Plenarsitzung
des Nationalrates
Stenographisches Protokoll
6. Sitzung des Nationalrates der Republik Österreich
Mittwoch, 11. Dezember 2019
XXVII. Gesetzgebungsperiode
Großer Redoutensaal
6. Sitzung des Nationalrates der Republik Österreich
XXVII. Gesetzgebungsperiode Mittwoch, 11. Dezember 2019
Dauer der Sitzung
Mittwoch, 11. Dezember 2019: 10.11 – 22.07 Uhr
*****
Tagesordnung
1. Punkt: Bericht über den Antrag 50/A der Abgeordneten Dr. Stephanie Krisper, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz über die Gewährung von Asyl (Asylgesetz 2005 – AsylG 2005) geändert wird
2. Punkt: Bericht über den Antrag 87/A der Abgeordneten Karl Mahrer, BA, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Fremdenpolizeigesetz 2005 geändert wird
3. Punkt: Bericht über den Antrag 46/A der Abgeordneten Mag. Friedrich Ofenauer, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Beamten-Dienstrechtsgesetz 1979, das Gehaltsgesetz 1956, das Vertragsbedienstetengesetz 1948, das Richter- und Staatsanwaltschaftsdienstgesetz, das Landeslehrer-Dienstrechtsgesetz, das Land- und forstwirtschaftliche Landeslehrer-Dienstrechtsgesetz, das Landesvertragslehrpersonengesetz 1966, das Land- und forstwirtschaftliche Landesvertragslehrpersonengesetz, das Bundeslehrer-Lehrverpflichtungsgesetz, das Mutterschutzgesetz 1979, das Väter-Karenzgesetz, das Pensionsgesetz 1965, das Bundestheaterpensionsgesetz und das Bundesbahn-Pensionsgesetz geändert werden (3. Dienstrechts-Novelle 2019)
4. Punkt: Bericht über den Antrag 24/A der Abgeordneten Ing. Markus Vogl, Peter Wurm, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das VKI-Finanzierungsgesetz 2019 erlassen und das Kartellgesetz 2005 geändert wird
5. Punkt: Bericht über den Antrag 94/A der Abgeordneten Mag. Andreas Hanger, Mag. Ulrike Fischer, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem ein VKI-Finanzierungsgesetz 2020 erlassen und das Kartellgesetz 2005 geändert wird
6. Punkt: Bericht über den Antrag 84/A der Abgeordneten Peter Haubner, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundeshaftungsobergrenzengesetz geändert und das EUROFIMA-Gesetz aufgehoben wird
7. Punkt: Bundesgesetz, mit dem das Strafgesetzbuch, das Gesetz über das Bundesamt zur Korruptionsprävention und Korruptionsbekämpfung und die Strafprozeßordnung 1975 zur Umsetzung der Richtlinie über die strafrechtliche Bekämpfung von gegen die finanziellen Interessen der Union gerichtetem Betrug geändert werden
8. Punkt: Ersuchen der Staatsanwaltschaft Leoben um Zustimmung zur behördlichen Verfolgung des Abgeordneten zum Nationalrat Wolfgang Zanger
9. Punkt: Ersuchen der Staatsanwaltschaft Graz um Zustimmung zur behördlichen Verfolgung des Abgeordneten zum Nationalrat Herbert Kickl
10. Punkt: Erste Lesung: Antrag der Abgeordneten Josef Muchitsch, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Arbeitszeitgesetz geändert wird (42/A)
11. Punkt: Erste Lesung: Antrag der Abgeordneten Mag. Ruth Becher, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Maklergesetz 1996, zuletzt geändert durch das BGBl. I Nr. 107/2017, geändert wird (51/A)
12. Punkt: Erste Lesung: Antrag der Abgeordneten Mag. Jörg Leichtfried, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz über die Geschäftsordnung des Nationalrates (Geschäftsordnungsgesetz 1975) geändert wird (53/A)
13. Punkt: Erste Lesung: Antrag der Abgeordneten Kai Jan Krainer, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Einkommensteuergesetz 1988 geändert wird (83/A)
14. Punkt: Erste Lesung: Antrag der Abgeordneten Herbert Kickl, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesverfassungsgesetz, mit dem das Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) geändert wird (100/A)
15. Punkt: Erste Lesung: Antrag der Abgeordneten Douglas Hoyos-Trauttmansdorff, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundes(verfassungs)gesetz, mit dem das Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) und das Bundesgesetz über den Rechnungshof (Rechnungshofgesetz 1948 – RHG) geändert werden (102/A)
16. Punkt: Wahl von Ausschüssen
*****
Inhalt
Personalien
Verhinderungen .............................................................................................................. 20
Ordnungsrufe ................................................................................................ 64, 128, 128
Geschäftsbehandlung
Absehen von der 24-stündigen Frist für das Aufliegen der schriftlichen Ausschussberichte 17 und 18 d.B. gemäß § 44 (2) GOG ..................................................................................................... 63
Redezeitbeschränkung nach Beratung in der Präsidialkonferenz gemäß § 57 Abs. 5 GOG 63
Verlangen der Abgeordneten Kai Jan Krainer, Dr. Stephanie Krisper, Kolleginnen und Kollegen gemäß § 33 Abs. 1 2. Satz GOG auf Einsetzung eines Untersuchungsausschusses betreffend „mutmaßliche Käuflichkeit der türkis-blauen Bundesregierung (Ibiza-Untersuchungsausschuss)“ ..... 92
Verlangen gemäß § 33 Abs. 4 GOG auf Durchführung einer kurzen Debatte im Sinne des § 57a Abs. 1 GOG ......................................................................................................................................... 92
RednerInnen:
Kai Jan Krainer ........................................................................................................... 235
Mag. Wolfgang Gerstl ................................................................................................ 238
Katharina Kucharowits .............................................................................................. 239
Christian Hafenecker, MA ......................................................................................... 241
Sigrid Maurer, BA ....................................................................................................... 242
Dr. Stephanie Krisper ................................................................................................ 243
Zuweisung des Verlangens auf Einsetzung eines Untersuchungsausschusses an den Geschäftsordnungsausschuss ..................................................................................... 245
Unterbrechung der Sitzung ........................................................................................ 130
Verlesung der vorgesehenen Fassung eines Teiles des Amtlichen Protokolls dieser Sitzung durch Präsidenten Mag. Wolfgang Sobotka ...................................................................... 244
Genehmigung des verlesenen Teiles des Amtlichen Protokolls ................................ 245
Aktuelle Stunde (2.)
Thema: „Stopp der Gewalt an Frauen!“ ................................................................... 20
RednerInnen:
Dr. Pamela Rendi-Wagner, MSc ................................................................................. 21
Bundesministerin Mag. Ines Stilling ................................................................... 23, 38
Mag. Dr. Juliane Bogner-Strauß ................................................................................. 25
Gabriele Heinisch-Hosek ............................................................................................. 26
Herbert Kickl ................................................................................................................. 27
Mag. Meri Disoski ......................................................................................................... 29
Henrike Brandstötter ................................................................................................... 31
Mag. Michaela Steinacker ............................................................................................ 32
Mag. Selma Yildirim ..................................................................................................... 34
Dr. Dagmar Belakowitsch ........................................................................................... 35
Bedrana Ribo, MA ........................................................................................................ 37
Michael Bernhard ......................................................................................................... 38
Aktuelle Stunde – Aktuelle Europastunde (3.)
Thema: „Die großen Herausforderungen der neuen Europäischen Kommission“ 40
RednerInnen:
Dr. Reinhold Lopatka ................................................................................................... 40
Bundesminister Mag. Alexander Schallenberg, LL.M. ............................................. 42
Elisabeth Köstinger ..................................................................................................... 45
Mag. Jörg Leichtfried ................................................................................................... 47
Dr. Reinhard Eugen Bösch ......................................................................................... 48
Mag. Werner Kogler ..................................................................................................... 49
Mag. Beate Meinl-Reisinger, MES .............................................................................. 51
Mag. Martin Engelberg ................................................................................................. 52
Julia Elisabeth Herr ...................................................................................................... 54
Dr. Susanne Fürst ........................................................................................................ 55
Michel Reimon, MBA .................................................................................................... 57
Dr. Nikolaus Scherak, MA ........................................................................................... 58
Bundesregierung
Vertretungsschreiben ..................................................................................................... 20
Ausschüsse
Zuweisungen ......................................................... 60, 202, 209, 212, 219, 223, 228, 245
16. Punkt: Wahl von Ausschüssen .............................................................................. 228
Dringlicher Antrag
der Abgeordneten Mag. Beate Meinl-Reisinger, MES, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Umsetzung notwendiger Spielerschutzmaßnahmen im Glückspiel“ (110/A)(E) ............................ 130
Begründung: Mag. Beate Meinl-Reisinger, MES ....................................................... 133
Bundesminister Dipl.-Kfm. Eduard Müller, MBA .................................................... 137
Debatte:
Dr. Stephanie Krisper ................................................................................................ 139
Karlheinz Kopf ............................................................................................................ 141
Kai Jan Krainer ........................................................................................................... 142
MMag. DDr. Hubert Fuchs ......................................................................................... 146
Mag. Werner Kogler ................................................................................................... 148
Mag. Gerald Loacker .................................................................................................. 150
Mag. Andreas Hanger ................................................................................................ 151
Eva Maria Holzleitner, BSc ........................................................................................ 152
Dr. Dagmar Belakowitsch ......................................................................................... 154
Mag. Nina Tomaselli ................................................................................................... 156
Josef Schellhorn ........................................................................................................ 157
Mag. Elisabeth Scheucher-Pichler ........................................................................... 158
Ing. Markus Vogl ......................................................................................................... 160
Peter Wurm ................................................................................................................. 161
David Stögmüller ........................................................................................................ 162
Entschließungsantrag der Abgeordneten Kai Jan Krainer, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Wahrung des Einflusses bei der Casinos Austria AG durch Nutzung des Vorkaufsrechts“ – Ablehnung 145, 164
Ablehnung des Selbständigen Entschließungsantrages 110/A(E) ............................... 164
Verhandlungen
Gemeinsame Beratung über
1. Punkt: Bericht des Budgetausschusses über den Antrag 50/A der Abgeordneten Dr. Stephanie Krisper, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz über die Gewährung von Asyl (Asylgesetz 2005 – AsylG 2005) geändert wird (12 d.B.) ...................................... 63
2. Punkt: Bericht des Budgetausschusses über den Antrag 87/A der Abgeordneten Karl Mahrer, BA, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Fremdenpolizeigesetz 2005 geändert wird (13 d.B.) .................................................................................................................. 63
RednerInnen:
Hannes Amesbauer, BA .............................................................................................. 64
Karl Mahrer, BA ............................................................................................................ 67
Peter Wurm ................................................................................................................... 79
Josef Muchitsch ........................................................................................................... 81
Alois Kainz .................................................................................................................... 83
Dr. Alma Zadić, LL.M. ................................................................................................... 84
Dr. Stephanie Krisper .................................................................................................. 85
Bundesminister Dr. Wolfgang Peschorn .................................................................. 89
Karlheinz Kopf .............................................................................................................. 92
Ing. Reinhold Einwallner ............................................................................................. 94
Dr. Ewa Ernst-Dziedzic ............................................................................................... 95
Josef Schellhorn .......................................................................................................... 96
Dipl.-Kffr. (FH) Elisabeth Pfurtscheller ...................................................................... 98
Nurten Yılmaz .................................................................................................... 100, 109
Mag. Faika El-Nagashi ............................................................................................... 101
Klaus Köchl ................................................................................................................. 102
Dr. Dagmar Belakowitsch ......................................................................................... 103
Karl Nehammer, MSc ................................................................................................. 105
Herbert Kickl ............................................................................................................... 106
Michel Reimon, MBA .................................................................................................. 109
Entschließungsantrag der Abgeordneten Herbert Kickl, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Abbruch der EU-Beitrittsverhandlungen mit der Türkei“ – Annahme (3/E) ............................... 66, 110
Entschließungsantrag der Abgeordneten Josef Muchitsch, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Lehrlinge – Integration vor Zuzug“ – Ablehnung .................................................. 82, 111
Entschließungsantrag der Abgeordneten Dr. Stephanie Krisper, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Unabhängigkeit der Rechtsberatung im Asylverfahren sicherstellen“ – Ablehnung 87, 110
Kenntnisnahme des Ausschussberichtes 12 d.B. ........................................................ 110
Annahme des Gesetzentwurfes in 13 d.B. ................................................................... 110
3. Punkt: Bericht des Budgetausschusses über den Antrag 46/A der Abgeordneten Mag. Friedrich Ofenauer, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Beamten-Dienstrechtsgesetz 1979, das Gehaltsgesetz 1956, das Vertragsbedienstetengesetz 1948, das Richter- und Staatsanwaltschaftsdienstgesetz, das Landeslehrer-Dienstrechtsgesetz, das Land- und forstwirtschaftliche Landeslehrer-Dienstrechtsgesetz, das Landesvertragslehrpersonengesetz 1966, das Land- und forstwirtschaftliche Landesvertragslehrpersonengesetz, das Bundeslehrer-Lehrverpflichtungsgesetz, das Mutterschutzgesetz 1979, das Väter-Karenzgesetz, das Pensionsgesetz 1965, das Bundestheaterpensionsgesetz und das Bundesbahn-Pensionsgesetz geändert werden (3. Dienstrechts-Novelle 2019) (9 d.B.) 111
RednerInnen:
Mag. Gerald Loacker .................................................................................................. 111
Mag. Friedrich Ofenauer ............................................................................................ 114
Gabriele Heinisch-Hosek ........................................................................................... 119
Dipl.-Ing. Karin Doppelbauer .................................................................................... 121
Christian Lausch ........................................................................................................ 122
Mag. Eva Blimlinger ................................................................................................... 123
MMMag. Gertraud Salzmann ..................................................................................... 124
Mag. Christian Drobits ............................................................................................... 125
Mag. Markus Koza ...................................................................................................... 127
Hans Stefan Hintner ................................................................................................... 128
Entschließungsantrag der Abgeordneten Mag. Gerald Loacker, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Angleichung des öffentlich Bediensteter an den privaten Sektor“ – Ablehnung 112, 130
Annahme des Gesetzentwurfes in 9 d.B. ..................................................................... 129
Gemeinsame Beratung über
4. Punkt: Bericht des Budgetausschusses über den Antrag 24/A der Abgeordneten Ing. Markus Vogl, Peter Wurm, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das VKI-Finanzierungsgesetz 2019 erlassen und das Kartellgesetz 2005 geändert wird (10 d.B.) ...................................... 164
5. Punkt: Bericht des Budgetausschusses über den Antrag 94/A der Abgeordneten Mag. Andreas Hanger, Mag. Ulrike Fischer, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem ein VKI-Finanzierungsgesetz 2020 erlassen und das Kartellgesetz 2005 geändert wird (11 d.B.) 164
RednerInnen:
Ing. Markus Vogl ......................................................................................................... 164
Mag. Andreas Hanger ................................................................................................ 166
Peter Wurm ................................................................................................................. 167
Mag. Ulrike Fischer .................................................................................................... 168
Cornelia Ecker ............................................................................................................ 169
Mag. Felix Eypeltauer ................................................................................................. 171
Eva-Maria Himmelbauer, BSc ................................................................................... 172
Ing. Martin Litschauer ................................................................................................ 173
Philip Kucher .............................................................................................................. 174
Entschließungsantrag der Abgeordneten Mag. Jörg Leichtfried, Kolleginnen und Kollegen betreffend „österreichisches Glyphosat-Verbot“ – Annahme (4/E) 170, 175
Kenntnisnahme des Ausschussberichtes 10 d.B. ........................................................ 175
Annahme des Gesetzentwurfes in 11 d.B. ................................................................... 175
6. Punkt: Bericht des Budgetausschusses über den Antrag 84/A der Abgeordneten Peter Haubner, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundeshaftungsobergrenzengesetz geändert und das EUROFIMA-Gesetz aufgehoben wird (8 d.B.) ............................... 175
RednerInnen:
Kai Jan Krainer ........................................................................................................... 176
Peter Haubner ............................................................................................................. 177
MMag. DDr. Hubert Fuchs ......................................................................................... 178
Mag. Dr. Jakob Schwarz, BA .................................................................................... 180
Mag. Karin Greiner ..................................................................................................... 181
Ing. Klaus Lindinger, BSc ......................................................................................... 181
Dipl.-Ing. Gerhard Deimek ......................................................................................... 182
Hermann Weratschnig, MBA MSc ............................................................................ 184
Erwin Angerer ............................................................................................................ 186
Entschließungsantrag der Abgeordneten Christian Hafenecker, MA, Alois Stöger, diplŏmé, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Umsetzung einer Einhausung und Tieferlegung der Westbahn im Bereich Leonding“ – Ablehnung 183, 188
Entschließungsantrag der Abgeordneten Mag. Klaus Fürlinger, Hermann Weratschnig, MBA MSc, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Prüfung einer Einhausung und Tieferlegung der Westbahn im Bereich Leonding in ökologischer, ökonomischer und technischer Hinsicht“ – Annahme (5/E) 185, 188
Annahme des Gesetzentwurfes in 8 d.B. ..................................................................... 188
7. Punkt: Bericht des Budgetausschusses über die Regierungsvorlage (1 d.B.): Bundesgesetz, mit dem das Strafgesetzbuch, das Gesetz über das Bundesamt
zur Korruptionsprävention und Korruptionsbekämpfung und die Strafprozeßordnung 1975 zur Umsetzung der Richtlinie über die strafrechtliche Bekämpfung von gegen die finanziellen Interessen der Union gerichtetem Betrug geändert werden (14 d.B.) 189
RednerInnen:
Mag. Michaela Steinacker .......................................................................................... 189
Bundesminister Dr. Dr. h.c. Clemens Jabloner ...................................................... 190
Mag. Selma Yildirim ................................................................................................... 190
Mag. Harald Stefan ..................................................................................................... 191
Dr. Alma Zadić, LL.M. ................................................................................................. 191
Dr. Johannes Margreiter ............................................................................................ 192
Dr. Christian Stocker ................................................................................................. 193
Mag. Christian Drobits ............................................................................................... 194
Mag. Ruth Becher ....................................................................................................... 195
Annahme des Gesetzentwurfes in 14 d.B. ................................................................... 195
8. Punkt: Bericht des Immunitätsausschusses über das Ersuchen der Staatsanwaltschaft Leoben (Zl. 5 St 330/19i) um Zustimmung zur behördlichen Verfolgung des Abgeordneten zum Nationalrat Wolfgang Zanger (17 d.B.) ........................................................................................................................ 196
Annahme des Ausschussantrages in 17 d.B. ............................................................... 196
9. Punkt: Bericht des Immunitätsausschusses über das Ersuchen der Staatsanwaltschaft Graz (Zl. 25 St 124/19x) um Zustimmung zur behördlichen Verfolgung des Abgeordneten zum Nationalrat Herbert Kickl (18 d.B.) ........................................................................................................................ 196
Annahme des Ausschussantrages in 18 d.B. ............................................................... 196
10. Punkt: Erste Lesung: Antrag der Abgeordneten Josef Muchitsch, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Arbeitszeitgesetz geändert wird (42/A) ........................... 197
RednerInnen:
Josef Muchitsch ......................................................................................................... 197
Christoph Zarits ......................................................................................................... 197
Rudolf Silvan .............................................................................................................. 198
Dr. Dagmar Belakowitsch ......................................................................................... 200
Mag. Markus Koza ...................................................................................................... 200
Mag. Gerald Loacker .................................................................................................. 201
Zuweisung des Antrages 42/A an den Ausschuss für Arbeit und Soziales (nach erfolgter Wahl dieses Ausschusses) .............................................................................................................. 202
11. Punkt: Erste Lesung: Antrag der Abgeordneten Mag. Ruth Becher, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Maklergesetz 1996, zuletzt geändert durch das BGBl. I Nr. 107/2017, geändert wird (51/A) ..................................................................................................... 202
RednerInnen:
Mag. Ruth Becher ....................................................................................................... 202
Johann Singer ............................................................................................................ 203
Maximilian Köllner, MA .............................................................................................. 204
Mag. Philipp Schrangl ....................................................................................... 205, 208
Mag. Nina Tomaselli ................................................................................................... 206
Mag. Felix Eypeltauer ................................................................................................. 207
Zuweisung des Antrages 51/A an den Ausschuss für Bauten und Wohnen (nach erfolgter Wahl dieses Ausschusses) .............................................................................................................. 209
12. Punkt: Erste Lesung: Antrag der Abgeordneten Mag. Jörg Leichtfried, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz über die Geschäftsordnung des Nationalrates (Geschäftsordnungsgesetz 1975) geändert wird (53/A) .............................................. 209
RednerInnen:
Mag. Jörg Leichtfried ................................................................................................. 209
Mag. Michael Hammer ................................................................................................ 210
Sigrid Maurer, BA ....................................................................................................... 211
Yannick Shetty ............................................................................................................ 212
Zuweisung des Antrages 53/A an den Geschäftsordnungsausschuss ........................ 212
13. Punkt: Erste Lesung: Antrag der Abgeordneten Kai Jan Krainer, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Einkommensteuergesetz 1988 geändert wird (83/A) ..... 213
RednerInnen:
Mag. Dr. Petra Oberrauner ........................................................................................ 213
Andreas Minnich ........................................................................................................ 214
MMag. DDr. Hubert Fuchs ......................................................................................... 215
Mag. Nina Tomaselli ................................................................................................... 215
Dipl.-Ing. Karin Doppelbauer .................................................................................... 216
Maximilian Lercher ..................................................................................................... 218
Zuweisung des Antrages 83/A an den Finanzausschuss (nach erfolgter Wahl dieses Ausschusses) ............................................................................................................................. 219
14. Punkt: Erste Lesung: Antrag der Abgeordneten Herbert Kickl, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesverfassungsgesetz, mit dem das Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) geändert wird (100/A) ............................................................................................................................. 219
RednerInnen:
Dr. Susanne Fürst ...................................................................................................... 219
Mag. Klaus Fürlinger .................................................................................................. 220
Mag. Thomas Drozda ................................................................................................. 221
Sigrid Maurer, BA ....................................................................................................... 222
Dr. Helmut Brandstätter ............................................................................................ 223
Zuweisung des Antrages 100/A an den Verfassungsausschuss (nach erfolgter Wahl dieses Ausschusses) ............................................................................................................................. 223
15. Punkt: Erste Lesung: Antrag der Abgeordneten Douglas Hoyos-Trauttmansdorff, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundes(verfassungs)gesetz, mit dem das Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) und das Bundesgesetz über den Rechnungshof (Rechnungshofgesetz 1948 – RHG) geändert werden (102/A) ............................................................................................................................. 224
RednerInnen:
Douglas Hoyos-Trauttmansdorff ............................................................................. 224
Mag. Maria Smodics-Neumann ................................................................................. 225
Mag. Karin Greiner ..................................................................................................... 226
Christian Lausch ........................................................................................................ 226
David Stögmüller ........................................................................................................ 227
Zuweisung des Antrages 102/A an den Verfassungsausschuss (nach erfolgter Wahl dieses Ausschusses) ............................................................................................................................. 228
Eingebracht wurden
Regierungsvorlagen .................................................................................................... 61
4: Abkommen über eine umfassende und verstärkte Partnerschaft zwischen der Europäischen Union und der Europäischen Atomgemeinschaft und ihren Mitgliedstaaten einerseits und der Republik Armenien andererseits
5: Protokoll zwischen der Republik Österreich und dem OPEC-Fonds für internationale Entwicklung zur Abänderung des Abkommens zwischen der Republik Österreich und dem OPEC-Fonds für internationale Entwicklung über den Amtssitz des Fonds
6: Übereinkommen über die Zustellung gerichtlicher und außergerichtlicher Schriftstücke im Ausland in Zivil- oder Handelssachen vom 15. November 1965
7: Übereinkommen zur Gründung des Europäischen Büros für Kommunikation (ECO) Den Haag, den 23. Juni 1993, geändert in Kopenhagen am 9. April 2002 und in Kopenhagen am 23. November 2011
15: Luftverkehrsabkommen zwischen den Vereinigten Staaten von Amerika als erster Partei, der Europäischen Union und ihren Mitgliedstaaten als zweiter Partei, Island als dritter Partei und dem Königreich Norwegen als vierter Partei
16: Zusatzabkommen zwischen der Europäischen Union und ihren Mitgliedstaaten als erster Partei, Island, als zweiter Partei, und dem Königreich Norwegen, als dritter Partei, betreffend die Anwendung des Luftverkehrsabkommens zwischen den Vereinigten Staaten von Amerika als erster Partei, der Europäischen Union und ihren Mitgliedstaaten als zweiter Partei, Island als dritter Partei und dem Königreich Norwegen als vierter Partei
Berichte ......................................................................................................................... 60
Vorlage 6 BA: Monatserfolg Oktober 2019; BM f. Finanzen
Vorlage 7 BA: Bericht gemäß § 67 Abs. 4 BHG 2013 über die Ergebnisse des Beteiligungs- und Finanzcontrolling zum Stichtag 30. September 2019; BM f. Finanzen
III-66: Sonderbericht betreffend „Keine Chance auf Arbeit – Die Realität von Menschen mit Behinderung“; Volksanwaltschaft
III-70: Bericht betreffend Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl – Reihe BUND 2019/46; Rechnungshof
III-72: Bericht betreffend System der Finanzzielsteuerung im Gesundheitswesen – Reihe BUND 2019/47; Rechnungshof
III-73: Bericht betreffend Disziplinarwesen der Bundesbediensteten – Reihe BUND 2019/48; Rechnungshof
III-74: Außen- und Europapolitischer Bericht 2016/2017 und 2018; Bundesregierung
III-76: Bericht über die Volksgruppenförderung des Bundeskanzleramtes 2018; Bundesregierung
III-77: Sozialbericht 2019; BM f. Arbeit, Soziales, Gesundheit und Konsumentenschutz
Anträge der Abgeordneten
Mag. Beate Meinl-Reisinger, MES, Kolleginnen und Kollegen betreffend Umsetzung notwendiger Spielerschutzmaßnahmen im Glückspiel (110/A)(E)
Mag. Wolfgang Gerstl, Dr. Alma Zadić, LLM, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundesministeriengesetz 1986 geändert wird (111/A)
Peter Haubner, Mag. Dr. Jakob Schwarz, BA, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem eine vorläufige Vorsorge für das Finanzjahr 2020 getroffen wird (Gesetzliches Budgetprovisorium 2020) und das Bundesfinanzrahmengesetz 2019 bis 2022 geändert wird (112/A)
Mag. Dr. Sonja Hammerschmid, Kolleginnen und Kollegen betreffend Sicherstellung Finanzierung qualitätsvoller sexueller Bildung an Schulen (113/A)(E)
Eva Maria Holzleitner, BSc, Kolleginnen und Kollegen betreffend Weiterführung von Erasmus+ und des Europäischen Solidaritätskorps mit Großbritannien nach dem Brexit (114/A)(E)
Petra Wimmer, Kolleginnen und Kollegen betreffend rasche Durchführung einer Kinderkosten-Erhebung (115/A)(E)
Gabriele Heinisch-Hosek, Kolleginnen und Kollegen betreffend Umsetzung „Aktionsplan Frauengesundheit“ (116/A)(E)
Gabriele Heinisch-Hosek, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Echte Gewaltschutzmaßnahmen statt Rückschritte zu Lasten gewaltbetroffener Frauen und Kinder“ (117/A)(E)
Petra Bayr, MA MLS, Kolleginnen und Kollegen betreffend die österreichische Entwicklungszusammenarbeit (118/A)(E)
Yannick Shetty, Kolleginnen und Kollegen betreffend diskriminierungsfreie Blutspende (119/A)(E)
Mag. Gerald Loacker, Kolleginnen und Kollegen betreffend Mehr Treffsicherheit bei Bildungskarenz (120/A)(E)
Dr. Stephanie Krisper, Kolleginnen und Kollegen betreffend Unabhängigkeit der Rechtsberatung im Asylverfahren sicherstellen (121/A)(E)
Dr. Helmut Brandstätter, Kolleginnen und Kollegen betreffend Einstufung der gesamten Hisbollah als terroristische Organisation (122/A)(E)
Dr. Helmut Brandstätter, Kolleginnen und Kollegen betreffend entschlossenes Auftreten Österreichs gegen die Einschränkung von Pressefreiheit und Einschüchterung von Journalist_innen in Serbien und Montenegro (123/A)(E)
Henrike Brandstötter, Kolleginnen und Kollegen betreffend Finanzierung aus einer Hand für Gewaltschutzmaßnahmen (124/A)(E)
Dr. Nikolaus Scherak, MA, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz über die Geschäftsordnung des Nationalrates (Geschäftsordnungsgesetz 1975) geändert wird (125/A)
Dr. Nikolaus Scherak, MA, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesverfassungsgesetz, mit dem das Bundes-Verfassungsgesetz geändert wird (126/A)
Dr. Nikolaus Scherak, MA, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz über die Geschäftsordnung des Nationalrates (Geschäftsordnungsgesetz 1975) geändert wird (127/A)
Dr. Nikolaus Scherak, MA, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz, mit dem die Tätigkeit der Klubs der wahlwerbenden Parteien im Nationalrat und im Bundesrat erleichtert wird (Klubfinanzierungsgesetz 1985 – KlubFG), geändert wird (128/A)
Dr. Stephanie Krisper, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Glücksspielgesetz geändert wird (129/A)
Dr. Stephanie Krisper, Kolleginnen und Kollegen betreffend Angleichung von Schutzzonen rund um VLT-Automatensalons an die landesgesetzlichen Regelungen (130/A)(E)
Michael Bernhard, Kolleginnen und Kollegen betreffend Schaffung eines Klimatransparenzgesetzes inklusive Klimabudget (THG-Budget) (131/A)(E)
Mag. Gerald Loacker, Kolleginnen und Kollegen betreffend Bericht über Ausweitung und Anpassungsmöglichkeiten in der zweiten und dritten Säule der Altersvorsorge (132/A)(E)
Mag. Thomas Drozda, Kolleginnen und Kollegen betreffend Freiwilliges Kulturjahr (133/A)(E)
Katharina Kucharowits, Kolleginnen und Kollegen betreffend mehr Mittel für eine faire Entlohnung von Kunstschaffenden (134/A)(E)
Katharina Kucharowits, Kolleginnen und Kollegen betreffend eine rasche Erarbeitung eines umfassenden UrheberInnenvertragsrechts (135/A)(E)
Mag. Thomas Drozda, Kolleginnen und Kollegen betreffend finanzielle Absicherung des nichtkommerziellen Rundfunks (136/A)(E)
Josef Muchitsch, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bauarbeiter-Schlechtwetterentschädigungsgesetz 1957 geändert wird (137/A)
Josef Muchitsch, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Urlaubsgesetz geändert wird (138/A)
Josef Muchitsch, Kolleginnen und Kollegen betreffend armutsvermeidende Mindestsicherung (139/A)(E)
Josef Muchitsch, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesverfassungsgesetz über die Prinzipien der gesetzlichen Pensionsversicherung (140/A)
Dr. Reinhold Lopatka, Dr. Pamela Rendi-Wagner, MSc, Petra Steger, Mag. Eva Blimlinger, Dr. Helmut Brandstätter, Kolleginnen und Kollegen betreffend Verurteilung von Antisemitismus und der BDS-Bewegung (141/A)(E)
Eva Maria Holzleitner, BSc, Kolleginnen und Kollegen betreffend Weiterführung von Erasmus+ und des Europäischen Solidaritätskorps mit Großbritannien nach dem Brexit (142/A)(E)
Dr. Pamela Rendi-Wagner, MSc, Kolleginnen und Kollegen betreffend eine gemeinsame Außenpolitik der EU für den Frieden (143/A)(E)
Eva Maria Holzleitner, BSc, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Kleine Direktwahl der Landes- und BundesschülerInnenvertretung“ (144/A)(E)
Eva Maria Holzleitner, BSc, Kolleginnen und Kollegen betreffend Klima-, Natur- und Umweltschutz stärker im Schulunterricht verankern (145/A)(E)
Ing. Norbert Hofer, Kolleginnen und Kollegen betreffend finanzielle Anerkennung der häuslichen Pflege (146/A)(E)
Peter Wurm, Kolleginnen und Kollegen betreffend Erhaltung des österreichischen Tabakmonopols und fairer Nichtraucherschutz für unsere heimische Gastronomie (147/A)(E)
Ing. Norbert Hofer, Kolleginnen und Kollegen betreffend Kostenersatz durch Gewalttäter im Gesundheitswesen (148/A)(E)
MMMag. Dr. Axel Kassegger, Kolleginnen und Kollegen betreffend fristgerechte Vorlage der Außen- und Europapolitischen Berichte (149/A)(E)
Herbert Kickl, Kolleginnen und Kollegen betreffend Einbeziehung der Insassen von Justizanstalten in die gesetzliche Krankenversicherung (150/A)(E)
Eva Maria Holzleitner, BSc, Kolleginnen und Kollegen betreffend Lootboxen – Versteckte Gefahr und Suchtpotential in Computerspielen (151/A)(E)
Petra Bayr, MA MLS, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Umsatzsteuergesetz 1994 (UstG 1994) geändert wird (152/A)
Cornelia Ecker, Kolleginnen und Kollegen betreffend zeitgemäße Grundlagen für Energieinfrastrukturverfahren (153/A)(E)
Erwin Angerer, Kolleginnen und Kollegen betreffend Ausnahme von der ALSAG-Beitragspflicht für anfallende Geschiebematerialen rund um Schutzbauten (154/A)(E)
Erwin Angerer, Kolleginnen und Kollegen betreffend ausnahmslose Befreiung von jeglichen Abgaben – insbesondere Altlastensanierungsbeitrag – bei Unwetter- oder Katastrophenereignissen (155/A)(E)
Dietmar Keck, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz über den Schutz der Tiere (Tierschutzgesetz – TSchG) geändert wird (156/A)
Ing. Markus Vogl, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz über Sicherheitsanforderungen und weitere Anforderungen an Lebensmittel, Gebrauchsgegenstände und kosmetische Mittel zum Schutz der Verbraucherinnen und Verbraucher (Lebensmittelsicherheits- und Verbraucherschutzgesetz – LMSVG) geändert wird (157/A)
Dietmar Keck, Kolleginnen und Kollegen betreffend eine Kastrationspflicht für alle Katzen, die mit freiem Zugang zur Natur gehalten werden („Freigängerkatzen“) (158/A)(E)
Ing. Markus Vogl, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz über die Errichtung der Marktordnungsstelle „Agrarmarkt Austria“ (AMA-Gesetz 1992), BGBl. Nr. 376/1992, geändert wird (159/A)
Cornelia Ecker, Kolleginnen und Kollegen betreffend Einleitung einer umfassenden „Bio-Wende“ in der österreichischen Landwirtschaft (160/A)(E)
Christian Hafenecker, MA, Alois Stöger, diplômé, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Kraftfahrgesetz 1967 geändert wird (38. KFG-Novelle) (161/A)
Mag. Gerald Hauser, Kolleginnen und Kollegen betreffend bundesweite Registrierungspflicht für Home Sharing (162/A)(E)
Dipl.-Ing. Karin Doppelbauer, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz vom 6. Feber 1968 über elektrische Leitungsanlagen, die sich nicht auf zwei oder mehrere Bundesländer erstrecken, geändert wird (163/A)
Dr. Dagmar Belakowitsch, Kolleginnen und Kollegen betreffend Ausführungsgesetze zum Sozialhilfe-Grundsatzgesetz (164/A)(E)
Hermann Weratschnig, MBA MSc, Christoph Zarits, Kolleginnen und Kollegen betreffend Evaluierung der A3 Verlängerung nach Klingenbach (165/A)(E)
Mag. Selma Yildirim, Kolleginnen und Kollegen betreffend Schaffung einer neuen Strafbestimmung zu „Upskirting“ und dem Verbot, Nacktfotos ohne das Wissen oder die Einwilligung der Betroffenen anzufertigen (166/A)(E)
Mag. Jörg Leichtfried, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Pflanzenschutzmittelgesetz 2011 geändert wird (167/A)
Klaus Köchl, Elisabeth Köstinger, Erwin Angerer, Dipl.-Ing. Olga Voglauer, Kolleginnen und Kollegen betreffend zusätzliche finanzielle Unterstützung für die Opfer der schweren Unwetter in Kärnten aus dem Katastrophenfonds (168/A)(E)
Dietmar Keck, Kolleginnen und Kollegen betreffend einheitliche Regelungen für die Hundehaltung (169/A)(E)
Zurückgezogen wurde das Verlangen auf erste Lesung binnen drei Monaten über den Antrag der Abgeordneten
Mag. Beate Meinl-Reisinger, MES, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz über die Finanzierung politischer Parteien (Parteiengesetz 2012 – PartG) und das Bundesgesetz über Vereine (Vereinsgesetz 2002 – VerG) geändert werden (29/A) (Zu 29/A)
Anfragen der Abgeordneten
Cornelia Ecker, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Nachhaltigkeit und Tourismus betreffend Bericht über dubiose Agrarförderungen (188/J)
Mag. Dr. Petra Oberrauner, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Finanzen betreffend Erlaubnis eines Glückspieltempels in unmittelbarer Nähe von Jugendeinrichtungen (189/J)
Sabine Schatz, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Inneres betreffend eine rechtsextremistische Veranstaltung im Semriach 2019 (190/J)
Mag. Dr. Sonja Hammerschmid, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Bildung, Wissenschaft und Forschung betreffend gemeinsames Personalmanagement (191/J)
Mag. Dr. Sonja Hammerschmid, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Bildung, Wissenschaft und Forschung betreffend das Projekt „Grundkompetenz absichern“ (192/J)
Christian Lausch, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für öffentlichen Dienst und Sport betreffend Umsetzung von Entschließungsanträgen (193/J)
Mag. Gerald Hauser, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Nachhaltigkeit und Tourismus betreffend Ticketsystem für Investitionszuschüsse zu Photovoltaik-Anlagen und Stromspeichern (194/J)
Christian Lausch, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Arbeit, Soziales, Gesundheit und Konsumentenschutz betreffend Umsetzung von Entschließungsanträgen (195/J)
Dr. Dagmar Belakowitsch, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für EU, Kunst, Kultur und Medien im Bundeskanzleramt betreffend höchst einseitige Berichterstattung über die DDR (196/J)
Peter Wurm, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Arbeit, Soziales, Gesundheit und Konsumentenschutz betreffend Forderung der Datenhoheit für Fahrzeugbesitzer (197/J)
Mag. Harald Stefan, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Verfassung, Reformen, Deregulierung und Justiz betreffend Causa Casinos Chatprotokolle (198/J)
Mag. Christian Drobits, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Verfassung, Reformen, Deregulierung und Justiz betreffend „das Grundrecht auf Datenschutz gemäß § 1 Abs. 1 DSG im Spannungsverhältnis zu Art. 4 Z 1 DSGVO“ (199/J)
Robert Laimer, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Europa, Integration und Äußeres betreffend Abhaltung eines Kulturjahres Österreich-Türkei im Jahr 2020 (200/J)
Douglas Hoyos-Trauttmansdorff, Kolleginnen und Kollegen an die Bundeskanzlerin betreffend Umsetzung von RH-Empfehlungen: Prüfung von politischen Bildungseinrichtungen (201/J)
Katharina Kucharowits, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Verfassung, Reformen, Deregulierung und Justiz betreffend Redaktionsgeheimnis für BloggerInnen (202/J)
Katharina Kucharowits, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für EU, Kunst, Kultur und Medien im Bundeskanzleramt betreffend Missstände in der Ballettakademie der Staatsoper (203/J)
Mag. Martina Künsberg Sarre, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Bildung, Wissenschaft und Forschung betreffend Schulentwicklung (204/J)
Mag. Ruth Becher, Kolleginnen und Kollegen an die Bundeskanzlerin betreffend Anschaffung von neuem Interieur für das Bundeskanzleramt (205/J)
David Stögmüller, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Verkehr, Innovation und Technologie betreffend Austro Control – Aufsichtsratsbesetzung mit schiefer Optik (206/J)
David Stögmüller, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Verfassung, Reformen, Deregulierung und Justiz betreffend FPÖ, Glock, Austro Control & Waffenliberalisierung (207/J)
Mag. Gerald Loacker, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für öffentlichen Dienst und Sport betreffend atypisch Beschäftigte im Öffentlichen Dienst (208/J)
Mag. Gerald Loacker, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Europa, Integration und Äußeres betreffend Atypisch Beschäftigte im Öffentlichen Dienst (209/J)
Mag. Gerald Loacker, Kolleginnen und Kollegen an die Bundeskanzlerin betreffend Atypisch Beschäftigte im Öffentlichen Dienst (210/J)
Mag. Gerald Loacker, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Verfassung, Reformen, Deregulierung und Justiz betreffend Atypisch Beschäftigte im Öffentlichen Dienst (211/J)
Mag. Gerald Loacker, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Arbeit, Soziales, Gesundheit und Konsumentenschutz betreffend Atypisch Beschäftigte im Öffentlichen Dienst (212/J)
Mag. Gerald Loacker, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Bildung, Wissenschaft und Forschung betreffend Atypisch Beschäftigte im Öffentlichen Dienst (213/J)
Mag. Gerald Loacker, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Digitalisierung und Wirtschaftsstandort betreffend Atypisch Beschäftigte im Öffentlichen Dienst (214/J)
Mag. Gerald Loacker, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Finanzen betreffend Atypisch Beschäftigte im Öffentlichen Dienst (215/J)
Mag. Gerald Loacker, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Inneres betreffend Atypisch Beschäftigte im Öffentlichen Dienst (216/J)
Mag. Gerald Loacker, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Landesverteidigung betreffend Atypisch Beschäftigte im Öffentlichen Dienst (217/J)
Mag. Gerald Loacker, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Nachhaltigkeit und Tourismus betreffend Atypisch Beschäftigte im Öffentlichen Dienst (218/J)
Mag. Gerald Loacker, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Verkehr, Innovation und Technologie betreffend Atypisch Beschäftigte im Öffentlichen Dienst (219/J)
Dr. Stephanie Krisper, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Inneres betreffend Gesamtkosten des Projektes „Berittene Polizei“ (220/J)
Dr. Johannes Margreiter, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Verfassung, Reformen, Deregulierung und Justiz betreffend Budgetvollzugsbericht – Einnahmen aus Gerichtsgebühren (221/J)
Mag. Gerald Loacker, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Arbeit, Soziales, Gesundheit und Konsumentenschutz betreffend Sozialhilfe-Grundsatzgesetz und Pflegeregress (222/J)
David Stögmüller, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Inneres betreffend Vize-Landespolizeidirektor außer Rand und Band am Polizeinotruf: „I werd ihnen die Wadl virerichten!“ – weil dieser seinen Namen nicht kennt (223/J)
Josef Schellhorn, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Finanzen betreffend Intervention bei Betriebsprüfungen (224/J)
Josef Schellhorn, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Europa, Integration und Äußeres betreffend Zukunft der Kulturforen und der österreichischen Auslandskulturpolitik (225/J)
Josef Schellhorn, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Finanzen betreffend Betriebsprüfungen (226/J)
Josef Schellhorn, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Digitalisierung und Wirtschaftsstandort betreffend Gefährdung der Unabhängigkeit der Bundeswettbewerbsbehörde (227/J)
Mag. Gerald Loacker, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Arbeit, Soziales, Gesundheit und Konsumentenschutz betreffend Auswirkungen der EZB-Niedrigzins-Politik auf die Veranlagungen der Arbeiterkammern (228/J)
Dr. Stephanie Krisper, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Inneres betreffend herrisches Verhalten eines stv. Landespolizeidirektors (229/J)
Ing. Markus Vogl, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Digitalisierung und Wirtschaftsstandort betreffend „Schwächung der Bundeswettbewerbsbehörde (BWB) zulasten der SteuerzahlerInnen und KonsumentInnen“ (230/J)
Mag. Gerald Loacker, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Finanzen betreffend Betriebsräte bei Post und Telekom (231/J)
Mag. Gerald Loacker, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Arbeit, Soziales, Gesundheit und Konsumentenschutz betreffend Bericht des Hauptverbandes der SV-Träger gem. § 31 (13) ASVG (232/J)
Michael Bernhard, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Frauen, Familien und Jugend im Bundeskanzleramt betreffend Indexierte Familienbeihilfe (233/J)
Michael Bernhard, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Nachhaltigkeit und Tourismus betreffend Müllimporte nach Österreich (234/J)
Michael Bernhard, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Nachhaltigkeit und Tourismus betreffend Gletscherverbauung in Tirol (235/J)
Petra Vorderwinkler, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Europa, Integration und Äußeres betreffend Beziehungen Österreichs zu Südtirol (236/J)
Ing. Reinhold Einwallner, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Inneres betreffend „beunruhigende Sachverhalte beim Polizeinotruf im Speziellen, sowie der Notruf insgesamt im Allgemeinen“ (237/J)
Ing. Reinhold Einwallner, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Inneres betreffend Gesamtkosten des Projektes „Berittene Polizei“ (238/J)
Mag. Gerald Loacker, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für EU, Kunst, Kultur und Medien im Bundeskanzleramt betreffend Atypisch Beschäftigte im Öffentlichen Dienst (239/J)
Mag. Gerald Loacker, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Frauen, Familien und Jugend im Bundeskanzleramt betreffend Atypisch Beschäftigte im Öffentlichen Dienst (240/J)
Ing. Reinhold Einwallner, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Europa, Integration und Äußeres betreffend Aufenthalte von Devin Nunes und Rudy Giuliani in Österreich (241/J)
Ing. Reinhold Einwallner, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Inneres betreffend Aufenthalte von Devin Nunes und Rudy Giuliani in Österreich (242/J)
Dr. Stephanie Krisper, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Verfassung, Reformen, Deregulierung und Justiz betreffend Sicherheitsbericht 2018 (243/J)
Dr. Stephanie Krisper, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Inneres betreffend Sicherheitsbericht 2018 (244/J)
Michael Bernhard, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Verkehr, Innovation und Technologie betreffend Emissionsreduktionen durch Anpassungen des Tempolimits (245/J)
Mag. Gerald Loacker, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Arbeit, Soziales, Gesundheit und Konsumentenschutz betreffend Folgeanfrage: Pensionskonto: Warum zunehmend niedrigere Gutschriften bei jüngeren Geburtsjahrgängen? (246/J)
David Stögmüller, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Landesverteidigung betreffend Luftraumüberwachung in Österreich (247/J)
Michael Bernhard, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Nachhaltigkeit und Tourismus betreffend Pfandsystem für Kunststoffflaschen (248/J)
Josef Schellhorn, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Digitalisierung und Wirtschaftsstandort betreffend Auswirkungen der EZB-Niedrigzins-Politik auf die Veranlagungen der Wirtschaftskammern (249/J)
Dr. Johannes Margreiter, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Verfassung, Reformen, Deregulierung und Justiz betreffend Causa „Ideenschmiede“ und „Goldschatz“ der FPÖ (250/J)
Mag. Gerald Loacker, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Arbeit, Soziales, Gesundheit und Konsumentenschutz betreffend Pensionen: Ausgleichszulage (251/J)
Michael Bernhard, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Nachhaltigkeit und Tourismus betreffend Umweltbelastung durch Kunstrasensportplätze (252/J)
Ing. Reinhold Einwallner, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Inneres betreffend nachlässiger Umgang der ersten Instanz in Asylverfahren (253/J)
Mag. Karin Greiner, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Digitalisierung und Wirtschaftsstandort betreffend Taxikosten (254/J)
Mag. Karin Greiner, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Frauen, Familien und Jugend im Bundeskanzleramt betreffend Taxikosten (255/J)
Mag. Karin Greiner, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Landesverteidigung betreffend Taxikosten (256/J)
Mag. Karin Greiner, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für EU, Kunst, Kultur und Medien im Bundeskanzleramt betreffend Taxikosten (257/J)
Mag. Karin Greiner, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Arbeit, Soziales, Gesundheit und Konsumentenschutz betreffend Taxikosten (258/J)
Mag. Karin Greiner, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Verkehr, Innovation und Technologie betreffend Taxikosten (259/J)
Mag. Karin Greiner, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Bildung, Wissenschaft und Forschung betreffend Taxikosten (260/J)
Mag. Karin Greiner, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Inneres betreffend Taxikosten (261/J)
Mag. Karin Greiner, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Nachhaltigkeit und Tourismus betreffend Taxikosten (262/J)
Mag. Karin Greiner, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für öffentlichen Dienst und Sport betreffend Taxikosten (263/J)
Mag. Karin Greiner, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Finanzen betreffend Taxikosten (264/J)
Mag. Karin Greiner, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Verfassung, Reformen, Deregulierung und Justiz betreffend Taxikosten (265/J)
Mag. Karin Greiner, Kolleginnen und Kollegen an die Bundeskanzlerin betreffend Taxikosten (266/J)
Mag. Karin Greiner, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Europa, Integration und Äußeres betreffend Taxikosten (267/J)
Mag. Gerald Loacker, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Arbeit, Soziales, Gesundheit und Konsumentenschutz betreffend Überschreitet die Arbeiterkammer Salzburg mit parteipolitischen Inseraten die Grenzen des Arbeiterkammer-Gesetzes? (268/J)
Maximilian Lercher, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Finanzen betreffend Negativzinsen für Sparerinnen und Sparer (269/J)
Maximilian Köllner, MA, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für öffentlichen Dienst und Sport betreffend 15 Mio. € Spielgeld für Strache – persönliches Spesenkonto oder Bau eines Sportmuseums? (270/J)
Alois Stöger, diplômé, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Verkehr, Innovation und Technologie betreffend Einstellung des Personenverkehrs auf der Bahnstrecke Haiding–Eferding (271/J)
Katharina Kucharowits, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Inneres betreffend Einsatz eines Bundestrojaners (272/J)
Katharina Kucharowits, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Verfassung, Reformen, Deregulierung und Justiz betreffend Einsatz eines Bundestrojaners (273/J)
Dr. Christoph Matznetter, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Digitalisierung und Wirtschaftsstandort betreffend futurezone Award 2019 (274/J)
Mag. Dr. Sonja Hammerschmid, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Bildung, Wissenschaft und Forschung betreffend Masterplan Digitalisierung (275/J)
Mag. Dr. Sonja Hammerschmid, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Bildung, Wissenschaft und Forschung betreffend LehrerInnenbewertungs-App (276/J)
Mag. Andrea Kuntzl, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Bildung, Wissenschaft und Forschung betreffend erstmalige Anwendung der Zugangsregelungen im Kontext einer kapazitätsorientierten, studierendenbezogenen Universitätsfinanzierung (277/J)
Michael Bernhard, Kolleginnen und Kollegen an die Bundeskanzlerin betreffend Zusatz zu Basler Übereinkommen bzgl. Plastikmüllexport (278/J)
David Stögmüller, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für öffentlichen Dienst und Sport betreffend Spesenausgaben von Heinz-Christian Strache als Bundesminister (279/J)
Dr. Johannes Margreiter, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Verfassung, Reformen, Deregulierung und Justiz betreffend Stand des unendlichen Verfahrens zum Meinl-Anlagebetrug (280/J)
Ralph Schallmeiner, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Verkehr, Innovation und Technologie betreffend Mautbefreiung des Teilstückes der A25 zwischen Knoten Wels-West und Auf-/Abfahrt Wels-Ost (281/J)
Dr. Johannes Margreiter, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Verkehr, Innovation und Technologie betreffend Postenvergabe im BMVIT (282/J)
Anfragebeantwortungen
der Bundesministerin für Frauen, Familien und Jugend im Bundeskanzleramt auf die Anfrage der Abgeordneten Sabine Schatz, Kolleginnen und Kollegen (2/AB zu 14/J)
des Bundesministers für Verkehr, Innovation und Technologie auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Johannes Margreiter, Kolleginnen und Kollegen (3/AB zu 165/J)
des Bundesministers für Verkehr, Innovation und Technologie auf die Anfrage der Abgeordneten Douglas Hoyos-Trauttmansdorff, Kolleginnen und Kollegen (4/AB zu 20/J)
des Bundesministers für öffentlichen Dienst und Sport im Bundeskanzleramt auf die Anfrage der Abgeordneten Eva Maria Holzleitner, BSc, Kolleginnen und Kollegen (5/AB zu 99/J)
des Bundesministers für EU, Kunst, Kultur und Medien im Bundeskanzleramt auf die Anfrage der Abgeordneten Katharina Kucharowits, Kolleginnen und Kollegen (6/AB zu 203/J)
der Bundesministerin für Frauen, Familien und Jugend im Bundeskanzleramt auf die Anfrage der Abgeordneten Petra Bayr, MA MLS, Kolleginnen und Kollegen (7/AB zu 16/J)
Beginn der Sitzung: 10.11 Uhr
Vorsitzende: Präsident Mag. Wolfgang Sobotka, Zweite Präsidentin Doris Bures, Dritter Präsident Ing. Norbert Hofer.
Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich darf etwas verzögert – nach einer Stehpräsidiale, um noch einige Punkte zu klären – die 6. Sitzung des Nationalrates eröffnen.
Ich darf Sie alle noch einmal herzlich begrüßen, auch die Gäste auf der Galerie und die Zuseher zu Hause vor den Fernsehgeräten!
Das Amtliche Protokoll der 5. Sitzung vom 26. November 2019 ist in der Parlamentsdirektion aufgelegen und wurde nicht beanstandet.
Als verhindert gemeldet sind heute die Abgeordneten Ing. Mag. Volker Reifenberger und MMMag. Dr. Axel Kassegger.
Vertretung von Mitgliedern der Bundesregierung
Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Für den heutigen Sitzungstag hat das Bundeskanzleramt über die Vertretung von Mitgliedern der Bundesregierung folgende Mitteilung gemacht:
Herr Bundesminister für Landesverteidigung Mag. Thomas Starlinger wird durch die Bundesministerin für Arbeit, Soziales, Gesundheit und Konsumentenschutz Mag. Dr. Brigitte Zarfl vertreten.
Ferner gebe ich die Vertretung von Mitgliedern der Bundesregierung, die sich in einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union aufhalten, wie folgt bekannt:
Frau Bundeskanzlerin Dr. Brigitte Bierlein wird ab dem frühen Nachmittag durch Herrn Vizekanzler Dr. Clemens Jabloner,
Frau Bundesministerin für Nachhaltigkeit und Tourismus Dipl.-Ing. Maria Patek, MBA durch Herrn Bundesminister für Finanzen Dipl.-Kfm. Eduard Müller, MBA und
Frau Bundesministerin für Bildung, Wissenschaft und Forschung Mag. Dr. Iris Rauskala durch Frau Bundesministerin für Digitalisierung und Wirtschaftsstandort Mag. Elisabeth Udolf-Strobl vertreten.
*****
Ich darf bekannt geben, dass die Sitzung wie immer von ORF 2 bis 13 Uhr und von ORF III bis 19.15 Uhr übertragen wird; anschließend wird die Sitzung in der TVthek kommentiert übertragen.
Es wird auch wieder ein Fotograf im Auftrag der Parlamentsdirektion unterwegs sein.
Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Wir gelangen nunmehr zur Aktuellen Stunde mit dem Thema
„Stopp der Gewalt an Frauen!“
Als Erste zu Wort gemeldet ist Frau Klubobfrau Rendi-Wagner. – Bitte. (Abgeordnete der SPÖ tragen Buttons mit der Aufschrift „Stopp der Gewalt“; Abgeordnete der Grünen tragen Buttons mit der Aufschrift „Stoppt Gewalt an Frauen“.)
Abgeordnete Dr. Pamela Rendi-Wagner, MSc (SPÖ): Herr Präsident! Sehr geehrte Frau Bundesministerin! Hohes Haus! Sehr geehrte Damen und Herren! Jeder Mensch hat das Recht auf ein selbstbestimmtes, ein unabhängiges und vor allem auch ein sicheres Leben, auf ein Leben ohne Gewalt. – So weit, so gut; ich glaube, jeder in diesem Raum kann diesem Satz zu 100 Prozent zustimmen. (Die Rednerin stellt eine Tafel mit der Aufschrift „Frauenhelpline gegen Gewalt: 0800 222 555 www.gewaltschutzzentrum.at × Polizei: 133“ auf das Rednerpult.)
Das Einzige, was dem widerspricht, ist die Zahl 34. – Es haben 34 Menschen seit Jahresbeginn 2019 ihr Leben verloren, die alle eines gemeinsam haben: Sie alle sind Frauen, nicht mehr und nicht weniger. 34 Frauen wurden in Österreich seit Jahresbeginn ermordet.
Eine weitere Gemeinsamkeit ist, dass die allermeisten dieser 34 Morde im familiären Umfeld passiert sind, und das ist nicht meine Meinung, sondern die Statistik belegt das und spricht eine klare Sprache; sie bestätigt: Das größte Risiko für Frauen in Bezug auf Gewalt ist ihr eigener Partner. 92 Prozent – 92 Prozent! – der Frauenmorde geschehen im engsten familiären Kreis, im engsten sozialen Umfeld. Das sage nicht ich, das sagt nicht die Sozialdemokratie, weil wir andere Gründe ausschließen wollen, nein, das sagt das Innenministerium; das ist eine Statistik, die im Ministerium aufliegt.
Wenn wir immer wieder Berichte in der Zeitung lesen, im Fernsehen, im Radio hören und sehen, dann lassen sie uns nicht unberührt. Viel zu oft passieren diese furchtbaren Gewalttaten an Frauen; erst gestern wurde wieder über einen Frauenmord in Niederösterreich in der Zeitung berichtet. Immer das Gleiche: Jedes Mal, wenn eine Frau ermordet wird, herrscht zumindest für eine kurze Zeit helle Aufregung, Empörung, Betroffenheit. Das Problem ist nur: Diese Betroffenheit hält nur sehr kurz an und bald ist es mit der Aufmerksamkeit für dieses aus meiner Sicht sehr, sehr wichtige Thema wieder vorbei. Das können wir nicht hinnehmen, das werden wir nicht hinnehmen und das dürfen wir nicht hinnehmen, sehr geehrte Damen und Herren! (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der Grünen.)
Wir müssen auch hinsichtlich unserer Sprache vorsichtig sein, dahin gehend wie wir darüber sprechen, welche Bezeichnung wir für einen Frauenmord verwenden. Wenn wir von Frauenmorden lesen, dann ist oft von Beziehungsdramen oder eskaliertem Trennungsstreit die Rede. Trifft das die Sache? – Nein. Benennen wir es, wie es ist: Es sind Morde, gezielte Morde an Frauen oder auch an Mädchen. Mord ist die dramatischste Ausprägung von Gewalt überhaupt, da gibt es nichts darüber.
Gewalt an Frauen ist leider kein Einzelfall, es sind nicht wenige Fälle, von denen wir hier sprechen. Auch diesbezüglich spricht die Statistik für Österreich eine ganz klare, aus meiner Sicht viel zu klare und deutliche Sprache: Im Jahr 2018 wurden von der Polizei mehr als 8 000 Betretungsverbote verhängt – in einem Jahr 8 000! – und in Gewaltschutzzentren, in den Interventionsstellen für Frauen mehr als 18 000 Opfer betreut, geschützt und begleitet. Die Schlussfolgerung ist klar: Die allermeisten Opfer sind weiblich, die allermeisten Gefährder sind männlich.
Wir haben 16 Aktionstage gegen Gewalt an Frauen hinter uns, gestern war der letzte davon. Jedes Jahr vom 15. November bis zum 10. Dezember sollen genau diese Aktionstage gegen Gewalt an Frauen auf dieses Thema aufmerksam machen, das kein
frauenpolitisches, sondern ein gesamtgesellschaftliches Thema und Problem ist. Diese Aktionstage lenken den Scheinwerfer genau dorthin, wo dieses Problem am häufigsten auftritt: in den Familien, in den eigenen vier Wänden, dort, wo es verborgen ist. Das ist die Tücke, das ist das Heimtückische an diesem Problem, denn dadurch bleibt es sehr lange unentdeckt, dadurch bleibt es vor uns als Gesellschaft oder Nachbarn einer solchen Familie sehr lange versteckt.
Warum bleibt es so lange unentdeckt? – Wegen der Angst: Die betroffenen Frauen haben Angst, Angst um ihr eigenes Leben und sehr oft auch Angst um das Wohl ihrer Kinder, die meist auch in diesen Familien leben. Sie haben Angst davor, Hilfe zu suchen, meist haben sie auch Angst davor, überhaupt einen Arzt, eine Ärztin aufzusuchen, weil diese ja dann auf diesem Wege auf die Gewalt in der Familie aufmerksam werden könnten. Es ist diese Angst, die Frauen auch daran hindert, so früh wie möglich den Weg aus der Gewalt zu suchen.
Diese Aktionstage gegen Gewalt an Frauen machen deutlich, dass Gewalt gegen Frauen kein privates Problem ist, nein, es ist auch kein Problem der Frauen allein, es ist eine gesamtgesellschaftliche Problematik, mit der wir es da zu tun haben. Diese Tage machen darauf aufmerksam, dass Gewalt gegen Frauen unser aller Problem ist, uns alle etwas angeht – und deswegen, sehr geehrte Damen und Herren, dürfen wir alle hier nicht wegschauen! (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der Grünen.)
Aber es sind genau wir alle hier und darüber hinaus natürlich die damit Befassten, die diese betroffenen Frauen, ihre Kinder und Familien spüren und wissen lassen müssen, dass sie nicht alleine sind und dass wir sie nicht alleine lassen, dass es Hilfe und einen Ausweg aus ihrer Situation gibt. Deshalb machen wir heute einmal mehr darauf aufmerksam, dass es eine Telefonnummer gibt, die bisher leider viel zu wenigen bekannt ist, nämlich die Nummer der Frauenhelpline gegen Gewalt: 0800 222 555. Das ist nicht irgendeine Telefonnummer, sondern ein Anruf dort kann ein Türöffner aus einer Gewaltsituation sein. Das kann für Frauen – egal welchen Alters und egal, in welcher Situation die jeweilige Frau ist – der erste Schritt aus einer Situation sein, aus der sie sich selbst nicht befreien können. Damit kann einfach einmal die Tür einen Spalt geöffnet werden.
Ich selbst war als Frauenministerin in vielen Frauenzentren, und in einem davon hat mir eine 75-jährige Frau berichtet, dass sie es erst nach 50 Jahren gewaltvoller Ehe durch die Hilfe von Frauenschutzzentren und Interventionsstellen geschafft hat, aus dieser jahrzehntelangen Gewalt herauszukommen. – Es ist nie zu spät, und diese Telefonnummer kann der erste Schritt hinaus sein! Wir dürfen nicht wegschauen! (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der Grünen.)
Wir alle im Hohen Haus sind gefordert, Maßnahmen betreffend Gewalt gegen Frauen zu setzen, um entschieden gegen dieses gesellschaftliche Problem aufzutreten. Dabei müssen wir uns die Frage stellen, wo Gewalt gegen Frauen denn eigentlich beginnt. Beginnt sie nicht auch dort, wo Frauen zu wenig verdienen und damit eine ökonomische Ungleichheit beziehungsweise ökonomische Abhängigkeit entsteht? – Ja, auch dort beginnt Gewalt gegen Frauen. Beginnt Gewalt nicht auch dort, wo die Selbstbestimmung der Frau über ihren eigenen Körper infrage gestellt wird? – Doch, auch dort beginnt Gewalt gegen Frauen. Beginnt diese Gewalt nicht auch dort, wo sich viel zu oft die Zuschreibung sexistischer Rollenbilder in unserer Gesellschaft findet? – Auch dort beginnt Gewalt gegen Frauen. (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der Grünen.)
Dabei geht es nicht nur um körperliche Gewalt. Wir sprechen hier auch von psychischer Gewalt, wir sprechen auch von Hass im Netz; davon sind viel zu viele Frauen – meist sind es Frauen – betroffen. Wir müssen Frauen stärken, wir müssen sie schützen, wir müssen ihre Unabhängigkeit stärken, um sie vor Gewalt zu schützen. Jede Frau und jedes Mädchen hat ein gewaltfreies Leben verdient, und wir sind dafür ver-
antwortlich, das sicherzustellen, und zwar durch gerechte Einkommen für Frauen, durch ganztägige Kinderbetreuung in ganz Österreich, die es Frauen ermöglicht, Beruf und Familie unter einen Hut zu bringen und ihre eigene ökonomische Situation abzusichern, und durch wichtige Präventionsmaßnahmen im frauenpolitischen Bereich.
Es geht darum, den Opferschutz mit den notwendigen finanziellen Mitteln auszubauen, Frauen- und Gewaltschutzeinrichtungen endlich mit jenen finanziellen Mitteln auszustatten, die sie brauchen, um die betroffenen Frauen zu schützen, zu begleiten und zu unterstützen. Das ist unsere Aufgabe. Auch im Bereich der Justiz brauchen wir RichterInnen und StaatsanwältInnen, die besser mit diesem Thema umgehen können.
In diesem Sinne, sehr geehrte Damen und Herren, halte ich fest: Gewalt gegen Frauen ist ein gesamtgesellschaftliches Problem, dieses geht uns alle an und betrifft uns alle. Wir alle sind gefordert, wir dürfen keine Frau alleine lassen! – Vielen Dank. (Beifall bei der SPÖ sowie bei Abgeordneten von Grünen und NEOS.)
10.23
Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Ich begrüße Frau Bundesministerin Stilling und darf ihr das Wort erteilen. – Bitte.
Bundesministerin im Bundeskanzleramt Mag. Ines Stilling, betraut mit der Leitung der zum Wirkungsbereich des Bundeskanzleramtes gehörenden Angelegenheiten für Frauen, Familien und Jugend: Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren Abgeordnete! Liebe Zuhörerinnen und Zuhörer auf der Galerie! Liebe Zuseherinnen und Zuseher zu Hause vor den Fernsehgeräten! Es ist ein gutes Zeichen, dass das wichtige Thema Gewaltschutz heute wieder auf der Tagesordnung im Nationalrat steht und dass sich das Parlament bereits in den letzten Monaten intensiv mit diesem Thema auseinandergesetzt hat.
Das eigene Zuhause und Beziehungen sind die gefährlichsten Orte für Frauen in Österreich. Wir wissen, dass jede fünfte Frau in Österreich Gewalt erlitten hat. Das heißt, Gewalt betrifft eine von fünf Frauen in Ihrer Nachbarschaft, eine von fünf Frauen, die ihre Kinder jeden Tag in den Kindergarten oder in die Schule bringen, eine von fünf Frauen, mit denen Sie zusammen arbeiten, und eine von fünf Frauen, die jetzt gerade vor dem Fernsehgerät sitzen, und das in einem Zuhause, das eben leider nicht sicher ist.
Genau an diese Frauen und Mädchen möchte ich mich heute richten und ihnen Folgendes sagen: Sie sind nicht alleine mit dieser Erfahrung, Sie sind vor allem nicht schuld an dieser Erfahrung, und Sie brauchen sich dafür auch nicht zu schämen! (Allgemeiner Beifall.)
Sie können Hilfe in Anspruch nehmen, und bitte tun Sie das auch! Die österreichische Frauenhelpline steht Ihnen rund um die Uhr, jeden Tag im Jahr, kostenlos und anonym zur Verfügung. Darüber hinaus haben wir auch ein enges und großes Netz an Gewaltschutzeinrichtungen, das für Sie da ist. Dieses Netz an Gewaltschutzeinrichtungen konnten wir im Herbst auch noch etwas enger knüpfen, wir können nun auch flächendeckend in ganz Österreich Fachberatungsstellen für Frauen und Mädchen, die Opfer von sexueller Gewalt sind, anbieten. Die MitarbeiterInnen in diesen Gewaltschutzeinrichtungen und an der Helpline leisten hervorragende Arbeit, auch an den bevorstehenden Feiertagen und in den Ferien. Über 15 000 Frauen konnten in diesen Gewaltschutzzentren auch heuer wieder dabei unterstützt werden, ein gewaltfreies Leben zu beginnen. Zögern Sie bitte nicht, sich auch an diese Stellen zu wenden!
Lassen Sie mich an dieser Stelle auch allen MitarbeiterInnen in den Gewaltschutzzentren und Beratungsstellen ein ganz großes und aufrichtiges Dankeschön sagen! (Allgemeiner Beifall.)
Ihre Arbeit als MitarbeiterInnen in diesen Beratungseinrichtungen ermöglicht es vielen Frauen, aus einer Gewaltbeziehung auszubrechen. Gleichzeitig wissen wir aber auch, dass die Ressourcen in diesen Einrichtungen sehr knapp sind. Seit zehn Jahren wurde das Frauenbudget nicht erhöht. Dass dies nicht ausreicht und dass es mehr Geld für Gewaltschutz braucht, zeigt auch, dass hier im Nationalrat im Herbst ein gemeinsamer Entschließungsantrag für mehr Budget in diesem Bereich eingebracht und einstimmig beschlossen wurde, wofür ich Ihnen, sehr geehrte Damen und Herren Abgeordnete, ganz herzlich danke!
Lassen Sie mich betreffend diesen budgetären Mehrbedarf noch Folgendes festhalten: Die Aufstockung des Frauenbudgets um 4 Millionen Euro ist unbedingt und zwingend erforderlich, um die Gewaltschutzeinrichtungen und die Beratungsangebote aufrechtzuerhalten.
Darüber hinaus braucht es aber neben diesen 4 Millionen Euro auch insgesamt mehr Mittel in anderen Kompetenzbereichen, wie etwa im Sozial- und im Bildungsbereich sowie im Bereich der Justiz und der Polizei, um beispielsweise die Opferschutzgruppen in den Spitälern zu stärken, um umfassende Prozessbegleitung für Frauen und Kinder zur Verfügung stellen zu können, um opferschutzorientierte Täterarbeit ausbauen zu können und um bundesweit flächendeckende Informationsarbeit leisten zu können. Obwohl wir nämlich flächendeckende Unterstützungsangebote für Gewaltbetroffene in Österreich haben, ist es leider auch ein trauriges Faktum, dass viele gewaltbetroffenen Frauen oft nicht wissen, wohin sie sich wenden können und dass es entsprechende Hilfe für sie gibt.
Wir sollten daher alle gemeinsam Anstrengungen unternehmen, um betroffene Frauen auf die zur Verfügung stehenden Angebote hinzuweisen. Dafür braucht es aus meiner Sicht eine breit angelegte bundesweite Informationsoffensive, für die es derzeit kein Budget gibt. Daher appelliere ich an Sie, sehr geehrte Damen und Herren Abgeordnete, und auch an die nächste Bundesregierung, für diese unabdingbare Informationsarbeit und für einen effizienten Gewaltschutz in allen Bereichen die nötigen finanziellen Mittel sicherzustellen. (Beifall bei SPÖ, Grünen und NEOS.)
Bitte denken Sie bei den kommenden Budgetberatungen und bei den Verhandlungen im Nationalrat, bei welchen verständlicherweise viele Begehrlichkeiten und Notwendigkeiten aus den jeweiligen Fach- und Politikbereichen vorgebracht werden, an Vorfälle wie jene in Kitzbühel, in Kottingbrunn oder zuletzt in Mistelbach! Der bereits erwähnte gemeinsame Beschluss aller Fraktionen hier im Nationalrat stimmt mich zuversichtlich, dass es in Zukunft mehr finanzielle Ressourcen für den Bereich der Gewaltprävention und des Opferschutzes geben wird.
Finanzielle Mittel sind das eine. Das andere ist aber, dass wir alle gemeinsam, jede und jeder von uns, einen Beitrag leisten können, um Stopp der Gewalt gegen Frauen und Mädchen zu sagen. Gewalt geht uns alle etwas an. Schauen wir nicht weg! Schauen wir nicht weg, wenn in unserer Umgebung eine Frau Gewalt erfährt. Schauen wir nicht weg, sondern fragen wir nach, rufen wir die Polizei, holen wir uns Unterstützung bei Beratungseinrichtungen!
Alle Frauen und Mädchen, die uns jetzt zuhören und die Gewalt ausgesetzt sind, möchte ich noch einmal ermutigen: Holen Sie sich Unterstützung, damit Sie bei einem Weg aus der Gewalt heraus unterstützt werden, damit auch Ihr Zuhause für Sie und Ihre Kinder wieder sicher wird! Sie sind nicht alleine, und ich verspreche Ihnen: Wir lassen Sie nicht alleine! (Allgemeiner Beifall.)
10.29
Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Danke.
Ich darf darauf hinweisen, dass alle folgenden Redner nur mehr eine Redezeit von 5 Minuten haben.
Zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Juliane Bogner-Strauß. – Bitte.
Abgeordnete Mag. Dr. Juliane Bogner-Strauß (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Hohes Haus! Sehr geehrte Zuseherinnen und Zuseher auf der Galerie und vor den Bildschirmen! Gestern endete die Kampagne Orange the World gegen Gewalt an Frauen. 16 Tage lang wurde weltweit darauf aufmerksam gemacht, dass noch viel zu viele Frauen und Mädchen von Gewalt betroffen sind und dass wir gemeinsam etwas dagegen tun müssen. Vor allem müssen wir, und das haben auch meine Vorrednerinnen schon erwähnt, dieses Thema endlich aus der Tabuzone holen.
Österreich hat sich heuer zum dritten Mal beteiligt, und ich möchte mich ganz herzlich bei allen OrganisatorInnen bedanken. UN Women Austria, Soroptimist International Austria, das Ban Ki-moon Centre for Global Citizens und He for She Graz haben da großartige Arbeit geleistet. (Beifall bei der ÖVP sowie des Abg. Kucher.)
In der Kampagne ging es heuer darum, in Österreich Opferschutzgruppen sichtbar zu machen. In ganz Österreich wurden 130 Gebäude beleuchtet, davon 60 Krankenhäuser. Der Opferschutz ist zentral, und die Institutionalisierung der Opferschutzgruppen war ein wichtiger Schritt in Österreich.
Für viele von Gewalt betroffene Frauen und Mädchen sind Gesundheitseinrichtungen die erste Anlaufstelle. Ich möchte hier den Opferschutzreport erwähnen, der zeigt, dass in Wien 27 Prozent aller von Gewalt betroffenen Frauen und Mädchen zuerst in eine Gesundheitseinrichtung gehen. Dort erfahren sie Unterstützung von Fachpersonal, das sensibilisiert ist, das geschult ist, von Fachpersonal, das weiß, wohin es schauen muss, und die Opfer erhalten eine großartige medizinische und therapeutische Behandlung. Es geht aber vor allem auch darum, eine Spurensicherung sicherzustellen, damit die Opfer dann vor Gericht und bei einer Anklage eine Verurteilung erreichen können. Ich möchte mich auch ganz herzlich bei den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern der Opferschutzgruppen für ihre wertvolle Arbeit bedanken. (Beifall bei ÖVP, SPÖ, Grünen und NEOS.)
Wir haben es bereits gehört, die Zahlen sprechen Bände: In Österreich ist jede fünfte Frau beziehungsweise jedes fünfte Mädchen von Gewalt betroffen. Wenn man die europäischen Zahlen anschaut, so muss man feststellen, dass sogar jede dritte Frau betroffen ist. Das heißt, wir müssen einfach mehr tun, um diese Frauen und Mädchen aus der Gewaltspirale herauszuholen.
2018 gab es 41 Frauenmorde, 2019 zählen wir bis vorgestern 34. Was mich wirklich sehr betroffen macht, ist, dass ein Frauenmord in den Medien oft nur mehr eine kleine Randnotiz ist und oft auch nicht als Frauenmord, sondern als Familiendrama dargestellt wird. Es ist daher Aufgabe der Politik, Rahmenbedingungen zu schaffen, dass Frauen, wenn sie von einer Gewaltspirale betroffen sind, aus dieser Gewaltspirale herausfinden. Noch besser wäre es, wenn Frauen und Mädchen überhaupt nicht mehr von Gewalt betroffen wären.
Wir haben in der letzten Regierungsperiode viel getan: Wir haben ein Gewaltschutzpaket geschnürt, wir haben den Ausbau der Beratungsstellen betreffend sexuelle Gewalt auf Schiene gebracht und wir haben eine Screeninggruppe eingerichtet, die beleuchtet hat, wo die Morde stattfinden und warum sie stattfinden. Daraus können wir Schlüsse ziehen und in weiterer Folge Rahmenbedingungen schaffen und gute und zukunftsträchtige, ganz, ganz wichtige – sage ich jetzt einmal; für alle wichtige, für die Gesellschaft wichtige, für die Frauen und Mädchen, die davon betroffen sind, wichtige – Initiativen setzen, damit weniger Frauen und Mädchen von Gewalt betroffen sind.
Wir haben es schon gehört, und ich bitte Sie alle darum: Lassen Sie uns hinschauen und nicht wegschauen!
Vorgestern gab es wieder eine Randnotiz in der Zeitung, dass eine Frau nach fünf Jahren endlich der Gewalt ihres Mannes entkommen ist. – Wie kann es sein, dass fünf Jahre lang niemand bemerkt, dass diese Frau von Gewalt betroffen ist? Keine Nachbarin und kein Nachbar hat hingesehen? – Ich finde, das darf es nicht geben, da braucht es einfach mehr Zivilcourage. (Beifall bei ÖVP und Grünen.)
Ich möchte Sie daher bitten: Machen wir es gemeinsam – wir gemeinsam hier im Parlament, über die Parteigrenzen hinweg –, machen wir Österreich zu einem besseren und sicheren Platz für Frauen und Mädchen, damit sie nicht von Gewalt betroffen sind! (Beifall bei ÖVP und Grünen.)
10.36
Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Heinisch-Hosek. – Bitte.
Abgeordnete Gabriele Heinisch-Hosek (SPÖ): Herr Präsident! Frau Frauenministerin! Ich möchte mich zu Beginn bei allen Fraktionen sehr, sehr herzlich dafür bedanken, dass wir dieses Schild (auf die auf dem Rednerpult stehende Tafel mit der Aufschrift „Frauenhelpline gegen Gewalt: 0800 222 555 www.gewaltschutzzentrum.at × Polizei: 133“ zeigend), diese Telefonnummer, die Leben retten kann, während der gesamten Aktuellen Stunde hier auf dem Rednerpult stehen lassen, dass wir dieses Zeichen setzen, damit wir gemeinsam auch dokumentieren, dass diese Helpline, die seit über 20 Jahren besteht und über die in unterschiedlichsten Sprachen Frauen in Not beraten werden, 365 Tage im Jahr rund um die Uhr – das wurde schon gesagt – erreichbar ist.
Wir haben ein weiteres Zeichen gesetzt – die Frauenministerin hat es erwähnt –: Alle Fraktionen haben mehr Geld für Gewaltschutz gefordert und beschlossen.
Jetzt muss ich aber leider ein bisschen kritisch werden: Wir könnten diese Themen schon längst in den zuständigen Ausschüssen besprechen, aber diese Ausschüsse gibt es leider nicht. Es war bisher nicht möglich, dass ein Gleichbehandlungsausschuss, ein Justizausschuss – also Ausschüsse, die sich mit Materien, die Frauen und das Leben von Frauen, die Gewaltschutz betreffen – ihre Arbeit aufnehmen, weil sie noch nicht konstituiert wurden. Es sind – und jetzt muss ich das Wort in den Mund nehmen – die Verzögerungen, die diese raschen Entscheidungen verhindern. Verzögerungen können diese Entscheidungen verhindern und behindern und dadurch können auch die Lebensumstände von Frauen nicht verbessert werden – nur das habe ich an die Grünen gerichtet gemeint und sonst keine Form der Kritik hier anbringen wollen. (Beifall des Abg. Leichtfried.)
Ich möchte, dass wir in den Ausschüssen diskutieren. Ich möchte, dass wir im Gleichbehandlungsausschuss nicht nur Gewaltschutzthemen diskutieren, ich möchte endlich das Frauenvolksbegehren diskutieren – das war auch noch nicht möglich. Ich möchte gerne über Themen diskutieren, die das Arbeitsleben von Frauen betreffen, die den Kinderschutz betreffen, die die Unterhaltssicherung betreffen. All das war noch nicht möglich, weil verhindert wurde – durch die Verhandlungen, behaupte ich jetzt, durch die ÖVP in erster Linie, habe ich gehört –, dass wir hier Ausschüsse konstituieren, weil noch nicht sicher ist, wer welches Ressort erhalten soll. Das ist doch das Unwichtigste, wenn es um Frauen und ein besseres Leben für Frauen in Österreich geht. (Beifall bei der SPÖ.)
Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Die Geschäftsführerin der Wiener Frauenhäuser nennt immer drei Bereiche, die wichtig sind, um das Leben von Frauen zu schüt-
zen, um Präventionsmaßnahmen gegen Gewalt zu setzen: die Polizei, die Justiz und all die vielen wunderbaren Frauen in den Frauenberatungseinrichtungen, in den Interventionsstellen gegen Gewalt, in den Gewaltschutzzentren, die ÄrztInnen, aber auch die Wissenschaft, die mithilft, dass Frauen hier ein gutes Leben leben können.
In den Frauenberatungseinrichtungen – es sind weit über 100 in Österreich –, in den Gewaltschutzzentren weiß man am allerbesten, was Frauen brauchen. Wenn aber den Einrichtungen Geld entzogen wird, wenn weniger zur Verfügung steht, wenn Frauen unter Umständen drei Wochen, sechs Wochen, acht Wochen oder drei Monate länger auf einen Termin warten müssen, dann kann auch das über das Leben von Frauen entscheiden. Nur das habe ich gemeint: dass wir hier in diesem Hohen Haus endlich aufhören sollten, diese Verzögerungen zu akzeptieren, damit Ausschüsse arbeiten können, damit wir hier Entscheidungen treffen können, Entscheidungen für die Frauen in diesem Land.
Ich glaube, dass es ganz wichtig ist – und das wurde von Pamela Rendi-Wagner gesagt –, dass wir Frauen Existenzängste nehmen: Angst vor Wohnungslosigkeit, Angst, dass der Unterhalt nicht mehr fließt und die Kinder am Ende des Monats kein Essen mehr bekommen, nämlich kein warmes Essen – ich meine da wirklich ein Mittagessen zu Hause, das sich manche alleinerziehenden Frauen nicht mehr leisten können.
Ich möchte den Antrag, den wir wiederholt eingebracht haben, nur ganz kurz erwähnen: Es braucht mehr Geld, es braucht mehr Prävention, es braucht eine gute Ausstattung für die Opferschutzgruppen in den Krankenhäusern und für die Prozessbegleitung. Es braucht auch eine Verpflichtung für die Richter und Richterinnen, sich weiterzubilden.
Herr Klubobmann Kickl, Sie werden nach mir sprechen: Das, was Sie leider sofort, als eine der ersten Maßnahmen, abgeschafft haben, waren die Fallkonferenzen. (Abg. Kickl: ... wieder eingeführt!) Das Screening ist gut: Wir wissen jetzt, dass es fast immer zu Hause passiert. 92 Prozent aller Verbrechen an Frauen, Morde an Frauen passieren in den eigenen vier Wänden. Diese Marac-Konferenzen – so nennen wir sie – haben nicht mehr stattgefunden, und Sie haben dann ein Screening in Auftrag gegeben, das uns das bestätigt, was wir schon gewusst haben. (Abg. Kickl: Ah so!)
Letzter Satz, Herr Präsident: Ich möchte mich ganz, ganz herzlich bei der Frauenministerin bedanken, weil sie es durch Umschichtungen geschafft hat, dass wir in allen Bundesländern Fachberatungsstellen für von sexueller Gewalt Betroffene einrichten konnten, dass sie den Dialog mit den NGOs, der davor zwei Jahre lang eigentlich nicht stattgefunden hat, wieder aufgenommen hat und dass die Finanzierung der Meldestelle für Hass im Netz, die unter Pamela Rendi-Wagner eingeführt wurde und die auch so wichtig ist, für das nächste Jahr finanziell sichergestellt ist. – Herzlichen Dank im Sinne der Frauen! (Beifall bei der SPÖ.)
10.42
Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Herr Klubobmann Kickl. – Bitte.
Abgeordneter Herbert Kickl (FPÖ): Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Frau Bundesminister! Ich möchte mit der Gemeinsamkeit beginnen: Ich glaube, wir sind uns alle hier in diesem Hohen Haus einig, dass wir Gewalt generell und natürlich auch Gewalt gegen Frauen verurteilen, dass sie für uns alle verabscheuungswürdig ist. (Beifall bei der FPÖ.)
Ich sage aber auch gleich dazu, dass jemand, der in dieser Art und Weise straffällig wird, damit zu rechnen hat – und das ist unsere Sicht der Dinge –, dass ihn die volle
Härte des Gesetzes trifft, und ich denke, dass wir, wenn ich zu dieser Erkenntnis komme, nicht mehr auf ungeteilte Gemeinsamkeit stoßen. Ich blicke hier vor allem auf den linken Flügel, denn die SPÖ, die heute hier so tut, als wäre ihr der Schutz und die Sicherheit der Frauen ein so wichtiges Anliegen, vergisst dabei, dass sie einem fundamentalen Fehler unterliegt. – Der fundamentale Fehler in Ihrer Ansicht besteht nämlich darin, dass Sie sonst immer Vertreter eines Modells der Kuscheljustiz sind, was aus unserer Sicht der falsche Zugang ist. (Beifall bei der FPÖ.)
Das ist das Erbe eines gewissen Christian Broda, dessen Ungeist hier noch über dem linken Sektor schwebt, und seines Traums (Abg. Heinisch-Hosek: Der größte Reformer war das! Schämen Sie sich! – Zwischenruf der Abg. Yildirim) einer gefängnislosen Gesellschaft – eigentlich eine Utopie, von der ich meine, dass sie an der Wirklichkeit beinhart zerschellt ist, auch wenn Sie das noch nicht zur Kenntnis genommen haben.
Meine sehr geehrten Damen und Herren! Sie haben vorhin die Statistik bemüht, die Zahlen für die Jahre 2018 und 2019 sind genannt worden. Man muss halt ein wenig genauer hinschauen, und ich nenne nur die letzten beiden Fälle, also die Mordfälle 34 und 33 in diesem Jahr. Einmal war es ein Staatenloser, der in Mistelbach zugeschlagen hat – ein Messermord, eine Frau wurde erstochen. Beim Fall Nummer 33, Tatort Wien Favoriten vor zwei Wochen, war es ein 62-jähriger Afghane, der zugestochen hat, und das Opfer ist eine 50-jährige Frau und fünffache Mutter. Das ist etwas, was Sie uns jetzt in der Darstellung dieser Fälle verschwiegen haben. Ich glaube aber, dass das auch von einer entsprechenden Relevanz ist und eine entsprechende öffentliche Wahrnehmung verdient.
Ich rede in diesem Zusammenhang jetzt nur von Mordfällen, also quasi von der Spitze der Kapitalverbrechen, aber man kann das durchdeklinieren: Sie können sich genauso gut die Sexualdelikte von der Vergewaltigung abwärts anschauen. Sie können sich die Körperverletzungen anschauen. Sie können die seelische Gewalt und andere Mechanismen der Unterdrückung und Entwürdigung unter die Lupe nehmen – da ist es dann schon lohnenswert, die Kriminalstatistik genauer anzuschauen.
Ich nehme nur eine Gruppe heraus, und zwar die Afghanen. Ich weiß nicht, ob es nicht erwähnenswert ist, dass von den afghanischen Tatverdächtigen 84 Prozent Asylwerber sind. 84 Prozent der afghanischen Tatverdächtigen sind Asylwerber. (Zwischenruf des Abg. Schellhorn.) Jetzt frage ich mich: Was hat das zu bedeuten, wenn Leute, die zu uns kommen (Zwischenruf des Abg. Kogler) und unseren Schutz suchen, dann in dieser Art und Weise straffällig werden? – Da läuft etwas in die falsche Richtung. (Beifall bei der FPÖ.)
Wenn Sie es in Relation setzen und die Zahl der afghanischen Asylwerber insgesamt hernehmen, dann kommen Sie auf die Relation, dass von 1 000 afghanischen Asylwerbern 300 Tatverdächtige sind. Jetzt sage ich nicht, dass die Österreicher keine Verbrechen begehen – um Gottes willen, das wäre blanker Unfug, und das ist schlimm genug –, aber wir haben da eine Relation von 1 000 zu 23. 1 000 zu 300 und 1 000 zu 23, das sind ganz, ganz andere Dimensionen.
Auch ein Ergebnis der Screeninggruppe, von der Sie gesprochen haben, das Sie aber verschweigen, ist, dass 50 Prozent der Täter bei den Fällen, die dort untersucht worden sind, keine österreichischen Staatsbürger sind. (Abg. Schellhorn: Na, reden wir über die anderen 50 auch!) Ich weiß, dass Ihnen das nicht gefällt, deswegen sage ich es Ihnen ja. Ich weiß, dass Ihnen das nicht gefällt, deswegen haben Sie mich damals auch an den Pranger gestellt, als ich dafür gesorgt habe, dass in der öffentlichen Berichterstattung auch diese Fakten genannt werden, weil die Österreicherinnen und Österreicher ein Recht darauf haben, das zu erfahren und dass hier nicht ein Schweigekartell betreffend diese Dinge gebildet wird. (Beifall bei der FPÖ.)
Es ist zu einem großen Teil importierte Gewalt (Abg. Kogler: Das ist schon der größte Teil ...!), da muss man die Dinge beim Namen nennen. Was ist jetzt zu tun? Was ist zu tun? – Das Gewaltschutzpaket mit vielen wichtigen Maßnahmen ist schon angesprochen worden: Anzeigepflichten sind ausgeweitet worden, es gibt das Annäherungsverbot, die Fallkonferenzen sind eingeführt worden, und die Institutionen, die wir abgezogen haben, haben wir deshalb abgezogen, weil sie ineffizient waren, und wir haben sie durch effizientere ersetzt – das sage ich auch einmal dazu.
Das ist eine Komponente. Wir müssen aber auch dafür sorgen, dass Leute, die bei uns bereits den Asylstatus haben, dann, wenn sie straffällig werden, diesen Asylstatus selbstverständlich wieder verlieren – und nicht erst dann, wenn sie ein Kapitalverbrechen begangen haben, wie die derzeitige Rechtslage es vorsieht. (Beifall bei der FPÖ.)
Das ist ja ein Witz, dass man geradezu darauf warten muss, dass aus jemandem, der zunächst einmal zuschlägt und handgreiflich wird, dann am Ende ein Mörder wird, damit man überhaupt einmal darüber nachdenken kann, ob man ihm den Asylstatus aberkennen kann. Das ist auch eine Diskussion, die wir hier einmal führen sollten, ob in diesem Fall die Menschenrechte nicht die Falschen schützen, nämlich die Täter und nicht die Opfer. Unsere freiheitliche Position ist immer die, dass die Opfer zu schützen sind und nicht die Täter. (Beifall bei der FPÖ. – Zwischenruf des Abg. Schellhorn.)
Es braucht also die Komponente der Prävention, es braucht aber auch harte Strafen. (Abg. Schellhorn: Reden wir mal über den FPÖ-Gemeinderat in Kitzbühel!) Es braucht auch harte Strafen. Das ist auch ein Akt der Gerechtigkeit gegenüber den Opfern, und es versteht kein Mensch, wenn Belästiger, wenn Schläger, wenn Vergewaltiger von der Justiz mit Glacéhandschuhen angegriffen werden. Dafür fehlt der Bevölkerung jedes Verständnis. Da ist einmal ordentlich in den Schmalztopf hineinzugreifen, damit diese Leute auch das bekommen, was ihnen zusteht.
Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Den Schlusssatz bitte!
Abgeordneter Herbert Kickl (fortsetzend): Meine sehr geehrten Damen und Herren, zum Schluss: Ja, mit linken Träumereien à la Broda, mit Resozialisierungsfantasien, deren Erfolg wir am Beispiel Jack Unterwegers eindrucksvoll bestätigt bekommen haben, wird man nicht weit kommen und auch die Sicherheit der österreichischen Frauen nicht erhöhen können. Von Rot und Grün habe ich mir nichts anderes erwartet; dass die ÖVP jetzt auch in diese Richtung umzufallen beginnt, ist für mich ein wenig enttäuschend und gehört auch in die Kategorie Wählerverrat. (Beifall bei der FPÖ.)
10.49
Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Abgeordnete Disoski. – Bitte.
Abgeordnete Mag. Meri Disoski (Grüne): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Frau Bundesministerin! Werte Kolleginnen und Kollegen! Liebe Zuseherinnen und Zuseher! Frau Kollegin Heinisch-Hosek, ich bin schon irritiert über die Bemerkungen zu Beginn Ihrer Rede. Die Vorgangsweise bei der Konstituierung der Ausschüsse ist zwischen allen Fraktionen akkordiert (Abg. Heinisch-Hosek: Für fünf Ausschüsse, nicht alle!), und da jetzt zu versuchen, einen Konnex zwischen Koalitionsverhandlungen und Frauenmorden herzustellen, ist völlig indiskutabel und inakzeptabel. Das weisen wir zurück und da bin ich auch persönlich enttäuscht. (Beifall bei Grünen und ÖVP.)
Wenn wir über Gewalt an Frauen sprechen, dann reden wir über Beschimpfungen, über Bedrohungen, über sexuelle Belästigung, über sexualisierte und psychische Gewalt, sowohl in der realen als auch in der digitalen Welt. Die Zahl wurde vorhin schon genannt: Im Laufe ihres Lebens erfährt jede fünfte Frau körperliche oder sexuelle Ge-
walt. Vergangenen Sonntag wurde eine Frau in Niederösterreich von ihrem Partner erstochen – das war der 34. Frauenmord im laufenden Jahr in Österreich!
In Österreich werden europaweit die meisten Frauen von Männern umgebracht. Gewalt gegen Frauen kennt viele Facetten, aber weder Einkommensunterschiede noch soziale Zugehörigkeit, geographische Grenzen, Herkunft oder Religion.
Nein, Kollege Kickl, patriarchale Haltungen und patriarchale Denkmuster, Gewalt als Konfliktlösungsmethode werden nicht importiert. (Beifall bei den Grünen. – Abg. Belakowitsch: Doch!)
Gewalt an Frauen wird nicht importiert, Männer verletzen und Männer töten Frauen überall. In Deutschland wird jeden dritten Tag eine Frau von ihrem Partner oder Ex-Partner umgebracht.
„Die Zeit“ hat jeden dieser Morde aufgeschrieben. Ich zitiere aus der Dokumentation: „Er bringt sie [...] ‚durch stumpfe Gewalt gegen den Hals‘ um [...]. Er versteckt die tote Frau zunächst in einer Mülltonne, steckt die Leiche am nächsten Tag in Brand. Er habe seine Freundin immer wieder geschlagen und bedroht, auch gewürgt, sagen deren Familienmitglieder aus.“
Ja, diese Schilderung macht sprachlos und betroffen, aber ich sage Ihnen Folgendes: Mit Sprachlosigkeit und mit Betroffenheitsrhetorik kommen wir nicht weiter, sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen. Für Sprachlosigkeit, für Betroffenheitsrhetorik sind wir nicht gewählt worden. (Beifall bei den Grünen.)
Wir müssen im Bereich der Gewaltprävention und des Gewaltschutzes besser werden, das sagen uns die Expertinnen und Experten aus der Justiz und auch aus der Verbrechensopferhilfe. Sie alle haben das im Herbst von der letzten Regierung beschlossene Gewaltschutzpaket, das mit 1. Jänner 2020 in Kraft tritt, massiv kritisiert, und ich teile diese Kritik. Auch Zahlen wie zum Beispiel die folgende unterstützen diese Kritik: In 44 Prozent der Frauenmorde war gegen den Täter bereits ein Betretungsverbot verhängt worden. Im Bereich der Gefährdungserkennung und auch der präventiven Täterarbeit ist somit offensichtlich akuter Handlungsbedarf gegeben.
Ich mag das noch einmal akzentuieren: Prävention vor Bestrafung, damit Gewalt erst gar nicht passiert. Strafverschärfungen bei Gewalt- und Sexualdelikten werden nämlich nicht zu einer Reduktion selbiger führen. Was wir stattdessen dringend brauchen, ist eine deutliche Aufstockung – das wurde heute schon erwähnt – der Budgetmittel für den Gewaltschutz und auch für die Gewaltprävention. Dabei dürfen wir auch besonders vulnerable Frauengruppen wie Frauen mit Migrations- und Fluchtgeschichte nicht vergessen, denn im Unterschied zu Frauen, die in Österreich ein dichtes soziales Netz haben und die Sprache ausreichend beherrschen, wissen Migrantinnen und geflüchtete Frauen oft gar nicht, wo und wie sie Hilfe bekommen können.
Wir müssen auch mit Nachdruck dort ansetzen, wo wir strukturelle Rahmenbedingungen für gleiche Bezahlung und für ökonomische Unabhängigkeit schaffen, denn einer der Gründe, warum Frauen in gewalttätigen Beziehungen bleiben oder in solche zurückkehren, ist die wirtschaftliche Abhängigkeit vom Partner. Deshalb unterstütze ich die Teilnahme Österreichs an der Zeitverwendungsstudie des EU-Statistikamts Eurostat mit Nachdruck, denn sie macht den ökonomischen Wert unbezahlter Arbeit sichtbar und ist damit auch eine Voraussetzung für eine faktenbasierte Gleichstellungspolitik. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ.)
Da gibt es jetzt Kopfschütteln bei der FPÖ, die ja bekanntlich die Teilnahme an dieser Studie ablehnt. Mit Gleichstellungspolitik haben Sie es ja nicht ganz so, das sieht man auch an Ihrem Parlamentsklub. Fünf von 30 Abgeordneten sind Frauen, und das ist Ihnen anscheinend egal. Mir, sehr geehrte Damen und Herren, uns Grünen sind Gleich-
stellung und Gewaltschutz aber nicht egal, das sind zentrale Anliegen für uns. Das war so, das ist so und das wird auch immer so sein – und das weiß auch jede und jeder, die oder der heute hier in diesem Plenarsaal sitzt.
Gewalt gegen Frauen ist ein strukturelles Problem, das auf patriarchale Machtverhältnisse und stereotype Geschlechterrollen zurückzuführen ist, und wenn wir die Ursachen für Gewalt gegen Frauen ernsthaft bekämpfen wollen – und das ist hoffentlich unser gemeinsames Ziel hier –, dann müssen unsere Maßnahmen darauf abzielen, frauenfeindliche Strukturen aufzubrechen und diese zu verändern, denn jede Frau, jedes Mädchen hat das Recht darauf, ihr Leben eigenständig zu leben, ohne dabei Angst zu haben. – Machen wir uns gemeinsam für dieses Recht stark! (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ.)
10.54
Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Brandstötter. – Bitte.
Abgeordnete Henrike Brandstötter (NEOS): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Ministerin! Hohes Haus! Liebe Zuseherinnen und Zuseher oben auf der Galerie, daheim vor den Bildschirmen und Tablets! Diese Woche hat ganz normal begonnen. Eine Frau wurde von ihrem Partner mit einem Küchenmesser erstochen. Sie ist – und man kann es nicht oft genug sagen – das 34. Todesopfer allein in diesem Jahr! Das bedeutet, dass durchschnittlich alle zehn Tage eine Frau durch die Hand jenes Mannes stirbt, der vorgibt, sie zu lieben. Diese Frauen werden erschossen, erstochen, erstickt, angezündet und totgeprügelt, und das am für Frauen gefährlichsten Ort der Welt: in ihrem eigenen Zuhause.
Meine erste Rede als neue Frauensprecherin von NEOS halte ich also zu einem Thema, über das wir leider immer noch sprechen müssen, nämlich Femizide, also Morde an Frauen. Wir müssen diese Morde in ihrer Brutalität begreifen, weil nur so klar wird, wie groß das Problem von Gewalt an Mädchen und Frauen in Österreich eigentlich ist. In keinem europäischen Land ist der Anteil weiblicher Opfer bei Tötungsdelikten so groß wie in Österreich.
Frauenmorde werden auch oft nicht als das bezeichnet, was sie eigentlich sind. Sie werden Familientragödien oder blutige Einzeldramen genannt, so als ginge es dabei einfach nur um blutige Einzelschicksale oder individuelle Akte, die, so tragisch sie auch sein mögen, leider nicht zu verhindern sind.
Hinter diesen Geschichten steckt aber ein Schema. Männer glauben noch viel zu häufig – und das quer durch alle Kreise der Gesellschaft –, dass sie über Frauen verfügen können, und das hat langfristige Folgen. Gewalt zerstört das Leben ganzer Familien und Gemeinschaften, und sie trifft auch nachfolgende Generationen. Derzeit müssen Opferschutzeinrichtungen wie die Feuerwehr von einem Brand zum anderen rasen, löschen und wieder weiterfahren. Um aber nachhaltig zu helfen, müssen die Einrichtungen die Opfer langfristig und breitflächig betreuen können, zum Beispiel auch die Kinder von Gewaltopfern, damit sich die Traumata nicht über Generationen weiterziehen.
Wie also kann die Arbeit von Gewaltschutzeinrichtungen verbessert und erleichtert werden? – Da ist ganz klar: Die Finanzierung von Opferschutzeinrichtungen und präventiven Angeboten muss auf neue Beine gestellt werden. Derzeit ist die Situation so, dass sich die Einrichtungen einfach im Förderdschungel verlieren und praktisch auch nicht planen können, wie es eigentlich weitergeht.
Wir NEOS haben deshalb eine Anfrageserie an sechs unterschiedliche Ressorts eingebracht und abgefragt, wie hoch die jeweiligen Förderungen im Bereich des Gewalt-
schutzes sind. Eines der Ergebnisse: Insgesamt wurden im Jahr 2018 von fünf unterschiedlichen Ressorts über 12 Millionen Euro an Förderungen für Projekte, Vereine und Organisationen ausgegeben.
Das Problem der Einrichtungen ist aber, dass sie ihre Anträge meist an mehrere Ministerien stellen müssen, und dazu kommen auch noch diverse Förderstellen auf Landes-, Bezirks- und Gemeindeebene. Die Förderungen selbst sind oft zeitlich begrenzt, und das führt wiederum zu einer überbordenden Bürokratie auf der einen und einer mangelnden Planbarkeit für Opferschutzeinrichtungen auf der anderen Seite. Um effektiven Gewaltschutz und bestmögliche Betreuung für Opfer von Gewalt sicherzustellen, muss die Finanzierung daher übersichtlicher, transparenter und planbarer werden, denn nur so kann gewährleistet werden, dass Gewaltschutzeinrichtungen vorausplanen und effektiv arbeiten können.
Das sicherzustellen und damit Gewalt gegen Frauen und Mädchen zu reduzieren ist Aufgabe der Politik. Die Abwicklungen von Förderungen seitens des Bundes sollten deshalb von einer Stelle ausgehen, die dann auch für Kohärenz in den Förderungen sorgt. Dafür kämpfen wir NEOS, und wir bringen heute auch einen entsprechenden Entschließungsantrag dazu ein.
Ich möchte bei diesem wichtigen Anliegen an alle Kolleginnen und Kollegen appellieren, allen voran an die ÖVP und an die Grünen, dass sie diesen wirklich wichtigen Punkt essenziell in ihre Verhandlungen aufnehmen, damit wir eine wirksamere Präventionsarbeit, nachhaltigere Täterarbeit und einen besseren Opferschutz ermöglichen. – Vielen Dank. (Beifall bei den NEOS und bei Abgeordneten der Grünen.)
10.58
Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Als Nächste zu Wort gemeldet ist Abgeordnete Steinacker. – Bitte.
Abgeordnete Mag. Michaela Steinacker (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Frau Bundesministerin! Hohes Haus! Geschätzte Mitbürgerinnen und Mitbürger! Lassen Sie mich bitte zuallererst in Richtung SPÖ festhalten: Wir haben ein voll funktionsfähiges Parlament! (Zwischenruf der Abg. Heinisch-Hosek. – Beifall bei der ÖVP.)
Wir haben uns im Konsens darüber verständigt, dass alle Vorlagen vonseiten der Regierung und alle Initiativanträge, die wir einbringen, im Budgetausschuss diskutiert und gegebenenfalls beschlossen werden. Es ist ganz klar – so wie auch in der Vergangenheit üblich –: Erst das Bundesministeriengesetz legt die Ressorteinteilung fest.
Erst dann, wenn dieses Bundesministeriengesetz in Kraft beziehungsweise beschlossen ist (Zwischenruf der Abg. Heinisch-Hosek), wissen wir, welche Zuständigkeiten es für welche Ausschüsse gibt. Daher findet die Konstituierung peu à peu, nach und nach, statt. (Neuerlicher Zwischenruf der Abg. Heinisch-Hosek.) Alle wichtigen Funktionalitäten des Parlaments können entsprechend gut ausgeübt werden. (Beifall bei der ÖVP.)
Meine sehr verehrten Damen und Herren, meine Vorrednerinnen haben von diesem tragischen Fall der letzten Woche gesprochen. Ich darf als Allererstes und zuvorderst der Familie und den Angehörigen mein tiefstes und herzliches Beileid ausdrücken, denn diese Situation ist schwierig und bedarf all unseres Mitgefühls. Es macht mich fassungslos, dass Menschen bei kleinen Vergehen und Unstimmigkeiten in der Familie keine andere Möglichkeit sehen, als zu Messern zu greifen und zuzustechen, Menschen zu morden. Unser erklärtes Ziel ist und muss es sein, Menschen vor Gewalt zu schützen; vor allem Frauen und Kinder sollen in Österreich keine Angst haben.
Wir haben im September das Gewaltschutzpaket verabschiedet und gute Maßnahmen getroffen. Frau Kollegin Disoski, es geht nicht nur darum, Strafen zu erhöhen bezie-
hungsweise Strafmaßnahmen strenger zu machen. Ganz im Gegenteil, wir haben unter der Führung von Ex-Staatssekretärin Karoline Edtstadler unter Beiziehung von ausreichend Experten ein ganzes Bündel an Maßnahmen verabschiedet. Gemeinsam mit den wichtigsten Experten – Juristen, Ärzten, Psychologen, Therapeuten, VertreterInnen von verschiedensten Organisationen, von Opferschutzeinrichtungen und Gewaltschutzzentren – haben wir Verschiedenstes auf den Weg gebracht.
Zum Beispiel: Frauen können mittlerweile ihren Namen und ihre Sozialversicherungsnummer ändern, damit sie von ihren Peinigern, von den Gefährdern, nicht gefunden werden. Wir haben das Betretungsverbot erweitert; es ist nicht mehr nur ein Betretungsverbot betreffend den Kindergarten oder den Arbeitsplatz der Frau, sondern es ist ein Annäherungsverbot, egal wo sich die gefährdete Person aufhält. Das ist eine gute Maßnahme, die auch wirklich greift, damit die Betroffenen ihr Leben zumindest mit einem besseren Sicherheitsabstand gut leben können. (Beifall bei der ÖVP.)
Wir haben – das erachte ich als allerwichtigste Maßnahme – durch die Einrichtung der neuen sicherheitspolizeilichen Fallkonferenzen die optimale Zusammenarbeit zwischen den verschiedenen Organisationen gestärkt. Was bedeutet das? – In Zukunft werden Polizei, Opferschutzeinrichtungen, Staatsanwaltschaften und Gemeinden je nach Fallkonstellation kooperieren und die notwendigen Schutzmaßnahmen für die Menschen, die gefährdet sind, auf den Weg bringen. Wir haben die Fallkonferenzen bei der Polizei angesiedelt, weil es um eine klare Verantwortung, um eine klare Zuständigkeit geht, und wir haben geregelt, dass der Austausch von Daten möglich ist. Das ist ein ganz wichtiger Punkt: einerseits gerade in diesem Bereich den sensiblen Datenschutz zu gewährleisten, andererseits aber so viele Daten auszutauschen wie nötig, damit die Sicherheit der Menschen durch die Maßnahmen gewährleistet werden kann.
Wir haben uns des Weiteren auch der Täter angenommen. Das Kapitel Arbeiten mit den Tätern ist ein ganz wichtiges Element, denn letztendlich geht es doch darum, dass Gewalt erst gar nicht entsteht und Prävention wirksam ist. Meine Damen und Herren, was bewirkt denn letztendlich, dass nicht so viel Gewalt entsteht? – Es geht um bessere Bildung und es geht um bessere Kommunikation, damit die Menschen in die Lage versetzt werden, Konflikte gewaltfrei zu lösen. Bei Konflikten heißt es hinzuschauen, nicht wegzuschauen, egal ob in der Schule, in der Familie, im Freundeskreis, überall.
Lassen Sie mich daher bitte folgende Feststellungen treffen – ich glaube, das müssen wir alle immer wieder unmissverständlich klarmachen –: Frauen sind keine Objekte, die man besitzen kann oder auf die irgendjemand einen Anspruch hat. Stehen wir dazu! Frauen sind in Beziehungen gleichberechtigte Partner und treffen freie Entscheidungen, und diese Entscheidungen sind gewaltfrei zu akzeptieren. – Das sollte eigentlich selbstverständlich sein. Meine Damen und vor allem Herren hier im Hohen Haus, bitte stehen Sie mit mir zu diesen Aussagen! (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Grünen.)
Frauen- und Kinderschutz muss uns etwas wert sein, auch in finanzieller Hinsicht. Ich stehe dazu und werde mich in den Verhandlungen bemühen, diesen finanziellen Rahmen für die Sicherheit zu schaffen, und zwar mit voller Kraft, zum Schutz der Rechte, zum Schutz von Frauen und Kindern, damit die traurigen Statistiken in Zukunft der Vergangenheit angehören. – Danke schön. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Grünen.)
11.05
Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Ich darf die Schülerinnen und Schüler der Montessorischule Unterwaltersdorf recht herzlich bei uns im Hohen Haus begrüßen. – Herzlich willkommen! (Allgemeiner Beifall.)
Als Nächste ist Frau Abgeordnete Yildirim zu Wort gemeldet. – Bitte.
11.05
Abgeordnete Mag. Selma Yildirim (SPÖ): Herr Präsident! Hohes Haus! Sehr geehrte Damen und Herren! Liebe Schülerinnen und Schüler! Stopp der Gewalt an Frauen – ein wichtiges Thema, ein leider nicht enden wollendes Thema. Meine Vorrednerinnen und Vorredner haben hier einige wichtige und sehr richtige Themen und Argumente vorgebracht. Lassen Sie mich aber ein, zwei Punkte aufgreifen, die mich schon sehr betroffen gemacht haben, vor allem bei der Rede des Abgeordneten Kickl!
Ich möchte an dieser Stelle in Erinnerung rufen, dass Christian Broda, der 19 Jahre lang Justizminister dieser Republik war, ein sozialdemokratischer Justizminister, diese Gesellschaft modernisiert und für Frauen sicherer gemacht hat. Sehr geehrte Damen und Herren, Christian Broda hat vor über 30, 40 Jahren etwas sehr Visionäres getan, das meine VorrednerInnen zu Recht immer wieder angesprochen haben, nämlich die Prävention zu thematisieren. (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der Grünen.)
Gewaltprävention, sehr geehrte Damen und Herren, ist Opferschutz. Ja, ich bin dafür, dass jeder Täter die volle Härte des Gesetzes spüren soll, aber so hart kann kein Gesetz sein, dass ein Straftäter, wenn er entlassen wird, nicht vielleicht doch zum Wiederholungstäter wird. Deswegen ist ganz wichtig, was wir von einem großartigen Visionär und Europäer, wie es Christian Broda war, in Erinnerung behalten sollten: dass Prävention und Resozialisierung, sehr geehrte Damen und Herren, in der Strafhaft, im Vollzug ganz, ganz wichtig sind, damit eine Tat nicht wiederholt wird. (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der Grünen.) Degradieren wir so wichtige Bereiche nicht zur „Kuscheljustiz“! Opferschutz bedeutet Täterarbeit.
Es wurden heute auch viele Zahlen und Statistiken genannt. Wer sind denn die Gewalttäter? – Diese lebensbedrohlichen Gewalttaten werden leider, leider im größten Ausmaß von Männern verübt.
Sie, Herr Abgeordneter Kickl, waren maßgeblich beteiligt, während Herr Abgeordneter Kurz zu den Zeiten seiner Bundeskanzlertätigkeit viel beschäftigt und nicht anwesend war. Was mich wirklich empört, ist, dass er bei einem so wichtigen Thema, bei dem es um Gewaltschutz geht, nicht anwesend ist. Ich hätte mir erwartet, dass Herr Kurz hier sitzt, sich das anhört, sich vielleicht zu Wort meldet und erklärt, warum denn diese vor über zweieinhalb Jahren versprochenen 100 Schutzplätze nicht geschaffen wurden. (Beifall bei der SPÖ.)
Warum müssen wir heute hier diese 34 Morde thematisieren? – Wie viel mehr hätten wir tun können, wenn Sie nicht mit Ihrer populistischen Law-and-Order-Politik Zeit verschwendet hätten! Wie viele Leben hätten wir vielleicht retten können! Wie viele von Gewalt betroffene Frauen hätten wir schützen können, wenn wir hier endlich Prioritäten gesetzt, nicht nur Schlagzeilen gemacht hätten, sehr geehrte Damen und Herren, wenn wir Taten gesetzt und Geld investiert hätten!
Es bringt nichts, das beste Gesetz schützt nicht vor Gewalt, wenn wir den Beratungseinrichtungen, wenn wir der Justiz und wenn wir den Justizanstalten nicht die entsprechenden Mittel zur Verfügung stellen, ihnen keine Ressourcen geben und ihnen beim Vollzug ihrer gesetzlichen Aufgaben nicht behilflich sein können. (Beifall bei der SPÖ sowie des Abg. Weratschnig.)
Die Screeninggruppe hat zutage gebracht, dass 50 Prozent der Täter nicht österreichische StaatsbürgerInnen sind. – Mit Verlaub, wer auch immer welche Tat verübt hat, mir ist die Herkunft egal, mir ist wichtig, dass jede Tat verhindert werden kann.
Aber weil Sie doch so darauf herumreiten – Afghanen, Asylwerber –: 9 Prozent der Täter waren Afghanen, Asylwerber! – Schrecklich! Ich möchte das auf gar keinen Fall entschuldigen, aber ich möchte auch, dass Ihnen das Leben und die Unversehrtheit der
afghanischen Frauen ebenfalls ein Anliegen ist. Es sollte Ihnen darum gehen, jede Frau hier zu schützen. Wir wissen, dass solche Taten nicht mit härteren Gesetzen zu verhindern sind, sonst dürfte es ja in Ländern, in denen es die Todesstrafe gibt, gar keine Straftaten geben. (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der Grünen.)
Ich möchte an dieser Stelle noch einmal appellieren, den Frauenberatungseinrichtungen, den Opferschutzeinrichtungen die nötigen Mittel zur Verfügung zu stellen. Sie wissen, dass das Gewaltschutzpaket nicht nur von Opferschutz- und Beratungseinrichtungen kritisiert wurde, Sie wissen, dass sich auch Rechtsanwender wie die Justiz, Staatsanwaltschaften und Gerichte dagegen ausgesprochen haben.
Ich glaube, das Thema ist viel zu wichtig, um daraus populistisches Kleingeld zu schlagen. Ich denke, es ist wichtig, dass wir endlich handeln und hier seriöse Politik für den Schutz von Frauen und Kindern in diesem Land machen und tatsächlich umsetzen. (Beifall bei der SPÖ, bei Abgeordneten der Grünen sowie der Abg. Brandstötter.)
11.11
Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Abgeordnete Belakowitsch. – Bitte.
Abgeordnete Dr. Dagmar Belakowitsch (FPÖ): Herr Präsident! Frau Bundesminister! Sehr geehrte Damen und Herren! Werte Kolleginnen! Ja, Gewalt an Frauen ist ein ganz ernstes Thema. Ich möchte das Thema ein bisschen ausweiten, weil heute dauernd von Gewalt an Frauen und Mädchen gesprochen wird: Auch Buben sind Opfer von Gewalt. Ich würde sagen, Gewalt an Frauen und Kindern ist ein Problem, das uns wirklich alle betrifft, meine Damen und Herren.
Wenn ich jetzt gegen Ende dieser Debatte eine Analyse machen darf, stelle ich fest, dass heute vielfach von Machtpositionen der Männer, von einem Patriarchat, das hier gelebt wird, gesprochen worden ist – aber, meine Damen und Herren von der linken Reichshälfte, das sind jene Gesellschaftsgruppen, das sind jene Bevölkerungsgruppen, die Sie in das Land hereinholen, und zwar aktiv. (Zwischenruf des Abg. Vogl.) Da können Sie jetzt noch so sehr herumjammern, dass das alles nicht wahr ist – na, die Statistik spricht eine eindeutige Sprache. Natürlich gibt es weit mehr ausländische Täter, Gewalttäter, als es inländische Täter gibt – allein schon bezogen auf die Zahl derer, die sich im Land befinden.
Kurz zu meiner Vorrednerin, die die afghanischen Frauen schützen möchte: Da bin ich schon bei Ihnen, aber die Frage ist, wie viele afghanische Frauen denn in Österreich leben. Genau da haben wir das Problem. Es wurden ja vor allem die Männer in das Land hereingelassen. Sie alle sind ja am Westbahnhof gestanden und haben auch noch applaudiert, als die gekommen sind. Und was ist danach passiert? – Die Welle der Gewalt ist angestiegen.
Ich erinnere an Silvester 2015, nicht nur an die Geschehnisse in Köln; das ist natürlich überhaupt um die Welt gegangen. Wir hatten die gleichen Probleme in Wien, wir hatten große Probleme in Innsbruck und in Salzburg. Das waren durchwegs Asylwerber, die damals zu Gewalttätern geworden sind – zu Gewalttätern an jungen Mädchen und Frauen. (Abg. Kogler: Das ist falsch!) Das ist nicht zu akzeptieren, das muss man auch ansprechen. Und genau vor diesem Problem stehen wir. (Beifall bei der FPÖ.)
Wenn Sie sich jetzt herstellen und sagen, das sei Ihnen egal, jeder Täter sei einer zu viel, da gebe ich Ihnen recht, jeder Täter ist einer zu viel. Betreffend jene aber, die man hereinholt, muss man doch, bitte schön, einmal seine Politik hinterfragen, meine Damen und Herren von der SPÖ und von den Grünen: Ist es die richtige Politik, dass man auf der einen Seite die Grenzen für alle öffnet und diese Ausländer-rein-Politik betreibt,
wenn man auf der anderen Seite sieht, dass es damit große Probleme gibt? Es gab bis jetzt 34 Morde, das ist die Spitze des Eisbergs. Hoffen wir, dass es dabei bleibt und dass keiner dazukommt!
Es gibt jedoch täglich Vergewaltigungen, Raubdelikte, Körperverletzungen, und da zeigen die Statistiken ganz, ganz massiv in eine Richtung. Das wissen Sie, meine Damen und Herren, und da nützt es nichts, wenn Sie eine Kopf-in-den-Sand-Politik machen und sagen: Es gibt auch Österreicher, die Verbrecher sind! – Ja, die gibt es, jede Gesellschaft hat inländische Verbrecher, aber es ist doch nicht notwendig, uns auch noch welche reinzuimportieren. Reden wir über genau dieses Problem! (Beifall bei der FPÖ.)
Wie können wir dieses Problems denn Herr werden? – Es ist gut, dass es Hotlines gibt, es ist auch gut, dass es Frauenhäuser gibt, aber, meine Damen und Herren, jetzt so zu tun, als wäre Geld die einzige Möglichkeit, ist nicht richtig. Es wurde heute schon der Fall einer Frau erwähnt, die fünf Jahre lang geschlagen worden ist, und fünf Jahre lang hat es niemand bemerkt. Ja warum bemerkt es denn niemand? – Weil Frauen alles unternehmen, um das zu verbergen, weil es eben niemand gerne zugibt und sagt: Ich bin in einem Abhängigkeitsverhältnis, in einer sexuellen Abhängigkeit, in einer finanziellen Abhängigkeit!
Es ist aber – und das müssen wir auch immer wieder laut sagen – anzumerken: Es gibt in Österreich für jede Frau die Möglichkeit, sich finanziell zu befreien. Es gibt ein ausgesprochen gutes Sozialsystem in Österreich, das keine Frau auf der Straße stehen lässt. Es ist wichtig und richtig, einmal zu sagen, dass es auch da die Republik ist, die alle Frauen auffängt. Da war keine böse schwarz-blaue Regierung, die die Armut geschaffen hat, sondern jede Frau wird auch weiterhin jene finanzielle Unterstützung für sich und ihre Kinder bekommen, die sie braucht.
Sie haben Panikmache betrieben, Sie haben gesagt: Ach, die Armut wird steigen, die Alleinerzieherinnen werden alle verhungern! – Das passiert nicht, sondern jede Frau in Österreich darf sich sicher sein, dass sie eben nicht finanziell abhängig ist. Es ist ganz wichtig, das auch zu betonen: Frauen, die in einer gewalttätigen Beziehung leben, haben die Möglichkeit, wenn sie es schaffen, sich zu trennen – und da liegt jetzt das Problem: wenn sie es psychisch schaffen, das müssen sie schaffen; nicht die finanziellen Fragen sind das Problem, es ist oftmals die psychische Abhängigkeit vom Partner, die sie daran hindert und die sie hemmt –, dass sie nicht finanziell abhängig sind. Es ist unsere Aufgabe als Politik, aber auch die Aufgabe jedes Einzelnen, diesbezüglich ein Bewusstsein zu schaffen und zu schauen, ob es vielleicht niederschwellige Möglichkeiten in der Umgebung gibt.
Die Gesundheitseinrichtungen wurden schon erwähnt. Es sind Schulen, wo Gewalt oftmals entdeckt wird. Es sind die gesamtgesellschaftlichen Einrichtungen, wo man auf der einen Seite vielleicht manchmal mehr hinschauen muss, auf der anderen Seite aber auch vorsichtig mit Vorverurteilungen sein muss, denn oftmals haben natürlich auch Lehrer Angst, etwas zu sagen, weil es vielleicht ein falscher Verdacht ist. Also da muss man auch wirklich niederschwellige Möglichkeiten schaffen.
Was mich an dieser ganzen Debatte aber ein bisschen irritiert: Wir stellen uns hierher, wir beklagen ein Patriarchat, das in Österreich so furchtbar ist, und gleichzeitig fordern wir nur Geld. Damit werden wir es nicht schaffen. Wir haben es in den letzten Jahrzehnten so nicht geschafft. Wir wissen, dass die finanziellen Zuwendungen für Frauenberatungseinrichtungen in den letzten Jahren sukzessive gestiegen sind – und trotzdem ist die Gewalt mehr geworden.
Ich würde mich Kollegin Steinacker gerne anschließen, in der Hoffnung, dass sie weniger wird, ich sage Ihnen aber, die Gewalt an Frauen wird mehr werden. Das kommt
jetzt nicht daher, weil ich hellseherische Fähigkeiten habe, sondern weil ich weiß, dass wir auch weiterhin Gewalttäter in unser Land hereinlassen, dass schon sehr viele hier sind, die in den nächsten Monaten und Jahren zuschlagen werden; und dann wird es hier wieder eine Diskussion geben, in der Sie beklagen werden, wie schlimm das nicht alles ist, aber gleichzeitig hinterfragen Sie niemals Ihre eigene Zuwanderungspolitik, ob es wirklich die richtigen Leute sind, die Sie ins Land hereinholen. (Beifall bei der FPÖ.)
11.17
Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Abgeordnete Ribo. – Bitte.
Abgeordnete Bedrana Ribo, MA (Grüne): Sehr geehrter Herr Präsident! Hohes Haus! Liebe Zuseherinnen und Zuseher! Jede Gewalttat ist eine zu viel, ich glaube, da sind wir uns alle hier – hoffentlich – einig. Es wurden bereits von vielen – mit Ausnahme meiner Vorrednerin – wichtige Punkte erwähnt, aber ich möchte die Diskussion um einen Themenbereich erweitern, nämlich um Gewalt an älteren Menschen und insbesondere an älteren Frauen, denn eines ist klar: Gewalt endet nicht mit zunehmendem Alter.
Auf ältere Menschen, Frauen, aber auch Männer, trifft das Gleiche zu wie auf jüngere Frauen, nämlich: Der gefährlichste Ort in Sachen Gewalt und Misshandlungen sind die eigenen vier Wände, ist das eigene Zuhause, weil es in Österreich noch immer so ist, dass zwei Drittel aller hilfsbedürftigen Menschen von Familienangehörigen zu Hause gepflegt werden.
Eine geschlechtersensible Betrachtung ist aus mehreren Gründen wichtig. Im Alter gilt das Gleiche: Frauen werden häufiger Opfer von Gewalt als Männer. Frauen werden älter als Männer und sind dadurch auch gebrechlicher und hilfsbedürftiger. Während Frauen ihre Partner und Ehemänner oft zu Hause pflegen, werden diese dann selbst in externen Einrichtungen gepflegt.
Leider ist das Thema Gewalt an älteren Personen und eben insbesondere an älteren Frauen nach wie vor ein Tabuthema. Das Schweigen ist vielleicht auch damit verbunden, dass in diesem Fall Frauen auch oft die Täterinnen sind, denn: Wer pflegt nahe Angehörige zu Hause? – Frauen. Welche Personengruppen sind in Pflegeberufen, in sozialmedizinischen Berufen tätig? – Frauen.
Neben der Gewalt in den eigenen vier Wänden dürfen wir aber auch die Gewalt in Alters- und Pflegeheimen nicht vergessen. Ich erinnere da an Kirchstetten oder an die Vorfälle in Graz.
Es ist statistisch bewiesen, dass Frauen dadurch, dass sie länger leben, auch 80 Prozent der HeimbewohnerInnen ausmachen.
Diese Vorfälle, die ich jetzt erwähnt habe, sind die, die an die Öffentlichkeit gekommen sind. Wie viele dieser Vorfälle werden aber nie an die Öffentlichkeit kommen? – Viele, ganz viele!
An dieser Stelle ist es mir auch ganz wichtig, Folgendes zu sagen: Den vielen engagierten Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern in der Pflege gebührt mein größter Respekt! (Beifall bei den Grünen sowie bei Abgeordneten von SPÖ und NEOS.) Diese Personen leisten unter keinen einfachen Bedingungen hervorragende Arbeit. Nicht diese Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, auch nicht die Angehörigen und vor allem und natürlich nicht die Menschen, die gepflegt werden, sondern die Politik ist verantwortlich dafür, da für Verbesserungen zu sorgen. Es liegt an uns hier, dafür zu sorgen, dass diese Menschen in Würde altern können. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der NEOS.)
Das Schlüsselwort ist Wille. Ja, es braucht einen Willen, aber es braucht auch Mut. Es braucht Mut, um diese großen Reformen, die in der Pflege notwendig sind, anzugehen. Wir alle hier können uns auf eine Politik einigen, wir können genug finanzielle Mittel, genug Geld in die Hand nehmen und im Bereich der Pflege für bessere und menschenwürdigere Rahmenbedingungen sorgen.
Diese Menschen, von denen ich rede, sind unsere Mütter, unsere Großmütter, unsere Großväter. Sie haben dieses Land aufgebaut. Wir sind diejenigen, die davon profitieren, wir haben das Glück, dass wir in einem der schönsten und reichsten Länder der Welt leben, und das haben wir auch diesen Menschen zu verdanken. Unsere Aufgabe ist es, auch etwas zurückzugeben. Das haben sie verdient. Sich zu empören, wenn wieder ein neuer Skandal aufkommt, reicht nicht.
Wir haben es heute schon gehört: Sich zu empören reicht nicht aus. Wir müssen handeln, angefangen bei Präventionsarbeit bis hin zu besseren Ausbildungen für die Pflegekräfte. Die Expertinnen und Experten haben ihre Hausaufgaben gemacht, sie haben ausreichend Verbesserungsvorschläge ausgearbeitet. Jetzt liegt es an uns, diese auch umzusetzen. Wir müssen es tun! – Danke. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der NEOS.)
11.22
Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist noch einmal Frau Bundesminister Stilling. – Bitte.
Bundesministerin im Bundeskanzleramt Mag. Ines Stilling, betraut mit der Leitung der zum Wirkungsbereich des Bundeskanzleramtes gehörenden Angelegenheiten für Frauen, Familien und Jugend: Bezug nehmend auf die Ausführungen der Abgeordneten Belakowitsch möchte ich, um etwaigen Missverständnissen vorzubeugen, nur kurz festhalten, dass es aufgrund der budgetären Rahmenbedingungen in den vergangenen Jahren nicht möglich war, die Förderungen für Frauen- und Mädchenberatungsstellen zu erhöhen. Das heißt, diese sind seit vielen Jahren zumindest auf Bundesseite gleichgeblieben. Es gab also leider kein Budget, obwohl es dringend notwendig gewesen wäre, da eine Budgeterhöhung zu gewähren. (Beifall bei SPÖ, Grünen und NEOS.)
11.23
Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Jetzt gelangt Herr Abgeordneter Bernhard zu Wort. – Bitte.
Abgeordneter Michael Bernhard (NEOS): Herr Präsident! Geschätzte Bundesministerin! Werte Kolleginnen und Kollegen! Geschätzte Zuseherinnen und Zuseher! Ich möchte einen ganz anderen Aspekt in die heutige Debatte einbringen, einen, der aus meiner Sicht noch nicht ausreichend gewürdigt wurde, nämlich nicht nur die Frage der häuslichen Gewalt, sondern auch, was es für die Familie bedeutet, wenn ein Gewaltverbrechen stattfindet, wenn Gewalt zum Alltag gehört und die Kleinsten unserer Gesellschaft betroffen sind, sprich Kinder.
Es geht um Kinder, die damit aufwachsen, für die es selbstverständlich ist – im Normalfall ist natürlich die Mutter betroffen –, dass Gewalt ausgeübt wird, dass psychische Gewalt ausgeübt wird, dass Gewalt eine Art von Kommunikation ist. Was löst das in einem Kind aus? – Das löst einerseits natürlich eine große Unsicherheit aus. Das löst einen großen emotionalen Stress aus, das löst ein Gefühl von Angst, von Ohnmacht aus. Mitunter löst es auch ein Gefühl von Schuld aus – ungerechtfertigterweise natürlich, aber in diesem Kind greifen sehr, sehr viele Gefühle Platz, die ein Kind normalerweise nicht haben sollte.
Wir sprechen nicht von ein, zwei, drei Kindern pro Jahr, die das vielleicht betrifft – und selbst das wären zu viele! –, sondern alleine im Zusammenhang mit den Gewaltverbrechen, die uns bekannt sind, sprechen wir von 5 347 Kindern, die im Jahr 2018 als Zeugen genannt worden sind. 5 347 Kinder haben in irgendeiner Form eine Aussage darüber machen müssen, dass jemand in der Familie – in den meisten Fällen der Vater, der Lebensgefährte, der Partner der Mutter – gewalttätig war.
Die Frage ist: Wie gehen wir in einer solchen Situation vor? Unabhängig davon, dass wir jeden Mord und schwere Gewalt verurteilen und auch verhindern müssen, so wir können, müssen wir uns auch damit beschäftigen, wie es den Kleinsten in unserer Gesellschaft geht.
Opferschutzeinrichtungen, Kinderschutzzentren, Interventionsstellen, aber auch die Kinder- und Jugendanwaltschaft und die Volksanwaltschaft haben gemeinsam schon sehr häufig klare Forderungen gestellt, was es braucht, um für diese Kinder wirklich eine gute Betreuung, eine gute Begleitung gewährleisten zu können. Sie haben beklagt, was derzeit in Österreich alles fehlt. Es gibt einen erheblichen Personalmangel, die Anzahl an Personen, die derzeit quasi von der Republik und von den Ländern zur Verfügung gestellt wird, reicht einfach nicht aus, um die Kinder ausreichend zu betreuen. Es gibt einen erheblichen finanziellen Mangel und es gibt keine einheitlichen Ausbildungsstandards in der Kinder- und Jugendbetreuung.
Jetzt frage ich mich aber – das ist ja kein neues Thema, das ist nichts, das uns heute zum ersten Mal beschäftigt –: Was hat denn die letzte türkis-blaue Regierung ganz konkret getan, außer dagegen zu wettern, was uns Herr Kickl vorhin wiederum sehr eindruckslos gezeigt hat? (Heiterkeit der Abg. Krisper.)
Ganz konkret hat man Folgendes gemacht: Man hat einerseits die Budgetmittel weiter gekürzt, man hat 1 Million Euro von den Familienberatungsstellen weggenommen – 1 Million Euro! –, das bedeutet – man hat das auch nachgerechnet – pro Jahr 18 518 Beratungen weniger. Andererseits hat man die Kinder- und Jugendhilfe verländert. Wenn man von allen Stellen hört, dass es einheitliche Standards in der Ausbildung und in der Definition, wie man mit den Kindern arbeiten soll, braucht, und wenn man gleichzeitig hört, dass das verländert wird, dann weiß man, was das bedeutet: Es wird keine einheitlichen Standards geben. ÖVP und FPÖ haben darüber hinaus dafür gesorgt, dass es weniger Beratungen gibt.
Tatsächlich reden wir da nicht von viel Geld, sondern wir reden von 1 Million Euro für die richtigen Maßnahmen.
Was es abgesehen von der Betreuung der Kinder bräuchte, ist ganz klar: Wir bräuchten eine entsprechende Sensibilisierung bei der richterlichen und staatsanwaltlichen Ausbildung. Es geht um die Frage, wie man mit Kindern, die Zeugen eines Gewaltverbrechens an ihrer Mutter wurden, umgeht. Es gibt da Skurrilitäten, die wirklich unverständlich sind. Es gibt beispielsweise keinen Rechtsanspruch auf Prozessbegleitung, wenn ein Kind Zeuge eines solchen Gewaltverbrechens wird und nicht selbst Opfer ist, also nur Zeuge ist. Das bedeutet, ein Kind, das in ein Gerichtsverfahren geschubst wird, in dem es einem enormen emotionalen Stress ausgesetzt wird, weil es gegen den eigenen Vater oder gegen den Lebensgefährten der Mutter aussagen muss und auch nicht klar ist, wie es danach weitergeht, wird nicht einmal entsprechend begleitet. Das muss man sich einmal vorstellen!
Es ist daher ganz klar, dass wir NEOS, sobald der Familienausschuss und der Justizausschuss konstituiert sind, unsere Verbesserungsvorschläge einbringen werden, weil wir glauben, dass es besondere Aufmerksamkeit nicht nur im Kampf gegen Gewaltverbrechen braucht, sondern auch betreffend die Begleitung von Kindern, die solche Verbrechen gesehen haben.
Ich möchte daher mit Folgendem abschließen: Sie wissen, dass wir Liberale sehr oft von Freiheit sprechen. Ich glaube – gerade wenn ich jetzt an diese Kinder denke –, dass Angst der größte Feind der Freiheit ist, deswegen ist mein ganz konkreter Aufruf an unsere parlamentarische Arbeit hier und heute: Sorgen wir dafür, dass Kinder frei von Angst aufwachsen können! – Vielen Dank. (Beifall bei den NEOS sowie bei Abgeordneten von SPÖ und Grünen.)
11.28
Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort ist dazu niemand mehr gemeldet. Die Debatte ist damit geschlossen.
Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Wir kommen nun zur Aktuellen Europastunde mit dem Thema:
„Die großen Herausforderungen der neuen Europäischen Kommission“
Ich darf zur Debatte den Bundesminister für Äußeres herzlich begrüßen.
Als Erster zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Lopatka. – Bitte.
Abgeordneter Dr. Reinhold Lopatka (ÖVP): Meine sehr geehrten Damen und Herren! Wir haben die heutige Aktuelle Europastunde bewusst mit dem Titel „Die großen Herausforderungen der neuen Europäischen Kommission“ versehen. (Der Redner legt die Tafel mit der Aufschrift „Frauenhelpline gegen Gewalt: 0800 222 555 www.gewaltschutzzentrum.at × Polizei 133“ umgedreht vor sich auf das Rednerpult.)
Warum haben wir sie mit dieser Überschrift versehen? – Weil innerhalb der Europäischen Union die einzelnen Mitgliedstaaten vor großen Herausforderungen stehen und es die Europäische Union als Gemeinschaft zunehmend mit Nachbarn zu tun hat, die komplizierter und herausfordernder werden.
Was meine ich damit? – Mit Abstand der wichtigste und wirtschaftlich stärkste Mitgliedstaat der Europäischen Union, Deutschland, hat eine Bundesregierung, die durch den Niedergang der SPD zunehmend mit sich selbst beschäftigt ist.
Frankreich ist die zweitgrößte Volkswirtschaft in der Europäischen Union; Präsident Emmanuel Macron will eine notwendige Pensionsreform umsetzen und ist damit konfrontiert, dass nach den Gelbwesten jetzt auch Hunderttausende andere Demonstranten auf die Straße gehen. Er will, wie er gesagt hat, eine gerechte Pensionsreform umsetzen. Privilegierte Gruppen, die vorzeitig in Pension gehen können, wie die Eisenbahner, sehen das nicht ein. Diese Pensionsreform wird erst heute präsentiert, aber schon am Wochenende war Frankreich zum Stillstand gekommen.
In Italien haben wir die neue Regierung gerade erst einmal 100 Tage – eine Regierung, die von zwei Parteien, die bisher eigentlich Erzfeinde waren, gebildet wird. (Abg. Kickl: Das steht euch auch noch bevor!) Das Einzige, das diese Regierung zusammenhält, ist die Angst vor der Lega und vor Matteo Salvini. Die Regierung streitet jetzt schon, weil sie erstmals gemeinsam etwas umsetzen muss, nämlich das Budget – wahrlich keine leichte Aufgabe. (Abg. Meinl-Reisinger: Ja, aber kehren wir vor der eigenen Tür!) – Nein, das müssen wir schon sehen! (Abg. Meinl-Reisinger: Ja, natürlich, aber die schwierige ... zu besprechen!)
Von der Leyen hat es nicht einfach – und der Rat kommt in dieser Woche noch zusammen –, wenn die nationalstaatlichen Regierungschefs solche Steine im Rucksack ha-
ben. Das hat die österreichische Regierungschefin nicht; Österreich ist in einem anderen Zustand! Das sage ich Ihnen schon, Frau Abgeordnete. (Beifall bei der ÖVP – Neuerlicher Zwischenruf der Abg. Meinl-Reisinger.) Das ist der große Unterschied: Wenn unser Regierungschef in Brüssel ist, dann waren wir in der Vergangenheit nicht davon geplagt und werden es auch in Zukunft nicht sein, dass eine in Wirklichkeit so zerstrittene oder so geschwächte Regierung in Brüssel am Tisch sitzt. (Abg. Meinl-Reisinger: Jetzt ist es ...! Jetzt wird es wirklich spannend!)
Oder schauen Sie sich Spanien an, wo man vier Mal innerhalb von vier Jahren gewählt hat! Dann gibt es noch ganz andere Fragen, die man sehr ernst nehmen sollte: Die Journalistenmorde in Malta oder bei unserem Nachbarn, der Slowakei. Darüber kann man nicht einfach hinwegturnen, da verstehe ich die Menschen. (Abg. Meinl-Reisinger: Wer tut denn das?) – Nein, wir sollten das nicht tun, sondern wir sollten einfach die Probleme sehen (Abg. Kogler: Genau!), die wir innerhalb von Europa haben, wenn es um Rechtsstaatlichkeit geht, wenn es um Korruption geht, und wir müssen bei uns im Land alles tun, dass wir uns da positiv abheben. Das ist es, was ich Ihnen sagen möchte, nicht mehr und nicht weniger. (Beifall bei der ÖVP. – Abg. Meinl-Reisinger – Beifall spendend –: Da kann man nur klatschen! – Abg. Kogler: ... in Europa?)
Warum sehe ich das so? – Weil auch außerhalb von Europa die Herausforderungen größer werden. Die Türkei hat sich in den letzten zehn Jahren weiter von der EU entfernt – und auch Russland. Vielleicht war vor wenigen Tagen in Paris eine Gegenbewegung zu sehen; ganz sicher bin ich mir nicht. Ich habe unmittelbar vor meiner Rede die Möglichkeit gehabt, mit dem ukrainischen Botschafter zu reden, der hier im Haus war. Der sieht einen Hoffnungsschimmer. Mehr als 12 000 Menschen haben in unserer unmittelbaren Nähe in diesen kriegerischen Auseinandersetzungen in der Ukraine das Leben verloren.
Ein Nachbar, der für uns zunehmend wichtig wird, ist Afrika, und da vor allem Nordafrika. Auch dort ist von Demokratie eigentlich wenig zu sehen. Rund um uns herum sind autoritär geführte Staaten, und die, die geografisch weiter weg liegen, kommen, wenn ich an China denke, näher, sind nicht nur wirtschaftlich mitten in Europa, sondern versuchen, auch politisch auf die Weiterentwicklung der Europäischen Union Einfluss zu nehmen. Auf der anderen Seite haben sich die USA, unser wichtigster Partner weltweit, mit dem jetzigen Präsidenten relativ weit von Europa entfernt.
Das ist der Rahmen, den die neue Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen für ihre Arbeit vorfindet. Ich war gestern und vorgestern in Brüssel. Von der Leyen hat ihre Schwerpunkte in einer interparlamentarischen Gruppe vorgestellt, und ich bin optimistisch, was diese Kommission betrifft, weil sie mit ihren Arbeitsschwerpunkten sehr, sehr nahe bei dem ist, wovon wir immer reden, nämlich diese Europäische Union näher zu den Bürgern zu bringen.
Was sind ihre Arbeitsschwerpunkte? – Der erste Schwerpunkt, und das spüren die Menschen ganz deutlich, ist, im Klimaschutz etwas zu erreichen. Ich habe heute bei unserer EU-Hauptausschusssitzung mit Kollegin Köstinger, die lange im Europaparlament war, gesprochen, und sie hat mir gesagt, in den neun Jahren, in denen sie in Brüssel war, hat sie ein Mal eine Sondersitzung miterlebt. Heute Nachmittag gibt es wieder eine solche Sondersitzung des Europäischen Parlaments, weil von der Leyen das Klimathema so wichtig ist und sie es an die Spitze ihrer Agenda gesetzt hat. In „Meine Agenda für Europa“ nennt sie das: „Ein europäischer Grüner Deal“.
Der zweite Schwerpunkt – hoffentlich nicht zu spät; manche sagen, das ist nur mehr ein Match zwischen China und den USA – ist die Digitalisierung. Es ist ganz wichtig, dass wir da nicht ins Hintertreffen kommen. (Abg. Kogler: Schreiben wir die Von-der-Leyen-Rede ins Regierungsprogramm hinein!) – Die Rede ist zu wenig, Kollege Kogler!
Ich glaube, das Entscheidende ist, wie die nächste Bundesregierung als starke Regierung von der Leyen da unterstützen kann. Von der Leyen braucht starke Regierungen und insbesondere starke proeuropäische Regierungen. (Abg. Meinl-Reisinger: Ja!) Und auch ohne Mithilfe der Grünen, Kollege Kogler, haben wir im letzten Regierungsprogramm festgeschrieben, dass wir ein verlässlicher und aktiver Partner der Europäischen Union sind. So haben wir die letzte Bundesregierung gesehen und so sehen wir auch die nächste. (Beifall bei der ÖVP.)
Wenn Sie das auch so sehen, ist es umso einfacher, da zu konkreten Ergebnissen zu kommen. (Abg. Kogler: Sie haben nicht hineingeschrieben, dass Ibiza eine Vulkaninsel ist! – Zwischenruf der Abg. Meinl-Reisinger.) – Eine andere Vulkaninsel, weit weg von uns, hat jetzt die Öffentlichkeit mehr beschäftigt, und auch auf Ibiza ist ein Vulkan ausgebrochen, aber ein politischer.
Ich sage Ihnen, es ist nicht unser Problem, proeuropäisch an die Sache heranzugehen – proeuropäisch heißt für uns aber, dass die richtigen Schwerpunkte gesetzt werden. Das Neue – etwas, was ich von Jean-Claude Juncker nicht gehört habe – ist, dass Ursula von der Leyen davon spricht, dass sie die Europäische Union – und sie nimmt das Wort in den Mund! – zu einer Weltmacht machen möchte. Sie möchte sie dadurch zu einer Weltmacht machen, indem wir mehr Glaubwürdigkeit erhalten, wenn es um Klimafragen geht, wenn es um Fragen der Rechtsstaatlichkeit geht.
Sie möchte in einer Zukunftskonferenz grundsätzlich darüber diskutieren, wie es in Europa weitergehen soll. Ich habe sie gestern direkt gefragt, ob sie auch die nationalstaatlichen Parlamente miteinbinden möchte. – Mich hat es gefreut, dass sie ganz klar gesagt hat, sie will nicht nur die nationalstaatlichen Parlamente miteinbinden, sondern sie muss das tun, denn sonst hat das Projekt keine Chance, erfolgreich zu sein. Wollen wir nämlich die Europäische Union bei den großen Herausforderungen, die ich angesprochen habe, näher zu den Bürgern bringen, müssen auch wir hier im Haus uns stärker mit europäischen Fragen beschäftigen, weil sie uns natürlich auch unmittelbar betreffen, und der Green Deal, den sie an der Spitze ihrer Tagesordnung hat, ist ein ganz wichtiger Punkt.
Ich hoffe sehr, dass von der Leyen die Europäische Union offen halten kann. Was meine ich mit offen halten? – Dass Frankreich doch zustimmt, dass die Westbalkanstaaten, dass Südosteuropa eine realistische Beitrittsperspektive bekommen. Die Enttäuschung bei diesen Staaten ist riesengroß. Seit 2003 haben wir – damals hat es noch Mazedonien geheißen, jetzt heißt es Nordmazedonien – Nordmazedonien immer wieder vertröstet. Jetzt ist endlich dieser Namensstreit beigelegt worden und wir schlagen vorerst die Tür zu. Dabei geht es nicht um den Beitritt, es geht einmal darum, Beitrittsverhandlungen aufzunehmen.
Für uns, für Österreich und auch für die neue Bundesregierung, ist es ganz wichtig, alles zu tun, dass diese Europäische Union für neue Mitglieder offen bleibt, und alles zu tun, dass die Europäische Union wieder an Glaubwürdigkeit gewinnt. Mit diesem Programm von von der Leyen kann das gelingen. (Beifall bei der ÖVP.)
11.40
Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Ich darf die ÖVP-Frauen aus der Steiermark, an der Spitze die Landtagspräsidentin, recht herzlich hier im Hohen Haus begrüßen. (Allgemeiner Beifall.)
Zu Wort gemeldet hat sich der Herr Außenminister. Das Wort steht bei ihm. – Bitte.
Bundesminister für Europa, Integration und Äußeres Mag. Alexander Schallenberg, LL.M., betraut mit der Leitung der zum Wirkungsbereich des Bundeskanzleramtes gehörenden Angelegenheiten für EU, Kunst, Kultur und Medien: Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrtes Hohes Haus! Meine sehr geehrten Damen und
Herren! Vielen Dank für die Gelegenheit, dass ich heute zu Ihnen zum Thema „Die großen Herausforderungen der neuen Europäischen Kommission“ sprechen darf. Seit 1. Dezember haben wir nun tatsächlich eine neue Kommission mit Ursula von der Leyen an der Spitze, und morgen tagt zum ersten Mal der Europäische Rat unter dem neuen Ratspräsidenten Charles Michel. Das heißt, nun können wir endlich mit der Arbeit beginnen – und Arbeit gibt es tatsächlich genug.
Ursula von der Leyen und ihr Team haben wiederholt öffentlich erklärt, keine Zeit verlieren zu wollen und vom ersten Tag an eine neue Dynamik erzeugen zu wollen. Das ist positiv, denn Europa braucht neue Dynamik und Europa braucht neuen Schwung. Die Erwartungen sind groß, und die Liste der Herausforderungen ist wahrlich lang. Schon in den ersten 100 Tagen will die Kommission wesentliche neue Vorschläge präsentieren. Beginnen – wir haben es auch gerade gehört – wird sie damit heute und noch dazu zu einem der zentralen Zukunftsthemen unserer Zeit: dem Klimawandel.
Die Kommission legt heute als erstes großes Vorhaben ihren Vorschlag für den Green New Deal vor. Das soll eines der Leuchtturmprojekte der ersten 100 Tage dieser Kommission werden und ist zu Recht auch das dominierende Thema bei der kommenden Tagung des Europäischen Rates. Die Staats- und Regierungschefs der EU sollen sich klar hinter das Ziel der Klimaneutralität bis 2050 stellen. Österreich unterstützt dieses Ziel voll und ganz. Klar ist aber auch, dass wir diese Zielsetzung nicht allein erreichen können. Nur im Verbund mit unseren Partnern in der EU sind wirkungsvolle und nachhaltige Maßnahmen im Klimabereich möglich. Die schwierige Diskussion, die wir letzten Juni im Europäischen Rat hatten, hat uns aber auch allen gezeigt, dass die Maßnahmen, die im Klimabereich gesetzt werden müssen, so gestaltet sein müssen, dass sie die Wettbewerbsfähigkeit der Europäischen Union und ihrer Mitgliedstaaten nicht einschränken.
Meine Damen und Herren, das Ziel der Klimaneutralität 2050 wird nur mit und nicht gegen die Wirtschaft erzielt werden können. Neben den Maßnahmen zur Senkung des CO2-Ausstoßes wird auch entscheidend sein, dass Europa zum Vorreiter in Klimatechnologie und Klimainnovation wird. Der Übergang zur Klimaneutralität sollte dabei nicht nur als Herausforderung gesehen werden. Wie der kommende Europäische Rat ausdrücklich festhält, birgt er auch großes Potenzial – Potenzial für Wachstum, für neue Geschäftsmodelle, für neue Jobs und für technologischen Fortschritt. Diese Chance sollte genützt werden.
Österreich wird sich aktiv in die Arbeiten auf europäischer Ebene einbringen. Ein Schwerpunkt dabei wird natürlich auch die Förderung erneuerbarer Energien sein. Gerade in diesem Bereich aber stehen wir vor einer besonderen Herausforderung, denn es ist kein Geheimnis, dass viele Mitgliedstaaten auf dem Weg zur Klimaneutralität ganz ausdrücklich auf Nuklearenergie setzen. Unsere Haltung dazu ist ganz klar: Atomkraft ist und bleibt für uns keine sichere oder nachhaltige Form der Energiegewinnung. Das ist eine ganz klare rot-weiß-rote Haltung und Linie, die ich erst gestern wieder in Brüssel deponieren konnte. (Beifall bei der ÖVP sowie bei Abgeordneten von FPÖ und Grünen.)
Sehr geehrte Damen und Herren, die nächste Herausforderung betrifft die Weiterentwicklung der Europäischen Union selbst. Die Europäische Kommission wird noch im Dezember das Konzept für eine Konferenz zur Zukunft der EU vorlegen. Diese Konferenz soll nächstes Jahr beginnen und bis 2022 laufen. Wir sind uns, glaube ich, alle einig: Die EU darf nicht versteinern, sondern muss in der Lage sein, sich weiterzuentwickeln. Vieles geht dabei auch ohne Vertragsänderungen, ganz klar, aber es ist sicher richtig, diese nicht gleich von vornherein auszuschließen. Bürgernähe, Effizienz, Entscheidungsfähigkeit, Demokratie, das sind die Schlagwörter, die zu nennen sind. Wir
können und sollten zum Beispiel bei den Europawahlen nicht für Spitzenkandidaten werben, um dann am Ende völlig andere Personen auszuwählen.
Die Konferenz zur Zukunft der EU bietet eine Chance, Verbesserungen vorzunehmen, und wir sollten diese Chance nützen. Erfolgreich wird dieser Prozess aber nur sein, wenn einerseits im Vorhinein ganz klare Rahmenbedingungen festgelegt werden und andererseits dieser Prozess auch inklusiv ist und auf Augenhöhe gestaltet wird. Die Bürgerinnen und Bürger, die Zivilgesellschaften, die nationale Parlamente müssen von Anfang an Teil dieses Prozesses sein, nicht nur die EU-Institutionen.
Das nächste große Zukunftsvorhaben der Kommission betrifft die Erweiterung – ein Thema, das uns besonders am Herzen liegt. Wie Sie wissen, ist es im Oktober leider Gottes nicht gelungen, einen positiven Beschluss zur Eröffnung der Beitrittsverhandlungen mit Nordmazedonien und Albanien zu erzielen. Das ist aus unserer Sicht ein schwerer strategischer Fehler. (Beifall bei Abgeordneten von ÖVP und NEOS sowie der Abg. Yılmaz.)
Die Nichtentscheidung stellt den Ruf der Europäischen Union als ernstzunehmenden Partner in der Region infrage und könnte dazu führen, dass sie Schritt für Schritt ihren Einfluss in der Region verliert. Das können wir nicht zulassen. Unsere Haltung dazu ist ganz klar: Ohne die Länder des Westbalkans ist das europäische Projekt schlicht und ergreifend unvollständig. Da geht es um unsere unmittelbaren Sicherheitsinteressen, aber auch um die Glaubwürdigkeit der EU als Akteur, der in der Lage ist, Sicherheit und Stabilität zu exportieren, statt Unsicherheit und Instabilität zu importieren.
Es gilt jetzt, rasch wieder ein positives Momentum zu erzielen. In diesem Sinne wird die Kommission im Januar einen Vorschlag für eine Reform des Beitrittsprozesses vorlegen. Damit reagiert sie auf eine Forderung Frankreichs, das den Beschluss im Oktober blockiert hatte und eben solch einen Vorschlag gefordert hatte.
Österreich wird sich bei diesem Prozess aktiv beteiligen und aktiv einbringen, aber es ist aus unserer Sicht ganz wesentlich, dass dieser Prozess, dieser Reformprozess, nicht als Verzögerungstaktik missbraucht wird. Das haben wir auch in einem Brief an die Kommission klargelegt; einem Brief, der mittlerweile immerhin von 14 anderen Mitgliedstaaten unterstützt wird. Wir haben uns bereit erklärt, konstruktiv und sachlich in eine Diskussion über Verbesserungen des Erweiterungsprozesses einzutreten – Verbesserungen sind immer möglich –, aber dies nur im Verständnis, dass das mit einem grünen Licht zur Eröffnung der Beitrittsverhandlungen mit Nordmazedonien und Albanien einhergeht. Es geht jetzt darum, sicherzustellen, dass die EU am Ende auch Wort hält und dass die jüngsten Entwicklungen in diesem Zusammenhang nur ein Schlagloch und nicht ein Stoppschild auf dem Weg des Westbalkans Richtung EU sind.
Die Diskussion rund um die Erweiterungspolitik steht aber auch symbolhaft für ein anderes Thema, das immer wieder als Vorwurf in Richtung Europäische Union formuliert wird: Die EU sei international kein Player, sondern lediglich ein Payer. Europa ist zwar der größte Handelsblock der Welt, der größte Binnenmarkt der Welt und der größte Geber von humanitärer Hilfe der Welt, es gelingt uns aber tatsächlich oft nicht, das auch in außenpolitisches Kapital umzumünzen.
Die Europäische Kommission hat sich vorgenommen, das zu ändern, und das ist natürlich zu begrüßen. Wir müssen die vorhandenen Möglichkeiten und Instrumente noch viel besser nützen. Eine erste Diskussion am Anfang dieser Woche mit dem neuen Hohen Vertreter Josep Borrell mit den EU-Außenministern war schon sehr vielversprechend. Das sind natürlich insgesamt nur kleine Schritte, erste Schritte, aber das Ziel ist klar: Europa soll besser in der Lage sein, sein Gewicht in die Waagschale zu werfen und seine Interessen und Werte international effizient zu vertreten.
Sehr geehrte Damen und Herren, zu den großen Herausforderungen der neuen Kommission zählt natürlich auch die Sicherung des Wohlstandes und der Wettbewerbsfähigkeit der Europäischen Union. Im Frühjahr will die Kommission dazu neue Strategien für die Bereiche Digitalisierung, Industrie und Wirtschaftsstandort vorlegen. Das ist auch dringend notwendig: Europa braucht neue Impulse, um im globalen Wettbewerb seine Position als Wirtschaftsraum und Handelsmacht wahren zu können. Laut einer rezenten Studie kommen heute nur mehr 15 Prozent der wertvollsten Unternehmen der Welt aus Europa; 2009 waren es noch 27 Prozent. Das heißt, innerhalb von zehn Jahren hat sich unser Anteil fast halbiert.
Es geht um die langfristige Sicherstellung unseres Wohlstandes, unserer Arbeitsplätze, unserer Sozialsysteme, kurz: um das europäische Lebensmodell. Damit Europa auch in Zukunft Weltspitze ist, muss man Innovation stärken, in Forschung investieren und Überregulierung beseitigen, und dabei dürfen wir auch nicht davor zurückschrecken, unsere Wettbewerbsregeln neu zu denken.
Sehr geehrte Damen und Herren, die Liste der Herausforderungen ließe sich natürlich noch fast unendlich ausdehnen: Migration und Sicherheit, die Beziehungen zu USA, China, Russland, sehr wichtig ist aber auch die Wahrung unserer Werte auch im Innenverhältnis der Europäischen Union. – Bei all diesen Themen ist aber ganz wesentlich: Diese großen Herausforderungen kann niemand in Europa allein lösen!
Das trifft auch auf uns zu. Für ein kleineres Land wie Österreich, das inmitten des Kontinents liegt und das vom Export abhängig ist, ist die europäische Integration schlicht und ergreifend alternativlos. Gerade deshalb darf uns die Entwicklung auf europäischer Ebene auch nicht gleichgültig sein und gerade deshalb muss und wird sich Österreich auch in Zukunft einbringen und einen aktiven und positiven Beitrag leisten.
Die EU hat schon in der Vergangenheit oft genug bewiesen, dass sie den Mut und die Gestaltungsbereitschaft hat, wenn es darauf ankommt. Ich bin zuversichtlich, dass uns das auch in Zukunft gelingen wird. – Vielen Dank. (Allgemeiner Beifall.)
11.50
Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Köstinger. – Bitte.
Abgeordnete Elisabeth Köstinger (ÖVP): Geschätzter Herr Präsident! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Vielen herzlichen Dank an Herrn Bundesminister Schallenberg für die sehr guten Ausführungen zur heutigen Aktuellen Europastunde, aber vor allem auch ein herzliches Dankeschön für sein umsichtiges Engagement in den letzten Monaten auf internationaler und vor allem auch auf europäischer Ebene. Ich glaube, wir haben uns alle von ihm sehr, sehr gut vertreten gefühlt – herzlichen Dank dafür. (Beifall bei der ÖVP.)
Die Aktuelle Europastunde könnte aktueller nicht sein, da die neue Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen heute ihr Arbeitsprogramm für die nächsten fünf Jahre vorstellt und sie ein Thema ganz zentral in den Mittelpunkt ihrer Arbeit stellt, nämlich die nachhaltige Transformation Europas.
Wir haben in Österreich und in nahezu allen anderen Mitgliedstaaten der Europäischen Union vor allem das Thema Klimawandel und Klimaschutz als eine der zentralen Herausforderungen unserer Zeit auf der politischen Agenda, und dem wird jetzt auch die Europäische Kommission in Form des Green Deals, den Ursula von der Leyen vorstellt, Rechnung tragen. Das ist gut und richtig, dass die Europäische Union da wirklich auch mit gutem Beispiel vorangeht.
Bei uns in Europa, in der Europäischen Union zählt das Thema Klimaschutz mittlerweile zu den Topprioritäten. Wir sehen aber vor allem, nicht zuletzt auch bei der gerade stattfindenden Klimakonferenz in Madrid, dass viele Länder da viel zögerlicher agieren und dass Länder wie die USA, die weltweit eine der Hauptemittenten sind, aus dem Pariser Klimavertrag austreten.
Wir müssen aber vor allem auch in Österreich unseren Beitrag leisten, das steht völlig außer Frage. Ich glaube, dass wir vor allem die große Chance haben, zu zeigen, dass Klimaschutz keine Belastung sein muss, sondern dass man mit einem intelligenten Umbau unseres Wirtschafts- und Gesellschaftssystems Klimaschutz wirklich auch zu einem Modell der Zukunft und vor allem eben auch zu einem Modell des Wohlstands machen kann. (Beifall bei der ÖVP.)
Europa ist ein wichtiger Player im Kampf gegen den Klimawandel. Wir haben vor allem auch unter unserem Ratsvorsitz gezeigt, dass die großen Stellschrauben in Europa zu suchen und zu finden sind. Es stehen jetzt Vorschläge wie beispielsweise ein europäischer CO2-Mindestpreis oder auch die Frage nach CO2-Zöllen, die europaweit für Importe eingehoben werden können, auf der Tagesordnung: Das sind genau die richtigen Schalthebel, die wir bedienen müssen; diese Bereiche müssen wir vor allem auch aus österreichischer Sicht absolut unterstützen. (Beifall bei der ÖVP.)
Wir haben auch in den Monaten der EU-Ratspräsidentschaft versucht, das sehr klar umzusetzen. Die europaweite Reduktion des CO2-Austoßes bei Autos ist ein solches Beispiel. Es ist uns in monatelangen Verhandlungen gelungen, für Neuwagen 37,5 Prozent weniger CO2 vorzuschreiben. Das bringt für den Klimaschutz in Europa eine effektive Einsparung von 180 Millionen Tonnen CO2. Das Gleiche gilt für Lkws, da wird die Reduktion bis 2030 rund 30 Prozent betragen, das sind rund 54 Millionen Tonnen CO2, die aktiv durch die neuen gesetzlichen Regelungen, die wir während unseres Ratsvorsitzes geschaffen haben, eingespart werden können.
Ein ganz besonders großes Anliegen war uns aber der Vorrang für erneuerbare Energie in Europa. Der Umbau unseres Wirtschaftssystems wird nur funktionieren, indem wir erneuerbaren Energien den Vorrang geben; und auch das konnten wir in unserem Ratsprogramm umsetzen.
Wir sehen aber auch in diesem Bereich, dass andere Staaten in und vor allem auch außerhalb Europas einen ganz anderen Weg gehen. China, Afrika, Asien – in allen Ländern werden neue Kohlekraftwerke errichtet. Während wir in Österreich heuer das letzte Kohlekraftwerk abgeschaltet haben, baut China beispielsweise derzeit gerade ein Kohlekraftwerk mit einer Leistung von 37,5 Gigawatt. Das entspricht ungefähr dem gesamten Kohlestrom der Bundesrepublik Deutschland – nur um da eine ungefähre Einschätzung zu ermöglichen.
Wir sind da in Österreich einen komplett anderen Weg gegangen. Wir haben vor wenigen Wochen 450 Millionen Euro für den Ausbau von erneuerbarer Energie in Österreich zur Verfügung gestellt. Dafür noch einmal ein herzliches Dankeschön an alle Kolleginnen und Kollegen im Hohen Haus, die diesen Antrag entsprechend mit unterstützt haben, damit wir den Ausbau der erneuerbaren Energien in Österreich massiv vorantreiben können. (Beifall bei der ÖVP.)
Das letzte Thema, das ich noch ganz kurz ansprechen möchte, bezieht sich auf etwas, auf das wir sehr genau aufpassen müssen. Wollen wir CO2-neutral sein, dann darf nicht über die Hintertür der Weg für einen Ausbau von Atomkraftwerken geebnet werden. Das ist die große Gefahr, die in diesem Green Deal schlummert. Darauf werden vor allem wir als Volkspartei ein wachsames Auge haben. – Vielen herzlichen Dank. (Beifall bei der ÖVP.)
11.56
Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Klubobfraustellvertreter Abgeordneter Leichtfried. – Bitte. (Abgeordneter Leichtfried stellt die auf dem Rednerpult liegende Tafel mit der Aufschrift „Frauenhelpline gegen Gewalt: 0800 222 555 www.gewaltschutzzentrum.at · Polizei: 133“ wieder auf. – Beifall bei der SPÖ.)
Abgeordneter Mag. Jörg Leichtfried (SPÖ): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Geschätzte Damen und Herren! Diese Tafel kann man meines Erachtens schon für einen Tag stehen lassen, das ist nichts Schlimmes, Herr Kollege Lopatka, das muss man nicht abmontieren. (Abg. Lopatka: Das ist das Lieblingswort der SPÖ: abmontieren!)
Herr Kollege Lopatka und auch Frau Kollegin Köstinger, Sie haben das Wort Glaubwürdigkeit sehr oft bemüht und jetzt klimapolitisch das Grüne vom Himmel herunter erzählt. Ich habe nur eine Frage an Sie, an die Damen und Herren von der ÖVP: Wenn Klimapolitik so wichtig ist, dann sagen Sie mir, wieso eigentlich die ÖVP-Abgeordneten im Europäischen Parlament mit Ausnahme von Othmar Karas bei der Abstimmung geschlossen gegen die Ausrufung des Klimanotstands gestimmt haben! Geschätzte Damen und Herren, erklären Sie mir das bitte! (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der NEOS.)
Geschätzte Damen und Herren, die neue Kommissionspräsidentin hat von einem Neuanfang gesprochen. Dieser ist dringend notwendig, weil Europa einen Wandel braucht. Viele Menschen vertrauen diesem Europa nicht mehr und es ist wahrscheinlich die Europäische Kommission vor allem als Taktgeber gefordert, da gegenzusteuern. In vielen Bereichen müssen Weichen umgestellt werden. Schaffen wir die Trendwende in der Klimapolitik? Wird es ausreichend Zukunftsjobs in Europa geben? Zahlen die Großkonzerne endlich Steuern? – Man könnte noch zig derartige Problemfälle aufzählen, die entstanden sind, weil Europa zu sehr auf falsche Prioritäten gesetzt hat.
Zusammenfassend kann man aber sagen, warum die Menschen mit diesem Europa, mit unserem Europa unzufrieden sind: Europa hat das Wohlstandsversprechen für alle Bürgerinnen und Bürger nicht eingehalten. Das muss man ganz, ganz klar sagen. Die Schere zwischen Arm und Reich ist immer größer geworden, und es hat sich eine Entwicklung ergeben, die Menschen in unserem Land, in ganz Europa unzufrieden macht. Möchte man das ändern – und das müssen wir gemeinsam ändern –, dann muss man mit handfesten Dingen, die die Menschen spüren, mit kleinen Dingen, die aber große Wirkung haben, anfangen.
Ich frage Sie, wie ein Bauarbeiter in der Südsteiermark dazu kommt, dass er von Firmen, die europäisches Recht so weit ausnützen, dass bei uns Lohn- und Sozialdumping stattfindet, unter Druck gesetzt wird. Solch ein Bauarbeiter in der Südsteiermark versteht dann die Europäische Union nicht. Sie hätten es in der Hand gehabt, das abzudrehen, aber Sie haben in der alten Ibizakoalition das Gegenteil gemacht. (Beifall bei der SPÖ.)
Oder: Wie kommen die Buchhandlungen, die Konditoreien, die kleinen Geschäfte, der Würstelstand dazu, mehr Steuern als Amazon, Google und alle anderen zu zahlen? –Das ist auch etwas, das geändert werden muss, und zwar schleunigst geändert werden muss, geschätzte Damen und Herren. (Beifall bei der SPÖ.)
Allein aus Österreich verschieben Konzerne über 4 Milliarden Euro auf legalem Weg in Steueroasen, um keine Steuern zahlen zu müssen. Dem österreichischen Finanzminister entgehen jedes Jahr fast 1 Milliarde Euro an Steuereinnahmen, und das gehört geändert. Dann passiert es endlich einmal, dass die Europäische Kommission, die bis jetzt nicht immer eine Vorreiterin in Fragen der Steuergerechtigkeit war, eine Initiative startet, dann passiert das endlich einmal! Es wird endlich vorgeschlagen, dass die Mit-
gliedsländer die Steuerleistungen der großen Konzerne endlich melden müssen, damit man sieht, wo gezahlt wird und wo nicht gezahlt wird. Und was macht Österreich? – Österreich stimmt dagegen; und das ist noch dazu die entscheidende Stimme, sodass das nicht geschieht, geschätzte Damen und Herren. Das ist nicht Europapolitik, wie wir sie uns vorstellen. Das ist nicht Europapolitik, die den Menschen in Europa nützt. (Beifall bei der SPÖ.)
Geschätzte Damen und Herren, es ist auch nicht Europapolitik, die den Menschen nützt, wenn wir Österreicherinnen und Österreicher einmal Vorreiter in den Bereichen Umweltschutz, Schutz der Menschen, Schutz unserer Landschaften sind, indem hier eine große Mehrheit das Pflanzengift Glyphosat verbietet, die Europäische Union nichts dagegen hat und dann das eigene Bundeskanzleramt versucht, das abzudrehen. (Abg. Doppelbauer: Macht halt ein gescheites Gesetz!)
Wir haben die Chance, das heute zu ändern. Wir haben die Chance, einem Antrag zuzustimmen, der das ändert, liebe Kolleginnen und Kollegen. Ich fordere Sie auf: Nützen wir das gemeinsam und machen wir in Österreich mit diesem Pflanzengift heute endgültig Schluss! – Danke schön. (Beifall bei der SPÖ.)
12.01
Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Abgeordneter Bösch. – Bitte.
Abgeordneter Dr. Reinhard Eugen Bösch (FPÖ): Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Wir Freiheitliche bekennen uns zu einer kontinuierlichen und konstruktiven Weiterentwicklung der Europäischen Union, ganz nach den Prinzipien, wie wir sie in dem Halbjahr unserer Präsidentschaft, als wir auch Teil der österreichischen Bundesregierung waren, festgelegt und formuliert haben. (Präsidentin Bures übernimmt den Vorsitz.)
Meine Damen und Herren, wir haben damals gemeinsam mit dem Regierungspartner die grobe Linie festgelegt, die Union möge sich um die großen wichtigen Dinge kümmern und die Mitgliedsländer um die kleineren, für die sie zuständig sind und bei denen sie auch in der Lage sind, wirkungsvolle Maßnahmen zu setzen. Wir haben diese Linie nicht verlassen, wir werden sie weiter beibehalten. Wir sehen jetzt durch die neue Kommission auch die Chance eines Neuanfangs.
Wir können aber die Euphorie, wie sie von einigen Vorrednern geäußert worden ist, nicht teilen, weil wir über die Politik der neuen Kommission noch nicht genug wissen, um klar beurteilen zu können, in welche Richtung sie geht. Allein der Widerstand dagegen, einen Fachbereich „Schutz unserer europäischen Lebensart“ zu bezeichnen, macht uns stutzig. Mit welchem Geist soll die Politik auf europäischer Ebene in den nächsten Jahren betrieben werden (Beifall bei Abgeordneten der FPÖ), wenn der Schutz der europäischen Lebensart nicht ein wesentlicher Grund dafür sein soll, dass die Europäische Union erstens überhaupt besteht und zweitens überhaupt Politik macht?
Die Klimafrage ist entscheidend. Wir erkennen das an, wir müssen aber darauf pochen, dass wir diesbezüglich nicht in eine Hysterie verfallen. (Zwischenruf des Abg. Matznetter.) – Herr Bundesminister, ich bin Ihnen dankbar, dass Sie hier von einem intelligenten Klimaschutz und auch davon, dass die Maßnahmen in diesem Bereich die Wettbewerbsfähigkeit der europäischen Wirtschaft nicht zerstören dürfen, gesprochen haben. In diese Richtung, glaube ich, sollten wir als Republik Österreich weitergehen, indem wir die politischen Maßnahmen im Klimabereich mit Hausverstand unterstützen.
Aufgrund der Klimadebatte ist das Thema der illegalen Migration in den Hintergrund getreten – nach unserer Vorstellung vollkommen zu Unrecht, weil diese Bedrohung
nicht vorbei ist, sondern in den letzten Jahren sogar angewachsen ist. Wir haben im Rahmen unserer Regierungsbeteiligung vor allem durch die Minister Kickl und Kunasek auch versucht, diesbezüglich Maßnahmen vorzuschlagen, die sicherstellen, dass die Europäische Union in der Lage ist, die Außengrenze zu sichern. Wir sehen aber keine rezenten und effizienten Maßnahmen, die einen glaubwürdigen Schritt in diese Richtung erkennen lassen.
Wir müssen davon ausgehen, dass wir im Jahre 2019 – und das ist von der Europäischen Union selbst dokumentiert worden – bereits 50 000 illegale Zuwanderer mehr zu verzeichnen haben als im Jahr davor, dass wir dieses Jahr insgesamt die halbe Million – 500 000! – überschreiten werden und dass nach wie vor das Faktum gegeben ist, dass zwei Drittel dieser Zugewanderten abgewiesen werden, weil sie keinen ausreichenden Asylschutz haben.
Meine Damen und Herren, das sollte uns nach wie vor wachrütteln. Wir sollten die Bedrohung, die in der Nachbarschaft der Europäischen Union lauert, erkennen: Ich denke da vor allem an die Regionen Türkei und Naher Osten, aber auch an Nordafrika. Diese Massenimmigration droht Europa nach wie vor, sie droht, auszubrechen, und wir sind aufgefordert, Maßnahmen zu setzen, um sie zu bewältigen. (Beifall bei Abgeordneten der FPÖ.)
Wegen der nicht effizienten Politik der Union zum Schutz der Außengrenzen sind die Mitgliedsländer gezwungen und aufgefordert, den Schutz ihrer Grenzen sicherzustellen. Die FPÖ hat immer wieder, und nun auch in der beginnenden Legislaturperiode, Anträge gestellt, die in die Richtung gehen, dass Polizei und Militär ausreichend ausgerüstet und aufgestellt sein müssen, um diesen Herausforderungen begegnen zu können.
Meine Damen und Herren, wir alle müssen uns im Klaren darüber sein, dass die Entwicklung der Europäischen Union im Wesentlichen davon abhängt, wie wir diese Kardinalfrage, nämlich den Stopp der illegalen Massenzuwanderung, lösen werden. – Ich danke Ihnen sehr. (Beifall bei der FPÖ.)
12.07
Präsidentin Doris Bures: Als Nächster zu Wort gelangt Herr Klubobmann Werner Kogler. – Bitte.
Abgeordneter Mag. Werner Kogler (Grüne): Frau Präsidentin! Herr Bundesminister! Meine Damen und Herren! Die Abfolge der Redner entsprechend der Stärke des Wahlergebnisses bei der Nationalratswahl bedingt es, dass ich meistens nach Abgeordneten der FPÖ zum Reden komme, und dadurch kommt immer das ganze Konzept durcheinander; deshalb bin ich vor meinen Reden schon immer so verwirrt. Ich möchte jetzt aber einmal eines in aller Deutlichkeit klarstellen: Wenn es um Klimaschutz geht und wenn es um die neue Kommission der Europäischen Union geht, dann ist das deshalb gut, weil die Kommissionspräsidentin das Thema absolut voranstellt.
Ich nehme nun positiv zur Kenntnis, dass mein Vorredner Bösch immerhin gemeint hat, dass der Klimawandel, die Klimakrise – ich weiß nicht, zu welchem Wording Sie sich da dann durchringen werden – als Phänomen anerkannt wird. Das war ja nicht immer so. Jetzt sage ich Ihnen – damit wir gleich einmal zur Sache kommen, weil es nämlich schon bald langweilig wird; viele kritisieren ja, dass die Verhandlungen zu lange dauern –, was der Unterschied ist, ob Grün oder Blau in Regierungsverhandlungen ist: Es ist nicht so lange her, dass Klimawandelleugner in der Regierung herumgehockt sind. (Beifall bei den Grünen. – Abg. Stögmüller: Chemtrails!) Wir erinnern uns an die Strache’schen Grönlandperlen; das ist doch völlig absurd! Die Grönlandperlen kann es geben, wenn die Weltpolitik so weitermacht, denn dann wächst in 50 Jahren in Grönland wirklich Wein; dann ist es aber tragisch, weil dann nämlich eine Milliarde Men-
schen in den Küstengebieten abgesoffen sind. Der Unterschied ist, ob da etwas weitergehen soll oder nicht.
So, kommen wir zu etwas Erfreulicherem, zur Europäischen Kommission und zu Frau Präsidentin von der Leyen! Sie ist ja nun nicht wirklich ein grünes Parteimitglied. (Die Abgeordneten Wurm und Ernst-Dziedzic: Noch nicht! – Heiterkeit bei den Grünen.) – Ja! „Noch nicht“, der war gut; möglicherweise. Das muss man der FPÖ ja lassen, man kann immer wieder noch blödeln. Man weiß zwar nicht, ob das gut ist, aber man kann es. (Heiterkeit bei den Grünen.) Sie haben ja die Pointe noch gar nicht gehört, Sie müssen ja noch nicht lachen! Es kann natürlich sein, dass die Frau Kommissionspräsidentin dann, wenn sie als Schwarze oft genug in die Zentrale der Europäischen Union fährt, als Grüne zurückkommt – ein Innviertler Schicksal. (Heiterkeit und Beifall bei den Grünen. – Heiterkeit und Zwischenrufe bei Abgeordneten von ÖVP und FPÖ.)
The Green Deal – früher Green New Deal – ist eine gute Sache. Das ist eine gute Sache, weil es mehr oder weniger darum geht, die zentrale Überlebensfrage der Menschheit in den Mittelpunkt der Aufgaben der Europäischen Union zu stellen und damit endlich wirtschaftliche Vernunft – jawohl, als Erstes –, die ökologische Wende und den sozialen Ausgleich, den man dazu braucht, zu verbinden. Im Übrigen – ja, ich habe von der ÖVP dazugelernt, und zwar echt und ehrlich – braucht es für diese Sache auch einen regionalen Ausgleich, weil sich verschiedene Maßnahmen unterschiedlich auswirken. Primär geht es aber darum, dass wir endlich Wirtschaft, Umwelt und die soziale Absicherung unter einen Hut bringen; ja, das geht! (Beifall bei den Grünen.) Wenn das nämlich nicht geht – wir wissen ja nicht, was wir auf diesem Globus zusammenbringen –, dann gibt es gröbere Probleme.
Betreffend die Migrationsfrage kann ich ernsthaft an meinen Vorredner anknüpfen: Sie ist mit Sicherheit ein Problem, weil sich kein Kontinent der Welt damit leichttut – nur zur Einordnung und Orientierung: auf anderen Kontinenten ist es noch viel schwieriger als in Europa –, und die Fluchtursachen massiv zunehmen werden, wenn da nichts weitergeht.
Jetzt bin ich wieder bei dem, was Sie schon oft von mir gehört haben: Ja, wir werden es von Wien, von Österreich aus alleine nicht schaffen; das ist schon klar. Die Union hat dabei eine zentrale Aufgabe, und sie kann es. Wir auf diesem Kontinent sind innovativ genug und wirtschaftlich stark genug, um da etwas weiterzubringen. Aus diesem Grund sollten wir Vorreiter werden und sollten alle Länder einen Beitrag leisten.
Frau von der Leyen gibt die richtige Richtung vor (Zwischenruf des Abg. Wurm), da können wir uns für Österreich gleich etwas abschneiden. Es reicht die Zeit gar nicht, um herunterzudeklinieren, wie gescheit es wäre, das, was Frau von der Leyen sagt, bei uns auch zu machen. Ja, wir werden jetzt anfangen, das in den Regierungsverhandlungen zu vertreten (Abg. Kickl: Was haben Sie denn bisher gemacht?), weil diesbezüglich, wie Sie den Medien entnommen haben, der Leuchtturm noch nicht ganz aufgebaut worden ist. Wir müssen ein Grubenlicht herausziehen, damit da endlich einmal etwas weitergeht; das meine ich ernst. (Beifall bei den Grünen.)
Deshalb ist es doch so vernünftig, Frau von der Leyen nicht nur zuzuhören, wie Kollege Lopatka richtig gesagt hat, sondern die Zielsetzung, bis 2030 50 bis 55 Prozent der Emissionen zu reduzieren – in Österreich wird es vielleicht ein bisschen weniger, aber nicht allzu viel weniger sein –, auch in ein Regierungsprogramm hineinzuschreiben.
Das Maßnahmenbündel: Wir brauchen die CO2-Bepreisung, wir brauchen die Regularien – je nachdem mehr oder weniger – und wir brauchen die Investitionen für eine Energiewende, eine Verkehrswende und eine Agrarwende. (Präsidentin Bures gibt das Glockenzeichen. – Zwischenruf des Abg. Wurm.) In diesen drei Bereichen sollte etwas weitergehen.
Präsidentin Doris Bures: Herr Abgeordneter, Sie müssen jetzt bitte den Schlusssatz formulieren.
Abgeordneter Mag. Werner Kogler (fortsetzend): Ich schließe ab: Wenn wir nicht kapieren, dass in einer Marktwirtschaft die Preise und die Kostenwahrheit entscheidend für den ökonomischen Erfolg und in diesem Fall den ökologischen Erfolg sind, dann haben wir Marktwirtschaft nicht verstanden. (Beifall bei den Grünen.)
12.12
Präsidentin Doris Bures: Nächste Rednerin: Frau Klubvorsitzende Beate Meinl-Reisinger. – Bitte.
Abgeordnete Mag. Beate Meinl-Reisinger, MES (NEOS): Frau Präsidentin! Sehr geehrter Herr Bundesminister! Werte Kolleginnen und Kollegen! Werte Zuschauerinnen und Zuschauer! Herr Kollege Lopatka, ich möchte mich bei Ihnen dafür entschuldigen, dass ich Sie bei Ihrer für mich nicht ganz klaren Rede durch meine Zwischenrufe aus dem Konzept gebracht habe. Mir hat ein Herr Gerhard Stierschneider geschrieben, dass er das nicht sehen möchte, sondern dass ich mich darauf konzentrieren solle, wozu ich befähigt sei, nämlich auf das Kinderkriegen. Ich will damit nur zum Ausdruck bringen, dass ich jetzt vom Rednerpult aus auf Ihre Rede und darauf, warum ich glaube, dass sie vielleicht ein bisschen visionärer hätte sein sollen, Bezug nehmen werde.
„Die großen Herausforderungen der neuen Europäischen Kommission“ ist der Titel dieser Aktuellen Europastunde. Ich möchte das ein bisschen erweitern, nämlich auch auf die Herausforderungen, die sich aktuell in der Europapolitik für die nächste Bundesregierung ergeben. Mir erscheint es sehr wichtig, dass wir uns als österreichisches Parlament in einer Phase – und deshalb habe ich gesagt, Herr Lopatka, „kehren wir vor der eigenen Tür!“ –, die ich als nicht ganz stabile Zwischenphase bezeichnen würde, darüber unterhalten, welche Rolle eigentlich Österreich und österreichische Politiker in der zukünftigen Weiterentwicklung der europäischen Politik einnehmen wollen.
Ich glaube, dass der Prozess der Kommissionsbildung jetzt einmal abgeschlossen ist, ist gut, und dass die Kommission ans Arbeiten geht, ist auch gut. Wir stehen tatsächlich vor großen internen wie externen Herausforderungen, die ich ganz kurz skizzieren werde.
Interne Herausforderungen: Großbritannien ist gerade mitten in einem Wahlkampf, der Brexit steht vor der Tür – das ist eine große interne Herausforderung, die wir zu lösen haben. Sie haben auch ein paar andere Herausforderungen angesprochen, in Zusammenhang mit der italienischen Regierung, selbstverständlich auch mit den immer stärker werdenden populistischen, nationalistischen Kräften und auch mit den wirklich eklatanten Problemen in Bezug auf Rechtsstaatlichkeit, liberale Demokratie und Grund- und Freiheitsrechte in anderen Staaten. Das sind ganz große interne Herausforderungen.
Externe Herausforderungen brauche ich, glaube ich, gar nicht zu nennen. Abgesehen davon, dass die geopolitische Sicherheitslage höchst instabil ist, sind die Vereinigten Staaten mit Donald Trump an der Spitze in vielerlei Hinsicht kein verlässlicher Partner mehr für Europa. Was wir über viele Jahrzehnte hinweg als Kräfte, als Gewichte in der Welt gekannt haben, hat keine Gültigkeit mehr. China wurde auch schon angesprochen; China ist nicht nur in wirtschaftlicher, aber vor allem auch in wirtschaftlicher Hinsicht eine große Herausforderung, auch und gerade für Europa. Dahinter steht ja sehr wohl, wenn Sie so wollen, eine Art Systemstreit, der noch nicht ausgefochten ist.
Ich möchte selbstbewusst sagen, dass wir als NEOS, als österreichisches Parlament, als Österreich und auch als Europa da einen sehr selbstbewussten Weg gehen sollten, diesen Weg Europas betreffend die Grund- und Freiheitsrechte, die Marktwirtschaft,
die liberale Demokratie, die Menschenrechte und auch den sozialen und ökologischen Ausgleich weitergehen sollten und uns nicht durch neue weltweite protektionistische oder autoritäre Tendenzen verwirren lassen sollten.
Die Rechtsstaatlichkeit wird sicherlich ein großes Thema sein, denn wir können nicht zuschauen, wie gegen EU-Verträge verstoßen wird. Wir können nicht zuschauen, wie die Unabhängigkeit der Justiz beschnitten wird. Wir können nicht zuschauen, wie die Medienfreiheit in unseren Nachbarländern beschnitten wird. Wir können nicht zuschauen, weil es, meine sehr geehrten Damen und Herren, um unsere Werte geht. Europa ist eine Wertegemeinschaft, und die basiert auf liberalen Freiheitswerten. (Beifall bei den NEOS.)
Ich begrüße es sehr, dass die Europäische Kommission den European Green Deal als das entscheidende Projekt für die nächsten Monate ausgerufen hat, ich halte das für ganz essenziell. Ich freue mich auch sehr, dass der Antrag der Liberalen im Europäischen Parlament, den Klimanotstand auszurufen, angenommen wurde. Jetzt ist der Notstand einmal auf dem Papier da, sozusagen beschrieben, das heißt aber noch nicht, dass Maßnahmen folgen werden. Ich setze große Erwartungen in die Europäische Kommission, dass dieses Thema jetzt angegangen wird, um das Ziel, die Erwärmung unter 1,5 Grad zu halten, wirklich zu erreichen.
Wir müssen allerdings schon darauf achten, welche Maßnahmen wir da setzen. Ich möchte einen Punkt herausgreifen, den ich als kritisch ansehe, nämlich die Geldpolitik. Wir haben in den letzten Jahren mit der Niedrigzinspolitik eine sehr expansive Geldpolitik erlebt, die natürlich den Konsum sehr stark angeheizt hat. Jetzt von einer angeblich neutralen Geldpolitik zu einer grünen Geldpolitik überzugehen, mit dem Effekt, das auszuweiten und weiterzuführen, halte ich für sehr schwierig, denn da geraten mehrere Ziele in Konflikt miteinander, nämlich einerseits Konsumsteigerungen und andererseits wirksamer Klimaschutz. Wenn Sie so wollen, ist der beste Klimaschutz auch diesbezüglich eine harte Währung und damit natürlich auch mehr für die Bürgerinnen und Bürger Europas, die sich vielleicht wieder etwas aufbauen können, was in Niedrigzinszeiten - -
Präsidentin Doris Bures: Frau Klubvorsitzende, Sie müssen den Schlusssatz formulieren.
Abgeordnete Mag. Beate Meinl-Reisinger, MES (fortsetzend): Der Schlusssatz ist: Es geht auch um die Haltung der nächsten Bundesregierung. Wenn Österreich wirklich ein europäischer Player sein möchte, dann erwarte ich mir mehr als das Bekenntnis, dass man als Regierung proeuropäisch ist, dann erwarte ich mir, dass man die Herausforderungen dieser Zeit auch löst, indem man ein Bekenntnis zu einem höheren Budget abgibt und in Zukunft wirklich eine Rolle bei der Weiterentwicklung von Europa spielt. – Vielen Dank. (Beifall bei den NEOS.)
12.18
Präsidentin Doris Bures: Als Nächster Redner zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Martin Engelberg. – Bitte, Herr Abgeordneter.
Abgeordneter Mag. Martin Engelberg (ÖVP): Frau Präsidentin! Herr Außenminister! Kolleginnen und Kollegen! Hohes Haus! Liebe Gäste! Für mich ist ja eine EU-Diskussion eigentlich immer eine, bei der ich das Gefühl habe, dass wir parteipolitische Hakeleien ein bisschen hintanstellen könnten. Wenn ich meinen Vorrednern so zuhöre, habe ich aber den Eindruck, dass man es nicht ganz lassen kann. Da wird die Regierung der letzten zwei Jahre offenbar für Entwicklungen verantwortlich gemacht, die ja viel langfristiger sind, die in eine Zeit zurückreichen, in der es nach meiner Erinnerung
Bundeskanzler gab, die von einer anderen Partei – just von der, von der jetzt die Kritik kommt – stammten.
Ich erinnere mich noch an das Bonmot, demzufolge es Bundeskanzler gab, die mit ihrer Meinung nach Berlin gefahren sind und dann mit der Meinung von Bundeskanzlerin Merkel zurückkamen. Ich kann Ihnen nur eines sagen: Ich bin sehr froh, wenn Sebastian Kurz Österreich demnächst wieder im Europäischen Rat vertritt. (Beifall bei der ÖVP.)
Nachdem es schon einige Redner aus meiner Partei gegeben hat, will ich nur ein paar ergänzende Themen ansprechen: Das eine, das mir immer wieder am Herzen liegt, ist der Brexit, nicht nur der Brexit an sich, sondern die Frage: Wie geht es danach weiter? Wir haben die Diskussion eigentlich schon satt – das merkt man deutlich –, vergessen dabei aber mitunter, dass uns die große Aufgabe erst noch bevorsteht.
Wenn der Brexit vollzogen wird – und davon müssen wir ja nun ausgehen –, dann kommt die große Aufgabe auf uns zu, die Beziehungen zu Großbritannien als Nicht-EU-Mitglied neu zu gestalten. Das ist, wie ich es sehe, eine viel größere Aufgabe als jene, den Austrittsvertrag zu verhandeln. Das heißt, es geht um ein umfassendes Freihandelsabkommen, für das es bisher noch kein Vorbild gibt; wir wollen tatsächlich möglichst enge Beziehungen zu Großbritannien – und umgekehrt auch –, und gleichzeitig müssen wir natürlich darauf bestehen, dass es für ein Nicht-EU-Mitglied nicht die Vorteile einer EU-Mitgliedschaft geben kann. Das heißt, das ist eine große Herausforderung.
Das Thema Westbalkan ist, glaube ich, ausführlich diskutiert worden. Es geht – das sollten wir uns immer wieder vor Augen führen – überhaupt um die Frage der Nachbarschaft. Zumindest ist es für meine Generation, für mich selber so, dass wir oft die historischen Verbindungen und auch die Nähe zu diesen Ländern einfach aus den Augen verlieren.
Ich erzähle dazu immer die Anekdote, dass der Pilot, als ich zum ersten Mal in die Geburtsstadt meiner Mutter geflogen bin, nach Lemberg – das heutige Lwiw in der Ukraine –, beim Losfliegen gesagt hat, dass die Flugzeit von Wien nach Lemberg gleich lang sei wie nach Altenrhein in Vorarlberg. Das heißt, es ist auch eine Bewusstseinsbildung notwendig, nämlich dahin gehend, wie nahe uns die Länder im Osten beziehungsweise am Balkan, am Westbalkan, sind, dass das dort auch so wahrgenommen wird, aber auch dahin gehend, dass es sehr positiv aufgenommen wird, dass wir uns für sie, für ihre Beitrittsperspektive einsetzen; und das sollte auch wirklich fortgesetzt werden. Ich denke, dass wir da als Politiker, auch hier im Parlament, gefordert sind. (Beifall bei der ÖVP.)
Last, but not least sind mir als Sprecher für Entwicklungszusammenarbeit natürlich die Beziehungen der EU zu Afrika, zu den afrikanischen Ländern, ein persönliches Anliegen. Schon während unserer EU-Ratspräsidentschaft gab es das EU-Afrika-Forum, und es ist äußerst wichtig, dass wir an dieser Partnerschaft weiterarbeiten, an einer Partnerschaft auf Augenhöhe, und letztlich auch da wieder, ähnlich wie am Westbalkan, dafür Sorge tragen, dass wir die Position der EU gegenüber Großmächten wie China, Russland und den Golfstaaten, die dort ganz vehement und manifest ihre Interessen vertreten, stärken. Dabei – auch das ist mir besonders wichtig – müssen wir aber auf die Einhaltung von Mindeststandards besonders achten, Mindeststandards, was Menschenrechte, Rechtsstaatlichkeit, Demokratie und Frauenrechte betrifft, und uns dazu bekennen, dass die menschliche Sicherheit ganz unmittelbar mit Friedenssicherung verknüpft ist.
Abschließen möchte ich damit, dass ich sage: Jeder Mensch hat ein unveräußerliches Recht auf Leben und freie Entfaltung, und dafür wollen und sollten wir weltweit die Vo-
raussetzungen mitgestalten. Die EU sollte dabei die treibende Kraft für Frieden sein, aber auch für eine gute wirtschaftliche Entwicklung. – Danke. (Beifall bei der ÖVP.)
12.24
Präsidentin Doris Bures: Als Nächste zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Julia Herr. – Bitte.
Abgeordnete Julia Elisabeth Herr (SPÖ): Geschätzte Frau Präsidentin! Werte Damen und Herren! Heute präsentiert die EU-Kommission ihren Klimaschutzplan, der uns in eine klimaneutrale Zukunft führen soll. Ziel ist es, die EU bis 2050 klimaneutral zu machen, was so viel bedeutet, wie dass in 30 Jahren nur mehr so viele CO2-Emissionen ausgestoßen werden dürfen, wie wir selbst speichern können, also durch Bäume oder durch unseren Boden. Dieses Ziel, meine Damen und Herren, müssen wir schlicht und einfach erreichen, wenn wir langfristig eine Zukunft für alle Menschen in der Europäischen Union schaffen wollen, die auch eine intakte Umwelt garantiert.
Das bedeutet: Ja, die prinzipiell erklärte Absicht und die derzeitigen Überschriften der neuen Europäischen Kommission klingen gut und vielversprechend. Wir wissen aber alle, durch Überschriften allein wird noch kein Gramm CO2 eingespart, kein Klima gerettet. (Beifall bei der SPÖ.)
Wir wissen, was es letztlich braucht, ist der Mut zu wirklicher Veränderung. Es braucht einen wirklichen Green New Deal, einen großen Umbau unserer Gesellschaft, der nicht nur Klimaschutz, sondern auch ein Recht auf Arbeit und soziale Gerechtigkeit verspricht. Klimaschutz darf kein Elitenprogramm sein, sondern muss die Interessen der vielen vertreten; die Interessen derjenigen, die sich nicht von der Klimakrise freikaufen können, die nicht wie eine Regierung oder ein Unternehmen ganz einfach gewisse Zertifikate zukaufen können, wenn die CO2-Bilanz wieder einmal schlecht ausschaut; die Interessen jener, die sich da nicht befreien können und die schon jetzt unter der Klimakrise leiden und das in Zukunft noch viel mehr tun werden, also die Interessen derjenigen, für die die Klimaziele gar nicht schnell genug erreicht werden können.
Es gibt aber eben auch andere Interessengruppen, die zwar klein sein mögen, aber doch milliardenschwer, und diese Interessengruppen stehen seit Jahren bewusst auf der Bremse, weil sie vom derzeitigen System im wortwörtlichen Sinne profitieren. Schauen wir uns beispielsweise den Bereich Verkehr an: Auch die Automobilindustrie in Deutschland hat sich bereits zu den neuen Klimaschutzplänen der Europäischen Kommission zu Wort gemeldet, und zwar richtet uns der scheidende Chef des deutschen Branchenverbandes aus, man dürfe jetzt nicht noch höhere Klimaziele formulieren. Das ist übrigens eine jener Branchen, die sich eine der größten und millionenschweren Lobbys in Brüssel leisten und seit Jahren gegen strikte Regulierungen vorgehen.
Angesprochen auf die eigene Verantwortung wird mit den Regeln des Marktes argumentiert: Die Entscheidung für den Klimaschutz liege ja letztendlich nicht beim Konzern, sondern bei der Konsumentin und beim Konsumenten – und die Verantwortung anscheinend auch gleich mit dazu.
Ob das stimmt, will ich anhand eines konkreten Beispiels zeigen – keine Sorge, ich bleibe beim Thema Verkehr –: Ein großes Problem in der Europäischen Union ist der Flugverkehr. Wie wir wissen, ist dieser 50 Mal schädlicher als der Zugverkehr, und trotzdem steigen die Zahlen. Doch auch da richtet man uns aus, es sei die Schuld der Bürger und Bürgerinnen, die das Flugzeug und nicht den Zug wählen. Doch stimmt das? – Wohl kaum, wenn der Flieger fünfmal so schnell ist wie der Zug und zehnmal weniger kostet, wenn also Zugreisen für eine durchschnittliche Familie derzeit nicht einmal leistbar sind.
Ich habe vergangene Woche bei meiner Anreise zur Klimakonferenz in Madrid selbst wieder einmal gesehen, was Zugfahren im Jahr 2019 leider noch immer bedeutet: Für eine Zugfahrt braucht man 30 Stunden, sie kostet mehrere Hundert Euro. (Abg. Kickl: Aber eigentlich hätte man gar nicht hinfahren müssen!) – Natürlich muss man hinfahren, wenn man es mit dem Klimaschutz ernst meint; Sie nicht, Herr Kickl, ich schon! (Beifall bei SPÖ und Grünen. – Abg. Kickl: Wieso? Sie kriegen das aber so auch mit, oder?)
An dieser Stelle sei deshalb angemerkt, dass die Verantwortung nicht länger ständig auf Konsumenten und Konsumentinnen abgewälzt werden soll, sondern dass – und das fordere ich ein – an anderer Stelle angesetzt werden soll: Wieso wird in puncto Steuern im Flugverkehr nichts unternommen, während im Bahnverkehr so stark angesetzt wird? Wieso gibt es beispielsweise keine Kerosinsteuer, keine Mehrwertsteuer auf Ticketpreise für Flüge ins Ausland? Wie kann es sein, dass die Löhne beim Flugpersonal seit Jahren gedrückt werden, um ein billiges Flugangebot zu schaffen? Wieso fehlen EU-weit Investitionen für leistbare Schnell- und Hochgeschwindigkeitszüge, wenn diese in anderen Teilen der Welt längst üblich sind? – All das ist politischer Wille und all das muss mit einem Green New Deal enden. (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der Grünen.)
Damit komme ich auch schon zum Schluss. Genau das bedeutet für mich ein Green New Deal: mit einem Konzept von Just Transition dafür zu sorgen, dass niemand auf der Strecke bleibt, dass wir alle in einer CO2-neutralen Zukunft unsere Arbeitskraft im Rahmen einer Beschäftigungsgarantie zur Verfügung stellen können, dass die Mechaniker und Mechanikerinnen von heute die umweltfreundliche Mobilität von morgen aufrechterhalten, dass technikbegeisterte junge Menschen eine neue Art der Energieversorgung garantieren können und dass durch Investitionen in Forschung, in neue Industrien auch ganz neue Jobs entstehen.
Präsidentin Doris Bures: Den Schlusssatz bitte, Frau Abgeordnete.
Abgeordnete Julia Elisabeth Herr (fortsetzend): Das fordern wir von einem Green New Deal: ein Investitionsprogramm, das Arbeitsplätze schafft und die Umwelt rettet. – Danke schön. (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der Grünen.)
12.30
Präsidentin Doris Bures: Als nächste Rednerin gelangt Frau Abgeordnete Susanne Fürst zu Wort. – Bitte.
Abgeordnete Dr. Susanne Fürst (FPÖ): Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Ich denke, der großteils leeren Worte sind jetzt genug gewechselt: alternativloser Klimaschutz, Klimapanik, Green Deal, Zukunftskonferenzen, zu denen die Menschen zu Tausenden mit dem Flugzeug hinpilgern. – Ich darf Ihnen aus der Antarktis bestellen, dass dort die tiefsten Temperaturen seit ihrer Messgeschichte herrschen, dort ist man ganz außer Rand und Band – so viel zur globalen Erderwärmung. Aus der Arktis darf ich Ihnen von den Eisbären bestellen, dass es ihnen durchaus gut geht, dass ihre Anzahl stabil ist. Wovor sie sich aber wirklich fürchten, ist die Liberalisierung der Jagdbeschränkungen, denn da werden sie dann wirklich von Menschenhand niedergemetzelt, das möchten sie nicht.
Wir wissen schon alle, was hinter diesem großen Thema der Klimapanik steckt: Es soll Panik geschürt werden, um Regelungen zu ermöglichen, die zu normalen sicheren, friedlichen Zeiten nicht möglich sind. Diese Regelungen dienen dann aber nicht einem sinnvollen Klimaschutz, einem sinnvollen Umweltschutz und Heimatschutz – diese Agenda sollen sie nicht verfolgen –, sondern es geht da um eine Einschränkung der Freiheit, der Sicherheit und des Wohlstands der EU-Bürger.
Es gibt einen einzigen Leuchtturm, dem sich die neue EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen widmen soll, der bis jetzt finster wie der Eiffelturm ist, wenn er nicht beleuchtet ist: Das ist das Stichwort Schengen. Wir gehen da zurück auf die Gründungsverträge der EU, es geht um sichere, geschlossene Außengrenzen. Schengen hat die große Reisefreiheit ohne Grenzkontrollen im Binnenraum bedeutet. Das war immer nur die eine Seite der Medaille, die zweite Seite waren immer geschlossene, sichere Außengrenzen: keine Grenzkontrollen im Inneren, dafür Verlegung des Grenzschutzes an die Außengrenze.
Im Schengener Abkommen ist noch wortwörtlich die Rede von der „Verhinderung der unerlaubten Einreise von Personen“ aus Drittstaaten. Da kann man nur mehr bitter auflachen – wir wissen alle, wie es gekommen ist: Hunderttausende spazieren bei uns ein und aus, wie es ihnen passt, kommen völlig unkontrolliert, ungesteuert zu uns, suchen sich ihren Lieblingsmitgliedstaat aus – wo es die meisten Sozialleistungen gibt –, und die EU – leider –, die Kommission und ihre Institutionen, sorgen dafür, dass wir diesen Ansturm nicht bewältigen können, sondern dass wir ihn eigentlich über uns ergehen lassen müssen.
Besondere Unterstützerin dieses Kurses ist die langjährige Wegbegleiterin und Freundin der neuen EU-Kommissionspräsidentin, Bundeskanzlerin Angela Merkel, die ja in Zeiten des größten Ansturms 2015 dann auch behauptet hat, man könne Grenzen doch gar nicht schützen – eine unglaubliche Aussage einer deutschen Bundeskanzlerin, die noch dazu ihre Kindheit in der DDR verbracht hat. Die haben das ganz gut gekonnt, die Grenzen zu schützen, so gut, dass nicht einmal ihre Bürger – die eigenen Bürger – das Land verlassen konnten.
Ursula von der Leyen war damals übrigens Verteidigungsministerin und hätte beim Grenzschutz oder bei der Bewältigung des Ansturms durchaus behilflich sein können, war da aber mehr mit anderen drängenden Problemen in der deutschen Bundeswehr beschäftigt, so wie etwa mit Uniformen für schwangere Rekrutinnen, mit der Frage: Passen schwangere Rekrutinnen auch in Panzer?, und so weiter. Das waren die wirklich dringenden Dinge. Sie hat damit die deutsche Bundeswehr der Lächerlichkeit preisgegeben; der Preis dafür wird jetzt noch gezahlt.
Die EU muss alles tun, um die Außengrenzen zu schützen, sie muss alles tun, um die illegale Migration zu stoppen, das ist alternativlos. Nur dann wird die EU in der Welt respektiert und geachtet: wenn sie fähig ist, ihre Grenzen zu schützen. Nur das ist alternativlos. (Beifall bei der FPÖ.) Nur dann kann man ein Big Player sein und nur dann wird man eben wirklich ernst genommen und kann die Macht der Sprache ausüben.
Es müssen Rückführungsabkommen mit den afrikanischen und asiatischen Herkunftsstaaten geschlossen werden, das geht wirklich nur mit Druck der gesamten EU. Die müssen ihre Bürger ohne Wenn und Aber zurücknehmen, ansonsten werden Finanz-, Handels- und Visahilfen an diese Länder gestoppt. Man hat da genug Druckmittel. Das Asyl muss auf den ursprünglichen Sinn der Flüchtlingskonvention zurückgeschraubt werden: Asyl für Personen, die individuell verfolgt werden, so lange, wie die Bedrohung andauert; Asyl im nächsten sicheren Nachbarland – und nicht um die halbe Welt fliegen und sich da ein Land aussuchen. (Beifall bei der FPÖ.)
Alle darüber hinausgehenden Hilfeleistungen und Leistungen, die von der Flüchtlingskonvention nicht verlangt werden, stehen im freiwilligen Ermessen der Mitgliedstaaten. Die können das schon machen – Frau Merkel kann weiterhin alle Welt nach Deutschland einladen, solange sich die Deutschen das gefallen lassen –, die Mitgliedstaaten dürfen aber von der EU nicht zu diesen sämtlichen Leistungen gezwungen werden: massenhafter Familiennachzug, Bleiberecht, Asyl und Lehre – also alles eigentlich nur
Erfindungen der Judikatur und der EU-Institutionen, die von der Flüchtlingskonvention nicht verlangt werden. Alle hereinzulassen und von den Mitgliedstaaten dann die Umverteilung und die Aufnahme zu verlangen, das ist niederträchtig und rechtswidrig. (Beifall bei der FPÖ.)
Präsidentin Doris Bures: Sie müssen nun den Schlusssatz formulieren.
Abgeordnete Dr. Susanne Fürst (fortsetzend): Es gilt: Wenn dieser Komplex geregelt ist – wir haben jetzt auch einen neuen Budgetkommissar, der ehemalige Novomatic-Vorstand Johannes Hahn wird das sicher gut bewältigen, dass er da genügend Geld zur Verfügung stellt, um diese erste riesig große Herausforderung zu bewältigen, die aber Verpflichtung gegenüber den EU-Bürgern ist - -
Präsidentin Doris Bures: Frau Abgeordnete, wir haben eine Redezeitbeschränkung von 5 Minuten. Den Schlusssatz bitte!
Abgeordnete Dr. Susanne Fürst (fortsetzend): Dann kann man sich den anderen Herausforderungen widmen.
Mein Schlusssatz: Ursula von der Leyen, Klimaschutz – ja, sie soll nicht so viel herumfliegen, sie soll in Brüssel bleiben, soll sich einarbeiten in ihre Materie, dann braucht sie nicht so viele Berater und - -
12.37
Präsidentin Doris Bures: Frau Abgeordnete, wir haben die Geschäftsordnung und die Regelungen hinsichtlich Redezeit gemeinsam beschlossen, und daher ist es auch wichtig, dass wir uns gemeinsam daran halten. (Beifall bei der FPÖ für die das Rednerpult verlassende Abg. Fürst.)
Herr Abgeordneter Michel Reimon, Sie gelangen als Nächster zu Wort. – Bitte.
Abgeordneter Michel Reimon, MBA (Grüne): Frau Präsidentin! Sehr verehrte KollegInnen! Ein Klimaschutzprogramm einer Kommission mit einer konservativen Kommissionspräsidentin ist sicher nicht der grüne Traum, aber trotzdem ist dieses Programm ambitioniert, gut und insoweit einmal voranzutreiben, dass es Unterstützung verdient. Es ist traurig, dass man aus dem Rat hört, dass die Regierungen schon wieder zu schrauben beginnen und da etwas weghaben wollen, dort etwas weghaben wollen und das Ganze wieder nach unten kriegen wollen. Das ist nicht das, was ich mir von Regierungen erwarten würde, und schon gar nicht das, was ich mir von einer österreichischen Regierung, auch nicht von der zukünftigen, erwarte.
Wenn diese Kommission ein ambitioniertes Klimaprogramm fährt, dann hat sie in Zukunft die volle Unterstützung der österreichischen Regierung zu haben, dann muss Österreich mit aller Kraft dahinterstehen. (Beifall bei den Grünen.) Was wir nicht brauchen, ist, dass da und dort, auch durch Österreich, wieder etwas weggeschnitten wird.
Wenn andere Regierungen zu blockieren beginnen, wenn andere Regierungen auf dieses Klimaprogramm Druck machen und es unterwandern wollen, dann erwarte ich mir von einer österreichischen Regierung, dass sie da Widerstand leistet und dass sie auf solche Regierungen dann Druck macht und sagt: Nein, wir können das nur gesamteuropäisch machen und wir setzen uns dafür ein, wir stehen hinter einem solchen Programm, wir wollen es sogar noch verstärken und wir lassen nicht zu, dass es unterminiert wird!
Ich spreche konkret die ungarische Regierung und die polnische Regierung und auch einige andere Regierungen in Südosteuropa an, die einfach nicht wollen, dass es ambitionierte Klimapolitik gibt. Die Polen wollen ihre Braunkohle noch 20 Jahre abbauen. Das wird es in einer Europäischen Union so nicht spielen, und ich erwarte mir da eine starke Position der österreichischen Bundesregierung – auch der nächsten.
Schauen wir, wie das funktioniert. Es ist ja möglich, dass demnächst zwei proeuropäische Parteien in einer österreichischen Bundesregierung sitzen, die sich dann proeuropäisch einbringen und versuchen können, das konstruktiv voranzutreiben. Vielleicht geht es dann besser, als es in der Vergangenheit gegangen ist, besser, als es in den letzten zwei Jahren gegangen ist, als Österreich keine konstruktive Rolle gespielt hat; denn es reicht nicht, mit dem Finger auf andere Länder zu zeigen und zu sagen: Ihr verhaltet euch destruktiv!
Ich gebe Ihnen ein Beispiel, das ich als Europaabgeordneter intensiv mitbekommen habe, als sich Österreich wirklich in genau diesem Sinn mies verhalten hat: Alle 28 Regierungen haben sich auf Liechtenstein draufgekniet, weil in Liechtenstein Stiftungen zum Verstecken von Steuerhinterziehungen genutzt werden. Diese Stiftungen mussten an die europäischen Regierungen melden, wenn Staatsbürger dort Geld gebunkert haben. Es wurde lange Druck auf Liechtenstein ausgeübt, bis die nachgegeben haben und es hieß: Alle Finanzämter in der Union werden informiert.
Wer verzichtet – drei Tage bevor es in Kraft tritt – als einziges Land darauf, darüber informiert zu werden? – Österreich. Wenn man jetzt in Zukunft über Österreich geht und sein Schwarzgeld in Liechtenstein bunkert, ist man in der gesamten Europäischen Union wieder sicher. Das haben wir gemacht. Das wurde in den letzten beiden Jahren nicht repariert, dieses Loch ist immer noch offen. Wer so mit seinen Partnern und Partnerinnen in der Europäischen Union umgeht, wird vielleicht keine konstruktive Rolle spielen. Ich erwarte, dass das in Zukunft anders – und besser – wird und dass wir uns um solche Maßnahmen kümmern. (Beifall bei den Grünen.)
Frau von der Leyen hat auch erklärt, dass der europäische Rechtsstaat und der Schutz des europäischen Rechtsstaates besondere Anliegen für sie sind, und man muss sagen, das ist besonders unterstützenswert. Sie hat die ungarische und auch die polnische Regierung da noch einmal extra hervorgehoben – auch in diesem Fall Problemfälle. Auch da verdient sie unsere Unterstützung, auch da hat Österreich in Zukunft den Kurs zu ändern.
Es sitzt hier ein ehemaliger Innenminister – ah, er kommt (in Richtung des sich zu seinem Sitzplatz begebenden Abg. Kickl) –, der vom Rednerpult aus eine gesamte Volksgruppe unter Generalverdacht stellt, droht und tut, als ob das alles Verbrecher wären. (Abg. Kickl: Dann haben Sie mir nicht zugehört!) Es ist gut, dass in der Zeit, als er Innenminister war, eine Europäische Kommission darauf geschaut hat, dass der Rechtsstaat geschützt wird – und das wird auch in Zukunft so sein.
Wenn andere Regierungen mit euch so umgehen würden, wie Sie mit Volksgruppen umgehen, würden sie sagen: Man muss eigentlich davon ausgehen, dass alle Freiheitlichen irgendwann einmal auf der Anklagebank landen und wegen Korruption hinter Gitter gehen, also beschuldigen wir sie alle gleich einmal von vornherein! (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ. – Abg. Hauser: ... mal Statistik aus ...! – Zwischenruf des Abg. Stefan.) – Davor seid ihr von der Kommission geschützt. Seid froh, dass sie mit euch so umgeht! (Abg. Kickl: Schauts einmal zu eurem Verhandlungspartner! Schau einmal genau nach, wennst dich traust!) Seid froh, dass es den europäischen Rechtsstaat gibt! (Beifall bei den Grünen.)
12.41
Präsidentin Doris Bures: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Nikolaus Scherak. – Bitte.
Abgeordneter Dr. Nikolaus Scherak, MA (NEOS): Frau Präsidentin! Sehr geehrte Herren Bundesminister! Da die Europäische Union ja insbesondere ein Ort der Rechtsstaatlichkeit, der Freiheit und des Rechts ist, möchte ich vielleicht gleich vorweg sagen,
dass das heute ein Tag der Freude für die Freiheit, für die Bürgerrechte und auch für den Parlamentarismus in Österreich ist. (Abg. Kickl: Für die organisierte Kriminalität ist das ein Freudentag!)
Der Verfassungsgerichtshof hat gerade verlautbart, dass nach einer Drittelbeschwerde der Abgeordneten der NEOS und der SPÖ der Bundestrojaner und die Kfz-Kennzeichenerfassung als verfassungswidrig aufgehoben wurden. (Beifall und Jubelrufe bei den NEOS sowie Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ.)
Das ist in erster Linie eine Absage an die umfassenden Überwachungsfantasien der Herren Kurz, Sobotka und Kickl und in zweiter Linie ein fulminanter Erfolg für die Freiheit, für die Bürgerrechte der Menschen in Österreich und für unsere Demokratie. (Beifall bei den NEOS sowie bei Abgeordneten von SPÖ und Grünen. – Zwischenruf des Abg. Kickl.)
Ich möchte mich an der Stelle insbesondere bei all jenen bedanken, die die letzten drei Jahre mitgeholfen haben, denn so lange hat dieser Kampf gegen Herbert Kickls Überwachungsfantasien gedauert – wobei er ihn kurzzeitig ja auch einmal selbst gekämpft hat, bis er dann seine Meinung geändert hat –: Das sind ganz, ganz viele Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter aus dem NEOS-Parlamentsklub, das waren NGOs, das waren Rechtsanwältinnen und Rechtsanwälte und das war, gemeinsam mit uns NEOS, die Fraktion der SPÖ, damals federführend Hannes Jarolim, der hier leider nicht mehr Abgeordneter ist. Ich möchte noch einmal ein ganz großes Danke sagen, weil dieser Tag der Freude für die Freiheit und für die Rechtsstaatlichkeit in Österreich etwas ganz Besonderes ist. (Beifall bei den NEOS sowie bei Abgeordneten von SPÖ und Grünen.)
Um auf das konkrete Thema der Europäischen Union und die Herausforderungen zurückzukommen: Eine große Frage ist ja, ob man sich zuerst eher mit den inhaltlichen oder mit den strukturellen Fragen beschäftigt. Ich bin der Meinung, man muss sich mit beiden Fragen gleichzeitig beschäftigen, denn viele Änderungen der institutionellen Fragen werden auch dazu führen, dass man die inhaltlichen Fragen leichter wird beantworten können.
Die Vertragsänderung von Lissabon ist jetzt knapp zwölf Jahre her, das heißt, wir haben etwas zu hinterfragen, und Ursula von der Leyen hat mit ihrem Zukunftskongress etwas vorgeschlagen, das ich grundsätzlich sehr positiv finde. Wir NEOS haben immer schon eine breite Einbindung der Bürgerinnen und Bürger in einem Konvent gefordert, um dort auch die Frage zu stellen, in welche Richtung die Europäische Union denn gehen soll.
Es gibt ein paar Dinge, die mir dabei besonders wichtig sind: In erster Linie geht es darum, dass das Europäische Parlament, das ja eigentlich ein sehr umfassendes Arbeitsparlament ist, endlich die Rechte bekommt, die es auch haben sollte, nämlich das Recht, Gesetzesinitiativen voranzutreiben. Das Europäische Parlament ist die Institution, die direkt von den Bürgerinnen und Bürgern gewählt ist, und dementsprechend ist es eigentlich absurd, dass man ihm diese Rechte vorenthält.
Wenn ich von direkt gewählten Institutionen spreche: Ich glaube, dass man sich auch darüber Gedanken machen sollte, ob man nicht auch andere Institutionen direkt wählen können sollte. Gerade das sehr unwürdige Schauspiel in den Hinterzimmern von Brüssel im Zusammenhang mit der Bestellung von Ursula von der Leyen hat wieder gezeigt, dass es wichtig wäre, dass man den Kommissionspräsidenten oder die Kommissionspräsidentin auch direkt von den Bürgerinnen und Bürgern wählen lässt.
Wichtig ist die Frage, und das ist von unterschiedlichen Fraktionen schon angesprochen worden, ob sich das Europäische Parlament endlich darauf einigt – das Parlament tut es ja an und für sich, es scheitert in der Regel am Rat –, dass es nur noch einen Sitz hat und nicht mehr zwei. Nicht nur in Zeiten des Klimawandels, sondern
auch betreffend Fragen der Effizienz ist es nicht nachvollziehbar, wieso einmal im Monat Tausende Menschen von Brüssel nach Straßburg pendeln müssen und damit einerseits viel Geld verprassen und andererseits auch das Klima nachhaltig schädigen. Genau dieses Beispiel zeigt wiederum exemplarisch, wo die Europäische Union umfassenden Aufhol- und Änderungsbedarf im institutionellen Bereich hat, nämlich in der Frage des Einstimmigkeitsprinzips.
Sind es bei der Frage des Single Seat die Franzosen, die sagen: Wir wollen das nicht!, sind es bei anderen Fragen andere Länder, die sagen: Ich blockiere da und setze ein Veto ein, damit nichts weitergeht! – Gerade bei Fragen betreffend schwerwiegende Grundrechtsverletzungen, bei schwerwiegenden Verletzungen der Grundwerte der Europäischen Union ist es auch so, dass ein Land dem anderen die Mauer macht und das Einstimmigkeitsprinzip dementsprechend echte Sanktionen unmöglich macht.
Natürlich sind solche tiefgreifenden Vertragsänderungen sehr komplex und werden viel Zeit brauchen, ich glaube aber, dass an diesen tiefgreifenden institutionellen Reformen kein Weg vorbeiführt. Wir stehen vor großen Herausforderungen in Europa, sei es der Klimawandel, sei es das Thema Rechtsstaatlichkeit oder sei es auch – und damit komme ich auch schon zum Schlusssatz – die Frage, wie wir es in Zukunft schaffen können, Grund- und Freiheitsrechte umfassend und nachhaltig zu gewährleisten, damit diese Überwachungsfantasien von ÖVP und FPÖ, denen der Verfassungsgerichtshof heute eine klare Absage erteilt hat, eben auch in Zukunft nicht weiter ausufern können. (Beifall bei den NEOS.)
12.46
Präsidentin Doris Bures: Zu Wort ist dazu niemand mehr gemeldet. Die Debatte ist geschlossen.
Präsidentin Doris Bures: Hinsichtlich der eingelangten Verhandlungsgegenstände und deren Zuweisungen verweise ich gemäß § 23 Abs. 4 der Geschäftsordnung auf die im Sitzungssaal verteilte Mitteilung.
Die schriftliche Mitteilung hat folgenden Wortlaut:
A. Eingelangte Verhandlungsgegenstände:
1. Schriftliche Anfragen: 188/J bis 282/J
2. Anfragebeantwortungen: 2/AB bis 7/AB
3. Antrag: Zurückziehung des Verlangens auf erste Lesung binnen drei Monaten:
B. Zuweisungen:
1. Zuweisungen seit der letzten Sitzung gemäß §§ 31d Abs. 5a, 32a Abs. 4, 74d Abs. 2, 74f Abs. 3, 80 Abs. 1, 100 Abs. 4, 100b Abs. 1 und 100c Abs. 1:
Budgetausschuss:
Monatserfolg Oktober 2019, vorgelegt vom Bundesminister für Finanzen (Vorlage 6 BA)
Bericht des Bundesministers für Finanzen gemäß § 67 Abs. 4 BHG 2013 über die Ergebnisse des Beteiligungs- und Finanzcontrolling zum Stichtag 30. September 2019 (Vorlage 7 BA)
2. Zuweisungen in dieser Sitzung:
zur Vorberatung:
Budgetausschuss:
Antrag 29/A der Abgeordneten Mag. Beate Meinl-Reisinger, MES, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz über die Finanzierung politischer Parteien (Parteiengesetz 2012 – PartG) und das Bundesgesetz über Vereine (Vereinsgesetz 2002 – VerG) geändert werden
Zuweisung von Verhandlungsgegenständen erst nach erfolgter Wahl der Fachausschüsse:
Abkommen über eine umfassende und verstärkte Partnerschaft zwischen der Europäischen Union und der Europäischen Atomgemeinschaft und ihren Mitgliedstaaten einerseits und der Republik Armenien andererseits (4 d.B.)
(Zuweisungsvorschlag: Außenpolitischer Ausschuss)
Protokoll zwischen der Republik Österreich und dem OPEC-Fonds für internationale Entwicklung zur Abänderung des Abkommens zwischen der Republik Österreich und dem OPEC-Fonds für internationale Entwicklung über den Amtssitz des Fonds (5 d.B.)
(Zuweisungsvorschlag: Außenpolitischer Ausschuss)
Übereinkommen über die Zustellung gerichtlicher und außergerichtlicher Schriftstücke im Ausland in Zivil- oder Handelssachen vom 15. November 1965 (6 d.B.)
(Zuweisungsvorschlag: Außenpolitischer Ausschuss)
Übereinkommen zur Gründung des Europäischen Büros für Kommunikation (ECO) Den Haag, den 23. Juni 1993, geändert in Kopenhagen am 9. April 2002 und in Kopenhagen am 23. November 2011 (7 d.B.)
(Zuweisungsvorschlag: Außenpolitischer Ausschuss)
Luftverkehrsabkommen zwischen den Vereinigten Staaten von Amerika als erster Partei, der Europäischen Union und ihren Mitgliedstaaten als zweiter Partei, Island als dritter Partei und dem Königreich Norwegen als vierter Partei (15 d.B.)
(Zuweisungsvorschlag: Verkehrsausschuss)
Zusatzabkommen zwischen der Europäischen Union und ihren Mitgliedstaaten als erster Partei, Island, als zweiter Partei, und dem Königreich Norwegen, als dritter Partei, betreffend die Anwendung des Luftverkehrsabkommens zwischen den Vereinigten Staaten von Amerika als erster Partei, der Europäischen Union und ihren Mitgliedstaaten als zweiter Partei, Island als dritter Partei und dem Königreich Norwegen als vierter Partei (16 d.B.)
(Zuweisungsvorschlag: Verkehrsausschuss)
Antrag 97/A der Abgeordneten Mag. Jörg Leichtfried, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesverfassungsgesetz, mit dem das Bundes-Verfassungsgesetz geändert wird
(Zuweisungsvorschlag: Verfassungsausschuss)
Antrag 99/A der Abgeordneten Christian Lausch, Kolleginnen und Kollegen betreffend in Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz vom 18. November 1965 über die Pensionsansprüche der Bundesbeamten, ihrer Hinterbliebenen und Angehörigen (Pensionsgesetz 1965 – PG. 1965), BGBl. Nr. 340/1965, zuletzt geändert mit BGBl. I Nr. 98/2019, geändert wird
(Zuweisungsvorschlag: Verfassungsausschuss)
Antrag 101/A(E) der Abgeordneten MMMag. Dr. Axel Kassegger, Kolleginnen und Kollegen betreffend Vorlage der Außen- und Europapolitischen Berichte
(Zuweisungsvorschlag: Außenpolitischer Ausschuss)
Antrag 103/A der Abgeordneten Mag. Felix Eypeltauer, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Mietrechtsgesetz geändert wird
(Zuweisungsvorschlag: Ausschuss für Bauten und Wohnen)
Antrag 104/A(E) der Abgeordneten Mag. Felix Eypeltauer, Kolleginnen und Kollegen betreffend Einkommensmonitoring im sozialen Wohnbau
(Zuweisungsvorschlag: Ausschuss für Bauten und Wohnen)
Antrag 105/A(E) der Abgeordneten Yannick Shetty, Kolleginnen und Kollegen betreffend Ratifikation des 3. Fakultativprotokolls zur UN-Kinderrechtskonvention
(Zuweisungsvorschlag: Ausschuss für Menschenrechte)
Antrag 106/A(E) der Abgeordneten Michael Bernhard, Julia Elisabeth Herr, Kolleginnen und Kollegen betreffend Finanzierung des Green Climate Funds
(Zuweisungsvorschlag: Finanzausschuss)
Antrag 107/A der Abgeordneten Mag. Felix Eypeltauer, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Mietrechtsgesetz geändert wird
(Zuweisungsvorschlag: Ausschuss für Bauten und Wohnen)
Sonderbericht der Volksanwaltschaft betreffend "Keine Chance auf Arbeit – Die Realität von Menschen mit Behinderung" (III-66 d.B.)
(Zuweisungsvorschlag: Volksanwaltschaftsausschuss)
Bericht des Rechnungshofes betreffend Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl – Reihe BUND 2019/46 (III-70 d.B.)
(Zuweisungsvorschlag: Rechnungshofausschuss)
Bericht des Rechnungshofes betreffend System der Finanzzielsteuerung im Gesundheitswesen – Reihe BUND 2019/47 (III-72 d.B.)
(Zuweisungsvorschlag: Rechnungshofausschuss)
Bericht des Rechnungshofes betreffend Disziplinarwesen der Bundesbediensteten – Reihe BUND 2019/48 (III-73 d.B.)
(Zuweisungsvorschlag: Rechnungshofausschuss)
Außen- und Europapolitischer Bericht
2016/2017 und 2018 der Bundesregierung
(III-74 d.B.)
(Zuweisungsvorschlag: Außenpolitischer Ausschuss)
Bericht der Bundesregierung über die Volksgruppenförderung des Bundeskanzleramtes 2018 (III-76 d.B.)
(Zuweisungsvorschlag: Verfassungsausschuss)
Sozialbericht 2019 der Bundesministerin für Arbeit, Soziales, Gesundheit und Konsumentenschutz (III-77 d.B.)
(Zuweisungsvorschlag: Ausschuss für Arbeit und Soziales)
*****
Ankündigung eines Dringlichen Antrages
Präsidentin Doris Bures: Der Klub der NEOS hat gemäß § 74a Abs. 2 der Geschäftsordnung vor Eingang in die Tagesordnung das Verlangen gestellt, den zum gleichen Zeitpunkt eingebrachten Selbständigen Antrag 110/A(E) der Abgeordneten Klubobfrau Meinl-Reisinger, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Umsetzung notwendiger Spielerschutzmaßnahmen im Glückspiel“ dringlich zu behandeln.
Gemäß der Geschäftsordnung wird der Dringliche Antrag frühestens 3 Stunden nach Eingang in die Tagesordnung, also um 15.47 Uhr, aufgerufen.
Absehen von der 24-stündigen Aufliegefrist
Präsidentin Doris Bures: Um die Punkte 8 und 9 der Tagesordnung in Verhandlung nehmen zu können, ist es gemäß § 44 Abs. 2 der Geschäftsordnung erforderlich, von der 24-stündigen Frist für das Aufliegen der Ausschussberichte abzusehen.
Bei den Punkten 8 und 9 handelt es sich um die Berichte des Immunitätsausschusses über das Ersuchen der Staatsanwaltschaft Leoben um Zustimmung zur behördlichen Verfolgung des Abgeordneten zum Nationalrat Wolfgang Zanger, 17 der Beilagen, sowie das Ersuchen der Staatsanwaltschaft Graz um Zustimmung zur behördlichen Verfolgung des Abgeordneten zum Nationalrat Herbert Kickl, 18 der Beilagen.
Ich bitte jene Damen und Herren, die der Abstandnahme von der Aufliegefrist für die Ausschussberichte ihre Zustimmung geben, um ein entsprechendes Zeichen. – Das ist einstimmig angenommen.
Behandlung der Tagesordnung
Präsidentin Doris Bures: Es ist weiters vorgeschlagen, die Debatte über die Punkte 1 und 2 sowie 4 und 5 der Tagesordnung jeweils zusammenzufassen.
Ich frage, ob es dagegen einen Einwand gibt. – Das ist nicht der Fall.
Redezeitbeschränkung
Präsidentin Doris Bures: Zwischen den Mitgliedern der Präsidialkonferenz wurde Konsens über die Dauer der Debatten erzielt. Demgemäß wurde eine Tagesblockzeit von 7,5 „Wiener Stunden“ vereinbart, womit sich folgende Redezeiten ergeben: ÖVP 146, SPÖ 101, FPÖ 83, Grüne 75 sowie NEOS 60 Minuten.
Gemäß § 57 Abs. 7 der Geschäftsordnung beträgt die Redezeit für die gesamte Tagesordnung von jenen Abgeordneten, die keinem Klub angehören, je 30 Minuten. Darüber hinaus wird deren Redezeit auf 5 Minuten je Debatte beschränkt.
Wir kommen gleich zur Abstimmung über die soeben dargelegten Redezeiten.
Wer dem die Zustimmung gibt, den bitte ich um ein Zeichen. – Das ist einstimmig angenommen.
Damit gehen wir in die Tagesordnung ein.
Bericht des Budgetausschusses über den Antrag 50/A der Abgeordneten Dr. Stephanie Krisper, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz über die Gewährung von Asyl (Asylgesetz 2005 – AsylG 2005) geändert wird (12 d.B.)
2. Punkt
Bericht des Budgetausschusses über den Antrag 87/A der Abgeordneten Karl Mahrer, BA, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Fremdenpolizeigesetz 2005 geändert wird (13 d.B.)
Präsidentin Doris Bures: Wir gelangen nun zu den Punkten 1 und 2 der Tagesordnung, über welche die Debatte unter einem durchgeführt wird. Ich begrüße auch Herrn Innenminister Wolfgang Peschorn zu dieser Debatte sehr herzlich.
Auf eine mündliche Berichterstattung wurde verzichtet.
Als Erster zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Hannes Amesbauer. – Bitte.
Abgeordneter Hannes Amesbauer, BA (FPÖ): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Herr Bundesminister! Geschätzte Damen und Herren! Wir reden ja jetzt über eine Änderung des Asylgesetzes.
Ich möchte gleich zu Beginn einen Entschließungsantrag einbringen:
Entschließungsantrag
der Abgeordneten Herbert Kickl, Kolleginnen und Kolleginnen betreffend „Abbruch der EU-Beitrittsverhandlungen mit der Türkei“
Der Nationalrat wolle beschließen:
„Die zuständigen Mitglieder der Bundesregierung werden aufgefordert, auf Europäischer Ebene alle Maßnahmen zu ergreifen, um umgehend einen Abbruch der EU-Beitrittsverhandlungen mit der Türkei zu erwirken.“
*****
Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich denke, über dieses Thema besteht weitgehend Konsens. Die Türkei mischt gerade aktiv militärisch im syrischen Bürgerkrieg mit, verursacht dort eine humanitäre Katastrophe und eine Flüchtlingskrise, erfüllt nahezu keine Menschensrechtsstandards, wie wir sie uns vorstellen. Sie ist vor allem – und das ist der entscheidende Punkt – kein europäisches Land. Ich ersuche also um Ihre Zustimmung, meine sehr geehrten Damen und Herren! (Beifall bei der FPÖ.)
Jetzt aber zum eigentlichen Grund der Debatte, nämlich zum Bereich Asyl und Lehre und der Sonderregelung, die Sie in einem bunten Parteienbündnis heute hier für Asylwerber schaffen wollen, die sich in Lehrausbildung befinden. Meine sehr geehrten Damen und Herren! Diese ganze Debatte ist nicht nur völlig unsachlich, sondern sie ist in Wahrheit auch hochgradig verlogen und eine einzige Farce.
Präsidentin Doris Bures: Herr Abgeordneter, ich würde Sie ersuchen, das Wort „verlogen“ zurückzunehmen. Wir haben uns darauf verständigt, dass diese Wortwahl in diesem Haus nichts verloren hat.
Abgeordneter Hannes Amesbauer, BA (fortsetzend): Ich werde es in diesem Kontext nicht zurücknehmen und werde erläutern - -
Präsidentin Doris Bures: Dann erteile ich Ihnen einen Ordnungsruf. Ich ersuche Sie, sich in weiterer Folge Ihres Redebeitrags an die vereinbarten Regelungen des Hauses und auch daran zu halten, dass wir nicht die Würde des Hauses verletzen wollen. (Beifall bei SPÖ, Grünen und NEOS sowie bei Abgeordneten der ÖVP.)
*****
Ich erteile Ihnen erneut das Wort.
Abgeordneter Hannes Amesbauer, BA (fortsetzend): Ich werde mich bemühen.
Warum ist diese Debatte sachlich nicht zu rechtfertigen und unehrlich – wenn wir einen anderen Begriff verwenden wollen? – Es wird hier zum einen alles vermanscht und vermischt, was es zu vermanschen und zu vermischen gibt. (Zwischenruf der Abg. Yildirim.) Es wird Asyl mit Zuwanderung vermischt, es werden eine Integrationsdebatte und eine wirtschaftliche Debatte aufgezogen, die sachlich damit nichts zu tun haben. (Abg. Ernst-Dziedzic: Das macht ihr, sonst niemand!)
Worum geht es? – Es geht um das Asylrecht! Sie alle wissen ganz genau: Das Asylrecht ist ein individuelles Recht, bei dem individuell im Einzelfall geprüft wird: Liegt ein Asylgrund vor? Asyl ist Schutz und Hilfe auf Zeit. Liegt dieser Asylgrund, dieser Fluchtgrund, diese individuelle Verfolgung im Heimatland vor oder eben nicht? Wenn unabhängige Gerichte in mehreren Instanzen feststellen, dass der Asylgrund nicht oder nicht mehr vorliegt, hat diese Person abgeschoben zu werden. Damit könnten wir die Debatte beenden! (Beifall bei der FPÖ.)
Sie bringen vorgeschobene Argumente. Ich kann mir nicht vorstellen, dass das wirklich eine ehrliche und sachlich ordentlich geführte Debatte ist, wenn hier auch von Kollegen Schellhorn immer auf den angeblichen wirtschaftlichen Bedarf verwiesen wird. (Zwischenruf des Abg. Schellhorn.) Wir wissen, dass ein Großteil dieser Lehrlinge in der Gastronomie ausgebildet wird. Das ist eine wichtige Sparte, aber ich glaube nicht, dass zum Beispiel in Afghanistan die Nachfrage nach Kellnern so besonders groß ist, wie Sie glauben. Das kann ich mir beim besten Willen nicht vorstellen. (Abg. Loacker: Ein Wirtschaftsexperte für Afghanistan! – Zwischenruf des Abg. Stögmüller.)
Abgesehen davon haben wir rund 30 000 Asylberechtigte in Österreich, die beim AMS arbeitslos gemeldet sind. Die können und sollen jederzeit jeder Tätigkeit und natürlich auch einer Lehre nachgehen, meine Damen und Herren! Wo ist das Problem? (Beifall bei der FPÖ.)
Überhaupt muss man festhalten, dass es auch mehrere Tausend Österreicher gibt, die eine Lehrstelle suchen. Unsere Aufgabe als österreichische Politiker sollte in erster Linie sein, zu schauen, dass wir in diesem Land für die eigenen Leute eine ordentliche Ausbildung finden und schaffen, meine sehr geehrten Damen und Herren. (Beifall bei der FPÖ. – Abg. Stögmüller: Ja, eh!)
Das Zweite, was Sie immer ins Feld führen, ist diese Integrationsdebatte. Das ist in Wahrheit ein völlig inhaltsleeres Integrationsgeschwafel. Es mag sein, dass sich manche bemühen, die Sprache lernen und in der Gemeinschaft mitarbeiten. Ich habe es schon zu Beginn gesagt, das hat nichts mit dem Asylverfahren und mit dem Asylrecht zu tun. (Zwischenruf der Abg. Yildirim.) Diese ganze Debatte ist also in Wahrheit ein Witz!
Ich verstehe nicht, dass die ÖVP hier so eine radikale Kehrtwende gemacht hat und umgefallen ist. Sebastian Kurz hat ja selbst in der Debatte, die wir schon in der vergangenen Legislaturperiode in diesem Haus öfters geführt haben, davor gewarnt, dass man durch eine solche Sonderregelung Tür und Tor für weitere Forderungen öffnet. Das haben wir jetzt bei diesem Afghanen aus Langenlois – so, glaube ich, heißt die Ortschaft – gesehen, der in einer Klosterschule für Sozialberufe zur Schulausbildung ist. (Abg. Schellhorn: Pflegeberufe!) Es werden Forderungen für alle kommen, die in Schulausbildung sind, für alle, die studieren, für alle, für die sich irgendwelche Forderungen ableiten lassen.
Genau davor hat Sebastian Kurz gemeinsam mit uns zu Recht gewarnt. Die ganze Debatte über diesen Asylwerber, der jetzt nicht abgeschoben wird, stellt in meinen Augen eine unfassbare Rechtsbeugung dar, weil die Novelle noch gar nicht beschlossen ist. Das soll mir einer von der ÖVP jetzt am besten erklären, wie Sie dazu stehen. Das
kann es ja wirklich nicht sein, dass das, bevor das Gesetz beschlossen ist, so gemacht wird. Das ist gar kein Lehrling! Das ist ja wirklich abenteuerlich!
Seit November 2018 ist letztinstanzlich entschieden, dass dieser Herr das Land zu verlassen hat. Wäre Herbert Kickl im November 2018 noch Innenminister gewesen, hätte er vermutlich die Heimreise spätestens im Dezember angetreten, meine Damen und Herren. (Abg. Pfurtscheller: Da war er es ja noch!)
Jetzt haben Sie das so gemacht, dass er wahrscheinlich nie wieder dieses Land verlässt. Wir erzeugen auch einen Pullfaktor, wir erzeugen durch dieses Gesetz Anreize, dass immer mehr herkommen und sagen: Na ja, ich wandere illegal nach Österreich ein und mache hier eine Lehre. (Zwischenruf des Abg. Schellhorn.) – Herr Schellhorn, der sich hier jetzt so aufregt (Abg. Schellhorn: Weil es nicht stimmt!), will ja weiter gehen – auch Herr Anschober. Sie wollen das Modell zwei plus drei, oder drei plus zwei. (Abg. Schellhorn: Drei plus zwei!) – Drei plus zwei, ja; das bleibt unterm Strich das Gleiche. Sie wollen, dass er zwei Jahre hier bleibt und dann als Facharbeiter nach Hause geht. Na ja, ich sagen Ihnen, was dann passiert: Die Wirtschaft und auch Sie und die Grünen werden wieder hergehen und sagen: Jetzt ist er ja richtig gut ausgebildet, ein Geselle, ein hoch qualifizierter Facharbeiter. Jetzt wäre es ein Wahnsinn, dass wir ihn abschieben. (Rufe bei den Grünen: Ja! – Beifall bei den Grünen.) – Ja, genau!
Jetzt zeigt der potenzielle und künftige Koalitionspartner der ÖVP sein wahres Gesicht. Das ist der Mitte-rechts-Kurs, den Sebastian Kurz und seine türkis angepinselte Truppe den Wählern versprochen hat. Da bin ich gespannt, wie das funktionieren wird, meine Damen und Herren! (Beifall bei der FPÖ.)
Wenn Sie das – auch mit der Rot-Weiß-Rot-Karte – wollen, ist das in Wahrheit ein Daueraufenthaltsrecht. Das Aufenthaltsrecht wird verfestigt. (Zwischenruf des Abg. Stögmüller.) Das gilt dann übrigens auch für die ganze Familie, und wir werden diese Menschen, die illegal eingereist sind, die dem Staat Österreich auch wissentlich oder unwissentlich falsche Angaben gemacht haben, nie wieder los. Das ist eine gefährliche Geschichte.
Wie gesagt, ich wünsche mir vor allem von der Österreichischen Volkspartei, dass sie zur Besinnung kommt, dass sie wieder zur Vernunft kommt und dass sie sich an das erinnert, was sie den Wählern in Österreich bei der Wahl versprochen hat. Mit diesem links-grünen Kurs, den Sie hier gemeinsam veranstalten, wird das nicht funktionieren.
Wir wollen die Rechtsstaatlichkeit in diesem Land erhalten, wir wollen, dass unabhängige Richter auf Grundlage der gültigen Gesetze entscheiden und nicht Lehrherren, wirtschaftliche Interessen oder irgendwelche NGOs oder Integrationsvereine. Liebe ÖVP, kommen Sie bitte zur Vernunft! (Beifall bei der FPÖ.)
12.59
Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:
Entschließungsantrag
der Abgeordneten KO Kickl, Amesbauer, Schrangl
und weiterer Abgeordneter
betreffend Abbruch der EU-Beitrittsverhandlungen mit der Türkei
eingebracht im Zuge der Debatte über den Bericht des Budgetausschusses über den Antrag 50/A der Abgeordneten Dr. Stephanie Krisper, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz über die Gewährung von Asyl (Asylgesetz 2005 – AsylG 2005) geändert wird (12 d.B.), TOP 1., in der 6. Sitzung des Nationalrates am 11.12.2019
Die Beziehung zwischen der Europäischen Union und der Türkei auf dem Papier entsprechen seit vielen Jahren nicht der Realität. Nach wie vor ist die Türkei formal ein EU-Beitrittskandidat, jedoch ist seit vielen Jahren klar, dass diese in Aussicht gestellte Beziehung unmöglich geworden ist.
Das haben auch die letzten Entwicklungen in der Türkei wieder gezeigt: Durch den Einmarsch in Nordsyrien verstößt die Türkei gegen Völkerrecht und trägt maßgeblich zur weiteren Destabilisierung der Lage in der Region bei. Die langfristigen Folgen dieser Eskalation in Hinblick auf das mögliche Wiedererstarken islamistischer Gruppen sowie auf den syrischen Bürgerkrieg könnten verheerend sein. Die Staats- und Regierungschefs der Europäischen Union haben beim Europäischen Rat am 17. und 18. Oktober 2019 dieses einseitige militärische Vorgehen der Türkei verurteilt und zudem ihre Entschlossenheit bekundet, die schwere humanitäre Krise und die daraus resultierende Flüchtlingskrise im Lichte der sich ergebenden Erfordernisse wirksam anzugehen.
Die vergangenen Berichte der Europäischen Kommission, Berichte über Menschenrechtsverletzungen, zahlreiche undemokratische Vorgehensweisen gegenüber kritischen Medien, den Umgang mit eigenen Minderheiten und erneuten grundlosen Inhaftierungen von Staatsbürgerinnen und Staatsbürgern aus EU-Mitgliedstaaten – darunter auch aus Österreich - bekräftigen die Position, dass die Türkei in keiner Weise ein Mitgliedstaat der Europäischen Union werden kann. Die Türkei in ihrer derzeitigen Form ist kein verlässlicher Partner für Österreich und Europa, zumal Demokratie und Rechtsstaatlichkeit unverhandelbare Grundrechte darstellen.
Vor dem Hintergrund der Verdichtung der Anzeichen, dass die Türkei verbrecherische IS-Anhänger nun auch nach Österreich abschieben will und damit droht, die Flüchtlingslager für syrische Flüchtlinge zu öffnen, stellen die unterfertigten Abgeordneten daher folgenden
Entschließungsantrag
Der Nationalrat wolle beschließen:
„Die zuständigen Mitglieder der Bundesregierung werden aufgefordert, auf Europäischer Ebene alle Maßnahmen zu ergreifen, um umgehend einen Abbruch der EU-Beitrittsverhandlungen mit der Türkei zu erwirken.“
*****
Präsidentin Doris Bures: Der Entschließungsantrag ist ausreichend unterstützt und steht mit in Verhandlung.
Als Nächster zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Karl Mahrer. – Bitte, Herr Abgeordneter.
Abgeordneter Karl Mahrer, BA (ÖVP): Frau Präsidentin! Herr Bundesminister! Hohes Haus! Sehr geehrte Zuseherinnen und Zuseher! Ich beginne vielleicht mit einer kurzen Replik auf den Beitrag meines Vorredners.
Ich gebe Kollegen Amesbauer schon recht, ein Problem haben wir: dass wir manchmal den Mut zu klarer Umsetzung von rechtskräftigen Entscheidungen nicht finden. Und bei allem Respekt, Herr Bundesminister Peschorn, ich kann auch nicht nachvollziehen, warum nach zwei rechtskräftigen Erkenntnissen, in erster und in zweiter Instanz, nach höchstgerichtlichen Entscheidungen der Fall dieses Mannes aus Langenlois jetzt tatsächlich noch einmal einer amtswegigen Prüfung unterzogen wird. Ich glaube, die Ös-
terreicherinnen und Österreicher können nicht verstehen, dass man in drei beziehungsweise vier Instanzen rechtskräftige Erkenntnisse, aber dann keine Rechtsklarheit hat. Gestatten Sie mir, das zu sagen! (Beifall bei der ÖVP – Abg. Wurm: Jetzt kenn’ ich mich nicht mehr aus! – Abg. Kickl: Die ÖVP, wie sie leibt und lebt!)
Nun zu einem ganz wichtigen Punkt, nämlich zur notwendigen Trennung in unserer Diskussion: Wir haben in unserer Diskussion zwei Themen, Asyl und Zuwanderung. Die Zuwanderung ist der Weg von Menschen, die nach Österreich kommen wollen, geordnet, geregelt, im Interesse der Betroffenen, aber auch im Interesse Österreichs. Ganz im Gegensatz dazu – und das wird sehr oft vermischt – steht das Thema, über das wir heute sprechen: Asyl. Asyl bedeutet Flucht, Notlage, Schutz, Auffangen. Asyl bedeutet ein Verfahren, und am Ende dieses Verfahrens steht ein Erkenntnis. Wenn das Erkenntnis lautet, dieser Mann, diese Frau verdient Schutz, hat Asylrecht in Österreich, dann erst beginnt der Zugang zum Arbeitsmarkt. Alles andere führt uns in die Irre. Wir müssen diesen geraden Weg beibehalten. (Beifall bei der ÖVP.)
Vor einer positiven Entscheidung, meine Damen und Herren, also bei einem offenen Verfahren, darf es keinen Zugang zum Arbeitsmarkt geben. (Abg. Kickl: Das ist ein Höchstentscheid der Heuchelei, was da stattfindet!) Darum ist es natürlich wichtig, dass wir kurze Asylverfahren haben. Da ist in letzter Zeit viel passiert. Asylverfahren in erster Instanz sind innerhalb weniger Wochen abgeschlossen.
Meine Damen und Herren – Kollege Amesbauer hat das nicht angesprochen –, wir stehen aber vor einer Herausforderung. Zwischen 2012 und 2018 galt ein Erlass des damaligen Bundesministers für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz, der es Asylwerbern im Gegensatz zur Trennung der Begriffe Asyl und Zuwanderung während des offenen Asylverfahrens ermöglicht hat, in Lehre zu gehen. Wir haben diese Menschen als Asylwerber – verzeihen Sie mir! – selbst mit einem rechtsstaatlichen Akt zur Lehre eingeladen. Wir wollten nun als Volkspartei eine Lösung finden, die Klarheit schafft: für die derzeit 767 Asylwerber, die sich aufgrund unserer Einladung derzeit in Lehre befinden, und für die Wirtschaft, die sich Rechtssicherheit verdient. Sie alle haben ein Recht darauf, dass sie sich auf die Politik verlassen können.
Mit der geplanten gesetzlichen Anpassung, die von den Expertinnen und Experten des Innenministeriums begleitet worden ist – Herr Bundesminister, herzlichen Dank dafür! ‑, schaffen wir Klarheit (Beifall bei der ÖVP) und die Möglichkeit, dass die derzeit in einem Lehrverhältnis befindlichen und nicht straffälligen Asylwerber diese Lehre auch im Fall eines rechtskräftig negativen Asylbescheides bis zur Lehrabschlussprüfung fortsetzen können.
Es geht jedoch, und auch das festzuhalten ist wichtig, nicht um einen neuen Aufenthaltstitel. (Ruf bei der FPÖ: Na, klar ...! – Abg. Belakowitsch: Na sicher, die san jo ...!) Es geht vielmehr ausschließlich um die Hemmung der Frist für die freiwillige Ausreise zum Zweck des Abschlusses einer begonnenen Lehre.
Eines ist unbestritten – und wir wollen ja den Rechtsstaat auch wirklich und in allen Bereichen umsetzen, darum auch meine Einleitung –, wir wollen, dass die Personen, die einen rechtskräftig negativen Bescheid haben, nach dem Ende der Lehre das Land verlassen müssen. Die Ausbildung bringt Know-how, das Know-how bringt den Menschen die Möglichkeit, in ihrem Land zum Aufbau beizutragen. (Abg. Belakowitsch: Ja, wenn ich bei Spar Gemüse einsortiere ...!)
Meine Damen und Herren, eines darf ich auch sagen: Menschen, die freiwillig aus Österreich ausgereist sind, haben die Möglichkeit, wieder nach Österreich zurückzukommen und in den Arbeitsmarkt zuzuwandern. Jetzt sind wir beim Begriff zuwandern im Sinne einer Zuwanderung – geordnet, geregelt und an den Bedürfnissen des Betroffenen und den Bedürfnissen Österreichs ausgerichtet. (Abg. Kickl: Wie schaut’s denn
mit der Verfestigung aus ...? – Ruf bei der FPÖ: Ja, Familiennachzug!) Meine sehr geehrten Damen und Herren, mit einer freiwilligen Ausreise haben wir das Problem so weit gelöst, dass für die 767 Menschen tatsächlich eine Lösung gegeben ist.
Wir haben in den letzten Wochen, nachdem wir den Grundsatzantrag am 13. November hier im Hohen Haus eingebracht haben, mehrere Gespräche mit den Fraktionen geführt und wollten eine breite parlamentarische Mehrheit erreichen. Wir führen mit dem Abänderungsantrag der Abgeordneten Karl Mahrer, Reinhold Einwallner, Alma Zadić und Stephanie Krisper, den ich hiermit einbringen darf – ich bitte auch, ihn zu verteilen (Abg. Kickl: Barbamahrer!) –, noch mehrere Präzisierungen ein, die helfen sollen, Klarheit zu schaffen.
Was die berechtigten Interessen der Wirtschaft betrifft, möchte ich noch einmal wiederholen, meine Damen und Herren: Wir brauchen nicht über 767 Asylwerber – von denen wahrscheinlich nur 200 oder 300 einen rechtskräftig negativen Bescheid erhalten werden – für die Wirtschaft zu diskutieren (Abg. Belakowitsch: Wieso wissen Sie das jetzt schon?), sondern wir sollten betreffend die Wirtschaft darüber diskutieren und am Arbeitsmarkt die entsprechenden Anreize schaffen, damit wir die 30 000 Asylberechtigten, die schon einen positiven Asylbescheid haben, auch tatsächlich in den Arbeits- und in den Lehrlingsmarkt integrieren können. (Beifall bei der ÖVP.)
Meine Damen und Herren und Herr Kollege Amesbauer, wie ist für jene 767 Menschen der Unterschied? – Wir stehen zum Rechtsstaat. (Abg. Belakowitsch: Ihr setzt ihn gerade außer Kraft!) Wir stehen aber auch zu den einzelnen Menschen, denn genau für diese 767 Menschen, die wir selbst zur Lehre eingeladen haben (Abg. Kickl: Dann lesen Sie den Erlass vom Hundstorfer durch ...! – weitere Zwischenrufe bei der FPÖ), brauchen wir eine Lösung, und wir haben, so glaube ich, eine pragmatische und eine menschliche Lösung getroffen. (Zwischenrufe bei der FPÖ.)
Im Gegensatz zu Kollegen Amesbauer danke ich allen Fraktionen (Zwischenruf des Abg. Kickl), die zu der vernünftigen und aus meiner Sicht auch sehr guten Lösung beigetragen haben, und bitte betreffend diesen Abänderungsantrag in Gesamtheit um Ihre Zustimmung. – Vielen Dank. (Beifall bei der ÖVP.)
13.07
Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut.
Abänderungsantrag
der Abgeordneten Karl Mahrer, BA, Ing. Reinhold Einwallner, Dr. Alma Zadic, LL.M., Dr. Stephanie Krisper, Kolleginnen und Kollegen
zum Antrag der Abgeordneten Karl Mahrer B.A., Kolleginnen und Kollegen, betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Fremdenpolizeigesetz 2005 geändert wird (87/A, XXVII. GP)
Der Nationalrat wolle beschließen:
Der oben zitierte Antrag (87/A, XXVII. GP) wird wie folgt geändert:
1. Z 3 lautet:
„3. Nach § 55 wird folgender § 55a samt Überschrift eingefügt:
„Hemmung der Frist für die freiwillige Ausreise zum Zweck des Abschlusses einer begonnenen Berufsausbildung
§ 55a. (1) Ist ein Asylwerber, gegen den eine Rückkehrentscheidung erlassen wird oder nicht rechtskräftig erlassen worden ist, als Lehrling (§ 1 des Berufsausbildungsgesetzes – BAG, BGBl. Nr. 142/1969) beschäftigt und teilt er oder der Lehrberechtigte
(§ 2 Abs. 1 BAG) dies rechtzeitig (Abs. 3) dem Bundesamt mit, so beginnt die Frist für die freiwillige Ausreise abweichend von § 55 Abs. 2
1. ab dem Zeitpunkt der Endigung, der vorzeitigen oder der außerordentlichen Auflösung des Lehrverhältnisses oder
2. im Falle der Beantragung der Zulassung zur Lehrabschlussprüfung mit Ablauf des von der zuständigen Lehrlingsstelle gemäß § 23 BAG festgesetzten Prüfungstermins, wenn dieser nach dem in Z 1 genannten Zeitpunkt liegt und dem Bundesamt mitgeteilt wurde,
spätestens jedoch nach Ablauf von vier Jahren nach Beginn des Lehrverhältnisses zu laufen, sofern das Lehrverhältnis vor Inkrafttreten des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. XX/2019 begonnen und seitdem ununterbrochen bestanden hat.
(2) Abs. 1 gilt nicht für Asylwerber, die straffällig geworden sind (§ 2 Abs. 3 AsylG 2005) oder im Rahmen des Asylverfahrens über ihre Identität zu täuschen versucht haben.
(3) Die Mitteilung gemäß Abs. 1 ist rechtzeitig, wenn sie dem Bundesamt spätestens vor der Zustellung der Rückkehrentscheidung zugeht. Ist diese zum Zeitpunkt des Inkrafttretens des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. XX/2019 bereits zugestellt und erhebt der Asylwerber dagegen Beschwerde, so ist die Mitteilung rechtzeitig, wenn sie dem Bundesamt spätestens vor der Zustellung der Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichtes zugeht. Diesfalls ist das Bundesamt verpflichtet, die Mitteilung unverzüglich dem Bundesverwaltungsgericht zur Kenntnis zu bringen.
(4) Die Mitteilung gemäß Abs. 1 bedarf der Schriftform. Ihr ist bei sonstiger Unwirksamkeit eine Abschrift des Lehrvertrags, in den Fällen des Abs. 1 Z 2 darüber hinaus eine Abschrift der Entscheidung der Lehrlingsstelle über die Festsetzung des Prüfungstermins beizulegen. Eine rechtzeitig erstattete und wirksame Mitteilung hat bei Vorliegen der sonstigen Voraussetzungen des Abs. 1 für den Fall der rechtskräftigen Erlassung einer Rückkehrentscheidung zur Folge, dass das Lehrverhältnis nicht als gemäß § 14 Abs. 2 lit. f BAG beendet gilt.
(5) Endet das Lehrverhältnis vor dem Ablauf der vereinbarten Lehrzeit (§ 14 Abs. 2 lit. a bis e BAG) oder wird es vorzeitig oder außerordentlich aufgelöst (§§ 15 oder 15a Abs. 1 BAG), so ist der Lehrberechtigte verpflichtet, dies unverzüglich, spätestens jedoch innerhalb einer Woche, dem Bundesamt schriftlich mitzuteilen. In der Mitteilung ist neben den nach dem ersten Satz maßgeblichen Tatsachen und dem Zeitpunkt ihres Eintritts die Identität des Drittstaatsangehörigen anzugeben.
(6) Eine gemäß Abs. 1 eingetretene Hemmung des Fristenlaufs erlischt, wenn
1. das Lehrverhältnis vor dem Ablauf der vereinbarten Lehrzeit endet oder vorzeitig oder außerordentlich aufgelöst wird,
2. der Drittstaatsangehörige straffällig geworden ist (§ 2 Abs. 3 AsylG 2005) oder
3. die für das Lehrverhältnis erteilte Beschäftigungsbewilligung erlischt (§ 7 Abs. 6 AuslBG) oder widerrufen wird (§ 9 AuslBG) oder die Entscheidung, mit der sie erteilt wurde, im Rechtsweg nachträglich behoben wird.
Die Anwendung der Z 1 setzt nicht voraus, dass der Lehrberechtigte die Mitteilung gemäß Abs. 5 erstattet hat.
(7) Das Bundesamt hat ein Merkblatt über die Möglichkeit der Erstattung einer Mitteilung gemäß Abs. 1, deren Wirksamkeitsvoraussetzungen und Rechtsfolgen zu erstellen. Dieses ist beim Bundesamt und beim Bundesverwaltungsgericht bereitzuhalten. Ergibt sich aus der Aktenlage oder wird in einer Einvernahme (§ 19 AsylG 2005) oder einer mündlichen Verhandlung (§ 21 BFA-VG) vorgebracht, dass ein Asylwerber als Lehrling beschäftigt ist, so ist ihm das Merkblatt nachweislich auszuhändigen.
(8) Das Arbeitsmarktservice hat Lehrberechtigte, welche Asylwerber als Lehrlinge beschäftigen, umgehend von der Möglichkeit der Erstattung einer Mitteilung gemäß Abs. 1, deren Wirksamkeitsvoraussetzungen und Rechtsfolgen in geeigneter Form, insbesondere unter Verwendung des Merkblatts gemäß Abs. 7, zu informieren.““
2. Nach Z 3 (§ 55a FPG) werden folgende Z 3a und 3b eingefügt:
„3a. In § 120 Abs. 5 wird in Z 4 das Wort „oder“ und in Z 5 der Punkt jeweils durch einen Strichpunkt ersetzt sowie folgende Z 6 angefügt:
„6. solange die Frist für die freiwillige Ausreise gemäß § 55a Abs. 1 gehemmt oder die Abschiebung gemäß § 125 Abs. 31 aufgeschoben ist.“
3b. Dem § 125 werden folgende Abs. 31 bis 34 angefügt:
„(31) Die Abschiebung eines im Bundesgebiet aufhältigen Drittstaatsangehörigen ist bis zu dem nach Abs. 32 maßgeblichen Zeitpunkt aufzuschieben, wenn
1. dieser als Lehrling beschäftigt war, sofern das Lehrverhältnis vor Inkrafttreten des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. XX/2019 gemäß § 14 Abs. 2 lit. f BAG geendet und bis zu diesem Zeitpunkt ununterbrochen bestanden hat,
2. das Bundesverwaltungsgericht die Beschwerde, deren Gegenstand die gegen ihn erlassene Rückkehrentscheidung umfasste, zum Zeitpunkt des Inkrafttretens des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. XX/2019 bereits zurück- oder abgewiesen hat,
3. einer gegen die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichtes nach Z 2 erhobenen Revision (Art. 133 Abs. 1 Z 1 B-VG) oder Beschwerde (Art. 144 B-VG) die aufschiebende Wirkung zuerkannt wurde (§ 30 Abs. 2 des Verwaltungsgerichtshofgesetzes 1985 – VwGG, BGBl. Nr. 10/1985, oder § 85 Abs. 2 des Verfassungsgerichtshofgesetzes 1953 – VfGG, BGBl. Nr. 85/1953) und
4. das Lehrverhältnis mit dem früheren Lehrberechtigten in demselben Lehrberuf wiederaufgenommen worden ist und der Drittstaatsangehörige oder der Lehrberechtigte dies dem Bundesamt rechtzeitig und wirksam (Abs. 33) mitgeteilt hat. Die Endigung des früheren Lehrverhältnisses gemäß § 14 Abs. 2 lit. f BAG steht einer Eintragung des Lehrvertrages gemäß § 20 BAG in diesen Fällen nicht entgegen.
Die Z 1 bis 4 sind auf Drittstaatsangehörige, die straffällig geworden sind (§ 2 Abs. 3 AsylG 2005), denen keine Frist für die freiwillige Ausreise (§ 55) eingeräumt worden ist oder die im Rahmen des Asylverfahrens über ihre Identität zu täuschen versucht haben, nicht anzuwenden.
(32) Der Aufschub der Abschiebung gemäß Abs. 31 endet
1. mit dem gemäß § 55a Abs. 1 Z 1 oder 2 maßgeblichen Zeitpunkt oder
2. nach Ablauf von vier Jahren, gerechnet ab der Wiederaufnahme des Lehrverhältnisses und abzüglich der anzurechnenden Dauer des früheren Lehrverhältnisses,
je nachdem, welcher dieser Zeitpunkte früher eintritt. § 55a Abs. 5 und 6 gilt mit der Maßgabe, dass an die Stelle der Hemmung der Frist für die freiwillige Ausreise der Aufschub der Abschiebung gemäß Abs. 31 tritt.
(33) Die Mitteilung gemäß Abs. 31 Z 4 ist rechtzeitig, wenn sie dem Bundesamt spätestens bis zum Ablauf von drei Wochen ab Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung gemäß § 30 Abs. 2 VwGG oder § 85 Abs. 2 VfGG zugeht. Wurde die aufschiebende Wirkung bereits vor Inkrafttreten des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. XX/2019 zuerkannt, so ist die Mitteilung rechtzeitig, wenn sie dem Bundesamt bis zum Ablauf von drei Wochen nach Inkrafttreten des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. XX/2019 zugeht. § 55a Abs. 4 erster und zweiter Satz ist sinngemäß anzuwenden.
(34) Eine rechtzeitige und wirksame Mitteilung gemäß Abs. 33 hat bei Vorliegen der sonstigen Voraussetzungen des Abs. 31 neben dem Aufschub der Abschiebung zur Folge, dass die dem Drittstaatsangehörigen für das frühere Lehrverhältnis erteilte Beschäftigungsbewilligung abweichend von § 7 Abs. 6 Z 1 AuslBG nicht als erloschen gilt.““
3. Z 4 lautet:
„4. Dem § 126 wird folgender Abs. 23 angefügt:
„(23) Die §§ 52 Abs. 8 zweiter Satz, 55a, 120 Abs. 5, 125 Abs. 31 bis 34 und 127 sowie der Eintrag im Inhaltsverzeichnis zu § 55a in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. XX/2019 treten mit Ablauf des Tages der Kundmachung in Kraft und nach Ablauf von vier Jahren nach ihrem Inkrafttreten außer Kraft. Eine bis dahin gemäß § 55a Abs. 1 eingetretene und nicht gemäß § 55a Abs. 6 erloschene Hemmung des Laufs der Frist für die freiwillige Ausreise dauert über diesen Zeitpunkt hinaus bis zu dem nach § 55a Abs. 1 oder Abs. 6 maßgeblichen Zeitpunkt fort. Ein bis dahin gemäß § 125 Abs. 31 eingetretener und nicht gemäß § 125 Abs. 32 zweiter Satz erloschener Aufschub der Abschiebung dauert über diesen Zeitpunkt hinaus bis zu dem nach § 125 Abs. 32 maßgeblichen Zeitpunkt fort.““
4. Nach Z 4 wird folgende Z 5 angefügt:
„5. In § 127 wird nach der Bezeichnung „Bundesminister für Justiz, “ die Wendung „mit der Vollziehung des § 55a Abs. 8 die Bundesministerin für Arbeit, Soziales, Gesundheit und Konsumentenschutz“ eingefügt.“
Begründung
Zu § 55a
Abs. 1:
In Abänderung zum Initiativantrag 87/A vom 13. November 2019 (XXVII. GP) soll im Schlussteil des Abs. 1 nicht mehr auf den 12. September 2018 als für den Beginn des Lehrverhältnisses maßgeblichen Stichtag abgestellt, sondern nur noch festgelegt werden, dass das betreffende Lehrverhältnis vor dem Inkrafttreten des vorliegenden Bundesgesetzes begonnen haben muss. Abs. 1 erfasst somit nunmehr auch jene geringe Zahl an Ausnahmefällen, in denen das Lehrverhältnis deshalb nach dem 12. September 2018 begonnen wurde, weil die jedenfalls erforderliche Beschäftigungsbewilligung erst nachträglich im Wege einer stattgebenden Beschwerdeentscheidung des Bundesverwaltungsgerichtes erteilt worden ist. Die Einbeziehung auch dieser Fälle ist aus Gründen der Gleichbehandlung geboten, weil andernfalls danach differenziert würde, wann und in welchem Verfahrensstadium die Beschäftigungsbewilligung erteilt wurde.
Zweck der vorliegenden Regelung ist es, eine einmalige Lösung für jene knapp 800 Personen umfassende Gruppe von Drittstaatsangehörigen zu schaffen, die sich gegenwärtig in einem Lehrverhältnis befinden. Es soll daher weiterhin Voraussetzung sein, dass das betreffende Lehrverhältnis bereits vor Inkrafttreten des vorliegenden Bundesgesetzes begonnen hat. Wie bereits in den Erläuterungen zu Abs. 1 idF des Initiativantrags 87/A ausgeführt, soll die vorliegende Regelung einerseits dem wirtschaftlichen Interesse der Lehrberechtigten, die in die Ausbildung der Lehrlinge getätigten Investitionen nicht vorzeitig zu verlieren, Rechnung tragen. Andererseits ist festzuhalten, dass ein begonnenes Lehr- oder sonstiges Arbeitsverhältnis nach ständiger Rechtsprechung für sich genommen keinen ausreichenden Grund darstellt, um im Rahmen der Abwägung nach § 9 Abs. 2 BFA VG bzw. Art. 8 EMRK die dauerhafte Unzulässigkeit der Erlassung einer Rückkehrentscheidung festzustellen und folglich einen Aufenthaltstitel
aus Gründen des Art. 8 EMRK gemäß § 55
AsylG 2005 zu erteilen (z.B. VwGH 5.10.2010, 2010/22/0147; 28.2.2019, Ro
2019/01/0003; 25.4.2019, Ra 2019/19/0135; 27.6.2019, Ra 2019/14/0142;
14.8.2019, Ra 2019/18/0216; 5.11.2019, Ro 2019/
01/0008). Die vorliegende Regelung soll daher nicht einem schutzwürdigen
privaten Interesse des für den Fall der rechtskräftigen Erlassung
einer Rückkehrentscheidung ausreisepflichtigen Fremden an einem weiteren
Verbleib im Bundesgebiet Rechnung tragen, sondern dem im öffentlichen
Interesse des inländischen Arbeitsmarktes liegenden Bedürfnis
bestimmter Lehrberechtigter, begonnene Lehrverhältnisse möglichst bis
zum Ablauf der ursprünglich vereinbarten Vertragsdauer und damit in
Übereinstimmung mit ihren ursprünglichen Kalkulationen
durchführen zu können (zur Nichtberücksichtigung derartiger
öffentlicher Interessen des inländischen Arbeitsmarktes bei der
Abwägung nach Art. 8 EMRK vgl. z.B. VwGH 23.3.2010, 2008/18/0305;
29.6.2010, 2010/18/0242; 25.11.2010, 2007/18/0736; 28.2.2019, Ro 2019/01/0003).
Vor diesem Hintergrund ist die Zielgruppe der für eine Fristenhemmung nach
§ 55a in Betracht kommenden Personen so abzugrenzen, dass die Regelung nur
jenen Lehrberechtigten zugutekommt, die durch eine Abschiebung des Lehrlings
nicht nur unmittelbar oder zumindest zeitnah, sondern auch in
spürbarem Ausmaß in ihrer Betriebsführung betroffen sind. Dies
trifft typischerweise nur auf Fälle zu, in denen das Lehrverhältnis
bereits einen gewissen Zeitraum gedauert hat, also über ein
bloßes Anfangsstadium hinausgelangt ist, und dementsprechend
Investitionen in die Ausbildung des Lehrlings bereits in nennenswertem Umfang
getätigt worden sind. Daher ist es sachlich gerechtfertigt, nur jene
Fälle zu erfassen, in denen das Lehrverhältnis bereits vor
Inkrafttreten des vorliegenden Bundesgesetzes begonnen hat.
Abs. 2 bis 5:
Die Abs. 2 bis 5 entsprechen der Fassung des
Initiativantrags 87/A vom 13. November 2019 (XXVII. GP). Auf die
diesbezüglichen Erläuterungen wird verwiesen. Hinsichtlich der
Anforderungen an eine nach Abs. 2 maßgebliche (versuchte) Täuschung
über die Identität sind die Judikatur und die Auslegung zu § 18
Abs. 1 Z 3 BFA VG maßgeblich. Hinsichtlich des zweiten Satzes des Abs. 3
ist ergänzend zum Initiativantrag 87/A Folgendes festzuhalten: Nach
dem Wortlaut der Bestimmung kommt es auf den Zeitpunkt der Zustellung der
Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichtes an. Dieser Zeitpunkt entspricht
regelmäßig dem Zeitpunkt der Erlassung der Entscheidung (VwGH 15.3.
2017, Ra 2017/04/0024), mit dem wiederum deren Rechtskraft eintritt (siehe dazu
die Erläuterungen zu § 125 Abs. 31 Z 2). Für die Rechtzeitigkeit
der Mitteilung über den Bestand des Lehrverhältnisses kommt es somit
darauf an, dass diese dem Bundesamt zugeht, bevor die Entscheidung des
Bundesverwaltungsgerichtes gegenüber dem Drittstaatsangehörigen in
Rechtskraft erwachsen ist.
Abs. 6:
Die neu eingefügte Z 3 des Abs. 6 sieht vor, dass die Hemmung des Fristenlaufs für die freiwillige Ausreise gemäß Abs. 1 auch dann erlischt, wenn die für das Lehrverhältnis erteilte Beschäftigungsbewilligung erlischt oder widerrufen wird oder die Entscheidung, mit der sie erteilt wurde, im Rechtsweg nachträglich behoben wird. Die Gründe, aus denen eine Beschäftigungsbewilligung erlöschen bzw. widerrufen werden kann, ergeben sich aus den §§ 7 Abs. 6 und 9 AuslBG. Aufgrund des Erlöschens oder des Widerrufs der Beschäftigungsbewilligung darf der Drittstaatsangehörige nicht mehr zulässigerweise als Lehrling beschäftigt werden (§ 3 Abs. 1 AuslBG), weshalb es sachlich gerechtfertigt ist, in diesen Fällen auch die Hemmung der Frist für die freiwillige Ausreise erlöschen zu lassen. Bei der nachträglichen Aufhebung der die Beschäftigungsbewilligung erteilenden Entscheidung geht es um Fälle, in denen das Bundesverwaltungsgericht in Stattgabe einer Beschwerde des Lehrberechtigten die Beschäftigungsbewilligung erteilt hat und diese Entscheidung auf Grund einer erfolgreichen Amtsrevision aufgehoben wird.
Nach Abs. 4 letzter Satz, auf dessen Erläuterung verwiesen wird, gilt das Lehrverhältnis im Übrigen nicht als gemäß § 14 Abs. 2 lit. f BAG beendet, wenn gegen den Drittstaatsangehörigen in Verbindung mit der Abweisung des Antrags auf internationalen Schutz eine Rückkehrentscheidung rechtskräftig erlassen wird, nachdem durch Erstattung einer Mitteilung gemäß Abs. 1 eine Hemmung der Frist für die freiwillige Ausreise eingetreten ist. Da das Lehrverhältnis in diesem Fall aufrecht bleibt, kommt es auch nicht zum Erlöschen der Beschäftigungsbewilligung (§ 7 Abs. 6 Z 1 AuslBG). Es stellt daher keinen nach Z 3 maßgeblichen Erlöschensgrund dar, wenn der Antrag auf internationalen Schutz nach Eintritt einer Fristenhemmung (Abs. 1) rechtskräftig abgewiesen wird. Um die Rechtsfolge gemäß Z 3 auszulösen, muss das Erlöschen der Beschäftigungsbewilligung vielmehr auf anderen Gründen, etwa auf der vorzeitigen oder außerordentlichen Auflösung des Lehrverhältnisses durch den Lehrling oder den Lehrberechtigten und dem dadurch bedingten Ende der Beschäftigung als Lehrling, beruhen (§ 7 Abs. 6 Z 1 AuslBG).
Abs. 7:
Um die nach Abs. 1 eingeräumte Hemmung der Frist für die freiwillige Ausreise durch Erstattung einer rechtzeitigen und wirksamen Mitteilung (Abs. 3 und 4) auslösen zu können, sind dem in einem Lehrverhältnis befindlichen Asylwerber diese Möglichkeit, die diesbezüglichen Wirksamkeitsvoraussetzungen und die daran anknüpfenden Rechtsfolgen zur Kenntnis zu bringen. Zu diesem Zweck erstellt das Bundesamt bis zum Inkrafttreten der vorliegenden Bestimmungen ein Merkblatt, das der Information von Asylwerbern im Verfahren vor dem Bundesamt oder dem Bundesverwaltungsgericht dienen soll. Eine Information durch nachweisliche Aushändigung des Merkblatts soll zweckmäßigerweise nur erfolgen, wenn sich aus dem Sachverhalt Anhaltspunkte für eine Beschäftigung als Lehrling (aus der Aktenlage oder über Vorbringen des Betroffenen) ergeben. Als Nachweis der Aushändigung des Merkblattes wird insbesondere ein entsprechender Vermerk in der Niederschrift (§ 14 AVG), ein Aktenvermerk oder eine vom Asylwerber unterzeichnete Übernahmebestätigung in Betracht kommen.
Abs. 8:
Da eine Fristenhemmung nach § 55a Abs. 1 auch auf Grund einer – rechtzeitigen und wirksamen – Mitteilung über ein bestehendes Lehrverhältnis eines Asylwerbers durch dessen Lehrberechtigten ausgelöst werden kann, ist es sachgerecht, auch diesen über die Möglichkeit der Erstattung einer solchen Mitteilung gemäß Abs. 1, deren Wirksamkeitsvoraussetzungen sowie deren Rechtsfolgen zu informieren. Eine solche Information hat in geeigneter Weise durch das Arbeitsmarktservice als jene Stelle zu erfolgen, die über die erforderlichen Daten jener Lehrberechtigten verfügt, denen die für die Anstellung von Asylwerbern erforderlichen Beschäftigungsbewilligungen erteilt wurden. Die Information der betroffenen Lehrberechtigten hat umgehend nach Inkrafttreten dieses Bundesgesetzes zu erfolgen und kann hierzu insbesondere das vom Bundesamt erstellte Merkblatt gemäß Abs. 7 herangezogen werden. Um eine solche umgehende Information zu ermöglichen, wird das Merkblatt gemäß Abs. 7 bereits bis zum Inkrafttreten dieses Bundesgesetzes zu erstellen und dem Arbeitsmarktservice zur Verfügung zu stellen sein.
Zu § 120 Abs. 5
Durch die neue Z 6 in § 120 Abs. 5 wird klargestellt, dass Fremde, deren Asylverfahren bereits rechtskräftig negativ abgeschlossen wurde, die jedoch aufgrund einer rechtzeitig und wirksam erstatteten Mitteilung (§ 55a Abs. 1 iVm Abs. 3 und 4 bzw. § 125 Abs. 31 iVm Abs. 33) eine Hemmung der Frist für die freiwillige Ausreise gemäß § 55a Abs. 1 oder einen Aufschub der Abschiebung gemäß § 125 Abs. 31 erwirkt haben, bis zum Zeitpunkt der Beendigung des Lehrverhältnisses keine Verwaltungsübertretung gemäß § 120 Abs. 1a, 1b und 1c Z 2 wegen unrechtmäßigen Aufenthalts begehen. Dies ist für die Fälle des an den Lauf der Frist für die freiwillige Ausreise anknüpfenden
§ 55a sachlich gerechtfertigt, weil bereits nach geltender Rechtslage keine solche Verwaltungsübertretung vorliegt, wenn eine Ausreisefrist gewährt wird (§ 120 Abs. 5 Z 5), und für die Fälle des § 125 Abs. 31 bis 34, weil auch Fremde, die über eine mit dem Aufschub der Abschiebung vergleichbare Duldung (§ 46a) verfügen, von der Anwendbarkeit der vorgenannten Strafbestimmungen ausgenommen sind (§ 120 Abs. 5 Z 2).
Zu § 125 Abs. 31 bis 34
Abs. 31:
Der vorgeschlagene Abs. 31 soll eine Wiederaufnahme des Lehrverhältnisses für jene Drittstaatsangehörigen und ehemaligen Lehrlinge ermöglichen, deren Asylverfahren zum Zeitpunkt des Inkrafttretens des vorliegenden Bundesgesetzes bereits rechtskräftig abgeschlossen ist und die gegen die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichtes Revision an den Verwaltungsgerichtshof (Art. 133 Abs. 1 Z 1 B VG) oder Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof (Art. 144 B VG) erhoben haben, sofern wenigstens einem dieser Rechtsmittel die aufschiebende Wirkung zuerkannt worden ist. Zu diesem Zweck wird für diese Personengruppe, die aus Sachlichkeitserwägungen jener des § 55a nachgebildet ist, unter den in den Z 1 bis 4 näher bezeichneten und kumulativ zu erfüllenden Voraussetzungen ein Aufschub der Abschiebung bis zum Zeitpunkt der Endigung, der vorzeitigen oder der außerordentlichen Auflösung des wiederaufgenommenen Lehrverhältnisses vorgesehen. Zum Inkrafttreten des vorliegenden Bundesgesetzes als dem für die Abgrenzung zu § 55a maßgeblichen Stichtag und zur sachlichen Rechtfertigung dieses Stichtags wird auf die Erläuterung zu § 55a Abs. 1 verwiesen.
Gemäß Z 1 muss der betreffende Drittstaatsangehörige in der Vergangenheit als Lehrling beschäftigt gewesen sein, wobei das Lehrverhältnis vor Inkrafttreten des vorliegenden Bundesgesetzes gemäß § 14 Abs. 2 lit. f BAG geendet und bis zu diesem Zeitpunkt ununterbrochen bestanden haben muss. Zum Erfordernis des ununterbrochenen Fortbestands des Lehrverhältnisses wird auf die Erläuterungen zu § 55a Abs. 1 im Initiativantrag 87/A vom 13. November 2019 (XXVII. GP) verwiesen. Auch wenn das Lehrverhältnis vor dem Inkrafttreten des vorliegenden Bundesgesetzes begonnen und bis zum Endigungszeitpunkt ununterbrochen bestanden hat, kann der Drittstaatsangehörige einen Aufschub der Abschiebung nur bewirken, wenn es vor Inkrafttreten dieses Bundesgesetzes gemäß § 14 Abs. 2 lit. f BAG, also infolge der rechtskräftig negativen Entscheidung über den Antrag auf internationalen Schutz, geendet hat. Hat es aus einem anderen Grund geendet, etwa wegen rechtskräftiger Verweigerung oder Löschung der Eintragung des Lehrvertrags gemäß § 14 Abs. 2 lit. c BAG, so sind die Z 1 bis 4 von vornherein nicht anwendbar. Die Einschränkung auf den Endigungsgrund des § 14 Abs. 2 lit. f BAG stellt ferner sicher, dass die Z 1 bis 4 nur auf ehemalige Asylwerber anwendbar sind.
Z 2 setzt voraus, dass das Bundesverwaltungsgericht die vom Drittstaatsangehörigen gegen die Asylentscheidung und die damit verbundene Rückkehrentscheidung erhobene Beschwerde bis zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes bereits zurück- oder abgewiesen haben muss, dass also eine rechtskräftige – in der Terminologie des Art. 2 lit. e der Richtlinie 2013/32/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26. Juni 2013 zu gemeinsamen Verfahren für die Zuerkennung und Aberkennung des internationalen Schutzes („Verfahrens RL“): eine „bestandskräftige“ – Entscheidung über den Antrag auf internationalen Schutz vorliegt. Nach ständiger Rechtsprechung (vgl. OGH 24.11.2015, 1 Ob 127/15f, sowie VwGH 26.11.2015, Ro 2015/07/0018; 24.5.2016, Ra 2016/03/0050; 22.3.2019, Ra 2017/04/0111) tritt die Rechtskraft einer verwaltungsgerichtlichen Entscheidung mit deren Erlassung ein, und zwar unabhängig davon, ob Revision an den Verwaltungsgerichtshof oder Beschwerde
an den Verfassungsgerichtshof erhoben wird. Diese Voraussetzung grenzt die in Betracht kommende Zielgruppe zugleich von jener des vorgeschlagenen § 55a ab, dessen Abs. 1 voraussetzt, dass sich der Drittstaatsangehörige in einem offenen, also noch nicht rechtskräftig abgeschlossenen Asylverfahren befindet. Indem Z 2 demgegenüber voraussetzt, dass die Rechtskraft der Asylentscheidung bereits eingetreten ist, tritt der Abschiebungsaufschub nach den vorgeschlagenen Abs. 31 bis 34 ergänzend zur Fristenhemmung nach § 55a hinzu.
Z 3 sieht als Voraussetzung vor, dass der Drittstaatsangehörige gegen die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichtes Revision an den Verwaltungsgerichtshof gemäß Art. 133 Abs. 1 Z 1 B VG und/oder Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof gemäß Art. 144 B VG erhebt oder bereits erhoben hat und zumindest einem dieser Rechtsmittel die aufschiebende Wirkung (§ 30 Abs. 2 VwGG oder § 85 Abs. 2 VfGG) zuerkannt worden ist. Durch die Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung in einem dieser Verfahren befindet sich der betreffende Drittstaatsangehörige (wieder) in einer vergleichbaren Situation wie der von dem vorgeschlagenen § 55a erfasste Drittstaatsangehörige, der sich in einem offenen Asylverfahren befindet und für dessen Dauer gegen Maßnahmen zur Aufenthaltsbeendigung geschützt ist (§ 13 AsylG 2005). Das Kriterium der Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung nach § 30 Abs. 2 VwGG oder § 85 Abs. 2 VfGG rechtfertigt es daher, dem betreffenden Drittstaatsangehörigen einen – in seinen Auswirkungen mit der Hemmung des Laufs der Frist für die freiwillige Ausreise nach § 55a vergleichbaren – Aufschub der Abschiebung bis zum Abschluss des (wiederaufgenommenen) Lehrverhältnisses zu ermöglichen, obwohl über seinen Antrag auf internationalen Schutz bereits eine rechtskräftige Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichtes vorliegt. Dabei kommt es nicht darauf an, wann – vor oder nach Inkrafttreten des vorliegenden Bundesgesetzes – die Revision oder Beschwerde erhoben bzw. die aufschiebende Wirkung zuerkannt wurde. Die Einschränkung ist erforderlich, um der gesetzgeberischen Grundentscheidung Rechnung zu tragen, dass Rechtsmitteln an die Gerichtshöfe des öffentlichen Rechts die aufschiebende Wirkung nicht bzw. nur dann zukommt, wenn der Verfassungsgerichtshof bzw. das Bundesverwaltungsgericht oder der Verwaltungsgerichtshof sie im Einzelfall zuerkennt (§ 85 Abs. 1 und 2 VfGG, § 30 Abs. 1 und 2 VwGG). Mit dieser – ein Wesensmerkmal des Verfahrens vor den Höchstgerichten des öffentlichen Rechts darstellenden – Grundentscheidung nicht vereinbar und daher unter dem Aspekt der Gleichbehandlung bedenklich wäre eine Regelung, die durch Erstattung einer entsprechenden Mitteilung – siehe dazu sogleich die Erläuterungen zu Z 4 – einen Aufschub der Abschiebung ohne Rücksicht auf eine Zuerkennungsentscheidung nach § 85 Abs. 2 VfGG oder § 30 Abs. 2 VwGG ermöglicht, hätte sie doch für die Dauer des Revisions- oder Beschwerdeverfahrens (und darüber hinaus) einen mit der aufschiebenden Wirkung vergleichbaren Aufschub der Abschiebung bewirkt, obwohl die nach § 85 Abs. 2 VfGG bzw. § 30 Abs. 2 VwGG maßgeblichen Voraussetzungen nicht erfüllt sind.
Die dem vorgeschlagenen § 55a Abs. 1 und 3 nachgebildete Z 4 sieht vor, dass der Aufschub der Abschiebung voraussetzt, dass der Drittstaatsangehörige oder der ehemalige Lehrberechtigte dem Bundesamt rechtzeitig die Wiederaufnahme des Lehrverhältnisses mitgeteilt hat. Dies soll allerdings nur insoweit gelten, als das Lehrverhältnis mit demselben Lehrberechtigten und in demselben Lehrberuf wiederaufgenommen wurde. Die Endigung des früheren Lehrverhältnisses gemäß § 14 Abs. 2 lit. f BAG soll in diesen Fällen einer Eintragung des (neuerlich mit dem früheren Lehrberechtigten in demselben Lehrberuf abgeschlossenen) Lehrvertrages gemäß § 20 BAG nicht entgegenstehen und demnach nicht zu einer Verweigerung der Eintragung gemäß § 20 Abs. 3 BAG führen, sofern alle übrigen Voraussetzungen zur Eintragung vorliegen. Zu den Voraussetzungen der Rechtzeitigkeit und der Wirksamkeit der Mitteilung nach Z 4 wird auf die Erläuterungen zu Abs. 33 verwiesen.
Der Schlussteil sieht vor, dass ein Aufschub der Abschiebung gemäß Z 1 bis 4 für Drittstaatsangehörige, die straffällig geworden sind (§ 2 Abs. 3 AsylG 2005), denen keine Frist für die freiwillige Ausreise (§ 55) gewährt wurde oder die im Rahmen des Asylverfahrens über ihre Identität zu täuschen versucht haben, nicht in Betracht kommt. Dies entspricht der Regelung des § 55a Abs. 2, der Asylwerber, auf die eines dieser Kriterien zutrifft, von der Möglichkeit, eine Hemmung des Laufs der Frist für die freiwillige Ausreise zu bewirken, ausnimmt. Zu den Voraussetzungen und den Anforderungen einer versuchten Täuschung über die Identität wird auf die Erläuterungen zu § 55a Abs. 2 verwiesen.
Es wird zweckmäßig sein, in Betracht kommende Lehrberechtigte in geeigneter Form, etwa durch Veröffentlichung auf der Homepage des Bundesministeriums für Arbeit, Soziales, Gesundheit und Konsumentenschutz, des Arbeitsmarktservice oder der gemäß § 19 Abs. 1 BAG als Lehrlingsstellen tätigen Landeskammern der gewerblichen Wirtschaft, über die Möglichkeit der Abgabe der Erklärung und der Bewirkung eines Abschiebungsaufschubs zu informieren. Abs. 31 steht solchen allgemein gehaltenen Informationen nicht entgegen.
Abs. 32:
Abs. 32 regelt den Zeitpunkt, bis zu dem unter den Voraussetzungen des Abs. 31 die Abschiebung des betreffenden Drittstaatsangehörigen längstens aufgeschoben ist. Dieser Zeitpunkt entspricht – bezogen auf das wiederaufgenommene Lehrverhältnis – grundsätzlich dem Zeitpunkt, zu dem auch eine Hemmung des Laufs der Frist für die freiwillige Ausreise gemäß § 55a endet.
Z 1 sieht daher vor, dass der Aufschub der Abschiebung grundsätzlich zu dem nach § 55a Abs. 1 Z 1 oder 2 maßgeblichen Zeitpunkt – also mit der Endigung, der vorzeitigen oder außerordentlichen Auflösung des Lehrverhältnisses oder mit einem später angesetzten Termin für die Lehrabschlussprüfung – endet. Z 2 sieht vor, dass der Aufschub der Abschiebung bereits mit dem Ablauf der darin genannten Höchstdauer vor dem nach Z 1 maßgeblichen Zeitpunkt endet. Z 2 bildet somit die im Schlussteil des § 55a Abs. 1 normierte vierjährige Höchstdauer für die Hemmung der Frist für die freiwillige Ausreise für den Aufschub der Abschiebung nach. Um der besonderen Situation der Zielgruppe des Abs. 31 zu entsprechen, wird dabei vorgesehen, dass der entsprechende Zeitraum zwar erst ab dem Zeitpunkt der Wiederaufnahme des Lehrverhältnisses zu laufen beginnt, von diesem jedoch die bis zum Inkrafttreten dieses Bundesgesetzes im alten Lehrverhältnis verbrachten und auf die Dauer des wiederaufgenommenen Lehrverhältnisses anzurechnenden Zeiten abzuziehen sind.
Der letzte Satz des Schlussteils erklärt § 55a Abs. 5 und 6 auf den Aufschub der Abschiebung sinngemäß für anwendbar. Dieser erlischt daher vor dem nach Z 1 oder 2 maßgeblichen Zeitpunkt, wenn nachträglich ein Sachverhalt nach § 55a Abs. 6 eintritt. Ebenso trifft den Lehrberechtigten die in § 55a Abs. 5 normierte Informationspflicht. Diesbezüglich wird auf die Erläuterungen zu § 55a Abs. 5 und 6 im Initiativantrag 87/A vom 13. November 2019 (XXVII. GP) und im vorliegenden Abänderungsantrag verwiesen.
Informationen über den Abschiebungsaufschub und dessen Dauer betreffen die Verfahrensführung des Bundesamtes und können daher als Verfahrensdaten in der Zentralen Verfahrensdatei (§ 28 Abs. 1 BFA VG) verarbeitet werden. Darüber hinaus handelt es sich dabei um Daten, die für die Einreise- und Aufenthaltsberechtigung maßgeblich sind, weshalb auch eine Verarbeitung im Rahmen des Zentralen Fremdenregisters zulässig ist (§ 27 Abs. 1 Z 11 BFA VG), welche eine rasche Verifizierung des Aufenthaltsstatus der betreffenden Fremden ermöglicht. Gesonderte datenschutzrechtliche Bestimmungen sind daher nicht erforderlich.
Abs. 33:
Abs. 33 legt fest, bis zu welchem Zeitpunkt die Mitteilung nach Abs. 31 Z 4 an das Bundesamt zu erfolgen hat, um als rechtzeitig zu gelten und die damit verbundenen Rechtsfolgen auszulösen. In diesem Zusammenhang soll an zwei Zeitpunkte angeknüpft werden. Erhebt der Drittstaatsangehörige gegen die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichtes nach Abs. 31 Z 2 Revision (Art. 133 Abs. 1 Z 1 B VG) oder Beschwerde (Art. 144 B VG) und wird einer solchen die aufschiebende Wirkung zuerkannt (§ 30 VwGG oder § 85 VfGG), so beginnt die Frist für die Erstattung der Mitteilung nach Abs. 31 Z 4 mit dem Zeitpunkt der Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung zu laufen. In Fällen, in denen die aufschiebende Wirkung bereits vor Inkrafttreten des vorliegenden Bundesgesetzes zuerkannt wurde, kann naturgemäß nicht auf den Zeitpunkt von deren Zuerkennung abgestellt werden; diesfalls soll die Frist zur Erstattung der Mitteilung ab dem Inkrafttretensdatum dieses Bundesgesetzes zu laufen beginnen.
Bei der Festsetzung der Dauer der Frist wird darauf Bedacht genommen, dass einerseits dem Drittstaatsangehörigen und Lehrberechtigten eine ausreichende Möglichkeit für die Erstattung der Mitteilung nach Abs. 31 Z 4 eingeräumt wird. Andererseits ist das Bundesamt zügig vom Abschiebeaufschub in Kenntnis zu setzen, da es sich um die die Abschiebung anordnende Behörde handelt und die Abschiebung teils erhebliche Vorlaufzeit in Anspruch nehmende Vorbereitungen verlangt. Eine Frist von drei Wochen scheint in dieser Hinsicht als angemessen. Die Wirksamkeitsvoraussetzungen des § 55a Abs. 4 erster und zweiter Satz (Schriftform, Beilage einer Abschrift des Lehrvertrags oder der Entscheidung der Lehrlingsstelle über die Festsetzung eines Prüfungstermins zur Abnahme der Lehrabschlussprüfung) gelten auch für die Mitteilung nach Abs. 31 Z 4.
Auf begründeten Antrag hat der Drittstaatsangehörige die Möglichkeit, einen Feststellungsbescheid über den auf Grund seiner Mitteilung eingetretenen Abschiebungsaufschub zu erlangen.
Abs. 34:
Da in den Fällen des Abs. 31 das frühere Lehrverhältnis vor Inkrafttreten des vorliegenden Bundesgesetzes gemäß § 14 Abs. 2 lit. f BAG geendet hat, ist zum Endigungszeitpunkt auch die dem Drittstaatsangehörigen erteilte Beschäftigungsbewilligung gemäß § 7 Abs. 6 Z 1 AuslBG erloschen. Abs. 34 sieht daher vor, dass, sobald durch Erfüllung sämtlicher in Abs. 31 genannter Voraussetzungen ein Aufschub der Abschiebung bewirkt wird, die dem Drittstaatsangehörigen erteilte Beschäftigungsbewilligung nicht (mehr) als erloschen gilt bzw. wiederauflebt. Darüber hinaus stellt Abs. 34 durch die Wendung „neben dem Aufschub der Abschiebung“ klar, dass dieser bei Vorliegen sämtlicher Voraussetzungen gemäß Abs. 31 ex lege eintritt.
Zu § 126 Abs. 23
§ 126 Abs. 23 erster Satz regelt das Inkrafttreten und das Außerkrafttreten der vorliegenden Bestimmungen. Das Außerkrafttreten nach Ablauf eines Zeitraums von vier Jahren wurde gewählt, um auch jene Fälle zu erfassen, in denen gleichzeitig eine Ausbildung in zwei Lehrberufen absolviert wird (§ 6 Abs. 2 BAG).
Der zweite und dritte Satz des Abs. 23 soll für jene Fälle, in denen zur Zeit des Außerkrafttretens die Frist für die freiwillige Ausreise gemäß § 55a Abs. 1 weiterhin gehemmt oder die Abschiebung gemäß § 125 Abs. 31 weiterhin aufgeschoben ist, vorsehen, dass die Hemmung des Laufs der Frist für die freiwillige Ausreise oder der Aufschub der Abschiebung über den Zeitpunkt des Außerkrafttretens hinaus bis zu dem nach § 55a oder § 125 Abs. 32 jeweils maßgeblichen Zeitpunkt fortdauert.
Zu § 127
Es handelt sich um eine Erweiterung der Vollzugsklausel, die wegen des vorgeschlagenen § 55a Abs. 8 erforderlich ist.
*****
Präsidentin Doris Bures: Der Abänderungsantrag wurde in den Grundzügen erläutert und wird beziehungsweise ist zur Verteilung gebracht worden.
Zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Peter Wurm. – Bitte.
Abgeordneter Peter Wurm (FPÖ): Frau Präsidentin! Herr Minister! Hohes Haus! Werte Zuseher zu Hause! Ja, und täglich grüßt das Murmeltier, zum gefühlt hundertsten Mal die gleiche Diskussion. Ich darf schon, bevor ich es noch einmal genau erkläre, Kollegen Mahrer die Frage stellen: Haben Sie diese Asylwerber eingeladen? Ich habe sie nicht eingeladen. Wenn das Ihre persönliche Einladung war, dann sollten Sie das auch auf Ihrer persönlichen Ebene lösen, es aber bitte nicht den Österreicherinnen und Österreichern umhängen. Eingeladen wurden sie nicht, sie sind gekommen – dies, Herr Mahrer, zu Ihrer Information.
Ganz kurz noch einmal zur Erklärung: Das Ganze basiert auf dem sogenannten Bartenstein-Erlass 2011/2012, den dann auch Minister Hundstorfer entsprechend umgesetzt hat. Das war damals eine eigentlich gar nicht dumme Idee. Man hat gesagt, während das Asylverfahren läuft, sollen die Leute etwas Sinnvolles machen, sollen arbeiten oder eben, wenn es geht, in einem Mangelberuf eine Lehre machen. Das hat sich dann entwickelt. Ich kann mich erinnern, es gab auch zig Diskussionen im Sozialausschuss, und ich habe dann irgendwann einmal mit Minister Hundstorfer die Diskussion hier im Plenum geführt – das war im Jahr 2016 –, wie viele der Asylwerber eigentlich diese Lehre abgeschlossen haben. Ich kann mich erinnern, Minister Hundstorfer hat mir damals, 2016, erzählt – und es war sensationell –: Es waren drei, die die Lehre absolviert haben. Das war im Jahr 2016.
Das heißt, da war das alles ein gewisses Randthema und hat keinen großartig interessiert. Dann hatten wir die Krisenjahre 2015/2016 mit dem Ansturm, und es ist etwas passiert, das man jetzt vielleicht noch einmal erklären muss. Die Asylwerber, von denen wir heute sprechen – rund 780 –, haben Folgendes ausgelöst.
Zur Erklärung: 80 Prozent von ihnen kommen aus Afghanistan, 60 Prozent machen ihre Lehre in der Gastronomie, 65 Prozent von ihnen haben ihre Lehre begonnen, nachdem der Erstinstanzbescheid negativ war, wir haben eine Frauenquote von 3 Prozent, um ein paar Eckdaten klarzustellen. Das heißt: Was ist da passiert? – Ganz klar: Diverse NGOs haben den Asylwerbern, vor allem nach dem negativen Urteil in der ersten Instanz mehr oder weniger gesagt: Fang eine Lehre an, ich finde schon einen Lehrherrn für dich, und dann darfst du nicht abgeschoben werden! – Deshalb gibt es diese Problemstellung, von der wir heute reden.
Dazusagen muss man, dass die Ablehnungsquote betreffend Afghanistan bei rund 50 Prozent liegt; das heißt, es ist relativ leicht auszurechnen, dass sehr viele dieser Afghanen, die jetzt in Lehre sind, einen negativen Bescheid erhalten werden. – So weit einmal zu den Fakten.
Es geht um Leute, die einen rechtsgültigen Asylbescheid erhalten haben. Da wurde alles geprüft, über mehrere Instanzen, da wurde auch der humanitäre Aspekt geprüft, da liegt auch ein rechtsstaatliches Urteil vor: Kein Grund für Asyl, bitte wieder ausreisen, sonst werden Sie abgeschoben! – Das hebt die ÖVP gemeinsam mit der SPÖ, mit
Grünen und NEOS jetzt einfach auf. Das kann man in Wahrheit in einem Rechtsstaat niemandem erklären. (Abg. Pfurtscheller: Regen Sie sich nicht auf ...!)
Dabei möchte ich noch dazusagen: Das Interessanteste war meiner Meinung eigentlich der Budgetausschuss letzte Woche, am Dienstag, in dem sich plötzlich ein ganz anderes Bild ergeben hat, und davon sollte man den Österreicherinnen und Österreichern vielleicht erzählen. Da geht es darum, dass das nicht das Ende der Fahnenstange ist, denn was wollen diese vier Parteien eigentlich? – Diese vier Parteien wollen natürlich, dass diese Leute nach dem Ende der Lehre nicht ausreisen, nicht nach Afghanistan gehen und ihr erlerntes Wissen in ihrem Heimatland weitergeben. Nein, sie sagen es ja ganz ehrlich, sie wollen, dass sie dableiben.
Wissen Sie, wie sie das machen wollen? – Es ist jetzt plötzlich von Rot bis Schwarz eine Übereinkunft da, die Rot-Weiß-Rot-Karte so weit aufzuweichen, dass wir nicht mehr von Facharbeitern sprechen, von Schlüsselarbeitskräften sprechen, sondern die Bestimmungen betreffend die Rot-Weiß-Rot-Karte sollen für jeden gelten und damit haben wir in Österreich dann für alle Drittstaatsangehörigen weltweit einen offenen Arbeitsmarkt. Das finde ich gerade vonseiten der Sozialdemokratie schon sehr dramatisch, und das sollten Sie den Arbeitnehmern in Österreich auch erzählen. (Zwischenrufe des Abg. Vogl.) Das heißt, Sie wollen das Lohn- und Sozialdumping auf diesem Umweg für alle Arbeitskräfte in Österreich einführen. – Na viel Glück bei der Erklärung Ihren Wählern gegenüber! (Beifall bei der FPÖ. – Abg. Krainer: Das, was Sie sagen, ist unwahr!)
Das Archiv kann, wie man weiß, ganz gefährlich sein. Da möchte ich doch kurz einen Ausschnitt aus einer Meldung der Parlamentskorrespondenz vor einem Jahr, am 29. November 2018, vorlesen. Im Sozialausschuss war damals eine etwas andere Konstellation, und ich darf kurz Kollegen Gust Wöginger, weil er da ist, zitieren (Zwischenruf des Abg. Loacker): „Wurm und Wöginger“ – damals noch gemeinsam – „lehnten es außerdem neuerlich ausdrücklich ab, Flüchtlinge, die eine Lehre absolvieren, nach einem negativen Asylbescheid ein vorübergehendes Bleiberecht in Österreich zu gewähren. Man dürfe Asyl und Migration nicht vermischen, mahnte Wöginger.“ (Ruf bei der FPÖ: Man hört!) – Das sind deine Worte, Gust, vor einem Jahr, daran möchte ich dich nur erinnern! (Zwischenruf des Abg. Wöginger.)
Da es auch für die Sozialdemokratie spannend ist, darf ich kurz noch etwas anderes erwähnen. Kollege Stöger – ich glaube, er ist jetzt nicht im Haus (Zwischenruf des Abg. Vogl) – wird in derselben Meldung wie folgt zitiert: „Durch das geänderte Punktesystem“ – nämlich bei der Rot-Weiß-Rot-Karte – „könnten künftig unter dem Titel Schlüsselarbeitskraft auch unqualifizierte ArbeitnehmerInnen aus Drittstaaten eine Rot-Weiß-Rot-Karte erhalten“. (Abg. Kickl: Da, schau!) Damit ist laut Stöger Tür und Tor geöffnet. „Damit könnten etwa auch ‚Elefantenschnitzerʼ“ – es können sich einige an diesen Titel erinnern (Heiterkeit der Abgeordneten Amesbauer und Kickl) – „unter dem Titel Schlüsselkraft nach Österreich geholt werden, so Stöger.“ – Ich darf das nur zitieren, es liegt alles offiziell vor.
Wie gesagt, das Dramatische bei der ganzen Entwicklung ist meiner Meinung, dass wir damit den Rechtsstaat komplett aushebeln. Wir öffnen damit zukünftig für Menschen aus Drittstaaten den Zugang zum freien Arbeitsmarkt in Österreich, und das halte ich für Österreich, für den Arbeitsmarkt für ganz dramatisch. – Danke. (Beifall bei der FPÖ. – Abg. Krainer: Es ist nur falsch, was Sie sagen!)
13.14
Präsidentin Doris Bures: Als Nächster gelangt Herr Abgeordneter Josef Muchitsch zu Wort. – Bitte.
13.14
Abgeordneter Josef Muchitsch (SPÖ): Frau Präsidentin! Herr Bundesminister! Geschätzte Damen und Herren des Nationalrates! Ich möchte anders beginnen. Ich möchte mich vorweg bei allen mehr als 1 000 Unternehmen in Österreich bedanken, die bereit waren, junge Asylwerber in eine Beschäftigung zu bringen (Abg. Belakowitsch: Ja, schön! – Abg. Amesbauer: Mir kommen die Tränen!), die bereit waren, junge Asylwerber von Leistungsbeziehern zu Beitragszahlern zu machen. Recht herzlichen Dank! (Beifall bei SPÖ und Grünen sowie bei Abgeordneten der NEOS.) Ich bedanke mich auch bei jenen, die ehrenamtlich viele Stunden geopfert haben, um diese jungen Menschen zu betreuen und positiv in eine Lehre zu begleiten. (Neuerlicher Beifall bei SPÖ und Grünen sowie bei Abgeordneten der NEOS.)
Jetzt möchte ich die Fakten bringen. (Zwischenruf der Abg. Belakowitsch.) Kollege Amesbauer kommt hier nach vorne und sagt, diese Menschen in Lehre nehmen den österreichischen Jugendlichen die Lehrplätze weg. – So ein Schwachsinn! Sie sollten es endlich einmal - -
Präsidentin Doris Bures: Herr Abgeordneter Muchitsch, ich würde auch Sie ersuchen, sich in der Ausdrucksform zu mäßigen!
Abgeordneter Josef Muchitsch (fortsetzend): So ein Unsinn (allgemeine Heiterkeit – Abg. Amesbauer: Weiter!), dass diese 767 jugendlichen Asylwerber österreichischen Lehrlingen den Lehrplatz weggenommen haben! Begreifen Sie und kapieren Sie es endlich, dass das Mangelberufe sind! Wir haben eine Mangelberufsliste mit mittlerweile 45 Berufen, und das AMS darf nur dann vermitteln, wenn es nicht gelingt, einen österreichischen Jugendlichen auf einen Lehrplatz zu bringen. Bitte kapieren Sie das endlich und verbreiten Sie hier keine Unwahrheiten! (Beifall bei SPÖ, ÖVP, Grünen und NEOS.)
Zur Rede des Kollegen Wurm: Kollege Wurm ist hier gestanden und hat gesagt, die Unternehmen, die junge Asylwerber in eine Lehre bringen, betreiben damit Lohn- und Sozialdumping. (Abg. Wurm: Sozialdemokratie unterstützt Lohn- und Sozialdumping!) – Was ist denn das wieder für ein Unsinn? (Abg. Wurm: Verrat an den Arbeitnehmern!) Wir sollten mit richtigen Zahlen operieren, nämlich dass es noch 767 sind und immer weniger geworden sind, je länger das Parlament gewartet hat. Es ist gut, dass wir hier einen nächsten Schritt setzen. Ich bin auch stolz, einer der 80 000 Unterstützer der Initiative Ausbildung statt Abschiebung von Rudi Anschober zu sein. (Beifall bei SPÖ und Grünen. – Abg. Belakowitsch: Das ist ... Gesetzesbruch!)
Ich möchte auch noch ergänzen, dass es heute zwar ein wichtiger Schritt ist, den Abschiebestopp für Lehrlinge hier in diesem Parlament mit breiter Mehrheit zu beschließen – lediglich ohne Zustimmung der FPÖ, die sich in dieser Frage ja längst in einem Fundament der Unsachlichkeit und Unmenschlichkeit einbetoniert hat –, aber es geht mir noch zu wenig weit. (Abg. Amesbauer: Ja, ihr wollt ja eh alles!) Ich würde daher das machen, was viele Österreicherinnen und Österreicher mit großer Mehrheit sagen: Warum sollen wir neue junge Fachkräfte, die die Sprache noch nicht können, dazu motivieren, nach Österreich zu kommen (Abg. Belakowitsch: Wer will das? – Abg. Wurm: Wollen wir ja nicht! – Abg. Belakowitsch: Das wollt ihr!), anstatt jene junge Fachkräfte, die bei österreichischen Unternehmen ausgebildet worden sind, in Österreich zu behalten?
Aus diesem Grund möchte ich folgenden Antrag einbringen:
Entschließungsantrag
der Abgeordneten Josef Muchitsch, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Lehrlinge – Integration vor Zuzug“
Der Nationalrat wolle beschließen:
„Die Bundesregierung wird aufgefordert sicherzustellen, dass für jene jugendlichen AsylwerberInnen, die nicht straffällig wurden und in Österreich eine Lehre in einem Mangelberuf positiv abgeschlossen haben, die Möglichkeit zur Erlangung der Rot-Weiß-Rot-Karte im Inland geschaffen wird. Damit können die im Inland ausgebildeten FacharbeiterInnen in Mangelberufen unter denselben Kriterien, die schon bisher für die Rot-Weiß-Rot-Karte gelten, auch im Inland arbeiten.“
*****
(Abg. Amesbauer: Das ist alles Irrsinn!)
Wenn ich jetzt in Richtung ÖVP schaue, möchte ich appellieren: 50 Prozent aller Lehrlinge sind jetzt im Gastronomiebereich beschäftigt. (Abg. Belakowitsch: 80 Prozent!) Es muss euch ja ein großes Anliegen sein, wenn euch die Wirtschaft wichtig ist und wenn euch diese mehr als 1 000 Unternehmen wichtig sind, die diese Lehrlinge unterstützt haben, in deren Ausbildung investiert haben, dass sie dann als Fachkräfte in diesem Mangelberuf in Österreich bleiben dürfen! Wenn es euch nicht wichtig ist, dann werdet ihr dem Antrag eh nicht zustimmen, aber das ist ein logischer Antrag (Abg. Belakowitsch: Sehr logisch!), eine Chance, eine praxisorientierte Lösung für all jene zu schaffen, die jetzt schon in unserem System eine Lehre absolvieren, für jene, die wir als zukünftige Fachkräfte brauchen.
Ich lade Sie alle ein, unserem Entschließungsantrag zuzustimmen – im Interesse der Unternehmen in Österreich, die diesen jungen Menschen eine Chance gegeben haben, aber auch im Interesse der jungen Menschen, die bereit sind, hier zu arbeiten und auch entsprechend Beiträge einzuzahlen. – Vielen Dank. (Beifall und Bravoruf bei der SPÖ sowie Beifall bei den Grünen.)
13.19
Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:
Entschließungsantrag
der Abgeordneten Muchitsch,
Genossinnen und Genossen
betreffend Lehrlinge – Integration vor Zuzug
eingebracht im Zuge der Debatte zu Antrag 87/A
Der vorliegende Gesetzesantrag stellt eine Lösung für rund 800 Asylwerber dar, die derzeit eine Lehre absolvieren und während dieser Lehrzeit, trotz eines eventuell negativen Asylbescheids, nicht abgeschoben werden sollen.
Diese Lehrlinge werden ausschließlich in Mangelberufen ausgebildet. Das heißt, in Berufen, für die in der Regel weniger als 1,5 Arbeitslose je offener Stelle in Österreich gemeldet sind und für die auch kein österreichischer Lehrling gefunden werden konnte. Keiner dieser rund 800 AsylwerberInnen, die eine solche Lehre absolvieren, nimmt daher einem Österreicher den Lehrplatz weg. Es geht dabei ausschließlich um Lehrstellen, die von den Betrieben sonst nicht besetzt werden können.
Diese jungen Menschen werden während der Lehrzeit in Österreich gut integriert, lernen unsere Sprache, unsere Werte und die Gesellschaft hat sie auch voll akzeptiert.
Nach Abschluss ihrer Lehre sollen in Zukunft jene, die einen negativen Asylbescheid erhalten haben, abgeschoben werden. Obwohl sie eine ausgezeichnete Ausbildung
durch unsere heimischen Lehrbetriebe erhalten haben und in einem Beruf arbeiten der als Mangelberuf gilt, für den es also zu wenig Arbeitskräfte im Inland gibt. Dabei ist völlig klar, dass Unternehmen in ganz Österreich auf der Suche nach Fachkräften und Lehrlingen sind. Derzeit stehen aktuell 45 Berufe auf der bundesweiten Mangelberufsliste und zusätzlich 22 Berufe auf Landeslisten.
Die ehemalige schwarz-blaue Bundesregierung wollte an Stelle dieser jungen FacharbeiterInnen, schlechter ausgebildete Fachkräfte aus Drittstaaten nach Österreich holen, die nicht integriert sind und vermutlich auch unserer Sprache nicht mächtig sind.
Das ist sowohl arbeitsmarktpolitisch als auch ökonomisch der falsche Weg. Gut ausgebildete Fachkräfte, die eine mit österreichischen Steuergeldern mitfinanzierte Ausbildung in einem unserer ausgezeichneten Lehrbetriebe erhalten haben, abzuschieben und stattdessen schlechter ausgebildete und nicht integrierte ArbeitnehmerInnen aus dem Ausland nach Österreich holen, gleicht einem Schildbürgerstreich.
Es ist klar, dass Menschen mit negativem Asylbescheid in ihre Heimatländer zurückkehren müssen. Es ist aber völlig widersinnig gut integrierte Menschen, die eine Ausbildung in Mangelberufen erhalten haben und auch nicht straffällig wurden, abzuschieben. Denn dadurch haben weder die UnternehmerInnen, noch die betroffenen Lehrlinge (Planungs-)Sicherheit. Folglich bleiben Stellen, für die dringend Fachkräfte gesucht werden, weiterhin unbesetzt, während gleichzeitig junge Menschen, die eine Ausbildung absolvieren, ihr Potential nicht entfalten können.
Aus diesem Grund stellen die unterzeichnenden Abgeordneten nachstehenden
Entschließungsantrag
Der Nationalrat wolle beschließen:
„Die Bundesregierung wird aufgefordert sicherzustellen, dass für jene jugendlichen AsylwerberInnen, die nicht straffällig wurden und in Österreich eine Lehre in einem Mangelberuf positiv abgeschlossen haben, die Möglichkeit zur Erlangung der Rot-Weiß-Rot-Karte im Inland geschaffen wird. Damit können die im Inland ausgebildeten FacharbeiterInnen in Mangelberufen unter denselben Kriterien, die schon bisher für die Rot-Weiß-Rot-Karte gelten, auch im Inland arbeiten.“
*****
Präsidentin Doris Bures: Der Entschließungsantrag ist ordnungsgemäß eingebracht und steht somit mit in Verhandlung.
Als Nächster gelangt Herr Abgeordneter Alois Kainz zu Wort. – Bitte.
Abgeordneter Alois Kainz (FPÖ): Frau Präsident! Sehr geehrter Herr Innenminister! Hohes Haus! Sehr geehrte Damen und Herren auf der Galerie und zu Hause vor den Bildschirmen! Angesichts der hier vorliegenden Anträge frage ich mich tatsächlich, ob wir hier im Nationalrat gewählte Vertreter des österreichischen Volkes sind oder bezahlte Gegner der eigenen heimischen Zukunft. (Zwischenrufe bei SPÖ und Grünen.)
Mit der Schaffung einer Möglichkeit, dass trotz eines negativen Asylbescheides Asylwerber und Asylwerberinnen den Lehrabschluss absolvieren, wird ein absolut falscher Weg eingeschlagen, der ganz sicher nicht im Sinne unserer österreichischen Bevölkerung ist.
In unserem Land gibt es derzeit rund 9 000 lehrstellensuchende Österreicher. Zusätzlich haben wir rund 30 000 Asylberechtigte, die beim Arbeitsmarktservice gemeldet
sind und monatlich die Mindestsicherung bekommen. Sie alle warten auf einen Arbeitsplatz oder auf eine Lehrstelle. In meinen Augen sollte jeder, der einen negativen Asylbescheid erhält, umgehend das Land Österreich verlassen, unabhängig davon, ob er nun eine Lehre angefangen hat oder nicht.
Ich finde es erschreckend, wie da versucht wird, das Asylrecht zu umgehen. Diese geplante Aushebelung des Asylrechts zeigt den Linkskurs der zukünftigen türkis-grünen Asylrechtsregierung. Im Endeffekt stellt die Schaffung einer Bleibemöglichkeit im Fall einer angefangenen Lehre den ersten Schritt zur Daueraufenthaltserlaubnis dar. Künftig werden Asylwerber im Fall einer angefangenen Lehre dann in Österreich bleiben dürfen, unabhängig davon, ob ein Asylgrund besteht oder nicht. Die SPÖ kann sich sogar einen quasi nahtlosen Übergang von der Lehre zur Rot-Weiß-Rot-Karte vorstellen.
In meinen Augen sind die Anträge ganz sicher nicht im Sinne unserer österreichischen Bevölkerung und daher abzulehnen. Wir sollten vielmehr versuchen, die 30 000 Asylberechtigten, die beim Arbeitsmarktservice gemeldet sind, am Arbeitsmarkt zu integrieren. Nur so können wir das Sozialbudget entlasten und schlussendlich wieder mehr Gelder für unsere eigenen Familien im Land freischaufeln. – Danke. (Beifall bei der FPÖ.)
13.21
Präsidentin Doris Bures: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Alma Zadić. – Bitte.
Abgeordnete Dr. Alma Zadić, LL.M. (Grüne): Frau Präsidentin! Geschätzter Herr Innenminister! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Liebe Zuseherinnen und Zuseher! Ich freue mich, dass wir es endlich geschafft haben, einen gemeinsamen Antrag einzubringen, der es diesen Menschen, die hier eine Lehre begonnen haben, erlaubt, diese auch zu beenden. Ich freue mich, dass wir es gemeinsam geschafft haben, diesen jungen Menschen eine Chance zu geben. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ.)
Man möchte meinen, dass es doch selbstverständlich wäre, dass Menschen, die sich hier bestens integriert haben, die hier lernen, die hier arbeiten und Steuern zahlen, auch hier bleiben dürfen. Das ist aber leider nicht so. Diese Lehrlinge, von denen wir heute sprechen, haben in den Augen unserer letzten Regierung ein Manko, sie sind nämlich als Asylwerber nach Österreich gekommen. (Abg. Wurm: Tatsache, kein Manko!) Nach einer überlangen Verfahrensdauer haben sie mittlerweile auch einen negativen Asylbescheid. (Neuerlicher Zwischenruf des Abg. Wurm. – Abg. Belakowitsch: Falsch!) Daher stehen diese Personen, die während dieser überlangen Verfahrensdauer auch einen Job gefunden haben, vor dem großen Problem, dass ihnen die Abschiebung in Länder droht, in denen sie bestenfalls neu starten können, aber im schlimmsten Fall, wie zum Beispiel im Fall von Afghanistan, ihr Leben bedroht ist.
Um das zu ändern, meine Damen und Herren, braucht es natürlich einen politischen Willen. Es ist uns gemeinsam – mehrheitlich – gelungen, einen Schritt dafür zu tun, in dieser Sache für 800 Asylwerber in Lehre gemeinsam eine menschliche und wirtschaftlich vernünftige Lösung zu finden.
Wir wissen alle, bis September 2018 bestand die Möglichkeit, dass junge Asylwerber bis zu einem Alter von 25 eine Lehre in einem Beruf, in dem Lehrlingsmangel bestand, beginnen konnten. Nur dann, wenn in diesem Beruf keine inländische oder gleichgesetzte Ersatzkraft vermittelt werden konnte, durften diese jungen Menschen diese Lehre beginnen. Das ist ein paar von ihnen auch gelungen. Zahlreiche Betriebe, meine Damen und Herren, haben von dieser Lösung, von diesem Angebot Gebrauch gemacht. Sie fanden natürlich so aus dem Kreis der Asylwerber Lehrlinge für Stellen, die sonst unbesetzt geblieben wären.
Meine Damen und Herren! Diese Lehrlinge leisten hervorragende Arbeit. Sie sind super integriert, sie unterstützen unsere Betriebe. (Beifall bei den Grünen.) Sie sind zu einer wichtigen Stütze so manchen Gastwirts, so manchen Hotelbetriebs und so manchen Lehrbetriebs geworden. Fragen Sie doch bei diesen Lehrbetrieben nach, wie zufrieden sie mit diesen Menschen sind! Fragen Sie doch nach, wie sehr sich diese Menschen tagtäglich für unsere österreichischen Betriebe einsetzen!
Ja, wir Grüne würden uns selbstverständlich wünschen, dass diese Menschen, die hier eine Lehre begonnen haben, diese Lehre auch abschließen dürfen und auch nachher die Möglichkeit bekommen, in ihrem Betrieb weiterzuarbeiten. Natürlich würden wir das unterstützen, aber wir verstehen, dass wir jetzt eine andere, mehrheitliche Lösung gefunden haben. Dieser mehrheitlichen Lösung schließen wir uns natürlich an und freuen uns, dass uns diese gemeinsam gelungen ist.
Meine Damen und Herren! Es ist eine unfassbare Leistung, die diese Lehrlinge, diese Menschen bereits erbracht haben. (Abg. Wurm: Helden der Arbeit!) Nur ganz wenige wissen, was es bedeutet, in einem fremden Land, dessen Sprache man nicht spricht, ohne Freunde, ohne Familie anzukommen und es hier trotzdem zu schaffen. (Beifall bei den Grünen. – Neuerlicher Zwischenruf des Abg. Wurm.)
Die meisten haben Großartiges geleistet, und deswegen setzen wir heute ein gemeinsames Zeichen, um diese Leistung zu belohnen, denn diese Leistung muss sich lohnen. Lassen wir diese Menschen ihre Lehre zumindest zu Ende bringen! – Danke schön. (Beifall bei den Grünen.)
13.26
Präsidentin Doris Bures: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Stephanie Krisper. – Bitte.
Abgeordnete Dr. Stephanie Krisper (NEOS): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrter Herr Minister! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Liebe Zuseherinnen und Zuseher hier und vor den Bildschirmen! Ich möchte für Sie noch einmal klarstellen, dass die FPÖ hier mit nicht sehr pazifistischen Nebelgranaten um sich geworfen hat. (Abg. Amesbauer: Bin ja kein Pazifist!)
Es geht da ganz klar um nur 800 Personen, die, da ein Erlass das möglich gemacht hat, eine Lehre, eine Ausbildung in einem Mangelberuf anfangen konnten, weil dadurch keinem Österreicher, keiner Österreicherin ein Arbeitsplatz (Zwischenruf des Abg. Wurm), ein Lehrplatz weggenommen wurde. Das heißt, Herr Kollege Amesbauer, es wird durch diese Gesetzesänderung zu keinem Pullfaktor kommen. (Abg. Amesbauer: Da klatschen nicht einmal die NEOS! – Abg. Belakowitsch: ... verschlafen!)
Auch unser mehrfach eingebrachter und immer wieder abgelehnter Antrag hinsichtlich drei plus zwei hat sich immer auf diese Personengruppe bezogen. Mit diesem Antrag kämpfen wir, wie schon gesagt wurde, für drei Jahre Ausbildung und zwei Jahre Verbleib im Betrieb, und natürlich stellen wir auch die Frage, ob dann nicht eine Rot-Weiß-Rot-Karte Sinn macht. Das ist unserer Meinung die einzig menschliche und wirtschaftlich vernünftige Lösung für die Betroffenen und für die Unternehmer. (Beifall bei den NEOS.)
Dafür war die ÖVP nicht zu haben. Das, wozu die ÖVP am Ende endlich bereit war, war besser als nichts. Deswegen machen wir auch mit, sind auch dabei – aber auch nicht mehr –, denn nach dem heutigen Beschluss können Asylwerber ihre Lehre fertigmachen. Wenn ab Inkrafttreten dieser Gesetzesänderung die Asylverfahren rechtskräftig negativ enden, geht das noch, ist das Verfahren aber schon vorher rechtskräftig negativ beendet worden, nicht mehr. Es ist also eine Lotterie des Schicksals, welchen
Akt sich der Bundesverwaltungsrichter zuerst rausgezupft hat, um den zu entscheiden – es ist völlige Lotterie, die da zu einem Gesetz wird. (Beifall bei den NEOS.)
Das halten wir für wirtschaftspolitisch absurd, und im Gegensatz zu Ihnen, Herr Kollege Mahrer, für unmenschlich. Von der ÖVP wundert mich das nicht, ich wundere mich aber, dass die Grünen das jetzt als großen Erfolg feiern. Wir haben versucht, über einen Antrag drei ohne zwei auch die rechtskräftig Negativen noch mitzunehmen. Das war erfolglos. Das ist deshalb schade, da unser Antrag auch generell mehr Rechtssicherheit gebracht hätte, denn der Antrag der ÖVP ist sehr komplex. Ich danke dem Herrn Innenminister für seine Zeit und auch für die Expertise aus seinem Haus, aber ich wage zu behaupten, hätten wir NEOS so einen Antrag eingebracht, hätte es vonseiten des Innenministeriums – ich glaube, zu Recht – geheißen, das ist nicht vollziehbar. Unser Antrag hätte auch den Aufenthalt der Betroffenen legalisiert. Was wir jetzt haben, sind quasi geduldete Illegale.
Was bleibt also? – Meiner Meinung nach ist das ein unwürdiges Theater, das noch viele dramatische Akte mit sich bringen wird. Was wird in Zukunft passieren? – Es werden weiterhin Menschen, die in Lehre in einem Mangelberuf waren, abgeschoben, weil sie das Pech hatten, rechtskräftig negativ beschieden zu werden.
Nach Abschluss der Lehre geht das unmenschliche Drama weiter, denn dann werden im Mangelberuf ausgebildete Menschen abgeschoben. Das ist völlig sinnbefreit. (Beifall bei den NEOS.)
Es ist ein Hohn für die Betroffenen, die Menschen, die sich um sie kümmern und sie unterstützen, und für die Unternehmerinnen und Unternehmer, die Menschen ausbilden, die am Tag nach der Prüfung vor ihrer Nase abgeschoben werden. Das ist unfassbar.
Es gibt noch eine Lösung von uns, die im Ausschuss liegt, der Antrag drei plus zwei. Ich erwarte mir weiterhin eine Zustimmung der ÖVP, dafür werden wir kämpfen, und ich hoffe, die Grünen unterstützen uns dabei.
Generell zum Stichwort Koalitionsverhandlungen: Es braucht eine umfassende Einwanderungsstrategie, mit der auch die EU-Richtlinie umgesetzt wird, die eigentlich vorsehen würde, dass Asylwerber ab dem neunten Monat ab Antragstellung arbeiten dürfen. Und es gibt noch eine weitere Baustelle, die Bundesagentur für Betreuungs- und Unterstützungsleistungen, kurz BBU. Im mit dem BBU-Errichtungsgesetz von der türkis-blauen Bundesregierung geschaffenen System besteht nämlich ein Naheverhältnis zwischen jenen Personen, die Rechtsberatung vornehmen, und jenen, die im Asylverfahren die Entscheidungsmacht haben. Da ist eine strikte Trennung nötig, um wieder unabhängigen Rechtsbeistand zu garantieren.
Deswegen bringe ich folgenden Antrag ein:
Entschließungsantrag
der Abgeordneten Dr. Stephanie Krisper, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Unabhängigkeit der Rechtsberatung im Asylverfahren sicherstellen“
Der Nationalrat wolle beschließen:
„Die Bundesregierung, insbesondere der Bundesminister für Inneres, wird aufgefordert, dem Nationalrat ehestmöglich einen Gesetzesentwurf vorzulegen, mit dem die gesetzlich vorgesehene Rechtsberatung aus der Bundesagentur für Betreuungs- und Unterstützungsleistungen ausgegliedert und eine den europa- und menschenrechtlichen Vorgaben entsprechende unabhängige Rechtsberatung im Verfahren vor dem Bundes-
amt für Fremdenwesen und Asyl und dem Bundesverwaltungsgericht gewährleistet wird.“
*****
Vielen Dank. (Beifall bei den NEOS.)
13.31
Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:
Entschließungsantrag
der Abgeordneten Dr. Stephanie Krisper, Kolleginnen und Kollegen
betreffend Unabhängigkeit der Rechtsberatung im Asylverfahren sicherstellen
eingebracht im Zuge der Debatte in der 6. Sitzung des Nationalrats über Bericht des Budgetausschusses über den Antrag 50/A der Abgeordneten Dr. Stephanie Krisper, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz über die Gewährung von Asyl (Asylgesetz 2005 – AsylG 2005) geändert wird (12 d.B.) – TOP 1
Am 16. Mai 2019 wurde das Bundesgesetz über die Errichtung der Bundesagentur für Betreuungs- und Unterstützungsleistungen Gesellschaft mit beschränkter Haftung (BBU-Errichtungsgesetz – BBU-G) - trotz heftiger Kritik im Begutachtungsverfahren - von ÖVP und FPÖ im Nationalrat beschlossen. Dieses Gesetz trat (überwiegend) am 20. Juni 2019 in Kraft. Darin ist festgeschrieben, dass die Bundesagentur für Betreuungs- und Unterstützungsleistungen (BBU) ihre Tätigkeit im Bereich der Grundversorgung ab 1. Jänner 2020 wahrnehmen soll. Die Tätigkeit im Bereich der Rechtsberatung, der Rückkehrberatung und Rückkehrhilfe, der Menschenrechtsbeobachtung von Abschiebungen und der Dolmetsch- und Übersetzungsleistungen soll die Bundesagentur ab 1. Jänner 2021 aufnehmen.
Die Durchführung der Rechtsberatung durch die BBU umfasst jene vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (BFA) gemäß § 49 BFA-VG sowie jene vor dem Bundesverwaltungsgericht (BVwG) gemäß § 52 BFA-VG. Die Bundesagentur stellt also Rechtsberater_innen für das Verfahren vor dem BFA sowie Parteienvertreter_innen und damit Verfahrensgegner_innen des BFA im Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht bereit. Die BBU ist jedoch sowohl finanziell als auch organisatorisch und personell eng mit dem BMI verflochten. Dies ist vor allem im Hinblick darauf problematisch, dass das BFA, also die Asylbehörde erster Instanz und die belangte Behörde im Asylverfahren zweiter Instanz, als dem Bundesminister für Inneres (BMI) unmittelbar nachgeordnete Behörde gegenüber dem BMI weisungs-gebunden ist.
Die Geschäftsanteile an der Bundesagentur stehen zu 100% im Eigentum des Bundes. Die Ausübung der Gesellschafterrechte, etwa das Recht auf Information bzw. Auskunft, obliegt dem/der Bundesminister_in für Inneres (§ 1 Abs 5 BBU-G). Als alleinige/r Gesellschaftervertreter_in hat der/die BMI mit Beschluss für die Geschäftsführung verbindliche allgemeine Grundsätze der Geschäftspolitik und der Unternehmensführung festzulegen (§ 12 Abs 2 BBU-G). In Bezug auf Belange der Rechtsberatung vor dem BVwG hat der/die BMI zwar vor Beschlussfassung Einvernehmen mit dem/der Bundesminister_in für Verfassung, Reformen, Deregulierung und Justiz (BMVRDJ) herzustellen, doch ist nicht geregelt, welche Konsequenzen aus dem allenfalls fehlenden Einvernehmen folgen.
Die vielfältigen organisatorischen Gestaltungs- und Eingriffsmöglichkeiten des/der BMI zeigen sich unter anderem auch in der umfassenden Kompetenz betreffend die Erstel-
lung des Rahmenvertrags gemäß § 8 BBU-G. Auch die Erklärung über die Errichtung der Bundesagentur ist vom/von der Bundesminister_in für Inneres ab-zugeben (§ 11 BBU-G). Zur Deckung der Kosten der Bundesagentur und ihrer Auf-gaben, einschließlich der notwendigen Personal- und Sachkosten sowie aller Aufwendungen, die zur Wahrnehmung der Aufgaben nötig sind, leistet der/die BMI jährliche Zuwendungen (§ 3 Abs 1 BBU-G). Die interne Kostenrechnung der Bundesagentur unterliegt grundsätzlich der Überprüfung durch den/die BMI (§ 7 Abs 1 BBU-G).
Die Geschäftsführung der BBU ist durch den/die BMI nach den Bestimmungen des Stellenbesetzungsgesetzes zu bestellen (§ 9 Abs 1 und 2 BBU-G). Für die Dauer von bis zu 24 Monaten nach Entstehung der Bundesagentur ist der/die BMI ermächtigt, eine interimistische Geschäftsführung unter Ausschluss der Anwendung des Stellenbesetzungsgesetzes zu bestellen (§ 9 Abs 2 BBU-G). Die Bereichsleitung Rechtsberatung ist zwar vom BMVRDJ zu bestellen (§ 9 Abs 1 BBU-G) und von der Geschäftsführung mit einer Handlungsvollmacht iSd § 54 UGB in diesem Bereich auszustatten, allerdings verbleibt die Bereichsleitung Rechtsberatung der vom/von der BMI bestellten Geschäftsführung und darüber hinaus auch den Unternehmensvorgaben (weisungs-)unterworfen. Das bedeutet, dass die Bereichsleitung Rechtsberatung auch in dienst- und disziplinarrechtlicher Hinsicht der Geschäftsführung untersteht.
Auch der Aufsichtsrat steht unter entscheidendem Einfluss des BMI; denn sechs der insgesamt zwölf Mitglieder des Aufsichtsrates der BBU, einschließlich des/der Vorsitzenden und dessen/deren Stellvertreter/in, sollen unmittelbar vom/von der BMI bestellt sowie vier weitere Mitglieder von der innerbetrieblichen Interessensvertretung der unter dem beherrschenden Einfluss des/der BMI stehenden Bundesagentur entsandt werden (§ 10 Abs 1 BBU-G). Der Aufsichtsrat beschließt mit einfacher Mehrheit der abgegebenen Stimmen. Bei Stimmengleichheit gibt die Stimme des/der Vorsitzenden, bei dessen/deren Verhinderung die Stimme des/der Stellvertreters/Stellvertreterin den Ausschlag (§ 10 Abs 2 BBU-G). Der jährliche Vorhabens-bericht der Geschäftsführung für das Folgejahr ist nach der Genehmigung durch den Aufsichtsrat dem/der BMI zur Genehmigung vorzulegen (§ 12 Abs 5 BBU-G).
Aufgrund der dargestellten Nahebeziehung der Bundesagentur zum Bundesministerium für Inneres - welches auch Oberbehörde des BFA ist - ist in Zweifel zu ziehen, dass auf diese Weise eine unabhängige Rechtsberatung frei von Interessens-konflikten gewährleistet werden kann. In § 13 Abs 1 BBU-G ist zwar festgeschrieben, dass die einzelnen Rechtsberater_innen in ihrer Beratungstätigkeit „weisungs-frei und unabhängig" sind. Es ist jedoch fraglich, ob diese zentralen Grundsätze in der Praxis aufgrund der engen Verflechtung der BBU mit dem BMI eingehalten werden (können). Zumal der/die Innenminister_in Einfluss auf die Auswahl der Rechtsberater_innen und die Modalitäten bzw. Ausgestaltung der Rechtsberatung, wie z.B. die Auftragsbedingungen, die zu erbringenden Leistungen und das dafür zu leistende Entgelt und die Vorgangsweise bei Pflichtverletzungen durch Rechts-berater_innen hat. Zudem sind keine Garantien vorgesehen, dass die Dienstaus-übung der Rechtsberater_innen vor dienstrechtlichen Konsequenzen, wie die Beendigung des Dienstverhältnisses, in irgendeiner Weise geschützt ist.
Im mit dem BBU-Gesetz geschaffenen System besteht also ein Naheverhältnis zwischen jenen Personen, die Rechtsberatungen vornehmen und jenen Personen, denen im Asylverfahren die Entscheidungsmacht zukommt. Beide Gruppen sind beim selben Ministerium (BMI) angesiedelt. Ein hier möglicherweise auftretender Interessenskonflikt ist im Falle der Erhebung einer Beschwerde gegen die Entscheidung des Bundesamts für Fremdenwesen und Asyl noch deutlicher: Mitarbeiter_innen einer Einrichtung, die unter dem beherrschendem Einfluss des/der BMI steht, beraten und vertreten im Rechtsmittelverfahren gegen Entscheidungen des dem BMI (auch weisungsabhängig) nachgeordneten BFA.
Die strikte Unabhängigkeit des Rechtsbeistandes ist für die Gewährleistung eines effektiven Rechtsschutzes und eines fairen Verfahrens unabdingbar. Durch die im BBU-Gesetz vorgesehene Ausgestaltung kann jedoch eine den rechtsstaatlichen und grundrechtlichen Anforderungen entsprechende unabhängige Rechtsberatung als zentraler Beitrag zu einem fairen Verfahren nicht gewährleistet werden. Es ist daher notwendig, die Rechtsberatung im Asylverfahren wieder aus der im direkten Einflussbereich des Innenministeriums stehenden Bundesagentur für Betreuungs- und Unterstützungsleistungen herauszulösen, um eine den europa- und menschenrechtlichen Vorgaben entsprechende unabhängige und qualitätsvolle Rechtsberatung im Verfahren vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl und dem Bundesverwaltungsgericht sicherzustellen.
Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgenden
Entschließungsantrag
Der Nationalrat wolle beschließen:
„Die Bundesregierung, insbesondere der Bundesminister für Inneres, wird aufgefordert, dem Nationalrat ehestmöglich einen Gesetzesentwurf vorzulegen, mit dem die gesetzlich vorgesehene Rechtsberatung aus der Bundesagentur für Betreuungs- und Unterstützungsleistungen ausgegliedert und eine den europa- und menschenrechtlichen Vorgaben entsprechende unabhängige Rechtsberatung im Verfahren vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl und dem Bundesverwaltungsgericht gewährleistet wird.“
*****
Präsidentin Doris Bures: Der Entschließungsantrag ist ordnungsgemäß eingebracht und steht mit in Verhandlung.
Nun hat sich Herr Bundesminister Wolfgang Peschorn zu Wort gemeldet. – Bitte, Herr Minister.
Bundesminister für Inneres Dr. Wolfgang Peschorn: Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren Abgeordnete! Liebe Österreicherinnen und Österreicher! Ich darf mich aus Anlass der Debatte über diese Novelle zum Fremdenpolizeigesetz zu Wort melden.
Zunächst ganz aktuell: Ich kann keinen Konflikt zwischen der BBU und dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl erkennen; das sind beides selbstständige Einrichtungen. Das eine, das BFA, ist ein Organ der Republik Österreich, und die BBU ist eine Gesellschaft der Republik Österreich, aber selbstständig. Dem einen, nämlich dem BFA, obliegt die Entscheidung über die Frage, ob Asyl gewährt wird oder nicht, und dem anderen werden, sofern die gesetzlichen Regelungen aufrechtbleiben, die Betreuung, die Grundversorgung und auch die Frage der Rechtsberatung obliegen. Ich glaube nach wie vor, dass die Frage, wer Rechtsberatung leistet, davon zu trennen ist, wie Rechtsberatung geleistet wird, und ich gebe Ihnen recht, dass es ganz wesentlich sein wird, hier auf die Qualität der Rechtsberatung zu achten.
Gestatten Sie mir noch aus Anlass dieser Debatte ein paar grundsätzliche Anmerkungen: Die Europäische Menschenrechtskonvention feierte voriges Jahr ihr 65-jähriges Jubiläum. Vor rund 65 Jahren haben sich die Staaten Europas, des Europarates angesichts der Schrecken des Zweiten Weltkrieges und eines totalitären Regimes darauf verständigt, dass man es nicht bei den Grund- und Freiheitsrechten belassen
kann, die unsere Vorfahren weit früher – 1848 und im Gefolge – für uns erstritten haben, und haben sich auf die Europäische Menschenrechtskonvention verständigt. Beides, nämlich unsere Grund- und Freiheitsrechte und die EMRK, sind ein Schatz, den wir bewahren und mit dem wir sehr sorgsam umgehen sollten.
Die Grund- und Freiheitsrechte und die Menschenrechte sind auch in ihrer Gesamtheit so etwas wie das Stahlgerüst eines Rechtsstaates. Dieses Stahlgerüst sollte weder verbogen noch zu Fall gebracht werden. Nur dann werden wir aus meiner Sicht auch in einem Rechtsstaat leben können, der uns die Freiheit gibt, die wir als westliches Land brauchen. (Beifall bei Abgeordneten von SPÖ, Grünen und NEOS.)
Einer, der diese Menschenrechte seit dem Bestehen anwendet, ist der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte. Es ist manchmal für jemanden, der vor allem Gesetze zu vollziehen hat, mühsam, wenn er Entscheidungen von Gerichten erhält, die unabhängig sind und sich einzig und allein der Aufgabe verpflichtet fühlen, diesen Grundlagen auch zur Durchsetzung zu verhelfen, aber aus meiner Sicht ist es sehr wertvoll, sich diesen Entscheidungen zu stellen, weil sie immer wieder einer Kritik Gehör verschaffen, der man sich unterziehen soll und die, wenn man ihr nachkommt, das Rechtssystem nur verbessert.
Es ist deswegen kein Zufall, dass diese österreichische Bundesregierung auch den Europäischen Menschenrechtsgerichtshof für den Friedensnobelpreis vorgeschlagen hat, da er aus unserer Sicht einen wichtigen Beitrag dazu leistet, dass rechtsstaatliche Grundsätze nicht nur in der europäischen Gemeinschaft und damit in Österreich, sondern auch außerhalb, bei allen Mitgliedern des Europarates, gesichert werden.
Asyl und Migration sind äußerst herausfordernde politische Themen. Das konnte ich in meinen jetzt knapp sechs Monaten als Innenminister erfahren. Ich würde daher darum ersuchen, wenn wir diese Themen nicht nur gemeinsam diskutieren, sondern auch lösen wollen – und dazu ist es wahrlich an der Zeit, da Asyl und Migration eine Frage sind, die uns in den nächsten Jahrzehnten in ganz Europa, aber vor allem in Österreich beschäftigen werden –, dass wir das auf hoher sachlicher Grundlage und mit fachlichem Verstand tun. (Beifall bei Abgeordneten von SPÖ, Grünen und NEOS.)
Wenn wir heute von einem aktuellen Fall gehört haben, so lassen Sie mich auch kurz auf diesen eingehen. § 13 und § 50 Fremdenpolizeigesetz legen ganz klar fest, dass in jedem Stadium eines Verfahrens die Menschenrechte von allen Behörden zu beachten sind. Da gibt es – und ich komme auf meinen Vergleich mit dem Stahlgerüst zurück – kein Wenn und Aber. Der Rechtsstaat bewährt sich nicht bei Schönwetter, der Rechtsstaat bewährt sich, wenn ein Unwetter heraufzieht. (Beifall der Abgeordneten Pfurtscheller, Yιlmaz und Zadić.)
Genau das haben meine Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter getan. Jeder, der einmal eine politische Funktion innehatte, weiß, dass er tagtäglich mit Ansuchen, mit Wünschen und auch mit sogenannten Interventionen zu tun hat. Ein Innenminister mit 37 000 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern ist vor dieser Praxis nicht gefeit, aber es ist auch meine Aufgabe als Innenminister, den Ansuchen und Wünschen der Menschen zuzuhören und diese auf rechtsstaatlicher Grundlage einer Erledigung zuzuführen. Nichts von dem, was in den letzten Tagen passiert ist, war rechtswidrig, nichts von dem war willkürlich. Alles, was in diesem Zusammenhang geschehen ist, hat auf einer rechtsstaatlichen Grundlage stattgefunden. Alles andere wäre meinem Amtsverständnis widersprechend.
Ich darf Ihnen daher auch ganz kurz die Zahlen für Abschiebungen oder für die zwangsweise Außerlandesbringungen bekannt geben: Im Jahr 2017 waren es 3 100 Menschen, im Jahr 2018 4 700 und im Jahr 2019 werden es – hochgerechnet – wahrscheinlich 5 400 Menschen sein. Es sind in den letzten Jahren sogenannte neue Char-
terdestinationen hinzugekommen, also Länder, in die Menschen abgeschoben werden – Ghana, Aserbaidschan, Bangladesch, Guinea, die Mongolei und Usbekistan. Es gab im Jahr 2018 sechs sogenannte Charterabschiebungen nach Afghanistan, und im Jahr 2019 neun.
Afghanistan ist eine der Hauptdestinationen der Betroffenen. Das liegt aber nicht daran, dass da etwa mit Willkür vorgegangen wird, sondern – es ist ein einfaches mathematisches Rechenbeispiel – daran, dass Österreich im Jahr 2015 hauptsächlich von Menschen aus Afghanistan betroffen war und bis heute ist. Wir sind eine Zieldestination – das ist eine reine Information.
Es gab im Jahr 2018 307 Außerlandesbringungen nach Afghanistan, davon 187 Abschiebungen. Im ersten Halbjahr 2019 waren es 180 und im zweiten Halbjahr – und dieses zweite Halbjahr habe ich zu verantworten – sind es bis jetzt 252, also mehr.
Es ist nichts Ungewöhnliches, dass es auch immer wieder kurzfristig dazu kommt, dass Menschen, die auf diesen Charter gebucht sind, von diesem Flug, von der Abschiebung ausgenommen werden. Meine Damen und Herren, das liegt einzig und alleine daran, dass wir die Gesetze bis zum letzten Moment beachten wollen, und diese Gesetze werden von den Menschenrechten entscheidend geprägt. Es ist nicht nur das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl, das die Aufgabe hat, nachdem es in erster Instanz eine Entscheidung gefällt hat, wenn die Höchstgerichte geurteilt haben – oft nach Monaten und Jahren –, diese Abschiebungen durchzuführen, sondern das sind natürlich auch meine Polizistinnen und Polizisten bei der Abschiebung selbst.
Ich habe als Innenminister nicht nur für ein geordnetes Asyl- und Migrationswesen zu sorgen, sondern mich natürlich auch um die Sicherheit Österreichs zu kümmern und diese zu gewährleisten.
Meine Damen und Herren! Der gegenständliche Gesetzesvorschlag ist ein Initiativantrag und, wie von meinen Vorrednern schon erwähnt, das Ergebnis eines wahrscheinlich in den letzten Jahren eher außergewöhnlichen Prozesses, den ich deswegen als besonders interessant empfinde, weil er darlegt, dass es eine Zusammenarbeit zwischen der Legislative und der Exekutive geben kann, bei der die Legislative – Sie, meine Damen und Herren – auf das Wissen, das Know-how und die Fähigkeiten meiner Beamtinnen und Beamten zurückgreifen kann. Es macht mich stolz, dass mein Haus hier einen technischen Beitrag leisten konnte – technischer Beitrag deswegen, weil es Ihre Willensentscheidung war.
Der Weg zu diesem Ziel, zu diesem Gesetz, das Sie heute wahrscheinlich beschließen werden, war zunächst einmal davon gekennzeichnet, dass wir uns inhaltlich auseinandergesetzt und eine Punktation erstellt haben, die eine Mehrheit hervorgebracht hat, die diese Punktation trägt. Alles andere, die Beschlussfassung selbst, obliegt Ihnen. Und ich kann nur sagen: Die Komplexheit des Entwurfes liegt nicht an meinen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern, sondern am Ergebnis der Willensbildung, der Übereinkunft der Mehrheit; sie hat keine anderen Gründe.
Gestatten Sie mir noch den Hinweis: Natürlich legt diese Regelung jetzt ganz offen – das haben auch meine Vorredner schon angesprochen –, dass es an der Zeit ist, Klarheit zu schaffen, was Asyl und was Migration in Österreich gesetzlich sein soll. Ich glaube, auch da werden sich alle Fraktionen finden: Wir sollten klare Regeln haben, die es Menschen, die nach Österreich kommen wollen, ermöglichen, klar zu erkennen, wie man in Österreich aufhältig sein kann.
Ich ersuche Sie daher, im weiteren Verlauf dieser Legislaturperiode für Klarheit zu sorgen und Arbeitsmigration zu regeln, sich darüber klar zu werden, ob und wie weit sie zugelassen werden soll, und dies dann auch im Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz vorzusehen.
Die gegenständliche Regelung, um noch einmal Klarheit zu schaffen, ist keine, die einen Asylgrund bietet, sie ist keine, die das Asylgesetz ausweitet oder einschränkt, sie ist eine Regelung, die daher zu Recht nicht im Asylgesetz vorgenommen wird. Sie ist eine schlichte Hemmung oder ein Aufschub für die Abschiebung, auch für die zwangsweise Abschiebung. Unser Recht und unsere Gesetze sind nicht teilbar. Deswegen sollten Menschen, die einen Abschiebebescheid – oder einen Bescheid, mit dem sie verpflichtet sind, außer Landes zu gehen – haben, diesen auch beachten. – Danke. (Beifall bei ÖVP, SPÖ, Grünen und NEOS.)
13.43
Präsidentin Doris Bures: Ich habe jetzt noch ein Verlangen zu verlautbaren: Ich gebe bekannt, dass das von mindestens 46 Abgeordneten unterstützte Verlangen (1/US) auf Einsetzung eines Untersuchungsausschusses gemäß § 33 Abs. 1 der Geschäftsordnung betreffend „mutmaßliche Käuflichkeit der türkis-blauen Bundesregierung (Ibiza-Untersuchungsausschuss)“ eingebracht wurde.
Dies wird gemäß § 33 Abs. 2 der Geschäftsordnung nun auch an alle Abgeordneten verteilt.
Ferner liegt mir das von fünf Abgeordneten gemäß § 33 Abs. 4 der Geschäftsordnung gestellte Verlangen vor, eine Debatte über dieses Verlangen durchzuführen. Diese Debatte findet nach Erledigung der Tagesordnung statt.
Die Zuweisung des gegenständlichen Verlangens an den Geschäftsordnungsausschuss erfolgt gemäß § 33 Abs. 6 der Geschäftsordnung am Schluss dieser Sitzung.
*****
Als nächstem Redner in der Debatte erteile ich Herrn Abgeordnetem Karlheinz Kopf das Wort. – Bitte, Herr Abgeordneter.
Abgeordneter Karlheinz Kopf (ÖVP): Frau Präsidentin! Herr Bundesminister! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Meine Damen und Herren auf der Galerie und zu Hause vor den Fernsehschirmen! Der österreichischen Wirtschaft fehlen derzeit deutlich über 100 000 Fachkräfte, und trotzdem sage ich als Unternehmer und als Interessenvertreter der Unternehmerschaft, dass das Asylgesetz nicht das richtige Instrument ist, um diesen Bedarf zu decken (Beifall bei der ÖVP), weil ich mich als Abgeordneter und auch als Staatsbürger dem Rechtsstaat – der Herr Bundesminister hat schon ausgeführt, dass dazu natürlich auch die Menschenrechtskonvention und die Rechtsprechung gehören – und diesem Asylgesetz in ganz besonderer Weise verpflichtet fühle. Das ist ein besonderer Schatz des Schutzes für Menschen vor Verfolgung in ihren Heimatländern. Wir sollten dieses Gesetz und dieses Recht für diese Menschen, dieses besonders schützenswerte Recht, nicht mit Fragen der Arbeitsmigration belasten, weil wir damit der Frage des Asylrechts und der Asylgewährung nichts Gutes täten. (Beifall bei der ÖVP.)
Trotzdem sage ich dazu, dass es seinerzeit durchaus im menschlichen Sinne richtig war, jungen Asylwerbern den Zugang zu einer Lehrausbildung zu ermöglichen. Allerdings muss man etwas selbstkritisch schon auch dazusagen, dass man seinerzeit bei diesem Erlass nicht zu Ende gedacht hat, dass es im Asylrecht halt auch solche Situationen geben kann oder dass ein Asylverfahren halt auch negativ ausgehen kann. Man hat seinerzeit die Frage, was dann geschieht, nicht mitbedacht und nicht mitgelöst. Die
Folge bei einem negativen Asylbescheid ist halt eine Rückkehraufforderung. Und ich sage wieder: Trotzdem ist es menschlich und natürlich auch volkswirtschaftlich richtig, Lehrlingen, denen man über diesen Sondererlass den Zugang zu einer Lehre ermöglicht hat, also asylwerbenden Lehrlingen, die aber einen negativen Asylbescheid haben, nun mit dieser Regelung, die wir jetzt hier beschließen, die Möglichkeit einzuräumen, die Lehre fertig zu machen. Das ist eine zutiefst humanistische und humane Lösung. (Beifall bei der ÖVP.)
Ich sage in diesem Zusammenhang ganz herzlichen Dank an die Vertreterinnen und Vertreter der Sozialdemokratie, der Grünen, der NEOS, dass das möglich war, und auch Ihnen persönlich, Herr Bundesminister, und Ihren Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern, insbesondere natürlich meinem Kollegen Karl Mahrer aus meiner eigenen Fraktion, dass es möglich wurde, diesen Vierparteienantrag zustande zu bringen.
All das, was da jetzt von freiheitlicher Seite gesagt wurde, ist natürlich – ich verwende das Wort Unsinn jetzt nicht – nicht richtig. (Zwischenruf der Abg. Belakowitsch.) Es gibt keinen weiteren Zugang, Kollege Amesbauer, weil der Erlass ja seit September letzten Jahres schon außer Kraft ist. Es waren nur Mangelberufe. Es ist daher auch nicht richtig, zu behaupten, dass diese Leute einem lehrplatzsuchenden Inländer einen Job oder einen Lehrplatz wegnehmen. (Abg. Amesbauer: 9 000!) Kollege Muchitsch hat auch schon ausgeführt, wie sich das mit dem behaupteten Lohndumping verhält. (Abg. Belakowitsch: Na dann!) Es gibt Kollektivverträge für alle Lehrberufe, also was soll das? Das alles stimmt nicht und dient nur der Angst- und Panikmache. (Beifall bei ÖVP, Grünen und NEOS sowie bei Abgeordneten der SPÖ.)
Das gilt im Übrigen auch für die behauptete Funktion eines Pullfaktors. (Abg. Schellhorn: Zeitlich begrenzt!) Worin soll dieser bei einem Erlass, der seit dem September letzten Jahres außer Kraft gesetzt ist, bestehen?
Wir müssen, meine Damen und Herren, die Frage des Arbeitskräfte- und Fachkräftemangels lösen, aber wir müssen sie mit einem anderen Konzept lösen – und dazu braucht es viele Dinge. Es braucht noch mehr Anstrengung in der Qualifizierung von Menschen über das AMS in Verbindung mit den Betrieben. Wir haben in Österreich 30 000 Asylberechtigte, davon 10 000 unter 25 Jahren. Um die müssen wir uns besonders bemühen, aber natürlich nicht nur um diese, sondern um jeden, der keinen Job hat, und Qualifizierung ist der Schlüssel dazu. Wir brauchen mehr regionale Mobilität auf dem Arbeitsmarkt, und wir brauchen auch qualifizierte Zuwanderung – nicht nur, aber auch, und zwar in einem ordentlichen Ausmaß.
Ich sage auch dazu: Die Rot-Weiß-Rot-Karte, die wir 2011 eingeführt haben, ist grundsätzlich sinnvoll und als flexibel zu handhabendes Instrument gedacht – sie erfüllt ihre Funktion nur bedingt. Das heißt, sie muss flexibler werden, ich würde sogar sagen: Reden wir darüber, ob wir nicht ein eigenes Gesetz für den Faktor qualifizierte Zuwanderung schaffen sollten! Da geht es dann um viele Dinge: Es geht um das Alter von Sprachdiplomen, es geht um die Anerkennung von nonformalen Kompetenzen, es geht um die Senkung der Mindestbezahlungserfordernisse, Kollege Schellhorn; es geht aber auch um die verstärkte digitale Verfahrensabwicklung – die Verfahren dauern viel zu lange – und, und, und. Zudem ist die Verwaltungspraxis zu restriktiv, ich behaupte sogar: in manchen Fällen nicht einmal gesetzeskonform restriktiv.
Das heißt: Ich glaube, wir sollten uns diesem Thema insgesamt zuwenden, im Sinne des Schutzes des Asylrechts verstärkt eine eigene Schiene aufbauen beziehungsweise diese Schiene verbessern. Ich glaube, das wäre im Sinne sowohl des Asylregimes als natürlich auch der österreichischen Betriebe, die dringend Arbeitskräfte brauchen, aber auf einem anderen Weg als über das Asylrecht. – Danke. (Beifall bei der ÖVP.)
13.51
Präsidentin Doris Bures: Als Nächster zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Reinhold Einwallner. – Bitte.
Abgeordneter Ing. Reinhold Einwallner (SPÖ): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Geschätzte Damen und Herren! Werte Zuschauerinnen und Zuschauer! Ja, mit dieser Gesetzesänderung gelingt es uns, ein Thema, das uns schon sehr, sehr lange beschäftigt, zumindest zum Teil abzuschließen. (Abg. Meinl-Reisinger: Nicht abschließen!) Es beschäftigt uns nicht erst seit dem Entschließungsantrag, den es im September gegeben hat, sondern schon lange davor, weil es immer wieder Fälle gegeben hat, in denen unverständlich war, warum junge Menschen, die in Österreich eine Ausbildung gemacht haben, noch vor Abschluss dieser Ausbildung abgeschoben wurden.
Wir schaffen mit dieser Gesetzesänderung eine ganz klare Regelung für eine kleine Gruppe von Menschen. Es betrifft – und wir haben es jetzt schon öfter gehört – ungefähr 760, 780 Personen, die sich derzeit noch in einer Lehre in einem Mangelberuf befinden und die – ich sage es noch einmal – durch diesen Beschluss ihre Ausbildung fertig machen können. Das ist, glaube ich, das Positive, das man heute auch erwähnen muss.
Lieber Karlheinz Kopf, da spreche ich auch als Unternehmer und als jemand, der Lehrlinge ausgebildet hat und ausbildet: Natürlich macht es Sinn, wenn ich jemanden ausbilde, wenn ich weiß, was er kann, und wenn ich ihn im Betrieb brauche – es sind Mangelberufe, die Personen werden gebraucht –, dass ich ihn dann auch weiterbeschäftigen kann. Und es macht keinen Sinn, ihn abzuschieben und vielleicht über den Umweg, dass er die Rot-Weiß-Rot-Karte im Ausland beantragen muss, wieder ins Land zu holen oder – noch schlimmer – vielleicht jemanden anderen aus einem Drittstaat ins Land zu holen, bei dem ich dann nicht weiß, wie die Qualität der Ausbildung war, bei dem ich nicht weiß, wie die Deutschkenntnisse sind. (Beifall bei der SPÖ.)
Ich bin sehr froh, dass uns dieser Kompromiss gelungen ist. Es war nicht einfach, weil der Erstantrag der ÖVP vieles nicht beinhaltet hat, was wir jetzt drinnen haben. Ein ganz wesentlicher Teil ist, dass wir jetzt natürlich auch jenen Personenkreis berücksichtigen, der aktuell einen negativen Bescheid bekommen hat, und der Abschiebeprozess bei diesem auch entsprechend gehemmt wird. Ich glaube, dass das ein ganz wesentlicher Punkt war, damit wir nicht ständig mit Fällen konfrontiert sind, bei denen es wieder zu Abschiebungen kommt, bevor die Lehre abgeschlossen wird. (Beifall bei der SPÖ.)
Wenn ich sage, es ist ein erster Schritt, dann plädiere ich wirklich dafür, unseren Entschließungsantrag zu unterstützen, denn dieser würde den zweiten Schritt, den es ganz notwendig braucht, nachhaltig umsetzen: dass jene Menschen, die bei uns eine Lehre positiv abschließen, die eine positive Lehrabschlussprüfung machen, die sich bewährt haben und sich gut integriert haben, auch die Möglichkeit haben, hier im Land eine Rot-Weiß-Rot-Karte zu beantragen und nicht vorher wieder ins Ausland müssen. Also es macht natürlich Sinn, wenn wir über eine Reform und ein Neudenken der Rot-Weiß-Rot-Karte nachdenken, damit diese auch den Bedürfnissen des Arbeitsmarkes entspricht. (Beifall bei der SPÖ.)
Das Thema ist ein bisschen vielfältiger, was wir anhand der Fälle, mit denen wir in den vergangenen Tagen konfrontiert waren, sehen. Wir vonseiten der Politik müssen uns auch um die Menschen kümmern, die in einer Schulausbildung sind, die eine Ausbildung in einem Pflegeberuf machen, in dem wir auch einen Mangel haben, und da darf es doch nicht sein, dass es so ein Prozedere gibt wie in den vergangenen Tagen: dass man jemanden zu Hause abholt, schon einen Tag einsperrt und ihm dann doch noch einmal die Möglichkeit gibt, hierzubleiben. (Abg. Amesbauer: Ja, er hätte gleich abge-
schoben gehört!) Ich glaube, da ist die Politik in der Verantwortung, eine Lösung für diese Menschen zu finden, damit es Sicherheit gibt, und das ist auch ein Mangelbereich, bei dem wir genau hinschauen müssen.
Darum glaube ich, dass wir an diesem Thema dranbleiben müssen und dass wir das nicht ganz isoliert von dem, was wir jetzt gelöst haben, sehen können. Ich bin aber froh, dass wir einmal einen Teil erledigt haben. Da bedanke ich mich auch bei den Fraktionen, die bei diesem Kompromiss, bei diesem ersten Schritt mitgearbeitet haben. Ich bedanke mich beim Ministerium, beim Herrn Minister für das rasche Umsetzen unserer Abänderungsvorschläge, die dann in Summe tatsächlich zu einem sehr komplexen Abänderungsantrag geführt haben.
Meine Damen und Herren, ich kann nur noch einmal sagen: Schauen wir, dass wir diesen ersten Schritt auch weiterdenken und zu Ende denken, dass es eine Sicherheit für die Menschen gibt, die sich hier in Österreich gut integriert haben und eine Ausbildung gemacht haben! – Danke schön. (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der Grünen.)
13.56
Präsidentin Doris Bures: Als Nächste zu Wort gelangt Frau Abgeordnete Ewa Ernst-Dziedzic. – Bitte.
Abgeordnete Dr. Ewa Ernst-Dziedzic (Grüne): Frau Präsidentin! Herr Bundesminister! Werte Kollegen und Kolleginnen sowie Gäste! Ja, das war ein zähes Ringen und das ist ein erster guter Schritt, da sind wir uns bis auf die FPÖ alle einig (Abg. Wurm: In die falsche Richtung!), und ja, auch wir Grüne finden, es braucht hier weitere und im Bestfall gemeinsame Schritte. (Neuerlicher Zwischenruf des Abg. Wurm.)
Der jüngste und heute bereits erwähnte Fall in Langenlois, wo die Fremdenpolizei die Privaträume von Klosterschwestern nach einem jungen, engagierten und integrierten Schüler einer Krankenpflegeschule durchsuchte, weckte viele auf und weckte auch Unverständnis in der Bevölkerung dahin gehend, wieso junge, engagierte Menschen eigentlich das Land verlassen sollen. (Abg. Wurm: Entwicklungshilfe!) Das verstehen immer weniger Menschen, und wenn etwas derartig irrational erscheint, dann müssen wir vonseiten der Politik uns fragen: Wo sind die Lücken? Was können wir dagegen tun? (Abg. Wurm: Afghanistan braucht sie dringend!)
Wir wissen, dass es da eben um die sogenannten Mangelberufe geht, und ja, da gebe ich Ihnen recht: Es stimmt schon, es ist nicht die einzige Lösung, über Asylverfahren genau das abzudecken. Nichtsdestotrotz müssen wir uns wie bei diesem Abänderungsantrag gemeinsam darum bemühen und prüfen, ob es nicht auch eine Möglichkeit ist, betreffend Lehrlinge, betreffend Schüler, die wir in Österreich dringend brauchen, Rechtssicherheit zu schaffen und sich auch genauer anzuschauen, was wir tun können, damit diese Menschen in Österreich eine Lehre, eine Schule abschließen können. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ.)
Wir wissen aufgrund dessen, dass die Zivilgesellschaft ihre Stimme erhebt und sich ganz vehement für diesen Schüler in Langenlois eingesetzt hat, dass sich in Österreich etwas tut, dass es hier immer stärker, auch seitens der Bevölkerung, die Forderung gibt, dass wir eine Politik der Ordnung, aber auch eine Politik der Menschlichkeit machen. Wir wissen auch, dass die letzte Umfrage in Österreich ergeben hat, dass 67 Prozent der Menschen sagen, dass Lehrlinge in Österreich eine Lehre abschließen dürfen sollen. Wir vonseiten der Politik sollten das nicht ignorieren, sondern genau deshalb genauer hinhören, wieso es so irrational erscheint, wenn wir Menschen zum Verlassen des Landes zwingen, die hier eine gute Ausbildung machen können. (Präsident Hofer übernimmt den Vorsitz.)
Mit diesem Beschluss wird einer Politik der gesellschaftlichen Ausgrenzung und auch der wirtschaftlichen Unvernunft – das haben wir heute mehrmals gehört – eine Absage erteilt, und das ist gut so. Abgesehen davon, dass wir nicht nur Pflegekräfte brauchen, wissen wir auch, dass die Untätigkeit von jungen Menschen nicht unser Ziel sein kann. Eine Lehre – auch das wissen wir – ist die beste Integrationsmaßnahme, und wenn wir Integration einfordern, dann müssen wir aufhören, diese bewusst zu verhindern.
In diesem Sinne ist es mir noch ganz, ganz wichtig, zu erwähnen, dass wir gestern mit einer erschreckenden Zahl konfrontiert worden sind: 22 Prozent der österreichischen Bevölkerung wollen keine Demokratie, wollen kein Parlament; gleichzeitig werden in Ungarn die Rechte der Abgeordneten beschränkt. (Abg. Amesbauer: Wenn ihr ... beschließt ...!)
Ich denke, es ist ganz, ganz wichtig für das österreichische Parlament, dass dieses zähe Ringen dazu geführt hat, dass wir einen Kompromiss – mit dem vielleicht nicht alle gänzlich zufrieden sind (Abg. Amesbauer: Wir sind gar nicht zufrieden!) – gefunden haben, weil genau dieser Kompromiss gegen die Politikverdrossenheit ankämpft und wir mit diesem Kompromiss beweisen, dass – auch wenn wir unterschiedliche Einstellungen haben – dieses Parlament in Österreich dazu dient, genau dieses Vertrauen in die Politik wieder zu stärken. (Beifall bei den Grünen. – Abg. Amesbauer: ... aber nicht mit solchen Gesetzen! – Abg. Belakowitsch: ... 70 Prozent ...!)
Deswegen ist es uns Grünen ganz, ganz wichtig, genau diese Politik des Möglichen nicht nur zu betonen, sondern wir möchten uns explizit bei allen – angefangen bei den vier Parteien, die den Antrag mittragen (Zwischenruf des Abg. Wurm), über die NGOs und die Zivilgesellschaft bis hin zu den engagierten Einzelpersonen (Abg. Amesbauer: Wer ist die Zivilgesellschaft, wer oder was? Sind Sie das? – Zwischenruf der Abg. Belakowitsch) –, die sich dafür einsetzen, dass Lehrlinge ihre Ausbildung, ihre Lehre abschließen können, bedanken. Ich hoffe auf weitere Gespräche, auf ein weiteres Ringen, damit sich die Situation für diese Menschen auch nach der Ausbildung entschärft. – Danke schön. (Beifall bei den Grünen. – Abg. Wurm: ... Afghanistan ...!)
14.01
Präsident Ing. Norbert Hofer: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Josef Schellhorn. – Bitte, Herr Abgeordneter.
Abgeordneter Josef Schellhorn (NEOS): Herr Präsident! Sehr geschätzter Herr Minister! Es wäre eigentlich einfach gewesen. Wir haben das, wie Sie gesagt haben, auch schon länger thematisiert, und ich bedanke mich explizit bei Ihnen, Herr Minister, denn das war vorher nie der Fall, und das muss man auch erwähnen, dass man in Zusammenarbeit, auch mit den einzelnen Fraktionen, in Ihrem Ministerium eine Lösung herbeigeführt hat. Der Wille, da eine Lösung zu finden, war bei Ihnen gegeben, und es ist ein Kompromiss geworden.
Es ist in der Tat ein Kompromiss geworden, und ich möchte im zweiten Teil meiner Rede auch noch darauf eingehen, wie komplex dieser Kompromiss ist. Kollege Mahrer hat gesagt, auf die Politik müsse man sich verlassen können – ich werde das dann später vorlesen.
Lassen Sie mich aber eingangs noch ein bisschen etwas zu meinen Vorrednern sagen: Also das Einzige, das sich bei den letztlich doch verbliebenen FPÖlern – da werden wohl noch ein paar Wirte oder ein paar Hoteliers dabei sein – bestätigt hat, meine Vorredner Wurm und Amesbauer haben das bestätigt (Abg. Wurm: ... mehr von den NEOS!), ist, dass sie keine Wirtschaftskompetenz haben. (Heiterkeit der Abgeordneten Amesbauer und Wurm.) Die FPÖ hat eigentlich nur eine Nehmerkompetenz, das heißt: Wie gehen wir mit Spesen oder sonstigen Dingen um? Wie teilen wir uns den Staat auf?
Wirtschaftskompetenz hat im Gegensatz zu Ihnen Kollege Muchitsch bewiesen. Er hat nämlich gesagt, das sind Beitragszahler, die zahlen in das System ein. (Abg. Amesbauer: Der Oberbonze! – Zwischenrufe der Abgeordneten Belakowitsch und Wurm.) Das ist eine ganz einfache Rechnung: Wenn man einen Asylwerber, der in Lehre ist, nicht arbeiten lässt, dann bezieht er aus dem System, in das er sonst einzahlt. Das ist keine schwierige Rechnung, oder? – Nein, das ist eigentlich ganz leicht.
Ihre Kompetenz ist auch noch eine andere, nämlich die der Xenophobie und sonst gar nichts. Sie sind ausländerfeindlich bis zum Schluss! (Beifall bei den NEOS sowie bei Abgeordneten von SPÖ und Grünen. – Abg. Amesbauer: Oh!) Um mehr geht es Ihnen gar nicht. Sie glauben, damit noch Kleingeld machen zu können, zulasten dieser 700 Menschen. Wir haben einen Lehrlingsmangel. (Abg. Amesbauer: ... Sie wollen ja mehr und wollen die ... dauerhaft verfestigen!) – Ich nenne Ihnen jetzt eine Zahl – seien Sie einmal ruhig, denken Sie einmal nach! –: 2002 gab es knapp 40 000 Lehrlinge, jetzt gibt es knapp 27 000. Was ruft das hervor? Was haben wir in spätestens drei Jahren? – Einen Fachkräftemangel, und wenn wir jene, die jetzt integrationswillig sind, die Beiträge zahlen, abschieben, haben wir à la longue ein Problem. (Zwischenrufe der Abgeordneten Belakowitsch und Wurm.)
Das sind die Themen, die mich als Unternehmer beschäftigen und die viele Hoteliers und jene, die in Mangelberufen ausbilden, beschäftigen. (Die Abgeordneten Belakowitsch und Wurm: Ja, ja! – Abg. Amesbauer: Also Sie sind da uneigennützig?! Wollen in Ihrem Betrieb keine Österreicher arbeiten ... Arbeitsbedingungen?) Die Lehrlinge werden dann abgeschoben, da gibt es keine Rechtssicherheit. Ich pflichte Kollegen Kopf bei und ich pflichte vor allem auch dem Herrn Minister bei, dass wir da auch unterscheiden müssen. Was ist aber in der Vergangenheit nie angegangen worden? – Ein eigenständiges Einwanderungsgesetz, eine Migrationsstrategie. Wohin entwickelt sich unsere Gesellschaft bis 2030, 2040? – Nicht nur in den Mangelberufen, sondern auch aufgrund der demografischen Kurve werden wir ein Problem haben. Wir brauchen ein eigenständiges Gesetz, eine eigenständige Strategie, auch für qualifizierte Zuwanderung. (Beifall bei den NEOS.)
Zum letzten Punkt, Kollege Mahrer, ich erwähne das noch einmal: Bei diesem Abänderungsantrag, das gebe ich zu, gehen wir zähneknirschend mit, denn wir haben etwas ganz anderes gefordert, nämlich die Sicherheit (Abg. Amesbauer: Das sagen wir die ganze Zeit ... geht nicht weit genug!) – das wird Sie jetzt überraschen –: drei plus zwei. Das ist die Kompetenz. (Abg. Amesbauer: Das sind fünf Jahre!) – Ja, das sind fünf Jahre. (Abg. Amesbauer: Und danach?) Das sind fünf Jahre, da haben Sie recht, schön gerechnet! (Zwischenruf der Abg. Belakowitsch.) Drei plus zwei, das ist unser Antrag. Wir gehen da zähneknirschend mit – zähneknirschend, denn es wäre ganz anders und einfach gewesen.
Ich als Unternehmer – ich bin kein Jurist, sondern natürlich Touristiker – lese Ihnen jetzt vor, worauf wir uns eingelassen haben, und da bitte ich vor allem die Seite der ÖVP, das einmal zu betrachten (Zwischenruf der Abg. Pfurtscheller), und mir dann zu sagen, wie es geht. Ich versuche, das langsam vorzulesen. (Abg. Wurm: Wir verstehen es schon!)
Im konkreten Fall schaut es so aus: Ein Lehrling erhält eine negative Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts. Damit ist die Lehre einfach kraft Gesetzes beendet. Der Lehrling darf nicht mehr arbeiten. Macht er das trotzdem, dann macht sich der Lehrherr einer illegalen Beschäftigung schuldig. – Eh klar! Der Lehrling muss also gegen die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts ein Rechtsmittel bei den Höchstgerichten einbringen und zusätzlich die aufschiebende Wirkung beantragen. – Das ist Fakt, das ist normal.
Jetzt heißt es warten und vor einer Abschiebung zittern, bis die aufschiebende Wirkung bewilligt wird. – Auch richtig. Wird die aufschiebende Wirkung bewilligt, müssen der Lehrling und der Lehrherr erneut einen Lehrvertrag abschließen und diesen bei der Lehrlingsstelle eintragen lassen, Herr Kollege Kopf. Diesen zweiten Lehrvertrag müssen Sie dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl spätestens drei Wochen ab Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung übermitteln, Herr Minister. Ist dieser zweite Lehrvertrag rechtzeitig beim Bundesamt eingelangt, dann wird endlich der Abschiebestopp wirksam und die ursprünglich für das erste Lehrverhältnis erteilte Beschäftigungsbewilligung gilt als nicht erloschen. Der Lehrling darf nun bis zum Lehrabschluss wieder im Betrieb arbeiten.
Das ist ein kafkaesker Paragrafendschungel. (Heiterkeit des Abg. Wurm.) Da nehmen Sie jetzt einen Unternehmer an der Hand und machen das mit ihm! Das ist eigentlich schwerst – schwerst! – kompliziert. Was will man damit erreichen? Das jetzt als großen Erfolg zu verkaufen ist mehr als zynisch. Ich denke, die Interessen der Wirtschaft, die Interessen der Unternehmer sollten auch die Interessen der ÖVP sein – und nicht, das auf der einen Seite populistisch zu verkaufen und dann auf der anderen Seite zu behindern. (Abg. Amesbauer: Um das geht es nicht in einem Asylverfahren! Das gibt’s ja nicht!)
Erleichtern Sie mit uns, mit unserem Abänderungsantrag, diese Gesetzgebung! Erleichtern Sie das mit uns und setzen Sie mit drei plus zwei auf unser System, dann wird alles viel einfacher! (Beifall bei den NEOS. – Abg. Amesbauer: Ach so, ich habe geglaubt zwei plus zwei!)
14.08
Präsident Ing. Norbert Hofer: Zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Dipl.-Kffr. Elisabeth Pfurtscheller. – Bitte schön, Frau Abgeordnete.
Abgeordnete Dipl.-Kffr. (FH) Elisabeth Pfurtscheller (ÖVP): Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Minister! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Eingangs möchte ich gerne drei Dinge richtigstellen, die von FPÖ-Seite gekommen sind und die unter den Zuhörerinnen und Zuhörern für Verwirrung sorgen könnten.
Der erste Punkt: Herr Amesberger hat sich über den Fall des Asylwerbers in Langenlois, der vor der Abschiebung stand und dessen Abschiebung noch einmal abgewendet oder verzögert worden ist, der eine neue Frist bekommen hat, schwer aufgeregt. Mir ist ganz wichtig, eines festzuhalten: Dieser Fall hat nichts mit dem Gesetz zu tun, das wir jetzt gerade diskutieren, und zwar gar nichts.
Der betroffene Asylwerber in Langenlois geht in eine Schule – wir beschließen jetzt eine Lösung für Asylwerber in Lehre –, und er hat schon seit 2018 einen rechtskräftigen Abschiebebescheid; das bedeutet, dass er auch aus diesem Grund nicht unter dieses Gesetz fällt, das wir heute beschließen. Warum dieser Fall noch einmal begutachtet wird, hat der Herr Minister ja schon ausgeführt.
Die nächsten zwei Punkte sind von Kollegen Wurm gekommen, auch diese möchte ich richtigstellen. Kollege Wurm hat unterstellt, dass mit dem neuen Gesetz irgendwelche Bescheide aufgehoben werden. – Das stimmt nicht, es kommt nur zu einer Hemmung der Frist. Das ist ein Riesenunterschied. (Abg. Wurm: Wo habe ich das gesagt, Frau Kollegin?) Es ist mir sehr wichtig, dass das festgehalten wird.
Kollege Wurm hat auch unterstellt, dass die Rot-Weiß-Rot-Karte in Zukunft dahin gehend geöffnet und sozusagen verwässert wird, dass unqualifizierte Menschen wieder zum Arbeiten zu uns kommen dürfen. – Ich stelle fest, dass ausgebildete Lehrlinge natürlich nicht mehr unqualifiziert sind, sondern zu den qualifizierten Arbeitnehmern gehören. (Abg. Belakowitsch: Aber Sie dürfen ...!)
Das sind die drei Dinge, die mir sehr wichtig sind, und, Frau Belakowitsch, wenn Sie etwas dazu sagen wollen, dann kommen Sie noch einmal heraus! (Beifall bei der ÖVP. – Abg. Belakowitsch: Mache ich dann eh! Mache ich schon!)
Ich möchte noch jene drei Dinge anbringen, die mir persönlich als ÖVPlerin sehr wichtig sind: Zuerst möchte ich mich bei allen Parteien sehr, sehr herzlich für diese Lösung bedanken. Es ist mir persönlich immer ein sehr großes Anliegen gewesen, einen praktikablen Weg für die Asylwerber zu finden, die derzeit in einem Lehrverhältnis sind. Das ist uns damit gelungen, und wir haben keine Vermischung zwischen Asylrecht und Arbeitsmigration. (Heiterkeit des Abg. Amesbauer.) Wir haben damit auch das einhalten können, was Sebastian Kurz vor der Wahl versprochen hat, nämlich dass wir eine pragmatische Lösung finden werden. (Abg. Amesbauer: Das hat er vor der Wahl nicht gesagt!)
Zum Zweiten halte ich es für extrem - - (Abg. Amesbauer: Das hat er nachher gesagt!) – Nein, er hat es vorher gesagt! Zum Zweiten möchte ich festhalten, dass es mir sehr wichtig ist, dass wir auch für die Zukunft sicherstellen – und es aufgrund der sinkenden Asylwerberzahlen vielleicht noch besser machen –, dass die Asylverfahren so kurz wie möglich sind. Ich glaube, das war der Grund vieler Probleme, dass die Asylverfahren unglaublich lange gedauert haben – ohne da den Beamten Vorwürfe machen zu wollen, die waren einfach überlastet. Je schneller ein Verfahren abgewickelt wird, umso weniger groß ist natürlich der Druck auf die Menschen, die um Asyl ansuchen, umso weniger Geduld müssen sie aufbringen und umso weniger Unsicherheit müssen sie aushalten. Es besteht dann auch nicht mehr die Notwendigkeit, darüber zu diskutieren, ob sie arbeiten können sollen oder nicht.
Der dritte Punkt, der mir auch sehr wichtig ist und der heute von niemandem erwähnt worden ist: Wir müssen bitte endlich, endlich, endlich auf der EU-Ebene Lösungen finden, damit Flucht nicht mehr notwendig ist beziehungsweise möglichst nicht mehr notwendig ist. (Beifall bei der ÖVP.)
Wir müssen Lösungen finden und dafür sorgen, dass den Menschen entweder vor Ort besser geholfen wird oder dass die Menschen vor Ort oder in einem Nachbarland ihres Heimatslandes einen Antrag auf Asyl oder Resettlement stellen können und erst dann zu uns geholt werden, wenn auch das Asylverfahren abgewickelt ist. Damit hätten wir endlich auf EU-Ebene eine gescheite Lösung, mit der alle leben können, und ganz, ganz viele Diskussionen, die wir in den letzten Jahren geführt haben, wären obsolet.
Der vierte Punkt: Als Wahlkreisabgeordnete möchte ich mich Herrn Kollegen Kopf anschließen, wir haben bei uns in Tirol einen eklatanten Arbeitskräftemangel, der teilweise in manchen Branchen wirklich schon dramatische Züge hat. Wir brauchen Arbeitskräfte, qualifizierte Arbeitskräfte. Heute hat unser Wirtschaftskammerpräsident in Tirol bekannt gegeben, dass 79 Prozent der Firmen in Tirol über Arbeitskräftemangel klagen beziehungsweise über Fachkräftemangel klagen. (Abg. Amesbauer: Da habt ihr einen schlechten Landeshauptmann, na!)
Zu all den Vorschlägen, die Kollege Kopf schon gemacht hat, was die In-Arbeit-Bringung von ansässigen oder einheimischen Arbeitssuchenden und natürlich auch von Asylberechtigten, die ja jetzt bei uns arbeiten dürfen, wo immer sie wollen, betrifft, möchte ich noch einmal betonen: Wir brauchen ganz speziell im Tourismus ein größeres Kontingent für Drittstaatsangehörige. Wir reden da nicht über 100, lieber Kollege Hörl, sondern über weit mehr Menschen, die wir brauchen. Wir müssen uns darüber (Abg. Amesbauer: Vielleicht sollte die Tourismusbranche attraktiver werden!), Herr Kollege Amesberger, einmal in aller Ruhe - - (Abg. Amesbauer: Auch für die einheimischen Arbeitskräfte!) – Ja, bringt sie uns, die einheimischen Kräfte, die kriegen bei uns alle einen Job, wenn sie arbeiten wollen! (Abg. Belakowitsch: Bauer!)
Ich komme aus jenem Bezirk Österreichs, in dem es fast eine Nullarbeitslosigkeit gibt, wir bekommen keine Fachkräfte. (Beifall bei der ÖVP.) Sagen Sie jetzt nicht, die werden nicht gut bezahlt et cetera! (Abg. Amesbauer: Ja, dann sollte man ...!) – Ja, die Vorschläge können Sie dann gerne einbringen, wenn Sie sich noch einmal zu Wort melden!
Herr Kollege Amesberger, was mir aber ganz wichtig ist (Abg. Belakowitsch: Bauer!): Wir sollten auch einmal in aller Ruhe darüber reden, dass wir einen bestimmten Zuzug zulassen müssen. Sie brauchen nur die Bevölkerungspyramide in Österreich anzuschauen: Wir werden es nicht mehr stemmen. (Abg. Belakowitsch: Ich wiederhole: Die ÖVP ist für Zuzug!) Da geht es nicht nur um den Tourismus, da geht es zum Beispiel auch um die Pflege. (Zwischenruf des Abg. Amesbauer.) – Nein, das ist überhaupt keine Offenbarung. Ich rede ja nicht von Asylwerbern. Ich habe explizit nicht von Asylwerbern gesprochen, sondern von qualifiziertem Zuzug. (Zwischenrufe bei der FPÖ.)
Ich möchte Sie bitten, einmal das Zuhören zu lernen und über Weihnachten ein bisschen darüber zu reflektieren, dass man in einer Sitzung auch zuhören soll! – Danke schön. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Grünen. – Abg. Amesbauer: So eine inländerfeindliche Rede!)
14.15
Präsident Ing. Norbert Hofer: Zu Wort gelangt nun Frau Abgeordnete Nurten Yılmaz. – Bitte schön, Frau Abgeordnete.
Abgeordnete Nurten Yılmaz (SPÖ): Herr Präsident! Herren Minister! Werte Kolleginnen und Kollegen! Wir haben nun eine Einigung – eigentlich eine Notlösung – von vier Parteien hinsichtlich der circa 800 jungen Menschen, die in Österreich gerade eine Ausbildung machen. Das ist auch gut so, das freut uns.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, wir wissen aber schon ganz genau, dass in eineinhalb bis zwei Monaten die ersten Lehrlinge ihre Berufsausbildung abschließen werden. Das sind ausgebildete Fachkräfte, gut integriert und mit guten Deutschkenntnissen. Was machen wir mit denen? (Abg. Wurm: In Afghanistan im Hotel arbeiten! – Abg. Belakowitsch: Im Supermarkt! – Weitere Zwischenrufe bei der FPÖ.) Es werden auch die ersten Patinnen und Paten vor unserer Tür stehen und sagen: Das kann es doch nicht sein, dass Menschen, die seit vier, fünf Jahren in Österreich leben und integriert sind, abgeschoben werden, und im gleichen Atemzug verlangt man – wie Kollegin Pfurtscheller – Tausende von ausgebildeten Menschen! (Abg. Amesbauer: Ja, das ist ja eh ein Wahnsinn! Das ist die ÖVP!)
Ja, was tun wir jetzt, wenn wir es sachlich angehen? Menschen, die schon Deutsch können und ausgebildet sind, dabehalten? (Zwischenruf der Abg. Belakowitsch.) Da gibt es zwei Vorschläge von den NEOS und von der SPÖ – übrigens sehr interessant ‑, wie man nach dem Abschluss der Lehre mit diesen Menschen umgehen kann. Interessanterweise gibt es von den beiden Parteien, die gerade Koalitionsgespräche führen, überhaupt nichts. Wie soll es im März, April weitergehen, wenn die Leute fertig sind? Hören wir noch irgendetwas außer gute Sonntagsreden, vor allem von den Grünen? Wo ist der Vorschlag, wie man damit umgehen sollte, welche Gespräche man führen sollte?
Was machen wir im Mai, wenn die Ersten fertig sind? – Die schieben wir einmal ab (Abg. Wurm: Es sind ja schon zahl- -!), und dann suchen wir laut der Wirtschaftskammer neue Kräfte für Pflege, neue Köche und so weiter (Zwischenruf der Abg. Belakowitsch), die brauchen dann Deutschkenntnisse und die müssen dann einmal in unser System integriert werden.
Leute, so kann man damit nicht umgehen! Die österreichische Bevölkerung ist nicht dumm, sie braucht Lösungen. (Beifall bei der SPÖ. – Rufe bei der FPÖ: Nein!) Die meisten sagen: Warum soll jemand, der Deutsch spricht und eine Ausbildung hat, abgeschoben werden? (Abg. Amesbauer: Weil kein Asylgrund vorliegt!) – Es gibt einen Vorschlag von zwei Parteien in Bezug auf diese 800 Menschen: Entscheiden wir uns dafür!
Es macht wenig Sinn, es nützt niemandem. Wo ist der Vorschlag betreffend jene, die in ein paar Monaten fertig werden? (Abg. Wurm: Die sollen in Afghanistan das Land aufbauen helfen! Afghanistan braucht sie dringend!) – Schauen Sie, es gibt auch FPÖ-Bürgermeister, die Initiativen unterstützen. Die wollen auch bleiben (Zwischenruf des Abg. Wurm), die sind bei der Feuerwehr, die Söhne spielen Fußball, die Mutter ist irgendwo im Kirchenchor, der Vater arbeitet brav: Die schieben wir ab? – Nein, das kann ich mir nicht vorstellen.
Im Übrigen: Die Reden der FPÖ-Abgeordneten kann ich nur noch als milieubedingte Unmutsäußerungen einstufen, denn sonst war überhaupt nichts da. – Danke. (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der Grünen. – Ruf bei der FPÖ: Wo ist der Kirchenchor? Ich höre mir das gerne mal an!)
14.19
Präsident Ing. Norbert Hofer: Zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Mag.a Faika El-Nagashi. – Bitte schön, Frau Abgeordnete.
Abgeordnete Mag. Faika El-Nagashi (Grüne): Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Minister! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Integration bedeutet Chancen und Perspektiven und Integration braucht Chancen und Perspektiven.
Das, was wir in den Blick nehmen müssen, ist, wie wir diese Chancen schaffen können, und wir müssen diejenigen in den Blick nehmen, die betroffen sind, und zwar als Individuen, als Menschen und nicht als eine Zahl und eine entmenschlichte Menge und Masse. (Beifall bei den Grünen.)
Es geht darum, Chancen im Bereich des Erwerbs von Sprachkompetenz, von Fachkompetenz zu ermöglichen, es geht um den Zugang zu Arbeit und Ausbildung, soziale Kontakte, Einbindung in die diverse österreichische Gesellschaft. Wie gelingt uns das? – Die Realität, mit der wir konfrontiert sind, ist die, dass viel zu viele Menschen viel zu lange in Asylverfahren hängen, die zu lange dauern, ohne Möglichkeit, an Arbeit, an Ausbildung, an sozialer Teilhabe anzuknüpfen.
Die Realität ist, dass Menschen, junge Menschen, ohne Perspektiven, hängengelassen werden zwischen ihrem Herkunftsland (Abg. Wurm: Bitte!) – im Fall von Afghanistan ein Land im Krieg, von UNHCR, IOM, EASO unisono und beständig immer wieder bestätigt, ein Land, in dem sich die humanitäre Situation zunehmend verschärft (Abg. Wurm: Was ist Ihre ... für Afghanistan?) –, zwischen diesem Herkunftsland, einem Land im Krieg, und dem Land, in dem sie leben, das für sie zu einer Heimat werden kann; hängengelassen in einer Situation ohne Perspektiven, ohne Chancen und ohne Zukunft.
Die Realität ist, dass die Zehntausenden Menschen in Österreich, die engagierten Einzelpersonen, die Gemeinden, die Unternehmen, die Betriebe, die Pfarren gezeigt haben, wieder einmal und immer wieder, was für eine Leistung Integration wirklich ist, und zwar eine beiderseitige Leistung und eine, die am besten vom ersten Tag an beginnt. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ.)
Natürlich und selbstverständlich brauchen wir den Zugang zu Ausbildungsmöglichkeiten, den Zugang zur Lehre, den Zugang zur Schule im Sinne der EU-Richtlinie. Natür-
lich und selbstverständlich brauchen wir ein modernes und humanitäres Bleiberecht. (Abg. Kickl: Am besten ist, man schafft das Asylsystem ab!) Und natürlich und selbstverständlich brauchen wir den Schutz vor Abschiebungen in Kriegsgebiete. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ.) Das alles muss rechtskonform, mit Rechtssicherheit und nachhaltig gelöst werden.
Das ist eine Frage, nicht nur asylpolitisch, das ist eine Frage, nicht nur integrationspolitisch, bildungspolitisch, sozialpolitisch, jugendpolitisch, das ist wirklich auch eine menschenrechtliche Frage – eine menschenrechtliche Frage und nicht nur eine menschliche Frage. Gestern war der Internationale Tag der Menschenrechte. Es darf nicht sein, dass so ein Tag zu einem Tag der Lippenbekenntnisse wird. Das ist ein Tag und das ist ein Moment, in dem es darum geht, wieder einmal sicherzustellen, dass es eine menschenrechtliche Rahmung gibt, diese Rahmenbedingungen auf einer menschenrechtlichen Basis und nachhaltig sicherzustellen. (Beifall bei den Grünen.)
Das bedeutet natürlich, dass es Ausbildungsmöglichkeiten für junge Menschen, Ausbildungsmöglichkeiten für junge Asylsuchende braucht, anstatt dass sie jahrelang untätig auf ein Abstellgleis gestellt werden. Und das muss mit einer Bleibeperspektive wie dem Drei-plus-zwei-Modell verbunden sein. Das muss mit der Möglichkeit verbunden sein, nachhaltig umzusteigen, zum Beispiel auf die Rot-Weiß-Rot-Karte. (Abg. Kickl: Dann seid doch ehrlich! Dann schafft das Asylsystem gleich ab!) Das ist das, was erreicht werden muss. Dazu werden heute Schritte gemacht werden, aber in diese Richtung muss es auch in Zukunft gehen. Jede Unterstützung Ihrerseits, parteienübergreifend, ist hier sehr geschätzt. – Vielen Dank. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ.)
14.23
Präsident Ing. Norbert Hofer: Zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Klaus Köchl. – Bitte schön, Herr Abgeordneter.
Abgeordneter Klaus Köchl (SPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Geschätzte Herren Minister! Liebe Kolleginnen und Kollegen hier im Hohen Haus! Werte Zuhörerinnen und liebe Zuhörer! „Wir haben zu wenig Willkommenskultur“ – das ist am 23.11.2014 in der „Presse“ gestanden. Sebastian Kurz hat eine Kampagne gestartet. Er hat gesagt, „es gebe ,das Thema, dass es in Österreich sehr viele Zuwanderer gibt, die sich noch nicht heimisch fühlen‘, denen es aber auch nicht leicht gemacht werde“. – Das sind für mich ganz entscheidende Sätze. – Er habe das Ziel, aufzuzeigen, dass es Trennendes und unterschiedliche Meinungen gibt, dass Dinge zusammenzuführen sind, denn wir sind ein verbindendes Österreich. (Beifall bei der SPÖ.)
Das Ganze hat dann anders ausgesehen, als dieser junge Mann mit der FPÖ an die Spitze der Regierung gekommen ist und genau das alles verhindert hat. (Abg. Kickl: Wir haben nur Ordnung gemacht! – Abg. Leichtfried: Erste Rede!) Integrationswillige, arbeitswillige - - Na, Kollege Kickl, das bin ich vom Kärntner Landtag gewohnt, das ist für mich kein Problem. Dort hat es noch den Scheuch gegeben, hier gibt es halt den Kickl. Das ist komplett egal. (Beifall bei SPÖ und Grünen. – Abg. Leichtfried: Aber benehmen kann man sich!)
Integrationswillige, arbeitswillige junge Menschen sollen sich hier wohlfühlen. Ich möchte das anhand eines Beispiels (Abg. Kickl: Die, die sich nicht integrieren, schieben wir dann ab!), Herr Kickl, anhand eines Beispiels darlegen.
Wir im Glantal haben nicht sehr viele Asylanten und Ausländer (Abg. Kickl: Seid froh!), aber wir haben ein paar; der eine junge Mann ist Asylwerber, ist 2015, genau um diese Zeit gekommen. Er ist 1994 geboren, ist 25 Jahre alt, hat in Österreich die Pflichtschule abgeschlossen, ist von uns im Glantal mit dem Zug nach Klagenfurt gefahren – da
haben ihm noch viele die Monatskarte gezahlt, damit sich das überhaupt ausgeht (Abg. Kickl: Jö!) –, hat regelmäßige Sprachkurse gemacht, hat bei uns am Bauhof gearbeitet, ist über Traiskirchen eben ins Glantal gekommen und fühlt sich wohl.
Was ist jetzt mit diesem jungen Mann? – Der darf keine Lehre antreten. Herr Kickl, ich sage Ihnen, in der Brauerei in Hirt hätte er lernen können. Da sagt das Gesetz, das geht gar nicht. (Abg. Kickl: Sie wollen es nicht verstehen! Sie wollen es gar nicht verstehen) – Na, na, ich verstehe schon, Sie wollen es nicht verstehen. Das ist das Problem. (Beifall bei SPÖ und Grünen.) Ich glaube, dass ein Rudi Hundstorfer - - (Neuerlicher Zwischenruf des Abg. Kickl.) – Ich war nicht in diesem Nationalrat, aber einem Rudi Hundstorfer hätten Sie folgen müssen, denn der hat das genau erkannt. (Abg. Kickl: Sie wissen überhaupt nicht, was Sie anrichten!) Der hat das genau erkannt, der Rudi Hundstorfer, was wichtig ist, nämlich dass wir Menschen, die in Österreich in der Arbeitswelt gar nicht vorhanden sind, junge Lehrlinge bei uns brauchen. Wir brauchen im Bezirk Schlosser, Tischler, wir brauchen all diese Menschen. Und das geht nicht, weil der da nicht arbeiten und nicht lernen darf. (Abg. Kickl: Ist das der Einzige, den es da gibt?)
Das ist eine komplett falsche Politik, die ihr da machen wollt. (Beifall bei Abgeordneten der SPÖ.) Es sind richtige Schritte dahin gehend zu setzen, dass Betriebe ihre Lehrlinge bekommen, dass Mangelberufe aufgezeigt werden, dass diese Leute arbeiten können. Ich glaube, dass dieser heutige Antrag, geschätzte Kolleginnen und Kollegen, ein kleiner richtiger Schritt in die richtige Richtung ist. Ich glaube, es geht aufwärts. Die Menschen in Österreich dürfen wieder lernen. (Beifall bei SPÖ und Grünen. – Ruf bei der FPÖ: Die Richtung stimmt!)
14.27
Präsident Ing. Norbert Hofer: Zu Wort gelangt Frau Abgeordnete Dagmar Belakowitsch. – Bitte schön, Frau Abgeordnete.
Abgeordnete Dr. Dagmar Belakowitsch (FPÖ): Herr Präsident! Meine Herren Minister auf der Regierungsbank! Werte Kolleginnen und Kollegen! Zu meinem Vorredner gleich: Also ich glaube, Sie haben überhaupt gar keine Ahnung, was der Rudi Hundstorfer in der Anfragebeantwortung 2012/2013 geantwortet hat. Hätten Sie das einmal durchgelesen, dann wüssten Sie, dass er da nämlich gesagt hat: „Mit rechtskräftiger Ablehnung des Asylantrages endet auch das Aufenthaltsrecht als Grundlage für den weiteren Verbleib in Österreich.“ – Punkt. (Abg. Wurm: Das war der Rudi! – Abg. Kickl: Der rote Rudi!) Das hat der Rudolf Hundstorfer in einer schriftlichen Anfragebeantwortung geantwortet. (Beifall bei der FPÖ.) Also die Intention, die Sie da aus ideologischen Gründen hineininterpretieren, hat der Rudolf Hundstorfer jedenfalls nicht in dieser schriftlichen Anfragebeantwortung gehabt.
So, aber jetzt zu dem, was wir hier auf dem Tisch liegen haben, meine Damen und Herren: Das ist ein Gesetzentwurf, wobei ohne jede Rechtsgrundlage gehandelt wird. Da gibt es einen rechtskräftigen Bescheid, dass jemand das Land zu verlassen hat. Sie beschließen jetzt einfach: Den Bescheid exekutieren wir halt nicht! Ich weiß nicht: Was passiert mit dem Bescheid, meine Damen und Herren von der ÖVP? Wird er derweil aufgehoben, wird er archiviert, was machen Sie damit? (Abg. Leichtfried: Da ist einmal der Ordner von der FPÖ nicht da und es geht drunter und drüber!)
Und was passiert, wenn man diese Leute die Lehre fertig machen lässt? Was haben wir dann nächstes Jahr oder in zwei Jahren? Was wird dann passieren? Was passiert mit diesen Leuten, die jetzt die Lehre abgeschlossen haben – und dann sind sie ausgebildet? – Kollegin Pfurtscheller hat ja schon gesagt, dann sind sie ja schon gut ausgebildet. Ja was passiert denn dann mit denen? Dann schieben Sie sie ab? Oder
stehen wir nächstes Jahr wieder hier und dann verlängern wir das wieder? (Abg. Kickl: Genauso wird das werden!) Was kommt dann als nächster Schritt? Kommt dann die Familienzusammenführung? Und was kommt dann noch als nächster Schritt? Dann kommen die Schüler, das haben wir ja schon in Langenlois gesehen. Da brauchen wir dann die Schüler. Und dann haben wir als nächsten Schritt noch die Studenten. Wann und wo wird das aufhören? (Abg. Amesbauer: Genau!)
Meine Damen und Herren von der ÖVP! Ihr habt heute die Büchse der Pandora geöffnet. Das wisst ihr ganz genau. Es haben sich ja schon einige von euch bemüßigt gefühlt, sich hierherzustellen. Kollege Karlheinz Kopf hat heute schon gesagt, wir brauchen qualifizierte Zuwanderung, aber in einem ordentlichen Ausmaß.
Na bravo, ÖVP, Gratulation! Die ÖVP ist für die qualifizierte Zuwanderung, aber bitte in einem ordentlichen Ausmaß. (Abg. Kickl: Die qualifiziert kommen, damit wir sie qualifizieren!) Dann kommt Kollegin Pfurtscheller heraus und sagt, wir brauchen Tausende Zuwanderer in den Arbeitsmarkt.
Ja, ich meine, ich frage mich langsam: Was läuft denn in dieser Republik schief, bitte schön? Wo sind denn unsere eigenen jungen Leute, warum bilden wir die nicht aus? –Offensichtlich gibt es die nicht oder sie verlassen das Land, weil sie so schlechte Perspektiven haben. Irgendetwas läuft da also schief, meine Damen und Herren. Wenn ich mir die Zahlen des AMS anschaue, dann sehe ich, dass wir weit mehr Lehrstellensuchende als offene Lehrstellen haben. (Ruf bei den Grünen: Schön langsam tut es weh!) Es ist also nicht so, dass es keine jungen Menschen gibt, die gerne einen Lehrberuf erlernen würden. Offenbar sind die Bedingungen schlecht.
Der zweite Punkt ist, dass viele Betriebe und die Wirtschaftskammer ja darauf setzen, recht viel Zuwanderung in dieses Land hereinzubringen. Da (in Richtung SPÖ, Grüne und NEOS) kann ich es verstehen, das ist eine Ideologie, das ist eine rein ideologische Sache. Bei euch (in Richtung ÖVP) hat es andere Gründe und da muss man jetzt einmal fragen, welche. Sind es nicht vielleicht doch die billigen Arbeitskräfte, die ihr da gerne hättet? Wisst ihr, was ihr mit dem Gesetzesantrag heute macht? – Das ist moderne Sklaverei (Ruf bei der ÖVP: Hör auf!), denn jeder Einzelne, der jetzt eine Lehre weitermacht, weiß ganz genau: Wenn ich morgen die Lehre beende – aus welchen Gründen auch immer, ich zerstreite mich mit dem Lehrherrn, ich habe keine Lust mehr –, dann muss ich eigentlich das Land verlassen. Damit stehen diese Lehrlinge unter Druck ihres Lehrherrn. Das ist moderne Sklaverei, die ihr hier schafft, und so etwas ist zutiefst abzulehnen, meine Damen und Herren! (Beifall bei der FPÖ.)
Interessant ist schon auch: Vor zwei Monaten haben wir noch von 900 Lehrlingen gehört, jetzt sind es nur mehr 700. Wo sind die anderen 200? Haben die einen positiven Bescheid bekommen, konnten sie mit der Lehre aufhören, weil der Bescheid eh schon positiv ist? Genau diese Frage muss man sich auch einmal stellen. Also wo sind die, meine Damen und Herren?
Noch etwas, und das wisst ihr ganz genau: 70 Prozent derer, die jetzt in Lehre sind, haben die Lehre begonnen, nachdem sie den ersten negativen Bescheid erhalten haben. Das ist nichts anderes als die Aushebelung des Asylrechts, das wissen Sie ganz genau, meine Damen und Herren von der ÖVP und auch Sie, Herr Minister. Wenn Sie sich heute hierherstellen und sagen, das ist alles rechtsstaatlich, dann muss ich Sie schon auf etwas hinweisen: Ihre kreativen Rechtsauffassungen haben Sie ja schon ein paar Mal unter Beweis gestellt. Sie beantworten ja auch Anfragen nur dann, wenn Sie Lust haben, und nicht, wenn Sie keine haben. Es gibt hier bitte schön schon Gesetze, und das kann nicht rechtsstaatlich sein. Das ist es auch nicht, sondern das ist schlicht und einfach Willkür. Es werden einfach willkürlich Gesetze ausgehebelt, außer Kraft gesetzt, nur um Leute ins Land zu holen.
Das heißt, jeder, der im Jahr 2015 ins Land gekommen ist, woher auch immer, wie alt auch immer – weil wir wissen, nirgends wird so viel gelogen wie beim Alter und bei der Herkunft –, und Asyl geschrien hat, kann jetzt hierbleiben. Das ist das völlig falsche Signal, meine Damen und Herren, das ist das falsche Signal. Wir müssen den Leuten sagen, sie haben keine Chance, hierherzukommen, und sie haben das Land zu verlassen, wenn sie keinen Anspruch auf Asyl haben. Genau das müsste man den Leuten jetzt auch ganz genau demonstrieren, in einer Zeit, in der wir wissen, dass am Balkan wiederum die Flüchtlingslager voll sind, dass aus der Türkei demnächst wahrscheinlich wieder Tausende Flüchtlinge Richtung Europa weitergeschickt werden.
Sie setzen ein Signal: Jeder, der es schafft, den Fuß nach Österreich zu setzen und hier einmal Asyl zu schreien (Zwischenruf der Abg. Pfurtscheller), darf auch hierbleiben – zwar mit ein bisserl Tricks und ein bisserl Schmähs, aber das Ende stimmt. Da machen Sie sich zum Mittäter, meine Damen und Herren von der ÖVP (Abg. Krainer: „Mittäter“ ist auf der Liste!), und da sollten Sie sich eigentlich schämen. (Beifall bei der FPÖ. – Abg. Krainer: Herr Präsident, „Mittäter“ ist aber nicht die Art und Weise, wie wir hier miteinander umgehen!)
14.33
Präsident Ing. Norbert Hofer: Zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Karl Nehammer. – Bitte, Herr Abgeordneter.
Abgeordneter Karl Nehammer, MSc (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Geschätzte Besucherinnen und Besucher auf der Galerie und Zuseherinnen und Zuseher vor den Fernsehgeräten und Computern! Stellen wir hier einiges klar: Der Fehler ist 2012 mit einem falschen Erlass passiert. Diesen Fehler haben wir korrigiert. Heute ist es für einen Asylwerber nicht mehr möglich, eine Lehre zu beginnen, und das ist gut so. (Beifall bei der ÖVP.) Die Konsequenzen daraus sehen wir jetzt in dieser Diskussion.
Wir als Volkspartei haben gesagt: Es braucht eine pragmatische Lösung (Zwischenruf bei den Grünen) mit Hausverstand für jene über 700, die da sind, damit sie ihre Lehre abschließen können, aber dann müssen sie das Land verlassen. (Abg. Amesbauer: Das ist ein Sinneswandel, oder?) Das Entscheidende ist: Ich erinnere mich noch sehr gut an das Thema, als es 2012 diskutiert worden ist. Da haben ganz viele Vertreterinnen und Vertreter der Zivilgesellschaft, der NGOs argumentiert: Macht doch einen Erlass, dass Asylwerber eine Lehre beginnen können, damit sie, selbst wenn das Asylverfahren negativ ausgeht, zum Aufbau der Wirtschaft in ihrem Heimatland einen konstruktiven Beitrag leisten können! (Abg. Wurm: Das war damals die Aussage!) – Genau das wird auch mit diesen 700, um die es jetzt geht, sofern sie negativ beschieden sind, passieren.
Eines aber ist auch klar, Herr Bundesminister, und darum ersuche ich Sie dringend: Der Fall von Langenlois zeigt auch, es muss konsequent gehandelt werden. Die Fälle, die wir jetzt hier diskutieren, haben mit Schülerinnen und Schülern gar nichts zu tun. Wenn ein höchstgerichtlicher Bescheid da ist, dass abgeschoben werden muss, dann muss abgeschoben werden, um dem Gesetz Genüge zu tun. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der FPÖ.)
Meine sehr geehrten Damen und Herren, wir erweisen dem Asyl an sich einen Bärendienst, wenn wir hier am Rednerpult so darüber reden, wie wir es heute zum Teil getan haben. (Zwischenruf des Abg. Stögmüller.) Warum? – Das eine ist für Menschen, die fliehen, weil sie aufgrund religiöser oder politischer Verfolgung an Leib und Leben bedroht sind; dafür wird Asyl gewährt. Schon hat sich in diese Diskussion heute auch wieder Folgendes eingeschlichen: Es geht ja um qualifizierte Lehrlinge, es geht
um Menschen, die sich hier so bemühen, sich zu integrieren (Zwischenruf der Abg. Belakowitsch), es geht um 700 und es fehlen 100 000 (Ruf bei der SPÖ: Das war ... Zählung!), haben wir gehört. – Wir haben 10 000 Asylberechtigte in Österreich, 10 000 Asylberechtigte unter 25 Jahren, die keinen Lehrberuf haben. Wie kann das sein? Wo ist da das Versagen? (Abg. Leichtfried: Weil’s verboten ist! – Abg. Belakowitsch: Ihr habt sie reingebracht!) 10 000, nicht 700 (Zwischenruf der Abg. Yılmaz); 10 000 Asylberechtigte unter 25 Jahren, 30 000 Asylberechtigte in Summe, die keine Arbeit haben! Da müssen wir ansetzen, diese Menschen müssen wir in Arbeit bringen, damit sie sich in unsere Gesellschaft integrieren können. Diese Menschen braucht die Wirtschaft. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der FPÖ.)
Mit einer pragmatischen Lösung für einen falschen Erlass aus dem Jahr 2012 – weil damit in Wahrheit begonnen wurde, Asyl, Integration und Migration miteinander zu vermischen – schaffen wir es, dass wir diesen Fehler wieder korrigieren. Das haben wir getan, der Erlass ist nicht mehr in Geltung.
Beenden wir aber auch die permanente Vermischung von Asyl und Migration, denn es tut allen nicht gut! (Abg. Yildirim: Sagen Sie das Ihrem früheren Regierungspartner!) Es tut den Asylwerberinnen und Asylwerbern nicht gut, die eine höchstgerichtliche Entscheidung bekommen haben, dass sie das Land verlassen müssen. Dann gibt es Menschen hier im Hohen Haus, die ihnen permanent noch Hoffnung machen, dass sie vielleicht dennoch bleiben können. (Abg. Belakowitsch: Die ÖVP ja auch! Was ist mit den ...?) Andere machen sich schon wieder auf den Weg, weil sie glauben, sie können damit dann trotzdem bleiben, auch wenn das Verfahren höchstgerichtlich negativ entschieden ist. – Das ist falsch. Trennen wir Asyl von Migration! Die pragmatische Lösung hat es gezeigt und dazu stehen wir auch. (Beifall bei der ÖVP sowie des Abg. Hauser.)
14.37
Präsident Ing. Norbert Hofer: Zu Wort gemeldet ist nun Herr Klubobmann Herbert Kickl. – Bitte, Herr Klubobmann.
Abgeordneter Herbert Kickl (FPÖ): Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Also die Performance, die die ÖVP hier heute an den Tag gelegt hat, das muss ich sagen, stellt jeden Barbapapa in den Schatten, bei den Verbiegungen, die Sie da hingelegt haben, um diesen Sinneswandel, der Ihnen jetzt nach ein paar Monaten, nach dem Ende dieser Koalition eingefallen ist, irgendwie zu rechtfertigen. Also ärger geht es nicht mehr; aber es ist auch ein gewisses Charakterbild der ÖVP, das hier heute zum Vorschein gekommen ist (Beifall bei der FPÖ) – heute so und morgen anders. (Zwischenruf des Abg. Zarits. – Abg. Wöginger: Du kannst über alles reden, aber nicht über Charakter! Charakter brauchst du nicht anzusprechen!) Die Inhalte sind austauschbar, die Positionen sind Ihnen wichtig, und das ist auch der Grund dafür, warum der Wöginger seine heurigen Weihnachten mit der Grünen Sigi Maurer im Innviertel verbringen wird. (Zwischenrufe bei der ÖVP.) Das ist ja genau die gleiche chamäleonartige Wandelbarkeit, die Sie in anderen Fragen auch an den Tag legen.
Das, was Sie hier mitbeschließen, ist ein Fußtritt für den Rechtsstaat, das ist ein Fußtritt für die Beamten im BFA und das ist ein Fußtritt für die Gerichtsbarkeit, die darüber entschieden hat, sodass am Ende ein rechtskräftig negatives Urteil steht. (Beifall bei der FPÖ. – Ruf bei den Grünen: Seit wann ist ein Beschluss im Parlament ein Fußtritt? – Abg. Stögmüller: Unglaublich! – Ruf bei den Grünen: Seid wachsam!) Ich weiß nicht, wofür machen diese Leute die ganze Arbeit? Wofür machen die das? Ich versetze mich jetzt in die Position eines Beamten im BFA, der das geprüft hat – kostet im Übrigen auch gar nicht wenig (Zwischenruf bei der ÖVP) –, ich versetze mich in die Position eines Richters, der dann auch in den Instanzen entsprechend die Urteile spricht. Wofür machen die das alles (Zwischenruf des Abg. Stögmüller), wenn Sie
dann hergehen und sagen, es ist eh alles nichts wert, wir sind jetzt anders gelaunt, wir vergessen das Ganze wieder, wir wechseln unsere Position?!
Dann sage ich Ihnen von der ÖVP eines: Da ist es gescheiter, wir ersparen uns das Ganze. Dann seien Sie ehrlich, dann sagen Sie: Wissen Sie was, gehen wir her und verzichten wir auf diesen ganzen Tarnanstrich namens Asyl (Ruf bei der ÖVP: Geh bitte!) – denn etwas anderes ist es für Sie ja eh nicht! Dann reden wir über die Zuwanderung, um die es Ihnen eigentlich geht – Ihnen (in Richtung ÖVP) aus wirtschaftlichen Gründen und Ihnen (in Richtung SPÖ, Grüne und NEOS) aus ideologischen Gründen! Unterm Strich ist beides gleich schlecht für dieses Land.
Sie wissen gar nicht, was Sie den Österreicherinnen und Österreichern antun. Sie wissen gar nicht, was Sie am Kerbholz haben im Hinblick auf die kommenden Generationen, von denen ich möchte, dass sie zu diesem Land noch sagen können, es ist ihr Österreich und nicht, dass sie selber zu Fremden im eigenen Land werden. Sie leisten einen Beitrag nach dem anderen dazu. (Beifall bei der FPÖ.)
Dann kommen Sie daher mit der Integration: Die sind ja alle so gut integriert und deshalb dürfen wir sie nicht abschieben! – Sind Sie auch bereit, den Umkehrschluss zu vollziehen: Wir schieben dann diejenigen ab, die einen positiven Asylbescheid haben, weil sie nicht integriert sind? – Davon gibt es tatsächlich viele! Es gibt sehr viele, die einen rechtskräftig positiven Asylbescheid haben, die aber überhaupt nicht integriert sind und die nicht einmal daran denken, auch nur einen Schritt in Richtung Integration zu setzen (Zwischenruf der Abg. Yildirim), sondern die sich in ihrer Community recht wohlfühlen. Schieben wir die dann ab, weil sie das Integrationskriterium nicht erfüllen? – Dann wären wir so konsequent und könnten wieder über die Dinge reden, weil dann, glaube ich, hätten wir eine Bilanz, die unterm Strich für die Österreicher etwas Positives bringt. Das wollen Sie dann aber auch wieder nicht, so konsequent sind Sie nicht! (Beifall bei der FPÖ.)
Sie wissen ganz genau, dass diese 700 oder 800 nicht 700 oder 800 bleiben werden. Das können Sie gleich mit zwei oder drei oder vier multiplizieren – je nachdem, wie groß die Familie ist. (Zwischenruf des Abg. Sieber.) Das ist ja klar: weil Sie mit diesen Lehrverhältnissen einen Beitrag dazu leisten, dass der Artikel 8 der Menschenrechtskonvention – ist gleich die Verfestigung – zuschlägt. Dann bekommen Sie diesen Lehrling nicht mehr aus dem Land, und wir haben uns gleichzeitig das eingetreten, was wir gar nicht haben wollen, nämlich auch noch den Familiennachzug von all diesen Leuten. (Ruf bei den Grünen: Menschenrechte!) Dann reden wir nicht mehr von 800, dann reden wir von 2 400, von 3 200 oder wie viele das auch immer sein werden.
Das geht auf Ihre Kappe vonseiten der ÖVP. Von dort (in Richtung SPÖ) habe ich mir nichts anderes erwartet, aber betreffend eine Partei, die sich hinstellt und sagt, sie macht einen Mitte-Rechts-Kurs – und dann kommt sie auf solche Gedanken? –, muss man wirklich sagen, das ist abenteuerlich. (Beifall bei der FPÖ.)
Die Deutschen beißen sich schon in den Hintern wegen dieses von Ihnen forcierten und propagierten Drei-plus-zwei-Modells, weil sie genau wissen, dass dann die Verfestigung eingetreten ist und dass sie keinen von denen mehr aus dem Land hinausbekommen.
Es wird uns gehen wie bei der Homoehe – genau das gleiche Modell! (Zwischenrufe bei SPÖ und Grünen.) – Ja, genau das gleiche Modell! (Zwischenruf der Abg. Tomaselli.) Zuerst hat man gesagt, diese Verpartnerung machen wir jetzt, damit wir die Ansprüche bei den beiden Lebenspartnern, wenn einer im Spital ist und so weiter, etwas absichern, und da kommt garantiert nichts nach, das ist kein Problem! (Abg. Meinl-Reisinger: Jetzt haben wir den Schlamassel! – Abg. Ribo tippt sich mit der Hand an die Stirn.)
Dann zieht die Zeit ins Land, und jetzt stehen wir da, dass wir schon über Adoptionsrechte und über die normale Verehelichung reden, einfach deshalb, weil Sie die Tür geöffnet haben und damit das in Gang gesetzt haben, was wir Ihnen immer prophezeit haben. (Abg. Meinl-Reisinger: Ja, und die Republik steht immer noch!) Genau so wird es hier sein, ich prophezeie Ihnen das. (Beifall bei der FPÖ.) Zuerst das, dann kriegen Sie sie nicht mehr hinaus, dann die Lehrlinge, dann die Schüler, dann die Studenten – genau so wird es werden! (Zwischenruf des Abg. Wöginger.)
Da rede ich ja noch gar nicht von dem, was notwendig wäre – jetzt bin ich beim Innenminister –, jetzt reden wir nur von denen, die da sind und die einen rechtskräftig negativen Bescheid haben. Ist eh wurscht, das zählt ja alles nichts mehr, weil wir lustig sind. Wir beschließen – egal, was die Gerichte beschließen, vollkommen egal! –, sie bleiben trotzdem da. Da haben wir ja ganz darauf vergessen, dass Asyl insgesamt Schutz auf Zeit ist. Ich hätte meinen Schwerpunkt so gesetzt, einmal zu überprüfen, ob diejenigen, die jetzt drei Jahre im Land sind, überhaupt noch einen Fluchtgrund haben. Haben sich die Bedingungen in ihrem Land nicht schon so weit geändert, dass wir auch bei denen, die einen rechtskräftigen Asylstatus haben, beginnen sollten, über Rückführungen nachzudenken und diese Leute wieder dorthin zu bringen, wo sie herkommen? Asyl ist nämlich Schutz auf Zeit und nichts anderes. (Beifall bei der FPÖ.) Von dem Gedanken haben Sie sich ja sowieso schon verabschiedet. Das ist ja das nächste große Problem.
Ich sage Ihnen, Herr Innenminister, auch Folgendes: Auch Ihre Rolle bei diesem Schüler, bei diesem Wunderkind aus Langenlois, das jetzt nicht abgeschoben wird, wird noch zu untersuchen sein. Bei dem gibt man nach. Ein paar NGOs machen ein Theater, ein paar Zeitungen berichten darüber – und schon geht der Rechtsstaat in die Knie. Gute Nacht, Österreich, kann man da nur sagen!
Für mich ist das, was Sie und der Bundespräsident da gemacht haben, eine amtsmissbräuchliche Vorgangsweise, und wir werden den Dingen auf den Grund gehen. Für Sie und auch für den Bundespräsidenten gilt das Legalitätsprinzip. Der Bundespräsident wird ja wohl noch in der Lage sein, auch Gesetze anzuerkennen, die er vielleicht selber unterschrieben hat. Ich meine, das wird ja wohl nicht zu viel verlangt sein! (Beifall bei der FPÖ.)
Ich kann Ihnen, Herr Innenminister, nur eines sagen: Auch ich habe diese Anrufe aus der Präsidentschaftskanzlei, von dem einen oder anderen Kardinal bekommen. (Abg. Schellhorn: ... den Kardinal!)
In diesem Land brät jeder seine Extrawurst. Jeder weiß lauter gute Gründe, warum genau dieser eine so schützenswert ist und nicht abgeschoben werden soll. In Summe kommt halt ziemlich etwas zusammen – und das Schlimmste, was zusammenkommt, ist, dass der Rechtsstaat in Wahrheit ausgedient hat.
Das ist die typisch österreichische Lösung, die Sie zum Akt der Humanität erklären. – Das ist ein völliger Unfug, weil sich Humanität nicht über Gefühlsduselei interpretiert, sondern über einen vernünftigen und rationalen Zustand, und der artikuliert sich in den Gesetzen eines Staates, die auch Sie einzuhalten haben. (Beifall bei der FPÖ.)
So gesehen ist das, was Sie hier machen, eine Schande für den Rechtsstaat (Ruf bei der ÖVP: Hallo!) und ehrlich gesagt ein Verbrechen an den kommenden Generationen, das Sie hier begehen.
Noch etwas gebe ich Ihnen zu bedenken – und schreiben Sie sich das ins Stammbuch! –: Wenn wir über Asyl reden, dann reden wir nicht von massenhaften Fluchtbewegungen – das haben die Linken daraus gemacht! –, wenn wir von Asyl reden, dann reden wir von individueller Verfolgung, von Personen, die als Individuum, individuell be-
droht sind und verfolgt werden, dann reden wir von Julian Assange und dann reden wir von Edward Snowden. Das ist Asyl. Alles andere ist Flucht nach der Genfer Konvention. Das ist etwas anderes. Auch das ist miteinander vermanscht worden und auch diesbezüglich wird es kein gutes Ende nehmen, wenn man so weitertut.
Seien Sie vonseiten der ÖVP also ehrlich: Sagen Sie, was wollen! Stellen Sie sich hierher und sagen Sie: Halten wir uns gar nicht lange auf mit dem Anspruch, hier sozusagen ein Asylsystem aufrechterhalten zu wollen!, denn eines ist klar – das werden Ihnen, Herr Nehammer, da schaue ich Sie an (Abg. Nehammer: Aber wir können beim Du bleiben!), auch alle Beamten, die vielleicht bald unter Ihrem Kommando im Innenministerium dienen werden, dann erklären –: Ein Asylsystem ohne konsequente Rückführungspolitik und ohne konsequente Rückführungen hat diesen Namen nicht verdient. Dann können Sie es gleich bleiben lassen, das ist die billigere Variante. (Zwischenruf des Abg. Sobotka.)
Kapitulieren Sie und hängen Sie statt der rot-weiß-roten Fahne die weiße Fahne an die Staatsgrenze! Die entspricht Ihrer Mentalität. (Beifall bei der FPÖ.)
14.47
Präsident Ing. Norbert Hofer: Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Nurten Yılmaz. – Bitte schön, Frau Abgeordnete.
Abgeordnete Nurten Yılmaz (SPÖ): Herr Klubobmann Kickl, ich hätte mir nie gedacht, dass Sie Ihrer Zeit als Minister derart nachtrauern, dass Sie sich nur mehr hinstellen und in Richtung ÖVP weinen: Wieso nehmt ihr uns nicht?! (Beifall bei SPÖ, Grünen und NEOS. – Heiterkeit des Abg. Loacker.) Das sah man wirklich von der Körpersprache her – aber gut.
Herr Abgeordneter Kollege Nehammer! Sie drehen sich zu uns und sagen, es gibt Zehntausende mit einem positiven Asylbescheid (Abg. Nehammer: Asylberechtigte!), also Asylberechtigte, die nicht Deutsch können (Abg. Nehammer: Keine Beschäftigung! – weitere Zwischenrufe bei der ÖVP) – nein, die keine Beschäftigung haben.
Wieso haben Sie dann das Integrationsjahr abgeschafft? (Ruf bei der ÖVP: Was haben wir?) Das war nämlich Integration von Tag eins an. (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Nehammer: Ach so, ...!)
Minister Stöger und Staatssekretärin Muna Duzdar haben wirklich durchgearbeitet, was man braucht, damit diese Leute in den Arbeitsmarkt integriert werden können. Sie (in Richtung Abg. Nehammer) können ruhig zu mir schauen, ich tue Ihnen nichts. (Abg. Nehammer: 300 000 Arbeitslose und 100 000 davon unter 25!)
Sie haben Integrationsmaßnahmen abgeschafft, Sie haben die Mittel gekürzt, und dann drehen Sie sich um und sagen: Die sind arbeitslos! (Beifall bei der SPÖ. – Ruf: ... die Pointe? – Abg. Wöginger: Das war eine Rede ohne Ende!)
14.49
Präsident Ing. Norbert Hofer: Zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Michel Reimon. – Bitte schön, Herr Abgeordneter.
Abgeordneter Michel Reimon, MBA (Grüne): Sehr geehrter Herr Präsident! Werte KollegInnen! Herr Präsident, wie Sie wissen, haben wir eine Gegenkandidatin aufgestellt, als Sie für das Amt des Dritten Nationalratspräsidenten kandidiert haben.
Was nicht geht, ist, dass Sie als Parteiobmann dort oben als Nationalratspräsident sitzen und Ihr Klubobmann dem Bundespräsidenten eine amtsmissbräuchliche Ver-
wendung seines Amtes vorwirft. (Beifall bei Grünen und SPÖ. – Rufe bei der FPÖ: Wieso nicht? Warum?) Das geht nicht! Dass Sie da nicht einschreiten, ist vollkommen inakzeptabel. Das geht so nicht.
Was Herr Klubobmann Kickl sagt, ist sowieso inakzeptabel, aber was erwartet man von einem Rechtsextremen? Was erwartet man von einer rechtsextremen Partei am Podium? – Genau diesen Rassismus dahingebrüllt! (Zwischenrufe bei der FPÖ.)
Schauen Sie, die einzige Bevölkerungsgruppe, vor der man sich wirklich fürchten muss, die eine höhere Kriminalitätsrate als die Afghanen hat, das sind doch die Freiheitlichen, wenn man sich umschaut. Das ist doch das Problem. (Beifall bei den Grünen.)
14.50
Präsident Ing. Norbert Hofer: Zu Wort ist dazu niemand mehr gemeldet. Die Debatte ist geschlossen.
Ist seitens der Berichterstattung ein Schlusswort gewünscht? – Das ist nicht der Fall.
Wir kommen zur Abstimmung, die ich über jeden Ausschussantrag getrennt vornehme.
Wir gelangen nun zur Abstimmung über Tagesordnungspunkt 1: Antrag des Budgetausschusses, seinen Bericht 12 der Beilagen zur Kenntnis zu nehmen.
Ich bitte jene Damen und Herren, die hiezu ihre Zustimmung geben, um ein entsprechendes Zeichen. – Das ist mehrheitlich angenommen.
Wir gelangen nun zur Abstimmung über den Entschließungsantrag der Abgeordneten Herbert Kickl, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Abbruch der EU-Beitrittsverhandlungen mit der Türkei“.
Ich bitte jene Damen und Herren, die für diesen Antrag sind, um ein Zeichen der Zustimmung. – Auch das ist mehrheitlich angenommen. (3/E)
Wir gelangen nun zur Abstimmung über den Entschließungsantrag der Abgeordneten Dr. Stephanie Krisper, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Unabhängigkeit der Rechtsberatung im Asylverfahren sicherstellen“.
Ich bitte jene Damen und Herren, die für den Entschließungsantrag sind, um ein Zeichen der Zustimmung. – Das ist die Minderheit. Der Antrag ist abgelehnt.
Wir kommen zur Abstimmung über Tagesordnungspunkt 2: Entwurf betreffend „ein Bundesgesetz, mit dem das Fremdenpolizeigesetz 2005 geändert wird“, in 13 der Beilagen.
Hiezu haben die Abgeordneten Mahrer, Ing. Einwallner, Dr. Zadić, Dr. Krisper, Kolleginnen und Kollegen einen Zusatz- beziehungsweise Abänderungsantrag eingebracht.
Ich werde daher zunächst über den erwähnten Zusatz- beziehungsweise Abänderungsantrag und schließlich über die restlichen, noch nicht abgestimmten Teile des Gesetzentwurfes abstimmen lassen.
Die Abgeordneten Mahrer, Ing. Einwallner, Dr. Zadić, Dr. Krisper, Kolleginnen und Kollegen haben einen Zusatz- beziehungsweise Abänderungsantrag eingebracht, der sich auf die Ziffern 3 und 4 beziehungsweise auf die Einfügung neuer Ziffern 3a, 3b und 5 bezieht.
Ich ersuche jene Damen und Herren, die für diese Änderungen sind, um ein Zeichen der Zustimmung. – Das ist mehrheitlich angenommen.
Wir kommen sogleich zur Abstimmung über die restlichen, noch nicht abgestimmten Teile des Gesetzentwurfes samt Titel und Eingang in der Fassung des Ausschussberichtes.
Ich bitte jene Damen und Herren, die hiefür ihre Zustimmung erteilen, um ein bejahendes Zeichen. – Auch das ist mehrheitlich angenommen.
Wir kommen sogleich zur dritten Lesung.
Ich bitte jene Damen und Herren, die auch in dritter Lesung für den vorliegenden Gesetzentwurf sind, um ein Zeichen der Zustimmung. – Das ist die Mehrheit. Der Gesetzentwurf ist somit auch in dritter Lesung angenommen.
Wir gelangen zur Abstimmung über den Entschließungsantrag der Abgeordneten Josef Muchitsch, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Lehrlinge – Integration vor Zuzug“.
Ich bitte jene Damen und Herren, die für diesen Antrag sind, um ein Zeichen der Zustimmung. – Das ist die Minderheit. Der Antrag ist abgelehnt.
Bericht des Budgetausschusses über den Antrag 46/A der Abgeordneten Mag. Friedrich Ofenauer, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Beamten-Dienstrechtsgesetz 1979, das Gehaltsgesetz 1956, das Vertragsbedienstetengesetz 1948, das Richter- und Staatsanwaltschaftsdienstgesetz, das Landeslehrer-Dienstrechtsgesetz, das Land- und forstwirtschaftliche Landeslehrer-Dienstrechtsgesetz, das Landesvertragslehrpersonengesetz 1966, das Land- und forstwirtschaftliche Landesvertragslehrpersonengesetz, das Bundeslehrer-Lehrverpflichtungsgesetz, das Mutterschutzgesetz 1979, das Väter-Karenzgesetz, das Pensionsgesetz 1965, das Bundestheaterpensionsgesetz und das Bundesbahn-Pensionsgesetz geändert werden (3. Dienstrechts-Novelle 2019) (9 d.B.)
Präsident Ing. Norbert Hofer: Wir gelangen nun zum 3. Punkt der Tagesordnung.
Auf eine mündliche Berichterstattung wurde verzichtet.
Zu Wort gelangt nun Kollege Mag. Gerald Loacker. – Bitte, Herr Abgeordneter.
Abgeordneter Mag. Gerald Loacker (NEOS): Herr Präsident! Sehr geehrte Herren Bundesminister! Hohes Haus! Die Verhandlungen rund um das Dienstrecht für die öffentlich Bediensteten genießen (Unruhe im Saal) – anders als hier im Haus – in der Öffentlichkeit große Aufmerksamkeit. Im Fokus steht dabei meistens, wie hoch die Prozenterhöhung der Bezüge ausfällt, aber entscheidend ist viel mehr, wie sich das Rahmenrecht für den öffentlichen Dienst entwickelt: Gelten im öffentlichen Bereich die gleichen Regeln wie für die Arbeiter und Angestellten in der Wirtschaft oder gibt es Unterschiede? Werden diese Unterschiede größer oder kleiner? Wenn es Unterschiede gibt: Sind diese sachlich gerechtfertigt oder nicht?
Daher richtet sich seit vielen Jahren die Forderung meiner Fraktion an die verantwortlichen Regierungsmitglieder: Nehmen Sie Forderungen der Arbeitgeberseite mit in die Verhandlungen, wenn Sie sich mit der Gewerkschaft an den Tisch setzen! Das habe ich damals schon den roten Staatssekretärinnen Steßl und Duzdar mitgegeben, ich habe es dem blauen Beamtenminister Strache mitgegeben und Ihnen das als Wunsch in die Verhandlungen mitzugeben, Herr Minister Müller, habe ich mir auch erlaubt.
Ja, die öffentlich Bediensteten sollen natürlich – völlig außer Frage – wie andere Berufsgruppen auch eine Gehaltserhöhung bekommen, und es soll natürlich auch im Rahmenrecht Veränderungen geben. Wenn es beispielsweise in der Wirtschaft eine Wiedereingliederungsteilzeit nach einem langen Krankenstand gibt, sollen die öffentlich
Bediensteten das auch haben – gleiches Recht für alle soll der Maßstab sein. Es gehören aber auch alte Zöpfe abgeschnitten, etwa eine bezahlte Mittagspause, die es im öffentlichen Dienst noch gibt, oder eine Besserstellung bei der Karfreitagsregelung. Gleiches Recht für alle darf eben keine Einbahnstraße sein, das gilt für das Gute wie für das Schlechte.
Wenn wir heute über eine Neuregelung dafür, wann einem öffentlich Bediensteten der Urlaub verfallen kann, abstimmen, dann müssen wir uns wieder dieselbe Frage stellen. Es gibt eine europarechtliche Entscheidung, die diese Neuerung im Urlaubsrecht erforderlich macht, man kann sich aber auch anschauen, was diesbezüglich für die Arbeiter und Angestellten nach dem Urlaubsgesetz gilt. Wenn die Bestimmung dort gut und richtig ist, dann könnte man sie ja ins Recht für die öffentlich Bediensteten übernehmen. Wenn die Bestimmung im Urlaubsgesetz europarechtlich nicht ausreicht, dann muss ich mich fragen: Warum sanieren wir sie jetzt nicht gleich mit dem Beamtendienstrecht mit?
Da wird ein Unterschied gemacht, der sich sachlich nicht erklären lässt. Weil es um zwei Regeln geht, werden die Unterschiede zwischen zwei Welten einzementiert – ohne sachliche Gründe. Ich bringe daher folgenden Entschließungsantrag ein:
Entschließungsantrag
der Abgeordneten Mag. Gerald Loacker, Kolleginnen und Kollegen betreffend Angleichung öffentlich Bediensteter an den privaten Sektor
Der Nationalrat wolle beschließen:
„Die Bundesregierung wird aufgefordert, die Angleichung des Dienstrechts für öffentlich Bedienstete in beide Richtungen vorzunehmen, sodass nicht nur Schlechterstellungen sondern auch Besserstellungen des öffentlichen Dienstes gegenüber dem privaten Arbeitsrecht beseitigt werden.“
*****
Dieser Grundanforderung, auf mehr Gerechtigkeit zwischen den verschiedenen Berufsgruppen hinzuwirken, entspricht die Gesetzesvorlage, die wir heute verhandeln, nicht, daher kann meine Fraktion das in dieser Form nicht mittragen. – Danke schön. (Beifall bei den NEOS.)
14.57
Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:
Entschließungsantrag
der Abgeordneten Mag. Gerald Loacker, Kolleginnen und Kollegen
betreffend Angleichung des öffentlich Bediensteter an den privaten Sektor
eingebracht im Zuge der Debatte in der 6. Sitzung des Nationalrats über den Bericht des Budgetausschusses über den Antrag 46/A der Abgeordneten Mag. Friedrich Ofenauer, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Beamten-Dienstrechtsgesetz 1979, das Gehaltsgesetz 1956, das Vertragsbedienstetengesetz 1948, das Richter- und Staatsanwaltschaftsdienstgesetz, das LandeslehrerDienstrechtsgesetz, das Land- und forstwirtschaftliche Landeslehrer-Dienstrechtsgesetz, das Landesvertragslehrpersonengesetz 1966, das Land- und forstwirtschaftliche Landesvertragslehrpersonengesetz, das Bundeslehrer Lehrverpflichtungsgesetz, das Mutter-
schutzgesetz 1979, das Väter-Karenzgesetz, das Pensionsgesetz 1965, das Bundestheaterpensionsgesetz und das Bundesbahn Pensionsgesetz geändert werden – TOP 3
Das Dienstrecht für Bedienstete im öffentlichen Dienst unterscheidet sich in vielen Punkten signifikant vom Arbeitsrecht, das im privaten Sektor angewandt wird. In vielen Punkten sind die Regelungen für Bundesbedienstete flexibler oder besser als jene im privaten Arbeitsrecht. Bestes Beispiel dafür ist die bezahlte Mittagspause. Denn während es für Erwerbstätige in der Privatwirtschaft gesetzlich vorgeschrieben ist, ihre Arbeitszeit nach sechs Stunden für mindestens 30 Minuten zu unterbrechen, wodurch sich ein Arbeitstag in der Regel um eine halbe Stunde verlängert, gilt dasselbe nicht für Bedienstete des Bundes. Diese bekommen die vorgeschriebene Mittagspause nämlich bezahlt, weil sie als Dienstzeit angerechnet wird. Diese Praxis wurde auch vom Verwaltungsgerichtshof bestätigt und stellt eine ungemeine Ungleichbehandlung gegenüber Angestellten oder Arbeiter_innen im privaten Sektor dar.
Im Rahmen vieler Dienstrechtsnovellen gibt es jährlich Modernisierungen des Dienstrechts für Bundesbedienstete. Kürzlich wurde erst die Möglichkeit der Wiedereingliederungsteilzeit für öffentliche Bedienstete eingeführt. Öffentliche Bedienstete hatten Anspruch auf einen Papamonat, lange bevor dieser im privaten Sektor eingeführt wurde. Neben guten Gehaltsabschlüssen sind im öffentlichen Dienstrecht auch Vorrückungen automatisch vorgesehen. Vielfach werden im Rahmen diverser Dienstrechtsnovellen günstigere Regelungen für die Beamt_innen und Vertragsbediensteten des Bundes beschlossen.
Nun spricht grundsätzlich nichts dagegen, die bestmöglichen Arbeitsbedingungen für Erwerbstätige zu schaffen - allerdings müssten beide Rechtsmaterien und -systeme - das private Arbeitsrecht auf der einen Seite, das öffentliche Dienstrecht auf der anderen - möglichst aufeinander abgestimmt werden. Besonders aus dem Blickpunkt des Grundsatzes "gleiches Recht für alle" ist es schlicht unfair, privilegierten Bundesbediensteten die Mittagspause auf Kosten der Steuerzahler_innen zu bezahlen, während eine solche Regelung für die Privatwirtschaft rein finanziell untragbar ist und nicht umgesetzt werden kann. Die Begünstigung einer Gruppe zu Lasten einer anderen kann auf Dauer nicht funktionieren und verfestigt gesellschaftliche Spannungen, die dadurch hervorgerufen werden. Ziel jeder Bundesregierung sollte aber die Gleichbehandlung aller Bürger_innen sein. Rechte und Pflichten müssen also so gestaltet sein, dass sie für alle gelten.
Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgenden
Entschließungsantrag
Der Nationalrat wolle beschließen:
"Die Bundesregierung wird aufgefordert, die Angleichung des Dienstrechts für öffentlich Bedienstete in beide Richtungen vorzunehmen, sodass nicht nur Schlechterstellungen sondern auch Besserstellungen des öffentlichen Dienstes gegenüber dem privaten Arbeitsrecht beseitigt werden."
*****
Präsident Ing. Norbert Hofer: Der Entschließungsantrag ist ausreichend unterstützt, ordnungsgemäß eingebracht und steht somit in Verhandlung.
Zu Wort gelangt nun Kollege Mag. Friedrich Ofenauer. – Bitte, Herr Abgeordneter.
14.57
Abgeordneter Mag. Friedrich Ofenauer (ÖVP): Herr Präsident! Herr Finanzminister! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Sehr verehrte Zuseherinnen und Zuseher! Wir verhandeln nun die 3. Dienstrechts-Novelle 2019. Unsere öffentlich Bediensteten sind nicht nur eine tragende Säule, die es zum Funktionieren in unserer Republik braucht, sie sind genauso eine tragende Säule in unserer Gesellschaft. Sie erfüllen wichtige Funktionen, die für unser Zusammenleben erforderlich sind, und dafür möchte ich ihnen heute auch an dieser Stelle ein großes Dankeschön aussprechen. (Beifall bei der ÖVP.) Insofern haben Dienstrechtsnovellen immer auch eine besondere Aufgabe. Wir schnüren mit dieser Novelle kein Weihnachtspackerl, wie man das vielleicht glauben könnte, sondern wir tragen dazu bei, dass unser öffentlicher Dienst unter modernen Rahmenbedingungen für unsere Bürgerinnen und Bürger arbeiten kann, denn die Bediensteten im öffentlichen Dienst vollziehen letztendlich die Gesetze, die wir hier beschließen.
Neben der Gehaltsanpassung für 2020, wodurch die öffentlich Bediensteten im Schnitt 2,3 Prozent mehr Gehalt bekommen, möchte ich weitere Punkte hervorstreichen, aber zuvor möchte ich mich bei allen Verhandlern von der Dienstgeber- und von der Dienstnehmerseite für dieses Ergebnis ganz herzlich bedanken.
Mit dem Entfall der Befristung für die Möglichkeit der Wiedereingliederungsteilzeit reagieren wir auf zahlreiche positive Erfahrungen, die wir im vergangenen Jahr gemacht haben. Die Befristung wird deshalb gestrichen. Es ist durchaus sinnvoll, diese Wiedereingliederungsteilzeit unbefristet zur Verfügung zu haben.
Mit dem Ausschluss doppelter Ansprüche anlässlich der Geburt eines Kindes kommen wir einem Problem zuvor, lösen dieses, bevor es überhaupt entstanden ist. Der Papamonat, auf den öffentlich Bedienstete schon seit Längerem Anspruch haben, ist auch in der Privatwirtschaft eingeführt worden, und das würde für Vertragsbedienstete sozusagen einen doppelten Anspruch ergeben. Dass jemand diesen Papamonat doppelt ausnützen kann, schließen wir mit dieser Regelung für öffentlich Bedienstete im Vorhinein aus.
Mit der Einführung von Sonderbestimmungen für Schulevaluatorinnen und Schulevaluatoren setzen wir eine für das Bildungsministerium wichtige Angelegenheit um, weil wir rund 25 zentrale Planstellen schaffen, die sich der im Bildungsreformgesetz 2017 festgelegten Aufgaben zur externen Schulevaluation annehmen. Damit soll die Qualität der Bildungseinrichtungen in unserem Land weiterhin aufrechtbleiben.
Mit einer ganz anderen Änderung, nämlich der Verkürzung der Präklusivfrist, schaffen wir eine erhebliche Vereinfachung von Verfahren und vor allem schnellere Verfahren, denn wenn im Parteiengehör vor dem Ablauf der Sechsmonatsfrist eine Antwort gegeben wird, dann muss nicht diese Sechsmonatsfrist abgewartet werden, wodurch die entsprechenden Verfahren natürlich beschleunigt werden können.
Die Anpassung im Bereich der Urlaubsregelung ist aufgrund eines EuGH-Urteils zum Fall Kreuziger notwendig geworden. Damit wird den öffentlich Bediensteten ausreichend Zeit gegeben, vor einer Ruhestandsversetzung den Urlaub zu verbrauchen. Sie müssen ausdrücklich und nachvollziehbar darauf hingewiesen werden beziehungsweise auch aufgefordert werden, ihren Urlaub zu verbrauchen, und müssen auch entsprechend über die Folgen informiert werden, nämlich dass dieser Urlaub verfallen kann. Wir gehen dabei auch auf eine Forderung der Gewerkschaft öffentlicher Dienst ein.
Für alle, die in dieser Anpassung vielleicht eine Besserstellung sehen: Das entspricht der Fürsorgepflicht des Dienstgebers und stellt sicher, dass keine Kosten entstehen, die nicht entstehen müssten. Wir erfüllen damit auch unsere Verantwortung den Steuerzahlerinnen und Steuerzahlern gegenüber.
Ich möchte nun einen Abänderungsantrag einbringen, der die bisher bestehende Praxis und Auslegung des Bundestheaterpensionsgesetzes betrifft. Es geht darum, dass Bundestheaterbedienstete neben dem öffentlich-rechtlichen Pensionsanspruch nicht auch noch einen Anspruch auf Abfertigung im Fall einer Ruhestandsversetzung haben.
Abänderungsantrag
der Abgeordneten Maria Großbauer, Mag. Thomas Drozda, Christian Lausch, Mag. Eva Blimlinger, Josef Schellhorn, Kolleginnen und Kollegen zum Bericht des Budgetausschusses über den Antrag 46/A, 3. Dienstrechts-Novelle 2019
Der Nationalrat wolle in zweiter Lesung beschließen:
Die oben bezeichnete Vorlage wird wie folgt geändert:
1. Artikel 13 lautet:
„Artikel 13
Änderung des Bundestheaterpensionsgesetzes
Das Bundestheaterpensionsgesetz [...] BGBl. Nr. 159/1958, zuletzt geändert durch das Pensionsanpassungsgesetz 2020 [...] BGBl. I Nr. 98/2019, wird wie folgt geändert:
1. In § 2c Abs. 2 werden nach dem Wort „Ruhestandsverhältnis“ ein Strichpunkt und die Wortfolge „Ansprüche auf Abfertigung richten sich nach § 26 Gehaltsgesetz 1956 – GehG, BGBl. Nr. 54/1956“ eingefügt.
2. In § 18n Abs. 2 Z 2 wird die Wortfolge „in Höhe von“ durch die Wortfolge „in Höhe von mindestens“ ersetzt.
3. Dem § 22 wird folgender Abs. 48 angefügt:
„(48) In der Fassung der 3. Dienstrechts-Novelle 2019, BGBl. I Nr. XXX/2019, treten in Kraft:
1. § 2c Abs. 2 mit 1. September 1999,
2. § 18n Abs. 2 Z 2 mit 1. Februar 2016.““
*****
Danke schön. (Beifall bei der ÖVP.)
15.03
Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:
Abänderungsantrag
der Abgeordneten Maria Großbauer, Mag. Thomas Drozda,
Christian Lausch, Mag. Eva Blimlinger, Josef Schellhorn
und Kolleginnen und Kollegen
zum Bericht des Budgetausschusses über den Antrag 46/A der Abgeordneten Mag. Friedrich Ofenauer, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Beamten-Dienstrechtsgesetz 1979, das Gehaltsgesetz 1956, das Vertragsbedienstetengesetz 1948, das Richter- und Staatsanwaltschaftsdienstgesetz, das Landesleh-
rer-Dienstrechtsgesetz, das Land- und forstwirtschaftliche Landeslehrer-Dienstrechtsgesetz, das Landesvertragslehrpersonengesetz 1966, das Land- und forstwirtschaftliche Landesvertragslehrpersonengesetz, das Bundeslehrer-Lehrverpflichtungsgesetz, das Mutterschutzgesetz 1979, das Väter-Karenzgesetz, das Pensionsgesetz 1965, das Bundestheaterpensionsgesetz und das Bundesbahn-Pensionsgesetz geändert werden (3. Dienstrechts-Novelle 2019) (9 d.B.)
Der Nationalrat wolle in zweiter Lesung beschließen:
Die oben bezeichnete Vorlage wird wie folgt geändert:
1. Artikel 13 lautet:
„Artikel 13
Änderung des Bundestheaterpensionsgesetzes
Das Bundestheaterpensionsgesetz – BThPG, BGBl. Nr. 159/1958, zuletzt geändert durch das Pensionsanpassungsgesetz 2020 – PAG 2020, BGBl. I Nr. 98/2019, wird wie folgt geändert:
1. In § 2c Abs. 2 werden nach dem Wort „Ruhestandsverhältnis“ ein Strichpunkt und die Wortfolge „Ansprüche auf Abfertigung richten sich nach § 26 Gehaltsgesetz 1956 – GehG, BGBl. Nr. 54/1956“ eingefügt.
2. In § 18n Abs. 2 Z 2 wird die Wortfolge „in Höhe von“ durch die Wortfolge „in Höhe von mindestens“ ersetzt.
3. Dem § 22 wird folgender Abs. 48 angefügt:
„(48) In der Fassung der 3. Dienstrechts-Novelle 2019, BGBl. I Nr. XXX/2019, treten in Kraft:
1. § 2c Abs. 2 mit 1. September 1999,
2. § 18n Abs. 2 Z 2 mit 1. Februar 2016.““
Begründung
Zu Artikel 13 Z 1 (§ 2c Abs. 2 BThPG):
In jüngster Vergangenheit wurde vereinzelt die Rechtsauffassung vertreten, dass für Bundestheaterbedienstete, auf die das Bundestheaterpensionsgesetz (BThPG) anzuwenden ist, möglicherweise ein Abfertigungsanspruch bestünde.
Diese Bundestheaterbediensteten haben Anspruch auf Pensionsleistungen des Bundes, wie sie für öffentlich-rechtliche Bedienstete vorgesehen sind. Für diese Bediensteten galt und gilt nicht nur eine pensionsrechtliche Gleichstellung zu den Bundesbeamten, sondern auch durch Kollektivverträge geschaffenes Arbeitsrecht, das sich weitgehend an den öffentlichen Dienst anlehnt, wie etwa hinsichtlich des Bestandschutzes oder der Entgeltfortzahlungsbestimmungen.
Gemäß § 26 Abs. 1 Gehaltsgesetz 1956 haben Bundesbeamte, die aus dem Dienststand mit laufendem Anspruch auf Ruhegenuss ausscheiden, keinen Anspruch auf Abfertigung.
Bis zur Ausgliederung im Jahre 1999 war die Rechtslage hinsichtlich der Ansprüche auf Abfertigungen eindeutig, da jedenfalls Bundesbedienstete vom Anwendungsbereich des Angestelltengesetzes und Arbeiter-Abfertigungsgesetzes ausgenommen sind.
Gemäß § 18 Bundestheaterorganisationsgesetz (BThOG) wurden diese Bundestheaterbediensteten durch die Ausgliederung aus dem Bund in ein Dienstverhältnis zur jeweiligen Gesellschaft der Bundestheater überführt. Ausdrücklich wurde in dieser Bestimmung festgelegt, dass die jeweilige Gesellschaft im Zuge der Gesamtrechtsnachfolge die Rechte und Pflichten des Bundes gegenüber diesen Bundestheaterbediensteten fortsetzt.
Da im Zeitpunkt der Ausgliederung keine gesetzliche Pflicht des Bundes zur Leistung einer Abfertigung im Fall der Ruhestandsversetzung bestand, kann eine solche Pflicht bei der Ausgliederung nicht auf die Gesellschaften des BThOG übergegangen oder danach gesetzlich entstanden sein, da entsprechend dem Willen des Gesetzgebers eine Gleichstellung der Ansprüche bei Beendigung des aktiven Dienstverhältnisses dieser Bundestheaterbediensteten mit den Bundesbeamten erfolgte.
Sowohl vor dem historischen Hintergrund des BThPG, der Weiterentwicklung des BThPG, die im Gleichklang mit den einschlägigen Bestimmungen für Bundesbeamte erfolgte, als auch aufgrund der Ähnlichkeit der Regelungen im BThPG mit den einschlägigen Bestimmungen für Bundesbeamte ergibt sich, dass der Gesetzgeber bei der Beendigung des aktiven Dienstverhältnisses dieser Bundestheaterbediensteten diese schon immer mit den Bundesbeamten gleichgestellt hat.
Durch die vorliegende Novelle soll gesetzlich klargestellt werden, dass durch die Ausgliederung im Rechtsbestand der betreffenden Dienstverhältnisse (Rechte und Pflichten des Dienstgebers, Rechte und Pflichten der Bundestheaterbediensteten) für die Dauer der Dienstverhältnisse keine Änderung eintritt, sofern keine anderslautenden Vereinbarungen zwischen Dienstgeber und Dienstnehmer geschlossen werden.
Es wird festgehalten, dass es im überwiegenden öffentlichen Interesse ist, die weitgehende Gleichstellung dieser Bundestheaterbediensteten mit den Bundesbeamten, wie dies bereits mit der Ausgliederung beabsichtigt war, weiterzuführen.
Eine einseitige Belastung von Dienstnehmern aufgrund mangelnder Abfertigungszahlungen - im Vergleich zu ASVG-Bediensteten - ist aufgrund des Bestandsschutzes und anderer günstigerer dienstrechtlichen Regelungen dieser Bundestheaterbediensteten ebenfalls nicht gegeben, somit ist auch der historische Zweck der Abfertigungszahlungen, die u.a. als Überbrückung für Zeiten der Arbeitslosigkeit geschaffen wurden, nicht erfüllt.
Bei einem Gesamtvergleich der beiden Pensionssysteme (Beamtensystem der Bundestheaterbediensteten und ASVG) ist neben den für die Bundestheaterbediensteten meist günstigeren Berechnungsvorschriften und den weniger strengen Dienstunfähigkeitspensionsregelungen auch auf die unbegrenzten Zuverdienstmöglichkeiten für die frühpensionierten Bundestheaterbediensteten hinzuweisen.
Der vorliegende Gesetzesantrag dient daher nur der Klarstellung der jahrzehntelang unbestrittenen Rechtsauffassung, dass eine allfällige Abfertigung von Personen, die Anspruch auf einen Ruhegenuss nach dem Bundestheaterpensionsgesetz haben, entsprechend den für Beamte geltenden gesetzlichen Bestimmungen zu beurteilen ist, und dass der parallele Bezug einer arbeitsrechtlichen Abfertigung und eines öffentlich-rechtlichen Ruhegenusses nicht vorgesehen ist. Das Inkrafttreten wird daher mit dem Datum der Ausgliederung vorgeschlagen.
Zur Gleichstellung der Bundestheaterbediensteten mit den Bundesbeamten wird im Detail auf folgende Bestimmungen hingewiesen:
Gemäß § 1 Abs. 1 BThPG regelt das Gesetz die Pensionsansprüche der „in Vollbeschäftigung und ständiger Verwendung stehenden“ vor dem 1. Jänner 1976 geborenen Bundesbediensteten österreichischer Staatsbürgerschaft, deren Dienstverhältnis durch
das Schauspielergesetz, BGBl. Nr. 441/1922 (nunmehr Theaterarbeitsgesetz) oder den Kollektivvertrag für das technische Personal der Bundestheater - im folgenden Bundestheaterbedienstete genannt - geregelt ist, sowie ihrer Hinterbliebenen und Angehörigen.
Diese Regelung entspricht im Wesentlichen der Stammfassung des § 1 BThPG, BGBl. Nr. 159/1958.
„In Vollbeschäftigung und ständiger Verwendung stehend“ im Sinne des § 1 BThPG ist pensionsrechtlich vergleichbar mit der Definitivstellung eines Bundesbeamten gemäß § 11 Beamten-Dienstrechtsgesetz 1979 – BDG 1979, da bei Eintritt von Dienstunfähigkeit bei einem solchen Bundestheaterbediensteten eine Auflösung des Dienstverhältnisses pensionsrechtlich nicht möglich ist, sondern gemäß § 2 BThPG der Bedienstete von Amts wegen (Abs. 2) oder auf Antrag (Abs. 1) in den Ruhestand zu versetzen ist und ihm ex lege eine Ruhestandsversorgung in Form eines Ruhegenusses (§§ 3, 6ff) gebührt.
Dies bedeutet jedoch nicht das Ende des dienstrechtlichen Bandes zum Dienstgeber, da gemäß § 2c Abs. 2 BThPG das aktive Dienstverhältnis des Bundestheaterbediensteten zum Ruhestandsverhältnis wird. Der Bundestheaterbedienstete kann bei einer zeitlichen Versetzung in den Ruhestand bei Wiedererlangung der Dienstfähigkeit vom Dienstgeber gemäß § 2 Abs. 5 BThPG zum Dienstantritt - mit rechtlichen Konsequenzen bei Nichtbefolgung - aufgefordert werden.
Die Frage der Dienstfähigkeit ist nach § 2 Abs. 3 BThPG durch den Dienstgeber des Bundestheaterbediensteten zu beurteilen, der wie folgt lautet:
„(3) Ein Bundestheaterbediensteter ist dienstunfähig, wenn er unfähig geworden ist, seinen Dienstposten zu versehen und ihm kein seiner Ausbildung, seinen Fähigkeiten und seinen Kenntnissen entsprechender und dem zuletzt bekleideten mindestens gleichwertiger Dienstposten zugewiesen werden kann, den zu versehen er imstande wäre und der ihm mit Rücksicht auf seine persönlichen, familiären und sozialen Verhältnisse billigerweise zugemutet werden könnte.“
Die Frage der Dienstunfähigkeit richtet sich somit danach, ob der Bundestheaterbedienstete aufgrund seiner Krankheit in der Lage ist, die Aufgaben seines oder eines vergleichbaren Arbeitsplatzes wahrzunehmen oder nicht.
Mit Eintritt eines bestimmten Ereignisses, nämlich mit Ablauf des Monats, in dem der Bundestheaterbedienstete sein 65. Lebensjahr vollendet hat, wird gemäß § 2b Abs. 1 BThPG sein aktives Dienstverhältnis ex lege zum Ruhestandsverhältnis mit den sich daraus ergebenden pensionsrechtlichen Ansprüchen.
Diese Regelungen des BThPG entsprechen den einschlägigen Regelungen für die Bundesbeamten (vgl. § 13 Abs. 1 § 14, § 16 BDG 1979 und den einschlägigen Bestimmungen des Pensionsgesetzes 1965).
Im Gegensatz zu den „in Vollbeschäftigung und ständiger Verwendung stehenden“ Bundestheaterbediensteten können Vertragsbedienstete, die pensionsrechtlich dem ASVG unterliegen, aus in ihrer Person gelegenen Gründen gekündigt werden, wenn sie dienstunfähig sind (sie können aus gesundheitlichen Gründen die Aufgaben ihres oder eines vergleichbaren Arbeitsplatzes nicht wahrnehmen) und eine Wiedererlangung der Dienstfähigkeit nicht zu erwarten ist (vgl. § 32 Abs. 2 Z 2 VBG 1948).
In diesem Fall erwirbt der Vertragsbedienstete ex lege keinen Anspruch auf Pensionsleistungen, sondern muss einen Antrag bei der Pensionsversicherungsanstalt (PVA) stellen. Die Frage des Pensionsanspruches richtet sich dabei nicht nach Dienstfähigkeit am Arbeitsplatz des Betroffenen, sondern gemäß § 273 Abs. 3 ASVG nach dessen Berufsunfähigkeit.
„Demnach gilt als berufsunfähig die versicherte Person, deren Arbeitsfähigkeit infolge ihres körperlichen oder geistigen Zustandes auf weniger als die Hälfte derjenigen einer körperlich und geistig gesunden versicherten Person von ähnlicher Ausbildung und gleichwertigen Kenntnissen und Fähigkeiten herabgesunken ist, wenn innerhalb der letzten 15 Jahre vor dem Stichtag (§ 223 Abs. 2) in zumindest 90 Pflichtversicherungsmonaten eine Erwerbstätigkeit als Angestellte/r oder nach § 255 Abs. 1 ausgeübt wurde.“
Die Anforderungen für eine Berufsunfähigkeit und damit für einen Pensionsanspruch nach dem ASVG sind daher wesentlich strenger als für einen Pensionsanspruch bei Dienstunfähigkeit für einen Bundesbeamten oder einen „in Vollbeschäftigung und ständiger Verwendung stehenden“ Bundestheaterbediensteten.
Beispielsweise ist auf die RV, XIV GP NR 332 dB zur Novelle des BThPG, BGBl Nr. 688/1977, zu verweisen, in der folgendes ausgeführt wird:
„Das Pensionsrecht der Bundesbeamten wurde durch das am 1. Jänner 1966 in Kraft getretene Pensionsgesetz 1965 neu geregelt. Dieses Gesetz brachte zahlreiche Verbesserungen, aber auch im Zuge der Vereinheitlichung der pensionsrechtlichen Vorschriften für bestimmte Gruppen den Abbau von bis dahin bestandenen Sonderregelungen. Die meisten der durch das Pensionsgesetz 1965 eingeführten Verbesserungen kommen auf Grund des erwähnten § 17 den Bundestheaterbediensteten bereits zugute (z. B. Begünstigungen bei Erwerbsunfähigkeit oder Tod, Anrechnung von Ruhegenußvordienstzeiten, günstigere Versorgung von Hinterbliebenen, Hilflosenzulagen). Ziel der nun vorliegenden BThPG-Novelle kann daher nur sein, auch in den sonstigen Bestimmungen eine Anpassung an das PG 1965 herbeizuführen, wobei auch hier der Grundsatz der Vereinheitlichung im Vordergrund steht.“
Abschließend ist festzuhalten, dass für Bedienstete, die ab 1. Juli 1998 in ein Dienstverhältnis zu den Bundestheatern aufgenommen wurden, das Bundestheaterpensionsgesetz gemäß § 21 Bundestheaterorganisationsgesetz, BGBl. I Nr. 108/1998, keine Anwendung mehr findet und dieser Personenkreis daher den allgemeinen arbeitsrechtlichen Regelungen für Abfertigungen unterliegt.
Zu Art. 13 Z 2 (§ 18n Abs. 2 Z 2 BThPG):
Siehe die Erläuterungen zu Art. 1 Z 16.
Zu Art. 13 Z 3 (§ 22 Abs. 48 BThPG):
Inkrafttretensbestimmung.
*****
Präsident Ing. Norbert Hofer: Der Abänderungsantrag ist ausreichend unterstützt, ordnungsgemäß eingebracht und steht somit in Verhandlung.
Zu Wort gelangt nun Frau Abgeordnete Gabriele Heinisch-Hosek. – Bitte schön, Frau Abgeordnete.
Abgeordnete Gabriele Heinisch-Hosek (SPÖ): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Da Dienstrechtsnovellen oft viele technische Inhalte haben, würde ich gern anders beginnen und uns noch einmal in Erinnerung rufen, um wie viele Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter im öffentlichen Bereich es denn eigentlich geht. Es sind rund 135 000 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter im Bundesdienst, und alle, alle, alle gemeinsam, der Bund, die Länder und die Kommunen – 2 096 Gemeinden haben wir in Österreich – sind es 355 000 Menschen, und ich gehe doch davon aus, dass nach der Gehaltsanpassung für den Bund auch die Länder und Kommunen, so wie das in der Vergangenheit üblich war, nachziehen werden.
Ich würde mir wünschen, dass das allen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern zugestanden wird und nicht davon gesprochen wird, dass da, wie Kollege Loacker gemeint hat, nur Privilegien vorhanden wären. Das sind Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, die – das hat Herr Kollege Ofenauer schon gesagt – das Staatshandeln als tragende Säule jetzt und in Zukunft darstellen. Die Zukunft wird natürlich auch für den öffentlichen Dienst eine Herausforderung werden. Ich kann Ihnen auch sagen, warum: Es ist egal, ob eine Krise vorhanden ist oder ob alles so läuft, wie es laufen soll, öffentlich Bedienstete leisten hervorragende Arbeit!
Damit wir wissen, wer wo beschäftigt ist: Ich kann Ihnen sagen, im Bund sind rund 45 000 Menschen in der Verwaltung tätig. Bei der Exekutive – ganz wichtig für die innere und äußere Sicherheit unseres Landes – sind 32 000 Frauen und Männer tätig; leider nur 17,3 Prozent Frauen, was sich hoffentlich noch nach oben hin ändern kann. Richterinnen, Richter, Staatsanwältinnen, Staatsanwälte: knapp 3 000 Personen; Lehrpersonen: 40 000 im Bund, 70 000 in den Ländern. Beim militärischen Dienst sind es 13 400 Personen, davon nur 2,7 Prozent Frauen; auch das ist ausbaufähig. Ich wollte Ihnen zu Beginn einen Überblick geben, damit Sie und die Zuseherinnen und Zuseher vor allem ein Bild davon haben, wie viele Menschen in der Verwaltung, aber auch in den nachgeordneten Dienststellen Tag für Tag für uns tätig sind.
Ich halte es für mehr als angemessen, dass genauso wie in der Privatwirtschaft für den öffentlichen Dienst in sozialpartnerschaftlicher Manier gemeinsam mit den Gewerkschaften GÖD und Younion, die da immer dabei sind, diese Gehaltsabschlüsse so zustande gekommen sind, wie sie jetzt sind, nämlich mindestens 50 Euro, aber im Schnitt 2,25 Prozent, bei den Zulagen 2,3 Prozent. Ich glaube schon, sagen zu dürfen, dass das eine Wertschätzung der Leistungen aller öffentlich Bediensteten in unserem Land darstellt, und das soll das zum Ausdruck bringen.
Die Herausforderungen sind groß. Auch in diesem Bereich gehen in den nächsten Jahren viele Personen in Pension, auch da muss man betreffend Personalentwicklung, Personalmanagement wahrscheinlich moderne, ganz andere Ansätze wählen. Der öffentliche Dienst hat sich da ja schon auf den Weg gemacht: nicht nur, dass wir schon seit vielen Jahren im Bereich von E-Government sehr, sehr gut liegen, an der Spitze sind; mit der Jobbörse des Bundes, durch die man innerhalb des Bundesdienstes wechseln kann, Karriere machen kann, gibt es auch eine gute Möglichkeit für die öffentlich Bediensteten, sich anderen Tätigkeiten zuzuwenden, sich weiterzubilden und umzuschulen.
Ich möchte zwei Bereiche, die schon von Kollegen Ofenauer herausgenommen wurden, ansprechen. Die Wiedereingliederungsteilzeit: Stellen Sie sich vor, eine öffentlich Bedienstete hat Brustkrebs, hat eine lange Rekonvaleszenz und dann die Möglichkeit, zu sagen: Ich bin wieder voll arbeitsfähig und mache mir mit meinem Dienstgeber aus, dass ich Teilzeit arbeite und dass ich wie in der Privatwirtschaft auch Wiedereingliederungsgeld bekomme! In der Privatwirtschaft gibt es das seit 2017. Die Dienstrechts-Novelle 2018 hat diese Möglichkeit auch für Vertragsbedienstete und Beamtinnen und Beamte geschaffen und wird jetzt auf Dauer gestellt, was ich sehr begrüße.
Ein letzter Satz noch zum Papamonat, der im öffentlichen Dienst seit 2011 existiert: 2015 haben wir den Babymonat daraus gemacht, das heißt, auch für Papa/Papa, Mama/Mama, bei adoptierten Kindern, Pflegekindern muss es möglich sein, dass ein Elternteil unmittelbar nach der Geburt diese vier Wochen in Anspruch nimmt. Der Unterschied zur Privatwirtschaft: Im öffentlichen Dienst muss erst eine Woche vor dem errechneten Geburtstermin bekannt gegeben werden, dass die Papas oder die Mamas diesen Babymonat in Anspruch nehmen. Er muss nicht exakt einen Monat dauern, er kann sich bis zu einem Monat erstrecken; also auch da gibt es mehr Flexibilität. Ich würde mir wünschen, dass der Babymonat vielleicht auch in der Privatwirtschaft Ein-
gang findet, zumal er im öffentlichen Dienst bisher hohe Zustimmung erfahren hat. (Beifall bei der SPÖ.)
15.09
Präsident Ing. Norbert Hofer: Zu Wort gelangt Frau Abgeordnete Dipl.-Ing. Karin Doppelbauer. – Bitte schön, Frau Abgeordnete.
Abgeordnete Dipl.-Ing. Karin Doppelbauer (NEOS): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Werte Kolleginnen und Kollegen! Mein Kollege Gerald Loacker hat in seiner Rede schon gesagt, dass wir diese Gesetzesvorlage nicht ganz fair finden.
Ich möchte eines schon gleich am Anfang betonen – da kann ich mich Frau Heinisch-Hosek anschließen –: Wir NEOS stehen auch hinter unseren Leuten im öffentlichen Dienst, von denen wirklich viele, viele jeden Tag einen ausgezeichneten Job machen. Es geht uns aber auch um einen anderen Punkt, nämlich um gleiches Recht für alle. Da gibt es aus meiner Sicht zwei Bereiche, die man sich genauer anschauen muss. Der eine Bereich betrifft die Abschlüsse – und zwar die tatsächlichen Abschlüsse, die jetzt zustande gekommen sind – und der zweite Bereich das Angleichen der Systeme, also das Zusammenführen der Welten der Privatwirtschaft und der Bediensteten im öffentlichen Bereich.
Fangen wir mit dem Abschluss an, der jetzt gerade schon besprochen wurde: 2,3 Prozent waren das im Schnitt, haben wir gerade eben gehört. Im Handel – und das ist ja das, was wir sagen: gleiches Recht für alle – waren es auch 2,3 Prozent, die Metaller haben natürlich, wie auch schon in der Vergangenheit, mit 2,8 Prozent stark abgeschlossen. So, nun kann man sagen, wenn man sich das im Vergleich anhört: Das hört sich ja ganz gut an, das ist ja eh angemessen, und es bedeutet auch gleiches Recht für alle!
Es wurden da aber ein paar Dinge unter den Tisch gekehrt, nämlich Folgendes: Es sind ja seit heuer Vordienstzeiten vor dem 18. Lebensjahr anrechenbar, und zwar wurde das im Juli beschlossen. Das war ein ganz erklecklicher Teil, der auch zu einer Erhöhung der Gehälter geführt hat. Was es im öffentlichen Dienst noch zusätzlich gibt, sind automatische Gehaltsvorrückungen alle zwei Jahre. Das nennt man Biennien, und das ist natürlich auch ein Teil, der da einfach eingerechnet werden muss. Das heißt – und deswegen habe ich am Anfang auch gesagt: wenn man sich die tatsächlichen Abschlüsse anschaut –, man kommt im öffentlichen Bereich eben auf 4,7 Prozent versus 2,3 Prozent für Angestellte im Handel. Das ist aus unserer Sicht nicht ganz fair, und deswegen ist es auch da unser Anliegen, dass man eben alle unter das gleiche Recht subsumiert.
Jetzt kann man natürlich sagen: Na, vielleicht war das angemessen, vielleicht hat es in den letzten zehn Jahren irgendwelche Unterschiede zwischen der Privatwirtschaft und den Beschäftigten im öffentlichen Bereich gegeben! Das kann man natürlich sagen; aber wir haben uns auch das angeschaut, um da fair vorzugehen. Schauen wir uns die Bruttojahreslöhne zwischen 2007 und 2017 an – ich darf vorlesen –: Bei den Arbeitern sind sie inflationsbereinigt um 2,1 Prozent gestiegen, bei den Angestellten sind sie um 5,9 Prozent gestiegen, bei den Beamten hingegen sind sie um 7,1 Prozent und bei den Vertragsbediensteten um 15,1 Prozent gestiegen. – Das ist es, was wir meinen, wenn wir sagen: Meine Damen und Herren, wir finden dieses System nicht ganz fair!
Damit kommen wir zum zweiten Punkt, und dieser betrifft die Anpassung der Systeme. Jedenfalls hätte man die Verhandlungen nämlich nutzen müssen, um ein paar Ungerechtigkeiten ins Visier zu nehmen. Mein Kollege Loacker hat es ja schon angesprochen, ein Punkt sind zum Beispiel die Mittagspausen: Normale Angestellte und ArbeiterInnen müssen nach 6 Stunden – und das ist auch gut und richtig so – eine halbe
Stunde Pause machen, die natürlich nicht bezahlt ist. Der Unterschied zu BeamtInnen und Vertragsbediensteten ist, dass diese die Pause auch einhalten müssen, aber sie für diese bezahlt und Teil der Arbeitszeit ist. Nun kann man natürlich sagen: Na gut, meine Güte, diese halbe Stunde macht das Kraut nicht fett! Doch wenn man es sich ausrechnet, dann kommt man mit einer halben Stunde pro Tag auf 2,5 Stunden pro Woche, 10 Stunden im Monat; im Laufe eines Arbeitsjahres sind das 15 Tage. – Das sind eben die Dinge, bei denen wir sagen es ist eine Ungleichbehandlung, es ist nicht okay, und deswegen kann man da nicht einfach mit der Schulter zucken und sagen: Es passt schon!
Gleiches Recht für alle bedeutet, wir müssen eine Struktur schaffen, die keine Arbeitnehmer zweiter und dritter Klasse mehr kennt. Es sei noch einmal betont, wie sehr wir NEOS die Arbeit unserer Mitarbeiter im öffentlichen Dienst wertschätzen, aber so ein starkes Lohnplus, über die Inflation hinaus, ohne dass im Gegenzug irgendwelche Reformen auch nur angegangen werden, hat einen fahlen Beigeschmack für die Steuerzahlerinnen und Steuerzahler. (Beifall bei den NEOS. – Zwischenruf der Abg. Heinisch-Hosek.)
15.13
Präsident Ing. Norbert Hofer: Zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Christian Lausch. – Bitte schön, Herr Abgeordneter.
Abgeordneter Christian Lausch (FPÖ): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Hohes Haus! Es wurde schon viel über die 3. Dienstrechts-Novelle gesprochen. So etwas ist natürlich immer ein etwas verwirrendes Spiel. Die 3. Dienstrechts-Novelle findet aus unserer Sicht die absolute Zustimmung. Natürlich ist sie unserer Meinung nach nicht der große Wurf. Man muss zum Lohnabschluss auch sagen: Unter Schwarz-Blau war er höher, war er gerechter, war er besser, das heißt, auch die Dienstrechtsnovelle wäre heute anders ausgefallen.
Was man wieder gänzlich vergessen hat, ist Folgendes – wir haben es ja heute schon angesprochen; ich kann die Zahlen nicht ganz nachvollziehen (Zwischenruf der Abg. Heinisch-Hosek) –: Wir haben schon 50 000 Exekutivbedienstete in Österreich, nämlich 30 000 Polizisten, 20 000 Heeresangehörige und 3 000 Justizwachebeamte, aber trotzdem ist die Exekutive ein kleiner Teil der Bundesbediensteten. In diesem Sinne braucht die Exekutive dringend ein eigenes Exekutivdienstrecht. (Beifall bei Abgeordneten der FPÖ.) Da war die schwarz-blaue Bundesregierung schon relativ weit, mittlerweile ist das wieder gänzlich eingeschlafen. Man sollte es aber nicht vergessen, denn ich glaube, die Exekutivbediensteten – Polizei, Militär, Justizwache – haben nicht vergessen, dass sich damals, vor einigen Jahren noch, die ÖVP als die Beamtenpartei sehr für die Exekutive starkgemacht hat. Dabei ist das eigentlich nicht der Fall. Wenn man sich diese Dienstrechtsnovelle anschaut, stellt man fest, dass darin ein Exekutivdienstrecht nicht einmal irgendwie angedacht wird.
Man wird die neue Bundesregierung, der die ÖVP angehören wird, daran messen, ob sie es endlich angeht, das lang geforderte Dienstrecht für die Exekutive zu schaffen. Das war auch zwischen Rot und Schwarz immer in Verhandlung, man hat sich nie dazu durchringen können, für diese Berufsgruppe ein eigenes Dienstrecht zu schaffen. Ich glaube, das wäre ein wichtiger Schritt. Es wurde von ÖVP-Seite auch mehrmals versprochen. Mit uns wäre es möglich gewesen, wir wären dazu gestanden. Wir haben immer gesagt: Ein eigenes Exekutivdienstrecht ist wichtig, ist richtig und ist schon überfällig.
In diesem Sinne denke ich mir, dass die Exekutive einen hohen Stellenwert hat, obwohl sie neben den vielen Lehrern und Verwaltungsbeamten nicht der größte Teil dieser Gruppe ist; das Dienstrecht ist aber unübersichtlich, das Dienstrecht gilt für alle
Bundesbediensteten – und das ist auf gar keinen Fall mehr zeitgemäß. Man sollte da doch die Exekutive herausnehmen, denn andere Arbeit, andere Anforderungen verlangen ein anderes Dienstrecht. Das gehört schon lange umgesetzt, aber da geht eigentlich überhaupt nichts weiter. Es ist gleich einmal ein Auftrag an euch, an Kollegen Ofenauer, Kolleginnen und Kollegen, das rechtzeitig anzugehen. Die Exekutive wartet darauf. Die ÖVP hat es mit uns gemeinsam zugesagt, nun liegt es an euch, da auch etwas zu tun.
Wir wissen, das kostet Geld, aber es ist ein wichtiger Schritt in die richtige Richtung. Exekutivdienst ist Schwerarbeit, ist schwerer Dienst, Schicht- und Wechseldienst, er bedeutet Wochenenddienst, Entbehrungen im familiären Bereich und bei der eigenen Sicherheit. Die Exekutive sorgt täglich für die öffentliche Sicherheit, die Sicherheit von uns allen. Das sollte man wertschätzen, und da sollte man nach jahrelangen Versprechungen auch endlich ein eigenes Dienstrecht umsetzen und sich einmal etwas trauen.
Wir werden schauen, was die neue Bundesregierung dann daraus macht. Wichtig wäre es allemal, es wurde schon öfters zugesagt und immer wieder auf die lange Bank geschoben. Wir Freiheitliche wären das angegangen, aber wie gesagt, jetzt kann man nur hoffen, dass sich die ÖVP endlich drübertraut, mit welchem Partner auch immer. – Danke schön. (Beifall bei der FPÖ.)
15.17
Präsident Ing. Norbert Hofer: Zu Wort gelangt Frau Abgeordnete Mag.a Eva Blimlinger. – Bitte schön, Frau Abgeordnete.
Abgeordnete Mag. Eva Blimlinger (Grüne): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Bundesminister! Geschätzte Anwesende auf der Galerie und zu Hause vor den TV-Geräten und vor den Laptops, über die Sie die Sitzung ja streamen können! Ich gehe gleich kurz auf die Ausführungen meines Vorredners ein: Ein eigenes Exekutivdienstrecht ist, glaube ich, nicht das Vorrangigste, was wir zu bewältigen haben. Da gibt es viel drängendere Probleme im öffentlichen Dienst, insbesondere was die Nachbesetzung von Planstellen betrifft. Es ist oder war bis dato immer ein Ziel, möglichst viele Beamten-/Beamtinnenplanstellen abzubauen, nicht nachzubesetzen, also den öffentlichen Dienst letztlich zu schwächen, was nicht im Interesse des Staates sein kann.
Gabriele Heinisch-Hosek hat schon erwähnt, wie viele Personen im öffentlichen Dienst, in Bund, Ländern und Gemeinden, tätig sind. Wenn man sich das europaweit anschaut, so sieht man, wir liegen im letzten Viertel, was den Anteil betrifft; es sind nämlich nur 18 Prozent der Erwerbstätigen im öffentlichen Dienst tätig. In Norwegen, Dänemark, Schweden sind es 30 Prozent. Ich denke, wir sollten die Zahl insbesondere im Bereich der Lehrerinnen, Lehrer, der Pädagoginnen, Pädagogen erhöhen, aber auch in den Krankenanstalten und selbstverständlich in der Verwaltung, weil die Verwaltung den Bürgern und Bürgerinnen dient. Es ist wunderbar, wie diese im Vergleich zu vor 20, 25 Jahren funktioniert: Innerhalb von drei Tagen bekommt man einen Reisepass, während es früher drei Wochen und drei Besuche bei Polizei, Gemeinde et cetera dafür brauchte. Es geht also nicht um einen schlanken Staat, sondern es geht um einen guten und abgesicherten Staat.
Das, was wir heute beschließen werden, besteht aus drei Elementen. Das eine ist die Bezugs- und Gehaltserhöhung, der wir selbstverständlich zustimmen. Wenn die Kolleginnen und Kollegen von den NEOS eine Angleichung des öffentlichen Diensts an die Privatwirtschaft wollen, dann kann ich nur sagen: Das drehen wir um! Die Privatwirtschaft soll sich bitte an den öffentlichen Dienst anpassen und die Arbeitsbedingungen in gleicher Weise gut gestalten, wie das im öffentlichen Dienst der Fall ist. (Beifall bei den Grünen. – Abg. Doppelbauer: Das können wir auch machen! Das ist
okay!) Zum Beispiel soll die Mittagspause auch in privatrechtlichen Dienstverhältnissen in die Arbeitszeit eingerechnet werden.
Ein zweiter Bereich ist die Implementierung der Funktion der Schulevaluatoren und ‑evaluatorinnen in das BDG und die anlagernden Gesetzesmaterien. Darin ist, glaube ich, ein sehr wichtiger Schritt zu sehen, nämlich dass Schulen nicht erst dann aufs Tapet kommen, wenn sie eine sogenannte Brennpunktschule sind, sondern bereits vorher, wenn Probleme auftreten. Es kann auch eine direkte Meldung an die Dienstbehörde, an die Zentralstelle abgegeben werden und auf kurzem Weg versucht werden, Lösungen zu finden. Dazu ist es auch notwendig, dass die Evaluatoren eine freie Auswahl treffen können, die keiner Weisung unterliegt, dass sie frei entscheiden können, damit nicht schon im Vorfeld mögliche Beeinflussungen stattfinden.
Der dritte Bereich – da werden die Kollegen und Kolleginnen von den NEOS mitgehen – ist die Änderung des Bundestheaterpensionsgesetzes, und da geht es um die Frage der Abfertigungen – ja oder nein – nach der Ausgliederung. Erlauben Sie mir, gleich darauf hinzuweisen, dass es ja immer noch Bereiche ausgelagerter Bundesinstitutionen gibt, wie zum Beispiel die Bundesmuseen. Bis heute gibt es nur in einem oder in eineinhalb Komplexen einen Kollektivvertrag; darum bitte ich, in Zukunft bei allen Auslagerungen darauf zu achten.
Lassen Sie mich zum Schluss anlässlich der Weihnachtsfeiertage, die uns bevorstehen, und um zu sehen, wie mit Beamten früher umgegangen worden ist, aus einem Vortrag an den Ministerrat von Julius Raab aus dem Jahr 1953 – er war damals erst einige Monate Kanzler – vorlesen:
„Vortrag an den Ministerrat. Gegenstand: Weihnachts- und Neujahrsgratulationen im Dienst; Abstandnahme von denselben. Der Brauch, aus Anlaß des Weihnachtsfestes und des Jahreswechsels den persönlich Bekannten Glückwünsche auszusprechen, hat in steigendem Maße auch im öffentlichen Dienste platzgegriffen. Viele Beamte fürchten, ein Gebot der Höflichkeit zu verletzen, wenn sie nicht ihren Vorgesetzten und ihren Mitarbeitern die üblichen Weihnachts- und Neujahrswünsche vortragen. Beamte in leitenden Stellen und Beamte mit einem ausgedehnten dienstlichen Geschäftsverkehr werden dadurch in die Notwendigkeit versetzt, einen bedeutenden Teil ihrer Zeit und ihrer Aufmerksamkeit dem Empfangen und Übermitteln von Glückwünschen zuzuwenden. Dieser Zustand widerspricht dem Gebot der Sparsamkeit in der Verwaltung. Auch die geringere Anzahl von Arbeitstagen um die Weihnachtszeit und die bei vielen Dienststellen gerade um diese Zeit auftretende Häufung von Arbeit lässt es angezeigt erscheinen, von Glückwunschaktionen im öffentlichen Dienst abzusehen.“ (Heiterkeit bei den Grünen.)
Liebe Kolleginnen und Kollegen, ich wünsche Ihnen schöne Feiertage – ob Sie nun Weihnachten oder Chanukka feiern – und möchte mich an dieser Stelle bei allen öffentlich Bediensteten im Parlament sehr herzlich für ihre Arbeit bedanken. – Danke. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ.)
15.23
Präsident Ing. Norbert Hofer: Zu Wort gelangt Frau Abgeordnete MMMag. Gertraud Salzmann. – Bitte, Frau Abgeordnete.
Abgeordnete MMMag. Gertraud Salzmann (ÖVP): Sehr geehrter Herr Minister! Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Sehr geehrte Zuseher auf der Galerie und daheim vor den Bildschirmen! Lassen Sie mich eingangs zu dieser Dienstrechtsnovelle festhalten: Der öffentliche Dienst ist eine wesentliche Säule unserer Republik Österreich. Gerade auch in der Zeit der Übergangsregierung hat sich
wieder gezeigt, dass die Kolleginnen und Kollegen im öffentlichen Dienst ihren Dienst so verrichten, dass für Stabilität, für Kontinuität und für absolute Verlässlichkeit gesorgt ist. Sie üben ihren Dienst höchst professionell aus. (Beifall bei der ÖVP.)
Die Bevölkerung Österreichs ist sich der großen Bedeutung des öffentlichen Dienstes durchaus bewusst, wie die Ergebnisse einer aktuellen Studie des renommierten Meinungsforschungsinstitutes Imas zeigen: „Neun von zehn der 1060 befragten Österreicherinnen und Österreicher über 16 Jahren beurteilen die Bedeutung des Öffentlichen Dienstes für die hohe Lebensqualität mit Note 1 oder 2. Gleichzeitig sehen viele der Befragten die steigenden Anforderungen an die Kolleginnen und Kollegen und stufen den Gesundheits-, Sicherheits-, Bildungs- sowie Verwaltungsbereich als ‚sehr stark gefordert‘ ein.“ Die Studienergebnisse – so kann ich festhalten – bestätigen einmal mehr: Die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter im öffentlichen Dienst leisten trotz steigender Arbeitsbelastung hervorragende Arbeit und genießen ein hohes Ansehen in der Bevölkerung.
Das Hauptanliegen der uns vorliegenden 3. Dienstrechts-Novelle ist vor allem die Gehaltserhöhung für die Vertragsbediensteten und für die Beamten und Beamtinnen in unserem Staat. Im November wurde sie ausverhandelt, und sie bietet letztendlich eine durchschnittliche Erhöhung um 2,3 Prozent, wobei diese Erhöhung aber gestaffelt ist; im obersten Einkommensbereich sind es 2,25 Prozent und im untersten Einkommensbereich sind es 3,05 Prozent. In Summe ist es so, dass für jeden zumindest 50 Euro mehr herauskommen.
Ein weiterer Inhalt dieser Dienstrechtsnovelle ist unter anderem der Verfall des Urlaubsanspruches. Dieser ist nicht mehr automatisch gegeben, sondern es gibt jetzt auch, der EU-Judikatur, die bereits zitiert wurde, folgend, eine Hinweispflicht des Arbeitgebers. Er muss den Arbeitnehmer nachweislich und klar darauf hinweisen, den Urlaub zu konsumieren, und ihm auch die Möglichkeit dazu geben.
Die Wiedereingliederungsteilzeit ist ein wesentliches und wichtiges Modell für die Eingliederung von Kolleginnen und Kollegen, die aus einem längeren Krankenstand kommen. Sie war ursprünglich bis Ende 2020 befristet. Die Ergebnisse haben gezeigt, dass es sich um eine sinnvolle Maßnahme handelt, und daher wird die Befristung jetzt abgeschafft.
Beim Papamonat, der im öffentlichen Dienst ja bereits seit 2011 im Rahmen der Frühkarenz und des Babymonats möglich ist, soll eine Doppelgleisigkeit vermieden werden.
Zudem finden sich in der Novelle Anpassungen und Regelungen bezüglich der Schulevaluation, aber auch der Begleitung von Schulentwicklungsprozessen.
Meine Damen und Herren, lassen Sie mich abschließend festhalten: Die Bevölkerung baut auf einen leistungsstarken öffentlichen Dienst, und dieser hat hohes Ansehen bei der Bevölkerung. Ich darf mich an dieser Stelle bei allen Kolleginnen und Kollegen im öffentlichen Dienst sehr herzlich für die tagtäglich geleistete Arbeit und für ihren enormen Einsatz bedanken, und ich ersuche alle Parteien hier herinnen, dieser vorliegenden Novelle in Anerkennung der Leistungen unseres öffentlichen Dienstes zuzustimmen. (Beifall bei der ÖVP.)
15.28
Präsident Ing. Norbert Hofer: Zu Wort gelangt nun Herr Abgeordneter Mag. Christian Drobits. – Bitte schön, Herr Abgeordneter.
Abgeordneter Mag. Christian Drobits (SPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Minister! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Der vorliegende Initiativantrag samt den Abänderungsanträgen, auch als 3. Dienstrechts-Novelle 2019 bekannt, ist einerseits
ein Spiegelbild der funktionierenden Sozialpartnerschaft in Österreich und beinhaltet andererseits auch einen sehr positiven Gehaltsabschluss, zustande gekommen durch ein Zusammenwirken der Gewerkschaft öffentlicher Dienst und des Finanzministeriums. Davon profitieren, wie wir heute bereits gehört haben, rund 227 000 Bedienstete im Bund inklusive der Vertragslehrer, aber auch viele Bedienstete in den Ländern und in den Gemeinden – das sind rund 300 000 – infolge der Übernahme dieses Beschlusses. Das bedeutet, viele Menschen, viele Familienmitglieder, darunter viele Kinder, profitieren davon indirekt und direkt.
Es ist auch ein klares Zeichen in dieser Dienstrechtsnovelle, dass gerade die niedrigeren Einkommen stärker angehoben wurden. Es wurden ein Sockel von 50 Euro als Mindestwert und eine Spannbreite von 2,25 bis 3,05 Prozent festgelegt – damit wurde auch den Beziehern niedrigerer Einkommen entsprechend Rechnung getragen. Das bedeutet, dass dieser Gehaltsabschluss eine Erfolgsgeschichte ist, weil davon unabhängig die Biennalsprünge sowie auch die Vordienstzeitenanrechnungen aufgrund des EuGH-Urteils weiterhin bestehen. Es ist meiner Meinung nach eine klare Wertschätzung und ein Ausdruck des Respekts vor der hervorragenden Arbeit aller Bediensteten im Bund, in den Ländern und in den Gemeinden, und dafür möchte ich mich bedanken. (Beifall bei der SPÖ.)
Im Hinblick auf die Novelle möchte ich explizit zwei Bemerkungen machen. Die eine betrifft den Entfall der Befristung für die Möglichkeit der Inanspruchnahme einer Wiedereingliederungsteilzeit. Diese Wiedereingliederungsteilzeit ist aus meiner Sicht als bekennender Arbeitnehmervertreter eine ganz wichtige Sache, weil damit nämlich Menschen, die lange gearbeitet haben und irgendwann einmal krank geworden sind – schwer krank, etwa aufgrund eines Krebsleidens oder psychischer Erkrankungen –, die Chance haben, nach einem langen Krankenstand in Teilzeit ein Dienstverhältnis zu haben, sowie danach die Möglichkeit, auf Vollzeit aufzustocken. Das heißt, dass sie aus dem Arbeitsleben nicht hinausgedrängt werden, sondern bleiben können. Durch diese Dienstrechtsnovelle wird jetzt gewährleistet, dass das nicht nur befristet möglich ist, denn die Sorgen und Beschwerden dieser schwer kranken Menschen bestehen ja durchaus auch über längere Zeit oder gar auf Dauer. Es ist mir wichtig, das zu erwähnen, weil im Endeffekt genau diese Änderung betreffend Wiedereingliederungsteilzeit und der Gehaltsabschluss ein klares Zeichen dafür sind, dass mit dieser Dienstrechtsnovelle eine soziale Ausrichtung verfolgt wird.
Erwähnen möchte ich auch noch, dass betreffend Wiedereingliederungsteilzeit gleichsam auch ein eindeutiger Tatbestand geschaffen wurde, und zwar für die große Gruppe der Vertragsbediensteten. Diese waren nämlich bislang schlechtergestellt als zum Beispiel Richterinnen und Richter, aber auch Angehörige der Privatwirtschaft.
Der zweite Aspekt betrifft das EuGH-Urteil zum Fall Kreuziger. Darin erfolgte die Klärung, dass es nicht sein kann, dass Urlaubsansprüche, deren Zweck die Erholung ist, verfallen. Es kann nicht sein, dass erworbene Rechte gestrichen, erworbene Urlaubsansprüche nicht mehr konsumiert werden können, wenn man in Pension geht. Genau diesem Urteil wurde mit der Dienstrechtsnovelle nunmehr Rechnung getragen; der Arbeitgeber wird jetzt verpflichtet – er trägt die Beweislast dafür –, darüber zu informieren, wann der Verfall eintritt, beziehungsweise muss für die arbeitenden Menschen die Möglichkeit geschaffen werden, den Urlaub entweder zu konsumieren oder eine entsprechende Urlaubsersatzleistung zu erhalten. (Beifall bei der SPÖ.)
Abschließend erlaube ich mir noch zwei Bemerkungen. Zunächst: Es ist eine harmonische Erfolgsgeschichte – Dank auch an das Finanzministerium. Weiters möchte ich zwei Punkte persönlich anregen: Zum einen sollte der Umstand, dass dem Urteil zum Fall Kreuziger, in dem es um den Urlaubsverfall geht, in der Dienstrechtsnovelle Rechnung getragen wird, dazu führen, dass dies unbedingt auch in den Kollektivverträgen
der anderen arbeitenden Menschen Aufnahme findet. Und der zweite Punkt: Herr Kollege Mag. Loacker, ich bin in dieser Legislaturperiode nicht dafür zu haben, dass wir wohlerworbene Rechte von arbeitenden Menschen streichen und im Endeffekt einen Eingriff in die Rechtssicherheit unseres Systems machen. – Danke. (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Loacker: Ist das Ihr bestes Argument – wohlerworben?)
15.33
Präsident Ing. Norbert Hofer: Zu Wort gemeldet ist nun Herr Abgeordneter Mag. Markus Koza. – Bitte, Herr Abgeordneter.
Abgeordneter Mag. Markus Koza (Grüne): Sehr geehrter Herr Minister! Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Die Lohnverhandlungen im öffentlichen Dienst sind vor mehreren Wochen zu Ende gegangen. Wir beschließen das heute hier im Parlament. Die Erhöhungen bewegen sich im Bereich 3,05 bis 2,25 Prozent. Was uns natürlich sehr freut, ist, dass es für die unteren Einkommensgruppen einen deutlich stärkeren Anstieg gibt als für die oberen, dass es einen Sockel von 50 Euro gibt.
Trotz alledem ist betreffend diesen Lohnabschluss immer wieder auch Kritik laut geworden, sowohl medial als auch teilweise hier im Hause, ob das dem öffentlichen Dienst denn überhaupt so zustehe, weil der öffentliche Dienst ja nach wie vor mit, sagen wir, Sonderrechten ausgestattet wäre. – Ja, es stimmt tatsächlich: Der öffentliche Dienst hat noch einigermaßen stabile Beschäftigungsverhältnisse; ja, diese stabilen Beschäftigungsverhältnisse lassen auch noch eine positive Reallohnentwicklung zu; und ja, der öffentliche Dienst ist einer der wenigen Bereiche, in dem tatsächlich Männer und Frauen ansatzweise gleich viel verdienen. Das finden wir gut so, so soll es auch sein! (Beifall bei den Grünen.)
Es ist allerdings auch Fakt, dass sich der öffentliche Dienst längst nicht mehr den Entwicklungen in der Arbeitswelt entziehen kann und vor enormen Herausforderungen steht, und auf diese möchte ich kurz eingehen, denn im Rahmen der Lohnverhandlungen, der Gehaltsverhandlungen fordert ja die Gewerkschaft auch eine Anstellungsoffensive, und das aus gutem Grund.
Seit 1999 ist der Stand der Beschäftigten im Bundesdienst um 30 900 zurückgegangen, teilweise durch Ausgliederungen, andererseits aber auch durch Nichtnachbesetzungen. Allein in der Verwaltung wurde jeder siebte Beschäftigte nicht nachbesetzt, und erst vor Kurzem gab es einen Aufschrei im Justizbereich betreffend den Personalnotstand, der dort herrscht; es wurden Hunderte zusätzliche Beschäftigte im Bereich der Staatsanwaltschaft, der RichterInnen, der JustizwachebeamtInnen gefordert.
Eine Folge des Aufnahmestopps ist nicht nur der Personalnotstand, sondern auch die Überalterung im öffentlichen Dienst. Wir haben derzeit im Bundesdienst ein durchschnittliches Alter von 45,9 Lebensjahren, fast die Hälfte aller Bundesbediensteten sind über 50. In der Privatwirtschaft sind es 38,7 Jahre, und gerade einmal ein Viertel sind dort über 50. Das heißt, wir werden in den nächsten Jahren einen dringenden Handlungsbedarf, einen dringenden Bedarf an Nachbesetzungen haben, und damit wir im öffentlichen Dienst qualitativ hochwertige Beschäftigte bekommen, brauchen wir auch entsprechend attraktive Arbeits- und Einkommensbedingungen. Die öffentliche Hand, der Bund, muss als attraktiver Arbeitgeber auftreten.
Ich habe schon gesagt, dass sich die Vielfalt der Arbeitswelt längst auch im öffentlichen Dienst widerspiegelt. Die Zahl der BeamtInnen geht zurück, die Zahl der Vertragsbediensteten, aber auch der Privatangestellten steigt, und die Einkommenssituation ist längst nicht so rosig, wie dies immer wieder gerne behauptet wird. Ich denke
in diesem Zusammenhang an meinen Freund Manfred, einen Elektriker an der Universität (Abg. Stögmüller: Kenn’ ich!) – den kennst du auch –: Er hat 16 Dienstjahre und verdient 2 200 Euro brutto, das sind circa 1 500 Euro netto. Er bekommt jetzt eine Lohnerhöhung von circa 50 Euro brutto und sagt mir: Das frisst die Miete, das frisst der Strom, das frisst die Energie. Privilegienritter, meine sehr geehrten Damen und Herren, schauen anders aus! (Beifall bei den Grünen. – Abg. Loacker: Das ist die kalte Progression!)
Für uns Grüne ist klar: Ein funktionierender Rechtsstaat, eine gute Verwaltung, ein hochwertiges öffentliches Bildungssystem brauchen auch hoch motivierte MitarbeiterInnen. Und hoch motivierte MitarbeiterInnen gibt es dann, wenn die Arbeitsbedingungen attraktiv sind und wenn die Einkommen passen – Einkommen, die ein gutes und sorgenfreies Leben erlauben. Dafür haben wir Grüne uns in der Vergangenheit eingesetzt und dafür werden wir uns auch in Zukunft einsetzen, deshalb werden wir diesem heutigen Gesetzesvorschlag und dem Lohnabschluss auch zustimmen. – Danke. (Beifall bei den Grünen. – Bravoruf des Abg. Kogler.)
15.38
Präsident Ing. Norbert Hofer: Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich habe mir das Protokoll zu den Punkten 1 und 2 der Tagesordnung kommen lassen.
Ich erteile Herrn Klubobmann Herbert Kickl für die Aussage: „Für mich ist das, was Sie und der Bundespräsident da gemacht haben, eine amtsmissbräuchliche Vorgangsweise“, einen Ordnungsruf.
*****
Ich erteile weiters Herrn Abgeordnetem Michel Reimon für die Aussage, „die einzige Bevölkerungsgruppe, vor der man sich wirklich fürchten muss, die eine höhere Kriminalitätsrate als die Afghanen hat, das sind doch die Freiheitlichen“, ebenfalls einen Ordnungsruf. (Ruf bei den Grünen: Das ist doch die Wahrheit!)
*****
Zu Wort gemeldet ist nun Herr Kollege Hans Stefan Hintner. – Bitte, Herr Abgeordneter.
Abgeordneter Hans Stefan Hintner (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Bundesminister! Hohes Haus! In den Urzeiten des öffentlichen Dienstes hieß es: Man hat zwar nix, aber das ist fix. Kompensiert wurden allfällige Gehaltserhöhungen mit schönen Uniformen, Orden und Amtstiteln. Dieses Bild hat sich aber spätestens nach den Zeiten der Hochkonjunktur bis Mitte der Siebzigerjahre geändert, weil auch der Staat gezwungen war, in Zeiten des Mangels an qualifizierten Arbeitskräften adäquate Löhne und Gehälter zu bezahlen.
Der Gehaltsabschluss im öffentlichen Dienst, der mit 1. Jänner 2020 für Vertragsbedienstete und Beamte in Kraft tritt, kann sich im Reigen der anderen Kollektivvertragsabschlüsse durchaus sehen lassen, und somit haben heute die NEOS ein Alleinstellungsmerkmal, indem sie gegen diese Erhöhungen und Verbesserungen für 350 000 Menschen und ihre Familien sind. (Abg. Loacker: Aber zugehört haben Sie schon?!)
Zum vorliegenden Abschluss darf ich sowohl den Vertretern auf der Arbeitgeberseite des Bundes, insbesondere Ihnen, Herr Finanzminister, als auch der Arbeitnehmerseite
gratulieren. Es ist ein sehr guter Abschluss für beide Seiten im Rahmen der Budgetvorgaben, gleichzeitig aber auch ein deutliches Zeichen zur Stärkung der Gehälter und somit der Massenkaufkraft, die ja nach wie vor die Konjunktur trägt. Als Christlich-Sozialer darf ich dabei besondere Wertschätzung gegenüber Norbert Schnedl und seinem Team zum Ausdruck bringen, das in hervorragender Art und Weise die Arbeit des eisernen Fritz Neugebauer in der Gewerkschaft öffentlicher Dienst fortsetzt. (Beifall bei der ÖVP.)
An dieser Stelle auch die herzlichsten Gratulationen an die christlichen Gewerkschafter zum großen Erfolg bei den jüngsten Personalvertretungswahlen! (Zwischenruf des Abg. Loacker. – Abg. Hanger: Geh, geh, tu net stänkern!)
Ich bin stolz auf den öffentlichen Dienst. Er stellt – von der Gemeindestube bis hin zum Hohen Haus – einen wesentlichen Faktor für die politische Stabilität in Österreich dar. Nicht von ungefähr besteht die derzeitige Übergangsregierung aus hochrangigen Persönlichkeiten des öffentlichen Dienstes. Dieser Faktor der politischen Stabilität kommt auch in der Wechselwirkung von Politik und Verwaltung zum Ausdruck. Nicht jede angeblich progressive politische Forderung ist der Weisheit letzter Schluss, und bei so manchen Reformvorschlägen nach dem Motto: Ich weiß zwar nicht wohin, dafür bin ich schneller dort!, ist der öffentliche Dienst nicht Bremser, sondern Mitdenker.
Der öffentliche Dienst ist ein wesentlicher Faktor für den Wirtschaftsstandort Österreich. Die authentische Anwendung der Bestimmungen und der Gesetze, Unbestechlichkeit und die rasche Umsetzung sowie Bescheidung der Anträge sind mitentscheidend für die Frage nationaler und internationaler Betriebsansiedlungen.
Kollektivvertrags- und Gehaltsverhandlungen sind aus gutem Grund Sache der jeweiligen Sozialpartner. Nur diese Partnerschaft gewährleistet maßgeschneiderte und branchenspezifische Ergebnisse. Der Staat soll sich da aus guten Gründen zurückhalten. Schon Forderungen nach gesetzlichen Mindestlöhnen erwecken mein Misstrauen, denn diese sind meistens politisch motiviert und untergraben die Kollektivvertragsfähigkeit der Gewerkschaften. Vielmehr ist es Aufgabe des Staates, die Ergebnisse aus Gehalts- und Kollektivvertragsverhandlungen auch durch Rahmenbedingungen in der Steuergesetzgebung zu berücksichtigen, damit vom Brutto mehr übrig bleibt, sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen!
Ja, über Löhne und Gehälter wird auch umverteilt. Ich kenne aber keinen, der mehr auf dem Konto gehabt hätte, wenn ihm jemand etwas weggenommen hätte. Und so soll es in Zukunft auch nicht darum gehen, jemandem seine Rolex, sein Jagdgewehr oder seinen Porsche wegzunehmen, sondern darum, durch eine positive Gehaltspolitik zu ermöglichen, dass sich jeder einen Porsche und eine Rolex leisten kann. (Heiterkeit bei Abgeordneten der Grünen.) – Glück auf! (Beifall bei der ÖVP.)
15.44
Präsident Ing. Norbert Hofer: Zu Wort ist dazu niemand mehr gemeldet. Die Debatte ist geschlossen.
Wir gelangen zur Abstimmung über den Gesetzentwurf in 9 der Beilagen.
Hiezu haben die Abgeordneten Großbauer, Mag. Drozda, Lausch, Mag. Blimlinger, Schellhorn, Kolleginnen und Kollegen einen Abänderungsantrag eingebracht.
Ich werde daher zunächst über den erwähnten Abänderungsantrag und schließlich über die restlichen, noch nicht abgestimmten Teile des Gesetzentwurfes abstimmen lassen.
Die Abgeordneten Großbauer, Mag. Drozda, Lausch, Mag. Blimlinger, Schellhorn, Kolleginnen und Kollegen haben einen Abänderungsantrag betreffend Artikel 13 eingebracht.
Ich bitte jene Damen und Herren, die sich hiefür aussprechen, um ein entsprechendes Zeichen. (Die Abgeordneten der ÖVP erheben sich verzögert, erst nach jenen aller anderen Fraktionen, von ihren Sitzen. – Heiterkeit bei Abgeordneten von SPÖ und FPÖ. – Abg. Lausch – in Richtung ÖVP –: Ihr seid ja noch die Besten! – Abg. Krainer: Wenn das der Neugebauer gesehen hätte!) – Das ist einstimmig angenommen.
Ich komme sogleich zur Abstimmung über die restlichen, noch nicht abgestimmten Teile des Gesetzentwurfes samt Titel und Eingang in der Fassung des Ausschussberichtes.
Ich bitte jene Damen und Herren, die hiefür ihre Zustimmung erteilen, um ein bejahendes Zeichen. – Das ist mehrheitlich angenommen.
Wir kommen sogleich zur dritten Lesung.
Ich bitte jene Damen und Herren, die auch in dritter Lesung für den vorliegenden Gesetzentwurf sind, um ein Zeichen der Zustimmung. – Das ist die Mehrheit. Der Gesetzentwurf ist somit auch in dritter Lesung angenommen.
Wir gelangen nunmehr zur Abstimmung über den Entschließungsantrag der Abgeordneten Mag. Gerald Loacker, Kolleginnen und Kollegen betreffend Angleichung öffentlich Bediensteter an den privaten Sektor.
Ich bitte jene Damen und Herren, die für den Entschließungsantrag sind, um ein Zeichen der Zustimmung. – Das ist die Minderheit. Der Antrag ist abgelehnt.
Ich unterbreche die Sitzung bis 15.47 Uhr.
*****
(Die Sitzung wird um 15.46 Uhr unterbrochen und um 15.47 Uhr wieder aufgenommen.)
*****
Präsident Ing. Norbert Hofer: Ich nehme die unterbrochene Sitzung wieder auf.
Ich unterbreche nunmehr die Verhandlungen über die Tagesordnung, damit die verlangte Behandlung eines Dringlichen Antrages stattfinden kann.
der Abgeordneten Mag. Beate Meinl-Reisinger, MES, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Umsetzung notwendiger Spielerschutzmaßnahmen im Glückspiel“ (110/A)(E)
Präsident Ing. Norbert Hofer: Wir gelangen zur dringlichen Behandlung des Selbständigen Antrages 110/A(E).
Da dieser Antrag inzwischen allen Abgeordneten zugegangen ist, erübrigt sich eine Verlesung durch den Schriftführer.
Der Dringliche Antrag hat folgenden Wortlaut:
Suchtprävention
"Es sind suchtpräventive und legislative Maßnahmen zu setzen, um die Anzahl jener gering zu halten, die Probleme im Zusammenhang mit Glücksspiel oder ähnlichem, wie z.B. Sportwetten entwickeln. Die Angebote müssen so reglementiert werden, dass die-
se primär der Unterhaltung dienen und existenzbedrohende Verluste unwahrscheinlich werden." Mit diesen Worten beginnt die dem Glücksspiel gewidmete Passage der österreichischen Suchtpräventionsstrategie aus Dezember 2015. Legislative Maßnahmen, die den darin verankerten Zielen dienen, hat der Nationalrat bis dato vermissen lassen. Dieser Antrag ist ein Versuch, dies aufzuholen.
Aus dem Blickwinkel der oben angeführten Ziele, die angebotenen Glücksspiele so zu reglementieren, dass der Unterhaltungswert im Vordergrund steht und eine existenzielle Bedrohung durch Verluste minimiert wird, scheint die derzeitige Rechtslage ungenügend zu sein. Insbesondere die Höchsteinsätze (bis zu zehn Euro) und die Höchstgewinne (bis zu 10.000 Euro) scheinen den Rahmen eines verhältnismäßigen und "kleinen" Glücksspiels weit zu sprengen. Dies zeigt sich anhand der Aussagen von Expert_innen, ehemaligen spielsüchtigen Menschen und vor allem im internationalen Vergleich. Auch aus europarechtlicher Sicht ist die derzeitige Rechtslage kritisch zu betrachten.
Im April 2016 publizierte das Österreichische Bundesinstitut für Gesundheitswesen eine Studie, die im Auftrag des BMF (genauer der Spielerschutzstelle, die beim BMF eingerichtet ist) erstellt wurde. In dieser Studie wurde eine wesentliche Zielsetzung der GSpG Novelle 2010, die Umsetzung eines wirksamen Spielerschutzes, evaluiert.
Die Studie kommt zu einem durchwegs eindeutigen Ergebnis. Der GSpG Novelle 2010 wird zwar attestiert, es in einzelnen Bereichen durchwegs gut gemeint zu haben, jedoch ist gut gemeint nicht immer auch gut gelungen. Gewiss wurden einige positive Maßnahmen eingeführt, doch ist selbst bei den mehrheitlich positiv wahrgenommenen Neuerungen die Umsetzung verbesserungswürdig (freiwillige Selbstbeschränkungen, Spielsperren, etc.).
Die meisten Glücksspielbetreiber halten sich an die gesetzlichen Bestimmungen und systematische Umgehungen wurden in der Studie kaum festgestellt. Es darf jedoch auch nicht unerwähnt bleiben, dass gerade die Umsetzung der Verpflichtungen der Glücksspielbetreiber vor Ort (ausreichende Information und Warnung bei problematischem Spielverhalten mit eventueller Konsequenz einer Spielsperre) nur ungenügend umgesetzt werden. Hier bleibt der Spielerschutz ein gut gemeintes gesetzliches Lippenbekenntnis.
Die wesentlichen Bestimmungen der GSpG Novelle 2010, die sowohl bei Expert_innen als auch bei Spieler_innen auf Unverständnis stoßen, drehen sich jedoch um den Kern der Novelle, der laut befragten Expert_innen und Spieler_innen mit dem durch die GSpG Novelle intendierten Spielerschutz kaum in Einklang zu bringen ist. So steht in der Kurzfassung zu Beginn der Studie:
"Die derzeitigen Bestimmungen hinsichtlich Spieldauer pro Einzelspiel, Einsatz- und Gewinnhöhe stoßen sowohl bei der überwiegenden Mehrheit der Expertinnen und Experten als auch bei Spielern und Spielerinnen auf Unverständnis. Die Erhöhung der maximal möglichen Einsätze pro Spiel im Zuge der GSpG-Novelle ist für Fachleute aus einer Spielerschutzperspektive kaum nachvollziehbar. Soll Glücksspiel der Unterhaltung dienen und nicht Geldgewinn im Fokus stehen, der langfristig de facto ohnehin unmöglich zu realisieren ist, sind hier massive Nachbesserungen notwendig."
Trennung Regulator bzw Aufsicht und Eigentümer:
Beim Bundesminister für Finanzen laufen verschiedenste Fäden zusammen, welche nicht zusammengehören, werden doch Aufgaben des Spielerschutzes, fiskalische Interessen, die Wahrnehmung der Eigentümerrechte, Regulierungsbehörde sowie Aufsichtsbehörde dort unter einem Dach vereint, wo auch die legistische Betreuung des Glücksspielgesetzes (GSpG) unter besonderer Berücksichtung ordnungspolitischer Gesichtspunkte angesiedelt ist. Dass dies einen Interessenkonflikt allerhöchsten Aus-
maßes nach sich zieht, ist ebenso offensichtlich, wie problematisch. Wurde in punkto der Herauslösung der Spielerschutzagenden aus dem BMF bereits ein Entschließungsantrag eingebracht, der jedoch abgelehnt wurde, soll sich der Fokus hier auf eine organisationelle Trennung von Regulierungs-, bzw Aufsichtsbehörde und der Wahrnehmung der Eigentümerinteressen richten. Unbestrittenermaßen liegt das Glücksspielmonopol bei der Republik Österreich, doch sollte - nicht zuletzt um eine ordnungsgemäße Exekution der geltenden Gesetze sicherzustellen - hier eine Änderung Einzug halten.
Der Staat muss seine Rolle als effizienter Regulator ernst nehmen und sicherstellen, dass gesetzliche Vorgaben durchgesetzt werden. Wenn sich jedoch der Eigentümer und Regulator schlussendlich auch noch selbst kontrolliert, dann wird der Versuch eines effektiven Vollzugs geltender Gesetze sowie der Wille nach einem strengeren Spielerschutz logischerweise zur inneren Zerreißprobe für einen jeden Minister. Eine solche Situation ist folglich konsequenterweise durch eine Neuverteilung der Kompetenzen aufzulösen, um auch in der jetzigen Konstellation ein Maximum an Transparenz, Glaubwürdigkeit sowie Sauberkeit sicherzustellen.
Neben einer unionsrechtskonformen Vorgehensweise muss endlich sichergestellt werden, dass der Spielerschutz oberste Priorität erhält. Gelingt es nicht, einen solchen Zustand herzustellen, so verliert nicht nur das Glücksspielmonopol des Bundes seine Berechtigung, vielmehr noch würde dies ein dramatisches Versagen des Staates in einer gesundheitspolitisch, aber auch volkswirtschaftlich höchst relevanten Branche darstellen. Dies gilt es mit aller Kraft zu vermeiden.
Aus diesem Grund stellen die unterfertigten Abgeordneten nachstehenden
Entschließungsantrag
Der Nationalrat wolle beschließen:
„Die Bundesregierung, insbesondere der Bundesminister für Finanzen wird aufgefordert, dem Nationalrat umgehend eine Regierungsvorlage zuzuleiten, mit der ein umfangreicher Spielerschutz sichergestellt werden kann, der alle Bereiche des Automatenglücksspiels außerhalb von Spielbanken umfasst. Der Gesetzesentwurf sollte daher folgende Punkte beinhalten, die für Spielautomaten gemäß § 5 GSpG sowie jene nach § 12a GSpG (VLT) sowie in Einzelaufstellung gleichermaßen geltend wird:
- Die vermögenswerte Leistung des Spielers darf statt den derzeitigen 10 Euro höchstens 0,30 Euro pro Spiel betragen.
- Die in Aussicht gestellten vermögenswerten Leistungen (Gewinne in Geld, Waren oder geldwerten Leistungen) sollen statt derzeit 10.000 Euro pro Spiel drei Euro pro Spiel nicht überschreiten.
- Jedes Automatenspiel soll statt einer Sekunde zumindest fünf Sekunden dauern und vom Spielteilnehmer gesondert ausgelöst werden.
- Nach 90 Minuten ununterbrochener Spieldauer eines Spielteilnehmers muss der Glücksspielautomat für mindestens fünf Minuten abgeschaltet werden. In dieser Phase dürfen keine Einsätze angenommen oder Gewinne gewährt werden. In der Pause dürfen keine Spielvorgänge, einsatz- und gewinnfreie Probe- oder Demonstrationsspiele oder sonstige Animationen angeboten werden. Der Spieler selbst ist nach 90 Minuten Spieldauer für einen Zeitraum von mindestens 30 Minuten zu sperren (Abkühlphase).
- Das Spielen auf Glücksspielautomaten soll je Spielteilnehmer_in innerhalb von 24 Stunden höchstens für drei Stunden möglich sein (höchstzulässige Tagesspieldauer).
- Die Summe der Verluste (Einsätze abzüglich Gewinne) darf im Verlauf einer Stunde 60 Euro nicht übersteigen.
- Die Summe der Gewinne abzüglich der Einsätze darf im Verlauf einer Stunde 600 Euro nicht übersteigen.
Zusätzlich soll eine Regierungsvorlage vorgelegt werden, die eine ordnungsgemäße Trennung der Aufgaben als Regulierungs-, bzw. Aufsichtsbehörde und der Wahrnehmung der Eigentümerinteressen sicherstellt. “
In formeller Hinsicht wird verlangt, diesen Antrag im Sinne des § 74a Abs. 1 iVm § 93 Abs. 2 GOG-NR zum frühestmöglichen Zeitpunkt zu behandeln und einem der Antragssteller Gelegenheit zur mündlichen Begründung zu geben.
*****
Präsident Ing. Norbert Hofer: Ich erteile nun Frau Abgeordneter Klubobfrau Mag. Beate Meinl-Reisinger als Antragstellerin zur Begründung des Dringlichen Antrages das Wort. Gemäß § 74a Abs. 5 der Geschäftsordnung darf die Redezeit 20 Minuten nicht überschreiten. – Bitte schön, Frau Klubobfrau.
Abgeordnete Mag. Beate Meinl-Reisinger, MES (NEOS): Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Bundesminister! – Ich habe ihn jedenfalls im Saal gesehen. – Werte Kolleginnen und Kollegen! Werte Zuschauerinnen und Zuschauer! Ja, gestern ganz großer Knalleffekt in den Medien: Novomatic verkauft die Anteile an den Casinos Austria, an der Casag, Casinos Austria AG. Das ist jetzt, wenn Sie so wollen, die aktuellste Wendung in einem Krimi – Wirtschaftskrimi, Politikkrimi –, der uns ja auch in einem zukünftigen Untersuchungsausschuss – nicht nur, aber auch das – beschäftigen wird, für dessen Einsetzung die SPÖ und die NEOS heute gemeinsam ein entsprechendes Verlangen eingebracht haben.
Im Mittelpunkt dieses Untersuchungsausschusses steht dann konkret – und das möchte ich jetzt schon kurz erläutern, weil es da ja auch um einen Link zu diesem Dringlichen Antrag geht, ausgehend von dem Satz in dem Ibizavideo: Die Novomatic zahlt alle!, der so ein bisschen zum Dreh- und Angelpunkt und Schlüsselsatz in diesem Video geworden ist – die Frage, ob es in den letzten Jahren, ich sage es einmal einfach, Posten gegen Geld, Einfluss und Macht gegen Geld oder Posten, Einflussnahme bei Gesetzen gegen Geld gegeben hat; wie gesagt: auch und gerade in der ganzen Causa Casinos und Novomatic.
Die Geschichte, die wir im Untersuchungsausschuss aufspüren wollen, der wir nachspüren werden, ist eine Geschichte von einarmigen Banditen, möglicherweise auch von zweiarmigen Banditen und deren Versuch, die Politik zu kaufen, zu beeinflussen, gefügig zu machen, um vielleicht Strafverfahren zu beeinflussen, um Gesetze zu beeinflussen, um die Vergabe von Lizenzen zu beeinflussen; und es geht – und das möchte ich in aller Klarheit sagen – vor allem um die Frage eines sehr, sehr lukrativen Geschäfts mit dem Elend von Suchtkranken in Österreich.
Es geht um sehr viel Geld. Vereinfacht gesagt: Wer die Lizenz hat – die Lizenz für Onlinegaming, für Automaten, was auch immer –, der hat eine Lizenz zum Gelddrucken. Dieses Geschäft läuft. Glücksspiel ist ein sehr lukratives Geschäft, und genau darum geht es heute hier.
Ich möchte auch einmal mit einem Bild im Kopf aufräumen, weil ich diese Bilder auch immer im Zusammenhang mit Untersuchungsausschuss oder Casag oder Sidlo-Bestellung sehe: Da sind ja dann in den Medien oft Bilder von einem Roulettetisch. Ich weiß
schon, wenn wir an Casinos denken, haben viele – auch durch Werbung oder Filme beeinflusst – die Bilder von eleganten Herrschaften im Smoking am Roulettetisch im Kopf. Man unterhält sich angeregt, man trinkt vielleicht ein Glas Sekt oder Champagner und man vermutet, dass gleich James Bond um die Ecke kommt. (Abg. Kogler: Der Sidlo!)
Die Realität schaut aber anders aus. Wir reden heute hier auch nicht von den Roulettetischen, sondern vom Sitzen vor Automaten, mehr oder weniger in Apathie und Einsamkeit, mit glasigen Augen, wo man ein ums andere Mal das Knopferl drückt (die Rednerin klopft mehrmals auf das Rednerpult), so lange, bis der Monatslohn und Beträge weit darüber hinaus verspielt sind. Das hat gar nichts von Eleganz, von Stil oder von Geselligkeit, sondern es hat vor allem etwas von Elend, von Leid und von Existenzvernichtung.
Was wissen wir? – Das Glücksspiel ist abseits von einem netten Abend im Casino das Spiel mit dem Elend der Menschen – und zwar sehr einsam am Automaten, im Kammerl, in größeren Automatensalons, vor dem Computer, am Smartphone –, und es zerstört nachweislich Existenzen. Wir wissen, dass das Aufstellen von Automaten ein sehr lukratives Geschäft ist, sowohl im Rahmen des kleinen Glücksspiels, was eine Landessache ist, aber auch und gerade im Rahmen der sogenannten Video-Lottery-Terminal-Lizenzen dieser bundesweiten Automaten, die bei den Österreichischen Lotterien liegen; und auch sehr lukrativ ist der Bereich des Onlinegamings, ein immer größer werdender Markt.
Wir wissen also auch, dass die Casinos beispielsweise davon profitieren, wenn das kleine Glücksspiel in Wien eingeschränkt wird, weil sie ja die Lizenz für diese bundesweiten Automaten haben – und ich kann Ihnen sagen, es tobt ein Kampf um diese 5 000 Automaten, die bundesweit aufgestellt werden können.
Wir wissen auch: Gäbe es in Österreich einen anständigen Spielerschutz, dann wäre die Gier nach diesen Lizenzen und nach Macht und Einfluss in diesen Bereichen für Novomatic und Co nicht in Ansätzen so groß. Anscheinend ist das Geschäft in Österreich so lukrativ, dass nahezu jedes Mittel recht zu sein scheint.
Wir wissen auch, dass die staatliche Beteiligung an den Casinos Austria und die engen Verflechtungen zwischen Parteien, Politik und den Casinos die Casinos Austria AG zu einem parteipolitischen Spielfeld, zu einer Spielwiese machen, und das schon seit sehr, sehr langer Zeit.
Wir wissen auch: Es gibt und es gab immer einen Interessenkonflikt bei den Casinos zwischen der Rolle des Staates als Eigentümer und der Aufgabe des Staates beim Thema Aufsicht und Regulator, sprich bei Spielerschutz und Kontrolle. Das läuft alles in den Händen und in der Verantwortung des Finanzministers zusammen, da ist ein Interessenkonflikt quasi vorprogrammiert. Darin liegt auch die Ursache, dass wir so einen geringen Spielerschutz haben.
Wir wissen leider mittlerweile auch, dass es, wenn die ÖVP immer wieder in diesen staatsnahen Wirtschaftsbereich eingreift, hineingeht, sehr um Einfluss und Macht, um Netzwerke, um Günstlingswirtschaft geht – und, ehrlich gesagt, auch um das Verhindern von Andersdenkenden in diesem Bereich.
Es geht jetzt aber nicht um die Frage, was wir wissen, sondern mit welchen Fragen wir uns beschäftigen müssen und werden. Ich möchte ein paar exemplarisch aufzählen, weil es natürlich auch Fragen sind, denen wir in diesem Untersuchungsausschuss nachgehen werden.
Ich beginne wieder mit der aktuellen Frage: Novomatic verkauft die Anteile. Es gab seinerzeit, bis 2018, einen Stimmbindungsvertrag zwischen einem Eigentümer der Casi-
nos Austria – Novomatic – und Sazka – den Tschechen –, die ja jetzt, so steht es geschrieben, großes Interesse daran haben, diese Novomatic-Anteile zu erwerben.
Warum wurde dieser Stimmbindungsvertrag mit der Sazka 2018 vonseiten der Novomatic gebrochen? Welche möglichen Versprechungen hat es da – vielleicht auch seitens der Republik Österreich – gegeben? Welcher Vorteil hat das Risiko aufgewogen, dass die Novomatic da eine Millionenstrafe bekommt? Es läuft bei einem Schiedsgericht in der Schweiz ein Verfahren, Sazka hat Novomatic geklagt. Mich würde natürlich auch interessieren, ob entlang der zwischen Novomatic und Sazka gestern getroffenen Vereinbarung, oder wann auch immer die war, dieses Schiedsverfahren nun möglicherweise eingestellt wird. (Abg. Kogler: Das ist sicher im Deal drin!)
Ist es vorstellbar, dass in einem Machtpoker rund um die Kapitalvertreter der Casinos die hochrangige Regierungsriege, quasi als handelnde Eigentümervertreter – Sebastian Kurz, Gernot Blümel –, nichts davon wusste? Wieso hat der Generalsekretär und gleichzeitige Kabinettschef von Ex-ÖVP-Finanzminister Hartwig Löger, mittlerweile Alleinvorstand der Öbag, also der Beteiligungsgesellschaft des Bundes, Thomas Schmid, interne Unterlagen des Ministeriums zu Onlinegaminglizenzen offensichtlich an die Novomatic weitergespielt?
Ging es der Novomatic um den Zugang zu diesen Onlinelizenzen und gab es deswegen oder entlang dieser Frage Überlegungen, diese Lizenz von der bestehenden Lotterielizenz zu entflechten? Das hängt nämlich dort dran. Weiters: Was wusste der zuständige Bundesminister Hartwig Löger von der ÖVP davon? Und ist es wirklich vorstellbar, dass andere Regierungsmitglieder wie Sebastian Kurz oder Gernot Blümel nichts von diesen Diskussionen oder vielleicht auch geplanten Gesetzesänderungen gewusst haben? (Ruf bei der ÖVP: Ja!)
Warum musste Peter Sidlo unbedingt in den Vorstand der Casinos gehievt werden? Welchen – unter Anführungszeichen – „Deal“, von dem ja die Rede ist, gab es zwischen Novomatic und der FPÖ? Und wieso hat Bundesminister Hartwig Löger nicht (beide Arme zu einer abwehrenden Geste hebend) Stopp und Halt geschrien? Wieso hat der Aufsichtsratsvorsitzende der Casinos, Walter Rothensteiner, nicht (beide Arme zu einer abwehrenden Geste hebend) Stopp und Halt geschrien, wie es wahrscheinlich auch seine Aufgabe gewesen wäre, als von so einem Deal die Rede war (Zwischenruf des Abg. Wurm) – wie es eine Aktennotiz von Walter Rothensteiner, die öffentlich geworden ist, oder wie es eine Aktennotiz nahelegt; und eben auch, dass offensichtlich auch Hartwig Löger von so einem Deal gewusst hat. (Abg. Wurm: ... Spielerschutz!)
Was hat Bettina Glatz-Kremsner, die jetzige Vorstandsvorsitzende der Casinos, gewusst, und was hat sie in Bezug auf die Frage der Postenbesetzungen und die Frage der Novomatic, der Lizenzen getan oder nicht getan? Ist es vorstellbar, dass sie – bis vor Kurzem ja auch noch stellvertretende Bundesparteivorsitzende der ÖVP – niemals innerhalb der ÖVP, innerhalb der höchsten Mannschaft der ÖVP auch mit ihrem Vorsitzenden Sebastian Kurz darüber gesprochen hat, worum es da eigentlich geht? – Hm, Sie merken, es kommen Zweifel.
Wer alles hat versucht, bei den bis zu 5 000 bundesweit aufstellbaren Automaten einen Fuß in die Tür zu bekommen? Wie gesagt, sie sind derzeit nicht aufgestellt, man muss sie aufstellen, dann rinnt das Geld. Das ist eine Cashcow.
Warum hat eine Tochter der Casinos – die Casinos profitieren ja davon, wenn das kleine Glücksspiel in Wien eingeschränkt, verboten oder abgeschafft wird – an den Verein des grünen Gemeinderates Christoph Chorherr gespendet? (Abg. Kogler: Was?!) Gibt es Vereinbarungen zwischen Wien und den Casinos über die Anzahl der Automaten? Sind diese gebrochen worden? Wieso sind 2018 auf einmal in Wien – was nicht zu Amüsement seitens der Wiener Stadtregierung geführt hat – welche aufgetaucht? (Zwischenruf bei der SPÖ.)
Was macht eigentlich Eva Glawischnig den ganzen Tag? (Heiterkeit und Zwischenrufe bei der FPÖ und bei Abgeordneten der Grünen.) Welche Geldflüsse gab es von Novomatic an Vereine, Personen und Netzwerke im Umfeld von FPÖ, aber – ich stelle diese Frage – vielleicht auch ÖVP? (Zwischenruf bei der ÖVP.) Wieso berichten Insider von einer Art Handkasse bei den Casinos – und zwar schon seit vielen, vielen, vielen Jahren –, aus der quasi Aktivitäten von Parteien und Politikern unterstützt wurden? Und wieso sind solche staatlichen Beteiligungen immer das Einfallstor für Machtmissbrauch, Günstlingswirtschaft und Selbstbedienung?
Glaubt eigentlich irgendjemand in diesem Raum, dass die ÖVP-Spitze nichts davon gewusst hat? (Ruf bei der ÖVP: Ja!) Kann man eigentlich noch von Wirtschaftskompetenz bei der ÖVP sprechen, wenn solche Vorgänge, die meiner Meinung nach jedenfalls Ausdruck von Dilettantismus und Machtmissbrauch, die möglicherweise auch strafrechtlich relevant sind, ruchbar werden? (Ruf bei der ÖVP: Möglicherweise ...! – Weitere Zwischenrufe bei der ÖVP.)
Der Herr Bundespräsident hat gesagt: „So sind wir nicht.“ Kann jeder im Saal von sich behaupten, so ist er nicht? Wir haben vor allem im Bereich des Automatenglücksspiels keinen ausreichenden Spielerschutz, und es wurden eben auch solche sehr zweifelhaften Entscheidungen seitens politisch handelnder Personen quasi als Vertreter der Eigentumsrechte des Staates getroffen. Die letzten Regierungen haben beim Thema Spielerschutz auf ganzer Linie versagt. Wieso glaubt eigentlich irgendjemand, dass es nun die bessere Lösung ist, dass der Staat noch mehr Anteile erwirbt? – Das sind die Fragen.
Die letzte Frage ist: Was ist jetzt zu tun? – Neben der strafrechtlichen Aufklärung, der politischen Aufklärung – wir werden heute noch im Zusammenhang mit dem Untersuchungsausschuss darüber diskutieren – haben wir jetzt genau eines zu tun, nämlich für einen ausreichenden Spielerschutz in Österreich zu sorgen.
Um es noch einmal ganz deutlich zu machen – meine Kollegin Stephanie Krisper wird darauf eingehen –: Die möglichen Einsätze in Österreich sind absurd hoch. Die Maximalgewinne in Österreich sind absurd hoch. Wir reden hier von mehreren Hunderttausend Menschen, die betroffen sind. Allein 2017 haben sich über 100 000 spielsüchtige Menschen in Österreich an die Spielsuchtberatung gewandt. Wie viele Hunderttausende darüber hinaus wenden sich nicht an die Beratungsstelle? Das zerstört Existenzen, und wir sind in diesem Bereich deutlich lukrativer als in vielen anderen europäischen Ländern.
Steffi Krisper wird von einem Fall eines Süchtigen berichten, der an die Öffentlichkeit gegangen ist. Der hat nicht bei der Novomatic in Wien bei irgendwelchen Automaten im Hinterkammerl sein Geld verspielt, sondern bei einer Tochter der Casinos, Winwin, über 330 000 Euro – kein ausreichender Spielerschutz, eine gesamte Existenz zerstört. Dieser Problembereich muss mit deutlich strengerem Spielerschutz, geringeren Einsätzen, geringeren Maximalgewinnmöglichkeiten gelöst werden, um dieses Geschäft nicht mehr so lukrativ zu machen.
Daneben gibt es einen anderen Bereich, und um den müssen wir uns jetzt auch kümmern. Das ist der Bereich des Interessenkonflikts, den ich angesprochen habe. Ich möchte das jetzt vielleicht teilweise auch aus unserem Dringlichen Antrag zitieren.
Was ist denn die Aufgabe des Staates in so einem Fall? Ich hole jetzt vielleicht ein bisschen aus, weil ich auch Zuschriften erhalten habe, wir sollten es gleich verbieten. Ich halte es nicht für besonders klug, Glücksspiel zu verbieten, denn dann ist es nur in der Illegalität, nicht mehr reguliert, nicht mehr kontrolliert. Damit ist meiner Meinung nach in diesem Bereich niemandem geholfen. Es werden auch keine Steuereinnahmen lukriert, mit denen dann hoffentlich auch Sucht bekämpft wird.
„Der Staat muss seine Rolle“ – und das ist wirklich eine Aufgabe – „als effizienter Regulator“ und wirkliche Aufsicht „ernst nehmen und sicherstellen, dass gesetzliche Vorgaben durchgesetzt werden. Wenn sich jedoch der Eigentümer und Regulator schlussendlich [...] selbst kontrolliert, dann wird der Versuch eines effektiven Vollzugs geltender Gesetze sowie der Wille nach einem strengeren Spielerschutz [...] zur inneren Zerreißprobe für einen jeden Minister“, nämlich für jeden Finanzminister, den das betrifft. Daher haben wir in Österreich ganz dringend den Bedarf, diese Frage der Eigentümervertretung von der Frage der Regulierung und insbesondere auch des Spielerschutzes zu trennen. Das müssen wir jetzt in Angriff nehmen. (Beifall bei den NEOS. – Präsident Sobotka übernimmt den Vorsitz.)
Ich richte heute den Appell an Sie, diesem Entschließungsantrag zuzustimmen, weil das Ganze eine wirklich unwürdige Causa ist. Wir müssen den politischen Willen zum Ausdruck bringen, dass das in Österreich nicht ein dermaßen lukratives Geschäft ist und dass ein strenger Spielerschutz gewährleistet wird, mindestens genauso streng wie in Deutschland. Wie gesagt, in Österreich sind absurde Höhen zulässig.
Das Zweite ist, dass wir diesen Interessenkonflikt besser lösen. Dieser existiert, wenn quasi der Eigentümervertreter, der vereinfacht gesagt ein Interesse daran hat, dass möglichst viele Menschen spielen, möglichst viele Menschen süchtig sind – dann rennt das Geschäft gut –, gleichzeitig auch Regulator sein soll. Es führt zu keiner guten Situation, wenn das Ganze noch in einem parteipolitisch motivierten Geflecht stattfindet. Heute können wir endlich den Grundstein dafür legen, dass es in Zukunft besser wird. – Vielen Dank. (Beifall bei den NEOS.)
16.04
Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu einer Stellungnahme gelangt Herr Finanzminister Müller zu Wort. – Bitte.
Bundesminister für Finanzen, betraut mit der Leitung des Bundesministeriums für öffentlichen Dienst und Sport Dkfm. Eduard Müller, MBA: Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Geschätzte Zuhörerinnen und Zuseher! Lassen Sie mich zum heutigen Dringlichen Antrag einleitend einige Rahmenbedingungen ausführen: Das Glücksspiel ist im Sinne des Glücksspielgesetzes ein Spiel, bei dem die Entscheidung über das Spielergebnis ausschließlich oder vorwiegend vom Zufall abhängt. Ein Glücksspielunternehmer im Sinne des Glücksspielgesetzes ist jemand, der selbstständig eine nachhaltige Tätigkeit zur Erzielung von Einnahmen aus der Durchführung von Glücksspielen ausübt. Genau an diesem Schnittpunkt von Spiel im Sinne von Unterhaltung auf der einen Seite und Einnahmenerzielung auf der anderen Seite resultiert ein Ansatzpunkt für den Spielerschutz.
Ein zweiter Ansatzpunkt kommt ganz einfach aus dem Risiko menschlichen Verhaltens, das in bestimmten Konstellationen von Spielvergnügen in Spielsucht kippen kann, also dort, wo die Pathologie die Unterhaltung ersetzt. Daher, glaube ich, sind wir vermutlich alle einer Meinung, dass für Glücksspiel die gesellschaftspolitische Verantwortung des Staates gefragt ist. Daher ist auch ein ordnungspolitischer Rahmen unumgänglich.
Vor diesem Hintergrund legt § 1 Abs. 4 des Glücksspielgesetzes fest, dass im Bundesministerium für Finanzen eine Stelle für Spielerschutz einzurichten ist. Die Aufgabe dieser Stelle für Spielerschutz ist „die inhaltliche, wissenschaftliche und finanzielle Unterstützung des Spielerschutzes“. Im Rahmen dieses Gesetzesauftrags gehören zu den Tätigkeiten der Spielerschutzstelle unter anderem die Vernetzung, Koordination und Zusammenarbeit in Spielerschutzangelegenheiten mit Behörden und fachlichen Einrichtungen auf Bundes-, Landes- beziehungsweise Regionalebene und auch inter-
national; der Spielerschutz einschließlich der Spielsuchtprävention im österreichischen, aber auch im internationalen Glücksspielrecht, die Aufklärungs- und Informationsarbeit über die Risiken des Glücksspiels, die Unterstützung des Spielerschutzes in Beratung, Forschung und Entwicklung.
Die Eckpunkte – dafür lassen Sie mich ein wenig in die Vergangenheit gehen – des Spielerschutzes für das Glücksspiel außerhalb von Spielbanken hat der Gesetzgeber mit einer Novellierung im Jahr 2010 geschaffen (Abg. Meinl-Reisinger: Eine schlechte Regelung!) und dabei die gesetzlichen Spielerschutzanforderungen jedenfalls wesentlich umfangreicher gestaltet als davor. Zahlreiche Spielerschutzmaßnahmen, die es davor nicht gab, wurden integriert, eine Abkühlphase, eine Tageshöchstspieldauer, garantierte Gewinnausschüttungshöhen und vieles andere. Eine wesentliche Änderung und wohl auch ein wirksamer Hebel war es, auch zivilrechtliche Rückforderungsansprüche beim Automatenglücksspiel einzuführen.
In diesem Kontext muss auch beachtet werden, dass das Glücksspielgesetz ein Bundesrahmen ist, das heißt, eine Art Grenze für den Spielerschutz. Die konkrete Ausführungsgesetzgebung obliegt in ihrem Bereich den Ländern, und diese haben schon seit der Glücksspielreform 2010 die Möglichkeit, hier auch situations- oder eben regionsbezogen strengere Regelungen für das automatisierte Glücksspiel zu schaffen.
Die Aufsicht über diese Landesbewilligungen obliegt den jeweiligen Gebietskörperschaften, und diese lassen sich auch entsprechend detaillierte Spielerschutzberichte von den Anbietern vorlegen. Die Anbieter operieren auf Basis natürlich unterschiedlicher Landesbewilligungen beziehungsweise im Falle der sogenannten Video Lottery Terminals auf Basis einer Bundeskonzession.
Ich glaube, bei all dem, was in weiterer Folge noch diskutiert wird, ist jedenfalls auch der Aspekt im Hinterkopf zu behalten, dass diese Berechtigungen für bestimmte Laufzeiten erteilt worden sind. Das heißt, da geht es wahrscheinlich auch aus verfassungsrechtlicher Sicht um eine gewisse Rechtssicherheit für diese Unternehmen, die eben auf die dort festgelegten Rahmenbedingungen vertrauen können.
Nun zur Spielerschutzstelle des BMF: Diese Spielerschutzstelle ist natürlich in regelmäßigem Kontakt mit den Spielerschutzverantwortlichen der Bundeskonzessionäre, aber auch der vom Land bewilligten. Dabei werden deren Spielerschutzkonzepte und -maßnahmen, aber natürlich auch Weiterentwicklungsmöglichkeiten evaluiert und diskutiert. Näheres dazu kann – und da sind wir auch entsprechend transparent – dem Bericht „Auswirkungen des Glücksspielgesetzes 2010–2014“, einer Evaluierung, die in den Jahren 2014/15 vorgenommen wurde, entnommen werden.
Um die spielerschutzspezifischen Auswirkungen der vorhin erwähnten Glücksspielgesetz-Novelle 2010 und der dort festgelegten Mindeststandards zu evaluieren, wurde diese wissenschaftliche Studie in Auftrag gegeben und durchgeführt. Ich glaube, darin ist vieles an Ansatzpunkten und vielleicht auch das eine oder andere für künftige Entwicklungen enthalten.
Die Vorgehensweise – vielleicht für all jene, die es nachlesen – war: Es wurde ein multimodales Vorgehen gewählt, um dieser sehr komplexen Thematik gerecht zu werden. Neben der Analyse von Sekundärdaten wurden Erfahrungen und Sichtweisen von Problemspielern in Behandlung, aber auch von Experten aus unterschiedlichen Berufsfeldern – aus der Prävention, aus der Therapie, aber auch auf der Anbieterseite – erhoben.
Der Ergebnisbericht hat zum einen jedenfalls bestätigt, dass die gesetzlich vorgesehenen Spielerschutzbestimmungen umgesetzt wurden und es keine Hinweise auf systematische Umgehung gibt. Ein Beispiel aus diesem Bericht ist, dass etwa die Angebotsreduktion bei Landesausspielungen auch zu einem Rückgang von Behandlungszahlen
geführt hat. Aber auch Maßnahmen wie Alters- und Zugangskontrollen, freiwillige Selbstbeschränkungen oder Spielsperren haben sich dort als wirkungsvolle Maßnahmen erwiesen.
Ich glaube aber, es muss uns allen auch eines klar sein: Spielerschutz kann und darf nicht beim legalen Glücksspiel haltmachen, denn ein vermutlich noch größerer Gefahrenraum liegt im illegalen und daher nicht im Ordnungsrahmen transparenten Glücksspiel. Daher hat das Bundesministerium für Finanzen mit Einrichtung, aber auch mit entsprechender Dotierung und sukzessiver Aufstockung der Finanzpolizei seit Jahren den Kampf gegen dieses illegale Glücksspiel mit einem sehr hohen Suchtgefährdungspotenzial aufgenommen, um ein verantwortungsvolles Spielen im Ordnungsrahmen sicherzustellen und mögliche Schattenseiten des Spielens zu minimieren. Die Ergebnisse dieser Kontrollen werden ebenso transparent dem Parlament berichtet.
Ich darf Ihnen daher zusammenfassend noch einmal versichern, dass das Bundesministerium für Finanzen innerhalb der gesetzlichen Möglichkeiten mit den vorhandenen Ressourcen die Bemühungen zur Eindämmung des illegalen Glücksspiels und insgesamt die Bemühungen zur weiteren Verbesserung, aber jedenfalls Sicherstellung des Spielerschutzes auch weiterhin auf allen Ebenen konsequent fortsetzen wird.
Zu einem zweiten Punkt, der noch angesprochen wurde, erlauben Sie mir aus Zeitgründen einen Verweis, nämlich zum Thema Trennung der Bereiche Eigentümervertretung für die Republik auf der einen Seite und Vollziehung der Glücksspielaufsicht auf der anderen Seite. Hier möchte ich auf meine Ausführungen im Rahmen der Dringlichen Anfrage vom 26. November verweisen, wonach mit Wirksamkeit des Bundesgesetzblattes 104/2019, des Finanz-Organisationsreformgesetzes, hier in diesem Haus im Sommer beschlossen, Aufsichtsmaßnahmen mit Wirkung vom 1. Juli 2020 an das Finanzamt Österreich ausgelagert werden sollen. – Vielen Dank. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der FPÖ.)
16.14
Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Abgeordnete Dr. Krisper. – Bitte.
Abgeordnete Dr. Stephanie Krisper (NEOS): Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Minister! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Liebe Damen und Herren hier und zu Hause vor den Bildschirmen! Ich möchte noch einmal klarstellen: Hier geht es eben nicht um das große Glücksspiel – Casinoflair, Roulettetisch, Eleganz –, sondern um das kleine Glücksspiel, das Spiel an den Automaten, vor dem Computer, am Smartphone, ohne Flair oder mit düsterem Flair, inklusive Einsamkeit und Spielsucht am Horizont.
Warum ist das kleine Glücksspiel so lukrativ? Wann zahlt sich so ein Geschäft aus? –Wenn viel Geld reinkommt und wenn man nicht gestört wird, also dann, wenn der Spielerschutz nicht funktioniert.
In Österreich kommt in diesem Geschäft viel Geld rein. Warum? – Die Höchsteinsätze bis zu 10 Euro, die Höchstgewinne, die in Aussicht gestellt werden, bis zu 10 000 Euro sind unverhältnismäßig hoch, im europäischen Vergleich der völlige Ausreißer. Die hohen Zahlen haben nichts mit einem kleinen Glücksspiel zu tun, mit der Alternative zum Kinobesuch, und sind Ausreißer – das bestätigen auch Experten – im internationalen Vergleich.
Was heißt das aber für die Gefahr der Spielsucht? – Im Auftrag des Finanzministers wurde 2016 vom Österreichischen Bundesinstitut für Gesundheitswesen eine Studie erstellt, die zu folgendem Ergebnis kam – ich zitiere –:
„Die derzeitigen Bestimmungen hinsichtlich Spieldauer pro Einzelspiel, Einsatz- und Gewinnhöhe stoßen sowohl bei der überwiegenden Mehrheit der Expertinnen und Experten als auch bei Spielern und Spielerinnen auf Unverständnis. Die Erhöhung der maximal möglichen Einsätze pro Spiel im Zuge der GSpG-Novelle ist für Fachleute aus einer Spielerschutzperspektive kaum nachvollziehbar. Soll Glücksspiel der Unterhaltung dienen“ – Stichwort Kinobesuch – „und nicht Geldgewinn im Fokus stehen, der langfristig de facto ohnehin unmöglich zu realisieren ist, sind hier massive Nachbesserungen notwendig.“
Was taten ÖVP-Finanzminister aufgrund dieser Studie? – Nichts!
Diesen Zustand wollen wir mit unserem Antrag ändern helfen. Wir beantragen, dass von der Bundesregierung eine Regierungsvorlage erarbeitet werden soll, mit der ein umfangreicher Spielerschutz sichergestellt werden kann und in der daher folgende Punkte beinhaltet sein müssen, die das Niveau zumindest in den meisten Punkten auf eine dem deutschen Niveau vergleichbare Höhe bringen.
Das würde bedeuten, dass der Höchsteinsatz von 10 Euro auf 30 Cent pro Spiel geht – das ist das normale Niveau (Beifall bei den NEOS) –, dass in Aussicht gestellte Höchstgewinne von 10 000 Euro, die wir jetzt haben, auf 3 Euro gehen – das ist das normale Niveau. (Beifall bei den NEOS.)
„Jedes Automatenspiel soll statt einer Sekunde zumindest fünf Sekunden dauern und vom Spielteilnehmer gesondert ausgelöst werden.“ – Es hat hohes Suchtpotenzial, dass das nicht so ist.
„Nach 90 Minuten ununterbrochener Spieldauer [...] muss [...] für [...] fünf Minuten abgeschaltet werden [...] Der Spieler selbst ist nach 90 Minuten Spieldauer für einen Zeitraum von mindestens 30 Minuten zu sperren“. – Eine wichtige Abkühlphase, gerade als Suchtpräventionsmittel.
Die höchstzulässige Tagesspieldauer soll 3 Stunden betragen, die Summe der Verluste innerhalb einer Stunde 60 Euro nicht übersteigen, die Summe der Gewinne innerhalb einer Stunde 600 Euro nicht übersteigen.
Nach einer derartigen Gesetzesänderung könnte es in Zukunft nicht passieren, was jetzt schon seit Langem passiert, nämlich dass Menschen in wenigen Stunden ihr Monatsgehalt verspielen, dass jemand bei Winwin 34 000 Euro an einem Tag verspielen kann, wie „Profil“ berichtete.
Doch halt! Es sollte eigentlich eine Sperrdatenbank geben, denn im Jahre 2010 wurden alle Anbieter per Gesetz verpflichtet, an einer Sperrdatenbank des Bundes teilzunehmen, also an einem Austausch der Namen von gesperrten Spielerinnen und Spielern zwischen den einzelnen Anbietern. Daraus wurde nichts. Das Finanzministerium teilte uns letzten Monat mit, seitens des Finanzministeriums werden zurzeit Möglichkeiten eines betreiberübergreifenden Sperrdatenaustausches sondiert. – Zurzeit, seit 2010! Schlanke zehn Jahre hat keiner der ÖVP-Finanzminister diesbezüglich etwas getan. (Beifall bei den NEOS.)
Wenn wir Spielerschutz zu einer Priorität erheben wollen, dann müssen wir beim Finanzministerium ansetzen, wie von Frau Meinl-Reisinger angesprochen, dass eine Trennung der Aufgaben, die sich jetzt teilweise widersprechen, vorgenommen wird: Spielerschutz, Steuererhebung, Wahrnehmung der Eigentümerrechte, Regulierungsbehörde, Aufsichtsbehörde, legistische Betreuung des Glücksspielgesetzes.
Daher soll die von uns im Antrag angepeilte Regierungsvorlage eine ordnungsgemäße Trennung der Aufgaben als Regulierungs- und Aufsichtsbehörde einerseits und der Wahrnehmung der Eigentümerinteressen andererseits vorsehen, und wir hoffen im
Sinne eines effektiven Spielerschutzes sehr auf eine Mehrheit hier im Plenum. – Vielen Dank. (Beifall bei den NEOS.)
16.18
Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Abgeordneter Kopf. – Bitte.
Abgeordneter Karlheinz Kopf (ÖVP): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Geschätzte Damen und Herren auf der Galerie und vor den Fernsehschirmen! Frau Kollegin Krisper hat sehr eindringlich und durchaus auch zu Recht – das ist ein sehr ernstes Thema – auf viele Gefahren hingewiesen, die mit Glücksspiel verbunden sein können, und auch der Antrag der NEOS beinhaltet eine ganze Reihe von Vorschlägen dazu.
Bei Frau Kollegin Meinl-Reisinger hat sich in ihrer Rede meine Vermutung bestätigt, dass es bei diesem Antrag doch eigentlich um etwas anderes geht, nämlich um das Transportieren des ganzen Themas rund um die Casinos Austria und die Vorwürfe, die politisch erhoben werden. (Abg. Meinl-Reisinger: Die Frage steht schon im Raum, warum wir so einen schlechten Spielerschutz haben!) – Frau Kollegin Meinl-Reisinger, wenn wir bei diesem ernsten Thema darüber diskutieren wollen, was denn eigentlich Frau Glawischnig macht, dann ist das eine Verhöhnung dieses sehr, sehr ernsten Themas. (Beifall bei der ÖVP. – Abg. Meinl-Reisinger: Das machen Sie gerade!)
Es gibt eine ganze Reihe von Konsumverhaltensweisen, die zu Verhaltenssüchten führen können. Glücksspiel ist eine davon, so wie Tabak und Alkohol und andere Dinge, die zu einer Sucht führen können, die im Einzelfall sogar existenzbedrohend sein kann, wobei wir aus Schilderungen wissen, dass das Glücksspiel in etlichen Fällen tatsächlich Existenzen zerstört hat.
Daher muss uns der Spielerschutz ein ganz ernstes Anliegen sein. Der Antrag verweist auch zu Recht auf die österreichische Suchtpräventionsstrategie aus dem Jahre 2015, deren gedruckte Version übrigens immer noch das Foto der leider allzu früh verstorbenen Bundesministerin Oberhauser trägt, die sich verdienstvollerweise dieses Themas sehr engagiert angenommen hat.
Ich darf Ihnen sagen, ohne allzu viel zu verraten, dass auch in den stattfindenden Regierungsverhandlungen zwischen der ÖVP und den Grünen dieses Thema Glücksspiel, Suchtprävention und Spielerschutz einen sehr wichtigen und prominenten Platz einnimmt.
Da geht es um mehrere Dinge. Es geht natürlich beim Spielerschutz um all diese Beschränkungen und Limits, die notwendig sind, es geht um Überwachung und Selbstkontrolle, es geht aber auch um Therapieangebote, wie auch in der Suchtpräventionsstrategie festgehalten, und es geht selbstverständlich auch um die Frage: Wie schaut die künftige Behördenstruktur einerseits bezüglich Zuständigkeit der Aufsicht und andererseits bezüglich Gestaltung der Regulative aus?
Es ist vorhin schon darauf hingewiesen worden, auch vom Herrn Bundesminister, dass die Regelung des kleinen Glücksspiels in der aktuellen Form zwar in der grundsätzlichen Gesetzgebung Bundesangelegenheit ist und das Glücksspielgesetz ein Bundesgesetz ist, dass es aber genau in diesem Gesetz den Ländern übertragen ist, ob sie – und das natürlich nur auf Basis einer ländergesetzlichen Regelung – kleines Glücksspiel a) überhaupt zulassen und b) in welcher Form sie es zulassen, wobei sie sich natürlich an das Bundesgesetz zu halten haben, keine Frage.
Das heißt, ich glaube, dass wir gut daran täten, uns in den nächsten Wochen und Monaten sehr, sehr ernsthaft mit diesem Thema zu beschäftigen, dass wir aber auch die Erfahrungen gerade derer, die dafür landesgesetzlich zuständig sind, nämlich der Länder, hier miteinfließen lassen sollten. (Abg. Meinl-Reisinger: Bundesautomaten, online!)
Das heißt auch, dass wir eine Trennung vornehmen sollten, denn auch Ihr Antrag spricht davon, dass sich die meisten Glücksspielbetreiber an die gesetzlichen Bestimmungen halten und systematische Umgehungen in einer Studie, die dazu angefertigt wurde, nicht oder kaum feststellbar sind. Das heißt, wir müssen uns mit all diesen Fragen genauso auch dem illegalen Glücksspiel zuwenden, und hier gibt es natürlich ganz andere Rechtsnormen, bis hin zum Strafgesetz, die dazu aufgerufen sind, diesen Dingen zu begegnen.
Ja, wir bekennen uns zum Anliegen dieses Antrages (Abg. Meinl-Reisinger: Dann stimmt zu!), nicht zu dem, was Sie in Ihrer Rede teilweise gesagt haben, sondern zum Anliegen dieses schriftlichen Antrages, auch zu den Anliegen, die Frau Krisper sehr ernsthaft, glaubhaft und mit viel Verve vorgetragen hat.
Wir denken, dass der Antrag einerseits sehr konkret, ohne Vorbehandlung und Vorgespräche fast zu konkret ist, dass wir die Länder miteinbinden sollten, die ja hier im Vollzug auch ganz konkret miteingebunden sind, und dass wir die Frage der Struktur der Behörden mit diesem Antrag überhaupt nicht erfasst haben, sodass wir diesem Antrag hier heute nicht zustimmen werden. Glauben Sie mir aber, Sie werden in nächster Zeit sehr ernsthafte Vorschläge von uns bekommen, wie wir dieser absolut gegebenen Problematik ernsthaft und seriös begegnen können. – Danke. (Beifall bei der ÖVP.)
16.24
Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gelangt Abgeordneter Krainer. – Bitte.
Abgeordneter Kai Jan Krainer (SPÖ): Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! (Der Redner stellt eine Tafel mit der Aufschrift „Frauenhelpline gegen Gewalt: 0800 222 555 www.gewaltschutzzentrum.at × Polizei: 133“ auf das Rednerpult und trägt – wie auch einige weitere Abgeordnete der SPÖ – einen Button mit der Aufschrift „Stopp der Gewalt“.) Zunächst wollte ich noch einmal, wie schon in der Früh, auf das Frauengewaltschutztelefon hinweisen: Unter 0800 222 555 wird Frauen geholfen, die von Gewalt betroffen sind, und das 24 Stunden am Tag, sieben Tage die Woche, 365 Tage im Jahr. An diese Nummer können sie sich wenden, da wird ihnen geholfen. (Beifall bei SPÖ, Grünen und bei Abgeordneten der NEOS.)
Zum Thema des Dringlichen Antrages: Ja, es ist so, dass wir dem Antrag zustimmen, nicht weil wir mit allem einverstanden sind, sondern auch weil es sich um einen unverbindlichen Entschließungsantrag handelt und wir die Intention dahinter teilen. Wir glauben, dass darin aber nur ein ganz kleiner Teil der Probleme angesprochen wird.
Unser Vorschlag wäre, diesbezüglich eine parlamentarische Enquete-Kommission einzusetzen, weil alle Parteien gesagt haben, dass ihnen das ein Anliegen ist. Ich kann jetzt auch kurz skizzieren, was meiner Meinung nach die Baustellen im Bereich des Glücksspielgesetzes sind.
Erstens, der Bereich des Spielerschutzes: Es gibt ja in diesem Antrag der NEOS eine Reihe von Punkten, in denen sie sagen, die Spieleinsätze, die Spieldauer am Tag und so weiter, das soll reglementiert sein. Das schützt aber nicht vor folgendem Problem: Sie können heute bei einem Betreiber des Glücksspiels reingehen, dort spielen, bei der Tür rausgehen und beim nächsten reingehen und weiterspielen. Das können Sie öfter machen. Dann können Sie heimgehen und im Internet gleich weiterspielen, entweder beim legalen Betreiber oder dann auch noch beim illegalen Betreiber. Das heißt, Spielerschutz muss betreiberunabhängig sein.
Wir haben ja damals, 2010, den Vorschlag eingebracht, eine sogenannte betreiberunabhängige Spielerkarte zu machen, auf der auch die Limits gespeichert sind. Das heißt, egal ob ich Lotto spiele, ob ich ins Casino gehe, ob ich online spiele, ob ich an Automaten spiele, ich habe eine Karte, und wenn ich gewisse Limits überschreite, die
ich selber mitbestimmen kann – das heißt, es geht nicht darum, dass wir jetzt den Menschen vorschreiben wollen, was sie tun dürfen und was nicht –, sind derartige Sperren gültig, egal welches Glücksspiel ich spiele. Das heißt, wir müssen uns um die Frage des Spielerschutzes kümmern, weil er heute jedenfalls nicht so ist, wie wir alle hier, glaube ich, ihn als ausreichend sehen würden.
Das Zweite ist das Onlineglücksspiel. Dafür gibt es in Österreich eine Lizenz, das heißt einen legalen Betreiber. Tatsächlich ist es aber so, dass nur circa 30 Prozent der Spieler bei diesem legalen Betreiber spielen, 70 Prozent spielen hingegen bei illegalen Onlineanbietern. Es ist auch ein bisschen fad für den Gesetzgeber, wenn er ein Gesetz beschließt, das bestimmt: Ihr dürft nur dort spielen!, und 30 Prozent tun das und 70 Prozent tun etwas anderes.
Da gäbe es ja Möglichkeiten, das über IP-Blocking einzuschränken, das heißt, dass man über das Internet die anderen gar nicht erreicht. Da gibt es die Variante über die sogenannten Zahlungsdienste: Für alles, was man im Internet macht, braucht man ja eine Kreditkarte oder dergleichen. Da gibt es Wege, wie man diese Zahlungsdienste verhindert und damit verhindert, dass man dort überhaupt spielen kann.
Es gibt auch die Varianten, einfach mehr Lizenzen zu machen, nicht nur eine, sondern mehrere Lizenzen. Das ist etwas, das wir uns ansehen sollten. Dass wir hier ein Gesetz beschlossen haben, das nur zu 30 Prozent gilt und zu 70 Prozent nicht, halte ich für eine Baustelle. Das ist eine Sache, bei der der Gesetzgeber aufgerufen ist, darüber nachzudenken, wie er nicht nur 30 Prozent reguliert, sondern 100 Prozent.
Die dritte Baustelle wurde angesprochen – Good Governance würde ich das nennen –: Es gibt einen, der das Geld, die Glücksspielabgabe, einnimmt. Derselbe vollzieht das Gesetz und ist die Aufsicht, macht auch Gesetzesvorschläge an das Hohe Haus, regelt indirekt auch die Beteiligungen des Bundes an Glücksspielunternehmen und ist auch noch für den Spielerschutz zuständig.
Als Beispiel: Die Stadt Wien hat diese Funktionen auf drei Stellen aufgeteilt. Da nimmt einer das Geld ein, einer ist für die Kontrolle und für das Gesetz zuständig und der Dritte für den Spielerschutz. Es ist vernünftig, wenn das getrennt ist. Da kann man sich an der Stadt Wien, wie in vielen anderen Fragen auch, ein Beispiel nehmen. Aber das ist jedenfalls etwas, das sich auch eine Enquete-Kommission anschauen sollte, nämlich wie man diese verschiedenen Aufgaben des Bundes auf verschiedene Stellen aufteilt. (Beifall bei der SPÖ.)
Ein viertes Beispiel für eine Baustelle ist das sogenannte kleine Glücksspiel. Es gibt ja zwei Arten des kleinen Glücksspiels: jenes, welches das Land betreibt, und jenes, welches eine Bundeskonzession erfordert. Das eine heißt Landesausspielung oder kleines Glücksspiel, das andere heißt VLT, Video Lottery Terminal.
Für den Kunden ist überhaupt nicht ersichtlich, wo er jetzt gerade ist, aber das eine regelt das Land, das andere der Bund. Vorarlberg ist zum Beispiel ein Verbotsland, aber VLTs gibt es, ob das Land es will oder nicht. Es gibt gerade in Villach eine Diskussion, der Bürgermeister dort sagt, er will das an und für sich nicht, schon gar nicht neben dem Sozialamt, schon gar nicht in der Nähe von Schulen, aber der Bund genehmigt es trotzdem.
Wir haben das Problem auch in Wien. Wien ist ein Verbotsland wie Vorarlberg, aber VLT gibt es – Gott sei Dank nur eines: Böhmischer Prater. (Abg. Meinl-Reisinger: Drei Standorte ...!) – Ja genau, das ist die Situation, die wir haben.
Ist das etwas, was wir wollen? – Nein, das ist ja in Wahrheit auch vollkommen ungeregelt. Entweder das kleine Glücksspiel ist erlaubt oder nicht. Es gibt da aber eine Baustelle, die das zulässt.
Und was die Einsätze betrifft – der Antrag kümmert sich um die Einsätze, also um einen kleinen Teil dieser Baustellen –: Sind die Einsätze klein? – Für ein Spiel vielleicht schon, aber dafür, was in der Stunde, in der Woche, im Monat verloren werden kann, sind sie jedenfalls jenseits von klein.
Unser Vorschlag ist daher: Alle Parteien setzen sich zusammen und wir setzen eine Enquete-Kommission ein – wir werden in den nächsten Tagen dazu einen schriftlichen Vorschlag übermitteln –, in der diese Baustellen behandelt werden. Ich glaube ehrlich gesagt, dass das eine Sache ist, die uns alle angeht und nicht nur die Parteien, die gerade zufällig eine Koalition verhandeln. Da sollten alle Parteien eingebunden sein. (Beifall bei der SPÖ.)
Dann gibt es ein aktuelles Thema, das indirekt auch den Spielerschutz betrifft, nämlich die Frage betreffend Casinos Austria, dass die Novomatic ihre Anteile an einen tschechischen Miteigentümer verkaufen will. Dabei halten wir es aus zwei Gründen für ganz wichtig, dass der Bund, die Öbag, die Anteile aufstockt. Erstens verhindert man dadurch eine absolute Mehrheit des tschechischen Glücksspielkonzerns an den Casinos Austria und erreicht damit, dass der Bund beim Kauf der Novomatic-Anteile aus einem wirtschaftlichen Grund mitzieht.
Im Moment kann der Bund mehr oder weniger um null Zinsen Geld aufnehmen. Das heißt, jede Dividende, die hereinkommt, ist für den Bund ein Geschäft. Insofern sollte man das allein aus wirtschaftlichen Gründen machen – aber vor allem auch aus Spielerschutzgründen. (Zwischenruf des Abg. Schellhorn.)
Natürlich gibt es für den Eigentümer, also ein Glücksspielunternehmen, immer die Abwägung: Ist mir Spielerschutz wichtig oder sind mir meine eigenen Einnahmen wichtig? Das ist natürlich ein Widerspruch. Je mehr Spielerschutz man betreibt, je mehr Spieler man zum Beispiel sperrt, desto geringer sind die Einnahmen.
Ganz ehrlich, ich traue der öffentlichen Hand als Eigentümer eher als einem Privaten zu, dass der Spielerschutz und nicht die persönlichen Einnahmen des Unternehmens in den Vordergrund gestellt werden (Abg. Meinl-Reisinger: Haben wir ja gesehen, dass es nicht so ist! Ganz im Gegenteil!), deswegen bringe ich hiermit einen Entschließungsantrag betreffend „Wahrung des Einflusses bei der Casinos Austria AG durch Nutzung des Vorkaufsrechts“ ein.
Die öffentliche Hand soll jedenfalls darauf schauen, dass sie verhindert, dass ein rein privater Glücksspielkonzern alleine das Sagen bei den Casinos Austria hat – aus wirtschaftlichen Gründen und aus Spielerschutzgründen. (Beifall bei der SPÖ.)
Dann habe ich noch einen Punkt, da Sie, Herr Finanzminister, gerade hier sind: Erklären Sie mir bitte, was Herr Schmid eigentlich noch in der Öbag macht! Herr Schmid ist jetzt Alleinvorstand der Öbag und damit derjenige, der die wesentlichen Industriebeteiligungen des Bundes verwaltet – von der OMV über den Verbund und so weiter bis hin zur Casinos Austria AG. Das ist jener, der geheime Unterlagen, die das Glücksspiel und die Vergabe von Lizenzen betreffen, fotografiert. Früher war er die rechte Hand Ihres Vorgängers, er war ja quasi Ihr Vorgesetzter; ich weiß, dass Sie da persönlich in einer schwierigen Situation sind.
Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Herr Abgeordneter, Sie haben nur noch 20 Sekunden. Verlesen Sie bitte den Antrag!
Abgeordneter Kai Jan Krainer (fortsetzend): Herr Präsident, ich habe ihn an und für sich inhaltlich erläutert. Ich glaube, ich muss ihn nicht verlesen; aber ich kann das gerne tun:
Entschließungsantrag
der Abgeordneten Kai Jan Krainer, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Wahrung des Einflusses bei der Casinos Austria AG durch Nutzung des Vorkaufsrechts“
„Die Bundesregierung wird aufgefordert eine Mehrheitsbeteiligung der tschechischen Sazka-Gruppe an den österreichischen Casinos – unter anderem durch Nutzung des Vorkaufsrechts durch die Österreichische Beteiligungs AG (ÖBAG) und damit einer entsprechenden Aufstockung der Anteile an der Casinos Austria AG – zu unterbinden.“
*****
Ich hoffe, Herr Präsident, dass Sie jetzt in fachlicher Hinsicht zufrieden sind.
Ich komme aber noch einmal zurück auf das vorige Thema: Was macht Herr Schmid noch in der Öbag?
Es ist klar, er hat als Beamter Geheimunterlagen fotografiert und diese an die Novomatic geschickt. – Das geht nicht! Das ist ein Vorgang, der nicht geht! – Der ist für die Casinos zuständig, der gehört dort weg! Bitte tun Sie etwas! – Danke schön. (Beifall bei der SPÖ.)
16.35
Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:
Entschließungsantrag
der Abgeordneten Kai Jan Krainer, Genossinnen und Genossen betreffend „Wahrung des Einflusses bei der Casinos Austria AG durch Nutzung des Vorkaufsrechts“
eingebracht im Zuge der Debatte zum dringlichen Antrag der Abgeordneten Mag. Beate Meinl-Reisinger, MES, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Umsetzung notwendiger Spielerschutzmaßnahmen im Glückspiel“ in der 6. Sitzung des Nationalrates am 11. Dezember 2019
Begründung
Am 10.12.2019 wurde durch Medienberichte bekannt, dass die Novomatic AG ihre Anteile von rund 17,2% an der Casinos Austria AG (CASAG) an die tschechische Sazka-Gruppe verkaufen möchte.
Der Bund hält über die Österreichische Beteiligungs AG (ÖBAG) derzeit rund 33,2% an der CASAG, die Sazka-Gruppe hält 38,3%. Die anderen Aktionäre verfügen allerdings über ein anteiliges Vorkaufsrecht. Würde die Republik von diesem Vorkaufsrecht nicht Gebrauch machen, würde die Sazka-Gruppe in Zukunft mehr als 50% an der CASAG halten. Das Unternehmen wäre damit mehrheitlich in der Hand der tschechischen Sazka-Gruppe.
Es gibt viele Gründe, die für die Nutzung des Vorkaufsrechts durch die ÖBAG sprechen.
1) Die Republik verschuldet sich zurzeit de-facto zum Nullzinssatz. Eine Aufstockung der CASAG Anteile durch Nutzung des Vorkaufsrechts hätte durch höhere Dividenden einen positiven Einfluss auf den österreichischen Staatshaushalt.
2) Eine Mehrheitsbeteiligung eines ausländischen Glückspielkonzerns an den österreichischen Casinos möglichst hintanzuhalten, hat auch wichtige ordnungs-
politische Gründe. Die Unternehmenspolitik der CASAG kann nämlich nicht bis ins kleinste Detail durch gesetzliche Rahmenbedingungen und Bestimmungen – beispielsweise im Bereich des Spielerschutzes – geregelt werden. Der Staat agiert als Eigentümer im Bereich des Spielerschutzes sicherlich anders als ein privates Unternehmen. Diesen Umstand hat auch Bettina Glatz-Kremsner jüngst in einem Kurier Interview hervorgestrichen. Darin sagt sie „Gerade in einem derart sensiblen Bereich wie dem Glücksspiel ist eine staatliche Beteiligung gut und wichtig“. Auch bei neuen Projekten sei eine staatliche Beteiligung hilfreich. Und weiter: „Es gehe nicht um den „maximalen Ertrag, sondern um den bestmöglichen Ertrag unter strengen ordnungspolitischen Rahmenbedingungen“.1
Sowohl aus ordnungs- als auch finanzpolitischen Erwägungen, sollte die Republik eine Mehrheitsbeteiligung eines ausländischen Glückspielkonzernes an den österreichischen Casinos möglichst hintanhalten.
Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgenden
Entschließungsantrag
Der Nationalrat wolle beschließen:
„Die Bundesregierung wird aufgefordert eine Mehrheitsbeteiligung der tschechischen Sazka-Gruppe an den österreichischen Casinos – unter anderem durch Nutzung des Vorkaufrechts durch die Österreichische Beteiligungs AG (ÖBAG) und damit einer entsprechenden Aufstockung der Anteile an der Casinos Austria AG - zu unterbinden.“
1 https://kurier.at/wirtschaft/wie-die-casinos-chefin-gas-gibt/400667732
*****
Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Meine sehr geehrten Damen und Herren! Der Antrag ist ausreichend unterstützt, ausreichend begründet und steht daher mit in Verhandlung. – Darum bin ich für eine GOG-Reform: damit wir diese bürokratischen Hindernisse beseitigen können.
Ich darf eine Gruppe aus Kärnten, die Gäste von Abgeordnetem Obernosterer, recht herzlich begrüßen. – Herzlich willkommen hier! (Allgemeiner Beifall.)
Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Fuchs. – Bitte.
Abgeordneter MMag. DDr. Hubert Fuchs (FPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Finanzminister! Werte Kolleginnen und Kollegen! Kurz zum Antrag des Kollegen Krainer hinsichtlich der Aufstockung der Casag-Anteile durch die Öbag: Auch die freiheitliche Fraktion wird sich diesem Antrag anschließen. (Beifall bei der FPÖ.)
Ein sehr wichtiger Aspekt beim Spielerschutz wurde im NEOS-Antrag vergessen, und zwar die Bekämpfung des illegalen Glücksspiels. Die Bekämpfung des illegalen Glücksspiels ist eine der effizientesten Maßnahmen, um Spielerschutz sicherzustellen. Dafür braucht es auch entsprechend effiziente gesetzliche Werkzeuge. Die derzeit vorhandenen gesetzlichen Werkzeuge sind dafür völlig unzulänglich.
Die illegalen Glücksspielbetreiber spielen mit den Behörden, insbesondere mit der Finanzpolizei, Katz und Maus. Ich selbst habe als Staatssekretär im BMF entsprechende Maßnahmen zur Vollzugsstärkung ausgearbeitet, die jedoch aufgrund des Auseinanderbrechens der Koalition letzten Endes nicht mehr umgesetzt werden konnten. Diese
Maßnahmen zur Vollzugsstärkung liegen aber im BMF in der entsprechenden Abteilung auf. (Zwischenruf des Abg. Schellhorn.) Wir werden diese unter Umständen auch einmal im Rahmen eines Initiativantrages einbringen.
Mit diesen verfahrensrechtlichen Maßnahmen wären die Behörden in der Lage gewesen, illegale Glücksspielautomaten und illegale Glücksspieleinrichtungen sofort zu schließen beziehungsweise zu beschlagnahmen. (Beifall bei der FPÖ.)
Laut Begründung dieses NEO-Antrages (Abg. Schellhorn: NEOS!) laufen beim Finanzminister die verschiedensten Fäden zusammen, welche nicht zusammengehören. NEOS hat da offenbar die aktuellsten Entwicklungen verschlafen.
Ich selbst habe mit Kollegen Hanger am 3. Juli dieses Jahres einen Initiativantrag, nämlich den Entwurf für das Finanz-Organisationsreformgesetz, eingebracht. Der Herr Finanzminister hat es schon kurz angesprochen. Im Rahmen dieser Neuorganisation der Bundesfinanzverwaltung wurde auch das Glücksspielgesetz per 1.7.2020 novelliert. Es handelt sich im Wesentlichen um die Übertragung von Behördenzuständigkeiten vom Bundesminister für Finanzen zum Finanzamt Österreich. (Zwischenruf der Abg. Meinl-Reisinger.) Mit dieser Neuregelung soll eine Verlagerung und Bündelung der ordnungspolitischen Glücksspielaufsicht des Bundes bei einer Behörde, nämlich beim Finanzamt Österreich, erfolgen.
Neben den abgabenrechtlichen Ermittlungs- und Vollzugsaufgaben im Bereich der glücksspielspezifischen Abgaben führte das Finanzamt für Gebühren, Verkehrsteuern und Glücksspiel, das nunmehr im Finanzamt Österreich aufgeht, bereits wesentliche ordnungspolitische und abgabenrechtliche Prüfungen der Bundeskonzessionäre und Bewilligungsinhaber der Länder durch. Bei diesen Prüfungshandlungen wird insbesondere die Einhaltung glücksspiel- und konzessionsrechtlicher Vorgaben sowie auch dem Spielerschutz zuzurechnender Auflagen geprüft.
Herr Krainer (in Richtung des mit Bundesminister Müller sprechenden Abgeordneten), es wäre nicht schlecht, wenn Sie Platz nehmen und nicht Pausengespräche führen würden, das gebietet die Höflichkeit. (Beifall bei der FPÖ. – Abg. Kogler: Das wäre dann ja eine Pausenrede!) – Durch die Zusammenlegung beziehungsweise Übertragung der beim BMF angesiedelten operativen Aufsichts- und Vollzugsmaßnahmen zum Finanzamt Österreich sollen Synergien aus ordnungs- und abgabenpolitischen Tätigkeiten genützt werden. In der Struktur des Finanzamts Österreich sollen juristische und betriebswirtschaftliche Kompetenz und langjährige Erfahrung im Umgang mit Spannungsfeldern und sensiblen Themen wie Glücksspiel und Spielerschutz im Finanzressort auf einer Ebene operativ gebündelt werden.
Die bereits im Finanzamt für Gebühren, Verkehrsteuern und Glücksspiel bestehende ordnungspolitische Aufsicht über die Bundeskonzessionäre wurde durch dieses Gesetz erweitert, indem aufsichtsrechtliche Bewilligungs- und Genehmigungsverfahren betreffend die Konzessionäre auf das Finanzamt Österreich übergehen werden. Die Bündelung der ordnungspolitischen Glücksspielaufsicht und der Verfahrensführung außerhalb der Zentralstelle entspricht jenen in anderen Bereichen der Bundesfinanzverwaltung. Und das BMF kann sich damit in einem sich technologisch zunehmend verändernden und globalisierten Glücksspielmarkt intensiver auf Kernaufgaben und Rahmenbedingungen dieses Wirtschaftsbereichs konzentrieren.
Abschließend darf ich der Spielerschutzstelle im Finanzministerium bei dieser Gelegenheit für ihre engagierte und wichtige Tätigkeit recht herzlich Dank sagen, aber auch unserer Finanzpolizei und deren Leiter Wilfried Lehner möchte ich bei dieser Gelegenheit Dank und Anerkennung aussprechen. Sie erfüllen einen Drecksjob, der nicht immer leicht ist. (Beifall des Abg. Krainer. – Abg. Kogler: Stimmt!)
Wir werden diesen Antrag aber dennoch ablehnen, da er dem Wunschzettel der illegalen Glücksspielbranche an das Christkind entspricht. – Vielen Dank. (Beifall bei der FPÖ. – Abg. Meinl-Reisinger: Geh bitte! Das ist nahezu diffamierend, was Sie da sagen!)
16.42
Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Abgeordneter Kogler. – Bitte.
Abgeordneter Mag. Werner Kogler (Grüne): Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ein paar Aspekte, zuerst zum Hauptanliegen, zum Spielerschutz, dann zur Fragestellung hinsichtlich dessen, was eigentlich schon immer ein Problem bei Casinoaktivitäten, bei Glücksspiel im Allgemeinen, bei der Entwicklung von Novomatic ist und weswegen sich hier heute auch ein Verlangen zu einem Untersuchungsausschuss findet, und wie wir das qualifizieren – in aller Kürze, aber es wurde ja schon als Thema an dieser Stelle zugelassen –, und zum Dritten zu einem Entschließungsantrag der sozialdemokratischen Fraktion, von dem wir soeben erfahren haben:
Beim Spielerschutz kann man ja nur dem zustimmen, was die Begründerin, Abgeordnete Meinl-Reisinger, gesagt hat. Es geht ja nicht nur um die 100 000 Menschen, die betroffen sind, sondern auch um deren Familien. Da tun sich Abgründe auf, und es ist wirklich nicht einzusehen, dass da so lange Zeit nichts mehr weitergegangen ist. Ich bin ja nicht im Detail informiert, aber wenn man dann schaut, wie sich Novomatic noch zwischendurch verhält: Man zeigt jenen, die versuchen, auf dem Rechtsweg vielleicht für viele zukünftig Betroffene voranzuschreiten – wenn es um Zehntausende und Hunderttausende geht –, die lange Nase und es wird zurückerpresst.
Ich darf Ihnen auch aus anderen Zusammenhängen mitteilen, dass ich weiß, wozu Novomatic imstande ist. Die haben es aus meiner Sicht ganz schön faustdick hinter den Ohren. Das bezieht sich auf die Geschichte mindestens seit Beginn der 2000er-Jahre, jedenfalls von 2006 aufwärts, aber dazu werde ich vielleicht nachher noch etwas sagen, wenn wir uns über den Untersuchungsgegenstand eines tatsächlichen oder möglichen Untersuchungsausschusses unterhalten – weil ich mir gar nicht so sicher bin, dass der Untersuchungsgegenstand in dieser Form angenommen wird, wenn denn irgendeine Fraktion versuchen würde, zum Verfassungsgerichtshof zu gehen, nur um die Spannung zu steigern.
Jetzt aber zum Spielerschutz: Ja, da werden Existenzen vernichtet, und das braucht eine andere Aufmerksamkeit. Ich kann aus der Begründung des Antrages der NEOS noch einmal die fünf Fäden herausziehen – wenn Sie so wollen –, die alle im Finanzministerium zusammenlaufen, und es erschließt sich fast von alleine, dass eine Entflechtung aus diesem Strickmuster heraus sinnvoll und notwendig ist.
In der sehr guten Begründung dieses Dringlichen Antrages werden zutreffend folgende fünf Fäden identifiziert: Im Ministerium laufen die Aufgaben des Spielerschutzes, die fiskalischen Interessen, die ja wahrzunehmen sind, aber ebenso die Eigentümerrechte – das ist jetzt schon das Dritte – zusammen, dort befindet sich die Regulierungsbehörde, und dann gibt es auch noch ein eigenes Aufsichtsanliegen. Ich weiß nicht, ob der Herr Bundesminister mit dieser Begründung überall im Detail übereinstimmt, aber ich nehme es jetzt einmal so, denn mir scheint, dass das hier relativ gut vorbereitet ist.
Ob man dem Antrag im Einzelnen und im Detail so zustimmen müsste: Ehrlich gesagt, wenn ich da einen Dringlichen Antrag bekomme, bin ich mir nicht hundertprozentig sicher, ob genau 30 Cent, 20 Cent oder 40 Cent der minimale Einsatz sein sollen, aber sei’s drum. (Abg. Krainer: Maximal!) Sei’s drum, das geht sicher in die richtige Richtung. (Abg. Meinl-Reisinger: Ja, maximal!) Es ist meines Erachtens sehr, sehr detail-
liert. Das könnte man jetzt bezüglich des Abstimmungsverhaltens so oder so sehen, aber wir werden uns dem anschließen, da Begründung und Intention klar erkennbar sind. Im Prinzip müsste man sich aber, wenn man da wirklich alle Fraktionen mitnehmen möchte, vorher einen Kopf machen, denn ehrlich gesagt wüsste ich jetzt nicht, ob es - - (Abg. Meinl-Reisinger: Der Antrag ist ja nicht neu, ihr wart halt nicht da!) – Ja, ich weiß schon, wir orientieren uns teilweise an den bundesdeutschen Vorgaben, insofern wissen wir eh, dass es in diese Richtung geht – und das soll gut sein.
Jetzt zur Rolle von verschiedenen Playern bei dem, was sich ja ganz offenkundig zu einer Affäre ausgewachsen hat: Es geht eben in Wahrheit um die Casinos selbst, um die Novomatic – wie weit man die tschechischen Eigentümer hereinziehen muss, ist eine andere Frage, das habe ich gar nicht so genau mitbekommen. Ich habe mich ja in meiner parlamentarischen Vorkarriere, die, wie Sie wissen, kurz unterbrochen wurde, nicht hauptsächlich mit dieser Thematik beschäftigt, aber eines weiß ich noch ganz genau, nämlich wie Novomatic, wie andere Player aus diesem Bereich immer wieder in Verdacht geraten sind oder zum Teil offenkundig in Vorwürfe involviert waren, die da waren: Gesetzeskauf, Bestechung, und halt Bestechlichkeit auf der anderen Seite, also das ganze Sammelsurium von einer satten, sich auswachsenden und nicht aufhören wollenden Korruption. Ich würde das einmal so beschreiben. (Beifall bei den Grünen.)
Da es das kleine Glücksspiel betroffen hat, aber auch andere Lizenzen, die damit verwoben sind – ich glaube, das wurde von Klubobfrau Meinl-Reisinger sehr gut erklärt –: Es ist ja auch so, dass das den Grünen immer wieder ein Anliegen war. Da darf ich auf die Landtage verweisen, auf den Wiener Landtag und auf den Niederösterreichischen Landtag. Da gibt es jeweils Klubobleute der Grünen, einmal David Ellensohn und einmal Helga Krismer, Zweitere in Niederösterreich, die sich immer wieder bemühen und anlegen und kämpfen und die ihrerseits aufgrund ihres Engagements Bedrohungen aus der Glücksspielbranche ausgesetzt sind. Helga Krismer ist erst vor gar nicht so langer Zeit von Novomatic geklagt worden, weil sie es sich herausgenommen hat, dahinterzuschauen und zu beleuchten, was die sich alles herausnehmen. Sie wurde dafür geklagt.
Also das ist eine interessante Diskursverschiebung in der Republik, wenn Klubobfrauen in einem Landtag dafür geklagt werden, dass sie ein paar kritische Fragen stellen, etwa wie es mit Lehrgängen – ich denke, das war der Anlassfall – auf der Donau-Uni Krems zugeht. Vielleicht war das ja auch etwas Gutes, ich weiß es nicht – ich habe ja gesagt, ich kenne mich nicht mehr so gut aus.
Eines weiß ich jedoch: dass – aus meiner Sicht – solch eine Firma und solch ein Eigentümer wegen einer mittelmäßig kritischen Debatte und Herangehensweise nicht dazu übergehen sollten, Abgeordnete zu klagen – dort, wo es geht, im Zivilrechtsweg ‑, und das vor dem Hintergrund, dass die in einer Firma hocken, die ihrerseits ja einmal zu 100 Prozent öffentliches Eigentum war.
Das führt mich jetzt zu dem Untersuchungsgegenstand, um den es in Zukunft geht: Wie ist Novomatic da überhaupt hineingekommen und unter welchen Bedingungen? (Abg. Meinl-Reisinger: Ihr könnt ja einen eigenen Glücksspiel-Untersuchungsausschuss starten!) Die Frage interessiert mich schon. (Beifall bei den Grünen.)
Oder: Wie ist das, wenn wir jetzt schon das sogenannte Ibiza- - – das klingt immer so nett, ich weiß gar nicht, was ich mir da einfallen lassen soll –, na sagen wir halt Ibizavideo – wir haben heute ohnehin schon festgestellt, dass es sich offensichtlich um eine politische Vulkaninsel handelt –, ansprechen, wenn dort das Zitat fällt: Novomatic zahlt alle!? Ich weiß nicht: Hat Herr Strache das in die Zukunft verlegt? Wenn jemand sagt: Novomatic zahlt alle!, meint er in der Regel die Gegenwart und möglicherweise Erfahrungen aus der Vergangenheit. Das ist doch eindeutig!
Wenn das jetzt das Thema sein soll, dann wird man zumindest, und mehr hätte ich nicht verlangt in der öffentlichen Debatte, die ja kurz aufgeflackert ist - - (Zwischenruf bei der SPÖ.) – Aber keine Aufregung, denn wir vertragen uns an sich schon; wir wollen auch, dass da alles Mögliche aufgeklärt wird. Wir hätten halt diesen eine Spur anderen und zusätzlichen Zugang – damit das jetzt nicht missverstanden wird, um Gottes willen! Aber dennoch – und genau darum geht es –: Es wäre sinnvoll, das in einem Untersuchungszeitraum bis 2012 zurückzuverfolgen. Warum das? (Abg. Meinl-Reisinger: Na wenn, früher!) – Weil bis dorthin ja ein Untersuchungsausschuss das schon behandelt und untersucht hat. Das war ja nicht ohne, wir wissen ja, wovon wir reden. (Abg. Meinl-Reisinger: Das ist dann ein anderer Ausschuss!)
Aber: Novomatic zahlt alle! Novomatic zahlt alle! – Ja, her mit den Geschichten! (Beifall bei den Grünen.)
Im Übrigen: Novomatic inseriert die halbe Republik nieder – für den Fall, dass es jemandem aufgefallen ist.
Als eine Vorgängerin von mir dort angeheuert hat – das können wir uns halt immer anhören, ich sehe das ja an sich ganz entspannt –, sind wir ja ständig gefragt worden, aber: Was habe ich festgestellt? – Vom ORF bis zur Presse und so weiter: Ich weiß nicht, mit wem Novomatic keine Kooperation in dieser Republik hat. Ich weiß auch nicht, was Strache gemeint hat. Vielleicht weiß er ja mehr. Um das zu ergründen, wird man vermutlich den Untersuchungszeitraum ausweiten müssen, nur in diesem Strang, nämlich Casino/Novomatic und was da alles dranhängt – und in meiner Diktion immer noch: Verdacht auf Gesetzeskauf, Bestechung und klassische Korruption. Da rede ich noch gar nicht von Sidlo; das hat sich gelöst, aber da wird ja auch nachgeschaut werden, das werden ja diejenigen, die das Verlangen auf Einsetzung eines Untersuchungsausschusses gestellt haben, wohl so machen. Das ist ein eigener Punkt.
Ich darf im Schlusssatz begründen, warum wir dem Antrag der Sozialdemokraten hinsichtlich seiner Intention nicht zustimmen – oder noch nicht zustimmen –: weil es mir zu sehr aus der Hüfte geschossen vorkommt, wenn wir uns jetzt auf der Stelle festlegen, die Vorkaufsrechte zu ziehen, denn da muss man wissen, unter welchen Bedingungen das stattzufinden hat, sodass zum Schluss nicht übrig bleibt, dass Novomatic wieder zu viel Geld kassiert hat, in diesem Fall dann vom Staat. (Beifall bei den Grünen.)
16.53
Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter - - (Zwischenrufe von der Galerie.) – Es ist nicht gestattet, von der Galerie aus die Sitzung zu stören. Ich bitte Sie, den Raum zu verlassen! (Anhaltende Zwischenrufe von der Galerie.) – Ich bitte Sie, die Kundgebung einzustellen und den Raum zu verlassen! (BesucherInnen werden von MitarbeiterInnen des Ordnungsdienstes von der Galerie geleitet.)
Zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Loacker. – Bitte.
Abgeordneter Mag. Gerald Loacker (NEOS): Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Bundesminister! Hohes Haus! Wenn ich es richtig verstanden habe, waren diese Gäste jetzt nicht wegen des Glücksspiels hier; über dieses diskutieren wir aber gerade.
Wir haben immer, wenn wir über Glücksspiel reden, mehrere Themen auf dem Tisch: das eine sind die Konzessionen, die die Republik an Unternehmen vergibt, das andere sind die hohen Steuern auf Glücksspiel. Ein weiterer Punkt sind die Einnahmen der Republik aus der Eigentümerschaft an einem Glücksspielunternehmen. Die Hand auf diesen Einnahmen hat das Finanzministerium, und zu Recht natürlich hat das Finanzministerium Interesse an hohen Einnahmen. Es geht bei diesem Themenkreis natürlich
auch um Posten. Wenn es ein Staatsbetrieb ist, dann geht es immer darum, wer dort eine wichtige Position einnehmen darf, möglicherweise eine gut dotierte, garniert mit einem schönen Pensionsvertrag.
Es geht bei diesen vielen Themenkreisen hinsichtlich Glücksspiel aber auch um das Thema Gesundheit, Suchterkrankung, Spielsucht. Spielsucht ist eine problematische Krankheit, die man ohne professionelle Hilfe normalerweise nicht bewältigen kann.
Gleichzeitig ist das Finanzministerium die Heimat der Spielerschutzstelle. Es liegt auf der Hand, dass ein rigide umgesetzter Spielerschutz die Einnahmen eher dämpft. Daher gibt es einen Interessenwiderspruch, einen Zielkonflikt, nämlich auf der einen Seite mehr Einnahmen zu erzielen und auf der anderen Seite die Spieler optimal zu schützen. Diese Konstruktion ist nicht optimal.
Die Bedeutung des Spielerschutzes ist eine hohe, aber sie darf natürlich nicht dazu verleiten, die Bestimmungen so stark anzuschrauben, dass legales Glücksspiel de facto unterbunden und das Glücksspiel in den illegalen Bereich gedrängt wird. Wie der Finanzminister bereits richtigerweise ausgeführt hat, kann man im illegalen Bereich keinen wirksamen Spielerschutz durchführen, daher muss man kluge Bestimmungen schaffen, die dann dem Spielerschutz optimal dienen.
Ich bin daher der Meinung, dass dieses Thema aus dem Finanzministerium herausgelöst gehört. Das Gesundheitsministerium bietet sich dafür viel besser an. Die Gesundheit Österreich GmbH, also die GÖG, beschäftigt sich regelmäßig und auf hohem wissenschaftlichem Niveau mit Suchterkrankungen. 2020 wird es auch wieder eine große repräsentative Erhebung zum Suchtverhalten der Österreicher geben, und diesmal erstmals nicht nur zum Thema Drogen, Alkohol und Tabak, sondern auch zum Thema Glücksspiel, Glücksspielverhalten. Wie bereits erwähnt wurde, hat die GÖG schon einmal im Auftrag des Finanzministeriums die letzte Glücksspielnovelle 2010 evaluiert. Es gibt also das Fachwissen in einer Behörde, die zum Gesundheitsministerium gehört. Die fachliche Kompetenz ist dort vorhanden, und die Aufgaben wären dann sauber verteilt, wenn das Finanzministerium die Einnahmenseite und das Gesundheitsministerium die Spielerschutzseite abdeckt. (Beifall bei den NEOS.)
Wenn den zukünftig vermutlich regierenden Schwarzen und Türkisen und Grünen der Spielerschutz ein ehrliches Anliegen ist, dann nehmen sie diesen Vorschlag in ihre Gespräche auf. Ein bisschen stutzig hat mich gemacht, dass Kollege Kopf gesagt hat, er wolle die Länder einbinden. Wenn ich ein Projekt zu Fall bringen will, dann binde ich die Länder möglichst viel ein (Ruf bei der ÖVP: Wegen der Kompetenzen!), denn dann zerreden wir alles die nächsten 15 Jahre lang und es kommt nichts heraus. Wenn Sie etwas erreichen wollen, dann machen wir es einfach! (Beifall bei den NEOS.)
16.58
Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Hanger. – Bitte.
Abgeordneter Mag. Andreas Hanger (ÖVP): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Werte Kolleginnen und Kollegen! Hohes Haus! Ich möchte gleich zu Beginn auf den Antrag der SPÖ replizieren: Wir verstehen natürlich die dahinterstehende Intention, und es liegt ja auf der Hand, dass man Vorkaufsrechte, wenn sie im Syndikatsvertrag definiert sind, natürlich auch entsprechend geltend macht – gar keine Frage! Die Frage, die jedoch schon sehr berechtigt ist, lautet: Ist eine Entschließung des Nationalrates das richtige Instrument dazu? Wenn man quasi als Dritter jemanden auffordert, zu kontrahieren, etwas abzuschließen, dann wird das den Preis in die Höhe treiben, und das kann es, glaube ich, nicht sein.
Es geht darum, ernsthaft zu verhandeln und alle Optionen abzuwägen. Ganz klar ist auch, dass es im Bereich Glücksspiel eine starke Rolle des Staates braucht. Wir haben Möglichkeiten in der Lizenzvergabe, in der Gestaltung der Lizenzen: Wie gestalten wir die Lizenzen? Wir haben natürlich Möglichkeiten in der Steuerpolitik: Wie besteuern wir Gewinne aus dem Glücksspiel? Und natürlich ist auch der Spielerschutz ein ganz wichtiges Thema. Das heißt, auch wir, die ÖVP, bekennen uns sehr klar zu einer starken Rolle des Staates gerade in diesem Themenbereich.
Zur Dringlichen der NEOS: Für mich persönlich war das sehr spannend, weil ich mich mit diesem Thema erst vor wenigen Stunden einmal intensiv auseinandergesetzt habe. Frau Kollegin Meinl-Reisinger, Sie haben vollkommen recht: Es ist ein großes Thema, gar keine Frage. Man muss das Suchtthema gesamthaft sehen. Es geht ja nicht nur um Spielsucht, sondern es geht auch um andere Suchtfaktoren in Österreich. Wenn man den Studien, die es gibt, Glauben schenken darf, dann sind das tatsächlich große Zahlen. Beim Glücksspiel spricht man in etwa von 1 Prozent der Bevölkerung, das mit diesem Thema konfrontiert ist. Das sind eben zwischen 80 000 und 100 000 Österreicherinnen und Österreicher, und das sind beachtliche Zahlen. Man hat sich diesem Thema mit einer großen Ernsthaftigkeit zu widmen, gar keine Frage.
Persönlich sehe ich es so, dass das alles auch im Spannungsfeld zwischen Eigenverantwortung und persönlicher Freiheit einerseits und Verboten andererseits zu diskutieren ist. Frau Kollegin Meinl-Reisinger hat es selber angesprochen: Hilft ein Verbot überhaupt etwas? (Abg. Meinl-Reisinger: Nein!) – Dann müssen wahrscheinlich alle in die Illegalität oder der Markt dort ist noch schwerer kontrollierbar als aktuell. (Zwischenruf des Abg. Wurm.) Das halte ich auch für eine sehr, sehr spannende Frage, die entsprechend zu diskutieren ist.
Die große Frage ist natürlich: Ist der derzeitige Spielerschutz, den es ja auch gibt – es ist ja nicht so, dass es keinen Spielerschutz gibt, und der Herr Bundesminister hat das ausführlich ausgeführt –, ausreichend oder nicht? – Ganz ehrlich, auch nach Studium meiner Literatur: Das in 3 Stunden beurteilen zu können, das ist etwas, das durchaus die Situation schafft, dass ich dem nicht Folge leisten kann. (Abg. Meinl-Reisinger: Da hatten wir schon mal einen Antrag! Da erwarte ich mir schon ...!)
Resümierend kann man, glaube ich, festhalten, dass Vorschläge der NEOS auf dem Tisch liegen, die durchaus unterstützenswert sind. Es gibt Vorschläge, die diskussionswürdig sind, es gibt aber auch Vorschläge, bei denen wir eine ganz andere Sichtweise haben. Es gibt noch eine Reihe von anderen Vorschlägen, die man natürlich auch zum Thema Spielerschutz aufs Tapet bringen will.
Ich will auch auf die Regierungsverhandlungen verweisen, da ist das ein wichtiges Thema. Ich bin überzeugt, dass da gute Vorschläge auf den Tisch kommen. Das ist der Grund, warum wir den vorliegenden Entschließungsantrag ablehnen werden. – Danke vielmals. (Beifall bei der ÖVP.)
17.01
Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Abgeordnete Holzleitner. – Bitte.
Abgeordnete Eva Maria Holzleitner, BSc (SPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Minister! Werte Kolleginnen und Kollegen! Liebe Zuseherinnen und Zuseher! SpielerInnenschutz ist ein wirklich ernstes Thema, und das Suchtverhalten wird heutzutage nicht mehr nur im Casino an Automaten gefördert und ausgelöst, sondern auch schon auf der Couch, bei der Fahrt mit der U-Bahn, quasi überall. Warum? – Weil es Lootboxen gibt, die beispielsweise in Apps auf Handys auszulösen sind. Ich denke da an „Coin Master“, „Fortnite“ und „Clash of Clans“.
Auch in Österreich ist dieses Thema aktueller denn je, denn bis vor Kurzem hatten wir einen Kollegen in unserer Mitte, der davon sehr stark betroffen war und diese App- und Handygame-Rechnungen via Parteikreditkarte abgerechnet hat. Die Freiheitliche Partei kann vermutlich ein Klagelied davon singen, wie sehr dieses Suchtpotenzial ins Geld gehen kann. (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der Grünen. – Zwischenruf des Abg. Hafenecker.)
Schon in der letzten Gesetzgebungsperiode war uns dieses Thema ein sehr wichtiges Anliegen, weshalb wir auch einen Antrag eingebracht haben. Bei dessen Zuweisung an den Finanzausschuss hat es ein wirklich breites Commitment gegeben, dass es da eine rasche Klärung und einfach ein Setzen von Taten braucht. Für die SPÖ bringe ich deswegen auch diesen Antrag aktualisiert erneut zur Behandlung im Finanzausschuss ein, weil wir wirklich Lösungen für dieses Problem der Lootboxen brauchen.
Ich habe es schon vor einem Jahr erklärt, aber ich bin mir sicher, dass es einige vergessen haben: Was sind Lootboxen eigentlich? – Es sind sogenannte Beutekisten, weitverbreitete Spielmechanismen in Computerspielen und Apps, ursprünglich dazu gemacht, SpielerInnen mit kleinen kosmetischen Gegenständen zu belohnen. In den letzten Jahren hat sich das aber ziemlich zum versteckten Glücksspiel weiterentwickelt, das ganz speziell vor allem auch an Jugendliche und Kinder gerichtet ist.
Lootboxen können käuflich erworben werden, und das Öffnen ist meistens von akustischen und visuellen Effekten begleitet, wie man es eben aus dem Casino kennt, von einem einarmigen Banditen zum Beispiel. Das löst bei Spielerinnen und Spielern eben exakt dieselben psychologischen Effekte aus, die das Belohnungszentrum im Gehirn aktivieren und anregen, und gerade das macht es eben so verheerend.
Die Mischung aus Glücksspiel und Gaming ist aufgrund des hohen Suchtpotenzials und der oft nicht genügend gekennzeichneten Kosten speziell für Kinder und Jugendliche gefährlich und kann zur Kostenfalle werden. Aus diesem Grund haben mehrere Länder diesbezüglich schon Regelungen gefunden. Vorreiter innerhalb der EU ist beispielsweise Belgien, dessen Glücksspielbehörde sogar sagt, dass es wirklich ein Verbot von Lootboxen braucht.
Auch Österreich muss sich endlich stärker mit diesem Thema auseinandersetzen, beschäftigen und präventive aufklärende Angebote schaffen, aber wir müssen auch über andere gesetzliche Regelungen wirklich nachdenken. Es braucht klare Beratungsangebote und Informationen, nicht nur für Kinder und Jugendliche, sondern auch für Erwachsene, für Eltern, und es braucht eine eindeutige Kennzeichnung, wenn nicht sogar ein Verbot dieses Glücksspiels. Das Handeln sollte, wie gesagt, relativ rasch passieren. Auch außerhalb der EU gibt es schon Beispiele. China hat sich zum Beispiel dazu verpflichtet, die statistischen Gewinnchancen und auch die möglichen Preise offenzulegen.
Eine weitere große Schwierigkeit bei diesem Thema, auch das habe ich im letzten Jahr mitbekommen, ist die Beweislast der monetären Transaktionen mit Kreditkarten beispielsweise der Eltern. Ich habe unzählige E-Mails, Anrufe et cetera von Erwachsenen, von Erziehungsberechtigten bekommen, die Beträge auf ihren Kreditkartenabrechnungen gehabt haben, beginnend bei 10 Euro bis zu wirklich sehr hohen Beträgen, und das einfach nicht gewusst haben und auch die Problematik dieses Themas nicht im Kopf gehabt haben.
Das ist ein Thema, das in der letzten Zeit eine so starke mediale Präsenz gehabt hat, dass auch das „Neo Magazin Royale“ mit Jan Böhmermann das beispielsweise thematisiert hat, gerade das Spiel „Coin Master“, weil auch Influencerinnen, Influencer und Promis dafür werben, dass man da irgendwie bunte Schweindln draufdrucken kann, dann etwas zahlt und es dann ein ganz tolles Gadget gibt. Das ist wirklich ein Problem.
Auch in Österreich berichten Medien wirklich regelmäßig darüber. Ich glaube, „Der Standard“ und „Profil“ haben monatlich Artikel zu diesem Thema. Auch Deutschland will sich dessen annehmen, nur wir schlafen da wieder und machen einfach nichts, und das macht mich wirklich schon ein bissl fertig. Es gibt so viele verschiedene Möglichkeiten, hier Regelungen zu finden; Kollege Krainer hat beispielsweise schon eine Enquete-Kommission angesprochen. Ich glaube, auch das wäre eine Möglichkeit, das zu thematisieren.
Das Glücksspiel ist im 21. Jahrhundert angekommen, unsere Regelungen aber noch nicht. Deswegen ist es unsere Pflicht, nachzuschärfen und anzupassen. Auch Lootboxen müssen da einen Platz finden: Sie müssen geregelt und klar eingegrenzt werden – zum Schutz von Kindern und Jugendlichen. Nehmen wir uns doch ein Beispiel an Belgien, Deutschland et cetera, die da schon tätig werden! – Danke. (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der Grünen.)
17.07
Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Belakowitsch. – Bitte.
Abgeordnete Dr. Dagmar Belakowitsch (FPÖ): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Werte Kolleginnen und Kollegen! Herr Kollege Krainer, wie gesagt werden wir Ihrem Antrag zustimmen, allerdings besagt ein Medienbericht beziehungsweise eine APA-Meldung, dass die Sazka-Gruppe auch noch einen Nebendeal laufen hat, angeblich mit Schelhammer & Schattera, und sollte dieser schlagend werden, werden sie auf jeden Fall über die 50 Prozent kommen. Da muss man sich, glaube ich, schon ganz genau anschauen, wieweit das dann überhaupt noch Casinos Austria sind oder ob das dann nicht in Mehrheit schon tschechische Casinos sind – wenn das schlagend werden sollte.
Da muss man jetzt ehrlicherweise auch einmal sagen, da haben die Medien mit ihrer Berichterstattung über die Bestellung von Herrn Sidlo wirklich ganze Arbeit geleistet (Abg. Meinl-Reisinger: Na, ich glaube, da haben Sie ganze Arbeit geleistet mit Ihrem Dilettantismus! Außerdem ist das ja wurscht ...!), denn jetzt werden möglicherweise die Casinos Austria zu den tschechischen Casinos. Das kann ja nicht im Sinn von uns allen sein. Nichtsdestotrotz werden wir diesem Antrag natürlich unsere Zustimmung geben, weil wir die Casinos Austria mit einer Mehrheit in Österreich haben wollen. (Beifall bei der FPÖ.)
Jetzt aber zum Dringlichen Antrag der NEOS und zur Suchtprävention: Vieles, was Sie da drinnen schreiben, ist richtig, aber vieles fehlt auch noch. Wenn ich es mir durchlese, dann habe ich so ein bisschen das Gefühl - - (Abg. Meinl-Reisinger: Kann man ja zustimmen oder nicht!) – Lassen Sie mich einmal ausreden! Sie müssen nicht immer dazwischenquatschen. (Abg. Krisper – erheitert –: Das machen Sie nie!) Jetzt wollte ich Sie gerade einmal loben, aber Sie machen es einem wirklich schwer, etwas positiv zu finden (Abg. Meinl-Reisinger: Ich wollte Sie auch loben!), denn Sie unterbrechen jeden Gedanken, den man fasst.
Wissen Sie, das Problem, das ich sehe, ist: Nicht alles, was gut gemeint ist, wirkt gut. Ich habe halt immer die Angst, dass wir die Leute in die Illegalität treiben, und ich glaube, das größte Problem im Spielbereich ist das illegale Glücksspiel. Im Bereich des legalen Glücksspiels gibt es Möglichkeiten und Wege, an die Spieler heranzukommen. An was wir überhaupt nicht herankommen, das sind die illegalen Spielhöllen, sind illegale Spielautomaten, sind auch Spieler, die zu Hause in der völligen Anonymität im Internet spielen, wo es Anbieter gibt, die nicht einmal in Österreich Steuern zahlen. Genau davon müssen wir die Leute wegbringen, denn solange sie, sage ich jetzt einmal, im legalen Bereich spielen, hat man die Möglichkeit, sie auch noch zu erreichen.
Jetzt kann ich den Zahlen etwas abgewinnen oder auch nicht, aber was es, glaube ich, braucht und was wirklich ein wesentlicher Punkt ist, ist die Kontrolle des illegalen Glücksspiels. Dazu braucht es auch sehr viel mehr Finanzpolizei. Diese müsste man viel, viel mehr aufstocken, damit sie das auch wirklich effizient kontrollieren kann.
Das Nächste ist: Wenn die illegalen Automaten gesperrt werden, dann gibt es Einsprüche der Betreiber, die haben zum Teil aufschiebende Wirkung. Das dauert oft noch einmal ein, zwei Monate. Also da muss man ansetzen. Das, was wirklich illegal ist, muss gesperrt sein und aus. Das, glaube ich, ist das ganz große Problem, das wir haben, und dessen sollten wir uns annehmen. Darum glaube ich, dass dieser Antrag von Ihnen zwar gut gemeint ist, aber meines Erachtens in der vorliegenden Form teilweise schon noch sehr viel Diskussionsbedarf hat, und daher können wir ihm so auch gar nicht zustimmen.
Besonders interessant war jetzt für mich aber, die Debatte zu hören, weil Kollegin Meinl-Reisinger eigentlich gar nichts zu ihrem eigenen Antrag gesagt hat, sondern nur auf die letzte Bundesregierung hingehauen hat, obwohl der Antrag ein wesentliches Thema betrifft. Suchterkrankung ist ein ganz großes Problem, ein ganz großes Thema, nicht nur die Spielsucht, sondern es gibt auch andere Süchte, die existenzbedrohend sind, das wissen wir. Wir wissen auch, dass Menschen, die spielsüchtig werden, eben eine Suchterkrankung in sich tragen, das heißt, wenn ich ihnen den Spielautomaten nehme, werden sie halt in einem anderen Bereich süchtig. Dazu gibt es Statistiken, die das auch belegen. Das wissen wir. Das heißt, was es braucht, ist, die Leute auch wirklich zu finden, und wir brauchen die Therapien, um den Menschen aus ihrer Sucht zu helfen, egal welche Art von Sucht das jetzt ist – und Suchterkrankung ist ein ernst zu nehmendes Thema.
Was Frau Kollegin Meinl-Reisinger aber gemacht hat, war eine irgendwie sehr unfaire Geschichte, denn sie hat sich hierhergestellt und hat in Wahrheit die Arbeit der Sazka-Gruppe fortgesetzt. Sie hat nämlich über irgendeine Bestellung geschimpft, die ganz furchtbar, schrecklich und böse war. Dabei hat Frau Kollegin Meinl-Reisinger aber auch verschwiegen, dass sie ja im Jahr 2015 mit einem gewissen Tal Silberstein zusammengearbeitet hat. Dieser war damals der große Berater, hat einen sehr, sagen wir einmal, aggressiv-populistischen Wahlkampf für den Wiener Landtag gemacht und war wahrscheinlich auch die einzige Chance für die NEOS, in den Landtag einzuziehen. (Zwischenruf des Abg. Schellhorn.) Sie haben es ja dann auch knapp geschafft.
Genau dieser Tal Silberstein ist jetzt aber die Verbindung zu den Casinos, Frau Kollegin Meinl-Reisinger. (Zwischenruf der Abg. Meinl-Reisinger.) Er hat nämlich die Casinos auf Schadenersatz geklagt, weil er in Wahrheit 200 Millionen Euro durch diese Videogamblings durchschleusen wollte. – Also jetzt stellen Sie sich nicht als die immer Gute, Saubere hin, sondern schauen Sie schon auch einmal in Ihrer eigenen Parteigeschichte nach! (Abg. Meinl-Reisinger: Was wollen Sie damit sagen? Was wollen Sie mir damit vorwerfen?)
Gerade den Wiener Landtagswahlkampf, Frau Kollegin Meinl-Reisinger, haben Sie ja wohl als Spitzenkandidatin gemeinsam mit dem Herrn, der Geldwäsche über die Casinos abwickeln wollte, gemacht. Das ist aber schon davor gewesen, das hat sich nämlich 2014 abgespielt und Sie haben ihn 2015 engagiert. (Abg. Schellhorn: Fällt Ihnen zum Herrn Haselsteiner auch was ein?) Diesen Vorwurf müssen Sie sich gefallen lassen! Sie sind nicht die Supersaubere, für die Sie sich hier immer ausgeben. Wenn Sie einen wichtigen und richtigen Antrag einbringen wollen, dann wäre es auch fair und gut, darüber zu sprechen und nicht in eine völlig andere Richtung zu polemisieren. (Beifall bei der FPÖ. – Abg. Meinl-Reisinger – erheitert in Richtung Abg. Schellhorn –: Es muss halt Silberstein sein ...!)
17.12
Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Tomaselli. – Bitte. (Ruf bei der ÖVP: Na, servas!)
Abgeordnete Mag. Nina Tomaselli (Grüne): Herr Präsident! Herr Minister! Hohes Haus! Liebe Zuseherinnen und Zuseher! Am Ende habe ich meine Firma verloren, meine Frau verloren, war schwer depressiv und im Konkurs. – Das ist nur eine Aussage, wie ein betroffener Spielsüchtiger sein Schicksal schildert. Beim Glücksspiel – und das haben wir heute zigfach gehört – geht es um viel Geld, um wahnsinnig viel Geld, und es geht um Geld, das man den Spielsüchtigen aus den Taschen zieht, um es auf die Bankkonten der Glücksspielindustrie zu transferieren. Und da – und das ist die wahre Dramatik – spielt es eben keine Rolle, da schaut man eben nicht immer so genau hin, ob ein Lehrling seinen kompletten Monatslohn innerhalb von wenigen Stunden in den Automaten wirft. Zehntausende Hilflose werden jedes Jahr in die Sucht getrieben und ausgenommen, bis es nicht mehr geht. Das ist Geschäftemachen auf die schäbigste Art und Weise, liebe Kolleginnen und Kollegen. (Beifall bei den Grünen.)
Spielsucht – und das dürfen wir nie vergessen – sorgt für die größten persönlichen Katastrophen überhaupt. Von der Spielsucht profitieren nur die einen, und das ist die Glücksspielindustrie. Niemand anders profitiert davon! (Abg. Meinl-Reisinger: O ja!) Und wenn man sich die Zahlen ganz genau anschaut - - (Abg. Meinl-Reisinger: Der Finanzminister! Na sicher, der Finanzminister profitiert auch!) – Nein, der Finanzminister profitiert nicht, denn das, was man an Steuern einnimmt, wird bei den Therapiekosten gleich wieder rausgehauen. Das ist einfach eine Verlustrechnung, Frau Kollegin Meinl-Reisinger. (Abg. Meinl-Reisinger: ... Interessenkonflikt! – Zwischenruf des Abg. Schellhorn.)
Jetzt aber zu meinen Ausführungen: Wenn man sich die ganzen Umsatzzahlen der Glücksspielindustrie anschaut und genauer hinschaut, dann weiß man, dass 30 bis 40 Prozent aller Umsätze aus den Taschen von Spielsüchtigen kommen. Nimmt man nur das Automatenspiel her, sind es 60 bis 80 Prozent. Was heißt das? – Das Geschäft mit dem Glücksspiel ist ohne die Spielsüchtigen gar kein Geschäft. Das ist doch der Skandal, liebe Kolleginnen und Kollegen! Tatsache ist außerdem, dass der Umsatz von Glücksspielkonzernen und die Zahl der Süchtigen steigt, je höher die Verfügbarkeit der Spiele ist – mehr Automaten heißt mehr Umsatz, heißt mehr Spielsüchtige, heißt mehr Drama.
Die Österreicherinnen und Österreicher verspielten im letzten Jahr etwa 1,6 Milliarden Euro, und das meiste – das habe ich gerade ausgeführt – kommt aus den Taschen von Glücksspielsüchtigen. Glücksspiel ist ein Geschäft mit der Sucht. Ich frage Sie: Bei welcher anderen Krankheit würden wir es zulassen, dass man mit kranken Menschen ein Milliardengeschäft macht? – Nur beim Glücksspiel ist das so, und das Glücksspiel ist ein Milliardengeschäft auf Kosten der Spieler. (Beifall bei den Grünen.)
Frau Kollegin von den Freiheitlichen – sie ist jetzt leider nicht mehr da –: Ich würde Ihnen sagen, im Grunde genommen macht es am Ende des Tages für die Spielsucht keinen Unterschied (die Rednerin erblickt Abg. Belakowitsch hinter den Sitzreihen) – ah, da hinten sind Sie; Entschuldigung, ich habe Sie nicht gesehen! –, ob der Eigentümer des Glücksspielkonzerns privater oder staatlicher Natur ist. (Zwischenruf der Abg. Belakowitsch.) Wie wir kürzlich im „Profil“ lesen konnten, gibt es auch bei den Casinos Austria einen Fall, in dem ein Mann 633 000 Euro verspielt hat, bis man ihn endgültig gesperrt hat. (Abg. Wurm: Wollen Sie es verbieten, das Glücksspiel?) Ich meine, das kann man auch nicht von der Hand weisen, dass es solche Fälle dort gibt.
Glücksspiel heißt für die Betroffenen Schulden machen, heißt weniger Leistung am Arbeitsplatz, heißt mitunter Kriminalität, heißt zerrüttete Beziehungen, heißt auch – und es ist eben die falsche Rechnung, wenn man dies unberücksichtigt lässt – hohe Thera-
piekosten, und wenn man die der guten halben Milliarde Steuereinnahmen gegenüberstellt, dann ist das doch der blanke Hohn.
Glücksspiel ist ein gesellschaftspolitisches Lose-lose-Geschäft. Ich denke, dass der Kampf gegen die Spielsucht und der Einsatz für den Spielerschutz das übergeordnete politische Ziel bei allen politischen Entscheidungen und bei allen Glücksspieldebatten sein muss. Keine Steuereinnahmen dieser Welt – selbst wenn sie in die Sportförderung fließen, wenn sie in die Kulturförderung fließen – können das Leid der Spielerinnen und Spieler, das auf der anderen Seite passiert, wettmachen. Nichts ist so wichtig, wie die Österreicherinnen und Österreicher vor den Glücksspielbanditen zu schützen – vor den einarmigen Banditen, liebe Kolleginnen und Kollegen! (Beifall bei den Grünen.)
Deshalb möchte ich mich bei den Kolleginnen und Kollegen von den NEOS auch für ihre heute eingebrachte Initiative mit ganz vielen Detailvorschlägen, die wir im Grunde genommen auch gutheißen, bedanken. Ich finde, Sie treffen den Kern relativ gut, denn wir wissen ja aus der Forschung, je schneller ein Spiel ist, desto suchtgefährdender ist es, und diese Geschwindigkeit wollen Sie drosseln. Deshalb ist das für uns unterstützenswert. Würde sich heute eine Mehrheit dafür finden, würden wir uns sehr darüber freuen, wenngleich wir – auch einen Blick in die Zukunft werfend – natürlich auch für das Onlinegaming eine Strategie brauchen, denn wie wir mittlerweile wissen, sind 70 Prozent der Spielerinnen und Spieler online unterwegs – und das im Moment de facto schutzlos.
Am Ende des Tages möchte ich noch einmal einen Appell an alle richten. Es ist die politische Aufgabe, das Gemeinwohl zu schützen und zu verteidigen. Für uns bedeutet das, wir stellen uns jedenfalls immer auf die Seite der Schwächeren, und die Schwächeren sind beim Glücksspiel die Spielsüchtigen. – Danke schön. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der NEOS.)
17.19
Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Schellhorn. – Bitte.
Abgeordneter Josef Schellhorn (NEOS): Herr Präsident! Geschätzter Herr Minister! Karlheinz Kopf, weil du vorhin die Rede unserer Parteivorsitzenden Beate Meinl-Reisinger angesprochen hast: Ja, es ist uns ernst, es ist uns todernst, es ist sogar bitterer Ernst. (Zwischenruf des Abg. Kopf.) – Nein, ich will dir das jetzt erklären. Es ist uns nämlich insofern bitterer Ernst – dagegen ist Bittersalz ein Karamellzuckerl –: Was ist passiert? Was ist passiert mit Herrn Schmid, damals am 31. Jänner, an dem er Nachrichten an Herrn Neumann oder wen auch immer geschickt hat, mit dem Suchtverhalten - - (Abg. Kopf – ein Schriftstück in die Höhe haltend –: Das hat nichts mit diesem Antrag und mit dem Tagesordnungspunkt zu tun! – Abg. Meinl-Reisinger: Natürlich hat das was damit zu tun!)
Natürlich hat es etwas damit zu tun, weil man es über die FPÖ über Wien mit dem Gesetz betreffend das kleine Glücksspiel regeln wollte, und das ist dann das Suchtverhalten. So einfach ging es.
Es ist halt dann aufgetaucht. Es ist halt aufgrund der Dummheit der FPÖ ans Tageslicht gekommen, dass es da einen Whatsapp-Verkehr gibt. Da kann die ÖVP nichts dafür. Man könnte aber sagen, man könnte über die Struktur der Öbag und über die Funktion des damaligen Generalsekretärs Schmid, der ermöglicht hat, dass so etwas passiert, reden. Das ist Fakt und das ist eine Tatsache.
Darum, Herr Minister, glaube ich, dass wir das in der Diskussion auch ganz klar trennen müssen. Wir müssen zwischen Aufsicht, Glücksspielgesetz und Casinos Aus-
tria AG trennen. Der Regulator kann nicht auch der Eigentümer sein, der die Einnahmen an sich nimmt, das funktioniert nicht. Darum ist es mir angesichts dessen als Steuerzahler oder wenn es um die Verantwortung des Bundes geht, relativ egal, ob das die Sazka ist, ob das Tschechen, Italiener oder was weiß ich, welche Nation sie verkörpern, sind, wenn sie die Steuern zahlen. Mir geht es um die 600 Millionen Euro an Steuereinnahmen, während bei der Casinos Austria AG ja Dividenden von satten 5 Millionen Euro ausgeschüttet werden, und Herr Hoscher, der Flaneur vom Rennweg, geht mit 1,2 Millionen Euro spazieren. Und dann sprechen wir noch über den Vorfall Sidlo.
Das sind Unanständigkeiten, die beim Öbag-Gesetz etwas mit dem Aufsichtsrat und mit der Funktion des Aufsichtsrats und nichts mit dem Glücksspielgesetz zu tun haben, das muss getrennt werden. Fakt ist – da möchte ich Herbert Paierl zitieren, den Sie (in Richtung ÖVP) ja alle gut kennen –: „Wenn der Staat als Eigentümer kein Stahlwerk braucht, wozu braucht er ein Staatscasino?“ (Zwischenruf des Abg. Vogl.) – Was haben wir davon?
Wenn er 600 Millionen Euro an Steuern zahlt, dann muss es dafür auch eine satte Regelung geben (neuerlicher Zwischenruf des Abg. Vogl), eine Gesetzgebung, was das Glücksspielgesetz betrifft. Da sind unser Vorpreschen und der Antrag von Steffi Krisper besonders wichtig. Ich verbitte es mir aber, dass man Beate Meinl-Reisinger Polemik vorwirft. Es ist bitterer Ernst, was da passiert ist. (Zwischenruf bei der ÖVP.) Es ist bitterer Ernst, was der Aufsichtsrat beziehungsweise der Generalsekretär – damals Thomas Schmid – am 31. Jänner gemacht hat, und das gehört zum Beispiel im Untersuchungsausschuss sozusagen beleuchtet.
Wichtig ist, und das möchte ich zum Schluss noch einmal sagen: Es muss – noch einmal – klar, und zwar ganz klar, zwischen der Aufsicht, das heißt der Gesetzgebung, dem Glücksspielgesetz an und für sich und der Casinos Austria AG unterschieden werden. Das darf man nicht vermischen.
Es kommt dann halt immer wieder zum Tragen, dass man da ein bisschen Polemik hineinmischt, dass man versucht, ein bisschen etwas glatt zu rühren, aber Fakt ist, dass der Postenschacher damals ungeniert weiterging und nach wie vor voranschreitet. Da werden Versuche gestartet.
Bei Sidlo darf man auch noch eines sagen: Er klagt ja beziehungsweise will er über das Arbeitsgericht nun etwas einklagen. Da warten wir einmal, was noch kommt, was noch an Lebensläufen auftaucht.
Eines ist am Ende meines Diskussionsbeitrages schon festzuhalten: Das mit der Handkassa bei der Casinos Austria AG für die drei Mittelparteien muss sich im Sinne der Steuerzahlerinnen und Steuerzahler aufhören! (Beifall bei den NEOS und bei Abgeordneten der Grünen. – Zwischenrufe bei der ÖVP.)
17.23
Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Als Nächste zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Scheucher-Pichler. – Bitte.
Abgeordnete Mag. Elisabeth Scheucher-Pichler (ÖVP): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Liebe Zuhörerinnen und Zuhörer auch auf der Galerie! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Das, was mein Vorredner und auch Kollegin Meinl-Reisinger gesagt haben, hat wenig mit der Überschrift des Antrages, nämlich Suchtprävention, zu tun. Ob man das Polemik nennt oder ob es einfach irgendwelche Theorien sind, weiß ich nicht. Mir und uns, der ÖVP-Fraktion, geht es jedenfalls um verbesserte Spielsuchtmaßnahmen. Dazu stehen wir, und dafür werden wir auch weitere Initiativen setzen. (Beifall bei der ÖVP.)
SpielerInnenschutz – das ist ja heute erfreulicherweise wirklich zum Ausdruck gekommen – muss uns ein Anliegen sein; das ist wichtig. Glücksspiel in die Illegalität abzudrängen ist sicher nicht der richtige Weg. Ich bin sehr froh, dass der Herr Bundesminister – danke, Herr Bundesminister! – auch aufgezeigt hat, wie viel schon passiert und dass auch vieles geplant ist. Die Spielerschutzstelle des Bundes leistet großartige Arbeit. Das ist eine sehr vielseitige und schwierige Arbeit.
Ich bin ja Kärntnerin und komme aus Klagenfurt. Ich glaube, Klagenfurt war überhaupt die erste Landeshauptstadt, die eine eigene Spielsuchtberatungsstelle eingerichtet hat – mit sehr guten Erfahrungen. Es geht um therapeutische Beratung, psychologische Beratung, aber auch um soziale Beratung – das gehört da auch dazu – und vor allem um die präventive, um die prophylaktische Arbeit. Es geht um die Unterstützung von Gefährdeten, aber auch von deren Angehörigen und natürlich um Hilfe für Abhängige. Es wurde ja richtigerweise gesagt – auch von Kollegen Kogler –, dass Familien immer insgesamt betroffen sind. Es kommt zu finanziellen, zu sozialen, aber auch zu beruflichen Problemen.
Es sind heute schon so viele Themen angesprochen worden, daher denke ich, wir sollten all diese Maßnahmen, die notwendig sind, in aller Ruhe weiter diskutieren – mit Experten. Es wurde heute ja auch schon die österreichische Suchtpräventionsstrategie erwähnt, die unter Bundesministerin Dr. Sabine Oberhauser erstellt wurde. Ich denke, diese ist eine profunde Basis, auf der wir weiterdiskutieren und weiterarbeiten können. Kollege Kopf hat es schon gesagt: Das wird auch Thema der neuen Regierung sein.
Wir haben in den Ländern unterschiedliche Situationen, auch in Richtung kleines Glücksspiel. Ich denke, auch das müssen wir mitberücksichtigen, auch da ist Illegalität nicht der richtige Weg. Ich war zuerst für die Abschaffung des kleinen Glücksspiels, aber ich glaube, Illegalität ist nicht der richtige Weg.
Ich bin auch der Meinung einer meiner Vorrednerinnen, die gemeint hat, dass dieser spezielle Kick und dieses hohe Suchtpotenzial speziell eben auch durch die rasche Abfolge von visuellen und akustischen Signalen entsteht. Das sehe ich auch als Psychotherapeutin so. Da müssen wir sicher ansetzen. Man kann auch darüber diskutieren, Frau Meinl-Reisinger, ob man die Pausen verlängert. Ich glaube, im Antrag schreiben Sie auch von einer Abkühlphase. Das alles halte ich für durchaus interessante Ansätze, aber diskutieren wir in Ruhe darüber. Ich glaube, auch der Jugendschutz muss ein Thema sein. Auch wenn in einer Studie gesagt wird, dass es da kaum Probleme gibt, bin ich da nicht ganz so sicher.
Ich glaube, Information und Warnung bei problematischem Spielverhalten muss ein wichtiges Thema sein. Wie gesagt kommt zur Spielsucht meistens auch noch eine andere Problematik, ein weiteres Suchtverhalten dazu. Ich denke, Prävention ist die beste Antwort. Wir als Politiker sind aufgefordert, dafür zu sorgen, dass so wenige Menschen wie nur irgendwie möglich in diese Suchtfalle tappen.
Es ist mir ein großes Anliegen, dass wir vor allem auch in den Schulen umfassende Aufklärung initiieren, dass wir auch eine bessere Aufklärung der Eltern sicherstellen, denn sehr, sehr oft beginnt eine Spielerkarriere in der Jugend, sehr oft auch im Onlinebereich – das wurde heute schon erwähnt. Gerade Jugendliche sind im Onlinebereich besonders gefährdet. Wenn Eltern spielsüchtig sind – auch das passiert sehr oft –, dann geht es auch um Kinderschutz. Das ist auch ein wichtiges Thema, über das wir reden sollten.
Um Spieler tatsächlich und nachhaltig zu schützen, braucht es daher nicht nur ein Reglement betreffend die Höhe der Einsätze bei Spielen und die Spieldauer. Meiner Ansicht nach ist Sucht in all ihren Facetten ein Problem, das in der heutigen Gesellschaft weit verbreitet ist. Neben all dem bereits Andiskutierten geht es da auch um Einsam-
keit, fehlende Familienstrukturen, fehlende Werte und vieles mehr. All das erzeugt oder verstärkt das Suchtpotenzial. Darüber sollten wir auch nachdenken und reden.
Geben wir uns daher die Zeit, diskutieren wir mit Experten, diskutieren wir aber auch mit Betroffenen – auch das halte ich für sehr wichtig –, ob das nun in einer Enquete oder in den Ausschüssen ist! Ich denke, es ist einfach wichtig, dass wir mit Experten und mit Betroffenen weiter diskutieren und dann sinnvolle und auch nachhaltige Maßnahmen im Bereich des SpielerInnenschutzes beschließen. – Danke. (Beifall bei der ÖVP sowie des Abg. Brandstätter.)
17.29
Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Abgeordneter Vogl. – Bitte.
Abgeordneter Ing. Markus Vogl (SPÖ): Herr Präsident! Herr Minister! Hohes Haus! Ich glaube, es wurde heute in der Diskussion, auch jetzt von meiner Vorrednerin, sehr vieles gesagt, was richtig ist. Ich glaube, es ist auch wichtig, dass wir heute einmal die Zeit haben, hier in diesem Hohen Haus dieses wichtige Thema zu beleuchten.
Man stelle sich vor: 42 Prozent der Österreicherinnen und Österreicher spielen! Das ist sozusagen ein Thema, das alle oder sehr viele von uns beschäftigt, aber nur bei wenigen entsteht daraus tatsächlich ein Suchtverhalten. Das betrifft immerhin 1 bis 1,6 Prozent, wir reden damit von einer Größenordnung von über 60 000 Menschen, die spielsüchtig sind.
Es wurde heute schon immer wieder darauf hingewiesen, dass es natürlich unterschiedliche Arten von Spielen gibt. Wir wissen, dass zum Beispiel gerade das Onlinespielen ein vielfach höheres Suchtverhalten auslöst als andere Spiele, aber es gibt auch, was vielleicht noch gar nicht so erwähnt worden ist, das Problem der Sportwetten. Auch da wissen wir, dass ein sehr hohes Suchtpotenzial besteht, das fünfmal so hoch ist wie im Durchschnitt.
Wenn wir uns anschauen, wer die Risikogruppen sind, die gefährdet sind, spielsüchtig zu werden, dann ist diese Gefahr überdurchschnittlich oft bei Personen vorhanden, die maximal einen Pflichtschulabschluss haben. Sie ist überdurchschnittlich oft bei Menschen vorhanden, die arbeitslos sind, die wenig verdienen, und bei Spielern, die sehr oft und mit hohem Geldeinsatz spielen. Der vorliegende Antrag ist sicher eine Hilfe, wenn wir bei den letzten beiden Punkten ansetzen. Die Verkürzung der Automatenlaufdauer plus eine längere Abkühlphase sind sicher sinnvoll und zu begrüßen. Das wird auch von uns unterstützt. (Beifall bei der SPÖ.)
Auch eine Verlustbegrenzung ist sicher etwas, was sinnvoll und aus unserer Sicht notwendig ist. Und was aus unserer Sicht vor allem notwendig ist, ist, dass es diese Kompetenztrennung gibt, die ja schon mehrfach angesprochen worden ist. Aus unserer Sicht sollte diese Beratungsstelle bezüglich Spielsucht im Gesundheitsministerium angesiedelt sein, denn dort gehört sie hin. Ich glaube, das ist ein gesundheitliches Problem und darum sollte diese Stelle auch im Gesundheitsministerium und nicht im Finanzministerium sein, wo sie derzeit angesiedelt ist. (Beifall bei der SPÖ.)
Ja, es wurde schon darauf eingegangen, aber ich glaube, wir sollten auch stolz auf das sein, was wir in der Vergangenheit erreicht haben. Es hat sich gezeigt – und das zeigt diese Studie ja auf –, dass diese Beschränkungen, die 2010 gemacht worden sind, dazu geführt haben, dass es einen Rückgang bei der Zahl von behandelten Spielsüchtigen gegeben hat; das heißt, die Maßnahmen, die gesetzt wurden, haben auch gegriffen. Was wir nicht wissen, ist allerdings, wie nachhaltig das war. Es wurde heute schon sehr oft darauf hingewiesen, dass es viele Umgehungsmöglichkeiten gibt. Auf der einen Seite leben wir in einem Land, das in seinen Grenzen sehr rasch limitiert ist,
von Oberösterreich aus ist man sofort in Tschechien, aus der Wiener Gegend ist man sehr rasch in Ungarn; das heißt, Spielsüchtige haben natürlich viele Chancen, die bestehenden Regelungen zu umgehen. Darauf brauchen wir Antworten.
Was auch noch nicht angesprochen worden ist: Spielsüchtige haben ein höheres Potenzial, straffällig zu werden. Ich glaube, hier müssen wir ansetzen, vor allem dort, wo es in Wirklichkeit schon zu spät ist, nämlich dort, wo sie bereits im Strafvollzug sind. Wir wissen, dass Personen im Strafvollzug ein deutlich erhöhtes Potenzial an Spielsuchtgefährdung haben, und wir wissen, dass das Personal in den Justizbetreuungsanstalten derzeit nicht in der Lage ist, adäquat darauf zu reagieren, dort Betreuung und Beratung anzubieten. Ich denke, es braucht zu diesem Antrag, der aus unserer Sicht unterstützungswürdig ist, wenngleich man einzelne Dinge natürlich diskutieren kann, weitere Maßnahmen, unter anderen, wie gesagt – und ich glaube, das ist wirklich sehr, sehr wichtig –, eben Maßnahmen betreffend Vorbeugung. Da ist aus unserer Sicht einer der Ansatzpunkte, dass man im Strafvollzug zusätzliche Ressourcen braucht. Auch in den Schulen könnte man auf dieses Thema eingehen.
Zum Schluss noch, um auch noch einmal zu untermauern, dass es sinnvoll ist, dass wir diese neue Beratungsstelle in das Gesundheitsministerium verlegen: Ich glaube, dass das Thema Suchtverhalten nicht ganz unproblematisch ist. Das hat auch Ihr Haus erkannt, Herr Minister. Sie beziehungsweise Ihr Vorgänger haben ja eine Studie mit dem Titel „Epidemiologie des problematischen und pathologischen Glücksspiels – Grenzen und Möglichkeiten der Erhebung“ in Auftrag gegeben. Es würde uns alle, glaube ich, freuen, wenn wir hier in den Klubs jeweils ein Exemplar davon bekämen, weil das vielleicht auch zur Versachlichung der Diskussion beitragen würde.
Ich gehe davon aus, dass darin viele Anregungen enthalten sind. Einige Anregungen könnten wir sofort umsetzen. – Danke. (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der NEOS.)
17.34
Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Wurm. – Bitte.
Abgeordneter Peter Wurm (FPÖ): Herr Präsident! Herr Minister! Hohes Haus! Werte Zuseher! Ja, eine spannende Diskussion zum Thema Spielsucht! Die Bandbreite geht da, sage ich, von – unter Anführungszeichen – „ganz links bis ganz rechts“. Ich muss schon einmal festhalten: Als Konsumentenschutzsprecher ist es mir wichtig, dass sich die Konsumenten in Österreich auch im Spielbereich auf eine seriöse Herangehensweise verlassen können und dürfen.
Frau Meinl-Reisinger, bitte nicht böse sein, aber das, was Sie hier als Antrag vorlegen, wird meiner Meinung nach oder unserer Meinung nach den illegalen Bereich der Spielszenerie weltweit und in Europa eher befeuern und nicht behindern. Das heißt, unser Ansatz ist es, die legalen Möglichkeiten des Spiels in Österreich wirklich auch am Leben zu erhalten. Ich weiß nicht, ob Sie es wissen, es gibt ja in den österreichischen Bundesländern sehr unterschiedliche Regelungen. Wenn Sie es recherchiert hätten, wären Sie draufgekommen, dass in jenen Bundesländern, in denen die Regeln am strengsten sind, Frau Meinl-Reisinger, das illegale Glücksspiel am meisten zugenommen hat. Das sind nicht Zahlen von mir, Sie können sie selber beim Minister gerne noch einmal abfragen.
Im Grunde genommen sollten wir versuchen, vor allem Kinder und Jugendliche von diesem Bereich fernzuhalten, wobei wir, glaube ich, alle wissen, dass da unsere Möglichkeiten, vor allem was das Internet betrifft, mittlerweile sehr, sehr beschränkt sind. Es ist zwar ein frommer Wunsch, zu sagen, wir wollen quasi, dass die Leute nicht mehr
spielen oder nicht spielsüchtig werden, wir sollten aber bitte alle schon zur Kenntnis nehmen, dass wir das nicht an den Grenzen Österreichs aufhalten können.
Wo ich bei der ganzen Diskussion schon ein bisschen hellhörig werde – wir hatten sie ja schon beim Thema Alkohol, wir hatten sie beim Thema Nikotin und bei anderen Themen –, ist, wenn die Grünen dann so ein bisschen ankündigen oder durchklingen lassen, dass man das Glücksspiel oder das Spielen generell vielleicht sogar verbieten sollte, weil die Gefahr einer Suchterkrankung gegeben ist. Das würde ich jetzt schon ganz klar zurückweisen. Uns geht es nicht darum, das Glücksspiel an sich zu verbieten, genauso wenig wie das gesamte Thema Wettlokale, Frau Meinl-Reisinger, das ich in Ihrem Antrag überhaupt nicht finde und das mindestens ein ebenso großes Problem ist, auch von der Suchterkrankung her; das findet sich in diesem Antrag überhaupt nicht. Uns geht es also nicht darum, das Glücksspiel oder Wetten generell zu verbieten, das wäre, glaube ich, der falsche Ansatz. Unser Ansatz muss sein, das legale Glücksspiel am Leben zu erhalten – und das ist in Österreich schon sehr stark in Gefahr.
Man könnte durchaus diskutieren – und da habe ich auch nichts dagegen –, das wirklich vom Finanzministerium in eine eigene, ich sage einmal, Gamblingbehörde auszulagern, wo man dann erstens die Lizenzvergabe, aber auch den ganzen Bereich Suchtverhalten zusammenführen könnte. Das gibt es im Übrigen auch in sehr vielen europäischen Ländern, die das ausgelagert haben; daran könnte man sich durchaus orientieren.
Noch ein kleiner Hinweis: Sehr, sehr viele Glücksspielkonzerne in Europa haben ihren Sitz auf Malta oder in Gibraltar, zahlen dort keine Steuern und sind querbeet durch Europa unterwegs, kassieren dort Millionengewinne, wo der Steuerzahler oder der Finanzminister gar nichts davon hat. Ich glaube, auch diese Entwicklung ist innerhalb der Europäischen Union schon sehr stark zu hinterfragen.
Summa summarum geht es auch in diesem Bereich um einen effektiven Konsumentenschutz, aber ich würde davor warnen, das Kind mit dem Bade auszuschütten. Wenn jemand ins Casino gehen und Roulette spielen will, dann soll er diese Möglichkeit auch weiterhin haben. Wenn er zu Hause eine Sportwette auf ein Fußballspielergebnis abgeben will, soll er diese Möglichkeit auch weiterhin haben. Auf der anderen Seite müssen wir jenen Menschen in Österreich helfen, die wirklich in Gefahr sind, in die Sucht abzurutschen oder ihre finanziellen Möglichkeiten überzustrapazieren. Aber, wie gesagt, bitte alles mit Maß und Ziel. – Danke. (Beifall bei der FPÖ.)
17.38
Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter David Stögmüller. – Bitte.
Abgeordneter David Stögmüller (Grüne): Wertes Präsidium! Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Minister! Werte Damen und Herren! Ich möchte etwas konkreter auf den Antrag eingehen, denn mit dem vorliegenden Dringlichen Antrag thematisieren die NEOS ein tatsächlich bestehendes Problem, ein sehr drängendes Problem: die Gefährdung der Bevölkerung durch den gewerbsmäßigen Betrieb von Glücksspielautomaten.
Jahrzehntelang wurde das sogenannte kleine Glücksspiel vom Gesetzgeber als Privileg der Länder toleriert. Bis 2010 durften Länder Automatenglücksspiele mit einem Einsatz bis maximal 50 Cent und einem Gewinn von maximal 20 Euro als Ausnahme vom Glücksspielmonopol des Bundes gesetzlich erlauben. Seit Ende der Neunzigerjahre war es insbesondere der derzeit medial auch intensiv beleuchtete Novomatic-Konzern, der dieses Gewerbe systematisch ausdehnte.
Durch die technische Gestaltung, zum Beispiel durch die Automatikstartertaste ging es los. Jeder von Ihnen kennt das wahrscheinlich vom Fernsehen oder weil er selber schon einmal im Casino war: Das ist diese Taste, auf die man immer wieder draufdrückt, und dann startet das immer wieder. Das ist dieser kleine Button oder Buzzer (der Redner deutet mit der Hand das wiederholte Drücken einer Taste an), damit kommt man mehr ins Spielen und noch mehr ins Spielen und noch mehr ins Spielen, weil man ja eh dauernd nur auf diese Taste drückt; das ist diese eine Taste, die einen dazu drängt, öfter zu spielen.
Die Folge war, dass die zunehmende Verbreitung von Spielautomaten des kleinen Glücksspiels auch zu einem starken Anstieg der Spielsucht führte. Laut einem Gutachten des Universitätsprofessors Herwig Scholz aus dem Jahr 2006 gab es in jenen Bundesländern, die das Automatenglücksspiel zugelassen haben, auch deutlich mehr krankhaft spielsüchtige Menschen, Spielerinnen und Spieler als zum Beispiel in anderen Bundesländern, die es nicht zugelassen haben. In Kärnten zum Beispiel wurde nach der Zulassung 1997 eine „massive Expansion“ von PatientInnen registriert. Ein besonderes Risiko bestand auch für jugendliche SpielerInnen, die damals nur über das kleine Glücksspiel einsteigen konnten und dann halt irgendwie vom großen Glücksspiel in den Casinos umschlungen wurden und dort hineingeraten sind; Status quo kommen sie dort halt hinein.
Daraufhin wurde der Gesetzgeber auch 2010 noch einmal tätig. Doch statt eine stärkere Regelung vorzunehmen, was eigentlich sinnhaft gewesen wäre, wurde die exzessive und nach mehreren Gerichtsurteilen verbotene Praxis der Automatenbetreiber mit zu hohen Einsätzen und Gewinnen legalisiert und der gefährliche Missstand wurde zur gesetzlichen Norm erhoben. Das ist das Problem dahinter.
Die rot-grüne Regierung in Wien hat die einzig logische Konsequenz aus dieser ganzen Sache gezogen: Die neue Regelung wurde nicht umgesetzt, sondern das kleine Glücksspiel wurde verboten. Das ist nach wie vor ein grüner Erfolg – gemeinsam mit den Roten – und auch ein Paradebeispiel in Österreich. (Beifall bei den Grünen.) Auch Kollege Ellensohn war bei diesem Thema eine starke treibende Kraft. In anderen Bundesländern aber besteht das Problem weiterhin.
Der Antrag der NEOS zeigt einige sinnvolle Vorschläge auf, wie man das Risiko durch Glücksspielautomaten wieder zurückdrängen kann: die Reduktion der Einsätze, die Verlängerung der Spieldauer, automatische Spielunterbrechung, die Begrenzung der Verluste pro Stunde – all das dient der Reduktion der Verluste, die oft besonders finanziell schwache Bevölkerungsgruppen treffen und auch zu existenziellen Krisen oder persönlichen Dramen und Beschaffungskriminalität führen. Im Glücksspielbereich ist auch ein sehr hohes Potenzial an Kriminalität vorhanden, und das ist ein Problem.
Weitere Vorschläge, wie zum Beispiel die Reduktion der Gewinne, sind genauso geeignet, den Antrieb zum Spiel zu senken.
Positiv zu bemerken ist, dass nicht nur das Automatenspiel der Länder erfasst sein soll, sondern auch die sogenannten Videolotterieterminals, die aufgrund der Lotteriekonzession als Onlineglücksspiel betrieben werden.
Zusätzlich müsste man jedoch für das Automatenglücksspiel in Casinos vergleichbare Beschränkungen einführen, weil dort genauso systematisch die gleiche Gefahr, das gleiche Gefahrenpotenzial besteht.
Der Antrag der NEOS enthält einige Schritte in die richtige Richtung. Man müsste jedoch insgesamt noch viel mehr und viel umfassendere Reformen in die Wege leiten. Werbeverbote wären zum Beispiel ein Anliegen, zentrale staatliche Kontrolle bis hin zu einer rein staatlichen Ausübung des Glücksspiels nach dem Modell der Norweger wären denkbare Wege (Abg. Meinl-Reisinger: Das ist ja auch viel besser, weil der Postenschacher ...!), die eingeschlagen werden können.
Wir müssen auch darüber diskutieren, wie wir das Problem des illegalen Glücksspiels in Österreich beherrschen und einfangen können. Alleine 2017 wurden über 2 800 Spielgeräte in Österreich beschlagnahmt und über 1 200 Strafanträge gestellt, und die Tendenz ist steigend. Wissen Sie, apropos, welches Bundesland führend war, wenn es um beschlagnahmte Geräte ging? – Es war Oberösterreich, mit über 1 100 beschlagnahmten Geräten. Dort ist überhaupt das kleine Glücksspiel noch erlaubt. In diesem Zusammenhang braucht es also bundeseinheitliche Rahmenbedingungen und gesetzliche Vorgaben, um auch wirklich Zwangsmaßnahmen gegen die illegalen Spiellokale ergreifen zu können.
All das soll und muss aber gründlich diskutiert werden. Wir sind also noch lange nicht am Ende dieser Causa Glücksspiel. Wir werden heute zustimmen, wir begrüßen die Initiative der NEOS, dieses wichtige Anliegen in Erinnerung zu rufen und konkrete gesetzliche Maßnahmen vorzubereiten, ausdrücklich – vielen Dank dafür. – Danke. (Beifall bei den Grünen sowie der Abg. Krisper.)
17.44
Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort ist dazu niemand mehr gemeldet.
Wir gelangen zur Abstimmung über den Selbständigen Entschließungsantrag 110/A(E) der Abgeordneten Meinl-Reisinger, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Umsetzung notwendiger Spielerschutzmaßnahmen im Glückspiel“.
Ich darf jene Damen und Herren, die für diesen Antrag sind, um ein Zeichen der Zustimmung ersuchen. – Das ist die Minderheit. Der Antrag ist daher abgelehnt.
Wir gelangen nunmehr zur Abstimmung über den Entschließungsantrag der Abgeordneten Krainer, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Wahrung des Einflusses bei der Casinos Austria AG durch Nutzung des Vorkaufsrechts.“
Ich darf jene Damen und Herren, die für diesen Entschließungsantrag sind, um ein Zeichen der Zustimmung bitten. – Das ist die Minderheit. Der Antrag ist daher abgelehnt.
Bericht des Budgetausschusses über den Antrag 24/A der Abgeordneten Ing. Markus Vogl, Peter Wurm, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das VKI-Finanzierungsgesetz 2019 erlassen und das Kartellgesetz 2005 geändert wird (10 d.B.)
5. Punkt
Bericht des Budgetausschusses über den Antrag 94/A der Abgeordneten Mag. Andreas Hanger, Mag. Ulrike Fischer, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem ein VKI-Finanzierungsgesetz 2020 erlassen und das Kartellgesetz 2005 geändert wird (11 d.B.)
Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Wir kommen zu den Punkten 4 und 5 der Tagesordnung.
Zu Beginn ist Herr Abgeordneter Vogl zu Wort gemeldet. – Bitte.
Abgeordneter Ing. Markus Vogl (SPÖ): Wir erleben jetzt zwar einen Themenschwenk, aber eigentlich nicht so richtig, denn es ist in der vergangenen Debatte um Verbraucherschutz gegangen und es geht auch in dieser Debatte um den Verbrau-
cherschutz, nämlich um die Frage: Wie können wir den Verein für Konsumenteninformation finanziell absichern? – Dieser Verein befindet sich in einer sehr schwierigen Situation. Die mir nachfolgenden Redner werden dann erklären, dass eh alle das Gleiche wollen (Zwischenruf des Abg. Hanger) und eh alle ganz, ganz fest daran arbeiten, den Verein für Konsumenteninformation abzusichern. (Ruf bei der ÖVP: Richtig!) Ich glaube aber, dass es doch sehr große Unterschiede in der Qualität dieser beiden Anträge gibt.
Vielleicht aber noch einmal dazu, was der Verein für Konsumenteninformation denn eigentlich so macht: Vielen ist er natürlich durch seine Sammelklagen bekannt, unter anderem hat er drei Lebensversicherer geklagt und diesbezüglich eine durchaus erkleckliche Summe eingebracht. Er ist aber auch im Bereich von unlauteren Wettbewerbsklauseln wichtig und aktiv. So hat er gesetzwidrige Vertragsbedingungen bei einem Fertighaushersteller erfolgreich angefochten. Er hat zum Beispiel eine Klage gegen eine Fluggesellschaft, die unlautere Gebühren von Menschen verlangt hat, die nicht online eingecheckt haben, erfolgreich eingebracht. Ich glaube, es ist wirklich wichtig, auch darauf zu schauen, dass alle Menschen, alle Konsumentinnen und Konsumenten am Markt, die gleichen Möglichkeiten vorfinden.
Er hat unzulässige Preiserhöhungen eines Energieanbieters bekämpft. Er hat die Aktion Energiekosten-Stop mit über 40 000 TeilnehmerInnen ins Leben gerufen. Er hat Garantieklauseln von Elektrogroßhändlern erfolgreich angefochten. Er hat im Post-Datensammelskandal eine Sammelklage eingebracht und, ich glaube, das ist auch wichtig, er hat im Prozess um minderwertige Brustimplantate die Sammelklage eingebracht. Es geht ja neben diesem menschlichen Leid dann auch um die Fragen: Wer kümmert sich um meine Probleme? Wer nimmt mir meine Sorgen ab und kümmert sich um das Prozessrisiko?
Man sieht also, wie wichtig dieser Verein für Konsumenteninformation für unser Land ist und dass es vor allem darum geht, dass er seine Aufgabe für die Bevölkerung, für die Menschen in unserem Land unabhängig wahrnehmen und in dieser Funktion auch für einen fairen Wettbewerb sorgen kann. Wenn dann behauptet wird, wir reden eh alle vom Gleichen, dann kann ich nur sagen: Es geht nicht beiden Parteien oder allen Partnern um das Gleiche. Uns, Kollegen Wurm und mir, geht es mit unserem Antrag darum, den unabhängigen VKI, der diese wichtige Aufgabe erfüllt, mit einer unbefristeten Finanzierung, welche noch dazu jährlich valorisiert wird, auch in Zukunft abzusichern. Der vorliegende Antrag von ÖVP und Grünen ist dem geschuldet, dass man es sich natürlich nicht leisten will, dass der VKI jetzt während der Koalitionsverhandlungen pleitegeht. Das will sich nicht einmal die ÖVP leisten, und man sagt dann natürlich: Okay, dann finanzieren wir ihn halt nur für ein Jahr, streichen gleich einmal einen Teil der Basisfinanzierung für die Zukunft, die kassieren wir gleich einmal durch die Hintertür ein, und wie es dann weitergeht, schauen wir!
Das ist nicht Konsumentenschutzpolitik, wie wir sie uns vorstellen. Wir wollen einen unabhängigen VKI, der in der Lage ist, diese berechtigten Interessen der Konsumentinnen und Konsumenten wahrzunehmen (Beifall bei der SPÖ), nämlich auch im Sinne der österreichischen Wirtschaft, die, glaube ich, davon profitiert, wenn solche unlauteren Bedingungen von Haus aus unterbunden werden.
Ich glaube, ganz wichtig ist es auch, den Menschen da draußen am Ende des Tages zu sagen: Worüber diskutieren wir wirklich? – Wer in Österreich einen vernünftigen Konsumentenschutz haben möchte, der muss 50 Cent (eine 50-Cent-Münze in die Höhe haltend) investieren. Diese 50 Cent, die man nicht einmal sieht, sind der Betrag, der notwendig ist, um diese Unabhängigkeit des VKI abzusichern. Ich glaube, das sollte es uns wert sein. (Beifall bei der SPÖ.)
17.49
Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Abgeordneter Hanger. – Bitte.
Abgeordneter Mag. Andreas Hanger (ÖVP): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Werte Kolleginnen und Kollegen! Hohes Haus! Wir debattieren, wie mein Vorredner ja schon gesagt hat, das VKI-Finanzierungsgesetz 2019 und auch eine Änderung im Kartellgesetz 2005.
Das ist eine gute Gelegenheit, gleich einmal zu Beginn ein klares Bekenntnis zum Konsumentenschutz in Österreich abzulegen. (Zwischenruf des Abg. Wurm.) Ich schaue da den Kollegen Wurm an. Es hat ja im Vorfeld interessante Diskussionen dazu gegeben, alle möglichen Presseaussendungen mit Wortmeldungen, die gar nicht nachvollziehbar sind, weil wir uns, glaube ich, parteiübergreifend einig sind: Wir wollen Konsumentenschutz in Österreich haben – und ich möchte ausdrücklich auch festhalten, dass der Verein für Konsumenteninformation wirklich sehr gute, außerordentlich gute Arbeit geleistet hat. Er ist wichtig für die Konsumenten, gar keine Frage! Da geht es um Rechtsdurchsetzung auf der einen Seite, darum, eine entsprechende Begleitung anzubieten, es geht um vergleichende Warentests, es geht um vergleichende Dienstleistungstests und ein breites Portfolio, und es ist mir wichtig, ein klares Bekenntnis dazu abzugeben.
Ich möchte gleichzeitig die Gelegenheit nutzen, um mich herzlich bei den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern des VKI zu bedanken, ich möchte ihnen auch meine Wertschätzung ausdrücken. (Abg. Wurm: Aber, aber!) Ich verstehe auch die Sorge im VKI, wenn quasi schon über Jahre die Finanzierungsfrage diskutiert wird, und ich verstehe auch, dass es da den Wunsch nach Planungssicherheit gibt, aber (Abg. Wurm: Aber!) das Allerwichtigste ist: Dieses Bekenntnis ist da und dieses Bekenntnis kommt auch sehr klar in dem Antrag, den wir heute gemeinsam mit den Grünen einbringen, zum Ausdruck, weil wir die finanzielle Ausstattung des VKI deutlich verbessern.
Bis jetzt hat es eine Basisförderung in der Größenordnung von gut 1 Million Euro gegeben, eine Zusatzförderung, die wieder daran gebunden war, dass über die Kartellstrafen die notwendigen Erlöse hereinkommen, und es hat über Werkverträge Leistungen gegeben, die vereinbart waren, was eine Gesamtsumme von knapp über 4 Millionen Euro ergab. Der Gesetzesantrag sieht vor, dass es deutlich über 4 Millionen Euro werden. Es sind nun 600 000 Euro mehr, und alleine diese 600 000 Euro sind Ausdruck dessen, dass wir zum Konsumentenschutz in Österreich stehen, und sie bringen auch für die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter im VKI die entsprechende finanzielle Sicherheit für 2020.
Es ist tatsächlich so, dass der Antrag von SPÖ und FPÖ eigentlich mit unserem Antrag ident ist (Abg. Vogl: Nein!), er unterscheidet sich eigentlich nur in der Fristigkeit (neuerlicher Zwischenruf des Abg. Vogl) – und in ein paar Detailfragen, okay. Inhaltlich ist er aber sehr, sehr ähnlich, divergiert nur in der Fristigkeit, und zwar aus folgendem Grund – darauf möchte ich schon hinweisen –: Wir haben gerade auch im Nationalrat in zwei Entschließungsanträgen gesagt, wir brauchen eine Evaluierung des VKI. Die Welt dreht sich ja weiter, es gibt Veränderungen, und natürlich ist auch der VKI gefordert, auf diese mit entsprechenden Änderungen zu reagieren. Wenn man nämlich quasi Steuergelder für etwas einsetzt, dann, denke ich, ist es letztlich auch unser Recht, eine Kontrollfunktion auszuüben, auch wissen zu wollen, was mit diesem Geld passiert. Das bringt unser Antrag zum Ausdruck.
Ich verweise natürlich auch noch auf die entsprechenden Koalitionsverhandlungen, die derzeit im Laufen sind. Gerade dort ist natürlich der Konsumentenschutz ein wichtiges Thema, gerade dort ist es auch wichtig, die Rahmenbedingungen dafür zu schaffen,
dass der VKI und der Konsumentenschutz in Österreich nachhaltig abgesichert sind. Ich hoffe sehr, dass es hier zu einer guten Lösung kommt, aber wir als ÖVP stehen zu einem starken Konsumentenschutz in Österreich. – Vielen Dank. (Beifall bei der ÖVP.)
17.52
Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Abgeordneter Wurm. – Bitte.
Abgeordneter Peter Wurm (FPÖ): Herr Präsident! Frau Minister! Werte Zuseher! Die Worte höre ich wohl, Kollege Hanger, der Glaube fehlt mir da allerdings schon recht deutlich. (Abg. Hanger: Das Gesetz anschauen!)
Um vielleicht auch noch einmal für die Zuseher und Zuhörer zu Hause klarzustellen, worum es da eigentlich geht: Es geht – und das ist eigentlich die Schande an der ganzen Geschichte – in Wahrheit um 600 000 Euro. (Abg. Hanger: Die ... wir ja eh!) Das ist quasi der Anlassfall der Diskussion. Es geht um 600 000 Euro, ein Budgetposten, der sich im Gesamtbudget des Staates Österreich quasi nicht einmal irgendwo finden lässt, so klein ist die Summe im Gesamtbudget.
Der Hintergrund ist – das muss man auch dazusagen –, dass die finanziellen Probleme des VKI schon über Jahre bekannt sind und wir die letzten zwei, drei Jahre auch gemeinsam mit der SPÖ und mit anderen Parteien wirklich versucht haben, den VKI finanziell auf stabile Beine zu stellen, dem ganzen VKI im Sinne der Konsumenten in Österreich auch eine Neuausrichtung zu geben, weil die letzten Jahrzehnte der Konsumentenschutz eins mit dem VKI war. Wir haben zwar ein Ministerium, das Bundesministerium für Arbeit, Soziales, Gesundheit und Konsumentenschutz heißt, aber die eigentliche Arbeit im Konsumentenschutz hat der VKI erledigt.
Jetzt kann man immer sagen, dass es natürlich auch beim VKI Verbesserungsbedarf gibt, man kann Reformen machen; ich möchte aber schon auch hier, an dieser Stelle noch einmal ganz deutlich Folgendes sagen: Ich glaube, gerade gestern hat die Belegschaft des VKI – das sind immerhin 100 Mitarbeiter – in einer Betriebsversammlung beschlossen, freiwillig auf ihre Gehaltsvorrückungen im Jahr 2020 zu verzichten. Also ein noch deutlicheres Zeichen von einer Belegschaft kann man nicht finden, als dass alle sagen, sie sind auch von sich aus bereit, wirklich eine Vorleistung zu erbringen, um den VKI am Leben zu erhalten.
Wenn man mit Mitarbeitern des VKI spricht, dann wird man auch sehr schnell bemerken, dass sehr, sehr viele dieser Mitarbeiter, um nicht zu sagen alle, da auch mit Herz dabei sind. Sie wissen, wie wichtig ihre Aufgabe ist, und machen das mit Leidenschaft.
Nun muss man fairerweise schon sagen, dass die Arbeit des Konsumentenschutzes und damit des VKI natürlich nicht jedem in Österreich gefällt. Natürlich gibt es auch Interessengruppen, sage ich einmal, die am liebsten keinen Konsumentenschutz oder einen schwachen Konsumentenschutz hätten, und diese Kräfte sollten und dürften eigentlich nicht obsiegen. Summa summarum war eigentlich alles auf Schiene, du (in Richtung Abg. Hanger) – beziehungsweise deine Kollegen – bist ja auch mit dabei gewesen. Wir hatten das also mehr oder weniger parteiübergreifend geregelt, wir haben auch – dafür bin ich sehr dankbar – im Ministerium gemeinsam mit der Frau Minister einen Gesetzestext entworfen, der wirklich die mittel- bis langfristige Sicherstellung einer zufriedenstellenden Arbeit des VKI bedeutet hätte, und dieser wurde und wird jetzt von der ÖVP torpediert – ich sage es so deutlich.
Das überrascht mich aber nur ein wenig, sage ich einmal, und nicht in der Tiefe. Ich bin viel gewöhnt, ich bin ja auch nicht mehr 20, das heißt, ich bin nicht so dramatisch überrascht. Wovon ich aber erschüttert bin – ich habe es auch im Ausschuss gesagt –,
was mich letzte Woche im Budgetausschuss wirklich erschüttert hat, ist die Haltung der Grünen. Das ist für mich überhaupt nicht mehr nachvollziehbar, weil das Thema VKI Ihre Koalitionsverhandlungen mit der ÖVP nicht scheitern lassen kann. Da wird es wesentlich dramatischere Themen geben, und 600 000 Euro und der VKI werden die Koalitionsgespräche nicht platzen lassen.
Der Konsumentenschutz war bei Ihren Vorgängern, die ich noch im Parlament erlebt habe, über Jahrzehnte ein Thema, das einmal ideologisch wirklich zu den Kernthemen und Kernkompetenzen der Grünen gehört hat. Das geben Sie aber freiwillig, ohne Widerstand und ohne Not auf, und ich bin schon sehr gespannt, Frau Kollegin Fischer, wie Sie das erklären wollen. Ich denke, Sie werden es mit Engelszungen machen, klar, aber es bleibt das übrig, was wirklich dramatisch ist: Wir vergeben hier heute – schuld daran sind die Grünen – die Gelegenheit, den VKI mittel- bis langfristig finanziell wirklich stabil abzusichern, und das ist eine Erbsünde, mit der Sie sehr lange werden leben müssen.
Es hat bei Ihren Vorgängern, bei den Grünen in der letzten Periode, eine ähnliche Thematik gegeben – ich sage es noch einmal dazu –, da haben die Grünen gleichfalls die Räuberleiter gemacht, und zwar für die Luxuspensionen, die damit für die nächsten Jahrzehnte gesichert wurden. Auch da haben die Grünen mitgespielt, damit die Luxuspensionen, die 10 000-, 15 000-Euro-Pensionen bei Nationalbank und Co, gesichert bleiben, und Sie, Frau Fischer, machen heute im Konsumentenschutz etwas Ähnliches.
Sie nicken mit der ÖVP etwas ab, was den VKI spätestens Mitte nächsten Jahres in den Konkurs treiben wird. Und sollten Sie diese Koalition mit der ÖVP nicht abschließen können oder sollten Sie dann im Sommer 2020 draufkommen, dass der Finanzminister, der dann zuständig ist, die Versprechen, die Sie bekommen haben, vielleicht nicht erfüllen wird, dann ist der VKI Geschichte und wird auch nicht mehr in der Form, wie er heute besteht, neu zu gründen sein. Das heißt, wenn er einmal tot ist, dann wird er auch tot bleiben. (Zwischenruf der Abg. Ernst-Dziedzic.)
Ich bin nach vielen Jahren Arbeit im Konsumentenschutz der festen Überzeugung, dass es einige Gruppen in Österreich gibt, die genau dieses strategische Ziel haben, und die Grünen helfen heute mit, dieses strategische Ziel zu erreichen. Das ist für mich wirklich erschütternd und schockierend. Sie, Frau Fischer, erhalten gleich das Wort (Zwischenruf des Abg. Deimek), und ich bin schon gespannt, wie Sie das der Bevölkerung in Österreich erklären wollen. – Danke. (Beifall bei der FPÖ.)
17.59
Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Fischer. – Bitte.
Abgeordnete Mag. Ulrike Fischer (Grüne): Also ich glaube, wir werden hier keinen Dialog machen, weil der Konsumentenschutz viel zu wichtig ist, als dass sich jetzt zwei oder drei Parteien matchen. Konsumentenschutz geht uns nämlich alle an.
Es geht um einen fairen Wettbewerb, und den gibt es dann, wenn wir dafür sorgen, dass Spielregeln eingehalten werden. Das heißt, es geht darum, dass wir den Konsumentenschutz konstruktiv so verbessern, dass es auf der einen Seite gar keine Parteieinflüsse gibt und dass wir uns auf der anderen Seite den Herausforderungen der heutigen Zeit stellen – sei es im Bereich Datenschutz, sei es im Bereich der Sammelklagen oder sei es auch hinsichtlich der geplanten Obsoleszenz. (Präsidentin Bures übernimmt den Vorsitz.)
Wenn wir den Verein für Konsumenteninformation in der Rolle sehen wollen, in die er gehört – zum Wohl der Bevölkerung und auch zum Wohl der Wirtschaft, der anstän-
digen Klein- und Mittelbetriebe, die sich eben nicht durch Internetabzocke bereichern –, dann werden wir einen gemeinsamen Weg finden. Dieser gemeinsame Weg ist nicht, zu sagen, dass der Vorsitzende des Konsumentenschutzausschusses jahrelang zu wenig gemacht hat und gewusst hat, dass der VKI in einer prekären Situation ist.
Das, was wir heute machen, ist ein erster Schritt, es ist ein Meilenstein: Zum ersten Mal wird es ein Gesetz geben, das den VKI für ein Jahr finanziell so aufstellen wird, wie er bisher nie aufgestellt war. Es gibt eine Ausschussempfehlung, die vorsieht, dass der VKI um 600 000 Euro mehr bekommen soll als bisher.
Ich halte es für richtig und wichtig, dass die drohende Liquidierung hintangehalten wird. Dieses Gesetz ist ein erster Schritt dazu. Es braucht einen unabhängigen Konsumentenschutz für uns alle und nicht für ein oder zwei Parteien. – Danke. (Beifall bei den Grünen sowie bei Abgeordneten von ÖVP und SPÖ.)
18.02
Präsidentin Doris Bures: Als Nächste zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Cornelia Ecker. – Bitte.
Abgeordnete Cornelia Ecker (SPÖ): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Geschätzte Frau Ministerin! Werte Kolleginnen und Kollegen! Der Verein für Konsumenteninformation leistet bereits seit mehreren Jahrzehnten einen wichtigen Beitrag zum Schutz von Verbraucherinnen und Verbrauchern in diesem Land. Gerade er hat in vergangenen Jahren auch mehrfach Studien präsentiert, welche das Vorkommen des Totalherbizids Glyphosat in Nahrungsmitteln und Produkten des täglichen Lebens aufzeigen. Aufgrund dieser vielen Studien und anderer Studien von unabhängigen Einrichtungen wurde im Juli 2019 hier im Hohen Haus das Verbot von Glyphosat mit einer großen Mehrheit beschlossen. Umso mehr hat es mich als Landwirtschaftssprecherin meiner Fraktion und noch viel mehr als Mutter zweier Kinder getroffen, als mich die Nachricht erreicht hat, dass Bundeskanzlerin Bierlein dieses Verbot mit 1. Jänner 2020 nicht in Kraft setzen wird.
Erstaunlich ist dazu auch die Positionierung der Grünen, die sich in dieser Frage ihre Position erst von der ÖVP haben absegnen lassen. Ich möchte hier an Ort und Stelle einen Appell an alle Fraktionen im Haus richten: Wir haben heute und jetzt die Chance, dieses wahrscheinlich krebserregende Mittel zu verbieten, und ich würde Sie bitten, unserem Antrag zuzustimmen. (Beifall bei der SPÖ.)
Dass die ÖVP mit aller Vehemenz dieses Verbot verhindern und nicht in Kraft setzen lassen möchte, ist ohnedies bekannt, war doch die ehemalige Landwirtschaftsministerin Köstinger eine der größten Lobbyistinnen von Monsanto und Co. (Beifall bei der SPÖ.)
Wir als SPÖ sehen es als unsere Aufgabe, die Menschen in diesem Land vor solchen Mitteln zu schützen, vor allem, wenn sie auch krebserregend sind. Deshalb stelle ich folgenden Antrag:
Entschließungsantrag
der Abgeordneten Mag. Jörg Leichtfried, Kolleginnen und Kollegen betreffend „österreichisches Glyphosat-Verbot“
Der Nationalrat wolle beschließen:
„Die Bundeskanzlerin bzw. die zuständigen Bundesministerinnen und Bundesminister werden aufgefordert, unverzüglich einen mit der Regelung des § 18 Abs. 10 Pflanzen-
schutzmittelgesetz 2011 im Beschluss 193/BNR des Nationalrates identen Entwurf eines Glyphosat-Verbots an die Europäische Kommission zu notifizieren und zu prüfen, ob dem VKI die Kosten für die Testung von Alltagsprodukten auf Glyphosat-Verunreinigung ersetzt werden können.“
*****
Vielen Dank. (Beifall bei der SPÖ.)
18.05
Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:
Entschließungsantrag
der Abgeordneten Mag. Jörg Leichtfried, Cornelia Ecker, Philip Kucher, Julia Herr, Genossinnen und Genossen
zu TOP 4) Bericht des Budgetausschusses über den Antrag 24/A der Abgeordneten Ing. Markus Vogl, Peter Wurm, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das VKI-Finanzierungsgesetz 2019 erlassen und das Kartellgesetz 2005 geändert wird (10 d.B.)
betreffend österreichisches Glyphosat-Verbot
Der Verein für Konsumenteninformation (VKI) hat mehrfach Studien durchgeführt, wonach der Wirkstoff Glyphosat in Nahrungsmitteln oder Alltagsprodukten nachgewiesen werden konnte (vgl. zB hier für Bier: https://www.konsument.at/glyphosat042018 oder hier für Babywindeln: https://vki.at/test-windeln-112018). Unter anderem auf Grund solcher Studienergebnisse hat der österreichische Nationalrat sowie der österreichische Bundesrat im Juli 2019 mit überwältigender Mehrheit beschlossen, dass das Inverkehrbringen von Pflanzenschutzmitteln mit dem Wirkstoff Glyphosat ab 1.1.2020 verboten sein soll. Glyphosat wird von der Weltgesundheitsorganisation (WHO) als wahrscheinlich krebserregend eingestuft.
Dieses Verbot wurde beschlossen, da sich die Mehrheit der Konsumentinnen und Konsumenten ein glyphosatfreies Österreich wünscht. Die Angst vor der Gesundheitsgefahr durch diesen Wirkstoff in Umwelt und Lebensmitteln wurde und wird mit jeder Studie, die Glyphosat im menschlichen Körper nachweist, höher.
Schutz vor Glyphosat in Lebensmitteln und Umwelt ist Konsumentenschutz!
Aufgrund unterschiedlicher juristischer Interpretationen der sog. „Notifikationsrichtlinie“, Richtlinie (EU) 2015/1535, wurde der oben bezeichnete Gesetzesbeschluss von der Bundeskanzlerin nicht in Kraft gesetzt. Unabhängig von der juristischen Beurteilung, ob die Anforderungen der Notifikationsrichtlinie eingehalten wurden, liegt es im Interesse der österreichischen Bevölkerung, möglichst unverzüglich ein Verbot von Glyphosat in Kraft zu setzen.
Die gefertigten Abgeordneten stellen daher den
Entschließungsantrag
Der Nationalrat wolle beschließen:
„Die Bundeskanzlerin bzw. die zuständigen Bundesministerinnen und Bundesminister werden aufgefordert, unverzüglich einen mit der Regelung des § 18 Abs. 10 Pflanzenschutzmittelgesetz 2011 im Beschluss 193/BNR des Nationalrates identen Entwurf ei-
nes Glyphosat-Verbots an die Europäische Kommission zu notifizieren und zu prüfen, ob dem VKI die Kosten für die Testung von Alltagsprodukten auf Glyphosat-Verunreinigung ersetzt werden können.“
*****
Präsidentin Doris Bures: Der Entschließungsantrag ist ordnungsgemäß eingebracht, steht daher auch mit in Verhandlung.
Nächster Redner: Herr Abgeordneter Felix Eypeltauer. – Bitte.
Abgeordneter Mag. Felix Eypeltauer (NEOS): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Frau Ministerin! Liebe Zuseherinnen und Zuseher! Kolleginnen und Kollegen! Hohes Haus! Lassen Sie mich damit beginnen, festzustellen, dass der VKI zweifelsohne und unbestreitbarerweise die Konsumentenschutzeinrichtung in unserer Republik ist und sich in den vergangenen Jahrzehnten durch eine emsige und hochqualitative Arbeit vor allem im Bereich der Rechtsdurchsetzung einen Status erarbeitet hat, hinsichtlich dessen man sagen kann, das ist ein Eckpfeiler unserer gelebten Rechtsordnung. Österreich braucht – und dazu stehen wir NEOS – einen starken institutionellen Konsumentenschutz, gerade auch – das ist auch vorhin schon gesagt worden – aus Sicht der Wirtschaft. (Beifall bei den NEOS.)
Ich komme zur Sache: Der VKI steht finanziell katastrophal da, er steht schlecht da – darum sprechen wir heute über den VKI –, und das ist – und das muss auch einmal gesagt werden – auch ein Versäumnis der vorangegangenen Regierungen. Diese Situation, die sich hier heute darstellt, ist ja nicht von heute auf morgen eingetreten, sondern hat sich über Jahre aufgebaut und akkumuliert und kristallisiert sich hier und heute heraus. Und das, meine sehr geehrten Damen und Herren, hat strukturelle Gründe, über die meiner Meinung nach heute viel zu wenig gesprochen worden ist.
Wenn man sich die Geschichte des VKI anschaut, dann stellt man fest, er ist, durchhaucht vom Geist der Sozialpartnerschaft, in den Gründungsjahrzehnten der Zweiten Republik erschaffen worden, besetzt mit Mitgliedern aus allen großen Playern der Republik: dem ÖGB, der Arbeiterkammer, der Wirtschaftskammer, der Landwirtschaftskammer. Das war ursprünglich das Konzept, nur war vorprogrammiert, dass es Interessenkonflikte gibt. Es ist ganz klar, dass die Wirtschaftskammer keine große Freude hat, wenn der VKI, in dem sie Mitglied ist, gegen die eigenen Verbandsmitglieder vorgeht. So wurde halt die Mitgliederanzahl sukzessive reduziert, und heute stehen wir mit einem VKI da, der ein einziges reguläres Mitglied hat. Dieses einzige reguläre Mitglied ist die Arbeiterkammer, und das ist ein Problem, meine sehr geehrten Damen und Herren. Wir haben da eine hinkende Konstruktion, einen Pferdefuß, weil die Arbeiterkammer als einziges Mitglied natürlich der Grund dafür ist, dass der VKI eben nicht unabhängig ist. Da können Vertreterinnen und Vertreter der SPÖ noch so oft sagen, dass sie für einen unabhängigen VKI sind, das ist schlicht und ergreifend nicht der Fall. (Beifall bei den NEOS.)
Es ist auch verständlich, dass die Sozialdemokratie diesen Status jetzt einzementieren will. Und genau das passierte, würde das beschlossen werden, was SPÖ und FPÖ hier beantragen. Dieses Einzementieren wollen wir aber gerade nicht. Wir wollen einen starken, wir wollen einen ausfinanzierten und wir wollen einen unabhängigen VKI, meine sehr geehrten Damen und Herren!
Der richtige Zeitpunkt dafür, diesen unabhängigen VKI zu schaffen und sich zu überlegen, wie er ausschauen kann, ist genau jetzt. Warum ist er genau jetzt? – Weil es auf europäischer Ebene momentan eine, ich sage, Plattentektonik im Bereich des euro-
päischen Konsumentenschutzes gibt. Der Rat für Wettbewerbsfähigkeit der EU hat sich vor ungefähr zwei Wochen auf einen Richtlinienvorschlag über Verbandsklagen im Rahmen eines großen New Deal for Consumers geeinigt. Was sich da abzeichnet, ist eine ganz grundlegende Erneuerung im Bereich der Verbandsklagen europaweit, und das wird den VKI betreffen. Deshalb können wir den Status quo eben nicht einzementieren und deshalb stimmen wir NEOS dem Antrag von ÖVP und Grünen zu und plädieren für einen starken, abgesicherten und vor allem unabhängigen Konsumentenschutz. (Beifall bei NEOS und Grünen.)
18.09
Präsidentin Doris Bures: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Eva-Maria Himmelbauer. – Bitte.
Abgeordnete Eva-Maria Himmelbauer, BSc (ÖVP): Frau Präsidentin! Sehr geehrte Frau Ministerin! Werte Kolleginnen und Kollegen! Wie mein Kollege Hanger und Kollegin Fischer schon ausgeführt haben, soll mit dem heutigen Antrag die Arbeit des VKI auch für das kommende Jahr 2020 abgesichert und somit auch die bisherige Finanzierung um 600 000 Euro auf insgesamt 475 Millionen Euro angehoben werden. Das ist heute tatsächlich auch ein starkes Signal für den Konsumentenschutz in Österreich.
Es ist gleichzeitig auch ein klares Bekenntnis zum Konsumentenschutz und zu der Rolle, die der VKI in diesem Bereich einnimmt. Gleichzeitig geben wir aber auch das klare Bekenntnis dazu ab, dass wir auf Basis einer Evaluierung, die den VKI betrifft, auch die Finanzierung für die darauffolgenden Jahre sicherstellen wollen.
Der VKI ist in unterschiedlichsten Themenbereichen unterwegs: Er berät, vertritt, bietet Informationen. Ich darf aus diesem umfangreichen Portfolio einen Themenbereich herausgreifen, der auch mich persönlich in meiner politischen und beruflichen Arbeit betrifft, nämlich das Informationsangebot, bei dem es um Technik, um Onlineangebote oder ums Internet geht. In diesem wesentlichen Bereich – in dem das natürlich auch notwendig ist – wollen viele Menschen, die Informationen im Umgang mit Onlineshops, mit Verträgen et cetera benötigen, eine unparteiische, unabhängige Meinung.
Wir sehen auch, dass sich – betreffend die Schattenseiten des Internets – im Internet kriminelle Onlineshops, Fakes oder gekaufte Onlinebewertungen, die natürlich auch Meinungen beeinflussen, finden, und dass Identitätsdiebstahl stattfindet oder es Sicherheitslecks in Apps gibt. Überall dort, wo das Realität ist, braucht es gute Information, damit man erst gar nicht in die Falle geht, beziehungsweise eine entsprechende Beratung hinsichtlich der Durchsetzung der eigenen Rechte.
Die zuvor geäußerte Kritik, dass die Wirtschaft kein Interesse daran hätte, dass es einen starken Konsumentenschutz gibt, möchte ich hier auch widerlegen, denn gerade hinsichtlich des Onlinegeschäfts ist es ganz wichtig, dass jene redlichen Unternehmer, die sich an unsere Gesetze, an europäische Vorgaben halten, geschützt werden und dass gerade ausländischen Onlineshops, die auch nach Österreich liefern und die Konsumentenschutzrechte nicht beachten, da auch etwas entgegenhalten wird.
Wir alle wissen, dass wir aufgrund der Neuwahlen, aufgrund der Übergangssituation, auch aufgrund dessen, dass wir bis dato kein Budget beschließen konnten, heute ganz bewusst sagen: Wir müssen eine Übergangslösung für 2020 schaffen und auf Basis der Evaluierung eine langfristige Lösung ins kommende Budget mit hineinnehmen. Ich glaube, dass es in unserem Sinne ist, für den Staat und auch für die Bürgerinnen und Bürger verantwortungsbewusst zu handeln. Verantwortungsbewusstes Handeln heißt, auch einmal einen Schritt zurückzugehen, zu planen, zu analysieren, zu bewerten. Wir lassen dabei niemanden im Regen stehen.
Gerade heute zeigen wir, dass wir eine Brücke bauen, bis ein ausgereifter Budgetplan vorliegt. Wir tragen damit auch die Verantwortung für die Steuerzahlerinnen und Steuerzahler und für die Konsumentinnen und Konsumenten. Daher ist dieser Antrag von Kollege Hanger und Kollegin Fischer genau der richtige Weg. (Beifall bei der ÖVP.)
18.13