weiß ich auch, so lange bin ich schon hier in diesem Haus: Auch als keine Coronazeit war, haben wir in der Vergangenheit mehr Steuern gezahlt als jetzt, seit diese neue Regierung im Amt ist, nämlich unter Bundeskanzler Kurz, zuerst mit den Frei­heitlichen und jetzt mit dem grünen Vizekanzler Kogler. Das muss auch einmal fest­gestellt werden. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Grünen. – Zwischenruf des Abg. Matznetter.)

Um das nicht in die Länge zu ziehen: Worum geht es jetzt? (Neuerlicher Zwischenruf des Abg. Matznetter.) – Corona ist Gott sei Dank fast vorbei. Wir wissen aber, dass jetzt zum Schluss diejenigen Betriebe, die noch Nachwehen haben – im Konzertbereich, bei den Messen oder was den Kongresstourismus betrifft –, noch Hilfen brauchen. Wir dürfen diese Betriebe jetzt nicht im Stich lassen, sondern wir müssen das weiterführen.

Einige Coronahilfen laufen aus, weil sie nicht notwendig sind, und einige Coronahilfen, wie gesagt, werden jetzt noch einmal verlängert, nämlich um drei Monate und maximal bis Ende des Jahres, natürlich unter schärferen Voraussetzungen als vorher. Das heißt, es muss mindestens ein Umsatzeinbruch von 50 Prozent gegeben sein, damit man diese Coronahilfen weiter in Anspruch nehmen kann. Das ist, ohne jetzt ins Detail zu gehen, der Ausfallsbonus, der Verlustersatz, der Härtefallfonds und die Verlängerung der Haftung, wenn ein Betrieb noch einen Übergangskredit von der ÖHT braucht, weil er ihn noch nicht ganz in Anspruch genommen hat.


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll111. Sitzung, 16. und 17. Juni 2021 / Seite 258

Da immer wieder gesagt wird, dass auf die Gemeinden nicht genug geschaut wird: Heute ist im Ministerrat beschlossen worden, dass beim Kommunalinvestitionspaket, das für die Gemeinden aufgestellt worden ist, die Ansuchen bis Ende 2022 verlängert werden, was wir demnächst im Budgetausschuss und dann, wie gesagt, auch im Plenum beschließen werden.

Wie gesagt, Herr Finanzminister, Frau Wirtschaftsministerin, der IWF hat eigentlich ganz klar gesagt, dass das, was diese Regierung in den letzten 15 Monaten gemacht hat, in Ordnung ist, dass das verantwortungsvoll war und den Betrieben auch ordentlich geholfen hat, sodass sie jetzt wirklich wieder frohen Mutes in die Zukunft schauen können.

Ich wiederhole es jetzt noch einmal: Diese Hilfen sind für jeden da gewesen, für Arbeit­nehmer und für Arbeitgeber. Diejenigen Betriebe, die bis zum 15. März letzten Jahres, als nämlich der Lockdown angefangen hat, in Österreich zahlungskräftig gewesen sind, sind auch heute noch zahlungskräftig. (Zwischenruf des Abg. Loacker.)

Das kann man von anderen Staaten, die rund um uns sind, nicht behaupten. Die schauen heute noch her und machen Initiativen. Während bei uns schon ausbezahlt wurde, werden dort erst die Anträge ausgefüllt. – Ich danke vielmals. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Grünen.)

21.17


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Abgeordnete Herr. – Bitte.


21.17.57

Abgeordnete Julia Elisabeth Herr (SPÖ): Herr Präsident! Sehr geehrtes Hohes Haus! Wir beschließen heute eine Reihe von wichtigen Maßnahmen wie etwa die Verlängerung von Steuerbefreiungen auf Masken und Desinfektionsmittel und eine Verlängerung des Härtefallfonds, Punkte, die wir in der Coronakrise einfach dringend gebraucht haben. Das sind Punkte, die wir – mein Vorredner hat es schon angesprochen – mittragen werden.

Ich will aber heute darüber sprechen, was fehlt. Welche steuerlichen Maßnahmen haben wir noch nicht gesetzt, die aber dringend notwendig wären? – Dazu lese ich Ihnen kurz etwas vor, Herr Minister:

„Corona verstärkt Ungleichheit, verschärft Gesundheitsrisiken, reduziert Bildungs­chancen für Arme, während manche Vermögende und Unternehmen zu den Krisengewinnern ge­hören und in der Krise noch reicher geworden sind.“ Es wird dann beschrieben, wie diese Ungleichheit seit Jahrzehnten zunimmt. Weiter heißt es: „Demokratiegefährdende Machtkonzentration in Form von Kapital und Einfluss von wenigen steht wachsende materielle Unsicherheit von vielen gegenüber.“

Ich weiß nicht, ob Sie sich mit dieser Initiative schon auseinandergesetzt haben. Das sind Vermögende, Reiche, Millionäre aus Österreich, aber auch aus Deutschland, die sich zusammengetan haben, die jetzt die Politik bitten, sie endlich zu besteuern. Was ich vorgelesen habe, steht auf der Homepage der Initiative von MillionärInnen, Sie alle können das nachlesen. Wir haben da also Superreiche, die selbst aufzeigen, wie dieser Reichtum, den sie besitzen, auch zu Macht und zu Einfluss wird, und sie flehen uns förmlich an, sie endlich zu besteuern.

Ich zitiere hier auch noch eine Millionenerbin aus Österreich, Marlene Engelhorn, die sagt: „Besteuert mich endlich!“, „Ich habe nichts getan für dieses Erbe, das ist pures Glück“. – Ich habe mir gedacht, ich zitiere heute einmal ein paar Vermögende, ein paar Millionäre, Millionärinnen. Ich lese in Ihren ehemaligen Chats, dass Sie mit diesen viel


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll111. Sitzung, 16. und 17. Juni 2021 / Seite 259

zu tun haben und sich auch gut um sie kümmern. Ich dachte, vielleicht funktioniert diese Erklärungsweise und vielleicht erkennen Sie da eine gewisse Wahrheit.

Ich könnte auch andere Initiativen von Millionären, Millionärinnen erwähnen. Das gibt es ja auch global, zum Beispiel die Millionäre für Menschlichkeit, die sagen: Bitte, besteuert uns, besteuert uns, besteuert uns! Es ist die richtige Entscheidung! Es ist die einzige Entscheidung! Menschlichkeit ist wichtiger als unser Geld!

Wenn nun selbst diese Zitate der Millionäre und Millionärinnen und Milliardäre und Mil­liardärinnen, auch aus unserem Land, nicht reichen, dann versuche ich es vielleicht mit den nackten Zahlen (Abg. Hörl: Spenden sind steuerbegünstigt!): In den letzten Mona­ten der Pandemie sind Hunderte Millionen Menschen global in die Armut abgerutscht. (Abg. Obernosterer: ... nicht in Österreich!) Gleichzeitig haben die reichsten Menschen dieser Welt ihr Vermögen um 60 Prozent erhöht. Ich mache es kurz: Es ist Zeit für eine Millionärssteuer! – Danke schön. (Beifall bei der SPÖ.)

21.21


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Abgeordneter Angerer. – Bitte.


21.21.22

Abgeordneter Erwin Angerer (FPÖ): Herr Präsident! Frau Minister! Herr Finanz­minis­ter! Ja, wir reden nun über drei Gesetzesvorlagen, um die Coronahilfspakete zu verlän­gern. Ich schicke gleich voraus: Wir werden diese drei Gesetzesmaterien unter­stützen, weil wir der Meinung sind, dass, solange es durch diese Bundesregierung Ein­schrän­kungen – teilweise überzogene Einschränkungen – für unsere Wirtschaft gibt, man den Unternehmen zumindest die Möglichkeit geben muss, Hilfen in Anspruch zu nehmen.

Wenn ich aber die Überschrift der heutigen „Kronen Zeitung“ lese: Coronahilfen treff­sicher machen!, dann ist das ein Jahr zu spät, Herr Minister. Herr Vizekanzler Kogler hat das so formuliert, dass man nun eben dabei ist, diese Coronahilfen treffsicherer zu machen. Das ist der Punkt – es ist leider so, dass wir bis heute immer noch E-Mails von Unternehmen bekommen, die keine Unterstützung bekommen. Es sind großteils indirekt betroffene Unternehmen. Die Cofag wird immer wieder genannt, das Konstrukt, das Sie geschaffen haben, um Milliarden zu verteilen. Da bleiben kleine EPUs und KMUs meist auf der Strecke, sie bekommen seit Monaten gar keine Hilfe. (Zwischenruf bei der ÖVP.) Es bleibt also nur zu hoffen, dass da auch wirklich Taten folgen und das in Zukunft treffsicherer wird.

Ich möchte nur ein Beispiel nennen: Taxi- und Busunternehmen, die indirekt betroffen sind, da sie nicht geschlossen sind, waren ewig lange nicht anspruchsberechtigt. Sie kämpfen heute noch mit riesigen Umsatzverlusten und sind immer noch auf Hilfen angewiesen. Wir haben es heute schon gesagt: Die Gastronomie hat mit der 3G-Regel, die es nur in Österreich und sonst nirgends auf der Welt gibt, einen riesigen Nachteil gegenüber unseren Destinationen im Umkreis, wenn man nun zum Beispiel nach Kroatien oder wohin auch immer schaut. Die Leute, die heute buchen, fahren natürlich dorthin, wo sie nicht täglich testen und mit Masken durch die Gegend laufen müssen. Es ist zudem eine wirklich dramatische Belastung für die Mitarbeiter, wenn sie bei 30 Grad den ganzen Tag sowohl innen als auch außen mit der Maske arbeiten müssen. Da ist Hoffnung angesagt, dass diesen Ankündigungen auch endlich Taten folgen. – Danke. (Beifall bei der FPÖ.)

21.23


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Abgeordnete Greiner. – Bitte.



Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll111. Sitzung, 16. und 17. Juni 2021 / Seite 260

21.23.43

Abgeordnete Mag. Karin Greiner (SPÖ): Herr Präsident! Frau Bundesministerin! Herr Bundesminister! Positiv ist, dass heute Maßnahmen wie der Härtefallfonds und der Verlustersatz verlängert werden, auch wenn mindestens 50 Prozent Einbußen da sein müssen. Das heißt, es werden wieder nicht so viele davon profitieren, aber immerhin ist dies ein positiver Ansatz.

Sehr geehrte Damen und Herren, die entscheidende Frage lautet allerdings: Wer bezahlt diese Krise eigentlich? Mein Kollege Krainer hat es schon ausgeführt: Wenn es nach der SPÖ-Fraktion geht, dann sind es eben nicht die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer, nicht die Konsumentinnen und Konsumenten, die 80 Prozent der Steuern bezahlen. Wir als SPÖ-Fraktion fordern eine Umverteilung der Steuern, nämlich eine Senkung der Steuern auf Arbeitseinkommen und eine deutliche Erhöhung der Steuern auf Kapital und Vermögen. Was Arbeitseinkommen betrifft, ist dies übrigens auch eine Empfehlung, die Wifo-Chef Badelt heute kundgetan hat.

Sehr geehrte Damen und Herren, Vorsicht ist dann geboten, wenn der Herr Finanz­minis­ter Überlegungen anstellt, Hilfsmaßnahmen zurückzufahren, weil ja Öffnungsschritte ge­setzt wurden. Vorsicht ist auch bei Ankündigungen des Bundeskanzlers geboten, wenn er – wie heute in der Früh – hier sagt: Die Wirtschaft läuft gut, die Leute sind wieder in Arbeit, die Krise ist vorbei! – Erinnern Sie sich, das hat er schon im Sommer 2020 gesagt, und was dann gekommen ist, haben wir alle leidvoll erfahren. (Zwischenruf der Abg. Steinacker.)

Ist ein kleiner Faktencheck gefällig? Die Wirtschaft funktioniert nicht gut, sie läuft stot­ternd an (Zwischenruf bei der ÖVP), und leider sind wir mit bedenklichen Arbeitslosen­zahlen konfrontiert (Zwischenruf des Abg. Hörl), insbesondere in der Gruppe der Lang­zeitarbeitslosen; da haben wir eine Zuwachsrate von 90 Prozent, das ist bedauerlich. Die Krise ist eben nicht vorbei, und der Impffortschritt ist eben nicht so toll, wie immer angekündigt wird. Warum ist das so? – Weil der Bundeskanzler und der Finanzminister bei der Impfstoffbeschaffung einen Finanzdeckel von 200 Millionen Euro eingezogen und einbetoniert haben. (Widerspruch bei der ÖVP.) Wäre das nicht passiert, wären heute mindestens 600 000 Personen mehr geimpft. Das würde schon anders aus­schauen. (Zwischenruf der Abg. Steinacker.)

Sehr geehrte Damen und Herren, Zweifel und Vorsicht sind geboten (Abg. Strasser: ... glaubt keiner mehr!), bei Ankündigungen des Bundeskanzlers – das sind nämlich Nebelgranaten –, und bei Überlegungen des Finanzministers, der sich 86 Mal nicht erinnert und den Laptop im Kinderwagen spazieren schickt. (Beifall bei der SPÖ.)

21.26


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Frau Abgeordnete Blimlinger ist zu Wort gemel­det. – Bitte.


21.26.36

Abgeordnete Mag. Eva Blimlinger (Grüne): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Frau Bundesministerin! Sehr geehrter Herr Bundesminister! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Es freut mich zu hören, dass die SPÖ nun doch anders als im Ausschuss der Änderung des Härtefallfonds zustimmt. Da war noch eine gewisse Beleidigtheit vorhanden, weil sie zu spät informiert worden war. Dieser Gesinnungswandel freut mich. (Zwischenruf bei der SPÖ.)

Nun möchte ich auf die wichtigsten Eckpunkte zu sprechen kommen: Es geht im Prinzip darum, dass geklärt wurde, welche Versicherungsverhältnisse förderungsbegründend sind. Da geht es insbesondere um die sogenannten mehrfach geringfügig Beschäftigten,


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll111. Sitzung, 16. und 17. Juni 2021 / Seite 261

also eine Gruppe von Menschen, die wirklich ganz wenig Einkommen hat und zum Teil nicht einmal versichert ist, weil sie geringfügig beschäftigt ist. Es wird klargestellt, dass die NPOs, für die es ja den NPO-Fonds gibt, nicht im Härtefallfonds sind. Ein wichtiger Punkt ist auch noch die Erhöhung von 2 auf 3 Milliarden Euro und die dadurch ermög­lichte Verlängerung – insbesondere, und das möchte ich hier noch einmal betonen, für die mehrfach geringfügig Beschäftigten.

Um darauf zu replizieren, was die Kolleginnen und Kollegen von der SPÖ gesagt haben: Ja, die Ungleichheit hat sich vergrößert, und ja, auch die Grünen sind natürlich der Meinung, dass es eine andere Aufteilung der Steuerlast geben soll – Vermögenssteuer, Erbschaftssteuer. Ich darf aber in diesem Zusammenhang schon daran erinnern, dass es Ihr Finanzminister Lacina war, der 1993 die Privatstiftungen eingeführt hat, was den Superreichen ermöglicht hat, ihre Vermögen steuerschonend zu parken. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Die große Revolution, von der Sie reden, oder diese große Änderung haben schon die Sozialdemokraten in den letzten 30 Jahren mitverursacht. Die Ungleichheit ist unter Ihren Regierungen immer größer geworden und nicht kleiner. In diesem Sinn kann ich nur sagen: Wir treffen uns nach der Weltrevolution, liebe Frau Herr – sollten Sie jemals wieder in die Regierung kommen, dann werden wir sehen, wie Sie es schaffen, das alles rückgängig zu machen.

Im Übrigen bin ich nach wie vor der Meinung, dass die Windisch-Kaserne in Richard-Wadani-Kaserne umbenannt werden muss. (Beifall bei Grünen und ÖVP.)

21.29


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Abgeordneter Matznetter. – Bitte. (Zwischenruf bei der FPÖ.)


21.29.17

Abgeordneter Dr. Christoph Matznetter (SPÖ): Herr Präsident! Frau Bundesminister! Herr Bundesminister! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! An sich mag ich Eva Blimlinger ja, solche Statements aber kann man nicht stehen lassen. Erstens, liebe Eva Blimlinger – fangen wir einmal mit dem Ersten an –: „Beleidigtheit“ dafür, dass ihr als grüne Fraktion gemeinsam mit der ÖVP die Mindestregeln im Parlament nicht einhalten könnt?! (Zwischenruf der Abg. Blimlinger.) – Am Vormittag vor dem Ausschuss schickt ihr einen Gesetzentwurf und erwartet, dass ihn alle abnicken: Missachtung des Parla­ments wie in vielen anderen Dingen auch, kein Anlass für Beleidigtheit. Zu Recht weisen wir das zurück.

Betreffend Besteuerung mit dem Vorwurf zu kommen, dass im Jahr 1993 – in Wirk­lichkeit vereinbart mit der Steuerreform 1989 – Stiftungen eingeführt wurden, die es überall anders gibt, als Rechtfertigung dafür, dass Ihr in diesem Bereich gar nichts durchsetzen könnt (Zwischenruf der Abg. Blimlinger) – ehrlich, liebe Eva Blimlinger: ein bisschen mehr dazu einfallen lassen!

Ja, es ist mit der ÖVP schwierig, und ja, solange es hier Mehrheitsverhältnisse gibt, die keine Alternative erlauben, fällt es jedem Koalitionspartner schwer. Ihr spürt es jetzt, aber mit Hinhauen ist nichts gewonnen. (Beifall bei der SPÖ.)

Zurück zum Härtefallfonds: Jetzt hatten wir Zeit, uns das anzuschauen. Ja, wir werden zustimmen, wir wollen aber, dass ein paar Dinge gleich fixiert werden.

Daher bringe ich folgenden Antrag ein:


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll111. Sitzung, 16. und 17. Juni 2021 / Seite 262

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Kai Jan Krainer, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Verlängerung des Härtefallfonds und der Stundungsmöglichkeiten bis Jahresende“

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Der Bundesminister für Finanzen wird aufgefordert, sicherzustellen, dass die Stun­dungs­möglichkeiten bis Jahresende verlängert werden. Außerdem muss eine Richtlinie, welche die Beantragung des Härtefallfonds für Betrachtungszeiträume zwischen dem 15. Juni 2021 und Jahresende 2021 ermöglicht, schnellstmöglich erlassen werden. Darüber hinaus müssen neue und zielgerichtete Hilfsmaßnahmen geschaffen werden, um Unternehmen, die immer noch unter den Folgen der Corona-Pandemie leiden, zu unterstützen.“

*****

Wir haben bewusst einen Entschließungsantrag eingebracht, weil das gute Vorschläge sind. Jetzt beziehe ich mich nicht nur auf unseren Antrag, auch der Antrag von Sepp Schellhorn von den NEOS zum Beispiel, der die Überwinterungsmöglichkeit für Familien­hotels in der Stadthotellerie thematisiert, wird von der Bundesregierung seit einem Jahr konsequent ignoriert, obwohl das ein Vorschlag wäre, Hotels im Familienbesitz irgend­wann aufzusperren, wenn auch der Städtetourismus zum Beispiel wieder anspringt oder Kongresse möglich sind.

Warum wird alles vertagt, jeder Oppositionsantrag abgelehnt oder vertagt, anstatt sie aufzugreifen und gemeinsam die besten Ideen umzusetzen? Da wäre deutlich mehr möglich, ich glaube, mehr im Interesse der Grünen als im Interesse der ÖVP. Bemüht euch einmal und rekurriert nicht wie Eva Blimlinger auf das vorvorvergangene Jahrzehnt als Entschuldigung! – Danke. (Beifall bei der SPÖ.)

21.32

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Kai Jan Krainer, Dr. Christoph Matznetter,

Genossinnen und Genossen

Betreffend: Verlängerung des Härtefallfonds und der Stundungsmöglichkeiten bis Jahresende

Eingebracht im Zuge der Debatte zu Bericht des Budgetausschusses über den Antrag 1686/A der Abgeordneten Peter Haubner, Dr. Elisabeth Götze, Kolleginnen und Kolle­gen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz über die Errichtung eines Härtefallfonds (Härtefallfondsgesetz) geändert wird (933 d.B.) (Top 26)

Ein-Personen-UnternehmerInnen (EPU) und InhaberInnen von kleineren und mittleren Betrieben (KMU) sind stark von der Corona-Pandemie betroffen. Viele EPU und KMU sind in körpernahen Dienstleistungen, im Handel oder in der Tourismus-/Freizeitbranche tätig und hatten daher besonders unter den Lockdowns zu leiden.

Doch auch in Zeiten schrittweiser Öffnungen sind die Umsätze vieler UnternehmerInnen noch weit vom Vorkrisenniveau entfernt. Viele dieser UnternehmerInnen haben bereits große Teile ihrer privaten Ersparnisse in die Rettung ihrer Unternehmen investiert und stehen nun vor einer schwierigen Situation: einerseits laufen die Hilfsmaßnahmen, wie


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll111. Sitzung, 16. und 17. Juni 2021 / Seite 263

zum Beispiel der Härtefallfonds, aus, andererseits werden zuvor gestundete Steuern und Abgaben fällig. Ohne entsprechende Unterstützungsleistungen ist es diesen Unterneh­merInnen bei einem geringeren Umsatz als vor der Krise nicht möglich, die gestundeten Forderungen zu begleichen.

Es gilt nun zu verhindern, dass in Zeiten des wirtschaftlichen Comebacks eine Pleite­welle folgt, weil die Unterstützungsmaßnahmen zu früh auslaufen. Die Stundungs­mög­lichkeiten laufen am 30. Juni 2021 aus, der Härtefallfonds kann laut der derzeit geltenden Richtlinie für Zeiträume bis zum 15. Juni 2021 beantragt werden. Im Budgetausschuss vom 14. Juni 2021 wurde zwar eine Aufstockung des Härtefallfonds auf 3 Milliarden und eine Verlängerung des Härtefallfondsgesetzes beschlossen, es fehlt jedoch noch die Richtlinie, die eine Beantragung für Betrachtungszeiträume nach dem 15. Juni 2021 ermöglicht. Um den UnternehmerInnen, vor allem EPU und KMU, das Comeback nicht zu erschweren oder sogar unmöglich zu machen, ist es essentiell, diese Maßnahmen zu verlängern.

Der Sozialdemokratische Wirtschaftsverband hat zur Verlängerung des Härtefallfonds und der Stundungsmöglichkeiten eine Petition ins Leben gerufen, die bisher über 1000-mal unterzeichnet wurde. Dies betont die Wichtigkeit der folgenden Forderung.

Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher nachstehenden

Entschließungsantrag

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Der Bundesminister für Finanzen wird aufgefordert, sicherzustellen, dass die Stun­dungsmöglichkeiten bis Jahresende verlängert werden. Außerdem muss eine Richtlinie, welche die Beantragung des Härtefallfonds für Betrachtungszeiträume zwischen dem 15. Juni 2021 und Jahresende 2021 ermöglicht, schnellstmöglich erlassen werden. Darüber hinaus müssen neue und zielgerichtete Hilfsmaßnahmen geschaffen werden, um Unternehmen, die immer noch unter den Folgen der Corona-Pandemie leiden, zu unterstützen.“

*****


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Der Antrag ist ordnungsgemäß eingebracht, aus­reichend unterstützt und steht demnach mit in Verhandlung.

Zu Wort gemeldet ist Abgeordnete Doppelbauer. – Frau Abgeordnete, bitte.


21.32.43

Abgeordnete Dipl.-Ing. Karin Doppelbauer (NEOS): Herr Präsident! Frau Bundes­minis­terin! Herr Finanzminister! Wir haben, ähnlich wie die SPÖ, beim Härtefallfonds im Ausschuss noch dagegengestimmt. Wir haben gesagt, wir schauen uns das an. Wir haben uns das angeschaut, und ich werde jetzt so in die Rede einsteigen, dass ich sage, dass wir all diesen Maßnahmen, die Sie vorgestellt haben, auch zustimmen werden, weil wir sie sinnvoll finden.

Ich möchte aber trotzdem auf drei Punkte eingehen. Wir haben es ja schon gesagt: Zumindest eine der Maßnahmen ist wirklich wieder einmal in allerletzter Sekunde daher­gekommen. Wir haben im Ausschuss darüber gesprochen, dass das nicht wahnsinnig komplex ist und dass man das natürlich auch relativ zügig bearbeiten kann. – Ja, wir können das schon, aber es geht halt nicht um uns. Es geht da um Hilfen, die den Unternehmerinnen und Unternehmern zugutekommen, und was diese brauchen, ist


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Planungssicherheit. Planungssicherheit heißt einfach auch, dass man nicht am 16. Juni erfährt, wie es bis September weitergeht. Das ist einfach ein Thema, das in der Wirt­schaft wirklich sehr, sehr schwierig ist und das den UnternehmerInnen richtig wehtut. Deswegen würden wir dafür plädieren und bitten, dass man mehr antizipiert, mehr in die Planung geht und den Unternehmerinnen und Unternehmern noch mehr Zeit gibt, sich darauf einzustellen.

Zum Zweiten – und das ist auch ein ganz, ganz wichtiger Punkt – geht es auch darum, dass man jetzt anfängt, die Wirtschaftshilfen zu evaluieren. Wir wissen ja alle, es gab sehr viele. Da gab es immer die große Diskussion: Ist es zu viel? Ist es zu wenig? Für uns war das erratisch, weil viel zu viel passiert ist, aber wir wissen eines ganz genau: Jetzt ist der Zeitpunkt gekommen, um diese Hilfen auch alle zu analysieren und sich anzuschauen, was denn wirklich gewirkt hat, auf wen es gewirkt hat. Haben sie die Effekte gebracht, die wir uns erhofft haben, und waren sie vor allem auch treffsicher?

Warum ist es so wichtig, das jetzt zu tun? – Kollege Obernosterer stellt sich her und sagt hier vollen Herzens – und ich glaube ihm auch, dass er das glaubt –: Die Pandemie ist fast vorbei! Das hoffen wir alle, aber letztendlich ist es trotzdem so, dass viele Exper­tinnen und Experten schon davor warnen, dass es im Herbst/Winter vielleicht noch ein­mal eine große Welle gibt. Deswegen ist es einfach jetzt wichtig, zu verstehen: Was hat funktioniert, was hat nicht funktioniert, und was kann man eventuell im Herbst/Winter dann auch recht kurzfristig wieder einsetzen? Das heißt, Sie brauchen einfach diesen Plan B in der Schublade. Ich befürchte, dass das im Augenblick noch nicht passiert, aber das muss jetzt eben erarbeitet werden.

Dann komme ich noch einmal zur Treffsicherheit dieser Maßnahmen – das ist der dritte Punkt –, die in puncto Wirtschaftshilfen gesetzt worden sind. Wir wissen es alle: Nicht alle Branchen sind gleich betroffen gewesen. Es gibt sehr viele Branchen, die aus­gezeichnet durch diese Krise gekommen sind. Es wurde aber trotzdem mit der Gieß­kanne ausgeteilt, der IWF hat das zum Beispiel auch sehr stark kritisiert. Es macht einfach keinen Sinn, wenn Sie Geld in Bereiche pumpen, wo es nicht gebraucht wird – ganz im Gegenteil: Man sieht es ja im Augenblick auch, dass das zu einer Überhitzung des Systems führt. Die Preissteigerungen, die wir vor allem beim Bauen haben, kommen ja nicht von ungefähr. Die kommen genau deswegen, weil wir teilweise wirklich über­schießend starke staatliche Eingriffe haben, die dann genau das Gegenteil von dem produzieren, was wir eigentlich brauchen: einen freien Markt, der sich relativ schnell wieder erholen kann und muss. (Beifall bei den NEOS.)

Zwei Vorschläge zur Güte: Der erste ist im Interesse der Planungssicherheit. Es wäre sehr einfach, dass man jetzt alle vier Maßnahmen – zwei davon hat man ja nur bis Ende September verlängert – bis Ende Dezember verlängert, denn dann wissen die Unterneh­merinnen und Unternehmer, was kommen kann. Ich spreche hier natürlich vom Härte­fallfonds und vom Ausfallsbonus. Soweit ich es verstanden habe, lässt das der EU-Beihilferahmen auch zu. Das wäre sehr einfach möglich, das könnte man auch sehr schnell umsetzen, und es würde helfen.

Der zweite Punkt ist: Wenn es wirklich im Herbst/Winter noch Hilfen brauchen sollte – jetzt komme ich zum Plan B –, dann bitte nicht wieder auf diese ganz vielen unter­schiedlichen Modelle zugreifen. Sie kennen den Vorschlag betreffend Verlustkompen­sation, den wir eingebracht haben. Das ist auf dem Kieler Modell aufgebaut. Herr Felbermayr, designierter Chef vom Wifo, hat sich da ja sehr stark eingebracht, hat sehr viel entwickelt. Ich glaube, das wäre wirklich ein Modell, das sehr fair ist und im Herbst/Winter auch sehr schnell umsetzbar wäre. Das wäre ein nächster Wunsch, den wir hier an Sie richten.


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Letztendlich – und damit komme ich schon zum Schluss – wissen wir es alle: Wir brauchen einen Neustart in der Wirtschaft. Wenn wir einen Schritt zurück machen und das tun, was wir einfach tun müssten – Pandemie hin oder her –, dann geht es aus meiner Sicht um zwei Punkte: Bürokratieabbau und ganz, ganz rasch die steuerliche Entlastung des Faktors Arbeit. Das wäre wahrscheinlich am sinnvollsten für uns alle. – Vielen Dank. (Beifall bei den NEOS.)

21.37


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Frau Bundesministerin Schramböck. Ich darf ihr das Wort erteilen. – Bitte sehr.


21.37.39

Bundesministerin für Digitalisierung und Wirtschaftsstandort Dr. Margarete Schramböck: Herr Präsident! Hohes Haus! Sehr geehrte Damen und Herren! Die Öff­nungsschritte, die jetzt sukzessive gesetzt werden, zeigen ihre Wirkung, und unsere österreichische Wirtschaft steht im Moment besser da als erwartet. Woran lässt sich das ablesen? – Das lässt sich an den Wachstumszahlen für die österreichische Wirtschaft ablesen, die laufend nach oben revidiert werden, nicht nur von der EU, sondern auch von anderen Instituten, vom Wifo, vom IWF und von weiteren.

Ich sage jetzt hier bei Ihnen: Die Rechnung wird dann am Schluss gemacht. Wir werden sehen, wie gut wir wachsen. Wir haben die besten Voraussetzungen dafür, denn wir haben sie hier gemeinsam geschaffen, weil wir ein großes Paket für Liquidität geschnürt haben, um die Unternehmen zu unterstützen, und weil wir gleichzeitig Investitionen gefördert haben.

Dabei haben wir gemeinsam vieles richtig gemacht und sind bei den verschiedenen Branchen eben nicht mit der Gießkanne vorgegangen, sondern haben für unterschied­lichste Branchen – für den Tourismus, für die Gastro, für die Industrie, für die Ge­werbebetriebe, für die EPUs – unterschiedlichste Maßnahmen gehabt. Sie haben diese selbst immer wieder kritisiert. Die Vielfalt der Maßnahmen widerspricht dem Gießkan­nenprinzip. Ich stehe heute auch hier und befürworte, dass wir genau hinschauen. Wir haben niemals die Gießkanne gemacht, sondern wir haben genau hingeschaut und die Unternehmen spezifisch unterstützt. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Grünen.)

Die Auftragsbücher der Unternehmen sind voll. Ich bin jetzt wieder viel bei Gewer­bebetrieben, bei großen Leitbetrieben, bei Start-ups unterwegs. Ja, sie alle sind wichtig für diesen Standort, für das Ökosystem in Österreich, und es ist uns gelungen, ihre Liquidität aufrechtzuerhalten. Die Insolvenzzahlen sind geringer als je zuvor, und ich traue mich auch zu sagen, dass das, was immer prognostiziert worden ist – ein Insol­venztsunami –, nicht kommt und nicht kommen wird. Wir haben im Insolvenzrecht und in vielen anderen Bereichen Maßnahmen gesetzt, wir haben auch Maßnahmen zur Kon­junkturankurbelung gesetzt.

Ich möchte hier schon einmal sagen, dass ich mich in den letzten Tagen sehr gewundert habe, als von Arbeiterkammer und Gewerkschaft kam, dass wir ein Investitionspaket mit 8 Milliarden Euro brauchen. Da habe ich kurz überlegt und mich gefragt, was wir vor kurzer Zeit eigentlich gemacht haben.  Wir haben ein Paket mit 7,8 Milliarden Euro als Investitionsrahmen für die Unternehmen, die das auch nutzen und umsetzen, verab­schiedet. Das haben wir bereits getan, das braucht jetzt nicht gefordert zu werden, wir haben das bereits im September gemacht. Das gibt es nicht in Deutschland, nicht in Italien und nicht in Frankreich, sondern hier in Österreich. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Grünen.)


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Genutzt wurde das von vielen Unternehmen, in Summe von 240 000, 94 Prozent davon, Sie wissen es, sind KMUs; es geht also nicht nur wie hier immer gesagt wird  um die Konzerne. Das möchte ich mir und auch uns nicht unterstellen lassen, denn wir kümmern uns täglich um die österreichischen Familienbetriebe, um die österreichischen KMUs, wir wissen sehr genau, dass sie das Rückgrat unserer Wirtschaft sind, dass sie die größten Arbeitgeber in Österreich sind und dass sie von uns unterstützt gehören. Das tun wir mit unterschiedlichsten Maßnahmen, um genau dort die Arbeitsplätze und ihre Zukunft abzusichern.

Ich freue mich darüber, dass wir diese Maßnahmen entsprechend verlängern können und dass Sie das jetzt unterstützen. Ja, es gibt noch Branchen, die leiden im Städte­tourismus, in der Eventbranche –, und gleichzeitig gibt es Branchen, die schon wieder sehr stark boomen.

Ich möchte noch einen Ihrer Punkte aufgreifen: Sie haben gesagt, die österreichischen Baupreise und die Preise in der Zulieferindustrie steigen. Der Glaube, dass wir in Österreich durch die Investitionsprämie die Weltmarktpreise definieren, ist ja sehr viel der Ehre. Ich kann Ihnen sagen, dass das nicht so ist. Das ist deshalb, weil in Asien, in China und in den USA auch sehr viel investiert wird und dort die Nachfrage so steigt. Deshalb steigen die Preise international.

Gerade deshalb müssen wir unsere Unternehmen mit Investitionen, mit der Investitions­prämie und eben auch durch andere Maßnahmen unterstützen. Es werden die Über­brückungsgarantien bis Ende des Jahres mit 100 Prozent weiter zur Verfügung stehen, es gibt die gesetzliche Stundungsmöglichkeit und vor allem das ist mir auch wichtig die Anhebung des Härtefallfonds auf 3 Milliarden Euro.

In Summe haben wir sehr, sehr viel getan, darum geht es unserer österreichischen Wirt­schaft gut, die Unternehmen wachsen teilweise haben sie schon wieder ganz andere Probleme, es geht um das Thema Fachkräfte, es geht um das Thema Lehrlinge –, die blicken nach vorne. Blicken wir bitte mit Ihnen gemeinsam nach vorne und schauen wir, was wir in Zukunft für sie tun können! Herzlichen Dank. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Grünen.)

21.42


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Ich darf Herrn Bundesminister Blümel das Wort erteilen. – Herr Bundesminister, bitte.


21.43.06

Bundesminister für Finanzen Mag. Gernot Blümel, MBA: Sehr geehrter Herr Präsi­dent! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Sehr geehrte Frau Bundesminister! Viel­leicht ein paar anschließende Bemerkungen dazu: Die Situation, in die wir jetzt wirt­schaftlich kommen, ist zweifellos eine, die uns alle optimistisch stimmen kann.

Ich kann mich erinnern, dass wir hier im Hohen Haus vor circa eineinhalb Monaten eine Budgetnovelle beschlossen haben, nach einer damals aktuellen Schätzung des Wirt­schaftsforschungsinstitutes mit einer Wachstumsprognose von 1,5 Prozent für das Jahr 2021. Wir haben mittlerweile Prognosen von Kommission, OECD und IWF, die weit jenseits der 3 Prozent sind, die OeNB sagt zum Beispiel 3,9 Prozent für heuer und über 4 Prozent für das nächste Jahr voraus. Das ist natürlich eine gute Nachricht für alle in Österreich, für die Wirtschaft genauso wie für die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer, denn das heißt, dass es bergauf geht. Diesen Optimismus sollten wir alle gemeinsam hinaustragen, denn das wird dann eine selbstverstärkende Maßnahme sein. Ich bin froh, dass es in diese Richtung geht, ich bin froh, dass die Pandemie zum Teil wirtschaftlich überwunden werden kann. (Beifall bei der ÖVP sowie des Abg. Lukas Hammer.)


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Dennoch ist der Aufschwung nicht überall gleich stark, auch das ist schon angesprochen worden. Wir haben in manchen Branchen weiterhin Einbrüche, weil die Geschäfts­mo­delle eben so ausgestaltet sind, dass sie von Corona überdurchschnittlich betroffen sind. Das ist vor allem im städtischen Tourismus, im Kongresstourismus und im Veranstal­tungsbereich der Fall.

Wir haben das ganze letzte Jahr hindurch immer wieder über die von der Corona­pandemie betroffene österreichische Wirtschaft gesprochen. Mittlerweile findet es sich auch in internationalen Evaluierungen wieder, dass Österreich aufgrund seiner Wirt­schaftsstruktur mehrfach und härter vom Coronavirus betroffen ist als andere Länder. Corona betrifft eben manche Wirtschaftsbereiche stärker als andere; Branchen, in denen es einen zwischenmenschlichen Kontakt braucht das sind vor allem Dienstleis­tungs­branchen, die Gastronomie, die Hotellerie et cetera – sind stärker betroffen, andere Branchen sind weniger betroffen, und gerade diese besonders betroffenen Branchen tragen in Österreich überdurchschnittlich viel zum Bruttoinlandsprodukt bei.

Die Bereiche Tourismus und Freizeitwirtschaft leisten zum BIP einen Beitrag von unge­fähr 15 Prozent. Das ist gewaltig viel, das ist mehr als in Spanien und Italien, und dessen müssen wir uns auch bewusst sein. Gerade die Unternehmen in diesen Branchen haben eine sehr unterdurchschnittliche Eigenkapitalausstattung, deswegen gibt es diese mehr­fache Betroffenheit, darum war es auch gerechtfertigt und notwendig, höhere Direkt­zahlungen als andere Länder aufzusetzen. Das ist uns gelungen, auch das bestätigen uns die verschiedenen internationalen Institutionen. Danke, dass das auch hier im Hohen Haus zum Teil gemeinsam möglich war. (Beifall bei der ÖVP sowie des Abg. Lukas Hammer.)

Dennoch wird es in den nächsten Monaten weiter Unterschiede geben, auch wenn Muta­tionen hinzukommen, die vielleicht nicht zu 100 Prozent – vielleicht noch ein wenig darü­ber hinaus – von den Impfungen abgedeckt sind. Das aber soll dem Optimismus keinen Abbruch tun. Wichtig ist  und darauf haben wir uns bei der Verlängerung der Wirt­schaftshilfen konzentriert , dass in den Bereichen, die weiterhin besonders stark betrof­fen sind, das heißt, dass sie im Vergleich zu normalen Zeiten über 50 Prozent Umsatz­einbruch haben, immer noch Geld fließen kann und Unterstützung da ist.

Das ist psychologisch wichtig, das haben Sie auch angesprochen, Frau Kollegin Doppelbauer. Ich gebe Ihnen auch prinzipiell recht, dass die Perspektive etwas ist, das für die Unternehmen sehr notwendig ist. Jetzt kann man darüber diskutieren, ob man das gleich bis Jahresende hätte verlängern sollen oder ob die Perspektive bis September schon etwas ist, mit dem sich in einer schwierigen Zeit gut leben lässt – da gebe ich Ihnen recht.

Ein wenig anderer Meinung bin ich bei der Frage, in welcher Form neuerliche Hilfen – wenn es dazu kommt aufgesetzt werden sollen. Sie haben das Kieler Modell ange­sprochen, ich habe das vor einem Dreivierteljahr auch mit Herrn Felbermayr diskutiert. Ich bin im Übrigen sehr froh, dass er sich entschieden hat, nach Österreich zu kommen und gratuliere ihm von dieser Stelle aus zur Position am Wifo. Ich glaube, das wird auch für die Debatte und für die inhaltliche Auseinandersetzung eine Bereicherung werden, auch hier im Hohen Haus. Das Kieler Modell basiert de facto auf denselben Berech­nungsmethoden wie der Verlustersatz der Kommission sehr, sehr ähnliche Rechen­modelle, teilweise auch Branchenunterschiedlichkeiten –, es gibt aber aus meiner Sicht eine Schwierigkeit in der Umsetzung, nämlich eine regionale Abgrenzbarkeit bezie­hungsweise dass regional abgegrenzt werden soll, wo dieser Verlustersatz gilt.

Die regionale Abgrenzung, die ist natürlich eine Herausforderung. Wie grenzt man genau regional ab? Natürlich kann man sagen, in den Bergen sind die touristischen Unter­nehmen im Winter härter betroffen, wo aber beginnt der Berg und wo endet er? Im Sommer


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haben wir in Salzburg Stadt vielleicht noch eine größere Betroffenheit, aber 10 Kilometer weiter, draußen am See, weniger. Das heißt, die regionale Differenzierung ist gerade in einem topografisch so schönen Land wie Österreich keine einfache, und deswegen, glaube ich, ist das Kieler Modell in der Form vielleicht nicht die optimalste Variante für Österreich.

Die Berechnungsmethode, was den Verlustausgleich betrifft, ist ja ohnehin dem Modell der Kommission, das ja auch in Österreich angewendet werden kann, sehr, sehr ähnlich, und wir haben diesen Verlustersatz ja auch bis Ende des Jahres verlängert. Deswegen glaube ich, dass das eine sehr, sehr gute Möglichkeit war, entsprechend Vorsorge für schwierigere Zeiten zu treffen. Vielen Dank. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Grünen.)

21.48


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Abgeordneter Hörl. – Bitte.


21.48.56

Abgeordneter Franz Hörl (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Frau Bundesminister! Herr Bundesminister! Ich darf nahtlos an das anschließen, was die Wirtschaftsministerin gesagt hat, und zwar aus der Praxis aus Tirol. Ich fühle mich fast schon wieder in die Neunzigerjahre zurückversetzt, da unser Hauptproblem im Tourismus schon wieder das Personal ist, wir haben zu wenig Mitarbeiter. Das zeigt doch auch, dass die Konjunktur anzieht und dass wir, glaube ich, schon auch auf einen Weg zurück in die alte Stärke kommen.

Lieber Herr Krainer, lieber Herr Matznetter! Euer Problem ist, glaube ich, nicht, dass die Regierung schlecht arbeitet, sondern im Gegenteil: Das Problem, das ihr habt, ist, dass die Regierung ausgezeichnete Arbeit macht, sich wahrhaft um die Probleme kümmert, dieses Land erfolgreich aus der Pandemie geführt hat und auch nach wie vor führt, und das in einer ausgeglichenen Art und Weise.

Schauen wir, was verlängert wird: der Ausfallsbonus, der Verlustersatz, der Härtefall­fonds für Unternehmen; auf der anderen Seite die Kurzarbeit, die die Mitarbeiter betrifft. Es wird auch der Härtefallfonds noch einmal verlängert. Ich denke, dass das sehr aus­geglichen ist. Betrachten wir die zeitliche Schiene und schauen wir uns die Verlängerung der vom Staat behafteten Kredite an: Das betrifft jene Kredite, die wir letztes Jahr im März, April mit 100-prozentiger Staatshaftung aufnehmen konnten, für die jetzt die ersten Raten fällig werden. Man macht es jetzt möglich, dies bis Jahresende zu verlängern, wobei man auch die Möglichkeit schafft, dass man die Kredite von der Hausbank oder von der Bank direkt an die ÖHT oder an die AWS weitergeben kann, damit sie dort entsprechend restrukturiert werden können oder geschaut werden kann, wie man weiterhelfen kann.

Ich denke, der Härtefallfonds ist ein gutes Zeichen dafür, dass man versucht, wirklich alle Bereiche der Bevölkerung umfassend zu unterstützen. Er wird um 1 Milliarde Euro erhöht, Frau Blimlinger hat es schon gesagt, jetzt kommen mehrfach geringfügig Beschäftigte dazu. Alles in allem sind das Zeichen, dass man wirklich ausgeglichen immer wieder nachbessert und versucht, die Dinge umfassender zu machen und möglichst alle Gesellschaftsschichten und Betroffenen miteinzubeziehen.

Sie (in Richtung SPÖ) flüchten sich in Nebenschauplätze. Ich bin sicher, die Bevölkerung wird das erkennen. Herr Krainer, wenn Sie heute hauptberuflicher Politiker sind und sich im Untersuchungsausschuss entsprechend betätigen, dann tun Sie das weiterhin! Hören Sie aber mit den persönlichen Untergriffen auf und hören Sie auch mit den Leaks, mit den gesetzeswidrigen Leaks, auf. Ich denke, man sollte da schon auch die Kirche im


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Dorf lassen. Die Bevölkerung wird das richten. (Zwischenruf des Abg. Matznetter.) Die Bevölkerung wird sehr wohl erkennen, dass man hier seriöse Arbeit macht.

Es ist halt sehr, sehr schwierig, solche Summen so gerecht zur Verfügung zu stellen, dass alle entsprechend das Gefühl haben, dass ihnen geholfen wird. Das ist komplex. Ich bin ständig an der Front, ich bin als Wirtschaftsbundobmann in Tirol ständig bei den Leuten. Zum Unterschied von euch sehe ich, wo es immer wieder kratzt. Wir finden immer wieder ein offenes Ohr beim Herrn Finanzminister, aber natürlich auch beim Bundeskanzler und bei der Wirtschaftsministerin. Sie sollten sich schämen, dass Sie hier solche Auftritte absolvieren. (Beifall bei der ÖVP sowie der Abgeordneten Schallmeiner und Jakob Schwarz.)

Zum Schluss noch – Frau Blimlinger ist nicht da –: Im Übrigen bin ich der Meinung, Frau Kollegin Blimlinger, dass das heeresgeschichtliche Museum endlich von Ihnen und anderen Friedensaposteln in Ruhe gelassen werden sollte. – Herzlichen Dank. (Beifall bei der ÖVP. – Zwischenrufe bei der FPÖ. – Zwischenruf des Abg. Stögmüller.)

21.52


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Abgeordneter Bernhard. – Bitte.


21.52.29

Abgeordneter Michael Bernhard (NEOS): Es ist immer schön, nach dem Kollegen Hörl zum Rednerpult kommen zu können. Ich wollte aber jemand anderem aus der Kolle­genschaft antworten, nämlich Kollegen Obernosterer. Er hat vorhin Jeffrey Franks vom IWF zitiert, als er gesagt hat, es braucht vermutlich keine Sparpakete, weil die Budget- und Finanzlage in Österreich in einem so guten Zustand ist, und dass man da in der Vergangenheit gut gearbeitet hat.

Lieber Kollege, du hast nur zwei Punkte vergessen, die er auch gesagt hat. Er hat fest­gestellt: Eine Sache, die für Österreich ganz dringend ist, ist die Einführung eines CO2-Preises – am Anfang 25 Euro, später bis zu 100 Euro – und quasi eine Finanzierung der grünen Technologien sowie eine Entlastung bei den Arbeitseinkommen, damit es in Summe keine Mehrbelastung für die Bevölkerung gibt. Das hat er genauso gesagt, wie dass es kein Sparpaket braucht. Und er hat noch etwas angemerkt. (Abg. Hörl: Moment, Moment!) Das Zweite, das er angesprochen hat, war die Digitalisierung. Ich habe mir das angeschaut. Es gibt zwar einzelne Teilbereiche, in denen Österreich in der Digita­lisie­rung gut aufgestellt ist, mehrheitlich hinkt es aber im europäischen Vergleich deutlich nach, und ich befürchte, damit hat er nicht nur das Kaufhaus Österreich gemeint. Das muss man schon einmal festhalten.

Das heißt, der IWF sagt, die Hausaufgaben wurden in der Vergangenheit gut gemacht, für die Zukunft aber sind wir nicht gut aufgestellt. Diesen Teil hätte ich mir auch von dir gewünscht.

Als Beispiele für die Gesamtarbeit der Regierung möchte ich noch zwei andere Punkte nennen, nämlich einerseits den NRP, also den nationalen Reformplan, den wir auch im Ausschuss gehabt haben. Es ist schon sehr spannend – und auch der Budgetdienst hat es kritisiert –, dass es zwar jährliche Reformvorhaben gibt, über die berichtet wird, dass sie aber in einem viel zu geringen Ausmaß sowohl mit der Budgetsituation wie auch mit der Finanzsituation abgeglichen werden. Das heißt, Österreich berichtet brav mögliche Reformvorhaben, beziffert aber nicht in einem ausreichenden Grad, was das überhaupt bringt. Man kann nachher – wenig überraschend – natürlich schwer nachprüfen, ob das Potenzial gehoben worden ist. Wenn man sagt, man braucht eine Reform, und dann, man hat eine Reform gemacht, am Schluss aber nicht nachweisen kann, dass man etwas eingespart hat, dann ist man – wenig überraschend – total am ÖVP-Erfolgskurs.


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Das ist genau das, was wir nicht brauchen. Wir bräuchten etwas, das vorher und nachher gemessen wird und genau beschrieben wird. Darüber haben wir im Budgetausschuss gesprochen. Herr Finanzminister Blümel, diesbezüglich gäbe es sehr großen Nachhol­bedarf.

Ein anderer Punkt, den wir angesprochen haben – und ich möchte jetzt nicht zu sehr ins Polemische abgleiten, ich bemühe mich redlich –: Es ist so, dass es diese Spending Reviews gibt. In diesen Spending Reviews prüft das Finanzministerium gemeinsam mit einem anderen Ressort unter Einberufung einer Arbeitsgruppe, welche Möglichkeiten man hat, bei gleicher Leistung Steuergeld zu sparen.

Jetzt wollen wir uns nicht so genau vorstellen, was passiert, wenn sich das türkise Finanzministerium gemeinsam mit einem anderen türkisen Ressort darüber Gedanken macht, wie sie Steuergeld sparen können. Wir wollen auch nicht die Chats sehen, die dann am Abend geschrieben werden, um sich das genau auszumachen. Was wir aber gerne gehabt hätten, wäre ein Prozess, der tatsächlich und transparent durch Exper­tinnen und Experten begleitet wird: Wie kann in einem Ressort steuergeldschonend bei gleichzeitig gleichbleibender Leistung für die Bürgerinnen und Bürger gearbeitet wer­den? Auf meine Fragen im Ausschuss haben Sie mir diesbezüglich nicht wahnsinnig viel antworten können, Herr Finanzminister. Wir wünschen uns dabei wirklich eine andere Vorgehensweise.

Abschließend  und da wir jetzt so viel von Wirtschaftshilfen gehört haben, wird Sie das Folgende nicht überraschen : Ich habe in meiner vorherigen Rede darüber gesprochen, dass wir die Steuern auf Einkommen und Lohn deutlich reduzieren müssen, um wirklich einen Unterschied für die Menschen, die arbeiten, machen zu können. Es gibt aber einen zweiten Punkt, der genauso wichtig ist, um die Wirtschaft wiederum wirklich in Kraft zu setzen, und das ist eine ordentliche Liberalisierung. Ich weiß, es kommt nachher noch ein grüner Redner, der vielleicht das Gegenteil behaupten wird. Es gibt aber einfache Maßnahmen, die man umsetzen kann, und die Erweiterung der Ladenöffnungszeit ist eine solche.

Kollege Hörl war draußen, er kennt das aus den Tourismuszonen. Im Westen ist es sehr oft sehr üblich, dass es Geschäfte gibt, die länger offen haben, die an Feiertagen und an Sonntagen geöffnet sind. Wir als NEOS wollen, dass Unternehmerinnen und Unterneh­mer grundsätzlich selbst bestimmen können, wann sie offen haben und zu welchen Konditionen – dies natürlich, und das ist ganz wichtig, mit einem ordentlichen Arbeitneh­merinnen- und Arbeitnehmerschutz, sodass die Mitarbeiter nicht überfahren werden. Da wird es aber ja wohl Möglichkeiten geben, etwas zu finden, mit dem man durch längere Öffnungszeiten liberalisiert, wodurch man mehr Arbeit und auch mehr Umsätze hat. Wir haben dann eine Stärkung des lokalen Handels gegenüber dem Onlinehandel. Das sind alles Elemente, die auch die Innenstädte und damit den Tourismus und die Gastronomie beleben würden. Das sind Elemente, die in Westösterreich funktionieren und im Osten nicht funktionieren sollen – das ist vollkommen unlogisch; deswegen darf ich folgenden Antrag einbringen:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Dr. Nikolaus Scherak, MA, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Flexi­bilisierung Ladenöffnungszeiten“

Der Nationalrat wolle beschließen:


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll111. Sitzung, 16. und 17. Juni 2021 / Seite 271

„Die Bundesregierung, insbesondere die Bundesministerin für Digitalisierung und Wirt­schaftsstandort, wird aufgefordert, rasch Maßnahmen für eine Flexibilisierung der La­denöffnungszeiten vorzulegen.“

*****

Es ist also relativ einfach: Wir wünschen uns eine Reduktion der Steuerlast für alle. Wir wünschen uns mehr Freiheit für die Wirtschaft. Wir wünschen uns ein transparentes Arbeiten der Politik. Das ist ja wohl nicht zu viel verlangt, in einem Staat im 21. Jahr­hundert. – Vielen Dank. (Beifall bei den NEOS.)

21.58

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Dr. Nikolaus Scherak, Michael Bernhard, Kolleginnen und Kollegen

betreffend Flexibilisierung Ladenöffnungszeiten

eingebracht im Zuge der Debatte in der 111. Sitzung des Nationalrats über KMU FörderungsG (934 d.B.) – TOP 27

Starre Ladenöffnungszeiten begünstigen Onlinehandel und ignorieren Realität

Angesichts der pandemiebedingten Wirtschaftseinbrüche kann es sich Österreich nicht mehr leisten, das Land mit den restriktivsten Öffnungszeiten in Europa zu sein. Ein flexi­blerer Rahmen soll gleichzeitig neue gesellschaftliche Wirklichkeiten berücksichtigen: vom Homeoffice mit Gleitzeit zum immer stärkeren Druck durch den Onlinehandel - eng begrenzte Öffnungszeiten sind nicht mehr zeitgemäß! Dazu kommt, dass der nieder­gelassene Handel unter starkem Wettbewerbsdruck durch den Onlinehandel steht, der immer geöffnet ist - ohne Sperrstunden. Solch restriktive Öffnungszeiten begünstigen diese Verschiebung von Umsätzen aus dem stationären in den Onlinehandel, die sich durch die Pandemie noch weiter verstärkt hat. Zudem profitieren von Onlinehandel aus­ländische Unternehmen überproportional. Die jüngste eCommerce Studie 2020 (Quelle: Handelsverband) zeigt, dass 2020 ein Rekordjahr war, mit einem Zuwachs von 6% im Vergleich zur Vorjahresperiode 2019 - ein Plus von 300.000 Käufer_innen. Die geän­derten Konsumgewohnheiten der Österreicher_innen zeigt vor allem ein Langzeit­ver­gleich: 2011 kauften 57% der Konsument_innen im Distanzhandel - 2020 waren es 71%, also ein Plus von 1,3 Millionen Distanzhandelskäufer_innen. Letztlich muss auch die Wirklichkeit anerkannt werden, dass bereits ein erheblicher Anteil von Erwerbstätigen an Sonntagen arbeitet - rund 15% der Erwerbstätigen zweimal im Monat, 29% immer wieder mal. Eine Flexibilisierung wäre somit nur von untergeordneter quantitativer Bedeutung.

Zahlreiche Vorteile durch Flexibilisierung

• Arbeitnehmer_innen: Sonntagsarbeit insb. für zeitflexible Arbeitnehmer_innen eine attraktive Alternative - v.a. angesichts der Zuschläge für Abend- und Wochenendarbeit

• Unternehmen: Effizienzsteigerungen bei Unternehmen (z.B. effizientere Kapazitäts­auslastung) sind zu erwarten, die wiederum preisdämpfende Effekte nach sich ziehen. Dazu würde dies auch die administrativen Kosten senken, die mit der Verwaltung und Überwachung von Restriktionen und Ausnahmeregelungen verbunden sind. Gerade KMU sind von der großen Marktmacht digitaler Plattformen betroffen und würden damit eine zusätzliche Gelegenheit bekommen, Umsätze abseits des digitalen Handels zu generieren.


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll111. Sitzung, 16. und 17. Juni 2021 / Seite 272

• Arbeitsmarkt: Längerfristig ist ein positiver Beschäftigungseffekt zu erwarten (sog. Threshold labour effect), da zumindest ein_e Mitarbeiter_in jede zusätzliche Stunde anwesend sein muss.

•Tourismus: Touristen sind häufig zeitlich begrenzt an einem Ort - eine Ausweitung würde neue Gelegenheiten schaffen und somit zu Umsatzsteigerungen führen. Insbe­son­dere Wien als wichtige Tourismusdestination kann davon profitieren.

Österreich Europameister bei restriktiven Öffnungszeiten

Österreich ist vergleichsweise sehr restriktiv bei der Regelung von Ladenöffnungszeiten. Nur wenige Staaten in Europa regeln überhaupt Öffnungszeiten von Montag bis Samstag: Und Österreich ist selbst darunter sehr restriktiv. Im Gegensatz dazu gibt es in 23 Staaten in Europa keine Regeln für Öffnungszeiten von Montag bis Samstag - 17 Staaten in Europa haben nicht einmal Regeln für Öffnungszeiten am Sonntag. Österreich ist dazu der einzige Staat Europas, der eine Maximalzahl an Öffnungsstunden innerhalb des Rahmens vorgibt. Angesichts des gestiegenen internationalen Wettbewerbsdrucks sollten derart unübliche und starren Regeln dringend überdacht werden. Durch eine Modernisierung, die einerseits die neuen Bedürfnisse in der Gesellschaft und anderer­seits arbeitsrechtliche Standards berücksichtigt, könnten wichtige Impulse für den stationären Handel und den Tourismus gesetzt werden. Gerade angesichts der aktuell schwierigen Wirtschaftslage sollte die Bundesregierung hier rasch handeln und durch eine ambitionierte Flexibilisierung den lokalen Handel tatkräftig unterstützen. Nach der schwersten Wirtschaftskrise nach dem 2. Weltkrieg sollte die Bundesregierung zumin­dest eine temporäre Flexibilisierung der Ladenöffnungszeiten in Erwägung ziehen und diese mit Auslaufen der Regelung ergebnisoffen evaluieren. Während durch das KMU FörderungsG Garantien zur Verfügung gestellt werden, sollen KMU durch diesen Antrag ergänzend die Möglichkeit gegeben werden, durch mehr Flexibilität mehr Umsätze im stationären Handel zu erwirtschaften.

Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgenden

Entschließungsantrag

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesregierung, insbesondere die Bundesministerin für Digitalisierung und Wirt­schaftsstandort, wird aufgefordert, rasch Maßnahmen für eine Flexibilisierung der La­denöffnungszeiten vorzulegen.“

*****


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Der Antrag ist ordnungsgemäß eingebracht, ausreichend unterstützt und steht somit in Verhandlung.

Zu Wort gemeldet ist Abgeordneter Stark. – Bitte.


21.58.23

Abgeordneter Christoph Stark (ÖVP): Herr Präsident! Frau Ministerin! Herr Minister! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Liebe Zuseherinnen und Zuseher! Die Sitzung neigt sich dem Ende zu, eine Sitzung, in der wieder klar wurde: Wir tragen Verantwortung für Österreich und seine Menschen. Das ist unser Auftrag, und diesem Auftrag werden wir permanent gerecht. Ich richte hier gleich vorweg ein Dankeschön an die beiden Minister aus. (Beifall bei der ÖVP sowie der Abgeordneten Schallmeiner und Jakob Schwarz.)


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll111. Sitzung, 16. und 17. Juni 2021 / Seite 273

Wenn man heute über den Heldenplatz gegangen ist oder wenn man dieser Tage durch eine der österreichischen Städte geht, dann könnte man meinen, die Pandemie ist ganz vorüber. Menschen treffen sich wieder, Gott sei Dank, man pflegt wieder Sozialkontakte. Das Leben ist zurück und man spürt es auch. Wir alle aber wissen: Die Pandemie, das Virus ist noch nicht besiegt, und wir haben noch ein gutes Stück vor uns.

Heute geht es darum, dass wir vorausschauen, dass die Politik vorausschaut und auch Weichen stellt, damit wir in den nächsten Monaten gut durch diese Krise kommen, damit Betriebe, denen es momentan noch nicht so gut geht, die Krise gut bewältigen können. Das nenne ich vorausschauende Politik, vorausschauendes Handeln. Dafür ein herz­liches Dankeschön, denn nur so können wir dieser Krise begegnen. (Beifall bei der ÖVP sowie der Abgeordneten Schallmeiner und Jakob Schwarz.)

Alle Maßnahmen, die wir jetzt hier verhandeln, scheinen eine Einstimmigkeitsmaterie zu sein, und umso mehr wundert es mich, dass die SPÖ trotzdem ein bisschen etwas zum Lamentieren hat. Liebe Frau Kollegin Greiner, es war hier die Rede davon, dass es der Wirtschaft noch nicht gut ginge. Ich darf zwei Beispiele nennen, warum das nicht stimmt. (Zwischenruf bei der ÖVP.) Zum einen: Ich lebe in einer Region – dem Bezirk Weiz –, die in zwei AMS-Bezirke geteilt ist und die derzeit eine Arbeitslosenquote wie vor Corona aufweist. Wir haben eine Arbeitslosenquote von 3 Prozent, und im AMS-Bezirk Gleisdorf kommen auf 500 Arbeitsuchende 700 offene Stellen. Da sage mir noch einer, dass die Wirtschaft nicht angesprungen sei! (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Grünen.)

Zweite Maßnahme, zweites Faktum: Der Ministerrat hat heute – wir haben es bereits gehört – die Verlängerung des kommunalen Investitionsprogrammes beschlossen. Wa­rum? – Weil die Konjunktur so angesprungen ist, dass die Gemeinden nicht in der Lage sind, diese Programme abzuarbeiten, weil die Wirtschaft dermaßen ausgelastet ist. Das ist doch bitte ein sensationelles Zeichen, das auch gewürdigt werden muss! (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Grünen.)

Natürlich gibt es aber auch Bereiche – das ist nicht schönzureden –, die noch immer unter dieser Krise leiden. Genau an diese Betriebe sind die Maßnahmen, die wir jetzt beschließen, gerichtet – aus Verantwortung für Österreich. Das ist unser Auftrag. Ich bedanke mich bei der Regierung, die uns bisher mit ruhiger Hand durch diese Krise geführt hat. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Grünen.)

22.01


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Abgeordneter Taschner. – Bitte. (Abg. Matznetter: ... Zynismus, diese Propaganda!)


22.01.49

Abgeordneter Mag. Dr. Rudolf Taschner (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Hohes Haus! Herr Kollege Matznetter, Sie haben natürlich nicht ganz zu Unrecht moniert, dass bei der Einbringung des Antrages zeitliche Fristen nicht eingehalten worden sind. Wir haben aber im Ausschuss – ich war damals als Gast im Ausschuss, durfte als Ersatz­mitglied dabei sein – nostra culpa gesagt, und ich glaube, die Sache selbst spricht für sich. Wir sind Ihnen auch dankbar dafür, dass Sie hier inhaltlich dieser Sache zu­stim­men, was auch sehr vernünftig ist, weil ja die Einschränkungen durchgeführt werden mussten.

Herr Kollege Angerer, Sie haben gesagt, sie hätten nicht durchgeführt werden müssen. – Sie mussten durchgeführt werden, die Krise hat uns dazu gezwungen. Zugleich wurden aber dann auch die Hilfsmaßnahmen eingeführt, und das wurde in einem angemessenen und richtigen Maße gemacht. Kollege Obernosterer hat wirklich gesagt, der IWF hat gesagt, es ist beispielgebend gewesen; und der IWF ist nicht eine Organisation, die so


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türkis ist wie Ihr Hemd, Herr Kollege Matznetter, sondern das ist eine Organisation, die das wirklich objektiv zu sagen hat.

Nebenbei gesagt ist also nun dieser Härtefallfonds um 1 Milliarde Euro auf 3 Milliarden Euro erhöht worden. Das ist eine Riesensumme, meine sehr verehrten Damen und Herren. 3 Milliarden Euro sind 3 000 Millionen Euro, also das ist wirklich viel Geld.

Es ist wirklich auch so, dass es nicht ganz einfach sein wird, das wiederum zu bekom­men. Sie haben gefragt, Frau Kollegin Greiner, und Herr Kollege Krainer hat gefragt, wer das bezahlt. Es ist auch, wie soll ich sagen, ein schönes – ich möchte fast sagen: naives, aber das ist vielleicht übertrieben –, ein vielleicht nicht ganz wirklichkeitsnahes Modell von Ihrer Seite, von Frau Kollegin Herr, angedeutet worden. Ich glaube, die Frage des Bezahlens ist wirklich eine, die man sich wird stellen müssen.

Wie werden wir diese Steuern gestalten? – Das ist sicherlich eine Frage, die wir dann werden erörtern müssen. Das ist nicht ganz von der Hand zu weisen. Es gibt ja gewisse Menschen, die sagen, wir machen Modern Monetary Theory, wir schmeißen das Geld raus. Es wird, glaube ich, nicht ganz mit Modern Monetary Theory gelingen.

Meine These wäre die: Wir werden einfach die Produktivität erhöhen. Die Wirtschaft läuft wirklich gut an, Frau Kollegin Greiner. Sie läuft sogar so an, dass ich fast das Gefühl habe, es könnte ein Strohfeuer sein. (Zwischenruf des Abg. Hörl.) Es wird aber hoffent­lich kein Strohfeuer sein, insbesondere wenn wir – das hat Frau Kollegin Doppelbauer gesagt – die Arbeitskräfte wirklich darauf vorbereiten, dass sie das machen können, und zwar nicht nur dadurch, dass wir die Arbeitskosten reduzieren, sondern auch dadurch, dass wir sie ausbilden, dass wir sie für die Betriebe richtig ausbilden. Es gibt viele freie Arbeitsplätze, aber die Arbeitskräfte sind nicht da, weil sie noch nicht genügend aus­gebildet sind.

Da ist also noch einiges bei uns zu tun. Wir haben wirklich viel vor. Ich glaube, der Herr Finanzminister weiß, was auf uns zukommen wird. Insbesondere auch, was die steuer­liche Gestaltung anlangt, haben wir noch viel vor. Wir haben ja noch drei Jahre Zeit, um einiges zu machen. Wir freuen uns darauf, dass es auch gut gelingen wird. – Vielen herzlichen Dank. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Grünen.)

22.05


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Abgeordneter Pöttinger. – Bitte. (Zwischenruf des Abg. Matznetter.)


22.05.14

Abgeordneter Laurenz Pöttinger (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Werte Frau Ministerin! Werter Herr Minister! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Sehr geehrte Damen und Herren, es wird Sie nicht wundern, wenn ich Prof. Taschner Recht gebe, dass die Produktivität zu erhöhen ist und keine Steuererhöhungen notwendig sind. (Beifall bei der ÖVP.)

Mit dem Härtefallfonds haben wir in den vergangenen Monaten vielen Menschen helfen können, insbesondere den EPUs, Klein- und Kleinstbetrieben, Unternehmerinnen und Unternehmern. Ich glaube, es ist ganz wichtig, dass wir den heutigen Beschluss über die Erhöhung von 2 auf 3 Milliarden Euro hier treffen. Diese Budgetaufstockung ist insbesondere auch aufgrund der Verlängerung des Härtefallfonds auf 15 Monate erfor­derlich.

Auch die Ausweitung des potenziellen Förderkreises war eine wichtige und richtige Maßnahme, und auch daher ist diese zusätzliche Aufstockung notwendig. Denken Sie zum Beispiel an jene Gründer, die bis zum 31.10.2020 als Jungunternehmerinnen und -


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unternehmer ihr Unternehmen gegründet haben und nicht wussten, wie weit die Ein­schrän­kungen in den kommenden Monaten gehen würden!

Der Zusatzbonus in der Höhe von 100 Euro pro Fördermonat ist da jetzt auch mit ein­gepreist, und somit ist diese Aufstockung dringend notwendig. Für mehrfach geringfügig Beschäftigte – das haben wir heute schon gehört – ist auch vorgesorgt. Eine wichtige Information für alle Anspruchsberechtigten: Bis 31.7.2021 sind noch Beantragungen aller 15 Betrachtungszeiträume möglich.

Bisher wurden 1,71 Milliarden Euro an Fördernehmer ausbezahlt. Die Abwicklung durch die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Wirtschaftskammer funktioniert hervorragend – danke auch dafür.

Ein ganz wichtiges Thema hat uns in den vergangenen Wochen intensiv beschäftigt und auch Sorgen bereitet. Ich spreche von MAN in Steyr. Ich danke Siegfried Wolf für die Übernahme und das Folgekonzept für Steyr. Viel gescholten wurden unsere Bundes- und Landesregierung von der Opposition, insbesondere von der SPÖ. Die Zusam­men­arbeit zwischen Bund und Land Oberösterreich hat bestens funktioniert. So gilt mein Dank heute unserem Bundeskanzler Sebastian Kurz (Zwischenruf bei der SPÖ), unserer Wirtschaftsministerin Margarete Schramböck (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Grünen), dem oberösterreichischen Landeshauptmann Thomas Stelzer und unse­rem Wirtschaftslandesrat Markus Achleitner (Beifall bei der ÖVP – Zwischenruf des Abg. Matznetter) für die besonders erfolgreiche und konstruktive Unterstützung beim Erhalt der rund 2 000 Arbeitsplätze im Werk Steyr. – Danke dafür. (Beifall bei der ÖVP. – Zwischenruf des Abg. Matznetter.)

22.08


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Abgeordneter Schallmeiner ist zu Wort gemel­det. – Bitte.


22.08.44

Abgeordneter Ralph Schallmeiner (Grüne): Herr Präsident! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Sehr geehrte Ministerin! Sehr geehrter Minister! Sehr geehrte Damen und Herren zu Hause via Livestream, um diese Uhrzeit noch! Ich möchte noch kurz auf den von den Kolleginnen und Kollegen der NEOS eingebrachten Entschließungsantrag zur Liberalisierung im Handel eingehen.

Nachdem ich ja selber 1996 maturiert, 1997 eine Lehre als Großhandelskaufmann be­gonnen und seither eigentlich ausschließlich, bis auf ein Jahr, immer im Handel gearbeitet habe, kann ich ein bisschen etwas zu dieser Idee sagen, insbesondere auch deswegen, weil ich ja selbst eine Öffnungszeitenliberalisierung im Großhandel miterlebt habe.

Ich kann Ihnen sagen: Diese Idee bringt nichts. Sie wird nichts bringen. Sie wird nur eines bringen, sie wird den Druck auf die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer im Handel noch weiter erhöhen. Es gibt in Österreich 550 000 Angestellte im Handel. Das sind großteils Frauen, und ganz viele davon sind durchaus in prekären Arbeitsver­hält­nissen.

Diese Liberalisierungen führen nur dazu, dass aus Vollzeitarbeitsstellen Teilzeitarbeits­stellen werden. Es führt nur dazu, dass der Druck auf die – meistens – Frauen, oftmals Alleinerzieherinnen, noch größer wird, eben dann am Sonntag hereinzukommen. Dann gibt es keine Work-Life-Balance mehr, dann gibt es kein gemeinsames Wochenende mehr. Dann heißt es halt: Na ja, wir bräuchten dich jetzt schon!, und: Das kannst du doch nicht machen!, und: Die andere Kollegin!, und, und, und. Ich kenne das alles zur Genüge, und ich kann Ihnen sagen, das geht einzig und alleine auf Kosten der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer. Davon hat niemand etwas! (Beifall bei den Grünen.)


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Zweiter Punkt: Dass der österreichische Handel grundsätzlich ein Strukturproblem hat, ist, glaube ich, unbestritten. Es gibt, glaube ich, kaum ein Land in Europa oder auch weltweit, in dem der Handel wie in Österreich über eine derartig hohe Quadratmeter­anzahl verfügt. Das heißt, Österreich hat ein riesengroßes Strukturproblem. Das ist ja unbestritten, da bringt es aber überhaupt nichts, zu liberalisieren. Das ist im Endeffekt ein Fehler, der in den letzten zehn, 15 Jahren ja auch vermittels einer total undurch­dach­ten, zum Teil wirklich überdurchschnittlich dummen Raumordnungspolitik in den Ländern und in den Gemeinden gemacht wurde. Man hat im Endeffekt nur auf Quadratmeter, Quadratmeter, Quadratmeter geschaut. Das bringt nichts, und das bringt uns heute nur Probleme. Die werden wir durch eine Liberalisierung der Ladenöffnungszeiten nicht be­heben können. In diesem Sinne kann dieser Entschließungsantrag mit gutem Gewissen abgelehnt werden. Er ist einfach nur arbeitnehmerInnenfeindlich. (Beifall bei Grünen und ÖVP sowie bei Abgeordneten der SPÖ.)

22.11


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Loacker. – Herr Abgeordneter Loacker, Sie sind gemeldet.


22.11.25

Abgeordneter Mag. Gerald Loacker (NEOS): Herr Präsident! Kollege Schallmeiner hat behauptet, die Ladenöffnung ginge zulasten der Arbeitnehmer. Tatsächlich ist es aber so, dass sich beispielsweise bei der Firma Sutterlüty – das ist quasi ein Rewe-Partner in Vorarlberg – die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter um die Dienste am Sonntag reißen, weil diese so super bezahlt sind. Die haben am Sonntag geöffnet und finden dafür am leichtesten Leute.

Dann müssen Sie auch einmal schauen, was der Unterschied zwischen niedergelas­se­nem Handel auf der einen Seite und Onlinehandel auf der anderen Seite ist. In der Coronakrise ist viel online bestellt worden. Da haben wir dann ganz viele freie Posten bei den Paketzustellern gehabt. Das sind oft prekäre Arbeitsverhältnisse, und wenn sie nicht prekär sind, wenn sie bei der österreichischen Post AG sind, dann sind sie schlecht bezahlt. Wenn Sie das mit der Bezahlung im Handel vergleichen, dann nehmen Sie ja dreimal lieber einen Job im Handel, weil Sie dabei dann ja auch noch im Warmen und Trockenen sind und nicht draußen auf der Straße.

Die Behauptung, das gehe auf Kosten der Arbeitnehmer, verkennt den Arbeitsmarkt leider völlig. (Beifall bei den NEOS.)

22.12

22.12.35


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort ist dazu niemand mehr gemeldet. Die Debatte ist geschlossen.

Können wir mit der Abstimmung beginnen? – ÖVP? FPÖ? NEOS? Grüne? SPÖ? – Ja.

Wir gelangen zur Abstimmung über Tagesordnungspunkt 26: Entwurf betreffend das Härtefallfondsgesetz, samt Titel und Eingang in 933 der Beilagen.

Ich ersuche jene Damen und Herren, die dafür sind, um ein Zeichen der Zustimmung. – Das ist einstimmig angenommen.

Wir kommen gleich zur dritten Lesung.

Wer auch in dritter Lesung dafür ist, den bitte ich um ein Zeichen. – Das ist ebenfalls einstimmig. Somit ist der Gesetzentwurf auch in dritter Lesung angenommen.


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll111. Sitzung, 16. und 17. Juni 2021 / Seite 277

Wir gelangen nunmehr zur Abstimmung über den Entschließungsantrag der Abgeord­neten Kai Jan Krainer, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Verlängerung des Härte­fallfonds und der Stundungsmöglichkeiten bis Jahresende“.

Wer dafür ist, den bitte ich um ein dementsprechendes Zeichen. – Das ist die Minder­heit, abgelehnt.

Wir gelangen zur Abstimmung über Tagesordnungspunkt 27: Entwurf betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das KMU-Förderungsgesetz und das Garantiegesetz 1977 geändert werden, samt Titel und Eingang in 934 der Beilagen.

Ich ersuche jene Damen und Herren, die für diesen Gesetzentwurf sind, um ein Zeichen der Zustimmung. – Das ist wiederum einstimmig angenommen.

Wir kommen gleich zur dritten Lesung.

Wer das auch in dritter Lesung tut, den bitte ich um ein dementsprechendes Zeichen. – Das ist auch in dritter Lesung mit derselben Einstimmigkeit angenommen. Der Gesetz­entwurf ist damit auch in dritter Lesung angenommen.

Wir gelangen nunmehr zur Abstimmung über den Entschließungsantrag der Abge­ord­neten Scherak, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Flexibilisierung Ladenöffnungs­zeiten“.

Wer dafür ist, den bitte ich um ein dementsprechendes Zeichen. – Das ist die Minder­heit, abgelehnt.

Wir gelangen zur Abstimmung über Tagesordnungspunkt 28: Entwurf betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Einkommensteuergesetz, das Umsatzsteuergesetz und das Alkoholsteuergesetz geändert werden, samt Titel und Eingang in 935 der Beilagen.

Ich ersuche die Damen und Herren, die für diesen Gesetzentwurf sind, um ein dem­entsprechendes Zeichen. – Das ist einstimmig angenommen.

Wir kommen sogleich zur dritten Lesung.

Wer das auch in dritter Lesung tut, den bitte ich wieder um ein dementsprechendes Zeichen. – Das ist auch einstimmig. Der Gesetzentwurf ist somit auch in dritter Lesung angenommen.

22.15.0329. Punkt

Bericht des Volksanwaltschaftsausschusses über den 44. Bericht der Volksan­waltschaft (1. Jänner bis 31. Dezember 2020) (III-224/867 d.B.)


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Wir gelangen nun zu Punkt 29 der Tagesordnung.

Auf eine mündliche Berichterstattung wurde verzichtet.

Ich darf die Herren Volksanwälte Amon, Achitz und Rosenkranz recht herzlich bei uns begrüßen.

Zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Diesner-Wais. – Bitte.


22.15.42

Abgeordnete Martina Diesner-Wais (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Werte Volksanwälte! Der Bericht der Volksanwaltschaft wird öffentlich und auch politisch wahr­genommen und diskutiert. Ich bedanke mich für die rege, gute und interessante Diskus­sion im Ausschuss, denn das dient immer als Grundlage für wichtige und notwendige Veränderungen.


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Im Jahr 2020 hat sich die Pandemie nicht nur im privaten, sondern auch im öffentlichen Leben ausgewirkt und somit auch auf die Arbeit der Volksanwaltschaft. Das heißt, die Sprechtage wurden eher telefonisch abgehalten, die Akte dann im Homeoffice bear­beitet. Der Kontakt zu den Bürgern ist jedoch aufrechterhalten geblieben – das zeigen auch die Zahlen, die stets gestiegen sind.

Neben den Bänden über die Kontrolle der öffentlichen Verwaltung und die präventive Menschenrechtskontrolle gab es diesmal einen dritten Berichtsband, der über die Covid-Situation Auskunft gibt. Die Berichte diskutieren wir jetzt gemeinsam. Das finde ich gut, denn sie stehen im Zusammenhang, und die Auswirkungen der Pandemie sind noch nicht abgeschlossen. Die Berichte zeigen uns, was den Menschen besonders am Her­zen liegt.

Im Jahr 2020 suchten 18 000 Menschen bei der Volksanwaltschaft um Unterstützung für ihre Anliegen an. Für viele ist es die letzte Hoffnung, dass ihre Anliegen erfüllt werden. Es sind durchschnittlich 72 Beschwerdefälle pro Tag, bei denen die Volksanwaltschaft den Menschen hilft oder sie über die gesetzlichen Regelungen aufklärt, Unklares verständlich macht und natürlich auch in vielen Fällen zwischen den Menschen, die ein Problem haben, und der Verwaltung zu vermitteln versucht.

Das hat die Volksanwaltschaft wirklich bravourös gemacht, und darum möchte ich den drei Volksanwälten recht herzlich danken und auch dazu gratulieren. Ich bedanke mich auch bei den Mitarbeitern, denn die haben wirklich eine breit aufgestellte Expertise, mit der sie alles abdecken können. (Allgemeiner Beifall.)

Von rund 9 000 eingeleiteten Prüfverfahren betrafen circa 25 Prozent den Bereich Ge­sundheit und Soziales, dabei vor allem Coronamaßnahmen und Krankenversicherun­gen. Der Bericht der Volksanwaltschaft stellt fest, dass andere Behörden ebenfalls von der Pandemie überrascht wurden. Die Pandemie forderte rasche, schnelle Entschei­dungen und neue Maßnahmen; Strukturen zur Auszahlung von finanziellen Hilfen muss­ten in kurzer Zeit aufgebaut werden. Da ging es manchmal nicht so ganz reibungslos zu, aber es wurde trotzdem festgestellt, dass das Bemühen von allen Seiten wirklich gege­ben war, um die Abläufe sicherzustellen, damit die Menschen zu ihrem Geld kommen.

Wie der Bericht der Volksanwaltschaft ausführt, hat die Regierung in Anbetracht der Situation gute Arbeit geleistet, und auf die Anregungen, die die Volksanwaltschaft ein­gebracht hat, wurde schnell reagiert. Die Volksanwaltschaft stellte zum Beispiel im Zu­sammenhang mit den selbstständigen Pflegekräften fest, dass sie, wenn sie kein Konto in Österreich hatten, am Härtefallfonds nicht teilnehmen konnten. Dies wurde berück­sichtigt und relativ schnell erledigt.

Die Volksanwaltschaft hat in ihrer Arbeit als Kontrollorgan auch festgestellt, dass es Fehler im Maßnahmenvollzug bei der Justiz und auch bei Gemeinden im Bereich der Raumordnung und des Baurechts gibt.

Im Bereich Prävention, Schutz der Menschenrechte haben die sechs Kommissionen der Volksanwaltschaft 448 Kontrollen durchgeführt.

Wir sehen also, dass die Volksanwaltschaft eine eindrucksvolle Leistungsbilanz hin­gelegt hat. Die Zusammenarbeit mit der Politik ist natürlich sehr gut. Wir unterstützen die Volksanwaltschaft, wo es nur geht. So konnten auch 299 Anträge auf Gewährung einer Heimopferrente bearbeitet werden. Das ist natürlich auch deswegen möglich, weil wir eine Personalaufstockung beschlossen haben. Die Volksanwaltschaft ist eine Anlauf­stelle für unsere Bürgerinnen und Bürger, die sie sehr schätzen. Sie hat viele Aufgaben und genießt hohe Anerkennung. Die Volksanwaltschaft hat in diesem besonderen Jahr auch eine besondere Flexibilität an den Tag gelegt, daher noch einmal herzlichen Dank!


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Auf eine weitere gute Zusammenarbeit! (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Grünen.)

22.20


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Da mich Kollege Krainer aufgefordert hat, Kollegen Hörl einen Ordnungsruf zu erteilen, weil dieser ihm strafrechtswidriges Handeln vorge­worfen hat, habe ich mir die dementsprechende Protokollstelle kommen lassen. Da geht es um gesetzwidrige Leaks; gesetzwidrige Leaks sind kein strafrechtliches Delikt, daher erteile ich Abgeordnetem Hörl keinen Ordnungsruf.

Zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Silvan. – Bitte.


22.21.35

Abgeordneter Rudolf Silvan (SPÖ): Herr Präsident! Hohes Haus! Sehr geehrte Volks­anwälte! Danke für die drei Berichtsbände. Wenn man sich diese drei Berichtsbände genau durchliest, dann weiß man relativ rasch, warum sie nicht zur Primetime am Vormit­tag diskutiert werden, sondern zur fortgeschrittenen Stunde. Diese Berichte zeigen ein­deutig und ziemlich detailreich, dass die Regierung bei der Bekämpfung der Pandemie versagt hat.

Sie zeigen auch, dass das Versprechen von Sebastian Kurz nicht eingehalten wurde. Wir alle können uns noch sehr gut an die Pressekonferenz 2018 erinnern, als Sebastian Kurz – damals noch gemeinsam mit Vizekanzler Strache – vollmundig verkündet hat, es gibt jetzt diese Sozialversicherungsreform und im Zuge dessen bei gleichen Beiträgen die gleiche Leistung. Nach Beschwerden von Versicherten hat die Volksanwaltschaft festgestellt, dass es gleiche Leistungen bei gleichen Beiträgen noch immer nicht gibt. Ein Beispiel von vielen: Bei einer Echokardiografie gilt in der gleichen Kranken­versiche­rung, in der ÖGK, bei einem Versicherten in Niederösterreich ein Kostenersatz von 49 Euro und bei einer Wiener Versicherten noch immer ein Kostenersatz von 110 Euro.

Viel dramatischer ist die Situation natürlich in den Alten- und Pflegeheimen gewesen. Der Bericht zeigt, dass die Bundesregierung in diesem Bereich bei der Bekämpfung der Pandemie, wie ich schon gesagt habe, versagt hat. Sebastian Kurz hat 2020 in über 200 Pressekonferenzen davon gesprochen, wie gut Österreich durch die Pandemie ge­kommen sei. Die Zahlen sprechen eine andere Sprache: Allein in der 49. Kalender­woche sind in Österreich 2 540 Menschen an oder mit Covid-19 verstorben. Bis Jahres­ende waren es insgesamt bereits 6 312 Personen, rund die Hälfte davon in Alten- und Pflege­heimen.

Obwohl wir durch die Ereignisse in Italien vorgewarnt waren, ist es der Bundesregierung nicht gelungen, die ältere Generation zu schützen. Ganz dramatisch sind die Berichte darüber, was sich in den Alten- und Pflegeheimen ereignet hat: Zum Beispiel wurde das Personal im Stich gelassen, es hat für Leitungen der Pflegeheime keine Handlungs­anleitungen gegeben, es hat keine Rechtssicherheit für gewisse Maßnahmen gegeben, das Personal hat monatelang über seine Belastbarkeitsgrenze gearbeitet. Es war auch die Rede von 14 Tagen Zimmerquarantäne. Es haben sich, wenn man die Berichte genau liest, wirklich menschliche Tragödien abgespielt. – Nein, wir sind nicht gut durch diese Pandemie gekommen.

Kollegin Diesner-Wais, vielleicht können Sie diese Berichte auch Ihrem Parteiobmann ans Herz legen, damit er sie einmal durchliest, denn da stehen die negativen Auswir­kun­gen drin, die aufgrund seiner Ankündigungspolitik passiert sind. – Danke schön. (Beifall bei der SPÖ.)

22.24



Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll111. Sitzung, 16. und 17. Juni 2021 / Seite 280

Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Abgeordneter Ragger. – Bitte.


22.25.04

Abgeordneter Mag. Christian Ragger (FPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Geschätzte Herren Volksanwälte! Vorab möchte ich als Sprecher meiner Fraktion für die Volksan­walt­schaft meinem Dank Ausdruck verleihen, weil das auch ein Dank ist, den die Bürger Ihnen entgegenbringen, und das sieht man an der hohen Sensibilität und der hohen Professionalität, die Sie in 18 000 Fällen an den Tag gelegt haben. Gleichzeitig merkt man in der Bevölkerung auch eines – was man heutzutage als Anwalt nicht mehr so behaupten kann –, dass Sie von der Bevölkerung als positive Erscheinung wahrge­nom­men werden; im Gegensatz zu uns Anwälten, die wir oft nicht in dieser Form wahr­genommen werden. Man sieht es auch in den Sendungen, die Sie gemeinsam mit Ihren Klienten machen.

Für mich sind ein paar Punkte herausgestochen, die für mich seit Jahr und Tag ein Steckenpferd sind, und zwar vor allem im Sozialbereich. Einer liegt mir besonders am Herzen, und da stimme ich auch mit der Volksanwaltschaft überein, dieser betrifft die Zentren für Psychosoziale Rehabilitation Kärnten, abgekürzt ZPSR. Wir kämpfen seit Jahr und Tag dafür, dass Menschen, die dort auf einem kleinen Bauernhof leben, ord­nungsgemäß entlohnt werden, ordnungsgemäß versorgt werden. Wir finden heute beim Chancengleichheitsgesetz das wieder, was wir eigentlich seit Jahren hier im Hohen Haus gemeinsam umsetzen wollen: dass man auch als Mensch mit Beeinträchtigung für Arbeit eine gerechte Entlohnung bekommt. Dafür, dass dies auch passiert, werden wir gemeinsam mit der Volksanwaltschaft nicht müde zu kämpfen.

Ich glaube, dass es ein wesentlicher Punkt ist, das immer wieder aufzuzeigen, auch in Form von Kritik der Volksanwaltschaft, der wir auch nähertreten. Wir können also dem Land Kärnten nur empfehlen: Bitte seien Sie so fair gegenüber den Menschen mit Beein­trächtigung, dass das in den nächsten Jahren auch passiert und umgesetzt wird!

Dann gibt es von der Volksanwaltschaft einzelne Schmankerl, von denen wir auch gele­sen haben – natürlich nicht im Bereich, der etwas trauriger ist: es hat massive Einschrän­kungen der Freiheit im Pflegeheimbereich gegeben –, nämlich dass zum Beispiel zwei wild gewordene Polizeibeamte durch einen Markt gefahren sind; dieser Einsatz kann laut Volksanwaltschaft letztendlich als überbordend angesehen werden.

In Summe sieht man doch, dass die Arbeit der Volksanwaltschaft flächendeckend sehr intensiv war und sehr breit aufgestellt ist. Am Ende des Tages stellt die Volksanwalt­schaft eine der wesentlichen Säulen dieser Republik dar. – Danke vielmals. (Beifall bei der FPÖ.)

22.27


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Abgeordneter Stögmüller. – Bitte.


22.27.46

Abgeordneter David Stögmüller (Grüne): Sehr geehrter Herr Präsident! Werte Kolle­ginnen und Kollegen! Werte Volksanwälte! Das letzte Jahr war für uns stark von Covid und den vielen verschiedenen Begleitmaßnahmen geprägt, die wichtig für den Schutz der Gesundheit waren, die uns alle aber vor verschiedenste neue Herausforderungen gestellt haben. Auch die Volksanwaltschaft hat diese zu spüren bekommen, das zeigt sich auch an den Zahlen: Es gab einen Anstieg der Beschwerden um circa 7,6 Prozent auf eine Gesamtzahl von 17 914. Den größten Brocken macht mit 19,2 Prozent aller


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Verfahren der Bereich der inneren Sicherheit und dort im Speziellen das Fremden- und Asylrecht sowie die Polizei aus.

Von den Verfahren im Bereich Inneres machen den Löwenanteil – so in etwa 40 Pro­zent – die Asylfälle aus, 25,8 Prozent die Polizeifälle. Die Volksanwaltschaft kritisiert da vor allem die Verweigerung der Geschlechtseintragung inter – das ist das eine –, den Umgang der Polizei bei Misshandlungsvorwürfen und auch die langen Verfahrensdauern von Aufenthaltstitelverfahren und Beschwerdeverfahren vor dem BVwG.

Auch das Thema präventive Menschenrechtskontrolle in Bezug auf Demonstrationen und das Einschreiten der Polizei war ein Punkt. Das ist ein Thema, über das wir dringend reden müssen, denn: Wie kann es sein, dass bei Demonstrationen seit Beginn der Corona­pandemie mit zweierlei Maß gemessen wird? Einerseits dürfen Coronaleugner unter dem Schutz der Polizei durch die Wiener Innenstadt marschieren, Mitgliedern der jüdi­schen Gemeinde wird angeraten, währenddessen zu Hause zu bleiben. Nach dem Terroranschlag durfte Georg Immanuel Nagel mit einem Auto durch den 8. Bezirk fahren und Maschinengewehrsalven – falls man sich noch daran erinnert – abspielen, ande­rerseits werden Menschen, die am 1. Mai gemütlich im Votivpark sitzen und picknicken, von der Polizei eingekesselt und mit Pfefferspray und Schlagstöcken angegriffen. Das kann es nicht sein. (Beifall bei den Grünen sowie der Abg. Herr.)

Auch wenn die Polizei dem NPM Demonstrationen meldet, bei denen mit einem Gewalt­potenzial gerechnet wird, braucht es neben mehr Einbindung im Vorfeld auch bessere Strategien der Deeskalation. Die KommissionsleiterInnen können zwar die Einsatzpläne der Polizei einsehen, um mögliche Hotspots bei Demonstrationen auch im Vorfeld bes­ser ausfindig zu machen, aber da ist definitiv die Polizei in der Pflicht, dann auch Strate­gien zur Deeskalation zu entwickeln.

Auch im Bereich der Justiz sind durch die Volksanwaltschaft Probleme aufgezeigt wor­den. Ein erheblicher Teil der 1 221 Beschwerden betraf dabei den Straf- und Maß­nahmenvollzug. Dabei wurden neben baulichen Mängeln oft auch die Kapazitätsgrenzen und das Warten auf freie Plätze kritisiert. Der Maßnahmenvollzug ist die letzten 50 Jahre – und das muss eigentlich einmal jemand erklären – nicht reformiert worden, weshalb viele der Kritikpunkte der Volksanwaltschaft auch gut nachvollziehbar sind und der Reform­bedarf groß ist.

Diese Reform wurde bereits gestartet, und das ist auch wichtig und richtig. Im Mai hat unsere Justizministerin Alma Zadić bereits einen ersten Teil der Reformen im Maßnah­menvollzug präsentiert. Der erste Teil hat das Ziel, dass jene Menschen, bei denen es aufgrund ihrer Gefährlichkeit notwendig ist, konsequent im Maßnahmenvollzug unter­gebracht werden. Jene, bei denen es hingegen nicht notwendig ist, sollen besser im regulären Gesundheitssystem versorgt werden. Dies soll durch eine treffsichere Ände­rung der Einweisungsvoraussetzungen für psychisch kranke RechtsbrecherInnen erreicht werden. Auch für Jugendliche wird es nun erstmals neue Regeln geben, sodass diese nur bei Kapitalverbrechen im Maßnahmenvollzug untergebracht werden. Beide Maßnah­men sollen in weiterer Folge eine Entlastung der Kapazitäten bringen.

Der zweite Teil der Reform soll unter anderem die bessere Betreuung im Maßnahmen­vollzug durch mehr PsychiaterInnen und PsychologInnen gewährleisten.

Mit dieser Reform hat unsere Bundesministerin den ersten Teil einer umfassenden Reform auf den Weg gebracht. Das war nicht nur eine langjährige Forderung von vielen ExpertInnen, sondern auch Kritikpunkt der Volksanwaltschaft in den letzten Jahren. Ich glaube, das ist auch notwendig und wichtig, denn der vorgestellte Gesetzentwurf greift genau diese Kritik auf und ist ein Meilenstein für einen menschenrechtskonformen Maßnahmenvollzug und eine sichere Gesellschaft. (Beifall bei den Grünen.)


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Ich bin sehr froh, dass die Volksanwaltschaft immer wieder Kritikpunkte aufzeigt und dass diese dann auch in sinnvolle Reformen, die wir umsetzen, münden. – Vielen Dank. (Beifall bei den Grünen.)

22.32


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Abgeordneter Margreiter. – Bitte.


22.32.39

Abgeordneter Dr. Johannes Margreiter (NEOS): Herr Präsident! Sehr geehrte Herren Volksanwälte! Demokratie, Rechtsstaat und Menschenrechte sind drei Säulen, die einander bedingen und von ganz entscheidender Bedeutung dafür sind, dass wir in einem menschenwürdigen Gemeinwesen leben können.

Dass im Rahmen der Volksanwaltschaft seit 2012 die präventive Menschenrechts­kon­trolle angesiedelt ist, kann man gar nicht hoch genug einschätzen, wobei die Betonung auf präventiv liegt. Dafür können wir uns glücklich preisen, und ich will den Bericht der Volksanwaltschaft zum Anlass nehmen, einmal mehr namens der NEOS für diese wichtige Arbeit, die da im Sinne der Menschenrechtssituation in Österreich geleistet wird, Danke zu sagen.

Die Berichte, die wir – speziell im Bereich Justiz – vorliegen haben, zeigen sehr deutlich etwas, das ich immer wieder thematisiere und das auch wirklich wichtig zu thematisieren ist: Das sind die notwendigen Verbesserungen im Maßnahmenvollzug. Sehr viele Be­schwerdepunkte, die an die Volksanwaltschaft im Rahmen des Nationalen Präventions­mechanismus herangetragen worden sind, drehen sich um den Maßnahmenvollzug. Kollege Stögmüller hat schon völlig richtig aufgezeigt, dass jetzt tatsächlich Bewegung in die Sache gekommen ist, dass es erstmals legistische Verbesserungen gibt.

Es wird aber, und das zeigen die Erfahrungen aus dem Bericht des vergangenen Jahres, der inhaltlich natürlich auch ganz entscheidend unter dem Einfluss der Pandemie steht, auch infrastruktureller Investitionen bedürfen, um einen Maßnahmenvollzug zu ermög­lichen, der auch den Vorgaben des EGMR entspricht. Österreich hat da ja schon Verur­teilungen ausgefasst. Wir sollten wirklich die aufgezeigten Missstände, die aufgezeigten Beschwerden sehr, sehr ernst nehmen und zum Anlass nehmen, dass wir auch budgetär die notwendigen Mittel zur Verfügung stellen, damit wir diesen wichtigen gesellschaft­lichen Bereich auch in einer Form abwickeln, wie er dem Anspruch an eine Menschen­rechtssituation zu Beginn des 21. Jahrhunderts würdig ist.

Wenn man hier liest, dass teilweise aufgrund der Pandemie Quarantäneabteilungen geschaffen werden mussten, wo dann andererseits die Hafträume sehr beengt waren, dann zeigt das, dass da einfach räumlicher Zusatzbedarf besteht. Es ist notwendig, ganz streng zu trennen: Strafvollzug ist das eine; bei Menschen, die im Maßnahmenvollzug sind, sofern sie als unzurechnungsfähige Täter in eine Unterbringung eingewiesen wor­den sind, ist das Wort Strafe aber nicht angemessen – das gehört auch vom Strafvollzug streng getrennt –, denn diese Menschen sind behandlungsbedürftig.

Ich hoffe also sehr, dass dieser Bericht einen Impuls setzt, dass da die notwendigen weiteren Verbesserungen getätigt werden, und bedanke mich noch einmal sehr herzlich bei den Volksanwälten und ihren Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern für die im vergan­genen Jahr geleistete Arbeit. – Vielen Dank. (Beifall bei den NEOS und bei Abgeord­ne­ten der Grünen.)

22.36


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Abgeordneter Weidinger. – Bitte sehr.



Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll111. Sitzung, 16. und 17. Juni 2021 / Seite 283

22.36.10

Abgeordneter Peter Weidinger (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Geschätzte Volksanwälte! Werte Damen und Herren! Die Volksanwaltschaft ist eine geniale Einrich­tung, und dafür möchte ich Danke sagen – danke dafür, dass Sie, auch stellvertretend für viele Einrichtungen wie das österreichische Parlament, wie die Verwaltung und unsere Politik im Allgemeinen, es geschafft haben, Österreich durch diese Krise weit besser durchzubringen, als es viele andere Länder auf dieser Welt geschafft haben. – Ein herzliches Vergelts Gott dafür! (Beifall bei der ÖVP sowie der Abgeordneten Disoski und Maurer.)

Sehr geehrter Herr Abgeordneter Silvan von der SPÖ, ich möchte hier einen Unterschied herausarbeiten: Während die Volksanwaltschaft überparteilich und sachlich Kritikpunkte aufnimmt, die Bürgeranliegen ernst nimmt und Verbesserungsvorschläge anbringt, stel­len Sie sich hier heraus und versuchen, diesen Tagesordnungspunkt dafür zu nutzen, die politische Meinung zu vertreten, dass sich die Bundesregierung Versäumnisse hätte zuschulden kommen lassen. (Zwischenruf des Abg. Silvan.) Dem kann man eindeutig widersprechen, denn weder die Fakten noch die Zahlen geben Ihnen recht, sondern diese sprechen dafür, dass Österreich ausgezeichnet durch die Krise gekommen und ein Land ist, das sehr, sehr gut verwaltet ist. (Beifall bei der ÖVP sowie der Abgeordneten Disoski und Maurer.)

Wir haben aber den Anspruch, jeden Tag besser zu werden, deswegen danke an die Volksanwaltschaft: 18 000 Anliegen – natürlich mehr Anliegen als in anderen Jahren, auch der Krise, verursacht durch die Pandemie, geschuldet.

Ich möchte einen Punkt herausgreifen, meine Damen und Herren, der ein ganz wichtiger ist: Da geht es um die Finanzämter in Österreich. Eine wichtige, ausgezeichnete Reform wurde auf den Weg gebracht, um die Finanzämter zu entbürokratisieren, mehr Freiheit für die Menschen zu schaffen und den Dienstleistungscharakter noch mehr hervor­zuheben. Da gibt es einen Punkt, der festhält, dass wir auch bei den Hotlines nachlegen müssen, damit die Bürgerinnen und Bürger dementsprechend zentrale, wenn möglich auch lokale Ansprechpartner vor Ort vorfinden – ein wichtiger Punkt. Wir nehmen das ernst und wir arbeiten daran, dass man auch diesem Punkt im Interesse der Bürgerinnen und Bürger noch besser gerecht wird.

Gestatten Sie mir aber auch zu sagen, dass es wichtig und notwendig ist, dass wir hier auch die Anliegen ernst nehmen, die sich ganz klar dafür aussprechen, dass die digitale Signatur eine neue Möglichkeit für die Österreicherinnen und Österreicher darstellt, die Dienstleistungen der Verwaltung in Anspruch zu nehmen. Das ist eine wertvolle Initiative unserer Bundesministerin Margarete Schramböck, die sich sehr, sehr stark dafür eingesetzt hat, dass die digitale Signatur in den Vordergrund gestellt wird.

Ich möchte diese Gelegenheit nutzen, meine Damen und Herren: Machen wir alle davon Gebrauch, verwenden wir die digitale Signatur! Sie verkürzt unsere Wege bei den Ämtern, sie schafft aber auch mehr Freiheit und mehr Sicherheit, damit wir unsere Dienstleis­tungen besser nutzen können.

Ich möchte zum Abschluss stellvertretend für das Kollegium der Volksanwaltschaft Werner Amon und seinem Team dazu gratulieren, dass sie ihren Beitrag geleistet haben, Österreich so gut durch diese Krise zu bringen. Es macht mich auch stolz, geschätzte Damen und Herren, dass Werner Amon und damit die österreichische Volksanwaltschaft an der Spitze aller Volksanwaltschaften und Ombudsmannschaften der Welt steht, dass wir mithelfen, dass Bürgeranliegen nicht nur in Österreich, sondern auch in der Welt so gut vertreten werden, und dass wir damit einen Beitrag für mehr Freiheit und Demokratie leisten. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Grünen.)

22.39



Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll111. Sitzung, 16. und 17. Juni 2021 / Seite 284

Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Abgeordnete Schatz. – Bitte.


22.39.57

Abgeordnete Sabine Schatz (SPÖ): Herr Präsident! Sehr geehrte Volksanwälte! Sehr geehrte Damen und Herren! Herr Kollege Weidinger, soweit ich mich erinnere, sind wir hier im Hohen Haus, und ich glaube, da ist es angebracht, politisch zu diskutieren, auch wenn es um Berichte der Volksanwaltschaft geht. (Beifall bei SPÖ und NEOS.)

Auch ich möchte mich für die Arbeit der Volksanwaltschaft, aber auch für die drei sehr ausführlichen Berichte bedanken. Es gibt ja einen Sonderbericht extra zur Covid-19-Situation, und ja, es zeigt sich einmal mehr: Diese Coronapandemie stellt uns in vielen Bereichen vor große Herausforderungen. Vulnerable Gruppen sind durch diese beson­dere Situation auch besonders stark betroffen.

Das betrifft in vielen Bereichen auch Menschen mit Behinderungen. Im Jahr 2020 fanden 193 Besuche der Kommissionen in Einrichtungen für Menschen mit Behinderungen statt. Schwerpunkt war dabei im Besonderen der Umgang mit diesen Herausforde­run­gen durch die Coronapandemie. Das machte auch einige grobe Mängel sichtbar, und das sehen wir ja auch sehr ausführlich im Bericht. Zum einen waren oft lange keine konkreten Informationen über die Krankheit, über Corona, aber auch über die Schutzmaßnahmen in leicht verständlicher Sprache, in barrierefreier Form für Menschen mit Seh- und Hörbehinderungen verfügbar. Die Partizipation von Menschen mit Behinderungen in den Coronakrisenstäben war de facto eigentlich überhaupt nicht gegeben, vor allem am Anfang.

Gravierende Auswirkungen hatten die rigorosen Ausgangs- und Besuchsbeschrän­kun­gen und die Schließungen von Tagesstätten auf der einen Seite natürlich für die Klien­tinnen und Klienten, aber auch für das Betreuungspersonal und in weiterer Folge für pflegende Angehörige in besonderer Form. Sie arbeiten seit über einem Jahr teilweise auf Anschlag und sind besonders herausgefordert, auch vom Umgang mit den Klien­tinnen und Klienten in dieser besonderen Situation durch die Coronapandemie.

Mit dem Wegfall der bekannten Tagesroutine, der Einschränkung sozialer Kontakte sowie mit dem Wegfall von Therapiemöglichkeiten ist für Menschen mit Behinderungen ein erhöhtes Risiko entstanden, zusätzliche körperliche und psychische Störungen zu erleiden. In den Einrichtungen mangelte es lange an der notwendigen Schutzausrüstung für das Personal, in vielen Fällen konnte nicht genügend Schutzmaterial organisiert werden. Bemängelt wurde von den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern bei den Besuchen der Volksanwaltschaft auch die unzureichende Information über den Umgang mit den Schutzmaßnahmen, über generelle Hygiene- und Schutzmaßnahmen. Oftmals gab es in Einrichtungen überhaupt keine Hygieneschulungen für die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter.

Der Bericht der Volksanwaltschaft ist sehr umfangreich und macht auch deutlich, dass wir da Handlungsbedarf haben, auch aktuell noch Handlungsbedarf haben, aber dass wir uns auch für künftige Herausforderungen, die ähnlich dramatisch wie diese Corona­pandemie sind, rüsten müssen, und da liefert uns dieser Bericht eine sehr gute Grund­lage – dafür möchte ich wirklich Danke sagen.

Mir ist wichtig – abschließend –, dass wir besonders bei Menschen mit Behinderungen darauf achten, dass wir das Selbstbestimmungsrecht dieser Menschen auf jeden Fall sicherstellen und dass wir die Grund- und Freiheitsrechte so wenig wie möglich ein­schränken. – Danke schön. (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der NEOS.)

22.43


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Ecker. – Bitte sehr.



Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll111. Sitzung, 16. und 17. Juni 2021 / Seite 285

22.43.42

Abgeordnete Rosa Ecker, MBA (FPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geschätzte Volksanwälte! Sehr geehrte Damen und Herren! Ja, der Volksanwaltschaftsbericht, ins­besondere in Bezug auf die präventive Menschenrechtskontrolle, gibt uns Einblicke in Bereiche, die für uns sonst verschlossen und unsichtbar wären.

Eines meiner Herzensanliegen sind da immer die Einrichtungen der Kinder- und Jugend­hilfe. 102 Einrichtungen der Kinder- und Jugendhilfe wurden 2020 besucht, und es fielen leider zum wiederholten Male Qualitätsunterschiede zwischen den einzelnen Einrichtun­gen auf. Natürlich steht die Qualität der Einrichtungen in starkem Zusammenhang mit dem Betreuungsschlüssel. Knappe Personalressourcen führten auch dazu, dass es in diesen Einrichtungen größere Schwierigkeiten gab, die Krise zu bewältigen, und die Schwachstellen wurden noch deutlicher sichtbar.

An sich wäre ja der Nationale Präventionsmechanismus dafür da, strukturelle Defizite zu thematisieren und für eine Beseitigung dieser Mängel zu sorgen, aber leider funktioniert das anscheinend nicht in dem Ausmaß, in dem es notwendig wäre, und das ist sehr bedenklich. Da gilt auch wie bei den Seniorenheimen: Baumaßnahmen in Einrichtungen werden oft schnell erledigt, haben wir gehört, strukturelle personelle Baustellen ins Positive zu wandeln ist schwieriger, wäre aber umso wichtiger.

Bei Vollerziehung handelt es sich um eine Maßnahme der Kinder- und Jugendhilfe, die dem Schutz der Minderjährigen dient, und dann liest man im Bericht, dass in diesen schützenden Einrichtungen die ordnungsgemäße Medikamentengebarung eben nicht ordnungsgemäß erfolgt, man liest von täglichen Gewaltvorfällen und regelmäßigen Poli­zeieinsätzen – leider gerade bei uns in Oberösterreich. Krisenpläne für Jugendliche mit Aggressionsausbrüchen und Kontrollverlusten fehlen. Ich weiß, dass die Betreuung dieser Jugendlichen ungeahnte Herausforderungen mit sich bringen kann, trotzdem darf das nicht passieren, denn diese Kinder und Jugendlichen haben schon einiges erlebt und sind wieder negativen Erfahrungen ausgesetzt.

Weder die Mitarbeiter der Kinder- und Jugendhilfe noch die Kinder und Jugendlichen selbst können maßgeblich beeinflussen, wo sie eine neue Heimat finden. Meist muss gewartet werden, bis ein Platz frei wird. Dieser wird mangels Alternativen meist genom­men, auch wenn die Einrichtung vielleicht nicht hundertprozentig passt.

Ich finde es sehr erfreulich, dass laut Volksanwalt Achitz künftig ein Schwerpunkt auf die Ausbildung von Betreuern in Einrichtungen gelegt wird, auch bei den psychiatrischen Einrichtungen, denn dort sind Kinder und Jugendliche untergebracht, die sich selbst nicht helfen können. Da muss man sehr genau hinschauen, und ich freue mich, dass die Volksanwaltschaft das auch immer sehr genau macht.

Einen Vorfall – bei dem ist: eh nichts passiert! – möchte ich auch ansprechen: Eine Frau, die bedrängt und mit Gewalt konfrontiert ist, kann sich wehren und ruft die Polizei. Der Beamte stellt dann fest: Es ist eh nichts passiert, da kommen wir morgen! – Das ist unglaublich und unfassbar, weil wir wissen, dass, gerade wenn wir von Gewalt an Frauen sprechen, die Beweissicherung sehr wichtig ist und viele Verfahren eingestellt werden, weil diese nicht erfolgt ist, und dann sagt der zuständige Beamte: Wir kommen morgen! – Ich hoffe wirklich, dass das nur ein schlampiger Beamter war, vielleicht mit wenig Em­pathie, denn wenn nicht, dann braucht es in diesem Bereich noch mehr Sensibilisie­rungskampagnen, zumindest wirkungsvollere, denn wer jetzt immer noch nicht kapiert hat, dass Gewalt an Frauen nicht eh nichts ist, ist wirklich eine Fehlbesetzung, ganz egal an welcher Stelle er sitzt. (Beifall bei der FPÖ, bei Abgeordneten der Grünen sowie des Abg. Keck.)

22.47



Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll111. Sitzung, 16. und 17. Juni 2021 / Seite 286

Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Ribo. – Bitte.


22.47.45

Abgeordnete Bedrana Ribo, MA (Grüne): Herr Präsident! Sehr geehrte Volksanwälte! Liebe KollegInnen! Liebe ZuseherInnen! Auch ich beginne mit einem Danke an die Volksanwaltschaft – danke für diesen sehr umfangreichen und umfassenden Bericht, aber danke auch für Ihre wertvolle Arbeit!

Der Bericht befasst sich unter anderem mit dem Bereich Pflege, und auf diesen möchte ich kurz eingehen. Denken wir bitte an das Jahr 2020 zurück! Im Februar 2020 hat keiner von uns gewusst, was auf uns zukommt. Niemand hat gewusst, welch schwierige Zeit folgen wird. Niemand wusste, dass es wahrscheinlich die schwierigste Zeit der Zweiten Republik sein wird. Der Bericht zeigt das auch, er zeigt uns, was wir alle schon vermutet haben: Es sind Fehler passiert, auch im Pflege- und Betreuungsbereich. Es sind viele Fehler passiert, es sind schwerwiegende Fehler passiert, und zwar auf allen Ebenen, von Pflegeheimen bis hinauf – da nehme ich uns PolitikerInnen nicht in Schutz – in die Politik, bis in die Bundespolitik. Es wurde manchmal nicht schnell genug, manchmal zu schnell, manchmal nicht rasch genug, manchmal nicht genau genug entschieden. Das tut uns allen weh, und es wird uns lange begleiten – vor allem aber die Betroffenen wird es lange begleiten.

Doch wir dürfen diesen Anlass nicht nutzen, um auf die Schuldigen zu zeigen, denn alle haben ihr Bestes gegeben, und es war für alle eine Zeit, die wir so nicht wieder haben möchten. Im Nachhinein weiß man natürlich immer besser, wie man es hätte machen können. Wichtig ist, dass Fehler zugegeben werden, dass Fehler behoben wurden und weiterhin behoben werden, und noch wichtiger ist es, dass wir aus diesen Fehlern lernen und sie in Zukunft nicht mehr machen, denn die Pandemie – auch wenn es derzeit sehr gut ausschaut – ist leider nicht ganz vorbei, und wir wissen auch nicht, ob wieder eine kommen wird.

Doch trotz schon bestehender Missstände waren es die PflegerInnen, die die älteren Personen, die sogenannte vulnerable Menschengruppe dieser Gesellschaft, durch diese schlimme Zeit begleitet haben. Nur dank der PflegerInnen und des Pflegesektors haben wir es geschafft, dass viele Familien vor viel Schmerz bewahrt wurden.

Die Pflegerinnen und die Pfleger dieses Landes haben ihren Job gut gemacht, haben ihr Bestes gegeben. Jetzt ist es auch an der Zeit, dass die Politik – wir – ihren Job macht. Das bedeutet ein Aufarbeiten und Aufschlüsseln der Fehler, damit sie nie wieder so passieren.

Das bedeutet aber auch, dass wir die Schreie im Bereich Pflege hören und bei der Pflegereform weitermachen, und das werden wir auch, denn nur so kann die Pandemie auch zu einer Chance werden. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

22.51


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Frau Abgeordnete Scheucher-Pichler ist zu Wort gemeldet. – Bitte.


22.51.09

Abgeordnete Mag. Elisabeth Scheucher-Pichler (ÖVP): Herr Präsident! Sehr geehrte Volksanwälte! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Der Bericht oder die Berichte – es sind in diesem Fall ja drei Berichte der Volksanwaltschaft – sind von den Heraus­forderungen der Pandemie geprägt – das Jahr 2020 war ein besonderes Jahr –, und sie sind auch durch die Einschränkungen geprägt, die es im öffentlichen und im privaten Leben gegeben hat. Es wurde ja schon gesagt, es hat mehr Beschwerden gegeben,


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll111. Sitzung, 16. und 17. Juni 2021 / Seite 287

aber es hat auch über 4 000 Fälle gegeben, bei denen es letztlich keine ausreichenden Hinweise auf Missstände gegeben hat; bei 49 Prozent leitete die Volksanwaltschaft ein formelles Prüfungsverfahren ein.

Ich bin ein Fan der Volksanwaltschaft, ich habe mich ja schon im Ausschuss geoutet. Ich halte die Arbeit der Volksanwaltschaft für sehr, sehr wichtig. Es ist mir auch wichtig, dass die Politik die Anregungen und die Kritik ernst nimmt. Ich glaube aber insgesamt, dass sie für die Menschen, für die Gesellschaft wichtig ist und dass es gerade auch durch die Sendung im ORF sehr oft zu einer Sensibilisierung hinsichtlich eines Themas kommt und dass man letztlich dadurch dann auch eine andere Perspektive sieht. Es kommt ja auch zu sehr vielen positiven Ergebnissen, daher ein großes Danke an die Volksanwälte Werner Amon, Bernhard Achitz und Walter Rosenkranz. – Danke für Ihre wertvolle Arbeit. (Beifall bei der ÖVP.)

Es wurde ja schon erwähnt – ich gehe noch einmal kurz darauf ein –, es hat sehr viele Herausforderungen gegeben – in den WGs, in den Altersheimen, in den Pflegeheimen –, eben in Bezug auf die Besuchsregelungen, in Bezug auf die Ausgangsbeschränkungen. Ja, da gab es auch sehr viele schmerzliche und wirklich schwierige Situationen, und ich denke, es ist wichtig, dass wir für zukünftige Epidemien oder Pandemien auch daraus lernen.

Kollegin Ribo hat es ja auch schon gesagt: Notwendig ist, dass wir Präventionskonzepte erarbeiten und diese auch mit dem Personal, mit den Angehörigen, mit den Betroffenen schon vorher besprechen. Das ist ein ganz wichtiger Punkt und eine Kritik in Ihrem Bericht.

Das erfolgte Abschirmen hat sehr, sehr viel Kritik ausgelöst. Ja, wir alle wissen heute mehr, die ersten Verordnungen wurden dann überarbeitet, auch aufgrund Ihrer Kritik, aber auch die SeniorenvertreterInnen haben sich da sehr stark engagiert. Ja, wir wissen heute – und das ist eine konkrete Forderung –, Freiheitsrechte dürfen nicht bedingungs­los dem Infektionsschutz untergeordnet werden. Das ist eine wichtige Erkenntnis, dass man eben auch Präventionskonzepte bereits vor dem Notfall, vor der Pandemie mit allen Betroffenen diskutiert, weil eben auch eine transparente und ausführliche Diskussion über geplante und notwendige Maßnahmen letztlich zu mehr Akzeptanz führt. Auch das haben wir ganz schmerzlich bemerkt.

Kritisiert wurde auch die verzögerte Pflegereform. – Ja, auch da kann ich Ihnen weit­gehend recht geben. Es gibt große Probleme in der Langzeitpflege, bei den mobilen Diensten, speziell durch die Gehaltsunterschiede zwischen öffentlichem und privatem Bereich, aber auch aufgrund der Schieflage zwischen dem stationären und dem mobilen Dienst. Wir müssen da schauen – und das ist auch Ihre Forderung –, dass es zu einer koordinierten Gesamtsteuerung und zu einer Berücksichtigung der Schnittstelle von Gesundheit und Pflege kommt. Ja, ich kann die Forderungen, die im Bericht stehen, weitgehend mittragen und auch die Kritik verstehen.

Wir müssen alles tun, um gerade in Bezug auf die Pflegereform in Schwung zu kommen. Wir müssen alles tun, um nachhaltige Lösungen gerade auch für die Pflegeorgani­sa­tionen und für jene, die in diesem Bereich arbeiten, zu erreichen. Wir müssen wirklich alles tun, damit die Pflegereform jetzt in Fahrt kommt. Das ist, glaube ich, auch unser aller Ziel.

Noch einmal ein großes Danke der Volksanwaltschaft. (Beifall bei der ÖVP.)

22.55


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Bayr. – Bitte.



Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll111. Sitzung, 16. und 17. Juni 2021 / Seite 288

22.55.16

Abgeordnete Petra Bayr, MA MLS (SPÖ): Herr Präsident! Die Herren Volksanwälte! Sehr geehrte Damen und Herren! Sie wissen ja, mir liegen insbesondere die interna­tio­nalen Verkettungen der Volksanwaltschaft am Herzen. Unter anderem erwähnen Sie in Ihrem Bericht, dass Österreich momentan das dritte Mal dem UPR, dem Universal Periodic Review, unterzogen wird. Das ist eine Art Peerreview im Menschenrechtsrat der Vereinten Nationen, die etwa alle vier Jahre Länder auf ihre Menschenrechts­stan­dards überprüft.

Österreich ist da jetzt gerade das dritte Mal dran, und es gibt sechs Empfehlungen zur Entwicklungszusammenarbeit, auf die ich jetzt nicht eingehen möchte, zehn Empfeh­lungen zum Komplex Wirtschaft und Menschenrechte, was ich sehr relevant finde, acht Empfehlungen davon zur Frage Nationaler Aktionsplan für Wirtschaft und Menschen­rechte und zwei Empfehlungen konkret zu einem Gesetz zum Thema Wirtschaft und Menschenrechte – übrigens das zweite Mal, also es ist nicht das erste Mal, dass uns da gesetzliche Regelungen empfohlen werden, jetzt ist es unter anderem Costa Rica.

Die Volksanwaltschaft hat ja dankenswerterweise auch Erfahrung mit Veranstaltungen zu genau diesem Bereich. Zu Zeiten, als man noch Veranstaltungen in der Volks­anwalt­schaft machen konnte, war die Frage: Wie kann es gelingen, dass Wirtschaft entlang der kompletten Lieferkette menschenrechtliche Verantwortung übernimmt, Verantwortung für Sozialrechte, Verantwortung für Umweltrechte, und zwar nicht in einer Art und Weise, dass es dann die Konsumentinnen und Konsumenten sind, die schauen müssen, ob in dem Produkt, das sie kaufen, vielleicht Kinderarbeit oder Sklavenarbeit oder Grundwas­ser­verpestung drinnen ist, sondern dass es wirklich einen gesetzlichen Auftrag für Fir­men gibt, sich daran zu halten, eben entlang der gesamten Lieferkette?

Es ist fein, dass zum einen da bei Ihnen Expertise ist, zum anderen ist es heute genau zehn Jahre her, dass der Menschenrechtsrat der Vereinten Nationen die Leitlinien zu Umwelt- und Menschenrechten verabschiedet hat. Auch im Jahr 2011 hat die Euro­päische Kommission ihren Mitgliedstaaten empfohlen, genau diese Leitlinien in nationale Aktionspläne umzusetzen. Da gab es im Mai 2013 einen Prozess in Österreich. Es gab auch einen ersten Entwurf für einen solchen Aktionsplan, aber das ist dann im Sand verlaufen, weil die ÖVP diesen überhaupt nicht wollte. Ebenso gab es einen Nationalen Aktionsplan Menschenrechte generell und auch einen Prozess dazu, in dem auch diese Frage von Wirtschaft und Menschenrechten Platz gefunden hätte, aber auch der ist 2016 sang- und klanglos verschwunden, weil es da ein paar Bremser in der Regierung gegeben hat, die das überhaupt nicht wollten. Der Prozess ist komplett zum Erliegen gekommen.

Heuer hat die Europäische Kommission ihre Mitgliedsländer abermals aufgefordert, nationale Aktionspläne zu diesen Fragen zu schaffen beziehungsweise zu erneuern, und es gibt, wie Sie wissen, in vielen Ländern auch auf EU-Ebene Initiativen zu Liefer­ketten­gesetzen, die eben Firmen zu der Einhaltung der Menschen- und der Umweltrechte entlang der Lieferkette rechtlich verpflichten sollen.

Nur für den Fall, dass da zufällig in der Regierung wieder nichts weitergeht, würde ich Sie sehr bitten, Ihre Expertise, die Sie haben, zur Verfügung zu stellen, damit wir da vielleicht nach zehn Jahren doch endlich weiterkommen. Da wäre, glaube ich, ein erstes Schritterl durchaus angemessen. – Danke sehr. (Beifall bei der SPÖ.)

22.58


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Abgeordneter Lausch. – Bitte.



Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll111. Sitzung, 16. und 17. Juni 2021 / Seite 289

22.58.40

Abgeordneter Christian Lausch (FPÖ): Herr Präsident! Geschätzte Volksanwälte! Der Strafvollzug ist relativ gut durch die Coronapandemie und -krise gekommen, es hat relativ wenige Beschwerden gegeben. Es wurde von den Insassen sehr gut verkraftet, dass es natürlich auch im Strafvollzug zu Einschränkungen kommen musste. Es hat zum Beispiel keine Ausgänge gegeben, Freigänge nur unter besonderen Voraussetzungen und Anforderungen, und auch der Besuch – also der Verkehr mit der Außenwelt, wie es heißt – war sehr eingeschränkt. Kurzzeitig hat es keine Besuche gegeben, aber sonst ist man mit eingeschränktem Besuch durchgekommen; die Zahl der Beschwerden war gering. Es hat sehr, sehr wenige Vorfälle gegeben.

Auch die Lösung mit der Quarantäneabteilung hat gut funktioniert, indem die Zugänge zuerst einmal in eine Abteilung gekommen sind. Da muss man schon sagen: ein Lob an die Generaldirektion, diese hat das sehr, sehr gut gemeistert.

Was gibt es sonst noch zu sagen? – Straf- und Maßnahmenvollzug, Reform des Maß­nahmenvollzugs, ist ja schon bei meinen Vorrednern vorgekommen: Prinzipiell – einmal gestreift – versperrt sich die FPÖ nicht gegen die Reform des Maßnahmenvollzugs, nur eines muss man einmal klarstellen: Handelt es sich da um frisches Geld, um Geld, das dem Justizministerium für die Umsetzung des Maßnahmenvollzugs zufließt, oder muss sich das Justizressort das aus dem eigenen Fleisch schneiden? – Dann sind wir als Freiheitliche sicher einmal nicht dabei, denn das ginge dann zulasten des sogenannten Normalvollzugs, und das kann es nicht sein. Sie wissen ja ganz genau, der Maßnah­menvollzug ist ein sehr teurer Vollzug, es geht immerhin um die geistig Abnormen, nicht Zurechnungsfähigen. Das zieht den Umbau einer ganzen Justizanstalt, Göllersdorf, mit sich und ist sicherlich nicht billig. Ich sehe im Budget, dass da nichts budgetiert ist. Schauen wir es uns einmal an, reden wir einmal darüber! (Präsidentin Bures übernimmt den Vorsitz.)

Vor Kurzem, am 1. und 2. Juni, hat die Volksanwaltschaft Sprechtag in der Justizanstalt Stein gehabt, und immer dann, wenn die Volksanwaltschaft in der Justizanstalt Stein ist, ist das eine gewisse Therapie, dann bringt das aber auch Beschwerden unter den Justizbediensteten mit sich. Vor einigen Jahren hat ja die Volksanwaltschaft – eine Vorgängerin beziehungsweise die Volksanwältin außer Dienst Brinek – im Zuge von Sprechtagen einmal bemängelt, die lauten Falttore würden so großen Lärm machen.

Diesmal waren es nicht die lauten Falttore – das sind riesige Tore, wo die Fahrzeuge, Busse hin- und herfahren, mit Kettenautomatik, natürlich geht das nicht ganz lautlos –; diesmal, siehe da, sind es die Haftraumtüren, natürlich auch aus Metall, bezüglich derer die Volksanwaltschaft der Anstaltsleitung weitergegeben hat, man möge beim Ein­schluss um 20 Uhr, also nicht allzu spät, doch die metallenen Haftraumtüren, die einen Haftraumtürstock aus Metall haben, leiser verschließen. Das Problem ist ja nicht das Verschließen. Das Verschließen funktioniert mit einer Riegelautomatik, und der Riegel macht den Lärm. Wie das gehen soll, weiß ich nicht, vielleicht gibt es dann aber im Zuge der Reform des Maßnahmenvollzugs in den Justizanstalten bald Gummitüren, das wäre dann jedenfalls leiser.

Trotzdem bedanke ich mich bei den Volksanwälten und ihren Mitarbeitern sehr für den großartigen Bericht. Das ist in einer Pandemie gar nicht so einfach, weil natürlich im Zuge der Pandemie auch die Tätigkeit der Volksanwaltschaft in Form von Besuchen und Sprechtagen eingeschränkt war. Herzlichen Dank! Es ist gut, dass wir eine funktionie­rende, gute Volksanwaltschaft haben, herzlichen Dank an die drei Herren. – Danke schön. (Beifall bei der FPÖ.)

23.02



Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll111. Sitzung, 16. und 17. Juni 2021 / Seite 290

Präsidentin Doris Bures: Als Nächste zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Gudrun Kugler. – Bitte.


23.02.39

Abgeordnete Dr. Gudrun Kugler (ÖVP): Frau Präsidentin! Werte Volksanwälte! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Drei Berichte haben wir hier zur Diskussion. Ich nehme aus drei Berichten drei gute Nachrichten mit und ich schließe mit einer Empfehlung, gerade an uns Abgeordnete hier in diesem Haus.

Die erste gute Nachricht: der Covid-Bericht. Die Volksanwaltschaft stellt der Bun­desregierung ein gutes Zeugnis aus, und ich qualifiziere, was ich gerade gesagt habe, denn wir haben ja immer gesagt: Es gibt kein Handbuch für die Pandemie, und aller Anfang ist schwer, und ja, es gab Schwierigkeiten am Anfang. Wie man in diesem Bericht aber nachlesen kann, ist die Regierung in ganz vielen Fällen flexibel und schnell den Empfehlungen der Volksanwaltschaft gefolgt und hat diese Fehler wieder aufgefangen.

Was mich ganz besonders freut, ist, dass jetzt die internationale Tätigkeit der Volks­anwaltschaft auch dazu führt, dass man in allen Ländern gemeinsam überlegt: Worauf muss man in solchen Fällen denn achten?, und vielleicht wird daraus diese Art Hand­buch, das man in vielleicht dann irgendwann doch auftretenden Fällen von solchen Krisen – die hoffentlich nicht kommen werden – anwenden kann.

Die zweite gute Nachricht habe ich im Bericht über die präventive Menschenrechts­kon­trolle gefunden. Dort heißt es nämlich, dass Einrichtungen, in denen Freiheit beschränkt wird, den Empfehlungen der Volksanwaltschaft ganz oft nachgekommen sind, dass die Compliance hoch war, dass Verbesserungsvorschläge eingearbeitet wurden. Dort heißt es aber auch, dass die Institutionen rund um Covid oft ganz gute Initiativen gesetzt haben. Ich bringe nur ein Beispiel, das man da findet: Ein Pflegeheim, ein Altenheim in Salzburg organisierte mit ehrenamtlichen Helfern Rikschafahrten, sodass man sich nicht anstecken, aber doch etwas erleben konnte.

Eine dritte gute Nachricht für uns alle – die Volksanwaltschaft ist ja ein Organ des Par­laments –: Die Bekanntheit der Volksanwaltschaft und auch der Anteil jener in der Bevölkerung, die sagen, dass die Volksanwaltschaft eine ganz wichtige Rolle einnimmt, die sagen: sachlich, qualitativ hoch und nützlich!, sind laut der Imas-Umfrage vom letzten Jahr enorm hoch. Das kommt uns als österreichisches Parlament zugute.

In diesem Sinn möchte ich sagen: Wir können die Arbeit der Volksanwaltschaft noch ernster nehmen! Und das ist die Empfehlung an uns alle: dass wir die Berichte, die von hoher Qualität sind, in die natürlich Steuergeld hineingeflossen ist, damit sich alle Mit­arbei­terinnen und Mitarbeiter die Zeit nehmen können, so detailliert zu recherchieren, dass wir diese Arbeit nicht einfach im Ausschuss der Volksanwaltschaft diskutieren und dann ad acta legen, sondern es ist unsere Aufgabe – die jeder einzelnen Mandatarin, jedes einzelnen Mandatars –, diese Themen und Anliegen, diese Verbesserungs­vor­schläge in alle Fachausschüsse mit hineinzunehmen. Dann nämlich werden die Berichte so genützt, wie sie auch gedacht sind: zur langfristigen, mittelfristigen und auch kurz­fristigen Verbes­serung der Situation in Österreich auf allen unterschiedlichen Ebenen. Dafür möchte ich der Volksanwaltschaft auch ganz herzlich danken! (Beifall bei ÖVP und Grünen.)

23.06


Präsidentin Doris Bures: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Reinhold Einwallner. – Bitte.


23.06.19

Abgeordneter Ing. Reinhold Einwallner (SPÖ): Frau Präsidentin! Sehr geehrte Da­men und Herren! Sehr geehrte Volksanwälte! Ja, auch ich stelle einen Dank an die


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll111. Sitzung, 16. und 17. Juni 2021 / Seite 291

Volksanwaltschaft voran, einen ganz besonderen Dank, nämlich dass ihr so schnell und rasch reagiert habt und uns diesen Sonderbericht zur Covid-19-Situation geliefert habt.

Liebe Kollegin Kugler, es stimmt schon: Es gibt in diesen Volksanwaltschaftsberichten ein breites Themenspektrum. Natürlich können wir das jetzt auch noch in anderen Fachausschüssen behandeln und anschauen. Das Wesentliche ist aber eigentlich – das sehen wir, wenn wir uns die Berichte der letzten Jahre anschauen –, dass es immer und immer wieder dieselben beziehungsweise ähnliche Kritikpunkte gibt. Es braucht eine Regierung, die die Kritik der Volksanwaltschaft aufnimmt, die die Fehlleistungen korri­giert und entsprechende Maßnahmen setzt! (Zwischenruf der Abg. Kugler.) Das ist, glaube ich, auch ein ganz, ganz wichtiges Ziel. Es ist eine Herausforderung für die Bun­desregierung, da in Umsetzung zu gehen (Beifall bei der SPÖ), denn manche Themen diskutieren wir schon ganz, ganz lange in den Volksanwaltschaftsausschüssen.

Meine Damen und Herren, ich werde mich in meinem Debattenbeitrag hier eher mit dem Themenspektrum Inneres, innere Sicherheit befassen – das habe ich auch schon im Ausschuss gemacht. Im Vollzugsbereich des Innenministeriums sind gut 1 000 Ge­schäftsfälle angefallen, 40 Prozent nach wie vor im Bereich des Asyl- und Fremden­rechtes, in der Fallzahl zwar rückläufig, also nicht mehr in einem solch großen Ausmaß, wie wir es in den Jahren 2017 und 2018 gehabt haben, das ist aber trotzdem noch eine beträchtliche Anzahl an Geschäftsfällen, und ungefähr ein Viertel dieser Geschäftsfälle im Innenministerium betrifft Maßnahmen rund um die Polizei.

Seit vielen Jahren behandelt die Volksanwaltschaft auch einen Themenaspekt, den ich als sehr wichtig erachte und zu dem es jetzt dann auch eine Reform geben soll. Es geht um Misshandlungsvorwürfe, die gegen Polizistinnen und Polizisten erhoben werden.

Da gibt es im Moment beim Bundesministerium für Inneres zwar eine Meldestelle, im Regierungsprogramm steht aber eigentlich, dass es noch eine unabhängige Behörde geben soll. Ich appelliere hier wieder an die Regierungsparteien: Wenn wir eine solche unabhängige Behörde schaffen, ist es, glaube ich, ganz, ganz wichtig, dass einerseits die Expertise der Volksanwaltschaft in diese Reform einfließt, und andererseits wird es, wenn wir ein solch wichtiges Thema behandeln und eine neue, gute Behörde aufsetzen wollen, auch wichtig sein, das Parlament entsprechend einzubinden und in den Verhand­lungsprozess um diese neue Behörde mit einzubinden. Das ist ein Wunsch und eine Forderung an die Bundesregierung! Die Expertise der Volksanwaltschaft sollte man auf keinen Fall unter den Tisch fallen lassen. Da hapert es offenbar noch ein bisschen mit der Schnittstelle zum Innenministerium.

Meine Damen und Herren, abschließend kann ich sagen: Danke an die Volksan­walt­schaft für die Bürgernähe, die Sie beweisen, und für die qualitativ hochwertige Arbeit, die Sie leisten. Ein Dank an Sie, meine Herren Volksanwälte, aber auch ein ganz beson­derer Dank an die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Volksanwaltschaft. – Danke schön. (Beifall bei der SPÖ.)

23.09


Präsidentin Doris Bures: Nun hat sich Herr Volksanwalt Bernhard Achitz zu Wort gemeldet. – Bitte.


23.09.46

Volksanwalt Mag. Bernhard Achitz: Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren Ab­geordnete! Danke für das viele Lob, das unsere Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter bekom­men haben, wir werden das gerne weitergeben.

Danke auch für die lebhafte Diskussion. Sie lässt mich hoffen, dass wir das Ziel, das wir mit diesen Berichten verfolgen, nämlich Missstände zu beseitigen und die Situation für die Bürgerinnen und Bürger zu verbessern, doch in einigen Punkten erreichen.


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll111. Sitzung, 16. und 17. Juni 2021 / Seite 292

Manche Dinge erledigen sich ja relativ rasch schon durch eine Intervention der Volks­anwaltschaft, viele andere brauchen aber eine Intervention des Gesetzgebers oder zu­mindest einen erhöhten Druck der Politik, damit sich eingefahrene Muster ändern und die Verwaltung bürgerfreundlicher wird.

In der nachprüfenden Kontrolle der Verwaltung haben wir bei 8 777 dieser 18 000 Be­schwerden, die schon öfter angesprochen wurden, detaillierte Prüfverfahren eingeleitet. Das zeigt schon, dass es da noch Verbesserungspotenzial gibt und dass es Dinge gibt, die Bürgerinnen und Bürger massiv belasten. Ich werde dann noch einige Beispiele nennen.

25 Prozent der Prüfverfahren betreffen den Bereich Soziales, Gesundheit, Pflege, etwa 21 Prozent betreffen den Justizbereich, 19 Prozent den Bereich innere Sicherheit – das sind so die größten Brocken, und das ändert sich auch über die Jahre nicht.

Wir haben auch wieder den Bericht über die präventive Menschenrechtskontrolle vor­gelegt. Dieser basiert auf 448 Kontrollen, die unsere Kommissionen durchgeführt haben. Was auch bedenklich ist und wo ich auch hoffe, dass sich das bald einmal verbessert: In 73 Prozent aller Fälle, bei 73 Prozent aller Besuche haben die Kommissionen Prob­leme festgestellt, Probleme bei der Einhaltung der Menschenrechte. Das geht von wirklichen Verletzungen der Menschenrechte – widerrechtlichen Freiheitsbeschrän­kun­gen, Fixierungen und dergleichen – bis hin zu Problemen in der Organisation einer Ein­richtung, sodass zukünftig Menschenrechtsverletzungen zu befürchten sind. Auch da werde ich dann einige Beispiele nennen und etwas aufzeigen.

Den Covid-Bericht haben wir gemacht, weil Covid die Politik und die Verwaltung vor eine besondere Herausforderung gestellt hat; es ist etwas Neues. Es ist eine sehr schmale Gratwanderung zwischen den Freiheitsrechten der Einzelnen und dem Gesundheits­schutz der Allgemeinheit. Das ist in manchen Fällen sehr gut gelungen, in vielen Fällen weniger gut gelungen. Es ist laufend verbessert worden, aber es zeigt uns doch Poten­zial auf, wo man wirklich Pläne machen muss, wo man Strategien entwickeln muss, die man in der Schublade hat, damit man dann rascher und punktgenau reagieren kann, wenn so etwas wieder auftaucht.

Ich möchte nicht verschweigen, dass wir jährlich nach wie vor rund 300 Heimopferrenten bearbeiten. Auch das ist etwas bedrückend, dass im vierten Jahr, in dem wir dieses Ge­setz vollziehen, die Anzahl der Anträge nicht wie erwartet zurückgeht, sondern mehr oder weniger konstant bleibt. Das heißt, es wurden in den Heimen in Österreich zwischen 1945 und 1999 Tausende Menschen schwer misshandelt, und noch immer zögern manche, einen Antrag auf Entschädigung zu stellen. Wir merken hier keinen Rückgang.

Ich habe versprochen, ich spreche einige Themen an, die auffällig sind und die sich immer wiederholen beziehungsweise die die Bürgerinnen und Bürger besonders aufre­gen oder ärgern.

Der eine Bereich, den ich aus der nachprüfenden Verwaltung ansprechen will, ist der Bereich der Krankenversicherung. Da wurden den Menschen gleiche Leistungen für gleiche Beiträge in Aussicht gestellt, und außerdem wurde ihnen versprochen, dass durch Reformmaßnahmen in der Verwaltung die Leistungen nicht leiden würden.

Diese Versprechen wurden, so empfinden es viele, oft nicht eingehalten. Wir haben Be­schwerden, dass Leistungen, die vor einigen Jahren noch gewährt wurden, jetzt in manchen Bereichen nicht mehr gewährt werden. Die neuesten Fälle betreffen die Inkontinenz­versorgung.

Wir haben Beschwerden darüber, dass die gleiche Leistung in unterschiedlichen Bun­desländern unterschiedliche finanzielle Folgen nach sich zieht, und auch, dass die gleiche Leistung nicht immer in gleicher Qualität und gleicher Weise erbracht wird.


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll111. Sitzung, 16. und 17. Juni 2021 / Seite 293

Ich würde Sie bitten, auf diesen Teil des Berichts besonderes Augenmerk zu legen. (Beifall bei der SPÖ.)

Im Familienbereich fällt auf, dass wir zwar ausgezeichnete Familienleistungen haben, in der Vollziehung, in der Auszahlung dieser Familienleistung aber oft große Probleme auftreten und das Kinderbetreuungsgeld in vielen Fällen sehr spät oder überhaupt nicht ausbezahlt wird, obwohl die Leute Anspruch darauf haben.

Das ist besonders auffällig im Zusammenhang mit Mutter-Kind-Pass-Untersuchungen, wo vom Kinderbetreuungsgeld etwas einbehalten wird, wenn behauptet wird, die Unter­suchungen wurden nicht durchgeführt. Das Problem ist nur: Auch wenn sie durchgeführt wurden, dies aber nicht rechtzeitig nachgewiesen wurde, wird das Kinderbetreuungsgeld einbehalten. Das halte ich in Zeiten wie diesen, wo eigentlich solche Untersuchungen schon längst elektronisch erfasst sein müssten, für entbehrlich.

Problematisch ist die Vollziehung des Kinderbetreuungsgeldes auch dann, wenn sich ein Partner im Ausland aufhält. Da dauert es oft sehr, sehr lange, bis die Leute zu ihren Ansprüchen kommen, und sie müssen viele bürokratische Hürden überwinden, die aus unserer Sicht zu vermeiden wären.

In der präventiven Menschenrechtskontrolle möchte ich ein bisschen die Lehren aus der Pandemie ziehen. Wir haben gemerkt, wie anfällig unser Pflegesystem ist, sowohl in der 24-Stunden-Betreuung als auch in der stationären Pflege.

Im ersten Lockdown konnten 24-Stunden-Betreuerinnen aufgrund von Quarantäne­vor­schriften, aufgrund von Grenzschließungen nicht rechtzeitig einreisen, um die Betreuung aller, die sich in 24-Stunden-Betreuung befinden, sicherzustellen. Da braucht es unbe­dingt Strategien, die uns weniger abhängig von ausländischen Pflegekräften machen.

Diese Abhängigkeit besteht aber auch in der stationären Pflege, wie uns Ostösterreich gezeigt hat, denn diese Grenzschließungen haben unter anderem auch dazu geführt, dass viele Einrichtungen in Ostösterreich zu wenig Personal hatten. Das konnte auch nicht kurzfristig ersetzt werden. Wir konnten Ausfälle, die aufgrund von Krankheiten ent­standen, nicht rechtzeitig kompensieren, und das hat sich natürlich in einer besonders schwierigen Zeit zusätzlich auf die Qualität der Betreuung ausgewirkt. Da braucht es Konzepte und Strategien, um gegenzusteuern.

Abschließend ein paar Bemerkungen zum Covid-Bericht: Ja, es hat bei einigen Prob­lemen rasche Reaktionen gegeben, in manchen Fällen hat es uns aber zu lange gedau­ert. Es hat Wochen gedauert, bis wir selbst in der Volksanwaltschaft vom Gesundheits­ministerium Richtlinien für den Besuch der Menschenrechtskommissionen in den Ein­richtungen bekommen haben. Wir haben angefragt, welche Sicherheitsvorschriften wir einhalten sollen. Es hat sehr, sehr lange gedauert, bis wir da eine Rückmeldung bekom­men haben.

Es hat noch länger gedauert, bis Strategien entwickelt wurden, die dazu geführt haben, dass Bewohnerinnen und Bewohner von Pflegeheimen nicht mehr eingesperrt waren und Besuche wieder vermehrt stattfinden konnten, und es dauert in manchen Bereichen teilweise bis heute, dass bundesweite Strategien entwickelt werden.

Neuestes Beispiel ist die Impfstrategie, die in den letzten Monaten sehr viele Bürge­rinnen und Bürger sehr, sehr aufgeregt hat, weil sie nicht verstanden haben, warum manche Gruppen in einem Bundesland drankommen, im anderen Bundesland noch nicht drankommen. Es hat keine einheitliche Strategie gegeben, das hat sehr aufgeregt. (Beifall bei der SPÖ.)


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So weit nur ein paar Schlaglichter aus dem Bericht. Wie gesagt, aufgrund der Diskussion bin ich zuversichtlich, dass vieles, das wir aufzeigen, verbessert werden kann und Anregungen aufgegriffen werden. – Herzlichen Dank. (Allgemeiner Beifall.)

23.20


Präsidentin Doris Bures: Danke.

Nun ist Herr Volksanwalt Werner Amon zu Wort gemeldet. – Bitte.


23.20.25

Volksanwalt Werner Amon, MBA: Sehr geehrte Frau Präsidentin! Geschätzte Kolle­gen! Meine sehr geehrten Abgeordneten! Der vorliegende Bericht ist wahrscheinlich der umfassendste Bericht, den die Volksanwaltschaft jemals vorgelegt hat. Zum ersten Mal – Kollege Achitz hat darauf verwiesen, und es wurde in der Debatte vielfach ange­sprochen – umfasst er drei Bände. Wir haben lange diskutiert, wie wir mit der Pandemie umgehen sollen – im Hinblick darauf, dass das Hohe Haus sehr rasch einen Bericht über die Maßnahmen, die gesetzt worden sind, erhält – und haben uns eben auf einen dritten Band verständigt, der natürlich einerseits zum Teil die nachprüfende Kontrolle im Zusammenhang mit der Pandemie widerspiegelt, aber auch die präventiven Teile mitumfassen kann, aber sozusagen ein gesammeltes Werk im Hinblick auf die Maß­nahmen während der Pandemie ist, die natürlich auch die Volksanwaltschaft vor besondere Herausforderungen gestellt hat.

Ich möchte schon darauf verweisen, dass es, denke ich, ein gutes Zeichen ist, dass wir etwa 18 000 Beschwerden in diesem Jahr 2020 erhalten haben. Jetzt ist das nicht der Schenkelklopfer für den einen oder anderen, dass er meint, da sei besonders schlecht gearbeitet worden, sondern ich meine es etwa in der Hinsicht: Obwohl wir Schwierig­kei­ten hatten, die Sprechtage aufrechtzuerhalten, obwohl es teilweise nicht die Möglichkeit gab, dass Bürgerinnen und Bürger in die Volksanwaltschaft kommen konnten, konnten wir eine Niederschwelligkeit aufrechterhalten, und es haben sich eigentlich mehr Bür­gerinnen und Bürger als je zuvor mit ihren Sorgen an die Volksanwaltschaft gewandt. Ich denke, das ist auch ein wichtiges und ein richtiges Signal betreffend den Umgang in dieser nicht ganz einfachen Situation gewesen.

Ich möchte mich dafür bedanken, dass wir zwei Tage lang Gelegenheit hatten, im Volksanwaltschaftsausschuss die Berichte umfassend zu diskutieren, dass das Hohe Haus sich sehr intensiv mit diesen Berichten auseinandergesetzt hat.

In meinem Geschäftsbereich wurden von den in der Volksanwaltschaft insgesamt – Kollege Achitz hat darauf verwiesen – 8 777 Prüfverfahren 2 616 durchgeführt, also in etwa 30 Prozent. Davon entfielen 1 221 auf den Justizbereich, das ist ein Plus von etwa 10 Prozent.

Ich möchte ausdrücklich betonen – ich glaube, Herr Abgeordneter Lausch hat es ange­sprochen –, dass das Mehr an Beschwerden in der Justiz nicht der Pandemie geschuldet war. (Abg. Lausch nickt.) Es ist in der Tat so – wie Sie es auch ausgeführt haben –, dass die Generaldirektion für den Strafvollzug aus unserer Sicht durch ein rasches Reagieren sehr, sehr gute Arbeit geleistet hat, aber dass wir insgesamt im Strafvollzug, insbesondere aber im Maßnahmenvollzug, zunehmend eine dramatische Situation haben.

Die Beschwerden kommen natürlich nicht nur von Insassen, sie kommen auch von Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern im Strafvollzug, weil halt die Zustände bei Weitem nicht mehr so sind, wie sie sein sollten. Zum Teil sind die Zustände auch menschenunwürdig, das möchte ich sehr klar sagen. Wir haben Überbelegungen, wir haben zum Teil baulich dramatische Situationen in Justizanstalten und wir haben, insbesondere was den Maßnahmenvollzug anlangt, eine Situation, die eigentlich nicht mehr haltbar ist. Wir


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haben in den letzten fünf Jahren ein Plus von 60 Prozent, von etwa 1 300 Personen, die im Maßnahmenvollzug sind, und das ist ein Zustand, der schon zu hinterfragen ist, insbesondere wenn man nur eine einzige Anstalt, nämlich Asten, hat, die für den Maßnahmenvollzug geeignet ist.

Wir begrüßen ausdrücklich die Reformvorschläge, die von der Bundesregierung gemacht worden sind, aber wir sind da bei Weitem nicht am Ende der Fahnenstange, auch das möchte ich sagen. Es sind auch nicht alle Vorschläge aufgegriffen worden, die wir eigentlich seit vielen Jahren in unseren Berichten haben.

Ich möchte ganz kurz etwas zur Statistik sagen. In meinem Geschäftsbereich oder ins­gesamt sind 20,6 Prozent der Prüfungen im Bereich der Justiz, 4,4 Prozent im Bereich der Finanzverwaltung, 0,8 Prozent im Bereich des Bundesministeriums für europäische und internationale Angelegenheiten, 0,6 Prozent im Bereich der Landesverteidigung, und 2 840 Prüfverfahren hatten wir in der Landes- und Gemeindeverwaltung, und dort hat eigentlich jede fünfte Beschwerde mit dem Baurecht und der Raumordnung zu tun. Auch da sind die Landesgesetzgeber aufgerufen, darüber nachzudenken, ob die Vor­schriften, die wir da haben, zum Teil nicht allesamt schon viel zu komplex, viel zu komp­liziert sind, als dass oft kleine Gemeinden – Bürgermeister Erstinstanz als Baubehörde – dem gewachsen sind. Es liegen Überforderungen vor, das stellen wir fest. Wir arbeiten auch sehr eng mit dem Gemeindebund zusammen, um dort Schulungen, Vortragsreihen zu ermöglichen, um Fehler künftig möglichst zu vermeiden.

Im Bereich der Finanzverwaltung möchte ich schon sagen, dass wir im Hinblick auf die Erreichbarkeit der zuständigen Sachbearbeiter zunehmend Beschwerden erhalten. Diese Erreichbarkeit sei nicht mehr gegeben, sei sehr schwierig, die Hotlines seien überlastet. Ich glaube, da muss man etwas tun, um die Finanzverwaltung weiterhin bürgerfreundlich zu gestalten.

Last, not least möchte ich einen Punkt ansprechen, der uns sehr am Herzen gelegen ist, weil wir im Zuge der Covid-Maßnahmen auch erlebt haben, dass Pflegerinnen und Pfleger, die aus dem Ausland zu uns kommen, die hier einen Arbeitsplatz haben, die hier Sozialversicherungsbeiträge zahlen, die hier Steuern zahlen, eine Zeit lang nicht einreisen konnten und die finanziellen Entschädigungen sozusagen deshalb nicht gewährt werden konnten, weil sie kein österreichisches Bankkonto hatten. Diese Fälle konnten rasch gelöst werden.

Ich bin froh, dass es in weiten Teilen der österreichischen Verwaltung eine positive Fehlerkultur gibt – in der Hinsicht, dass Fehler, wenn sie vorliegen, auch korrigiert werden, dass die Dinge eben wieder gerichtet werden. Es ist gut, dass das passiert. Natürlich gibt es auch ein paar Fälle, die uns länger begleiten, weil man sich schwerer tut, mit den Fehlern umzugehen, aber wir sind da hartnäckig und lassen nicht nach.

Alles in allem möchte auch ich mich für die positiven Wortspenden bedanken, die man eins zu eins an die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter – nur ein kleiner Teil ist heute mit uns hier im Haus – in der Volksanwaltschaft weitergeben kann. Es sind großartige Mitar­beiterinnen und Mitarbeiter, die mit großem Engagement und unglaublicher Sachkunde ans Werk gehen, sehr objektiv arbeiten. Ich glaube, das Parlament kann sich glücklich schätzen, dass es eine Einrichtung wie die Volksanwaltschaft mit so tollen Mitarbeiterin­nen und Mitarbeitern hat. – Ich danke Ihnen. (Beifall bei ÖVP, SPÖ, Grünen und NEOS.)

23.28


Präsidentin Doris Bures: Nun ist Herr Volksanwalt Walter Rosenkranz zu Wort gemeldet. – Bitte.



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23.28.16

Volksanwalt Dr. Walter Rosenkranz: Frau Präsidentin! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen – ich darf Sie so ansprechen, da ich hier im Saal schon eine Zeit lang auf der anderen Seite gesessen bin und sehr viele von Ihnen von früher kenne. (Abg. Obernosterer: Natürlich!) Geschätzte Kollegen in der Volksanwaltschaft! Das Lob, das Sie gespendet haben, das trifft zu Recht zu, auch über die Expertise. Man kann eines sagen: Es wird nicht langweilig in der Volksanwaltschaft, weil jeder einzelne Fall immer ein wenig anders gelagert ist. Es kehrt einfach keine Routine ein; vielleicht bei etwas, worauf ich ein wenig später noch zu sprechen kommen werde.

Jeder Fall ist anders. Denken Sie nur etwa an die Mitarbeiter, die die Heimopferrente zu kontrollieren haben. Kollege Achitz hat es angeführt: 300 Beschwerden im Jahr, also täglich, vom Arbeitstag her, eine Beschwerde. Man muss schon sehr viel ertragen können, auch als Sachbearbeiter, wenn man tagtäglich diese einzelnen Schicksale von Misshandlungen in Kinder- und Jugendeinrichtungen aus den Jahren 1945 bis 1999 zu lesen bekommt, wie dort so gearbeitet wurde. Man wird dadurch nicht abgebrüht, das geht einem schon sehr nahe. Diese Fälle werden auch bestens bearbeitet und gelöst.

Es wurde vorhin zwischen zwei Abgeordneten eine Frage behandelt, diese haben gemeint, man sollte diesen Bericht nicht politisch behandeln. – Ich glaube schon. Wenn man die Politik so sieht, wie das Platon in seiner Politeia verfasst hat, nämlich dass es um das Gelingen des Gemeinwesens mit einem Anspruch auf Gerechtigkeit geht, dann soll dieser Bericht an sich sehr wohl zu politischer Diskussion anregen. Wie sehr das dann allerdings von Ihnen, geschätzte Damen und Herren Abgeordnete, von Ihrer Wahlpartei oder den Fraktionen parteipolitisch gesehen wird und hier Zensuren auf der Notenskala von eins bis fünf verteilt werden, das ist mit Sicherheit nicht die Sache der Volksanwaltschaft. Wir legen unseren Bericht vor.

Ich habe es schon erwähnt: Die Gerechtigkeit spielt eine Rolle. Es kommen sehr viele Bürger zu uns, die sagen, dieses und jenes sei ungerecht. – Das kann im Einzelfall aufgrund der Gesetzeslage so sein. Die Verwaltung vollzieht auf Basis der Gesetze, und dennoch kann das aus Sicht des einen oder anderen zu einer Ungerechtigkeit führen. Diese Ungerechtigkeiten können oft so weit gehen, dass die Volksanwaltschaft dann aus dem heraus beim Gesetzgeber etwas anregt, um das allenfalls auf gesetzlicher Ebene zu regeln, weil wenn die Verwaltung nicht mehr gesetzeskonform vollzieht, würde sie Amtsmissbrauch begehen. Das heißt, die Basis sind nach wie vor die Gesetze, auch wenn sie in einem Einzelfall, in einem Härtefall ungerecht erscheinen mögen.

Was wir sehen, und das verbessert sich auch, ist die Frage, wie man damit umgeht, wenn ein Missstand festgestellt wird – das wird immer so als Fehlerkultur bezeichnet. Da gibt es doch noch immer das eine oder andere, bei dem man auch mit einfachen Dingen Frieden schaffen kann.

Ich denke da an einen Fall, bei dem sich ein Pfleger aus einem Heim an uns gewandt hat, an das aus einer Charge schlechte Masken geliefert worden sind, weil die nicht mehr so gut geprüft worden sind wie Medizinartikel, sondern über das Wirtschaftsministerium und über das Eich- und Vermessungsamt kamen, wo die Proben nicht so lückenlos gemacht worden sind, und da hat ein ganzes Altersheim schlechte Masken bekommen. Das war gar nicht das Problem, das dieser Pfleger dort hatte, sein Problem war, dass, als das aufgekommen ist – das ganze Heim, sowohl die Pfleger als auch die Gepflegten, die drinnen sind, haben diese schlechten Masken bekommen –, vonseiten der Verwaltung niemand zu Ihnen gesagt hat: Entschuldigung, dass uns das passiert ist! – Das war eigentlich seine Beschwerde, die er gehabt hat.

Es sind also oft wirklich kleine menschliche Probleme, die man leichter beheben kann als das, was zu Recht von uns, aber auch von Ihnen hier angesprochen wird. – Ja, dann


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muss man halt etwas machen! Das muss man verbessern, den Maßnahmenvollzug – ob das jetzt die Eisentüren oder die Gummitüren sind oder sonst etwas –, wir lesen das nämlich relativ oft.

Damit komme ich jetzt zur Wiederholung, zu dem, was sich eben immer wieder durch unsere Arbeit zieht, nämlich dass die Verwaltung sagt, wenn es in meinem Geschäfts­bereich zum Beispiel um die Barrierefreiheit von Polizeiinspektionen geht, es fehlen die Budgetmittel. – Die Budgetmittel, meine Damen und Herren Abgeordnete, ist das, was Sie beschließen. Also ich hoffe, dass diese Berichte auch etwas bewirken, da, wenn Sie diese Forderungen und diese Wünsche haben, Sie als Budgetgesetzgeber natürlich hier auch in der Verantwortung sind, die notwendigen Budgetmittel zur Verfügung zu stellen, beziehungsweise darauf zu schauen, dass Sie als Kontrolleure auch der Regierung darauf schauen, dass dieses Geld, das zur Verfügung gestellt wird, dann entsprechend sinnvoll und in Ihrem Interesse eingesetzt wird.

Aus meinem Geschäftsbereich wurden speziell Fragen aus dem Innenministerium an­gesprochen. Es wurden die langen Verfahrensdauern angesprochen, was die Vollzie­hung des Fremdenrechts, des Asylrechts, aber auch des Staatsbürgerschaftsrechts betrifft, und da möchte ich schon eines sagen: Auch da gibt es Erfolge. Ein Kritikpunkt waren immer die langen Verfahrensdauern, insbesondere in Wien in der Magistrats­abteilung 35. Da kann ich Ihnen sagen: Erst vor wenigen Tagen war eine Delegation der Magistratsabteilung 35 bei uns in der Volksanwaltschaft und hat uns berichtet, welche Verbesserungen ganz konkret gemacht werden – zum Beispiel betreffend die Frage der telefonischen Erreichbarkeiten, dass es da eine extra Servicestelle geben wird. Es wird zusätzliches Personal geben, um da Abhilfe zu schaffen. Das hört sich ganz gut an, und wir glauben, dass die Volksanwaltschaft mit ihrer langjährigen Kritik auch da Verbesse­rungen erreicht hat.

Es wurde auch die Frage der Stelle zur Behandlung von Missbrauchsvorwürfen in der Polizei angesprochen, die im Regierungsprogramm drinsteht, wo eine entsprechende Arbeitsgruppe tagt, und zwar nicht unter Beiziehung der Volksanwaltschaft – aber selbst­verständlich sind wir interessiert und auch bereit, unsere Expertise da einfließen zu lassen –, wiewohl es in anderen Bereichen, zum Beispiel bei der Neuerrichtung von Polizeianhaltezentren, speziell in Linz, dazu gekommen ist, dass unsere Experten aus der Volksanwaltschaft sehr wohl in die Planung eingebunden wurden. Das passiert also tatsächlich!

Da kommt auch eine andere Vertrauensbasis auf uns zu, genauso was die Arbeiten der Kommissionen im Zuge des Nationalen Präventionsmechanismus betrifft: Auch da wird man nicht mehr als Feind verstanden, wenn eine Kommission vor der Tür steht. Vielleicht mag das auch daran liegen, dass die Volksanwaltschaft seit Jahren in die Schulung der jungen Polizistinnen und Polizisten – aber auch in jene im Justizbereich – eingebunden ist und das erklärt.

Ein Punkt waren noch die Demonstrationen, die von Kollegen Stegmüller angesprochen wurden, und die mangelnde Deeskalation. Da muss ich schon eines sagen, nämlich dass die Kommissionen, die bei den Demonstrationen dabei sind, sehr wohl im überwie­genden Teil davon sprechen, dass bei einer Vielzahl von Kundgebungen und Demons­trationen äußerst maßhaltend und deeskalierend vorgegangen wurde, aber es gab und gibt Ausreißer. Da ist natürlich das Grundrecht – gerade wenn Sie Coronademonstra­tio­nen ansprechen – auf Gesundheit und das Grundrecht auf freie Meinungsäußerung, auf Versammlungsfreiheit, das Demonstrationsrecht abzuwägen.

Herr Abgeordneter Stegmüller (Ruf bei den Grünen: Stögmüller!) hat das so beschrie­ben, dass er gesagt hat: Na ja, da gibt es die Coronaleugner und dann gibt es die Spa­ziergänger am 1. Mai. – Wir können da keinen Unterschied machen! Der Coronaleugner,


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der 1.-Mai-Spazierer, was auch immer: Jeder ist bei uns Mensch mit gleichen Rechten, und er hat bei einer Demonstration auch das Recht, entsprechend behandelt zu werden.

Da geht es jetzt nicht darum, was der Einzelne dort macht. Es gibt nämlich bei De­monstrationen auch immer wieder solche, die das Recht brechen – ganz klar!, es gibt auch Versammlungsauflösungen –, aber auf der anderen Seite gibt es dann natürlich die Frage, ob die Einsatztaktik vor Ort tatsächlich im Einzelfall das war, was Sie als deeskalierend bezeichnet haben.

Es ist wirklich die Frage – und auch das prüfe ich derzeit genau –, ob in Coronazeiten Einkesselungen mit Nachdrängen, wo zwischen allen, die dort drinnen sind, die Ab­stände verringert werden, angezeigt sind. Und wenn dann nach der Auflösung die Leute nicht abströmen können, sondern nur durch ein 3 Meter breites herausgezogenes Gitter durchgehen können, und links und rechts steht ein Polizist, ist einsatztaktisch schon zu fragen: Wenn jeder brave Bürger 2 Meter Sicherheitsabstand haben muss, wo soll er jetzt durchgehen bei einer 3 Meter breiten Öffnung und dabei links und rechts den Abstand zum Polizisten einhalten, geschweige denn, wenn dann genau bei diesem kleinen Spalt alle 300, 400 auf einmal durchmüssen. Also diese Fragen der Einsatztaktik stellen sich.

Und es wird ja auch der Fall, der angesprochen wurde – ich weiß jetzt nicht, wer es genau war –, bei dem die zwei Polizisten mit den Motorrädern dann durch das Markt­geschehen durchgefahren sind, hinterfragt.

Ich darf Kollegen Einwallner noch sagen – er hat nämlich im Ausschuss bezüglich der Ermittlungen zum BVT gefragt, wie es dort mit dem Stand der Ermittlungen ausschaut –: Im Ausschuss habe ich berichtet, dass wir auf eine Stellungnahme des Innenministeriums warten. Die ist mittlerweile – sie ist auch sehr umfangreich – bei uns eingelangt, es wird jetzt die Überprüfung dann wahrscheinlich sehr rasch zu Ende gehen, und auch dies­bezüglich kann ein entsprechender Bericht vorgelegt werden.

Abschließend: Danke für die gute Diskussion, auch im Ausschuss! Wir freuen uns wahrscheinlich schon auf das, was uns Corona 2021 bringen wird. Ich kann Ihnen eines sagen: Die Zahlen werden nicht weniger. (Allgemeiner Beifall.)

23.39


Präsidentin Doris Bures: Auch ich schließe mich dem Dank an die Volksanwälte an und erteile als nächstem Redner Herrn Abgeordneten Josef Hechenberger das Wort. – Bitte.


23.39.36

Abgeordneter Ing. Josef Hechenberger (ÖVP): Sehr geschätzte Frau Präsidentin! Geschätzte Volksanwälte! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Ganz besonders aber: geschätzte Zuseherinnen und Zuseher! Wir haben heute schon sehr viel über den Bericht der Volksanwälte gehört. Man muss sich das einmal anschauen: Das sind diese drei Bände (besagte Bände in die Höhe haltend), die ich mir persönlich sehr genau durchgelesen habe, und ich darf mich an dieser Stelle wirklich ganz herzlich bei den Volksanwälten für ihre Arbeit bedanken. Gäbe es die Volksanwaltschaft noch nicht, dann müsste man sie erfinden, weil ich denke, dass es für die Bevölkerung die Möglichkeit ist, auf einer sehr niederschwelligen Ebene ihre Probleme wirklich zum Ausdruck zu bringen beziehungsweise zu artikulieren.

Ich darf aber an dieser Stelle schon eines festhalten: Die Regierung ist sehr interessiert, die Empfehlungen der Volksanwälte nicht nur zur Kenntnis zu nehmen, sondern auch umzusetzen. Ich denke, da ist in letzter Zeit sehr vieles gelungen, ich möchte jetzt einige wenige Beispiele bringen.


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Erstens: die Einschau bei den Polizeiinspektionen; an die 50 waren es im letzten Jahr. Von baulichen Mängeln bis zu personeller Unterbesetzung ist da zu lesen. Ich möchte in diesem Zusammenhang auf meinen Heimatbezirk Kufstein reflektieren. Derzeit läuft die Diskussion, die Polizeiinspektion Kramsach mit der Polizeiinspektion Kundl zusam­men­zulegen. Da mein Appell an die Entscheidungsträger, dass man nicht auf Kosten der Bevölkerung, auf Kosten der Mitarbeiter, aber schon gar nicht auf Kosten der Sicher­heit der Menschen Polizeiinspektionen schließt. Ich denke, die Polizeistation Kundl ist eine wichtige Einrichtung.

Ein zweiter Punkt: Ich war vor Kurzem beim Geschäftsführer Klaus Mair, der die Ge­schützte Werkstätte in Schwaz leitet, und habe mir ein Bild davon machen können, wie rasch und effizient Menschen mit Behinderung dort Gott sei Dank einen Arbeitsplatz finden und damit eine wertschätzende Aufgabe bekommen. Wir haben ja im Regie­rungsprogramm bereits festgeschrieben: kein Taschengeld, sondern Lohn für Menschen mit Behinderung, wenn sie letztendlich einen wertvollen Dienst für uns alle, aber im Speziellen für sich persönlich leisten.

Abschließend mein dringender Appell an die Bevölkerung: Nützt die Chance und nehmt die Hilfe der Volksanwälte in Anspruch! Geht hin, wenn es Probleme gibt!

Für uns als Entscheidungsträger ist auch ganz klar: Wir werden weiterhin die Empfeh­lungen und die Expertisen der Volksanwaltschaft mit all ihren Mitarbeiterinnen und Mitar­beitern nicht nur zur Kenntnis nehmen, sondern nach bestem Wissen und zum Wohle der Bevölkerung abarbeiten und so die Verwaltung letztendlich weiterentwickeln. – In diesem Sinne: herzlichen Dank. (Beifall und Bravorufe bei der ÖVP sowie Beifall bei Abgeordneten der Grünen.)

23.42


Präsidentin Doris Bures: Nun gelangt Herr Abgeordneter Mario Lindner zu Wort. – Bitte.


23.42.41

Abgeordneter Mario Lindner (SPÖ): Hochgeschätzte Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Vorweg ein Danke an die Herren Volksanwälte, ein Danke an alle Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Volksanwaltschaft und ein großes Danke für den Covid-19-Bericht, speziell für das Kapitel Arbeit und Wirtschaft.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, zahlreiche Beschwerden sind bei der Volks­anwaltschaft eingegangen: Beschwerden über die Kurzarbeit, Beschwerden über den Härtefallfonds, Beschwerden über den Fixkostenzuschuss, Beschwerden über bürokra­tische Hürden, Beschwerden über verspätete Auszahlungen, Beschwerden über fehlen­de Einspruchsmöglichkeiten sowie über Lücken und Schwächen der Hilfspakete. – Also das mit den Hilfen ist doch nicht so super, wie die Regierung das immer behauptet.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, ich habe den Volksanwälten im Ausschuss folgende Frage gestellt, nämlich: Wäre eine Lösung hinsichtlich der Cofag, also der Finanzierungsagentur des Bundes, die diese Leistungen verwaltet, möglich gewesen, in der die Volksanwaltschaft als gesetzliche Anlaufstelle zur Sicherung der Gleichstellung aller BezieherInnen die Cofag hätte prüfen können? Die Volksanwaltschaft kann formell die Cofag leider nicht prüfen, sie würde sie aber gerne prüfen. Meine sehr geehrten Damen und Herren, als Gesetzgeber sollten wir der Volksanwaltschaft die Prüfungs­kompetenz für die Cofag geben, und das am besten heute! (Beifall bei der SPÖ.)

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Weil ich gerade bei den Hilfen bin, komme ich noch einmal zum Beginn der heutigen Sitzung zurück. Die Gewerkschaft GPA, die Gewerkschaft Vida und die Gewerkschaft Younion haben heute völlig zu Recht den Coronabonus für alle im Gesundheitsbereich befindlichen Arbeitnehmerinnen und


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Arbeitnehmer gefordert. Geschätzter Kollege Wöginger, ich weiß nicht, ob du es ver­gessen hast, aber du warst einmal Zentralbetriebsratsvorsitzender des Roten Kreuzes in Oberösterreich. Lieber Gust Wöginger, die Rettungssanitäterinnen und Rettungs­sanitäter, hauptamtlich oder ehrenamtlich, plus die Zivildiener haben sich diesen Bonus verdient. Also, meine sehr geehrten Damen und Herren: Her mit dem Coronabonus für alle! (Beifall bei der SPÖ.)

23.45

23.45.16


Präsidentin Doris Bures: Zu Wort ist dazu niemand mehr gemeldet. Damit schließe ich diese Debatte.

Ich frage den Herrn Berichterstatter, ob er ein Schlusswort möchte. – Das ist nicht der Fall.

Ich frage die Klubs, ob wir gleich in den Abstimmungsvorgang eintreten können. – Gut, dann werde ich auch so vorgehen.

Wir gelangen zur Abstimmung über den Antrag des Volksanwaltschaftsausschusses, den vorliegenden Bericht III-224 der Beilagen zur Kenntnis zu nehmen.

Wer sich für die Kenntnisnahme ausspricht, den bitte ich um ein entsprechendes Zeichen. – Das ist einstimmig zur Kenntnis genommen.

Damit ist die Tagesordnung erschöpft.

23.46.10Kurze Debatte über einen Antrag zur Verlängerung des Ibiza-UsA


Präsidentin Doris Bures: Wir kommen zu einer kurzen Debatte über den Antrag der Einsetzungsminderheit gemäß § 53 Abs. 6 der Verfahrensordnung für parlamentarische Untersuchungsausschüsse auf nochmalige Verlängerung des Untersuchungsaus­schus­ses betreffend „mutmaßliche Käuflichkeit der türkis-blauen Bundesregierung“ um drei Monate.

Die Redezeitregelungen nach der Geschäftsordnung sind Ihnen allen bekannt, und ich erteile als Erstrednerin und Begründerin der Frau Abgeordneten Stephanie Krisper das Wort. – Bitte, Frau Abgeordnete.


23.46.51

Abgeordnete Dr. Stephanie Krisper (NEOS): Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Liebe Zuseherinnen und Zuseher! Wir haben einen Plenartag hinter uns, an dem viele Märchen der ÖVP wie Honig runtergingen, weil die Themen komplex sind und man nicht gleich erkennen kann, wo die ÖVP einem etwas vorgaukelt. Wo Sie, liebe Zuseherinnen und Zuseher, das wohl schon öfter merken, wenn die ÖVP sich dubios verhält, ist, wenn es um den Ibiza-Untersuchungsausschuss geht.

Ein Finanzminister erinnert sich am Beginn des U-Ausschusses, als er noch nicht wissen kann, was an Beweisen ausapert, zur Sicherheit einmal an fast gar nichts. (Abg. Hanger: Was Sie gesagt haben, wissen Sie schon noch, oder?) Ein Vorsitzender Wolfgang Sobotka räumt trotz zunehmender Befangenheit nicht seinen Platz, weil er mit seiner destruktiven Vorsitzführung der ÖVP sehr hilft. Im Kabinett eines Kanzlers Kurz wurde alles Relevante gelöscht, selbst die Kalender. Ein Finanzminister liefert dem Unter­suchungsausschuss die ihm zustehenden Akten erst, als die Opposition beim VfGH zu ihrem Recht kommt und der Bundespräsident bei der Exekution quasi schon vor der Tür steht, dann aber in rechtswidriger Papierform, mit der wir nicht arbeiten können – plumpe Verhöhnung, das versteht fast jeder.


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Trotz dieser Obstruktion der ÖVP haben wir viel Aufklärungsarbeit geleistet. Der Privat­klinikenfonds wurde zugunsten von FPÖ- und ÖVP-Spendern massiv aufgestockt – zulasten der Steuerzahlerinnen und Steuerzahler. Wir haben die Nähe der Novomatic zur ÖVP und auch zur FPÖ herausgearbeitet, bei der ÖVP beginnend mit den hohen Geldflüssen der Novomatic an einen kleinen niederösterreichischen Alois-Mock-Ge­dächtnisverein. ÖVP-Spender, -Förderer oder deren Familienmitglieder sitzen auffällig oft in Aufsichtsräten, und das bringt mich zu einem Hauptpunkt.

Sebastian Kurz versprach doch: Leistung muss sich wieder lohnen! Dieses Versprechen hat er gebrochen, ganz persönlich! Ich sage nur: Thomas Schmid. Dieser hat sich selbst die Ausschreibung für den Öbag-Alleinvorstand geschrieben, sich selbst mit dem Bundeskanzler und dem Rest der türkisen Familie den Aufsichtsrat, der ihn dann zum Besten auserkoren hat, ausgesucht. Das ist Postenschacher der übelsten Sorte und hat gar nichts mit neuem Stil, den Kurz versprochen hat, zu tun. (Beifall bei NEOS und SPÖ.)

Bezeichnend ist auch, dass Schmid erst gehen musste, als herauskam, dass er die Menschen, deren Vermögen er verwaltet, als „Pöbel“ und Tiere bezeichnet.

Das Versprechen von Sebastian Kurz, mit Postenschacher aufzuhören, war ein wich­tiges. Warum? „Warum soll das jetzt zum Beispiel einen Bauern im Weinviertel interes­sieren?“ Darauf sagt Kreutner, ehemaliger Chef der Antikorruptionsbehörde BIA, im „Falter“-Interview: „Weil der Bauer im Weinviertel wahrscheinlich auch Kinder hat, die in die Schule gehen und irgendwann einmal einen Job haben wollen. Und diese Kinder sollen genauso das Recht haben, ihrer Schulbildung, ihrer Qualifikation und ihren Wün­schen gemäß einen Job zu kriegen, ohne ein Parteibuch, eine Parteispende oder ohne dass man jemanden kennt, der einem da was richtet. Im Endeffekt geht es um ein faires Miteinander“. Genau das ist ein Grundanliegen von uns NEOS – dass der/die etwas werden soll, der/die etwas kann, und nicht, wer jemanden kennt. Kreutner, der dies ausführte, ist einer der Unterstützer des Antikorruptionsvolksbegehrens, das Sie, Herr Kollege Hanger, unterschreiben wollen.

Ein weiterer Punkt aus unserer erfolgreichen Arbeit im U-Ausschuss (Abg. Michael Hammer: Können Sie außer lesen auch was?): Durch die Befragung von zum Beispiel Christina Jilek wurde bekannt, wie sie sich als im Ibizaverfahren ermittelnde Staats­an­wältin fühlte und warum sie ging. (Abg. Michael Hammer: Ja, genau! Verfahrensrichter beschimpfen und vorlesen!) Sie war konfrontiert mit Störfeuern, mit schikanösen Dienst­aufsichtsbeschwerden, Weisungen und Berichtspflichten. Das ist das System Pilnacek!

Es ging noch weiter: Brisante Akten wurden rechtswidrig versandt, und Pilnacek – unter Anführungszeichen: „Wer vorbereitet Gernot auf die Vernehmung?“ – thematisierte, als einer der höchsten Beamten der Justiz, aktiv die Frage der Verteidigung eines amtie­ren­den beschuldigten Bundesministers der ÖVP. Nun ist er suspendiert.

Gegen die Vertuschung der ÖVP konnten wir auch etwas tun (Abg. Hörl: Sie sind eine Lügnerin!): Das Schredderverfahren wurde wiederaufgenommen, weil wir nachweisen konnten, dass da wohl teilweise Festplatten von Laptops geschreddert wurden – abseits des vorgesehenen Prozederes, durch irgendjemanden unter falschem Namen, ohne Zahlung der Rechnung, gleich drei Mal.

Das alles ist mehr als unangenehm für die ÖVP. Deswegen schlägt die ÖVP wild um sich, weil sie die Ermittlungen gegen sich selbst nicht wahrhaben und vor allem nicht zulassen will und in ihrem Abwehrkampf gegen Recht und Gerechtigkeit vor nichts zurückschreckt. (Beifall bei den NEOS, bei Abgeordneten der SPÖ sowie des Abg. Hafenecker.)

Und das ist in Wahrheit das Gefährliche: Wenn es um den Schutz der türkisen Familie geht, das heißt um Sebastian Kurz und seine Entourage, schreckt die ÖVP auch nicht


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davor zurück, die anderen Säulen der Demokratie zu attackieren – als Erstes das Parlament in Form des Untersuchungsausschusses. Die ÖVP macht seit Wochen nichts anderes als zu schreien: Privates ist nicht sicher vor der bösen Opposition im Unter­suchungsausschuss! (Ruf bei der ÖVP: Stimmt aber auch!), Stasivergleiche sind Ihnen auch nicht zu verrückt. (Zwischenruf des Abg. Hanger.)

Reden wir also über die Chats! Ich würde mich freuen, als Mitglied des Untersuchungs­ausschusses seriöse Protokolle eines Finanzministers Löger, der eigentlich zuständig wäre, zu einer Kompetenzdiskussion über mögliche Aufsichtsratskandidaten zu lesen – Protokolle, die als Dokument an den U-Ausschuss geliefert worden sind. Diesen Zustand haben wir unter der Regierung Kurz I nicht; stattdessen bekommen wir Chats der türki­sen Familie, von Kurz, Schmid, Blümel und anderen – alle unzuständig –, unseriöse Chats darüber, wer Aufsichtsrat wird, um Thomas Schmid zum Alleinvorstand zu machen. – Das ist beruflich, nicht privat!

Was lesen wir noch? – Dass sich ein ranghoher Beamter des Justizministeriums und ein Verfassungsrichter herabwürdigend, abschätzig, respektlos über den Verfassungs­ge­richts­hof, seine Mitglieder, die WKStA und den Rechtsstaat an sich äußern. Das ist auch beruflich und eine ernst zu nehmende Gefahr für den Rechtsstaat (Zwischenruf des Abg. Hanger), und die Öffentlichkeit hat deswegen ein Recht darauf, es zu erfahren. Die Relevanz dieser Veröffentlichung haben sogar Sie, Herr Hanger, der sonst sehr fantasie­voll bei Argumentationen ist, nicht bestritten. (Abg. Hanger: Sie haben das Recht gebrochen ...!)

Und, Herr Hanger: Der U-Ausschuss erhält diese Korrespondenzen aufgrund der ge­setzlichen Regelungen und der Judikatur des Verfassungsgerichtshofes, und jeder Chat wird einzeln beurteilt und dann durch die Justiz selbst freigegeben und geliefert. Wenn es die ÖVP so verurteilt, dass wir Chats bekommen, warum wollten Sie, Herr Kollege Hanger, dann im letzten U-Ausschuss alle Chats der WKStA haben? Anscheinend gibt es gute Chats und gemeine Chats. (Abg. Hanger: Hätten Sie das unterstützt?) – Das war das Parlament.

Wie attackiert die ÖVP die Justiz, ohne Skrupel? (Abg. Hanger: Gar nicht! Das wissen Sie ganz genau! ...!) Wäre die ÖVP eine staatstragende Partei mit einem reinen Gewissen, dann würde sie die Justiz einfach arbeiten lassen. (Neuerlicher Zwischenruf des Abg. Hanger.) Aber nein, seit über einem Jahr wird die WKStA frontal von Sebastian Kurz abwärts attackiert. (Ruf bei der ÖVP: ... die Redezeit ist vorbei!) Wir hören auch nicht einmal irgendwann Kritik am System Pilnacek von der ÖVP – natürlich nicht –, vielmehr werden Akten von der ÖVP geleakt (lebhafte Zwischenrufe bei der ÖVP), um es dann medial der WKStA in die Schuhe zu schieben. (Beifall bei NEOS und SPÖ.) Diese Schamlosigkeit raubt einem wirklich den Atem.

Jetzt hat die ÖVP durch ihre Umfragen klar zu sehen bekommen, dass wir Bürgerinnen und Bürger sehr auf den Rechtsstaat stehen und ihn schätzen und dass es nicht so gut ankommt, wenn Sie ihn kritisieren. Also attackiert die ÖVP nun gezielt die Sachbe­arbeiter der WKStA. Spannend, dass zwar keiner der Beschuldigten vonseiten der ÖVP ein Rechtsmittel genutzt hat, wie es dem normalen Bürger, der normalen Bürgerin zusteht, die ÖVP aber die einem normalen Bürger verschlossenen Wege von Presse­kon­ferenzen et cetera für falsche Vorwürfe nützt und auch jene Ibizasachbearbeiter, die noch nicht aufgegeben haben, anzeigt. Ich dachte, es gibt nur politisch motivierte Anzei­gen, aber anscheinend gibt es böse Anzeigen und gute Anzeigen. (Abg. Hanger: Sie machen nur die guten, oder?)

Irritierend muss es besonders für Christina Jilek – jene wichtige Kraft im Ibizaermittlungs­team, die zermürbt wurde – gewesen sein, dass Kollege Hanger gerade dieses Anti­korruptionsvolksbegehren, das sie unterstützt, jetzt unterschreiben möchte. Die ÖVP


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versucht anscheinend alles, auch das Zu-Tode-Umarmen. (Abg. Zarits: Soll er es jetzt nicht unterschreiben, oder was?) Die ÖVP schafft es auf jeden Fall sehr gut, zu tricksen und zu täuschen, und sie arbeitet mit Falschinformationen und Attacken an Ihrer Täu­schung, liebe Zuseherinnen und Zuseher! Irgendwann stimmt dann der Fokus der Debatte nicht mehr, und wie Harry Bergmann sehr richtig schrieb: „Wohin man sieht, stimmt die Gewichtung nicht. Das Zustandekommen des Ibiza-Videos wiegt schwerer als sein Inhalt. Die Sauberkeit der Fußnägel einer angeblichen Oligarchen-Nichte wiegt schwerer als der geplante Ausverkauf der Republik. Die Larmoyanz der Befragten im Untersuchungsausschuss wiegt schwerer als ihr Schweigen oder ihre Lügen. Eine Hausdurchsuchung bei einem Politiker wiegt schwerer als der Fund. Eine Suspen­dierung wiegt schwerer als Geheimnisverrat.

Und dann, die liebe Macht. Die Macht wiegt schwerer als das, was man mit dieser Macht für die Menschen zum Besseren verändern könnte. Die Macht zu gewinnen, wiegt schwerer, als den Willen derer, die einen gewählt haben, umzusetzen. Die Macht zu erhalten, wiegt schwerer als das korrumpierte Verhalten, das vielen dafür nötig erscheint.“ (Abg. Michael Hammer: Leseübung ...!)

In diesem Sinne: Erfolgreiche Täuschung der ÖVP hin und her, wir arbeiten weiterhin an Aufklärung, und es kann sein, dass es zu einer Enttäuschung bei den Bürgerinnen und Bürgern kommt, die meinten, sie könnten der türkisen Familie und ihrem vermeintlichen neuen Stil trauen. Von Täuschung befreit zu werden ist kein angenehmer Prozess, aber nach der Enttäuschung hat man wieder einen klaren Blick.

Wir wollen im U-Ausschuss diese Aufklärung ordentlich zu Ende führen. Dazu brauchen wir wegen der von Tag eins an (Ruf bei der ÖVP: Die Redezeit ist vorbei!) hemmenden, tricksenden, faktenbefreiten Kräfte aus der ÖVP noch eine Verlängerung für die Akten von Minister Blümel, Kanzler Kurz und die Chats von Thomas Schmid. Die Verzö­gerungstaktik der ÖVP soll nicht erfolgreich sein! Liebe Grüne, seid bei der Verlängerung dabei! (Beifall bei NEOS und SPÖ.)

23.56


Präsidentin Doris Bures: Nun erteile ich Herrn Abgeordneten Klaus Fürlinger das Wort. – Bitte. (Zwischenruf des Abg. Loacker.)


23.56.48

Abgeordneter Mag. Klaus Fürlinger (ÖVP): Ich trete zur Geisterstunde ans Red­nerpult, und zur Geisterstunde sind uns immer die grauslichsten und gruseligsten Märchen erzählt worden. (Beifall bei der ÖVP.) Auch wenn dieses von Kollegin Krisper schnell gelesen war, es ist und bleibt ein Märchen, das auch sehr uninspiriert vorgetragen worden ist.

Meine Damen und Herren, wir haben im Dezember 2019 hier einen Unter­suchungs­ausschuss eingesetzt, der im März 2020 seine Arbeit aufgenommen hat, im April 2021 verlängert worden ist, und nun sitzen wird seit 15 Monaten da. Die Auskunftspersonen waren alle zweimal da, die meisten kommen jetzt dann noch ein drittes Mal, und die Auskünfte, die sie gegeben haben, waren halt bei Weitem nicht so erhellend. Es mag ja sein, dass es der Fantasie einzelner Abgeordneter dieses Hauses entspricht, sich daraus jene Märchen zusammenzureimen (Zwischenrufe bei der SPÖ), die hier seit Tagen und Wochen immer wieder geboten werden. Für diese gilt: Wie der Schelm denkt, so ist er. (Beifall und Bravoruf bei der ÖVP. – Neuerliche Zwischenrufe bei der SPÖ.)

Das Einzige, meine Damen und Herren, was einzelne Mitglieder dieses Hauses inter­essiert, ist dieser gnadenlose Voyeurismus (Heiterkeit bei Abgeordneten der ÖVP), sich dabei fast erotisch zu fühlen, wenn man irgendwelche privaten Handynachrichten liest (lebhafte Zwischenrufe bei der SPÖ), die mit dem Untersuchungsausschuss in Wahrheit nichts zu tun haben, aber halt die Möglichkeit für ein bisschen mediale Vermarktung


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bieten. (Zwischenruf des Abg. Matznetter.) Dafür begehen wir sogar Rechtsbruch, dafür leaken wir Dinge hinaus, die unter Geheimhaltungsstufe waren (Zwischenrufe bei der SPÖ – Zwischenruf des Abg. Loacker) und sind auch noch stolz darauf. (Beifall bei der ÖVP. – Neuerliche Zwischenrufe bei der SPÖ. – Zwischenruf des Abg. Stögmüller.)

Die Damen und Herren im Hooligansektor der SPÖ mögen sich beruhigen, ich bin noch - - (Beifall und Bravoruf bei der ÖVP.)


Präsidentin Doris Bures: Herr Abgeordneter, ich ersuche Sie, sich in Ihrer Ausdrucks­weise zu mäßigen. Wir sind nämlich im Parlament. (Zwischenruf des Abg. Matznetter. – Abg. Michael Hammer: Rufen Sie Ihre Partei zur Ordnung! – Weitere Zwischenrufe bei ÖVP und SPÖ.)


Abgeordneter Mag. Klaus Fürlinger (fortsetzend): Frau Präsidentin, selbstverständlich gelobe ich Mäßigung. Ich würde Sie allerdings ersuchen, die Kolleginnen und Kollegen von der SPÖ anzuleiten, den Ton ein wenig herabzusenken. Dann sind wir, glaube ich, alle eins. (Beifall bei der ÖVP. – Zwischenruf des Abg. Matznetter.)

In Mäßigung meines Tones, meine Damen und Herren, möchte ich eines festhalten: Ich freue mich auf die Tage nach dem 1. Juli. Ich freue mich auf die Tage, wenn wir weg­kommen von der Destruktion hin zur Konstruktion, von der Zerstörung zur Zusammen­arbeit, von der Verleumdung Einzelner (Zwischenrufe bei der SPÖ) zu einer persön­lichen Wertschätzung und vom Schlechtermachen für Einzelne zum Bessermachen für alle. (Zwischenruf des Abg. Matznetter.) Dort müssen wir nämlich hin, meine Damen und Herren! (Beifall bei der ÖVP. – Zwischenrufe bei der SPÖ.)

Das ist der Auftrag der Politik. Der Auftrag der Politik ist nicht, gegen einzelne Personen, sondern für die Menschen in diesem Land Politik zu machen. (Zwischenrufe der Abge­ordneten Tomaselli und Matznetter.) Diese Verkennung durch einzelne Mitglieder die­ses Hauses – und das gilt bei Weitem nicht für alle –, diese Verkennung des Politik­begriffes hat der Politik insgesamt Schaden zugefügt, viel mehr, als Sie glauben, meine Damen und Herren, und das wird Sie auch alle treffen. (Beifall bei der ÖVP.)

Ich freue mich, meine Damen und Herren, auf einen Sommer der Abkühlung des poli­tischen Klimas. (Zwischenruf des Abg. Matznetter.) Er soll wieder dorthin führen, wo wir hingehören, zu einem Miteinander, einer gemeinsamen politischen Arbeit in diesem Herbst, zur Rückkehr zum Auftrag der Politik. In Anbetracht der Lautstärke aus diesem Sektor (in Richtung SPÖ) und in Anbetracht der Märchenstunde zuvor schließe ich mit einem Zitat von Wilhelm Busch: Für die Gegenwart bin ich Pessimist, für die Zukunft bleibe ich Optimist. – Danke. (Beifall bei der ÖVP.)

0.01


Präsidentin Doris Bures: Nun erteile ich Herrn Abgeordneten Kai Jan Krainer das Wort. – Bitte.


0.01.29

Abgeordneter Kai Jan Krainer (SPÖ): Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen von der ÖVP! Dieses Haus hat in der Tat mehrere Aufgaben, im Wesentlichen drei: Das eine ist die Gesetzgebung – das wird wohl nur gemeinsam gehen –, das Zweite ist die Budgethoheit – das geht auch nur gemein­sam; ohne unsere Hilfe hätte es ja 2020 kein funktionierendes Budget gegeben (Beifall bei der SPÖ – Ah-Rufe bei der ÖVP) –, und das Dritte ist die Kontrolle, die in Wahrheit auch nur gemeinsam geht. (Zwischenruf des Abg. Hanger.)

Wieso Sie sich dieser Kontrolle entziehen und damit diese Kontrolle sabotieren, das müssen Sie erklären, das muss nicht ich erklären. Die Kontrolle der Regierung gehört zu


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den Kernaufgaben dieses Parlaments, und Sie wollen verhindern, dass diese Kontrolle stattfindet, in der Vergangenheit, in der Gegenwart und offenbar auch in der Zukunft.

Ich sage: Da gibt es einfache Präzedenzfälle. Das ist nicht das erste Mal, dass eine Einsetzungsminderheit sagt: Wir wollen einen Untersuchungsausschuss verlängern und hier im Plenum einen Antrag stellen.  Das ist beim Hypo-Untersuchungsausschuss im Jahr 2016 passiert. Damals hat die Einsetzungsminderheit – das waren übrigens damals die Grünen und die Freiheitlichen – den Antrag hier eingebracht, und sie haben gesagt: Wir sind noch nicht fertig mit unserem Untersuchungsausschuss!

Ganz ehrlich: Ich war damals Regierungsabgeordneter, der Fraktionsführer der SPÖ in diesem Ausschuss. Ich wäre in 100 Jahren nicht auf die Idee gekommen, zu sagen: Na, ihr könnt ihn ja noch einmal einsetzen und die eineinhalb Millionen Seiten Akten schred­dern und dann ein halbes Jahr später wieder anliefern lassen! – Nicht im Traum wäre ich auf diese Idee gekommen. (Rufe bei der ÖVP: Nein!)

Was haben wir stattdessen gemacht? – Wir haben natürlich der Verlängerung zuge­stimmt, denn wenn der Untersuchungsausschuss mit seiner Arbeit nicht fertig ist, dann ist es einfach pragmatisch das einzig Richtige, zu sagen: Dann soll er noch drei Monate Zeit haben, das zu tun! (Beifall bei der SPÖ sowie bei Abgeordneten von FPÖ und NEOS.)

Damals gab es nicht das Problem, dass eine Regierungspartei von Tag eins an versucht hat, diesen Untersuchungsausschuss zu boykottieren, indem sie zum Beispiel die Akten nicht liefert. Ich hab heute schon öfters aufgezählt, wie oft die Akten angefordert wurden, wie oft Minister Blümel, wie oft Bundeskanzler Kurz diese Aktenanforderungen negiert haben und explizit nicht geliefert haben. Der Verfassungsgerichtshof hat am 3. März erkannt, dass Minister Blümel verpflichtet ist, diese Akten und Unterlagen zu liefern, und er hat sie trotzdem nicht geliefert. Erst als der Bundespräsident am 5. Mai aufgefordert wurde, die Exekution zu führen, hat er geliefert, und noch immer nicht vollständig.

Es ist ja heute Kollege Gerstl hier herausgegangen und hat eine tatsächliche Berich­ti­gung gemacht, hat gemeint, Finanzminister Blümel habe in der Zwischenzeit alles ge­liefert. Ich habe einen Brief hier, der heute gekommen ist (ein Schriftstück in die Höhe haltend), betreffend ein Schreiben von mir vom 9. Juni, in dem wir den Minister darauf aufmerksam gemacht haben, dass noch immer nicht alle Unterlagen da sind. – Und siehe, was schreibt er uns? – Aufgrund eines Versehens wurden – und dann kommt eine Aufzählung von Akten und Unterlagen – irrtümlich nicht an den Untersuchungs­aus­schuss übermittelt. Gezeichnet: Wien, den 16. Juni. Für den Bundesminister für Finanzen. – Zitatende.

Er selber hat also heute zugegeben, dass er bis heute noch immer nicht alle Akten und Unterlagen geliefert hat, wozu ihn der Verfassungsgerichtshof verpflichtet hat. Ich habe bei einem Untersuchungsausschuss überhaupt noch nie eine derart destruktive Vorgangsweise einer Regierung oder eines Ministers erlebt wie da von Minister Blümel.

Die Frage ist: Wie gehen wir als Haus damit um? – Wir sagen: Wir sind noch nicht fertig. (Zwischenruf des Abg. Michael Hammer.) Wir haben noch nicht einmal alle Akten und Unterlagen bekommen, obwohl der Verfassungsgerichtshof vor mehr als drei Monaten entschieden hat: Diese Akten und Unterlagen sind zu liefern! Der Minister gibt heute zu, er hat es bis heute nicht getan. Die Frage ist: Wie gehen wir mit dieser Kontrollaufgabe um, die wir alle gemeinsam haben? Sagen wir: Ja, der Untersuchungsausschuss soll bis Oktober fertig sein und soll dann seinen Bericht legen, oder kommen Sie mit Ihrem Schildbürgerstreich, wir sollen eineinhalb Millionen Akten schreddern und dann neu anfangen und neu um jeden Akt und jedes E-Mail und jede Unterlage kämpfen?


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Ich richte einen Appell an alle hier im Haus: Die Aufgabe der Kontrolle hat nicht nur die Opposition, sondern die haben wir alle. Ihre Aufgabe ist es nicht, sie zu behindern, son­dern sie genauso zu fördern, wie wir das auch gemacht haben, als wir Regierungspartei waren. (Beifall bei SPÖ und NEOS, bei Abgeordneten der FPÖ sowie der Abg. Strache.)

Das betrifft vor allem die Grünen. Weil gerade die Fußballeuropameisterschaft läuft: Zum Fair Play gehört, dass es eine Nachspielzeit gibt, wenn eine Mannschaft Zeit schindet – und so wie die ÖVP hat noch nie jemand Zeit geschunden; das ist Fair Play. Die Frage ist: Sind die Grünen auch für Fair Play? (Beifall bei SPÖ und NEOS sowie bei Abge­ordneten der FPÖ.)

0.06


Präsidentin Doris Bures: Als Nächster zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Christian Hafenecker. – Bitte.


0.06.57

Abgeordneter Christian Hafenecker, MA (FPÖ): Wenn Kollege Fürlinger vorhin von der „Geisterstunde“ und von der „Märchenstunde“ gesprochen hat, dann hätte er seine eigene Rede hören sollen. Kollege Fürlinger, ich halte dich grundsätzlich für einen sehr, sehr intelligenten Kollegen, aber wenn du uns weismachen möchtest, dass es die ÖVP ist, die nicht politisch gegen einzelne Personen vorgeht, dann möchte ich dich bitten, dass du einfach einmal eure Presseaussendungen der letzten Wochen durchschaust. Überlegt euch, wen aller ihr schon zum Rücktritt aufgefordert habt und wie ihr ganz gezielt auf einzelne Personen losgegangen seid! (Widerspruch bei der ÖVP.)

Wenn man sich anhört, wen aller Herr Kollege Hanger anzeigt und welche Staatsanwälte von Herrn Hanger dauernd vor den Vorhang gezogen werden (Zwischenruf des Abg. Wöginger), dann muss man sich schon überlegen, ob die ÖVP tatsächlich nicht politisch auf einzelne Personen losgeht. (Ruf bei der ÖVP: ... nicht gesagt!) – Die Nervosität ist ein Wahnsinn, aber gut.

Eine Geschichte, Herr Kollege Fürlinger, bist du uns auch noch schuldig geblieben, und zwar zur Frage – das war übrigens relativ am Anfang des Untersuchungsausschusses –, wo jetzt das ÖVP-Leak eigentlich ist. Ich höre ständig, dass den NEOS die Veröffent­lichung von Daten vorgeworfen wird. (Zwischenruf des Abg. Wöginger. – Abg. Hanger: Die haben es selber zugegeben, Herr Hafenecker!) Wir wissen aber von der WKStA, dass es gerade Akten aus der ÖVP gewesen sind, die an Medien weitergespielt worden sind. Da hat uns Herr Präsident Sobotka eine Untersuchung und eine Klärung der Um­stände versprochen. Das ist bis heute nicht passiert. Das ist die „Obstruktion“, die tag­täglich im Untersuchungsausschuss gemacht wird, von der die Frau Kollegin von den NEOS gesprochen hat.

Sie machen irgendwelche leeren Ankündigungen – Sie tun dies, Sie tun jenes –, Sie schinden Zeit – da hat Kollege Krainer vollkommen recht gehabt –, und wir haben jetzt noch nicht einmal alle Akten, die wir brauchen, um unsere Arbeit fortzusetzen. Das ist genau der springende Punkt, warum auch wir der Meinung sind, dass dieser Unter­suchungsausschuss natürlich verlängert gehört. Man muss das auch als pädagogische Maßnahme machen, denn die ÖVP braucht nicht ständig alle Register zu ziehen, um sich irgendwie aus der Verantwortung hinauszuschlängeln, sondern im Prinzip müssen wir die ÖVP genau dort treffen, wo sie ist, und einmal mit dem Schwindeln aufhören lassen.

Wenn wir uns Herrn Bundesminister Blümel anschauen und wenn wir uns anschauen, was der mit dem Untersuchungsausschuss aufgeführt hat, wie wir ständig hinters Licht geführt werden, wenn er hergeht und Gesundheitsakten von Mitarbeitern nur deswegen in eine Aktenlieferung einbaut, damit man sie auf Stufe 3 klassifizieren kann, wenn man


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sich überlegt, dass Herr Bundesminister Blümel sein eigenes Telefonbuch auf Stufe 4 klassifizieren lässt – das ist die Stufe für Staatsgeheimnisse der höchsten Ordnung –: Ich meine, Herr Minister Blümel mag schon wichtig sein, aber so wichtig, dass für sein Telefonbuch Klassifizierungsstufe 4 gilt, ist er beileibe nicht. Das ist ein reiner Sabotage­akt. Sie spielen einfach nur mit den anderen Parteien hier im Haus Katz und Maus. Das können wir Ihnen nicht durchgehen lassen, werte Kollegen von der ÖVP!

Eines noch, weil ich gerade davon gesprochen habe, dass wir von Herrn Minister Blümel diese Lieferung in Klassifizierungsstufe 3 bekommen haben: Das sind, wenn man sie aneinanderlegt, eineinhalb Fußballfelder Akten, die wir händisch durchsuchen müssen (Zwischenruf bei der ÖVP), weil Sie mit Ihrer Klassifizierungsstufe 3 verhindert haben, dass wir sie elektronisch auswerten können. Herr Kollege Wöginger, das sind die Sabo­tageakte, die Sie uns tagtäglich im Untersuchungsausschuss angedeihen lassen. Das ist der Punkt, an dem wir sagen (Abg. Wöginger: Was willst jetzt von mir?): Das wollen wir so nicht hinnehmen!

Was machen jedoch die Grünen? – Die Grünen sind Steigbügelhalter und Erfüllungs­gehilfen der ÖVP. Im Prinzip ist das eigentlich ein sehr, sehr peinlicher Auftritt. Ich habe noch die Ehre gehabt, mit Kollegin Moser gemeinsam einen Untersuchungsausschuss zu machen. Sie würde sich im Grab umdrehen (Zwischenruf bei den Grünen), wenn sie sehen könnte, was Sie aus ihrem Erbe gemacht haben.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Die Grünen bemühen ja immer wieder den Anstand. Ich bin gespannt, was der Anstand nun gleich nach mir hier am Rednerpult sagen wird. Der Anstand würde es gebieten, dass man der ÖVP diese Masche nicht durchgehen lässt. Der Anstand würde es gebieten, dass man wirklich nachhaltig für Aufklärung sorgt. Ich hoffe, dass die Grünen diesen Anstand, den sie selbst immer wieder bemühen, irgendwo wiederfinden.

Vielleicht eines noch zum Abschluss: Wir haben heute schon gehört  Kollege Hanger von der ÖVP hat es schon gesagt , dieses Antikorruptionsvolksbegehren wird auch von der ÖVP recht breit unterstützt. Ich rate Ihnen nur eines, Kollege Hanger: Lesen Sie sich noch einmal durch, was da drinsteht, es ist nämlich gegen Korruption. Schauen Sie also noch einmal, ob Sie das wirklich unterstützen wollen. (Heiterkeit und Beifall bei FPÖ und NEOS sowie des Abg. Hanger. – Zwischenruf des Abg. Hanger.)

0.11


Präsidentin Doris Bures: Als Nächste ist Frau Klubvorsitzende Sigrid Maurer zu Wort gemeldet. – Bitte. (Abg. Hafenecker: ... die kennt sich aus!)


0.11.43

Abgeordnete Sigrid Maurer, BA (Grüne): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Werte Kolleginnen und Kollegen! Werte Zuseherinnen und Zuseher! (Abg. Hafenecker: Mir wäre lieber die Kollegin Tomaselli, die kennt sich aus!) Sie beobachten eine Debatte, die wir in dieser Form schon einmal geführt haben. Gut, führen wir sie halt noch einmal. (Abg. Lausch: ... ans Rednerpult!) Es geht, wie wir alle wissen, um einen Antrag auf Verlängerung des Untersuchungsausschusses. (Abg. Hafenecker: Die Kollegin Tomaselli würde sich auskennen!) Der Untersuchungsausschuss wurde bereits zweimal verlängert, einmal coronabedingt mit einer Gesetzesänderung (Abg. Lausch: ... das letzte Mal auch schon gesagt!), einmal mit einer Minderheitsverlängerung seitens der Opposition. (Neuerlicher Zwischenruf des Abg. Hafenecker.) Nun soll es eine weitere Verlängerung geben, wenn es nach der Opposition geht.

Finden wir Grüne, der U-Ausschuss soll weiterarbeiten und verlängert werden? – Ja. Findet die ÖVP, es soll nicht so sein? – Ja. Welche Möglichkeiten hat die Opposition? – Sie kann den U-Ausschuss einfach wieder einsetzen. Warum kann sie das tun? – Weil


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wir Grüne das Minderheitsrecht für den U-Ausschuss erkämpft haben. (Beifall bei den Grünen. – Zwischenrufe bei SPÖ, FPÖ und NEOS.)

Werte Kolleginnen und Kollegen von Sozialdemokratie und NEOS! (Zwischenruf des Abg. Martin Graf.) Sie wissen, auch ein Zeitraum von drei Monaten würde nicht aus­reichen, damit das, was Sie auf dem Tisch liegen haben, oder das, was Sie gerne be­arbeitet haben möchten, tatsächlich vollständig abgewickelt werden kann. Das ist Ihnen natürlich selbst klar. (Zwischenruf des Abg. Hafenecker.) Es liegt in Ihrer Verantwortung (Zwischenruf des Abg. Krainer), Sie haben es in der Hand, welcher Untersuchungs­ausschuss eingesetzt wird. (Zwischenruf des Abg. Matznetter.) Von einem erweiterten Untersuchungsgegenstand über einen eingeschränkten Untersuchungsgegenstand oder einen neuen Untersuchungsgegenstand auf Basis der Erkenntnisse des jetzigen Ibiza-U-Ausschusses ist alles möglich. Sie können einfach selbst wieder einen Unter­suchungs­ausschuss einrichten.

Ich muss an dieser Stelle auch wieder sagen: Es ist schon erstaunlich, dass sich die Freiheitliche Partei hierher stellt und so tut, als wäre sie die Sauberpartei. (Abg. Lausch: Das haben Sie alles schon gesagt!) Warum heißt der Ibiza-U-Ausschuss? – Weil ein freiheitlicher Parteichef in Ibiza war und dort quasi gesagt hat: Man kann die Republik kaufen! (Beifall bei Grünen und ÖVP. – Zwischenruf bei der FPÖ.)

Ich bin überzeugt davon, dass die Opposition eine weise Entscheidung treffen wird, was den neuen U-Ausschuss betrifft. (Zwischenruf des Abg. Matznetter.) Der entsprechende Antrag wird wahrscheinlich am 22. September eingebracht werden, der U-Ausschuss wird im Dezember zu arbeiten beginnen und alle Akten bekommen, die derzeit noch ausständig sind.

Ich möchte zum Schluss noch Kollegen Krainer, der gerade in seine Maske hinein­brum­melt, ausrichten: Herr Krainer, Sie sind seit 2002 Abgeordneter hier im Parlament. Zu diesem Zeitpunkt war der Untersuchungsausschuss kein Minderheitsrecht. Seither haben die U-Ausschüsse Eurofighter eins, Banken, Bawag, BMI-Spitzel, Korruptions-U-Aus­schuss für Telekom und Buwog stattgefunden. Davon wurden jedenfalls Eurofighter eins, Banken und Telekom/Buwog mit Mehrheitsbeschluss über einen Fristsetzungs­antrag abgedreht. Herr Krainer, entweder waren Sie gerade am Klo oder Sie waren am tatsächlichen Abdrehen dieser U-Ausschüsse beteiligt! (Lebhafter Beifall bei Grünen und ÖVP. – Abg. Krainer: Am Klo war nur der Kollege Wöginger bei der Abstimmung!)

Im Gegensatz zu heute: Da haben Sie als Opposition die Möglichkeit, jeden x-beliebigen U-Ausschuss einzurichten (Zwischenruf des Abg. Matznetter), weil wir Grüne (Zwi­schenrufe der Abgeordneten Deimek und Kassegger), KorruptionsbekämpferInnen wie Gabi Moser, das erkämpft haben. (Beifall bei Grünen und ÖVP.) Ich verbiete es mir, Herr Hafenecker, dass ausgerechnet Sie den Namen Gabi Mosers in den Mund nehmen. Gabi Moser war eine extrem aufrechte, saubere Politikerin, die in ihrer parlamen­ta­rischen Arbeit einen sehr, sehr hohen Qualitätsstandard erfüllt hat. (Abg. Deimek: Da bist du noch am Hinterbankl gesessen!) Es steht Ihnen nicht zu Gesicht, sie für Ihre Zwecke zu instrumentalisieren. (Beifall bei Grünen und ÖVP. – Zwischenruf des Abg. Lausch.)

Es ist, wie es ist. Wir werden dieser Verlängerung nicht zustimmen, weil es mit der ÖVP nicht möglich ist und wir nicht glauben (Zwischenrufe bei der SPÖ), dass es klug ist, eine Koalition aufgrund einer dreimonatigen U-Ausschussverlängerung zu beenden. (Ruf: Frau Tomaselli!) Ich sage es noch einmal: Es liegt in Ihrer Verantwortung, und ich bin schon sehr gespannt, liebe NEOS, liebe Sozialdemokratie, für welchen Untersuchungs­gegenstand Sie sich entscheiden werden. Wir werden es im Herbst sehen. – Vielen Dank. (Beifall bei Grünen und ÖVP.)

0.16



Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll111. Sitzung, 16. und 17. Juni 2021 / Seite 309

Präsidentin Doris Bures: Nun erteile ich Herrn Abgeordneten Helmut Brandstätter das Wort. – Bitte, Herr Abgeordneter. (Oh-Rufe bei der ÖVP. – Ruf bei der ÖVP: Unver­gessen! – Zwischenruf des Abg. Martin Graf.)


0.16.21

Abgeordneter Dr. Helmut Brandstätter (NEOS): Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Liebe Zuseherinnen und liebe Zuseher! Das war schon interessant, Frau Kollegin Maurer, soeben haben Sie der SPÖ vorgeworfen, dass sie schon etwas ab­gedreht hat, und deswegen drehen Sie nun etwas ab. (Widerspruch bei ÖVP und Grü­nen.) Das würden die Leute nicht verstehen. (Beifall bei NEOS und SPÖ.)

Wenn Sie gleichzeitig sagen, dass die ÖVP die Koalition beenden würde, wenn Sie einer Verlängerung zustimmen würden, dann reden wir einmal von diesem Politikbegriff – Herr Fürlinger hat vom Politikbegriff gesprochen (Abg. Hörl: ... gesprochen!) –: Was ist das für ein Politikbegriff, wenn eine Partei in so einer schwierigen Lage, in der wir in Österreich sind, eine Regierungszusammenarbeit beenden würde, weil die Aufklärung über vergangene Untaten beendet werden soll? (Oh-Rufe bei der ÖVP.) – Das ist eigent­lich ein sonderbarer Politikbegriff.

Im Übrigen, das wollte ich auch noch sagen: Es waren nicht die Grünen alleine, die für Minderheitsrechte aufgetreten sind (Ruf: Danke!), es waren auch die NEOS, es war die FPÖ (Abg. Michael Hammer: ... Die hat es noch gar nicht gegeben! Die hat es noch gar nicht gegeben! – Zwischenruf des Abg. Lausch), damit auch da die historische Wahrheit stimmt. (Zwischenruf der Abg. Maurer.)

Dann möchte ich noch etwas sagen. (Unruhe im Saal.)  Wenn nun wieder Ruhe ein­kehrt, Frau Präsidentin, würde ich gerne weiterreden. (Abg. Michael Hammer: ... immer schon ein schlechter Journalist gewesen! – Präsidentin Bures gibt das Glockenzeichen.)


Präsidentin Doris Bures: Ich würde nun ersuchen, die paar Minuten Aufmerksamkeit noch aufzubringen. Sie brauchen in gar keine Richtung deuten. Ich fordere alle auf, dem Redner nicht das Wort zu nehmen. – Bitte, Herr Abgeordneter.


Abgeordneter Dr. Helmut Brandstätter (fortsetzend): Können wir die Nervosität wieder ein bisschen runterbringen?

Es ist für uns alle belastend, vieles von dem zu lesen, was wir lesen müssen (Zwi­schen­ruf des Abg. Hörl), aber ich habe das Gefühl, ein U-Ausschuss ist so etwas wie das Lymphsystem des Parlaments, das ist ein reinigender Vorgang. Und noch einmal: Es ist nicht lustig, das zu lesen, es ist auch nicht gut, dass die Leute das lesen müssen. Sie sollen aber wissen, was in diesem Land möglich war und hoffentlich nicht mehr möglich ist (Abg. Michael Hammer: OMV!): dass sich jemand seinen eigenen Posten aus­schreibt, dass man sich zusammentut und Überlegungen anstellt, wie man die Kirchen unter Druck setzen kann, damit sie nicht mehr gegen einen argumentieren. (Oh-Rufe bei der ÖVP.)

Der Untersuchungsausschuss findet statt, damit man nicht wieder Abkommen schließt (Ruf bei der ÖVP: Zahlen Sie Kirchensteuer?), wie es die ÖVP und die FPÖ gemacht haben: zwei zu eins, meine Haberer, deine Haberer. Er findet statt, damit wir hoffentlich nicht mehr lesen, dass nur steuerbare Frauen eine Chance haben, in dem Land einen Job zu bekommen.

Das alles sind Dinge, die passiert sind. Ich glaube, wir sind überzeugt davon, dass wir das alles nicht wollen. Wir sind aber leider mitten in der Aufklärung, weil so viel Schreckliches passiert ist, und das muss weiter aufgeklärt werden. (Abg. Michael Hammer: Ein paar Sätze zu Ihrer ...!)


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll111. Sitzung, 16. und 17. Juni 2021 / Seite 310

Nun weiß ich schon, meine lieben KollegInnen von der ÖVP, Sie haben gedacht, da war ein FPÖ-Chef in Ibiza und hat schreckliche Sachen gesagt – was ja stimmt. Da haben Sie gesagt: Ja, das müssen wir jetzt aufklären. (Zwischenrufe bei der ÖVP.) Nur sind wir im Zuge der Aufklärung dann draufgekommen, dass sehr vieles, was in Ibiza ange­kündigt wurde, möglicherweise von ÖVPlern umgesetzt wurde. (Zwischenrufe bei der ÖVP.) Das müssen wir nun im Detail aufklären, und das ist Ihnen unangenehm. Was machen Sie daher als Nächstes? – Als Nächstes radikalisieren Sie.

Da war einmal das Wort von Watergate. (Ruf bei der ÖVP: Was haben Sie ... OMV ...? – Weitere Zwischenrufe bei der ÖVP.) – Hören Sie zu! Bei Watergate war ich zwar ein bisschen betroffen, ich habe mir aber gedacht: Na ja, das ist halt eine wenig gebildete Mannschaft, die wissen nicht, was in Watergate passiert ist. (Beifall bei NEOS und SPÖ.)

Na, hören Sie zu! (Zwischenrufe bei der ÖVP. – Der Redner verlässt das Rednerpult und holt eine DVD von seinem Platz. – Rufe bei der ÖVP: Oh, das Buch! Oh, oh!) – So, jetzt haben sie sich beruhigt. Am Ende von Watergate ist der Präsident zurückgetreten, das haben Sie inzwischen verstanden. (Zwischenrufe bei der ÖVP.)

Dann ist aber noch etwas viel Schlimmeres gekommen, nämlich das Wort, das man uns vorgeworfen hat: Stasimethoden. Gut, jetzt sind ein paar junge Leute hier, die vielleicht nicht wissen, was die Stasi ist, und Herr Hanger weiß es auch nicht. (Zwischenrufe bei der ÖVP.) Die Stasi war eine - - (Anhaltende Zwischenrufe bei der ÖVP.) – Können Sie zuhören?! Ich weiß nicht, wie nervös die sind! Seien Sie einmal ganz ruhig! Ich erkläre Ihnen etwas, ich möchte Ihnen etwas erklären. (Abg. Michael Hammer: Das brauchst uns gar nicht erklären! – Weitere Zwischenrufe bei der ÖVP.) Die Stasi war eine Mord­brigade. Die haben Menschen gezielt umgebracht. Sie haben Menschen gezielt umge­bracht, und ich hoffe, das werfen Sie niemandem vor.

Weil es ein bisschen spät ist und Sie es mit dem Lesen nicht so haben, habe ich ein Video (die DVD „Das Leben der Anderen“ in die Höhe haltend) mitgebracht. Schauen Sie sich dieses Video eines österreichischen Regisseurs, Henckel von Donnersmarck, „Das Leben der Anderen“, an, da merkt man nämlich auch, wie viel Gemeinheit in dieser - - (Anhaltende Zwischenrufe bei der ÖVP.)


Präsidentin Doris Bures: Ich würde jetzt wirklich ersuchen, den Lärmpegel zu senken (Zwischenrufe bei der ÖVP) und Herrn Abgeordneten Brandstätter, dem ich das Wort erteilt habe, die Möglichkeit zu geben, seine Ausführungen zu Ende zu führen. (Anhal­tende Zwischenrufe bei der ÖVP.) Sie können dann durch das Abstimmungsverhalten ohnedies wieder deutlich machen, wofür Sie sind, jetzt aber ist Herr Abgeordneter Brandstätter am Wort. (Beifall bei den NEOS sowie bei Abgeordneten von SPÖ und FPÖ. – Zwischenrufe bei der ÖVP. – Abg. Lausch: Was seid ihr so nervös?)


Abgeordneter Dr. Helmut Brandstätter (fortsetzend): Nehmen Sie also bitte das Wort Stasi zurück. Sie war nicht nur eine Mordbrigade; was sie auch gemacht haben, ist, einzelne Menschen herauszunehmen, zu beschuldigen, bis hin zur Sippenhaftung. (Zwi­schenrufe bei der ÖVP.) Ich weiß nicht, ob Ihnen das vertraut ist: bis hin zur Sippen­haftung! Das tut man nicht, hören Sie damit auf! (Anhaltende Zwischenrufe bei der ÖVP.) – Immer diese Schreierei!

Noch eines möchte ich sagen, weil es auch wichtig ist: Was mich auch sehr betroffen gemacht hat, ist, dass junge Leute, Kabinettsmitarbeiter, aufgetreten sind, die uns eine derartige Abwertung des Parlaments gezeigt haben (Zwischenruf des Abg. Hanger), die nicht gescheit zugehört haben, denen man angemerkt hat, dass sie gedacht haben: Was sind schon ein paar Parlamentarier? Lasst uns in Ruhe!


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll111. Sitzung, 16. und 17. Juni 2021 / Seite 311

Einer davon hat dann leider den Fehler gemacht, falsch auszusagen. Na ja, jetzt ist er halt vor der Staatsanwaltschaft, muss dort erklären, warum er falsch ausgesagt hat. Das trifft auch den Herrn Bundeskanzler. (Ruf bei der ÖVP: Auftragsjournalist!) – Die, die Sie nicht dabei waren, können sich das gar nicht vorstellen. Herr Hanger war dabei. Es war eine ruhige Stimmung, ruhige Fragen, ruhige Antworten, und dann hat er die Unwahrheit gesagt. (Abg. Hanger: Das stimmt ja nicht!) Die Frage ist, ob der Vorsatz vorhanden ist. Dabei vertrauen wir der Justiz.

Sie vertrauen ja der Justiz nicht, das ist auch ein wesentlicher Unterschied. (Zwischen­rufe bei der ÖVP.) Sie vertrauen der Justiz nicht, wir vertrauen der Justiz. Schauen wir, was die Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft macht, schauen wir, was die Gerichte machen, und dann können Sie weiter ganz ruhig sein.


Präsidentin Doris Bures: Herr Abgeordneter, Sie müssen nun den Schlusssatz formu­lieren. (Zwischenrufe bei der ÖVP.)


Abgeordneter Dr. Helmut Brandstätter (fortsetzend): Wesentlich ist, dass noch so viel aufzuklären ist. Deswegen möchte ich Ihnen keine Hoffnung machen. Sie können den Ausschuss jetzt abdrehen.


Präsidentin Doris Bures: Herr Abgeordneter, Ihre Redezeit ist ausgeschöpft.


Abgeordneter Dr. Helmut Brandstätter (fortsetzend): Danke schön. (Beifall bei den NEOS und bei Abgeordneten der SPÖ.)

0.23

00.23.37


Präsidentin Doris Bures: Mir liegt nun keine Wortmeldung mehr vor. Die Debatte ist geschlossen.

Ich frage die Fraktionen, ob wir zur Abstimmung kommen können. – Gut, dann bitte ich die Damen und Herren Abgeordneten, ihren Sitzplatz einzunehmen.

Wir kommen zur Abstimmung über den Antrag der Einsetzungsminderheit gemäß § 53 Abs. 6 VO-UA auf nochmalige Verlängerung des Untersuchungsausschusses betreffend mutmaßliche Käuflichkeit der türkis-blauen Bundesregierung um drei Monate.

Ich ersuche jene Damen und Herren, die sich für diese Verlängerung aussprechen, um ein Zeichen der Zustimmung. – Das ist die Minderheit, abgelehnt.

00.24.33Einlauf


Präsidentin Doris Bures: Ich gebe bekannt, dass in der heutigen Sitzung die Selbständigen Anträge 1706/A bis 1744/A(E) eingebracht worden sind.

Verlangen im Sinne des § 99 Abs. 2 GOG


Präsidentin Doris Bures: Weiters gebe ich bekannt, dass im Zusammenhang mit dem Selbständigen Antrag 1706/A auf Durchführung eines besonderen Aktes der Gebarens­überprüfung durch den Rechnungshof betreffend „Beschaffungen in den Jahren 2020 und 2021 in Zusammenhang mit der Covid-Pandemie“ im Bundesministerium für Bil­dung, Wissenschaft und Forschung ein Verlangen von 20 Abgeordneten im Sinne des § 99 Abs. 2 der Geschäftsordnung gestellt wurde.


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll111. Sitzung, 16. und 17. Juni 2021 / Seite 312

Da die gesetzlichen Voraussetzungen gegeben sind, ist diese Gebarensüberprüfung auch ohne Beschluss des Nationalrates durchzuführen.

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Die nächste Sitzung des Nationalrates, die geschäftsordnungsmäßige Mitteilungen und Zuweisungen betreffen wird, berufe ich für 0.25 Uhr – das ist gleich im Anschluss an diese Sitzung – ein.

Diese Sitzung ist geschlossen.

00.25.42Schluss der Sitzung: 00.25 Uhr

 

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