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Stenographisches Protokoll

 

 

 

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14. Sitzung des Nationalrates der Republik Österreich

 

XXV. Gesetzgebungsperiode

 

Dienstag, 25. Februar 2014

 

 


Stenographisches Protokoll

14. Sitzung des Nationalrates der Republik Österreich

XXV. Gesetzgebungsperiode             Dienstag, 25. Februar 2014

Dauer der Sitzung

Dienstag, 25. Februar 2014: 9.08 – 21.10 Uhr

*****

Tagesordnung

1. Punkt: Bericht über den Grünen Bericht 2013 der Bundesregierung

2. Punkt: Bericht über den Antrag 111/A der Abgeordneten Ing. Hermann Schultes, Hannes Weninger, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Umweltverträglichkeitsprüfungsgesetz 2000, BGBl. Nr. 697/1993, geändert wird

3. Punkt: Erste Lesung: Antrag der Abgeordneten Mag. Harald Stefan, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesverfassungsgesetz und ein Bundesgesetz, mit dem das Bundes-Verfassungsgesetz – B-VG, BGBl. Nr. 1/1930, und das Verfassungs­ge­richtshofgesetz 1953 – VfGG, BGBl. Nr. 85/1953, geändert werden (79/A)

4. Punkt: Erste Lesung: Antrag der Abgeordneten Mag. Dr. Angelika Rosa Mlinar, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Privatschulgesetz geändert wird (80/A)

5. Punkt: Erste Lesung: Antrag der Abgeordneten Georg Willi, Kolleginnen und Kolle­gen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundesstraßen-Mautgesetz geändert wird (115/A)

6. Punkt: Erste Lesung: Antrag der Abgeordneten Mag. Birgit Schatz, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Allgemeine Bürgerliche Gesetz­buch, zuletzt geändert durch BGBl. 179/2013, abgeändert wird (Mindestlohngesetz) (144/A)

7. Punkt: Erste Lesung: Antrag der Abgeordneten Dr. Harald Walser, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Vertragsbedienstetengesetz 1948, das Landesvertragslehrpersonengesetz 1966 und das Land- und forstwirtschaftliche Landesvertragslehrpersonengesetz geändert werden (145/A)

8. Punkt: Erste Lesung: Antrag der Abgeordneten Mario Kunasek, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz vom 27. Juni 1979 über das Dienstrecht der Beamten (Beamten-Dienstrechtsgesetz 1979 – BDG 1979) geändert wird (175/A)

9. Punkt: Erste Lesung: Antrag der Abgeordneten Mag. Nikolaus Alm, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Kapitalverkehrsteuergesetz geän­dert wird (207/A)


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10. Punkt: Erste Lesung: Antrag der Abgeordneten Mag. Nikolaus Alm, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Körperschaftsteuergesetz geändert wird (208/A)

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Inhalt

Personalien

Verhinderungen .............................................................................................................. 14

Ordnungsrufe ..............................................................................................  105, 143, 233

Geschäftsbehandlung

Verlangen auf Durchführung einer kurzen Debatte über die Anfragebeant­wortung 185/AB gemäß § 92 Abs. 1 der Geschäftsordnung .................................................................................................... 35

Durchführung einer kurzen Debatte gemäß § 57a Abs. 1 der Geschäftsordnung ...... 187

Redner/Rednerinnen:

Mag. Alev Korun ..................................................................................................... ... 188

Bundesministerin Mag. Johanna Mikl-Leitner ....................................................... 190

Otto Pendl ................................................................................................................... 192

Werner Amon, MBA ............................................................................................... ... 194

Dr. Walter Rosenkranz ........................................................................................... ... 195

Tanja Windbüchler-Souschill ................................................................................ ... 196

Christoph Hagen ..................................................................................................... ... 198

Dr. Nikolaus Scherak .............................................................................................. ... 199

Redezeitbeschränkung nach Beratung in der Präsidialkonferenz gemäß § 57 Abs. 3 Z 2 der Geschäftsordnung .......................................................................................................... 35

Antrag der Abgeordneten Elmar Podgorschek, Mag. Werner Kogler, Ing. Robert Lugar, Dr. Rainer Hable, Kolleginnen und Kollegen auf Einsetzung eines Untersuchungsausschusses zur Untersuchung der politischen Verant­wortung für die Vorgänge rund um die Hypo Group Alpe-Adria (Hypo-Unter­suchungsausschuss) gemäß § 33 Abs. 1 der Geschäftsordnung .............................. 223

Bekanntgabe ................................................................................................................... 68

Verlangen gemäß § 33 Abs. 2 der Geschäftsordnung auf Durchführung einer kurzen Debatte im Sinne des § 57a Abs. 1 GOG .......................................................................................................... 68

Redner/Rednerinnen:

Mag. Werner Kogler ............................................................................................... ... 227

Kai Jan Krainer ....................................................................................................... ... 230

Gabriele Tamandl ................................................................................................... ... 232

Elmar Podgorschek ................................................................................................ ... 233

Ing. Robert Lugar .................................................................................................... ... 235

Dr. Rainer Hable ...................................................................................................... ... 236

Ablehnung des Antrages (namentliche Abstimmung) .................................................. 238

Antrag der Abgeordneten Michael Pock, Ulrike Weigerstorfer, Mag. Chris­tiane Brunner, Kolleginnen und Kollegen, den Bericht des Umweltausschusses über den Antrag 111/A der Abgeordneten Ing. Hermann Schultes, Hannes


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Weninger, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Umweltverträglichkeitsprüfungsgesetz 2000, BGBl. Nr. 697/1993, geändert wird (42 d.B.), gemäß § 53 Abs. 6 Z 2 der Geschäftsordnung an den Umweltaus­schuss rückzuverweisen – Ablehnung  92, 106

Verlangen auf Durchführung einer namentlichen Abstimmung .................................. 238

Unterbrechung der Sitzung ........................................................................................ 239

Verlesung der vorgesehenen Fassung eines Teiles des Amtlichen Protokolls dieser Sitzung durch Präsidentin Mag. Barbara Prammer ........................................................................ 240

Genehmigung des verlesenen Teiles des Amtlichen Protokolls ............................... 241

Fragestunde (1.)

Bundeskanzleramt ....................................................................................................... 14

Katharina Kucharowits (8/M); Dr. Dagmar Belakowitsch-Jenewein, Mag. Gerald Loacker

Mag. Wolfgang Gerstl (1/M); Dr. Reinhard Eugen Bösch

Elmar Podgorschek (4/M); Hermann Lipitsch

Dr. Eva Glawischnig-Piesczek (6/M)

Dr. Kathrin Nachbaur (12/M)

Mag. Dr. Matthias Strolz (11/M); Ing. Robert Lugar

Mag. Andreas Schieder (9/M); Mag. Bruno Rossmann

Dr. Franz-Joseph Huainigg (2/M)

Mag. Gernot Darmann (5/M); Dr. Peter Wittmann, Mag. Wolfgang Gerstl

Mag. Werner Kogler (7/M)

Mag. Christine Muttonen (10/M); Dipl.-Ing. Nikolaus Berlakovich

Mag. Michael Hammer (3/M)

Ausschüsse

Zuweisungen .......................................................  110, 115, 119, 206, 211, 215, 219, 223

Dringliche Anfrage

der Abgeordneten Dr. Kathrin Nachbaur, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Finanzen betreffend „Mangelhaftes Krisenmanagement in der Causa Hypo Alpe-Adria – zwischen Unwissenheit und scheinbarer Unwahrheit“ (789/J) .................................................................................. 120

Begründung: Dr. Kathrin Nachbaur ........................................................................... 126

Vizekanzler Dr. Michael Spindelegger ..................................................................... 130

Debatte:

Ing. Robert Lugar ....................................................................................................... 138

Ing. Mag. Hubert Kuzdas ........................................................................................ ... 140


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Dr. Reinhold Lopatka ................................................................................................. 143

Ing. Christian Höbart .................................................................................................. 146

Mag. Werner Kogler ............................................................................................... ... 147

Mag. Dr. Matthias Strolz ........................................................................................ ... 150

Dr. Georg Vetter ...................................................................................................... ... 157

Mag. Maximilian Unterrainer ................................................................................. ... 159

Mag. Andreas Zakostelsky .................................................................................... ... 160

Elmar Podgorschek ................................................................................................ ... 162

Mag. Bruno Rossmann .......................................................................................... ... 163

Dr. Rainer Hable ...................................................................................................... ... 166

Rouven Ertlschweiger, MSc .................................................................................. ... 171

Philip Kucher ........................................................................................................... ... 173

August Wöginger .................................................................................................... ... 175

Mag. Gernot Darmann ........................................................................................... ... 177

Mag. Beate Meinl-Reisinger, MES ........................................................................ ... 178

Heinz-Christian Strache ......................................................................................... ... 181

Kai Jan Krainer ....................................................................................................... ... 185

Dr. Kathrin Nachbaur ............................................................................................. ... 185

Heinz-Christian Strache (tatsächliche Berichtigung) ................................................ 186

Entschließungsantrag der Abgeordneten Mag. Dr. Matthias Strolz, Kollegin­nen und Kollegen betreffend die Einführung einer Staatsschuldenbremse im Verfassungsrang – Ablehnung .....  154, 186

Entschließungsantrag der Abgeordneten Mag. Dr. Matthias Strolz, Kollegin­nen und Kollegen betreffend Einführung eines zeitgemäßen Banken-Insolvenz- beziehungsweise ‑sanierungsrechts – Ablehnung    155, 187

Entschließungsantrag der Abgeordneten Mag. Dr. Matthias Strolz, Kollegin­nen und Kollegen betreffend Offenlegung aller Schuldenstände und Haftungen der Länder – Ablehnung ......  156, 187

Entschließungsantrag der Abgeordneten Mag. Dr. Matthias Strolz, Kollegin­nen und Kollegen betreffend Insolvenzrecht für Gebietskörperschaften – Ableh­nung .....................................  156, 187

Entschließungsantrag der Abgeordneten Dr. Rainer Hable, Kolleginnen und Kol­legen betreffend Aufnahme von Haircut- & Konvertierungsverhandlungen mit den An­leihegläubigern der Hypo Alpe-Adria-Bank International AG – Ablehnung ..............................................................................  169, 187

Entschließungsantrag der Abgeordneten Dr. Rainer Hable, Kolleginnen und Kollegen betreffend Erweiterungen der Gebarungskontrolle des Rechnungs­hofes – Ablehnung ......  170, 187

Entschließungsantrag der Abgeordneten Dr. Rainer Hable, Kolleginnen und Kollegen betreffend Erlass einer Verordnung gemäß § 16 Abs. 1 F-VG – Ableh­nung ...................................  170, 187

Entschließungsantrag der Abgeordneten Mag. Beate Meinl-Reisinger, MES, Kolleginnen und Kollegen betreffend Einberufung eines Föderalismuskonvents – Ablehnung ....................  180, 187

Verhandlungen

1. Punkt: Bericht des Ausschusses für Land- und Forstwirtschaft über den Grünen Bericht 2013 der Bundesregierung (III-26/41 d.B.) ..................................................................................... 36


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Redner/Rednerinnen:

Harald Jannach ....................................................................................................... ..... 36

Jakob Auer .............................................................................................................. ..... 40

Dipl.-Ing. Dr. Wolfgang Pirklhuber ......................................................................  41, 83

Erwin Preiner .........................................................................................................  46, 76

Leopold Steinbichler .............................................................................................  48, 81

Mag. Dr. Angelika Rosa Mlinar ................................................................................... 50

Bundesminister Dipl.-Ing. Andrä Rupprechter ..................................................  52, 70

Rupert Doppler ....................................................................................................... ..... 54

Ing. Hermann Schultes ........................................................................................... ..... 55

Mag. Christiane Brunner ....................................................................................... ..... 57

Dietmar Keck ........................................................................................................... ..... 58

Ulrike Weigerstorfer ............................................................................................... ..... 59

Franz Leonhard Eßl ................................................................................................ ..... 60

Josef A. Riemer ...................................................................................................... ..... 61

Ulrike Königsberger-Ludwig ................................................................................. ..... 64

Georg Willi ............................................................................................................... ..... 65

Dipl.-Ing. Nikolaus Berlakovich ............................................................................. ..... 67

Walter Rauch ........................................................................................................... ..... 69

Harry Buchmayr ..................................................................................................... ..... 70

Peter Wurm ............................................................................................................. ..... 71

Fritz Grillitsch .......................................................................................................... ..... 72

Cornelia Ecker .............................................................................................................. 73

Martina Diesner-Wais .................................................................................................. 74

Ing. Manfred Hofinger ............................................................................................ ..... 78

Marianne Gusenbauer-Jäger ................................................................................. ..... 79

Dipl.-Ing. Georg Strasser ....................................................................................... ..... 80

Entschließungsantrag der Abgeordneten Dipl.-Ing. Dr. Wolfgang Pirklhuber, Kolleginnen und Kollegen betreffend wichtige Impulse für die Entwicklung des ländlichen Raumes durch das Programm für die ländliche Entwicklung – Ablehnung ........................................................................................  44, 84

Entschließungsantrag der Abgeordneten Josef A. Riemer, Kolleginnen und Kollegen betreffend Abschaffung der Zwangsmitgliedschaft bei der Landwirt­schaftskammer Österreich – Ablehnung            63, 84

Entschließungsantrag der Abgeordneten Jakob Auer, Erwin Preiner, Harald Jannach, Leo Steinbichler, Kolleginnen und Kollegen betreffend wichtige Impulse für die Entwicklung des ländlichen Raumes durch das Programm für die ländliche Entwicklung 2014–2020 – Annahme (E 7) .................  77, 84

Kenntnisnahme des Berichtes III-26 d.B. ....................................................................... 84

2. Punkt: Bericht des Umweltausschusses über den Antrag 111/A der Abge­ordneten Ing. Hermann Schultes, Hannes Weninger, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Umweltverträglichkeits­prüfungs­ge­setz 2000, BGBl. Nr. 697/1993, geändert wird (42 d.B.)                          85

Redner/Rednerinnen:

Dr. Dagmar Belakowitsch-Jenewein ................................................................  85, 104

Andreas Ottenschläger .......................................................................................... ..... 86

Mag. Christiane Brunner ....................................................................................... ..... 88

Hannes Weninger ................................................................................................... ..... 89

Ulrike Weigerstorfer ............................................................................................... ..... 90

Johann Rädler ......................................................................................................... ..... 91

Michael Pock ........................................................................................................... ..... 92


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Bundesminister Dipl.-Ing. Andrä Rupprechter ................................................... ..... 93

Mag. Ruth Becher ................................................................................................... ..... 95

Dr. Susanne Winter ................................................................................................ ..... 96

Mag. Johannes Rauch ............................................................................................ ..... 97

Dipl.-Ing. Dr. Wolfgang Pirklhuber ........................................................................ ..... 98

Harry Buchmayr ..................................................................................................... ..... 99

Mag. Friedrich Ofenauer ........................................................................................ ..... 99

Mag. Dr. Klaus Uwe Feichtinger ........................................................................... ... 101

Mag. Karin Greiner ................................................................................................. ... 101

Rudolf Plessl ........................................................................................................... ... 102

Erwin Preiner .......................................................................................................... ... 103

Walter Bacher ............................................................................................................. 105

Annahme des Gesetzentwurfes ................................................................................... 106

3. Punkt: Erste Lesung: Antrag der Abgeordneten Mag. Harald Stefan, Kolle­ginnen und Kollegen betreffend ein Bundesverfassungsgesetz und ein Bun­desgesetz, mit dem das Bundes-Verfassungsgesetz – B-VG, BGBl. Nr. 1/1930, und das Verfassungsgerichtshofgesetz 1953 – VfGG, BGBl. Nr. 85/1953, geän­dert werden (79/A) ............................................................................................................................ 106

Redner/Rednerinnen:

Mag. Gernot Darmann ........................................................................................... ... 106

Dr. Peter Wittmann ................................................................................................. ... 108

Johannes Schmuckenschlager ............................................................................. ... 108

Mag. Albert Steinhauser ........................................................................................ ... 108

Dr. Nikolaus Scherak .............................................................................................. ... 109

Zuweisung des Antrages 79/A an den Geschäftsordnungsausschuss ....................... 110

4. Punkt: Erste Lesung: Antrag der Abgeordneten Mag. Dr. Angelika Rosa Mlinar, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Privatschulgesetz geändert wird (80/A)                        110

Redner/Rednerinnen:

Mag. Dr. Angelika Rosa Mlinar ............................................................................. ... 110

Franz Kirchgatterer ................................................................................................ ... 112

Dipl.-Ing. Nikolaus Berlakovich ............................................................................. ... 112

Wendelin Mölzer ..................................................................................................... ... 113

Dr. Harald Walser .................................................................................................... ... 114

Zuweisung des Antrages 80/A an den Verfassungsausschuss .................................. 115

5. Punkt: Erste Lesung: Antrag der Abgeordneten Georg Willi, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundesstraßen-Mautgesetz geändert wird (115/A) ...... 115

Redner/Rednerinnen:

Georg Willi .................................................................................................................. 115

Johann Hell ................................................................................................................. 116

Andreas Ottenschläger .......................................................................................... ... 116

Carmen Gartelgruber ............................................................................................. ... 117

Christoph Hagen ..................................................................................................... ... 117

Zuweisung des Antrages 115/A an den Verkehrsausschuss ...................................... 119

6. Punkt: Erste Lesung: Antrag der Abgeordneten Mag. Birgit Schatz, Kollegin­nen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Allgemeine Bür-


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gerliche Gesetzbuch, zuletzt geändert durch BGBl. 179/2013, abgeändert wird (Mindestlohngesetz) (144/A) ............................................................. 119

Redner/Rednerinnen:

Mag. Birgit Schatz ...................................................................................................... 119

Dietmar Keck ........................................................................................................... ... 201

Angela Fichtinger ................................................................................................... ... 202

Dr. Dagmar Belakowitsch-Jenewein .................................................................... ... 203

Dr. Marcus Franz ........................................................................................................ 204

Mag. Gerald Loacker .................................................................................................. 205

Zuweisung des Antrages 144/A an den Ausschuss für Arbeit und Soziales ............... 206

7. Punkt: Erste Lesung: Antrag der Abgeordneten Dr. Harald Walser, Kollegin­nen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Vertragsbe­diens­tetengesetz 1948, das Landesvertragslehrpersonengesetz 1966 und das Land- und forstwirtschaftliche Landesvertragslehrpersonengesetz geändert werden (145/A)   ............................................................................................................................. 206

Redner/Rednerinnen:

Dr. Harald Walser .................................................................................................... ... 207

Marianne Gusenbauer-Jäger ................................................................................. ... 208

Mag. Wolfgang Gerstl ............................................................................................ ... 208

Dr. Marcus Franz .................................................................................................... ... 209

Mag. Dr. Matthias Strolz ........................................................................................ ... 209

Zuweisung des Antrages 145/A an den Verfassungsausschuss ................................ 211

8. Punkt: Erste Lesung: Antrag der Abgeordneten Mario Kunasek, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz vom 27. Juni 1979 über das Dienstrecht der Beamten (Beamten-Dienstrechts­gesetz 1979 – BDG 1979) geändert wird (175/A) ................................... 211

Redner/Rednerinnen:

Mario Kunasek ........................................................................................................ ... 211

Otto Pendl ................................................................................................................ ... 212

Mag. Bernd Schönegger ........................................................................................ ... 213

Mag. Judith Schwentner ........................................................................................ ... 213

Mag. Christoph Vavrik ........................................................................................... ... 214

Zuweisung des Antrages 175/A an den Verfassungsausschuss ................................ 215

9. Punkt: Erste Lesung: Antrag der Abgeordneten Mag. Nikolaus Alm, Kolle­ginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Kapitalverkehr­steuergesetz geändert wird (207/A) ....... 215

Redner/Rednerinnen:

Mag. Nikolaus Alm ................................................................................................. ... 215

Hermann Lipitsch ................................................................................................... ... 216

Mag. Andreas Hanger ............................................................................................ ... 216

MMMag. Dr. Axel Kassegger ................................................................................. ... 217

Mag. Bruno Rossmann .......................................................................................... ... 218

Zuweisung des Antrages 207/A an den Finanzausschuss .......................................... 219

10. Punkt: Erste Lesung: Antrag der Abgeordneten Mag. Nikolaus Alm, Kolle­ginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Körperschaft­steuergesetz geändert wird (208/A) ... 219


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll14. Sitzung / Seite 8

Redner/Rednerinnen:

Mag. Nikolaus Alm ................................................................................................. ... 219

Ing. Mag. Hubert Kuzdas ........................................................................................ ... 220

Norbert Sieber ......................................................................................................... ... 220

MMMag. Dr. Axel Kassegger ................................................................................. ... 221

Matthias Köchl ........................................................................................................ ... 222

Zuweisung des Antrages 208/A an den Finanzausschuss .......................................... 223

Eingebracht wurden

Regierungsvorlagen ................................................................................................... 35

43: Bundesgesetz, mit dem das Allgemeine Sozialversicherungsgesetz, das Gewerbliche Sozialversicherungsgesetz, das Bauern-Sozialversicherungsgesetz und das Beamten-Kranken- und Unfallversicherungsgesetz geändert werden

44: Bundesgesetz, mit dem ein Bundesgesetz über die Förderung von Hand­werkerleistungen beschlossen wird

Anträge der Abgeordneten

Leopold Steinbichler, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Kennzeichnung von Fleisch mittels AT-Stempel“ (262/A)(E)

Leopold Steinbichler, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Schutz der Konsumenten und Konsumentinnen und der bäuerlichen Landwirtschaft durch Beibehaltung der nationalen Milchquote“ (263/A)(E)

Dr. Peter Wittmann, Mag. Wolfgang Gerstl, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesverfassungsgesetz, mit dem das Übergangsgesetz vom 1. Oktober 1920, in der Fassung des BGBl. Nr. 368 vom Jahre 1925, geändert wird (264/A)

Anneliese Kitzmüller, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Die VorteilsCardFamilie darf nicht zur NachteilsCardFamilie werden!“, Rücknahme der Benachteiligung von Mehrkindfamilien im neuen ÖBB-Tarifsystem (265/A)(E)

Mag. Christiane Brunner, Hannes Weninger, Johann Höfinger, Ulrike Weigers­torfer, Michael Pock, Kolleginnen und Kollegen betreffend: Wale und Delfine sind eine zu schützende Spezies (266/A)(E)

Ing. Norbert Hofer, Kolleginnen und Kollegen betreffend Einführung einer Pflegelehre (267/A)(E)

Ing. Norbert Hofer, Kolleginnen und Kollegen betreffend notwendige Maßnahmen am zweiten Arbeitsmarkt (268/A)(E)

Mag. Beate Meinl-Reisinger, MES, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundes­gesetz, mit dem das Stellenbesetzungsgesetz geändert wird (269/A)

Mag. Beate Meinl-Reisinger, MES, Kolleginnen und Kollegen betreffend die Einfüh­rung eines Doppelresidenzmodells (270/A)(E)

Mag. Gerald Loacker, Kolleginnen und Kollegen betreffend Fortschrittsbericht der Arbeitsgruppe zur Mietrechtsreform im Bundesministerium für Justiz (271/A)(E)

Mag. Gerald Loacker, Kolleginnen und Kollegen betreffend Fortschrittsbericht der Arbeitsgruppe zur Mietrechtsreform im Bundesministerium für Justiz (272/A)(E)


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll14. Sitzung / Seite 9

Mag. Nikolaus Alm, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das ORF-Gesetz geändert wird (273/A)

Dr. Nikolaus Scherak, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Eingetragene Partnerschaft-Gesetz geändert wird (274/A)

Mag. Beate Meinl-Reisinger, MES, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bun­desgesetz, mit dem das Staatsbürgerschaftsgesetz 1985 geändert wird (275/A)

Dr. Nikolaus Scherak, Kolleginnen und Kollegen betreffend Zugang zum Arbeitsmarkt für Asylweber (276/A)(E)

Mag. Beate Meinl-Reisinger, MES, Kolleginnen und Kollegen betreffend die Aufkün­digung von Kapitel I des Übereinkommens über die Verminderung der Fälle mehr­facher Staatsangehörigkeit und über die Militärdienstpflicht in Fällen mehrfacher Staatsangehörigkeit (277/A)(E)

Franz Kirchgatterer, Dipl.-Kffr. (FH) Elisabeth Pfurtscheller, Kolleginnen und Kollegen betreffend keine lebenslangen Haftstrafen für unter 18-Jährige in den USA (278/A)(E)

Christoph Hagen, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Neuregelung der Verwal­tungsstrafen und der Strafgeldwidmung“ (279/A)(E)

Dipl.-Kffr. (FH) Elisabeth Pfurtscheller, Franz Kirchgatterer, Kolleginnen und Kollegen betreffend Anerkennung der deutschsprachigen Minderheit in Slowenien (280/A)(E)

Ing. Norbert Hofer, Kolleginnen und Kollegen betreffend Einstufung von HTL/HLFL-Ingenieuren mit nachgewiesener fachbezogener dreijähriger Berufspraxis in Stufe 6 des Nationalen Qualifikationsrahmens (281/A)(E)

Gerhard Schmid, Kolleginnen und Kollegen betreffend Maßnahmen zur Sicherung von Öl-Tankanlagen (282/A)(E)

Heinz-Christian Strache, Kolleginnen und Kollegen betreffend Evaluierung der bestehenden Befugnisrechte der Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes (283/A)(E)

Dr. Andreas F. Karlsböck, Kolleginnen und Kollegen betreffend verpflichtende zahnärztliche Untersuchung im Rahmen des Mutter-Kind-Passes (284/A)(E)

Anfragen der Abgeordneten

Dr. Kathrin Nachbaur, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Finanzen betreffend „Mangelhaftes Krisenmanagement in der Causa Hypo Alpe-Adria – zwischen Unwissenheit und scheinbarer Unwahrheit“ (789/J)

Dipl.-Ing. Gerhard Deimek, Kolleginnen und Kollegen an den Bundeskanzler betreffend Förderungen des Bundeskanzleramtes an den VCÖ (790/J)

Dipl.-Ing. Gerhard Deimek, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für europäische und internationale Angelegenheiten betreffend Förderungen des Bundesministeriums an den VCÖ (791/J)

Dipl.-Ing. Gerhard Deimek, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz betreffend Förderungen des Bundesminis­teriums an den VCÖ (792/J)


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll14. Sitzung / Seite 10

Dipl.-Ing. Gerhard Deimek, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Finanzen betreffend Förderungen des Bundesministeriums an den VCÖ (793/J)

Dipl.-Ing. Gerhard Deimek, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Gesundheit betreffend Förderungen des Bundesministeriums an den VCÖ (794/J)

Dipl.-Ing. Gerhard Deimek, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Inneres betreffend Förderungen des Bundesministeriums an den VCÖ (795/J)

Dipl.-Ing. Gerhard Deimek, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Justiz betreffend Förderungen des Bundesministeriums an den VCÖ (796/J)

Dipl.-Ing. Gerhard Deimek, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Landesverteidigung und Sport betreffend Förderungen des Bundesministeriums an den VCÖ (797/J)

Dipl.-Ing. Gerhard Deimek, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft betreffend Förderungen des Bundesministeriums an den VCÖ (798/J)

Dipl.-Ing. Gerhard Deimek, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Unterricht, Kunst und Kultur betreffend Förderungen des Bundesministeriums an den VCÖ (799/J)

Dipl.-Ing. Gerhard Deimek, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Verkehr, Innovation und Technologie betreffend Förderungen des Bundesministeriums an den VCÖ (800/J)

Dipl.-Ing. Gerhard Deimek, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Wirtschaft, Familie und Jugend betreffend Förderungen des Bundesministeriums an den VCÖ (801/J)

Dipl.-Ing. Gerhard Deimek, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Wirtschaft, Familie und Jugend, betraut mit der Leitung des Bundesministeriums für Wissenschaft und Forschung, betreffend Förderungen des Bundesministeriums an den VCÖ (802/J)

Wendelin Mölzer, Kolleginnen und Kollegen an den Bundeskanzler betreffend die Mängel bei Menschenrechten in Österreich (803/J)

Wendelin Mölzer, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Justiz betreffend die Mängel bei Menschenrechten in Österreich (804/J)

Wendelin Mölzer, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Inneres betreffend die Mängel bei Menschenrechten in Österreich (805/J)

Walter Rauch, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Verkehr, Innovation und Technologie betreffend Geisterfahrer im Jahr 2013 am Teilstück A 10 Raum Pongau (Flachau–Paß-Lueg) (806/J)

Walter Rauch, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Verkehr, Innovation und Technologie betreffend Geisterfahrer im Jahr 2013 am Teilstück S 6 Raum Steiermark (Knoten St. Michael–Tunnel Semmering) (807/J)


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll14. Sitzung / Seite 11

Walter Rauch, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Verkehr, Innovation und Technologie betreffend Geisterfahrer im Jahr 2013 am Teilstück A 21 Wiener Außenring Autobahn (808/J)

Walter Rauch, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Verkehr, Innovation und Technologie betreffend Geisterfahrer im Jahr 2013 am Teilstück A 2 Wechselabschnitt (Grimmenstein–Gleisdorf/Süd) (809/J)

Mario Kunasek, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Landes­vertei­digung und Sport betreffend Öffentlichkeitsarbeit für das Pilotprojekt Freiwilligenmiliz (810/J)

MMMag. Dr. Axel Kassegger, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Landesverteidigung und Sport betreffend Liegenschaftsschließungen des Bundes­heeres in der Steiermark und weitere geplante Einsparungen (811/J)

Dr. Dagmar Belakowitsch-Jenewein, Kolleginnen und Kollegen an den Bundes­minister für Gesundheit betreffend Behandlungszahlen in den Zahnambulatorien der Sozialversicherung (812/J)

Rupert Doppler, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Justiz betref­fend Sozialbetrug (813/J)

Wendelin Mölzer, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für europäische und internationale Angelegenheiten betreffend die EU-Sanktionspläne gegenüber der Ukraine (814/J)

Dipl.-Ing. Gerhard Deimek, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Verkehr, Innovation und Technologie betreffend skandalös hohe Sponsorings der ÖBB an den VCÖ in den Jahren 2010 und 2011 (815/J)

Wendelin Mölzer, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für europäische und internationale Angelegenheiten betreffend die wachsende EU-Skepsis der Österreicher (816/J)

Mario Kunasek, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Landes­verteidigung und Sport betreffend Reform des Wehrdienstes – Umgangsformen verbessern (817/J)

Dr. Dagmar Belakowitsch-Jenewein, Kolleginnen und Kollegen an den Bundes­minis­ter für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz betreffend Anfragebeant­wor­tung 233/AB/XXV. GP bezüglich Veranstaltung „Praktika in Österreich – Fluch oder Segen?“ (818/J)

Josef A. Riemer, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Gesundheit betreffend die österreichische Trinkwasserverordnung (819/J)

Werner Neubauer, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für europäische und internationale Angelegenheiten betreffend diverse Absprachen, Abstimmungen und Vorgangsweisen (820/J)

Dr. Andreas F. Karlsböck, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Wirtschaft, Familie und Jugend, betraut mit der Leitung des Bundesministeriums für Wissenschaft und Forschung, betreffend Erlass und Rückerstattung von Studien­gebüh­ren (821/J)

Dipl.-Ing. Gerhard Deimek, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Finanzen betreffend den VCÖ als begünstigten Spendenempfänger (822/J)


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll14. Sitzung / Seite 12

Josef A. Riemer, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Gesundheit betreffend die EU-Verordnung 1774/2002 (823/J)

Josef A. Riemer, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Gesundheit betreffend psychische Erkrankungen am Arbeitsplatz (824/J)

Josef A. Riemer, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz betreffend psychische Erkrankungen am Arbeitsplatz (825/J)

Edith Mühlberghuber, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Justiz betreffend ORF-Teletext-Aussendung vom 6.1.2014 zum Thema familiäre Gewalt (826/J)

Mag. Gernot Darmann, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Inneres betreffend Nutzung von Social Media im Bereich der Exekutive (827/J)

Mag. Gernot Darmann, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Justiz betreffend Internetpornographie mit Kindern und Jugendlichen (828/J)

MMMag. Dr. Axel Kassegger, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Wirtschaft, Familie und Jugend, betraut mit der Leitung des Bundesministeriums für Wissenschaft und Forschung, betreffend Liegenschaftsverkauf (Roßauer Lände 3) durch die Pensionsversicherungsanstalt und Anmietung durch die Universität Wien (829/J)

Mario Kunasek, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Inneres betreffend Schließung der Polizeidienststelle St. Marein bei Graz (830/J)

Mario Kunasek, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Inneres betreffend Schließung der Polizeidienststelle Übelbach (831/J)

Mario Kunasek, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Inneres betreffend Schließung der Polizeidienststelle Semriach (832/J)

MMMag. Dr. Axel Kassegger, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Wirtschaft, Familie und Jugend, betraut mit der Leitung des Bundesministeriums für Wissenschaft und Forschung, betreffend Sicherung des Hochschulstandortes Österreich und Abstellung von Missständen (833/J)

Mario Kunasek, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Landes­verteidigung und Sport betreffend Reform des Wehrdienstes – verbesserte Information vor der Stellung (834/J)

Mario Kunasek, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Landes­verteidigung und Sport betreffend Reform des Wehrdienstes – Bereitstellung neuer Ausbildungsmittel und Simulatoren (835/J)

Mario Kunasek, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Landes­verteidigung und Sport betreffend Reform des Wehrdienstes – Sportausbildung und Sport mit Heeresleistungssportlern (836/J)

Mario Kunasek, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Landes­verteidigung und Sport betreffend Bauzustand der Unterkünfte in den Kasernen des österreichischen Bundesheeres (837/J)

Dr. Walter Rosenkranz, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Unter­richt, Kunst und Kultur betreffend „Ganztägige Schulformen“ – Inserat des BMUKK in „Österreich“ am 23. Februar 2014 (838/J)

Rupert Doppler, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Gesundheit betreffend Jugendschutzbestimmungen für Sonnenstudios (839/J)


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll14. Sitzung / Seite 13

Rupert Doppler, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Wirtschaft, Familie und Jugend betreffend Jugendschutzbestimmungen für Sonnenstudios (840/J)

Rupert Doppler, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Finanzen betreffend Anzeigeplus bei Schwarzarbeit (841/J)

Rupert Doppler, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Wirtschaft, Familie und Jugend betreffend Modernisierung alter Liftanlagen (842/J)

Walter Rauch, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Finanzen betreffend Konkurs der Therme Bad Gleichenberg (843/J)

Mario Kunasek, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Landes­verteidigung und Sport betreffend Reform des Wehrdienstes – Einrichtung einer Informationsplattform für Soldatenvertreter (844/J)

Mario Kunasek, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Landes­verteidigung und Sport betreffend Reform des Wehrdienstes – Betreuung der Soldaten verbessern (845/J)

Mario Kunasek, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Landesver­teidigung und Sport betreffend Reform des Wehrdienstes – erste Reduzierung von Funktionssoldaten (846/J)

Hermann Lipitsch, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Inneres betreffend die Schließung von 22 Polizeidienststellen in Kärnten (847/J)

Mag. Ruth Becher, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Inneres betreffend die personelle, arbeitsorganisatorische und infrastrukturelle Situation bei der Wiener Polizei (848/J)

Christoph Hagen, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Inneres betreffend „Einnahmen aus Verwaltungsstrafen und deren Verwendung“ (849/J)


 


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll14. Sitzung / Seite 14

09.07.36 Beginn der Sitzung: 9.08 Uhr

Vorsitzende: Präsidentin Mag. Barbara Prammer, Zweiter Präsident Karlheinz Kopf, Dritter Präsident Ing. Norbert Hofer.

*****

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Guten Morgen, meine Damen und Herren! Die 14. Sitzung des Nationalrates ist eröffnet.

Als verhindert gemeldet sind die Abgeordneten Heinzl, Mag. Stefan, Barbara Rosenkranz, Dr. Moser, Mag. Musiol und Schenk.

*****

Ich gebe bekannt, dass diese Sitzung von ORF 2 bis 11 Uhr und von ORF III in voller Länge live übertragen wird.

09.08.13Fragestunde

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Wir gelangen zur ersten Fragestunde der XXV. Gesetzgebungsperiode.

Gemäß der Vereinbarung der Präsidialkonferenz vom 8. November 2013 kommen den Klubs künftig Hauptfragen in folgendem Verhältnis zu: SPÖ und ÖVP je drei, FPÖ und Grüne je zwei, Team Stronach und NEOS je eine. Jedem Hauptfragesteller bezie­hungsweise jeder Hauptfragestellerin kommt darüber hinaus eine Zusatzfrage zu. Des Weiteren dürfen im Rahmen einer Fragestunde die Klubs Zusatzfragen zu Hauptfragen ihrer Wahl in folgendem Verhältnis stellen: SPÖ, ÖVP und FPÖ je zwei, Grüne, Team Stronach und NEOS je eine.

Meine Damen und Herren, vor allem all jene, die neu im Haus sind! Ich werde heute etwas mehr Zeit dazu brauchen, Ihnen zu erklären, wie eine Fragestunde abläuft. Diejenigen, die bereits Mitglieder des Hohen Hauses waren, wissen das schon etwas genauer.

Die Fragestellungen durch die Damen und Herren Abgeordneten werden von den beiden Redner-/Rednerinnenpulten im Halbrund aus vorgenommen, die Beantwortung durch den Herrn Bundeskanzler vom Rednerpult der Abgeordneten aus. Für die Hauptfrage und die Zusatzfrage – also für alle Fragen – haben Sie jeweils 1 Minute Zeit. Die Hauptfrage hat weitestgehend den Wortlaut der Frage zu beinhalten. Das heißt, Sie müssen das wiedergeben, was Sie auch schriftlich als Hauptfrage abge­geben haben, ansonsten könnte ich diese Frage nicht zulassen. Das heißt auch für die Zukunft: Je kürzer Sie eine Hauptfrage formulieren, desto mehr Zeit haben Sie, diese Hauptfrage auch zu begründen. Dasselbe gilt natürlich auch für die Zusatzfrage: 1 Minute.

Der Herr Bundeskanzler hat zur Beantwortung der Hauptfrage 2 Minuten Zeit und zur Beantwortung der Zusatzfrage 1 Minute. Auch da darf ich Sie – jetzt können wir die Fragen nicht mehr ändern – für die Zukunft ersuchen, solche Fragen zu stellen, die man auch tatsächlich in jeweils 2 beziehungsweise 1 Minute beantworten kann.

Ich werde – so wie auch in der Vergangenheit schon – wenige Sekunden vor Ende der jeweiligen Redezeit mit der Glocke auf den Ablauf der Redezeit hinweisen.


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll14. Sitzung / Seite 15

Bundeskanzleramt

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Wir kommen nun zur 1. Anfrage, und das ist die der Frau Abgeordneten Kucharowits an den Herrn Bundeskanzler. – Bitte.

 


Abgeordnete Katharina Kucharowits (SPÖ): Schönen guten Morgen, Frau Präsi­dentin! Sehr geehrter Herr Bundeskanzler! Werte Kolleginnen und Kollegen! Ich darf gleich zu meiner Frage kommen:

8/M

„Worin sehen Sie die Gründe dafür, dass Österreich und Deutschland in den vergan­genen Jahren die Quote der Jugendarbeitslosigkeit trotz Krise stabil halten konnten, während in allen anderen europäischen Ländern, inklusive reicher Länder wie Däne­mark und Schweden, die Jugendarbeitslosigkeit massiv gestiegen ist?“

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Herr Bundeskanzler, bitte.

 


Bundeskanzler Werner Faymann: Ich nehme es nicht als Selbstverständlichkeit, dass wir eine geringere Jugendarbeitslosigkeit haben als andere Länder. Ich halte es überhaupt für eine der Hauptfragen in Europa, wie es gelingen kann, dass auch anderswo die Jugendarbeitslosigkeit geringer wird. Ich möchte daher besonders auf die Wachstumspakete verweisen, die von der Regierung im richtigen Moment in enger Zusammenarbeit mit diesem Haus geschaffen wurden, auf unser duales Ausbildungs­system, auf das Verantwortungsgefühl der Unternehmerinnen und Unternehmer des Landes und auf die Sozialpartnerschaft.

Ich könnte Ihnen all die konkreten Investitionen für Arbeitsmarkt- und Lehrstellen­förderung nennen, möchte aber noch einmal betonen: Es war ein wichtiger Beitrag, zu beweisen, dass wir in Österreich dem Thema der Jugendarbeitslosigkeit nicht nur in Sonntagsreden, sondern die gesamte Woche hindurch in harter Arbeit die notwendige Aufmerksamkeit schenken und Maßnahmen setzen.

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Zusatzfrage? – Bitte, Frau Abgeordnete Kucha­rowits.

 


Abgeordnete Katharina Kucharowits (SPÖ): Die österreichische Bundesregierung investiert heuer rund 150 Millionen € im Rahmen der Ausbildungsgarantie in die überbetriebliche Ausbildung, die sehr wichtig für jeden einzelnen jungen Menschen ist. Wie stellen sich die Erfolge im Allgemeinen dar? (Abg. Dr. Belakowitsch-Jenewein: Gar nicht!)

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Herr Bundeskanzler, bitte.

 


Bundeskanzler Werner Faymann: Gerade die überbetrieblichen Lehrwerkstätten bieten eine Möglichkeit in der dualen Ausbildung für jene jungen Leute, die keine Lehrstelle finden, trotzdem eine Lehrausbildung zu bekommen. Viele davon sind bereits im Rahmen der Zeit in der überbetrieblichen Lehrwerkstatt in der Lage, ein Unternehmen, einen Betrieb zu finden, in dem sie ihre Ausbildung fortsetzen können. Sehr viele sind nach erfolgreichem Ablegen der Lehrabschlussprüfung in der Lage, als Facharbeiter in einem Betrieb tätig zu sein. Auch das gehört zu den Herzstücken im Kampf gegen die Jugendarbeitslosigkeit. (Beifall bei der SPÖ.)

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Zusatzfrage? – Bitte, Frau Abgeordnete Dr. Belakowitsch-Jenewein.


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll14. Sitzung / Seite 16

Ich darf auch bitten, dass der jeweilige nächstfolgende Zusatzfragesteller beziehungs­weise die jeweilige nächstfolgende Zusatzfragestellerin bereits am gegenüberliegen­den Pult sozusagen Platz nimmt.

Bitte, Frau Abgeordnete.

 


Abgeordnete Dr. Dagmar Belakowitsch-Jenewein (FPÖ): Guten Morgen! Herr Bundeskanzler, Sie haben jetzt gesagt, das duale Ausbildungssystem sei der Erfolg oder die Erfolgsgarantie. Ich muss Ihnen ehrlicherweise mit Verlaub sagen, dass das sicher nicht der Erfolg dieser Regierung ist, das gibt es schon lange. Das haben ja nicht Sie in dieser Regierung erfunden und auch nicht in der vorigen, ganz im Gegen­teil: Die vorige Regierung hat eigentlich alles unternommen, um die Lehre zu verstaatlichen. Der Blum-Bonus wurde abgeschafft, wir haben heute mehr Jugendliche in Lehrwerkstätten denn je – das ist, glaube ich, der falsche Weg.

Herr Bundeskanzler, wären Sie so nett und würden den Zusehern auch noch sagen, was ein Lehrling in einer Lehrwerkstätte den Steuerzahler jährlich kostet beziehungs­weise was ein Lehrling, der auf dem ersten Arbeitsmarkt beschäftigt ist, den Steuer-zahler kostet?

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Herr Bundeskanzler, bitte.

 


Bundeskanzler Werner Faymann: Ich möchte die Lehrlingsausbildung, die in Österreich eine Tradition hat, hervorstreichen, die, wie überhaupt viele Dinge, diese Bundesregierung nicht erfunden hat, sondern mit Konsequenz unterstützt und voran-treibt. Ich kann Ihnen jetzt die Durchrechnung auf den Lehrling nicht sagen.

Ich bin aber überzeugt davon, dass mit den 150 Millionen, die wir in die überbetrieb­liche Ausbildung stecken – 7 700, heute 9 200 Lehrlinge; Sie sehen, die Anzahl, die davon betroffen ist, kann ich Ihnen gleich sagen –, viele junge Menschen, die vielleicht aufgrund ihres Zeugnisses keine Lehrstelle bekommen oder einfach kein Glück gehabt haben, als sie sich um eine Lehrstelle beworben haben, trotzdem eine Chance bekom­men, ihre Ausbildung zu machen. Ich halte das für sehr wertvoll und für eine der wichtigen Ergänzungen zu einer dualen Ausbildung, die diese Regierung unterstützt, mit tiefer Überzeugung unterstützt. Ich bin davon überzeugt, dass in Zukunft ein Schlüssel in Europa darin liegt, diese duale Ausbildung auch in anderen Ländern einzuführen. (Beifall bei der SPÖ.)

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Zusatzfrage? – Bitte, Herr Abgeordneter Mag. Loacker.

 


Abgeordneter Mag. Gerald Loacker (NEOS): Sehr geehrter Herr Bundeskanzler! Die jungen Menschen machen immer längere Ausbildungen, sie machen das auf Unis, auf denen sie keine Gebühren zahlen müssen. Wir verstecken also Arbeitslosigkeit auch im Bildungssystem.

Wie erklären Sie sich, dass gerade unter diesen Umständen und trotz Ihrer Initiativen die Jugendarbeitslosigkeit im vergangenen Jahr um 3,5 Prozent gestiegen ist, obwohl Sie so erfolgreiche Initiativen in diesem Bereich gesetzt haben?

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Herr Bundeskanzler, bitte.

 


Bundeskanzler Werner Faymann: Ein offenes Wort dazu: Es kann mit einer Ausbil­dungsgarantie, mit einer Förderung und mit einem Investitionsprogramm für die Wirtschaft die Wirtschaftskrise nicht ungeschehen gemacht werden. Das geringe Wachstum in ganz Europa, in vielen Ländern eine Rezession, bedeutet, dass unter einem gewissen Wachstum, das notwendig ist, automatisch auf dem Arbeitsmarkt Probleme auftreten.


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll14. Sitzung / Seite 17

Was wir in Österreich tun können, neben einer aktiven Politik in Europa, ist, mit den Maßnahmen gegenzusteuern, aber es ist eine Gegensteuerung. Ohne ein Wirtschafts­wachstum über 2 Prozent, 3 Prozent, können wir niemandem garantieren, dass sich der Arbeitsmarkt verbessert. Da sind gesamtwirtschaftspolitische Maßnahmen in Europa notwendig, und in Österreich geht es mit den genannten Bereichen, der überbetrieb­lichen Ausbildung um eine Gegensteuerung.

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Wir gelangen zur Anfrage des Herrn Abgeord-neten Mag. Gerstl. – Bitte.

 


Abgeordneter Mag. Wolfgang Gerstl (ÖVP): Herr Bundeskanzler! In den vergan­ge­nen Wochen haben einige Landeshauptleute den Wunsch geäußert, dass Gesetzge­bung und Vollziehung in unserer Verfassung geändert werden, auch zugunsten der Bundesländer vereinfacht werden, damit wir mehr Verwaltungsreform zusammenbrin­gen. Wir haben uns im Regierungsprogramm dazu bekannt, eine Föderalismusreform-Kommission einzusetzen. Wir haben in der letzten Legislaturperiode so ein Jahrhun-dertwerk wie die Verwaltungsgerichtsbarkeit in der Verfassung verankert, wo es gute Vorleistungen der Regierung in Verhandlungen mit den Ländern gegeben hat, und wir konnten das danach im Parlament mit allen Parteien, einstimmig sogar, verabschieden.

Ich möchte Sie daher konkret Folgendes fragen:

1/M

„Welche Reformvorschläge werden Sie“ – als Bundeskanzler, aus dem Bundeskanz-leramt – „der Föderalismus-Reformkommission“ – die wir hier im Parlament einrich-ten – „vonseiten der Bundesregierung vorlegen?“

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Herr Bundeskanzler, bitte.

 


Bundeskanzler Werner Faymann: Ich unterstütze natürlich voll das Instrument hier auf parlamentarischer Ebene, möchte Ihnen aber auch sagen, was wir als Regierung getan haben. Wir haben die Bundesländer gebeten, uns einmal aufzulisten, in welchen Bereichen sie eine Doppelgleisigkeit oder überbordende Vorschriften sehen. Wir haben das in zwei Runden sehr ausführlich mit sehr detaillierten Katalogen durchgearbeitet, und sie lassen sich einfach trennen: Es gibt Vorschläge, wo die Qualität eines Be­reiches leiden würde, wenn wir Vorschriften reduzieren. Das ist natürlich nicht das Ziel, irgendwelche Standards, die politisch gewollt sind, zu reduzieren.

Der zweite wichtige Teil, den Sie ansprechen, ist der Abbau von Bürokratie und Doppelgleisigkeit. Da gibt es eine Reihe von Vorschlägen, die mit der Transparenz­datenbank beginnt, um überhaupt einmal eine Analyse, so etwas wie ein Röntgenbild, zu haben, wo denn gleichzeitige Vorgänge existieren.

Ich glaube, dass mit den Bundesländern und den Abgeordneten dieses Hauses gemeinsam in diesem Bereich des Bürokratieabbaus ein Potenzial liegt, auf das wir nicht verzichten können, weil wir das aus finanziellen Gründen dringend benötigen.

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Zusatzfrage? – Bitte, Herr Abgeordneter Mag. Gerstl.

 


Abgeordneter Mag. Wolfgang Gerstl (ÖVP): Die Bundesländer haben auch Reform­bereitschaft im Bereich der Finanzen erkennen lassen. Da kam auch der Vorschlag, dass Einnahmenverantwortung und Ausgabenverantwortung viel stärker in eine Hand kommt.

Derzeit haben wir ja die Situation, dass der Bund eigentlich für die Einnahmen ver­antwortlich ist, und bei knapper werdenden Budgets haben wir hier die unangeneh-


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mere Funktion, und die Länder viel mehr die Möglichkeit haben, die Ausgabenseite zu bedienen und damit die freundliche Seite. Daher der Vorschlag, auch einnahmenseitig vonseiten der Länder vorzugehen.

Was halten Sie von diesem Vorschlag der Bundesländer, und wie können Sie sich da auch eine Reform im großen Föderalismusbereich vorstellen?

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Herr Bundeskanzler, bitte.

 


Bundeskanzler Werner Faymann: Wenn Bundesländer vorschlagen, dass sie eine Kompetenz bekommen – und ich weiß, dass hier noch kein gemeinsamer Vorschlag der Bundesländer existiert; das ist eigentlich unüblich, da bei den Landeshaupt­leute-konferenzen sehr oft gemeinsame Vorschläge zustande kommen –, stellt sich die Frage, wie denn dann tatsächlich solch eine Kompetenz aussehen soll: ob es darum geht, dass der Rahmen vom Bund bestimmt wird und sich die Frage stellt, wie groß dann der Spielraum des jeweiligen Landes ist, oder ob es hier wirklich um die volle Übernahme von Kompetenz in einzelnen Bereichen geht.

Ich werde das natürlich auch sehr genau daraufhin prüfen, was das für den Wirt­schaftsstandort Österreich bedeutet, da wir in einem Land wie dem unseren selbst­verständlich schon großes Interesse daran haben, dass zwischen städtischen und ländlichen Strukturen – auf die wir doch gemeinsam stolz sind, auf urbane Räume genauso wie ländliche Räume in einem Land von der Größe Österreichs – nicht zu viel Uneinheitlichkeit entsteht.

Das darf also nicht auf Kosten des Wirtschaftsstandorts gehen, und es darf nicht auf Kosten etwa des ländlichen Raumes gehen, und nach diesem Gesichtspunkt werden wir diese Diskussion führen. (Beifall bei der SPÖ.)

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Zusatzfrage? – Bitte, Herr Abgeordneter Dr. Bösch.

 


Abgeordneter Dr. Reinhard Eugen Bösch (FPÖ): Frau Präsidentin! Herr Bundes­kanzler! Im Rahmen der Struktur des Föderalismus in unserer Republik herrscht Einigkeit in der Unzufriedenheit über die Effizienz des Bundesrates.

Sind Sie für die Abschaffung des Bundesrates oder für eine Reform desselben, und wann werden Sie in Ihrer Regierung Schritte in die eine oder andere Richtung setzen?

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Herr Bundeskanzler, bitte.

 


Bundeskanzler Werner Faymann: Ich bin nicht für die Abschaffung des Bundesrates, und ich bin der Überzeugung, dass eine Reform, also Verbesserung der Aufgaben­stellung etwas ist, das mit den Bundesrätinnen und -räten gemeinsam erarbeitet werden sollte.

Der Föderalismus braucht so etwas wie einen Dialog – diesen kann man massiv ver­stärken und verbessern – zwischen jenen, die auf Landesebene Verantwortung tragen und trotzdem eine bundespolitische Verantwortung zu übernehmen haben, und jenen, die als Bundesregierung oder als österreichischer Nationalrat hier eine bundesein­heitliche Verantwortung zu übernehmen haben.

Ein Dialogforum dafür mit gewissen Verantwortlichkeiten muss es geben, und daher bin ich nicht für die Abschaffung des Bundesrates. (Beifall bei der SPÖ.)

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Nun gelangen wir zur Anfrage des Herrn Abgeordneten Podgorschek. – Bitte.

 


Abgeordneter Elmar Podgorschek (FPÖ): Sehr geehrter Herr Bundeskanzler! Nach der Notverstaatlichung der Hypo Alpe-Adria am 12. Dezember 2009 ist ja Bayern oder


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die Bayerische Landesbank aus der Verantwortung genommen worden. Jetzt sind mittlerweile vier Jahre vergangen, und man hat es verabsäumt, eine nachhaltige Sanierung durchzuführen.

In letzter Zeit haben sich die Ereignisse überschlagen. Es ist unter anderem auch zu einem offensichtlichen Zerwürfnis mit der Taskforce gekommen, zum Teil streiten oder diskutieren die Experten über die richtige Vorgangsweise einer Abwicklung. Und es scheint doch, dass ein bisschen Eile geboten ist, um Schaden für die Republik abzu­wenden, weil die Finanzmärkte mittlerweile auch schon durchaus unruhig werden.

Daher meine Frage:

4/M

„Ist es richtig, dass vor dem Hintergrund des Hypodebakels eine Regierungsvorlage in Aussicht genommen ist, die die von Experten und Opposition kritisierte ‚Anstaltslösung‘ zum Inhalt hat?“

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Herr Bundeskanzler, bitte.

 


Bundeskanzler Werner Faymann: Erstens, sehr verehrter Herr Abgeordneter, möchte ich noch einmal darauf verweisen, dass man Ursache und weitere Auswirkung nicht verwechseln darf. Die Ursache liegt eindeutig bei der FPÖ-geführten Regierung in Kärnten mit der hohen Haftung, die es uns bis heute – bis heute! – nicht ermöglicht, so vorzugehen, als gäbe es die Haftung nicht, auch nicht für die Kärntner. (Beifall bei SPÖ und ÖVP.) Auch die Kärntner Regierung hat das geerbt.

Ich möchte auf Ihre Frage so antworten: Sie haben recht, die Anstaltslösung wird von vielen Experten des Landes – auch begründet – vertreten. Herr Abgeordneter, Sie wissen, dass die Taskforce bis zum 3. März etwas ausarbeitet. Der Finanzminister hat gesagt, dass er selbstverständlich diese Ausarbeitung der Taskforce, die ihre Ent­scheidung treffen und dann am 3. März der Regierung vorlegen wird, unverzüglich allen Parlamentsparteien zur Verfügung stellt.

Hier passiert nichts im Geheimen! Im Gegenteil, hier werden alle Parlamentsparteien die Argumente der Taskforce, der Experten, des Gouverneurs der Nationalbank lesen, nachfragen, nachvollziehen können. Ich halte es auch für notwendig, dass hier eine Transparenz in der weiteren Vorgangsweise besteht, dass man keine Möglichkeit ungeprüft lässt, aber dass man immer klarstellt: Es handelt sich um eine Rettungs­aktion und nicht um die Verursacher. (Beifall bei SPÖ und ÖVP.)

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Zusatzfrage? – Bitte, Herr Abgeordneter Podgorschek.

 


Abgeordneter Elmar Podgorschek (FPÖ): Herr Bundeskanzler, Sie wissen aber schon, dass alle Beschlüsse in Kärnten einstimmig von den Regierungsparteien beschlossen worden sind, und dass vor allem der Expansionskurs noch unter Landeshauptmann Zernatto begonnen hat (Ruf bei der ÖVP: Blödsinn!), aus einer Regionalbank eine größere Bank zu machen, und dass die Vorstände seinerzeit von Landeshauptmann Zernatto eingesetzt worden sind. (Zwischenruf des Abg. Krainer.) Und ich glaube, einem Landeshauptmann, der nicht mehr lebt, jetzt die Schuld zuzu­weisen, ist an und für sich nicht der richtige Weg. (Abg. Krainer: ... Kindesweglegung!) Aber ich stehe nicht an einzugestehen, dass in Kärnten sehr viele Fehler gemacht wurden, und daran waren auch Freiheitliche durchaus mitbeteiligt.

Sie haben sich immer gegen eine Insolvenzlösung ausgesprochen, und daher, Herr Bundeskanzler, lautet meine Zusatzfrage:


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll14. Sitzung / Seite 20

Können Sie definitiv ausschließen, dass es zu einer Insolvenz der Hypo Alpe-Adria kommen wird?

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Herr Bundeskanzler, bitte.

 


Bundeskanzler Werner Faymann: Ich habe seriöserweise nichts ein- oder auszu­schließen, wenn wir der Taskforce übertragen haben, Modelle auszuarbeiten, den Verantwortlichen des Finanzministeriums, natürlich auch in Zusammenarbeit mit der Nationalbank, die für die Bonität des Landes eine wichtige Aussage zu treffen hat. Die Lösungen, die dort erarbeitet werden, unterstütze ich, und zwar sowohl betreffend die Erarbeitung als auch dann betreffend die Durchführung.

Ich bin daher der Meinung, dass alles geprüft werden muss, aber ich bin gegen Verunsicherung in der Öffentlichkeit, weil Sie zu Recht gesagt haben, die Finanzmärkte reagieren sehr stark auf übertriebene Verunsicherung. Es muss ein Unterschied zwischen sachlicher Transparenz und übertriebener Verunsicherung gemacht werden.

Daher ist meine Aufgabe als Bundeskanzler, jene, die die Arbeit machen, dabei zu unterstützen, dass sie ihre Arbeit auch leisten können, alle Möglichkeiten durchzu­denken und keine auszunehmen.

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Zusatzfrage? – Bitte, Herr Abgeordneter Lipitsch.

 


Abgeordneter Hermann Lipitsch (SPÖ): Frau Präsidentin! Guten Morgen, Herr Bundeskanzler! Wie wir jetzt gerade in der Fragestellung gehört haben, ist immer der Versuch da, die Feuerwehr und den Brandstifter auszutauschen. (Ruf bei der ÖVP: Genau!) Deswegen meine Frage:

Ist es richtig, dass für das Hypo-Debakel die ehemalige FPÖ-geführte Landesregierung unter Landeshauptmann Haider beziehungsweise Dörfler und die freiheitlichen Finanzreferenten die Verantwortung zu tragen haben? (Abg. Dr. Walter Rosenkranz: Untersuchungsausschuss! – Zwischenruf des Abg. Mag. Darmann.)

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Herr Bundeskanzler, bitte.

 


Bundeskanzler Werner Faymann: Sehr verehrter Herr Abgeordneter, Sie als Kärntner wissen, dass 700 Seiten Bericht vorliegen, die in Kärnten in einem Unter­suchungsausschuss festgestellt, zusammengetragen und zusammengefasst wurden. Ich glaube, das spricht eine deutliche Sprache betreffend die Tatsache, dass die Haftung von mehr als 20 Milliarden € ein Jahresbudget und damit die Möglichkeit, überhaupt eine derartige Haftung, wenn sie eintritt, leisten zu können, bei Weitem überstiegen hat. Auch der Rechnungshof hat sich damit beschäftigt.

Also diese Antwort wurde klar gegeben, und zwar nicht von politischen Mitbewerbern, sondern von jenen, die sich sehr genau damit beschäftigt haben. Diese Haftung damals war ein politischer Fehler und unverantwortlich. (Abg. Dr. Walter Rosenkranz: Herr Lipitsch, Sie wissen aber schon, dass es bei ... einen Wasserschaden gegeben hat! – Rufe und Gegenrufe zwischen den Abgeordneten Dr. Jarolim und Dr. Walter Rosenkranz.)

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Wir gelangen zur Anfrage der Frau Klubvor­sitzenden Dr. Glawischnig-Piesczek. – Bitte.

 


Abgeordnete Dr. Eva Glawischnig-Piesczek (Grüne): Frau Präsidentin! Herr Bundeskanzler! Es ist jetzt genau drei Wochen her, dass die sogenannte Banken­lösung für die Hypo Alpe-Adria geplatzt ist.

Am Tag danach gab es einen Ministerrat, wo die erstaunte Öffentlichkeit zur Kenntnis nehmen musste, dass Bundeskanzler und Vizekanzler es nicht mehr zu ihren Auf-


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gaben zählen, einer interessierte Öffentlichkeit, Journalistinnen und Journalisten Rede und Antwort zu stehen.

Eine Woche darauf musste dann eine bass erstaunte Öffentlichkeit mittels einer Wortschöpfung zur Kenntnis nehmen, dass Sie in Zukunft nur mehr „situations­elas­tisch“ auf Fragen antworten oder diesbezüglich zur Verfügung stehen werden.

Daher lautet meine Frage:

6/M

„Warum weigern Sie sich seit Kurzem, nach dem Ministerrat Fragen von Journa­listIn­nen zur Regierungsarbeit zu beantworten, obwohl die Information der Öffentlichkeit über die Arbeit der Regierung laut Bundesministeriengesetz explizit und nicht nur situationselastisch zu Ihren Aufgaben gehört?“

(Beifall bei den Grünen.)

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Herr Bundeskanzler, bitte.

 


Bundeskanzler Werner Faymann: Verehrte Frau Klubvorsitzende! Tatsächlich ist es so, dass ich heute gerade aus einem Pressefoyer des Ministerrats komme (Abg. Dr. Pilz: Elastisch!), und dass die Entscheidung darüber, wie die Öffentlichkeit informiert wird, natürlich der Regierung obliegt. Da ist kein Passus zu finden, dass das in einer bestimmten Form zu erfolgen hat.

Dass ich das österreichische Parlament gemeinsam mit dem Herrn Vizekanzler informiert habe, wissen Sie, da haben wir ja auch die Diskussion hier im Hohen Haus geführt. Dass ich eine Reihe von Interviews dazu gegeben und auch öffentliche Stellungnahmen dazu abgegeben habe, haben Sie wahrscheinlich auch gesehen. Also ich lasse mir zu meiner Öffentlichkeitsarbeit jetzt nicht sagen: Das muss genau dieses Foyer an diesem Tag sein!, aber ich sehe es natürlich als meine Aufgabe, die Öffentlichkeit sehr umfassend zu informieren.

Ich tue das auch, aber natürlich macht das auch der Finanzminister – der hat das auch getan –, und natürlich hat das auch der Gouverneur der Nationalbank zu tun, weil die Frage, wie es mit der Bonität Österreichs ausschaut, natürlich von Verantwortlichen, wie etwa dem Gouverneur der Nationalbank, deutlich beantwortet werden muss.

Um Ihre Frage also konkret zu beantworten: Ich werde auch in Zukunft immer wieder in Pressefoyers Regierungskollegen bitten, zu Schwerpunkten Rede und Antwort zu stehen, werde aber persönlich natürlich nicht darauf verzichten, in der Öffentlich­keits­arbeit ebenfalls Antworten zu geben, aber auch selber Fragen zu stellen und sie zu beantworten.

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Zusatzfrage? – Bitte, Frau Klubvorsitzende Dr. Glawischnig-Piesczek.

 


Abgeordnete Dr. Eva Glawischnig-Piesczek (Grüne): Also wenn ich die konkrete Antwort interpretiere, dann heißt das, dass Sie in Zukunft diese Regel, die es früher gegeben hat, nämlich nach einem Ministerrat Rede und Antwort zu stehen, nicht ein­halten werden, dass das nicht mehr geschehen wird. Der Chef der Journalisten­gewerk­schaft hat das schlicht und einfach als Informationsverweigerung bezeichnet.

Wenn Sie das tatsächlich so handhaben, dann lautet meine Frage:

Sind Sie dafür, dass wir im Nationalrat eine konkrete Änderung der Geschäftsordnung machen und jedes Mal nach dem Ministerratsfoyer hier eine Fragestunde mit Ihnen veranstalten? (Ruf: Wen interessiert das? – Gegenrufe bei den Grünen: Uns!)

 



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Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Herr Bundeskanzler, bitte.

 


Bundeskanzler Werner Faymann: Frau Klubvorsitzende! Ob Sie eine Geschäftsord­nungsänderung machen oder nicht, dürfen Sie nicht mich fragen. Das wäre eine Verdrehung der Rollen, und für diese Verdrehung der Rollen bin ich nicht. Sie sind Abgeordnete, und ich vertrete die Regierung. (Beifall bei SPÖ und ÖVP.)

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Wir gelangen zur Anfrage der Frau Klubvor­sitzenden Dr. Nachbaur. – Bitte.

 


Abgeordnete Dr. Kathrin Nachbaur (STRONACH): Frau Präsidentin! Grüß Gott, sehr geehrter Herr Bundeskanzler! In jedem wichtigen Standortranking verliert Österreich an Wettbewerbsfähigkeit. Das liegt einerseits wahrscheinlich am wenig unternehmer­freund­lichen Klima in unserem Land, andererseits aber sicher auch an den teilweise schlecht ausgebildeten jungen Leuten, vielleicht auch verbunden mit einer fehlenden Disziplin.

Aus dem Arbeitsprogramm der Regierung geht meiner Meinung nach ganz klar hervor, nichts ist in Österreich so gefährlich geworden wie Leistung. – Ich habe gelesen, dass die Neue Mittelschule kein Erfolgsmodell ist. Ihre Bewertung ist in vielen Rankings eigentlich schlechter ausgefallen als die der Hauptschulen (Zwischenruf des Abg. Krainer), und ich glaube, man darf jetzt keinesfalls einen weiteren Schritt in Richtung Nivellierung des Bildungsstandards nach unten setzen. Ich bin selbst Absolventin eines ...

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Frau Abgeordnete, Sie haben bereits die Zeit von einer Minute überschritten. Ich bitte dringend um die Frage; keine Argumentation mehr!

 


Abgeordnete Dr. Kathrin Nachbaur (fortsetzend): Ich möchte eine Lanze brechen für die Gymnasien, und sage, wir müssen nicht darüber nachdenken (Rufe: Frage!), wie man Leistungsstandards abschafft, sondern ...

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Frau Abgeordnete, die Frage!

 


Abgeordnete Dr. Kathrin Nachbaur (fortsetzend):

12/M

„Wie stehen Sie zu der von der Abgeordneten Laura Rudas geäußerten Meinung, dass die Matura als abschließender Wissenstest zur Disposition gestellt werden soll?“

(Beifall beim Team Stronach.)

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Herr Bundeskanzler, bitte.

 


Bundeskanzler Werner Faymann: Sehr geehrte Frau Abgeordnete! Die Neue Mittelschule hat es ermöglicht, dass in Hauptfächern mit einer zweiten Lehrkraft in einer Klasse besonders auf Bedürfnisse eingegangen und Förderung angeboten werden kann. Nun sind natürlich bei der Evaluierung Aufklärung und eine Reihe von Verbesserungsvorschlägen möglich, dazu evaluiert man ja. Aber das Prinzip, dass in Hauptfächern mit einer zweiten Lehrkraft mehr erreicht werden kann – vielleicht nicht notwendigerweise in allen Schulen gleich –, dass mit verstärktem Einsatz von Lehrkräften Defizite bekämpft, aber auch besser gefördert werden kann, halte ich für richtig. Auch wenn ich der Unterrichtsministerin bei der weiteren Verbesserung natür­lich nicht dreinreden möchte, aber das Prinzip, verstärkt auf junge Leute einzugehen, halte ich nicht für falsch.


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Genauso bin ich davon überzeugt, dass die AHS mit der Matura Neu und im darauf folgenden Jahr die BHS mit der Matura Neu, die jahrelang diskutiert wurde, die richtige Richtung darstellen.

Dass es trotzdem jedem unbenommen ist – Ihnen wie jedem anderen Abgeordneten, aber auch Experten – sich Änderungen, Verbesserungen zu überlegen, das gehört zur Diskussion dazu, aber ich bin froh darüber, dass wir ab nächstem Jahr in der AHS mit der Matura Neu starten und hier eine gewisse Vereinheitlichung zustande bringen. (Beifall bei der SPÖ.)

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Zusatzfrage? – Bitte, Frau Klubvorsitzende.

 


Abgeordnete Dr. Kathrin Nachbaur (STRONACH): Ich stelle gerne eine Zusatzfrage.

Heißt das jetzt, Sie werden ein Programm vorlegen, wo die Matura als abschließender Leistungsnachweis zur Disposition gestellt wird oder nicht? (Beifall beim Team Stronach.)

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Herr Bundeskanzler, bitte.

 


Bundeskanzler Werner Faymann: Nein.

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Das „Nein“ ist jetzt zwar hörbar gewesen, aber das Mikro war noch nicht eingeschaltet. Ich bitte um Entschuldigung. (Zwischenruf des Abg. Dr. Walter Rosenkranz.)

Wir gelangen zur Anfrage des Herrn Klubobmannes Dr. Strolz. – Bitte.

 


Abgeordneter Mag. Dr. Matthias Strolz (NEOS): Guten Morgen, Frau Präsidentin! Herr Bundeskanzler! Wir machen seit zirka 50 Jahren Schulden, und zwar jedes Jahr verlässlich neue Schulden. Das beschäftigt mich, das beschäftigt uns sehr, deswegen halte ich das Ziel dieser Bundesregierung für richtig und wichtig, 2016 ein strukturelles Nulldefizit zu haben. Meine Frage an Sie:

Wie glauben Sie, dass Sie das schaffen werden, angesichts des nicht vollumfänglich kalkulierten Hypo-Debakels?

*****

Die schriftlich eingereichte Anfrage, 11/M, hat folgenden Wortlaut:

„Wie werden Sie bis 2016 ein strukturelles Nulldefizit angesichts des bisher nicht ausreichend budgetierten Hypo-Desasters schaffen?“

*****

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Seien wir großzügig und lassen wir diese Frage gerade noch gelten. Aber auch für Sie, Herr Klubobmann, gilt die Regel: Die Haupt­frage hat einigermaßen wortgetreu wiedergegeben zu werden. – Herr Bundeskanzler, bitte. (Abg. Dr. Walter Rosenkranz: Er hat den Zettel nicht mit, Frau Präsidentin! Er hat den Zettel vergessen!)

 


Bundeskanzler Werner Faymann: Ich möchte kurz in zwei Teilen antworten.

Erstens: Jawohl, wir müssen den Schuldenstand reduzieren, deshalb haben wir auch eine Schuldenbremse in diesem Haus – leider nur mit Mehrheit, aber immerhin – beschlossen.

Zweitens: Der Schuldenstand alleine sagt noch nichts darüber aus, wie es um die Wirtschaftskraft eines Landes bestellt ist. Das beste Beispiel ist unser deutscher


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Nachbar. Niemand in der Welt zweifelt daran, dass Deutschland die stärkste oder eine der stärksten Wirtschaftsnationen ist, insbesondere in Europa, und trotzdem wissen Sie, dass der Schuldenstand in Deutschland prozentuell höher ist als in Österreich. Also der Schuldenstand alleine ist eine wichtige Größe, aber es ist wahrlich nicht die einzige Größe, um über die Wirtschaftskraft eines Landes eine Aussage zu treffen.

Daher ist anzustreben, dass das strukturelle Defizit – also das, was sich dauerhaft fortschreibt – in einem Land auf null kommt. Wir bleiben bei unserem Ziel 2016, und wir können zur Stunde ja gar nicht sagen, etwa bei einer Anstaltslösung, ob eine Aus­wirkung auf das strukturelle Defizit besteht, und wenn ja in welcher Form.

Eigentlich bedeutet etwa eine Anstaltslösung – um nur ein Beispiel der vielen Möglich­keiten zu benennen – eine Erhöhung des Schuldenstandes, aber nicht des direkten strukturellen Defizits. Also die Auswirkungen können erst geprüft werden, wenn die Modelle in Umsetzung sind.

Wo Sie recht haben, ist, dass es wichtig ist, dieses Ziel strukturelles Nulldefizit 2016 zu erreichen, weil es Handlungsspielräume für die Stabilität bringt. Und Stabilität ist kein Selbstzweck, sondern bedeutet, mit geringeren Zinsen auszukommen und das Geld für etwas wesentlich Sinnvolleres im Land ausgeben zu können. (Beifall bei SPÖ und ÖVP.)

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Zusatzfrage, Herr Klubobmann Dr. Strolz? – Keine Zusatzfrage.

Zusatzfrage? – Bitte, Herr Abgeordneter Ing. Lugar.

 


Abgeordneter Ing. Robert Lugar (STRONACH): Herr Bundeskanzler, durch die gestern von ÖVP und SPÖ beschlossenen Steuererhöhungen wird dem Steuerzahler das Geld, das jetzt schon an die Hypo geflossen ist, abgepresst. Wie können Sie es mit Ihrem Gewissen vereinbaren, dass jene bluten, nämlich die Autofahrer, die Bezie­her kleiner Einkommen, die Gewerbetreibenden, die für die Malaise bei der Hypo nichts können, und nicht jene, die das auch verursacht haben? Und warum reden Sie sich immer wieder auf die Taskforce aus, die ja nur ein Modell prüft, nämlich das komplette Einbeziehen des Steuerzahlers und nicht das Heranziehen der Verursacher und jener, die auch schuld sind an diesem Debakel – und vor allem nicht das Heranziehen jener, die in der Vergangenheit auch etwas verdient haben.

Wie können Sie das mit Ihrem sozialdemokratischen Gewissen vereinbaren?

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Herr Bundeskanzler, bitte.

 


Bundeskanzler Werner Faymann: Ihre Frage enthält eine Behauptung, die ich für falsch halte. Die Taskforce prüfe nur ein Modell, haben Sie gesagt, das sozusagen alle Kosten auf den Steuerzahler überwälze. – Das stimmt nicht! Die Taskforce hat keine Einschränkungen bei der Prüfung von Modellen. Die Taskforce hat eine hohe Zahl von Modellen geprüft. Der Finanzminister hat hier mehrfach dazu Stellung genommen als der dafür politisch Verantwortliche, der der Taskforce als Rahmenbedingung sehr wohl alle Möglichkeiten einräumt.

Wenn die Taskforce zu Entscheidungen kommt, dann kommt sie zu diesen Entschei­dungen unter dem Gesichtspunkt: Wie hoch sind die Kosten, und was bedeutet das für unser Land, welche Konsequenzen hat das für unser Land, auch über den Fall Hypo hinaus? Auch das muss man berücksichtigen. Man hat nichts davon, wenn man bei der Erledigung eines Falles etwas günstiger kommt, aber danach wesentlich höhere Folgekosten hat. Daher ist es die Aufgabe der Taskforce, ohne Einschränkung alle Möglichkeiten zu prüfen, und nicht, wie Sie in Ihrer Behauptung unterstellt haben, eine Eingrenzung auf ausschließlich eine oder zwei Formen vorzunehmen.


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Der zweite Teil, der mir wichtig ist – ich möchte das hier klarstellen –, ist, dass die Bankenabgabe mit einer Größenordnung von rund 700 Millionen € pro Jahr – in den letzten fünf Jahren bezahlt – in dieser Legislaturperiode voll aufrecht bleibt und eine Gegenrechnung darstellt. Das bedeutet, es braucht nicht, wie gesagt wurde, 30 Jahre, bis das abgedeckt ist, sondern allein durch die Einnahmen aus der Bankenabgabe in der Höhe von rund 3 Milliarden, 3,5 Milliarden € pro Legislaturperiode ist die Finanzie­rung aus diesem Sektor ein Beitrag, den ich bewusst politisch betonen möchte, weil ich davon überzeugt bin, dass man das nur verantworten kann, wenn, wie Sie gesagt haben, auch Beiträge aus diesem Sektor kommen. (Beifall bei der SPÖ.)

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Wir gelangen zur Anfrage des Herrn Abgeord­neten Mag. Schieder. – Bitte.

 


Abgeordneter Mag. Andreas Schieder (SPÖ): Herr Bundeskanzler, die Finanztrans­aktionssteuer war ja eines der zentralen Projekte, die Österreich in der Europäischen Union vorangetrieben hat, und nach anfänglichem Zaudern hat sich eine immer breitere Unterstützung unter den europäischen Ländern ergeben.

Daher meine konkrete Frage:

9/M

„Wie ist der Verhandlungsstand bzgl. der Finanztransaktionssteuer und des Banken­insol­venzrechts“ – das zweite wichtige Thema zur Bewältigung der Finanzkrise – „auf europäischer Ebene?“

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Herr Bundeskanzler, bitte.

 


Bundeskanzler Werner Faymann: Die Einführung der Finanztransaktionssteuer, das betone ich immer wieder, ist ein Anliegen Österreichs, und zwar aller Parteien dieses Hauses. Das ist etwas, was ich auch auf europäischer Ebene immer besonders hervor­hebe, weil mir kein anderes Land bekannt ist, wo mit einer derartigen Übereinstimmung schon so früh für die Finanztransaktionssteuer geworben wurde und wird und man sich dafür einsetzt, wie das Österreich vorbildlich macht.

Nun gibt es aber auf der anderen Seite eine Reihe von Gegnern, dazu gehören die Vertreter von UK und anderen Staaten, die sich im Hinblick auf den Finanzplatz Lon­don und andere Finanzplätze die Frage stellen, ob sie bei einer derartigen Ein­führung einen Wettbewerbsnachteil hätten, und das dann als Argument dafür verwenden, die Finanztransaktionssteuer möglichst sehr schmal oder gar nicht einzu­führen.

Wir treten in dieser Auseinandersetzung sehr leidenschaftlich und intensiv für unsere Finanztransaktionssteuer ein, wir wollen uns nicht bremsen lassen von jenen, die uns erklären, dass man in der Welt erst dann etwas machen darf, wenn die ganze Welt dafür ist. Nein, man darf vorbildlich vorgehen, man darf Pionier sein, man darf Vorreiter sein, man muss es auch sein. Und ich bin überzeugt davon, dass mit der Bildung der Bundesregierung in Deutschland, wo sich auch die SPD klar für diese Finanztrans­aktionssteuer ausgesprochen hat, neuer Schwung auf der europäischen Ebene aufgekommen ist, diese Finanztransaktionssteuer durchzusetzen. Ich werde mich sehr stark dafür einsetzen. (Beifall bei der SPÖ.)

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Zusatzfrage? – Bitte, Herr Klubobmann Mag. Schieder.

 


Abgeordneter Mag. Andreas Schieder (SPÖ): Nachdem da, wie Sie sagen, neuer Schwung aufgekommen ist, stellt sich natürlich die Frage – das ist meine Zusatzfrage –:


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Wie schaut es dann, wenn es zu Einnahmen aus der Finanztransaktionssteuer kommt, mit der Mittelverwendung aus?

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Herr Bundeskanzler, bitte.

 


Bundeskanzler Werner Faymann: Ich bin überzeugt davon, dass Einnahmen natürlich Einnahmen der jeweiligen Länder sein müssen. Ich kann mir zur Stunde keine Konstruktion vorstellen, bei der diese Einnahmen gemeinsam verwendet werden, wenn nicht alle diese Steuer einheben, da müssten ja die anderen eine Art Nachzahlung in diesen Fonds leisten.

Also für mich ist das, wenn nur ein Teil etwas gemeinsam einführt, natürlich eine länderspezifische Einnahme. Wenn diese dann für eine gemeinsame Aktion eingebracht wird, für die andere Länder, die aus diesem Titel nichts einnehmen, weil sie die Finanztransaktionssteuer nicht einführen, dann aus einem anderen Titel einzahlen, dann kann man – Geld hat kein Mascherl – durchaus derartige Einnahmen verwenden. Brauchen tut man etwas für Maßnahmen für Beschäftigung und Verhin­derung von Arbeitslosigkeit, aber es kann nicht so sein, dass es eine gemeinsame Maßnahme gibt, die nur jene bezahlen, die die Finanztransaktionssteuer eingeführt haben. Das wird nicht kommen können. (Beifall bei der SPÖ.)

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Zusatzfrage? – Bitte, Herr Abgeordneter Mag. Rossmann.

 


Abgeordneter Mag. Bruno Rossmann (Grüne): Herr Bundeskanzler! Finanzlobbys wie Goldman Sachs versuchen alles, um die Finanztransaktionssteuer zu verwässern beziehungsweise zu verhindern. Beim letzten ECOFIN zeichnete sich eine Lösung ab, nach der die Finanztransaktionssteuer getrennt und schrittweise nach Produkten eingeführt werden soll. Der Herr Finanzminister war demgegenüber nicht ganz unabgeneigt.

Meine Frage daher an Sie: Welche konkreten Schritte werden Sie unternehmen, um sicherzustellen, dass die Finanztransaktionssteuer auf Derivate von Anfang an von dieser Steuer erfasst wird, um sicherzustellen, dass in Zukunft Finanzkrisen, die ja wesentlich durch die Derivate mitverursacht worden sind, zu verhindern?

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Herr Bundeskanzler, bitte.

 


Bundeskanzler Werner Faymann: Ich vertrete ebenfalls die Meinung, dass die Finanztransaktionssteuer nicht nur eine Einnahme sein soll, die notwendig ist, sondern auch eine Lenkungswirkung haben soll. Und durch die Einbeziehung der Derivate entsteht erst die richtige Lenkungswirkung.

Also ich setze mich nicht für eine Finanztransaktionssteuer ein, die eine reine Bör­senumsatzsteuer ist, weil der Sinn der Finanztransaktionssteuer neben dem Einnah­meneffekt auch in einem politischen Lenkungseffekt liegt.

Daher können Sie sich darauf verlassen: In unserer politischen Verhandlungsposition setzen wir uns für eine umfassende Finanztransaktionssteuer ein; die beiden Gründe dafür habe ich schon genannt. (Beifall bei der SPÖ sowie bei Abgeordneten von ÖVP und Grünen.)

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Wir gelangen zur Anfrage des Herrn Abgeordneten Dr. Huainigg, der diese von seinem Platz aus stellt. – Bitte.

 


Abgeordneter Dr. Franz-Joseph Huainigg (ÖVP): Guten Morgen, Herr Bundes­kanzler! 2002 hat Belgien die aktive Sterbehilfe beschlossen, für Ausnahmefälle. Damals, 2003, waren es 200 Fälle, heute sind es 1 400. Auch die aktive Sterbehilfe für Kinder wurde zuletzt im belgischen Parlament beschlossen.


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Die österreichische Bundesregierung hat in ihrem Arbeitsprogramm die verfassungs­rechtliche Verankerung des Sterbens in Würde mit dem Verbot der Tötung auf Ver­langen und dem Recht auf Palliativmedizin festgelegt.

Meine Frage an Sie:

2/M

„Ist für Sie die in der Europäischen Grundrechtscharta verankerte Achtung der Würde des Menschen mit einer aktiven Sterbehilfe vereinbar?“

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Herr Bundeskanzler, bitte.

 


Bundeskanzler Werner Faymann: Sehr verehrter Herr Abgeordneter! Der Europä­ische Gerichtshof für Menschenrechte hat eine Entscheidung getroffen, in der er einerseits feststellt, dass jeder Mensch das Recht hat, über Umstände des eigenen Lebensendes selbst zu bestimmen, hat aber deutlich hinzugefügt, dass er ebenso klarstellt, dass sich daraus kein Recht auf aktive Sterbehilfe ergibt.

Die österreichische Bundesregierung hat diese Diskussion in ihre Regierungsver­einbarung aufgenommen, um sie unter Einbeziehung der Bioethikkommission, aber natürlich auch mit den Abgeordneten dieses Hauses auf parlamentarischer Ebene zu führen. Sie werden festlegen, ob diese Diskussion in Enquete-Form oder in anderer Form geführt wird.

Ich denke, dieser Diskussion ist nicht auszuweichen und bei dieser Diskussion hat die Bioethikkommission einen wichtigen Beitrag zu leisten, um sich auch der Frage zu stellen, ob die jetzige Regelung – eine solche existiert ja in Österreich – ausreichend ist oder ob wirklich eine Änderung der jetzigen Regelung notwendig ist. (Beifall bei der SPÖ.)

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Zusatzfrage? – Bitte, Herr Abgeordneter Dr. Huainigg.

 


Abgeordneter Dr. Franz-Joseph Huainigg (ÖVP): Vor über zehn Jahren hat man sich im österreichischen Parlament auf den Konsens Sterbebegleitung statt Sterbehilfe geeinigt.

Meine Frage an Sie: Wie sehen Sie persönlich diese Initiative der verfassungs­recht­lichen Verankerung des Sterbens in Würde mit dem Verbot der Tötung auf Verlangen und dem Recht auf Palliativmedizin?

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Herr Bundeskanzler, bitte.

 


Bundeskanzler Werner Faymann: Ich persönlich habe eine Änderung der Verfassung nicht als Notwendigkeit gesehen, sonst hätte ich das schon vorher eingebracht. Ich nehme aber sehr ernst, dass diese Diskussion zu führen ist und dass andere diese Diskussion mit ihren Argumenten unterlegen wollen. Daher ist ein geordneter Ablauf in der Bioethikkommission und auf parlamentarischer Ebene die richtige Vorgangsweise. Aber Sie haben mich nach meiner persönlichen Meinung gefragt, die wollte ich Ihnen offen sagen.

Anders ist es mit dem Hospizgedanken. Der Hospizgedanke und die Begleitung von Menschen in diesen schwierigen Stunden ist etwas, das wir, auch wenn das über­wiegend in Landeskompetenz ist, gemeinsam zu stärken haben. Da leisten viele Mitarbeiter und Ehrenamtliche großartige Arbeit. Es ist eine Aufgabe der Republik, ihnen dafür zu danken und sie dabei zu unterstützen. (Beifall bei SPÖ und ÖVP sowie bei Abgeordneten von NEOS und Team Stronach.)

 



Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll14. Sitzung / Seite 28

Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Wir gelangen zur Anfrage des Herrn Abgeord­neten Mag. Darmann. – Bitte.

 


Abgeordneter Mag. Gernot Darmann (FPÖ): Frau Präsidentin! Guten Morgen, Herr Bundeskanzler! Um mit Platon einzuleiten: Das Recht soll vom Volk ausgehen, es kommt nur selten zu ihm zurück. – Aus diesem Grund treten auch die Freiheitlichen für eine Stärkung der direkten Demokratie für die österreichische Bevölkerung ein. Und, Herr Bundeskanzler, gerade das Agieren Ihrer alten ist gleich neuen Bundesregierung, aber auch das Fehlen von Visionen, Kompetenz, aber auch Entscheidungswillen dieser Regierung macht eine Stärkung des Volkes in seinen direkt-demokratischen Rechten nicht nur notwendig, sondern im Sinne einer selbstbewussten Demokratie zu unserer Pflicht.

Aus diesem Grund die Frage:

5/M

„Welche konkreten Maßnahmen zum Ausbau der direkten Demokratie wollen Sie wann setzen?“

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Herr Bundeskanzler, bitte.

 


Bundeskanzler Werner Faymann: Herr Abgeordneter! Das Recht geht vom Volk aus. Dazu gehören auch Wahlen. Und bei den Wahlen wurde entschieden, dass in diesem Haus SPÖ und ÖVP eine Mehrheit bilden können. Auch hier ist das Recht vom Volk ausgegangen.

Ich sage das deshalb, damit es nicht im Widerspruch zur direkten Demokratie steht, sondern direkte Demokratie ist ein Ergänzungsinstrument, das es zwischen den Wahl­gängen ermöglichen soll, zusätzliche Entscheidungen zu treffen.

Ich selbst habe eines massiv unterstützt, nämlich zur Wehrpflicht, das wissen Sie. Auch das war sehr umstritten. Ich bin oft gefragt worden: Wozu gibt es eine Regierung, wenn man andererseits solch eine Abstimmung macht? Kaum macht man solch eine Abstimmung, wird natürlich ausführlich besprochen, ob das der richtige Text, das richtige Thema war.

Ich will damit sagen, dass ich selbst solch eine Abstimmung, Befragung mit Abstim­mungscharakter herbeigeführt und durchgeführt habe und dass wir uns auch strikt an das Ergebnis halten. Ich möchte aber gleichzeitig betonen, dass die Abgeordneten dieses Hauses zu Recht in der Diskussion – und deshalb nehme ich das gleich vorweg – in einer Enquete-Kommission abzuwägen haben, in welchen Fällen und mit welchen Auflagen und unter welchen Rahmenbedingungen es zu verpflichtenden Abstimmungen – und um diese geht es Ihnen ja – kommen soll. Das ist etwas, wo ich den Anspruch dieses Hauses sehr ernst nehme, repräsentative Demokratie und direkte Demokratie nicht gegeneinander auszuspielen, sondern hier zusammenzuführen.

Sie wissen, dass viele Experten, aber auch politisch Verantwortliche wie der Herr Bundespräsident zu diesen Widersprüchen Stellung genommen haben, die hier aufzuklären sind, die hier an Grundwerten festzulegen sind. Ich bin überzeugt davon, dass die Enquete-Kommission des Nationalrates das kann und auch machen wird. Allen Menschen recht getan, ist eine Kunst, die auch Abgeordnete nicht zustande bringen, und das wird auch die Enquete-Kommission nicht schaffen, aber es ist der richtige Weg. Und ich halte diesen eingeschlagenen Weg für in Ordnung und unter­stütze ihn mit all meinen Möglichkeiten. (Beifall bei der SPÖ.)

 



Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll14. Sitzung / Seite 29

Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Zusatzfrage? – Bitte, Herr Abgeordneter Mag. Darmann.

 


Abgeordneter Mag. Gernot Darmann (FPÖ): Ja, ich glaube, es hat jeder hier mit­bekommen, dass die konkrete Hauptfrage nicht beantwortet wurde. Wir sind es ja gewohnt, dass es immer wieder eine Vielzahl von Ankündigungen Ihrerseits gibt, die nach den Wahlen immer wieder versanden. Deswegen wiederhole ich die zuerst gestellte Frage:

„Welche konkreten Maßnahmen zum Ausbau der direkten Demokratie wollen Sie wann setzen?“ (Abg. Dr. Cap: Das Parlament sind ja wir! – Weitere Zwischenrufe bei der SPÖ.)

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Herr Bundeskanzler, bitte.

 


Bundeskanzler Werner Faymann: Es wird Sie aber, sehr verehrter Herr Abgeordneter, nicht überraschen, wenn ich sage, dass ich, wenn auf parlamentarischer Ebene etwas auszuverhandeln ist, das mit meinen Möglichkeiten voll unterstütze. Dazu gehört der Verfassungsdienst, der zu mir gehört, dazu gehören eine Reihe von Experten, die Ihnen da voll zur Verfügung stehen. Auch ich bin daran interessiert, dass man nicht repräsentative Demokratie und direkte Demokratie so gegeneinander ausspielt, dass es nur eines von beiden geben kann.

Aber andererseits müssen Sie auch zur Kenntnis nehmen: Wenn ich nicht Ihre Meinung vertrete, ist das auch Teil der Demokratie. (Beifall bei SPÖ und ÖVP.)

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Zusatzfrage? (Abg. Mag. Kogler begibt sich zum Mikrofon.) – Herr Abgeordneter Dr. Wittmann, bitte. (Abg. Dr. Wittmann: Ich bin vor dir dran! Vordrängen geht nicht! – Abg. Mag. Kogler: Das haben wir nicht aus­gemacht! – Heiterkeit.) – Herr Mag. Kogler, Sie müssen noch ein bisschen Geduld haben. Herr Dr. Wittmann gelangt zu Wort. (Abg. Mag. Kogler: Er hat sich bei mir nicht angemeldet, nur bei Ihnen!)

 


Abgeordneter Dr. Peter Wittmann (SPÖ): Vordrängen gilt nicht in diesem Haus.

Herr Bundeskanzler, ich teile Ihre Meinung, dass das eine Hauptaufgabe des Parlaments ist. Über den parlamentarischen Ablauf und die Beschränkung des Parlaments hinsichtlich der direkten Demokratie ist hier zu entscheiden.

Da komme ich gleich zu meiner Frage: Der Verfassungsdienst hat beim vorliegenden Begutachtungsentwurf einige legistische wie auch inhaltliche Probleme oder Frage­stellungen aufgeworfen. Die Frage ist nun, ob Sie bereit wären, den Verfassungsdienst mit seiner gesamten Expertise dem Parlament für die durchzuführende Enquete-Kommission zur Verfügung zu stellen, um hier auch die entsprechenden Experten in die Umsetzung dieser Frage der direkten Demokratie einbeziehen zu können.

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Herr Bundeskanzler, bitte.

 


Bundeskanzler Werner Faymann: Selbstverständlich. Es ist auch mein Interesse, dass die Abwägung der Argumente: Unter welchen Voraussetzungen, wie und mit welchen Möglichkeiten ist eine verpflichtende oder eine verpflichtungsähnliche Aufgabe für die direkte Demokratie festzulegen?, präzise erfolgt. Ich werde daher alle Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter meines Hauses, die in diesem Bereich sehr viel Erfahrung haben, zur Verfügung stellen, um diese Beratungen auch fachlich voll zu unterstützen. (Beifall bei der SPÖ.)

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Zusatzfrage? – Bitte, Herr Abgeordneter Mag. Gerstl.

 



Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll14. Sitzung / Seite 30

Abgeordneter Mag. Wolfgang Gerstl (ÖVP): Herr Bundeskanzler, Sie hätten ja dem Kollegen Darmann auch sagen können, für die Änderung beziehungsweise die Verbesserungen der Demokratie ist das Parlament zuständig und nicht die Bundes­regierung, aber es war Ihre Noblesse, Ihre Zurückhaltung, die Sie gezeigt haben. (Zwischenrufe bei der FPÖ.)

Ich möchte das noch ein bisschen weiter fassen, Sie haben ja schon gut skizziert: die Enquete-Kommission, in der wir über den Ausbau der direkten Demokratie reden wollen, und wir haben schon ein Modell aufgebaut, nach dem es ab einer bestimmten Anzahl von Unterschriften zu einer verpflichtenden Volksbefragung kommen soll. Da gab es bereits eine Dreiparteieneinigung hier im Haus, und darauf könnte man aufbauen.

Ich möchte die Frage aber noch ein bisschen weiter fassen, nämlich nicht nur über Volksbegehren und Volksbefragungen zu reden, sondern ich frage Sie: Was halten Sie von der Möglichkeit, dass man sich, wie das im Bundesland Vorarlberg schon gemacht wurde, zu bestimmten Themen überhaupt ein Partizipationsmodell überlegt – Bürger­räte in Vorarlberg –, das auch auf Bundesebene einmal zur Sicherung der Demokratie ausrollt?

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Herr Bundeskanzler, bitte.

 


Bundeskanzler Werner Faymann: Ich unterstütze jede Diskussion, die dazu führt, dass Akzeptanz in der Politik durch Beteiligung gestärkt wird. Ich glaube, dass regio­nale Räume dafür besondere Möglichkeiten haben, also gilt es abzuwägen, inwieweit bestimmte Modelle für regionale Entscheidungen besser geeignet sind als für bundesweite. Aber ich stehe dem offen gegenüber, weil ich überzeugt davon bin, dass die Demokratiewerkstatt, wie sie das österreichische Parlament und die Frau Präsidentin sehr vorantreiben, zur Förderung dieser Diskussion bereits bei Schülerin­nen und Schülern unter dem Titel der Partizipation beiträgt und dass das bei der direkten Demokratie nicht aufhören darf.

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Wir gelangen nun zur Anfrage des Herrn Abgeordneten Mag. Kogler. Ihr Warten hat sich gelohnt. – Bitte, Sie sind am Wort.

 


Abgeordneter Mag. Werner Kogler (Grüne): Frau Präsidentin! Herr Bundeskanzler! Viele Abgeordnete hier beschäftigen sich natürlich zu Recht mit der Entwicklung und mit dem großen Finanzloch rund um die Hypo Alpe-Adria. Dies deshalb, weil die Budgethoheit hier im Haus liegt und das zweifelsohne Auswirkungen hat und weil hier natürlich auch das Zentrum der parlamentarischen Untersuchungskompetenz ist.

Ich möchte meine Frage dann zur Verstaatlichung im Jahr 2009 stellen, schicke aber voraus, dass viele Abgeordnete hier aus dem Untersuchungsausschuss des Jahres 2007, dem sogenannten Banken-Untersuchungsausschuss, bereits wissen, dass die Notenbank beziehungsweise die Nationalbank und die FMA immer wieder gröbste Mängel bei der Hypo Alpe-Adria schon während der Kärntner Eigentümerschaft und später weitere Mängel festgestellt haben. Dann gab es ein Gutachten der Notenbank im Jahr 2008 

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Herr Abgeordneter, die Frage bitte!

 


Abgeordneter Mag. Werner Kogler (fortsetzend): Ja. Das erste Mal wurde beinahe 1 Milliarde € an Partizipationskapital von Österreich gegeben.

Ich stelle also jetzt die Frage vor all diesen Hintergründen.


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll14. Sitzung / Seite 31

7/M

„Welche Informationen erhielten Sie in den beiden Tagen des 13. und 14. Dezember 2009 über die Verhandlungen“ – mit den Bayern nämlich – „zur Verstaatlichung der Hypo Alpe-Adria?“

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Herr Bundeskanzler, bitte.

 


Bundeskanzler Werner Faymann: Wie Sie wissen, Herr Abgeordneter, habe ich an diesen Verhandlungen nicht direkt teilgenommen. Das ist auch nicht meine Aufgabe. Ich habe aber natürlich – insbesondere mit der von Ihnen zu Recht erwähnten Nationalbank im Hinblick auf deren Anliegen – diese Frage in einem regelmäßigen telefonischen und davor und danach auch persönlichen Kontakt mit dem Gouverneur der Nationalbank, aber natürlich auch mit dem Finanzminister, dem Finanzstaats­sekretär und den dort politisch Verantwortlichen und Tätigen sehr ausführlich besprochen.

Aber ich kann Ihnen nur noch einmal sagen, dass insbesondere in dieser Zeit diese Vorgangsweise, die gewählt wurde – und dazu steht Gouverneur Nowotny auch ganz offen Rede und Antwort in der Öffentlichkeit –, mit politischer Unterstützung als Rahmenbedingung auch von der Oesterreichischen Nationalbank gutgeheißen wurde.

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Zusatzfrage? – Bitte, Herr Abgeordneter Mag. Kogler.

 


Abgeordneter Mag. Werner Kogler (Grüne): Das, Herr Bundeskanzler, beantwortet die Frage aber nur sehr peripher.

Daher stelle ich die eigentliche Frage noch einmal: Welche Informationen haben Sie einerseits von der von Ihnen so positiv apostrophierten Nationalbank, aber auch von den Verhandlungsträgern – denn Verhandlungsführer war ja der damalige Vizekanzler und Finanzminister Pröll – über die Hypo Alpe-Adria bekommen und welchen Inhalts waren diese Informationen? Ist damals irgendetwas davon geredet worden, dass die Hypo Alpe-Adria eigentlich schon in einem sehr schlechten Zustand war und eine Schräglage hatte, wodurch uns das eingebrockt werden könnte, was wir jetzt haben?

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Herr Bundeskanzler, bitte.

 


Bundeskanzler Werner Faymann: Herr Abgeordneter, es ist natürlich in diesen Gesprächen ganz offen darüber geredet worden, dass wir die Haftung von Kärnten haben. Es ist natürlich von der Nationalbank, aber auch von den politisch Verant­wortlichen eindeutig klargelegt worden, dass sie keine Möglichkeit sehen, diese Haftung ungeschehen zu machen und dass die dementsprechenden Auswirkungen zu tragen sind.

Es ist bei den Diskussionen auch mit Hinweis auf die Europäische Zentralbank und die europäischen Auswirkungen von allen Beteiligten auf die Auswirkungen der Lehman-Pleite und deren Folgewirkungen klar aufmerksam gemacht worden. Und es ist mit den Daten, die Sie auch kennen und die dann in der Pressekonferenz als Ergebnis dargestellt wurden, begründet worden, dass kein Weg daran vorbeiführt – durch die hohen Haftungen des Landes und damit die Systemrelevanz, wie sie Ewald Nowotny auch klar in den Vordergrund gestellt hat –, diese Notverstaatlichung durchzuführen.

Ich bin also sehr wohl sehr ausführlich über diese Rahmenbedingungen informiert worden.

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Wir gelangen zur Anfrage der Frau Abgeord­neten Mag. Muttonen. – Bitte.

 



Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll14. Sitzung / Seite 32

Abgeordnete Mag. Christine Muttonen (SPÖ): Herr Bundeskanzler, wir haben gestern bereits im Parlament die aktuelle Situation der Ukraine diskutiert. Die Ukraine braucht jetzt Unterstützung von allen Seiten.

Daher würde mich interessieren:

10/M

„Welche Maßnahmen setzt die EU angesichts der gegenwärtigen Krise in der Ukraine?“

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Herr Bundeskanzler, bitte.

 


Bundeskanzler Werner Faymann: Diese erschütternden Stunden in der politischen Entwicklung der Ukraine in den letzten Wochen haben zu Recht eine aktive Rolle der Europäischen Union notwendig gemacht.

Die Entwicklung, die nun aktuell eingesetzt hat, ist noch lange nicht abgeschlossen. Daher ist es eine Voraussetzung für die Entwicklung in der Ukraine in Richtung demo­kratischer Wahlen, Deeskalation und einer gemeinsamen Vorgangsweise für Rechts­staatlichkeit und Demokratie, dass ein Weg beschritten wird, den die Europäische Union aktiv unterstützen sollte.

Ich sehe das natürlich auch in wirtschaftlicher Hinsicht so, dass der Internationale Währungsfonds gerade zur Überwindung auch der ökonomischen Probleme, die in der Ukraine eine große Rolle spielen, einen aktiven Beitrag unter vollständiger Mitwirkung der Europäischen Union zu leisten hat. Warum sage ich das? – Weil ich davon überzeugt bin, dass die Europäische Union die weitere Entwicklung in dieser Region etwas angeht, auch wenn diese außerhalb der Europäischen Union liegt, und dass insbesondere in Form von gemeinsamen Lösungen und Unterstützungen neben den demokratiepolitischen auch bei den ökonomisch Entwicklungen ein aktiver Beitrag der Europäischen Union geleistet werden muss, und daran sollte sich auch Österreich massiv beteiligen.

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Zusatzfrage? – Bitte, Frau Abgeordnete Mag. Muttonen.

 


Abgeordnete Mag. Christine Muttonen (SPÖ): Die Ukraine ist ein sehr großes Land, das sich wirtschaftlich und auch sprachlich je nach geographischer Lage nach Westen oder nach Osten orientiert, und jetzt droht eine mögliche Spaltung dieses Landes.

Meine Frage an Sie, Herr Bundeskanzler: Was unternimmt die EU oder was kann die EU unternehmen, um einer solchen Gefahr vorzubeugen?

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Herr Bundeskanzler, bitte.

 


Bundeskanzler Werner Faymann: Ich glaube, dass Brücken zu bauen auch bedeutet, dass man das Land nicht vor eine Situation des Entweder-oder stellen und es nicht auseinanderreißen darf, sondern zusammenführen soll. Das heißt, man muss hier auf Lösungen setzen, mit welchen die Rechtsstaatlichkeit und das Vertrauen der Menschen wiedergewonnen werden.

Dabei kann die Europäische Union natürlich nur begleitend aktiv sein. Aber auch Österreich hat eine Expertise im Bereich der Rechtsstaatlichkeit angeboten. Auch Österreich hat klargestellt, dass wir das Gefühl haben, dass mit dem Währungsfonds jemand aktiv werden muss, der bei den wirtschaftlichen Sorgen nicht wegschaut, die die Bevölkerung zu durchleiden hat und die noch zusätzlich auf das Land zukommen werden.


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll14. Sitzung / Seite 33

Es ist also ein aktiver Beitrag in der Ukraine geboten. Die Ukraine ist immerhin ein Nachbar der Europäischen Union, und in der Nachbarschaft hat man auch so etwas wie eine gemeinsame Verpflichtung zur Unterstützung.

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Zusatzfrage? – Bitte, Herr Abgeordneter Dipl.-Ing. Berlakovich.

 


Abgeordneter Dipl.-Ing. Nikolaus Berlakovich (ÖVP): Frau Präsidentin! Sehr geehrter Herr Bundeskanzler! Tatsächlich ist es so, wie es vorhin angesprochen wurde, dass die Ukraine im Chaos zu versinken droht. Es droht die Spaltung in ethnische Gruppen, Sprachgruppen, kulturelle Gruppen. Zusätzlich ist das Land von einem Staatsbankrott bedroht.

Das Schlimmste dabei ist, dass die Menschen, die dort um diese junge Demokratie und die Menschenrechte kämpfen, und zwar auch unter der Fahne der Europäischen Union, mit Füßen getreten werden und dass auch Menschen zu Tode kommen.

Daher meine Frage, weil ich überzeugt davon bin, dass die junge Demokratie in der Ukraine Stabilität und auch Menschenrechtssicherung braucht: In welcher Weise haben Sie in persönlichen Kontakten mit Oppositionspolitikern die Situation der Men­schenrechte besprochen beziehungsweise sich auch für die Achtung der Menschen­rechte eingesetzt?

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Herr Bundeskanzler, bitte.

 


Bundeskanzler Werner Faymann: Meine Vorgangsweise ist fokussiert auf die Unterstützung im Rahmen der Europäischen Union. Catherine Ashton führt für uns diese Gespräche. Dazu gibt es eine gemeinsame Sprache. Das ist der Vorteil der Europäischen Union, dass auf diese Weise eine gemeinsame Außenpolitik gemacht werden kann.

Es sind auch Budgetmittel in der Europäischen Union im Rahmen des beschlossenen Budgets für eine derartige Form der Zusammenarbeit und für die notwendigen Unterstützungsmöglichkeiten außerhalb der Europäischen Union reserviert. Es ist also auch vorgesehen, dass man nicht einzeln irgendwelche Sondergespräche führt, son­dern dass eine gemeinsame Vorgangsweise gewählt wird.

Ich unterstütze sehr, dass Catherine Ashton im Hinblick auf eine entsprechende Signalwirkung in die Ukraine fährt. Sie weiß, dass die Regierungschefs und allen voran auch die österreichische Bundesregierung im Rahmen der Europäischen Union gemein­sam auftreten und in dieser Region überhaupt stärker auf Gemeinsamkeiten setzen, weil das der richtige Weg ist. (Präsidentin Mag. Prammer gibt das Glocken­zeichen.)

Ich halte wenig davon, dass jeder seine eigene Diplomatie entwickelt. Vielmehr sind ja entsprechende Chancen im Rahmen der Europäischen Union gegeben, und diese muss man wahrnehmen, und zwar sowohl in Fragen der Demokratieentwicklung als auch in Form von Wirtschaftspaketen, die notwendig sind, um das Schlimmste abzuwenden.

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Wir gelangen zur letzten Anfrage, der des Herrn Abgeordneten Mag. Hammer. – Bitte.

 


Abgeordneter Mag. Michael Hammer (ÖVP): Sehr geehrter Herr Bundeskanzler! Die Landesstudios des ORF sind zweifelsohne eine unverzichtbare Säule des öffentlich-rechtlichen Rundfunks. Die Programme und die Sendungen des Landesstudios haben hohen Zuspruch beim Publikum, und die Leistungsfähigkeit dieser Landesstudios ist daher aufrecht zu halten.


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll14. Sitzung / Seite 34

3/M

„Welche Maßnahmen werden Sie auf legistischer Ebene einleiten, damit die aus unserer Sicht unverzichtbaren ORF-Landesstudios durch die Übertragung von Finanz- und Personalhoheit an die Landesdirektionen im Rahmen des genehmigten Finanz­planes gestärkt werden können?“

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Herr Bundeskanzler, bitte.

 


Bundeskanzler Werner Faymann: Geschäftsführung und dementsprechend der Stiftungsrat haben natürlich darüber zu befinden, in welchen Bereichen in einem Unternehmen auch Sparmaßnahmen möglich sein sollen. Da ist niemand ausge­nommen, auch nicht die sehr zu beachtenden Landesstudios. Es gibt also niemanden, der außen vor ist bei der Frage von Reformen und Strukturänderungen. Und es wäre auch ein falsches Zeichen eines Bundeskanzlers, wenn er sagt: Alles ist Reformen und Veränderung zu unterziehen, ausgenommen die Landesstudios. Daher beziehe ich diese durchaus in diesen Prozess mit ein.

Daher sehe ich auch überhaupt keinen Anlass, irgendeine legistische Maßnahme durchzuführen, weil ich betonen möchte, dass es aus dem Unternehmen und auch aus dem Stiftungsrat keinerlei Signale gibt, dass die Bedeutung der Landesstudios unter­schätzt wird. Ich bin überzeugt, dass alle Mitglieder des Stiftungsrates sehr wohl wissen, dass die Besonderheiten der Regionen Österreichs durchaus auch durch landesspezifische, regionale Berichterstattung eine Bereicherung erfahren, wie eben das vielfältige Leben in unserem Land eine Bereicherung unserer Heimat ist. Da ich aber keine Sorge habe, dass da etwas vom Grundsatz her eingeschränkt wird, sondern dass das genauso Prozessen der Veränderung unterliegt wie alle anderen Prozesse auch, sehe ich keine Notwendigkeit, Änderungen vorzunehmen.

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Zusatzfrage? – Bitte, Herr Abgeordneter Mag. Hammer.

 


Abgeordneter Mag. Michael Hammer (ÖVP): Sehr geehrter Herr Bundeskanzler! Der aktuellen Medienberichterstattung ist zu entnehmen, dass die ORF-Führung die Standortentscheidung gefällt hat, das ORF-Zentrum auf dem Küniglberg verbleiben zu lassen.

Daher die Frage: Teilen Sie die Einschätzung des Generaldirektors Dr. Wrabetz, dass in Zeiten knapper Ressourcen dadurch ökonomisch und strategisch die sinnvollste Entscheidung getroffen werden kann?

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Herr Bundeskanzler, bitte.

 


Bundeskanzler Werner Faymann: Dazu fehlen mir die Unterlagen, die notwendig sind, um zu beurteilen, wie man Modelle gegenüberstellt. Ich habe daher zu Recht diese Entscheidung nie an mich gezogen, sondern dort belassen, wo sie auch vom Gesetz her zu treffen ist. Diese hat der Herr Generaldirektor verlautbart. Das ist seine Angelegenheit. Er hatte das im Stiftungsrat und in den entsprechenden Gremien zu beraten, und ich vertraue natürlich auch dieser Institution, wie anderen auch, dass sie die Entscheidungen treffen, die auch die Verantwortung beinhalten, wirtschaftlich sinnvoll vorzugehen.

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Ich bedanke mich bei den Fragestellerinnen und Fragestellern und beim Herrn Bundeskanzler sehr herzlich für die Beantwortung der Fragen.


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll14. Sitzung / Seite 35

Wir sind wieder dort angelangt, wo wir einen Ausgangspunkt hatten, dass nämlich eine Fragestunde eine Stunde dauert. – Vielen Dank. (Beifall bei der SPÖ sowie bei Abgeordneten der ÖVP.)

Die Fragestunde ist damit beendet.

10.13.34 Einlauf

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Ich gebe bekannt, dass die Regierungs­vor­lagen:

Bundesgesetz, mit dem das Allgemeine Sozialversicherungsgesetz, das Gewerbliche Sozialversicherungsgesetz, das Bauern-Sozialversicherungsgesetz und das Beamten-Kranken‑ und Unfallversicherungsgesetz geändert werden, 43 der Beilagen, sowie

Bundesgesetz, mit dem ein Bundesgesetz über die Förderung von Handwerkerleistun­gen beschlossen wird, 44 der Beilagen,

eingelangt sind.

Ankündigung einer Dringlichen Anfrage

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Die Abgeordneten Dr. Nachbaur, Kolleginnen und Kollegen haben das Verlangen gestellt, die vor Eingang in die Tagesordnung eingebrachte schriftliche Anfrage 789/J der Abgeordneten Dr. Nachbaur, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Finanzen betreffend „Mangelhaftes Krisen­mana­gement in der Causa Hypo Alpe-Adria – zwischen Unwissenheit und scheinbarer Unwahrheit“ dringlich zu behandeln.

Gemäß der Geschäftsordnung wird die Dringliche Anfrage um 15 Uhr behandelt werden.

Verlangen auf Durchführung einer kurzen Debatte über die Anfragebeantwortung 185/AB

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Vor Eingang in die Tagesordnung teile ich weiters mit, dass das gemäß § 92 der Geschäftsordnung gestellte Verlangen vorliegt, eine kurze Debatte über die Beantwortung 185/AB der Anfrage 196/J der Abgeord­neten Mag. Korun, Kolleginnen und Kollegen betreffend Schubhaft, Abschiebungen, Dublin-Überstellungen durch die Frau Bundesministerin für Inneres abzuhalten.

Die Durchführung dieser kurzen Debatte findet im Anschluss an die Behandlung der Dringlichen Anfrage statt.

*****

Wir gehen in die Tagesordnung ein.

Redezeitbeschränkung

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Zwischen den Mitgliedern der Präsidial­kon­ferenz wurde Konsens über die Dauer der Debatten erzielt. Demgemäß wurde eine Tagesblockzeit von 6 „Wiener Stunden“ vereinbart, sodass sich folgende Redezeiten ergeben: SPÖ und ÖVP je 81, FPÖ 75, Grüne 63 sowie STRONACH und NEOS je 33 Minuten.


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll14. Sitzung / Seite 36

Wir kommen sogleich zur Abstimmung über die soeben dargestellten Redezeiten.

Ich bitte jene Damen und Herren, die diesem Vorschlag zustimmen, um ein ent­sprechendes Zeichen. – Das ist einstimmig angenommen.

10.15.421. Punkt

Bericht des Ausschusses für Land- und Forstwirtschaft über den Grünen Bericht 2013 der Bundesregierung (III-26/41 d.B.)

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Wir gelangen nun zum 1. Punkt der Tages­ordnung.

Auf eine mündliche Berichterstattung wurde verzichtet.

Damit kommt Herr Abgeordneter Jannach als Erster zu Wort. – Bitte.

 


10.16.03

Abgeordneter Harald Jannach (FPÖ): Frau Präsidentin! Herr Bundesminister! Die Tagesordnung ist heute eher dürftig. Wir haben ein einziges Gesetz zu beschließen, unter Tagesordnungspunkt 2, nämlich das Umweltverträglichkeitsprüfungsgesetz. Unter Tagesordnungspunkt 1 diskutieren wir den Grünen Bericht über die Situation in der Landwirtschaft, und zwar leider aus dem Jahr 2012. Die Zahlen sind also nicht mehr die aktuellsten. Allerdings bietet der Grüne Bericht, nämlich das Heft, das ich hier habe, tatsächlich – das möchte ich vorwegnehmen – eine gute Grundlage, um die Situation in der Landwirtschaft zu analysieren. Er ist informativ und vor allem sehr umfangreich.

Das ist gerade heuer besonders wichtig, weil heuer ein entscheidendes Jahr für die österreichische Landwirtschaft ist. Es geht um die neue Förderkulisse, um die GAP-Reform, also die Gemeinsame Agrarpolitik in Europa. Es ist dies einer der wenigen Bereiche, die gemeinschaftlich in Europa gestaltet werden, und deswegen ist es heuer besonders wichtig, besonders ausführlich auch über diese neue Förderkulisse für die nächsten sechs, sieben Jahre zu diskutieren.

Kurz aus dem Grünen Bericht: Auf Seite 9 ist im Grunde schon die ganze Entwicklung der Landwirtschaft beschrieben, und zwar unter dem schönen Titel „Agrarstruktur“ – ich fasse zusammen –:

Die Ergebnisse der Agrarstrukturerhebung – das ist die Erhebung aller Daten in der Landwirtschaft – zeigen, dass es rund 173 000 Landwirte gibt, dass aber gegenüber der Vollerhebung im Jahr 1999, also vor zehn Jahren, die Zahl der Bauern um rund 20 Prozent abgenommen hat. Seit dem EU‑Beitritt Österreichs haben 27,5 Prozent der Landwirte ihren Betrieb aufgegeben.

Daran zeigt sich die ganze Dramatik im Strukturwandel in der Landwirtschaft, und deswegen ist es besonders wichtig, dass wir versuchen, geeignete Maßnahmen zu setzen, die dem Bauernsterben – wie man es landläufig bezeichnet – wirklich entge­gen­wirken. (Beifall bei der FPÖ.)

Wir finden tatsächlich eine Entwicklung vor, die auf Wachsen oder Weichen hinaus­läuft. Das kann man bestreiten oder nicht, jedenfalls verhält es sich so. Die Situation ist vor allem auch im Milchbereich besonders dramatisch. Wir haben in den letzten zehn Jahren mehr als 40 Prozent der aktiven Milchbauern verloren. – Ich erwähne das deswegen, weil die nicht landwirtschaftliche Bevölkerung verstehen muss, worum es in der Landwirtschaft geht. Landwirtschaft bedeutet nämlich nicht nur das Bekommen von Förderungen und das Abholen von möglichst viel an Fördermitteln, sondern die Landwirtschaft leistet einen wesentlichen Beitrag zum gesellschaftlichen Leben in


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll14. Sitzung / Seite 37

Österreich. Man muss bedenken, dass das Aufgeben beziehungsweise Verschwinden von landwirtschaftlichen Betrieben zur Nichtbewirtschaftung vor allem von entlegenen Regionen, vor allem im Berggebiet, führt. Es kommt zur Abwanderung aus diesen Bereichen mit allen gesellschaftlichen Entwicklungen, und das führt in letzter Konse­quenz auch zu einem Verlust der gesicherten Lebensmittelproduktion. Alles verlagert sich in Gunstlagen.

Gerade diesen Bereich heben wir Freiheitliche aber besonders hervor. Wir wollen die Landwirtschaft im Berggebiet und vor allem die klein strukturierte Landwirtschaft erhalten, und deswegen müssen wir sie mit dem neuen Programm intensiv fördern. (Beifall bei der FPÖ.)

Damit kommen wir schon zum entscheidenden Punkt: Heuer laufen die entsprechen­den Verhandlungen, und diese werden heuer abgeschlossen. Und wir haben am Entwurf, den der Herr Minister uns vorgelegt hat, einige massive Kritikpunkte anzu­bringen.

Grundsätzlich werden wesentliche Mittel gestrichen. Es gibt zwei Säulen für die Landwirtschaft, nämlich einerseits die Direktzahlungen für die Flächen und anderer­seits Öpul‑Maßnahmen im Großen und Ganzen, das betrifft den Bereich der länd­lichen Entwicklung. Wir haben im Bereich der Direktzahlungen ein Minus von 4 Prozent zu verkraften, das sind knapp 200 Millionen €, und wir haben in der zweiten Säule, wo es um diese Umweltmaßnahmen geht, ebenfalls ein Minus zu verkraften.

Als besonders dramatisch, das schreibt auch der Obmann von Bio Austria – Bio ist ja ein starker Bereich in der österreichischen Landwirtschaft –, seien Kürzungen von mehr als 30 Prozent zu befürchten. Der Herr Minister hat das im Ausschuss widerlegt. Er hat gesagt, dass diese Zahlen nicht stimmen. Wir hoffen, dass der Minister recht hat, denn würde das eintreten, dass wir 30 Prozent Förderverlust im Biobereich hätten, dann hätte das wirklich dramatische Auswirkungen auf diese landwirtschaftliche Sparte.

Aber das eigentlich Ungerechte – und dagegen haben wir uns im Ausschuss auch verwahrt – ist die Fortschreibung des sogenannten historischen Modells. Das muss man der nichtlandwirtschaftlichen Bevölkerung erklären: Derzeit erhalten Landwirte Förderungen unabhängig von der Art und Weise der Bewirtschaftung aufgrund vergangener Referenzjahre, Jahre, in denen diese Förderung bemessen wurde. Das heißt im Konkreten: Im Bundesland Tirol zum Beispiel haben wir eine Förderhöhe von 130 bis 150 € pro Hektar; in den westlichen Bundesländern haben wir in diesem Bereich Förderungen von 400 € pro Hektar und darüber hinaus. Das ist unserer Ansicht nach schon seit zehn und mehr Jahren sehr, sehr ungerecht, weil eben ein Referenzzeitraum herangezogen wird.

Jetzt, in der Vorlage des Herrn Ministers und der Bundesregierung, ist es so, dass dieses Modell zwar umgestellt wird, aber nicht in dem Ausmaß, wie wir uns das vorstellen. Erst in fünf Jahren soll in ganz Österreich im neuen Regionalmodell eine Fördergleichheit zwischen allen Bauern hergestellt werden. Das dauert unserer Ansicht nach viel zu lang. Wir verlangen, dass das System früher umgestellt wird und dass es schneller zu Gerechtigkeit in dem Bereich Betriebsprämien und Zahlungsansprüche kommt. (Beifall bei der FPÖ.)

Was wir begrüßen, Herr Minister – und da kann ich auch Lob aussprechen –, ist, dass beabsichtigt ist, die Jungübernehmerförderung zu steigern, und dass ebenfalls beab­sichtigt ist, die Investitionsförderung zu erhöhen. Gerade die Investitionsförderung ist eine der wesentlichen Maßnahmen im landwirtschaftlichen Bereich, die nicht nur dem landwirtschaftlichen Bereich hilft, sondern auch allen anderen. Wir könnten uns vor-


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll14. Sitzung / Seite 38

stellen, im Gegenzug einige andere Förderungen, die uns nicht so wesentlich für die landwirtschaftliche Entwicklung zu sein scheinen, durchaus zu streichen. Es ist nicht notwendig – ich habe das auch im Ausschuss gesagt –, Hobby- oder Bastelkurse über das LFI zu fördern. Da könnten wir durchaus einsparen und die Fördermittel für jenen Bereich verwenden, der den aktiven Landwirten wirklich hilft.

Im Übrigen scheint es für uns wesentlich zu sein, dass wir endlich zu einer Trennung der Fördermittel für die Landwirte und der Fördermittel für die öffentlichen Körper­schaften kommen. Es wird immer der Eindruck erweckt, dass die Landwirte das ganze Geld bekommen, aber in Wirklichkeit ist es so, dass viele öffentliche Körperschaften – die Agrarmarkt Austria, das Landwirtschaftsministerium selbst, die Landwirtschafts­kammern – viel von diesen Bauern-Geldern für sich in Anspruch nehmen, leider Got­tes. In der öffentlichen Darstellung schaut das dann immer so aus, als ob die Landwirte die Förderungsabkassierer seien. Tatsächlich erhalten sie einen wesentlich geringeren Teil an Ausgleichszahlungen, als die Gesamtsumme im Bereich der öffentlichen Förderungen ausmacht. Wir bestreiten gar nicht, dass man auch diese Institutionen fördern kann, aber es sollte unserer Ansicht nach zu einer Trennung kommen, zu einer Trennung der Förderungen für die Landwirtschaft, der Ausgleichszahlungen, und der Förderungen für die öffentlichen Körperschaften. Wir sollten gemeinsam versuchen, daran etwas zu ändern. (Beifall bei der FPÖ.)

Nicht außer Acht lassen möchte ich – und das hat jetzt nichts mit der GAP-Reform zu tun, aber darauf möchte ich auch immer wieder hinweisen – die Belastungen des Spar­pakets 2012. Herr Bundesminister, Sie sind nicht dafür verantwortlich, Sie waren da­mals noch nicht Minister, aber ich muss es immer wieder erwähnen: Im Spar­pa­ket 2012 wurde den Landwirten aktiv Einkommen weggenommen – Sie wissen das –, die Agrardieselförderung zum Beispiel, 50 Millionen € im Jahr. Da geht es nicht so sehr um die Förderung, sondern da geht es um eine Wettbewerbsgleichheit in Europa. Es gibt in vielen Ländern den Ausgleich durch diese Agrardieselförderung oder Mineral­ölsteuerrückvergütung, wie sich das im Fachbereich nennt, und somit haben wir eine Ungleichbehandlung der österreichischen Landwirte. Deswegen drängen wir darauf, dass diese Förderung, die direkt einkommenswirksam ist, wieder eingeführt wird. (Beifall bei der FPÖ.)

Eine große Belastung – das wissen wir auch – sind die Sozialversicherungsbeiträge, die sich massiv auf die Einkommen der Landwirte niederschlagen. Es gab mit dem Sparpaket 2012 eine massive Erhöhung. Das hat nichts mit der EU-Agrarreform zu tun, sondern das ist eine hausgemachte Angelegenheit der Bundesregierung. Wir ersuchen Sie, wirklich Maßnahmen zu setzen, um die Belastung durch den Sozialver­sicherungs­beitrag für die Bauern zu reduzieren. Es geht dabei um 80 Millionen €, das ist – für die Landwirte älteren Jahrgangs – mehr als 1 Milliarde Schilling, was da an zusätzlichen Belastungen aufkommt.

Des Weiteren: 10 Millionen Erhöhung, das war die fünfte Vorschreibung im Vorjahr, bei den Beiträgen für land- und forstwirtschaftliche Betriebe. – Auch das eine Belastung, die nicht EU-bedingt, sondern rein hausgemacht ist.

Ich erwähne auch noch die Neufeststellung der Einheitswerte. Auch die Neufeststel­lung der Einheitswerte wird zu einer Erhöhung führen. Für die nichtlandwirtschaftliche Bevölkerung muss man das übersetzen: Die Einheitswerte bilden die Basis für alle Abgaben, die die Landwirtschaft zu tragen hat. Kommt es da zu einer Erhöhung von 10 Prozent, wie durchschnittlich vorgesehen, erhöhen sich auch alle Abgaben und Beiträge für die Landwirte. Das muss man auch immer wieder vor dem Hintergrund des Grünen Berichts sehen, laut dem die Zahl der Landwirte mehr als zurückgeht.


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll14. Sitzung / Seite 39

Einen Bereich, der die Landwirte auch massiv betrifft, möchte ich noch ansprechen und den Minister auch ersuchen, aktiv zu werden, nämlich was die Verwaltung im land­wirtschaftlichen Bereich betrifft.

Es kann nicht sein, dass immer mehr Menschen mit der Verwaltung und Abwicklung der Belange der Landwirte beschäftigt sind, als es aktive Landwirte gibt. Wir haben einen Rückgang von knapp 30 Prozent in den letzten fast 20 Jahren bei der Anzahl der Bauern, aber wir haben eine explosionsartige Entwicklung im Bereich der Verwaltung der Landwirtschaft. Daher ersuchen wir Sie, wirklich in der Verwaltung zu sparen und zu versuchen, möglichst viel Geld zu den aktiven Bauern zu bringen.

Nur kurz eine Zahl: Wir haben 125 000 landwirtschaftliche Betriebe in Österreich, Invekos-Betriebe wohlgemerkt, insgesamt gibt es 173 000. Wir haben 70 000 Prüf­berichte, die die Agrarmarkt Austria, also die Kontrollbehörde, erstellt, und es wurden 19 000 Betriebe kontrolliert. Es heißt immer, es müssen nur 5 Prozent kontrolliert werden – 19 000 Betriebe sind 15 Prozent, die jährlich oder zumindest im Jahr 2012 kontrolliert wurden! Wir ersuchen Sie wirklich dringend, im Bereich der Förderungen Maßnahmen zu setzen, die auch kontrollierbar sind – derzeit haben wir Maßnahmen, die kaum kontrollierbar sind, das muss man einfach sagen –, und zu versuchen, Kontrollen dort wegzubringen, wo die Kontrolle mehr kostet, als die Förderung über­haupt ausmacht. Also wir verlangen eine Untergrenze der Förderungen, wo nicht kon­trolliert wird, weil es keinen Sinn macht, wenn durch die Kontrolle einer Förderung von 200 € Kosten in einer Höhe von 1 000 € anfallen. In diesem Zusammenhang ersuchen wir Sie wirklich, entsprechende Maßnahmen im Bereich der Verwaltung zu setzen. (Beifall bei der FPÖ.)

Grundsätzlich, möchte ich auch noch erwähnen, hat sich die Arbeit im Landwirt­schafts­ausschuss momentan zum Besseren entwickelt; wir waren in den letzten fünf Jahren anderes gewohnt. Ich glaube, das werden alle Vertreter der Oppositionsparteien im Land­wirtschaftsausschuss bestätigen. Herr Minister, Sie haben sich Zeit genommen für uns, das war sehr ungewöhnlich, Sie haben Unterlagen zur Verfügung gestellt, die wir fünf Jahre lang nicht bekommen haben, und Sie versuchen, auch auf unsere Vor­schläge einzugehen. Auch wenn unsere Anträge im Ausschuss wieder vertagt wurden, so ist zumindest die Bereitschaft signalisiert worden, uns auch einzubinden.

Dem folgend möchte ich noch auf einen Antrag eingehen, der gemeinsam von den Regierungsparteien und Teilen der Opposition eingebracht wird, in dem es auch um die ländliche Entwicklung und die entsprechenden Maßnahmen dafür geht. Wir unter­stützen diesen Antrag, ich hoffe allerdings, dass es nicht nur bei diesen allgemeinen Formulierungen bleiben wird, sondern dass diesen Worten auch Taten folgen werden. Das betrifft vor allem den Ausbau der Investitionsförderung und die Stärkung der bergbäuerlichen Betriebe in der Zone 3 und 4. Wir sind vollkommen einer Meinung, dass wir diese Bereiche stärken sollen.

Wie gesagt, Herr Minister, das Ersuchen vonseiten der Freiheitlichen lautet, in der Verwaltung zu sparen, das Geld zu jenen zu bringen, die aktiv die österreichische Gesellschaft im landwirtschaftlichen Bereich gestalten, zu versuchen, in der Verwal­tung einzusparen, und zu versuchen, Maßnahmen so zu formulieren, dass sie kontrol­lierbar, überprüfbar und auch einer breiten Öffentlichkeit verständlich erklärbar sind. Das Image der Landwirtschaft hat in den letzten Jahren eben aufgrund dieser För­der­debatten massiv gelitten, und das haben sich meiner Meinung nach unsere Land­wirte in diesem Ausmaß, wie es erfolgt ist, nicht verdient. – Danke. (Beifall bei der FPÖ.)

10.28


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Herr Abgeordneter Auer gelangt nun zu Wort. – Bitte.

 



Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll14. Sitzung / Seite 40

10.29.01

Abgeordneter Jakob Auer (ÖVP): Sehr geehrte Frau Präsident! Herr Bundesminister! Meine sehr geehrten Damen und Herren vor den Fernsehschirmen und hier im Haus! Liebe Besuchergruppe aus meiner Heimatgemeinde! Meine Damen und Herren, es ist wohl eine besondere Freude, dass der Grüne Bericht, der eine der entscheidenden Unterlagen, ein sehr wertvolles Instrument ist, heute in einer fernsehgerechten Zeit debattiert wird. Ich glaube, dass die Bäuerinnen und Bauern Österreichs, dass die Landwirtschaft diese Wertschätzung auch verdient haben. Es war selten der Fall, dass die Probleme und die Situation der Landwirtschaft in einer Direktübertragung diskutiert werden konnten. (Beifall bei ÖVP, SPÖ, Grünen, Team Stronach und NEOS.)

Meine Damen und Herren! Landwirtschaft ist Wirtschaft am Lande und bedeutet die Erzeugung qualitativ hochwertigster Lebensmittel. Landwirtschaft schützt unsere Lebensgrundlagen Boden, Wasser, Luft und ist auch ein bedeutender Investor und daher entscheidend für die regionale Wirtschaft. Insbesondere den Bäuerinnen und Bauern gelten mein Respekt und meine Anerkennung, vor allem auch der Dank, vor allem auch jenen, die die Daten und Fakten für diesen Grünen Bericht liefern. Ich danke auch den Beamten des Hauses, vor allem aber des Ministeriums, die dieses Nachschlagewerk für uns zur Verfügung gestellt haben. (Beifall bei der ÖVP sowie bei Abgeordneten der FPÖ.)

Meine Damen und Herren, in dieser heutigen Debatte geht es um einen Bericht über das Jahr 2012, also einen bereits länger zurückliegenden Zeitraum. Natürlich könnte man sagen, derartige Berichte sollten rascher verhandelt werden – das wäre auch wünschenswert –, damit man auf die Situation sozusagen zeitnaher eingehen kann. Wir alle wissen, dass nach einem für die Bauern durchaus positiven Jahr 2011 das Wirtschaftsjahr 2012, das wir heute diskutieren, von einer besonderen Wettersituation begleitet war, von Hagel, Dürre, Frost, Sturm, Überschwemmungen, und daher auch ein deutliches Minus bei den Bauerneinkommen sichtbar ist. Wir wissen, dass der Bauer in der freien Natur wirtschaftet, dass die Landwirtschaft vielen Umweltfaktoren ausgesetzt ist und somit auch das Wachstum und die Erträge im Wesentlichen von der Wettersituation abhängig sind, wenn auch nicht nur, sondern ebenso von den immer volatiler werdenden Agrarmärkten.

Wirtschaftsfaktor Landwirtschaft: Meine Damen und Herren, es wird sehr oft zu Recht darauf hingewiesen, dass sich Österreichs Wirtschaft durchaus positiv darstellt, dass die österreichische Arbeitsplatzsituation im Vergleich zu jener anderer europäischer Länder weitaus besser ist, dass die Beschäftigungssituation in unserem Land im Vergleich zu anderen europäischen Ländern durchaus als bemerkenswert hervorzu­heben ist. Leider wird dabei sehr oft der wesentliche Einfluss des „Auftraggebers“ Land­wirtschaft vergessen. Die Landwirtschaft sichert im vor- und nachgelagerten Bereich 530 000 Arbeitsplätze und ist bereit – das ergibt eine Umfrage –, in den nächsten beiden Jahren 5,5 Milliarden zu investieren. Die Gemeinden Österreichs erklären voller Stolz, dass sie pro Jahr rund 1,5 Milliarden als wesentliche Impulse für die Wirtschaft investieren wollen. Die Bauern und Bäuerinnen investieren in zwei Jahren 5,5 Milliarden, aber das ist in der medialen Aufmerksamkeit sehr oft nur wenige Zeilen wert. Das gehört aber auch einmal hervorgehoben. (Beifall bei der ÖVP.)

Damit wird eine Wertschöpfungsspirale in Gang gesetzt, die in etwa das Vier- bis Fünffache jedes investierten Euros auslöst.

Meine Damen und Herren! Wirtschaftlich starke Betriebe sind eine wichtige Vor­aussetzung für die Wirtschaft dieses Landes. Gerade die Bäuerinnen und Bauern prägen auch das „Gesicht“ unseres Landes. Sie bewirtschaften unsere Wiesen, unsere Felder, sie bewirtschaften die Hänge auch in den unwegsamsten Bergregionen. Daher


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gilt es, in Zukunft unsere Aufmerksamkeit verstärkt gerade auf diese Bergregionen zu lenken, und dazu haben wir uns in der Regierungsvereinbarung auch bekannt.

Nun zur heutigen Debatte, und zwar nicht nur zu dem, was war, sondern auch zu dem, was zu sein hat, was in Zukunft die Hauptaufgabe ist.

Vor uns liegt die Umstellung – Kollege Jannach hat bereits darauf hingewiesen –, die notwendige Umstellung vom historischen zum regionalen Modell. Wir haben dafür zu sorgen, dass in Zukunft auch für die bäuerlichen Betriebe wieder eine Investitions­möglichkeit besteht, dass die Umsetzung der GAP-Reform der künftigen Finanzperiode möglich wird. Wir haben für einen verstärkten Ausgleich in den biologisch wirtschaf­tenden, in den benachteiligten Zonen Sorge zu tragen.

Meine Damen und Herren! Wir haben vor allem auch Sorge zu tragen für eine Absicherung des Versicherungssystems für Katastrophenfälle nach dem Modell der Hagelversicherung, damit die Bauern, wenn sie von schwierigen, extremen Wetter­situationen getroffen sind, nicht immer wieder als Bittsteller auftreten müssen, sondern entsprechende Unterstützung bekommen.

Wir brauchen auch eine entsprechende Weiterentwicklung im Bildungsbereich, sprich die Einrichtung von Fachhochschulen, meine Damen und Herren! Ich verkenne nicht, dass die Universität für Bodenkultur hervorragende Arbeit leistet, aber sie lehrt mehr Theorie als Praxis, daher haben wir diesbezüglich sicher gewissen Aufholbedarf. (Beifall bei der ÖVP sowie des Abg. Steinbichler.)

Meine Damen und Herren! Eine wesentliche Herausforderung in Zukunft wird auch der Verbrauch unserer wertvollen Ackerflächen sein. Wir wissen, dass die Weltbevölkerung stetig wächst. Wir werden im Jahr 2050 über 9,2 Milliarden Bewohner auf der Welt und nur mehr 1 800 Quadratmeter Ackerfläche pro Kopf zur Verfügung haben. 2010, also vor wenigen Jahren, ist es noch deutlich mehr gewesen, aber wir werden in Zukunft mit dieser Herausforderung leben müssen. Wir werden zu überlegen haben, ob die Bebauung der Ackerflächen so wie bisher weitergehen kann. Meine Damen und Herren! Wir wissen – das zeigt eine Studie –, wenn sich die Verbauung in den nächs­ten beiden oder drei Jahrzehnten so weiterentwickelt wie bisher, dann werden wir in 160 Jahren keinen Quadratmeter wertvollen Ackerboden mehr in Österreich haben. Das ist eine dramatische Situation, da haben wir entsprechenden Handlungsbedarf.

Herr Bundesminister, ich gratuliere Ihnen zu Ihrer Ernennung. Sie sind heute unser Ansprechpartner, was diesen Grünen Bericht betrifft, den Sie nicht zu verantworten haben. Ich sage bei dieser Gelegenheit ausdrücklich auch dem ehemaligen Bundes­minister Niki Berlakovich für seine Arbeit ein herzliches Danke. Er hatte es nicht immer leicht, auch nicht mit uns, das sei unbestritten, aber letztlich bietet eine Neubesetzung die Möglichkeit, wieder neu zu beginnen. Kollege Jannach hat schon angemerkt, dass sich bereits im Ausschuss eine positive Stimmung verbreitet hat, und das liegt nicht nur an der Regierung, das liegt auch an der Opposition. Gehen wir aufeinander zu, die österreichischen Bäuerinnen und Bauern brauchen ein Miteinander und kein Gegeneinander! (Beifall bei der ÖVP sowie bei Abgeordneten der SPÖ.)

10.36


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Herr Abgeordneter Dr. Pirklhuber ist nun zu Wort gemeldet. – Bitte.

 


10.36.27

Abgeordneter Dipl.-Ing. Dr. Wolfgang Pirklhuber (Grüne): Meine Damen und Herren! Frau Präsidentin! Herr Bundesminister! Der Grüne Bericht ist einerseits eine Analyse der österreichischen Landwirtschaft, ein Spiegel dessen, was die Agrarpolitik und die Bäuerinnen und Bauern jahrein, jahraus sozusagen erzeugen, nämlich hoch-


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll14. Sitzung / Seite 42

wertige Lebensmittel, und andererseits auch Ausdruck einer Struktursituation, die dazu geführt hat, dass in den letzten Jahrzehnten immer mehr Arbeitsplätze im Bereich der Landwirtschaft wegrationalisiert worden sind. Und das, Herr Bundesminister, ist die Herausforderung!

Es geht jetzt genau darum, diese Analyse des Berichtes herzunehmen, um für die neue Agrarpolitik 2014 bis 2020 die richtigen Schlüsse zu ziehen; die richtigen Schlüs­se, die die Arbeitsplätze im ländlichen Raum sichern und die auch die Leistungen der Landwirtschaft, was die Umwelt und auch die Qualität der Lebensmittel betrifft, weiter voranbringen und sichern.

Kollege Auer! Ja, es braucht ein Miteinander, aber auch ein Miteinander in der Ana­lyse, im genauen Hinschauen, was die Probleme sind.

Ich möchte Ihnen einige dieser Probleme darstellen. Seite 124 des Grünen Berichtes verdeutlicht die Verteilung aller Fördermittel in Österreich in der Landwirtschaft.

17 Prozent der Betriebe bekommen in Österreich 50 Prozent der Agrarfördermittel aus der ersten und zweiten Säule. 17 Prozent bekommen 50 Prozent der Fördermittel!

125 000 landwirtschaftliche Betriebe bekommen Förderungen, wir haben aber 173 000 landwirtschaftliche Betriebe. Auch das müssen wir wahrnehmen.

Mehr als 120 000 Betriebe sind kleiner als 30 Hektar.

Herr Bundesminister, das ist das Erste, das muss man einmal wahrnehmen: Wir haben, und das sagen wir immer, eine kleinstrukturierte Landwirtschaft.

Wie ist die Einkommensentwicklung gewesen? – Kollege Auer hat es kurz ange­sprochen, es war eine negative Einkommensentwicklung. 14 Prozent der Betriebe hatten im Jahr 2012 negative Einkünfte, und das sind vor allem die kleineren Betriebe. Das ist einmal eine Realität, der wir ins Auge schauen müssen.

Daher, Herr Bundesminister, geht es jetzt darum, in der ersten Säule der Agrarreform, bei den Direktzahlungen, jene Gerechtigkeit, die wir brauchen, um die bäuerlichen Arbeitsplätze zu schützen und weiterzuentwickeln, endlich einzuführen! (Beifall bei Grünen und NEOS.)

Meine Damen und Herren, es geht nicht an, dass 61 Betriebe in Österreich Anspruch auf mehr als 4 000 € Förderung pro Hektar haben, während der Durchschnitt bei etwa 280 bis 300 € liegt. Immerhin noch fast 1 800 Betriebe erhalten 990 € pro Hektar. Das sind wenige Betriebe, die von einem System profitieren, das ungerecht ist. Wir haben dieses historische Betriebsprämienmodell mehrfach angekreidet. 72 Betriebe erhalten mehr als 100 000 € aus der ersten Säule.

Was ist die Antwort der Grünen? – Wir fordern die Einführung einer Umverteilungs­prämie, und genau das sagt auch die EU-Verordnung.

Die EU-Verordnung sieht genau eine solche Maßnahme vor, nämlich die Umverteilung von Fördermitteln zu den kleineren Betrieben. Für die ersten 30 Hektar können höhere Förderprämien gezahlt werden. Also genau das, was wir immer wollen: eine ökosoziale Umschichtung im Agrarbudget.

Und welche Vorbilder haben wir für so eine Maßnahme? Welche Länder machen das? – Na ja, sehr interessant: Deutschland. Deutschland hat sich entschlossen, so ein Modell umzusetzen. Herr Bundesminister, das ist die erste Nagelprobe für Sie als sogenannter grüner Agrarminister. Sie haben mehrfach gesagt, dass Sie auch die grüne Botschaft verstanden haben. Wir haben gemeinsam schon mehrfach darüber diskutiert, übrigens nicht nur in Hainburg. Es geht darum, dass jetzt ökosoziale Agrarpolitik auf Basis europäischer Beschlüsse umgesetzt wird.


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Und da auch ein Hinweis an die SPÖ: Kollege Preiner, immer nur davon zu reden, wir wollen mehr Gerechtigkeit, und dann nichts zu machen, obwohl die EU das vorsieht, das würde ich für sehr, sehr schwach halten. Das ist eine der konkreten Forderungen, und das wird in der nächsten Zeit in der Debatte auch zu klären sein.

Was wollen denn die Bäuerinnen und Bauern in Österreich? Wir haben eine Umfrage gemacht – Sie können es in „Blick ins Land“ nachlesen –, eine repräsentative Umfrage in Österreich. Da sind 500 landwirtschaftliche Betriebe befragt worden. Nur 16 Prozent der Bauern setzen auf Wachstum, meine Damen und Herren! Der Großteil, zwei Drittel der Bäuerinnen und Bauern wollen den Stand halten, wollen ökologisch, nachhaltig, kreislauforientiert produzieren. Und die müssen wir stärken, die müssen wir auch entsprechend motivieren, in der Landwirtschaft zu bleiben und nicht aus der Land­wirtschaft herauszugehen, gerade jetzt bei steigender Arbeitslosigkeit in Österreich, in Europa. Das kann kein Konzept sein, Herr Bundesminister, und da brauchen wir klare Botschaften! (Beifall bei den Grünen.)

Jetzt sind wir dann konkret schon beim Biolandbau und bei der zweiten Säule, bei der ländlichen Entwicklung. Sie werden heute hier einen Antrag einbringen, der in einigen Punkten durchaus meine Zustimmung findet, aber ich sage Ihnen ganz ehrlich, es kann nicht sein, Lippenbekenntnisse von sich zu geben, nämlich zu sagen, wir brauchen einen Ausbau des biologischen Landbaus in Österreich, und gleichzeitig zu sagen, aber kein Cent mehr geht in diese Richtung.

Herr Bundesminister – und das ist meine persönliche Kritik –, ich habe eine Anfrage­beantwortung von Ihnen bekommen, wo Sie klar antworten, dass das Budget für den biologischen Landbau in dieser Maßnahme auf dem Stand von jetzt, nämlich von zirka hundert Millionen Euro, eingefroren wird. Und da frage ich Sie ganz ehrlich: Wollen Sie das wirklich durchstehen? Werden Sie das durchstehen? Und ich sage Ihnen: nein, das ist nämlich keine ökologische Politik, keine ökosoziale Politik. Für den Einstiegs­stopp ist Exminister Berlakovich verantwortlich, der es federführend in Österreich geschafft hat, dass der Bioanteil gesunken ist, und auch die österreichische Fläche, die biologisch bewirtschaftet wird – und das ist im Grünen Bericht nachlesbar –, ist geringer geworden. (Zwischenruf des Abg. Dipl.-Ing. Berlakovich.)

Daher bringen wir heute einen umfassenden Entschließungsantrag ein.

Die Kolleginnen und Kollegen werden diesen auch teilweise erläutern, er wird hier im Saal verteilt werden. Wir fordern den Ausbau des Biolandbaus und mindestens 150 Millionen € Dotierung für die Maßnahme Bio. Wir wollen einen umfassenden Bio-Aktionsplan 2014 – 2020. (Beifall bei den Grünen.) Dieser muss erarbeitet werden, meine Damen und Herren, dieser braucht die Zusammenarbeit mit den Verbänden, mit der Wirtschaft. Und es gibt auch eine europäische Strategie, Herr Bundesminister, das ist nicht nur ein österreichisches Steckenpferd, sondern es wird einen europäischen Bio-Aktionsplan geben. Und ich erwarte mir, dass Sie hier aktiv die ersten Schritte setzen und uns einladen werden, an diesem Konzept weiterzuarbeiten.

Wir wollen selbstverständlich auch die Stärkung der Bergbäuerinnen- und Bergbauern-Zonen 3 und 4. Das werden Sie in unserem Antrag auch lesen.

Wir wollen die Erhaltung und Nutzung des Grünlandes. Wir wollen auch eine Inves­titionsförderung, die die Bäuerinnen und Bauern vor allem dort stärkt, wo sie es brauchen, bei jenen Maßnahmen, die die Bewirtschaftung ökologischer gestaltet, effi­zienter, arbeitswirtschaftlich, wovon vor allem auch Junglandwirte profitieren können.

Und wir wollen auch eine ausreichende Dotierung der Investitionsförderungen für die Bergbäuerinnen und Bergbauern. Das ja.


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll14. Sitzung / Seite 44

Aber was Sie wollen, den Ausbau der Investitionsförderung und gleichzeitig einen Stopp beim Biolandbau im Budget, das kann es nicht geben. Daher werden wir Ihrem Antrag nicht zustimmen.

Es liegt jetzt an Ihnen, Kollege Preiner, Kollege Auer und auch die KollegInnen im Agrarausschuss! Wir haben am 3. April die nächste Sitzung. Und Sie, Herr Minister, haben uns zugesichert – und das möchte ich wertschätzend auch anerkennen, Herr Bundesminister –, Sie haben uns klar im Ausschuss gesagt, ja, wir werden das Pro­gramm erst nach dem 3. April in Brüssel einreichen. Und dafür möchte ich Ihnen von dieser Stelle aus danken, das ist ein Entgegenkommen gegenüber dem Parlament, damit wir in aller Ruhe im Agrarausschuss noch einmal das gesamte Maßnahmen­paket auf seine Effizienz hin prüfen und diskutieren können, vor allem aber sicherstellen können, dass das, was wir in Brüssel einreichen, dann auch wirklich breit diskutiert wurde und wir dort auch rasch und gut argumentieren können, um ein umfas­sendes Agrarumweltprogramm in Österreich für die Periode 2014 bis 2020 zu gestalten. Es sollte aber eine grüne Handschrift tragen, Herr Bundesminister, und das erwarte ich mir von Ihnen. – Danke schön. (Beifall bei den Grünen.)

10.45


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Der von Herrn Abgeordnetem Pirklhuber in seinen Eckpunkten erläuterte Entschließungsantrag ist ausreichend unterstützt und wurde gemäß § 53 Abs. 4 zur Verteilung gebracht. Der Antrag steht mit in Verhand­lung.

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Wolfgang Pirklhuber, Kolleginnen und Kollegen

betreffend wichtige Impulse für die Entwicklung des ländlichen Raumes durch das Programm für die ländliche Entwicklung

eingebracht im Zuge der Debatte über den Bericht des Ausschusses für Land- und Forstwirtschaft über den Grünen Bericht 2013 der Bundesregierung (III-26/41 d.B.)

Begründung

Der Grüne Bericht ist eine für die politischen Entscheidungsträger wesentliche, grundlegende Information zur Lage der Landwirtschaft und den ländlichen Raum. Er zeigt unter anderem auf, wie sich die Einkommenssituation der österreichischen LandwirtInnen entwickelt.

Das Programm für die ländliche Entwicklung und die darin enthaltenen Schwerpunkte und Maßnahmen stellen einen wesentlichen Eckpfeiler dafür dar, dem ländlichen Raum Mittel zur Verfügung zu stellen, die nicht nur eine nachhaltig wirtschaftende Land- und Forstwirtschaft unterstützen, sondern auch eine Stärkung der Land- und Forstwirtschaft und damit der ländlichen Regionen insgesamt als Lebensraum dar­stellen. Die optimale Nutzung der gebotenen Instrumente und Mittel wird entscheidend dafür sein, eine hohe Lebensqualität im ländlichen Raum zu schaffen und zu bewah­ren. Durch die Umsetzung des Programms sollen lokale Arbeitsplätze geschaffen, Abwanderung verhindert und ein Diversifizierung der landwirtschaftlichen wie auch insgesamt der Erwerbstätigkeit im ländlichen Raum unterstützt werden. Dies schließt neue und innovative Maßnahmen und auch Maßnahmen im Bereich soziale Dienst-


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leistungen mit ein, durch welche wichtige Schwerpunkte gesetzt und damit ein wesentlicher Beitrag für die Attraktivität des ländlichen Raumes geliefert werden kann.

Ein besonderes Anliegen muss es auch sein, Betriebe im Berg- und benachteiligten Gebiet, insbesondere Bergbauernbetriebe mit hoher und extremer Bewirtschaftungs­erschwernis (BHK-Gruppen 3 und 4) besonders zu unterstützen. Die Betriebe und Bergbauern im Berg- und benachteiligten Gebiet stellen wichtige Leistungen für den Lebens-, Wirtschafts-, und Erholungsraum im Berg- und benachteiligten Gebiet. Diese Leistungen reichen von der Produktion qualitativer Lebensmittel, dem Beitrag zur Aufrechterhaltung der Biodiversität, der Erfüllung der Mindestbesiedelungsfunktion, der Basis für Tourismus, des Schutzes des Waldes, der Bewirtschaftung der Almflächen bis zur Gefahrenabwehr hinsichtlich Schutz vor Lawinen, Muren, Steinschlag und Hochwasser. Die Betriebe im Berg- und benachteiligten Gebiet haben mehr Arbeit, geringere Erträge und höhere Kosten. Daher ist auch ihr landwirtschaftliches Ein­kommen geringer als in den Gunstlagen. Für die mittel- und langfristige Absicherung sind gezielte Förderungen erforderlich.

Nachhaltig und biologisch produzierte Nahrungsmittel sind vermehrt der Wunsch der KonsumentInnen. Dennoch stagniert in Österreich die biologische Landwirtschaft sowohl in der Fläche, als auch in der Anzahl der Betriebe.

Geförderte Biobetriebe           2010                   21.728               Biofläche          538.210 ha

                                                          2011                   21.575               Biofläche          536.877 ha

                                                          2012                   21.352               Biofläche          533.230 ha

                                                                         (Quelle Grüner Bericht 2011, 2012 und 2013)

ÖPUL-Betriebe hatten im Herbst 2009 letztmalig die Möglichkeit in die Maßnahme „biologischer Landbau“ einzusteigen und damit ab 2010 die Bio-Förderung zu erhalten.

Der überwiegende Teil der landwirtschaftlichen Betriebe in Österreich nimmt am Agrar­umweltprogramm ÖPUL teil. Die Unterstützung der Bio-Landwirtschaft muss ein wesentlicher Bestandteil dieses Programmes sein und ausgebaut werden. Die Aufrechterhaltung bzw. Steigerung der am ÖPUL teilnehmenden Fläche und die Steigerung der biologisch bewirtschafteten Fläche sind deshalb zentrale Anliegen.

Die unterfertigenden Abgeordneten stellen daher folgenden

Entschließungsantrag

Der Nationalrat wolle beschließen:

Die Bundesregierung, insbesondere der Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft wird ersucht, das Programm für die Entwicklung des ländlichen Raumes 2014 -2020 so auszugestalten, dass unter anderem

1. eine Erhöhung des Anteils der Fläche der teilnehmenden Betriebe am Agrar-Umweltprogramm ÖPUL und insbesondere am Biolandbau erreicht wird. Daher ist eine Aufstockung des Budgets für die Maßnahme Biolandbau auf mindestens 150 Millionen Euro vorzusehen,

2. ein umfassender Bio-Aktionsplan 2014-2020 aus Maßnahmen des ELER-Program­mes in Zusammenarbeit mit den Bio-Verbänden entwickelt wird, um das Potential des Biolandbaus in Österreich voll auszuschöpfen und auch die dafür nötigen Begleit­maßnahmen im Sektor Bildung, Forschung und Marktentwicklung vorgesehen werden,

3. die Prämien für die eigenständige Maßnahme Biologische Landwirtschaft so kalkuliert werden, dass sowohl der Mehraufwand als auch das nachhaltige und


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll14. Sitzung / Seite 46

ökologisch-optimale Leistungs- und Ertragsniveau der Biobetriebe finanziell abgedeckt wird,

4. ein eigenes Maßnahmenpaket für die österreichischen Berggebiete zur Erhaltung einer flächendeckenden und nachhaltigen Landwirtschaft in den alpinen und benach­teiligten Gebieten erstellt wird, welches die natürlichen Erschwernisse einzelbetrieblich berücksichtigt und besonders die BHK-Stufen 3 und 4, sowohl bei der Ausgleichs­zulage als auch im ÖPUL und bei den Investitionsförderungen deutlich besserstellt. Dabei ist auch die Aufrechterhaltung der Almbewirtschaftung durch die Fortführung von Alpungs- und Behirtungsprämien für Milchkühe, Rinder, Pferde, Schafe und Ziegen abzusichern,

5. die Erhaltung und Nutzung des Grünlandes im Rahmen der neuen Förderpro­gramme gewährleistet wird und eine Qualitäts-Milchproduktion mit Grünlandfutter weiter etablieren werden kann. Bei der Konzeption der Fördermaßnahmen für die Investitionsförderung berücksichtigt wird, dass eine weitere Verlagerung der Futter­basis der Milch- und Rinderproduktion auf das Ackerbaugebiet vermieden wird.

6. eine Verteilung der Fördermittel nach Maßgabe der zur Verfügung stehenden Mittel bzw. angepasste Größendegression (Modulation) der Flächenzahlung nach der Betriebsgröße vorgesehen wird (bei der AZ und im ÖPUL),

7. im Rahmen der Investitionsförderungen (Artikel 17 der ELER-Verordnung) darauf Bedacht genommen wird, dass sowohl die Entwicklung kleiner landwirtschaftlicher Betriebe gestärkt als auch ökologische und tierschutzrelevante Investitionen besonders gefördert werden. Tierschutzmaßnahmen, die über Tierschutz-Mindeststandards gemäß österr. Bundestierschutzgesetz hinausgehen sollen mit bis zu 10 % höheren Fördersätzen unterstützt werden. Ein Bonus für Junglandwirte und Bio-Bäuerinnen ist vorzusehen.

8. eine stärkere Ausrichtung der Investitionsförderung für die Betriebsentwicklung von JunglandwirtInnen, Biobauern und Biobäuerinnen und Bergbauernbetrieben erfolgt,

9. soziale Dienstleistungen im ESF, EFRE und ELER zu dotieren sind,

10. eine ausreichende Dotierung der Waldumweltmaßnahmen im Rahmen eines österreichischen Waldökologieprogrammes erzielt wird und das bisher erfolgreiche Naturwaldreservate-Programm als eigenständige Maßnahme fortgeführt wird.

*****

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Preiner. – Bitte.

 


10.45.55

Abgeordneter Erwin Preiner (SPÖ): Frau Präsidentin! Herr Minister! Kolleginnen und Kollegen! Geschätzte Zuhörer hier im Saal und an den Fernsehschirmen zu Hause! Auch meinerseits ein herzliches Willkommen! Wir diskutieren heute den Grünen Bericht 2013, der sich auf das Berichtsjahr 2012 bezieht. Ich darf von dieser Stelle aus einen herzlichen Dank an alle Expertinnen und Experten im Landwirtschafts­minis­terium, auch in der §-7-Kommission aussprechen. Ein Dankeschön auch an den jetzt amtierenden Herrn Bundesminister, auch an seinen Vorgänger für die Erstellung des Grünen Berichtes 2013. (Beifall bei der SPÖ.)

Die österreichischen Landwirte, vor allem auch die Biolandwirte, sind Vorbild in Europa im Bereich der Produktion, der Vermarktung. Wir wissen, dass es europaweit einen jährlichen Zuwachs im Biolandbau von rund 7 Prozent gibt. Federführend dafür, bereits


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seit etlichen Jahren – das darf ich von dieser Stelle aus erwähnen –, ist die Land­wirtschaft, sind die Biobetriebe in Österreich.

Österreich ist auch insofern Vorbild in Europa, als wir bereits seit Jahren die richtigen Weichen gestellt haben, mit Schwerpunkt im biobäuerlichen Bereich, Bioobst, Bio­gemüse. Ich habe mir erlaubt, auch einiges mitzubringen. (Der Redner stellt eine Flasche roten Traubensaft auf das Rednerpult und zeigt einen Apfel.) Keine leeren Schlagworte, es wird nachhaltig – und auch darum geht es in der Landwirtschaft, um nachhaltige Produktion – produziert. Die Landwirtschaft, auch die Biolandwirtschaft in Österreich sichert die hochwertige Lebensmittelversorgung in Österreich. Auch das ist etwas, denke ich, was erwähnenswert ist und gesagt werden muss.

Ich hoffe und bin überzeugt davon, dass wir auch im GVO-Bereich, nicht nur was GVO-freies Saatgut, Anbau, Forschung betrifft, sondern unter Umständen auch was Futtermittel betrifft, weiterhin unsere bewährte GVO-freie Schiene fahren können, mit den Niederlanden. Seit 2010 haben wir hier wichtige Akzente und Impulse innerhalb der Europäischen Union im Sinne des Selbstbestimmungsrechtes der Nationen gesetzt. Wir hoffen, dass sich in Zukunft auch andere Staaten dieser GVO-freien Initiative innerhalb der Europäischen Union anschließen werden.

Geschätzte Damen und Herren! Wichtig ist mir auch, dass dort, wo „bio“ draufsteht, auch „bio“ drin ist, dass Biolebens‑ und ‑nahrungsmittel auch leistbar sind, dass es keine Zweiklassengesellschaft, was die Konsumenten betrifft, geben darf.

Wesentlich ist auch, dass wir in Zukunft versuchen, die Selbstvermarkterschiene zu stärken. Die Landwirte leisten einen ganz wesentlichen Beitrag nicht nur zur Pflege des Landschaftsbildes in unseren Regionen, zwei Drittel der Österreicherinnen und Österreicher leben in ländlichen Regionen, sondern tragen auch viel zur Sicherung des Tourismus in Österreich bei. Auch das ist erwähnenswert und muss gesagt werden.

Ich möchte nun zu einigen Fakten im Grünen Bericht kommen. Der Produktionswert der gesamten Land- und Forstwirtschaft ist im Jahr 2012 im Vergleich zu 2011 um 0,5 Prozent auf zirka 9 Milliarden € gestiegen. Die Einkünfte aus der Land- und Forstwirtschaft sind im Vergleichszeitraum leider um 8 Prozent niedriger gewesen, im Zweijahresmittel haben sie aber um 4 Prozent zugenommen.

Des Weiteren darf ich erwähnen, dass ein Bereich von dieser Verminderung der Einkünfte nicht betroffen ist, nämlich die Veredelungsbetriebe. Hier sind die Einkünfte im Vergleich von 2011 zu 2012 um 33 Prozent gestiegen, und zwar deswegen, weil dies die Preissituation im Schweinebereich auch entsprechend ermöglicht hat.

Leider ein deutliches Minus bei den Einkommen betrifft, das muss man sagen, die Bergbauernbetriebe der Kategorie 3 und 4, in Höhe von 13 Prozent. Hier ist meiner Meinung nach Handlungsbedarf auch insofern gegeben, als die Einkommensschere in der Landwirtschaft, in der Produktion, was die Gunstlagen und die Berglagen der Kate­gorie 3 und 4 betrifft, in Zukunft nicht weiter aufgehen darf. Hier sehe ich Handlungs­bedarf, Herr Minister, und hier möchte ich Sie ersuchen, einiges zu tun, damit sich diese Einkommensschere nicht weiter öffnet, sondern mehr schließt.

2012 haben wir in Summe über 21 300 Betriebe gehabt, die sich für den Biolandbau entschieden haben. Das sind 16,5 Prozent der Gesamtbetriebe oder zirka 20 Prozent der gesamt bewirtschafteten Flächen.

Wie schaut die Zukunft im Bereich Landwirtschaft, bäuerliche Produktion aus? Wir haben, wie wir wissen, 2014 bis 2020 eine neue Förderperiode in der Europäischen Union. Entsprechende Schwerpunkte finden sich im Regierungsprogramm, wo es bei Weitem nicht nur ein leeres Schlagwort sein kann, dass die Bergbauernbetriebe der Kategorie 3 und 4 um je 10 Prozent höhere Investitionsförderungen bekommen sollen,


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sondern das ist auch mit Leben zu erfüllen. Uns ist auch wichtig, dass wir eine höhere Junglandwirteförderung für Investitionen von plus 5 Prozent haben wollen und dass wir allgemein die bäuerlichen Betriebe auch im Biobereich stärken und nicht schwächen. Es muss daher auch zukünftig eine Ausweitung der Flächen im Biobereich, aber auch eine Ausweitung der Zahl der Betriebe im Biobereich geben.

Geschätzte Damen und Herren, 2013 wurde nach umfangreicher Diskussion auf EU-Ebene die Gemeinsame Agrarpolitik europaweit verhandelt. Ich bedanke mich hier ausdrücklich bei Herrn Bundeskanzler Werner Faymann dafür, dass es ihm gelungen ist, zusätzliche 700 Millionen € an Mitteln für die österreichische Landwirtschaft auszuverhandeln.

Geschätzte Damen und Herren, in der ersten Säule der GAP befinden sich 4,9 Milliar­den € an Direktförderungen für die bäuerlichen Betriebe. In der zweiten Säule, und hier sind auch die sozialen Dienstleistungen integriert, zusätzlich 3,91 Milliarden € kofinan­ziert seitens des Bundes und seitens der Länder. Auch das ein wesentlicher Schwer­punkt, weil, wie wir wissen, der ländliche Raum nicht nur aus produzierenden landwirt­schaftlichen Betrieben besteht, sondern auch sehr viele andere Menschen im länd­lichen Raum wohnen und arbeiten.

Abschließend möchte ich sagen, geschätzte Damen und Herren, dass es in Zukunft zu einer gerechten Mittelverteilung kommen muss (Beifall bei der SPÖ), vielleicht zu einer gerechteren, als das in der Vergangenheit der Fall gewesen ist, und dass es Schwer­punktsetzungen geben muss, die in Richtung einer nachhaltigen wirtschaftlichen, finanziellen Absicherung der Familienbetriebe, aber auch der Kleinbetriebe und der Nebenerwerbsbetriebe in der Landwirtschaft gehen.

Ich kündige auch an, dass ich in noch laufender Debatte zum jetzigen Tagesord­nungspunkt auch einen Entschließungsantrag einbringen werde. – Ich danke für Ihre Aufmerksamkeit. (Beifall bei der SPÖ sowie bei Abgeordneten der ÖVP.)

10.53


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Stein­bichler. – Bitte.

 


10.53.13

Abgeordneter Leopold Steinbichler (STRONACH): Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Sehr geehrte Frau Präsidentin! Herr Minister! Geschätzte Zuschauer auf den Tribünen und ganz besonders vor den Fernsehgeräten! (Der Redner stellt ein Plakat auf das Rednerpult, auf dem ein aufgeschnittener Tierkörper zu sehen ist.)

An vorderster Stelle der Dank an alle Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, die am Grünen Bericht mitgearbeitet haben, aber ganz besonders natürlich auch an die Mitarbeiter im Ministerium, aber auch an die Bäuerinnen und Bauern, die letztlich die Grundlage dafür sind, dass so ein Bericht überhaupt erstellt werden kann. (Beifall beim Team Stronach.)

Gestatten Sie mir bitte einen Blick ins Bauernhaus. Wie schaut es denn im Bauernhaus aus? – Preise wie vor 40 Jahren. Da wird von der offiziellen Interessenvertretung und von politischen Mitbewerbern von guten Schweinepreisen, guten Rinderpreisen, guten Milchpreisen oder guten Holzpreisen jetzt im Winter gesprochen. Wenn man bedenkt, dass der Festmeter Holz 1990 umgerechnet 128 € gekostet hat, dann müsste er jetzt, 2013, nur inflationsbereinigt 200 € kosten. Und wir sprechen bei 104 € real mit wesent­lich besserer Qualität als 1990, ganz streng bewertet, von guten Holzpreisen. – Das ist das Erste.

Der zweite Punkt: zum Grünen Bericht. Minus 8 Prozent, geschätzte Kolleginnen und Kollegen – leider ist der Vorgänger Niki Berlakovich jetzt nicht anwesend, um seinen Erfolgsbericht zu hören –, minus 8 Prozent in der Landwirtschaft das zweite Jahr


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hintereinander, im Vorjahr minus 7 Prozent! Er will seine Erfolgszahlen anscheinend gar nicht hören. Ich hoffe, er liest jetzt den Grünen Bericht.

Aber eines darf ich in aller Deutlichkeit sagen, dieses Geld, das dem regionalen Wirtschaftskreislauf entnommen wird, fehlt der Wirtschaft, dieses Geld fehlt der regionalen Wirtschaft, denn die Bäuerinnen und Bauern hätten es investiert.

Ein weiterer Sündenfall der letzten Bundesregierung: Dass unter diesen Voraus­set­zungen den Bauern und Bäuerinnen der Agrardiesel aberkannt wurde, der klar und deutlich als internationale Gleichstellung zugesagt war, hat die Bauern und Bäuerinnen weitere 55 Millionen € gekostet. Auch dieses Geld fehlt der Wirtschaft, liebe Kollegin­nen und Kollegen. Wenn gleichzeitig noch eine Einheitswerterhöhung beschlossen wird, dann ist das wirklich skandalös (Beifall beim Team Stronach), eine Einheitswert­erhöhung, die sich nicht nur auf Einheitswerte bezieht, sondern die Arbeit besteuert und genau im Gegensatz zum Regierungsziel Entsteuerung der Arbeit die Milch- und Fleischproduktion mit 4 Prozent belastet. Das sind die Fakten, geschätzte Kolleginnen und Kollegen. (Neuerlicher Beifall beim Team Stronach.)

Die Bauern und Bäuerinnen wurden in eine Schuldenfalle gelockt. Die Interessen­vertretung hat ihnen geraten, modernste Ställe zu bauen, sie sollen mehr produzieren, günstiger produzieren. Jetzt nimmt man ihnen die Investitionsprämie, jetzt nimmt man ihnen das Milchkontingent, das eine ganz wesentliche Forderung von uns ist: Beibehaltung der Milchquote zum Schutz der Konsumentinnen und Konsumenten. Gott sei Dank sitzen so viele Konsumentinnen und Konsumenten im Agrarausschuss. Letztlich sind wir alle Konsumenten. Diese wertvolle, gentechnikfreie österreichische Milch, die auf Dauergrünland, Kleegras produziert wird, ist ein Juwel. Die muss man mit der nationalen Quote wie die Rübenquote, Herr Kollege Schultes, bis zum Jahr 2018 schützen. (Beifall beim Team Stronach.)

Ich schließe mich dem Kollegen Auer an, wir brauchen eine Fachhochschule. Ich erwarte mir da dieselbe Unterstützung durch die oberösterreichischen Kollegen und dieselbe Euphorie wie bei der MedUni. Und wir haben da ganz gezielte Denkansätze, das ist sicherlich ein Zukunftsbereich, den man aber gleich koppeln sollte mit einer Lebensmittelschule, das sollte Hand in Hand gehen, nicht so, wie es jetzt läuft. Ich darf ein aktuelles Beispiel bringen. (Beifall beim Team Stronach.)

Dieser Irrweg der Agrarpolitik, von Überschussflächen zu sprechen – dieses Wort „Über­schussflächen“ ist die größte Lüge, seit es Lügen gibt, in einem Land, wo wir so viele Seen, so viel Gebirge und so viel Wald haben –, hat bereits vor 30 oder 40 Jahren begonnen. Da sind Nachbarn aus Wels zu Besuch gekommen. Als ich in die Hauptschule gegangen bin, das ist ziemlich lange her, ist man, wenn man ein Butterbrot gegessen hat, als Selbstmörder dargestellt worden, denn da hat man sich die gesunde Rama aufs tägliche Brot schmieren müssen. Da hat der Import vom Regenwald begonnen, Kolleginnen und Kollegen.

Dieses gesunde Pflanzenmark ist Palmöl. (Der Redner zeigt ein Packerl Margarine.) Und da geht die Diskussion einmal einen Schritt weiter. Wir reden immer nur von den gentechnisch veränderten Dingen, die wir selbstverständlich ablehnen. Aber in der Zwischenzeit ist die Fläche mit Palmölplantagen wesentlich größer. Dort wird der Regenwald gerodet, brandgerodet, das Klima zerstört und die Umwelt belastet. Und dieses Palmöl, liebe Freunde, liebe Kolleginnen und Kollegen, haben wir im Wasch­mittel, haben wir in der Kosmetik und in sämtlichen Lebensmittelsubstituten. Das sind die Fakten.

Wir wollen, und jetzt komme ich zu einem wesentlichen Punkt, dass die Herkunfts­kennzeichnung endlich umgesetzt wird. Und ich darf euch hier dieses Bild, das ein bisschen zu groß war für die Vorderseite, noch einmal zeigen. (Der Redner holt ein


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Plakat hervor, das dasselbe Sujet trägt wie das eingangs auf das Rednerpult gestellte Plakat, aber viel größer ist.) Herr Minister, du weißt, wovon wir sprechen. Frau Kollegin (in Richtung der Abg. Dr. Belakowitsch-Jenewein), dieses Thema ist zu ernst zum Lachen. Kommen Sie bitte herunter, erklären Sie es mir! Wissen Sie, wo das Schwein her ist? Kommen Sie bitte, kommen Sie runter! Da steht nämlich „AT“ drauf. Na bitte sehr, nicht lachen! Ich bin davon nicht so begeistert, wenn es um Lebensmittel geht, um die Lebensgrundlage. (Beifall beim Team Stronach.)

Wir können auch diskutieren, wie viel Oktan der Pkw braucht und welches Leichtlauföl, aber da geht es um den Körper, da geht es um die Gesundheit. Da geht es um die billigste Gesundheitsvorsorge. Das sind ehrliche, anständige österreichische Lebens­mittel. Und wo Österreich draufsteht, muss Österreich drinnen sein. (Beifall beim Team Stronach.)

Zu einem Zeitpunkt, zu dem das „WirtschaftsBlatt“ berichtet, dass jeder zweite Apfel aus China kommt – jeder zweite Apfel kommt aus China, Freunde; das ist die Realität des „Feinkostladens Österreich“! –, zu einem Zeitpunkt, zu dem die Hälfte der Schweine, die mit AT-Stempel gekennzeichnet sind, unbekannter Herkunft sind – Polen, Tschechien, holländische Tankschiffe –, ist es der größte Betrug, dass hier auf diesen Schlachtkörpern (auf das oben erwähnte Plakat zeigend), auch wenn sie in Hälften nach Österreich kommen, ein AT-Stempel draufkommt. Ich sage das klipp und klar. (Präsident Kopf übernimmt den Vorsitz.)

Diese Nummer in der Mitte bestätigt (neuerlich auf das oben erwähnte Plakat zeigend), dass diese Schlachtkörper aus einem österreichischen Schlachthof kommen. Mehr braucht man nicht. Jeder Schlachthof, in dem in Österreich geschlachtet wird, ist registriert. Und dann muss statt AT das jeweilige Herkunftsland gestempelt sein, denn das Schwein hat, wenn es kommt, am Rücken bereits PL oder NL draufgestempelt, mit dem Schlagstempel, und dieser Schlagstempel darf nicht mehr verändert werden. Wenn einmal PL draufsteht, muss immer PL draufbleiben, denn wenn dann AT drauf­kommt, wird das zum österreichischen Rohprodukt. Und da hilft es nichts, wenn wir Qualitätsproduktion fordern, wenn wir dann in der Verarbeitung das Problem haben, dass eine Vermengung passiert.

Das ist unsere konkrete Forderung. Wir haben dazu einen Entschließungsantrag einge­bracht. Ich bitte auch im Sinne aller Konsumentinnen und Konsumenten in Österreich, dass dieser Antrag, dass das AT-Zeichen nur mehr auf in Österreich gebo­rene, gefütterte und geschlachtete Tiere gestempelt wird, umgesetzt wird. Nicht mehr vertagen, bitte sehr!

Wir haben im Landwirtschaftsausschuss vorige Woche das Problem gehabt, dass sämtliche Anträge vertagt wurden. Wenn wir das weiter vertagen, haben wir dort dieselben Zustände wie bei der Hypo Alpe-Adria. Wir müssen handeln. In diesem Sinne bitte ich alle Fraktionen um Unterstützung. – Danke sehr. (Beifall beim Team Stronach.)

11.01


Präsident Karlheinz Kopf: Als Nächste zu Wort gelangt Frau Abgeordnete Dr. Mlinar. – Bitte.

 


11.02.13

Abgeordnete Mag. Dr. Angelika Rosa Mlinar (NEOS): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Minister! Werte Kolleginnen und Kollegen! Spoštovane dame in gospodje! Nach diesem dramatischen Appell meines Vorredners ist uns wahrscheinlich der Appetit auf einen Schweinebraten für heute vergangen. (Abg. Rädler: Schweins­braten!) – Schweinsbraten? – Aber zurück zum Thema: Was zeigt uns der Grüne


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll14. Sitzung / Seite 51

Bericht 2013? (Abg. Rädler: Schweinebraten ist deutsch!) Schweinebraten ist deutsch, Sie haben recht, es ist nur ein Schwein, also ist es ein Schweinsbraten.

Wie andere Wirtschaftsbereiche steht auch die österreichische Landwirtschaft, wie vorhin von meinem Vorredner sehr dramatisch dargestellt, vor großen Herausforde­rungen: vor Auswirkungen des Klimawandels, vor einer schwachen Konjunkturent­wicklung in Österreich und in Europa und vor allem vor einem Strukturwandel in der österreichischen Landwirtschaft.

Ich selbst komme aus einer kleinbäuerlichen Struktur, nämlich aus einem Unter­kärntner Bergdorf, aus Št. Lipš, St. Philippen, Bezirk Völkermarkt, Velikovec, und daher sind mir kleinbäuerliche Strukturen sehr nahe und fühle ich mich ihnen sehr verbunden. Deshalb sage ich hier auch ganz klar, dass Bäuerinnen und Bauern eine besondere Aufgabe haben und daher auch eine besondere Wertschätzung von uns allen ver­dienen. Es wird deshalb von uns auch verlangt, dass wir besondere Rahmenbedin­gungen für sie kreieren. (Beifall bei den NEOS sowie bei Abgeordneten der Grünen.) Danke.

Das aktuelle System der Agrarförderungen – im Jahr 2012 waren es insgesamt 2,13 Milliarden € an EU-, Bundes- und Landesmitteln – wird eben diesen aktuellen Herausforderungen in der Landwirtschaft nicht mehr gerecht. Das Unternehmen Bauernhof braucht neue Rahmenbedingungen und Regelungen, ein zeitgemäßes System, welches die Leistungen – und ich sage ganz bewusst „Leistungen“ – der Bäuerinnen und Bauern auch entsprechend entlohnt. Dazu zählen eine nachhaltige Produktionsweise, Maßnahmen für Umwelt und Klimaschutz, die Erhaltung von Arten, auch durch die Pflege vielfältiger Kulturlandschaften. Und das Prinzip lautet: Öffentliche Gelder für öffentliche Leistungen!

Zusätzlich braucht es aber auch eine Stärkung der Innovationskraft und des Unter­nehmergeistes. Nur so können landwirtschaftliche Betriebe mittel- und langfristig im Wettbewerb – und wir stehen im Wettbewerb – bestehen. Die beschlossene Reform der Gemeinsamen Europäischen Agrarpolitik bringt dafür wichtige Neuerungen. Mein Vorredner Pirklhuber hat es schon erwähnt, und ich möchte es hier auch unter­streichen: Auch wir erachten das System der Betriebsprämien als überholt, ungerecht und einfach historisch. Insbesondere müssen Doppelförderungen rasch beseitigt werden.

Sehr zu begrüßen ist aus Sicht der NEOS das künftige Greening der Direktzahlungen. Demnach werden 30 Prozent der Direktzahlungen nur mehr dann ausbezahlt, wenn dafür auch konkrete zusätzliche Umweltleistungen erbracht werden. Das sind aus unserer Sicht wichtige Schritte hin zu einem gerechteren und nachhaltigeren Agrarsystem.

Ein weiterer Punkt, den ich hier ansprechen möchte, betrifft die maximale Höhe der Direktzahlungen. So heißt es in der EU-Verordnung, dass Direktzahlungen über 150 000 € je Betrieb und pro Jahr um mindestens – um mindestens! – 5 Prozent gekürzt werden können. Das bedeutet, Österreich hat hier die Chance und die Möglich­keit, höhere Kürzungen vorzunehmen, sogar bis zu 100 Prozent. Damit würden die Direktzahlungen mit 150 000 € absolut begrenzt werden. Kleinere Betriebe könnten so stärker von den verfügbaren Budgetmitteln profitieren. (Beifall bei den NEOS sowie bei Abgeordneten der Grünen.)

Denn worum geht es? – Es geht um mehr Fairness und um eine effizientere Verteilung der Mittel. Leider muss ich hier sagen, dass der Herr Bundesminister bis jetzt relativ wenig Begeisterung für diesen Vorschlag gezeigt hat, aber ich hoffe, dass sich das ändern wird, denn unserer Ansicht nach geht es hier um eine Chance für mehr Gerech­tigkeit.


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll14. Sitzung / Seite 52

Als EU-Sprecherin und auch EU-Spitzenkandidatin sei mir abschließend noch erlaubt, Folgendes zu erwähnen: Die Landwirtschaftspolitik war von Anbeginn der Europä­ischen Union vergemeinschaftet. Und im Gegensatz zu anderen Politikbereichen hat man in der Landwirtschaft schon früh die Bedeutung der europäischen Dimension erkannt. Ich möchte mir wünschen, dass die Möglichkeiten einer stärkeren europä­i­schen Kooperation und Koordination in Zukunft auch in anderen Politikbereichen erkannt und intensiver genützt werden. – Hvala lepa. (Beifall bei den NEOS.)

11.07


Präsident Karlheinz Kopf: Als Nächster zu Wort gelangt Herr Bundesminister Dipl.-Ing. Rupprechter. – Bitte.

 


11.07.36

Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft Dipl.-Ing. Andrä Rupprechter: Sehr geehrter Herr Präsident! Hohes Haus! Ge­schätzte Damen und Herren Abgeordnete! Es freut mich, dass wir heute gleich zu Beginn der Tagesordnung über die wirtschaftliche Lage der Land- und Forstwirtschaft und die bevorstehenden Herausforderungen sprechen können. Ich sehe das, so wie das die Vorredner auch gesagt haben, als besondere Wertschätzung der bäuerlichen Bevölkerung gegenüber, die hier zum Ausdruck gebracht wird, denn die bäuerliche Bevölkerung muss wirklich unter sehr erschwerten Bedingungen wirtschaften.

Es ist dies der 54. Grüne Bericht seit Bestehen des Landwirtschaftsgesetzes, und er enthält, wie gesagt wurde, wertvolle Informationen und wichtige politische Entschei­dungs­grundlagen. Wir haben im Ausschuss eine ausführliche Debatte darüber und auch über die zu setzenden Maßnahmen geführt.

Ich möchte mich – bezugnehmend auf die Beratungen der §-7-Kommission – bei den Mitgliedern der §-7-Kommission bedanken, aber auch bei den Bäuerinnen und Bauern, die mit ihrer freiwilligen Buchführung zu diesen Statistiken und zu diesen Unterlagen beigetragen haben. Ich bedanke mich auch bei meiner Verwaltung, die die Unterlagen wieder hervorragend für die Beratungen in der §-7-Kommission aufbereitet hat.

Die Ergebnisse zeigen leider keine sehr erfreuliche Entwicklung der bäuerlichen Einkünfte im Jahr 2012. Es wurde schon wiederholt gesagt: Die Einkünfte sind um 8 Prozent gesunken. Gleichzeitig ist im Jahr 2012 auch das Agrarbudget um 6 Prozent zurückgegangen. Das spiegelt in gewisser Hinsicht auch wider, wie direkt einkom­mens­wirksam Veränderungen im Agrarbudget sind, weshalb wir hier sehr behutsam und vorsichtig vorgehen müssen.

Die Ursachen für die Einkommensveränderungen, für die Rückgänge sind sehr vielschichtig – das wurde auch schon diskutiert –: die niedrigeren Erträge wegen Frost und Trockenheit, witterungsbedingt eine geringere Weinernte, geringere und gesun­kene Erzeugerpreise bei der Milch und auf der anderen Seite höhere Betriebs­mittel­kosten. Es ist daher jetzt wichtig, die richtigen Weichenstellungen bei der Umsetzung der Gemeinsamen Agrarpolitik zu setzen. Auch das wurde wiederholt schon aufgegriffen.

Für mich sind die wesentlichen Eckpfeiler im Regierungsübereinkommen zugrunde gelegt. Meine Aufgabe – Sie wissen, dass ich nicht mitverhandelt habe – ist es nun, diese Eckpfeiler umzusetzen, insbesondere wenn es darum geht, im Marktord­nungsgesetz, das in den nächsten Tagen von meinem Ressort in die Begutachtung ausgeschickt wird, diese Eckpfeiler entsprechend, wie es in der Debatte im Ausschuss angeregt wurde, umzusetzen. Die Debatte hier im Hohen Haus wird noch vor dem Sommer zu Ende gebracht werden, und dann können wir gemeinsam diese Politik gestalten.


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll14. Sitzung / Seite 53

Die Gemeinsame Agrarpolitik ist ja Gemeinschaftskompetenz, so wie das soeben auch meine Vorrednerin gesagt hat, und die Beschlüsse zur Reform der Gemeinsamen Agrarpolitik wurden mit unserer Mitwirkung im Rat und im Europäischen Parlament nach langwierigen Verhandlungen umgesetzt. In diesen Verhandlungen sind die Vor­aus­setzungen insbesondere im Zusammenhang mit der Ländlichen Entwicklungspolitik äußerst schwierig gewesen, und ich stehe nicht an, hier meinem Vorgänger Niki Berlakovich, aber auch Elli Köstinger, die im Europäischen Parlament die österreichi­schen bäuerlichen Interessen vertreten hat, zu danken. Da wurde Hervorragendes geleistet! (Beifall bei der ÖVP sowie Beifall und Bravoruf des Abg. Doppler.)

Auch stehe ich nicht an, hier dem Herrn Bundeskanzler zu danken, der – auch in Vorbereitung durch den Außenminister und Vizekanzler – auf der europäischen Ebene, und zwar im Europäischen Rat, den Finanzrahmen für die nächsten sieben Jahre so festlegen konnte, dass wir das Schlimmste verhindern konnten. Es war ja tatsächlich so, dass massive Senkungen bei den ländlichen Entwicklungsmitteln gedroht haben. Da wurde für Österreich viel erreicht und Schlimmstes verhindert. Dennoch ist auch zu sagen: Es gibt nicht mehr Geld, sondern wir haben einen etwas geringeren Kofinan­zierungsbeitrag. Es ist richtig, darauf auch hinzuweisen, und ich stehe nicht an, das auch zu tun.

Letztlich war entscheidend, dass die fünfzigprozentige Kofinanzierung – Gegenüber­stellung der nationalen Mittel – im Regierungsübereinkommen festgelegt wurde. Das ist eine wichtige Ausgangsbasis für mich. Meine Aufgabe ist es jetzt, letztlich mit weniger Mitteln mehr in der Effizienz zu erreichen.

Lassen Sie mich jetzt, 20 Jahre nach dem Abschluss der Beitrittsverhandlungen, ganz kurz doch auch auf den EU-Beitritt eingehen. Ich möchte nämlich resümieren. Wie Sie wahrscheinlich wissen werden, war ich beim Abschluss der Beitrittsverhandlungen mit dabei. Ich kann heute nach wie vor positiv resümieren: Der EU-Beitritt war für Öster­reichs Landwirtschaft richtig und gut. Die kleinstrukturierten bäuerlichen Familien­betriebe sind heute das Leitmodell der Gemeinsamen Agrarpolitik, und ich glaube, darauf können wir durchaus stolz sein.

Wir haben zehn Jahre lang die Gemeinsame Agrarpolitik von der Kommission her mitinitiiert. Franz Fischler hat das bäuerliche Familienmodell zum Leitbild der Gemein­samen Agrarpolitik gemacht. Und wir haben 20 Jahre im Rat mitentschieden bei den verschiedenen Reformen zur Gemeinsamen Agrarpolitik: bei der Agenda 2000, bei der Fischler-Reform 2003 und beim Health-Check und jetzt bei der Reform der Gemein­samen Agrarpolitik. Österreich hat als Mitglied im Rat seine zehn Stimmen im Rat effizient genutzt.

Ich möchte schon auch einmal auf Folgendes hinweisen: Die kleinen Mitgliedstaaten sind im Rat stark vertreten. Deutschland hat mit 80 Millionen Einwohnern 29 Stimmen im Rat, Österreich hat acht Millionen Einwohner, also ein Zehntel davon, und wir verfügen über zehn Stimmen im Rat. Wir haben diese zehn Stimmen gut genutzt, und wir werden sie auch in Zukunft gut nutzen, indem wir uns auch starke Verbündete suchen. (Beifall bei der ÖVP.)

Diese Mitentscheidung war und ist wichtig.

Es ist auch so, dass wir seit dem EU-Beitritt mehr Rechts- und Planungssicherheit für unsere Bauern haben. Was war vor dem EU-Beitritt? – Wir hatten hier jährlich mit Verfassungsbestimmung unsere Agrargesetze, wie etwa das Marktordnungsgesetz oder das Viehwirtschaftsgesetz, zu behandeln und zu beschließen. Das war keine Rechtssicherheit! Das möchte ich hier auch einmal deutlich zum Ausdruck bringen. Heute haben wir Fünf- bis Siebenjahresprogramme, auf die man sich verlassen kann.


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll14. Sitzung / Seite 54

Und wir sind seit Anfang des EU-Beitritts konsequent den Weg der Ökologisierung der österreichischen Landwirtschaft gegangen. Stichwort: das Agrarische Umweltpro­gramm, wie schon erwähnt wurde, die zweite Säule der Gemeinsamen Agrarpolitik, das Ländliche Entwicklungsprogramm, gemeinsam von uns erarbeitet.

Ich muss schon sagen: Ich sehe die Bio-Landwirtschaft als unser Flaggschiff. Das ist nicht nur eine Nischenproduktion, sondern das ist unser Flaggschiff der Ökolo­gisierung. (Abg. Dr. Pirklhuber: Dann müssen wir es auch budgetieren!) Ich verstehe daher nicht ganz die Unruhe, die hier momentan herrscht. (Abg. Dr. Pirklhuber: Es ist kein Geld da!) Ich werde entsprechende Gespräche – Herr Abgeordneter Pirklhuber, das ist schon vereinbart – mit BIO AUSTRIA führen, um das auch klarzustellen. Wir werden selbstverständlich den Bio-Sektor stärken und die Mittel in diesem Bereich sogar ausbauen. (Abg. Dr. Pirklhuber: Das ist wichtig!) Also ich verstehe nicht ganz, warum jetzt argumentiert wird, dass wir den Bio-Sektor schwächen wollen. Sie werden in den nächsten Tagen entsprechende Klarstellungen erfahren. Außerdem haben wir ja auch vereinbart, dass wir am 3. April, glaube ich, noch eine ausführliche Debatte im Ausschuss führen werden.

Seit dem Lissabon-Vertrag ist, wie Sie wissen, das Europäische Parlament voll in die Mitentscheidung eingebunden, und daher ist es wichtig, dass wir auch bei den entsprechenden Wahlen unsere bäuerlichen Vertreter stärken. Dafür werde ich massiv eintreten.

Für uns gilt: Die bäuerliche Landwirtschaft, unser Leitbild der Familienbetriebe ab­sichern, Verbündete suchen und auf Brüsseler Ebene einbringen.

Meine Vision ist ein lebenswertes Österreich, mit reiner Luft, mit sauberem Wasser, mit einer vielfältigen Natur und mit sicheren, qualitätsvollen und leistbaren Lebensmitteln. Treten wir gemeinsam dafür ein! Arbeiten wir gemeinsam für ein lebenswertes Österreich! – Vielen Dank. (Beifall bei der ÖVP sowie bei Abgeordneten der SPÖ.)

11.16


Präsident Karlheinz Kopf: Danke, Herr Bundesminister.

Als Nächster zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Doppler. – Bitte.

 


11.17.01

Abgeordneter Rupert Doppler (FPÖ): Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Hohes Haus! Herr Minister, Sie haben uns im Ausschuss angeboten, konstruktiv zusammenzuarbeiten. Ich darf mich für die Unterlagen, die Sie uns zur Verfügung gestellt haben, herzlichst bedanken, aber ich würde Sie bitten, Herr Minis­ter, dass Sie uns auch den Alm-Bericht zukommen lassen. Ich glaube, dafür wäre es höchste Zeit, damit wir da endlich zugunsten der Bauern eine Lösung finden können.

Aber nun zum Grünen Bericht 2013, der ein bisschen älter ist, wie es auch Kollege Auer richtig angesprochen hat.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, der Produktionswert der Land- und Forst­wirtschaft hat sich von 2012 auf 2013 nur geringfügig geändert und beträgt zirka neun Milliarden Euro. Die Einfuhr und die Ausfuhr von agrarischen Produkten blieben gleich. Was uns schon zum Nachdenken bringen muss, ist der Umstand, dass es 2010 insgesamt nur mehr 173 317 land- und forstwirtschaftliche Betriebe in Österreich gegeben hat. Das sind gegenüber der Vollerhebung von 1999, wie es Kollege Jannach hier geschildert hat, um 20,3 Prozent weniger. Seit dem EU-Beitritt hat sich die Zahl der Betriebe, wie es Kollege Jannach ebenfalls erwähnt hat, um 27,5 Prozent verrin­gert.


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll14. Sitzung / Seite 55

Die Gesamtfläche, die bewirtschaftet wird, beträgt zirka 7,4 Millionen Hektar. Davon waren 2,9 Millionen Hektar landwirtschaftlich genützt und 3,4 Millionen Hektar forst­wirtschaftlich genützt.

Was natürlich sehr zu denken gibt, meine sehr verehrten Damen und Herren, ist der Rückgang der Zahl der Bergbauernbetriebe. 2012 gab es nur noch 64 436 Bergbauern. Das sind um 1 421 weniger als 2011. Ich glaube, das birgt ein großes Problem in sich, und zwar aus folgendem Grund: Unsere Bauern erzeugen nicht nur sehr gute und gesunde Grundnahrungsmittel, sondern sie leisten – und das ist auch wichtig – durch ihre Bewirtschaftung, im Speziellen durch ihre Steilflächenbewirtschaftung, auch Vorsorge für Auswirkungen von Umweltkatastrophen wie Lawinenabgängen und dergleichen mehr. Daran haben sie einen sehr großen Anteil. Ich glaube nicht, dass sich die öffentliche Hand, wenn die bäuerliche Bevölkerung von den Bergbauernhöfen wegziehen würde und diese ja dann nicht mehr bewirtschaftet würden, diese Bewirt-schaftung leisten könnte. Daher muss, meine sehr verehrten Damen und Herren, alles unternommen werden, dass wir die ländliche Struktur erhalten.

Noch etwas, was mir ganz besonders am Herzen liegt: Es soll nicht immer so sein, dass die Bäuerinnen und Bauern und vor allem die Bergbauern als Subventions­empfänger hingestellt werden. Sie erbringen mit ihrer Arbeit eine großartige Leistung. Wir von der Freiheitlichen Partei sind stolz auf unsere Bauern. – Danke schön. (Beifall bei der FPÖ.)

11.19


Präsident Karlheinz Kopf: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Ing. Schultes. – Bitte.

 


11.20.06

Abgeordneter Ing. Hermann Schultes (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Ge­schätzter Herr Bundesminister! Meine sehr geehrten Damen und Herren im Hohen Haus! Der Grüne Bericht zeigt uns wieder einmal, dass das wesentliche Phänomen für die Bauern das Wetter ist. Das ist eine Binsenweisheit, und trotzdem muss man es manchen Kolleginnen und Kollegen hier im Haus erklären. Das Jahr 2012 war eben – genauso wie das Jahr 2013 – ein Jahr mit furchtbaren Wetterextremen, was sich auf die Einkommen ausgewirkt hat. Weil Niki Berlakovich jetzt gerade kommt: Es ist einfach unfair, ihm Einkommensverluste in diesem Jahr anzulasten, wo wir genau wissen, was das Wetter in diesem Jahr angerichtet hat. Fürs Wetter kann der Minister noch alleweil nichts! (Abg. Dr. Pirklhuber: Im Alpenvorland war ein Plus, Herr Kollege! Lesen Sie den Bericht!)

Es geht aber – und das ist ein wichtiger Punkt für die Ausrichtung der zukünftigen Agrarpolitik – um die Frage, wie wir unsere Bäuerinnen und Bauern in Zukunft vorbe­reiten und schützen können, damit sie ihre wichtige Versorgungsaufgabe weiter wahrnehmen können.

Wir wissen ganz genau, die Politik kann viel versprechen, manches halten, aber als Bauer täte ich mich nicht hundertprozentig darauf verlassen. Mein Sohn sagt mir das immer wieder. (Abg. Dr. Pirklhuber: Ihr Sohn ist gescheit!) Ganz entscheidend geht es darum, dass wir als Bauern unsere Kunden haben, die wir im Wettbewerb gegen harte, internationale Konkurrenz jeden Tag neu gewinnen müssen, und das tun wir, indem wir Produkte höchster Qualität zu wettbewerbsfähigen Preisen bringen. Das ist die wahre Leistung der Bauern, das verdient wirklich Respekt, und dafür muss man ihnen danke sagen. Sie müssen jeden Tag im Wettbewerb – im Regal in den Geschäften – die Kundengunst gewinnen.

Das machen wir mit der Vielfalt, die wir eben beherrschen. Wir sind mit unserer Vielfältigkeit sehr gut aufgestellt. Österreich hat viele unterschiedliche Antworten, weil


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es viele Fragen der Konsumenten gibt. Es gibt viele verschiedene Produkte aus vielen Regionen, die sehr unterschiedlich sind. Damit können wir jedem nach seinem Geschmack und auch nach seiner Lust und seiner Brieftasche das geben, was er braucht.

Wir können damit eine starke Verarbeitungsindustrie, die Hunderttausende Arbeits­plätze sichert, versorgen, und wir sind als Investoren in der Landwirtschaft wichtig für alle anderen. Wenn sich Herr Kollege Pirklhuber gerade sehr bemüht, das Inkraft­setzen des aktuellen Programmes weiter und weiter zu verzögern (Abg. Dr. Pirkl­huber: Das stimmt ja nicht!), dann muss ich sagen: Das geht zu weit, denn wichtig ist, dass wir die Investitionsförderung in diesem Jahr sehr rasch für die Anträge der Landwirte freigeben. (Ruf bei den Grünen: Geh bitte! Abg. Dr. Pirklhuber: Effizient will ich es machen, biologisch und sozial!)

Es geht darum, dass wir im Frühjahr sehr rasch mit der Bautätigkeit beginnen können. Die Bauern sind immer die Ersten, die zu arbeiten anfangen. Die Gemeinden, die öffentlichen Auftraggeber sind dann meistens ein bisschen später dran. Wenn wir mit der Investitionsförderung früh ein Signal geben können: Ja, es geht auf!, dann haben wir auch frühzeitig einen Arbeitsplatzeffekt, und wir alle wissen, wie wichtig die Landwirtschaft als Arbeitgeber in der Beschäftigung der Bauwirtschaft ist. (Beifall bei der ÖVP. – Abg. Dr. Pirklhuber: Beton, Beton, Beton!)

Meine Damen und Herren, wir wissen, dass wir in der Entwicklung der Landwirtschaft anders unterwegs sind als die europäischen Kollegen. Wir sind auch wettbewerbsfähig, ja, aber wir arbeiten auch flächendeckend. Wir lassen die Betriebe, die für die flächendeckende Landwirtschaft wichtig sind, nicht im Stich, sondern im Gegenteil, wir wollen auch für Betriebe in der Berghöfekataster-Gruppe drei und vier die Möglich­keiten ausbauen und schauen, dass sie auch im wirtschaftlichen Bereich, im Produktionsbereich tätig sein können. Wir stärken natürlich auch – da sind wir ebenfalls anders – die biologische Landwirtschaft.

Es geht da nicht so sehr darum, Flächenprämien auszuweiten. Es ist jetzt schon so, dass Bio-Marktfruchtbetriebe im Vergleich zu konventionellen Marktfruchtbetrieben um 40 Prozent mehr Ausgleichszahlungen bekommen, wie der Grüne Bericht zeigt. Damit retten wir die biologische Landwirtschaft jedoch nicht. Viel wichtiger ist, dass wir unsere biologische Landwirtschaft im Bereich der Forschung, im Bereich der Qualitätssiche­rung und im Bereich des Marketings, des Zugangs zum Kunden stärken, denn dort ist der Premiumbereich, und dieser muss abgesichert werden.

Uns geht es darum, dass wir für die Landwirtschaft klare Vorgaben brauchen. Einen respektvollen Umgang mit den Bauern erwarte ich mir von Ihnen allen. (Abg. Dr. Pirklhuber: Das tun wir! Wir wollen diskutieren mit den Bauern, das ist notwendig!) Es geht nicht darum, dass wir von der Politik abhängig sein wollen, sondern wir wissen, dass wir unsere Landwirtschaft nur schützen können, wenn wir auch Sicherheit anbieten, und damit schließt sich der Kreis zu dem, was ich zu Beginn gesagt habe: Das Risiko des Wetters ist für uns eine gewaltige Geschichte. Das Wetterrisiko abzusichern ist nicht möglich, aber die Hagelversicherung ist eine gute Grundlage für den Ausbau der Versicherung der Elementarrisiken.

Wenn wir die Ausgleichszahlungen abbauen  und das tut Europa , dann müssten wir andere Schutzmechanismen einführen, damit die Bauern diese hochriskanten Unter­schiede aushalten können – und das ist der Ausbau der Risikoversicherung für die Landwirtschaft.

Meine Damen und Herren, nur die Bauern decken unseren, Ihren Tisch, und die Bauern zu schützen heißt nichts anderes, als Ihre Versorgung zu schützen. Ich bitte


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Sie um Ihre Zustimmung und Ihre Unterstützung für unser Programm. (Beifall bei der ÖVP sowie bei Abgeordneten der SPÖ.)

11.25


Präsident Karlheinz Kopf: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Mag. Brunner. – Bitte.

 


11.25.32

Abgeordnete Mag. Christiane Brunner (Grüne): Herr Präsident! Herr Landwirt­schafts­minister! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Werte Zuseherinnen und Zuseher hier im Haus und auch zu Hause! Wenn ich an die Bilder denke, die Herr Abgeordneter Steinbichler hergezeigt hat, dann weiß ich, warum ich Vegetarierin bin. (Zwischenruf des Abg. Steinbichler.) Um nochmals auf Herrn Kollegen Schultes zu sprechen zu kommen: Mein Zugang ist schon, dass wir auch in der Politik nur Dinge versprechen sollten, die wir auch halten können. Ich glaube, es würde der politischen Diskussion ganz gut tun, wenn wir uns alle daran hielten.

Nun aber zum Grünen Bericht: Der Grüne Bericht ist eine sehr gute Grundlage für unsere Arbeit. Er bietet einen guten Überblick über die Situation der Landwirtschaft in Österreich, aber eben nicht nur der Landwirtschaft im direkten Sinn, sondern auch darüber hinaus, was soziale Komponenten betrifft, etwa die Situation von Frauen in der Landwirtschaft oder auch die Situation bezüglich Energie im ländlichen Raum. Es ist also ein sehr umfassender Bericht, und auch ich möchte Ihrem Haus, Herr Minister Rupprechter, für die Erstellung dieses Berichtes danken. (Beifall bei den Grünen.)

Der Bericht sollte Rückschlüsse zulassen und uns eine Grundlage für die Ausge­staltung der zukünftigen Agrar- und Umweltpolitik und auch der entsprechenden Pro­gramme bieten. Da ist es besonders besorgniserregend, dass gerade im Biolandbau die Zahlen zurückgehen, was Flächen und Anzahl der Betriebe angeht. Bio Austria – das ist ja schon erwähnt worden – befürchtet, dass es in Zukunft auch weniger Förde­rungen geben wird. Wir Grüne haben schon den Ansatz, dass ein Agrarumwelt­programm auch tatsächlich ein Umweltprogramm sein soll.

Warum gerade Biolandbau? – Biolandbau trägt zum Klimaschutz bei, gewährleistet Wasserschutz, Bodenschutz und Biodiversität, ist aber auch ganz wesentlich für die Qualität von Lebensmitteln und eben auch für die Stärkung des ländlichen Raumes, was ebenfalls eine ganz wichtige Komponente ist.

Wir haben daher einen Antrag eingebracht – Kollege Pirklhuber hat ihn schon erläu­tert –, in dem es um die Aufstockung des Budgets für den Biolandbau geht. Herr Minister, wenn Sie jetzt sagen, dass ausgeweitet werden soll, so sehen wir das sehr positiv. Wir sind auch gerne bereit, mit Ihnen weiter darüber zu diskutieren. In der Beantwortung einer Anfrage des Kollegen Pirklhuber haben Sie aber noch geantwortet, dass das Budget quasi auf dem Status quo bleiben soll; deswegen auch noch einmal unsere Forderung: Wir fordern einen umfassenden Bioaktionsplan. Wir wollen, dass Prämien, die es für Biolandwirte gibt, auch tatsächlich so kalkuliert sind, dass die Mehraufwände, die eben für ökologischen Landbau erforderlich sind, abgedeckt wer­den.

Was mir als Umwelt- und Tierschutzsprecherin auch ganz wichtig ist: dass es Investitionsförderungen für Betriebe gibt, die ökologisch wirtschaften und die Tierschutzmaßnahmen setzen, die auch über den Standard des Tierschutzgesetzes hinausgehen. (Beifall bei den Grünen.)

Im Ausschuss liegen dazu auch noch einige andere Anträge von uns. Wir haben es auch sehr begrüßt, dass es von Ihnen bei der letzten Ausschusssitzung eine Präsen­tation gegeben hat, sodass wir auf sachlicher Grundlage diskutieren können. Wir


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll14. Sitzung / Seite 58

wollen auch ganz sicher nichts verzögern, sondern wir wollen umfassend diskutieren – mit Ihnen, Herr Minister, aber auch mit den Bäuerinnen und Bauern, um zu einem ausgewogenen Maßnahmenprogramm zu kommen.

Als Energiesprecherin ist es mir auch noch wichtig, auf das Energiekapitel einzugehen, weil da auch die Landwirtschaft viele Möglichkeiten hat und es auch viel Engagement in der Landwirtschaft gibt.

Aus dem Energiekapitel im Grünen Bericht geht hervor, dass wir 2010 einen Anstieg des Gesamtenergieverbrauchs in Österreich zu verzeichnen hatten. 2011 ist er wieder zurückgegangen, aber eben nicht, weil es politische Maßnahmen gegeben hat, son­dern aufgrund von Konjunkturentwicklungen, Ölpreisentwicklungen und Witterungs­verhältnissen.

Wenn wir eine grüne Energiewende umsetzen wollen, brauchen wir aber politische Maßnahmen, um tatsächlich auch zu einer Reduktion des Endenergieverbrauchs zu kommen. Ich habe es im Umweltausschuss auch schon angesprochen: Dafür wird es wesentlich sein, dass wir hier im Hohen Haus ein umfassendes und ambitioniertes Energieeffizienzgesetz beschließen.

Dafür sind vorrangig nicht Sie als Landwirtschaftsminister zuständig, sondern der Herr Energieminister, aber Sie sagen ja selbst, es gibt mehrere Umweltministerien, und ich erwarte mir von Ihnen auch Unterstützung dahin gehend, dass der Energieminister uns hier im Haus auch tatsächlich eine Vorlage vorlegt. Da ist er bis jetzt noch säumig. – Das ist auch ein Appell an die EnergiesprecherInnen der anderen Parteien. Ich meine, es ist unsere Aufgabe, darauf zu drängen, damit Österreich beim Ausbau der erneuerbaren Energie und bei der grünen Energiewende wieder eine Vorreiterrolle einnehmen kann. (Beifall bei den Grünen.)

Herr Minister Rupprechter, ich habe die Hoffnung, dass Sie die Synergien von Land­wirtschaft und Umwelt sehen und diese Richtung weiter verfolgen. Ich bin aber trotz­dem der Meinung, dass es leichter wäre, wenn auch das Energiethema im Umwelt­ministerium verhandelt würde. Dann hätten wir jetzt zum Beispiel diese Situation mit dem Hin und Her beim Energieeffizienzgesetz nicht.

Ich bin daher immer noch der Meinung, Österreich braucht ein eigenständiges, starkes und engagiertes Umwelt- und Energieministerium. – Danke. (Beifall bei den Grünen sowie des Abg. Steinbichler.)

11.30


Präsident Karlheinz Kopf: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Keck. – Bitte.

 


11.30.38

Abgeordneter Dietmar Keck (SPÖ): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Im Jahre 2012 hat die Inflation in Österreich 2,49 Prozent betragen, meine Damen und Herren, und im gleichen Jahr sind die Einkünfte aus der Land- und Forstwirtschaft um 8 Prozent gesunken – also um drei Mal so viel, wie der Verbraucherpreisindex in diesem Jahr gestiegen ist. Völlig klar ist, dass sich die Reduktion der Förderungen aus EU, Bund und Ländern niederschlägt. Es wurde um 5,8 Prozent weniger an Geldern überwiesen. Das sind 2,1 Milliarden €, und die müssen erst einmal verkraftet werden.

Der Grüne Bericht, meine Damen und Herren, fördert aber auch noch sehr viel größere Probleme zutage – Probleme vor allem für jene, denen Nebenerwerbsbetriebe, das Bergbauernwesen und damit die ökologische Landwirtschaft und der Tierschutz am Herzen liegen. 101 565 € haben die großen Marktfruchtbetriebe im Durchschnitt erwirt­schaftet. Das ist fast das Vierfache des Durchschnittseinkommens des Jahres 2012. Dieser Betrag, meine Damen und Herren, belegt die tiefe Kluft zwischen den großen und den kleinen Betrieben in der Land- und Forstwirtschaft. Die kleinen Betriebe haben


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll14. Sitzung / Seite 59

nämlich nicht einmal ein Sechstel von dem erzielt, was die großen Marktfruchtbetriebe erwirtschaftet haben.

Bei den Nebenerwerbsbetrieben ist die Zahl noch geringer. 6 996 € beträgt deren durchschnittliches Einkommen. Die Großen haben 14 Mal so viel Einkommen bezogen wie die Nebenerwerbsbetriebe. Das Minus der Nebenerwerbsbetriebe von 12 Prozent wird nur mehr von jenem der Bergbauern übertroffen, die als negative Spitzenreiter im Jahr 2012 13 Prozent verloren haben.

Diese traurige Bilanz, meine Damen und Herren, ist wirklich ein Warnschuss für uns. Groß verdrängt Klein in der Landwirtschaft. Industriell verdrängt kleine Einheiten und damit genau die, die mit Liebe, mit Herz, mit höchstem Anspruch an Umweltschutz und an eine ökologische Wirtschaft und mit größtmöglichem Tierschutz arbeiten.

Für unseren neuen Landwirtschaftsminister ist dieser Bericht aus meiner Sicht ein Auftrag, nämlich jener, die Dinge wieder ins Lot zu bringen und beispielsweise bei der Ungleichheit im Bereich der Direktzahlungen und der Förderungen aufzuräumen. Gerade Ihnen, Herr Minister, der Sie ja aus einer Bergbauernfamilie mit elf Kindern kommen, muss diese ungerechte Einkommenssituation aus der Praxis bekannt sein. Gerade Sie sollten dieser Ungerechtigkeit in Bezug auf Förderungen zwischen Nicht-Bergbauern- und Bergbauern-Betrieben einen Riegel vorschieben.

Gelingt das nicht, meine Damen und Herren, dann müssten wir das Landwirtschafts­minis­terium umbenennen, denn das Lebensministerium ist dann, wenn wirklich nur mehr industriell gearbeitet wird, ein Industrieministerium geworden. Den Landwirt­schaftsausschuss könnten wir dann auflösen und seine Inhalte dem Ausschuss für Industrie eingliedern. Das ist jedoch etwas, das, glaube ich, niemand von uns will. Nehmen wir daher diesen Bericht ernst, arbeiten wir dagegen, um diese ungünstige Förder­situation zum Wohle der Betriebe, die jetzt krass im Nachteil sind, zum Positiven zu verändern! (Beifall bei der SPÖ.)

11.33


Präsident Karlheinz Kopf: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Weigerstorfer. – Bitte.

 


11.33.53

Abgeordnete Ulrike Weigerstorfer (STRONACH): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Minister! Werte Zuseher zu Hause vor den Fernsehgeräten! Hohes Haus! Zuerst einmal ein herzliches Dankeschön für den Grünen Bericht, der einmal mehr aufzeigt, wie wichtig die Landwirtschaft in Österreich ist, aber auch, dass es unsere Bauern nicht immer leicht haben, denn sie werden immer wieder in eine Art Steuerfalle hineingetrieben. Es gibt in diesem Zusammenhang ein Thema, das seit einigen Monaten nicht nur die Bauern sehr aufregt, sondern auch sehr, sehr viele Menschen, die – so wie ich – pferdeaffin sind.

Vielen bäuerlichen Betrieben, vor allem kleineren, wurde von den gesetzlichen Interes­senvertretern, nämlich der Landwirtschaftskammer, empfohlen, sich mit Pferdeeinstell­plätzen oder Pferdehaltung ein zweites Standbein zu schaffen. Nach erfolgter Um­stellung und Einrichtung vieler Betriebe und einem offensichtlichen Erfolg ist es dann scheinbar zum Fiskalthema geworden.

Ein paar Zahlen: Als Tourismus- und Freizeitfaktor generiert die Pferdewirtschaft in Österreich eine Produktion von bis zu 2,1 Milliarden €, und bis zu 23 000 Arbeitsplätze werden dadurch geschaffen. Ich glaube, in der Zeit der hohen Arbeitslosigkeit ist das eine ganz beeindruckende Zahl.

Nun hat die neue Regelung zur Folge, dass seit Jahresanfang auch Bauern, die in ihrem Stall Pferde einstellen, 20 Prozent Umsatzsteuer bezahlen müssen. Das ist für


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mich  und nicht nur für mich – eigentlich sehr, sehr schwer nachzuvollziehen. (Beifall beim Team Stronach.)

Zum einen ist es eine Ungleichbehandlung, denn die Haltung von Pferden ist ähnlich jener der Kühe. Sie fressen dasselbe Heu, sie haben denselben Platzanspruch, und zum anderen bestraft man die Jugend, den privaten Reitsport und die Tierhaltung, weil diese Steuer ja letztendlich an die Pferdehalter weitergegeben werden muss. Da frage ich mich: Warum? Es läge doch viel mehr im öffentlichen Interesse, Sport, tierfreund­liche Pferdehaltung und vernünftige Jugendtätigkeit in Österreich zu fördern. Mit dieser Regelung geschieht aber leider genau das Gegenteil. (Beifall beim Team Stronach.)

Es verlieren dadurch natürlich nicht nur die Landwirte, sondern auch viele andere rund um den Wirtschaftsfaktor Pferd ihre Arbeitsplätze, und das Ganze wird noch zusätzlich dadurch unterstrichen, dass denen, die die neue Umsatzsteuer abführen sollen, sogar noch die Vorsteuerabzugsberechtigung versagt wird.

Alles in allem handelt es sich hierbei offensichtlich um ein geballtes Maßnahmenpaket nicht nur gegen die Bauern, sondern auch gegen die Reitsportfreunde. Herr Minister, wir haben im Vorfeld über dieses Thema schon sprechen dürfen. Ich weiß, Sie sind genauso pferdeaffin wie ich und viele, viele andere. Wir setzen ganz große Stücke auf Sie und hoffen, dass Sie die Fehler Ihrer Vorgänger reparieren und im Sinne der Bauern und der Pferdesportfreunde etwas Gutes bewirken. – Danke. (Beifall beim Team Stronach.)

11.37


Präsident Karlheinz Kopf: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Eßl. – Bitte.

 


11.37.47

Abgeordneter Franz Leonhard Eßl (ÖVP): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine geschätzten Damen und Herren! Wir diskutieren diesen Grünen Bericht 2013, der das Berichtsjahr 2012 umfasst. Dieser Grüne Bericht ist ein umfassendes Nachschlagewerk über die Landwirtschaft, und ich darf mich herzlich dafür bedanken, dass es diesen Bericht wirklich jedes Jahr gibt.

Jeder, der Bescheid wissen will, wie es der Landwirtschaft, wie es den Bäuerinnen und Bauern in Österreich geht, der kann im Grünen Bericht nachlesen und daraus seine Schlüsse ziehen.

Im Berichtszeitraum 2012 hat es bei den Bäuerinnen und Bauern ein Einkom­mens­minus von 8 Prozent gegeben. Es ist allerdings eine längerfristige Betrachtungsweise notwendig, und über die Jahre war seit 2005 durchaus eine positive Entwicklung bemerkbar. Gerade was die Agrarpreise betrifft, gab es in den letzten Jahren seit 2009 eine positive Entwicklung. 2008 war ein Höhepunkt, dann gab es 2009 einen ganz steilen Abfall, der fast nicht verkraftbar gewesen wäre, und Gott sei Dank geht es seit dieser Zeit wieder aufwärts.

In diesem Berichtszeitraum gab es geringere Ernten, es sind aber auch die Betriebs­mittelpreise gestiegen, und das ist der Grund für dieses Minus von 8 Prozent.

Die Bäuerinnen und Bauern sind mit einer großen Erwartungshaltung der gesamten Bevölkerung konfrontiert, die gesunde Lebensmittel in ausreichender Menge und natürlich auch einen Lebensraum mit Lebensqualität möchte. Die Bäuerinnen und Bauern in Österreich sind in der Lage, das auch tatsächlich zu bieten, allerdings müs­sen sie Einkommen erwirtschaften können, denn nur dann können sie diese Leistungen auch entsprechend erbringen.

Das agrarpolitische Ziel ist eine flächendeckende Landwirtschaft, und zwar mit bäuerlichen Familienbetrieben. Darum ist es auch gut, dass wir heuer international die


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bäuerlichen Familienbetriebe in den Fokus stellen und dieses Jahr auch von der UNESCO als Jahr der familienbetriebenen Landwirtschaft ausgerufen wurde.

Ich darf allerdings einen Teil aus dem Grünen Bericht herausgreifen, nämlich die Situation der Bergbauern in Österreich, und kann so auch die Situation der Grün­landbauern und der viehhaltenden Betriebe mit beleuchten.

Die Situation der Bergbauern ist so, dass sie insgesamt weniger verdienen, weniger Einkommen haben als andere Betriebe in Österreich. Im Speziellen sind es die Berghöfekataster-Gruppen 3 und 4, die sehr schlecht verdienen. In der Berghöfe­kataster-Gruppe 4 verdient eine Familienarbeitskraft nur 9 607 € pro Jahr. Das ist sehr, sehr wenig, und dagegen muss man etwas unternehmen. Das ist weniger als die Hälfte dessen, was die übrigen Bauern in Österreich verdienen. Das ist ungefähr nur ein Fünftel des Einkommens von Marktfruchtbetrieben. Ich glaube, es ist notwendig, wenn man in die Zukunft schaut, dass man im neuen Programm wirklich Maßnahmen setzt, um dem entgegenzuwirken.

Es werden nämlich nicht nur die Mindereinnahmen der Berghöfekataster-Gruppen 3 und 4 mit der Ausgleichszulage nicht abgedeckt, die an und für sich ein gutes Instru­ment zum Ausgleich der ständigen natürlichen Nachteile ist, sondern auch jene der anderen Gruppen nicht. Also wenn diese Bergbauern in der Zukunft eine Chance haben sollen, dann muss man dieser Entwicklung etwas Entsprechendes entgegen­setzen. (Beifall bei der ÖVP.)

Es muss bei der Ausgleichszulage für diese Betriebe eine Verbesserung geben!

Herr Bundesminister, ich bedanke mich dafür, dass man bereit ist, den Dreier- und Viererbetrieben bei den Investitionsförderungen einen Bonus zu geben. Es ist allerdings notwendig, weil hier die Aufteilung der Mittel für die Investitionsförderung auf die einzelnen Bundesländer erfolgt, dass man die Mittel in den Bundesländern stärkt, wo viele Bergbauernbetriebe zu Hause sind, wo viele Biobauernbetriebe zu Hause sind, denn nur dann kann man diesen erhöhten Fördersatz auch entsprechend bedie­nen.

Ich darf mich herzlich bedanken für die vielfältigen Leistungen der Bäuerinnen und Bauern und darf auch dem Bundesminister, der neu angetreten ist, um die Landwirt­schaftspolitik in Österreich zu machen, Andrä Rupprechter, herzlich gratulieren. Ich bin überzeugt davon, dass er ein Garant ist für diese ökosoziale Marktwirtschaft.

Abschließend: Schauen wir positiv in die Zukunft und sorgen wir dafür, dass es den Bäuerinnen und Bauern auch in der Zukunft gut geht! (Beifall bei der ÖVP.)

11.42


Präsident Karlheinz Kopf: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Riemer. – Bitte.

 


11.42.41

Abgeordneter Josef A. Riemer (FPÖ): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Jetzt haben wir so viel über die Bauern und Bäuerinnen gehört. Ja, es ist richtig, im Grünen Bericht steht ja schon in der Einleitung alles drin, wofür der Bauer alles zuständig ist und wo wir ihn fördern sollen: bei der Produktion, beim Umweltschutz, Bonus für Jungbäuerinnen und Jungbauern. Ja, wir gestehen zu, das Bergbauernprogramm wurde gerettet. Und jetzt kommt es: Es soll eine Reform geben, die es aktiven Bäuerinnen und Bauern ermöglicht, eine flächendeckende wettbewerbsfähige, nach­haltige – da sind noch etliche Attribute genannt – bäuerliche Landwirtschaft zu betreiben.


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll14. Sitzung / Seite 62

Was tun wir? Wir bringen den Bauern um! Das ist einmal das Erste. Das zeigt ja schon das gestern beschlossene Paket. Das ist nämlich genau das Gegenstück davon.

Herr Bundesminister, Gratulation für Ihre Worte im Ausschuss! Das war beein­druckend. Sie haben gesagt: der Bauer als Unternehmer, der Bauernhof als Arbeits­platz, als Unternehmung. – Was tun wir, um den Unternehmer Bauer zu fördern?

Herr Schultes, ich bin Ihrer Meinung, der Bauer ist breit aufgestellt. Er kann das ja fast nicht tragen: Umweltschutz, Tierwohl, Nahrungsmittel, gesundes Wasser und mit den Unbilden der Natur kämpfen – wer kann das? Und trotzdem hudeln wir uns über die Zahlen hinweg: 173 000 Betriebe sperren zu. Ja, dann haben wir halt ein bissel ein Minus. 20 Prozent Minus sind es seit 1999, das sind 43 000 Betriebe. Das ist die Ein­wohnerzahl von Bregenz und Eisenstadt. Ja, das ist dann schon etwas anderes! Seit dem EU-Beitritt – und da teile ich nicht Ihre Meinung, dass die EU so segensreich diesbezüglich ist; es gibt auch andere Alternativen – sind es 52 000 gewesen; die Einwohnerzahl von St. Pölten und Eisenstadt. So viele Betriebe sind das!

Jeden Tag, auch heute wieder, sperren zehn Betriebe zu. Das hat sich nicht verändert, bis heute ist das so. Rechnen Sie das bitte nach!

Das bäuerliche Einkommen ist gesunken, ja. Wir wissen, das ist die Umwelt, das ist die Natur, diese Unbilden kann man den Bauern nicht mit Gesetzen aus dem Weg räumen. Der muss hinausfahren, wenn es geht, und nicht, wann wir es ihm verordnen. Da bin ich komplett Ihrer Meinung. Aber gegen dieses sinkende Einkommen müssen wir etwas tun.

Wir haben noch ein Problem: 60 Prozent sind Nebenerwerbsbauern und nur mehr 40 Prozent Haupterwerbsbauern. Was tun wir? Wir belasten sie mit der Sozialver­sicherung, mit den Kammerumlagen et cetera.

Ich bringe deswegen folgenden Antrag ein, um einmal eine Diskussion in Gang zu bringen, warum wir die Nebenerwerbsbauern so belasten. Weil sie uns so wertvoll sind? Alle Kämmerer sind aufgerufen, sich darüber zusammenzusetzen.

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Riemer, Jannach, Doppler, Rauch, Kolleginnen und Kollegen betreffend Abschaffung der Zwangsmitgliedschaft bei der Landwirtschaftskammer Österreich

Entschließungsantrag

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesregierung wird aufgefordert, dem Nationalrat eine Regierungsvorlage vorzulegen, die die Sozialpartner aus der Verfassung herausnimmt und die die Zwangs­mitgliedschaft der Bauern in der Landwirtschaftskammer Österreich aufhebt.“

*****

Pah! Das hören Sie sicher nicht ganz so gern, aber das ist wichtig! (Beifall bei der FPÖ und bei Abgeordneten des Teams Stronach.)

Wichtig ist auch, zu erwähnen, dass jedes Jahr 11 000 Tonnen Pflanzenschutzmittel auf die Felder kommen. Auch darüber müssen wir reden. Ich liebe die Bauern, ich stehe dazu, aber wir können das nicht so hinnehmen: wieder 400 Tonnen innerhalb


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll14. Sitzung / Seite 63

eines Jahres mehr! Und nächstes Jahr wird es wieder mehr sein. Was tun wir dage­gen? Wie gehen wir damit um? Wie gehen wir mit der Wassersituation um? Wie gehen wir um mit dem Mikrokosmos?

Wir haben heute einen Antrag gesehen, in dem es um Hochwasserverbauung, Alm­wirtschaft et cetera geht. Bitte, was tun wir für die Humusbildung? Unsere Äcker haben nur mehr 2, 3, 4 Prozent Humus! Das ist ja alles ein Wahnsinn! Das geschieht durch die Verdichtung, ausgelöst durch die Traktoren. Wir bringen uns ja selbst um! Kein Humus heißt auch keine Wasserbindung, was wiederum heißt mehr Düngemittel. Und die Düngemittel – jetzt reden wir vom Leibnitzer Feld – gelangen natürlich auch in das Grundwasser. Kein Vorwurf an die Bauern, aber wir müssen etwas tun. Humus bindet Wasser.

Was machen wir mit den Monokulturen, Maiskulturen? Was machen wir mit den Fichtenkulturen bitte? Diese können ja nicht mehr das Wasser binden und zurück­halten; das ist übrigens auch in der Almwirtschaft so, dass alles Wasser runtergeht. Also Fragen noch und nöcher!

Jetzt komme ich zum „Wettbewerbsvorteil“ Sektsteuer. Kollege Wurm hat das gestern hervorragend gesagt. Ich mache es ganz kurz. Bitte, wem ist das eingefallen, eine Nonsensrechnung, eine Ein-„Teurer“-Rechnung? Damit bringt man die Landwirtschaft in der Südsteiermark teilweise um.

Unsere Weinbauern, was machen die? Und da geht es nicht um den Sekt. Die werden jetzt auf Frizzante, Prosecco umrüsten, die 3-Bar-Grenze nicht überschreiten. Aber was passiert wirklich? – Die „kleinen“ Nebenerwerbsbauern, die „kleinen“ Weinbauern können den Grundwein nicht mehr liefern. Sie können die Trauben nicht mehr bei den Betrieben abgeben, die den Sekt keltern. Ja, heute geht man schon nach Slowenien, pachtet sich unten die Grundstücke, holt sich dann den Wein herauf, damit man einen günstigen „Stoff“ hat. Die eigenen Bauern werden umgebracht! Bitte, wo führt denn das alles hin?!

Letztes Beispiel: Wer verantwortet das in dieser Bundesregierung? Ein Großhändler, nicht so groß, südsteirisch und trotzdem kleine Strukturen, hat nach jahrelangem Kampf endlich 20 000 Sektflaschen an Land gezogen. Das kann er sich jetzt in die Haare schmieren, weil mit einem „Teurer“ nimmt ihm das keiner ab. Da nehmen die Leute alles aus dem Ausland.

Diese Analysen vermisse ich im Grünen Bericht. Da möchte ich sagen, auch die §-7-Empfehlungen sollten hier noch ergänzt werden, die ich für sehr gut halte. Man sollte das über die soziale Landwirtschaft genau machen. Es sind das hervorragende Dinge im Grünen Bericht. Wenn man ihn liest, sieht man, was er wirklich hergibt.

Daher abschließend: Nachdenken, nachdenken und wieder nachdenken – für einen stolzen Bauern, für ein stolzes Bauerntum! – Danke. (Beifall bei der FPÖ und bei Abge­ordneten des Teams Stronach.)

11.48


Präsident Karlheinz Kopf: Der soeben eingebrachte Entschließungsantrag ist aus­reichend unterstützt und steht mit in Verhandlung.

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Riemer, Jannach, Doppler, Rauch, Kolleginnen und Kollegen


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll14. Sitzung / Seite 64

betreffend Abschaffung der Zwangsmitgliedschaft bei der Landwirtschaftskammer Österreich

eingebracht im Zuge der Debatte über den Bericht des Ausschusses für Land- und Forstwirtschaft über den Grünen Bericht 2013 der Bundesregierung (III-26/41 d.B.), TOP 1, in der 14. Sitzung des Nationalrates in der XXV.GP am 25.2.2014

Das Kammersystem stammt aus einer Zeit vor dem Entstehen der ersten demo­kratischen Gehversuche Österreichs und hatte zu dieser Zeit sicher seine Existenz­berechtigung. Die Regierungsform, Österreich ist heute eine demokratische Republik, und die Arbeitswelt hat sich jedoch so stark verändert, dass es einer Modernisierung der Interessensvertretungen bedarf. Die Kammern haben sich jedoch bis dato nicht überlegt, wie sie sich modernisieren und an die heutigen Realitäten der Arbeitswelt anpassen können. Die große Koalition hat nicht nur die Kammern alleine unter den verfassungsrechtlichen Schutz gestellt, sondern die Sozialpartner Wort wörtlich. Es gibt keine Legaldefinition, wer die Sozialpartner sind, jedoch wird angenommen, dass dies die Landwirtschaftskammer Österreich, der ÖGB, die Wirtschaftskammer und die Arbeiterkammer sind. Dies schließt nicht nur andere Kammern (Interessens­vertre­tungen) vom Schutz der Verfassung aus sondern führt auch zu einer Ungleichbe­handlung der anderen.

In der heutigen Welt stoßen Zwangsmitgliedschaften mit verpflichtenden Kammerum­lagen auf immer größeren Widerstand. Im Landwirtschaftlichen Bereich sind es die zahlreichen Nebenerwerbslandwirte, die finanziell besonders schwer von den ver-pflichtenden Kammerumlagen betroffen sind.

Im Sinne der österreichischen Bauernschaft stellen die unterzeichnenden Abgeord­neten um dem steten Bauernsterben in Österreich entgegenzuwirken folgenden

Entschließungsantrag

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesregierung wird aufgefordert, dem Nationalrat eine Regierungsvorlage vorzulegen, die die Sozialpartner aus der Verfassung herausnimmt und die die Zwangs­mitgliedschaft der Bauern in der Landwirtschaftskammer Österreich aufhebt.“

*****

 


Präsident Karlheinz Kopf: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Königsberger-Ludwig. – Bitte.

 


11.48.56

Abgeordnete Ulrike Königsberger-Ludwig (SPÖ): Herr Präsident! Herr Minister! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Geschätzter Herr Kollege Riemer, so drama­tisch würde ich es nicht bezeichnen mit „wir bringen die Bauern um“, obwohl ich natürlich den Strukturwandel, den Sie damit angesprochen haben, auch dramatisch sehe. Auch im Grünen Bericht kann man diesen Strukturwandel ohne Weiteres erkennen. Die Zahlen wurden heute schon ein paar Mal genannt. Seit dem Jahr 1999 sind 20,3 Prozent weniger landwirtschaftliche Betriebe in unserem Land anzutreffen. Das ist ein Strukturwandel, den man ernst nehmen muss. Da bin ich ganz Ihrer Meinung.

Auf europäischer Ebene schaut es ebenso aus: Zirka 20 Prozent der Betriebe haben seit 2003 geschlossen. Auf der anderen Seite sind aber die Flächen nur um 0,7 Prozent zurückgegangen auf europäischer Ebene. (Abg. Steinbichler: Tausende


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll14. Sitzung / Seite 65

Arbeitsplätze wurden vernichtet!) Das heißt, dass natürlich die Flächen pro Betrieb viel größer werden. Ich bin keine Bäuerin, aber als Konsumentin sehe ich das schon so, dass die kleinstrukturierte Landwirtschaft vor allem auch die Qualität der Lebensmittel erhält und darauf ganz besonders achtet. Außerdem hält unsere kleinstrukturierte Landwirtschaft in Österreich unsere Landschaft schön. Viele beneiden uns ja um unsere schöne gepflegte Landschaft, und dafür sorgen eben die kleinen Bauern und Bäuerinnen.

Ich denke, Herr Minister, man sollte das schon ernst nehmen. Sie haben im Ausschuss gesagt, Sie wissen zwar um dieses Phänomen, aber es ist halt ein wenig auch dem Wandel der Zeit geschuldet, und man kann wahrscheinlich nicht so viel dagegen tun. Ich denke, man sollte schon überlegen, was man dagegen tun kann. Vielleicht ist ein Mittel, sich genau die Förderstruktur anzuschauen.

Wenn man sich im Grünen Bericht die Förderstruktur anschaut – das ist heute schon ein paarmal angesprochen worden, die Einkommenssituation ist angesprochen wor­den, aber auch die Direktzahlungen sind sehr ungleich verteilt –, so erhalten zum Beispiel 36 Prozent der Betriebe im unteren Bereich nur ungefähr 6 Prozent der gesamten Fördersumme. 2 Prozent der Betriebe, die im oberen Einkommenssegment anzusiedeln sind, erhalten rund 13 Prozent der Fördermittel. 266 Betriebe in Österreich erhalten rund 52 Millionen € an Fördermitteln.

Ich weiß, dass das wichtig ist, ich spreche mich nicht gegen Förderungen aus, das ist ein wichtiger Bestandteil von Einkommen, aber ich denke schon, wir sollten darüber nachdenken, ob man nicht im Zuge der GAP-Reform, die eine Marktordnungsgesetz-Novelle notwendig machen wird, diese Chance nützt, ein wenig in dieser Förder­struktur, in dieser Förderpolitik umzuschichten. Es ist schon angesprochen worden, Österreich hat den nationalen Spielraum, dass man ab einer Fördersumme von 150 000 € degressiv arbeiten kann. Man könnte also nicht nur um diese 5 Prozent weniger auszahlen, sondern man könnte auch sagen, über 150 000 € hinaus gibt es überhaupt keine Fördersumme mehr. Das wäre nur ein Beispiel, um Förderungen gerechter zu verteilen.

Seitens der SPÖ ist auch einzubringen, und da bitte ich wirklich, mitzudiskutieren, ob man nicht diese frei werdenden Mittel dann der kleinstrukturierten Landwirtschaft zur Verfügung stellt, nämlich indem man bei den ersten 20 Hektar pro Hektar eine Aufschlagszahlung auszahlt. Ich denke mir, das sind Sachen, die man einfach besprechen muss.

Herr Minister, Sie haben sich in der Ausschusssitzung wirklich, das muss ich betonen, sehr viel Zeit genommen. Sie haben auch sehr viel Verständnis für die Argumente der anderen Parteien gezeigt, und ich denke mir, Sie haben auch viel Verständnis für die Situation der Bergbauern, der Biobauern und der kleinbäuerlichen Betriebe. Vielleicht können wir gemeinsam in diese Richtung arbeiten, damit wir einerseits das Bauern­sterben ein Stück weit hintanhalten und andererseits natürlich die Bäuerinnen und Bauern in unserem Land weiter unterstützen. (Beifall bei der SPÖ sowie bei Abgeord­neten des Teams Stronach.)

11.53


Präsident Karlheinz Kopf: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Willi. – Bitte.

 


11.53.0


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll14. Sitzung / Seite 66

1

Abgeordneter Georg Willi (Grüne): Herr Präsident! Herr Minister! Meine Damen und Herren! Dieser Grüne Bericht ist eine sehr detaillierte Darstellung; da wurde viel gezählt und gemessen. Wir wissen, dass es in Österreich im Jahre 2012 11 840 703 Stück Geflügel und 1 962 419 Rinder gegeben hat. Und auch die Pferde, Frau Weigerstorfer, sind bis auf das letzte Stück gezählt. Das ist Ausdruck der Bürokratie, die hinter der Landwirtschaft steckt. Und ich frage mich manchmal: Ist das in diesem Ausmaß sinnvoll? (Abg. Ing. Schultes: Wäre Schätzen besser gewesen?)

Herr Minister, Sie sind der Verwalter eines schrumpfenden Sektors. (Abg. Ing. Schultes: Wertschätzung ist das keine!) Wir haben in Österreich in den Jahren 1995 bis 2010, also seit dem EU-Beitritt, jeden vierten landwirtschaftlichen Betrieb verloren. Die Bruttowertschöpfung der Landwirtschaft beträgt nur 1,6 Prozent, und trotzdem ist die Landwirtschaft enorm wichtig. Sie entscheidet, wie unsere Landschaft aussieht, wie fruchtbar unsere Böden sind, wie sauber unser Wasser, wie gut unsere Luft ist. (Beifall bei den Grünen sowie bei Abgeordneten des Teams Stronach.)

Sie, Herr Minister Rupprechter, sind ein Wegbegleiter von Josef Riegler und Franz Fischler, und das ist gut, darüber bin ich froh, denn diese beiden haben den Weg der öko-sozialen Landwirtschaft beschrieben und als Ziel formuliert. Franz Fischler hat gesagt, Österreich muss der Feinkostladen Europas werden.

Die Fakten in Österreich, im Grünen Bericht nachzulesen, sind jedoch andere, nämlich: Groß schlägt Klein, Talbetrieb schlägt Bergbetrieb, und Nicht-Bio schlägt Bio.

Und ich, Herr Minister, will heute von Ihnen bei der Präsentation des ersten Grünen Berichtes unter Ihrer Ministerschaft hören: Wohin geht die Reise? Wo sehen Sie die Landwirtschaft in Österreich in fünf Jahren?

Wir Grünen wollen jedenfalls jeden bäuerlichen Arbeitsplatz so gut wie möglich erhalten, jeden Betrieb so gut wie möglich erhalten, und wir wollen natürlich einen viel höheren Bio-Anteil.

Sie, Herr Minister, sagen, Bio ist für Sie das Flaggschiff. – Das Flaggschiff ist das größte Schiff – nur nicht in Österreich, da ist es ein Minderheitenprogramm. Sie haben es mit der Umstellung der Förderungen, mit der Lenkung der Zahlungsströme in der Hand, zu entscheiden, ob der Bio-Anteil nach oben geht.

Unser grünes Konzept heißt: Bio – regional, saisonal. Das hätten wir gerne. (Abg. Steinbichler: Welches Bio? Industrielles Bio oder reines Bio?) – Sie schränken meine wertvolle Redezeit ein; das machen wir nachher privat, Herr Kollege.

Herr Minister Rupprechter, ich setze große Stücke auf Sie als Wegbegleiter von Franz Fischler und Josef Riegler, auch deshalb, weil Sie die Berglandwirtschaft kennen, und ich bitte Sie, uns im Laufe dieser Diskussion – vor allem dann am Ende – zu sagen, wo Sie die österreichische Landwirtschaft in fünf Jahren sehen.

Wir von den Grünen sind jedenfalls klar für die Stärkung der Biobetriebe.

Und an uns alle am Schluss der Appell: Wir entscheiden jeden Tag mit dem Kauf der Lebensmittel im Laden, welche Art von Landwirtschaft wir haben wollen: Ist es eine kleinstrukturierte bäuerliche Landwirtschaft, abwechslungsreich, vielfältig, schön anzu­schauen – oder ist es eine ausgeräumte Landwirtschaft mit Monokultur im Würgegriff von Monsanto?

Wir haben es in der Hand! (Beifall bei den Grünen sowie bei Abgeordneten des Teams Stronach.)

11.57



Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll14. Sitzung / Seite 67

Präsident Karlheinz Kopf: Als Nächster zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Dipl.-Ing. Berlakovich.

 


11.57.03

Abgeordneter Dipl.-Ing. Nikolaus Berlakovich (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Bundesminister! Hohes Haus! Um gleich bei meinem Vorredner anzuschließen: Es war immer die Tradition der Landwirtschaftsminister – jedenfalls jener, die aus dem Bauernbund, aus der ÖVP kommen –, die Landwirtschaft im Geiste der öko-sozialen Land- und Forstwirtschaft weiterzuentwickeln. (Abg. Steinbichler: Biogas!)

Natürlich gibt es einen Strukturwandel, und natürlich ist niemand glücklich darüber, wenn Betriebe sperren, aber machen Sie einen Vergleich, Herr Abgeordneter! Wenn Sie europäische Länder in der Größenstruktur vergleichen: Österreich hat nach wie vor im Verhältnis zu Deutschland, zu Tschechien, zu Dänemark eine relativ klein strukturierte Landwirtschaft, die sich trotz harter Marktkräfte behaupten kann. Es war immer unser Weg, dass wir dort Chancen ermöglichen.

Es ist auch nicht fair – ich weiß, dass das nicht Ihre Absicht ist –, wenn man der Land­wirtschaft den Produktionswert von eins Komma irgendwas vorhält. Allein die monetäre Zahl des Sektors zu quantifizieren ist zu wenig. Die Landwirtschaft erbringt Leistungen in der Ernährungssicherung, eben in der Pflege der Landschaft, in der Erhaltung der natürlichen Bodengrundlagen und auch im Decken des Tisches der Menschen mit österreichischen Lebensmitteln.

Es war nie für uns ein Widerspruch: Bio oder konventionell. In Wahrheit ist das Ziel, dass wir österreichische, insbesondere regionale Lebensmittel präsentieren. Auch wenn wir Bio-Weltmeister sind, muss es natürlich heißen, dass wir Bio weiter aus-bauen, aber – und das ist die Einschränkung; soll aber keine Einschränkung sein, sondern die Betonung – so, wie es der Markt und wie es vor allem die Menschen verlangen. Ich habe persönlich nie etwas davon gehalten, dass man sagt – Sie haben es nicht gesagt, aber in der Grundtendenz –, alle sollen Bio werden, denn dann fallen uns wesentliche Teile der Nahrung weg, weil sich noch immer ein großer Teil der Bevölkerung in Österreich konventionell ernährt. Und diese Menschen müssen sich auch verlassen können auf ordentliche, sichere Lebensmittel. Und diese Anforderung war eine, die die österreichische heimische Land- und Forstwirtschaft immer erfüllt hat. Daher danke an die Bäuerinnen und Bauern für ihre ausgezeichnete Arbeit! (Beifall bei der ÖVP sowie bei Abgeordneten der SPÖ.)

Das war ja auch die Aufgabenstellung. Ich bin ganz bei Ihnen: Es hat der Weg Österreichs nur einen Sinn in einer öko-sozialen Marktwirtschaft, in einer öko-sozialen Landwirtschaft. Das war auch die Aufgabenstellung bei den Verhandlungen zur Gemeinsamen Agrarpolitik, wo natürlich die Frage war: Gehen wir in Richtung Agro­industrie in den nächsten Jahren und Jahrzehnten oder in Richtung einer bäuerlichen Landwirtschaft? Für uns, für mich war immer der bäuerliche Familienbetrieb das Maß, weil bei bäuerlichen Familienbetrieben eine ganz andere Philosophie dahintersteht als bei der Agrarindustrie.

Es ist uns nach diesen vier Jahren harter Verhandlungen gelungen, unseren öster­reichischen Weg fortsetzen zu können. Das war nämlich die Frage. Wir haben immer ein Greening the Common Agricultural Policy unterstützt, also dass man die euro­päische Agrarpolitik ökologisiert. Vielen ist das zu wenig, ich weiß das, aber es war ein Kompromiss. Trotzdem haben wir erreicht, dass in der Ersten Säule jetzt Direktzah­lungen nur mit Ökoauflagen verbunden sind. Aber wichtig war, dass wir unseren Weg mit einem Umweltprogramm und einer ökologisch orientierten Landwirtschaft weiter­gehen können, dass das nicht unter die Räder kommt, weil so, wie es Österreich


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll14. Sitzung / Seite 68

gemacht hat, kein einziger Staat in Europa eine ökologische Landwirtschaft organisiert. Das können wir mit Stolz sagen, das ist das Verdienst von uns allen, die sich hier gemeinsam sehr stark für diesen Bereich einsetzen.

Es ist uns gelungen, uns in den Kernanliegen durchzusetzen, sodass wir trotz klammer Kassen nicht nur die Finanzmittel gesichert haben, sondern dass wir auch dafür gesorgt haben, dass wir ein Umweltprogramm mit einer ökologischen Biokomponente weiterführen können, dass wir aber auch insgesamt die Entwicklung des ländlichen Raums garantieren können, was auch wichtig ist, weil heute junge Menschen aus landwirtschaftlichen Schulen da sind.

Es war uns immer ein Anliegen, dass wir Junglandwirte unterstützen, ihnen eine Perspektive geben, wenn sie Betriebe übernehmen, dass sie eine zusätzliche Unter­stützung bekommen. Wir brauchen eine Verjüngung in unserer Land- und Forstwirt­schaft. Wir müssen junge Menschen dafür begeistern, denn die Themenstellung, die wir nicht nur in Europa, sondern weltweit haben, ist: Wie gelingt es uns, in wenigen Jahrzehnten eine wachsende Weltbevölkerung ordentlich zu ernähren – nach Möglich-keit ohne Gentechnik, nach Möglichkeit nach ökologischen Kriterien, nach Möglichkeit in einem Greening, in einer Green Economy?

Das ist, so glaube ich, die faszinierende Aufgabe. Da hat Österreich sehr viel zu tun. Es ist auch gelungen, nicht nur der Landwirtschaft im flachen Land eine Perspektive zu geben, sondern auch einer Berglandwirtschaft, die für Österreich immer eine zentrale Bedeutung gehabt hat. Es muss auch im alpinen Raum nicht nur eine Landwirtschaft geben, sondern auch eine, die hochwertige Lebensmittel produziert.

Abschließend: Der von Fischler angesprochene „Feinkostladen“ ist jetzt Realität. Mit den GenussRegionen, mit der starken regionalen Komponente haben wir das erreicht. – Danke an die Konsumentinnen und Konsumenten, die die österreichischen Lebensmittel kaufen! (Zwischenruf des Abg. Steinbichler.)

Ich bin ganz bei Ihnen: Letztgenannte entscheiden in Wirklichkeit jeden Tag, ob es eine bäuerliche Landwirtschaft gibt, wenn sie im Supermarkt oder beim Greißler öster­reichische Lebensmittel kaufen oder nicht. Daher habe ich mich immer bemüht und bemühen wir uns um diese Partnerschaft zwischen Bauern und österreichischen Konsumentinnen und Konsumenten, weil das auch die Garantie dafür ist.

Herzlichen Dank für den Grünen Bericht! Das war unter meiner Amtszeit noch der letzte Grüne Bericht, den wir erstellen konnten. Das ist exzellente Arbeit der Expertinnen und Experten des Lebensministeriums. Ich wünsche meinem Nachfolger alles Gute bei unserem gemeinsamen Weg für die österreichische Landwirtschaft. – Herzlichen Dank. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der SPÖ.)

12.02

12.02.20 Ankündigung eines Antrages auf Einsetzung eines Untersuchungsausschusses

 


Präsident Karlheinz Kopf: Ich gebe bekannt, dass die Abgeordneten Podgorschek, Mag. Kogler, Ing. Lugar, Dr. Hable, Kolleginnen und Kollegen beantragt haben, gemäß § 33 Abs. 1 der Geschäftsordnung einen Untersuchungsausschuss zur Untersuchung der politischen Verantwortung für die Vorgänge rund um die Hypo Group Alpe-Adria (Hypo-Untersuchungsausschuss) einzusetzen.

Ferner liegt das von fünf Abgeordneten gemäß § 33 Abs. 2 der Geschäftsordnung gestellte Verlangen vor, eine Debatte über diesen Antrag durchzuführen.


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll14. Sitzung / Seite 69

Gemäß § 33 Abs. 2 der Geschäftsordnung finden die Debatte und Abstimmung nach Erledigung der Tagesordnung statt.

*****

Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Rauch. – Bitte.

 


12.03.14

Abgeordneter Walter Rauch (FPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Bundesminister Rupprechter! Hohes Haus! Dieser Grüne Bericht ist eine gute Grundlage für die Analyse der Situation der Landwirtschaft in Österreich. Das Kapitel „Agrarstruktur“ offenbart die Situation der Landwirtschaft und der damit verbundenen Agrarpolitik. Ein Ereignis der Agrarstrukturerhebung zeigt auf, dass sich seit dem EU-Beitritt die Zahl der Betriebe um 27,5 Prozent verringert hat. Es folgt eine Nichtbewirtschaftung dieser Fläche, meistens in den Bergregionen. Es folgt die Abwanderung aus diesen Gebieten, die Ausdünnung des ländlichen Raumes. Es folgt der Verlust der flächendeckenden Landwirtschaft und der Lebensmittelproduktion in Österreich.

Wir erleben in vielen Bereichen einen ständigen Wandel. In vielen Fällen betrifft es die kleinen Betriebe, die die Bewirtschaftung aufgeben. Die Landwirte drängen natürlich auf den Arbeitsmarkt, wenn sie mit ihrem Einkommen nicht überleben können. Das ist ein wesentlicher Faktor.

Auch der Grüne Bericht 2013 zeigt, dass die Einkommenssituation bei den Landwirten nach unten geht. Die GAP-Reform mit all ihren Auswirkungen auf die neue Förderperiode zeigt: Bis zum Jahre 2020 verlieren die Bauern bei den Direktzahlungen wieder 3,8 Prozent ihres Einkommens.

Für uns ist auch die Fortschreibung einer seit vielen Jahren bestehenden Ungerech­tigkeit nicht nachvollziehbar. Seit mehr als zehn Jahren gibt es die Ungerechtigkeit, dass landwirtschaftliche Flächen und Betriebe höchst unterschiedliche Zahlungs­ansprüche haben und daraus resultierend unterschiedliche Betriebsprämien erhalten. Diese Prämie soll für die landwirtschaftlichen Flächen vereinheitlicht werden, jedoch in Fünf-Jahresschritten bis 2019 und jeweils um 20 Prozent. Ich frage mich wirklich: Warum nicht sofort? (Beifall bei der FPÖ sowie des Abg. Steinbichler.)

Für uns Freiheitliche ist das nicht akzeptabel, weil es sich um eine unnotwendige Fortschreibung dieser Ungerechtigkeiten handelt. Eine gerechte Verteilung der immer weniger werdenden Mittel, das ist das Ziel. Es muss endlich Schluss sein mit der Verantwortungshin- und -herschieberei. Rasche Lösungen im Interesse der Bauern sind gefragt.

Positiv bewerten wir die geplante Erhöhung der Jungübernehmerförderung. Das ist wirklich ein guter Schritt.

Gefordert wird von uns auch eine massive Aufstockung der Investitionsförderungen. Eine wesentliche Forderung von uns ist die Trennung von Geldern, nämlich jenen für die Landwirtschaft und jenen für den außerlandwirtschaftlichen Bereich, um das Image der Landwirtschaft zu verbessern.

Das Jahr 2014 ist wirklich ein entscheidendes Jahr für die Zukunft der österreichischen Landwirtschaft. – Danke. (Beifall bei der FPÖ.)

12.06


Präsident Karlheinz Kopf: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Buchmayr. – Bitte.

 



Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll14. Sitzung / Seite 70

12.06.34

Abgeordneter Harry Buchmayr (SPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Bundesminister! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Ich möchte ein Thema herausgreifen, und zwar das Thema Biokraftstoffe, also Bioethanol und Biodiesel. Das ist ein sehr gutes Beispiel dafür, wie man sieht, wenn eine Einzelmaßnahme getroffen wird, was sie für Auswirkungen auf die Nahrungsmittelpreise hat. Die EU hat das Prob­lem ja inzwischen auch erkannt, dass die hemmungslose Unterstützung des Anbaus von Getreide, Mais und Raps für die Energiegewinnung die Lebensmittelpreise in die Höhe treibt.

Geplant war ursprünglich, bis 2020 einen Anteil von 20 Prozent an erneuerbarer Energie als Treibstoff für den Transport zu verwenden. Im Herbst letzten Jahres wurde eine von der EU-Kommission in Auftrag gegebene Studie veröffentlicht, die sehr interessante Informationen bietet. Würde man jetzt hergehen und die Subventionierung des Biotreibstoffes stoppen, so würde die Nachfrage  (Abg. Ing. Schultes: Wo wird es denn subventioniert?) – Moment! (Abg. Ing. Schultes: In Österreich nicht!) – In Österreich wird er auch subventioniert. Na sicher. (Ruf bei der FPÖ: Wer redet jetzt von euch zwei?)

Also es würde auf jeden Fall die Nachfrage nach Biotreibstoff um 81 Prozent ein­brechen. In der Folge würde auch Biodiesel nicht mehr so nachgefragt werden. Der Preis würde um 64 Prozent einbrechen. Aber die positiven Auswirkungen wären: Dadurch, dass der Preis einbricht, würde pflanzliches Öl wieder verstärkt, nämlich um 48 Prozent, im Preis sinken und vermehrt für Lebensmittel Verwendung finden.

In Österreich werden laut Grünem Bericht jährlich 550 000 Tonnen Getreide, Futter­weizen und Mais zu Bioethanol verarbeitet. Bei Biodiesel verfügt Österreich mit etwa 500 000 Jahrestonnen über mehr als ausreichende Kapazitäten zur Herstellung von Biodiesel, als Rohstoff vorwiegend Raps, Altspeiseöl und Fette. Das ist ja eine positive Entwicklung.

Der Exportanteil ist aber stark steigend, so wurden alleine im Jahr 2011 laut aktuellem Bericht mehr als 93 000 Tonnen Bioethanol exportiert. (Abg. Ing. Schultes: Die Ungarn wissen, wie gut das ist!)

Meine Bitte wäre nur, die Strategie diesbezüglich zu überlegen. Für Österreich eine positive Meldung: Bei uns wird Bioethanol nachhaltig hergestellt. Aber Rohstoffe für Nahrungsmittel gehören letztendlich nicht ins Auto. – Danke. (Beifall bei der SPÖ.)

12.09


Präsident Karlheinz Kopf: Als Nächster zu Wort gemeldet hat sich Herr Bundes­minister Dipl.-Ing. Rupprechter. – Bitte, Herr Bundesminister.

 


12.09.44

Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft Dipl.-Ing. Andrä Rupprechter: Sehr geehrter Herr Präsident! Hohes Haus! Ge­schätzte Damen und Herren Abgeordnete! Da ich auf einige Fragen in meiner ersten Interven­tion nicht eingegangen bin – Stichwort „Almproblematik“, Stichwort „Bergbauern­politik“ –, möchte ich jetzt ganz kurz auf einige aufgeworfene Fragen eingehen.

Sie können versichert sein, dass die Almbauern und die Bergbauern mir persönlich ein wirkliches Herzensanliegen sind. Ich kann auch ganz eindeutig feststellen: Wir haben in Österreich die beste Almförderung der Welt. 100 Millionen € setzen wir für unsere 28 000 Almbauern ein.

Natürlich gibt es das Almproblem, das ich mit der Almfutterflächenfeststellung über­nommen habe. Ich habe bewusst gesagt, dass ich keine Schuldzuweisung dahin gehend betreiben werde, wer für dieses Problem verantwortlich ist, sondern dass es


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll14. Sitzung / Seite 71

darum geht, dieses Problem zu lösen. Daran arbeiten wir seit meinem Amtsantritt mit Hochdruck gemeinsam mit der „Taskforce Alm“. Die Landesräte und die Präsidenten der Landwirtschaftskammern der betroffenen Bundesländer sitzen da gemeinsam mit mir an einem Tisch. Wir werden Ihnen – das kann ich Ihnen versichern – Mitte/Ende März, noch bevor die Almen ausgeapert sind, die Lösung des Problems vorlegen können. Und ich kann Ihnen versichern, Sie sind Teil der Lösung. Wir werden auch das Hohe Haus brauchen, um diese Thematik zu bereinigen. Aber ich stehe dazu: Wir haben die beste Almförderung der Welt – und das soll auch in Zukunft so bleiben. (Beifall bei der ÖVP sowie des Abg. Steinbichler.) – Vielen Dank.

Zur Thematik der Energiewende, der Energiepolitik. Frau Abgeordnete Brunner, ich kann Ihnen versichern, ich stimme mit Ihnen voll und ganz überein: Die Landwirtschaft, die Bauern und die Bäuerinnen sind Teil der Energiewende. Wir brauchen die Bauern für das Investment in den Klimaschutz, und wir brauchen die erneuerbaren, rege­nerativen Energieträger als Grundlage. Auf diese müssen wir die Energiewende ausrichten. Wir brauchen auch die grüne Kraft der Umweltdienstleistungen, des Um­welt­umsatzes, um insgesamt das Wirtschaftswachstum und die Beschäftigungs­sicherung wieder voranzubringen.

Frau Abgeordnete Weigerstorfer hat die Pferdeproblematik, die Pensionspferdehaltung angesprochen. Sie wissen, dass das Bundesministerium für Finanzen, der Bundes­minister für Finanzen hier federführend zuständig ist, aber gemeinsam mit unserem Ressort hier auch an einer Lösung arbeitet, die Ihnen demnächst präsentiert werden wird.

Da dieses Thema auch eine Reihe von Abgeordneten angesprochen hat: Herr Abge­ordneter Willi, wir sind der Feinkostladen Europas, das Stichwort „GenussRegionen“ hat Niki Berlakovich schon angesprochen. Wir sind bereits heute die GenussRegion Europas und der Feinkostladen Europas.

Die bäuerlichen Familienbetriebe, wie wir sie hier in Österreich haben – ich habe es schon erwähnt –, sind heute das Leitbild der Gemeinsamen Agrarpolitik. Sie sind übrigens in diesem Internationalen Jahr der bäuerlichen Familienbetriebe der Vereinten Nationen das Leitbild für eine nachhaltige Versorgung, eine globale Versorgung der Weltbevölkerung, das Leitbild für die Vereinten Nationen. Auch darauf können wir wirklich stolz sein.

Mein Ziel ist es, die breite, flächendeckende Ökologisierung der österreichischen Landwirtschaft voranzubringen. Arbeiten wir gemeinsam hier für ein lebenswertes Österreich! – Vielen Dank. (Beifall bei der ÖVP sowie bei Abgeordneten der SPÖ.)

12.13


Präsident Karlheinz Kopf: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Wurm. – Bitte.

 


12.13.53

Abgeordneter Peter Wurm (FPÖ): Herr Präsident! Herr Minister! Ich habe heute einige Fragen mitgebracht und würde mir doch ganz konkrete Antworten darauf er­warten. Das Alm-Chaos haben Sie selber angesprochen. Zwei Fragen dazu: Wann erhalten wir den Bericht der Sonderkommission Alm? – Einfach ein genaues Datum würde mich interessieren. Und die zweite Frage – da sind Sie vorhin ein bisschen ausgewichen –: Wer ist jetzt wirklich verantwortlich? Die AMA, Ihr Ministerium, die Landwirtschaftskammer? – Diese Frage hätte ich auch gerne von Ihnen konkret beant­wortet.

Zweites Thema: Sektsteuer. Darauf habe ich gestern schon ausführlich Bezug genom­men. Jetzt noch einmal die Frage: Wie können Sie als Landwirtschaftsminister


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll14. Sitzung / Seite 72

3 000 Winzer in Österreich im Regen stehen lassen? Welche konkreten Maßnahmen haben diese Winzer zu erwarten, wenn ihr Geschäft, nämlich den Grundwein für die Sekterzeugung zu liefern, zusammenbrechen wird? Gibt es da irgendeinen Ansatz? (Beifall bei der FPÖ.) Ich nehme an, Sie sind für die österreichischen und nicht für die italienischen Winzer zuständig.

Dritter Punkt – er wurde heute auch schon angesprochen –: die seit 1. Jänner 2014 gültige 20-prozentige Mehrwertsteuer für Pensionspferdehaltung. Da muss man vielleicht die Historie noch kurz beleuchten: Seit 2011 ist dieses Thema bereits bekannt, das heißt, die EU hat uns das vorgeschrieben. Dann ist lange nichts ge­schehen, dann, plötzlich, völlig überraschend für eine ganze Branche – es sind natürlich über 100 000 Pferde, Reiter und Bauern davon betroffen –, mit 1. Jänner 2014 müssen alle 20 Prozent Mehrwertsteuer dafür verrechnen.

Jetzt habe ich aus gut informierter Quelle gehört, Sie hätten eine Lösung, es gebe, wenn das stimmt, anscheinend einen Pauschalbetrag von 24 € pro Pferd. Ich bin schon neugierig darauf, wie das konkret ausschaut. Ich habe im Dezember 2013 einen Antrag eingebracht, um dieses Problem zu thematisieren, jetzt kommt Bewegung hinein. Wenn das für die Landwirte, für die Pferde und für die Pferdesportler eine Verbes­serung bringt, bin ich ja grundsätzlich froh, aber es bleiben nach wie vor einige Fragen, ganz entscheidende Fragen offen: Wie schaut es mit dem Gewerberecht aus? Fallen diese Bauern jetzt, wenn Sie 20 Prozent Mehrwertsteuer verlangen, unter das Gewer­berecht? Sind sie jetzt Unternehmer? (Abg. Dr. Pirklhuber: Nein!) – Es würde mich schon interessieren, ob das ganz konkret beantwortet wird. Die Landwirte wollen das auch wissen, das ist nicht geklärt.

Und die zweite Frage, die nicht geklärt ist, ist die sozialversicherungsrechtliche. Kann man beantworten, wie es mit der Pauschalierung funktioniert?

Für mich ist klar: Die ÖVP hat nicht nur in der Wirtschaft die Klein- und Mittelbetriebe schon lange im Regen stehen lassen und vergessen, sie macht das bitte sehr auch bei den Bauern. (Beifall bei der FPÖ.)

12.17


Präsident Karlheinz Kopf: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Grillitsch. – Bitte.

 


12.17.12

Abgeordneter Fritz Grillitsch (ÖVP): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Eigentlich wollte ich sagen – ich sage es trotzdem, trotz des letzten Redebeitrags –, dass die heutige Diskussion über den Grünen Bericht wirklich von einem breiten Konsens getragen ist. Dies stimmt mich zuversichtlich, weil man die Bauern nicht als einen schrumpfenden Sektor sehen sollte. Die Bauern werden nicht die Letzten von gestern, sondern die Ersten von morgen sein, meine Damen und Herren, weil sie die Lebensgrundlagen für die Menschen in Österreich und in Europa sichern. (Beifall bei der ÖVP.)

Daher ist es wichtig, dass wir den Worten, die wir heute geäußert haben, auch Taten folgen lassen und jene Grundlagen liefern, damit wir einerseits die Sehnsüchte der Menschen, der Konsumenten die täglichen Lebensmittel betreffend sicherstellen kön­nen; andererseits müssen wir aber auch wissen, damit die Bauern das tun können, muss für sie auch die Praxistauglichkeit sichergestellt werden, meine Damen und Herren. (Abg. Dr. Pirklhuber: Sehr gut!) Es soll nicht nur immer die Forderung nach höheren Standards im Bereich Tierschutz, Umweltschutz und dergleichen mehr geben. (Abg. Steinbichler: Lernfähig!)


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Das heißt, hier müssen wir eine ehrliche Diskussion führen. Ich weiß nicht, ob Sie das wissen: Neben all diesen Leistungen, die die Bauern erbringen, wissen Sie, für wie viele Tiere die Bäuerinnen und Bauern tagtäglich in Österreich verantwortlich sind? Wissen Sie es? (Abg. Dr. Pirklhuber: Einige Millionen!) Ich sage es Ihnen: 18,6 Mil­lionen Tiere. Da tragen die Bauern Verantwortung und haben Kompetenz, jeden Tag, meine Damen und Herren. Jeden Tag! (Demonstrativer Beifall des Abg. Steinbichler.)

Und dafür müssen wir uns bedanken, für diesen Fleiß, für diese tägliche Arbeit haben unsere Bäuerinnen und Bauern Applaus verdient. (Beifall bei der ÖVP sowie des Abg. Steinbichler.)

Meine Damen und Herren, das heißt aber auch, dass das Hohe Haus erkennen muss, dass die Bauern nicht der Parteipolitik zu opfern sind, sondern Agrarpolitik ist in Wirklichkeit – und dazu bekenne ich mich! – moderne Gesellschaftspolitik.

Daher bitte ich Sie, wenn es gerade auch um die künftige ländliche Entwicklung und die Gemeinsame Agrarpolitik geht, zu sehen, welche Chance wir haben, nämlich Lebens­mittelsicherheit durch diese bäuerliche Familienstruktur, durch diese erfolgreiche Agrarpolitik in Österreich zu bieten – mit Einkommenskombination. Egal, ob auf dem Land, egal, ob am Berg, es geht darum, die entsprechenden Programme sicherzustellen.

Da liegt es mir auch am Herzen – und ich bin dem Herrn Bundesminister wirklich sehr, sehr dankbar dafür –, dass es ein glasklares Bekenntnis zu den Bergbauern und zu den Almbauern gibt. Sie haben es verdient, dass es einerseits eine rasche Lösung für die Almbäuerinnen und -bauern gibt, denn es sind wirklich viele in ihrer Existenz bedroht, und gleichzeitig ist es auch wichtig, in Zukunft festzuhalten an jenem Pro­gramm für die benachteiligten Gebiete und für die Bergbauern, das die höchste gesellschaftliche Akzeptanz hat. Mehr als 90 Prozent der Menschen in Österreich sagen nämlich, dieses Programm brauchen die Bergbäuerinnen und Bergbauern. Daher ist es auch für die Zukunft ganz, ganz wichtig, dass daran nicht gerüttelt wird, sondern dass es ausgebaut wird, meine Damen und Herren. (Beifall bei der ÖVP sowie des Abg. Steinbichler.)

Herr Bundesminister, nochmals herzlichen Dank für den Versuch, gemeinsam mit diesem Hohen Haus die Problematik der Almen möglichst rasch zu lösen. (Beifall bei der ÖVP.)

12.20


Präsident Karlheinz Kopf: Als Nächste gelangt Frau Abgeordnete Ecker zu Wort. – Bitte.

 


12.21.03

Abgeordnete Cornelia Ecker (SPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Bundesminister! Hohes Haus! Als Salzburger Abgeordnete ist es mir sehr wichtig, die Biolandwirtschaft zu fördern. In Salzburg haben wir nämlich die größte Dichte der Biolandwirtschaft in Österreich. Generell liegt der Anteil der Biobetriebe bei 16,5 Pro­zent. Das heißt, 20 Prozent der Fläche in Österreich wird biologisch bewirtschaftet. Und das muss bewahrt, das muss ausgebaut werden (Beifall bei der SPÖ), denn das heißt nachhaltiges Wirtschaften, das heißt Kontrolle über unsere Lebensmittel, das heißt Umweltschutz, das heißt Tierschutz, und das heißt besserer Geschmack! Es freut mich besonders, dass im Regierungsprogramm die Stärkung und der Ausbau der Biolandwirtschaft verankert sind.

Doch es stellt sich schon die Frage: Wieso gibt es dann in diesem Bereich eine Kür­zung der Fördermittel? – Da sehe ich Handlungsbedarf, Herr Minister. Ich bin gespannt


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll14. Sitzung / Seite 74

auf gemeinsame Verhandlungen und würde Ihnen wirklich ein Gespräch mit Rudi Vierbauch, dem Geschäftsführer von Bio Austria, nahelegen.

Ich bin der Meinung, dass bäuerliche Familien, vor allem unsere Biobäuerinnen und ‑bauern, sehr wohl eine Berechtigung zur Existenz haben, denn diese Familien leisten einen enormen wirtschaftlichen Beitrag. Die Reputation der erzeugten biologischen Lebensmittel ist in Österreich eine sehr, sehr hohe, und der Trend ist stetig im Steigen. Der österreichischen Bevölkerung sind biologisch erzeugte Lebens­mittel ein besonderes Anliegen. Dies belegen Zahlen, denn das Handelsvolumen der Bioprodukte liegt bereits bei über einer Milliarde Euro.

Daher muss der Feinkostladen Österreich mit einem neuen Fördersystem gestärkt werden, vor allem im Bereich der Biolandwirtschaft. Ich fordere daher, in der neuen Förderperiode den Förderschwerpunkt auf die kleiner strukturierten Betriebe zu legen. Das führt zu einer gerechteren Verteilung, die unbedingt notwendig ist.

Sie, Herr Minister, stammen aus einer Bergbauernfamilie. Gerade Sie müssen wissen, wie wichtig gerechte Verteilung in diesem Bereich ist. Wir als Sozialdemokratische Partei fordern bereits für die ersten 20 Hektar einen Aufschlag von 50 € pro Hektar. (Abg. Dr. Pirklhuber: Sehr gut! Ausgezeichnet!) Die Agrarförderungen müssen effek­ti­ver eingesetzt und an jene verteilt werden, die sie wirklich am notwendigsten brauchen.

Zuletzt möchte ich unterstreichen – und das ist mir wirklich ein ganz besonderes Anliegen –: Die Einkommensschere zwischen den bäuerlichen Agrarkapitalisten und den bäuerlichen Familienbetrieben darf nicht weiter aufgehen. – Herzlichen Dank. (Beifall bei der SPÖ, bei Abgeordneten der Grünen sowie des Abg. Steinbichler.)

12.23


Präsident Karlheinz Kopf: Als Nächste gelangt Frau Abgeordnete Diesner-Wais zu Wort. – Bitte.

 


12.24.05

Abgeordnete Martina Diesner-Wais (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Bundesminister! Werte Kollegen und Kolleginnen! Liebe Zuhörerinnen und Zuhörer! Der Grüne Bericht ist ein umfassendes Zahlenwerk, das uns die Lage der Land­wirtschaft darstellt. Die Bauern und Bäuerinnen sind jene, die tagtäglich vor ihrer Haustür die besten Produkte und die besten, gesündesten Lebensmittel produzieren.

Wir hatten noch nie so sichere Lebensmittel und unsere Landwirtschaft hatte noch nie so viele Kontrollen wie jetzt. Der Konsument hat, im Verhältnis zum Einkommen, noch nie so wenig bezahlt wie jetzt. Die Konsumentenerhebung der Statistik Austria bestätigt uns, dass Österreichs private Haushalte für die Ernährung 12,1 Prozent ihrer Ausga­ben verwenden. Das ist erstmals weniger als jener Anteil, den sie für den Frei­zeitbereich und für den Urlaub ausgeben.

Die Landwirtschaft ist ein wesentlicher Teil in unserer Volkswirtschaft, denn jeder siebente Arbeitsplatz hat mit der Landwirtschaft im direkten oder im indirekten Sinne zu tun. Die Landwirtschaft ist aber auch ein guter Kunde, denn die landwirtschaftlichen Betriebe investieren sehr viel, sie kaufen Betriebsmittel und Dienstleistungen. Sie sind aber auch ein großer Faktor im ländlichen Raum, auch im gesellschaftlichen Bereich.

Ich selbst bin Bäuerin, auf einem land- und forstwirtschaftlichen Betrieb im Waldviertel, und daher möchte ich das Thema Frauen auch besonders hervorstreichen. 36 Prozent der landwirtschaftlichen Betriebe werden von Frauen geführt, und 14 Prozent führen den Betrieb in einer Ehegemeinschaft. Also 50 Prozent unserer Betriebe haben sozusagen eine Frauenführung.


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll14. Sitzung / Seite 75

Unsere Bäuerinnen verstehen sich als berufstätige Frauen, sie sind Unternehmerinnen, die neue Einkommensquellen erschließen, denn gerade in der Direktvermarktung sind sie ganz vorne mit dabei. Das ist ein wichtiger Betriebszweig für die Landwirtschaft, für die Strukturen, für die Artenvielfalt und natürlich für den sicheren Arbeitsplatz Bauern­hof. Sie sind Botschafter zu den Konsumenten. Daher brauchen wir auch unsere Bäuerinnen in der Interessenvertretung und in den politischen Funktionen, und es wäre wünschenswert, da das gleiche Verhältnis wie in der Betriebsführung vorzufinden. (Beifall bei der ÖVP.)

Der Grüne Bericht zeigt uns auch, dass es Einkommensverluste von minus 8 Prozent gibt. Das ist natürlich auch Anlass, über das Programm der ländlichen Entwicklung zu sprechen. Die Ertrags- und Preisschwankungen der landwirtschaftlichen Produkte werden immer extremer, und die Leistungsabgeltungen der Gemeinsamen Agrarpolitik puffern eben diese Schwankungen ab. Der Anteil der öffentlichen Gelder am Gesamt­einkommen liegt im Durchschnitt je Betrieb bei 19 Prozent, und das sind eben Abgel­tungen für Leistungen, die der Markt nicht zahlen kann. Damit haben auch unsere Konsumenten einen günstigen, einen erschwinglichen Preis für die Lebensmittel.

Daher brauchen wir diese Ausgleichszahlung als stabilisierendes Element in der GAP-Periode 2014 bis 2020, um die Betriebe weiterentwickeln zu können, insbesondere in einer Region wie jener, aus der ich komme, dem Waldviertel, die von der Abwanderung extrem betroffen ist. Die Bäuerinnen und Bauern haben ja in den letzten Jahren schon sehr viel an Beiträgen zur Budgetkonsolidierung geleistet, wobei viele beschlossene Maßnahmen aber erst zur Wirkung kommen.

Wir haben in der ersten Säule im Waldviertel schon erhebliche Einbußen. Wenn wir uns mit anderen Regionen vergleichen, so ist festzustellen, dass wir im Jahr 2012 starke Wettereinwirkungen gehabt haben, ebenso aber auch im Jahr 2013. Es hat Hochwasser, Dürre, Sturm, Hagelschäden und viele andere Dinge gegeben. Daher ist es besonders wichtig, dass wir das Berg- und benachteiligte Gebiet auch in Zukunft stärken, damit es auf den Märkten auch bestehen kann.

Ich möchte da auch noch auf einen speziellen Punkt hinweisen, und zwar: Wir haben im Waldviertel Morgenfröste, die sehr stark sind, bis in den Mai hinein. Gerade bei der AZ wird aber die 14-Uhr-Temperatur verwendet, und die könnte man – das sagen mir die Bauern ständig – eben auf jene von 6 Uhr ändern. Denn was hilft es, wenn es um 14 Uhr die gleiche Temperatur hat wie woanders? Da ist die Pflanze schon abgefroren.

Ich möchte daher keine weiteren Härtefälle in der Säule 2. Wir im Waldviertel brauchen die Ausgleichszulage, wir brauchen ein gutes Umweltprogramm und eine Inves­titionsförderung, damit sich die Jungen wieder entscheiden, Betriebe zu übernehmen, und auch eine Chance haben, von ihren Betrieben leben zu können – denn das ist besonders wichtig. Damit können sie auch gesunde Lebensmittel regional frisch produzieren und unsere Landschaft gestalten, mit dem typischen Landschaftsbild, das wir kennen und das unsere Gäste lieben.

Daher ist mir all das von mir Gesagte ein großes Anliegen. Und ich weiß, unser Herr Minister kennt das Problem, denn er kommt selbst aus einer Berg- und benachteiligten Region, und er hat uns gerade vorhin auch versichert, es ist ihm ein Herzensanliegen. Ich weiß auch, dass er unsere Probleme ernst nimmt. Ich bedanke mich jetzt schon dafür, dass wir ein gutes Programm für die Zukunft bekommen. (Beifall bei der ÖVP.)


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll14. Sitzung / Seite 76

12.29


Präsident Karlheinz Kopf: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Preiner. – Bitte.

 


12.29.51

Abgeordneter Erwin Preiner (SPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Minister! Kolleginnen und Kollegen! Geschätzte Zuseher vor den Fernsehapparaten zu Hause! Im Zuge der Debatte zum Grünen Bericht 2013 haben wir ein Bekenntnis über alle Fraktionen hinweg zur Biolandwirtschaft, zur Landwirtschaft allgemein in Österreich vernommen. Ich habe jetzt vor, ebenfalls einen Entschließungsantrag einzubringen, und hoffe, dass auch all jene Fraktionen, die diesen Entschließungsantrag bis dato noch nicht mitgetragen haben, sich vielleicht „outen“ und sich inhaltlich dazu bekennen.

Ich möchte, was die Grünen betrifft, erwähnen, dass auch sie gemeint haben, dass der Biolandbau gestärkt gehört und dass sie sich zu den Biobetrieben bekennen. (Abg. Dr. Pirklhuber: Unser Antrag hat zehn Punkte! Zehn Punkte!) Daher auch nochmals meine Einladung, den Entschließungsantrag mitzutragen.

Wir haben vorhin vernommen, der Biolandbau, die Biolandwirtschaft ist das Flaggschiff in der Landwirtschaft Österreichs. Diese Aussage des neuen Landwirtschaftsministers unterstütze ich inhaltlich voll und ganz seitens der SPÖ-Fraktion, Herr Minister.

Ich möchte nun folgenden Antrag einbringen:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Auer, Preiner, Jannach, Steinbichler, Kolleginnen und Kollegen betreffend wichtige Impulse für die Entwicklung des ländlichen Raums durch das Programm für die ländliche Entwicklung 2014–2020

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesregierung, insbesondere der Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft wird ersucht, das Programm für die Entwicklung des ländlichen Raumes 2014 – 2020 so auszugestalten, dass unter anderem

1. eine Erhöhung des Anteils der Fläche der teilnehmenden Betriebe am Agrar­umweltprogramm ÖPUL und am Biolandbau erreicht wird,

2. eine Aufstockung der Ausgleichszulage für Berg- und benachteiligte Gebiete, insbesondere für die Bergbauernbetriebe der BHK-Gruppen 3 und 4 gemäß Regie­rungsprogramm sichergestellt wird,

3. eine Verteilung der Fördermittel nach Maßgabe der zur Verfügung stehenden Mittel beziehungsweise angepasste Größendegression (Modulation) der Flächenzahlungen nach der Betriebsgröße vorgesehen wird (bei der AZ und im ÖPUL),

4. ein starker Ausbau der Investitionsförderung, die stärkere Unterstützung der Inves­titionen von Junglandwirten, Biobauern und Bergbauernbetrieben, wie im Regierungs­programm vereinbart, erfolgt,

5. soziale Dienstleistungen,“ – mit Schwerpunkt, meiner Meinung nach, in der zweiten Säule – „wie im Regierungsprogramm vereinbart, zu dotieren sind,

6. die Elementarversicherung zur Absicherung des landwirtschaftlichen Wetterrisikos als Antwort auf den Klimawandel ausgebaut wird.“

*****

Ich denke, dieser Entschließungsantrag ist ein wesentlicher Impuls für eine nach­hal­tige, positive Belebung der Landwirtschaft, auch des Biolandbaus, für eine nach­haltige


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll14. Sitzung / Seite 77

positive Entwicklung des gesamten ländlichen Raums, auch des strukturschwachen ländlichen Raums.

Ich wünsche uns für die Debatte dieses Entschließungsantrags in der nächsten Aus­schusssitzung am 3. April viel Erfolg. Herr Minister, Ihnen wünsche ich alles Gute in Ihrem neuen Amt und hoffe auf weiterhin gute Zusammenarbeit. (Beifall bei der SPÖ.)

12.33


Präsident Karlheinz Kopf: Der soeben eingebrachte Entschließungsantrag ist ausreichend unterstützt und steht somit mit in Verhandlung.

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Jakob Auer, Erwin Preiner, Harald Jannach, Leo Steinbichler, Kolle­ginnen und Kollegen

betreffend wichtige Impulse für die Entwicklung des ländlichen Raumes durch das Programm für die ländliche Entwicklung 2014-2020

eingebracht im Zuge der Debatte zu TOP 1, Bericht des Ausschusses für Land- und Forstwirtschaft über den Grünen Bericht 2013 der Bundesregierung (III-26/41 d.B.)

Der Grüne Bericht ist eine für die politischen Entscheidungsträger wesentliche, grund­legende Information zur Lage der Landwirtschaft und den ländlichen Raum. Er zeigt unter anderem auf, wie sich die Einkommenssituation der österreichischen Land­wirtInnen entwickelt.

Das Programm für die ländliche Entwicklung und die darin enthaltenen Schwerpunkte und Maßnahmen stellen einen wesentlichen Eckpfeiler dafür dar, dem ländlichen Raum Mittel zur Verfügung zu stellen, die nicht nur eine nachhaltig wirtschaftende Land- und Forstwirtschaft unterstützen, sondern auch eine Stärkung der Land- und Forstwirtschaft und damit der ländlichen Regionen insgesamt als Lebensraum darstellen. Die optimale Nutzung der gebotenen Instrumente und Mittel wird ent­schei­dend dafür sein, eine hohe Lebensqualität im ländlichen Raum zu schaffen und zu bewahren. Durch die Umsetzung des Programms sollen lokale Arbeitsplätze geschaf­fen, Abwanderung verhindert und eine Diversifizierung der landwirtschaftlichen wie auch insgesamt der Erwerbstätigkeit im ländlichen Raum unterstützt werden. Dies schließt neue und innovative Maßnahmen und auch Maßnahmen  im Bereich der sozialen Dienstleistungen mit ein, durch welche wichtige Schwerpunkte gesetzt und damit ein wesentlicher Beitrag für die Attraktivität des ländlichen Raumes geliefert werden kann.

Ein besonderes Anliegen muss es auch sein Betriebe im Berg- und benachteiligten Gebiet, insbesondere Bergbauernbetriebe mit hoher und extremer Bewirtschaftungs­erschwernis (BHK-Gruppen 3 und 4) besonders zu unterstützen. Die Betriebe und Bergbauern im Berg- und benachteiligten Gebiet erstellen wichtige Leistungen für den Lebens-, Wirtschafts- und Erholungsraum im Berg- und benachteiligten Gebiet. Diese Leistungen reichen von der Produktion qualitativer Lebensmittel, dem Beitrag zur Aufrechterhaltung der Biodiversität, der Erfüllung der Mindestbesiedlungsfunktion, der Basis für den Tourismus, des Schutzes des Waldes, der Bewirtschaftung der Alm­flächen bis zur Gefahrenabwehr hinsichtlich Schutz vor Lawinen, Muren, Steinschlag und Hochwasser. Die Betriebe im Berg- und benachteiligten Gebiet haben mehr Arbeit, geringere Erträge und höhere Kosten. Daher ist auch ihr landwirtschaftliches Einkom­men geringer als in den Gunstlagen. Für die mittel- und langfristige Absicherung sind gezielte Förderungen erforderlich.


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll14. Sitzung / Seite 78

Nachhaltig produzierte Nahrungsmittel sind vermehrt der Wunsch der Konsumentinnen und Konsumenten. Der überwiegende Teil der landwirtschaftlichen Betriebe in Öster­reich nimmt am Agrarumweltprogramm ÖPUL teil. Die Unterstützung der Bioland­wirtschaft ist ein wesentlicher Bestandteil dieses Programmes. Die Aufrechterhaltung bzw. Steigerung der am ÖPUL teilnehmenden  Fläche und die absatzorientierte Steigerung der biologisch bewirtschafteten Fläche sind daher wichtige Anliegen.

Die unterzeichneten Abgeordneten stellen daher den

Antrag

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesregierung, insbesondere der Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft wird ersucht, das Programm für die Entwicklung des ländlichen Raumes 2014 - 2020 so auszugestalten, dass unter anderem

1. eine Erhöhung des Anteils der Fläche der teilnehmenden Betriebe am Agrarum­weltprogramm ÖPUL und am Biolandbau erreicht wird,

2. eine Aufstockung der Ausgleichszulage für Berg- und benachteiligte Gebiete, insbesondere für die Bergbauernbetriebe der BHK-Gruppen 3 und 4 gemäß Regie­rungsprogramm sichergestellt wird,

3. eine Verteilung der Fördermittel nach Maßgabe der zur Verfügung stehenden Mittel bzw. angepasste Größendegression (Modulation) der Flächenzahlungen nach der Betriebsgröße vorgesehen wird (bei der AZ und im ÖPUL),

4. ein starker Ausbau der Investitionsförderung, die stärkere Unterstützung der Inves­titionen von Junglandwirten, Biobauern und Bergbauernbetrieben, wie im Regierungs­programm vereinbart, erfolgt,

5. soziale Dienstleistungen, wie im Regierungsprogramm vereinbart, zu dotieren sind,

6. die Elementarversicherung zur Absicherung des landwirtschaftlichen Wetterrisikos als Antwort auf den Klimawandel ausgebaut wird.“

*****

 


Präsident Karlheinz Kopf: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Ing. Hofinger. – Bitte.

 


12.33.30

Abgeordneter Ing. Manfred Hofinger (ÖVP): Geschätzter Herr Präsident! Geschätz­ter Herr Bundesminister! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Die Einkommenssituation hat sich im Jahre 2012 für die Landwirte um 8 Prozent verschlechtert. Die Dürre und die Hochwassersituation haben ihren Beitrag dazu geleistet. Das muss für uns natürlich Anlass sein, hier etwas zu bewegen, um unseren Bäuerinnen und Bauern eine Zukunft zu bieten, und ich glaube, mit der Gemeinsamen Agrarpolitik und mit der Ländlichen Entwicklung tragen wir dem Rechnung.

Schwankende Märkte und Preise und die steigenden Produktionskosten machen das Leben der Bäuerinnen und Bauern noch schwieriger. Darum ist es umso wichtiger, gegen die Wetterkapriolen vorzugehen, und da begrüße ich es besonders, dass mit gestützten Versicherungen für die Bauern eine Einkommenssituation geschaffen wird, die etwas abgesichert ist.

Unternehmerisches Handeln und vorausschauende Planung sowie eine fundierte Grundausbildung und ständige Weiterbildung sind die Basis für neue Entwicklungs-


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll14. Sitzung / Seite 79

perspektiven. Um bäuerliche Betriebe zukunftsfit zu machen, wurde im Rahmen des „Unternehmens Landwirtschaft 2020“ die Kampagne „Mein Betrieb – Meine Zukunft“ umgesetzt. Ziele der Kampagne sind die Steigerung der Unternehmenskompetenz, die Sicherung des Betriebserfolges und die Verbesserung der Lebensqualität der bäuer­lichen Familien. Bildung gilt als Motor für die Bewältigung der Zukunft im ländlichen Raum.

Die ländlichen Regionen sind attraktive Wirtschafts-, Arbeits-, Siedlungs- und Erho­lungs­räume, die weiterhin gestärkt werden müssen. Der Agrarische Bildungs- und Beratungsbericht, welcher auch im Grünen Bericht Erwähnung findet, beschäftigt sich eingehend mit diesem Thema. Daher müssen wir uns für die Einrichtung einer Fach­hochschule einsetzen, um den Forderungen unserer vor- und nachgelagerten Betriebe in unseren Regionen Rechnung zu tragen. (Beifall bei Abgeordneten der ÖVP.)

Aber auch bei der allgemeinen schulischen Ausbildung haben wir Handlungsbedarf. Wir müssen der realitätsfremden Darstellung der Landwirtschaft entgegenwirken und da Aufklärungsarbeit für unsere junge Generation leisten. Ausbildungsmaßnahmen haben sehr lange Vorlaufzeiten. Um zeitgerecht auf Herausforderungen reagieren zu können, bedarf es weiter vorausschauender Steuerung. Im Regierungsprogramm wurde diesem Umstand im Programm der Ländlichen Entwicklung Rechnung getragen.

Ich möchte aber auch das LEADER-Programm erwähnen, das für viele bäuerliche Betriebe den Sprung in das Unternehmertum darstellt und durch das sehr viele Arbeitsplätze in den Regionen entstehen. Wir alle sind aufgefordert, unseren Land­wirten auch in Zukunft ein Umfeld zu bieten, in dem sie nachhaltig, wirtschaftlich und leistungsfähig produzieren können. – Danke. (Beifall bei der ÖVP sowie des Abg. Steinbichler.)

12.36


Präsident Karlheinz Kopf: Als Nächste gelangt Frau Abgeordnete Gusenbauer-Jäger zu Wort. – Bitte.

 


12.36.49

Abgeordnete Marianne Gusenbauer-Jäger (SPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Bundesminister! Werte Kolleginnen und Kollegen! Liebe Zuse­herinnen und Zuseher auf der Besuchergalerie und vor den Fernsehschirmen zu Hause! Der Grüne Bericht, den wir heute schon seit Längerem diskutieren, hat mehrere Funktionen. Er beschäftigt sich mit der Leistung im Bereich Landwirtschaft und im Bereich ländlicher Raum.

Ich stehe nicht an, hier zu sagen, dass ich sehr wohl für die Unterstützung in der Landwirtschaft bin: bei den Kleinbauern, bei den Bergbauern, weniger bei den Großbetrieben, die schon fast in die industrielle Produktion übergehen. Was die dafür notwendigen Mittel betrifft, so sei unserem Herrn Bundeskanzler gedankt, der noch 700 Millionen € aus der ersten Säule herausverhandelt hat. Danke schön. (Beifall bei der SPÖ sowie bei Abgeordneten der ÖVP.)

Ich verhehle allerdings auch nicht, dass mir in diesem Grünen Bericht einiges fehlt, und zwar die Betrachtung des ländlichen Raums, die Behandlung des ländlichen Raums in diesem agrarpolitischen Bericht, die ländliche Entwicklung, die Infrastruktur und so weiter. Das, denke ich, muss verbessert werden. Die Menschen, die im ländlichen Raum leben, haben mehr Beachtung in diesem Bericht verdient.

Als Schwertbergerin komme ich jetzt zu einem Kernthema von mir. Sie alle können sich sicher noch an das Jahr 2002 erinnern, in dem uns das Hochwasser sehr stark getroffen hat; nicht nur uns, sondern viele Gebiete im Mühlviertel, viele Gebiete in Oberösterreich. 2013, im letzten Sommer, traf uns wieder solch ein Ereignis. Viele


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haben wieder das Hochwasser gehabt – ein Ereignis, das wir erst wieder in 30 Jahren oder in 100 Jahren erwartet hätten. Und daraus sollten wir Lehren ziehen.

Was meine ich damit? – Wir sollten die Behördengänge verkürzen. Wir sollten den Hindernislauf verkürzen, der notwendig ist, bevor wir endlich mit den entsprechenden Maßnahmen beginnen können. Es dauert einfach viel zu lange, bis die Umsetzung eines Hochwasserschutzprojekts beginnen kann. Das muss sich ändern! (Beifall bei Abgeordneten der SPÖ. – Ruf bei der ÖVP: Da müsst ihr einmal nach Niederösterreich schauen!)

Als Bürgermeisterin von Schwertberg kann ich auch behaupten, dass rasch Schritte vonseiten der Gemeinde gesetzt wurden. Es scheitert vielleicht noch an der Zusam­menarbeit zwischen Land und Bund. Diese muss verbessert werden, und dann können wir mit den Maßnahmen beginnen.

Etwas Weiteres, das mich in diesem Zusammenhang beschäftigt, ist das Grundwasser. Dazu kann ich ein Zitat bringen: Seit 1997 sind die Nitratschwellenwert­überschrei­tungen zurückgegangen, außer dort, wo es intensive landwirtschaftliche Betriebe gibt. – Zitatende.

Und da ist das Machland – in Oberösterreich, in meiner Nähe – ein Gebiet, das in dieser Hinsicht noch nicht behandelt wurde, wie es sich gehört.

Mein Vorgänger hier im Hohen Haus, vielen noch bekannt, Herr Mag. Kurt Gaßner, hat da großartige Arbeit geleistet, aber da ist auch noch Arbeit zu leisten – Herr Preiner gibt mir recht.

Wenn von den Landwirten Dinge aufgebracht werden, die diese Werte nicht sinken lassen, dann ist das unverantwortlich. Das schadet unserer Gesundheit, den Men­schen, die dort leben, und das ist daher nicht einzusehen. Die Gesundheit hat oberste Priorität. Herr Steinbichler, ich kann Ihnen nur recht geben: In Sachen Gesundheit kann man nicht spaßen, das muss bedacht werden.

Jetzt möchte ich an unseren Herrn Bundesminister noch eine Forderung stellen: Lassen Sie untersuchen, wie diese Gebiete bewirtschaftet werden, und berichten Sie uns hier im Hohen Haus, was Sie darüber erfahren haben und was Sie dazu zu sagen haben. – Ich danke für die Aufmerksamkeit. (Beifall bei der SPÖ sowie bei Abge­ordneten der ÖVP. – Abg. Neubauer: Wie ist das jetzt mit der Witwenpension?)

12.41


Präsident Karlheinz Kopf: Als Nächster ist Herr Abgeordneter Dipl.-Ing. Strasser zu Wort gemeldet. – Bitte.

 


12.41.35

Abgeordneter Dipl.-Ing. Georg Strasser (ÖVP): Geschätzter Herr Präsident! Herr Bundesminister! Hohes Haus! Geschätzte Damen und Herren auf den Rängen und zu Hause! Wir Bäuerinnen und Bauern leisten jahrein, jahraus hervorragende Arbeit. Wir liefern täglich Lebensmittel in höchster Qualität, wir liefern natürliche Ressourcen, Boden, Wasser, Luft. Wir liefern täglich unseren Beitrag zur nachhaltigen Energie­versorgung in diesem Land. Wir liefern täglich Landschaft, in der es sich gut leben lässt und in der wir Tourismuswirtschaft betreiben können. Wir machen das gerne, und ich kann Ihnen versichern: Jeder Euro, den wir dort verdienen, ist hart verdientes Geld.

Der Grüne Bericht gibt einen guten Überblick über die Strukturen und die Ein­kommensverhältnisse in der österreichischen Landwirtschaft. Er zeigt ein buntes Bild von großen und kleinen Betrieben, von Ackerbau- und Viehzuchtbetrieben, von Betrieben im Berggebiet und Betrieben im Flachland. Er zeigt auch die Druckpunkte in


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der Produktion, er zeigt die witterungsbedingten Veränderungen von Jahr zu Jahr, und er zeigt auch, wo der Schuh drückt und wo Handlungsbedarf ist.

Aus diesem Grund bin ich sehr froh darüber, dass die Gemeinsame Agrarpolitik, die in diesen Tagen auf den Weg gebracht wird, insbesondere auf das Berggebiet Rücksicht nimmt und dort besondere Unterstützungen auf den Weg gebracht werden. Ich bin auch darüber froh, dass der Biobereich sehr gut bedient werden wird. Er ist ein besonders sensibler Bereich, wenn es um die Produktion und die Entwicklung neuer Märkte geht.

Ich möchte aber Frau Kollegin Brunner korrigieren, wenn sie sagt, dass der Biobereich schrumpfen würde. Von 2010 auf 2012 sind die Biobetriebe um 0,8 Prozent ge­wachsen, wobei die Fläche in diesem Zeitraum jedoch um 0,7 Prozent zurückge­gangen ist. Was der Biobereich aber sicherlich nicht braucht, ist eine Bio-Planwirt­schaft. Die Biobetriebe sollen eingebettet sein in die ökosoziale Marktwirtschaft, die unser aller Ziel ist.

Der Strukturwandel in der Landwirtschaft ist eine Tatsache der Geschichte, insbe­sondere des 20. und 21. Jahrhunderts. Der Strukturwandel ist aber auf keinen Fall eine Strategie oder eine Erfindung der österreichischen Agrarpolitik oder der Europäischen Union. Wer die landwirtschaftlichen Strukturen kennt, der weiß, dass die größten Veränderungen paradoxerweise in den sogenannten Gunstlagen vonstattengehen.

Wollen wir also eine flächendeckende Landbewirtschaftung gewährleisten, die von unseren bäuerlichen Familienbetrieben gemacht wird, so brauchen wir den Blick auf das Ganze. Wir brauchen ordentliche Produktpreise und ausreichend öffentliche Unterstützungen.

Wir Bäuerinnen und Bauern wollen Österreich flächendeckend pflegen und bewirt­schaften, damit unser Land krisensicher und gut versorgt bleibt. Ich ersuche Sie, unterstützen Sie uns dabei!

Unsere Familienbetriebe und unsere Kinder brauchen aber auch eines: eine Politik und eine Interessenvertretung, die Mut machen.

Da ist mein Appell an die Opposition: Bemühen wir uns um eine bessere Diskus­sionskultur! Das haben sich die Bäuerinnen und Bauern verdient. Richten Sie den Blick auf das Ganze, unsere Kinder werden es Ihnen danken. – Alles Gute. (Beifall bei der ÖVP sowie der Abg. Yilmaz.)

12.45


Präsident Karlheinz Kopf: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Steinbichler. – Bitte.

 


12.45.44

Abgeordneter Leopold Steinbichler (STRONACH): Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! (Der Redner stellt neuerlich das Plakat auf das Rednerpult, auf dem ein aufgeschnittener Tierkörper zu sehen ist. – Zwischenruf des Abg. Dipl.-Ing. Deimek.) – Sicher, ein Bild sagt mehr als Tausend Worte. Herr Kollege Deimek, das musst du als gebildeter Mensch wissen.

Herr Präsident! Herr Minister! Ich darf in Vertretung der erkrankten Kollegin Waltraud Dietrich noch kurz zu diesem Thema reden. Ich möchte mich für die wirklich hoch­wertigen Debattenbeiträge bedanken. Man sieht, es geht in eine ganz wertvolle Richtung, nämlich hin zu einer fairen Partnerschaft zwischen Konsumenten und Bauern, einer ehrlichen Partnerschaft. Das ist, glaube ich, das Wesentliche.

Frau Kollegin Diesner-Wais, ich darf dazu sagen: Es stimmt, wir hatten noch nie so viele Kontrollen auf den Bauernhöfen, aber in der Verarbeitungsindustrie auch noch nie


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so viele Zusatzstoffe in den Lebensmitteln. Auch das gehört durchleuchtet! (Beifall beim Team Stronach.)

Zur Kollegin Gusenbauer-Jäger, Bürgermeisterin von Schwertberg: Hochwasser – Bedauern allen Betroffenen, aber dort müssen auch die DoKW endlich einmal ihre Betreiberverordnung einhalten: Freihaltung der Rückstauräume, nicht die Sedimente wieder hineinkippen! Das ist total verrückt! Da sage ich: vollste Unterstützung!

Zum vorliegenden Entschließungsantrag der Abgeordneten Preiner, Auer und Kolle­gen: Da fehlen natürlich noch viele ganz wichtige Forderungen für die zukünftige GAP-Periode: die Inflationsabgeltung, eine 20-prozentige Deckelung bei Kürzungen der Ausgleichszahlungen in allen Produktionssparten, eine klare Herkunftskennzeich­nung – dieses Thema haben wir heute schon gehabt, da schreit es zum Himmel. Und das Wesentliche, glaube ich, sind die Beibehaltung der angesprochenen nationalen Milchquote, eine massive Aufwertung des Dauergrünlandes aus Sicht der Biodiversität, aus Sicht des Trinkwasserschutzes und der Pflanzenvielfalt. Weiters fehlt der Ansatz der kostendeckenden Preise.

Ich darf noch ergänzend dazu sagen: Weil die Fleischkennzeichnung so viel Interesse hervorgerufen hat, darf ich wieder ein bisschen den internationalen Markt in dieses Hohe Haus bringen. Es ist wunderbar, wenn wir von Bauernmärkten und vom ländlichen Raum reden, wo der Konsument noch die Möglichkeit hat, direkt beim Erzeuger einzukaufen, aber wir sind hier im urbanen Raum, deshalb noch einmal ganz kurz ein Blick in die Welt der Supermärkte.

Gurkerl aus China, Maiskolben aus Indien oder umgekehrt, Teiglinge ebenfalls aus China, Hendl – in Chlor gebadet – aus China, das ist die Realität. Natürlich wunderbar eingepackt, aber das Problem ist: Nicht die Verpackung zählt, sondern der Inhalt. Das ist, glaube ich, die Leitlinie der neuen Politik, die wir machen sollten. Deshalb brauchen wir wesentlich mehr Geld für die Bauernhöfe. (Beifall beim Team Stronach.)

Von diesen 100 Prozent an Bauerngeldern, die zurzeit medial dargestellt werden, kommen nur 20 Prozent in ein Bauernhaus. Durchleuchten wir das bitte, genauso wie wir den Warenkorb durchleuchten! Da haben wir in Zukunft viel Arbeit.

Nicht die gesamten angesprochenen 12 Prozent, die die Österreicherinnen und Öster­reicher für Lebensmittel ausgeben, geben sie für Grundnahrungsmittel aus. Da ist der Supermarkt dabei, von den Gummibärli bis zu den Chips, bis zum Mineralwasser, bis zu Energy-Drinks! Kolleginnen und Kollegen, in Zahlen: Für Gummibärli geben die Österreicherinnen und Österreicher dreimal so viel aus wie für Jogurella. Und dann, wenn jemand eine Allergie bekommt und krank wird, ist das Jogurella schuld. Schauen wir uns das gemeinsam an, gehen wir da einen fairen Weg!

Abschließend darf ich eines sagen: Frau Kollegin Brunner, Respekt vor allen Kolleginnen und Kollegen, die Vegetarier sind, aber passen Sie bitte auf! Deshalb mein Einwurf vorher zum Thema Bio. Respekt vor den österreichischen Biobauern und Biobäuerinnen, Respekt vor den konventionellen Bauern und Bäuerinnen! Wir sind einzigartig im internationalen Vergleich, wir sind winzig.

Bio ist super, aber seien wir vorsichtig beim internationalen Bio, denn leider ist nicht überall, wo Bio draufsteht, auch Bio drin. Auch das, glaube ich, sollten wir hinterfragen, genauso wie die Alm-Thematik. Präsident Eßl ist jetzt leider nicht im Saal. – Doch, dort sitzt er. Du bist der Sprecher der Almbauern. Und, Herr Minister, bitte schnell eine Lösung!

18 300 Almbauern und Almbäuerinnen sind betroffen. Es geht um 23 Millionen € an Rückforderungen. Können Sie sich vorstellen, wie die um ihre Existenz, um ihre Familien zittern?! Du, Herr Minister, hast eine faire Lösung versprochen. Danke.


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll14. Sitzung / Seite 83

Ich möchte nicht den Regenwald noch einmal herzeigen – haben wir gemacht, ich wiederhole das, derzeit Fakt. Das ist Regenwald. (Der Redner hält eine Packung Margarine in die Höhe.)

Auch brauchen wir – das wurde schon angesprochen – in Bezug auf die Almbauern und überhaupt für die Zukunft eine Beraterhaftung. Wenn wir eine faire Partnerschaft haben, auch mit unserer gesetzlichen Interessenvertretung, dann muss das, was dort empfohlen wird und mit Unterschrift abgezeichnet wird, auch gelten.

In diesem Sinne bin ich davon überzeugt, dass wir vor einer großartigen Periode stehen, dass wir einen Riesenschritt weiterkommen bei Themen, über die man bisher 20 Jahre diskutiert hat. – Danke. (Beifall beim Team Stronach.)

12.51


Präsident Karlheinz Kopf: Als vorläufig letzter Redner dazu ist Herr Abgeordneter Dipl.-Ing. Dr. Pirklhuber zu Wort gemeldet. – Bitte.

 


12.51.23

Abgeordneter Dipl.-Ing. Dr. Wolfgang Pirklhuber (Grüne): Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Kollege Steinbichler, in einem Punkt gebe ich dir sicher recht: Die Lebensmittelqualitätssicherung ist ein zentrales Thema, ist aber nicht ganz der Schwerpunkt unserer heutigen agrarpolitischen Debatte zum Grünen Bericht.

Ich möchte abschließend einige Punkte herausgreifen, vor allem auch die Stellung zu den einzelnen Anträgen.

Ich möchte dazusagen, dass wir den Antrag zur Abschaffung der Mitgliedschaft beziehungsweise Zwangsmitgliedschaft bei der Landwirtschaftskammer der Abgeord­neten Riemer, Kolleginnen und Kollegen nicht unterstützen werden.

Bei aller Kritik an den Landwirtschaftskammern, die in Einzelfällen immer wieder auch von uns geäußert wird, sehen wir trotzdem im Beratungs- und sozusagen Dienstleis­tungsbereich der Landwirtschaftskammern eine wichtige Leistung für die Landwirt­schaft. Auch im Interesse der Gesellschaft, wenn wir an Bodenschutz, Wasserschutz et cetera, aber auch an die Rechtsberatung denken, sind die Landwirtschaftskammern sehr wichtig. (Zwischenruf des Abg. Auer.) – Ja, selbstverständlich auch für die Klein­betriebe, da hast du vollkommen recht, Jakob Auer. – Also das können wir nicht teilen, auch wenn wir uns eine Reform wünschen.

Ich möchte jetzt dazusagen, dass der Antrag der Regierungsparteien, den Kollege Preiner eingebracht hat, ja in einigen Punkten vom Minister inzwischen überholt wurde. Das finde ich gut. Der Minister hat angekündigt, es werde mehr Budget für den Biolandbau geben. Ich bedanke mich bei dieser Gelegenheit auch dafür, dass Sie da ein klares Wort gesprochen haben, Herr Bundesminister.

Ich möchte weiters sagen, dass Sie alle, Kollege Preiner, aber auch alle Oppo­sitions­parteien, herzlich eingeladen sind, unseren weiter gehenden Antrag zu unterstützen. Dieser Antrag betrachtet zusätzlich auch die Grünlandbetriebe, beschreibt auch wesentliche, effektive Zielfaktoren, nämlich das Budget für den Agrarbereich im Biosektor auf 150 Millionen € auszuweiten und einen österreichischen Bioaktionsplan vorzubereiten. Herr Bundesminister, Sie sind wirklich aufgefordert, da aktiv tätig zu werden.

Dem Kollegen Strasser muss ich sagen: zuerst ein Danke für die heutige Unter­stützung. Wir haben die Führung einer Schulklasse hier auf uns aufteilen müssen, weil auch das zu unserer Arbeit gehört. Es war eine landwirtschaftliche Schule aus Wieselburg, die heute hier war. Ich danke dir für diese Unterstützung, danke, dass wir das gemeinsam machen konnten.


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll14. Sitzung / Seite 84

Allerdings muss ich dir auch sagen, die Zahlen zu den Biobetrieben sind folgende: 2010 wurden 21 728 Betriebe gefördert, 2012 waren es 21 352 Betriebe. Das ist also eine Abnahme um fast 400 Betriebe. Die Fläche hat im selben Zeitraum um etwa 6 000 Hektar abgenommen. Es ist ein Einstiegsstopp von Bio  (Zwischenruf des Abg. Dipl.-Ing. Strasser.) – Die Zahlen stammen aus den Grünen Berichten der Jahre 2011, 2012 und 2013, sind also jederzeit nachzuholen und nachzulesen.

Abschließend möchte ich noch zur Frau Kollegin Ecker sagen, zu ihrem Vorschlag für sozusagen mehr Effizienz der Agrarförderungen: Da wäre es sehr sinnvoll, wenn die SPÖ das auch in Form eines Antrages einbringen würde. Diesen würden wir auch unterstützen.

In diesem Sinn können wir, glaube ich, konstruktiv an dem neuen Programm weiter­arbeiten. Ich freue mich auf diese Arbeit und erwähne bei dieser Gelegenheit, dass die §-7-Kommission, die den Bericht begleitet, auch gesetzliche Mitwirkungsrechte an der Erstellung des Programms für die ländliche Entwicklung hat.

Auf grüne Initiative wird es am 11. März eine Sitzung der §-7-Kommission geben, bei der die Fraktionen und die Sozialpartner eingeladen sind, ihre Vorschläge für die Zukunft des ländlichen Raums vorzulegen. Wir haben unseren Antrag dort bereits eingebracht. Ich hoffe, dass auch die anderen Fraktionen dieses Recht wahrnehmen werden und dass wir auch in der §-7-Kommission eine intensive Diskussion für die Zukunft des Agrarumweltprogramms in Österreich haben werden. – Danke schön. (Beifall bei den Grünen sowie des Abg. Steinbichler.)

12.55

12.55.10

 


Präsident Karlheinz Kopf: Mir liegen dazu keine weiteren Wortmeldungen mehr vor. Ich schließe daher die Debatte.

Ich registriere auch keinen Wunsch des Berichterstatters auf ein Schlusswort.

Wir kommen zur Abstimmung über den Antrag des Ausschusses für Land- und Forst­wirtschaft, den vorliegenden Bericht III-26 der Beilagen zur Kenntnis zu nehmen.

Ich bitte jene Damen und Herren, die für dessen Kenntnisnahme eintreten, um ein Zeichen der Zustimmung. – Der Bericht ist mehrheitlich zur Kenntnis genommen.

Wir gelangen nun zur Abstimmung über den Entschließungsantrag der Abgeordneten Dr. Pirklhuber, Kolleginnen und Kollegen betreffend wichtige Impulse für die Ent­wicklung des ländlichen Raumes durch das Programm für die ländliche Entwicklung.

Ich bitte jene Damen und Herren, die für diesen Entschließungsantrag sind, um ein Zeichen der Zustimmung. – Das ist die Minderheit. Der Antrag ist daher abgelehnt.

Wir gelangen zur Abstimmung über den Entschließungsantrag der Abgeordneten Riemer, Kolleginnen und Kollegen betreffend Abschaffung der Zwangsmitgliedschaft bei der Landwirtschaftskammer Österreich.

Ich bitte jene Damen und Herren, die für den Antrag sind, um ein Zeichen der Zustim­mung. – Das ist die Minderheit. Dieser Antrag ist abgelehnt.

Jetzt gelangen wir zur Abstimmung über den Entschließungsantrag der Abgeord­neten Auer, Preiner, Jannach, Steinbichler, Kolleginnen und Kollegen betreffend wichtige Impulse für die Entwicklung des ländlichen Raumes durch das Programm für die ländliche Entwicklung 2014–2020.

Ich bitte jene Damen und Herren, die für diesen Entschließungsantrag sind, um ein Zeichen der Zustimmung. – Das ist die Mehrheit. Der Antrag ist somit angenommen. (E 7.)


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll14. Sitzung / Seite 85

12.56.51 2. Punkt

Bericht des Umweltausschusses über den Antrag 111/A der Abgeordneten Ing. Hermann Schultes, Hannes Weninger, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Umweltverträglichkeitsprüfungsgesetz 2000, BGBl. Nr. 697/1993, geändert wird (42 d.B.)

 


Präsident Karlheinz Kopf: Wir gelangen nun zum 2. Punkt der Tagesordnung.

Auf eine mündliche Berichterstattung wurde verzichtet.

Als Erste hat sich Frau Abgeordnete Dr. Belakowitsch-Jenewein zu Wort gemeldet. – Bitte, Frau Abgeordnete.

 


12.57.23

Abgeordnete Dr. Dagmar Belakowitsch-Jenewein (FPÖ): Herr Präsident! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Es handelt sich hierbei um einen Antrag, mit dem das Umweltverträglichkeitsprüfungsgesetz geändert werden soll. Ich halte diesen Antrag für eine Anlassgesetzgebung.

Wir haben ein ähnliches Gesetz ja im Mai 2013 schon einmal beschlossen. Damals ging es um die Bundesstraßen. Und jetzt haben wir das Gesetz für die Hochleis­tungsstreckenprojekte. Ich glaube, dass das einfach eine Anlassgesetzgebung ist, dass man sagt, ein Rechtsmittel, das ich gegen eine abgeschlossene UVP einlege, hat keine aufschiebende Wirkung mehr. Das ist meines Erachtens ein völlig falscher Ansatz, ein völlig falscher Weg. (Beifall bei der FPÖ.)

Wenn die aufschiebende Wirkung eines Rechtsmittels abgeschafft werden soll, dann kann man gleich die ganze Prüfung abschaffen. Denn was passiert denn, wenn man das nicht mehr aufschieben kann? – Es wird fertiggebaut. Was ist, wenn dann dem Einspruch beispielsweise recht gegeben wird? Wird dann zurückgebaut? – Na, das schaue ich mir an in dieser Republik. Natürlich wird nicht zurückgebaut. Das heißt, damit sollen Projekte „durchgedrückt“ werden.

Im vorliegenden Fall ist es ja der Semmering-Basistunnel, für den genau dieses Gesetz jetzt punktgelandet ist. Am 17. Dezember bringen zwei Abgeordnete der Regie­rungsparteien diesen Antrag ein. Am 19. Dezember hebt der Verwaltungsgerichtshof den positiven Bescheid auf. Das ist nicht unspannend. Es gibt auch keine Regie­rungsvorlage, daher haben wir auch gar keine Begutachtungsfrist. Jetzt bringen wir das heute hier zur Abstimmung, morgen kommt es in den Bundesrat, und mit 1. März kann am Semmering-Basistunnel frisch-fröhlich weitergebaut werden. Das, meine Damen und Herren, steht in Wahrheit dahinter.

Herr Bundesminister, da sage ich Ihnen eines: Da bin ich einigermaßen enttäuscht von einem Umweltminister, der sich da wirklich auf Druck der Bauindustrie über den Tisch ziehen lässt, denn nichts anderes ist dieses Gesetz. (Beifall bei der FPÖ.)

Dieses Gesetz ist die Folge des Drucks der Bauindustrie, dass hier weitergebaut werden soll. Denn, ganz ehrlich, das, was der Semmering-Basistunnel an Geschwin­digkeitserhöhung bringen würde, das geht auch über ganz andere Projekte, und das ist ÖBB-intern längst bekannt.

Aber Sie wissen auch eines ganz genau, meine Damen und Herren von den Regie­rungsparteien: Wenn dieser Basistunnel jetzt nicht gebaut wird, dann kommt er gar nicht mehr, weil er auch nicht notwendig ist! Er ist auch extrem teuer, mit diesem Geld könnte man viele, viele andere Projekte finanzieren. (Präsident Ing. Hofer übernimmt den Vorsitz.)


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll14. Sitzung / Seite 86

Daher finde ich es besonders schlimm, dass sich ein Umweltminister wirklich dafür hergibt, dass er dieses Gesetz sozusagen in seinem Ausschuss behandeln lässt und auch noch mit beschließt. Ich glaube, das ist der völlig falsche Weg. Das ist eine umweltpolitische Bankrotterklärung!

Wenn man sich das ganze Semmering-Projekt ansieht, weswegen wir jetzt dieses Gesetz überhaupt beschließen müssen, dann braucht man sich nur einmal anzuschauen, wie viel und was alles in diesem Probetunnel passiert ist. Dieselben Experten, die Geologen, die dieses Projekt ausgearbeitet haben, sind teilweise geses­sen und haben die UVP mitbeschlossen und haben sich selbst geprüft. Das allein ist ja schon Wahnsinn!

Dann sind hier Dinge passiert wie diese: Der sogenannte Longsgraben wurde abge­holzt, obwohl es dafür keine Erlaubnis, keinen Bescheid gegeben hat. Das Aushub­material wurde da einfach reingeschmissen. Übrigens hat das die Familie, der das gehört, rechtlich bekämpft. Aber ganz ehrlich, eine Familie gegen die Republik, das ist natürlich ein Kampf David gegen Goliath. Das wissen Sie auch ganz genau.

Trotzdem wird dieses Gesetz beschlossen. Ich bin wirklich einigermaßen entsetzt, das muss ich Ihnen ehrlicherweise sagen. Und was passiert dann noch? Was passiert dann in weiterer Folge? – Was ich noch vergessen habe, was da passiert: Aus dem Probestollen treten jeden Tag 12 000 Kubikliter Wasser aus, Wasser, das dann irgendwo versickert. Wir gehen also mit unseren Ressourcen hier sehr, sehr locker um. Da frage ich mich schon, wie man so etwas zustimmen kann.

Ich sage aber auch gleich dazu: Diesem Rückverweisungsantrag der anderen Oppo­sitionsparteien werden wir nicht unsere Zustimmung geben. Wir wollen nicht, dass das rückverwiesen wird, wir wollen, dass dieses Gesetz überhaupt fallen gelassen wird! Dieses Gesetz ist nämlich nichts anderes als ein Aushebeln der UVP-Prüfungen. Das ist es in Wirklichkeit, und ich sage Ihnen ganz ehrlich, das ist ein Pflanz der Bevölke­rung. Es wird hier der Bevölkerung vorgespielt, dass genau auf die Umweltbedin­gungen geachtet wird. Nichts wird gemacht! Ganz das Gegenteil ist der Fall.

Daher, meine Damen und Herren Kolleginnen und Kollegen, muss ich Ihnen ganz ehrlich sagen – und, Herr Bundesminister, das gilt vor allem für Sie: Sie sind hier nicht der Wirtschaftsminister oder ein Bautenminister oder ein Infrastrukturminister. Sie sind der Umweltminister! Es wäre Ihre verdammte Pflicht, das aufzuhalten und hier nicht auch noch den ganzen Bauunternehmen und der Infrastrukturministerin die Mauer zu machen, damit dieses Prestigeprojekt Semmering in irgendeiner Art und Weise noch schnell durchgedrückt werden kann, damit man jetzt nicht lange aufgehalten wird.

Das muss ich Ihnen ehrlicherweise sagen, Herr Bundesminister: Da sollten Sie sich überlegen, ob Sie wirklich das richtige Ressort gewählt haben! (Beifall bei der FPÖ.)

13.02


Präsident Ing. Norbert Hofer: Zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Ottenschläger. – Bitte.

 


13.02.52

Abgeordneter Andreas Ottenschläger (ÖVP): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine geschätzten Kolleginnen und Kollegen! Sehr geehrte Zuschauerinnen und Zuschauer! Ganz kurz möchte ich auf meine Vorrednerin eingehen. (Ruf bei der ÖVP: Zahlt sich nicht aus!)

Zum Ersten: Die böse Bauwirtschaft schafft doch sehr, sehr viele Arbeitsplätze in diesem Land, das sollten wir nicht vergessen. Und zum Zweiten: Auch aus eigener Erfahrung weiß ich, dass wir in diesem Land Gott sei Dank wirklich sehr strenge Umweltgesetze haben, sehr strenge Richtlinien, an die wir uns zu halten haben. (Abg.


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll14. Sitzung / Seite 87

Dr. Belakowitsch-Jenewein: Und jetzt hebeln wir sie aus!) Nein, wir hebeln sie nicht aus (Abg. Dr. Belakowitsch-Jenewein: Natürlich hebeln wir sie aus!), sondern es wird weiterhin der Fall sein, dass die aktuellen Erkenntnisse aus den laufenden Verfahren in das Projekt einfließen. (Abg. Dr. Belakowitsch-Jenewein: ... brauchen wir sie nicht mehr!)

Aber lassen Sie mich ganz kurz auch auf die umweltpolitische Bedeutung eines solchen Projektes eingehen. Natürlich ist es so, dass ein Eingriff in die Natur leider immer auch nachteilige Wirkungen hat. Aber Sie müssen auch die Langfristigkeit die­ses Projekts sehen. Eine Attraktivierung des zweifellos umweltschonenderen Verkehrs, sprich die Verlagerung von der Straße auf die Schiene, ist gut für die Umwelt.

Es ist auch wichtig für den Standort im Süden (Abg. Dr. Belakowitsch-Jenewein: Aber dann ist es ja kein Problem, die UVP abzuwarten!), für den Standort im Süden von Österreich. (Abg. Dr. Belakowitsch-Jenewein: Dann ist es ja kein Problem, das abzuwarten! – Zwischenruf der Abg. Mag. Brunner.) Es ist auch ein wichtiger Beitrag für eine Attraktivierung durch die Verkürzung der Fahrzeit. (Abg. Dr. Belakowitsch-Jenewein: Man muss nicht das Gesetz aushebeln!)

Noch einmal: Es wird nichts ausgehebelt, sondern es wird hier auch die Gleichstellung zwischen der Straße und der Schiene – Sie haben es ja bereits erwähnt (Zwischenruf der Abg. Mag. Brunner) – gewährleistet. (Abg. Dr. Belakowitsch-Jenewein: Wissen Sie eigentlich, was Sie da reden?) Ja, ich weiß sehr gut, was ich rede.

Aktuelle Erkenntnisse müssen auch weiterhin ins laufende Verfahren eingearbeitet werden. Das ist auch aus umweltpolitischer Sicht gutzuheißen. Fest steht aber auch, dass jeder Tag, an dem nicht gebaut wird, Geld kostet. Je später man mit den Projekten fertig wird, desto teurer werden sie. Und ich habe es schon eingangs gesagt: Nicht zuletzt werden durch diese Investitionen Arbeitsplätze gesichert, die durch Baustopps natürlich gefährdet sind.

Es bleibt beim Bauprojekt am Semmering weiter offen, wann und ob wieder weiter­gebaut werden kann. (Abg. Dr. Belakowitsch-Jenewein: Demnächst! Wir beschließen es ja heute!) Dass die vonseiten des Verwaltungsgerichtshofs festge­stellten Mängel von Ministerium und Bahn auszumerzen sind, steht ja außer Streit.

Im UVP-Verfahren wird auch weiterhin genau evaluiert werden, ob diese Bauprojekte dem Naturschutz gerecht werden. Ich wiederhole auch das noch einmal: In meinen Augen ist der schon zitierte Semmering-Basistunnel allen Einwänden zum Trotz auch ein Projekt im Sinne der Umwelt. (Beifall bei ÖVP und SPÖ.)

Eines sollten wir auch bedenken bei Projekten dieser Dimension, die sich über viele, viele Jahre erstrecken: Eine gewisse Rechts- und Planungssicherheit sollte möglich und gewährleistet sein. Es ist nämlich auch für die Zukunft unserer wichtigen Projekte entscheidend, dass die Rechtslage einschätzbar und die Kosten kalkulierbar bleiben. (Abg. Dr. Belakowitsch-Jenewein: Die ist ja einschätzbar! Bisher jedenfalls!) Sonst werden wir nämlich bald das Problem haben, dass uns die Kosten bei derlei Projekten davongaloppieren.

Aus verkehrs-, umwelt- und verfassungspolitischer Sicht soll es eben – und das steht auch in der Begründung des Antrags drin – zu keiner Ungleichbehandlung von Straße und Schiene kommen. – Vielen Dank. (Beifall bei ÖVP und SPÖ.)

13.06


Präsident Ing. Norbert Hofer: Zu Wort gelangt Frau Abgeordnete Mag. Brunner. – Bitte.

 



Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll14. Sitzung / Seite 88

13.06.59

Abgeordnete Mag. Christiane Brunner (Grüne): Herr Präsident! Herr Umweltminis­ter! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen, Zuseherinnen und Zuseher hier im Haus und zu Hause! Bevor ich auf die Sache eingehe, möchte ich als Vorsitzende des Umweltausschusses kurz sagen, dass ich die Diskussion am letzten Freitag im ersten Umweltausschuss als sehr positiv gesehen habe, auch als sehr sachlich und konstruktiv. Wir sind gestartet mit einem ExpertInnen-Hearing. Wir hatten auch einen Bericht über die EU-Jahresvorschau auf der Tagesordnung, einen Antrag der Regierungsparteien, sieben Anträge der Opposition zu unterschiedlichsten Themen.

Leider hat es nur ein Antrag hierher ins Plenum geschafft, und das ist der Antrag der Regierungsparteien. Die Oppositionsanträge wurden leider allesamt vertagt. (Abg. Rädler: Waren nicht ausgereift!) – Es ist mir wichtig, dass die Öffentlichkeit weiß, dass es auch viele Initiativen der Opposition im Umweltausschuss gibt. (Beifall bei den Grünen.)

Unser Ansinnen im Umweltausschuss war es eigentlich, genau diesen Regierungs­antrag auch zu vertagen, und zwar wegen einer Vorgangsweise, die ich an sich sehr bedenklich finde. Ich werde darauf noch zurückkommen. – Jetzt aber zur Sache, zu diesem Antrag.

Um auf die Ausführungen meines Vorredners einzugehen: Ja, es wird mit dieser Regelung die Bahn der Straße gleichgestellt – nur leider in die verkehrte Richtung! Es geht eben darum, dass wir davor eine Ausnahmeregelung für die Straße hatten: Wenn ein Straßenprojekt genehmigt wurde und NachbarInnen oder eine Bürgerinitiative einen Einwand erhoben hat, Einspruch erhoben hat, hatte dieser Einspruch keine aufschiebende Wirkung. Das heißt, man konnte bauen, ohne dass quasi das Rechts­verfahren, das Genehmigungsverfahren auch wirklich abgeschlossen war.

Aber fragen Sie die Bürgerinnen und Bürger: Kein Häuslbauer kann beginnen, sein Haus zu bauen, ohne dass alle Genehmigungen abgeschlossen sind! Wenn Einwände da sind, gibt es keinen Baubeginn. Warum soll das gerade für Infrastrukturprojekte so der Fall sein?

Unsere Kritik war auf diese Ausnahmeregelung bezogen. Wir wollten eine Gleich­stellung zwischen Bahn und Straße, aber eben in die andere Richtung. Das geht jetzt genau in die verkehrte Richtung, nämlich dass es zusätzlich auch bei Bahninfra­strukturprojekten diese Ausnahmeregelung gibt und gerade hier Umweltinteressen, NachbarInneninteressen ausgeschaltet werden. Und wenn Sie von Planungssicherheit und von Rechtssicherheit reden: Ja, aber ich denke, das muss für BürgerInnen und für die Umwelt genauso gelten wie für Infrastrukturbetriebe. (Beifall bei Grünen und NEOS.)

Das ist also eine Regelung, die in die völlig falsche Richtung geht. Zusätzlich wird mit dieser Regelung zur Änderung des Umweltverträglichkeitsprüfungsgesetzes jetzt auch noch verabsäumt, andere Defizite bei der BürgerInnenbeteiligung zu beseitigen. Es gibt ja auch ein Vertragsverletzungsverfahren der EU gegen Österreich, weil nämlich unser Umweltverträglichkeitsprüfungsgesetz für Bürgerinnen- und Bürgerinitiativen keine ausreichende Beteiligungsmöglichkeit gewährleistet.

Das gilt für die Feststellungsverfahren, also dort, wo geprüft wird, ob es überhaupt ein Umweltverträglichkeitsprüfungsverfahren gibt. Es geht darum, wer sich an einer Bürgerinitiative beteiligen kann: Sind das nur Personen mit Hauptwohnsitz, so wie es jetzt die Regelung ist, oder auch andere in einer Gemeinde wohnhafte Menschen? – Und dergleichen. Also all das wurde verabsäumt. Auch deswegen werden wir diesem Antrag nicht zustimmen.


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll14. Sitzung / Seite 89

Jetzt noch zur Vorgangsweise: Mir wurde im Vorfeld des Umweltausschusses von einer Bürgerinitiative ein Schreiben geschickt, das sich eben auf die Kritik der falschen Gleichstellung von Bahn und Straße bezieht, aber auch von den Umweltanwälten und ‑anwältinnen Österreichs, von allen Umweltanwälten und ‑anwältinnen Öster­reichs! Ich finde, dass das doch ein Signal ist, das wir auch im Umweltausschuss und hier im Plenum berücksichtigen sollten.

Ich möchte das auch Ihnen allen zur Kenntnis bringen, nicht nur dem Umwelt­aus­schuss: Alle Umweltanwälte und alle Umweltanwältinnen haben uns aufgefordert, diesem Antrag nicht zuzustimmen, weil sie es als eine sehr bedenkliche Situation empfinden, dass diese Ausnahmeregelung jetzt nicht nur für die Straße nicht beseitigt, sondern zusätzlich auch noch für die Schiene geschaffen wird.

Deswegen unterstützen wir auch den Rückverweisungsantrag, gemeinsam mit den NEOS und dem Team Stronach. Ich denke, es ist das Mindeste, dass wir dieses Thema noch einmal behandeln und einem Vertreter oder einer Vertreterin der Umweltanwaltschaften auch die Möglichkeit geben, ihre Bedenken hier im Haus zu artikulieren und das ernsthaft noch einmal zu thematisieren. (Beifall bei Grünen, Team Stronach und NEOS.)

Ein weiterer Punkt ist mir im Zusammenhang mit der UVP noch wichtig. Es gibt auch eine EU-Verordnung zu Transeuropäischen Netzen und Energieinfrastrukturprojekten, die sich auf die österreichische Umweltverträglichkeitsprüfung auswirken wird. Da geht es genauso um Bürgerbeteiligung und Umweltinteressen. Da hat sich jetzt der Energieminister gegenüber der EU für zuständig erklärt.

Unsere Forderung ist – das haben wir auch schon im Umweltrat diskutiert –, dass da auch das Umweltministerium eingebunden werden muss, dass eigentlich das Umwelt­ministerium federführend für die Umweltverträglichkeitsprüfung, für die Prüfung von großen Infrastrukturprojekten zuständig sein muss. Herr Minister, da würde mich interes­sieren, wie der Stand der Situation ist. Ich denke, das ist ein ganz klassisches Beispiel dafür, was passiert, wenn man Energie und Umwelt voneinander trennt. Große Infrastrukturprojekte müssen unter einem Umweltaspekt geprüft werden.

Auch deswegen: Österreich braucht ein eigenständiges, starkes und engagiertes Umwelt- und Energieministerium. (Beifall bei Grünen und NEOS.)

13.12


Präsident Ing. Norbert Hofer: Zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Weninger. – Bitte.

 


13.12.42

Abgeordneter Hannes Weninger (SPÖ): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Liebe Kollegin Brunner, ich wertschätze Ihre Haltung und erachte sie für diskussionswürdig. Deshalb haben wir im Umweltausschuss auch versucht, anhand eines Oppositionsantrages die weitere Arbeitsweise festzulegen – nicht im Sinne der Aushebelung von Bürgerrechten, sondern um anhand von noch heuer zu erwartenden EU-Richtlinien das UVP-Verfahren und die Beteiligungs­möglich­keiten von Bürgerinitiativen und Anrainern weiter auszubauen.

Liebe Kollegin Belakowitsch-Jenewein, es geht wirklich um eine politische Frage. (Abg. Dr. Belakowitsch-Jenewein: Richtig!) Wir brauchen nicht herumzureden. Es ist zwar keine Anlassgesetzgebung, aber reden wir offen, um welche Projekte es in dieser Republik geht. (Neuerlicher Zwischenruf der Abg. Dr. Belakowitsch-Jenewein.)

Es ergibt irgendwie der Zufall, dass Sie heute neben dem Verkehrssprecher der FPÖ sitzen. Ich habe Ihre massive Kritik am Semmering-Basistunnel zur Kenntnis genom­men. Inhaltlich bin ich eher bei Ihrem Kollegen Deimek (Abg. Dr. Belakowitsch-Jenewein: Das war keine Kritik am Basistunnel, sondern an der Gesetzgebung ...!),


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der am 11. Februar den raschen Weiterbau des Semmering-Basistunnels gefordert hat. Ich will mich jetzt bei Ihnen nicht als Mediator engagieren. (Beifall bei SPÖ und ÖVP.) Kollege Deimek und ich sind fünf Jahre lang nebeneinander gesessen, vielleicht hat das etwas gefruchtet.

Ich verweise auch gerne auf den heutigen „Kurier“. Da wird Österreich aufgrund der Investitionen und Initiativen der vorigen und der jetzigen Bundesregierung massiv gelobt, auch vom VCÖ. Ich kann den zweiten Absatz kurz zitieren: „Laut Statistik Austria nutzen 26 Prozent der Bevölkerung ... häufig öffentliche Verkehrsmittel, weitere 32 Prozent“ des Öfteren. Österreich liegt damit auf Platz drei in Europa, was die Nutzung öffentlicher Verkehrsmittel betrifft, hinter der Schweiz – da wissen wir, dass das nach wie vor ein großes Vorbild ist – und Tschechien.

Jetzt sage ich ganz deutlich, dass wir alle miteinander die Entwicklung der Westbahn in den letzten Jahren miterlebt haben. Der Ausbau dieser Hochgeschwindigkeitsstrecke und der Bahnhofsausbau – das ist wirklich höchste Qualität Richtung Salzburg. Jetzt geht es darum, auch im Osten und Süden Österreichs auszubauen, da diese Region im öffentlichen Nahverkehrsbereich und entlang der transeuropäischen Linien noch deutlich nachhinkt. (Zwischenruf der Abg. Mag. Brunner.)

Von unserer Seite gibt es ein klares Bekenntnis für den öffentlichen Verkehr, für die Pendlerinnen und Pendler, aber genauso für die Fernreisenden wie auch für den Güterverkehr. Zwischen Danzig und Bologna liegt nun einmal der Semmering, und wir haben uns entschlossen, dieses Nadelöhr auszubauen, um Teil eines trans­euro­päischen Bahnnetzes zu sein. (Abg. Dr. Pirklhuber: Warum waren Sie dann dafür ...?)

Es kann doch nicht immer so sein, dass ich mich am Sonntag hinstelle und sage, alle Güter von der Straße auf die Schiene, aber am Montag sage ich nein, weil irgendwo Baumaßnahmen notwendig sind. (Zwischenrufe bei den Grünen.) Ich habe diese Diskussion in Niederösterreich als Landtagsabgeordneter jahrelang miterlebt, wie der Landeshauptmann versucht hat, den damals noch bösen Tunnel am Semmering zu verhindern. Wir könnten ja schon seit Jahrzehnten fertig sein, hätte man nicht damals in Niederösterreich mit einem eigenartigen Naturschutzgesetz den Semmering-Basistunnel verhindert.

Jetzt sind wir so weit, die Bundesregierung investiert gemeinsam mit der Europäischen Union. Wien, das südliche Niederösterreich, die Steiermark und Kärnten liegen dann an den hochwertigen Transitlinien. Das ist gut für den öffentlichen Verkehr, das ist gut für die Umwelt- und Klimapolitik, und es ist vor allem gut für den Wirtschaftsstandort der Republik Österreich. (Beifall bei SPÖ und ÖVP. – Zwischenrufe bei den Grünen.)

13.16


Präsident Ing. Norbert Hofer: Zu Wort gelangt nun Frau Abgeordnete Weigers­torfer. – Bitte.

 


13.16.53

Abgeordnete Ulrike Weigerstorfer (STRONACH): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Minister! Hohes Haus! Liebe Zuseherinnen und Zuseher an den Fern­seh­geräten! Wir haben es schon vorab gesehen: eine heiße Debatte. Wobei ich mich schon ein bisschen frage, denn dieser Antrag wird ja morgen angeblich schon im Bundesrat beschlossen ... (Abg. Dr. Belakowitsch-Jenewein: Nicht angeblich!) Er wird morgen angeblich schon beschlossen (Abg. Dr. Belakowitsch-Jenewein: Fix!), ich erwarte deshalb für die sachlich begründete Rückverweisung natürlich relativ wenig Unterstützung der Regierungsfraktionen.

Wollen wir vielleicht noch einmal kurz einen Überblick machen: In allen UVP-Verfahren hat ein ordentliches Rechtsmittel an das Bundesverwaltungsgericht aufschiebende


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll14. Sitzung / Seite 91

Wirkung, außer bei Bundesstraßen. Diese Ausnahme wurde in der letzten Novelle zum UVP-Gesetz trotz lauter Kritik aufgrund der Verschlechterung von Rechtsschutz und Umweltstandards, im dritten Abschnitt nämlich, beschlossen. Vergessen hat man aber damals anscheinend auf die Hochleistungsstrecken, was durch den vorliegenden Initiativantrag jetzt wieder repariert werden soll.

Einen kurzen Input habe ich noch, und zwar folgenden: Während dies bei uns heute zur Beschlussfassung ansteht, hat Deutschland diese Ausnahme für die Schiene aufgrund heftiger Kritik im Sommer 2013 bereits wieder aufgehoben. Wir machen jetzt also wahrscheinlich denselben Fehler.

Aber kommen wir zurück: Was bedeutet diese neue Regelung für Hochleis­tungs­strecken? – Bei Beschwerden gegen fehlerhafte oder defekte UVP-Bescheide für Schienen-Hochleistungsstrecken wie die Südbahn wird es nämlich zukünftig keine aufschiebende Wirkung mehr geben. Konkret heißt das – und das ist für mich das Dramatische –, es soll sofort unbeschränkt gebaut werden dürfen. Da ist, finde ich, dringender Handlungsbedarf gegeben.

Wir haben jetzt immer nur den Semmering-Basistunnel angesprochen, aber da geht es auch um ein paar andere Projekte. Ich nenne da den Brenner-Basistunnel, ich nenne zum Beispiel die Tauernbahn im Gasteinertal. Das muss man also schon auch ein bisschen nationaler sehen und sich hier nicht nur auf ein Projekt beziehen.

Sie haben es angesprochen, Frau Kollegin Brunner: Natürlich haben die Umwelt­anwälte aller Bundesländer auch uns geschrieben. Das ist ein ganz, ganz klares Zeichen, das sie dafür gesetzt haben, dass hier tatsächlich dringender Handlungs­bedarf besteht. Spätestens dann sollte man wirklich aufmerksam werden. (Beifall bei Team Stronach, Grünen und NEOS.)

Ich frage mich, warum all diese Einwände komplett ignoriert werden. Ich hoffe, ich werde im Laufe der Diskussion noch eine Antwort darauf bekommen.

Es gibt für uns noch sehr viel sachlichen Handlungsbedarf, weshalb wir eine Rück­verweisung an den Ausschuss unterstützen, um eine so wichtige und weitreichende Weichenstellung für das UVP-Verfahren im Bereich Bundesstraße und Schiene zu beschließen. – Danke. (Beifall beim Team Stronach.)

13.20


Präsident Ing. Norbert Hofer: Zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Rädler. – Bitte.

 


13.20.45

Abgeordneter Johann Rädler (ÖVP): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Liebe Frau Abgeordnete Weigerstorfer, beim Semmering-Basistunnel soll nicht weitergebaut werden, sondern es wird gebaut. Das muss ich auch dem Kollegen Weninger sagen. Er hat ja auf seine Landtags­vergangenheit hingewiesen, in der er anscheinend als Kämpfer für den Semmering-Basistunnel unterwegs war. Wenn ich mich recht erinnere, war das so.

Es war nicht das Bestreben des Landes Niederösterreich, diesen Tunnel zu verhin­dern, sondern es gab damals auch einen Bürgerprotest in einer gewissen Form und naturschutzbehördliche Bedenken, denen mit einer legistischen Änderung nachge­gangen werden musste. Daher kam es zu dieser Verzögerung.

Wenn nunmehr über das UVP-Verfahren durch eine Novellierung eine neue Form gefunden werden kann, um diesen Einsprüchen entgegenzutreten, dann betrifft das ja nicht nur den Semmering-Basistunnel. Wir wissen, dass es auch bei Eisenbahn­strecken so ist. Wir wissen, dass es bei vielen Verfahren eigentlich unglaublich ist, welcher Zeitaufwand für UVP-Verfahren nötig ist, nämlich eineinhalb bis zwei Jahre.


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll14. Sitzung / Seite 92

Jede Beschleunigung eines Verfahrens oder jede Möglichkeit, das Projekt umzusetzen, kann im Sinne der Wirtschaft und im Sinne der Standortpolitik nur begrüßt werden. Ich habe das selbst bei einem Projekt in meiner Gemeinde erlebt.

Das ist auch nicht realitätsfern in der Form, wie seitens der Grünen gesagt wurde, dass da irgendwelche Dinge ausgehebelt werden. Es ist ja nicht so, dass die Parameter geändert werden, das Prüfverfahren bleibt ja das gleiche. Das muss man schon einmal festhalten. (Abg. Mag. Brunner: Nein, eben nicht! Genau darum geht es!)

Liebe Frau Kollegin Brunner, da Sie sich gerade gemeldet haben: Ich habe schon gedacht, Sie hätten Ihr Schlusswort abgeändert. Sie haben es aber semantisch ein bisschen abgeändert, indem Sie nicht mehr den Rücktritt des Umweltministers, son­dern nur eine zukunftsorientierte Umweltpolitik gefordert haben. Das ist ja auch schon ein Fortschritt, und das freut mich sehr.

Auch Ihr Lob über den letzten Ausschuss freut mich. Ich glaube, es war eine sehr konstruktive Arbeit. Das wurde auch von allen Parteien so gesehen.

Sehen Sie bitte auch diese Änderung des UVP-Gesetzes als zukunftsorientierte Maß­nahme. (Beifall bei ÖVP und SPÖ.)

13.23


Präsident Ing. Norbert Hofer: Nun gelangt Herr Abgeordneter Pock zu Wort. – Bitte.

 


13.23.09

Abgeordneter Michael Pock (NEOS): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Minister! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Gleich zu Beginn bringe ich den bereits erwähnten Antrag ein:

Rückverweisungsantrag

der Abgeordneten Michael Pock, Ulrike Weigerstorfer, Mag. Christiane Brunner, Kolle­ginnen und Kollegen

Die unterfertigten Abgeordneten beantragen, den Bericht des Umweltausschusses über den Antrag 111/A der Abgeordneten Ing. Hermann Schultes, Hannes Weninger, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Umweltver­träglichkeitsprüfungsgesetz 2000, BGBl. Nr. 697/1993, geändert wird (42 d.B.), gemäß § 53 Abs. 6 Z 2 GOG-NR nochmals an den Umweltausschuss zu verweisen.

*****

(Beifall bei NEOS und Grünen.)

Warum wollen wir diese Debatte noch einmal in den Umweltausschuss bringen? – Kollege Schultes und Kollege Weninger, Sie haben es geschafft, dass tatsächlich die Oppositionskräfte, die grundsätzlich gegen den Bau eines bestimmten Tunnels sind, sowie auch diejenigen, die diskussionsoffen sind, gemeinsam dagegen stimmen werden müssen.

Hintergrund ist – und ich gehe hier auch auf die Details ein –, dass wir heute nicht über den Semmering-Basistunnel abstimmen, sondern tatsächlich über eine Gesetzes­änderung im UVP-Verfahren. Wir nehmen da weitere Themen heraus, und genau das ist der Grund, warum wir heute diskutieren müssen.


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll14. Sitzung / Seite 93

Meine Damen und Herren, der vorliegende Antrag der Kollegen Weninger und Schultes bedarf einer ehrlichen Diskussion, und zwar einer ehrlichen und trans­parenten Diskussion im Umweltausschuss.

Tatsache ist, dass mit der gewünschten Änderung der alte Status quo vor Einzug der neuen Verwaltungsgerichtsbarkeit für Bundesstraßen und Eisenbahnhoch­leistungs­strecken beibehalten und abgesichert werden soll. Da muss ich dem Kollegen Ottenschläger – er ist gerade nicht im Saal – auch sagen (Ruf bei der ÖVP: Doch, doch!) – Entschuldigung, Sie sitzen weiter hinten –: Eine Ungleichheit auf einer Seite wird nicht dadurch ausgeglichen, dass Sie auf der zweiten Seite auch eine Ungleichheit schaffen. Das ist ein ganz wesentlicher Punkt.

Lassen Sie mich das Kind daher beim Namen nennen: Es handelt sich um Ad-hoc-Gesetzgebung, um Anlassgesetzgebung, und der Anlass ist der Semmering-Basis­tunnel. Darüber kann man jetzt separat diskutieren.

Aber: Was ist geschehen und warum wurde der Bescheid überhaupt zurückge­nom­men? – Erstens wurde herausgefunden, dass der von den Behörden herangezogene Gutachter nicht berechtigt war, das erforderliche Gutachten zu erstellen. Ich denke, das ist durchaus ein Thema, das zu berücksichtigen ist.

Erforderliche Lärmmessungen wurden fehlerhaft durchgeführt, was für Anrainer und Anrainerinnen ein wesentlicher Punkt ist.

Die Kollegin von der Freiheitlichen Partei hat Folgendes schon erwähnt: Für die für die Ablagerung des Tunnelausbruches notwendige Deponie fehlt das erforderliche abfallrechtliche Verfahren, denn, so der Verwaltungsgerichtshof: Eine Deponie ist kein Bestandteil einer Eisenbahnanlage. – Ich denke, auch da hat er recht.

Die Umweltanwaltschaft bezeichnet die beantragte Novellierung jedenfalls als rechts­politische Demontage der Gerichtsbarkeit. (Abg. Dr. Pirklhuber: Richtig! So schaut’s aus!) Das ist eine Demontage. Wir sollen also heute für die Demontage der Gerichts-barkeit stimmen. Ich denke, da können wir generell nicht mit. Ich denke, auch andere Kollegen sollten da nicht mit. (Beifall bei NEOS und Grünen.)

Wir NEOS fordern daher weiterhin das Hearing der Umweltanwaltschaft und der Bürgerinitiativen zu diesem Thema und eine Diskussion, nachdem wir alle Fakten gehört haben, und danach eine erneute Abstimmung.

Ich möchte jetzt nur noch einen letzten Satz nach dem Umweltausschuss sagen, und zwar in Richtung der Kritik, die ich heute Vormittag zur Europäischen Union und zugegebenermaßen auch zur Landwirtschaft gehört habe: Würde der Basistunnel mit den angeblichen Kosten von 3,1 Milliarden € gebaut werden – da gibt es unter­schiedliche Stimmen –, würden wir 1 Milliarde € von der Europäischen Union erhalten. Ich denke, wir sollten den stärksten Partner bei Infrastrukturprojekten auch in unserer Diskussion berücksichtigen. – Danke. (Beifall bei den NEOS.)

13.27


Präsident Ing. Norbert Hofer: Zu einer Stellungnahme hat sich Herr Bundesminister Dipl.-Ing. Rupprechter zu Wort gemeldet. – Bitte, Herr Bundesminister.

 


13.27.18

Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft Dipl.-Ing. Andrä Rupprechter: Sehr geehrter Herr Präsident! Hohes Haus! Lassen Sie mich diesen Initiativantrag der Abgeordneten Schultes und Weninger zum Anlass nehmen, einige grundsatzpolitische Feststellungen zur Umweltpolitik meines Ressorts zu treffen. Ich beziehe mich ausdrücklich auf die sehr konstruktive und positive Debatte letzte Woche im Umweltausschuss. Frau Vorsitzende Brunner hat ja auch darüber


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll14. Sitzung / Seite 94

berichtet. Ich glaube, einhellig war die Einschätzung, dass das eine sehr positive grundsatzpolitische Debatte war.

Ich habe auch über mein Gespräch mit Umweltkommissar Potocnik berichtet. Ich werde nächste Woche Österreich das erste Mal als Mitglied des Rates Umwelt vertreten. Ich muss sagen, die Debatte im Umweltausschuss hat mir eine sehr wert-volle Orientierung dahin gehend gegeben, wie die Einschätzung im Hohen Haus in den verschiedenen umweltpolitischen Aspekten aussieht. Ich konnte auch große Überein­stimmung in vielen Themenbereichen – von der Anti-Atom-Politik über die gen­veränderten Organismen bis hin zum Klimaschutz – feststellen. Ich bin sehr froh darüber, dass wir in Österreich und hier in diesem Hohen Haus einen sehr breiten Konsens in diesen Fragen haben.

Wir stehen ja tatsächlich vor zentralen Herausforderungen, beispielsweise in der Luftreinhaltung. Im Dezember hat die Kommission – ich habe darüber berichtet – das Programm „Saubere Luft für Europa“ mit Vorschlägen für neue Richtlinien vorgelegt, um die Belastung der Bevölkerung insgesamt weiter zu verringern.

Dazu haben wir in meinem Haus einen breit angelegten Informationsprozess gestartet. Das Umweltbundesamt und mein Ressort haben die interessierten Stakeholder – also interessierte Beteiligte – und auch Nichtregierungsorganisationen eingeladen. Diese Veranstaltung war aus meiner Sicht auch der Auftakt zur Koordinierung einer nationalen Position zum neuen Programm. Mein Zugang ist, dass ein breiter Konsens zu erarbeiten ist, der dann in den Verhandlungsprozess einfließen wird.

Noch etwas möchte ich berichten: Ich habe im Umweltausschuss auch mitgeteilt, dass es nach dem Umweltrat ein Debriefing geben wird. Wir haben einen Termin hier im Hohen Haus vereinbart, ich glaube den 10. März. Da wird über alle Tagesord­nungs­punkte informiert und die Dokumente werden entsprechend zugänglich gemacht. Das ist auch ein Angebot von meiner Seite für die Verbesserung des Dialogs.

Für ein lebenswertes Österreich ist mir ein moderner europäischer Klimaschutz ein ganz besonderes Anliegen. Davon profitieren wir alle. Der bewusste und respektvolle Umgang mit der Natur ist aus meiner Sicht nicht nur Ausdruck unserer Verantwortung für das, was wir von der Schöpfung übernommen haben, sondern auch unsere Pflicht der nächsten Generation gegenüber. (Beifall bei der ÖVP.)

Ich kämpfe für eine mutige europäische Klima- und Energiepolitik. Es muss klare und ambitionierte Ziele geben. Das ist auch im Regierungsübereinkommen deutlich festgelegt. Sowohl bei der Reduktion von Treibhausgasen als auch beim Ausbau der erneuerbaren Energieträger und bei der Energieeffizienz geht es darum, verbindliche Ziele festzulegen. Diese Trias der Zielsetzungen muss unbedingt in die Strategie für den Klimaschutz 2030 einfließen.

Aus meiner Sicht darf es nämlich durch eine neue Klima- und Energiepolitik unter dem Vorwand von Technologieneutralität, Wettbewerbsfähigkeit oder Versorgungssicherung nicht zu einer Begünstigung oder sogar Renaissance der Kernenergie kommen. Ich glaube, auch dazu gibt es Übereinstimmung in diesem Haus. Kernenergie und auch die Nutzung von Steinkohle etwa in Deutschland sind die in die Vergangenheit gerichtete Strategie. Wir müssen unsere Energiewende in die Zukunft richten und daher auf die erneuerbaren Energieträger ausrichten. (Beifall bei ÖVP und SPÖ.)

Lassen Sie mich auch deutlich sagen, dass Investitionen in den Klimaschutz aus meiner Sicht Investitionen in die Verbesserung der Wettbewerbsfähigkeit sind. Klima­schutz, Umweltpolitik und Wachstum sind kein Gegensatz. Im Gegenteil: Diese grüne Kraft – the Green Economy – brauchen wir, um den Wachstumsmotor insgesamt wieder anzuwerfen.


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Die Sicherung der Lebensgrundlagen steht für mich im Mittelpunkt meiner Arbeit. Dafür braucht es ein intelligentes und nachhaltiges Lebensraummanagement mit klaren Grundsätzen. Verantwortungsvolle Nutzung hat Vorrang vor bloßem Verbrauch.

Beim Thema Gentechnik ist für mich zentral, dass die Mitgliedstaaten in Zukunft selbst über den Anbau von GVOs bestimmen können. Für dieses Anliegen werde ich mich auf europäischer Ebene massiv einsetzen. Dazu herrscht in diesem Hohen Haus ebenfalls Konsens, davon habe ich mich überzeugen können.

Österreich hat europaweit eine Vorreiterrolle im Bereich der biologischen Landwirt­schaft und ist mit diesem Erfolgsmodell auch wirtschaftlich erfolgreich. Wir haben das schon vorhin in der Debatte zum Grünen Bericht diskutiert.

Im Bereich der Schädlingsbekämpfung muss das Potenzial biologischer Pflanzen­schutzmethoden erschlossen und verbessert werden. Da ist auch die Forschung am Zug und gefordert.

Österreich soll ein Land der Vielfalt und nicht der Monokulturen sein. Biodiversität ist ein ganz zentraler Leitwert für den Schutz und die Bewahrung unserer natürlichen Lebensgrundlagen. Ich habe schon öfter angemerkt, dass ich vor allem auch den Aspekt der Transhumanz – Almwirtschaft und Wanderimkerei – vor diesem Hinter­grund der Biodiversität untersuchen lassen möchte. Ich habe auch das Umweltbundes­amt beauftragt, in diese Richtung tätig zu werden.

In diesem Sinne werde ich auch das Umweltprogramm für die neue Periode 2015 bis 2020 aufsetzen. Lassen Sie uns gemeinsam daran arbeiten – für ein lebenswertes Österreich! (Beifall bei ÖVP und SPÖ sowie bei Abgeordneten der Grünen.)

13.33


Präsident Ing. Norbert Hofer: Zu Wort gelangt nun Frau Abgeordnete Mag. Becher. – Bitte.

 


13.33.44

Abgeordnete Mag. Ruth Becher (SPÖ): Herr Minister! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich möchte nochmals kurz darauf hinweisen, dass die heutige Novelle die vor Jahresende 2012 eingeleiteten Genehmigungsverfahren für Hochleistungs­strecken, die noch nicht in den derzeitigen Anwendungsbereich fallen, beinhaltet.

Als Wiener Abgeordnete möchte ich die Notwendigkeit dieser UVP-Novelle kurz anhand des Lainzer Tunnels darstellen: Seit Dezember 2012 befindet sich der Lainzer Tunnel für den Güterverkehr in Betrieb. Er verbindet West- und Südbahn, und alle Tunnelgenehmigungen sind vorhanden und rechtskräftig. Die UVP-Genehmigung ist rechtskräftig, und trotzdem könnte es bei diesem Tunnel ernsthafte Probleme geben. Anrainer haben beim VGH eine Genehmigung für den Zugbetrieb beeinsprucht. Ein Satz im Eisenbahngesetz wurde als verfassungswidrig aufgehoben.

Jetzt stellt sich die Frage, was mit dem Genehmigungsbescheid für den Tunnel ge­schieht. Das ist noch nicht entschieden, da gibt es jetzt unterschiedliche Rechts­meinungen. Theoretisch wäre es möglich, dass dieser Genehmigungsbescheid aufge­hoben werden müsste und die Lainzer Bahnstrecke plötzlich ohne Genehmigung dastünde. Müsste nun ein neues UVP-Verfahren erlassen werden, würde es aus heutiger Sicht ohne diese Gesetzesänderung auf jeden Fall zu langen, zeitlich unbefristeten aufschiebenden Wirkungen kommen.

Wir sprechen da von einem Tunnel, der verkehrspolitisch sehr wichtig ist. Das ist ein Großprojekt. Der Bahnbetrieb für den Güterverkehr wurde 2012 aufgenommen, und mit Ende dieses Jahres soll der Tunnel auch für den Personenverkehr in Betrieb genom­men werden.


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll14. Sitzung / Seite 96

Dieses Projekt wurde vielfach und von allen möglichen Institutionen geprüft. Es kostet über 1,3 Milliarden €. Es ist ein Großprojekt, das die Westbahn mit der Südbahn, der Ostbahn und der Donauuferbahn verbindet und eine strategisch wichtige Entscheidung in der Verkehrspolitik darstellt.

Ich denke, dieses Großprojekt soll nicht trotz aufrechter Baubescheide wegen verschiedener Einsprüche ewig lange aufgeschoben werden können und sich Tag für Tag enorm verteuern. Aus diesem Grund stimmen wir diesem Antrag auch sehr gerne zu. – Vielen Dank. (Beifall bei der SPÖ.)

13.36


Präsident Ing. Norbert Hofer: Zu Wort gelangt nun Frau Abgeordnete Dr. Winter. – Bitte.

 


13.36.37

Abgeordnete Dr. Susanne Winter (FPÖ): Herr Präsident! Herr Minister! Werte Kollegen und Kolleginnen! Herr Kollege Pock! Es tut mir leid, wir haben im Vorhinein heftig über Ihren Antrag diskutiert. Aber es ist wirklich eine Grundhaltung von uns, dass wir einfach nicht wollen, dass in dieser Art und Weise über demokratisches Recht, über ein Berufungsrecht, über ein Einspruchsrecht der Bevölkerung – wenn auch die NGOs eingebunden sind – nochmals diskutiert wird. Ich weiß schon, dass es nicht durch­gehen wird. Aber es ist unsere Grundhaltung, dass wir diesem Antrag grundsätzlich nicht zustimmen können und wollen. (Abg. Dr. Pirklhuber: Das ist unverständlich! Das ist schade!)

Kollegin Christiane Brunner, es hat mich sehr verwundert, dass Sie als Obfrau des Umweltausschusses so hochzufrieden waren. Es stimmt, die Diskussionen waren wirklich hochwertig und toll. Aber an der Vorgangsweise der Opposition gegenüber hat sich eigentlich nichts geändert. (Abg. Dr. Pirklhuber: Das liegt aber nicht am Minister! Das liegt an SPÖ und ÖVP!) Das mögen durchaus – und ich nenne es jetzt einmal frei heraus – Vorschusslorbeeren für den Herrn Minister sein, aber grundsätzlich hat sich an der Einstellung nichts geändert, dass sämtliche Oppositionsanträge praktisch nicht reingekommen sind. (Abg. Mag. Brunner: Ich habe das ja differenziert!)

Ich denke, dass das schon ein sonderbares Verständnis von Demokratie ist. Einerseits erklärt man der Bevölkerung immer wieder, dass wir doch unbedingt mehr Mitbestim­mung für sie erwirken wollen. Im Gegenzug ist man dann aber zufrieden, wenn praktisch das Gleiche geschieht wie in der vorangegangenen Gesetzgebungsperiode.

Herr Minister, ich schließe mich an, Sie haben viele Themen angesprochen, die durch­aus in unserem Interesse sind und auch entsprechend unseren Vorstellungen behan­delt werden könnten. Das wären die Energiewende, die Sie bis jetzt nicht noch einmal erwähnt haben, und dass Sie Biodiversität sehr fördern wollen. Wasserkraftausbau ist auch etwas, wo wir Ihnen durchaus zustimmen können.

Nur gibt es auch einige Dinge, die wir mit einem schweren Aufatmen vernommen haben. Ich möchte einen Ihrer Sätze zitieren, ich habe das mitgeschrieben: Die EU ist die Instanz, wo wir unsere umweltpolitischen Anliegen durchklopfen müssen – keine nationalen Einzelgänge. – Zitatende.

Das war für mich etwas komisch, weil ich denke, dass wir sehr wohl auch mit unserer Gesetzgebung in unserem Land sehr viel für die Bauern, für die Umwelt und für die Landwirtschaft tun können. Sie haben kurz Transhumanz und Nomadismus erwähnt. Das sind zwei Weideformen, die in Alpenländern durchaus praktiziert werden. Ich denke, es ist einen Versuch wert, das als solches umzusetzen.

Eines habe ich von Ihnen nicht im Speziellen gehört: Sie sagten zwar sehr wohl, dass Sie gegen Genmais, gegen genmanipuliertes Fleisch und Ähnliches und gegen gen-


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manipulierte Produkte, die eingeführt werden, sind. Aber ich habe keine grundsätzliche Stellungnahme von Ihnen zum Freihandelsabkommen zwischen der EU und den USA gehört.

Ich weiß sehr wohl, dass es da um geklonte Tiere geht und die EU-Richtlinie eine Bestimmung hat, die sehr wohl die Einfuhr von geklonten Tieren verbietet. Aber die Nachfolgegeneration, die Kinder dieser geklonten Tiere können bei uns dennoch verwirtschaftet, verwurstet, verfleischt und gegessen werden. Ich denke, dass Öster­reich damit doch auch ein ethisches Problem hat. Daher sollte man hier diesmal – wie man ja auch sehr stark auf Eigenarten in anderen Kulturen eingeht – auf die spezielle österreichische Kultur Rücksicht nehmen und versuchen, ein entsprechendes Macht­wort zu sprechen. Ich sage „versuchen zu sprechen“, denn – und das ist mein letzter Satz – ich möchte hier gerne Horst Seehofer zitieren, der meinte: Diejenigen, die entscheiden, sind nicht gewählt, und diejenigen, die gewählt wurden, entscheiden nicht!

Herr Minister, wählen Sie die richtige Position und entscheiden Sie! (Beifall bei der FPÖ.)

13.40


Präsident Ing. Norbert Hofer: Zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Mag. Rauch. – Bitte.

 


13.41.06

Abgeordneter Mag. Johannes Rauch (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Bundesminister! Ich bin Frau Kollegin Weigerstorfer sehr, sehr dankbar, da sie den Brenner-Basistunnel angesprochen hat. Ich habe vollstes Verständnis dafür, dass große Infrastrukturprojekte nicht immer einhellig sind, dass sie immer umstritten sind und dass sie immer Diskussionen hervorbringen. Aber ich möchte als Tiroler beim Brenner-Basistunnel bleiben und auf diese Änderung eingehen, was die UVP-Verfahren betrifft. Wir wissen alle, es betrifft einige wenige Projekte, es betrifft vor allem einige Bahnprojekte. (Zwischenruf der Abg. Mag. Brunner.) – Ich glaube schon, dass es nicht in die falsche Richtung geht, wie Sie sagen, Frau Kollegin, sondern dass es in die richtige Richtung geht, dass wir eine Gleichstellung zwischen Straßen- und Schienennetz erreichen. (Beifall bei der ÖVP sowie bei Abgeordneten der SPÖ.)

Aber noch einmal zum Brenner-Basistunnel: Ich lade Sie alle herzlich nach Tirol ein. Wenn Sie durch das Inntal ... (Abg. Dr. Pirklhuber: Das ist eine unnötige Schlech­terstellung für Bürgerinnen und Bürger! – Abg. Mag. Brunner: Der Brenner-Basis­tunnel wurde von dieser Regierung nicht !) – Ich würde gerne ausreden; Sie können mir nachher bei einem Kaffee etwas erklären!

Sieht man sich an, wie belastet die Bevölkerung im Inntal und im Wipptal durch den Transit ist, und weiß man dann noch, dass von Norden nach Süden bereits die Zulauf- und die Dehnstrecken gebaut werden, hätte ein Baustopp, beträfe er den Brenner- Basistunnel, Einfluss auf die Wertschöpfung im Lande und auf die Arbeitsplätze. Die transitgeplagte Bevölkerung hätte kein Verständnis dafür, dass wir ein Projekt, das ja schon in Umsetzung ist, dann wieder stoppen. Ich glaube, es haben auch unsere Nachbarländer – und da bin ich wieder bei Europa, wenn man von der Region Tirol spricht – sowohl in Bayern als auch in Südtirol, Trentino, wo ja das auch gebaut wird, kein Verständnis, wenn wir das stoppen.

Deshalb ist es mir schon ein wichtiges Anliegen, wohl auch wissend, dass es immer schwierig ist, solche Projekte durchzubringen, wohl auch wissend, dass wir natürlich einen Status quo einführen. Aber es geht wirklich auch um Rechtssicherheit, es geht auch um Rechtsschutz für die Unternehmer. Und wenn die Unternehmer Rechtsschutz


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haben, sichern wir Arbeitsplätze. Vor allem aber wird die umweltgeplagte Bevölkerung in Tirol durch dieses Projekt entlastet. (Abg. Dr. Belakowitsch-Jenewein: Themen­verfehlung! Schade um die Redezeit!)

Deshalb bitte ich Sie um Unterstützung, Ihre Linie noch einmal zu überdenken. Und vor allem an die NEOS: Ich glaube auch, dass der eine oder andere Bauherr dort auch ganz gut verdient und auch Arbeitsplätze schafft, wenn er diesen Auftrag, dieses Baulos erhalten wird. Ich bitte Sie noch einmal, das zu überdenken. Es geht beim Brenner-Basistunnel um die Tiroler Bevölkerung, um die transitgeplagte Bevölkerung. In diesem Sinne: Überdenken Sie es noch einmal! – Vielen Dank. (Beifall bei der ÖVP.)

13.43


Präsident Ing. Norbert Hofer: Zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Dipl.-Ing. Dr. Pirkl­huber. – Bitte.

 


13.43.55

Abgeordneter Dipl.-Ing. Dr. Wolfgang Pirklhuber (Grüne): Meine Damen und Herren! Hohes Haus! Herr Bundesminister! Kollege Rauch hat jetzt so getan, als wäre dies eine Novelle, die im Interesse der Bürgerinnen und Bürger geschieht. (Abg. Dr. Belakowitsch-Jenewein: Im Gegenteil!) – Natürlich nicht, weil diese im Verfahren geschwächt werden!

Unsere Strategie ist ja ein Angebot an die Regierungsfraktionen, nämlich das Ver­säumnis nachzuholen, mit den österreichischen Umweltanwälten in einen Dialog zu treten, weil es Rechtsbedenken gibt. Was ist denn unsere Aufgabe hier in unserem Haus, wenn nicht genau das zu machen, dafür zu sorgen, dass die Diskussion mit den Betroffenen geführt wird?

Bei dieser Gelegenheit, meine Damen und Herren, möchte ich schon festhalten: Der Herr Bundesminister hat mit keiner Silbe auf diesen Initiativantrag Bezug genommen. Er ist auch nicht dafür verantwortlich, es ist keine Regierungsvorlage. Er hat eines gemacht – und das steht ihm natürlich auch frei –, und zwar die Gelegenheit genutzt, eine Grundsatzpositionierung zur europäischen Umweltpolitik abzugeben. (Abg. Dr. Belakowitsch-Jenewein: Ist ja Absicht!)

Ich erinnere daran, wir haben im Ausschuss gefordert, dass die Jahresvorschau der EU auch als Bericht in das Plenum kommt. Dann hätten die Fraktionen mit dem Minister genau über die Herausforderungen der Umweltpolitik diskutieren können, meine Damen und Herren. Der Herr Minister hat es getan.

Ich möchte da auch auf ein paar Punkte eingehen. Was die europäische Klimaschutz- und Energiepolitik betrifft, darf es keinen Flashback in Richtung Vergangenheit geben. Die Atomenergie oder deren Renaissance, die leider immer wieder droht, erfordert ein gemeinsames Handeln in Europa. Bei dieser Gelegenheit ersuche ich Sie, Herr Bundesminister, wirklich ernsthaft ein Bündnis der atomkraftfreien Länder und Regionen zu schmieden. Ihr Vorgänger hat das nur immer im Mund geführt, aber außer einer Start-Konferenz ist nicht viel herausgekommen.

Wir brauchen da echte, konstruktive Initiativen, die auf aktive und proaktive Politik setzen, weil es nicht angeht, dass unsere Steuermittel, die wir in die Europäische Union einspeisen, für eine Energiepolitik verwendet werden, die kontraproduktiv ist, die uns dann Lasten aufbürdet – wenn wir nur an die Endlagerung denken, den Brennstoff und Atomabfälle aus dieser Technologie.

Wir brauchen auch eine andere Technologie. Sie haben es erwähnt, die Gen­tech­nologie ist im Bereich der sinnvollen Nutzung immer wieder ein Thema, das wir an­sprechen. Man kann damit Gutes bewirken, aber man kann im Bereich der Lebens-


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mittel-, Land- und Saatgutwirtschaft massive Zerstörungsprozesse, nämlich die Zerstörung der Biodiversität verantworten müssen. Das wollen wir nicht.

Daher ist es ganz dringend und notwendig, Herr Bundesminister, die Initiative für eine gentechnikfreie Landwirtschaft und insbesondere das Verbot für die Zulassung von gentechnischen Sorten in Europa voranzubringen. Wir haben hier im Parlament im Dezember einen gemeinsamen Entschließungsantrag getroffen, und ich ersuche Sie, den auch wirklich auf Punkt und Beistrich umzusetzen. Das würde bedeuten, die Vor­schläge des Europäischen Parlaments und auch des österreichischen Parlaments wirklich mit in den Umweltrat am 3. März zu nehmen, denn dort wird das Thema wieder verhandelt werden. Ich bitte Sie eindringlich, uns dann nach diesem Rat auch Information zu geben, wie die Entscheidungsfindung ist, wie die Diskussion geführt wird. Wir hier im Parlament können unseren Beitrag leisten, indem wir Ihnen auch bei dieser Gelegenheit, wenn es notwendig ist, mit einem gemeinsamen Antrag den Rücken stärken. – Danke schön. (Beifall bei Grünen und NEOS.)

13.47


Präsident Ing. Norbert Hofer: Zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Buchmayr. – Bitte.

 


13.47.48

Abgeordneter Harry Buchmayr (SPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Bundesminister! Hohes Haus! Es stellte sich im 18. Jahrhundert die Frage eines vernünftigen Transportweges zur Modernisierung des Salztransportes aus dem Salzkammergut nach Böhmen. Zur Auswahl standen Kanal oder Eisenbahn.

Federführend war damals ein gewisser Franz Joseph von Gerstner, beziehungsweise sein Sohn Franz Anton, der Professor in Wien war. Er lobte übrigens die besondere offene Zugangsweise in Wien zu neuen Themen. Gerstner Junior begann nach vielen Jahren, 1824, mit dem Bau der Bahn, damals eine Pferdeeisenbahn. Der Spatenstich fand übrigens bei Kaplitz in Böhmen statt. Ein Problem waren die beachtlichen Höhedifferenzen zwischen Budweis, Linz und Gmunden. Die damalige Methode, die Höhen der schiefen Ebene mit stationären Dampfmaschinen und Seilzug zu überwin­den, begeisterte ihn nicht. Gerstner Junior behauptete, es sei möglich, einen durch­gehenden Schienenstrang durch das Gebirge zu legen, wenn man nur die nötigen Dämme und Einschnitte herstelle.

Was will ich damit sagen? – Es gab damals schon überregionale Projekte mit großen baulichen Maßnahmen. Bei so großen Projekten spielt natürlich die zeitliche Kom­ponente der Umsetzung eine große Rolle. Durch diesen Antrag wird die sachliche Gleichbehandlung von Hochleistungsstrecken, abhängig – und das betone ich noch einmal  – vom Einreichdatum,  jenen von Bundesstraßen gleichgesetzt. – Danke. (Bei­fall bei der SPÖ.)

13.49


Präsident Ing. Norbert Hofer: Zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Mag. Ofenauer. –Bitte.

 


13.49.49

Abgeordneter Mag. Friedrich Ofenauer (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Bundesminister! Hohes Haus! Geschätzte Zuseherinnen und Zuseher! Ich möchte hier noch einmal verdeutlichen, warum die letzte Änderung des Umweltverträg­lichkeits­prüfungsgesetzes notwendig war.

Wie wir wissen, hat mit Jahresbeginn das Bundesverwaltungsgericht den Umweltsenat als Rechtsmittelinstanz in UVP-Verfahren abgelöst. Und im Zuge der dazugehörigen Novellierung des UVP-Gesetzes wurde für bereits laufende Verfahren festgelegt, dass


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Beschwerden gegen Entscheidungen von Verwaltungsbehörden, wenn sie Bundes­straßenbauvorhaben betreffen, keine aufschiebende Wirkung haben.

Der Begriff der aufschiebenden Wirkung ist etwas formaljuristisch. Was bedeutet das? – Es bedeutet, dass die Rechte aus einem Bescheid nicht ausgeübt werden dürfen, weil das ordentliche Rechtsmittel einer Berufung eben eine sogenannte aufschiebende Wirkung hat. Ein Bauwerk darf zum Beispiel nicht errichtet werden, wenn dagegen Berufung erhoben wurde, der Bauwerber hat die Entscheidung der Berufungsbehörde abzuwarten.

Nun ist aber ein Hausbau nicht mit Verfahren zu vergleichen, die in UVP-Verfahren abgewickelt werden, weil Bauverfahren vergleichsweise kurz dauern und auch die Baubehörden in unseren Gemeinden dafür sorgen, dass diese rasch abgewickelt werden. Infrastrukturvorhaben, besonders jene in der Größenordnung von UVP-Genehmigungsverfahren, werden zumeist über lange Zeit hinweg von Fachkräften mit entsprechendem Zeit- und Mitteleinsatz geplant und in aufwendigen Verfahren überprüft. In diesen Verfahren kommen auch Parteien zu Wort, um ihre Rechte zu wahren, und Wasserrecht, Umwelt, Naturschutz werden geprüft und berücksichtigt. Kommt einem Rechtsmittel gegen eine in solchen Verfahren getroffene Entscheidung aufschiebende Wirkung zu, ist mit einer weiteren Verlängerung des Verfahrens bis zum Vorliegen einer rechtskräftigen Entscheidung zu rechnen.

Der vorliegende Antrag zum Umweltverträglichkeitsprüfungsgesetz sieht nun vor, auch Rechtsmitteln gegen Bescheide betreffend Hochleistungsstrecken – und jetzt kommt es – in Verfahren, die vor dem 31. Dezember 2012 eingeleitet wurden und gegen die, nach der bis zum 31. Dezember 2013 geltenden Rechtslage, kein ordentliches Rechtsmittel zulässig gewesen wäre, keine aufschiebende Wirkung einzuräumen. Auch dies betrifft sozusagen nur bereits laufende Verfahren und entspricht der bis 31. Dezember 2013 geltenden Rechtsordnung.

Es kann daher keine Rede davon sein, dass die Rechtsordnung damit demontiert werden würde. Im Gegenteil, es soll eine Gleichstellung zum Verfahren betreffend Bun­desstraßen erreicht werden, da eben nicht einzusehen ist, warum gerade Hoch­leistungstrecken in diesem Punkt anders behandelt werden sollen. Auch den Vorwurf der Einschränkung der Bürgerrechte kann ich nicht nachvollziehen, da auch ohne aufschiebende Wirkung einer Beschwerde eine Überprüfung der Entscheidung der ersten Instanz erfolgt.

Es soll durch die Erhebung einer Beschwerde keine Verzögerung eines Verfahrens erfolgen. Der Bauwerber baut ohnehin auf eigenes Risiko, denn er muss sein Bauvorhaben entsprechend der Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichtes oder – so wie es früher war – des Verwaltungsgerichtshofes anpassen, wenn dieser den erstinstanzlichen Bescheid abändert oder aufhebt. Das bedeutet natürlich auch, der Bauwerber wird nicht mit dem Bau beginnen, wenn er nicht ausreichend davon überzeugt ist, dass er halten wird.

Aufgrund meiner persönlichen Erfahrung kann ich diese Änderungen voll und ganz unterstützen. Diese Änderung ist eine Beschleunigung von Bauvorhaben, unnötige Kosten werden gespart, eine Beschleunigung ist zu erwarten und für die bereits laufenden Verfahren ist Planungs- und Rechtssicherheit wiederhergestellt. – Danke sehr. (Beifall bei der ÖVP sowie bei Abgeordneten der SPÖ.)

13.53


Präsident Ing. Norbert Hofer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Mag. Dr. Feich­tinger. – Bitte.

 



Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll14. Sitzung / Seite 101

13.53.48

Abgeordneter Mag. Dr. Klaus Uwe Feichtinger (SPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Bundesminister! Mein Vorredner hat die formaljuristische Sicht der vorliegenden Novelle bereits sehr gut und sehr exakt dargestellt. Wenn wir heute die vorliegende Novelle hier im Hohen Haus debattieren, ist diese aus unserer Sicht, im Sinne einer Gleichbehandlung von Infrastrukturprojekten im Bereich Schiene und Straße, ein notwendiger Schritt. Erteilt man einer politischen Zielsetzung und einer Schwerpunkt­setzung im Hinblick auf den Ausbau des öffentlichen Verkehrs seine grundsätzliche Zustimmung, ist es für uns auch logisch, dass man sich dieser Novellierung nicht verweigern sollte.

Zum Thema aufschiebende Wirkung wurde bereits von meinen Vorgängern etliches dargestellt. Zu betonen ist noch einmal, dass es hierbei um Verfahren geht, deren Einleitung bereits im Jahr 2012 erfolgt ist, also vor Inkrafttreten der Novelle zum UVP-Verfahren.

Welche Projekte sind jetzt davon konkret betroffen? – Die Frau Kollegin Belakowitsch-Jenewein und die Frau Kollegin Brunner haben sich vorher auf den Semmeringtunnel und auf den Brenner-Basistunnel bezogen. Das betrifft auch, wie die Kollegin Becher schon ausgeführt hat, den Lainzer Tunnel, wo das Urteil des VfGH noch ausständig ist. Es betrifft aber auch – und das möchte ich als Steirer hier betonen – Ausweich­bahnhöfe der Steirischen Ostbahn. Und wie wir alle wissen, werden Milliarden an öffent­lichen Mitteln für den Ausbau von Schienen – und Bahnhofsinfrastruktur auf­gewendet. Im Sinne einer Investitions- und Rechtssicherheit kann und soll das, was für die Straße recht ist, für die umweltfreundliche Schiene nur billig sein.

Die nunmehr geltende Rechtslage – wonach zwar bis zum Urteil des Höchstgerichts nicht gebaut werden kann, die Verfahren dafür aber wesentlich verkürzt werden – stellt ohnehin eine merkliche Verbesserung gegenüber der alten Rechtslage mit diesen überaus langen Verfahrensdauern dar, wo aber dann ohne größere Verzögerungen gebaut werden konnte. Eine Systemkombination alt und neu ist aber, wie wir wissen, nicht möglich. Und auf Basis der alten Rechtslage bereits zu bauen und auf Basis der neuen Rechtslage mitten im Bau unterbrechen zu müssen widerspricht aus unserer Sicht dem Vertrauensschutz und wäre daher wahrscheinlich auch gleichheitswidrig gegenüber den gesetzlichen Bestimmungen für Straßenprojekte. Das ist ein weiterer Aspekt, warum diese Gesetzesinitiative unsere Zustimmung finden wird. – Besten Dank. (Beifall bei der SPÖ sowie bei Abgeordneten der ÖVP.)

13.56


Präsident Ing. Norbert Hofer: Zu Wort gelangt Frau Abgeordnete Mag. Greiner. – Bitte.

 


13.56.45

Abgeordnete Mag. Karin Greiner (SPÖ): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Ge­schätzte Kolleginnen und Kollegen! Werte Zuseherinnen und Zuseher! Warum ist es so wichtig, dem vorliegenden Antrag zuzustimmen? – Um Rechtssicherheit herzu­stellen, Rechtssicherheit bei der Abwicklung von Infrastrukturprojekten. (Abg. Dr. Belakowitsch-Jenewein: Eben nicht! Rechtssicherheit eben nicht!)

Wie war die Rechtslage bis zum 31. Dezember 2013? – Die Verfahrensdauer war länger, aber die Bauabwicklung konnte im Wesentlichen durchgehend, vielleicht mit wenig Verzögerung erfolgen. Eine sofortige aufschiebende Wirkung ist nicht einge­treten.

Und wie ist die Rechtslage ab 1. Jänner 2014? – Die Verfahren sind zwar kürzer, bis zum Urteil des Höchstgerichtes darf nicht gebaut werden, aber in der Baustellen­ab-


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wicklung kann es sofort zu einer aufschiebenden Wirkung kommen. Das heißt, die Baustelle steht.

In den heutigen Wortmeldungen ist der Semmering-Basistunnel schon so oft erwähnt worden, und als Steirerin muss ich jetzt etwas dazu sagen. Die Bescheide zum Bau des Semmering-Basistunnels wurden nach der alten Rechtslage ausgestellt. Und als Baustellenbetreiber kann und muss ich mich im Allgemeinen auch darauf verlassen können, die Baustelle im bestehenden Rechtsregime fertigstellen zu können. Die neue Rechtslage hat in dem konkreten Fall dazu geführt, dass ein Baustellenstopp besteht. Was heißt das jetzt konkret? – Zwei Rechtssysteme, alt und neu, prallen aufeinander, in Kombination beziehungsweise in Konkurrenz können sie nicht angewendet werden. Das heißt, wir brauchen diese Übergangsregelung.

Was bedeutet jetzt ein Stopp auf der Semmering-Basistunnel-Baustelle? Was bedeutet das finanziell und für die Kostenseite? (Abg. Neubauer: Das muss sich jeder Häusl­bauer vorher überlegen!) Was bedeutet die Verzögerung dieses wichtigen Schienen­projektes umweltpolitisch? Und was bedeutet das wirtschaftspolitisch? – Laut Exper­tenschätzungen betragen die finanziellen Auswirkungen dieses Baustellenstopps meh­rere Millionen. Wie lange der Stopp dauern wird, ist aus jetziger Sicht nicht präzise zu sagen.

Sollten wir nicht alle geschlossen und entschlossen dafür eintreten, dass sich der Verkehr weg von der Straße auf die Schiene verlagert? Wollen wir nicht gemeinsam erreichen, dass sich die CO2-Emmissionen reduzieren? Ist der Semmering-Basistunnel in Betrieb, heißt das, pro Jahr sind 175 000 Lkw weniger auf der Straße unterwegs. (Abg. Dr. Belakowitsch-Jenewein: Das schauen wir uns an!)

Der Tunnel ist für den Wirtschaftsstandort Österreich von entscheidender Bedeutung. Die Bahnverbindung auf der Südachse muss gegenüber der Straße konkurrenzfähiger gemacht werden. (Abg. Dr. Belakowitsch-Jenewein: Themenverfehlung!) Das ist wichtig für den Güterverkehr. Das ist wichtig für den Personenverkehr. Und Frau Kollegin Belakowitsch-Jenewein, Sie haben es erwähnt, es ist auch wichtig für die Umweltpolitik. Nicht zu vergessen sind die positiven Effekte für den Arbeitsmarkt und die Wirtschaftsimpulse. In der Bauphase finden auf dieser Baustelle bis zu 5 000 Personen Arbeit, nach der Instandsetzung sind es bis zu 11 000.

Bei der Novelle 2012 wurde zwar nicht die Straße, aber die Schiene berücksichtigt. Ist es nicht absolut logisch und nachvollziehbar, jetzt eine Gleichstellung zwischen Straße und Schiene herzustellen? Ich ersuche daher um Zustimmung zu diesem Antrag. – Danke schön. (Beifall bei der SPÖ sowie bei Abgeordneten der ÖVP.)

13.59


Präsident Ing. Norbert Hofer: Zu Wort gelangt nun Herr Abgeordneter Plessl. – Bitte.

 


14.00.15

Abgeordneter Rudolf Plessl (SPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Geschätzter Herr Minister! Werte Kolleginnen und Kollegen! Sehr geehrte Damen und Herren auf der Zuschauergalerie und zu Hause vor den Bildschirmen! Wir Sozialdemokraten stehen hier für Fairness und Gerechtigkeit, für Chancengleichheit. (Abg. Dr. Belakowitsch-Jenewein: Bitte keinen Klassenkampf!) Wir sind aber auch für den Ausbau der Rechts­sicherheit. Uns wurde hier vorgeworfen, Anlassgesetzgebung zu betreiben.

Frau Kollegin Belakowitsch-Jenewein! Sie haben hier gesprochen von Anlassgesetz­gebung Semmering. Jetzt muss man das einmal im Zusammenhang sehen, was seit der  Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofes gemacht worden ist. Veröffentlicht wurde die Entscheidung vom Verwaltungsgerichtshof am 10. Februar 2014. (Abg. Dr. Belakowitsch-Jenewein: Richtig!) Der Beschluss vom Verwaltungsgerichtshof war


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am 19. Dezember 2013. Wissen Sie, wann der Antrag von den Kollegen Schultes und Weninger eingebracht worden ist? Wissen Sie es? – Ich sage es Ihnen, wenn Sie es nicht wissen (Abg. Dr. Belakowitsch-Jenewein: 17. Dezember! Hätten Sie aufge­passt, hätten Sie nicht den Oberlehrer spielen müssen!): Es war der 17. Dezember, das heißt, das war zwei Tage vorher. Und Sie sprechen hier von Anlassgesetz­gebung – das ist nicht in Ordnung, Frau Kollegin, was Sie hier gesagt haben! (Beifall bei SPÖ und ÖVP.)

Ich möchte Ihnen aber auch ein Beispiel für Anlassgesetzgebung geben. Das war ein Punkt, der sehr umstritten war, wo es viele Verfahren gegeben hat, viele, viele Jahre sind vergangen. Im Asylbereich – wir sprechen heute auch noch bei der Kurzdebatte darüber – dauerten die Verfahren bis zum 1. Juli 2008, bis zur Einsetzung des Asylgerichtshofes mehrere Jahre, und Sie waren in der Verantwortung. (Abg. Dr. Belakowitsch-Jenewein: Ich war nicht in der Verantwortung, aber wurscht!) Viele Folgeanträge wurden eingebracht, es war kaum Rechtssicherheit vorhanden. Erst unter einem SPÖ-Bundeskanzler mit dem Koalitionspartner ÖVP ist es uns gelungen, dass wir mit der Einsetzung des Asylgerichtshofes alle Rückstände abgearbeitet haben, und zwar sehr rasch. (Abg. Dr. Belakowitsch-Jenewein: Was hat das jetzt mit dem Gesetz zu tun?) Darüber hinaus haben wir eine hohe Rechtssicherheit hervorgebracht, meine sehr geehrten Damen und Herren. (Beifall bei der SPÖ.)

Wir wollen aber nicht nur auf diesem Stand bleiben, sondern wollen uns auch verbes­sern und auch eine einheitliche Rechtsprechung in ganz Österreich herbeiführen. Deswegen wurde auch ein Teil der Verwaltungsgerichtsbarkeit dahin gehend aufge­wendet, um diese 100 unterschiedlichen Behörden, die in diesen Verfahren die Entscheidung getroffen haben, einheitlich unter alleinige Führung zu stellen. Das ist richtig so. Unserem Grundsatz einer effizienten und sparsamen Verwaltung sind wir nachgekommen, meine sehr geehrten Damen und Herren.

Wir sind natürlich als Bundesgesetzgeber hier verpflichtet, unsere Budgetmittel effizient und sparsam einzusetzen. Wir haben heute mit diesem Beschluss die Möglichkeit, mit dieser Abänderung im UVP-Gesetz eine Klarstellung herbeizuführen und eine Gleich­stellung der Schiene mit der Straße zu erreichen. Es ist, glaube ich, sehr wichtig, da Rechtssicherheit zu schaffen. (Abg. Dr. Belakowitsch-Jenewein: Sie sollten es von Anfang an besser planen!) Wenn ein altes Verfahren in ein neues Verfahren über­geführt werden soll, ist es auch für die Betreiber sehr wichtig, eine klare Trennung der rechtlichen Zuständigkeiten zu haben. Wir haben das gemacht. Voraussetzung: Das Verfahren muss bereits vor Ende 2012 eingeleitet worden sein, ein ordentliches Rechtsmittel war bis Ende 2013 nicht zulässig, und dann, nur dann wird keine aufschiebende Wirkung gewährt. (Abg. Neubauer: Sie haben keine Ahnung!)

Meine sehr geehrten Damen und Herren, bitte stimmen Sie diesem Antrag zu! – Danke schön. (Beifall bei SPÖ und ÖVP.)

14.03


Präsident Ing. Norbert Hofer: Zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Preiner. – Bitte.

 


14.04.00

Abgeordneter Erwin Preiner (SPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Minister! Kolleginnen und Kollegen! Gegenwärtig diskutieren wir die Novellierung des Umwelt­verträglichkeitsgesetzes in Richtung Gleichstellung von Infrastrukturprojekten, nämlich Schiene und Straße. (Abg. Dr. Pirklhuber: Behübschung!) Wie ich aus den vorherigen Aussagen der Grünen vernommen habe, wäre es aus ihrer Sicht wünschenswert, dass es zu einer Novellierung in die entgegengesetzte Richtung kommt, was naturgemäß nicht meinen Intentionen, Herr Kollege, entspricht.


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Ziel der vorliegenden Gesetzesvorlage ist jedenfalls, die aufschiebende Wirkung von Einsprüchen auf sechs Monate zu begrenzen. Ich kann Ihnen ein Beispiel bringen, wo das in einem wichtigen Straßenprojekt im Nordburgenland fatale Folgen gehabt hätte. Ich spreche von einer kleinräumigen, örtlichen Umfahrung der Gemeinde Schützen am Gebirge. (Zwischenruf der Abg. Mag. Brunner.)

Vor zwölf Jahren, im Jahre 2001, haben bei einer Volksbefragung 90 Prozent der Menschen für eine kleinräumige Umfahrung votiert. Einige wenige haben Einsprüche vorgenommen. Stellen wir uns vor, diese hätte keine aufschiebende Wirkung von sechs Monaten gehabt! Was wäre gewesen? – Die Baustelle würde bis zum heutigen Tag unvollendet bleiben. 90 Prozent der Menschen haben sich für diese kleinräumige Umfahrung ausgesprochen. Schützen am Gebirge ist eine Gemeinde, durch die tagtäglich 16 000 Fahrzeuge auf der B 50 fahren. Wie es hier um die Lebensqualität der Menschen bestellt ist, das kann sich jeder ausmalen.

Ich denke, die vorliegende Novellierung des Umweltverträglichkeitsgesetzes ist ein Schritt in die richtige Richtung. Noch dazu kommt es dadurch zu einer Verbesserung der Erreichbarkeit ländlicher Regionen, da der öffentliche Verkehr aufgrund des zügigen und raschen Ausbaus der Schiene schneller und rascher durchgeführt werden kann. Das ergibt eine Win-win-Situation, vor allem für strukturschwächere Regionen in den Ländern. Und eines darf man auch nicht vergessen: Arbeitsplätze werden geschaffen. Die Wertschöpfung bleibt in der Region. – Ich danke für Ihre Aufmerk­samkeit. (Beifall bei SPÖ und ÖVP.)

14.06


Präsident Ing. Norbert Hofer: Zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Dr. Belakowitsch-Jenewein. – Bitte.

 


14.06.52

Abgeordnete Dr. Dagmar Belakowitsch-Jenewein (FPÖ): Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Jetzt möchte ich noch einmal etwas sagen. Wenn ich mir die Debatte anhöre, dann muss ich sagen, das ist eine mehr als verlogene Debatte, die Sie hier führen. (Zwischenrufe und Unruhe im Saal.) Hier geht es schlicht und einfach darum, dass in laufende Verfahren eingegriffen werden soll. (Zwischenruf des Abg. Weninger.) – Hören Sie zu, denn Sie waren das Beispiel dafür! Sie können nicht nur nicht sinnerfassend lesen, Sie können nicht einmal sinnerfassend zuhören. (Beifall bei der FPÖ. – Abg. Neubauer: Unvorstellbar!)

Hier geht es weder um den Semmering-Basistunnel, noch geht es um den Brenner-Basistunnel, hier geht es schlicht und einfach darum, dass in ein laufendes Verfahren eingegriffen (Beifall bei der FPÖ) und die aufschiebende Wirkung eines Rechtsmittels ausgehebelt werden soll. Damit soll dieses gesamte UVP-Verfahren in Wirklichkeit ad absurdum geführt werden. (Zwischenruf bei der FPÖ. – Gegenruf der Abg. Mag. Brunner.) Das ist es, was wir hier kritisiert haben. Da geht es nicht um einzelne Projekte, auch wenn Sie das jetzt gerne so schön hier dargestellt haben. (Beifall bei der FPÖ.)

Kollege Weninger, ich habe schon im Ausschuss gefragt: Ist das eine Anlass­gesetzgebung? Es wäre ein Leichtes für Sie gewesen, Ja zu sagen, denn heute haben Sie es zugegeben. Der Minister hat genickt, als ich gesagt habe, es sei Absicht, dass es eben keine Regierungsvorlage ist, damit wir keine Begutachtungsfrist haben. – Ja, genau, das ist es. Genau das hätten Sie im Ausschuss sagen können (Abg. Weninger: Hab ich eh!), und dann hätten wir uns viele Teile dieser Debatte hier erspart.

Uns geht es einzig und allein darum, dass hier ein Rechtsmittel geschwächt und ausgehebelt wird. Genau darum ist es in dieser Debatte gegangen. Es ist schade, dass


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vor allem die Kolleginnen und Kollegen der Regierungsparteien auf das Gesetz selbst in keinster Weise eingegangen sind. (Beifall bei der FPÖ. – Ruf bei der SPÖ: Keine Ahnung haben Sie!)

14.08

*****

14.08.20

 


Präsident Ing. Norbert Hofer: Frau Kollegin Belakowitsch-Jenewein, ich muss Ihnen für den ausgesprochenen Vorwurf der Verlogenheit einen Ordnungsruf erteilen. (Beifall bei Abgeordneten von SPÖ und ÖVP.)

*****

Zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Bacher. – Bitte.

 


14.08.46

Abgeordneter Walter Bacher (SPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Bundesminister! Liebe Zuseherinnen hier im Saal und zu Hause vor den Fern­sehgeräten! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Ich werde versuchen, ein bisschen die Emotionen herauszunehmen. Wenn ich von Salzburg zur Sitzung des Nationalrates nach Wien fahre, dann habe ich zum Glück heutzutage die Wahl: Nehme ich das Auto oder die Bahn? Wie viele andere wähle ich dann die Bahn – schnell, komfortabel, umweltfreundlich. Moderne Hochleistungszüge bringen mich und Tausende andere Fahrgäste mit Spitzengeschwindigkeiten von teilweise über 200 km/h nach Wien.

Das ist aber nur dann möglich, wenn es ein funktionierendes Hochgeschwin­digkeits­netz der Bahn gibt und so der technische Fortschritt von uns allen genutzt werden kann, von jedem einzelnen. Das heißt aber, wir müssen technisch wie auch wirt­schaft­lich, vor allem aber auch umwelttechnisch am Ball bleiben. (Abg. Neubauer: Aber rechtlich in Ordnung muss es sein!) Damit der Nutzen der Technik und der Wirtschaft nicht auf Kosten der Umwelt geht, werden mit der Umweltverträglichkeitsprüfung die voraussichtlichen Auswirkungen auf Boden, auf Wasser, auf Luft, auf Klima und auf Landschaft geprüft. Kurz: Es werden die Auswirkungen eines Bahn- oder Straßenbau­projektes auf Betroffene, die im näheren Umfeld leben oder arbeiten, geprüft.

Wir befinden uns in einem Zeitalter, in dem rasches Fortkommen ein wesentliches Thema ist, und es stellt sich hier die Frage: Wie gehen wir damit um? Es stellt sich heute nicht mehr die Frage: Hochgeschwindigkeit Ja oder Nein? Es stellt sich auch nicht die Frage: Umweltverträglichkeitsprüfung Ja oder Nein? Aber es stellt sich die Frage: Wie kann ich Projekte verwirklichen, die im Einklang mit der Natur funktio­nieren? (Abg. Mag. Brunner: Oh ja!)

Wir beschäftigen Sachverständige, Fachleute, Expertinnen und Experten, die Projekte auf ihre Auswirkungen auf die Umwelt prüfen und mit ihrem Gutachten eine Einschät­zung abgeben. Diese Gutachten werden wiederum geprüft. – Und das ist gut so. Wenn Mängel festgestellt werden, können sie behoben werden. Hier geht es aber um eine Übergangsbestimmung. Es geht um eine Gleichstellung von Straße und Schiene. Was für die Straße gilt, muss gerade im Sinne des Umweltgedankens auch für die Schiene gelten. Es geht nicht darum, den Bürgerinnen und Bürgern ein Rechtsmittel zu neh­men, sondern darum, dass Projekte, die bereits geprüft und nach alter Rechtslage begonnen wurden, nicht nach neuer Rechtslage gestoppt und lange unterbrochen werden können und damit zusätzliche Kosten verursachen.


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Und Folgendes, geschätzte Kolleginnen und Kollegen, sollten wir bei dieser Diskussion nicht vergessen: Bei jedem dieser Projekte geht es vor allem aber auch um Arbeits­plätze. – Danke. (Beifall bei SPÖ und ÖVP.)

14.11


Präsident Ing. Norbert Hofer: Zu Wort ist dazu niemand mehr gemeldet. Die Debatte ist geschlossen.

Wünscht der Herr Berichterstatter ein Schlusswort? – Das ist nicht der Fall.

Wir kommen zunächst zur Abstimmung über den Rückverweisungsantrag der Abgeordneten Pock, Weigerstorfer, Mag. Brunner, Kolleginnen und Kollegen, den Gegenstand an den Umweltausschuss rückzuverweisen.

Ich bitte jene Damen und Herren, die diesem Antrag zustimmen, um ein ent-sprechen­des Zeichen. – Das ist die Minderheit und damit abgelehnt.

Wir gelangen zur Abstimmung über den Gesetzentwurf samt Titel und Eingang in 42 der Beilagen.

Ich ersuche jene Damen und Herren, die für diesen Gesetzentwurf sind, um ein Zeichen der Zustimmung. – Das ist mehrheitlich angenommen.

Wir kommen sogleich zur dritten Lesung.

Ich bitte jene Damen und Herren, die dem vorliegenden Gesetzentwurf auch in dritter Lesung ihre Zustimmung erteilen, um ein diesbezügliches Zeichen. – Der Gesetzent-wurf ist somit auch in dritter Lesung mehrheitlich angenommen.

14.12.47 3. Punkt

Erste Lesung: Antrag der Abgeordneten Mag. Harald Stefan, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesverfassungsgesetz und ein Bundesgesetz, mit dem das Bundes-Verfassungsgesetz – B-VG, BGBl. Nr. 1/1930, und das Verfas­sungsgerichtshofgesetz 1953 – VfGG, BGBl. Nr. 85/1953, geändert werden (79/A)

 


Präsident Ing. Norbert Hofer: Wir gelangen zum 3. Punkt der Tagesordnung.

Wir gehen in die Debatte ein.

Zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Mag. Darmann. – Bitte.

 


14.13.17

Abgeordneter Mag. Gernot Darmann (FPÖ): Werter Herr Präsident! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Wenn wir uns in dieser ersten Lesung mit dem Antrag des Freiheitlichen Parlamentsklubs auseinandersetzen, eine Änderung im Sinne einer Ergänzung der österreichischen Bundesverfassung, um eine längst von Expertenseite eingeforderte Vorabprüfung von Staatsverträgen durch den Verfassungsgerichtshof zusammenzubringen und auch rechtlich möglich zu machen, dann ist es für mich eine Freude, diese auch zu begründen. Nach einigen medialen Meinungsbekundungen vonseiten des Bundespräsidenten, vonseiten des Präsidenten des Verfassungsge-richts­hofes bis hin zum ehemaligen Klubobmann der SPÖ kann ich sicher sein, dass hier sehr wohl eine Notwendigkeit gesehen wird.

Mit diesem Antrag des freiheitlichen Klubs soll es möglich sein, in Hinkunft Änderungen von Staatsverträgen, aber auch neue Staatsverträge, nicht erst im Nachhinein, nach einer gegebenen Ratifizierung, auf die Verfassungskonformität hin zu überprüfen. Natürlich sollte man in logischer Konsequenz eine solche Prüfung vorab stattfinden lassen, um zu verhindern, dass sich die Republik Österreich nach außen hin in völker-


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rechtlichen Verträgen bindet, nach innen hin aber einen Verfassungsbruch begeht. (Beifall bei der FPÖ.)

Geschätzte Damen und Herren, es wird wohl im Sinne von uns allen sein, besonders als Gesetzgeber, genau diese unbefriedigende Situation, die derzeit gegeben ist, näm­lich solche Prüfungen nur im Nachhinein stattfinden lassen zu können, auszuhebeln. In Zukunft soll ein neuer Artikel 140 b in unserer Bundesverfassung rechtlich dafür Sorge tragen, dass solche Prüfungen vorab stattfinden können. Wir haben in unserem Antrag vorgesehen, dass dieses Recht 20 Abgeordneten des Nationalrates, sieben Bundes­räten oder auch den Landesregierungen zustehen soll, die dann innerhalb von drei Monaten nach Einlangen der Regierungsvorlage hier im Parlament einen Antrag zur entsprechenden Überprüfung an den Verfassungsgerichtshof zu stellen haben.

Vorhin habe ich die werten Herrschaften Dr. Heinz Fischer, Dr. Holzinger und auch Kollegen Cap angeführt, ich möchte auch ein paar Zitate bringen. Ich möchte das nicht aus der Luft gegriffen so stehen lassen, sondern Ihnen schon in Erinnerung rufen, in welchem zeitlichen Rahmen das geschehen ist, nämlich rund um die Diskussion zu ESM und dergleichen. Das Folgende wurde von diesen Personen zu dieser Thematik gesagt.

Herr Dr. Heinz Fischer hat in seiner Rede beim Verfassungstag 2012 festgehalten – das ist auch auf der Homepage des Bundespräsidenten nachzulesen, ich zitiere wortwörtlich – :

„Ich habe daher schon mehrere Male zum Ausdruck gebracht, dass es zweckmäßig wäre, die Verfassung in Österreich in der Weise zu ändern, dass der Bundespräsident die Möglichkeit erhalten sollte, vor der Ratifizierung eines Staatsvertrages die Rechts-meinung bzw. eine Entscheidung des Verfassungsgerichtshofes einzuholen.

Diese Anregung ist bisher auf keinen fruchtbaren Boden gefallen, aber nachdem sich auch der Präsident des österreichischen Verfassungsgerichtshofes eindeutig in dieser Richtung geäußert hat, darf ich diese Anregung in aller Form wiederholen und den Gesetzgeber ersuchen, sich mit dieser Frage ernsthaft zu beschäftigen.“

Nun hat zwar der Herr Bundespräsident von einer anderen Art des Antragsstellers ebenso philosophiert, Tatsache ist aber, dass er das Konstrukt einer Vorabprüfung entsprechend geprüft und auch vom Gesetzgeber, somit von uns, eingefordert hat.

Selbiges gilt für den Präsidenten des Verfassungsgerichtshofes, der in einer ORF-Pressestunde im September 2012 es grundsätzlich für zweckmäßig hält, dem Verfas­sungs­gerichtshof die Möglichkeit zu geben, bei Entscheidungen im EU-Kontext eine Vorabkontrolle zuzulassen.

Geschätzte Damen und Herren! Auch Kollege Cap, dieses Zitat sei mir noch kurz gestattet, hat festgehalten – nachzulesen auf der Homepage der Zeitung „Die Presse“, ich zitiere –:

„Wir glauben, dass es Sinn macht, bei so großen Beschlüssen, die völkerrechtliche Abkommen, EU-Verträge betreffen, bereits am Beginn zu überprüfen. Die Schäden – wenn es sich herausstellen sollte – danach, wären natürlich groß. Daher ist das ein kluger Vorschlag“. (Beifall bei der FPÖ.)

Geschätzte Damen und Herren, ich ersuche Sie alle, sich entsprechend sachlich mit unserem Vorschlag im zuständigen Ausschuss auseinanderzusetzen. Ich meine, unsere Verfassung und vor allem auch unsere Republik Österreich haben es sich verdient, dass wir verfassungskonforme Staatsverträge abschließen. – Danke. (Beifall bei der FPÖ.)

14.18



Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll14. Sitzung / Seite 108

Präsident Ing. Norbert Hofer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Dr. Wittmann. – Bitte.

 


14.18.36

Abgeordneter Dr. Peter Wittmann (SPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehr-ter Herr Kollege! An sich glaube ich, dass dieser Vorschlag durchaus diskussionswert ist. Ob das jetzt genau so ausschauen muss, wie Sie es da im Antrag haben, das wird die Diskussion zeigen (Abg. Mag. Darmann: Ich denke schon!), aber ich bin da sehr offen. Ich glaube, dass es notwendig ist, eine derartige Vorabprüfung einzuführen. Ob es in der Frage selbst konsequent ist, auch der Landesregierung dieses Recht einzu­räumen, wenn man es den Abgeordneten im Nationalrat und im Bundesrat einräumt, weiß ich nicht. Es sollte vielleicht der Landtag sein, mit einem Mehrheitsbeschluss, um da etwas konsequenter zu sein. Das sind aber alles Details, die man sicherlich behandeln kann.

Ich denke, dass es in die richtige Richtung geht, weil niemand ein Rechtsgebilde haben will, das im Nachhinein, vielleicht durch den Verfassungsgerichtshof festgestellt, für den internen Rechtsraum Österreich keine Gültigkeit hat, dieser Vertrag aber trotzdem nach außen hin erfüllt werden muss. Das ist in niemandes Interesse, und daher werden wir diesen Antrag sicherlich im Verfassungsausschuss aufgreifen und uns ernsthaft um eine Lösung bemühen. (Beifall bei der SPÖ.)

14.19


Präsident Ing. Norbert Hofer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Schmucken-schlager. – Bitte.

 


14.20.09

Abgeordneter Johannes Schmuckenschlager (ÖVP): Herr Präsident! Geschätzte Damen und Herren! Es handelt sich um eine erste Lesung, das heißt, dieser Antrag wird noch dem Ausschuss zugewiesen. Es werden noch detaillierte Diskussionen folgen.

Ich glaube aber schon, dass man sehr darauf aufpassen muss, wie man mit der Syste-matik der Verfassung letztendlich umgeht, dass man die verschiedensten Entschei­dungsebenen genau betrachten muss. Man muss das Verhältnis Bundesprä­si-dent/R­egierung/Parlament genau durchleuchten und vor allem – wie mein Vorredner bereits gesagt hat – auf die Durchführungsdetails achten. Dafür werden im Ausschuss ent­sprechend Raum und Zeit zur Verfügung stehen. – Danke schön. (Beifall und Bravoruf bei der ÖVP sowie Beifall des Abg. Dr. Jarolim.)

14.20


Präsident Ing. Norbert Hofer: Herr Abgeordneter Mag. Steinhauser ist als Nächster zu Wort gemeldet. – Bitte.

 


14.21.00

Abgeordneter Mag. Albert Steinhauser (Grüne): Sehr geehrte Damen und Herren! Es ist ja recht erfreulich, dass sich SPÖ und ÖVP der Idee gegenüber sehr aufge­schlossen zeigen, denn diesen Antrag gibt es ja von der FPÖ nicht zum ersten Mal. Ich glaube, wir haben ihn vor ein, zwei Jahren diskutiert, damals hat das noch ein bisschen anders geklungen. Ich finde es aber gut, wenn wir ernsthaft in die Debatte einsteigen, denn das, was wir hier diskutieren, ist ein echtes rechtsstaatliches, verfassungs­recht-liches Rechtsschutzdefizit.

Ich erinnere an den Fiskalpakt. Der Fiskalpakt war ein völkerrechtlicher Vertrag, der Österreich sehr weitgehend gebunden hat. Im Zusammenhang mit dem Fiskalpakt ist genau diese Debatte aufgekommen. Das wurde einfachgesetzlich hier im Parlament umgesetzt und später dann angefochten. Wäre damals der Verfassungsgerichtshof


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll14. Sitzung / Seite 109

zum Schluss gekommen, der Fiskalpakt ist verfassungswidrig, wäre Österreich völkerrechtlich aber aus diesem Vertrag nicht mehr herausgekommen.

Die Entscheidung des Verfassungsgerichtshofs, dass der Fiskalpakt nicht verfassungs-widrig ist, ist zu akzeptieren, aber die Frage wird sich immer wieder stellen. Das heißt, es gibt nur einen Weg, der uns aus diesem Rechtsschutzdilemma herausführt, und das ist diese Vorabprüfung. Wenn wir jetzt einen völkerrechtlichen Vertrag umsetzen, würden wir diesen entweder mit Zweidrittelmehrheit beschließen – und dann dürfte er ratifiziert werden – oder – wenn eine Mehrheit zu dem Schluss kommt, er sei einfach-gesetzlich umzusetzen – er würde einfachgesetzlich umgesetzt und ratifiziert werden, und dann würden wir in der Rechtsschutzfalle sitzen, denn dann gibt es keine Möglich­keit mehr, völkerrechtlich herauszukommen. Innerstaatlich wäre ein solcher Vertrag verfassungswidrig.

Daher glaube ich, dass wir ernsthaft in diese Debatte einsteigen können. Ob das 20 oder mehr Abgeordnete beantragen können, wer das Antragsrecht haben soll, all das kann man diskutieren, aber man muss sich diesem Problem ernsthaft stellen.

Es gibt keine Alternative zu einer Vorabprüfung. Und wenn es einmal die Meinung gibt – diese Meinung reicht vom Bundespräsidenten über die FPÖ bis zu den Grünen –, dass das eine sinnvolle Initiative ist, dann, glaube ich, ist es auch tatsächlich so.

In diesem Sinne sollte man sich dem ernstlich stellen, hier den notwendigen Schritt machen und die Vorabprüfung durch das Parlament ermöglichen, damit wir nicht in die Verfassungsfalle geraten. – Danke schön. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeord­neten der FPÖ.)

14.23


Präsident Ing. Norbert Hofer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Dr. Scherak. – Bitte.

 


14.23.24

Abgeordneter Dr. Nikolaus Scherak (NEOS): Herr Präsident! Werte Kolleginnen und Kollegen! Ich glaube auch, dass der Antrag in die richtige Richtung geht. Es ist –Kollege Steinhauser hat es gerade ausgeführt – ein wirkliches Problem, wenn wir hier nur die Möglichkeit einer Ex-post-Prüfung haben und am Schluss dann völkerrechtliche Verträge haben, die innerstaatlich verfassungswidrig sind, an die wir aber trotzdem gebunden sind.

Wir merken ja auch beim Vorabentscheidungsverfahren des EuGH – das läuft ein bisschen anders, und es sind die Gerichte, die dieses Vorabentscheidungsverfahren beantragen –, dass das wichtig und richtig ist, deswegen sollten wir uns auch hier einen Mechanismus überlegen. Sie haben ohnehin auch schon angesprochen, Kollege Darmann – die anderen haben es auch angesprochen –, wer aller danach gerufen hat: Bundespräsident, VfGH-Präsident, der ehemalige Klubobmann Cap, auch der Herr Bundeskanzler. Das heißt, es ist sehr wichtig, dass wir darüber reden. (Zwischenruf des Abg. Mag. Schönegger.)

Ich glaube, wir müssen über die Verfasstheit reden, also eben auch hier die Diskus­sion, ob es wirklich 20 Abgeordnete sein sollen oder vielleicht ein Drittel, aber ich glaube, dazu ist im Ausschuss genügend Zeit.

Herr Kollege Darmann, Sie haben den Bundespräsidenten angesprochen: Ich glaube, wir sollten auch darüber diskutieren, ob die Bundesregierung oder der Bundes­präsident ebenfalls die Möglichkeit haben soll, solch ein Gutachten oder eine Ent­scheidung des VfGH einzuholen. Das wäre sicherlich sinnvoll, darüber könnten wir ohne Weiteres diskutieren.


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll14. Sitzung / Seite 110

Womit ich jetzt noch nicht ganz einverstanden bin, ist die etwas lange Frist, die Drei-Monate-Frist, die Sie drinnen haben. Man könnte vielleicht darüber diskutieren, ob diese kürzer sein kann, weil man das Instrument sonst auch ein wenig missbräuchlich verwenden könnte, um absichtlich etwas hinauszuzögern. Man könnte also darüber diskutieren, ob sie kürzer sein sollte, aber auch das ist eine technische Frage.

Besonders wichtig ist mir, dass es im Ausschuss zu einer sinnvollen Debatte kommt und der Antrag nicht wieder das berühmte Begräbnis erster Klasse bekommt, aber durch die Bekundungen hier bin ich da jetzt einmal sehr zuversichtlich. Ich glaube, dass man sich da auf etwas Sinnvolles einigen kann. (Beifall bei den NEOS sowie bei Abgeordneten der FPÖ.)

14.25


Präsident Ing. Norbert Hofer: Zu Wort ist dazu niemand mehr gemeldet. Die Debatte ist geschlossen.

Ich weise den Antrag 79/A dem Geschäftsordnungsausschuss zu.

14.25.17 4. Punkt

Erste Lesung: Antrag der Abgeordneten Mag. Dr. Angelika Rosa Mlinar, Kolle-ginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Privatschul­gesetz geändert wird (80/A)

 


Präsident Ing. Norbert Hofer: Wir gelangen zum 4. Punkt der Tagesordnung.

Wir gehen in die Debatte ein.

Das Wort erhält zunächst die Antragstellerin, Frau Abgeordnete Dr. Mlinar. – Bitte.

 


14.25.40

Abgeordnete Mag. Dr. Angelika Rosa Mlinar (NEOS): Herr Präsident! Werte Kolle­ginnen und Kollegen! Geschätzte Zuschauerinnen und Zuschauer! Spoštovane dame in gospodje!

„Zwei- oder Mehrsprachigkeit bringt Menschen zusammen und ist in vieler Hinsicht eine Bereicherung.“

„Und ich beneide und beglückwünsche jeden/e, der mehrere Sprachen spricht oder zumindest verstehen kann. Besonders glücklich schätzen können sich, so meine ich, Menschen, die mit zwei oder mehreren Sprachen aufwachsen, die sich in mehreren Sprachen zu Hause fühlen und ohne Probleme von einer in die andere wechseln können. Dies ist eine Gabe, die sehr wertvoll ist, Freude und Spass bereitet und einem im Leben Türen öffnet, die Menschen, die nur eine Sprache sprechen, verschlossen bleiben.“

Das sind nicht meine Worte, mit diesen Worten hat vielmehr der geschätzte Herr Bundespräsident Dr. Heinz Fischer seine Wertschätzung anlässlich eines Besuchs bei den Wiener Komensky-Schulen ausgedrückt, in denen neben Deutsch auch auf Tschechisch beziehungsweise Slowakisch unterrichtet wird. (Abg. Dr. Hübner: Deutsch auf Tschechisch, wie geht denn das?) – Es wird Deutsch und Tschechisch, Deutsch und Slowakisch unterrichtet.

In Österreich leben – wie wir alle hier hoffentlich wissen – Angehörige von sechs anerkannten Volksgruppen. Hiezu zählen Kroaten, Roma und Ungarn im Burgenland, Slowenen in Kärnten und in der Steiermark sowie Kroaten, Roma, Slowaken, Tschechen und Ungarn in Wien.


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll14. Sitzung / Seite 111

Österreich hat sich in internationalen Übereinkommen unter anderem dazu verpflichtet, Angehörigen der anerkannten Volksgruppen Schulbildung in der Muttersprache zu ermöglichen und diese auch zu fördern. Der Europarat konstatiert für Österreich Defizite. Das Ministerkomitee des Europarates hat Österreich wiederholt dazu ange­halten, sicherzustellen, dass die steigende Nachfrage nach Unterricht in den Volks-grup­pensprachen befriedigt wird. Auch die Bundeshauptstadt Wien, die da ja in erster Linie betroffen ist, hat dieses Defizit anerkannt.

In einer Stellungnahme des Amtes der Wiener Landesregierung im Begut­achtungs­verfahren für ein neues Volksgruppengesetz wird für die in Wien beheimateten autochthonen Volksgruppen eine systematische gesetzliche Förderung von Privat­schulen durch den Bund befürwortet. Diesen Lösungsansatz haben offensichtlich auch SPÖ und Grüne im Verfassungskonvent verfolgt.

Der vor Ihnen liegende, von uns eingebrachte Antrag ist ein pragmatischer Lösungs-ansatz, denn er schließt eine Versorgungslücke und beendet eine Benachteiligung jener Privatschulen, die nicht von Kirchen oder Religionsgemeinschaften betrieben werden. Er bedeutet noch keine Gleichstellung mit den Minderheitenschulgesetzen in Kärnten und im Burgenland; das wäre eigentlich das erstrebenswerte Ziel.

Unser Antrag bedeutet aber zumindest eine Kostenübernahme durch den Bund für die Privatschulen der Volksgruppen und die Abschaffung einer groben Diskriminierung jener Volksgruppenangehörigen, die von diesen beiden Minderheitenschulgesetzen für Kärnten und das Burgenland nicht erfasst sind. Unser Antrag bedeutet auch die Abschaffung einer groben Diskriminierung der Privatschulen von Volksgruppen gegen­über jenen, die aufgrund des Konkordats bereits seit Jahrzehnten vom Bund finanziell gefördert werden.

Der Gesetzesvorschlag kommt den Empfehlungen des Europarates und einem tat­sächlichen Bedürfnis nach, welches sich anhand von ein paar Zahlen veranschau­lichen lässt. So besuchen in der Steiermark knapp 500 Schülerinnen und Schüler den Slowenischunterricht, und das nur als Freigegenstand beziehungsweise als unverbind­liche Übung. In den bereits erwähnten Komensky-Schulen in Wien nehmen knapp 400 Schülerinnen und Schüler am zweisprachigen Unterricht in Deutsch und Tschechisch beziehungsweise Deutsch und Slowakisch teil.

So weit der sachliche, legistische Hintergrund dieses Antrags, aber worum geht es eigentlich? – Es geht darum, dass wir festhalten, dass insbesondere in Zeiten der Globalisierung Mehrsprachigkeit eine der wichtigsten Kompetenzen ist, mit denen wir unsere junge Generation ausstatten können, nämlich die Kompetenz, die ein Mensch benötigt, um sich in der neuen Welt zurechtzufinden und in einer modernen Arbeitswelt unterzukommen.

Wir haben hier einen konkreten Maßnahmenvorschlag, der uns dabei helfen kann, die junge Generation damit auszustatten, denn wir haben das Potenzial, die nächste Generation europafit zu machen. Wir haben die Möglichkeit, die Chancen der nächsten Generation zu verbessern, sich auf dem Arbeitsmarkt zu beweisen und die Jobs zu finden, die ihrer Qualifikation entsprechen. Wir brauchen dazu nicht das Rad neu zu erfinden, wir brauchen einfach nur die bestehenden Ideen umzusetzen und diese aus­zubauen.

Österreich liegt im Herzen der Europäischen Union, umgeben von Kulturen und Sprachen, die uns seit Jahrhunderten bekannt und doch sehr fremd sind. Rund 90 Mil­lionen Europäerinnen und Europäer sprechen zwar Deutsch als Muttersprache, 440 Millionen aber eben nicht.


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll14. Sitzung / Seite 112

Daher muss unser Motto lauten: Ergreifen wir die Chance! Izkoristimo priložnost! Let’s take the chance! Prendiamo l’occasione! Saisissons la chance!

In diesem Sinne: Mesdames et Messieurs, merci bien pour votre attention! (Beifall bei den NEOS sowie des Abg. Auer. – Abg. Rädler: Was war das jetzt? – Rufe: Fran­zösisch! Slowenisch!)

14.31


Präsident Ing. Norbert Hofer: Zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Kirchgatterer. – Bitte.

 


14.31.30

Abgeordneter Franz Kirchgatterer (SPÖ): Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Hohes Haus! Uns Sozialdemokraten und Sozialdemokratinnen sind die österreichi­schen Volksgruppen ein ganz besonderes Anliegen. Wie viele andere Staaten hat Österreich mehrere Volksgruppen, von den Jahrhunderten der Monarchie her. Diese autochthonen Volksgruppen sind namentlich festgehalten: im Süden die Slowenen, im Burgenland Kroaten, Roma, Sinti und Ungarn, in der Bundeshauptstadt Roma, Sinti, Slowaken, Tschechen und Ungarn.

Das Volksgruppengesetz vom Sommer 2011, die Lösung der Ortstafelfrage in Kärnten, war ein wichtiger Meilenstein (Abg. Neubauer: Danke, Herr Dörfler! Danke!), ich möchte sagen, es ist ein historisches Datum für alle Volksgruppen in Österreich. Ich möchte mich bei allen, die bei dieser Lösung mitgeholfen haben – es gab in diesem Haus breite Zustimmung, es war fast einstimmig –, bedanken, insbesondere bei unserem Bundesminister Josef Ostermayer, der sich da sehr verdient gemacht hat. (Abg. Neubauer:  gar nicht Minister!)

Bei der Debatte um das neue Volksgruppengesetz habe ich betont, dass damit der Blick frei ist für weitere Möglichkeiten für die österreichischen Volksgruppen, für weitere Möglichkeiten im Bereich der Wirtschaft, für neue Möglichkeiten im Bereich der Bildung, aber auch im Recht. Ich habe betont, dass zweisprachige Schulen in Öster­reich auch von Eltern mit deutscher Muttersprache für ihre Kinder gerne angenommen werden und dass diese Schulen eine hohe Qualität liefern. Ein Teil der Fördermittel des Bundeskanzleramts für die österreichischen Volksgruppen wird für diese Schulen eingesetzt.

Hinweisen möchte ich aber darauf, dass die Besonderheiten der beiden im Antrag ange­führten unterschiedlichen Schultypen im Ausschuss entsprechend behandelt werden müssen und dass den Besonderheiten hier auch Rechnung zu tragen ist.

Ich freue mich ganz besonders, dass dieses Thema heute hier auf der Tagesordnung steht, ich freue mich über das Interesse an der Weiterentwicklung der österreichischen Volksgruppen. Hier im friedlichen Europa muss es eine gute Zukunft für alle Volksgruppen geben! – Herzlichen Dank. (Beifall bei der SPÖ sowie bei Abgeordneten von ÖVP und NEOS.)

14.34


Präsident Ing. Norbert Hofer: Zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Dipl.-Ing. Berla­kovich. – Bitte.

 


14.34.13

Abgeordneter Dipl.-Ing. Nikolaus Berlakovich (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Drage slušateljice i slušatelji! Tisztelt hölgyeim és uraim! In einem mehrsprachigen Österreich und auch in einem mehrsprachigen Europa ist das eine Perspektive, die uns von vielen Regionen unter-


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll14. Sitzung / Seite 113

scheidet: Die Vielfalt macht es aus, und das ist auch die Identität Österreichs, nämlich die kulturelle und sprachliche Vielfalt, für die es sich zu kämpfen lohnt.

Menschen, den anerkannten autochthonen Volksgruppen, die seit Generationen hier leben, muss man eine Grundlage schaffen, damit wir diese Einzigartigkeit, diese Viel­falt Österreichs erhalten. Daher ist es gut, dass wir dieses Thema hier breit andis­kutieren.

Ich meine, dass in den letzten Jahren oder auch Jahrzehnten sehr viel gelungen ist, um die Volksgruppen rechtlich zu unterstützen, bis hin zur Symbolik der Aufstellung der zweisprachigen Ortstafeln im Burgenland, aber auch in Kärnten.

In Wirklichkeit bedarf es aber anderer Hilfe, und es ist schon richtig, dass der Bildungs­sektor von zentraler Bedeutung ist. Wenn die Sprache als Kommunikationsmittel verloren geht, dann ist der Bestand der Volksgruppe in Gefahr.

So sehr ich das Ansinnen auch begrüße, ich behaupte, dass der Weg dorthin falsch ist, und zwar aus folgendem Grund: Im Burgenland und in Kärnten ist es so, dass im Pflichtschulbereich das Land die Personalkosten trägt und die Gemeinden den Sachaufwand tragen.

Ich verstehe, dass die Gemeinde Wien das Ansinnen begrüßt, dass der Bund die Kosten übernehmen muss, aber in Wirklichkeit ist das eine Abwälzung der Kosten auf den Bund. Sonst werden nach dem Minderheitenschulgesetz für Kärnten und für das Burgenland die Kosten vom Land getragen und auch von den Gemeinden, weit darüber hinaus von den Gemeinden bei der Zurverfügungstellung von zweisprachigem, mehrsprachigem Unterrichtsmaterial, aber auch bei Klassenteilungen. Daher meine ich, dass da die Stadt Wien in die Pflicht genommen werden müsste. So wie es in Kärnten ist und wie es im Burgenland ist, dass das Land da initiativ wird, müsste das auch die Stadt Wien machen, um für den Schulbereich gleiche Rechte zu schaffen.

Diskutieren wir dieses Thema weiterhin! Als Konsens sehe ich, dass wir gemeinsam für diese Vielfalt Österreichs kämpfen und auch für die sprachliche Kompetenz, die in einem neuen, in einem gemeinsamen Europa eine große Perspektive bietet. – Herz­lichen Dank. (Beifall bei der ÖVP sowie bei Abgeordneten der NEOS.)

14.36


Präsident Ing. Norbert Hofer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Mölzer. – Bitte.

 


14.36.38

Abgeordneter Wendelin Mölzer (FPÖ): Herr Präsident! Hohes Haus! Dieser Antrag von Kollegin Mlinar ist durchaus interessant und diskussionswürdig, ich darf da aber noch zwei, drei Überlegungen und Fragen aus freiheitlicher Sicht anmerken. Das eine ist die Frage, wie viel der Spaß kostet – das sage ich nicht abwertend –, wie viel diese Maßnahme kostet. Das sollte man sich überlegen, da wir ja wissen, dass in den letzten Jahren der Bildungsbereich nicht gerade überfinanziert ist. Wir wissen auch – ich darf daran erinnern –, dass wir im Zuge des neuen Lehrerdienstrechts auch versteckte Sparmaßnahmen seitens der Regierung serviert bekommen haben. Da muss man sich dann natürlich überlegen, ob man solch eine – ich sage einmal so – nachgeordnete Problemstellung über solch einen Antrag umsetzt. – Das ist das eine.

Das andere: Aus freiheitlicher Sicht wäre es, glaube ich, notwendig, das überhaupt breiter aufzustellen, denn das ist ja nur ein Teilaspekt der ganzen Sache. In Wirklich­keit haben wir ein großes Problem mit Privatschulen überhaupt, die nicht-konfessionell sind, die eben nicht, so wie hier in diesem Antrag gefordert, einen Hintergrund aus dem Minderheitenbereich oder der Zweisprachigkeit haben. Da wäre es sicher sinnvoll, darüber nachzudenken, ein System zu schaffen, wo man auch beispielsweise Montessori-Schulen et cetera, andere Privatschulen miteinbezieht, das breiter aufstellt


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll14. Sitzung / Seite 114

und auf diese Art und Weise – und da sind wir natürlich wieder bei den Kosten – private Initiativen, die absolut begrüßenswert sind, von staatlicher Seite aus fördert, um – da schließt sich der Kreis – im Bildungsbereich möglichst breit aufgestellt zu sein.

Wir werden da sicher noch eine interessante und spannende Diskussion haben. – Danke. (Beifall bei der FPÖ.)

14.38


Präsident Ing. Norbert Hofer: Zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Dr. Walser. – Bitte.

 


14.38.18

Abgeordneter Dr. Harald Walser (Grüne): Herr Präsident! Hohes Haus! Das Thema eignet sich wunderbar für schöne Sonntagsreden. (Ruf bei der FPÖ: Heute ist aber nicht Sonntag!) Wir alle sind für die Förderung von Zweisprachigkeit, wir sind für die Förderung von Mehrsprachigkeit. Ganz klar ist mir die Haltung von SPÖ und ÖVP jetzt aber nicht. (Zwischenruf des Abg. Auer.) Ob sie konkret für diese Förderung von zweisprachigen Privatschulen sind oder nicht, darauf kommt es dann schlussendlich an. Ich bin schon gespannt auf die Debatte im Ausschuss.

Ich darf in diesem Zusammenhang daran erinnern, dass wir die Privatschulen nicht nur unter dem Gesichtspunkt der Zweisprachigkeit zu diskutieren haben, sondern dass wir das wirklich umfassender diskutieren müssen. Ich erinnere daran, dass derzeit eine einzige Privatschule mehr Fördermittel bekommt als alle anderen nicht-konfessionellen Privatschulen in Österreich zusammen. Es handelt sich um die Vienna International School. Also da werden die Mittel sehr, sehr selektiv vergeben, und ich glaube, gerade in diesem Zusammenhang müssen wir uns Gedanken machen.

Die zweisprachigen Privatschulen im slowenischen Bereich in Wien und so weiter sind übrigens auch nicht nur eine Angelegenheit des jeweiligen Landes, Herr Kollege Berlakovich, sondern über die Mittelzuteilung auch Bundessache. Es ist richtig, dass die Mittel von den Ländern verteilt werden, aber die Zuteilung der Mittel erfolgt durch den Bund. (Zwischenruf des Abg. Dipl.-Ing. Berlakovich.)

Wir wissen – der Rechnungshof bestätigt uns das jedes Jahr –, dass der Bund im Prinzip nicht weiß, was mit den Geldern, die genau für die Förderung etwa der Zweisprachigkeit vorgesehen sind, wirklich passiert. Da haben wir ein großes dunkles Loch im österreichischen Schulwesen, und das gilt es ein bisschen auszuleuchten. Ich glaube, dazu dient dieser Antrag sehr wohl, und wir werden ihn selbstverständlich unterstützen.

Wir wollen in Hinkunft auch auf die Problematik dieser privaten Schulen hinweisen. Wir haben vor drei Jahren erreicht, dass sie in einem gemeinsamen Kraftakt – auch einem budgetären Kraftakt – immerhin so weit gefördert wurden, dass in etwa 1 000 € pro Schülerin und Schüler zur Verfügung gestellt worden sind. Inzwischen hat sich dieser Betrag in der Realität auf 750 € bis 800 € reduziert – Tendenz weiter sinkend –, weil die nicht-konfessionellen Privatschulen entsprechend mehr Schülerinnen und Schüler aufnehmen. Also auch da haben wir großen Handlungsbedarf.

Wir Grüne treten dafür ein, dass wir prinzipiell die nicht-konfessionellen mit den konfessionellen Privatschulen gleichstellen und diese Schulen auch in der Mittel­ver-teilung entsprechend fördern – natürlich nur, wenn sie bestimmte Standards erfüllen. Aber das ist ja auch in der derzeitigen Situation schon gewährleistet. – Danke. (Beifall bei den Grünen.)

14.41


Präsident Ing. Norbert Hofer: Zu Wort ist dazu niemand mehr gemeldet. Die Debatte ist geschlossen.


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll14. Sitzung / Seite 115

Ich weise den Antrag 80/A dem Verfassungsausschuss zu.

14.41.53 5. Punkt

Erste Lesung: Antrag der Abgeordneten Georg Willi, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundesstraßen-Mautgesetz geändert wird (115/A)

 


Präsident Ing. Norbert Hofer: Wir gelangen zum 5. Punkt der Tagesordnung.

Wir gehen in die Debatte ein.

Das Wort erhält zunächst der Antragsteller, Herr Abgeordneter Willi. – Bitte.

 


14.42.11

Abgeordneter Georg Willi (Grüne): Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Es geht um das Bundesstraßen-Mautgesetz und um eine von uns begehrte Novelle dazu.

Hintergrund ist ein Umstand in Kufstein, den auch die Bregenzer gut kennen, und zwar geht es darum, dass das Autobahnen- und Schnellstraßennetz in Österreich natürlich mittels der sogenannten Vignette mautpflichtig ist. Gerade im Raum Kufstein gibt es sehr viel Verkehr aus dem Raum Südbayern in die Erholungsgebiete Kitzbühel. Um dort hinzukommen, ist es am besten, man fährt 6 Kilometer auf der Autobahn und dann auf den Bundesstraßen in den Bezirk Kitzbühel. Ähnlich war das im Raum Bregenz.

Zwar gibt es seit 1997 die Vignettenpflicht, auf diesem Autobahnabschnitt wurde aber nicht kontrolliert, um negative Ausweichverkehre auf das niederrangige Straßennetz zu verhindern. Also bei derselben Gesetzeslage wurde weit über zehn Jahre nicht kontrol-liert, und plötzlich kommt die Frau Bundesministerin und sagt, jetzt muss sie kontrol-lieren.

Der Aufschrei in der Bevölkerung war groß, weil man große Ausweichverkehre befürchtet hat, die auch tatsächlich eingetreten sind, nämlich bis zu 47 Prozent mehr Verkehr auf dem niederrangigen Straßennetz, wobei dieser Verkehr eigentlich auf der Autobahn laufen sollte.

Klar: Wir von den Grünen stehen dafür, dass man für Autobahnen bezahlen soll. Nur wenn die Negativeffekte dieser Kontrollen so groß sind, dass der Schaden größer ist als der Nutzen, dann muss man sich das anschauen, und dieser Antrag hat zum Ziel, dass man mit einer gesetzlichen Regelung – und zwar temporär – so etwas verhindern kann.

Wenn also zwei Bedingungen vorliegen – erstens besondere örtliche Verhältnisse wie in Kufstein und zweitens zeitlich begrenzt –, soll die Bundesministerin durch Verord­nung von der Vignettenkontrolle absehen können. Das ist der Teil, der zur Verhandlung kommt. Wir würden nicht nur in Kufstein der Bevölkerung helfen, sondern auch der Bevölkerung an anderen Stellen des Autobahnnetzes, wo es genau dieselben nega-tiven Effekte gibt.

Insgesamt noch ein Wort zum Thema Vignette. Seien wir ehrlich, die Vignette erinnert ein bisschen an die Stempelmarke: Man muss sie mühsam kaufen, dann muss man picken, und wenn sie abgelaufen ist, muss man sie herunterkratzen. (Ruf bei der ÖVP: Nur Arbeit!)

Die Deutschen und andere Urlauber mögen das deswegen nicht so gerne, weil sie in der Regel nicht eine Jahresvignette, sondern eine Zwei-Wochen-Vignette kaufen. Das bedeutet jedes Mal irgendwo hinfahren, wo man diese Vignette überhaupt einmal bekommt, dann muss man sie picken, und nach 14 Tagen gilt sie nicht mehr, und dann


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll14. Sitzung / Seite 116

muss man sie mühsam wieder abkratzen. Das heißt, das Vignettensystem an sich ist völlig überholt, nicht mehr zeitgemäß, und zweitens ist es überhaupt nicht zu ver-stehen, wieso die Vignette, völlig egal, ob man viel oder wenig fährt, gleich teuer ist für alle. Das ist nicht leistungsabhängig, jeder zahlt einfach. Das ist wie eine Eintrittskarte, ob man aber 10 Kilometer fährt oder 1 000, ist völlig wurscht, man zahlt gleich viel. Das gilt es zu beheben.

Daran arbeiten wir Grüne und zum Glück auch viele andere gescheite Leute, bis hin zur ASFINAG, die auch schon zu überlegen anfängt, wie man das besser machen könnte. – Kurzum, es geht um eine Verbesserung des bestehenden Vignettensystems in Österreich. (Beifall bei den Grünen.)

14.45


Präsident Ing. Norbert Hofer: Als nächster Redner gelangt Herr Abgeordneter Hell zu Wort. – Bitte.

 


14.45.42

Abgeordneter Johann Hell (SPÖ): Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Der Antragsteller hat ja bereits darauf hingewiesen, dass dieser Initiativantrag auf eine Ermächtigung des BMVIT abzielt, im Einvernehmen mit dem Bundesministerium für Finanzen eine Verordnung zu erlassen, die auf bestimmten Abschnitten des hochran-gigen Straßennetzes die Kontrollen der zeitabhängigen Maut aussetzt, mit dem Ziel, eben unerwünschte Verkehrsverlagerungen auf niederrangige Straßennetze zu ver-meiden.

Meine Damen und Herren! Das Bundesstraßen-Mautgesetz schreibt derzeit Bemau­tungen auf dem gesamten österreichischen Schnellstraßen- und Autobahnnetz vor. Damit unterliegt – mit Ausnahme der Sondermautstrecken – das gesamte hochrangige Straßennetz einem einheitlichen Vignettensystem. Sonderregelungen für bestimmte Gruppen oder einzelne Grenzübergänge sind darin nicht vorgesehen.

Eine durch den Bereich Kufstein motivierte, aber allgemein formulierte Ausnahme­regelung würde im Fall, dass im Bereich Kufstein eine Ausnahme tatsächlich verordnet würde, zu einer Vielzahl von Folgeforderungen in vergleichbaren Fällen führen. So hat etwa der Städtebund bereits darauf hingewiesen, dass er im städtischen Bereich Ausnahmen fordert. Der Städtebund hat dabei aber nicht angeführt, dass natürlich, wenn eine solche Ausnahmeregelung für gewisse Städte erfolgen würde, hier auch der Großraum Wien zu betrachten wäre.

Eine solche Sonderregelung würde somit annähernd 300 Kilometer des vignetten­pflichtigen Straßensystems betreffen, das sind zirka 15 Prozent des gesamten Maut­straßennetzes. Damit würde eine solche Änderung das Vignettensystem als Ganzes infrage stellen, und ich glaube, das sind Punkte, die wir im Ausschuss gemeinsam diskutieren und betrachten sollten. (Beifall bei der SPÖ.)

14.47


Präsident Ing. Norbert Hofer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Ottenschläger. – Bitte.

 


14.47.55

Abgeordneter Andreas Ottenschläger (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Meine geschätzten Kolleginnen und Kollegen! Sehr geehrte Zuschauer! Ich habe über den Antrag natürlich auch mit meinen Tiroler Freunden schon sehr intensiv diskutiert, und ich verstehe die Intention des Antragstellers sehr gut. Mein Vorredner hat es aber auch schon erwähnt: Es ist natürlich unsere Aufgabe hier im Parlament, auch das Gesamte im Auge zu behalten.


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll14. Sitzung / Seite 117

Ich würde mir eine sachliche Diskussion darüber im Verkehrsausschuss wünschen. Vielleicht gibt es auch Konzepte, die wir gemeinsam mit dem Bundesministerium und mit der ASFINAG erarbeiten können. Eine Verbesserung ist immer gut, aber wie gesagt, ich stehe nicht an, auch hier zu sagen, dass wir bei den Ausnahmen aufpassen müssen, dass wir nicht mehr Ausnahmen haben als die Regel, denn sonst führt sich das System ad absurdum.

Ich freue mich auf eine sachliche Diskussion im Verkehrsausschuss. – Danke. (Beifall bei der ÖVP.)

14.48


Präsident Ing. Norbert Hofer: Nun gelangt Frau Abgeordnete Gartelgruber zu Wort. – Bitte.

 


14.49.03

Abgeordnete Carmen Gartelgruber (FPÖ): Herr Präsident! Geschätzte Damen und Herren! Liebe Kollegen! Das Thema Aussetzung der Vignettenpflicht bis Kufstein Süd ist nicht neu. Wir haben es letztes Jahr intensiv diskutiert, als die ganze Diskussion um die Wiedereinführung der Vignettenpflicht bis Kufstein Süd in Gang gekommen ist.

Ich kann mich erinnern, dass wir einige Anträge eingebracht haben, sogar einen Frist­setzungsantrag am 4. Juli. Da war leider, muss ich jetzt auch sagen, die Wortmeldung der Kollegin Moser nicht so konstruktiv und nicht so hilfreich wie jetzt dein Antrag, Georg, die war eher sehr skeptisch.

Wir haben damals schon vermehrt darauf hingewiesen, welche Problematik in Kufstein entstehen wird, und das hat sich jetzt leider auch bewahrheitet: Knapp 40 Prozent mehr Verkehrsaufkommen auf der Bundesstraße, besonders während der Wochen­enden, ist ein großes Problem für die Stadt Kufstein.

Ich muss wirklich sagen, wir hatten am 1. Dezember 2013 eine große Demonstration auf der Inntal Autobahn. Mehr als 3 000 Personen sind da auf die Straße gegangen, und ich kann mich auch erinnern, dass Kollege Rauch von der ÖVP vor mir auf dem Podium gestanden ist und den Kufsteinerinnen und Kufsteinern versprochen hat, sich am nächsten Tag hier einzusetzen, dass das sofort geändert wird und dass sofort eine Lösung kommt. Leider ist bis heute nichts geschehen. – Jetzt haben wir den Antrag vom Georg Willi vorliegen.

Ich möchte euch noch mitteilen, was die Konsequenz aus dieser ganzen Vignetten-Geschichte ist, und zwar hat in der Stadt Kufstein ein SPÖ-Gemeinderat die SPÖ-Fraktion verlassen und ist jetzt der FPÖ beigetreten. (Beifall bei der FPÖ.) Wir haben jetzt einen Gemeinderat mehr. Und die Begründung dafür war das Verhalten der SPÖ in der Vignettenfrage in Kufstein und wie die SPÖ in Kufstein die Kufsteinerinnen und Kufsteiner verraten hat.

Ich bin sehr froh, dass wir diesen Antrag vorliegen haben, obwohl mir die Wortwahl des Antrags selber nicht gefällt. Nur eine Aussetzung der Kontrolle ist mir zu wenig, ich möchte eine gesetzliche Lösung, so wie ich sie letztes Jahr schon versucht habe durch­zubringen. Ich freue mich auf eine Diskussion im Ausschuss. – Danke. (Beifall bei der FPÖ.)

14.51


Präsident Ing. Norbert Hofer: Zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Hagen. – Bitte.

 


14.51.47

Abgeordneter Christoph Hagen (STRONACH): Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Als Hörbranzer aus Vorarlberg – Sie alle werden das von den Ö3-Verkehrsmeldungen von früher her noch kennen (Zwischenruf des Abg. Neubauer) –


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bin ich natürlich jemand, der sich mit dieser Materie sehr gut auskennt. Wir kennen ja die Problematik: Seitdem wir die zweite Pfändertunnel-Röhre bekommen haben – und da muss man dem Hubert Gorbach wirklich einmal ein Lob aussprechen, der hat die Initialzündung gemacht –, profitiert die ganze Region im Unteren Rheintal von dieser zweiten Tunnelröhre.

Aber um zum Antrag des Kollegen Willi zurückzukommen: Ich habe Verständnis für die Kufsteiner, ich kenne die Problematik. Hörbranz ist knapp 8 Kilometer von der Landes­hauptstadt Bregenz entfernt, die Straße geht dort am Bodensee entlang und ist ein Nadelöhr. Und wir haben, bevor die Situation mit dem Pfändertunnel bereinigt worden ist, teilweise bis zu eineinhalb Stunden mit dem Auto von Hörbranz nach Bregenz benötigt; eine andere Möglichkeit gab es nicht.

Seit es die zweite Pfändertunnel-Röhre gibt, hat sich das wesentlich verbessert. Auch die Bregenzer atmen auf, da ihre Stadt nicht mehr so vom Verkehr überrollt wird, genauso wie auch Lochau, die nächste Anrainergemeinde. Das heißt, das war eine Sache, die sich sehr positiv ausgewirkt hat.

Ich weiß, wie es ist, mit Verkehrsbelastungen zu leben, dass man wirklich nicht mehr vorwärtskommt, und deswegen kann ich diesem Ansinnen der Kufsteiner sehr gut folgen.

Wir in Vorarlberg haben, als die zweite Pfändertunnel-Röhre gebaut worden ist, vom damaligen Verkehrsminister und späteren Bundeskanzler Faymann vorübergehend eine Korridorvignette zugesagt bekommen, das war kurz vor der National­rats­wahl 2008. Das war eine positive Sache. Diese Gerätschaften hat man jetzt abgebaut. Diese Korridorvignette hat für die Hin- und Rückfahrt 2 € gekostet, das heißt 1 € pro Strecke. – Das wäre vielleicht für Kufstein eine Lösung.

Es gibt noch andere Bereiche in Österreich, wo es eine ähnliche Problematik gibt. Vielleicht hat man darüber nachgedacht, dass man das für solche Problemstellen einführt. Immerhin haben wir vom Kollegen Hell schon gehört, dass es in Österreich auch eine Sonderbemautung gibt. Wir kennen diese Straßenstücke, diese Tunnel, wo wir noch extra Maut zahlen müssen. Es ist natürlich auch darüber nachzudenken, ob wir hier nicht eine Sonderlösung für solche neuralgischen Punkte schaffen.

Dann gibt es noch eine weitere Möglichkeit: In Lindau, also kurz bevor man nach Österreich hereinfährt, gibt es eine große Tafel, da steht, dass man auf dem nieder­rangigen Straßennetz zirka 24 Minuten nach Bregenz braucht, und durch den Pfän­dertunnel, auf dem Mautstraßennetz, 10 Minuten. – Ich glaube, das ist auch ein gutes Argument, dass viele den Pfändertunnel wählen, diese Vignette kaufen und dann so fahren.

Ich habe auch noch einen wichtigen Vorschlag gemacht und auch schon einen diesbezüglichen Antrag eingebracht, den ich wiederholen werde: die 15-Tages-Vignette. Es rentiert sich schon, wenn ich eine Strecke in den vierzehntägigen Urlaub fahre und dann noch einen Tag zusätzlich habe, um zurückzureisen. Ich glaube, dann ist das attraktiver. Das könnte man vielleicht auch überlegen, diesen Tipp möchte ich nur weitergeben.

Auch ich freue mich schon auf die Diskussion im Verkehrsausschuss. Ich glaube, das ist eine wichtige Diskussion, und meine Unterstützung werden Sie haben. – Danke. (Beifall beim Team Stronach.)

14.55


Präsident Ing. Norbert Hofer: Zu Wort ist dazu niemand mehr gemeldet. Die Debatte ist geschlossen.


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll14. Sitzung / Seite 119

Ich weise den Antrag 115/A dem Verkehrsausschuss zu.

14.55.19 6. Punkt

Erste Lesung: Antrag der Abgeordneten Mag. Birgit Schatz, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Allgemeine Bürgerliche Gesetzbuch, zuletzt geändert durch BGBl. 179/2013, abgeändert wird (Mindest­lohngesetz) (144/A)

 


Präsident Ing. Norbert Hofer: Wir gelangen zum 6. Punkt der Tagesordnung.

Wir gehen in die Debatte ein.

Das Wort erhält zunächst die Antragstellerin, Frau Abgeordnete Mag. Schatz. – Bitte.

 


14.55.41

Abgeordnete Mag. Birgit Schatz (Grüne): Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich brauche jetzt einmal Ihre Mitarbeit. Sagt jemandem von Ihnen die Stadt Punxsutawney in Pennsylvania etwas? In Verbindung mit dem 2. Februar vielleicht, dem Murmeltiertag? (Rufe: Ja! Ja!) – Ja, jetzt klingelt es: „Und täglich grüßt das Mur­meltier“ – eine hervorragende Komödie mit Bill Murray und Andie MacDowell.

Worum geht es da? – Für die Jüngeren unter Ihnen: Da hängt ein Mann in einer Zeitschleife fest und muss immer wieder und immer wieder und immer wieder denselben Tag erleben. (Abg. Rädler: Hypo!) Und so ähnlich geht es mir mit diesem Mindestlohnantrag, denn immer wieder und immer wieder und immer wieder muss ich Sie darauf aufmerksam machen, dass die Situation der Niedrigstlohnbezieher in Österreich eine äußerst, äußerst schwierige ist (neuerlicher Zwischenruf des Abg. Rädler) und wir dringend einen existenzsichernden gesetzlichen Mindestlohn brauchen. (Beifall bei den Grünen.)

Meine Damen und Herren! Konkret wollen wir 8,50 € in der Stunde garantiert haben. Das sind bei einer Vollzeitarbeit 1 500 € brutto, 1 150 € netto; das Ganze 14-mal im Jahr und jährlich valorisiert.

Ich bin neugierig, wer sich nach der Dringlichen und der Kurzdebatte traut, hier herauszugehen und zu sagen: 1 150 € für Vollzeitarbeit, das ist zu viel! – Ich bin schon neugierig, ob die Frau Abgeordnete Fichtinger, die für die ÖVP gemeldet ist, diesen Part übernehmen wird. Wenn, dann stehen Sie ziemlich einsam da, denn selbst die UNO beziehungsweise ihre Teilorganisation, die ILO, die Arbeitsorganisation, fordert etwas anderes; die Europäische Union, zahlreiche wissenschaftliche Institute, die sich mit Armutsforschung beschäftigen et cetera et cetera.

Meine Damen und Herren! Eine halbe Million Menschen in unserem Land würde von einer Anhebung des Mindestlohnes auf 8,50 € profitieren. Eine halbe Million Men­schen! Werden dadurch Arbeitsplätze vernichtet, wie es immer wieder heißt? – Das Gegenteil ist der Fall, weil durch diese Anhebung des Mindestlohnes die Konsum­leistung der Betroffenen derart erhöht wird, nämlich ganz konkret um 600 Millionen €, dass 12 200 neue Arbeitsplätze nur durch die Steigerung der Konsumkraft entstehen werden. (Abg. Rädler: Wer zahlt?)

Meine Damen und Herren! Höhere Mindestlöhne schaffen Arbeitsplätze, bringen höhere Einnahmen im Bereich der Krankenversicherung, der Pensionsversicherung, natürlich bei den Steuereinnahmen, sparen Geld bei der Arbeitslosenversicherung und bei den Quersubventionierungen durch die Mindestsicherung. Höhere Mindestlöhne sind sozialpolitisch, arbeitsmarktpolitisch und eben auch budgetpolitisch äußerst, äußerst sinnvoll.


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Warum wollen wir das Ganze unbedingt gesetzlich haben? – Ganz einfach deshalb, weil die Sozialpartner es in all den Jahren mit den Kollektivverträgen eben nicht hinbekommen haben, diese 1 500 € brutto zu erreichen. Weder ist das in den Einzel­kollektivverträgen abgesichert noch in diesem einmal herumspukenden General­kollektiv­vertrag. Und die Abdeckungsrate der Kollektivverträge wird auch immer geringer. Es gibt Studien, die sprechen von 76 Prozent, 86 Prozent, auf jeden Fall sind wir weit weg von den von der Sozialdemokratie und den Gewerkschaften immer behaupteten über 90 Prozent. Es gibt Handlungsbedarf! (Zwischenruf des Abg. Katzian.) – Warum verwehren Sie sich der Realität? Was glauben Sie denn, wie die halbe Million Menschen zustande kommt, die unter den 8,50 € liegen? Wer ist denn das?

 


Präsident Ing. Norbert Hofer: Frau Kollegin, ich bitte Sie um einen Schlusssatz! Aber Sie können auch nach der Dringlichen weitersprechen – wie Sie wollen.

 


Abgeordnete Mag. Birgit Schatz (fortsetzend): Ich komme ohnehin schon zum Schluss, aber ich möchte nur noch kurz sagen: Es geht einfach darum, dass wir für die Niedrigstlohnbezieher in unserem Land etwas tun müssen. Mit den Kollektivverträgen kommen wir nicht hin. Ich will, dass wir gesetzlich die Verantwortung übernehmen.

Ich freue mich sehr auf die Debatte. Ich freue mich immer auf die Debatte, und ich freue mich jetzt wieder auf die Debatte und vor allem auf die Positionen der neu im Parlament vertretenen Parteien, die ich im Detail ja noch nicht kenne. – Danke schön. (Beifall bei den Grünen.)

15.00


Präsident Ing. Norbert Hofer: Ich unterbreche nunmehr die Verhandlungen über Punkt 6 der Tagesordnung, damit die verlangte Behandlung einer Dringlichen Anfrage gemäß der Geschäftsordnung jetzt um 15 Uhr stattfinden kann.

15.00.20Dringliche Anfrage

der Abgeordneten Dr. Kathrin Nachbaur, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Finanzen betreffend „Mangelhaftes Krisenmanagement in der Causa Hypo Alpe-Adria – zwischen Unwissenheit und scheinbarer Unwahr­heit“ (789/J)

 


Präsident Ing. Norbert Hofer: Wir gelangen zur dringlichen Behandlung der schrift­lichen Anfrage 789/J.

Da diese inzwischen allen Abgeordneten zugegangen ist, erübrigt sich eine Verlesung durch den Schriftführer.

Die Dringliche Anfrage hat folgenden Wortlaut:

Die Causa Hypo-Alpe-Adria Bank International AG ist unstreitig als das größte Finanzdesaster der zweiten Republik einzuordnen, welches bereits diverse Finanz­minister und Experten beschäftigt hat. Bei objektiver Betrachtung der Sachlage muss gesagt werden, dass diese Personen der Problematik scheinbar nicht gewachsen waren. Das ist aus Steuerzahlersicht nicht zu rechtfertigen.

Nicht nachvollziehbar ist, warum die Regierungsparteien einen Untersuchungs­aus­schuss ablehnen, obwohl nach deren Theorie die alleinige Schuld im Nahebereich anderer Parteien verortet ist. Alles in allem ist klar: Volle Transparenz ist das Gebot der


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Stunde - nicht nur bei der Aufarbeitung der Vergangenheit, sondern auch bei der Lösung der bestehenden Probleme.

Gezielte Geheimhaltung oder bedenkliche Unwissenheit?

Trotz der Dimension und der Wichtigkeit der Causa Hypo-Alpe-Adria fehlt es an einer klaren und klärenden Aussage des amtierenden Finanzministers. Der Informations­stand betreffend die Causa Hypo-Alpe-Adria ist als unzureichend einzustufen. Fast täglich tauchen neue Berechnungen in den Medien auf. So reicht die Schwankungs­breite des angeblich drohenden Schadens von Null bis 19 Milliarden Euro, wobei die diesbezüglichen Angaben von einer Vielzahl namhafter Insider und Experten kommt. So sprechen der amtierende Vorstandsvorsitzende der Hypo, Alexander Picker, und der nunmehr ehemalige Hypo-Taskforce-Chef Claus Liebscher von einer Größenord­nung von rund 4 Milliarden Euro, Regierungsmitglieder dagegen beispielsweise von 7, 13 bzw. 19 Milliarden Euro.

Ebenso wenig vertrauensstiftend ist die Tatsache, dass mit dem sogenannten Wyman-Gutachten mit allen Mitteln eine Expertise verheimlicht werden sollte, die verschiedene Abwicklungsszenarien kritisch beschreibt, aber offensichtlich mit den Ergebnissen nicht im Sinne der Regierungsverantwortlichen lag.

Auch fehlt eine Komplettübersicht der Gläubiger der Hypo-Bank. Fraglich ist nämlich, wer von einer möglichen Insolvenz maßgeblich betroffen wäre. Kritische Stimmen behaupten, dass eine Reihe einflussreicher Großbanken betroffen sei und diese daher kein Interesse an einer Insolvenz der Hypo-Alpe-Adria hätten.

In das Gesamtbild reiht sich auch die Tatsache ein, dass die kritische und unabhängige Prüfeinrichtung des Nationalrates - der Rechnungshof - trotz zu geringem Budgets und ständig wachsender Aufgaben nicht gestärkt wird. Zwei Abteilungen mussten bereits aufgelöst werden, da mehrere Stellen bis 2016 abgebaut werden müssen. Schon jetzt konnten rund 20 Follow-Up-Prüfungen aufgrund zu geringer Finanzmittel nicht durchgeführt werden. Dabei „kostet“ das Kontrollorgan derzeit gerade einmal 0,04% des Gesamthaushaltes. Die Steigerungen des bisherigen Budgets seit dem Jahr 2000 waren gegenüber anderen vergleichbaren Einrichtungen der „Obersten Organe“ sehr gering. Gleichzeitig wurden vom Gesetzgeber neue Kontrolltätigkeiten eingeführt wie z.B. die Prüfung der Gemeinden ab 10.000 Einwohnern (nicht wie bisher ab 20.000 Einwohner), Prüfungen in Zusammenhang mit dem Medienkooperationsgesetz sowie die Mitarbeit bei der Kontrolle des ESM auf EU-Ebene. Daher muss der Rechnungshof finanziell gestärkt und seine Prüfkompetenz zumindest auf Unternehmen mit öffent­lichen Haftungen ausgedehnt werden.

Hypo-Alpe-Adria: „Beraterparadies“ mit 300 Millionen Euro?

Den Steuerzahlerinnen und Steuerzahlern dürften in Betracht der unklaren Infor­mationen schwer zu erklären sein, dass Anwalts- und Beraterkosten für die Restruk­turierung der Hypo-Alpe-Adria bis Ende 2013 nach Medienberichten bereits mehr als 300 Millionen Euro ausgemacht haben und eine genaue Aufstellung der Öffentlichkeit bisher vorenthalten wird. Angeblich soll die Finanzprokuratur bis dato erfolglos versucht haben, von der Hypo-Alpe-Adria eine Kosten-Nutzen-Aufstellung der Aus­gaben für Anwälte, Wirtschaftsberater und Gerichtsaufwendungen zu bekommen. Diese Umstände lassen den Schluss zu, dass der Bund keinen Überblick über die vollständigen Restrukturierungskosten der Hypo-Alpe-Adria besitzt bzw. die bisherigen


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Berater nur in begrenztem Maße als geeignete Ansprechpartner für die Abwicklung der „Hypo-Problematik“ einzustufen sind.

Klare Verhältnisse: Politik raus – unabhängige Experten rein!

Das anhaltende Versteckspiel der Bundesregierung schadet nicht nur dem Wirtschafts­standort Österreich. Es schmälert im weiter gesteigerten Ausmaß das Vertrauen der Bevölkerung in die Politik, das in der Nachwahlzeit ohnehin durch „Budgetloch, Hypo­loch und erhebliche Steuer- und Abgabenerhöhungen“ der Bundesregierung bechädigt wurde.

Daher muss die Bundesregierung endlich volle Transparenz in der Causa Hypo-Alpe-Adria gewähren und der Bevölkerung die Wahrheit sagen. Insoweit ist zu allererst an die Vernunft jedes einzelnen Abgeordneten zu appellieren, einem Untersuchungs­ausschuss zuzustimmen. Denn aufgrund der Komplexität der Problematik ist realistisch betrachtet nur in einem Untersuchungsausschuss zu klären, wie derart viele politische Fehlentscheidungen zustande kommen konnten. 

Darüber hinaus müssen nicht nur im Falle dessen, dass die bisher als favorisiert kolportierte Abwicklungsvariante „Anstaltslösung“ trotz der Bedenken einer Vielzahl von Experten und ungeachtet des ausdrücklichen Protestes des Team Stronach gewählt werden sollte, bei der geplanten Abwicklung neue, auch internationale und völlig (partei-) unabhängige Experten herangezogen werden. Denn nur solchen Exper­ten ist ein objektives und unbeeinflusstes Urteil mangels „faktischer Weisungsgebun­denheit“ möglich. Partei- und konzernpolitische Interessen zu Lasten der Steuerzahle­rinnen und Steuerzahler dürfen keine Rolle spielen. Es darf nicht sein, dass der Gewinn privatisiert und der Verlust sozialisiert wird. Gleichzeitig sei in diesem Zusam­menhang auf die Beispiele der Lehman-Pleite und der Causa Madoff hingewiesen, wo die für die Verwertung beauftragten Experten teilweise sehr hohe Gläubigerquoten erzielen konnten. Die oberste Priorität muss darin liegen, den Schaden für die Steuerzahlerinnen und Steuerzahler zu minimieren.

Appellierend an die Pflicht des Finanzministers, die Steuerzahlerinnen und Steuer­zahler ausreichend zu informieren, richten die unterfertigten Abgeordneten an den Bundesminister für Finanzen nachstehende

Dringliche Anfrage:

1. Nennen Sie bitte die gesamten Kosten für Anwaltshonorare, Beraterverträge, Prüfaufträge u. ä., die ab dem Zeitpunkt der Privatisierung im Zuge der Aufarbeitung der Causa Hypo-Alpe-Adria bis dato aufgelaufen sind?

2. Wie verteilen sich diese Kosten konkret auf Anwälte, Berater, Prüfer und Gerichts­aufwendungen bzw. an welche Anwälte, Prüfer und Berater wurden Honorare in welcher konkreten Höhe wann ausbezahlt?

3. Welches Honorar wurde für das Wyman-Gutachten vereinbart und bezahlt?

4. Wurden die jeweiligen Aufträge ausgeschrieben?

a) Wenn ja, welche waren die Parameter der Ausschreibungen und wie wurde das Auswahlverfahren abgewickelt und welche konkreten Bewerber gab es?

b) Wenn nein, warum nicht?

5. Hat die FIMBAG von Ihrem Recht Gebrauch gemacht, Ad-hoc-Prüfungen vor Ort durchzuführen?


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a) Wenn ja, wieviele derartige Prüfungen wurden vorgenommen?

b) Wenn nein, warum nicht?

c) Welche (gesetzlichen) Bestimmungen sind hinsichtlich der Prüfungen bzw. Anzahl und Umfang der Prüfungen maßgeblich und wurde diesen Bestimmungen ent­sprochen?

6. Wie viel haben die leitenden Organe der FIMBAG verdient, gab es in ihrer Rolle bei der Hypo-Alpe-Adria eine zusätzliche Entlohnung und wenn ja, wie hoch?

a) Welche konkrete Rolle hatte Adolf Wala in der FIMBAG?

b) Nach welchen konkreten Kriterien wurden die Organe ausgewählt?

7. Welches Honorar erhielt der zurückgetretene Aufsichtsratspräsident Klaus Liebscher als Chef der „Hypo-Task-Force“ bzw. wurden seine Tätigkeiten als „Task-Force-Chef“ mit seiner Aufsichtsratspräsidentenvergütung abgegolten oder extra vergütet?

8. Wie hoch sind die gesamten Kosten, die durch die Tätigkeit der „Task-Force - Hypo-Alpe-Adria“ bisher aufgelaufen sind?

a) Wie viele neue Mitarbeiter sind seit der Gründung der „Task-Force - Hypo-Alpe-Adria“ in der Hypo-Alpe-Adria aufgenommen wurden?

b) Warum wurden so viele neue Mitarbeiter trotz rückläufiger Geschäfte aufgenom­men?

9. Hat die „Task-Force - Hypo-Alpe-Adria“ einen konkreten schriftlichen Auftrag erhal­ten?

a) Wenn ja, wer bzw. welches Ressort hat diesen Auftrag erteilt und wie lautet der konkrete Inhalt des Auftrags?

b) Wenn nein, in welcher Form, von wem und wann wurde die „Task-Force“ konkret eingesetzt?

c) Wer waren bzw. wer sind die konkreten Mitglieder der „Task-Force“?

d) Welche konkreten Prüfungen wurden von der Task Force vorgenommen?

10. Wie viele Prüfungen der Notenbank, der FMA, des Ministeriums, etc. sind in der Causa Hypo-Alpe-Adria seit dem Jahr 2000 erfolgt und welche jeweiligen Anlass­gründe bestanden für diese?

11. Welche Erkenntnisse bestehen bezüglich ausstehender Kredite der Hypo-Alpe-Adria und wie lauten diese?

a) Wie viele (besicherte) Kredite sind derzeit vergeben und welche davon sind „ausfall­gefährdet“? (Bitte prozentual zur aushaftenden Summe und andererseits prozentual zur Anzahl der Verträge darstellen)

b) Wie oft und von wem wurden „Asset-Screenings“ durchgeführt?

c) Wurden Wertberichtigungen der Bank regelmäßig durchgeführt?

d) Wie kann es trotzdem sein, dass jetzt möglicherweise so große Verluste bevor­stehen?

12. Wird von Seiten Ihres Ressorts ein Kosten-Monitoring hinsichtlich der Kosten-Nutzen-Relation aller Berater und Prüfaufträge in Bezug auf die Causa Hypo-Alpe-Adria durchgeführt, um die Aufwendung von Steuermitteln möglichst gering zu halten?

a) Wenn ja, welche konkreten Ergebnisse hat dieses Monitoring bisher erbracht und welche konkreten Maßnahmen haben Sie daraus ableiten können?


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b) Wenn nein, warum nicht?

13. Hat die Finanzprokuratur von Ihnen bzw. von Seiten Ihres Ressorts hinsichtlich der Aufarbeitung der Causa Hypo-Alpe-Adria einen Auftrag bzw. mehrere Aufträge er­halten?

a) Wenn ja, wie lautet/lauten dieser Auftrag bzw. diese Aufträge konkret und welche Ergebnisse haben die Untersuchungen bis dato ergeben?

b) Wenn nein, warum nicht?

14. Welche Personen haben den im Rahmen der Notverstaatlichung der Hypo-Alpe-Adria zwischen der Republik Österreich und der Bayrischen Landesbank geschlos­senen Vertrag ausverhandelt und welche Berater waren für Österreich tätig?

15. War die Finanzprokuratur bei den Vertragsverhandlungen beteiligt, wenn nein, warum nicht?

16. Wie lauten die wesentlichen Vertragsbestandteile und Vertragsbedingungen (insbesondere Gewährleistungsvereinbarungen) des im Rahmen der Notverstaat­lichung der Hypo-Alpe-Adria zwischen der Republik Österreich und der Bayrischen Landesbank geschlossenen Vertrages?

17. Laut Berichten aus informierten Kreisen wurde im Kaufvertrag über die Hypo-Alpe-Adria mit der Bayern-LB vereinbart, dass die Republik Österreich im Falle der Gründung einer so genannten „Bad-Bank“ für alle Kredite der Bayern-LB die Haftungen übernimmt. Für welche Beträge müsste die Republik in diesem Fall haften und aus welchen Gründen wurde eine derartige Klausel vereinbart?

Wenn diese Berichte nicht den Tatsachen entsprechen, warum wurde bis heute nicht mit der Bayern-LB verhandelt bzw. diese verklagt?

18. Wer sind die 20 größten institutionellen Gläubiger der Hypo-Alpe-Adria im Ein­zelnen? (Bitte um konkrete namentliche Nennung)

19. Ein Großteil der (Groß-)Banken ist laut Medienberichten massiv von der Causa Hypo-Alpe-Adria betroffen. Entspricht dies den Tatsachen?

a) Wenn ja, welche konkreten Banken sind davon in welcher Höhe betroffen?

b) Können Sie bzw. Ihr Ressort die Konsequenzen für die betroffenen Banken im Falle einer Insolvenz der Hypo-Alpe-Adria beziffern?

20. Gab bzw. gibt es von Seiten einzelner Banken Interventionen, eine Insolvenz der Hypo-Alpe-Adria in jedem Fall zu vermeiden und wenn ja, welche Banken waren dies konkret?

21. Das Wyman-Gutachten nennt die Insolvenz der Hypo-Alpe-Adria als die für Steuerzahler und öffentliche Hand günstigste Lösungsvariante. Von der Mehrzahl der Politiker der Regierungsparteien und von der Hypo-Task-Force wird jedoch die so genannte „Anstaltslösung“ präferiert. Die „Anstaltslösung“ ist laut Wyman-Gutachten die mit Abstand teuerste Variante, die den Steuerzahlern zugemutet werden kann.

a) Wie begründen Sie das nun gewählte Vorgehen bzw. wie ist der Verhandlungs­stand?

b) Wie hoch beziffern Sie die Kosten, die im Falle der „Anstaltslösung“ auf die Republik Österreich und ihre Steuerzahler zukommen?

c) Ist eine Insolvenz nun endgültig ausgeschlossen und wenn ja, mit welcher Begrün­dung?


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d) Wie hoch beziffern Sie die Risiken, die im Falle einer Insolvenz auf die Republik Österreich und ihre Steuerzahler zukommen?

e) Welche konkreten Haftungen würden in welcher Höhe im Falle einer Insolvenz schlagend werden?

22. Wurden von Ihrem Ressort konkret anwendbare Rechenmodelle für die genannten Varianten der Abwicklung der Hypo-Alpe-Adria erarbeitet?

a) Wenn ja, wie lauten diese und welche Erkenntnisse konnten bzw. können Sie daraus ziehen?

b) Stimmen die Berechnungen des Ministeriums mit den Berechnungen im Wyman-Gutachten überein, und wo liegen mögliche Unterschiede?

c) Wenn nein, warum nicht?

23. Den Medien gegenüber äußerten Sie die Möglichkeit, auch Gläubiger an der Ab­wicklung der Hypo-Alpe-Adria zu beteiligen. Welche konkreten Pläne bestehen dazu und wie ist der Verhandlungsstand mit den in Frage kommenden Gläubigern?

24. Halten Sie die Überwälzung der Kosten für die Abwicklung der Hypo-Alpe-Adria auf die österreichischen Steuerzahler für gerecht und vertretbar?

25. Welche Auswirkungen erwarten Sie aufgrund der Causa Hypo-Alpe-Adria auf das kommende Budget?

26. Ist aufgrund der Vorgehensweise bezüglich der Hypo-Alpe-Adria geplant, die Bankenabgabe zu erhöhen, um die Banken indirekt stärker an der Abwicklung der Hypo-Alpe-Adria zu beteiligen?

a) Wenn ja, in welchem Ausmaß?

b) Wenn nein, warum nicht?

c) Warum ist die Bankenabgabe in Österreich nicht wie in Deutschland zu 100% zweckgewidmet?

27. Vertreter der Oesterreichischen Nationalbank sprechen davon, dass auch die Kom­munalkredit und die Volksbanken möglicherweise frisches Geld benötigen.

a) Stimmen Sie dieser Ansicht zu?

b) Wenn ja, wie hoch beziffern Sie den Bedarf bzw. in welcher Höhe ist bereits frisches Geld an welche Bank geflossen?

28. Können Sie ausschließen, dass der Volksbanken-Verbund zum nächsten akuten Banken-Problemfall wird?

29. Werden Sie für den Fall, dass die Kommunalkredit und der Volksbanken-Verbund frisches Geld brauchen, Vorsorge im kommenden Budget treffen?

a) Wenn ja, wie hoch veranschlagen Sie diese Vorsorge und welche konkreten Konzepte liegen dazu vor bzw. sind in Ausarbeitung?

b) Wenn nein, warum nicht?

30. Der Investor Tilo Berlin hat Anteile nach einem Jahr und einen Tag steuerfrei und gewinnbringend verkauft. Sind Ihnen die Profiteure dieses Geschäftes namentlich bekannt und wenn ja, bitte nennen Sie diese?

31. Können Sie den Österreicherinnen und Österreichern garantieren, dass es unter Ihnen als Finanzminister nicht zu weiteren Steuer- und Abgabenerhöhungen kommen wird?


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In formeller Hinsicht wird die dringliche Behandlung gemäß § 93 Abs.1 GOG verlangt.

*****

 


Präsident Ing. Norbert Hofer: Ich erteile Frau Abgeordneter Dr. Nachbaur als Anfragestellerin zur Begründung der Anfrage das Wort, die gemäß § 93 Abs. 5 der Geschäftsordnung 20 Minuten nicht überschreiten darf. – Bitte, Frau Abgeordnete.

 


15.00.44

Abgeordnete Dr. Kathrin Nachbaur (STRONACH): Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Minister! Vertreter auf der Regierungsbank! Sehr geehrte Abgeordnete! Und – besonders wichtig – sehr geehrte Steuerzahler! Ich spreche mich für einen Unter­suchungsausschuss aus. Dieser soll so früh wie möglich stattfinden, nachdem die politische Entscheidung, wie es mit der Hypo Alpe-Adria nun weitergehen soll, getroffen ist. (Beifall bei Team Stronach und NEOS, bei Abgeordneten der Grünen sowie des Abg. Podgorschek.)

Der Untersuchungsausschuss soll alles untersuchen ab dem Zeitpunkt, der für das Zeugnis „not distressed“ im Dezember 2008 maßgeblich war. (Präsidentin Mag. Prammer übernimmt wieder den Vorsitz.)

Vor Kurzem wurde ich, glaube ich, missverstanden bezüglich des Themas Politikerhaftung. Ich habe das Thema Konkursverschleppung angesprochen. Gelten Rechtsfolgen dafür nur in der Privatwirtschaft?

Ich möchte hier als Jurist einen interessanten Aspekt einbringen: Wer ist politisch für die unglaublich hohen Landeshaftungen, die es in allen Bundesländern gibt, eigentlich verantwortlich? Oft haften Bundesländer für ein Vielfaches ihres BIP – und der Rechnungshof hat nicht einmal das Recht, dort zu prüfen.

In Deutschland werden Unternehmen mit öffentlichen Haftungen selbstverständlich kontrolliert, und ich meine, mit gutem Grund.

Länder und Gemeinden müssen gezwungen werden, ihre Haftungen und auch ihre Schulden selbstverständlich offenzulegen, und es muss auch strenge Haftungs­ober­grenzen geben, und wenn die nicht eingehalten werden sollten, dann selbstver­ständlich auf eigenes Insolvenzrisiko. (Beifall beim Team Stronach.)

Der Rechnungshof muss in seiner Kompetenz selbstverständlich gestärkt werden.

Manche Landeshaftungen bestehen ja in einer total surrealen Höhe. Ich habe mir diesbezüglich sogar den Betrugstatbestand angesehen. Beim Betrug handelt es sich um ein Vermögensdelikt, bei dem der Täter in der Absicht rechtswidriger Bereicherung das Opfer durch Vorspiegelung oder Unterdrückung von Tatsachen gezielt so täuscht, dass es sich selbst oder einen Dritten am Vermögen schädigt.

Schauen wir uns das Land Kärnten an: Kärnten hat durch Vorspiegelung seiner Haftung gezielt getäuscht und wird dabei den Bund beziehungsweise den Steuerzahler in Annahme der automatischen Haftungsübernahme am Vermögen schädigen. Die Kärntner haben bestimmt gewusst, dass sie für diese Haftung nie und nimmer selbst geradestehen können und dass das im Ernstfall niemals eingelöst werden kann.

Das Beste daran ist, die Kärntner haben dafür noch vom Bund eine Haftungsprovision kassiert und kassieren immer noch. Diese liegt im Promillebereich der Haftungen – wahrscheinlich haben die Promille da irgendwie die Sinne getrübt. (Beifall beim Team Stronach.)


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Für die Erfüllung des Betrugstatbestands reicht das aber noch nicht, weil aufgrund der Verschleppung der Schaden real noch nicht eingetreten ist, und wahrscheinlich fehlt auch der Vorsatz. Ich vermute, es handelt sich hier eher um einen Fall grenzenloser Naivität.

Aber die Weigerung, nun zur Schadensminderung den Zukunftsfonds herauszurücken, der aus den Verkaufserlösen der Hypo-Alpe-Adria-Bank gespeist ist, und das Abkassieren der Haftungsprovisionen sind eine wahre Chuzpe! (Beifall beim Team Stronach.)

Diesbezüglich sind übrigens Notenbankpräsident Nowotny und ich einer Meinung.

Interessant ist auch die Position der EU in diesem Zusammenhang. Ich sagte gestern schon: Die Bank Burgenland wurde 2006 an ein österreichisches Unternehmen verkauft und nicht an die ostukrainischen Klyuyev-Brüder. Diese ukrainischen Bieter bekamen den Zuschlag nicht, und zwar wegen des Risikos für die Bank und selbstverständlich des Risikos für das Land, das da mit Landeshaftungen drinnen war.

Jetzt kommt der EuGH und sagt in seinem Urteil: Landeshaftungen sind völlig irrelevant. – Europa hätte also anscheinend die Bank Burgenland lieber an die ostukrainischen Klyuyev-Brüder verkauft, eben mit dem Argument: Landeshaftungen völlig wurscht, Hauptsache der Kaufpreis ist so hoch wie möglich. Das Land Burgen­land hat aber sicher mit Weitblick hier richtig entschieden. Man ermittelt jetzt nämlich gegen die Klyuyev-Brüder wegen Geldwäscherei, außerdem sind sie die Vertrauten von Janukowitsch.

Die Bank Burgenland hat also sicher richtig entschieden, vor allem aufgrund der Rechtssicherheit und der Geschäftssicherheit, denn wer weiß, wie sich das Geschäft sonst entwickelt hätte. (Abg. Krainer: Die Bank Burgenland kann nicht entscheiden, das kann nur der Eigentümer!)

Meiner Meinung nach liegt der EuGH hier in seiner Rechtsmeinung völlig daneben, und die EU schützt da anscheinend mutmaßliche Geldwäscher mehr. (Beifall beim Team Stronach.)

Was ich zur politischen Verantwortlichkeit sagen möchte: Wenn Politiker geschäfts­relevante Entscheidungen treffen und Handlungen oder eben auch Nicht-Handlungen setzen, dann muss das gleiche Recht gelten und die Handlungen müssen dieselbe Rechtswirksamkeit haben, wie wenn Private handeln.

Der ehemalige Aufsichtsratsvorsitzende Ditz hat im Jänner in einem Interview gesagt, dass Nicht-Organe den Vorstand und den Aufsichtsrat einfach beiseitegeschoben und Weisungen erteilt haben, und damit wurde praktisch das Aktiengesetz außer Kraft gesetzt. Das kann ja nicht sein! (Beifall beim Team Stronach sowie der Abgeordneten Mag. Kogler und Dr. Strolz.)

Ein weiteres Thema ist die politische Verantwortung bezüglich der Konkursverschlep­pung. Ich darf daran erinnern, dass Spanien an den Rand des Staatsbankrotts getrie­ben wurde, weil es der spanische Staat verschleppt hat, diesen maroden Sparkas­sensektor zu lösen. Und wer trägt bei uns für diese Verschleppung die politische Verantwortung?

Eine weitere juristische Frage: Was ist eigentlich mit der Ad-hoc-Meldepflicht laut Börsegesetz? – Die Hypo Alpe-Adria hat Emissionen und unterliegt damit selbstver­ständlich dem Börsegesetz, und alle konkursrelevanten Themen müssen laut Ad-hoc-Meldepflicht sofort gemeldet werden.

2010 hat es geheißen, die Bank wird ab 2011 wieder schwarze Zahlen schreiben, und die Anleger waren selbstverständlich in gutem Glauben, und es gibt auch regen Handel


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mit diesen Papieren. Sehr geehrte Damen und Herren! Ich gehe davon aus, dass die FMA hier diese Vorgänge selbstverständlich auf Kursmanipulation und Insiderhandel prüft. (Beifall beim Team Stronach sowie bei Abgeordneten der NEOS.)

In meiner letzten Rede hier im Nationalrat zum Thema Hypo habe ich schon darauf hingewiesen, dass die USA mit ihren Pleitebanken viel effizienter umgeht und umgegangen ist, als wir das hier in Europa und insbesondere in Österreich tun, wo Verluste anscheinend lieber sozialisiert werden. Dass die Steuerzahler zum Handkuss kommen, ist übrigens nicht das kapitalistische Modell, das ist das sozialistische Modell. In den oft stark kritisierten kapitalistischen USA wurden in den letzten 80 Jah­ren an die 3 500 Banken abgewickelt, und das hat die Steuerzahler keinen Cent gekos­tet. Im Gegenteil, teilweise wurden marode Banken sogar so abgewickelt, dass für die Steuerzahler ein Gewinn herauskam.

Interessanterweise sind also in manchen Ländern Bankenabwicklungen sogar ein Geschäft für die Steuerzahler. Sehr geehrte Damen und Herren! Der Grund dafür liegt in der Marktwirtschaft. Hier haben wir leider die Regeln der Marktwirtschaft scheinbar außer Kraft gesetzt. Es ist nicht der ungezügelte Kapitalismus, der den Steuerzahlern nun die Rechnung auftischt, denn unter diesem hätten die Investoren schon längst selbst die Rechnung bezahlt. Denn in der Marktwirtschaft gilt ganz klar: Wenn ich ein Papier mit einem größeren Risiko kaufe, dann bekomme ich wahrscheinlich auch höhere Zinsen, aber dann, wenn das Risiko schlagend wird, trage ich das selbst und kann das selbstverständlich nicht einfach auf die Allgemeinheit abwälzen.

Ich finde es daher moralisch total verwerflich, qualifizierte Gläubiger zu schützen und den Steuerzahlern die Rechnung dafür zu präsentieren! (Beifall beim Team Stronach, bei Abgeordneten der NEOS sowie des Abg. Podgorschek.)

Wir müssen daher wieder die Regeln der sozialen Marktwirtschaft gelten lassen und brauchen bessere Regeln, was den Bankenbereich betrifft. Die Regeln müssen erstens einfacher sein und zweitens so, dass die Banken wieder ihren ursprünglichen volkswirt­schaftlichen Funktionen nachkommen können. Diese bestehen nämlich darin, dass sie Einlagen einsammeln und Kredite vergeben. Die vielen neuen Bankengesetze, die da im Zuge der Finanzkrise verabschiedet wurden, sind eigentlich viel mehr eine Belas­tung der Realwirtschaft, als dass sie die Spekulationen eindämmen.

Auch die neue Bankensteuer ist das beste Beispiel für einen diesbezüglichen Fehler. Ich glaube, wir werden da auf eine gewaltige Kreditklemme zusteuern, denn die Banken werden praktisch dazu ermuntert, lieber zu spekulieren, anstatt einfach nur langweilig Kredite zu vergeben, da bei der Bemessungsgrundlage das gesamte spekulative Element ausgelagert wurde.

Bemerkenswert finde ich in diesem Zusammenhang auch, dass der Herr Bundes­kanzler in der Früh in der Fragestunde gesagt hat, dass er sich auf europäischer Ebene ganz besonders für die Finanztransaktionssteuer einsetzen möchte. Die Be­grün­dung dafür war das Interessante: Es geht ihm um den politischen Lenkungseffekt gegen die Derivate. Im eigenen Land, wo die Möglichkeit besteht, genau das zu tun, gegen die Derivate und für die Realwirtschaft einzutreten, wo er die Möglichkeit hat, Vorsorge zu treffen, wird genau das Gegenteil gemacht. Es wird die Bemessungs­grundlage der Bankensteuer derart verändert, dass die Derivate, die Spekulationen begünstigt werden, während die Realwirtschaft geschädigt wird. Das versteht kein Mensch. Das ist unlogisch und schädlich für die Realwirtschaft! (Beifall beim Team Stronach sowie bei Abgeordneten der NEOS.)

Außerdem wurde bei Einführung der Bankensteuer auch so argumentiert, dass das eingenommene Geld für die Problembanken da ist, um sozusagen einen Puffer zu bilden. Die Realität ist aber, dass die Bankensteuer nicht ausschließlich für die maro-


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den Banken da ist, wie das im Übrigen in Deutschland zu 100 Prozent der Fall ist, sondern ein Drittel der eingenommenen Bankensteuer fließt aufgrund des Finanzaus­gleichs an die Länder. Also wirklich absurd: Ein Teil dieses Geldes fließt wiederum an Kärnten! Das ist ein unglaubliches Modell!

Selbstverständlich sollte die Bankensteuer wie im Übrigen grundsätzlich Steuern zweckgewidmet sein und nicht dazu verwendet werden, willkürlich irgendwelche Budgetlöcher zu stopfen. (Beifall bei Team Stronach und NEOS.)

Vor lauter Aufregung über die klarerweise total verantwortungslosen Bundesländer­haftungen, das möchte ich noch anmerken, haben wir es in letzter Zeit verabsäumt, darüber nachzudenken, dass eigentlich in einer Nacht- und Nebelaktion vonseiten der Roten, Schwarzen und Grünen eine vergleichsweise gigantische Haftung auf euro­päischer Ebene beschlossen wurde. Das ist potenziell eine noch viel größere Katastrophe!

Wenn ich auch großteils die Ansicht der Grünen beim Thema Hypo Alpe-Adria und auch sonst in vielerlei Hinsicht teile, so ist mir trotzdem völlig unverständlich, warum hier einem ähnlichen Szenario mit gewaltig größeren Ausmaßen zugestimmt wurde. Es darf weder Bundesländerhaftungen für marode Landesbanken noch Staatshaftungen für marode sonstige Staatsbanken geben! Weder in Österreich noch auf europäischer Ebene. (Beifall beim Team Stronach.)

Wir brauchen überhaupt bessere Regeln für den Bankensektor. Geschäftsbanken müssen von Investmentbanken getrennt werden. Risikobanken, also diese Investment­banken, sollten auch in Krisenzeiten keine Unterstützung vom Staat erhalten. Die Kunden müssen, wenn sie ihr Geld einbringen, aber ganz genau wissen, ob es sich um eine Geschäftsbank oder eine Investmentbank handelt und welche Risken und welche Folgen für ihr Geld damit möglicherweise verbunden sind.

Ich habe mir diesbezüglich den aktuellen Vorschlag der EU-Kommission zum Trenn­bankensystem durchgesehen und glaube, dass dieser Vorschlag, weil die Aufsicht da Einzelfallentscheidungen treffen kann und wird und weil es so viele Ausnahmerege­lungen gibt, leider danebengehen wird. (Beifall beim Team Stronach.)

Die Schieflage einer Bank darf nie zur Destabilisierung des Bankensektors führen. Und in diesem Zusammenhang: Es darf auch keine Bank so groß sein, dass sie einen Staat zur Rettung des Systems erpressbar machen kann.

Nun noch zum Thema Lösung der verkorksten Situation der Hypo-Alpe-Adria-Bank. Ich plädiere dafür, dass alle Umstände in einem Untersuchungsausschuss genau betrach­tet werden, und zwar ab dem Zeitpunkt der Ereignisse, die, wie gesagt, zu dem Zeugnis „not distressed“ geführt haben. Der Untersuchungsausschuss soll so früh wie möglich einberufen werden, nachdem die politische Entscheidung gefallen ist, wie es da weitergehen soll – und die muss jedenfalls noch heuer fallen.

Der Untersuchungsausschuss ist wichtig und richtig, darf aber nicht auf Kosten der Lösung stattfinden. Ich fordere daher eigentlich seit Tag eins hier im Parlament, seit dem die Hypo Alpe-Adria Thema ist, auch einen Lösungsausschuss unter Beteiligung unabhängiger Experten und der Opposition. Ich glaube, das ist noch wichtiger.

Ich schlage noch einmal vor: Machen Sie eine Ausschreibung, holen Sie sich einen privaten Mehrheitseigentümer, der auf Bankenabwicklung spezialisiert ist, lassen Sie diesen das erfolgversprechend und vor allem erfolgbringend verwerten.

Und was die Gläubiger anlangt: Sehr geehrte Damen und Herren auf der Regie­rungsbank, bitte verschenken Sie die Bonität Österreichs nicht gratis an die Gläubiger, sondern beteiligen Sie diese in Form eines Haircut. Machen Sie vielleicht ein Um-


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tauschangebot, wo Sie über Laufzeit und Zinssatz eine Barwertbeteiligung erhalten. (Beifall beim Team Stronach sowie der Abgeordneten Mag. Kogler und Dr. Strolz.)

Ich plädiere auch dafür, dass die Regeln der sozialen Marktwirtschaft, mit denen wir jetzt über Jahrzehnte gut gefahren sind, wieder implementiert werden. Ich glaube, das wird uns sehr gut tun, auch wenn wir an die nächsten Problembanken denken – zu den Themen ÖVAG und Kommunalkredit ist es ja in letzter Zeit verdächtig ruhig geworden. (Abg. Neubauer: Wieso wohl?)

Meine Damen und Herren, zum Schluss möchte ich noch „Die Zeit“ zitieren, die in ihrer aktuellen Ausgabe den Titel trägt: „Klärt das auf!“ Sie schreibt: Das Verhalten der Obrigkeit gibt weder den Bürgern noch den Oppositionsvertretern Anlass zu Vertrauen.

„Die Zeit“ schreibt auch – und da hat sie recht –: „In einer funktionierenden Demokratie ist ein parlamentarischer Untersuchungsausschuss – der natürlich auch ein Minder­heiten­recht zu sein hat – das einzig geeignete Mittel, Licht in die trüben Graubereiche des öffentlichen Sektors zu bringen.“ Der Untersuchungsausschuss soll nicht „als Bühne zur inquisitorischen Selbstinszenierung zweckentfremdet werden“ (Ruf bei der ÖVP: Überhaupt nicht!), sondern seine Aufgabe ist es, Fakten auszugraben, die sich unter dem Schutt der Ausreden befinden. (Beifall bei Team Stronach und NEOS sowie bei Abgeordneten von FPÖ und Grünen.)

Wenn die Regierung weiterhin die Aufklärung verhindert, dann darf sie sich nicht wun­dern, dass ihr die Bevölkerung und auch die Opposition solches Misstrauen entgegen­bringen.

Sehr geehrte Regierungsvertreter! Die Aufklärung liegt meiner Meinung nach auch zutiefst in Ihrem eigenen Interesse, denn nichts eignet sich mehr zur Legendenbildung als eine Mischung aus Halbwahrheiten und Halbinformationen. – Danke. (Beifall bei Team Stronach und NEOS sowie des Abg. Podgorschek.)

15.17


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Zur Beantwortung der Anfrage hat sich Herr Vizekanzler Dr. Spindelegger zu Wort gemeldet. – Bitte.

 


15.17.40

Bundesminister für Finanzen Vizekanzler Dr. Michael Spindelegger: Frau Prä­sidentin! Meine Damen und Herren auf der Regierungsbank! Hohes Haus! Ich darf hier im Wochentakt in einer Dringlichen Anfrage über Fragen der Hypo Alpe-Adria Auskunft geben, und ich tue das natürlich gerne.

Ich möchte aber zunächst eines außer Streit stellen: Ich hoffe doch, dass es uns allen darum geht, Österreich auf einem stabilen Kurs zu halten. Und dass wir in der Richtung eines stabilen Kurses derzeit gut unterwegs sind, wird ja dadurch bewiesen, dass am 21. Februar die US-Ratingagentur Fitch Österreich erneut die Bestnote Triple-A mit dem Ausblick „stabil“ gegeben hat. Das ist gut, meine Damen und Herren, denn das beweist, dass wir als Österreich auch auf dem internationalen Kapitalmarkt einen guten Ruf haben, und diesen werden wir verteidigen. (Beifall bei ÖVP und SPÖ.)

Auch wenn es nicht einfach ist, mit Angelegenheiten wie jenen der Hypo Alpe-Adria diesen Kurs zu halten, muss es unsere gemeinsame Zielsetzung sein, uns jetzt auf eine Entscheidung zu konzentrieren, die unmittelbar vor uns liegt. Ich habe dazu auch die Finanzsprecher aller Parteien eingeladen, wir sind zweimal beisammen gesessen, in einem guten, konstruktiven Gespräch, damit wir gemeinsam die richtige Lösung für die Zukunft erarbeiten können.

Und ich bestätige das: Ich möchte diesen Kurs so fortsetzen, damit wir nichts außer Acht lassen, damit wir uns nicht vorweg nur in eine Richtung bewegen, sondern offen


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sind für verschiedene Lösungen und letztlich eine gemeinsame Entscheidung auch verantworten können.

Aber, meine Damen und Herren, lassen Sie mich in diesem Zusammenhang eines schon auch klar sagen, denn das ist auch heute von Ihnen wieder als Vorwurf im Rah­men der Dringlichen Anfrage in den Raum gestellt worden: Ich lasse mir Zeitverzö­gerung, Fahrlässigkeit und das Hinausschieben eines Problems nicht vorwerfen! Das möchte ich ein für alle Mal noch einmal hier im Hohen Haus klarlegen. (Beifall bei der ÖVP.)

Ich habe am 16. Dezember letzten Jahres das Finanzministerium übernommen – im Wissen, welche Entscheidung auf uns zukommt, aber ich scheue diese Verantwortung nicht –, und ich habe sofort den Auftrag erteilt, dass alles daranzusetzen ist, dass die Taskforce, wo die Experten zusammensitzen, der Bundesregierung möglichst rasch einen Vorschlag auf den Tisch legt.

Das ist dann am 16. Jänner 2014, also vor etwas mehr als einem Monat, erfolgt. Wir, die Spitze der Bundesregierung, haben daraufhin sofort, am 27. Jänner, mit den Verantwortlichen der Taskforce in einem Gipfelgespräch erörtert, was der Vorschlag ist, das erste Modell in Angriff genommen. Schon am 10. Februar sind wir als Spitze der Regierung gemeinsam mit der Taskforce und den Bankenvertretern zusammen­gesessen.

Leider musste diese Lösung, die präferiert wurde, verworfen werden, aber wir haben bereits am 17. Februar, auch in einer Erklärung hier im Hohen Haus, klar gesagt, wie wir weiter vorgehen wollen, nämlich: Die Taskforce hat das nächste Modell, aufbereitet auch mit Zahlen, auf den Tisch zu legen. Darauf warte ich noch. Ich hoffe, dass ich das unmittelbar in den nächsten Tagen auf dem Tisch liegen habe, damit wir den nächsten Schritt setzen können.

Ich lasse mir nicht vorwerfen, dass wir dadurch Zeit haben verstreichen lassen, meine Damen und Herren! Man schüttelt eine solche Lösung nicht aus dem Ärmel, sonst kullert etwas anderes aus dem Ärmel, als man haben will, sondern man muss das mit Besonnenheit und mit klarem Kopf vorbereiten und dann eine Entscheidung treffen, und so wollen wir auch vorgehen. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der SPÖ.)

Lassen Sie mich zum Dritten als Eingangsbemerkung noch einmal festhalten: Das Hauptaugenmerk der Experten in der Taskforce liegt jetzt auf dem Anstaltsmodell. Das ist aber nicht das Modell der Regierung, das wir in Auftrag gegeben haben, sondern das ist das, was uns die Experten jetzt, mit Zahlen erörtert, auf den Tisch legen wollen. Wir werden es uns wieder genau auf Umsetzungsmöglichkeit ansehen, aber wir werden auch andere Lösungen nicht von vornherein ausschließen. Das möchte ich noch einmal klar auf den Tisch legen.

Lassen Sie mich noch eine letzte Bemerkung zu den Fragen der Kosten beziehungs­weise der sogenannten Berater machen, weil Sie das auch in Ihrer Dringlichen Anfrage besonders erörtert haben! Ja, gute Expertise kostet etwas, und ich glaube, bei einer so wesentlichen Entscheidung für die Republik darf man auch Kosten nicht scheuen. Ich sage noch dazu, bei mir geht es im Ministerium nicht um Hunderte Millionen Euro, sondern es geht um einen Berater, den ich schon bestellt habe, der internationaler Experte ist, und vielleicht noch um zwei, drei andere, die mit uns einen klaren Blick auf die Vorschläge werfen sollen, damit wir die richtige Entscheidung treffen. Ich glaube, das kann man in diesem Zusammenhang verantworten. Ich jedenfalls stehe dazu.

Lassen Sie mich nun zur Beantwortung der einzelnen Fragen kommen.


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Ich darf die erste Frage gemeinsam mit der zweiten beantworten, zitiere aber noch einmal die erste Frage, meine Damen und Herren, weil ich ja sehe, dass wir ganz grundlegende Missverständnisse haben.

Ihre erste Frage lautet: „Nennen Sie bitte die gesamten Kosten für Anwaltshonorare, Beraterverträge, Prüfaufträge u. ä., die ab dem Zeitpunkt der Privatisierung im Zuge der Aufarbeitung der Causa Hypo-Alpe-Adria bis dato aufgelaufen sind?“

Meine Damen und Herren, ein grundlegendes Missverständnis! Es geht nicht um eine Privatisierung, und es ging nicht um eine Privatisierung, es ging um eine Verstaatlichung der Bank. Das ist ja unser Problem, meine Damen und Herren vom Team Stronach, es geht um Verstaatlichung! Die Bank ist eine staatliche Bank und keine private. Deshalb müssen wir uns jetzt darauf konzentrieren, die Probleme der Verstaatlichung aufzuarbeiten und auch für Haftungen entsprechend Vorsorge zu treffen.

Ich könnte es mir jetzt leicht machen und die Frage damit beantworten, gar keine Kosten seien aufgelaufen, weil es keine Privatisierung gab, aber ich mache es mir nicht leicht, sondern ich beantworte Ihnen gerne Ihre Frage.

Letztlich ist bei den Fragen der Kosten auch klar der Sachverhalt zu klären. Die Beauftragung für alle Beratungen, für Prüfungen, für Gutachten erfolgt durch die Bank selbst. Die Organe der Bank sind dafür und auch für die Frage der Beurteilung der Wirtschaftlichkeit solcher Beauftragungen verantwortlich.

In diesem Zusammenhang darf ich Sie durchaus darauf hinweisen, dass manche Rechtsvorschriften auch bei uns in Österreich, aber auch die Corporate-Governance-Gründe dafür ausschlaggebend sind, dass man externe Berater zu beauftragen hat. Das ist sogar zwingend vorgeschrieben. Darum bitte ich, nicht alles durcheinanderzu­werfen.

Dem Finanzministerium liegen daher auch keine detaillierten Aufstellungen über die einzelnen Honorare der einzelnen Berater vor. Es findet sich alles gemeinsam in der jeweiligen Bilanz im Geschäftsbericht der Bank, aber nicht im Detail, welcher Berater wann welchen Auftrag von der Bank bekommen hat. Das ist eine Verantwortung der Bank, die dort zu suchen ist.

Zur Frage 3:

Es wurden 92 947,20 € exklusive Umsatzsteuer bezahlt.

Zur Frage 4:

Die Beauftragung erfolgte gemäß § 41 Bundesvergabegesetz im Wege einer Direktvergabe. Dies ist bei Aufträgen bis zu 100 000 € exklusive Umsatzsteuer, wie uns allen bekannt ist, so vorgesehen.

Zur Frage 5:

Die FIMBAG handelt nach treuhändiger Übernahme des staatlichen Partizipations­kapitals in Eigenverantwortung. In welchem Ausmaß das ihr zustehende Recht auf Vor-Ort-Prüfungen bei den jeweiligen Banken ausgeübt wird, ist von der FIMBAG selbst zu entscheiden. Festzuhalten ist aber, dass die FIMBAG auch auf umfassende Expertise der Oesterreichischen Nationalbank zurückgreifen kann und auch Gespräche mit Bankenprüfer und Vorstand durchführt. In vier Fällen hat die FIMBAG Prüfungen vor Ort vorgenommen beziehungsweise veranlasst.


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Zur Frage 6:

Die Gesamtjahresbezüge der beiden Vorstände Liebscher und Wala, Vorstands­mitglieder der FIMBAG, Finanzmarktbeteiligung Aktiengesellschaft des Bundes, haben im abgelaufenen Geschäftsjahr 2013 insgesamt 318 000 € betragen. Adolf Wala übt wie auch Klaus Liebscher in der FIMBAG die Funktion eines Vorstandsmitglieds aus.

Gemäß § 3 Abs. 5 Finanzmarktstabilitätsgesetz sind die Vorstände der FIMBAG nach Vorschlag der Bundesregierung zu bestellen, die die Besetzung der Vorstandsposi­tionen entsprechend den Bestimmungen des Stellenbesetzungsgesetzes aufgrund der Eignung, insbesondere fachlicher Vorbildung, bisheriger Berufserfahrung, Fähigkeit zur Menschenführung, organisatorischer Fähigkeiten und persönlicher Zuverlässigkeit vorzunehmen hat.

Zur Frage 7:

Dr. Klaus Liebscher hat als Chef der Hypo-Taskforce keine zusätzliche Vergütung erhalten.

Zur Frage 8:

Die Taskforce Hypo Alpe-Adria ist ein ehrenamtliches Gremium. Ein direkter Zusammenhang zwischen der Taskforce und einer Personalaufnahme in der Bank ist mir nicht bekannt.

Zur Frage 9:

Die Gründung der Taskforce wurde im Mai 2013 durch einen gemeinsamen Beschluss der Regierungsspitzen in Auftrag gegeben. Mit der Taskforce sollte ein Experten­gremium eingerichtet werden, das die Bundesregierung in allen Fragen der Restruktu­rierung beziehungsweise des Abbaus der Hypo Alpe-Adria-Bank-International AG durch seine Expertise und Kompetenz unterstützt.

Die Taskforce besteht aus namhaften Experten, die von der Nationalbank, der Finanz­marktaufsicht, vom Bundesministerium für Finanzen sowie von der FIMBAG entsendet werden. Den Vorsitz der Taskforce hat nach Dr. Klaus Liebscher jetzt der Gouverneur der Nationalbank Universitätsprofessor Dr. Ewald Nowotny übernommen. Als beauf­tragter Koordinator der Hypo Alpe-Adria nimmt auch Mag. Georg Krakow als unab­hängiger Experte bei einer renommierten Wiener Rechtsanwaltskanzlei an den Beratungen teil.

Der Taskforce wurde die konkrete und wichtige Aufgabe übertragen, alle Abbauvarian­ten der Hypo Alpe-Adria einer detaillierten Prüfung und genauen Analyse zu unterziehen. Die unterschiedlichen Abbauvarianten wurden intern durch die Bank in einem groß angelegten Projekt erarbeitet. Durch die Taskforce werden die verschiedenen Modelle aufbereitet und analysiert und detaillierte Empfehlungen erarbeitet. Auf der Grundlage dieser Empfehlungen wird die österreichische Bundesregierung ihre Entscheidung treffen.

Zur Frage 10:

Bis 31. März 2002 war das Bundesministerium für Finanzen die zuständige Aufsichts­behörde für die Hypo Alpe-Adria. Ab dem 1. April 2002 nahm die Finanzmarktaufsicht ihren operativen Betrieb als unabhängige und weisungsfreie Aufsichtsbehörde auf und nahm somit die Aufgaben der Prüfung und Ausarbeitung von Prüfberichten war.

Klar ist, dass für den aktuellen Sachverhalt die aufsichtsrechtlichen Handlungen vor 2002 nicht mehr relevant sind. Zu den Jahren danach möchte ich darauf hinweisen, dass sowohl die FMA als auch die Nationalbank unabhängige Behörden sind und nicht dem Weisungsrecht des Bundesministeriums für Finanzen unterliegen. Ihre Tätigkeit unterliegt nicht der inhaltlichen Kontrolle des Finanzministeriums.


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Dem Finanzministerium kommt hinsichtlich der operativen Bankenaufsicht auch keinerlei Vollzugskompetenz zu, womit auch ein Zugriff auf die umfangreichen Aufsichtsdaten der OeNB beziehungsweise der FMA ausgeschlossen ist. Die Funktion des Bundesministeriums für Finanzen im Aufsichtssystem ist auf die Rechtsaufsicht über die FMA gemäß § 16 Finanzmarktaufsichtsgesetz beschränkt. Das dort unter an­derem normierte Auskunftsrecht kann nur im Fall begründeter Zweifel an der Recht­mäßigkeit der Aufsichtstätigkeit ausgeübt werden.

Zwei derartige Auskunftsersuchen an die FMA hat es im Zusammenhang mit der Hypo Alpe-Adria gegeben. Im Zuge der Rettungsverhandlungen im Dezember 2009 wurde die Finanzmarktaufsicht um Darlegung ihrer Aufsichtsaktivitäten in den Jahren 2006 bis 2009 ersucht, und zum zweiten Mal aufgrund eines Hinweises durch die Finanzmarktaufsicht, dass der damalige Vorstandsvorsitzende in der Sitzung des Aufsichtsrats der Hypo Alpe-Adria vom 8. März 2011 die Mutmaßung geäußert hat, es gelte bei der Aufarbeitung der Vergangenheit auch die Verantwortung von Eigentümern und Aufsicht zu prüfen. Es dürfte ein Entscheidungs- und Aufsichtsversagen gegeben haben, weshalb die Finanzmarktaufsicht um Darlegung ihrer seit 2005 gesetzten Aufsichtsmaßnahmen, die eine Verbesserung der Risikomanagementsysteme der Hypo Alpe-Adria zum Ziel hatten, ersucht wurde. Aus der Stellungnahme der Finanzmarktaufsicht ergab sich aber, dass die Mutmaßung des damaligen Vorstands­vorsitzenden nicht bestätigt werden konnte.

Zur Frage 11:

In Ergänzung meiner vorangegangenen Beantwortung möchte ich auch bei dieser Frage darauf hinweisen, dass die Überwachung der Kreditgebarung der Hypo Alpe-Adria der Finanzmarktaufsicht als zuständiger unabhängiger und weisungsfreier Aufsichtsbehörde obliegt und nicht meinem Ministerium.

Zusätzlich möchte ich darauf hinweisen, dass eine detaillierte Prüfung der Bilanzen und damit verbunden auch die Bewertung der Assets und Wertberichtigungen von ausstehenden Forderungen, wie zum Beispiel von Krediten, Aufgabe der Bankprüfer ist.

Zur Frage 12:

Die Aufarbeitung der Vergangenheit erfolgt vor allem durch die Bank selbst. Diese hat bei Bedarf und nach Willensbildung der Organe der Bank auch externe Berater beigezogen. Beim Bundesministerium für Finanzen, das habe ich schon erwähnt, liegen weder die Kosten der einzelnen Berater noch jene der Gesamtkosten vor. Auch sind keine Details zu konkreten Ausschreibungen bekannt. Es kann daher auch von meinem Ministerium kein Kosten-Nutzen-Monitoring erfolgen.

Zur Frage 13:

Unmittelbar nach der Notverstaatlichung im Dezember 2009 wurde das Projekt CSI Hypo zur Aufarbeitung der Vergangenheit in der Hypo Alpe-Adria und insbesondere zur Klärung der Ursachen für die wirtschaftliche Schieflage der Bank eingerichtet. Die Umsetzung dieses Projekts war in erster Linie Aufgabe der Organe der Bank, also von Vorstand und Aufsichtsrat. Das Projekt CSI Hypo hat bereits zahlreiche unterschied­liche und komplexe Sachverhalte nach intensiven Untersuchungen bei der Staatsan­waltschaft zur Anzeige gebracht. Ein abschließender Bericht ist aber noch ausstehend.

Zur Frage 14:

Im November und im Dezember 2009 haben zahlreiche intensive Gesprächstermine mit der BayernLB sowie den übrigen damaligen Eigentümern der Bank im Bundes­ministerium für Finanzen stattgefunden. Ziel der Gespräche war es, zur Absicherung


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einer ausreichenden Kapitalisierung der HB Int. bis zum Jahresende 2009 und damit der Stabilisierung der Bankengruppe Kapitalmaßnahmen durch die damaligen Eigen­tümer zu erwirken.

An diesen Terminen haben Vertreter des Bundesministeriums für Finanzen, des Bun­deskanzleramts, der Finanzprokuratur, der damaligen Eigentümer, der Aufsichtsbehör­den und österreichischer Großbanken teilgenommen. Den Vertretern der BayernLB stand unter der Leitung des damaligen Finanzministers Josef Pröll und der Staats­sekretäre Schieder und Lopatka dieses österreichische Verhandlungsteam gegenüber. Die Verhandlungen wurden vom Gouverneur der Nationalbank, von Experten der politischen Kabinette sowie von Beamten des Bundesministeriums für Finanzen be­gleitet.

Zur Frage 15:

Die Finanzprokuratur als Anwalt der Republik war an den Vertragsverhandlungen selbstverständlich beteiligt.

Zur Frage 16:

Dazu müsste zunächst geklärt werden, was „wesentliche Vertragsbestandteile und Vertragsbedingungen“ sind, aber anscheinend ist ein besonderes Augenmerk auf die Frage der Gewährleistung gelegt.

Das Recht zur Anfechtung des Aktienkaufvertrags steht der Republik Österreich selbstverständlich unabhängig von der Gewährleistung zu. Das Bundesministerium für Finanzen hat daher frühzeitig zum Zweck der Abklärung einer möglichen Anfechtung des Notverstaatlichungsvertrags die Organe der Hypo Alpe-Adria AG zur umfassenden Prüfung des tatsächlichen Zustands der Bank zum Zeitpunkt der Notverstaatlichung aufgefordert. Zu diesem Zweck wurden von der Bank umfassende externe Evaluie­rungen in Auftrag gegeben. Diese bewerten insbesondere die zum Zeitpunkt der Not­ver­staatlichung tatsächlich vorliegende wirtschaftliche Lage der Hypo Alpe-Adria und in der Folge einen zum damaligen Zeitpunkt noch nicht zu Tage getretenen und der Republik Österreich bei Anteilsübernahme nicht bekannt gewesenen nachträglichen Kapitalisierungsbedarf der Hypo Alpe-Adria.

Zur Frage 17:

Es gilt, festzuhalten, dass die Bestimmungen des Notverstaatlichungsvertrags die Republik Österreich einzig dazu verpflichten, die Bayerische Landesbank von einer geplanten Aufspaltung der Hypo Alpe-Adria, wie diese etwa bei der Gründung einer Bad Bank erforderlich wäre, frühzeitig zu verständigen. Nur in einem solchen Fall kann die Bayerische Landesbank die Rückzahlung der noch bei der Bank vorhandenen Refinanzierungslinien von der Hypo Alpe-Adria verlangen.

Mögliche Klagen gegenüber der Bayerischen Landesbank behält sich die Republik Österreich natürlich für einen geeigneten Zeitpunkt vor. Ich habe schon in der Ver­gangenheit darauf hingewiesen, dass wir durch einen Verzicht auf Verjährung noch in diesem Jahr Zeit haben, das auch zu tun.

Zu den Fragen 18 und 19:

Die Auswirkungen der möglichen Ausgestaltungen einer Lösung für die Hypo Alpe-Adria auf die Gläubiger werden gegenwärtig geprüft. Wie schon in der letzten Dringlichen Anfrage ausgeführt, existiert kein aktualisiertes Register mit konkreten Namen der Anleiheinhaber. Die Anleihen werden außerdem am Sekundärmarkt gehan­delt und unterliegen damit einem ständigen und stetigen Wechsel.


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Zur Frage 20:

Es gab im Dezember 2009 kurz vor der Notverstaatlichung von der Europäischen Zentralbank eine starke Initiative, dass ein Fallenlassen der Hypo Alpe-Adria unbedingt verhindert werden muss, um massive Verwerfungen auf dem europäischen Finanz­markt und einen drohenden Dominoeffekt zu verhindern.

Auch die Oesterreichische Nationalbank hat im Dezember 2009 die Hypo Alpe-Adria klar als systemrelevant eingestuft und auf eine Lösung gedrängt. Die Nationalbank nannte insbesondere die bei einer Insolvenz der Hypo Alpe-Adria drohenden unkontrol­lierbaren und -kalkulierbaren Ansteckungseffekte im österreichischen Bankensektor, die massiven Auswirkungen auf die Volkswirtschaften in Südosteuropa und die immens hohen Haftungen des Landes Kärnten.

Zu den Fragen 21 bis 23:

Nationale und internationale Experten haben die betriebswirtschaftlichen, volkswirt­schaftlichen und rechtlichen Rahmenbedingungen analysiert und daraus Modelle und Szenarien entwickelt, um eine möglichst steuerschonende und volkswirtschaftlich sinnvolle Lösung zu finden. Oliver Wyman hat zu den von diesen Experten entwickel­ten Szenarien seine Einschätzung abgegeben.

Darüber hinaus gibt es aber eine sehr konkrete Empfehlung der nationalen Experten der Taskforce. Seitens der Taskforce wurde eine Kaskade von Modellen vorge­schla­gen. Als erstes Modell sollte die Realisierbarkeit des sogenannten Bankenbeteiligungs­modells geprüft werden. Es ist Ihnen aber bekannt – ich muss das nicht näher ausführen –, dass sich dieses Modell als nicht realisierbar erwies.

Daher wird jetzt das nächste von den Experten der Taskforce empfohlene Modell, jenes der Einrichtung einer sogenannten Anstalt, geprüft. Da derzeit Details der Struktur, des Umfangs und der Ausgestaltung des Anstaltsmodells auf Expertenebene erarbeitet werden, kann zu den konkreten Auswirkungen noch keine seriöse Einschät­zung getroffen werden. Erst nach Vorliegen des Berichts der Experten kann über eine Einrichtung und den Umfang einer Anstaltslösung sowie über bestehende Beteiligungs­möglichkeiten von Dritten entschieden werden. Allfällige andere Optionen sind kein Tabu, derzeit wird jedoch intensiv an der Prüfung der Umsetzbarkeit einer Anstalts­lösung gearbeitet.

Die aktuelle Situation bezüglich des Umfangs der Haftungen ist bekannt. Derzeit bestehen von der Europäischen Kommission genehmigte Haftungen des Bundes in der Höhe von rund 1,2 Milliarden €; dazu kommen Haftungen des Bundeslandes Kärnten von 12,4 Milliarden €.

Zur Frage 24:

Die Größenordnung der Kosten, die die Hypo Alpe-Adria für die Republik Österreich und damit für den österreichischen Steuerzahler bereits verursacht hat und in den nächsten Jahren verursachen wird, ist erschreckend. Das ist gar keine Frage.

Zur Schuldfrage wurde schon viel gesagt, Faktum ist aber, dass die Hypo Alpe-Adria sicher eine verantwortungslose Expansion mithilfe von Haftungen des Landes Kärnten unter dem damaligen Landeshauptmann Jörg Haider verfolgte und dieser Umstand der Ursprung der ganzen Misere ist.

Vertretbar sind die Kosten einer Lösung nur dann, wenn andere Szenarien noch weit höhere Kosten verursachen würden. Aus diesem Grund arbeite ich mit Experten an einer sowohl raschen als auch gut vorbereiteten Lösung für die Abwicklung der nicht verkaufbaren Teile der Hypo Alpe-Adria. Vorrangiges Ziel bleibt, die Kosten für die österreichischen Steuerzahlerinnen und Steuerzahler so gering wie möglich zu halten.


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Zur Frage 25:

Die Auswirkungen auf die Staatsschuldenquote und das öffentliche Defizit nach Maastricht können natürlich erst dann im Detail dargelegt werden, wenn das Lösungs­modell für die Hypo Alpe-Adria entschieden und konkretisiert ist.

Zur Frage 26:

Im Regierungsprogramm hat sich die Bundesregierung dazu entschlossen, die Bemes­sungsgrundlage der Stabilitätsabgabe umzugestalten und den Sonderbeitrag zur Stabilitätsabgabe von 25 Prozent auf 45 Prozent zu erhöhen. Beide Maßnahmen sind im Abgabenänderungsgesetz 2014, das gestern mit Mehrheit beschlossen wurde, angenommen worden. Damit wären die österreichischen Banken in einem angemes­senen Ausmaß auch an den Kosten der Rettung des österreichischen Finanzsektors beteiligt.

Zu den Fragen 27 bis 29:

Die österreichische Bundesregierung wird ihr Budget dem Hohen Haus Ende April vorlegen und dabei einen vorausschauenden Ansatz wählen, um bei einem möglichen Restrukturierungsbedarf rasch handeln zu können.

Zur Kommunalkredit: Die Kommunalkredit besteht aus der Kommunalkredit Austria AG, die auf die Finanzierung von Gebietskörperschaften spezialisiert ist und keine neuen Darlehen mehr vergibt. Für diese sind künftig keine Stützungsmaßnahmen geplant.

Die KA Finanz AG ist mit dem Abbau der verbleibenden risikobehafteten Assets der Kommunalkredit alt beauftragt. Dieser Abbau schreitet zügig und erfolgreich voran. Es sind bereits mehr als 60 Prozent der ursprünglichen Assets abgebaut, die KA Finanz AG ist damit eine reine Abbaubank.

Die KA Finanz AG hat im Sommer 2013 einen Gesellschafterzuschuss in der Höhe von 200 Millionen € zur Erfüllung der Eigenkapitalvorschriften nach dem neuen Basel III-Regime und zum weiteren Portfolioabbau erhalten.

Im Dezember 2013 wurde ein Gesellschafterzuschuss in der Höhe von 150 Millionen € für den Abbau des verbleibenden nichtösterreichischen CDS-Portfolios gewährt.

Zu den Volksbanken: Vorausschicken möchte ich, dass die österreichischen Volks­banken nicht mit der Hypo Alpe-Adria vergleichbar sind. Die Volksbanken sind österreichweit regional stark verwurzelt und refinanzieren sich zu einem wesentlichen Teil über österreichische Spareinlagen.

Das Spitzeninstitut ÖVAG hat nahezu alle Auslandsaktivitäten eingestellt bezie­hungsweise verkauft. Lediglich die Volksbank Rumänien und das Volksbank Leasing International gehören noch zur ÖVAG.

Zu Ihrer Frage nach dem frischen Geld. Die ÖVAG hat 2013 keine Kapitalzufuhr und keine Liquiditätshilfe erhalten. Lediglich eine Bürgschaft für Kreditforderungen im Ausmaß von 100 Millionen € wurde von der Republik übernommen. Ich möchte dabei betonen, dass die ÖVAG die wesentlichen Auflagen der Europäischen Kommission aus dem Restrukturierungsplan, vor allem was den Abbau der Assets betrifft, über­erfüllt.

Zur Frage 30:

Eine Untersuchung dieser Vorgänge ist derzeit durch die zuständigen Behörden beziehungsweise vor den ordentlichen Gerichten im Gange.


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Zur Frage 31:

Eines der Hauptziele der österreichischen Bundesregierung ist und bleibt die Schaf­fung solider Staatsfinanzen mit einem ausgeglichenen Haushalt, einem strukturellen Nulldefizit ab 2016 und einer Reduzierung des Schuldenstandes. Um dieses Ziel zu erreichen, hat die Bundesregierung auch ein Abgabenänderungsgesetz vorgelegt, das gestern im Hohen Haus mehrheitlich angenommen worden ist.

Wenn wir das Ziel erreicht haben, nämlich all diese Maßnahmen schrittweise wirken und wir damit auch wirtschaftliche Rahmenbedingungen haben, die sich positiver entwickeln, dann werde ich als Finanzminister und Vizekanzler auch das nächste Ziel angehen. Das ist dann die Entlastung von Steuerzahlerinnen und Steuerzahlern und auch eine Vereinfachung des Steuersystems. – Vielen herzlichen Dank. (Beifall bei ÖVP und SPÖ.)

15.44


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Wir gehen nunmehr in die Debatte ein.

Ich mache darauf aufmerksam, dass gemäß der Geschäftsordnung kein Redner/keine Rednerin länger als 10 Minuten sprechen darf. Die Gesamtredezeit pro Fraktion beträgt 25 Minuten.

Zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Ing. Lugar. – Bitte.

 


15.44.58

Abgeordneter Ing. Robert Lugar (STRONACH): Frau Präsidentin! Hohes Haus! Ja, es stimmt, Sie haben in einer achtseitigen Dringlichen einen Fehler gefunden. – Wir haben ein falsches Wort auf diesen acht Seiten versteckt, um zu schauen, ob Sie auch aufmerksam lesen. (Heiterkeit und Beifall beim Team Stronach.)

Letztlich gebe ich zu, jeder von uns macht Fehler. Es könnte auch sein, dass damals Josef Pröll einen Fehler begangen hat. Das könnte ja sein. (Beifall bei Team Stronach und Grünen.)

Es könnte sein, dass damals bei der Notverstaatlichung ein Fehler passiert ist. Nur der Unterschied ist folgender: Wenn wir heute hier einen Fehler machen, ein falsches Wort schreiben, dann zahlt der Steuerzahler keine Milliarden so wie in diesem Fall. Das ist der Unterschied!

Jetzt erzähle ich Ihnen einmal die Chronologie der Ereignisse, und dann finden Sie vielleicht, da Sie ja so gerne Fehler finden, den Fehler, der damals begangen wurde. Wenn man es sich chronologisch anschaut, dann sieht es so aus: Die Hypo wurde damals von Kärnten verkauft, vielleicht aus gutem Grund. Wer weiß es? Vielleicht haben die Kärntner damals schon gewusst, dass diese Bank marode ist, und vielleicht haben es auch die Bayern gewusst. (Abg. Wöginger: Das ist keine Chronologie!) Denn im Vertrag ist gestanden, egal, was herauskommt, egal, ob die Bayern nach­träglich irgendetwas in dieser Bank finden, ob irgendwelche Zahlen falsch waren, ob irgendetwas vorgetäuscht wurde – das ist im Vertrag gestanden –, egal, was da drinsteht, egal, was passiert wäre, die Kärntner hätten diese Bank nicht zurücknehmen müssen. Das ist im Vertrag gestanden.

Das heißt, die Bayern haben gewusst, worauf sie sich einlassen. Ich habe es letztens schon gesagt. Die Bayern haben sie genau deshalb gekauft. Sie haben sie gekauft, weil es eine wilde Spekulationsbude war. Anders kann ich das nicht formulieren.

Die Bayern wollten am internationalen Finanzkarussell fest mitwirken und fest mitver­dienen, und das haben sie auch, nachdem sie sie gekauft haben. Sie haben sie gekauft, sie haben sie aufgeblasen. Und was ist dann passiert? – Dann sind sie dahintergekommen, dass man, wenn man viel verdient, auch viele Verluste einfahren


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kann. Dann sind sie gekommen und haben dem Herrn Pröll und somit auch uns das Messer angesetzt. Sie haben uns das Messer an der Kehle angesetzt, indem sie die Bank mutwillig in die Pleite geführt haben, indem sie Kapital abgezogen haben, und zwar bis zu 2 Milliarden €. Das hält keine Bank aus. Nicht einmal eine gesunde Bank hält das aus. Das haben die Bayern gemacht. (Beifall beim Team Stronach.)

Natürlich musste damals alles schnell gehen. Vielleicht hat Josef Pröll auch einfach nur einen Fehler gemacht, das mag sein. Vielleicht ist es dann auch moralisch vertretbar. Aber die Frage ist nicht, ob das absichtlich oder unabsichtlich war oder deshalb passiert ist, weil die Bayern uns das Messer angesetzt haben, sondern die Frage ist, wer jetzt dafür zahlen soll. Allein der Umstand, dass die Bayern uns das Messer angesetzt haben, allein dieser Umstand würde schon begründen, dass wir diesen Kauf rückabwickeln.

Sie haben selbst gesagt, die Möglichkeit besteht noch ein ganzes Jahr. Es gibt die Möglichkeit, den Bayern das Ganze zurückzugeben. Das haben übrigens die Kärntner damals ausgeschlossen, die Bayern nicht. Die Bayern haben nicht ausgeschlossen, dass wir ihnen diesen ganzen Dreck zurückgeben. Jetzt frage ich mich: Warum tun wir das nicht?

Vielleicht hat Herr Pröll damals einen Fehler gemacht. Aber müssen wir jetzt auch einen Fehler machen? Müssen wir jetzt – und das wollen Sie ja – diese Anstaltslösung mit aller Gewalt durchdrücken? Sie sagen immer, es werde in allen Richtungen ermittelt. Das ist aber nicht der Fall. Sie prüfen nur die Anstaltslösung, und diese Anstaltslösung ist die teuerste Variante für den Steuerzahler.

Jetzt haben Sie schon gesagt, es gibt vier verschiedene Anstaltslösungen. Es mag sein, dass es dann für den Steuerzahler nicht ganz so teuer wird. Aber es geht doch um die grundsätzliche Entscheidung. Wollen wir jene, die uns das alles eingebrockt haben, auch mitbeteiligen? Und da gehören die Bayern auch dazu. Die gehören da einfach dazu. (Beifall bei Team Stronach und FPÖ.)

Ich höre immer, wir dürfen doch um Gottes willen nicht die Finanzmärkte verun­sichern. – Beim Bürger ist es egal. Was glauben Sie, wie der verunsichert ist. Der hat gestern eine riesige Steuererhöhung erleben müssen. Na was glauben Sie, wie der verunsichert ist, wenn er für etwas zahlen soll, wo er gar nicht versteht, worum es da geht. Die meisten verstehen das nämlich gar nicht.

Die wissen nur, dass sie jetzt bei der NoVA, bei der Kfz-Steuer und in vielen anderen Bereichen zur Kasse gebeten werden. Das ist die Tatsache. Da ist es egal, da ist die Verunsicherung egal. Aber wenn es um die Finanzmärkte geht, dann darf man nicht verunsichern.

Da frage ich mich: Wie könnte denn das sein? Wie könnten denn die Finanzmärkte verunsichert sein? Wenn wir diese Hypo in die Pleite gehen lassen und damit all jene zur Kasse bitten, die da in guten Zeiten auch gut verdient haben, dann betrifft das Österreich nicht. Das betrifft Österreich nicht, das betrifft die Eigentümer, die Bayern. Das betrifft dann natürlich auch den Haftungsverbund, dafür gibt es ihn ja auch.

Das betrifft die Anleihezeichner, die ja wissen mussten, was sie tun. Das ist ja nicht die „Jetti-Tant“, die diese Anleihen gezeichnet hat, das sind große Fonds. Die wissen ja, was sie tun. Die wissen ja, dass, wenn ein Land, ein Mickymaus-Land wie Kärnten über 10 Milliarden Haftungen € übernimmt, das ja mehr auf dem Papier steht, als tatsächlich etwas wert ist. Das wissen die ja.

Und die wollen Sie raushalten? Die wollen Sie möglichst nicht verunsichern? Aber beim Steuerzahler ist es Ihnen egal.


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Ich weiß auch, warum das so ist. – Weil Sie sich vor dem Steuerzahler nicht fürchten. Sie fürchten sich nur kurze Zeit, alle fünf Jahre, wenn es um die Wahlen geht. Das ist auch der Grund dafür, warum wir erst heute darüber diskutieren und nicht schon vor den Wahlen. Das Problem ist ja nicht neu. Sie wollten es allerdings eben nicht vor der Wahl diskutieren, denn da haben Sie Angst vor dem Steuerzahler, da könnte er Ihnen ja Ungemach bereiten. Aber jetzt wissen Sie, wenn Sie es heute diskutieren, die nächste Wahl ist so weit weg, das vergisst der Steuerzahler wieder.

Sie haben keine Angst vor dem Steuerzahler, ganz egal, was Sie ihm heute hier zumuten. Wovor Sie Angst haben, das sind ganz andere, das sind die Landes­häupt­linge, die da auch ein Wort mitreden und hier möglichst nicht zur Kasse gebeten werden wollen. Dann ist es die Raiffeisenbank, die auch ein Wörtchen mitredet. Vor denen haben Sie Angst, aber nicht vor dem Steuerzahler. (Beifall beim Team Stronach.)

Und ich appelliere an alle, die heute hier zuschauen: Wir sollten der Regierung ganz gehörig Angst einjagen. Der Steuerzahler muss sein Instrument, sein mächtiges Instrument, nämlich die Wahl, dazu nützen, all jenen einen Denkzettel zu verpassen, die das tun, was Sie gerade machen, nämlich den Steuerzahler als wehrloses Opfer hier zu missbrauchen und all jene, die es verdient haben, leer ausgehen zu lassen. Das ist das, was Sie versuchen, und das ist nicht redlich. Deshalb ersuche ich wirklich alle Österreicher, sich das nicht länger gefallen zu lassen. (Beifall beim Team Stronach.)

Das ist mein Appell an die Opposition: Wir müssen gemeinsam gegen diese An­stalts­lösung kämpfen, wir alle von der Opposition. Die Regierung hat sich schon auf die Anstaltslösung eingeschworen, aber wir von der Opposition, wenn wir das gemeinsam tun und somit stark sind, dann können wir diesen Super-GAU für die Bevölkerung verhindern. Das ist unsere Pflicht als Opposition. Dazu rufe ich Sie alle auf, und ich hoffe, dass uns die Bevölkerung dabei unterstützt. – Vielen Dank. (Beifall beim Team Stronach und bei Abgeordneten der FPÖ.)

15.52


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Mag. Kuzdas. – Bitte.

 


15.52.40

Abgeordneter Ing. Mag. Hubert Kuzdas (SPÖ): Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren auf der Regierungsbank! Liebe Kollegen vom Team Stronach, Sie zeigen in Ihrer Anfrage eine bedenkliche Form von Unwissenheit. Frau Kollegin Nachbaur, wir haben gestern das Abgabenänderungsgesetz hier beschlossen, unter anderem auch die Inhalte, die Bemessungsgrundlagen für die Bankenabgabe. Und heute wissen Sie nicht, was Sie beschlossen haben? Ich weiß schon, Sie haben dagegen gestimmt, aber man sollte auch wissen, was man ablehnt.

Wenn man von Unwissenheit spricht, Herr Kollege Lugar, die Pleite hätte uns nicht betroffen. Schauen Sie einmal ins ABGB, § 1356, was dort drinsteht, dann hätten Sie alles gewusst!

Nun, geschätzte Damen und Herren, Hohes Haus, liebe Zuseherinnen und Zuseher hier auf der Galerie und zu Hause, kein Plenartag ohne Hypo! Das gibt uns aber auch immer wieder die Gelegenheit, darauf hinzuweisen, wie es zu diesem Desaster gekommen ist. Ich sage, wie es zu diesem Kriminalfall gekommen ist, denn einige sitzen ja schon beinahe hinter schwedischen Gardinen.

Die Hypo wurde über Jahre von ihrem Eigentümer, dem Land Kärnten, damals Landeshauptmann Haider, als Gelddruckmaschine verwendet. Die Hypo musste auf


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Geheiß des Landeshauptmanns Prestigeprojekte finanzieren, das Schlosshotel Velden, die Klagenfurter Seebühne, den Fußball, die Fluglinie Styrian Spirit und das Formel-1-Projekt. (Zwischenruf des Abg. Podgorschek.) – Ja, da sieht man das schlechte Gewissen der Freiheitlichen.

Gleichzeitig trieb Wolfgang Kulterer die Expansion in Südosteuropa massiv voran. Und in Südosteuropa, auf dem Westbalkan ist die Hypo leider noch immer eine systemrelevante Bank. Kulterer werden sogar Kontakte zur Balkan-Mafia nachgesagt. Die Bilanzsumme explodierte bis auf 43 Milliarden.

Und es gibt auch Ungereimtheiten beim Verkauf der Hypo an die Bayerische Lan­desbank im Jahr 2007. Das hat schon im März begonnen, Verdacht auf Insider­geschäfte mit Vorzugsaktien. Tilo Berlin und seine Investorengruppe haben damals binnen weniger Monate 150 Millionen € verdient, steuerfrei. Um 650 Millionen € haben Tilo Berlin und seine Freunde Ende 2006 25,1 Prozent der Hypo Alpe-Adria gekauft. Die Investorengruppe konnte die Beteiligung an der Hypo Alpe-Adria anschließend mit bis zu 150 Millionen € Gewinn an die Bayern LB weiterverkaufen. Mutmaßliche Beteiligte: ein Herr Koch von Kika/Leiner, ein Herr Veit Sorger, eine bekannte Schwiegermutter und natürlich auch Tilo Berlin. Der verantwortliche Ex-Hypo-Vorstand Kulterer wurde dafür zu 3,5 Jahren Haft verurteilt.

Auch für die Bayern ist es dann so richtig schön geworden, Expansion um jeden Preis. Heute wollen die Münchner die Milliarden wieder zurück, die sie in die Hypo gesteckt haben.

In der Finanzkrise 2008, 2009 sind immer mehr Leichen im Keller der Hypo aufge­taucht, chronische Kapitalschwäche wurde offensichtlich, das Land hatte unter Haider unverantwortliche Milliardenhaftungen übernommen, die nie einlösbar gewesen wären. Am Höhepunkt erreichten die Haftungen 25 Milliarden, das Zehnfache des Landes­budgets. Daraufhin wurde am 14. Dezember 2009 unter dem Druck der Finanzmärkte, der EZB und der Notenbanken die Notverstaatlichung der Hypo eingeleitet, unaus­weichlich, die Pleite, damals 20 Milliarden Haftung, hätte das Land Kärnten getroffen. (Zwischenruf des Abg. Strache. – Abg. Neubauer: Unsinn!) – Herr Kollege Strache, melden Sie sich zu Wort, dann hört man Sie besser. Nein, Sie sollten einmal ins Gesetzbuch schauen, und dann würden Sie es sehen. (Beifall bei SPÖ und ÖVP.)

Die Notverstaatlichung jetzt für das Desaster verantwortlich zu machen – Herr Kollege, ich weiß schon, dass Ihnen das nicht gefällt, aber das ist Ihr blaues Desaster (Beifall bei SPÖ und ÖVP) –, das ist eine Umkehrung der Täter-Opfer-Rolle. Herr Kollege, wissen Sie, im Fernsehen hört man die Zwischenrufe schon gar nicht, das ist ja Ihr Pech (Abg. Mag. Darmann: Sie sprechen die Unwahrheit!) –, das ist eine Umkehrung der Opfer-Täter-Rolle. Sie sind dafür verantwortlich. Herr Kollege Darmann, Sie brauchen von politischer Verantwortung gar nicht zu reden, ich habe Ihnen das im Rahmen der Sondersitzung ja schon gesagt.

Eine Frage, die Kollege Kogler – jetzt ist er momentan nicht da – immer aufwirft und die auch die Frau Nachbaur so brennt, ist, ja warum haben die OeNB und die FMA damals die Bank vor der Verstaatlichung nicht als gefährdet bezeichnet? Die National­bank hat die Hypo im Dezember 2008 anlässlich der Vergabe von 900 Millionen Partizipationskapital des Bundes als „not distressed“, nicht notleidend, bezeichnet. An sich hätte ja die Nationalbank, das wissen Sie ja, nur zwei Möglichkeiten gehabt, nämlich sound, also ganz in Ordnung, oder distressed, schwere Probleme oder tot. Beides war zum damaligen Zeitpunkt nicht der Fall, und infolge der vom damaligen Management zur Verfügung gestellten Informationen konnte das die Nationalbank auch nicht erkennen.


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Aber es hat die Bewertung „not distressed“ gegeben. Sie werden zugeben, eigentlich gibt es die gar nicht, das heißt, das war schon sehr auf Achtung, das heißt, nicht tot, aber auch nicht gesund. Es war nur an die Zusage der Bayern geknüpft, 700 Millionen € frisches Geld in die Bank zu geben, so nach dem Motto: Bayern zuerst, und das finde ich ganz in Ordnung. Damals war die Bankenkrise auf dem Höhepunkt, ich glaube, da sind wir uns einig, wenn man das heute im Rückspiegel der Zeit anschaut, mit mehr Wissen, dann könnte man das eine oder das andere, aber das gilt nicht nur für dieses Thema, sondern auch für viele andere, vielleicht sogar anders sehen.

Damals war der Höhepunkt der Finanzkrise, und niemand wollte eine zweite Lehman-Pleite. Und wir wissen, dass die Gefahr, dass eine Finanzkrise in Europa herbeischrammt, auch angesichts der Dominanz der Hypo auf dem Westbalkan nicht vorbei ist.

Zur Abwicklung: Hat irgendjemand da herinnen geglaubt, die Banken kaufen Schrott, dass sich die Banken an diesem Beteiligungsmodell beteiligen werden? Ich habe es nicht gedacht, denn ich glaube, ein Bankvorstand darf keinen Schrott kaufen, laut Aktienrecht ist ihm das verboten. Das heißt, wir stehen jetzt davor, die Bad Bank oder die Anstaltslösung umzusetzen.

Und es geht – und ich glaube, das ist das Einzige, das uns da herinnen verbindet – darum, den Steuerzahler möglichst zu schonen. Ich denke, das ist wohl jedem klar. Nur, das ist leider nicht so einfach, wie eins und eins zusammenzuzählen.

Das sieht man auch daran, dass zahlreiche Experten unterschiedliche Expertisen von sich geben. Das ist ja beinahe wie bei einem juristischen Problem, dass man, wenn man zwei Anwälte fragt, dann drei Meinungen kriegt. Aber auch die Zahlen zum möglichen Schaden werden immer anders genannt, zuletzt vom aktuellen Hypo-Vorstand mit 4 Milliarden €.

Wir werden es wahrscheinlich nicht in Kürze ganz genau auf Heller und Pfennig wissen. Wir werden es ganz genau dann wissen, wenn die Abwicklung über die Bühne gegangen ist. Aber eines ist jetzt schon klar: Die Banken zahlen mit! Wir werden am Ende des Tages mehr an Bankenabgabe einnehmen, als uns die Hypo-Pleite kostet.

Was ganz besonders wichtig ist – und das ist unabdingbar –: Externe Berater, externe Profis mit der Abwicklung zu betrauen. Ich möchte aber, weil wir von externen Beratern reden, zum Wyman-Gutachten noch etwas sagen. Da wird immer wieder die Pleite so hervorgehoben. Oliver Wyman hat dieses Gutachten in vier Tagen gemacht. Es mag schon sein, dass ihm da die Pleite irgendwie sympathisch erschienen ist. Aber es ist schon diskussionswürdig, dass er die Gefährdung des Finanzplatzes Österreich und die Gefährdung der Bonität so gering eingeschätzt hat. (Zwischenruf des Abg. Dr. Hübner.)

Wir haben es im Rahmen der Sondersitzung schon erläutert: Ein Prozentpunkt mehr Zinsen sind 2,7 Milliarden pro Jahr. Das müssen auch Sie, Herr Hübner, zur Kenntnis nehmen! (Abg. Dr. Hübner: Das nehmen wir auch zur Kenntnis! – Abg. Mag. Rossmann: Das stimmt aber so nicht!) – Das stimmt schon! Herr Kollege Krainer wird Ihnen dann ein Privatissimum dazu geben.

Ich halte auch die Einsetzung von externen Beratern und die Einsetzung des Weisenrates für eine gute Idee – vor allem von jenen externen Beratern, die nicht das erste Mal an der Abwicklung einer Bad Bank beteiligt sind, weil sie wissen, was sie zu tun haben.

Was wir brauchen, das ist eine rasche faktenbasierte – keine emotionale, eine faktenbasierte! – Entscheidung, eine zügige Umsetzung, damit der Standort Österreich


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nicht unter diesem blauen Desaster Schaden nimmt und damit die Bonität nicht herabgestuft wird und dann erst recht der Steuerzahler zum Handkuss kommt. – Danke. (Beifall bei der SPÖ.)

16.02

16.02.10

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Zu Wort gelangt nun Herr Klubobmann Dr. Lopatka.

(Abg. Dr. Jarolim: Es steht außer Streit, dass Haider ein Verbrecher war! – Ruf bei der FPÖ: Bitte? – Abg. Dr. Jarolim: Dass Haider ein Verbrecher war, steht außer Streit!)

*****

Herr Abgeordneter Jarolim, für diese Aussage erteile ich Ihnen einen Ordnungsruf.

*****

Zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Dr. Lopatka. – Bitte.

 


16.02.34

Abgeordneter Dr. Reinhold Lopatka (ÖVP): Frau Präsidentin! Herr Finanzminister! Frau Staatssekretärin! Herr Staatssekretär! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Gestern hat nicht zum ersten Mal der Finanzminister die Finanzsprecher aller Fraktionen über den aktuellen Stand informiert. Heute gab es dafür sowohl von den Grünen als auch von den NEOS Lob. Und jetzt gibt es diese Dringliche Anfrage – eine Dringliche Anfrage, die nicht einmal alle Klubobleute der Oppositionsparteien inter­essiert, die Sie hingeschludert haben, denn das Gegenteil von Privatisierung ist Notverstaatlichung, Frau Klubobfrau, das sollten Sie wissen. (Zwischenrufe der Abgeordneten Dr. Nachbauer und Ing. Dietrich.) Sie sprechen immer von einer Expertise, die gefordert wird. Die Expertise Ihres Klubs haben Sie heute wieder einmal eindrucksvoll unter Beweis gestellt. (Beifall bei der ÖVP.)

Es war Klubobmannstellvertreter Kogler, der in meine Richtung gehend erklärt hat: Beichte, Buße, Besserung. Ich beichte: Ich habe den Bericht zum Untersuchungs­aus­schuss zur Überprüfung des Verkaufs der Hypo Alpe-Adria, den Bericht des Vor­sit­zenden, Abgeordneten Rolf Holub genau gelesen. Dieser Bericht ist erhellend. Und was sagt Holub darin? – Erstens einmal, dass  (Zwischenruf des Abg. Mag. Darmann.)

Herr Abgeordneter Darmann, dass Sie nervös werden, verstehe ich, denn Sie waren damals in Kärnten immer mitten drinnen in dem Sumpf. (Beifall bei ÖVP und SPÖ. – Neuerlicher Zwischenruf des Abg. Mag. Darmann.) Sie waren mitten drinnen in dem Sumpf, denn Sie waren Klubobmannstellvertreter Ihrer Fraktion. Wie sie damals geheißen hat, weiß ich nicht, denn die Parteinamen haben ja bei Ihnen ständig gewechselt, aber Sie als Person sind immer die gleiche Person geblieben. (Abg. Mag. Darmann: Sagen Sie, was ich getan habe!)

Ich sage es ganz genau: Als Holub am 7. Februar 2012 das vorgelegt hat, waren Sie Klubobmannstellvertreter im Kärntner Landtag. (Neuerlicher Zwischenruf des Abg. Mag. Darmann. – Anhaltende Zwischenrufe bei der FPÖ. – Präsidentin Mag. Prammer gibt das Glockenzeichen.)

Ich sage Ihnen: Sie waren mitten drinnen im Geschehen! Sie wissen ganz genau, was dort unten  (Abg. Mag. Darmann: Was habe ich angestellt?) – Nicht so nervös werden! Ich sage es Ihnen, was ich Ihnen vorhalte. Sie müssten den Bericht  (Abg. Mag. Darmann: Sagen Sie mir, was ich angestellt habe!) – Sie haben gar nichts


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angestellt. (Abg. Mag. Darmann: Warum sagen Sie es dann? Das ist ein Wahnsinn!) Ich sage Ihnen, was ich Ihnen gerne mitteilen möchte. Ich weiß nicht, warum Sie so nervös sind. (Abg. Mag. Darmann: Überlegen Sie sich Ihre Wortwahl, bevor Sie hier jemand persönlich angreifen!)

Na welche Wortwahl? Also, Frau Präsidentin, wenn da jetzt irgendetwas ehrenrührig war, wenn ich sage: Sie waren mitten drinnen im Kärntner Landtag!, wenn das schon ehrenrührig ist, dann  (Beifall bei ÖVP und SPÖ. – Weiterer Zwischenruf des Abg. Mag. Darmann.)

Also ich sage: Sie waren mitten drin. Der Name der Partei hat sich ständig geändert. Einmal waren Sie Klubobmannstellvertreter, und am Ende waren Sie Klubobmann, als damals der Bericht, zu dem ich jetzt kommen möchte, vorgelegt worden ist.

Was sagt Holub in seinem Bericht? – Erstens, und das Richtung Freiheitliche, weil Sie das heute wieder falsch gesagt haben: dass unter Zernatto diese Wachstumspolitik begonnen hätte. Was sagt der Untersuchungsausschuss? – „Die exzessive Wachs­tumspolitik“ der Hypo Alpe-Adria „wurde von der () Kärntner Landesholding, die () insbesondere unter dem Einfluss des politisch besetzten Aufsichtsrates () stand, seit 1999 politisch getragen und forciert.“ Am 8. April 1999 ist ein gewisser Jörg Haider Landeshauptmann geworden.

Das ist ihr Problem! Und das ist der Grund, warum Sie so hypernervös sind, sage ich Ihnen. (Beifall bei der ÖVP.)

Und wenige Tage – wenige Tage! –, nachdem Jörg Haider Landeshauptmann gewor­den ist, hat er gemeint, die Haftung sei „bombensicher“. Er hat gesagt, die Haftung sei „bombensicher“. (Abg. Mag. Darmann: Das ist nicht der Bericht des Ausschusses! Sie verbreiten hier die Unwahrheit!)

Sein erster Akt als Landeshauptmann war eine Auslandsreise nach London zur Ratingagentur Moody’s, um die Hypo zu unterstützen. Sein erstes Hintergrund­gespräch vor Kärntner Journalisten hat der Hypo gegolten, wo er gesagt hat, das sei das Flaggschiff seiner Wirtschaftspolitik, und dieses Flaggschiff hat er eingesetzt. Daher ist es, sage ich Ihnen, richtig, was der Untersuchungsausschuss in Kärnten hier festgestellt hat, dass nämlich  (Abg. Mag. Darmann: Das ist kein Bericht des Ausschusses!)

Entschuldigung! Das hat er festgestellt. (Abg. Mag. Darmann: Es gibt keine Berichte dieses Ausschusses!) Noch einmal: Ja, aber ich orientiere mich hier, wie ich es gerade gesagt habe, am Vorsitzenden Holub. (Abg. Mag. Darmann: Sie zitieren einen ande­ren Bericht! Das ist nicht der Ausschussbericht!) Ich orientiere mich am Vorsitzenden Holub. Bei den Grünen wird dieser Untersuchungsbericht, so wie er von Holub vorge­legt worden ist, schon die Unterstützung finden. Und ich habe mich auf den Abge­ordneten Kogler bezogen, wenn es um Beichte, Buße und Besserung geht.

Daher habe ich genau das gebracht, was die Grünen hier vorgelegt haben, und habe diesen Bericht hier zitiert. Und da darf ich Ihnen sagen, es ist sehr erhellend, dass in diesem Bericht auch festgehalten wird, dass die Oesterreichische Nationalbank hier sehr wohl Mängel festgestellt hat, gerade im Risikomanagement.

Und was ist die Schlussfolgerung? – Hier heißt es: „Es kann festgestellt werden, dass die Notverstaatlichung () verhindert werden hätte können, wenn sämtliche aufge­zeigten () Schwächen der Bank () zeitnahe und umfassend behoben worden wären.“

Und vor diesem Hintergrund heißt es – ich zitiere wortwörtlich –, dass die Landes­haftung bei dem zuständigen Finanzlandesreferenten Pfeifenberger – der dürfte Ihnen


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bekannt sein, Herr Abgeordneter Darmann –, bei Jörg Haider – der dürfte Ihnen auch bekannt sein –, Harald Dobernig – der dürfte auch nicht ganz unbekannt sein –, also genau vor diesem Hintergrund, wird hier gesagt, mit diesen garantierten Landes­haftungen in Milliardenhöhe, konnte hier so gearbeitet werden, ohne dass die vorge­schlagenen Maßnahmen ergriffen wurden, ohne dass umfassende und rasche Verbes­serungen vorgenommen wurden.

Und es heißt hier ganz klar: Wirtschaftsprüfer und Nationalbankprüfer haben Mängel festgestellt im Kreditprozess, in der Umsetzung der Richtlinien zur Bekämpfung von Geldwäsche, und, und, und.

Genau das ist hier festgehalten worden! (Abg. Mag. Kogler: Richtig!) Und daher sage ich Ihnen – aber Sie nehmen das nie zur Kenntnis –: 2009 waren wir gezwungen, diese Notverstaatlichung vorzunehmen. Warum? – Paragraph 1356  (Zwischenruf des Abg. Strache.) Den wollen Sie immer ausschalten. Das Land Kärnten war zum damaligen Zeitpunkt mit beinahe 20 Milliarden € in der Ziehung. Hätten wir damals, im Dezember 2009, Kärnten nicht unter die Arme gegriffen, wäre es zu dieser Notver­staatlichung nicht gekommen (Abg. Strache: Sie verwechseln Haftung mit Ausfalls­haftung!) – die Hypo hat damals lichterloh gebrannt –, dann wäre es zu einem Flächenbrand gekommen. (Abg. Strache: Die Bayern hätten !)

Es ist nicht von ungefähr gekommen, dass der Chef der EZB, Jean-Claude Trichet, sich da eingemischt hat, um genau das zu verhindern. Das sage ich Ihnen. Aber das wollen Sie immer beiseiteschieben.

Es war damals die Haider-Bank  (Abg. Strache: Die BayernLB war es, die Sie verstaatlicht haben!) – Nein, es war die Haider-Bank, sage ich Ihnen. (Abg. Strache: Die Bayerische Landesbank!) Es war die Haider-Bank! Und Sie, Klubobmann Strache, waren zu diesem Zeitpunkt einer der Stellvertreter von Jörg Haider. Das ist auch ein Grund, warum Sie von der ersten Reihe schon in die vierte zurückgetreten sind, sage ich Ihnen, weil es nicht angenehm ist, hier vorne zu sitzen und für dieses Desaster den Kopf hinzuhalten. Da verstehe ich es, dass Sie sich von der ersten in die vierte Reihe zurückziehen. (Beifall bei ÖVP und SPÖ.)

Nur: Wir müssen jetzt handeln. Und das tut der Finanzminister. Es vergeht kein Tag, wo er sich nicht mit dieser Frage beschäftigt, sage ich Ihnen. Und was tut er? (Abg. Mag. Darmann: Die Schwarzen decken zu! Das ist die Wahrheit!) – Was er tut, das sollten Sie schon positiv werten, nämlich: Er bindet das Parlament in der größt­mög­lichen Form ein. Eine intensivere Einbindung des Parlaments hat es bisher nicht gegeben. (Abg. Mag. Darmann: Dann machen Sie einen Untersuchungsausschuss!)

Der zweite Punkt: Es muss ja in Ihrem Interesse sein, wenn der Finanzminister über die Taskforce hinaus absolut unabhängige Experten beizieht, die international aner­kannt sind, um hier zum bestmöglichen Ergebnis zu kommen. Das einigt uns ja mit der Opposition! Da bin ich von Ihnen nicht so weit weg.

Wir wollen eine Lösung, die den Steuerzahler am wenigsten belastet. Er hat ohnehin schon genug zu bezahlen gehabt. Und wir arbeiten Tag und Nacht daran. Wir arbeiten Tag und Nacht daran, um zu dieser Lösung zu kommen. Und da würde es der Opposition gut anstehen, hier in der Sache mitzutun.

Und ich sage Ihnen: Für die Sache ist jeden zweiten Tag eine Dringliche Anfrage sicher kein Beitrag! (Beifall bei ÖVP und SPÖ. – Abg. Strache: Machen Sie einen Untersuchungsausschuss!)

16.11


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Zu Wort gelangt nun Herr Abgeordneter Ing. Höbart. – Bitte.

 



Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll14. Sitzung / Seite 146

16.11.45

Abgeordneter Ing. Christian Höbart (FPÖ): Sehr geehrte Damen und Herren! Werte Zuschauerinnen und Zuschauer! Herr Minister! Ich muss sagen: Diese Märchenstunde, die Sie uns jetzt geboten haben, Herr Klubobmann (Beifall bei der FPÖ – Zwischenrufe bei der ÖVP), weisen wir aufs Schärfste zurück. Denn wenn mich unser Kärntner Abgeordneter jetzt darüber informiert, dass Sie hier einen Bericht aus dem grünen Landtagsklub zitieren und keinen offiziellen Abschlussbericht – gerade von den Grünen, die Sie ja so gerne mögen! –, dann muss ich Ihnen sagen: Greifen Sie einmal zu den richtigen Mitteln, nicht zu irgendwelchen grünen Abschlussberichten aus dem Landtag! Das zählt ja überhaupt nichts. (Beifall bei der FPÖ.)

Ich sage Ihnen jetzt ganz genau die Fakten, auch wenn Sie sie nicht gerne hören: Der Einzige, der in diesem gesamten Zusammenhang mit der Causa Hypo bis jetzt verurteilt wurde, ist Ihr ehemaliger Landesparteiobmann, nämlich Josef Martinz. Das halte ich einmal fest.

Zweitens: Sie wissen ganz genau, dass dieser Expansionskurs der Hypo Alpe-Adria von Landeshauptmann Zernatto eingeleitet wurde, und zwar 1992/1993. (Abg. Dr. Lopatka: Wie hoch war damals die Haftung?) Wissen Sie, welche Manager Herr Landeshauptmann Zernatto damals an Bord geholt hat? – Den ehemaligen Raiffeisen-Mann Kulterer; er wurde von Landeshauptmann Zernatto an Bord geholt, nicht von Jörg Haider. – Also hören Sie bitte auf mit diesen Märchengeschichten! Das stimmt schlicht und einfach nicht. (Zwischenrufe bei der SPÖ.)

Wissen Sie, liebe Kolleginnen und Kollegen von der sozialdemokratischen Fraktion, wer das Konzept der Landeshaftungen entworfen hat? – Das war Ihr Landesrat, Ihr eigener SPÖ-Landesrat in Kärnten namens Max Rauscher. Erkundigen Sie sich einmal beim Herrn ehemaligen Landesrat Rauscher, warum er dieses Konzept der Landeshaftungen hier entworfen hat! Also tun Sie nicht alles auf Jörg Haider und auf sonstige Persönlichkeiten schieben! Das ist unredlich!

Und eines sage ich Ihnen noch, Herr Klubobmann Lopatka: Unser Bundes­partei­obmann Heinz-Christian Strache war zu keiner Sekunde seines Lebens Stellvertreter von Jörg Haider. Auch das weise ich zurück. Schauen Sie bitte einmal in unserer Parteigeschichte nach! Er war kein Stellvertreter von Jörg Haider. (Beifall bei der FPÖ. – Abg. Strache: Der kennt sich nicht aus!)

Auch das haben wir Ihnen bereits sehr oft umgehängt, liebe Kolleginnen und Kollegen von Rot und Schwarz: Alle Beschlüsse in der Kärntner Landesregierung und im Landtag zum Thema Hypo wurden immer einstimmig gefasst. Und auch die Grünen waren oftmals dabei. Also so zu tun, als sei das ein freiheitlicher Skandal, das ist aufs Schärfste zurückzuweisen. (Abg. Strache – in Richtung ÖVP –: Eine Unwahrheit nach der anderen wurde hier zum Besten gegeben! Für euch hat der Haider die Verantwortung für die BayernLB! Ihr habt einen Verfolgungswahn!)

Ich glaube, wir sollten uns darauf verständigen – und jetzt komme ich zu einem wesentlichen Punkt –, dass das wahre Desaster der Hypo Alpe-Adria in der Zeit nach dem Verkauf an die BayernLB stattgefunden hat. Das können Sie in jedem Medium nachlesen. Da schütteln Sie den Kopf. Sie können wahrscheinlich nicht einmal „Bank“ schreiben, Herr Kollege Gerstl. (Beifall bei der FPÖ. – Zwischenruf des Abg. Mag. Gerstl.)

Die Bilanzsumme wurde von 25 Milliarden € auf über 40 Milliarden € aufgeblasen, und das in zwei Jahren. (Abg. Strache: Da war die Verantwortung bei der Geschäfts­führung der BayernLB!) Also wer hat da sozusagen das Turbowachstum eingeleitet? – Die BayernLB! Das ist ebenfalls ein Faktum. Das können Sie nicht zurückweisen. (Beifall bei der FPÖ.)


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Frau ehemalige Finanzministerin Fekter, weil Sie mir gerade Blicke zuwerfen: Das ist ja ganz interessant. Halten wir einmal die Zeit fest von der nicht notwendigen Notver­staatlichung, wo sich nämlich die Bayern auf die Schenkel geklopft haben. Die haben gesagt: Jetzt werden wir die Hypo-Leiche entweder los  (Zwischenruf der Abg. Dr. Fekter.) Und da schicken wir den ehemaligen Finanzminister Pröll nach Bayern, und er nimmt die Banken-Leiche Hypo in Empfang, holt sich wieder ... (Anhaltende Zwischenrufe bei der ÖVP.) Na, selbstverständlich! Und jetzt überlegen Sie, was Sie als Regierung in den letzten vier Jahren nach der Notverstaatlichung gemacht haben! 14. Dezember  (Zwischenruf des Abg. Mag. Schieder.) – Sie haben es aber damals als Staatssekretär verhandelt. Da wollen Sie aber jetzt auch nichts mehr damit zu tun haben. (Abg. Mag. Schieder: Ihr Dörfler!)

Seit dem Jahre 2009, seit der nicht notwendigen Notverstaatlichung ist nichts ge­schehen, ist überhaupt nichts geschehen! Und heute stehen wir da, schauen uns alle an, diskutieren im Parlament diese Dinge: Anstaltslösung, ja oder nein? Binden wir die Großbankenszene in Österreich mit ein, ja oder nein? Einmal heißt es ja, dann wieder nein. Das ist doch wirklich absurd, was hier abgeht! (Beifall bei der FPÖ.)

Prüfen Sie doch bitte endlich ernsthaft, ob wir die Notverstaatlichung wieder rückab­wickeln können! Prüfen Sie Schadenersatzforderungen! Denn das Einzige, was wir feststellen können, ist, dass die Bayern die Banken-Leiche Hypo abgestoßen haben und sich – ich habe es vorhin schon gesagt – auf die Schenkel geklopft haben. Und Sie stehen jetzt vor dem Desaster und wollen am liebsten alles dem Steuerzahler unterjubeln. Da werden wir als Freiheitliche Partei definitiv nicht mitmachen!

Sie sollten auch die Gläubiger zur Verantwortung ziehen! Auch das gehört einmal geprüft. Warum wird das nicht geprüft? (Ruf bei der ÖVP: Das ist ja alles so leicht!) Sie posaunen hier ja so groß, das Ganze wäre ein sogenannter freiheitlicher Skandal. Was hält Sie eigentlich davon ab, liebe Kolleginnen und Kollegen von SPÖ und ÖVP, endlich einem Untersuchungsausschuss zuzustimmen? Legen wir doch die Karten auf den Tisch, dann können wir diese Dinge aufklären! (Beifall bei FPÖ, Grünen, Team Stronach und NEOS.)

Dann werden Sie erkennen, dass 1992 Landeshauptmann Zernatto den Wachstums­kurs vorangetrieben hat und was wirklich seit der Notverstaatlichung geschehen ist, nämlich gar nichts – und das ist beschämend. Und das hat letztendlich dem Wirt­schafts- und Finanzstandort Österreich geschadet! (Beifall bei der FPÖ. – Abg. Dipl.-Ing. Deimek: Wir verpfänden die Raika! Das hätte einen Sinn!)

16.17


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Mag. Kogler. – Bitte.

 


16.17.53

Abgeordneter Mag. Werner Kogler (Grüne): Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Wir werden die Dinge schon wieder gemeinsam ordnen.

Herr ÖVP-Klubobmann Lopatka hat ja in Richtung der Fraktion des Teams Stronach ausgerichtet, jeden zweiten Tag eine Dringliche Anfrage werde jetzt auch nicht zur Lösung beitragen. Na, schauen Sie  (Abg. Dr. Lopatka: Vereinigte Opposition!) Gott sei Dank haben wir einen Vier-Parteien-Antrag auf Einsetzung eines Untersuchungs­ausschusses eingebracht. Darauf werden wir ja noch kommen. (Beifall bei Grünen, FPÖ, Team Stronach und NEOS.)

Nur zum Parlamentarischen einmal vorab: Schauen Sie, bei dem, was hier alles passiert ist, bei der ganzen Geschichte der Hypo Alpe-Adria, wurscht, an welchem Ort, zu welchem Zeitpunkt, jedenfalls werden wir das untersuchen. Im Übrigen: Der


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Untersuchungsausschussantrag geht ja zurück bis ins Jahr 2000. Da brauchen Sie der FPÖ nicht vorzuhalten, dass sie da nicht untersuchen wollen würde. Lesen Sie das durch! Wir werden ja auch an dieser Stelle jetzt schon ein paar Mal den Unter­suchungsausschussantrag hereinreferiert bekommen, damit Sie sich ein bisschen auf die Abstimmung dann am Abend einstimmen können.

Ich darf Sie darauf aufmerksam machen, falls Sie das den Medien noch nicht ent­nommen haben, dass mit Sicherheit ein Antrag auf namentliche Abstimmung kommt. Also ich würde schon einmal mit der Gewissenserforschung beginnen in den jeweiligen Reihen. Suchen Sie sich einen richtigen Nachbarn aus! Suchen Sie sich nicht den Klubobmann Schieder aus! Suchen Sie sich nicht den Klubobmann Lopatka aus! (Beifall bei Grünen, FPÖ, Team Stronach und NEOS.)

Sie werden Ihre Klubs ohnehin nicht mehr lange hinter sich versammelt wissen, aber das ist eine andere Frage. Wir wollen ja jetzt einmal die Dinge hier ordnen, haben wir gesagt.

Herr Klubobmann Lopatka! Wenn Sie der vereinigten Opposition, wie Sie mich jetzt korrigiert haben, ausrichten, dass jeden zweiten Tag eine Dringliche Anfrage nichts helfe, dann sage ich Ihnen: Na da werden wir sehen, was hilft! Wahrscheinlich hilft jeden Tag eine mehr. Das glaube ich mittlerweile auch. (Beifall bei Grünen, FPÖ, Team Stronach und NEOS. – Abg. Dr. Lopatka: Na bravo!)

Warum glaube ich das? – Die Antwort des Herrn Bundesministers für Finanzen heute hat das bewiesen. Die war ganz im Unterschied zu jener vom letzten Mal (Abg. Strache: Sachlich!) sehr erhellend. Vieles ist in diesem Haus überhaupt noch nie gesagt oder gehört worden, wahrscheinlich auch nicht woanders, gerade so weit, wie es aufgrund vielleicht sensibler Geschichten möglich war. Wir haben ja Verständnis dafür, Herr Bundesminister Spindelegger, und wir haben uns diesbezüglich ja auch ausgetauscht, dass man nicht überall und zu jeder Gelegenheit alles sagen kann, möglicherweise nicht einmal in dieser Öffentlichkeit hier – aber dann im Finanzaus­schuss, der ja auch vertraulich gestellt werden kann.

Herr Lopatka, das wäre im Übrigen die richtige Methode, die Opposition maximal einzubinden, weil Sie davon gesprochen haben – und notfalls dann auch in einem späteren Untersuchungsausschuss. Da wird es mit Sicherheit so sein, dass zumindest die Mehrheit der Abgeordneten dafür zu haben ist, dass die Dinge, die vertraulich zu stellen sind, vertraulich gestellt werden – auch in Befragungen und Verhandlungen. Machen Sie sich da keine Sorgen! Wir bereiten einen Untersuchungsausschuss vor, der dies alles berücksichtigen wird.

Jetzt ist aber Lösen und Aufklären gefragt; ich nehme das hier jetzt einmal zusammen. Ja, es ist richtig, wir dürfen Ihnen, die Sie primär in Regierungsverantwortung stehen, zumindest nicht den Weg verstellen, da um möglichst rasche Lösungen gerungen wird, nachdem das ja so lange nicht geschehen ist.

Ich weiß ja gar nicht, ob Sie immer Ihre Vorgängerin als Finanzminister ansprechen, wenn Sie sagen, dass Sie ab soundsovielten Dezember und dann ab 16. Jänner beim Vorliegen des ersten Taskforce-Berichts sofort gehandelt hätten und dass Sie sich nicht unterstellen lassen, dass es da noch irgendeinen Tag Verzögerung gegeben hätte. Das müssen Sie sich dann schon untereinander ausmachen. Tun Sie bitte schön alle miteinander nicht so, als ob es vorher eine ganz andere Regierung gegeben hätte! Das können Sie vor allem dem Herrn Bundeskanzler ausrichten, der ja dauernd auf Tauchstation ist und nur zwischendurch, so wie heute, ein bisserl herausschaut. Täusche ich mich, oder hat das Kabinett Faymann-Spindelegger jetzt schon viele Jahre hindurch existiert? Wo waren Sie denn da alle? So einfach wird es dann auch nicht gehen. (Beifall bei Grünen und FPÖ.)


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Aber bleiben wir dabei: lösen und aufklären! Ich werde wieder, wie schon angekündigt, ein paar historische Nachträge zu unserer eigenen letzten Dringlichen bringen müssen, weil ja da auch die Zeit zu knapp war, alles anzubringen, um Rückschlüsse auf die Gegenwart ziehen zu können und, ja, sogar Lösungen für die Zukunft parat zu haben. Das betrifft einerseits die Aufklärung und – aber da wollen wir ja nicht verharren – andererseits auch die Lösungen.

Es wurde heute gesagt – nicht hier, aber nach dem Ministerrat, weil wir gerade bei der Regierungsspitze waren, Herr Lopatka, und das geht ja schon seit Tagen so –, dass da ein Weisenrat erfunden wird. (Abg. Rädler: Da sind Sie eh nicht dabei!) Nichts gegen Weise, bitte schön! Wer hat denn etwas gegen Weisheit? Die Frage ist ja immer nur, ob es da eine objektive Wahrheit und Weisheit gibt. Das bestreite ich ja, und deshalb sind wir nicht dabei, jemanden hundertprozentig zu verurteilen. Die Situationen waren jeweils sehr, sehr schwierig, speziell in den Jahren 2008 und 2009. Da war die Lage schwieriger einzuschätzen als heute, das sagen wir ja immer dazu.

Kommen wir aber zu den Untersuchungsfragen von heute, weil es ja immer noch genug zu untersuchen geben wird. Ich werde Ihnen gleich ein paar Beispiele nach­tragen – im doppelten Sinn des Wortes. Das dürfen Sie dann ruhig so nehmen. Aber was soll dieser Weisenrat? Es ist ja eh nett, nice to have, aber das kann doch in einer aufgeklärten parlamentarischen Demokratie niemals einen Untersuchungsausschuss ersetzen! (Beifall bei Grünen, FPÖ, Team Stronach und NEOS.)

Wir hier und Sie sind doch für die Bundeshaushaltsgesetze vulgo Budget und für die Bundesfinanzrahmen verantwortlich, die wir mit großem Brimborium beschlossen haben. Alle Finanzministerinnen und -minister haben gesagt, was das für tolle Erfin­dungen sind. Da sind ja die Linien zu legen, was unsere Arbeit hier betrifft. Jetzt fehlen uns  und da kann man ja wieder streiten; ich sage ja eh nicht, dass es eine genaue Zahl gibt – mindestens 5 Milliarden €. Das wird uns das wohl noch kosten. 5 Milliar­den € hat es schon gekostet.

Wir bräuchten ja als Parlament gar nicht primär den Auftrag der Untersuchung der Regierung, wir haben ihn aber natürlich ohnehin per Verfassung. In der Verfassung steht nichts von einem Weisenrat, schon gar nichts von einem Weisenrat, den die Regierung einsetzt. Diese Verfassungsbestimmung zeigen Sie uns einmal! Selbst in Argentinien oder in Albanien – oder welches Land auch immer im Alphabet ganz vorne steht – ist doch völlig klar, dass in einer entwickelten Demokratie die Untersuchungs­hoheit hinsichtlich politischer Verantwortung beim Parlament liegt. (Beifall bei Grünen, FPÖ, Team Stronach und NEOS.)

Hören Sie doch auf mit dem Unsinn! Beleidigen Sie uns nicht die Weisen! Wenn Sie irgendwelche Weisen irgendwo haben, dann setzen Sie sie neben die Taskforce und handeln Sie – da geschieht eh etwas, Gott sei Dank –, aber tun Sie doch nicht so, als ob uns die Weisen – vielleicht sind es drei oder vier, das kommt mir so vor wie jene aus dem Morgenland – dann herausziehen! – Das geht nicht.

Sie werden die parlamentarische Untersuchung nicht verhindern können, auch wenn sich heute eine Mehrheit knapp nicht ausgehen sollte. Wer weiß, wer weiß? Einzelne Abgeordnete meditieren ja schon, wie ich sehe. Gut so. (Heiterkeit bei Grünen und FPÖ.)

Jetzt zu den eigentlichen Themen, um die es da geht – nur damit klar ist, dass das kein „Wegweisenrat“ wird. Sie können den Untersuchungsausschuss auf diese Art und Weise nicht wegweisen. – Das Copyright für diese sehr sinntreffende Formulierung liegt bei Klubobfrau Glawischnig. Sie werden den Untersuchungsausschuss nicht wegweisen können. Es hindert Sie niemand daran, sich selber mit Weisen zu umge-


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ben. Wir werden im Untersuchungsausschuss Sachverständigengutachten einholen, wenn es darauf ankommt, et cetera, et cetera. Das ist alles nicht das Problem.

Jetzt aber wie angekündigt zu ein paar kleinen Nachträgen: Schauen Sie, ich habe das letzte Mal von einer Staatskommissärin gesprochen, die in der Hypo zuständig war, die mich klagen wollte, weil ich ein paar Sachen schon im Jahr 2006 aufgezeigt habe. Wissen Sie, wer das war? – Sie wurde vom Finanzminister – der hat ja dann doch schon der ÖVP angehört – eingesetzt, Frau Kanduth-Kristen. Sie war dort bis 2006 nachweislich. Bestellt war sie 2007 bis 2009, und zwar nicht nur in der österreichischen Hypo Alpe-Adria, sondern in der Muttergesellschaft, in der HB Int.

Was hat sie dort gemacht? Welche Berichte hat sie vorgelegt? Welche Instrumente hat sie gezogen? Das ist eine zentrale Institution der staatlichen Aufsicht! Vermutlich hat sie gar nichts gemacht! Legen Sie das endlich vor! Wenn Sie sagen, dass das nicht zu untersuchen ist, dass es dazu kommen kann, dass dieses ganze Gebilde von Staats­kom­missären, FMA, Notenbank, das angeblich eines der tollsten Aufsichtssysteme der Welt darstellt, dann auf diese Art und Weise versagt, dann weiß ich nicht! Das soll nicht Untersuchungsgegenstand sein? Das haben wir alle unterschrieben. Das liegt vor. Da brauchen Sie nicht auf die FPÖ hinzuzeigen, die sieht das ein, dass das untersucht werden muss, und Sie speziell von der ÖVP sollten das auch einsehen, Sie haben ja diese tollen Ankündigungen gemacht! (Beifall bei Grünen, FPÖ, Team Stronach und NEOS.)

Zu den Notenbankgutachten, bei denen wir ja letztes Mal aufhören mussten, weil die Redezeit vorbei war – deshalb wird es jetzt noch mehrere Dringliche brauchen, damit man das schön nachzeichnen kann –: Kaum war die Europäische Kommission da und hat gesagt: Ja, jetzt ist es genehmigt! – dazu war das geschummelte Notenbank­gutachten nämlich gut –, hat die gleiche Notenbank sofort geschrieben, dass jetzt alles auf einmal anders ist. – Wir haben das in der letzten Dringlichen als Faksimile hinein­kopiert, Sie brauchen nur nachzuschauen. Sagen Sie ja nie, Sie hätten nichts gewusst, wenn Sie in Ihrem Wahlkreis gestellt werden! Auf einmal hat die Notenbank gesagt: Jetzt müssen wir sagen, das ist eigentlich überhaupt nicht gesund. Das ist distressed. Da haben Sie es auf einmal gehabt. (Präsidentin Mag. Prammer gibt das Glockenzeichen.)

Frau Präsidentin, wir werden ja dann bei der Debatte zum Antrag auf Einsetzung eines Untersuchungsausschusses Gelegenheit haben, fortzusetzen. Ich darf noch dazu­sagen: Da werden wir auch auf die Verstaatlichungsfrage zu sprechen kommen. Ich bringe nur ein allerletztes Zitat. Gutachter Kleiner hat zur Hypo Alpe-Adria gesagt, bei dieser Notverstaatlichung haben die Bayern gut gepokert. Sie seien nach Wien gefahren, „um Ösis zu schrecken“. Das wäre mir nie eingefallen, sondern das ist ein Zitat des Gutachters Kleiner. Dort werden wir fortsetzen. (Beifall bei Grünen, FPÖ, Team Stronach und NEOS. Abg. Rädler: Freispruch für Haider!)

16.28


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Nächster Redner: Herr Klubobmann Dr. Strolz. – Bitte.

 


16.28.23

Abgeordneter Mag. Dr. Matthias Strolz (NEOS): Frau Präsidentin! Geschätzte Regie­rungsmitglieder! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Liebe Bürgerinnen und Bürger auf der Galerie und vor den Fernsehschirmen! Hypo Alpe-Adria – und was lernen wir draus? – Das ist die Überschrift für meinen Beitrag hier.

Vorweg, Herr Minister, danke schön für die Beauskunftung zur Anfrage. Ich glaube, wir kommen in einen fruchtbaren Austausch. Ich hätte mir das gewünscht. Ich bin ja noch


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nicht so lange da, aber ich habe das Gefühl, dass das ja nicht aus freien Stücken kommt, sondern dass wir eben den Druck hoch halten müssen, und dann passiert es auch, dass wir in einen Austausch kommen.

Sie wünschen sich eine konstruktive Opposition, und da sage ich: Allzeit bereit! Wir wollen konstruktiv sein, und wir wollen auch konkrete Vorschläge machen. Es wurde heute schon viel zur Hypo gesagt. Ich möchte den thematischen Bogen ein bisschen weiter spannen, nämlich: Was können wir aus diesem Desaster lernen?

Es ist ja kein singuläres Desaster, das wir hier erleben. In Salzburg haben wir 1,8 Milliarden € gesucht und wissen heute noch nicht recht, wie wir das Geld verspekuliert beziehungsweise wo wir es veranlagt haben. Wir haben Linz mit den Swap-Skandalen et cetera gehabt. Wir haben jetzt die Hypo, wo wir nicht wissen, um wie viele Milliarden es geht, aber eines ist klar: Das Geld wird uns natürlich fehlen. Das wissen Sie auch. Sie, Herr Finanzminister Spindelegger, wissen es am besten von uns allen. Das Geld wird uns in der Bildung fehlen, es wird uns bei den Familien fehlen, es wird uns in der Wirtschaftspolitik und in der Arbeitsmarktpolitik fehlen, und es wird uns bei den sozialen Netzen fehlen. All das werden wir wahrscheinlich auf Pump finanzieren, befürchte ich.

Deswegen ist es unsere Pflicht als Politikerinnen und Politiker, wenn wir schon die Milliarden an Steuergeldern, die wir hier verbrennen, nicht mehr retten können, zumindest aus den Fehlern der Vergangenheit zu lernen. Ich sehe, dass dazu noch viel zu wenige ganz konkrete Anknüpfungspunkte gekommen sind. Deswegen haben wir für heute einen 10-Punkte-Katalog vorbereitet, in dem wir zehn ganz konkrete Vorhaben vorstellen, hinsichtlich derer ich einfach um Zustimmung werben möchte. Ich verstehe ja, dass man mit der einen oder anderen Idee der Opposition nicht mitkann, dass man den einen oder anderen Punkt nicht so ideal findet oder ein anderes Weltbild hat, aber es kann nicht sein – und ich bin gespannt! –, dass man unter zehn Ideen nicht eine einzige findet, die man als Regierungspartei mittragen kann!

Herr Bundesminister, ich habe Ihnen da auch eine Checkliste mitgebracht (der Redner überreicht Vizekanzler Dr. Spindelegger ein Clipboard), und ich bitte Sie, mit mir in aller Ernsthaftigkeit diese zehn Themen anzuschauen, die wir als Lehren aus diesem Hypo-Fiasko, aber auch aus Salzburg, aus Linz und aus den anderen Skandalen vor­schlagen.

Erstens: Schuldenbremse in den Verfassungsrang. Warum? – Diese Skandale ent­sprin­gen einem Haltungsfehler, und den Haltungsfehler haben Sie von ÖVP und SPÖ seit 50 Jahren, dass Sie Budgets auf Pump machen. Das geht so nicht! Sie können dieses Land nicht weitere 50 Jahre auf Pump finanzieren! (Beifall bei NEOS und Team Stronach sowie bei Abgeordneten der Grünen. Zwischenrufe der Abgeord­neten Tamandl und Schittenhelm.)

Andere Länder schaffen es auch. In Schweden schaffen sogar Sozialdemokraten ausgeglichene Budgets. Die Schweizer haben in der Krise sogar Überschüsse gemacht. (Abg. Tamandl: Die Schweizer haben eine Sozialquote von 20 Prozent!) Wir wollen die Schuldenbremse in den Verfassungsrang holen.

Zweiter Punkt: Föderalismus. Ergreifen Sie die Chance! Sie können einen Eintrag ins Geschichtsbuch erreichen, Herr Finanzminister! Nutzen Sie diese Chance, diese Krise jetzt, um in einen neuen, sinnvoll geordneten Föderalismus zu kommen. Sie hätten dafür jede Unterstützung der Opposition. – Ich weiß, das ist kein Pferd, das einfach zu reiten ist, aber wir sollten es reiten, denn natürlich müssen wir den Föderalismus neu ordnen, wenn wir unsere Finanzen in Ordnung bringen wollen.


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Man sollte da prozessorientiert hineingehen. Rufen Sie innerhalb der nächsten sechs Monate einen Föderalismuskonvent aus und sagen Sie: Setzen wir uns alle an einen Tisch und schauen wir, was geht! Und nehmen wir dort auch das Thema mit: Steuer­verantwortung für Bundesländer ja/nein. Das kam ja von einigen Landeshauptleuten. Wir brauchen da eine Entscheidung für den neuen Finanzausgleich 2016 und die folgenden. Wenn wir die Frage nicht vorher behandeln, werden wir dann wieder da­stehen wie bestellt und nicht abgeholt und keine guten Antworten geben können.

Dritter Punkt: Wir brauchen natürlich ein Insolvenzrecht für unverantwortliche Landes­regierungen beziehungsweise Gebietskörperschaften. Wir haben es schon mehrfach eingebracht, und ich verstehe es einfach nicht, liebe SPÖ! Ich weiß, dass die ÖVP eine Affinität zu dem Thema hat. Es geht um Verantwortungskultur! Wer kann denn etwas dagegen haben, dass wir sagen: Ja, Politik muss auch in die Verantwortung gehen! Wer kann da etwas dagegen haben? – Ich verstehe es nicht! Also geben Sie sich einen Stoß und springen Sie über Ihren Schatten!

Vierter Punkt: Die Schulden und Haftungen der Länder müssen wir unbedingt offen­legen. Natürlich, wir können da nicht herumdilettieren und sagen: Sind es 60 Milliar­den? Sind es 70 Milliarden? Sind es 80 Milliarden? – Wir wissen es nicht, und des­wegen bitte ich darum, dass wir ein Bundesgesetz verabschieden, in dem wir die Länder dazu anhalten, die Dinge offenzulegen – Schuldenstand und Haftungen.

Fünfter Punkt: Rechnungswesen der Länder modernisieren und vereinheitlichen. Einige Bundesländer haben es ja schon gemacht. Natürlich kann man nicht mit einem Excel-Sheet ein Bundesland regieren, das geht doch nicht! Wir brauchen da doppelte Buchführung, Bilanzierung et cetera. Manche Bundesländer hüpfen es ja vor, andere wollen es nicht, dann müssen wir ihnen auf die Sprünge helfen! (Abg. Tamandl: Da müssen Sie das Regierungsprogramm lesen!) – Ja, aber machen! (Abg. Tamandl: Wir wollen es ja machen! Wir haben es uns ja vorgenommen!) – Aber tun! Ich habe noch keine Initiative erkannt. (Abg. Tamandl: ... fünfjährige Periode!) Worauf wartet ihr? Sie haben Ministerien, Sie haben Sozialpartner, Sie haben Apparate – tun Sie es!

Sechster Punkt: Sie müssen dem Rechnungshof mehr Kompetenzen zur Prüfung geben. Dass wir sagen, bei 50 Prozent Beteiligung ist Schluss, das geht einfach nicht. Wir haben ja gesehen, dass im Fall Hypo gerade damit auch geschwindelt wurde. Damit hat man den Rechnungshof draußen gehalten. Also senken wir die Hürde auf 25 Prozent!

Siebter Punkt: Wir brauchen endlich ein Banken-Insolvenz- und -sanierungsrecht. Das ist immens wichtig. (Zwischenbemerkung von Staatssekretärin Mag. Steßl.) – Na ja, Sie haben kein Banken-Insolvenz- und -sanierungsrecht. Sie haben im Juli letzten Jahres ein Bankeninterventions- und -restrukturierungsgesetz verabschiedet, und das haben Sie natürlich auf Basis der Bank Recovery and Resolution Directive gemacht, aber Sie haben den wichtigsten Teil nicht übernommen, weil Sie kein Instrumentarium für die Abwicklung drinnen haben. Natürlich brauchen Sie ein Bail-in, und Sie brauchen auch Möglichkeiten wie Debt-Equity-Swat, das heißt, dass Sie von Anleihen in Eigenkapital konvertieren können. Das haben moderne Bankeninsolvenzrechte. Wir haben es nicht, und wir warten seit Jahren darauf. Die Deutschen haben das besser gemacht als wir. – Wir müssen nur über die Grenze schauen.

Achter Punkt: die Gläubiger bei der Hypo Alpe-Adria mit in die Verantwortung nehmen. Das müssen wir dringend, deshalb: Insolvenzszenario aufrechterhalten. Und: Gehen Sie in Verhandlungen, wir werden Ihnen den Rücken stärken! Das Argument, dass das


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den Finanzplatz irgendwie schädigt, wurde schon wunderbar aufgelöst, das kann ich in keiner Weise nachvollziehen.

Neunter Punkt: Untersuchungsausschüsse. Ich möchte, dass wir diese versachlichen. Sie haben ein Commitment, ein Bekenntnis abgegeben, dass Sie das als Minder­heitenrecht wollen, und ich denke, das müssen Sie einlösen. Nutzen wir doch die nächsten Monate, um zu einer neuen gesetzlichen Grundlage, zu einer neuen Ge­schäftsordnungsgrundlage für Untersuchungsausschüsse zu kommen, und gehen wir dann – zehnter Punkt – im September in einen Untersuchungsausschuss zur Hypo Alpe-Adria. Davor können wir die Dinge ordentlich sortieren im Sinne einer Entschei­dung für die Hypo und auch im Sinne der Schadensminimierung für die Steuerzahler.

Wir werden zu all diesen Punkten heute Anträge einbringen, vier davon werde ich jetzt einbringen.

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Dr. Strolz, Kolleginnen und Kollegen betreffend die Einführung einer Staatsschuldenbremse im Verfassungsrang

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesregierung wird aufgefordert, dem Nationalrat so rasch wie möglich einen Gesetzesentwurf zuzuleiten, der eine Staatsschuldenbremse im Verfassungsrang vorsieht.“

*****

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Dr. Strolz, Kolleginnen und Kollegen betreffend Einführung eines zeitgemäßen Banken-Insolvenz- beziehungsweise -sanierungsrechts

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Der Bundesminister für Justiz wird aufgefordert, dem Nationalrat unter Berücksich­tigung des aktuellen Insolvenz-, Banken- und Gesellschaftsrechtes eine Gesetzes­vor­lage für ein den aktuellen Bedürfnissen entsprechendes Banken-Insolvenz- bzw. -sanierungsrecht vorzulegen. Darin sollen neben der Methodik zur Sanierung, Ab­wicklung und Liquidation von Kredit- und Finanzinstituten auch die Zuständigkeiten klar festgelegt werden.“

*****

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Dr. Strolz, Kolleginnen und Kollegen betreffend Offenlegung aller Schuldenstände und Haftungen der Länder

Der Nationalrat wolle beschließen:


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„Die Bundesregierung wird aufgefordert, dem Nationalrat so rasch wie möglich einen Gesetzesentwurf zuzuleiten, dem zufolge die Länder alle Schuldenstände und Haftun­gen offenzulegen haben.“

*****

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Dr. Strolz, Kolleginnen und Kollegen betreffend Insolvenzrecht für Gebietskörperschaften

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesregierung wird aufgefordert, dem Nationalrat so rasch wie möglich einen Gesetzesentwurf zuzuleiten, dem zufolge Regelungen im Falle der Insolvenz einer Gebietskörperschaft getroffen werden. Insbesondere sollen folgende Aspekte berück­sichtigt werden: Kriterien für den Eintritt der Insolvenz (etwa Zahlungsunfähigkeit und/oder Überschuldung); Rechtswirkungen der Feststellung der Insolvenz; Durchfüh­rung des Insolvenzverfahrens; Möglichkeit der Zwangsverwaltung; Wirkungen der Insolvenz auf Verbindlichkeiten der Gebietskörperschaft; Umschreibung der verwert­baren Vermögensmasse der Gebietskörperschaft.“

*****

Etwas von den zehn Punkten werden wir doch ins Leben bringen! Wir müssen doch aus den Fehlern der Vergangenheit lernen. Das ist unser Job, dafür sind wir da! Allzeit bereit – Ihre Opposition. (Beifall bei den NEOS sowie bei Abgeordneten von Grünen und Team Stronach.)

16.38


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Die soeben eingebrachten Entschließungs­anträge sind ausreichend unterstützt und stehen mit in Verhandlung.

Die vier Anträge haben folgenden Gesamtwortlaut:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Mag. Dr. Matthias Strolz, Kolleginnen und Kollegen betreffend der Einführung einer Staatsschuldenbremse im Verfassungsrang

eingebracht im Zuge der Debatte über die Dringliche Anfrage der Abgeordneten Dr. Kathrin Nachbaur, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Finanzen zum Thema „Mangelhaftes Krisenmanagement in der Causa Hypo-Alpe-Adria - zwischen Unwissenheit und scheinbarer Unwahrheit“

Die österreichische Budgetpolitik der letzten rund 50 Jahre basiert ausnahmslos auf Schuldenaufnahme. Allein der Zinszahlungen für unsere Staatsschulden ist aktuell mehr als doppelt so hoch wie das Budget für alle Universitäten und Fachhochschulen des Landes. Der Zinsendienst ist uns also mehr wert als fast 300.000 Studierende und alles an universitärer Forschung und tertiärer Lehre. Und mit dieser Zinszahlung hat Österreich noch keinen Cent an Schulden beglichen. Stattdessen legt die Bundes­regierung jährlich weitere Steine in den Schuldenrucksack der jungen Generation. Allein in den letzten sechs Jahren hat sich die Staatsschuld um rund ein Viertel erhöht. Und sie wird in den nächsten Jahren weiter massiv wachsen. Viele öffentliche Schulden werden zudem in ausgelagerten Bereichen „versteckt“.


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Eine skrupellose Schuldenpolitik dieser Art ist Zukunftsraub im großen Stil. Sie schwächt unser Gemeinwesen, sie ist nicht nachhaltig, sie ist nicht generationen­gerecht. Sie stellt schlichtweg ein Versagen der Politik dar. Natürlich soll der Staat auch Schulden machen können und Schulden machen. Aber eben nicht ein halbes Jahrhundert ununterbrochen. Idealerweise sollte das staatliche Budget über den Kon­junkturzyklus ausgeglichen sein. In guten Zeiten kann Österreich Überschüsse erwirt­schaften, in schwierigen Zeiten investiert die öffentliche Hand, um die Konjunktur zu befeuern und damit der Gefahr von steigender Arbeitslosigkeit etc. gegenzusteuern. So haben zum Beispiel ausgewiesene Sozialstaaten wie Schweden in den letzten Jahren ausgeglichene Budgets zustande gebracht.

Das Nulldefizit ist in Österreich leider immer ein paar Jahre entfernt. In den letzten Jahren verlässlich rund drei Jahre entfernt. Darin ändert auch die plötzliche Begriffs­änderung zum „strukturellen Defizit“ nichts. Schulden müssen beglichen werden egal unter welchen Deckmantel die Bundesregierung diese in Zukunft verstecken will. Und so ist zu befürchten, dass 2016 wiederum ein Nulldefizit für 2019 angekündigt wird. Welches nicht kommen wird, weil echte strukturelle Reformen ausbleiben. Diese allerdings braucht es, um den Weg zu einem ausgeglichenen Budget zu bahnen (z.B. Pensionsreform, Föderalismusreform, Gesundheitsreform, Transparenzkonto für För­de­rungen). Mit einer Staatsschuldenbremse im Verfassungsrang soll die Regierung und das Parlament in die Pflicht genommen werden. Damit könnte ein verant­wortungsvoller Umgang mit Steuergeldern gewährleistet werden.

Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgenden

Entschließungsantrag

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesregierung wird aufgefordert, dem Nationalrat so rasch wie möglich einen Gesetzesentwurf zuzuleiten, der eine Staatsschuldenbremse im Verfassungsrang vorsieht.“

*****

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Mag. Dr. Matthias Strolz, Kolleginnen und Kollegen betreffend Einführung eines zeitgemäßen Banken-Insolvenz- bzw. -sanierungsrechts

eingebracht im Zuge der Debatte über die Dringliche Anfrage der Abgeordneten Dr. Kathrin Nachbaur, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Finanzen zum Thema „Mangelhaftes Krisenmanagement in der Causa Hypo-Alpe-Adria - zwischen Unwissenheit und scheinbarer Unwahrheit“

Seit den Vorgängen rund um die Verstaatlichung der Hypo Alpe Adria Bank im Jahre 2009 wird über die Schaffung eines zeitgemäßen Bankeninsolvenzrecht diskutiert. Die neue gesetzliche Regelung soll ein Instrumentarium schaffen, das man für die profes­sionelle Umsetzung einer geordneten Bankeninsolvenz benötigt. Ebenso sollen berück­sichtigt werden: die Möglichkeit zur Neukapitalisierung einer Bank durch Konvertierung von Anleihen in Eigenkapital (Debt-Equity Swap), die Lastentragung institutioneller Gläubiger (Bail-In), die Definition von Kriterien für die Aufrechterhaltung der Banken-Konzession, die Rahmenbedingungen für die Etablierung einer Abwick­lungsbank für notleidendende Portfolios und die Sicherstellung von einlagenbe­sicherten Kapitaltransaktionen im Rahmen eines Insolvenzverfahrens. Besonders in


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Hinblick auf die von der European Banking Authority bevorstehenden Stresstests im Jahr 2014 sollen zudem die Kriterien, Vorgangsweisen, Kommunikationsstrategien und Zuständigkeiten für Insolvenzszenarien klar definiert werden.

Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgenden

Entschließungsantrag

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Der Bundesminister für Justiz wird aufgefordert, dem Nationalrat unter Berück­sichtigung des aktuellen Insolvenz-, Banken- und Gesellschaftsrechtes eine Gesetzes­vorlage für ein den aktuellen Bedürfnissen entsprechendes Banken-Insolvenz- bzw. -sanierungsrecht vorzulegen. Darin sollen neben der Methodik zur Sanierung, Ab­wicklung und Liquidation von Kredit- und Finanzinstituten auch die Zuständigkeiten klar festgelegt werden.“

*****

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Mag. Dr. Matthias Strolz, Kolleginnen und Kollegen betreffend Offenlegung aller Schuldenstände und Haftungen der Länder

eingebracht im Zuge der Debatte über die Dringliche Anfrage der Abgeordneten Dr. Kathrin Nachbaur, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Finanzen zum Thema „Mangelhaftes Krisenmanagement in der Causa Hypo-Alpe-Adria - zwischen Unwissenheit und scheinbarer Unwahrheit“

Die Finanzdebakel der letzten Zeit (die Verstaatlichung der Hypo Alpe-Adria wegen der Haftungen des Landes Kärnten, der Salzburger Finanzskandal, der Swap-Skandal in Linz, die Spekulationen mit Wohnbaugeldern in Niederösterreich) haben gezeigt, dass alle Haftungen und Schuldenstände der neun Bundesländer erfasst und transparent gemacht werden müssen. Momentan hat nämlich niemand einen Überblick über die Höhe der jeweiligen Haftungen. Diesem undurchschaubaren Treiben weiterhin zuzu­sehen ist unverantwortlich und zukunfts-gefährdend. Um zu verhindern, dass durch weitere Missstände in den Bilanzen der Gebiets-körperschaften der Gesamtstaat in den Ruin getrieben wird, bedarf es eines Bundesgesetzes, das die Länder zu Offen­legung und Transparenz verpflichtet.

Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgenden

Entschließungsantrag

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesregierung wird aufgefordert, dem Nationalrat so rasch wie möglich einen Gesetzesentwurf zuzuleiten, dem zufolge die Länder alle Schuldenstände und Haftun­gen offenzulegen haben.“

*****

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Mag. Dr. Matthias Strolz, Kolleginnen und Kollegen betreffend Insolvenzrecht für Gebietskörperschaften


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll14. Sitzung / Seite 157

eingebracht im Zuge der Debatte über die Dringliche Anfrage der Abgeordneten Dr. Kathrin Nachbaur, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Finanzen zum Thema „Mangelhaftes Krisenmanagement in der Causa Hypo-Alpe-Adria - zwischen Unwissenheit und scheinbarer Unwahrheit“

Aufgrund der aktuellen Rechtslage ist unklar, welche Rechtsfolgen die Zahlungs­unfähigkeit einer Gebietskörperschaft (insbesondere eines Bundeslandes) auslöst. Dieser Zustand ist angesichts dessen, dass Gebietskörperschaften Verbindlichkeiten eingehen, aber letztlich das Risiko für deren Tilgung auf andere Gebietskörperschaften abwälzen zu können meinen, untragbar. Durch ein Insolvenzrecht für Gebietskörper­schaften wird vermieden, dass – wie im aktuellen Fall des Landes Kärnten und der Landeshaftungen für die Hypo Alpe Adria in einer Höhe, die ein Mehrfaches der jährlichen Einnahmen des Landes ausmachen – der Bund und die anderen Länder in zweistelliger Milliardenhöhe für die Misswirtschaft eines Landes einstehen müssen.

Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgenden

Entschließungsantrag

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesregierung wird aufgefordert, dem Nationalrat so rasch wie möglich einen Gesetzesentwurf zuzuleiten, dem zufolge Regelungen im Falle der Insolvenz einer Gebietskörperschaft getroffen werden. Insbesondere sollen folgende Aspekte berück­sichtigt werden:

Kriterien für den Eintritt der Insolvenz (etwa Zahlungsunfähigkeit und/oder Überschul­dung)

Rechtswirkungen der Feststellung der Insolvenz

Durchführung des Insolvenzverfahrens

Möglichkeit der Zwangsverwaltung

Wirkungen der Insolvenz auf Verbindlichkeiten der Gebietskörperschaft

Umschreibung der verwertbaren Vermögensmasse der Gebietskörperschaft“

*****

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Dr. Vetter. – Bitte.

 


16.38.45

Abgeordneter Dr. Georg Vetter (STRONACH): Frau Präsidentin! Vertreter der Regierung! Meine Damen und Herren! Mich würde vieles interessieren, was in der Vergangenheit war, und mich interessiert tatsächlich auch die Notverstaatlichung. Daher bin ich auch sehr für den Untersuchungsausschuss.

Viel mehr interessieren mich allerdings die Gegenwart und die Zukunft. Wenn wir uns dieses Wyman-Gutachten anschauen, gibt es in Wirklichkeit vier Alternativen: den Status quo, die Bad Bank, die Anstaltslösung und die Insolvenz.

Die Fortsetzung des Status quo wird wohl kaum jemand wirklich ernsthaft in Erwägung ziehen.


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Die Bad-Bank-Lösung ist auch gestorben. Dafür habe ich auch viel Verständnis, denn wer will sich an einer kranken Bank wirklich beteiligen? – Das kann man den anderen in Wirklichkeit gar nicht zumuten.

Verbleiben die Anstaltslösung und die Insolvenz.

Was ist die Anstaltslösung? Ich habe das vorige Woche schon einmal vorgelesen, aber ich möchte es mit den Worten des Wyman-Gutachtens noch einmal sagen.

„Die Anstaltslösung führt zu einer unmittelbaren und formal gültigen Konzentration der faktischen Risiken und Haftung bei der öffentlichen Hand.“

Also die Anstaltslösung ist eine Haftungsvermehrung.

Ich sehe mit viel Bedauern, dass sich die Regierung ihren Handlungsspielraum durch die Festlegung auf die Anstaltslösung zu nehmen scheint. Das Schlimmste, was es in Verhandlungen geben kann, ist, wenn Sie sich von vornherein festlegen, das werde ich machen beziehungsweise diesen Weg schlage ich aus, diesen Weg möchte ich nicht gehen.

Seien Sie auch offen gegenüber der Insolvenz! Eine Insolvenz gehört auch zur Markt­wirtschaft. Zur Marktwirtschaft gehört eben auch der Marktaustritt. Sie hat auch eine erzieherische Wirkung. Wenn wir alles retten, was Mist ist, ist es in Wirklichkeit eine indirekte Motivation, sich auf Kosten anderer, ich sage mal, danebenzubenehmen, absichtlich, unabsichtlich, risikoreich, wie immer. Und das darf es hier nicht geben!

Wenn wir die Anstaltslösung als solche in Betracht ziehen – da habe ich noch die Worte des Finanzministers von letzter Woche im Ohr –, dann können wir Kärnten nicht zwingen, einen Beitrag, Stichwort Zukunftsfonds, zu leisten. Es würde der Anstand gebieten, dass sie es tun. Diese Worte können nur fallen, weil man sich selbst schon des Handlungsspielraums beraubt hat. Wenn wir offenlassen, dass es auch die Möglichkeit einer Insolvenz gibt, dann ist es nicht nur eine Frage des Anstandes für die Gläubiger, für diejenigen, die haften, sich zu beteiligen, sondern auch des wirklichen eigenen Interesses. (Beifall beim Team Stronach.)

Meine Damen und Herren, eine Insolvenzeröffnung ist noch lange nicht das Ende der Welt. Überlegen Sie einfach einmal, meine Damen und Herren von der Regierung, ob Ihnen eine Insolvenzeröffnung nicht vielleicht sogar den Handlungsspielraum erweitert gegenüber all jenen, denen man sonst mit hundertprozentiger Haftung entgegentreten müsste.

Gehen Sie niemals in Verhandlungen und sagen, ich schließe diesen Weg aus! Lassen Sie sich beide Wege offen, und ziehen Sie die Insolvenz ernstlich in Betracht! Gerade jetzt, wo der Herr Liebscher ausgeschieden ist, der sich öffentlich nur auf eine Lösung verstanden hat, ist Ihr Handlungsspielraum größer geworden. Nehmen Sie diese Gelegenheit beim Schopf, gerade in der jetzigen Situation, um selbst einen größeren Spielraum bei den Verhandlungen mit den Gläubigern zu haben!

Tun Sie als Regierung nicht so, als hätten Sie Angst vor dem eigenen Recht, nämlich vor dem Insolvenzrecht! Machen Sie es so, dass Sie das Insolvenzrecht, jetzt über-treibe ich vielleicht ein bisschen, als Waffe in dieser Auseinandersetzung einsetzen! – Danke schön. (Beifall beim Team Stronach.)

16.43


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Mag. Unter­rainer. – Bitte.

 



Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll14. Sitzung / Seite 159

16.43.35

Abgeordneter Mag. Maximilian Unterrainer (SPÖ): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrter Herr Vizekanzler! Frau Ministerin! Herr Finanzstaatssekretär! (Zwischen­ruf bei der FPÖ.) Werte Kolleginnen und Kollegen! Werter Kollege der FPÖ! Werte Zuschauer und Zuschauerinnen auf den Rängen und vor den Fernsehgeräten!

Eingangs möchte ich mich bei der Frau Kollegin Mag. Schatz von den Grünen recht herzlich für den Hinweis mit Punxsutawney bedanken; gleichzeitig natürlich auch beim Hauptdarsteller Phil aus dem Film „Und täglich grüßt das Murmeltier“. Ich fühle mich hier herinnen momentan ehrlich ähnlich wie Bill Murray; das ist der Hauptdarsteller in diesem Film. Nur bei mir heißt der Film „Und täglich grüßt das Hypo-Desaster“. Der Tatort ist Kärnten mit den Hauptdarstellern Haider, Dobernig, Pfeifenberger – alle blau wie der Wörthersee.

Deshalb halte ich es auch für notwendig, das Rätsel vom vorletzten Mal noch einmal zu wiederholen: Die Politiker welcher Fraktion sind denn schuld an der Hypo-Misere? (Ruf bei der FPÖ: Max, Untersuchungsausschuss! Kannst heute zustimmen!) Drei Buchstaben: FPÖ. Wie heißt der Brandstifter, der Öl ins Feuer gießt? FPÖ. Wer tauscht die Täterrolle mit der Opferrolle? FPÖ. (Beifall bei der SPÖ und bei Abge­ordneten der ÖVP. – Abg. Strache: Ihr Intelligenzquotient liegt wirklich bei 80?!) Und zum Schluss: Verantwortungslosigkeit mit drei Buchstaben: FPÖ. (Ruf bei der FPÖ: Stimm einem Untersuchungsausschuss zu, Max!)

Die Gretchenfrage ist: Herr Strache, wie lange wollen Sie noch die Republik Richtung Abgrund treiben? Wie lange wollen Sie dieses Spiel mit Österreich und unserer Republik noch treiben?

Es gibt 20 Milliarden Gründe, die man Ihnen vorwerfen kann. 20 Milliarden €, das ist die Landeshaftung des Landes Kärnten – und wir sollen die Schuld dafür tragen?! Sie können dieses Märchen jemand anderem auftischen (Beifall bei der SPÖ), denn wir wissen heute, wer in Wahrheit die Hypo versenkt und ins Blaue hinein verspekuliert hat. Richtig, Sie waren es: FPÖ.

Halbwahrheiten und Dreistigkeiten können niemand von der politischen Verantwortung entbinden, denn wir kennen den Schuldigen, ich wiederhole es noch einmal: FPÖ. (Abg. Strache: Ihr Intelligenzquotient liegt offensichtlich wirklich bei 80!)

Die Forderung nach einem Untersuchungsausschuss ist die Forderung nach einem politischen Tribunal. Das ist aber jetzt meiner Meinung nach der schlechteste Zeitpunkt für ein politisches Schaustück. Jeder Tag, den wir über die Hypo diskutieren, kostet Unmengen an Geld. Jeder Tag, der mit Spekulationen vergeht, kostet uns Unmengen an Geld. Es reicht, wenn die Hypo-Bank im Wörthersee versenkt worden ist, und es muss jetzt doch endlich einmal Schluss sein mit den politischen Winkelzügen! Es geht jetzt darum, die vorhandenen restlichen Vermögenswerte sicher ans Ufer zu bringen und das zu retten, was noch zu retten ist. (Beifall bei der SPÖ.) Oder sollte ich besser sagen: was Sie, werte Kolleginnen und Kollegen, den Bürgerinnen und Bürgern noch übriggelassen haben?

Dass wir uns richtig verstehen: Ich bin voll dafür, dass die Schuldigen in der Hypo-Causa vor Gericht mit der vollen Härte des Gesetzes bestraft werden. (Ruf bei der FPÖ: Bravo, Max, bravo!) Aber dafür braucht es keine politische Bühne, dafür braucht es Gerichte, eine sorgsame Verwaltung und eine dementsprechende Abwicklung. Eines wissen wir auch, alle, die wir hier herinnen sitzen: Die Gerichte sind schon bemüht, sowohl in Österreich als auch in Deutschland.

Liebe FPÖ! Alles, was Sie versuchen, ist doch so einfach durchschaubar: Sie versuchen, diese Regierung mit Dreck zu bewerfen, und hoffen, dass am Ende des


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Tages etwas picken bleibt. Aber wir kennen doch den Schuldigen in Wirklichkeit bereits, ich wiederhole es noch einmal: FPÖ. Es ist die FPÖ, die das Vertrauen der Menschen in diesem Land missbraucht hat. Es ist die FPÖ, welche die Menschen in dieser Republik hintergangen hat. Und es ist die FPÖ, die nun so mir nichts, dir nichts dasitzt, als wäre sie das Opfer. Nur: Die Opfertheorie wird nicht aufgehen!

Abschließend noch ein großes Danke von mir stellvertretend für alle Bürgerinnen und Bürger an Sie, an die FPÖ. Jeder und jede einzelne, hier hierinnen, auf der Straße oder zu Hause, wir alle zahlen für das Hypo-Desaster, Tausende Euro, jeder! Die bisherigen Kosten durch dieses freiheitliche Debakel machen 4,8 Milliarden € aus. Die Folgekosten belaufen sich auf 4 bis 7 Milliarden €. – Danke, FPÖ! Danke für das Hypo-Desaster!

Liebe FPÖ! Wir hätten liebend gerne darauf verzichtet! – Danke schön. (Beifall bei der SPÖ sowie bei Abgeordneten der ÖVP.)

16.48


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Herr Abgeordneter Mag. Zakostelsky gelangt nun zu Wort. – Bitte.

 


16.48.12

Abgeordneter Mag. Andreas Zakostelsky (ÖVP): Frau Präsidentin! Werte Mitglieder der Bundesregierung! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Werte Zuseherinnen und Zuseher! In aller Kürze noch einmal: Was sind die Ausgangsfakten? Erstens ist da wohl das Desaster unter freiheitlicher Führung in Kärnten zu nennen. Zweitens könnten wir uns jetzt relativ lange über die Vergangenheit unterhalten, eine lange Geschichte, wir kennen sie aber alle sehr genau, sodass wir sie hier nicht wiederkäuen müssen. Drittens, und damit sind wir schon in der Gegenwart angelangt: Die neue Bun­desregierung ist vor zwei Monaten im Dezember 2013 angetreten: ein neuer Finanz­minister, eine neue Vorgehensweise, ein neuer politischer Stil, eine Kultur der raschen Entscheidungen und eine Kultur der politischen Einbindung.

Bundesminister Spindelegger hat die Taskforce gleich im Dezember, also gleich nach Amtsantritt, beauftragt, rasch einen Bericht vorzulegen, und dieser ist auch tatsächlich Mitte Jänner vorgelegen. Bereits am 27. Jänner gab es das erste Treffen mit dem Bundeskanzler und dem Finanzminister und der Taskforce, als diese uns allen bekannte Shortlist vorgelegt wurde, mit dem sogenannten Bankenbeteiligungsmodell als präferierte Variante.

Diese Verhandlungen mit den Banken haben, wie Sie oft gesagt haben, so lange gedauert. – 14 Tage haben sie gedauert. Das sehe ich nicht als besonders lange. Am 10. Februar ist bereits die Entscheidung gefallen, dass das Bankenbeteiligungsmodell aus den unterschiedlichsten Gründen nicht zu präferieren und nicht umzusetzen ist. Danach ist sofort der Auftrag an die Taskforce ergangen, sich mit dem nächst­vernünftig erscheinenden Modell auseinanderzusetzen, mit dem sogenannten Anstalts­modell.

Meine Damen und Herren! Der Finanzminister erwartet – wie wir alle – bereits Anfang März den Bericht im Detail zu diesem Anstaltsmodell.

Ganz wesentlich, weil das auch immer wieder vermischt wird: Wird die Insolvenz ausgeschlossen oder wird sie nicht ausgeschlossen? – Es kommt hier natürlich auf die Tonalität an. Auf der einen Seite dürfen und sollen die Herrschaften in Bayern das schon hören, dass die Insolvenz auch eine Möglichkeit ist, und wie wir den Medien in Deutschland entnehmen, ist die Botschaft dort angekommen. Auf der anderen Seite muss die Tonalität so gewählt sein, dass hier keine unnötige Irritation  wenn es auch manche bezweifeln, die sich mit den Finanzmärkten vielleicht noch nicht so intensiv


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auseinandergesetzt haben , nicht nur bei den Ratingagenturen, sondern auch bei den diversen anderen Akteuren, an den Finanzmärkten ausbricht.

Parallel zu all diesen Themen ist natürlich auch die Einbindung der Opposition erfolgt, und ich halte das politisch auch für einen sehr wichtigen Schritt. Und ich möchte an dieser Stelle sagen – Sie wissen, es kommt immer ein kleiner Punkt zur politischen Kultur –, ich glaube, dass uns hier gemeinsam ein bisschen etwas gelungen ist, wenn wir auch erst auf halbem Wege sind. Das ist ja nicht einfach so, dass man sagt: Kommt her, wir setzen uns zusammen! Jene, die dabei waren, wissen, dass hier wirklich viel Offenheit auf dem Tisch war. Und wir werden nächste Woche – ich gehe jetzt nicht in die Details – diesen Weg weitergehen.

Es war von einem Vertrauensvorschuss die Rede, und auch die – unter Anführungs­zeichen – „andere Seite“ hat das, glaube ich, sehr konstruktiv aufgenommen, hat den Vertrauensvorschuss bisher nicht missbraucht und, vielleicht durchaus auch anerkennend, über die Medien ausgerichtet, dass dieser Schritt geschätzt wird.

Ich glaube, meine Damen und Herren, das ist die politische Kultur, wie unser Land sie braucht und wie unser Land sie verdient. (Beifall bei der ÖVP.) Das, meine Damen und Herren, ist in Wahrheit auch die politische Kultur, auf deren Basis Lösungen erarbeitet werden können.

Vor uns liegen entscheidende Monate. Anfang März – ich habe es bereits erwähnt – wird der nächste Taskforce-Bericht, der Endbericht vorliegen, auf dessen Basis die finale Entscheidung getroffen werden kann und soll, allerdings nach Rücksprache, sinnvollerweise ein Gegencheck in dieser sensiblen Situation, mit internationalen Experten. Ende März wird diese finale Entscheidung getroffen werden, welche Lösung gewählt wird. Und das einzige Kriterium, meine sehr verehrten Damen und Herren, ist dabei natürlich, was für unsere Steuerzahlerinnen und Steuerzahler und für unseren Staat insgesamt am günstigsten kommt.

Bis zum Sommer geht es dann um das Umsetzen, das heißt, die Anstaltslösung aufzusetzen, die Gesetzesgrundlagen dafür zu schaffen, und ab dem Sommer bezie­hungsweise ab dem Herbst geht es dann ans Abarbeiten.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, parallel dazu werden natürlich die Gerichte klären, welche rechtswidrigen oder allenfalls strafrechtlichen Handlungen gesetzt wurden. Daher vielleicht auch ein Wort zur Forderung nach dem U-Ausschuss.

Ich persönlich bin durchaus für einen vernünftigen Ausschuss (Beifall bei Abge-ordneten von NEOS und Team Stronach), aber für keine Showveranstaltung und keine Handschellen und all diese Dinge. Daher begrüße ich natürlich die Überlegungen zur Einrichtung einer Untersuchung mittels internationaler Persönlichkeiten und Experten, wie Werner Kogler es bereits angesprochen hat, die über unserem parteipolitischen Hickhack, der uns dann alle miteinander doch auch immer wieder ergreift, stehen. (Abg. Brosz: Vermutlich auch ohne Wahrheitspflicht, oder?) Und ob wir dieses Gre­mium dann Weisenrat nennen oder Untersuchungsausschuss, das sei dahin­ge­stellt.

Meine Damen und Herren, das, was Sie als Opposition in den letzten Tagen und Wochen immer wieder fordern – und das sei hier auch erlaubt zu sagen –, ist natürlich nicht das, was sich die Bevölkerung unter einem U-Ausschuss vorstellt. Sie täuschen die Bevölkerung! Sie wollen die Show, meine Damen und Herren! (Beifall bei der ÖVP sowie bei Abgeordneten der SPÖ. – Zwischenrufe bei den Grünen.)

Frau Klubobfrau Nachbaur, wenn Sie, Sie und auch andere der Opposition, das Team des Finanzministeriums mittlerweile inflationärerweise in den Nationalrat zitieren und das vielleicht auch vorhaben mit diversen Experten, die an der Umsetzung der Hypo-Alpe-Adria-Lösung arbeiten, dann wäre das genau die Verhinderung der Lösung. Und


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dem wollen wir uns natürlich nicht stellen. Es muss unser Motto gelten: Machen statt motzen. (Der Redner stellt eine Tafel mit der Aufschrift „Machen statt motzen“ vor sich auf das Rednerpult.) Wie wir auf gut Steirisch sagen: Die Ärmel hochkrempeln und schöpfen.

Wir lesen im „FORMAT“, dass die Grünen mittlerweile bereits zwei Unter­suchungsausschüsse fordern. Allerdings stand das im „FORMAT“ vom 21. Februar, vielleicht sind es mittlerweile auch schon drei oder vier Untersuchungsausschüsse. (Abg. Brosz: Ist das eine Persiflage, oder haben Sie das selbst gemacht da vorne?)

Ich glaube, es geht darum, die Lösungen abzuarbeiten, und in diesem Sinne vielleicht zusammenfassend noch einmal: Vizekanzler Spindelegger hat seit Beginn seiner Amtszeit als Finanzminister – das sind, meine Damen und Herren, zwei Monate – vieles in die Wege geleitet, in Richtung Lösung des Problems. Und es geht nun tat­sächlich im Sinne unserer Steuerzahlerinnen und Steuerzahler um die beste Art der Abwicklung. Machen statt motzen – das ist bekannterweise der Zugang der ÖVP. (Beifall bei der ÖVP.)

16.55


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Podgorschek. – Bitte.

 


16.55.31

Abgeordneter Elmar Podgorschek (FPÖ): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Herr Vizekanzler! Frau Minister! Herr Staatssekretär! Ich war heute nach Ihrer Erklärung, Herr Vizekanzler, noch der Meinung, dass Sie eine durchaus ernsthafte und inhaltlich richtige Antwort gegeben haben und eigentlich auf dem richtigen Weg sind. Aber wenn ich dann wieder Ihren Klubobmann höre, der sich heute fast als Meister des Nebelgranaten-Werfens und als Meister des Tarnens und Täuschens entpuppt hat, dann, muss ich sagen, bin ich wieder enttäuscht, und dann dürfen Sie sich nicht wundern, wenn wir dann auch dementsprechend zurückschlagen. (Beifall bei der FPÖ. – Abg. Rädler: Weil er die Wahrheit gesagt hat!) – Na, er hat nicht die Wahrheit gesagt!

Herr Kollege Rädler, ich möchte für jeden Zwischenruf, den du machst, nur 1 €. – Ich wäre Millionär! (Neuerlicher Beifall bei der FPÖ.)

Herr Kollege Unterrainer sollte sich einmal dessen bewusst werden, als was er da: als freier Abgeordneter – oder als Lobbyist des Sparkassenverbandes. Das nur so nebenbei. (Beifall bei der FPÖ.)

Meine sehr geehrten Damen und Herren der ÖVP, ich sage Ihnen: Wir Freiheitliche – und jetzt kann ich nur für mich persönlich sprechen –, ich als Freiheitlicher habe nicht den geringsten Grund, dass ich Jörg Haider verteidige. Ich habe selber im Jahre 2005 erlebt, wie der Jörg Haider uns, das dritte Lager, an den Rand des Abgrunds geführt hat. Das weiß jeder, der in der Geschichte ein bisschen zurückdenken kann. Wenn Fehler passiert sind, dann sind sie aufzuklären, jawohl, aber sich jetzt einfach abzuputzen an einem Toten, das ist pietätlos! (Beifall bei der FPÖ.)

Wenn Sie wirklich der Meinung sind, dass Jörg Haider Schuld hat, dann machen wir den Untersuchungsausschuss! Wir Freiheitliche sind bereit, alles ab dem Jahr 2000 untersuchen zu lassen, und sollte sich eine Schuld erweisen, ja, dann werden wir das auch zur Kenntnis nehmen. Aber von vornherein zu sagen, die sind schuld, und immer wieder drei Buchstaben zu wiederholen, wie es der Herr Kollege Unterrainer gemacht hat, das ist, muss ich sagen, schwach, mehr als schwach! (Beifall bei der FPÖ. – Rufe bei der FPÖ – in Richtung SPÖ –: Erbärmlich! Erbärmlich!) Ja, es ist erbärmlich!


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Dabei gibt es so viele Fragen, die bei jeder neuen Diskussion über dieses Thema auftauchen. Jetzt wird immer wieder eine Insolvenz andiskutiert, andererseits wird be­hauptet, die Insolvenz können wir nicht machen, denn die Märkte würden überre­agie­ren, Österreich hätte jegliche Reputation verloren. Gleichzeitig wird uns eingeredet, wir mussten im Jahre 2009 die Hypo übernehmen, verstaatlichen, weil die Bayern mit einer Insolvenz gedroht haben. Da ist ja völlige Unlogik dabei. Die Bayern wären imstande gewesen, die Hypo in die Insolvenz zu schicken, aber wir sind es jetzt nicht. Diese Frage ist schon aufzuklären. (Präsident Kopf übernimmt den Vorsitz.)

Wenn Sie immer sagen, die Vorstände und Aufsichtsräte haben Schuld, ja, dann zeigen Sie sie an, dann befassen Sie die Gerichte damit! Die sollen dann ein etwaiges schuldhaftes Verhalten feststellen.

Was ist mit den Bilanzprüfern, die einen Bestätigungsvermerk gegeben haben? Die gehören ja dann genauso angezeigt! Warum werden die nicht angezeigt?

Dann gibt es das Paradoxon, dass man eine Taskforce installiert, eine Taskforce, die wieder nur aus involvierten Personen besteht, aus Personen, die eigentlich die Kontrolleure waren, die dann noch diese Bank hätten sanieren sollen oder Berater für den Herrn Vizekanzler sein sollen.

Herr Vizekanzler, eines verstehe ich auch nicht, wenn Sie zum Beispiel den Herrn Dirk Notheis jetzt als „Weisen“ heranziehen: Der war doch damals Berater der Bayern bei der Verstaatlichung. Also der hat ja genau die Gegenposition vertreten – und soll jetzt Sie beraten. Im besten Fall könnte man noch sagen, der könnte Ihnen Insiderinformationen geben, was ja nicht so schlecht wäre, aber die Gefahr ist natürlich auch gegeben, dass er durchaus wieder bayerische Interessen vertritt.

Das, was wir brauchen, sind Weisen, sind Experten, die nicht im österreichischen Bankensystem verhaftet sind – internationale Experten, die nicht rot-schwarz sind, sondern die das Ganze wirklich neutral beobachten und beurteilen und letzten Endes auch einem Untersuchungsausschuss Rede und Antwort stehen. Eines darf nämlich nie mehr wieder geschehen: dass solche Fehler, wie sie bei der Hypo Alpe-Adria vorgekommen sind, in Zukunft nochmal passieren, denn der Steuerzahler kann und darf nie mehr zur Verantwortung herangezogen werden! (Beifall bei FPÖ und Team Stronach.)

17.00


Präsident Karlheinz Kopf: Als Nächster zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Mag. Rossmann. – Bitte.

 


17.00.47

Abgeordneter Mag. Bruno Rossmann (Grüne): Herr Präsident! Werte Mitglieder auf der Regierungsbank! Hohes Haus! Wenn sich Herr Zakostelsky hier herstellt und von einer neuen politischen Kultur spricht, so kann ich das wirklich nur sehr begrüßen. Wenn er aber einige Sätze später sagt, dass wir, nämlich die Oppositionsparteien, für den Fall der Untersuchung der Causa in einem Untersuchungsausschuss nur die Show wollen, dann frage ich mich: Herr Abgeordneter, wo bleibt denn da die neue politische Kultur? (Beifall bei den Grünen sowie bei Abgeordneten der FPÖ.)

Herr Finanzminister, ja, wo bleibt sie denn? Das möchte ich dann sehen. Jetzt wurden gerade die Unterlagen betreffend Einsetzung eines Untersuchungsausschusses im Saal verteilt. Sie werden ja schon in wenigen Stunden Gelegenheit dazu haben, in einer namentlichen Abstimmung darüber zu befinden, ob wir einen Untersuchungs­ausschuss einsetzen werden oder nicht. Dass wir ihn brauchen, das ist unbestritten.

Es geht um zweierlei. Erstens geht es darum, die politische Verantwortung zu klären – das ist ganz klar –, aber zuvor brauchen wir eine Lösung für dieses so sensible


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Problem Hypo Alpe-Adria. Sie, Herr Finanzminister Spindelegger, haben sich heute hier darüber beklagt, dass Sie jetzt schon im Wochentakt Auskunft geben müssen. Da muss ich feststellen: Das ist eine sehr hilfreiche Übung, denn ich erinnere mich noch gut daran: Als Sie letzte Woche auf unsere Dringliche Anfrage hin hier gestanden sind, haben Sie ganze Antwortblöcke ausgelassen und keine Fragen gegeben – keine Fragen auf mögliche Malversationen, aber auch keine Fragen auf die Notverstaat­lichung, die gestellt worden sind. (Abg. Brosz: Antworten!) – Keine Antworten, pardon!

Sie haben heute zwar einiges gesagt, aber das ist bei Weitem noch nicht genug, als dass wir uns eine Meinung bilden könnten, wie denn in der Tat eine Lösung ausschauen soll. Wenn wir eine Lösung finden wollen, dann müssen Sie uns dabei unterstützen, möglichst rezente Informationen über den Zustand dieser Bank zu bekommen. Ich habe mir die Mühe gemacht, im Internet ein bisschen auf der Home­page der Hypo Alpe-Adria zu blättern. Da findet sich einiges an Material, da gibt es einen Offenlegungsbericht, da gibt es einen Halbjahresfinanzbericht, aber das sind alles nicht rezente Dinge.

Ich frage mich, Herr Finanzminister: Warum rücken Sie nicht die Bilanz des Jah­res 2013 heraus? Die Rohfassung müsste ja vorliegen. Da müssen ja interessante Erkenntnisse im Hinblick auf die Wertberichtigungen des vergangenen Jahres drinnen stehen. Da müssen aber auch interessante Dinge über die Höhe der sogenannten Non-Performing Loans drinnen stehen, denn es kann ja nicht sein, dass wir im Stundentakt von selbsternannten Experten Schätzungen darüber erfahren, wie viel uns denn die Hypo Alpe-Adria kosten wird. Wir hier in diesem Hohen Haus wollen uns selbst darüber ein Bild machen, wie viel uns das kosten kann. Und da müssen Sie uns einmal reinen Wein einschenken. (Beifall bei Grünen und Team Stronach.)

In Kürze werden Sie das ja im Übrigen tun müssen, weil Sie ja selbst gesagt haben, Sie wollen uns eine Lösung vorlegen. Sie haben gesagt, Sie werden uns eine Lösung vorlegen; da kann ich Sie natürlich nicht von dem freisprechen, was man Ihnen Ihrer Meinung nach nicht vorwerfen könne: Zeitverzögerung, Fahrlässigkeit, Hinausschieben einer Lösung.

Na selbstverständlich hat es hier Zeitverzögerung gegeben! Na selbstverständlich hat es hier in den letzten Jahren fahrlässiges Handeln gegeben! Und selbstverständlich sind Lösungsansätze hinausgeschoben worden – Lösungsansätze, die die Organe der Bank seit Jahren eingefordert haben. Sie haben lange mit der ehemaligen Finanz­ministerin Maria Fekter – jetzt ist sie gerade nicht im Saal – das Beteiligungsmodell verfolgt. Das war lange Zeit das Modell, von dem Sie geglaubt haben, es sei der Königsweg. In Wirklichkeit ist es die teuerste aller Lösungen. Das wissen wir aus der spanischen Szenerie. Dort hat man solche Lösungsansätze verfolgt, dort musste der Staat enorme Zinsen an die Banken zahlen, damit sie sich an solchen Lösungen beteiligen.

Aber wenn Sie jetzt wiederum auf die Taskforce setzen und auf der einen Seite sagen, die Taskforce werde uns ein Lösungsmodell vorsetzen, auf der anderen Seite aber gleichzeitig den Weg zur Insolvenz, zur Beteiligung der Gläubiger und Alteigentümer offenlassen, so bin ich aber dennoch in Sorge, dass es am Ende des Tages die Anstaltslösung werden wird. Der neue Vorsitzende der Taskforce, Ewald Nowotny, macht ja beständig nur eines: Er schließt die Insolvenzlösung aus. Wenn wir aber auf der Suche nach einer günstigen Lösung und der günstigsten Lösung für den Steuerzahler und die Steuerzahlerin sind, dann dürfen wir solche Lösungen nicht außer Acht lassen. Dann dürfen wir aber auch nicht auf jene Expertinnen und Experten der Taskforce hören, die solche Lösungsansätze aussparen. (Beifall bei den Grünen.)


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Daher noch einmal, Herr Finanzminister: Das, was wir brauchen – und da werden wir Sie vielleicht noch einmal hierher ins Hohe Haus oder in den Finanzausschuss vorladen –, das sind Informationen über den Zustand der Hypo Alpe-Adria. (Abg. Mag. Darabos: Und Ihre Lösung wäre?!)

Ja, das ist ja kein Geheimnis, dass wir uns dafür einsetzen, dass wir eine Lösung unter Beteiligung der Gläubiger und Alteigentümer haben wollen. Also wie oft müssen wir Ihnen das noch sagen? (Beifall bei den Grünen.)

Ich weiß nicht: Haben Sie bei den letzten Sondersitzungen und Dringlichen Anfragen geschlafen oder sind Sie nie da gewesen, Herr Kollege Darabos? Oder haben Sie unsere Anträge nicht gelesen? (Abg. Mag. Schieder: Sagen Sie einmal, wie! Sagen Sie nicht, was, sondern wie? Nicht jetzt „papert“ sein, sondern einmal ein Konzept vorstellen!)

Was heißt: „ein Konzept vorstellen“? Wir wollen, dass endlich Verhandlungen mit den Gläubigern aufgenommen werden. Das ist ein Lösungsansatz. Sie sagen immer nur, nein, eine Insolvenz kommt nicht in Frage. Und da zitiere ich dann wieder Herrn Kollegen Krainer, der jetzt nicht anwesend ist: Ach, das würde sozusagen unsere Zinssätze so in die Höhe treiben, und ein möglicher Vorteil aus einer Beteiligung der Gläubiger würde dazu führen, dass dem Staat die Zinssätze explodieren würden, was den Staat dann jährlich – so hat es zumindest dann einer Ihrer Kollegen gesagt – mit 2,7 Milliarden € belasten würde.

In dieser Form ist das ein wirklicher Unfug, denn das ist ja gar nicht erwiesen. Das hat ja das Verhalten der Ratingagenturen in der vergangenen Woche gezeigt, dass sie nicht auf das reagiert haben, was hier befürchtet wurde. Und wenn wir rasch eine vernünftige Lösung und auch eine Lösung im Sinne der Steuerzahler vorlegen, dann bin ich davon überzeugt, dass die Finanzmärkte auf diese Ihre Gefahren, die Sie da sehen, nicht reagieren werden. Aber wir müssen eben rasch Lösungen vorbereiten – und das fehlt mir. Herr Finanzminister, genau dieses fehlt mir.

Offen sind aber noch die Fragen, noch immer die Fragen, weil Sie gesagt haben, Herr Finanzminister, die Hypo sei eine systemrelevante Bank. – Das leuchtet mir noch immer nicht ein, warum die Hypo eine systemrelevante Bank sein soll. (Vizekanzler Dr. Spindelegger: ! Damals!) – Die Hypo war auch damals keine systemrelevante Bank. Sie war vielleicht systemrelevant im südosteuropäischen Raum, aber niemals im Kärntner Regionalraum. Niemals! Da hat es zur damaligen Zeit auch andere Experten aus der Bundesrepublik Deutschland gegeben, die schon damals der Insolvenz das Wort geredet haben, entgegen dem, was der Präsident der Europäischen Zentralbank Trichet gesagt hat, und entgegen den Behauptungen, die von Schieder und Co immer wieder gekommen sind, dass dann sofort das Land Kärnten mit einer Haftung in der Größenordnung von 20 Milliarden € belastet werden müsste.

Das stimmt doch in dieser Form überhaupt gar nicht. Eine systemrelevante Bank ist sie aber, glaube ich, auch im südosteuropäischen Raum nicht, schon von der Größe her gesehen nicht. Auch diese Zahlen habe ich mir in diesen Berichten angeschaut. Wie ist denn der Wert dieser Bankengruppe? Wie hoch ist denn das Volumen, das Bilanz­volumen dieser Banken? Das ist eine Bank von, bestenfalls, mittlerer Größenordnung, aber niemals eine systemrelevante Bank.

Im Übrigen – und das ist ja auch meine Sorge – stellt sich, wenn man diese Doku­mente liest, durchaus heraus, dass der Wert der Bankengruppe im südosteuro­päischen Raum einer ist, der sich in Milliardenhöhe bewegen würde. Und meine Sorge ist, dass man hier wie beim Österreichteil der Bank vorgehen wird, dass man diesen nämlich weit unter dem tatsächlichen Wert verkaufen wird. Das ist meine Sorge, dass da sozusagen ein Wert, der in der Hypo Alpe-Adria schlummert, auf der einen Seite


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verschenkt wird und die Hypo Alpe-Adria auf der anderen Seite auf den sogenannten Non-Performing Loans, also auf dem Teil, der nichts wert ist, in der Bank sitzenbleibt – und das zum Schaden der Steuerzahlerinnen und Steuerzahler. Das ist genau das Problem, das es zu vermeiden gilt.

Daher, Herr Finanzminister, fordere ich Sie auf, nicht allzu sehr und nicht allzu einseitig nur auf das zu hören, was Ihnen die Taskforce in deren Bericht Anfang März vorlegen wird, sondern in der Zwischenzeit auch andere Lösungen zu prüfen, die dahin gehen, die Gläubiger und Alteigentümer einzubeziehen.

Eines kann nicht sein: dass die SteuerzahlerInnen die Suppe auslöffeln, die ihnen andere eingebrockt haben. Die Steuerzahlerinnen und Steuerzahler können überhaupt nichts dafür, während die Gläubiger hingegen nicht schützenswert sind. Sie sind nämlich deshalb nicht schützenswert, weil sie sehr genau gewusst haben, und zwar zu jedem Zeitpunkt gewusst haben, dass die Haftungen des Landes Kärnten nichts wert sind, weil sie ein Vielfaches des Landesbudgets betragen haben.

Sie haben aber auch gewusst, dass diese (Präsident Kopf gibt das Glockenzeichen) – ich bin gleich am Schluss meiner Rede, Herr Präsident – Bank keine seriöse Bank ist. Und als es um die Emissionen gegangen ist, stand natürlich in den Emissionspro­spekten immer drinnen (Abg. Krainer: Schlusssatz!), mit welchen Risken das Kaufen von Anleihen verbunden ist. – Vielen Dank. (Beifall bei den Grünen.)

17.11


Präsident Karlheinz Kopf: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Dr. Hable. – Bitte.

 


17.11.35

Abgeordneter Dr. Rainer Hable (NEOS): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Mitglieder der Bundesregierung! Hohes Haus! Geschätzte Bürgerinnen und Bürger auf der Galerie und vor den Bildschirmgeräten! Wir haben uns vorgenommen, zu Beginn einer Rede ein Lob auszusprechen. Es fällt nicht immer ganz leicht, etwas zu finden, heute habe ich etwas gefunden. Daher, Herr Finanzminister, möchte ich auch dieses Lob aussprechen.

Dieses Gesprächsangebot an die Finanzsprecher aller Fraktionen, die beiden Treffen, die schon stattgefunden haben, sind ein Schritt in die richtige Richtung. Wir sind noch nicht ganz bei der notwendigen Transparenz – ich glaube, die Botschaft haben Sie verstanden –, aber das Gesprächsangebot ist wichtig und gut.

Zweitens ist auch die Einbindung internationaler Experten – das möchte ich betonen – ein Schritt in die richtige Richtung. Man muss die Perspektive der Experten, die uns beraten, über die Hypo-Taskforce erweitern.

Es ist also Bewegung in die Sache gekommen. Das ist erfreulich. Es ist auch Bewe­gung in die Taskforce gekommen. Der Leiter der Hypo-Taskforce, Liebscher, ist zurückgetreten. Ich war mir ohnehin nicht ganz sicher, ob das eine sehr gescheite Lösung ist, dass man gleichzeitig Aufsichtsratschef der Hypo ist und auch noch Chef der Hypo-Taskforce, also gleichzeitig in diesem Gremium drinnen sitzt und eben Chef des Expertengremiums ist, das uns sagt, wie wir mit der Bank umgehen sollen.

Aber das ganz Problematische, was Herr Liebscher und mit ihm die Hypo-Taskforce immer gesagt haben, war: Das Insolvenzszenario ist vom Tisch, wird nicht einmal angedacht. – Das war auf jeden Fall falsch. Aus der Hypo-Taskforce ist immer nur das Szenario der Anstaltslösung gekommen. Das ist zu wenig.

Jetzt schauen wir uns an, was denn mit dem Nachfolger ist. Die Nachfolge in der Hypo-Taskforce hat Gouverneur Nowotny angetreten. Das Problem ist, er sagt leider dasselbe. Also für ihn ist das Insolvenzszenario auch nicht wirklich am Tisch. Er hat


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gestern ein Interview im „profil“ gegeben und sehr interessante Dinge gesagt, die ich hier zitieren möchte.

Nowotny hat gesagt:

„Es muss klargestellt werden, dass die Republik für Haftungen und Schulden, die sie nicht mitbeschlossen hat, nicht geradesteht: eine klare No-Bail-out-Regelung. Damit weiß künftig der Käufer einer Anleihe, welches Risiko er eingeht.“ – Das sagt der Notenbankchef und neue Chef der Hypo-Taskforce.

Mit anderen Worten sagt er, man haftet nur dann nicht, wenn man ausdrücklich sagt, man haftet nicht. Das heißt, man haftet immer dann, wenn man nichts sagt. Das stellt sämtliche Grundsätze der Marktwirtschaft auf den Kopf. Das stellt sämtliche Grund­sätze des Zivilrechts auf den Kopf. – Und das vom neuen Chef der Hypo-Taskforce.

Nowotny sagte in diesem Interview auch – das ist der zweite Grund, warum eine Insolvenz nicht möglich wäre –, es gehe „um die finanzpolitische Reputation des Landes“.

Im selben Interview sagte Nowotny am Ende – ich zitiere –:

„Die Rating-Agenturen haben uns signalisiert, dass sie die Kosten für die Hypo als einmaligen Schritt betrachten und dies daher keinen negativen Effekt auf unser Rating hat.“

Das heißt, im selben Interview begründet Nowotny, dass eine Insolvenz nicht gehe, damit, weil unser finanzpolitischer Ruf auf dem Spiel stehe, und gleichzeitig sagt er, die Rating-Agenturen hätten das ohnehin schon längst verstanden und das werde unser Rating nicht beeinflussen. Da frage ich mich: Was jetzt, Herr Gouverneur Nowotny?

Nichtsdestotrotz, wir wollen nicht nur kritisieren. Wir wollen auch immer – das ist unser Selbstverständnis bei NEOS – konstruktive Lösungsvorschläge auf den Tisch legen.

Der Erste ist: Lassen wir das Insolvenzszenario am Tisch! Treten wir in Verhandlungen mit den Gläubigern!

Daher möchte ich folgenden Antrag einbringen:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Dr. Rainer Hable, Kolleginnen und Kollegen betreffend Aufnahme von Haircut- & Konvertierungsverhandlungen mit den Anleihegläubigern der Hypo Alpe-Adria-Bank International AG

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesregierung und insbesondere der Bundesminister für Finanzen werden aufgefordert, vor Fällen einer Entscheidung über die weitere Vorgangsweise in Hinblick auf die Hypo-Alpe-Adria-Bank International AG mit den Inhabern der durch die Kärnt­ner Landeshaftung besicherten Anleihen in Verhandlungen zu treten. Dabei ist insbe­sondere auf einen Schuldenschnitt, verlängerte Laufzeiten der Schuldver­schreibungen und reduzierte Zinssätze hinzuwirken. Im Gegenzug kann eine Besiche­rung durch den Bund angeboten werden.“

*****

Die zweite Frage, die sich nach den Konsequenzen stellt, ist zum Beispiel dieser OeNB-Prüfbericht aus dem Jahr 2009, der sich unmittelbar vor der Notverstaatlichung


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mit der Situation der Hypo beschäftigt hat. (Der Redner hält ein Exemplar des erwähnten Berichtes in die Höhe.)

Wenn man da hineinschaut, kommt man aus dem Staunen nicht heraus. Es sind zahlreiche Verletzungen des Bankwesengesetzes angeführt. Alles, was mit Kredit­vergabe, mit Kreditrisikomanagement, mit Kreditrisikosteuerung, also im Prinzip alles, was mit dem ureigensten Geschäft der Bank zu tun hat, wird kritisiert.

Zusammenfassend: massive strukturelle Defizite im operativen Management der Bank.

Da fragt man sich: Warum hat es keine Konsequenzen gegeben? Warum ist es auf dieser Grundlage, die unmittelbar vor der Notverstaatlichung erstellt wurde, überhaupt zur Notverstaatlichung gekommen? – Das sind viele ungeklärte Fragen. Daher ist natürlich auch ein Untersuchungsausschuss notwendig, dazu kommen wir noch. Aber es ist auch eine Stärkung des ureigensten Prüforganes dieses Nationalrates, dieses Parlaments, nämlich des Rechnungshofes notwendig.

Der Rechnungshof wurde durch die Mitarbeiterbeteiligung im Jahr 2005 als Prüforgan ausgeschaltet. Aus diesem Grund wollen wir den Rechnungshof stärken.

Wir bringen daher folgenden Antrag ein:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Dr. Rainer Hable, Kolleginnen und Kollegen  betreffend Erweite­rungen der Gebarungskontrolle des Rechnungshofes

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesregierung wird aufgefordert, so rasch wie möglich (verfassungs)ge­setz­liche Änderungen zu initiieren, die dem Rechnungshof die Möglichkeit geben, Unternehmungen zu prüfen, an denen der Bund allein oder gemeinsam mit anderen der Zuständigkeit des Rechnungshofes unterliegenden Rechtsträgern jedenfalls mit 25 % des Stamm-, Grund- oder Eigenkapitals beteiligt ist, sowie die Ausdehnung der Prüfmöglichkeiten bei der Übernahme von Länder- und Gemeindehaftungen.“

*****

Das ist ganz, ganz wichtig, denn auch bei einer Beteiligung von 25 Prozent ist sehr viel öffentliches Geld im Spiel. Da muss der Rechnungshof Prüfkompetenz haben. Und der Rechnungshof muss auch Landeshaftungen prüfen können. Das ist in Deutschland möglich, bei uns in Österreich nach wie vor nicht.

Die dritte und letzte Frage nach den Konsequenzen betrifft die Ursache dieses Prob­lems Landes-Hypobank. – Es ist kein Zufall, dass das Problem eine Landes-Hypobank ist. Wir haben insgesamt bei allen Landes-Hypos 50 Milliarden € an Haftungen. Kein einziges Bundesland könnte die Haftungen für seine jeweilige Hypo tragen. Die Rechnungsabschlüsse der Länder und Gemeinden sind nicht vollständig. Sie geben nicht die finanzielle Lage der Länder wieder; das sage nicht ich, das sagt der Rechnungshof. Und die Länder wehren sich gegen die Transparenz eines modernen Rechnungswesens. Warum? – Weil die Kameralistik alles zudeckt.

Wir wollen daher – und damit komme ich schon zum Schluss – ein einheitliches, modernes und transparentes Rechnungswesen, und der Finanzminister hat gemäß Artikel 16 Finanz-Verfassungsgesetz die Möglichkeit, den Ländern ein solches vorzu­schreiben.

Daher bringe ich folgenden Antrag ein:


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Entschließungsantrag

der Abgeordneten Dr. Rainer Hable, Mag. Dr. Matthias Strolz, Kolleginnen und Kollegen betreffend Erlass einer Verordnung gemäß § 16 Abs. 1 F-VG

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Der Bundesminister für Finanzen wird aufgefordert, im Einvernehmen mit dem Rech­nungshof eine Verordnung gemäß § 16 Abs. 1 F-VG zu erlassen, die eine verein­heitlichte Rechnungslegung der Länder im Sinne eines modernen und transparenten Rechnungswesens mit doppelter Buchführung und Bilanzierung gemäß internationaler Rechnungslegungsstandards vorsieht, sodass insbesondere Schuldenstand und Vermögensveränderungen klar ersichtlich sind.“

*****

Ein weiterer konstruktiver Lösungsvorschlag von uns, Herr Finanzminister!

Unsere Hand ist ausgestreckt für konstruktive Lösungsvorschläge, man muss nur zugreifen. – Danke schön. (Beifall bei den NEOS.)

17.20


Präsident Karlheinz Kopf: Die von Herrn Abgeordnetem Hable eingebrachten Entschließungsanträge sind ausreichend unterstützt und stehen daher mit in Ver­hand­lung.

Die drei Anträge haben folgenden Gesamtwortlaut:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Dr. Rainer Hable, Kolleginnen und Kollegen

betreffend Aufnahme von Haircut- & Konvertierungsverhandlungen mit den Anleihe­gläubigern der Hypo-Alpe-Adria-Bank International AG

eingebracht im Zuge der Debatte über die Dringliche Anfrage der Abgeordneten Dr. Kathrin Nachbaur, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Finanzen zum Thema „Mangelhaftes Krisenmanagement in der Causa Hypo-Alpe-Adria - zwischen Unwissenheit und scheinbarer Unwahrheit“

Um den Schaden aus der Causa Hypo für die Steuerzahler_innen möglichst gering zu halten, sollen die institutionellen Investoren, die bis heute Anleihepapiere der Hypo-Alpe-Adria-Bank halten, zum Leisten eines Beitrags angeregt werden. Im Gegenzug könnten die Anleihen anstelle einer Landeshaftung mittels Bundeshaftung abgesichert werden. Des Weiteren sollte über eine budgetschonende Verlängerung der Anleihe­laufzeiten sowie über eine Reduktion des Anleihezinssatzes auf marktübliche Kondi­tionen verhandelt werden.

Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgenden

Entschließungsantrag

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesregierung und insbesondere der Bundesminister für Finanzen werden aufgefordert, vor Fällen einer Entscheidung über die weitere Vorgangsweise in Hinblick auf die Hypo-Alpe-Adria-Bank International AG mit den Inhabern der durch die Kärnt-


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ner Landeshaftung besicherten Anleihen in Verhandlungen zu treten. Dabei ist insbesondere auf einen Schuldenschnitt, verlängerte Laufzeiten der Schuldverschrei­bungen und reduzierte Zinssätze hinzuwirken. Im Gegenzug kann eine Besicherung durch den Bund angeboten werden.“

*****

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Dr. Rainer Hable, Kolleginnen und Kollegen

betreffend Erweiterungen der Gebarungskontrolle des Rechnungshofes

eingebracht im Zuge der Debatte über die Dringliche Anfrage der Abgeordneten Dr. Kathrin Nachbaur, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Finanzen zum Thema „Mangelhaftes Krisenmanagement in der Causa Hypo-Alpe-Adria – zwi­schen Unwissenheit und scheinbarer Unwahrheit“

Die laufenden Untersuchungen im Zusammenhang mit der Hypo-Alpe-Adria-Bank International AG zeigen die Wichtigkeit einer laufenden Kontrollmöglichkeit durch den Rechnungshof.

Im Zuge der Leistungsbilanz 2013 wird bei den Gemeindeprüfungsverfahren die Problematik der mangelnden Transparenz in Bezug auf das Rechnungswesen deutlich. Die derzeit gesetzlich im Art. 126b Bundes-Verfassungsgesetz verankerte Hürde von 50 % Beteiligung des Bundes bzw. der Länder muss verkleinert werden, um dem Rechnungshof die Möglichkeiten zu geben, seine Aufgaben zur Kontrolle und Schutz der Verwendung von Steuergeldern der österreichischen Bevölkerung nachzugehen.

Darüber hinaus soll der Rechnungshof bei der Übernahme von Haftungen (Bürg­schaften, Ausfallsbürgschaften, Garantien, Schuldbeitritten) durch Länder oder Gemeinden, Zugang zur Kontrolle gewährt werden um hier rechtzeitig Risiken aufzu­zeigen und Empfehlungen aussprechen zu können.

Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgenden

Entschließungsantrag

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesregierung wird aufgefordert, so rasch wie möglich (verfassungs)ge­setzliche Änderungen zu initiieren, die dem Rechnungshof die Möglichkeit geben, Unternehmungen zu prüfen, an denen der Bund allein oder gemeinsam mit anderen der Zuständigkeit des Rechnungshofes unterliegenden Rechtsträgern jedenfalls mit mindestens 25% des Stamm-, Grund- oder Eigenkapitals beteiligt ist, sowie die Aus­dehnung der Prüfmöglichkeiten bei der Übernahme von Länder- und Gemeinde­haftungen.“

*****

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Dr. Rainer Hable, Mag. Dr. Matthias Strolz, Kolleginnen und Kolle­gen

betreffend Erlass einer Verordnung gem. § 16 Abs. 1 F-VG


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eingebracht im Zuge der Debatte über die Dringliche Anfrage der Abgeordneten Dr. Kathrin Nachbaur, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Finanzen zum Thema „Mangelhaftes Krisenmanagement in der Causa Hypo-Alpe-Adria - zwischen Unwissenheit und scheinbarer Unwahrheit“

Trotz aller Finanzskandale der letzten Zeit (Salzburger Finanzskandal, Swap-Skandal in Linz, die Verstaatlichung der Hypo Alpe-Adria wegen der Haftungen des Landes Kärnten, die Spekulationen mit Wohnbaugeldern in Niederösterreich) gibt es nach wie vor keinen wirklichen Überblick über die finanzielle Lage des Staates. Kommt es nicht endlich zu einer Vereinheitlichung der Rechnungslegung der Länder im Sinne eines modernen und transparenten Rechnungswesens mit doppelter Buchführung und Bilanzierung gemäß internationaler Rechnungslegungsstandards, wird sich das auch nicht ändern. Der Bund arbeitet seit 2013 nicht mehr mit dem veralteten System der Kameralistik, einige Länder wenden sie allerdings immer noch an. Als reine Ein- und Ausgabenrechnung sagt sie nichts über die aktuelle Vermögenssituation oder den Schuldenstand aus. Es bedarf daher einer Bilanzierung nach der doppelten Buch­führung, weil dann Verluste aus Finanzgeschäften, langfristigen Investitionen und Abschreibungen dargestellt würden. Verfassungsrechtlich hat der Bundesminister für Finanzen hierzu auch die Möglichkeit: Gem. § 16 Abs. 1 F-VG, welcher eine Bedarfs­kompetenz zur Erlassung einer gesetzesvertretenden Verordnung vorsieht, kann er im Einvernehmen mit dem Rechnungshof eine Verordnung erlassen, die ein einheitliches Rechnungswesen für die Länder vorsieht.

Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgenden

Entschließungsantrag

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Der Bundesminister für Finanzen wird aufgefordert, im Einvernehmen mit dem Rechnungshof eine VO gem. § 16 Abs. 1 F-VG zu erlassen, die eine vereinheitlichte Rech­nungslegung der Länder im Sinne eines modernen und transparenten Rech­nungswesens mit doppelter Buchführung und Bilanzierung gemäß internationaler Rechnungslegungsstandards vorsieht, sodass insbesondere Schuldenstand und Vermögensveränderungen klar ersichtlich sind.“

*****

 


Präsident Karlheinz Kopf: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Ertlschweiger. – Bitte.

 


17.21.08

Abgeordneter Rouven Ertlschweiger, MSc (STRONACH): Geschätzte Damen und Herren! Meine sehr verehrten Damen und Herren auf der Galerie! Werter Herr Prä­sident! Werter Herr Bundesminister! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Es wird! Schön langsam, aber sicher nähern wir uns an. Die Experten werden kommen, der „Weisen­rat“ ist im Gespräch – und der U-Ausschuss wird auch kommen.

Ich frage mich nur: Wovor haben Sie so viel Angst? Warum sträuben sich SPÖ und ÖVP mit Händen und Füßen gegen einen parlamentarischen Untersuchungsausschuss und damit gegen eine vollständige Aufklärung des gesamten Hypo-Debakels? Es versteht doch kein Steuerzahler in diesem Land, dass er für die Hypo brennen soll wie ein Luster, aber die Regierung die politische Verantwortung für dieses Desaster nicht vollständig aufklären möchte. Die Menschen verdienen die Wahrheit! (Beifall beim Team Stronach. – Abg. Mag. Kogler: Genau!)


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll14. Sitzung / Seite 172

Jeder einzelne Steuerzahler in diesem Land hat sich die Wahrheit verdient. Er hat sich verdient, dass die Personen, die für dieses Trauerspiel politisch verantwortlich sind, auch die Rechnung präsentiert bekommen. Und warum? – Weil wir Steuerzahler auch die Rechnung präsentiert bekommen. Wir können es uns auch nicht aussuchen. Wir werden auch vor vollendete Tatsachen gestellt.

Aber trotz dieser Mauertaktik habe ich die Hoffnung noch nicht ganz aufgegeben. Gott sei Dank gibt es auch in den Reihen von SPÖ und ÖVP noch immer Politiker, die sich über den Klub- und über den Parteizwang hinweg den Luxus einer eigenen Meinung leisten und sich auch trauen, diese Meinung zu artikulieren. Das finde ich großartig! (Beifall beim Team Stronach.)

Ich finde es großartig, dass sich diese Kolleginnen und Kollegen in puncto Hypo-Ausschuss keinen Maulkorb umhängen lassen, sondern ihrer inneren Überzeugung folgen, und ich gebe ihnen mit auf den Weg: Lassen Sie sich auch weiterhin keinen Maulkorb anlegen!

Im Nationalrat hat das bis dato nur Daniela Holzinger, als einzige SPÖ-Mandatarin, getan. Sie hat für einen U-Ausschuss gestimmt und ist ihrem Hausverstand gefolgt. Respekt!

Auch in den Bundesländern können die immer lauter werdenden Schreie der Bevöl­kerung nach völliger Aufklärung nicht mehr überhört werden. Salzburgs SPÖ-Chef Walter Steidl zum Beispiel hält einen U-Ausschuss mittlerweile für – ich zitiere den „Kurier“ – „demokratiepolitisch sinnvoll“. Oberösterreichs SPÖ-Geschäftsführer Chris­tian Horner äußerte sich ähnlich, genauso wie Vorarlbergs SPÖ-Chef Michael Ritsch. Respekt, meine Herren! Nicht zu vergessen natürlich der burgenländische Landeshauptmann, mein Landeshauptmann Hans Niessl von der SPÖ, der ebenfalls über seinen Parteischatten gesprungen ist und einen parlamentarischen U-Ausschuss befürwortet. Ich würde mir übrigens wünschen, dass er so ein Engagement auch bei der Polizeipostendebatte an den Tag legen würde. (Beifall beim Team Stronach.)

Genau das ist es nämlich, was die Menschen wollen und was sie sich auch erwarten. Die Menschen in diesem Land erwarten sich Politiker mit Rückgrat und Politiker, die nicht nur schwafeln, meine Damen und Herren, sondern die auch handeln.

Auch wenn sich viele Abgeordnete in den Reihen von SPÖ und ÖVP bis dato von der Forderung nach einem parlamentarischen Untersuchungsausschuss noch relativ unbeeindruckt zeigen, sei ihnen eines mit auf den Weg gegeben: Gehen Sie bitte hinaus zu den Menschen und erklären Sie ihnen, warum Sie auf diesem Standpunkt stehen! (Beifall beim Team Stronach.)

Gehen Sie hinaus, der Bürger beißt nicht! Sie werden verblüfft sein, was Ihnen diese Menschen erzählen. Sie werden verblüfft sein, was Ihnen die in den Medien oft strapazierte Billa-Verkäuferin sagen wird, wenn sie jetzt künftig noch stärker zur Kasse gebeten wird. Egal, ob sie sich ein Auto kauft, eine Flasche Sekt leistet oder einfach nur aus der Trafik Zigaretten holt, sie wird die zusätzliche Belastung spüren, und es wird ihr wehtun, sehr sogar. Gerade sie hat verdient, dass hier vollständig aufgeklärt wird und die politisch Verantwortlichen auch zur Rechenschaft gezogen werden.

Ich bitte Sie daher nochmals inständig: Springen Sie in puncto Hypo-U-Ausschuss endlich über Ihren Parteischatten und verhindern Sie nicht länger eine lückenlose Aufklärung, sobald eine seriöse Lösung für das Hypo-Desaster gefunden ist! – Die Betonung liegt auf „eine seriöse Lösung“: eine Lösung, die dem Steuerzahler am wenigsten wehtut und die die Märkte, die heute schon oft erwähnt wurden, am wenigsten in Aufregung versetzt.


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll14. Sitzung / Seite 173

Sobald diese Lösung auf Schiene ist, muss ein parlamentarischer Untersuchungs­ausschuss eingesetzt werden. Alles andere versteht kein Mensch in diesem Land. Zocken und dann auch noch Vertuschen geht gar nicht! Und glauben Sie es mir: Die Menschen werden Ihnen dankbar sein, denn die Wahrheit ist den Menschen zumutbar. – Danke. (Beifall beim Team Stronach.)

17.26


Präsident Karlheinz Kopf: Als Nächster gelangt Herr Abgeordneter Kucher zu Wort. – Bitte.

 


17.26.15

Abgeordneter Philip Kucher (SPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Geschätzte Regierungsmitglieder! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Die Österreicherinnen und Österreicher – ich denke, wir alle – sind zu Recht wütend über das Ausmaß dieser Hypo-Misere. Was mich aber persönlich wirklich fassungslos macht, ist, dass dieser Hypo-Skandal nun plötzlich zu einem Skandal der neuen Kärntner Landesregierung oder gar der Bundesregierung umzu­deuten versucht wird.

Herr Vizekanzler Spindelegger, wenn ich mich richtig erinnere, sind Sie aus Nieder­österreich. Wenn ich mich richtig erinnere, waren Sie nie Mitglied der FPÖ. (Ruf bei der ÖVP: Gott sei Dank!) Wenn ich mich richtig erinnere, waren Sie auch nie Finanzlan­desrat in Kärnten. Und wenn ich mich richtig erinnere, waren Sie auch nie Hypo-Aufsichtskommissär in Kärnten. (Beifall bei der SPÖ sowie bei Abgeordneten der ÖVP.)

Die neue Kärntner Landesregierung arbeitet Tag für Tag daran, die finanzielle Schräglage wieder in Ordnung zu bekommen. Wir versuchen wirklich, auch für die Republik Österreich wieder ein verlässlicher Partner zu sein.

Liebe Frau Kollegin Nachbaur, weil Sie immer so locker auch über den Zukunftsfonds sprechen: Fragen Sie bitte auch einmal bei Ihrem Kollegen Gerhard Köfer in Kärnten nach! Die Hypo-Misere ist definitiv nicht die einzige Baustelle, die uns die Freiheitlichen in Kärnten hinterlassen haben. (Beifall bei der SPÖ sowie bei Abgeordneten der ÖVP.)

Aber halten wir noch einmal die Fakten fest, wie es zu dieser unfassbaren Misere gekommen ist! (Abg. Dr. Jarolim: Das kann man nicht oft genug sagen!) – Ich danke dir! Das sehe ich auch so.

Der fatale Expansionskurs der Hypo ist in engster Abstimmung mit den freiheitlichen Finanzlandesräten, die als Hypo-Aufsichtskommissäre vollen Einblick in die Geschäfte gehabt haben, erfolgt. Die Übernahme hoher Landeshaftungen war eine Idee Jörg Haiders, weil man sich über die Haftungsprovisionen das nötige Spielgeld für die Landeskassa besorgen wollte. Ich erinnere hier nur an zirka 600 000 € für die Klagen­furter Seebühne, an eine inzwischen insolvente Fluglinie oder das Schlosshotel Velden.

Kommen wir noch einmal kurz zum Verkauf der Hypo zurück. Dieser Verkauf ist ohne öffentliche Ausschreibung, vorbei an der Kärntner Öffentlichkeit erfolgt. Eine Investorengruppe um Tilo Berlin hat damals innerhalb von wenigen Monaten 150 Millio­nen € kassiert. Gaby Schaunig und Rolf Holub, die das wirklich mit ganzer Kraft kritisiert haben, sind persönlich diffamiert und in dieser Frage auch mit Klagen einge­deckt worden.

Weil heute im Nachhinein so viel über die Notverstaatlichung diskutiert wird: Wenn die Bayerische Landesbank die Hypo in Konkurs geschickt hätte, wären die 20 Milliarden € an Haftungen des Landes sofort schlagend geworden. Tausende kleine Sparer haben damals nicht gewusst, wie es weitergeht. Zwei Monate vor Weihnachten war für ihr


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Unternehmen nicht klar, wie es weitergehen soll. Wir hätten in Kärnten in Wahrheit das Licht abdrehen können.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, natürlich stellt sich auch die Frage der politischen Verantwortung: Wer ist verantwortlich dafür, dass dieses Schlamassel Hypo in Wahrheit jetzt allen österreichischen Steuerzahlerinnen und Steuerzahlern zur Last fällt? (Ruf bei der FPÖ: Der Bundeskanzler!)

Ich möchte dazu zwei Zeugen zitieren. Beide Zeugen gehören nicht mehr der Fraktion an, sind also unbefangen, und weil Fakten so wichtig sind, darf ich diese Zeugen auch zitieren: einerseits Rolf Holub, der im Kärntner Untersuchungsausschuss Tausende Akten gesichtet hat, Zeugen gehört hat und natürlich auch die Frage nach der politischen Verantwortung durchleuchtet hat. Weil die Fakten so wichtig sind, zitiere ich ihn gerne noch einmal:

„Es kann festgestellt werden, dass die Notverstaatlichung der Hypo Group Alpe Adria verhindert werden hätte können, wenn sämtliche aufgezeigten operativen Schwächen der Bank seit 2001 zeitnahe und umfassend behoben worden wären.

Insofern liegt die politische Verantwortung dafür vor dem Hintergrund der Landes­haftung bei den zuständigen Finanzlandesreferenten Ing. Karl Pfeifenberger, Dr. Jörg Haider und Mag. Harald Dobernig.“ (Beifall bei der SPÖ.)

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Da dieser eine Zeuge vielleicht nicht reichen würde, möchte ich gerne auch noch einen zweiten Zeugen zitieren. Da Herr Strache allen anderen politischen Parteien und Expertinnen und Experten nicht glaubt, nehme ich an, dass Herr Strache zumindest seinen eigenen Worten Glauben schenken wird. Ich darf also Herrn Strache aus einer Presseaussendung wortwörtlich zitieren:

„Hypo Alpe-Adria: Haider ist voll und ganz verantwortlich“

„FPÖ-Bundesparteiobmann HC Strache wies heute die Behauptungen von Kärntens Landeshauptmann Haider, daß er von den Spekulationsgeschäften der Hypo Alpe-Adria nichts gewußt habe, entschieden zurück. () Strache verwies in diesem Zusammenhang auch darauf, daß es sich bei dieser Bank um Haiders Hausbank handle,

Die Hypo Alpe-Adria habe bereits 2004 330 Millionen Euro verspekuliert. Haider habe dies bisher vertuscht.

Haider könne sich nicht so einfach abputzen und aus der Affäre ziehen, betonte Strache. () Man müsse sich auch die berechtigte Frage stellen, ob der wundersame Rückzug Karl Pfeifenbergers Anfang 2005 mit dem Skandal in einem direkten Zusammenhang stehe. Auch die Behauptung Haiders, daß er sich nie in die Bankgeschäfte eingemischt habe, entspreche nicht der Wahrheit.“ (Ruf bei der SPÖ: Bravo!)

Und abschließend: „Die Verantwortung, stellte Strache klar, liege voll und ganz bei Landeshauptmann Haider in seiner Eigenschaft als Finanzreferent.“ (Beifall bei der SPÖ sowie bei Abgeordneten der ÖVP. – Abg. Mag. Darmann: Wieso bist du gegen einen Untersuchungsausschuss?)

Herr Strache, ich sage das ganz, ganz offen: Sie haben recht, der Hypo-Skandal war, ist und bleibt ein freiheitlicher Skandal! (Beifall bei SPÖ und ÖVP sowie Bravorufe bei der SPÖ. – Zwischenrufe bei der FPÖ.)

17.32


Präsident Karlheinz Kopf: Als Nächster gelangt Herr Abgeordneter Wöginger zu Wort. – Bitte.

 



Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll14. Sitzung / Seite 175

17.32.15

Abgeordneter August Wöginger (ÖVP): Herr Präsident! Herr Vizekanzler! Ge­schätzte Mitglieder der Bundesregierung! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Wir können dieses Thema, das zu Recht der österreichischen Bevölkerung unter den Nägeln brennt, noch so oft diskutieren, aber um eine Frage kommen wir nicht herum: Warum haben wir dieses Problem? Und warum muss die jetzige Bundesregierung, vor allem auch unter der Verantwortung des Finanzministers, eine Lösung präsentieren, die im Sinne der Steuerzahlerinnen und Steuerzahler ist? (Abg. Podgorschek – mit einer weit ausholenden Handbewegung das Schwenken eines Weihrauchkessels andeutend –: Der Weihrauch fehlt noch!) – Es ist und bleibt ein Debakel der Freiheitlichen Partei in Kärnten unter der damaligen Landeshauptmannschaft von Jörg Haider! (Beifall bei der ÖVP. – Abg. Podgorschek: Der Weihrauch fehlt noch! – Abg. Mag. Kogler: Und was haben Sie vier Jahre lang getan?)

Meine Damen und Herren, das müssen Sie sich gefallen lassen! (Abg. Podgorschek: Der Weihrauch fehlt noch!) Nicht der Weihrauch, Herr Kollege! Herrn Kollegen Strache könnte man ja ausrichten: Die Geister, die ich rief,  – Wir haben gehabt: die Freiheitlichen in Kärnten, die FPK, zwischendurch das BZÖ. Und das, was der Kollege von der SPÖ gerade gesagt hat, ist ja so bezeichnend. (Abg. Podgorschek: Hast du nicht aufgepasst, was ich gesagt habe?) Als nämlich der Jörg Haider unter dem BZÖ angetreten ist, hat der Herr Strache natürlich gesagt: Ein Skandal, ein Wahnsinn, so kann es nicht sein! – Sie haben sich mit diesen FPKlern wieder zusammengeschlossen (Rufe bei der FPÖ: „Vor allem mit Haider!“ „Vor allem mit Haider!“), und heute wissen Sie nicht, wie Sie dieses Debakel wegbringen von Ihrer Partei. Es pickt aber bei Ihnen! Es pickt bei der FPÖ (Abg. Podgorschek: So wie der Martinz!), es pickt bei den Freiheitlichen in Kärnten, und dort wird es auch bleiben, meine Damen und Herren! (Beifall bei der ÖVP.)

Das Land Kärnten hat in einer völlig unverantwortlichen Haltung über 24 Milliarden an Haftungen übernommen. (Abg. Mag. Darmann: Gemeinsam mit der ÖVP und der SPÖ! – Das ist ja unfassbar!) Das ist mehr als das Zwölffache eines jährlichen Landesbudgets in Kärnten! Mehr als das Zwölffache!

Meine Damen und Herren, und dann stellt man sich heute hier her und sagt: Von dem haben wir nichts gewusst! Die Schuld ist dann im Jahr 2009 passiert, als in der schlimmsten Zeit einer wirtschaftlichen Krise die Bundesregierung mit hoher Verantwortung gehandelt hat und als ganz Österreich dafür eingestanden ist, damit Kärnten nicht insolvent wird und damit diese Haftungen nicht schlagend werden, meine Damen und Herren. Das ist doch die Wahrheit!

Sie haben ein bankrottes Haus verkauft, aber die Bürgschaft und die Haftung sind im Land geblieben, und sie sind letzten Endes beim Steuerzahler geblieben, oder beim Bund, wie man es haben will. Wir haben doch nicht sagen können, Kärnten soll in Konkurs gehen, Kärnten soll bankrott gehen! Das hat sich die Bevölkerung in Kärnten auch nicht verdient. (Beifall bei der ÖVP.)

Was Sie von der FPÖ jetzt wollen, ist doch klar: ein Ablenkungsmanöver. Weg von dem! – Das versteht man ja durchaus. Aus der Perspektive der FPÖ ist das nachvollziehbar. – Weg von dieser Zeit! Die hat es nie gegeben! Wir haben uns mit denen wieder ins Bett gelegt, aber das darf nicht aufscheinen! Daher muss etwas anderes her, es muss ein anderer Sündenbock gesucht werden! – Das ist doch die Realität. (Abg. Podgorschek: Machen wir einen Untersuchungsausschuss!)

Und Sie spielen mit, meine Damen und Herren von den Grünen! Wenn Sie wenigstens so weit wären, zu sagen: Ja, dort hat es den Ursprung genommen, dort hat alles begonnen, und dort muss man auch mit der Aufklärung beginnen, meine Damen und


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Herren (Abg. Podgorschek: Wir haben eh kein Problem!), nicht mittendrin in dieser Aufklärungsdebatte, sondern dort, wo es begonnen hat! (Beifall bei der ÖVP. – Abg. Podgorschek: Gust, warst du beim Bundesheer? Weißt eh: Nebelgranaten werfen! Tarnen und täuschen!)

Wir von der ÖVP, meine Damen und Herren, nehmen die Verantwortung wahr, vor allem unser Finanzminister und Vizekanzler Michael Spindelegger! Er nimmt die Verantwortung wahr, mit ruhiger Hand, aber genau mit einem Ziel vor Augen: das, was für die Österreicherinnen und Österreicher, für die Steuerzahlerinnen und Steuerzahler notwendig ist, nämlich das beste Modell für die Bevölkerung in dieser schwierigen Situation zustande zu bringen.

Da zeigt unser Vizekanzler absolute Leadership! Ich bedanke mich bei Ihnen, Herr Vizekanzler, dass Sie da wirklich das Zepter in der Hand haben und, auch mit den Expertinnen und Experten, in einer äußerst schwierigen Situation um eine gute Lösung ringen! (Beifall bei der ÖVP.)

Es gibt keine Zeitverzögerung, meine Damen und Herren. Die Taskforce besteht aus Experten – aus der FMA, aus der Nationalbank, aus dem Ministerium, auch auswärtige Experten werden natürlich hinzugezogen –, und es wird auf Hochtouren gearbeitet. Der Minister hat Ihnen auch bereits angekündigt, dass in den nächsten Tagen ein gut aufbereitetes Modell vorgelegt werden wird.

Aber worum geht es? – Die Regierung hat kein Anstaltsmodell als Vorgabe vorge­geben, nein! Der Finanzminister betont permanent: Es muss nach Lösungen gesucht werden, bei denen die Gläubiger beteiligt werden. Es muss nach einer Lösung gesucht werden, wo natürlich auch das Land Kärnten nicht sagen kann, wir beteiligen uns nicht an der Aufarbeitung dieses Milliardendebakels. Und auch was die BayernLB betrifft, meine Damen und Herren, weil immer gesagt wird, es sei nichts passiert: Natürlich gibt es den Eigenkapitalersatz von rund 2,5 Milliarden €! Das haben wir der Finanzminis­terin Maria Fekter zu verdanken (Abg. Mag. Rossmann: Der Frau Fekter haben wir auch was zu verdanken?! – Millionen Steuer zahlen!), die auch für gute Lösungen gekämpft hat – nicht immer in der Öffentlichkeit, aber sie hat in den vergangenen Jahren viel geleistet, damit das Desaster nicht so ausfällt, wie es anfangs ausgesehen hat. (Beifall bei der ÖVP.)

Meine Damen und Herren! Die Einbindung der Opposition ist erfolgt, und ich glaube, gerade bei diesem schwerwiegenden Thema ist das auch notwendig. Es hat auch gestern wieder diese Runde mit den Finanzsprechern gegeben. (Abg. Mag. Kogler: Aber das wird den Untersuchungsausschuss nicht ersetzen! Sonst gehen wir nicht mehr hin, das sag ich Ihnen gleich!)

Und abschließend auch von meiner Seite ein klares Wort zum Untersuchungs­ausschuss: In Kärnten hat es diesen gegeben, von Ihrem Parteikollegen Holub geleitet. Dort gehört er auch hin, meine Damen und Herren! (Zwischenrufe bei Grünen und FPÖ.) – Lassen Sie mich ausreden! – Derzeit sind rund 100 Verfahren im Laufen. Vier Staatsanwälte und 30 Ermittler sind in Kärnten im Einsatz. Ja, wir sind für die gericht­liche Aufklärung des Milliardendesasters in Kärnten! Die Justiz ermittelt, und wir wollen diese Ermittlungen nicht behindern, meine Damen und Herren. (Abg. Mag. Kogler: Was hat denn das mit den Untersuchungszeiträumen zu tun?) Und wir sagen auch Ja zu einem objektiven Weisenrat von international anerkannten Expertinnen und Experten.

Ja, meine Damen und Herren, so stellen wir uns Aufarbeitung und Aufklärung vor! Was wir nicht wollen, das ist ein politisches Tribunal – die Handschellen hat ja Herr Kollege Strache schon vorgeführt –, und wir wollen auch keine Vorverurteilungen in diesem


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Zusammenhang, nur damit man von der eigenen Problematik ablenken kann. Das, meine Damen und Herren, tragen wir nicht mit! (Beifall bei der ÖVP.)

Wir brauchen jetzt eine Lösung, die beste Lösung im Sinne der Steuerzahlerinnen und Steuerzahler, jene, die diese am wenigsten belastet. (Abg. Mag. Rossmann: Wie schaut die aus?) Das wird der Vizekanzler in den nächsten Tagen vorlegen. Und dann, meine Damen und Herren, liegt es an uns allen – es liegt an uns allen, auch an der Opposition –, hier die Verantwortung wahrzunehmen (Abg. Mag. Rossmann: Jetzt kommt schon wieder der Schulterschluss! – Abg. Podgorschek: Jetzt kommt wieder der Weihrauch!), um dieses Modell dann letzten Endes auch im Sinne der österreichi­schen Bevölkerung mitzutragen und umzusetzen. (Beifall bei der ÖVP sowie bei Abgeordneten der SPÖ. – Abg. Podgorschek: Jetzt kommt wieder der Weihrauch, hintennach!)

17.39


Präsident Karlheinz Kopf: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Mag. Darmann. – Bitte.

 


17.39.23

Abgeordneter Mag. Gernot Darmann (FPÖ): Herr Präsident! Werte Mitglieder der Bundesregierung! Hohes Haus! Es ist schlichtweg erbärmlich – das ist das richtige Wort –, was Vertreter der Regierungsfraktionen in ihrer Funktion als Abgeordnete zum Nationalrat, die eine Kontrollverpflichtung gegenüber dieser Bundesregierung hätten, hier aufführen, geschätzte Damen und Herren! (Beifall bei der FPÖ.)

Gut, vom Kollegen Kucher sind wir es gewohnt, Kollege Wöginger weiß es nicht besser. Aber, geschätzte Damen und Herren, es ist der ÖVP-Klubobmann Lopatka hier herausgegangen und in seiner Zudeckermentalität, in der Verhinderung eines notwen­digen Untersuchungsausschusses nicht davor zurückgeschreckt, persönliche Anfein­dungen, Diskreditierungen gegenüber einzelnen Mitgliedern des Nationalrates zu machen, und das nur aus einem Grund, und – und das war ich, der da betroffen war, Herr Kollege Lopatka, und ich erwarte mir von Ihrer Seite, weil ich es von Ihnen nicht gewohnt bin, eine Entschuldigung dafür – mich in die Nähe eines Verbrechens zu schieben. (Beifall bei der FPÖ. – Zwischenruf des Abg. Dr. Lopatka.)

Die Frau Präsidentin hat zu diesem Zeitpunkt auch wunderbar weggehört und das nicht mit einem Ordnungsruf bedacht. (Zwischenruf bei der SPÖ.)

Herr Klubobmann, das muss man auch einmal sagen, Sie haben mich hier in die Nähe eines Verbrechens gerückt, mir das vorgeworfen (Abg. Dr. Lopatka: Ich habe gesagt, Sie waren Mitglied des Kärntner Landtages!), und dann haben Sie nicht die Größe gehabt, hier vor allen Personen auch zu sagen, dass das nicht stimmt (Abg. Dr. Lopatka: Was habe ich gesagt?!), denn ich habe als einzige „Tat“ begangen – wenn ich es so formulieren will –, dass ich Mitglied des Untersuchungsausschusses im Kärntner Landtag war und dort versucht habe, Licht ins Dunkel zu bringen, was das Kontrollversagen der Bundesbehörde in dieser Aktivität der Finanzmarktaufsicht, der Oesterreichischen Nationalbank bezüglich Hypo betroffen hat, geschätzte Damen und Herren. (Beifall bei der FPÖ.)

Kollege Wöginger hat mir – nicht wissend, wunderbar – den nicht roten, sondern schwarzen Teppich ausgerollt. Wenn Sie sagen, dieses Thema gehört allein in einen Untersuchungsausschuss des Kärntner Landtages, werde ich Ihnen eines vorhalten, nämlich die Aussageverweigerung der entsprechenden Vertreter der Bundesbehörden im Kärntner Landtag, im Untersuchungsausschuss, wo die Vertreter der Oesterreichi­schen Nationalbank und der Finanzmarktaufsicht uns im Kärntner Landtag gesagt


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haben, uns in Kärnten geht das nichts an, was die Bundesaufsicht bei der Hypo-Bank gemacht hat.

Deswegen, geschätzte Damen und Herren, brauchen wir auch einen Untersuchungs­ausschuss hier im Parlament (Beifall bei der FPÖ), um dieses fortgesetzte Kontroll­versagen der Bundesbehörden aufzuzeigen!

Eines ist schon interessant, und das ist auch die Logik aus Ihrem Zudecken und Ihrem Verhindern des Untersuchungsausschusses (Abg. Mag. Kogler: Nicht einmal die Akten haben sie geliefert!): Wer hat denn was zu verbergen, meine Damen und Herren? (Abg. Mag. Kogler: Aktenverweigerung!) – Sie haben vorweg bereits einen Schuldigen. Die Fakten zur Beschuldigung wollen Sie aber nicht wissen. Wem nützt es denn, wenn es so ist, wie Sie es gemäß Ihren eigenen Meinungen, die wir heute gehört haben, insbesondere aus den Sektoren SPÖ und ÖVP, darstellen, dass nämlich die Freiheitlichen an allem schuld sind, wem würde es denn nützen, wenn das so ist, wenn wir einen Untersuchungsausschuss machen? – Wenn die Fakten es belegen, würden Sie bestätigt werden. (Abg. Mag. Kogler: Sie haben ja sogar die Akten verweigert! Wo sind denn die, Herr Wöginger?!)

Tatsache ist aber, dass Sie, Herr Klubobmann Schieder, bei der Verstaatlichung dabei waren und dass Sie, Herr Klubobmann Lopatka, bei der Verstaatlichung dabei waren, und dass Ihnen bis da oben die Sorge steht, dass bei diesem Untersuchungs­ausschuss hier im Parlament entsprechende Fakten zutage treten, die Ihnen auch Ihren Klubobmannsessel und auch das Mandat kosten könnten. (Beifall bei FPÖ und Grünen sowie der Abg. Ing. Dietrich. – Zwischenruf bei der SPÖ.)

Das ist die Wahrheit und der Grund dafür, warum Ihre Klubs sich hinter Ihnen verstecken, hinter Ihnen verstecken müssen, Herr Klubobmann, denn ich gehe davon aus, dass viele Ihrer Abgeordneten und viele der Abgeordneten der ÖVP sehr gerne einen Untersuchungsausschuss unterstützen würden, sage ich einmal, aber sie dürfen nicht, weil sie hier entsprechende Personen der ehemaligen Bundesregierung, die personell so gut wie eins mit der neuen Bundesregierung ist, decken müssen. (Abg. Mag. Schieder: Sie haben den Dreck am Stecken und reden so über uns?!)

Das ist die Wahrheit, meine Damen und Herren, das soll die Bevölkerung auch wissen. Und deswegen erneuern wir nach wie vor und fortgesetzt unseren Antrag, unser Ersuchen, diese Vorfälle in einem Untersuchungsausschuss aufzuklären. – Danke schön. (Beifall bei FPÖ, Grünen und Team Stronach.)

17.43


Präsident Karlheinz Kopf: Als Nächste gelangt Frau Abgeordnete Mag. Meinl-Reisinger zu Wort. – Bitte.

 


17.44.04

Abgeordnete Mag. Beate Meinl-Reisinger, MES (NEOS): Sehr geehrter Herr Prä­sident! Sehr geehrte Mitglieder der Bundesregierung! Zunächst einmal auch ein herzliches Hallo an die Leute da draußen, vor allem an die Leute, die jetzt vor dem Parlament stehen. – Ich weiß nicht, ob sie noch stehen. Ich hoffe, sie stehen noch, und ich hoffe, sie stehen noch lange und sie stehen immer wieder. Sie demonstrieren heute und hier für die Einsetzung eines Untersuchungsausschusses.

Ich danke euch da draußen und ich hoffe, ihr kommt wieder und werdet diesen Druck aufrechterhalten. Danke schön! (Beifall bei NEOS, Grünen und Team Stronach sowie des Abg. Podgorschek.)

Es sind heute nicht sehr viele gewesen, es war überschaubar, aber ich denke, es ist wichtig, diesen Druck aufrechtzuerhalten.


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll14. Sitzung / Seite 179

Herr Vizekanzler, Sie haben gesagt: Schon wieder eine Dringliche Anfrage! – Es muss halt sein. Wir müssen den Druck aufrechterhalten, genauso wie die Bevölkerung, die Steuerzahlerinnen und Steuerzahler, die Bürger den Druck aufrechterhalten müssen, damit in dieser Sache etwas passiert, damit in dieser Sache ein so wesentlicher U-Ausschuss eingesetzt wird.

Warum ist der so wesentlich? – Das ist eine der drei Fragen, die uns beschäftigen: Wie konnte es überhaupt so weit kommen?

Ich muss sagen, ich freue mich sehr, dass die FPÖ hier an Bord geht und sehr wohl sagt: Ja, wir untersuchen das, wir untersuchen das ab dem Jahr 2000, wir schauen uns das an und wir stehen dazu. – Ein herzliches Dankeschön! Ich denke, über den Schatten springen, das könnten die beiden Regierungsparteien heute auch tun, aber wir werden zum Untersuchungsausschuss später noch sprechen.

Wie konnte es so weit kommen? – Natürlich ist da diese Geschichte, diese Frage in Kärnten mit den Haftungen. Natürlich stellt sich aber auch die Frage, was danach passiert ist, in der Zeit bis zur Notverstaatlichung. Wie schaut es eigentlich aus mit der Rolle der Grazer Wechselseitigen? Was ist genau in dem Jahr 2009 bis zu dieser Notverstaatlichung passiert?

Ich glaube, dieser Untersuchungsausschuss wird sehr intensiv alles beleuchten, was in diesen Monaten, zumindest seit Juli, August, als offensichtlich schon Verhandlungen gelaufen sind, im Jahr 2009 passiert ist.

Das werden wir beleuchten müssen. Natürlich ist das eine Frage, die aktuelle Vertreter der beiden Regierungsklubs betreffen wird, und ich denke, das ist der Hauptgrund, warum Sie sich hier so sehr weigern. Ich bin schon sehr gespannt auf diesen U-Ausschuss, und er wird kommen.

Die zweite Frage lautet: Warum ist danach nichts geschehen? – Diese Frage wurde hier schon oftmals angesprochen. Experten haben das auch schon mehrfach betont, nicht nur eingefordert, schon im vergangenen Jahr, dass hier endlich eine Abwicklung erfolgen, ein Abwicklungsszenario vorgelegt werden soll.

Ich meine, es ist eigentlich schon interessant, dass man jetzt sagt, jetzt werden die verschiedenen Szenarien berechnet. Ich muss ganz ehrlich sagen, ich verstehe nicht, wie man etwas vier Jahre lang als Problem mit sich herumtragen kann und das nicht schon längst berechnet ist. Ich verstehe das einfach nicht!

Klar gibt es immer wieder Überlegungen, wie die aktuellen Entwicklungen sind und was das für das Rating bedeutet, aber diese Berechnungen müssen da sein, es müssen Szenarien entworfen worden sein. Wieso ist da nichts geschehen? Ich kann mir das nicht vorstellen.

Jetzt stellt sich aber die Frage, wie es weitergeht. Da danke ich auch, Herr Vizekanzler, dass Sie zumindest in zaghafte Gespräche mit der Opposition eintreten. (Vizekanzler Dr. Spindelegger: Wieso „zaghaft“?) Ich glaube, dass es ganz entscheidend ist, ich wiederhole hier  (Vizekanzler Dr. Spindelegger: Seit wann kann man denn zaghaft mit jemandem reden?) – Na ja, es sind bis dato zwei Gespräche gewesen und  (Vizekanzler Dr. Spindelegger: Was ist zaghaft daran?) – Na ja, ich weiß nicht, Sie könnten ja auch, wie es schon angeregt wurde  (Vizekanzler Dr. Spindelegger: Sie waren nicht dabei! Das ist schon unglaublich!)

Ich war nicht dabei, das ist richtig, aber es könnte ein Finanzausschuss stattfinden, wo Verschwiegenheit vereinbart wird und wo das über einen längeren Zeitraum – und nicht nur einmal kurz eine Stunde – besprochen wird. Ich denke, es könnte intensiver sein, einigen wir uns darauf.


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll14. Sitzung / Seite 180

Ich glaube, das habe ich auch schon das letzte Mal gesagt, es ist wirklich wichtig, denn wenn man jetzt konstruktiv etwas erarbeitet, halte ich es für ganz entscheidend, dass das von einer breiten Mehrheit getragen wird. Und diese Mehrheit müssen Sie ins Boot holen. Das glaube ich.

Die dritte Frage lautet – und das Lämpchen auf dem Rednerpult blinkt schon –: Was können wir daraus lernen? – Matthias Strolz hat heute hier zehn Punkte genannt. Ich glaube, dass es ganz wichtig ist, sich das Föderalismusthema anzuschauen. – Was können wir daraus lernen? – Es betrifft nicht nur die Haftungen des Landes Kärnten. Wir wissen, dass die Haftungen in den anderen Bundesländern auch bestehen, dass zum Teil Haftungen eingegangen worden sind, die weit über den Jahresbudgets der Länder liegen.

Daher bringen wir folgenden Entschließungsantrag ein:

Der Nationalrat wolle beschließen:

Die Bundesregierung wird aufgefordert, die notwendigen legistischen und adminis­trativen Vorbereitungen zur Einsetzung eines Föderalismuskonvents nach dem Vorbild des Österreich-Konvents  –

Oje, jetzt fehlt mir die zweite Seite; ich bitte meine KollegInnen schnell darum. –Verzeihung! – Ich halte es deshalb für so wichtig, weil ich wirklich glaube, dass es ganz entscheidend ist, dass nicht eine Stelle das Geld ausgeben kann und eine andere Stelle das Geld einnehmen muss, weil wir ein Mäzenatentum oder ein landesfürstliches macchiavellistisches System geschaffen haben. (Abg. Brosz reicht der Rednerin ein Schriftstück.) – So, ich lese weiter:

 nach dem Vorbild des Österreich-Konvents der XII. Gesetzgebungsperiode zu treffen. Dieser soll ein Konzept zur Neuordnung des Föderalismus in Österreich ausarbeiten. Insbesondere soll sich dieser mit der Neuregelung der Kompetenzen zwischen Bund und Ländern in Gesetzgebung und Vollziehung und mit der Ausge­staltung der Finanzierung der Bundesländer samt Ermöglichung von Gebietskörper­schaftsinsolvenzen befassen.

*****

Vielen Dank. Danke auch Ihnen, Herr Kollege Brosz! (Beifall bei NEOS und Grünen.)

17.49


Präsident Karlheinz Kopf: Der soeben eingebrachte Entschließungsantrag ist ausreichend unterstützt und steht daher mit in Verhandlung.

Ich darf Sie vielleicht noch dahin gehend korrigieren, dass es sich um die XXII. Ge­setzgebungsperiode handelt, nicht um die XII., aber ich lasse das gelten. – Im Antrag steht „XXII“.

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Mag. Beate Meinl-Reisinger Kolleginnen und Kollegen betreffend Einberufung eines Föderalismuskonvents

eingebracht im Zuge der Debatte über die Dringliche Anfrage der Abgeordneten Dr. Kathrin Nachbaur, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Finanzen zum Thema „Mangelhaftes Krisenmanagement in der Causa Hypo-Alpe-Adria – zwi­schen Unwissenheit und scheinbarer Unwahrheit“


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll14. Sitzung / Seite 181

Ein Ausschnitt des vielzitierten NZZ-Artikels „Österreichs Filz als Humus für die Hypo-Pleite“ gibt folgende Bestandsaufnahme:

„Österreich braucht also eine Art zweite Aufklärung. Polemiker meinen, dass das für Österreich ohnedies die erste wäre. Im Gegensatz zum 18. Jahrhundert müsste es statt gegen absolut regierende Monarchen und die allmächtige Kirche gegen Parteien, Kammern und allzu selbstherrliche Landesfürsten gehen.“

Bekanntlich können „Landesfürsten“ jede Menge Geld ausgeben, das sie nicht ein­heben müssen. Haftungen für Landesbanken zu übernehmen, die die finanzielle Kapazität des jeweiligen Haftungsgebers bei Weitem übersteigen ist ein weiteres Beispiel wie gelebter Föderalismus in Österreich aussieht. Der Österreich Konvent konnte leider keine Ergebnisse liefern. Umso mehr benötigt Österreich dringend eine Neu-Ordnung der Kompetenzverteilung. Die Einberufung eines Föderalismuskonvents ist das Gebot der Stunde. Starke Regionen und eine gut funktionierende Subsidiarität hängen unwiderruflich mit Rechten und Pflichten zusammen. Föderalismus darf keine Einbahnstraße sein.

Die Finanzierung der Länder kann nicht weiter dem Prinzip folgen, dass der Bund Steuern einnimmt und die Länder, offenbar risikolos, ausgeben.

Dem unglaublichen Treiben aber weiter einfach zuzusehen, ist unverantwortlich und letztendlich zukunftsgefährdend.

Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgenden

Entschließungsantrag:

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesregierung wird aufgefordert die notwendigen legistischen und adminis­trativen Vorbereitungen zur Einsetzung eines Föderalismuskonvents nach dem Vorbild des Österreich-Konvents der XXII. Gesetzgebungsperiode zu treffen. Dieser soll ein Konzept zur Neuordnung des Föderalismus in Österreich ausarbeiten. Insbesondere soll sich dieser mit der Neuregelung der Kompetenzen zwischen Bund und Ländern in Gesetzgebung und Vollziehung und mit der Ausgestaltung der Finanzierung der Bundesländer samt Ermöglichung von Gebietskörperschaftsinsolvenzen zu befassen.“

*****

 


Präsident Karlheinz Kopf: Nächster Redner: Herr Klubobmann Strache. – Bitte.

 

 


17.50.24

Abgeordneter Heinz-Christian Strache (FPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Damen auf der Regierungsbank! Meine Herren auf der Regierungsbank! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich glaube, es ist einiges heute doch sehr interessant gewesen. Was heute zumindest augenscheinlich geworden ist, ist, dass wir eine Situation haben, in der zum Glück alle Oppositionsparteien in diesem Hohen Haus geschlossen und gemeinsam dafür Sorge tragen wollen, dass Licht ins Dunkel kommt bezüglich der unverantwortlichen Hypo-Entwicklung, dass restlose Aufklärung stattfindet, dass politische, restlose Aufklärung der Verantwortung im Untersuchungs­ausschuss sichergestellt werden kann, damit die Märchenstunde der Herren Lopatka, Schieder, Wöginger et cetera dann vor dem Untersuchungsausschuss nicht mehr


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll14. Sitzung / Seite 182

möglich ist, weil sie dann unter Wahrheitspflicht aussagen müssen. (Beifall bei der FPÖ.)

Letztlich wird dann sichtbar, dass all ihre Märchen, die sie zum Besten zu geben versuchen, eben in dieser Art und Weise nicht aufrechtzuerhalten sind. Und dann wird auch sichtbar werden, dass es rot-schwarze Zudecker gibt, wenn es um die Unter­suchung geht. Wenn es darum geht, einen Untersuchungsausschuss mit restloser Aufklärung sicherstellen zu wollen, dann sind die Verweigerer auf der Seite der SPÖ und der ÖVP.

Würden die Märchen stimmen, na dann frage ich mich, warum Sie nicht für den Unter­suchungsausschuss stimmen. – Weil Sie wissen, dass das nicht so ist. Weil Sie wissen, wenn man die Fakten chronologisch einmal durchgeht, dass unter einem ÖVP-Landeshauptmann Zernatto der Expansionskurs der Hypo begonnen hat. Weil Sie wissen, dass in Folge eine unverantwortliche – davon sprechen auch Sie – Ausfalls­haftung beschlossen wurde, wofür ich auch nicht nur Dr. Haider kritisiert habe, sondern auch die ÖVP und die SPÖ, die das damals mitbeschlossen haben. (Beifall bei der FPÖ.)

Das heißt, das ist richtig, dass eine Ausfallshaftung beschlossen wurde, die ich kritisiert habe, 2004, wie Sie richtig zitiert haben, worauf in Folge ja auch nach mehreren Kritikpunkten sogar eine Trennung stattgefunden hat, wie Sie wissen.

Sie waren nur dabei, Sie haben nur mitgestimmt. Sie waren mit einem Hurra-Geschrei dabei und stellen sich heute her und verurteilen etwas, das Sie selbst beschlossen haben. Das zeigt ja Ihre Unehrlichkeit und Ihren Widerspruch auf. – So weit bis zu diesem Zeitpunkt.

Ausfallshaftung heißt nicht Haftung für Kredite. Auch das stellen Sie immer in den Raum. Die Ausfallshaftung ist überhaupt nicht für Kredite gegeben, auch nicht für Insolvenz, nein, für Anleihen! Und dann müssen Sie den Bürgern erklären, wie sich in einer Landesholding Kärntens, der Hypo, Anleihen damals entwickelt haben. Ja, unter einer Verantwortlichkeit Kulterers 4 Milliarden €. Schlimm genug! Schlimm genug!

Aber wissen Sie, was Sie vergessen? – Dass dann ein Verkauf stattgefunden hat, wo eine BayernLB gekauft hat, weil sie gierig war, diesen Expansionskurs mit mehr Kapital zu unterstützen, gierig war, ein Geschäft zu machen, und dann die Anleihen von 4 Milliarden € auf 12 Milliarden € raufgepusht hat in ihrer Mehrheitsverantwortung, in ihrer Haftungsverantwortung, weil sich nämlich ab dem Kauf durch die BayernLB die Haftungsverantwortung gedreht hat.

Lesen Sie einmal nach bei Professor Leo Chini von der Wirtschaftsuniversität, der ein Gutachten dazu geschrieben hat und das schön auflistet, dass ab dem Verkauf an die Bayern die Haftungskette von der Hypo und vom Land Kärnten an die Bayerische Landesbank – in erster Linie –, dann an das Land Bayern, dann an die Gläubiger ging und als Letzter in der Haftungskette das Land Kärnten die Ausfallshaftung über­nommen hat. Das ist die Realität, die Sie leugnen! (Beifall bei der FPÖ.)

Ab diesem Zeitpunkt des Verkaufs an die BayernLB war in Wahrheit die beste Entscheidung getroffen für Kärnten und für Österreich, weil nämlich die Bayern die Hauptverantwortung gehabt haben, auch in der Geschäftsführung.

Sie werden doch heute nicht der österreichischen Bevölkerung erklären wollen, dass der Mehrheitseigentümer eine Geschäftsführungsmehrheit hat und Milliarden an Anleihen hinterlassen kann und dafür dann am Ende das Land Kärnten, das ja diesbezüglich gar keine Entscheidung getroffen hat, die Ausfallshaftung übernehmen soll. Das ist ja unwahr! (Beifall bei der FPÖ.)


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Da hat der bayerische Finanzminister damals ganz klar vor Gericht gesagt: Es war niemals daran gedacht, eine Hypo in die Insolvenz zu schicken, im Gegenteil, man wollte von bayerischer Seite die österreichische Regierung ersuchen, einen Beitrag zu leisten bei einer weiteren Kapitalaufstockung.

Und dann kommt das Finanzverbrechen! Ja, dann kommt der Schaden gegenüber den Österreichern, angerichtet durch Sie, Herr Lopatka, als Mitverhandler und dem Herrn Schieder und dem Herrn Josef Pröll, nämlich eine Verstaatlichung ohne Not, wo der Schaden plötzlich von Bayern auf die Österreicher umgelegt wird, und zwar zu 100 Prozent! (Beifall bei der FPÖ.)

Das ist Ihre Angst, die Sie haben, weil die zu Recht bei einem Untersuchungs­aus­schuss sichtbar wird, weil Sie dann nicht mehr Ihre Märchenstunde fortsetzen können. Und da können Sie nicht den Jörg Haider bemühen, der im Jahr 2009 nämlich gar nicht mehr unter den Lebenden war, sondern da waren Sie Mitverhandler, Herr Lopatka, Herr Schieder, mit Josef Pröll – nicht der Dr. Haider.

Ab dem Zeitpunkt, an dem Sie dann eine Verstaatlichung ohne Not vornehmen, versagen wieder einmal alle Prüfungsorgane – Finanzmarktaufsicht, Notenbank. Wieder einmal versagen sie. Dann gibt es einen schönen Bericht: Not distressed.

Also was ist jetzt richtig? Wenn bis zu dem Zeitpunkt 2009 kein Schaden da war, na dann ist er spätestens dann entstanden. Da ist auch kein Jörg Haider mehr unter den Lebenden gewesen, Herr Lopatka. Wie erklären Sie das den Menschen? (Beifall bei der FPÖ.)

Glauben Sie wirklich, Sie können diese Märchen fortsetzen und permanent jemandem, der nicht mehr unter den Lebenden ist, vom Jahr 2009 bis heute die Schuld zu­schieben? – Das wird nicht funktionieren. Jörg Haider hat Fehler gehabt, ja, einige, die zu Recht zu kritisieren sind, die wir auch kritisiert haben. Aber Sie gehen her und putzen sich heute mit Ihrer Verantwortung an jemandem ab, der mit Ihrer Verant­wortung gar nichts zu tun hatte.

Ab dem Jahr 2009, mit einer Verstaatlichung ohne Not, durch die Sie den Schaden letztlich auf die Österreicher umgewälzt haben, da begann der eigentliche Schaden. Und dieser Schaden, der ist in Ihrer Verantwortung liegend!

Und dann ist jahrelang nichts passiert. Da sind Experten eingesetzt worden, Experten, Berater, Taskforces, ich weiß nicht, was alles, Hunderte Millionen € weiterer Schaden, der in Form von Ausgaben für Beraterverträge entstanden ist. Und dann hat man bis heute keine Lösung! Nein, man muss weiter Experten einladen, die vielleicht noch einmal 300 Millionen € kosten werden, damit man endlich zu einem Ergebnis kommt.

Da fragt man sich dann: Wie kann Jörg Haider daran schuld sein, dass von Finanz­minister Josef Pröll zwangsverstaatlicht worden ist, dass unter einer Ministerin Fekter dann in Folge Untätigkeit gelebt worden ist? Wie wollen Sie das dem Dr. Jörg Haider in die Schuhe schieben?

Ich meine, Sie müssen sich wirklich irgendwann einmal befreien von diesem Verfol­gungs­wahn gegenüber Dr. Jörg Haider. Irgendwann einmal wäre es wirklich not­wendig, nicht all das, was in Ihrer Verantwortung liegt, woanders hinzuschieben. (Beifall bei der FPÖ.)

Der einzige Verurteilte als politisch Verantwortlicher im Zusammenhang mit der Hypo ist der Herr Martinz.

Auf den Herrn Unterrainer von der SPÖ möchte ich nur ganz kurz eingehen: Wenn einer nur drei Buchstaben permanent zitieren kann, naja, so ist das nicht unbedingt ein Zeugnis von großer Intellektualität, die Sie heute an den Tag gelegt haben. Aber da


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wurde Ihnen schon auch ausgerichtet, dass es damals Ihr Landesrat vonseiten der SPÖ war, der mit diesem Ausfallshaftungskonzept in den Landtag gegangen ist, welches leider von Dr. Haider, aber auch von der ÖVP mit Ihnen, mit der SPÖ, in Folge dann auch beschlossen wurde, wovon Sie heute nichts mehr wissen wollen.

Und das ist ja genau die Absurdität! Wir sagen ja, da ist ein Fehler passiert. Sie hingegen stellen sich heute hin und nehmen sich aus Ihrer Verantwortung. Sie haben aber mitgestimmt bei diesem Fehler, und dieser Fehler wird in allen Bundesländern gelebt bis heute – von Wien unter einem SPÖ-Bürgermeister bei einer Bank-Austria-Haftung bis zu 10 Milliarden € bis in andere Bundesländer. Das ist ja der Wahnsinn!

Und dann gehen Sie her und wollen noch glaubwürdig sein, wenn Sie einem ESM zustimmen mit 62 Milliarden €, für die die Österreicher heute haften müssen für ein europäisches Banken- und Währungssystem. Wenn Sie schon gegen Haftungen sind, ja verdammt noch einmal, warum haben Sie dann nicht den ESM abgelehnt, sondern den Österreichern eingeredet und zwangsverordnet? Das ist der viel größere Schaden, der noch auf die österreichische Bevölkerung zukommen wird. (Beifall bei der FPÖ.)

Also wenn Sie es irgendwo ehrlich und ernst meinen würden, dann hätten Sie da wenigstens anders gehandelt. Wir haben ja gelernt daraus und haben bei einem ESM-Haftungspaket nicht zugestimmt – weil wir daraus gelernt haben und weil wir im Jahr 2005 als Freiheitliche Partei auch die eigenen innerparteilichen Konsequenzen gezogen haben und eine Erneuerung gelebt haben, die bei Ihnen leider bis heute nicht stattgefunden hat. Genau das ist es ja, und genau das können die Österreicherinnen und Österreicher ja auch erkennen und bemessen.

Und wenn Sie dann immer von der Expansion reden: Ja, die Hauptexpansions­explo­sion hat auch unter dem Mehrheitseigentümer BayernLB stattgefunden, weil nämlich dort das Jahresbudget von über 20 Milliarden € auf über 40 Milliarden € explodiert ist. Das ist die Realität! Und da müssen Sie halt bei der Realität bleiben!

Und dann gehen Sie her und lassen die, die so eine Hauptexpansionsexplosion in ihrer Geschäftsführungs- und Mehrheitsverantwortung gelebt haben, heraus und gehen her und sagen: Wir machen eine Verstaatlichung, damit die Österreicher, die gar nichts damit zu tun hatten – sondern die Bayern –, plötzlich für den Schaden aufkommen sollen. (Beifall bei der FPÖ.)

Und dann wollen Sie die Gläubiger auch noch außen vor lassen. Ja, was ist denn das für ein Modell? Bitte, da kann man nur die Frage stellen: Ist das Inkompetenz? Oder steckt dahinter ein anderer Tatbestand? Diese Frage muss man stellen, denn wenn man versucht, das logisch zu ergründen und zu hinterfragen, dann stinkt es da gewaltig. Und wenn man da keinen Dreck am Stecken hat, dann stimmt man für einen Untersuchungsausschuss. Und wenn man Dreck am Stecken hat, dann wird man ihn verhindern.

Das ist heute die Nagelprobe hier im Hohen Haus. Wenn Sie etwas zu verbergen haben, dann werden Sie heute wieder alles tun, diese Untersuchung und restlose Aufklärung zu verhindern. Und das ist letztlich auch das, was Sie auf Dauer nicht aus­halten und durchhalten werden, weil die Bevölkerung zu Recht eines einfordert (Präsident Kopf gibt das Glockenzeichen): endlich aufzuhören mit Mauern und Herum­drucksen und Herumausreden und stattdessen endlich herzugehen und wirklich aufzu­klären, wer diesen Schaden zu verantworten hat. Und der gehört zur Verantwortung gezogen, auf allen Ebenen: politisch, aber auch rechtsstaatlich. (Beifall bei der FPÖ.)

18.00


Präsident Karlheinz Kopf: Zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Krainer. – Bitte.

 



Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll14. Sitzung / Seite 185

18.01.11

Abgeordneter Kai Jan Krainer (SPÖ): Herr Präsident! (Abg. Podgorschek: Jetzt kommt der Herr Professor!) Der Klubobmann der FPÖ, Kollege Strache, hat gerade behauptet, dass die Haftung des Landes Kärnten durch den Verkauf an Bayern an die Gläubiger und den Freistaat Bayern übergegangen wäre.

Ich glaube, ich kann hier tatsächlich berichtigen: Es hat sich nichts daran geändert, dass für die Haftung, die Kärnten beschlossen hat, ausschließlich Kärnten verant­wortlich war. (Abg. Strache: Die Haftungskette hat sich verändert!) Und das ist bis heute das Problem bei dieser Bank, dass wir als Republik diesen Mühlstein, den die Freiheitlichen Kärnten umgehängt haben, noch immer um den Hals haben. (Abg. Dr. Walter Rosenkranz: Bei Ihrer Argumentation stehen einem die Haare zu Berge!) Da kann man nur sagen: Danke FPÖ! Danke Jörg! (Beifall bei SPÖ und ÖVP.)

Mein Vorredner, Klubobmann Strache hat behauptet, Kärnten hätte gar keinen Einfluss auf die Haftungen gehabt. (Abg. Strache: Auf die Geschäftsführung der BayernLB! Sie sollten zuhören!) Na, so ein Blödsinn! Kärnten hat diese Haftungen unter FPÖ-Führung beschlossen, und insofern hatte diese die Verantwortung, und wir Österreicher müssen hier ausbaden, was Ihre Parteifreunde in Kärnten uns eingebrockt haben. – Danke FPÖ! Danke Jörg! (Beifall bei SPÖ und ÖVP.)

Der Klubobmann der FPÖ, Strache, hat ja behauptet, die Ausfallshaftung wäre eine Idee der SPÖ gewesen. – Ha, ha, ha! (Rufe bei der FPÖ: Danke SPÖ!) Da kann man nur tatsächlich berichtigen: Die zuständigen Finanzreferenten waren Karl Pfeifen­berger, FPÖ, Harald Dobernig, FPÖ, und Jörg Haider, FPÖ. – Danke Jörg! Danke FPÖ, für diesen Mühlstein! (Beifall bei SPÖ und ÖVP.)

Die Frage der politischen Verantwortung für das Hypo-Desaster, für das, was uns hier umgehängt wurde und was wir 2009 notverstaatlichen mussten, ist bereits geklärt. Es hat einen Untersuchungsausschuss in Kärnten gegeben (Abg. Strache: Nur bis zum Verkauf, nicht bis zur Verstaatlichung!), und dieser hat die Verantwortung geklärt. Ich kann aus dem Abschlussbericht zitieren; das ist heute bereits öfter zitiert worden, Sie können es anscheinend nicht oft genug hören:

„Insofern liegt die politische Verantwortung dafür vor dem Hintergrund der Landes­haftung bei den zuständigen Finanzlandesreferenten Ing. Karl Pfeifenberger, Dr. Jörg Haider und Mag. Harald Dobernig.“ – Danke FPÖ! Danke Jörg! (Beifall bei SPÖ und ÖVP. – Abg. Ing. Höbart: Sehr schwache Rede, Herr Abgeordneter!)

18.04


Präsident Karlheinz Kopf: Zu Wort gelangt Frau Klubobfrau Dr. Nachbaur. – Bitte.

 


18.04.18

Abgeordnete Dr. Kathrin Nachbaur (STRONACH): Sehr geehrter Herr Präsident! (Zwischenrufe. – Präsident Kopf gibt das Glockenzeichen.) Sehr geehrte Vertreter auf der Regierungsbank! Hohes Haus! Sehr geehrte Steuerzahler! Herr Finanzminister, Sie hatten vorhin natürlich recht mit Ihrer Kritik an meiner Dringlichen Anfrage, dass wir irrtümlich Privatisierung anstatt Verstaatlichung geschrieben haben. Das ist ein Irrtum, und ich bedanke mich an dieser Stelle, dass Sie sich dennoch bemüht haben, die Frage einigermaßen zu beantworten. Vielen Dank! Zweitens kann ich mir das eigent­lich nur so erklären, dass die Gedanken des Teams Stronach eigentlich schon bei einer möglichen Lösung waren. Ich glaube, wenn die Regierung auch manchmal so schnell denken beziehungsweise handeln würde, dann wären wir auch in dieser Hypo-Alpe-Adria-Frage schon etwas weiter. (Beifall beim Team Stronach.)

Jetzt möchte ich aber betonen, das Wichtigste für die Zukunft ist die Lösung und solche Probleme dürfen einfach nicht mehr stattfinden. Daher meine Aufforderung an


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll14. Sitzung / Seite 186

die Regierung: Sorgen Sie dafür, dass Kärnten einen Beitrag leistet! Sorgen Sie dafür, dass die Bayern einen Beitrag leisten! Sorgen Sie dafür, dass die Gebietskörper­schaften keine solch exorbitanten Haftungen mehr übernehmen können! Sorgen Sie dafür, dass die Länder und die Gemeinden ihre Schulden und ihre Haftungen offen­legen müssen! Sorgen Sie dafür, dass der Rechnungshof mehr Budget hat, mehr Kontrollrechte beziehungsweise -pflichten bekommt! Sorgen Sie auch dafür, dass wir aus dem ESM aussteigen! Wir wollen weder für eine marode Kärntner Bank haften noch für eine marode griechische Bank, für eine marode spanische Bank oder sonst irgendeine marode Bank. (Beifall beim Team Stronach.)

Bezüglich der Hypo Alpe-Adria bitte ich Sie noch einmal: Machen Sie eine Aus­schrei­bung, finden Sie einen privaten Mehrheitseigentümer, der das professionell verwertet, sodass der Steuerzahler möglichst wenig draufzahlen muss! Machen Sie für die Gläubiger ein Umtauschangebot der Anleihen! Es muss hier einen Haircut geben. Es ist nicht einzusehen, dass qualifizierte Gläubiger geschützt werden und die Steuer­zahler nicht.

Und letztendlich zum Untersuchungsausschuss: Ich appelliere an Sie, sehr geehrte Regierungsvertreter, lassen Sie ihn zu, um die politische Verantwortung zu klären, auch im eigenen Interesse! Und geben Sie uns und auch den Menschen wieder Grund, Ihnen zu vertrauen! – Danke. (Beifall beim Team Stronach sowie des Abg. Dr. Strolz.)

18.06


Präsident Karlheinz Kopf: Zu einer tatsächlichen Berichtigung hat sich Herr Klubobmann Strache zu Wort gemeldet. Herr Klubobmann, Sie kennen die Bestim­mungen der Geschäftsordnung. – Bitte.

 


18.06.56

Abgeordneter Heinz-Christian Strache (FPÖ): Eine tatsächliche Berichtigung: Herr Kollege Krainer hat unwahr behauptet, der Untersuchungsausschuss oder die beiden Untersuchungsausschüsse in Kärnten hätten schon alles untersucht. – Das ist unwahr! (Zwischenrufe bei Abgeordneten von SPÖ und ÖVP.)

Ich berichtige daher tatsächlich: Ja, Sie haben recht, es hat eine Untersuchung gege­ben, bis zum Punkt Verkauf. Ab dem Verkauf und der Verstaatlichung, und das ist Bundesangelegenheit, hat es dann in der Folge keine Untersuchung gegeben.

Sie haben des Weiteren unwahr behauptet, ich hätte gesagt, dass Kärnten die Aus­fallshaftung nicht zu verantworten hätte. Das haben Sie unwahr behauptet. Das ist unrichtig. Ich habe etwas anderes gesagt. Ich habe gesagt, dass ab dem Verkauf an die BayernLB die Geschäftsführungsverantwortung bei den Bayern lag.

Sie haben unwahr behauptet, ich hätte behauptet, dass die Ausfallshaftung ab dem Verkauf nicht in erster Linie bei Bayern liegen würde.

Ich berichtige: Selbstverständlich, ab dem Verkauf an die BayernLB hat sich die Haftungskette von der Hypo und dem Land Kärnten auf die Bayerische Landesbank, auf das Bundesland Bayern, auf die Gläubiger und als letztes Glied die Ausfallshaftung für Kärnten verändert, und das haben Sie durch Ihre Verstaatlichung wieder verdreht. (Beifall bei der FPÖ. – Abg. Dr. Lopatka: Dreifacher Blödsinn!)

18.08

18.08.20

 


Präsident Karlheinz Kopf: Zu Wort ist dazu niemand mehr gemeldet. Die Debatte ist geschlossen.

Wir gelangen nunmehr zur Abstimmung über den Entschließungsantrag der Abge­ord­neten Mag. Dr. Strolz, Kolleginnen und Kollegen betreffend die Einführung einer Staatsschuldenbremse im Verfassungsrang.


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll14. Sitzung / Seite 187

Ich bitte jene Damen und Herren, die für den Entschließungsantrag sind, um ein Zeichen der Zustimmung. – Das ist die Minderheit. Der Antrag ist abgelehnt.

Wir gelangen zur Abstimmung über den Entschließungsantrag der Abgeordneten Mag. Dr. Strolz, Kolleginnen und Kollegen betreffend Einführung eines zeitgemäßen Banken-Insolvenz- beziehungsweise -sanierungsrechts.

Ich bitte jene Damen und Herren, die für diesen Entschließungsantrag sind, um ein Zeichen. – Das ist die Minderheit. Der Antrag ist abgelehnt.

Wir gelangen zur Abstimmung über den Entschließungsantrag der Abgeordneten Mag. Dr. Strolz, Kolleginnen und Kollegen betreffend Offenlegung aller Schulden­stände und Haftungen der Länder.

Wer damit einverstanden ist, den bitte ich um ein Zeichen. – Das ist die Minderheit. Der Antrag ist abgelehnt.

Weiters gelangen wir zur Abstimmung über den Entschließungsantrag der Abgeord­neten Mag. Dr. Strolz, Kolleginnen und Kollegen betreffend Insolvenzrecht für Gebiets­körperschaften.

Wer damit einverstanden ist, den bitte ich um ein Zeichen. – Das ist die Minderheit. Auch dieser Antrag ist abgelehnt.

Wir kommen zur Abstimmung über den Entschließungsantrag der Abgeordneten Dr. Hable, Kolleginnen und Kollegen betreffend Aufnahme von Haircut- und Konver­tierungsverhandlungen mit den Anleihegläubigern der Hypo Alpe-Adria-Bank Inter­national AG.

Wer damit einverstanden ist, den bitte ich um ein Zeichen. – Das ist die Minderheit. Auch dieser Antrag ist abgelehnt.

Wir kommen zur Abstimmung über den Entschließungsantrag der Abgeordneten Dr. Hable, Kolleginnen und Kollegen betreffend Erweiterungen der Gebarungskontrolle des Rechnungshofes.

Wer damit einverstanden ist, den bitte ich um ein Zeichen. – Das ist die Minderheit. Dieser Antrag ist ebenfalls abgelehnt.

Wir kommen zur Abstimmung über den Entschließungsantrag der Abgeordneten Dr. Hable, Kolleginnen und Kollegen betreffend Erlass einer Verordnung gemäß § 16 Abs. 1 Finanz-Verfassungsgesetz.

Wer damit einverstanden ist, den bitte ich um ein Zeichen. – Das ist die Minderheit. Der Antrag ist abgelehnt.

Wir kommen nun zur Abstimmung über den Entschließungsantrag der Abgeordneten Mag. Meinl-Reisinger, Kolleginnen und Kollegen betreffend Einberufung eines Föderalismuskonvents.

Ich bitte jene Damen und Herren, die dafür sind, um ein Zeichen. – Das ist die Minderheit. Der Antrag ist abgelehnt.

18.10.52Kurze Debatte über die Anfragebeantwortung 185/AB

 


Präsident Karlheinz Kopf: Wir gelangen nun zur Durchführung einer kurzen Debatte über die Anfragebeantwortung 185/AB.

Da die erwähnte Anfragebeantwortung bereits verteilt worden ist, erübrigt sich eine Verlesung durch den Schriftführer.


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll14. Sitzung / Seite 188

Wir gehen in die Debatte ein.

Ich mache darauf aufmerksam, dass kein Redner länger als 5 Minuten sprechen darf, wobei der Erstredner zur Begründung über eine Redezeit von 10 Minuten verfügt.

Stellungnahmen von Mitgliedern der Bundesregierung oder zu Wort gemeldeter Staatssekretäre sollen nicht länger als 10 Minuten dauern.

Das Wort erhält zunächst die Antragstellerin, Frau Abgeordnete Mag. Korun. – Bitte.

 


18.11.38

Abgeordnete Mag. Alev Korun (Grüne): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Frau Bundesministerin! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Sehr geehrte Zuschauer und Zuschauerinnen auf der Galerie und vor den Bildschirmen! Bevor wir in die Debatte eingehen, möchte ich Ihnen von Bürgern und Bürgerinnen berichten, die jetzt noch vor dem Hohen Haus stehen – es sind einige, und teilweise sind sie sehr zornig. Sie sagen: Wenn wir schon mit unserem Steuergeld für dieses Hypo-Debakel auf­kommen müssen, dann möchten wir auch, dass das alles restlos in einem Unter­suchungsausschuss aufgeklärt wird. – Also geben Sie sich einen Ruck, sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen von SPÖ und ÖVP, das erwarten sehr viele Bürger und Bürgerinnen von Ihnen und von uns! (Beifall bei Grünen, FPÖ und NEOS.)

Die Anfrage, die wir heute besprechen, ist eine sehr umfassende. Ich habe zu unter­schiedlichen Bereichen wie Schubhaft, Abschiebungen, Rückschiebungen, Rückstel­lungen, Dublin-Abkommen Fragen gestellt. Die zehn Minuten Redezeit, die ich habe, würden selbstverständlich – und leider – nicht ausreichen, um alle diese Bereiche zu diskutieren. Deshalb werde ich mich bewusst auf ein paar wenige Bereiche konzen­trieren.

Zum ersten Bereich: Sehr geehrte Frau Bundesministerin, ich habe unter anderem auch eine Reihe von Fragen gestellt zu Schubhaft und Abschiebungen von unbeglei­teten Kindern, die sich also ohne Vater und Mutter in Österreich befinden, die sich auf der Flucht befinden, die in Österreich um Asyl angesucht haben, und insgesamt zu Schubhaft und Abschiebung von Familien. Und Sie antworten unter anderem – Zitat:

„Familien bzw. unbegleitete minderjährige Asylsuchende werden nicht in Schubhaft angehalten.“

Das ist sehr kurios, zumal Sie mir exakt am 30. Mai 2012 auf eine andere parlamen­tarische Anfrage, bei der ich ähnliche Fragen gestellt habe, geantwortet haben – ich zitiere wieder aus Ihrer Anfragebeantwortung –:

„Im Jahre 2010 wurden 115 Familien (d.h. Erwachsene und zumindest eine minder­jährige Person als Teil des Familienverbandes) zum Zwecke der Außerlandesbringung angehalten.“ – Sprich: Schubhaft. „Im Jahre 2011 waren dies 299 Personen, davon 173 Kinder (bis 16 Jahre)“.

Sehr geehrte Frau Bundesministerin, ich möchte Sie fragen, warum Sie das Parlament bei unterschiedlichen parlamentarischen Anfragen falsch informieren. Warum miss­achten Sie das Anfragerecht von Abgeordneten, die ja Ihre Arbeit auch kontrollieren sollen, die die Arbeit der Bundesregierung kontrollieren sollen? Warum missachten Sie das parlamentarische Interpellationsrecht? Und ich hoffe, dass Sie mir da eine ganz konkrete Antwort geben werden.

Zweiter Punkt: Ich habe mehrere Fragen dazu gestellt, wie viele Personen in welchem Jahr aus Österreich abgeschoben und wie viele zurückgeschoben wurden. Da hat es eine konkrete Antwort gegeben, und über diesen Bereich möchte ich als Nächstes sprechen. Sie haben nämlich auf die Frage, wie viele Personen abgeschoben bezie­hungsweise zurückgeschoben wurden, angeführt, dass im Jahr 2013, ohne den Monat


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll14. Sitzung / Seite 189

Dezember, 1 153 syrische Staatsbürgerinnen und Staatsbürger aus Österreich abge­schoben beziehungsweise zurückgeschoben wurden. (Abg. Amon: Das ist aber ent­scheidend!)

Jetzt weiß ich schon, Sie werden sagen: Nein, nein, die wurden nicht abgeschoben, die wurden bloß zurückgeschoben. (Abg. Amon: Genau!) Für die Betroffenen bleibt das Ergebnis das gleiche, nämlich, dass sie aus Österreich weggeschickt wurden.

Sehr geehrte Frau Bundesministerin, es geht hier nicht um eine technische Diskussion, wo wir über unterschiedliche Begriffe des äußerst komplizierten Fremdenpolizei­ge­setzes diskutieren. Hier geht es ganz konkret um Menschen, die vor einem Krieg flüchten, der seit drei Jahren in Syrien wütet, wo selbst Kinder vor Folter und Verge­waltigung nicht sicher sind – wir kennen alle die Bilder aus den Medien. Hier geht es darum, dass solche Menschen, und zwar diejenigen, die es über das Mittelmeer geschafft haben, die es in die EU geschafft haben und hier eigentlich Schutz brauchen würden, wie heiße Kartoffeln zwischen EU-Ländern hin- und hergeschoben werden.

Um diese Menschen geht es hier, und über diese Menschen und über diese nicht nur unfähige, sondern leider auch schädliche und schändliche Politik möchte ich hier diskutieren. Ich hoffe, dass Sie uns da auch Antworten geben wollen und Antworten geben werden.

Wir verfolgen es alle in den Medien: Inzwischen sind 2,4 Millionen Syrer und Syrerin­nen aus ihrem Land geflüchtet, mussten flüchten und haben in den Nachbarländern um Schutz angesucht oder versuchen, dort zu überleben.

2,4 Millionen, das ist eine sehr große, aber eine sehr abstrakte Zahl. Ich glaube, behaupten zu können, dass wir, wie wir alle da sitzen und das Glück hatten, in Frieden hineingeboren worden zu sein, logischerweise sehr schlecht nachvollziehen können, was diese Zahl 2,4 Millionen bedeutet, was dieses Elend des Kriegs bedeutet. Deshalb möchte ich Ihnen zur Verdeutlichung ganz kurz eine Geschichte erzählen – es dauert nicht lang –, sie war auch in den deutschen Medien.

Es geht um eine syrische Flüchtlingsfamilie, um eine Frau, die mit ihren vier Töchtern aus Syrien flüchten konnte, und zwar nach Ägypten, und um ihre Reise von Ägypten Richtung EU beziehungsweise den Versuch, sicheren Hafen – wo sie Schutz bekommen können –, die EU zu erreichen:

„Es war der 11. Oktober, als Soha mit ihren vier Töchtern und 160 anderen Flücht­lingen von Ägypten aus auf einem alten Kutter ins Meer stach. Bereits wenige Kilo­meter vor der Küste sank das Boot und übergab die Insassen dem Meer. Soha hatte eine Schwimmweste an. Ihre vier Töchter im Alter von fünf bis zehn Jahren klam­merten sich an sie. Die Gruppe drohte unterzugehen, weil die Schwimmweste kaum das Gewicht über Wasser halten konnte. Soha war in einer Lage, die sich keine Mutter der Welt vorstellen will. Sie musste sich entscheiden, welches ihrer Kinder sie loslässt.

Aber Soha konnte und wollte sich nicht entscheiden, sie strampelte, um über Wasser zu bleiben und wartete. Als erste ließ die fünfjährige Haya los und verschwand für immer in den Fluten. Ihr folgten Sama und dann Julia in die Tiefe des Meeres. Als Soha Stunden später von der ägyptischen Küstenwache aus dem Wasser gerettet wurde, war nur noch ihre älteste Tochter am Leben.“

Es geht um solche Menschen, Frau Ministerin. Es geht nicht um technische Begriffe wie Zurückschiebung, Abschiebung, Dublin-Abkommen. Es geht um unsere gemein­same Verantwortung in der EU. (Beifall bei Grünen und NEOS.)

Jetzt werden Sie sagen: Was soll ich machen, mir sind die Hände gebunden, es gibt das Dublin-Abkommen, das besagt, dass jenes EU-Land zuständig ist für ein Asyl-


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verfahren, wo ein Schutzsuchender erstmals den EU-Boden betritt. – Genau weil ich weiß, dass das ein zynisches Nullsummenspiel ist, was mit Dublin seit Jahren gespielt wird, habe ich Sie in dieser parlamentarischen Anfrage auch gefragt: Wie viele Personen haben wir wegen des Dublin-Abkommens in andere EU-Länder zurückge­schickt? Wie viele Personen haben andere EU-Länder nach Österreich zurückge­schickt, weil sie zuerst da waren?

Wissen Sie, diese Politik ist wirklich zynisch, wenn man sich die Zahlen anschaut. 2013 wurden nämlich rund 1 000 Asylwerber wegen Anwesenheit in einem anderen EU-Land in dieses EU-Land weggeschickt, und rund 800 haben wir aus anderen Ländern übernehmen müssen. Dafür werden Leute zu Hunderten und Tausenden wie heiße Kartoffeln hin- und hergeschickt.

Sehr geehrte Frau Ministerin! Dublin ist eine Bankrotterklärung, nicht nur an die Mensch­lichkeit und an eine gute, menschliche Flüchtlingspolitik, sondern Dublin löst auch kein einziges Problem. Dublin kostet irrsinnig viel Geld dafür, dass Leute zu Hunderten, zu Tausenden zwischen den Ländern hin- und hergeschoben werden. Und da zu sagen, wir machen die Asylverfahren schneller, das grenzt einfach an Ahnungs­losigkeit, tut mir leid! Denn solange es Dublin gibt, wird es auch im Prinzip kaum schnellere Asylverfahren geben. (Präsident Kopf gibt das Glockenzeichen.)

Die zwei letzten Sätze: Sie tragen auch Verantwortung, wie wir alle. Setzen Sie sich in der EU mit allen Kräften dafür ein, dass dieses sinnlose, zynische Dublin-Abkommen abgeschafft wird, dass wir in der EU gemeinsam und solidarisch Verantwortung übernehmen für Flüchtlinge, nicht nur aus Syrien, aber derzeit bitte ganz besonders aus Syrien! – Danke schön. (Beifall bei den Grünen.)

18.22


Präsident Karlheinz Kopf: Zu Wort gelangt Frau Bundesministerin Mag. Mikl-Leitner. – Bitte.

 


18.22.23

Bundesministerin für Inneres Mag. Johanna Mikl-Leitner: Sehr geehrter Herr Präsident! Hohes Haus! Geschätzte Damen und Herren auch vor den Bildschirmen! Ja, es wurde hier ein sehr sensibles Thema angesprochen, nämlich das Thema Asyl, das Thema Flüchtlingsströme und generell unser österreichisches Asylsystem. Da darf ich mit einigen Fakten, Zahlen und Daten antworten, antworten vor allem, was die syrischen Flüchtlinge betrifft, weil hier im Speziellen darauf eingegangen worden ist.

Sehr geehrte Frau Abgeordnete, Sie wissen, dass seit Beginn der Krise in Syrien besonders im Jahr 2013 ein Anstieg von eingereisten Syrern zu beobachten war, wobei diese im Speziellen über Italien zu uns gekommen sind. Sie wissen, dass gerade Zielländer wie Schweden und Deutschland vor allem jene Länder sind, wo die syrischen Staatsangehörigen hinwollen, und dass sie bei uns in Österreich letztendlich keinen Asylantrag stellen wollen. Daher kann auch kein Asylverfahren durchgeführt werden, und deswegen sind sie auch unrechtmäßig aufhältige Fremde in Österreich.

Sie wissen ganz genau, dass wir 1 190 Syrer im Jahr 2013 nach Italien zurückge­schoben haben – ich betone: nicht abgeschoben, sondern zurückgeschoben –, dass wir weiters elf in die Schweiz, fünf nach Ungarn und eine Person nach Deutschland gebracht haben und dass elf Syrer im Jahr 2013 freiwillig zurückgekehrt sind. Das heißt – ich betone es noch einmal –, wir haben keinen einzigen syrischen Staats­angehörigen, keinen einzigen syrischen Flüchtling nach Syrien ins Kriegsgebiet zurück­geschickt. Das stimmt nicht, das ist einfach völlig falsch! (Beifall bei der ÖVP.)

Richtig ist hingegen, dass 1 991 Syrer im Jahr 2013 einen Asylantrag bei uns gestellt haben, wovon 1 091 Schutzgewährungen stattgefunden haben, und sich derzeit in


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etwa 1 800 Syrer bei uns in Österreich in der Grundversorgung befinden. In absoluten Antragszahlen liegen wir in Österreich im EU-weiten Vergleich auf Platz sieben, und generell im Bereich der Asylanträge liegen wir auf Platz vier. Reden Sie bitte unseren tollen Beitrag zur Flüchtlingsproblematik nicht klein! Wir in Österreich sind stolz auf unsere Tradition – und der werden wir auch weiterhin gerecht werden –, dass wir den Flüchtlingen Hilfe und Unterstützung zukommen lassen. (Beifall bei der ÖVP.)

Wir wissen haargenau, dass die syrischen Flüchtlingsströme natürlich nicht abreißen werden, dass wir auch weiterhin eines der Zielländer, der Top-Zielländer sein werden. Auch Schweden und Deutschland sind massiv davon betroffen. Sie haben es korrekterweise richtig gesagt: 2,2 Millionen syrische Flüchtlinge sind unterwegs in den verschiedensten Staaten, in Jordanien, Libanon, Türkei, Irak und Ägypten.

Auch die tragische Geschichte, die Sie erzählt haben, auch diese tragische Geschichte lässt uns alle nicht kalt. Nein, derartige Geschichten machen uns alle betroffen. Daher haben wir uns seitens der Bundesregierung entschlossen, zusätzlich zu jenen, die über Asylantrag zu uns kommen, auch im Rahmen einer humanitären Aktion 500 syrische Personen aufzunehmen. Sie wissen ganz genau, dass wir hier einen zweifachen Ansatz haben, nämlich dass wir 250 syrische Familien beziehungsweise Personen aufnehmen, die bereits einen Anknüpfungspunkt hier in Österreich haben, wo bereits Familien und Verwandte hier bei uns im Land sind, und zum Zweiten 250 Flüchtlinge in enger Kooperation, in enger Zusammenarbeit mit UNHCR und IOM.

Sie wissen ganz genau, dass wir gerade hier rasch arbeiten. Deutschland hat sechs Monate gebraucht, bis die ersten Flüchtlinge im Rahmen einer humanitären Aktion nach Deutschland kommen konnten; wir waren in der Abwicklung Gott sei Dank um einiges schneller. Mit Stand von morgen werden 203 Personen aus Syrien bei uns sein und werden bestens betreut werden, wo uns vor allem auch die Integration von der ersten Minute an wichtig ist, weil diese 500 Personen für immer dableiben können.

Sehr geehrte Frau Abgeordnete Korun, ein weiteres Thema, das Sie angesprochen haben, ist die Verhängung von Schubhaft für Minderjährige. Dazu noch einmal ganz klar – und hier ist die Position immer wieder die gleiche, weil sie gesetzeskonform ist, weil wir einfach zu hundert Prozent alles gesetzeskonform abwickeln –: Minderjährige unter 14 Jahren dürfen generell nicht in Schubhaft genommen werden, dürfen generell nicht in der Schubhaft angehalten werden. Bis zur Vollendung des 16. Lebensjahres wird das gelindere Mittel angewandt. Sie wissen ganz genau, was man unter dem gelinderen Mittel versteht, nämlich die Anordnung von periodischen Meldepflichten, die Unterbringung in bestimmten Quartieren.

Weil ich zuvor „generell“ gesagt habe, lassen Sie mich auch kurz auf die Ausnahme eingehen, die nur fallweise eintritt: Nur in Ausnahmefällen ist bei Minderjährigen, sprich von 14 bis 16, Schubhaft möglich. Wann? – Wenn es sich um straffällige Minderjährige handelt oder bereits aus einem angeordneten gelinderen Mittel untergetauchte Personen. – So viel zu den Fakten.

Weil Sie auch unser Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl angesprochen haben, wo es unser einziges Ziel ist, zu rascheren Verfahren zu kommen, damit die Menschen einfach wissen, ob sie dableiben können oder ob sie das Land verlassen müssen: Da wissen Sie ganz genau, dass wir gerade im Rahmen des BFA im letzten Jahr intensivst an der Gesetzgebung gearbeitet haben, dass wir jetzt eben dabei sind, dass dieses Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl auch vollständig arbeiten kann.

Auch da war es uns wichtig, dass dort sehr viele Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter vor Ort tätig sind, um eben vor allem alle fremdenrechtlichen und asylrechtlichen Agenden abwickeln zu können. Deswegen gibt es auch die intensive und umfassende Beratung. Auch hier sei gesagt, dass derartige Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter selbstverständlich


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erst dann Entscheidungen treffen können, wenn sie die Approbation erhalten haben, das heißt, wenn sie in all diesen Bereichen auch volle Kompetenz erlangt haben.

Aber ich gestehe auch in diesem Plenum ein, dass es in der Anfangsphase zu dem einen oder anderen Vorfall gekommen ist, was das neue System betrifft. Auch da sind wir dabei, alle Optimierungsarbeiten vorzunehmen, damit wirklich alles friktionsfrei über die Bühne geht. Speziell was die Reisedokumente anlangt, in diesem Bereich gab es Schwierigkeiten: Seitens der einzelnen regionalen Stellen wurde auch verlängerter Parteienverkehr eingeführt, damit die Betroffenen so schnell wie möglich ihre Reise­pässe in der Hand haben.

Sie sehen also, dass wir wirklich alles tun, um Asylwerber bestens zu betreuen, dass wir versuchen, Verfahren auch bestens und schnellstens abzuwickeln, und dass wir vor allem auch über eines der besten Asylsysteme in ganz Europa verfügen. Daher kommt es nicht von ungefähr, dass wir erst letzte Woche seitens des UNHCR-Hochkom­missars Guterres auch ein Lob erhalten haben, zum einen für unsere humanitäre Aktion und zum anderen für unser vorbildliches Asylsystem, das auch vielen anderen Ländern ein großes Vorbild ist. Da sage ich einfach auch: Danke allen Österreiche­rinnen und Österreichern, dass das möglich ist! – Danke. (Beifall bei der ÖVP.)

18.31


Präsident Karlheinz Kopf: Zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Pendl.

Ich mache darauf aufmerksam, dass ab sofort für alle Redner eine Redezeit von maximal 5 Minuten gilt. – Bitte, Herr Abgeordneter.

 


18.31.34

Abgeordneter Otto Pendl (SPÖ): Herr Präsident! Frau Bundesministerin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Hohes Haus! Sicherlich eine sehr traurige, eine sehr nachdenkliche Diskussion! Ich ersuche nur darum – ich habe das in den letzten Jahren immer versucht –, dieses Thema auf der sachlichen Ebene zu halten, weil die inter­nationale Politik, aber auch die europäische Politik aufgefordert ist, Rahmenbedin­gungen zu schaffen, dass gewisse Krisenherde erst einmal gar nicht entstehen und dass sie nicht in dieser Form, wie wir es gerade erleben, zur Explosion kommen.

Aber generell müssen wir, glaube ich, auf nationaler Ebene versuchen – natürlich auch auf europäischer –, Rahmenbedingungen zu schaffen, die, wie wir es sehen, aus der Sicht der Humanität, für alle verträglich und erträglich sind. Aber eines sollten wir nicht tun, Frau Kollegin, und ich habe immer wieder versucht, das auch darzustellen. Wir haben in den letzten Jahren mit zahlreichen legistischen Maßnahmen versucht, in diesem Bereich den Menschen, die zu uns kommen und Hilfe suchen, ganz einfach zu helfen. Ich glaube, wir liegen derzeit, seit den letzten neuen Gesetzesbestimmungen, bei einer Durchführung mitsamt den Rechtsmitteln bei knapp neun Monaten. Das ist im europäischen und im internationalen Vergleich, wenn man die rechtsstaatliche Ablaufgeschichte kennt, herzeigbar. Da sind wir an der Spitze, da schlägt uns momen­tan keiner.

Aber es muss uns auch klar sein – so traurig das ist –, dass wir in der Staaten­gemeinschaft – jetzt sage ich: Gott sei Dank! – in diesem Bereich einen sehr hohen Level auf nationaler Ebene haben. Daher haben wir noch mehr Druck als unsere europäischen Freunde, das ist überhaupt keine Frage, was die Versorgungssicherheit für jene betrifft, die zu uns um Hilfe kommen. Aber es wird ewig eine mühsame Diskussion sein – ewig! –, wenn nach einem rechtsstaatlichen Verfahren ein negativer Bescheid ausgestellt wird und wir über viele Jahre hinweg immer über die negativen Bescheide diskutieren.


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll14. Sitzung / Seite 193

Ich verstehe schon, dass keiner von uns in gewissen Ländern dieser Welt leben will. Das weiß ich, das wissen wir alle. Aber wenn eine Gesellschaft und wenn eine Europäische Union funktionieren sollen, dann brauchen wir Spielregeln, und die Spielregeln müssen wir meiner Ansicht nach, wenn wir auf Rechtsstaatlichkeit Wert legen, irgendwie einhalten. Wir sollten die österreichischen Leistungen hier nicht kleinreden. Ich sage das im Wissen darüber, wie die europäischen Staaten aufgestellt sind und was wir, pro Kopf auf die Einwohner umgelegt, leisten. Da sind wir nämlich wieder an der Spitze, im Gegensatz zu anderen europäischen Ländern.

Ich würde gerne auch hier an Sie alle appellieren, einen Beitrag zu leisten, wenn es um die Lastenverteilung geht. Viele in diesem Plenum wissen, wo ich herkomme; ich kenne mein Leben lang das, was heute „Erstaufnahmestelle“ heißt. Ich bin unmittelbar, nur ein paar Kilometer entfernt, neben Traiskirchen aufgewachsen. Ich kenne die Situation seit 1956, mir braucht das keiner zu erzählen. Ich kann Ihnen auswendig sagen, Frau Kollegin, wie viele nicht nach Traiskirchen gehören von denen, die in der Erstaufnahmestelle sind.

Ich war maßgeblich mit der Frau Bundesministerin daran beteiligt, dass wir den Asyl­gipfel abgehalten haben. Ich will jetzt hier nicht polemisieren, dazu ist mir das Thema viel zu ernst, das sage ich gleich dazu: Aber wie sollen wir rasch eine europäische Solidarität in diesem Bereich erzielen? (Abg. Mag. Korun: Ohne Dublin!)

Wenn ich mir die nationale Solidarität anschaue, Frau Kollegin, könnte ich Ihnen jetzt auswendig zeigen oder sagen, wie die Lastenverteilung innerhalb Österreichs zwischen den Bundesländern ist. Gar nicht zu reden davon, wie es ist, wenn es um die Frage geht, welche Gemeinde wo aufzeigt und sagt: Ja, machen wir, oder machen wir nicht. – Ich bitte darum, auch diesen klaren Blick, bei allem Verständnis für all diese Fragen, nicht aus den Augen zu verlieren.

Man kann das Dublin-Abkommen durchaus kritisieren, ich kritisiere es oft selbst. Aber hätten wir das Dublin-Verfahren nicht, nämlich ersatzlos nicht, dann hätten wir über-haupt kein Reglement, wie wir bei den unterschiedlichen Zugängen oder Zuströmen vorgehen. Man vergisst in jeder Diskussion, dass ein Großteil oder fast alle geschleppt werden! Niemand diskutiert mehr seit geraumer Zeit über die Schlepper. Die sind alle professionell aufgestellt, verdienen viel Geld, schleppen die Leute rund um den Erdball. Das geht alles unter.

Wenn wir es immer auf den Einzelfall herunterbrechen, tut uns dieser allen weh, das sage ich unumwunden. Aber ich glaube, wenn eine Gesellschaft funktionieren soll, wenn ein Rechtsstaat funktionieren soll, bei allem Verständnis – wir können uns gemeinsam bemühen, dass wir auf europäischer Ebene mehr zusammenbringen. Ich appelliere an alle Abgeordneten aus den Bundesländern und appelliere an alle KommunalpolitikerInnen hier herinnen, die faire Lastenverteilung auch wirklich einmal zu leben und nicht nur in Sonntagsreden hier zum Ausdruck zu bringen.

Ich appelliere an alle, sich anzusehen, was Österreich (Präsident Kopf gibt das Glockenzeichen) – das ist schon mein Schlusssatz – im europäischen Verbund leistet, nämlich das meiste von allen zusammen! Ich ersuche wirklich darum, die guten Ge­setze, die wir schnell und rechtssicher in der letzten Zeit gemacht haben, nicht alle in Grund und Boden zu reden. (Beifall bei SPÖ und ÖVP.)


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll14. Sitzung / Seite 194

18.37


Präsident Karlheinz Kopf: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Amon. – Bitte.

 


18.37.44

Abgeordneter Werner Amon, MBA (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr ge­ehrte Frau Bundesministerin! Geschätzte Frau Abgeordnete Korun, wen würde die Geschichte, die Sie erzählt haben, nicht betroffen machen?! Und welchem Elternteil würde es nicht das Herz zerreißen, eine Entscheidung treffen zu müssen, welches Kind von den seinen man in einer derartigen Situation loslassen müsste?! – Eine Entscheidung, die man natürlich nicht treffen kann.

Der Realitätssinn aber gebietet uns, dass wir schlicht und einfach nicht alle Kinder und nicht alle Familien dieser Welt aufnehmen können. Es gibt den Spruch „Rette ein Kind, und du rettest die ganze Welt“, und da schließe ich bei meinem Vorredner an: Die Leistungen, die Österreich seit 1945 insgesamt im Zusammenhang mit humanitären Aufgaben erbracht hat – denken wir an die Ungarn-Krise, denken wir an den Prager Frühling, denken wir an den Krieg im ehemaligen Jugoslawien, und auch heute –, sind international anerkannt.

Es ist daher aus meiner Sicht der falsche Weg, dass man hier versucht, diese Leis­tungen, die Österreich in diesem Zusammenhang erbringt – und das sage ich aus­drück­lich dazu: gerne erbringt im Sinne der Humanität –, kleinzureden oder madig zu machen, weil es in dem einen oder anderen Fall Probleme gibt. (Beifall bei der ÖVP. – Abg. Mag. Korun: Das tut niemand! Es geht um europäische Solidarität!)

Ich komme dazu, Frau Kollegin Korun: Ja, es geht um europäische Solidarität, weil es in einem geeinten Europa natürlich nicht so sein kann, dass die Last einzig und allein auf ein Land oder auf einige wenige Länder verteilt wird.

Österreich ist aber auch im europäischen Verbund an der Spitze, wenn es darum geht, Flüchtlinge aufzunehmen und Humanität zu üben.

Das Dublin-Abkommen ist natürlich kein perfektes Abkommen. Welches Abkommen ist schon perfekt? – Sie haben es selbst dargestellt: Wenn 1 000 zurückgeschoben werden und 800 nach Österreich zurückgeschoben werden, dann stellt sich natürlich manchmal die Frage der Sinnhaftigkeit dieser Verbringung. Aber gäbe es das nicht, hätten wir nicht die Hälfte von diesen 1 800, sondern die 1 800 in Österreich, Frau Kollegin Korun. (Abg. Pendl: Mehr!) – Oder mehr. Deshalb ist das Dublin-Abkommen natürlich ein wichtiger Teil, um diese europäische Solidarität üben zu können.

Verbesserungsvorschläge? – Herbei! Ich glaube, gerade die Frau Bundesministerin steht dafür, auch ständig im Europäischen Rat mahnend zu agieren, weil Österreich eben ein Land ist, das unglaublich viel beiträgt, um da für Verbesserungen zu sorgen. Alle Innenminister der letzten Jahre haben das immer wieder eingebracht und die internationalen und europäischen Abkommen weiterentwickelt und weitergebracht. Sie sind nicht perfekt, aber sie sind notwendig.

Ich würde mich freuen, wenn hier auch einmal ein klares Bekenntnis Ihrerseits zum Rechtsstaat zu hören wäre. Der Rechtsstaat muss für alle gelten. Es kann nicht sein, dass bei einem ein ordentliches Asylverfahren abzuwickeln ist und beim anderen sagen wir: Da ersitzen wir uns ein Bleiberecht. – Diese Dinge gehen nicht. Es geht um ordentliche Verfahren. Es geht um einen ordentlichen Rechtsstaat. Denn nur wenn es einen ordentlichen, funktionierenden Rechtsstaat gibt, kann es auch entsprechende Humanität geben.

Schauen wir uns Syrien an: Die österreichische Bundesregierung hat sich Ende August 2013 bereit erklärt, neben den laufenden 2 000 Asylverfahren 500 zusätzliche Flüchtlinge aufzunehmen. Die Zielgruppe dieser humanitären Aktion sind ganz besonders schutzbedürftige Gruppen: bedrohte Frauen und Mädchen, Überlebende von Gewalt und Folter, bedrohte ältere Personen, Personen, die physischen Schutz-


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll14. Sitzung / Seite 195

bedarf haben, Flüchtlinge mit speziellem medizinischem Bedarf und verfolgte Minder­heiten wie Christen. Ich sage aber ausdrücklich: Es sind eben nicht nur Christen. Die Frau Bundesministerin hat es schon ausgeführt. Bereits bei den ersten 250 verfolgten Personen waren mehrere Konfessionen dabei, natürlich auch Christen neben vielen anderen betroffenen Personen.

Also: Nehmen wir das Thema sehr ernst! Versuchen wir, es zu verbessern, aber wechseln wir kein billiges Kleingeld mit dieser Thematik! (Beifall bei der ÖVP sowie des Abg. Pendl.)

18.43


Präsident Karlheinz Kopf: Als Nächster ist Herr Abgeordneter Dr. Rosenkranz zu Wort gemeldet. – Bitte.

 


18.43.20

Abgeordneter Dr. Walter Rosenkranz (FPÖ): Herr Präsident! Frau Bundesministerin! Frau Abgeordnete Korun, diese tragische Begebenheit, die Sie geschildert haben, wurde nicht nur in den deutschen Medien verbreitet, sie wurde auch über das öster-reichische Fernsehen ausgestrahlt. Karim El-Gawhary hat diese Geschichte bereits erzählt. Ich glaube, es gibt natürlich niemanden, den diese Geschichte, die Sie geschil-dert haben, kalt gelassen hat.

Wenn ich mir aber die Tageszeitungen anschaue, zum Beispiel die morgige Ausgabe einer Zeitung, die heute schon ausgeteilt wurde, brauche ich sie nur aufzublättern und sehe, dass sie voll mit menschlichen Tragödien ist. Es gibt auch die menschlichen Tragödien, die jeder von uns im eigenen Land mitbekommt. Es sind Tragödien, ob das jetzt die acht Kinder sind, die in China beim Eislaufen ertrunken sind, oder etwas anderes.

Die menschliche Tragödie, die Sie hier angeführt haben, ist unbestritten. Aber bei dem, was Sie jetzt hier machen, geht es eigentlich um etwas ganz anderes. Sie verbrämen das mit dem Einzelschicksal, so tragisch es auch ist. (Ruf bei den Grünen: Weil es schon eine Methode ist !) – Es ist keine Methode, Kinder im Meer ertrinken zu las-sen. Das möchte ich auf das Entschiedenste zurückweisen. Ich meine, kein Mitglied-staat der Europäischen Union, aber auch kein anderer Staat, würde das zulassen. Auch wenn Sie sagen, es waren ägyptische Fischer, die das aufgegriffen haben – es ist keine Methode, Kinder ertrinken zu lassen. Das ist in Wirklichkeit ein unerhörter Vorwurf, den Sie hier als Zwischenruf gemacht haben. Das sollen Sie mir einmal beweisen, dass das Töten von Kindern oder das Wegschauen beim Tod von Kindern irgendwo Methode ist! (Beifall bei der FPÖ und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Etwas anderes zu diesen Begrifflichkeiten: Sie sagen, dass es doch für den Betrof-fenen egal ist, ob es sich um eine „Zurückschiebung“ oder um eine „Abschiebung“ handelt. – Das ist richtig. Wir haben aber in den Gesetzen unterschiedliche Begriffe. Ich sage Ihnen eines: Einem Opfer ist es auch relativ egal, ob es durch Mord, Totschlag oder fahrlässige Tötung ins Jenseits befördert wird. Dem Opfer ist es wirklich komplett egal, aber es ist etwas anderes. Es macht einen Unterschied. Ich habe mir eigentlich gerade von Ihnen, von den Grünen, erwartet, dass Sie mit gesetzlichen Begriffen niveauvoller umgehen. Sie sagen aber: Wenn wir bei der Anfrage etwas ein bisschen unpräzise hineinschreiben, dann ist das ja wurscht, weil es für den Betrof­fenen anders ankommt.

In Wirklichkeit geht es bei Ihnen um etwas anderes. Bei Ihnen geht es gesell-schaftspolitisch um ein anderes Ziel und um eine andere Idee. (Abg. Mag. Korun: Es geht um die Menschenrechte!) Die steht im politischen Wettstreit hier herinnen auf dem Prüfstand. Es geht darum, dass Sie einen Vertrag wollen, der vielleicht Dublin III oder


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Dublin IV heißen soll. Im Zweifel sollen alle Asylwerber – sowohl die, die zu Recht Asyl bekommen, aber auch die, die zu Unrecht Asyl verlangen – einmal nach Österreich kommen. Sie sollen vom ersten Tag an Arbeitsplätze bekommen. Sie sollen vom ersten Tag an in die Grundversorgung kommen. Sie sollen vom ersten Tag an ihr Wahlrecht und andere Rechte bekommen. Das ist Ihr Entwurf einer Gesellschaft. Das verbrämen Sie auch mit der Frage des Menschenrechts.

Ich sage Ihnen: Es gibt auch eine Menschenpflicht, und zwar: Gesetze zu befolgen. Gesetze werden hier gemacht. Frau Kollegin Korun, es steht Ihnen vollkommen frei – und ich akzeptiere das –, dass Sie entsprechende Anträge stellen, dass Sie Gesetz­entwürfe machen, dass Sie Vorschläge machen, um Ihr Gesellschaftskonzept in Österreich auch durchzusetzen. Was Ihnen fehlt ist eine Mehrheit. Das ist ein gewisses Problem in der Demokratie, aber ich sehe Sie auf einem guten Weg, diese Mehrheit auch nie zu bekommen.

Uns Freiheitlichen geht es darum, dass wir sehr klar zwischen denen, die Asyl tat­sächlich brauchen, und denen, die nach Österreich kommen und das Recht auf Asyl ausnutzen wollen, unterscheiden. Vielleicht ist gerade die Tatsache, dass es so viele gibt, die in den letzten Jahren und Jahrzehnten gerade in Österreich das Grundrecht, das Menschenrecht auf Asyl missbraucht haben, auch ein guter Grund für diese Asyldebatte, die in Österreich geführt wird. Ich spreche von Asylbetrügern, die aus ganz anderen Gründen kommen.

Jetzt können Sie sagen: Für uns ist ein Wirtschaftsflüchtling auch ein Flüchtling. Das mag Ihre Ansicht sein, unsere ist es nicht. Wir halten uns an die entsprechenden Gesetze, in denen ganz klar definiert ist, worin eine Flüchtlingseigenschaft begründet ist. Das ist Ihre Ansicht, mit der Sie eben oft, gerade wenn es um rechtsstaatliche Verfahren geht, Schiffbruch erleiden.

Sie wissen eines ganz genau: Österreich nimmt sich sehr viel Zeit – auch wenn eine Verfahrensbeschleunigung immer gewünscht ist –, damit, so wie Sie sagen, die Menschen nicht immer in so einem Unruhezustand sind, wie es ausgehen wird. Ihnen passt im Asylwesen in Österreich gar nichts. Denn das, was Sie wollen, ist kein geordnetes Asylwesen, sondern ein Asylunwesen. (Beifall bei der FPÖ.)

18.48


Präsident Karlheinz Kopf: Als Nächste ist Frau Abgeordnete Windbüchler-Souschill zu Wort gemeldet. – Bitte.

 


18.48.24

Abgeordnete Tanja Windbüchler-Souschill (Grüne): Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich zitiere UN-Generalsekretär Ban Ki-moon:

„,Zivilisten sind die täglichen Opfer der Brutalität, der Bombardierungen, der Artillerie­angriffe und der Autobomben. Frauen und Mädchen sind Ziele sexueller Gewalt.‘ Selbst Schulen und Krankenhäuser würden angegriffen. ,All diese furchtbaren Akte sind nicht akzeptabel und müssen sofort aufhören.‘“

Das unterschreibe ich, Herr Kollege Rosenkranz. Genau das ist unser grünes gesell­schaftspolitisches Ideal und unsere gesellschaftspolitische Ausrichtung. (Beifall bei den Grünen.)

Fast 9,5 Millionen Menschen sind in Syrien schutzbedürftig, sie brauchen humanitäre Hilfe. 6,5 Millionen Menschen sind, laut Schätzungen der Hilfsorganisationen wie zum Beispiel Rotes Kreuz oder Roter Halbmond, die Partnerorganisation des Roten Kreu-zes, sogenannte interne Vertriebene, also Personen, die ihre Häuser, ihr Zuhause, ihre Wohnungen verlassen mussten. 2,5 Millionen Menschen sind auf der Flucht, Männer, Frauen und Kinder, die vor Gewalt geflohen sind.


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Erst vor wenigen Tagen hat es der UN-Sicherheitsrat tatsächlich geschafft, eine Resolution einstimmig beschließen zu können – auch die Länder Russland und China sind dem beigetreten –, in der freier Zugang für humanitäre Hilfe gefordert wird. Das Österreichische Rote Kreuz und die Partnerorganisation Roter Halbmond haben schon seit Monaten darauf hingewiesen, dass es nicht nur schwierig, sondern unmöglich ist, den Menschen direkt zu helfen. Das ist damit geschafft worden.

Die Bürgerkriegsparteien sollen die Belagerung der Städte sofort beenden. Das sofortige Ende der Angriffe auf Zivilisten soll kommen. Das die Situation in Syrien.

Die humanitäre Katastrophe in Syrien nimmt Ausmaße an, die wir uns nicht vorstellen können. Deshalb ist das Beispiel der Kollegin Korun auch wichtig und richtig, da es uns alle betroffen macht. Das ist auch wichtig. Es ist wichtig, dass wir auch hier in unserem Parlament nicht die Weitsicht und die Nachhaltigkeit verlieren, über unseren eigenen Tellerrand hinwegzuschauen und zu sagen: Syrien und die Menschen in Syrien brauchen Hilfe, auch von Österreich. (Beifall bei den Grünen. – Abg. Pendl:  kommen wir nicht mit den Erstaufnahmestellen! Auch in den Ländern, wo ihr mit­regiert! – Zwischenruf des Abg. Dr. Walter Rosenkranz.)

Österreich hat internationale Verpflichtungen. Es heißt, wir sagen nie etwas Positives. Es ist positiv zu erwähnen, dass es auch finanzielle Mittel vonseiten des Außen-ministeriums in den letzten Jahren gegeben hat, zuletzt 2013. (Abg. Neubauer: Überall, wo grüne Landesräte sind, haben wir ein Problem mit den Aufnahmezentren!) Insgesamt waren es rund 7 Millionen € für die humanitäre Hilfe in Syrien, aber Sie können mich da sehr gerne ergänzen. Das ist wichtig und richtig, das ist ein guter Schritt.

Österreich hat die internationale Aufgabe, die NGOs zu unterstützen – all jene, die vor Ort arbeiten, aber auch all jene, die in Österreich mit Flüchtlingen, mit traumatisierten Kindern, Frauen und Männern arbeiten. Aber Österreich hat vor allem auch die Verpflichtung, Schutzbedürftige tatsächlich aufzunehmen.

Man kann schon über technische Ausdrücke diskutieren – zurückgeschoben, abge­schoben, hin- und hergeschoben, oder was auch immer da für Begriffe in den Mund genommen werden. Ich finde, das ist eine Verschleierung. (Abg. Dr. Walter Rosen­kranz: Die stehen im Gesetz!) – Gesetze sind nicht in Stein gemeißelt, Herr Kollege Rosenkranz. Das wissen Sie genauso. (Abg. Dr. Walter Rosenkranz: Das steht im Gesetz! Verba legalia sind das!) Es geht hier um den gesellschaftspolitischen Aus­druck. Es ist keine Frage, dass diese technischen Ausdrücke auf jeden Fall zu verändern sind.

Aber es ist auch – und da bin ich bei meiner Kollegin Schwentner – ein System, zu sagen: Eine Abschiebung ist nicht gleich eine Zurückschiebung. Die Menschen, die in Österreich landen, erhoffen sich auch einiges. Sie erhoffen sich Hilfe, Unterstützung und einen menschenwürdigen Aufenthalt in ihrem Trauma. Da ist es für sie egal, ob es eine Zurückschiebung oder eine Abschiebung ist. Es ist de facto das Loslösen der Person aus dem Zielland Österreich. (Abg. Dr. Walter Rosenkranz: Das heißt, für Asylberechtigte machen Sie jetzt einen Katalog? Sie dürfen es sich also aussuchen!) Das heißt, es braucht eine klare Aufwertung. Es braucht eine klare Aufwertung der europäischen Flüchtlingspolitik. (Zwischenruf des Abg. Pendl. – Abg. Dr. Walter Rosenkranz: Ich darf es mir aussuchen: Ich möchte nach Österreich, ich möchte nach Deutschland!)

Lieber Herr Rosenkranz, ich schlage Ihnen und den Kollegen Amon und Pendl etwas vor: Besuchen wir gemeinsam ein syrisches Flüchtlingsheim! (Beifall bei den Grünen. – Neuerlicher Zwischenruf des Abg. Pendl.) Besuchen wir gemeinsam jene Personen,


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die wirklich unsere Hilfe brauchen, und dann werden wir hier weiter diskutieren. (Beifall bei den Grünen.)

18.53


Präsident Karlheinz Kopf: Als Nächster ist Herr Abgeordneter Hagen zu Wort gemeldet. – Bitte. (Abg. Pendl: In jedem Bundesland, wo die Grünen in der Regierung sind, gibt es Probleme! – Rufe und Gegenrufe zwischen Abgeordneten von FPÖ und Grünen.)

 


18.53.43

Abgeordneter Christoph Hagen (STRONACH): Sehr geehrter Herr Präsident! Frau Bundesminister! Hohes Haus! Wenn sich die Aufregung gelegt hat, könnten wir wieder zur Sache kommen.

Frau Abgeordnete Korun hat ein Thema angesprochen, ebenso das Interpellations­recht. – Ich habe mir die Beantwortung der Frau Innenminister angeschaut. Ich bin zwar sicher nicht bekannt dafür, dass ich die Frau Innenminister sehr verteidige, aber ich würde mir wünschen, auf eine Anfrage 33 Seiten als Antwort zu bekommen. Frau Korun, da muss ich die Frau Innenminister einmal in Schutz nehmen. (Demonstrativer Beifall bei der ÖVP.)

Kommen wir einmal zum Thema: Sie wissen, ich war im Europarat im Migrationsaus­schuss. Ich habe dort sehr viel über europaweite Flüchtlingspolitik mitbekommen. Da ist mir etwas aufgefallen. Wenn wir uns das Dubliner Abkommen anschauen, dürfte in Österreich kein einziger Asylwerber sein, außer er ist mit dem Flugzeug irgendwie eingereist. (Abg. Dr. Walter Rosenkranz: Ja, richtig!) So, da sind wir einmal beim Punkt. Wie viele haben wir? – Heute habe ich gehört, über 1 800 nur aus Syrien.

Ich habe damals im Europarat vorgeschlagen, dass die Frontex weitere Rechte be­kommt und dass man mit den Staaten in Nordafrika Maßnahmen setzt, um näher an den Grenzen überwachen und Flüchtlingsboote gleich abfangen zu können. Dann könnte man nämlich viele Tragödien verhindern und vielleicht mit Entwicklungsgeldern Hilfe leisten, und die Leute könnten auch in dieser Region bleiben.

Es ist klar und verständlich, dass Syrien ein Sonderfall ist, da dort jetzt ein Kriegsgebiet ist.

Aber gehen wir jetzt einmal weiter, Frau Korun. Schauen wir, was da abgeht! Sie wollen, dass wirklich jeder, der nach Österreich hereinkommt  Wir kennen die Masche, und es sind sehr viele Schlepperbanden daran beteiligt. Ich bin Polizist, ich kenne mich mit der Materie aus, das können Sie mir glauben. Da sind sehr viele Schlepperbanden beteiligt. Das Erste, das den Flüchtlingen eingeimpft wird, ist, dass sie ihren Pass vernichten. Sie sollen sagen, sie haben sich nicht ausgekannt, sie wissen nicht, wo sie herkommen, sie wissen nicht, wie sie nach Österreich gekommen sind. Dann dürfen sie hierbleiben, da wir ein sehr gutes Sozialsystem und ein tolles Asylwesen haben. Das heißt, die Leute bekommen in Österreich wirklich sehr viel geboten. Das ist auch in Deutschland, in Schweden und in Frankreich so. Genau deswegen sind das die Hauptasylländer. (Beifall beim Team Stronach. – Abg. Dr. Walter Rosenkranz: Das ist Zuwanderung!) Das ist einmal der Punkt. Darüber muss man nachdenken.

Was Sie wollen, ist eine Legalisierung der Asylschlepperbanden, sodass man wirklich jeden nach Österreich bringt und jeder wird hier aufgenommen. Das ist das gelobte Land. Das wollen wir nicht. Dafür haben wir einen Rechtsstaat. Dafür haben wir die Europäische Union, wo es klare Regeln und Pflichten für die Mitgliedsländer gibt. Gemäß diesen Regeln sollten wir uns verhalten. – Jetzt habe ich dieses Thema abge­schlossen.


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll14. Sitzung / Seite 199

Frau Innenminister, ich habe mich vorhin schon gewundert, dass Sie Frau Korun so eine tolle Antwort zukommen lassen haben. Ich bin auch der Meinung, dass das Interpellationsrecht ernstgenommen werden sollte.

Ich habe drei Anfragen an Sie gestellt. Da ist es in sechs Fragen darum gegangen, die statistischen Daten zu Wohnungseinbrüchen zu erfahren. Bekommen habe ich diese Antwort, meine Damen und Herren. (Der Redner hält Schriftstücke in die Höhe.) Das sind gerade zwei Sätze.

Ich habe da mit Stichtag 1. Jänner 2014 gefragt, und Sie verweisen mich auf eine Anfrage von irgendeinem anderen Abgeordneten von früher in der letzten Legislatur­periode, das heißt, im Juni 2013. Das Kalenderjahr 2013 sei noch nicht abgeschlossen, deswegen könnten Sie nichts beantworten. Das ist das eine. (Zwischenbemerkung von Bundesministerin Mag. Mikl-Leitner.) – Ich sage nur, wie man beantwortet.

Zum nächsten Punkt. Da ging es um die Whistleblower, um diesen Polizisten – Sie werden sich erinnern –, der Informationen über ungerechtfertigte – sage ich einmal – Vorgaben für die Anzahl an Strafzetteln, die man in Wien einbringen muss, gegeben hat. Da habe ich zwei Sätze Antwort auf sieben Fragen bekommen.

„Meinungen und Einschätzungen sind nicht Gegenstand des parlamentarischen Interpellationsrechts“, schreiben Sie da, Frau Minister.

Ich habe da keine „Meinungen“ oder sonst irgendetwas geäußert, sondern ich habe gefragt, wie Sie dazu stehen. Ob ich jetzt schreibe, was Sie für eine Meinung haben oder was Sie dazu sagen, ist egal. Sie betreiben da Wortklauberei. Sie haben mir null Antworten gegeben. Das ist etwas, das meiner Meinung nach nicht tragbar ist.

Dann habe ich noch einmal eine Anfrage mit vier Fragen gestellt. Ich habe 2013 ange­fragt. Sie verweisen mich da auf eine parlamentarische Anfrage vom 15. Februar 2013, so, als ob ich ein Hellseher wäre, was nachher noch mit Förderungen von Projekten und sonstigen Leistungen im Ministerium abgelaufen ist. Das heißt, das muss ich mir aus den Fingern zuzeln.

Frau Minister, ich würde mir wünschen, dass Sie auch mir solch tolle Beantwortungen wie Frau Korun geben, mit so vielen schönen Antworten. – Danke. (Beifall beim Team Stronach.)

18.58


Präsident Karlheinz Kopf: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Dr. Scherak. – Bitte.

 


18.59.09

Abgeordneter Dr. Nikolaus Scherak (NEOS): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Frau Ministerin, niemand hier will Ihnen Ihr Bemühen absprechen, aber das ändert einfach nichts an der Tatsache, dass in der österreichischen Asylpolitik immer noch sehr viel im Argen ist. (Rufe bei der ÖVP: Geh, geh! – Abg. Dr. Fekter: Nein, da kennen Sie sich nicht aus!) – Lassen Sie mich einmal fertigreden!

Trotz dieser ganzen Regelungen, die Kollege Pendl schon angesprochen hat – oder vielleicht gerade deswegen –, haben wir eine sehr unübersichtliche Rechtslage, die für Asylwerber schwer durchschaubar ist. Es ist die Frage zu stellen, ob die Rechts­beratung ausreichend ist. Diese ist nicht durchgängig kostenlos. Bei dem Verein, der mit dem Innenministerium den Vertrag hat, lässt die Art, wie die Beratung abläuft, eher zu wünschen übrig. Das hört man, wenn man so in der Zivilgesellschaft und in den entsprechenden NGOs nachfragt.

Was gibt es sonst noch an Problemen? – Es gibt noch immer keinen sinnvollen Arbeitsmarktzugang für Asylwerber. (Abg. Dr. Fekter: Waren Sie in Traiskirchen? Haben Sie sich das dort angeschaut?) – Selbstverständlich, ich bin dort in der Nähe


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aufgewachsen. Auch Kollege Pendl ist aus dieser Gegend. (Präsident Ing. Hofer übernimmt den Vorsitz.)

Der Arbeitsmarktzugang wird immer noch verweigert. Es gibt die Möglichkeit, saiso­naler Arbeit nachzugehen. Ich verstehe trotzdem nicht, wieso man Menschen nicht die Möglichkeit gibt, in Würde einer Arbeit nachzugehen und ihre Familien zu ernähren! (Beifall bei NEOS und Grünen.)

Kollege Rosenkranz hat ja von einem Gesellschaftsbild gesprochen. Kollege Loacker und ich haben dazu heute einen Entschließungsantrag eingebracht. Dabei geht es um eine Arbeitserlaubnis ab dem sechsten Monat – und nicht gleich ab dem ersten Tag, wie Sie unterstellt haben. Da geht es nicht um ein Gesellschaftsbild, da geht es um Grundrechte! Das ist es, was sowohl die Grünen als auch wir von den NEOS einfordern.

Wenn wir schon bei Familienvätern waren, die versuchen, ihre Kinder zu ernähren: Frau Ministerin, in der Anfrage waren einige konkrete Fragen in Bezug auf Familien und unbegleitete Minderjährige, zum Beispiel die Fragen 8, 17 oder 33. Die haben Sie nicht beantwortet. Entweder wollten Sie nicht, oder Sie haben die Daten dazu nicht. Ich fände beides erschreckend.

Besonders spannend ist die Frage 20, die Frau Kollegin Korun schon angesprochen hat. Sie hat auch schon die Antwort darauf verlesen. (Zwischenrufe bei der FPÖ.) Es ist äußerst interessant, wie es in Ihrer Anfragebeantwortung dazu kommen kann, dass darin steht, es gebe keine unbegleiteten Minderjährigen, die in Schubhaft sind. Es gibt Statistiken, da steht genau drinnen, dass dem so ist. Das ist immer noch so. Dass Sie dazu einfach keine Antwort beziehungsweise eine nicht richtige Antwort geben, kann ich nicht nachvollziehen. (Beifall bei NEOS und Grünen. – Abg. Dr. Walter Rosen­kranz: Nur weil der Herr Haselsteiner Arbeitskräfte braucht, müssen wir nicht alle arbeiten lassen!)

Ich verstehe einfach nicht, wieso wir hier unserer Verantwortung nicht gerecht werden, wieso wir uns immer am Dublin-Abkommen – ob es Dublin II oder Dublin III ist – abputzen und wieso es auch laut Innenministerium nicht zur Diskussion steht, dass wir da endlich einmal eine Änderung vornehmen.

Das liegt unter anderem auch in Ihrer Verantwortung, Frau Ministerin Mikl-Leitner, denn Sie können auf europäischer Ebene einmal sagen: Wir müssen das ändern, wir brauchen sinnvolle Quotenregelungen, damit es eben nicht Zustände gibt, wie momentan in Bulgarien, in Italien, in Griechenland. Sie kennen diese Zustände ganz genau. Sie wissen, wie dort Leute, die auf der Flucht sind und in Not sind, in Gefäng­nissen hausen, wo es keine sinnvolle Versorgung gibt; und der Grund dafür ist, dass wir da einfach keine europaweite Solidarität leben. (Beifall bei NEOS und Grünen.)

Die konkreten Maßnahmen, die im Asylbereich gesetzt werden, sind ein Thema, das mir besonders am Herzen liegt. Wir haben ja jetzt dieses – unter Anführungszeichen – „großartige“ Schubhaftzentrum Vordernberg. Da wurde der Betrieb im Wesentlichen oder im weitesten Sinne an eine private Sicherheitsfirma ausgelagert. (Abg. Amon: Waren Sie dort?) – War ich nicht, aber ich erzähle Ihnen gleich, was das Problem ist und was noch nicht verstanden wurde. (Neuerlicher Zwischenruf des Abg. Amon.) – Herr Kollege Amon, lassen Sie mich einmal fertigreden!

Das Problem ist – dazu gibt es auch einen Entschließungsantrag, der im Menschen­rechtsausschuss einmal besprochen werden wird, aber da gab es ja auch schon eine Antwort der Landespolizeidirektion Steiermark –: Wenn etwas in diesem Schubhaft­zentrum schiefgeht und irgendwelche Übertretungen oder irgendwelche Rechtsverlet-


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zungen von dieser privaten Sicherheitsfirma passieren, dann hat jemand, der dort drinnen ist, die Möglichkeit, strafrechtlich, zivilrechtlich dagegen vorzugehen.

Er hat aber keine Möglichkeit, eine Grundrechtsbeschwerde, eine Maßnahmen­be­schwerde einzubringen, weil ja die private Sicherheitsfirma keine hoheitlichen Auf­ga­ben hat, keinen hoheitlichen Aufgaben nachkommt. Das heißt, wir haben keine Möglichkeit, einen effektiven Grundrechtsschutz zu gewähren. Die Landespolizeidirektion Steier­mark sagt, nein, das ist überhaupt kein Problem, da darf man dann eine Maßnahmen­beschwerde einbringen. – Das wird aber nicht funktionieren, weil eine Maßnahmenbe­schwerde nun einmal nur gegen hoheitliches Handeln funktioniert. (Beifall bei NEOS und Grünen.)

Dass dieses Problem negiert wird und der Grundrechtsschutz jetzt einfach nicht mehr gewährleistet ist, weil man sich da einer Situation bedient und das auch gemütlich auslagert, kann ich nicht nachvollziehen.

Zum Abschluss noch einmal mein Aufruf: Setzen Sie sich bitte auf europäischer Ebene für eine europaweit akkordierte Asyl- und Flüchtlingspolitik ein, damit wir endlich diese Missstände und diese Probleme, die wir in diesem Bereich haben, in den Griff bekommen! – Vielen Dank. (Beifall bei NEOS und Grünen.)

19.04


Präsident Ing. Norbert Hofer: Zu Wort ist dazu niemand mehr gemeldet. Die Debatte ist geschlossen.

19.04.23Fortsetzung der Tagesordnung

 


Präsident Ing. Norbert Hofer: Ich nehme die Verhandlungen über den 6. Punkt der Tagesordnung wieder auf.

Zu Wort gemeldet hat sich Herr Abgeordneter Keck. – Bitte.

 


19.04.27

Abgeordneter Dietmar Keck (SPÖ): Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Deutschland hat den gesetzlichen Mindestlohn eingeführt, und ich freue mich für die dortigen Beschäftigten, dass dieser gesetzliche Mindestlohn eingeführt wurde. Vor allem für Menschen im Osten Deutschlands ist es eine sehr deutliche Verbesserung, dass dieser Mindestlohn eingeführt wurde; denn sie bekommen derzeit nicht einmal 5 € Lohn, wenn sie in einer Fabrik oder in einem Geschäft arbeiten, und das ist ein Geld, das absolut nicht zum Leben reicht.

Meine Damen und Herren, wissen Sie auch, warum das dort so ist, warum dort der Mindestlohn eingeführt wurde? Obwohl die deutsche Wiedervereinigung bald 25 Jahre her ist, gibt es noch immer deutliche Lohngefälle zwischen Deutschland Ost und Deutschland West. Das hat einen einzigen Grund: Es fehlen die Kollektivverträge in Deutschland, es gibt keine dort drüben.

Sie haben recht, meine Kolleginnen und Kollegen von den Grünen, für gerechte Arbeit muss es gerechten Lohn geben. Rechnen wir es noch einmal durch: Bei 8,5 € pro Stunde sind das ungefähr 1 300 € brutto im Monat bei einer 38,5 Stunden-Woche. Mehr gibt das nicht her, und das ist immer noch sehr wenig. Da gefällt mir die For­derung der Gewerkschaft von mindestens 1 500 € brutto im Monat sehr, sehr viel besser, und in vielen Fachbereichen ist diese Forderung der Gewerkschaft nach 1 500 € brutto im Monat ja schon umgesetzt. (Zwischenruf der Abg. Dr. Belakowitsch-Jenewein.)


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Genau das ist der Punkt. Bei uns gibt es Kollektivverträge, bei uns gibt es eine funktionierende Sozialpartnerschaft, und bei uns gibt es seit Jahrzehnten eine gute Tradition des autonomen Verhandelns. Das sieht man auch daran, dass die Arbeits­verhältnisse von rund 97 Prozent der österreichischen Beschäftigten über die Kollektiv­verträge abgedeckt sind, meine Damen und Herren, und ein gesetzlicher Mindestlohn würde dieses System sprengen. Ein starres System mit Erhöhungen zum Verbraucher­preisindex ist unflexibel und auch realitätsfern.

Außerdem: Wollen Sie wirklich, Kollegin Schatz, dass eine Regierung in die Autonomie der Kollektivvertragsverhandlungen eingreifen kann? – Ich will das sicherlich nicht. In Deutschland sehen wir aber, dass der gesetzliche Mindestlohn zumindest dazu geführt hat, dass plötzlich Kollektivverträge abgeschlossen worden sind. (Abg. Mag. Schatz: Und was ist mit der halben Million, die zu wenig verdienen?)

Der Druck der Politik führt in Deutschland zu Zielen, die wir längst erreicht haben. Wir brauchen das nicht, das ist gut so. Aber offen gesprochen, wir haben es in Österreich schon längst viel, viel besser durch die Kollektivvertragsautonomie, die wir haben. Daher kann dieser Antrag von unserer Fraktion sicherlich nicht unterstützt werden. (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Mag. Schatz: Und was ist mit den 500 000 Menschen, die unter 1 300 € verdienen?)

19.07


Präsident Ing. Norbert Hofer: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Fichtinger. – Bitte.

 


19.07.30

Abgeordnete Angela Fichtinger (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Werte Kolle­ginnen und Kollegen! Liebe Gäste auf der Galerie! Liebe Zuseher vor den Fernsehern! Der Antrag der Kollegin Schatz beschäftigt sich mit dem Mindestlohngesetz. Unter anderem besteht die Forderung, einen Mindestlohn von 8,50 € pro Stunde einzuführen.

In Österreich sind die Lohn- und Gehaltsverhandlungen aber die Aufgabe der Sozial­partner. Das ist ein bewährter Weg, um den uns viele in Europa beneiden. Das Zusam­mentreffen der Interessenvertretungen der Arbeitnehmer und der Arbeitgeber ist klug und funktioniert für beide Seiten sehr gut. So gab es zum Beispiel in den Jahren 2005 bis 2010 nicht einen Arbeitnehmer, der gestreikt hat. Lediglich im Jahr 2011 gab es 21,2 Minuten Streik pro beteiligtem Arbeitnehmer.

Wie der Kollege Keck schon erwähnt hat, sind zirka 90 Prozent der Kollektivverträge in Österreich bei 1 300 € angesiedelt. Natürlich besteht auch bei den restlichen 10 Pro­zent Handlungsbedarf. Dies muss aber über Kollektivvertragsverhandlungen, über unsere Sozialpartner geschehen. (Abg. Mag. Schatz: Wollen Sie von 1 100 € leben? Wollen Sie das?)

Grundsätzlich ist es das Wichtigste, dass die Österreicherinnen und Österreicher Arbeit haben und nicht um ihren Arbeitsplatz fürchten müssen, denn unverantwortliche und unüberlegte Einmischung in diese Thematik ist kontraproduktiv, da bei zu hohen Löhnen die Abwanderung (Abg. Mag. Schatz: Offenbar ist die Einmischung sehr notwendig!) – lassen Sie mich zuerst fertig argumentieren! – von Betrieben ins Ausland droht. (Abg. Mag. Schatz: Ja, bei den schlecht bezahlten Dienstleistungsbetrieben!) Gerade in grenznahen Bereichen, wie zum Beispiel im Waldviertel, ist die Abwan­derung in nahe Gebiete nach Tschechien ein großes Thema.

Ich weiß, wovon ich spreche. Ich bin selbst Bürgermeisterin einer Gemeinde im Waldviertel und erlebe das leider auch immer wieder. Ich weiß auch, was es bedeutet, wenn die Menschen dann keine Arbeitsplätze finden. Daher müssen diese Betriebe unbedingt von den Abwanderungsgedanken abgebracht werden, damit auch im länd-


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lichen Bereich der Beschäftigungsgrad so hoch wie möglich gehalten werden kann. Nur wenn Menschen in ihrer Heimat einer Arbeit nachgehen können, ist es möglich, die Abwanderung aus dem ländlichen Gebiet zu stoppen. – Danke. (Beifall bei der ÖVP.)

19.10


Präsident Ing. Norbert Hofer: Meine Damen und Herren, ich möchte daran erinnern, dass es nicht gerne gesehen wird, wenn im Sitzungssaal fotografiert wird.

Zu Wort gelangt Frau Abgeordnete Dr. Belakowitsch-Jenewein. – Bitte.

 


19.11.04

Abgeordnete Dr. Dagmar Belakowitsch-Jenewein (FPÖ): Herr Präsident! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Die Forderung nach dem Mindestlohn ist leider eine ganz notwendige. Herr Kollege Keck, wenn Sie sagen, das ist Sache der Sozial­partnerschaft, dann kann ich Ihnen da wohl recht geben. Nur wenn die Sozialpart­nerschaft eben keine ordentlichen Gehälter ausverhandelt, keine ordentlichen Löhne ausverhandelt, von denen man auch wirklich leben kann, dann ist meines Erachtens die Politik sehr wohl gefordert, sich hier auch einzumischen.

Es ist ja eigentlich traurig, dass es KV-Verhandlungen gibt und dass es KV-Löhne gibt und dann Menschen, die einen Beruf gelernt haben, die 40 Stunden in der Woche arbeiten, mit knapp unter 1 000 € netto nach Hause gehen. Das ist bitte schön nicht von mir erfunden, das können Sie im Internet nachlesen: Friseurinnen verdienen netto knapp unter 1 000 €, das ist alles im Internet abrufbar. Also, nicht böse sein, Sie reden ja so, als wären wir bei irgendwelchen Top-Gehältern. Nein, ganz im Gegenteil. Die Friseurin ist sozusagen immer das klassische Beispiel, aber das können Sie auch auf viele andere Branchen ausweiten.

Und ganz ehrlich: Gerade Sie von der SPÖ sollten ein bisschen in sich gehen und darüber nachdenken, ob das wirklich das ist, was Sie vertreten wollen, ob Sie sich wirklich weiter von der ÖVP am Gängelband nehmen lassen und sagen wollen: Wir wollen keinen Mindestlohn, das sollen sich die Sozialpartner selbst ausmachen! – denn das funktioniert ja ganz offensichtlich nicht. Sie sehen ja, dass es nicht funktioniert, denn sonst hätten wir ja nicht Zustände in dieser Art und Weise.

Jetzt sage ich Ihnen etwas: Sie haben alle hier die Mindestsicherung beschlossen, Sie (in Richtung SPÖ) und Sie (in Richtung ÖVP). Menschen, die Mindestsicherung beziehen, haben nicht einmal 100 € weniger. Da wird aber gerade vonseiten der SPÖ immer gejammert, das sei zu wenig, die Leute können kaum überleben und eigentlich gehöre da mehr her. – Soll sein, aber bitte schön, die, die arbeiten, sollen dann nicht mehr haben?

Das passt ja alles nicht zusammen, Ihre Argumente verschwimmen ja total. Ich bin schon der Meinung, dass es auch eine Pflicht dieses Hauses ist, darauf zu schauen und dass sich, wenn die Lohnverhandlungen eben nicht zu einem Abschluss führen, von dem man sagen kann, das ist ein Einkommen zum Leben, die Politik einzumischen hat. Das ist die Pflicht, und es ist letztlich auch unsere Aufgabe hier als Volksvertreter, dafür werden wir auch gewählt – und nicht, dass wir alles auslagern und immer nur sagen, es sind die Sozialpartner.

Sie (in Richtung SPÖ) sind beispielsweise mit einem Wahlkampfgag in den Wahlkampf hineingegangen. Sie haben nämlich gesagt, dass die Gratis-Zahnspange kommt. Von der haben wir aber heute gehört, dass sie nicht kommt, weil die Finanzierung über­haupt nicht gegeben ist. Der Hauptverband hat schon gesagt, es ist nicht finanzierbar, es ist nicht leistbar, es müssen die Zahnärzte billiger werden, es gibt keine Verhandlungen, es wird nichts kommen. (Zwischenruf des Abg. Weninger.) – Ja, Kollege Weninger, hören Sie einfach zu, melden Sie sich zu Wort, kommen Sie hier


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heraus und sagen Sie es hier! – Es wird nicht kommen. Es wäre sinnvoller gewesen, die SPÖ hätte sich im Wahlkampf dafür eingesetzt, dass es einen Mindestlohn in dieser Republik gibt für Menschen, die hier auch leben und arbeiten, damit sie nämlich ein Einkommen haben, mit dem sie auch überleben können.

Zur Kollegin von der ÖVP nur einen Satz. Sie haben nämlich gesagt: Es ist so wichtig, dass Menschen in der Region einen Arbeitsplatz haben. – Ja, das stimmt, da bin ich völlig bei Ihnen. Aber es nützt den Menschen ein Arbeitsplatz in der Region auch nichts, von dem sie nicht leben können, weil das Einkommen zu gering ist. (Beifall bei der FPÖ.)

Das ist doch der Hauptgrund, warum die Leute abwandern – aus dem Waldviertel, aus Teilen des Burgenlandes, aus den entlegenen Gegenden –, weil die Löhne und Gehälter zu gering sind. Daher ist es ein Gebot der Stunde und unsere Aufgabe, dafür zu sorgen, dass es einen gesetzlichen Mindestlohn gibt, und auch eine gesetzliche Mindestpension würde endlich einmal hergehören. – Danke. (Beifall bei der FPÖ.)

19.14


Präsident Ing. Norbert Hofer: Zu Wort gelangt nun Herr Abgeordneter Dr. Franz. – Bitte.

 


19.14.45

Abgeordneter Dr. Marcus Franz (STRONACH): Wertes Präsidium! Hohes Haus! Eine soziale Einstellung ist sicherlich gut, aber eine sozialromantische Einstellung ist schlecht, denn eine solche schädigt nämlich das soziale Wesen. Es hat im Dezem­ber 2013 – also vor einigen Monaten – in Deutschland eine Petition von über 130 hoch- und höchstrangigen Ökonomen gegeben, denen man beileibe nicht unterstellen kann, Sklaventreiber oder interessiert zu sein an einer exzessiven freien Marktwirtschaft, in der die Leute nichts verdienen und nur ausgebeutet werden. Diese 130 hochrangigen Ökonomen haben einstimmig an die Frau Bundeskanzler in Deutschland geschrieben: Mindestlohn vernichtet Arbeitsplätze.

Wenn 130 deutsche Ökonomen dieser Meinung sind, dann glaube ich, hat das einiges Gewicht. (Beifall beim Team Stronach.) Darunter befinden sich  die Professoren Burda, Wiegard, Schnabel et cetera – also aus allen verschiedenen politischen Farbschat­tierungen findet man da Herren und Damen, die dieser Meinung sind.

Wenn wir jetzt hergehen und sagen, wir brauchen den Mindestlohn, dann tun wir auch etwas, was in Österreich ja leider Gottes gang und gäbe ist: Wir machen Parallel­strukturen auf, wir konterkarieren uns gegenseitig, wir sind einfach ungeschickt, weil wir in Österreich längst Mindestlöhne haben, und zwar über die Kollektivverträge, die von den Sozialpartnern ausgehandelt werden.

Man kann den Sozialpartnern durchaus kritisch gegenüberstehen und sagen: Das ist eine Parallelregierung; da wird hinter verschlossenen Türen gemauschelt. – Das war vielleicht einmal so oder ist in Teilbereichen sicherlich noch immer so. Aber was hier geschieht, ist, dass ganz branchenspezifisch sinnvolle Dinge ausgehandelt werden, nämlich Löhne für die verschiedenen Branchen. Daher ist aus meiner Sicht und aus der Sicht des Team Stronach die Forderung nach einem Mindestlohn zwar idealistisch und sozialromantisch gefärbt, aber wahrscheinlich kontraproduktiv und sogar sozial schädlich.

Man kann nicht beides haben. Wir können nicht Kollektivverträge haben und Mindest­löhne, das würde sich gegenseitig konterkarieren. Da kommen wir in der Wirtschaft in Schneisen hinein, die wir alle nicht so haben wollen. (Abg. Mag. Schatz: Sie verstehen aber nichts von der Sache, wenn Sie das sagen!) Nicht umsonst war der ÖGB über Jahre, ja Jahrzehnte sogar, dagegen, weil die kollektivvertragliche Autonomie beschnit-


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ten würde. Das ist ungeschickt. (Abg. Mag. Schatz: Was tun Sie mit Leuten, die nicht vom Kollektivvertrag erfasst sind?) – Das sind nur 2 Prozent, und daran kann man arbeiten, aber die werden vom Mindestlohn nicht profitieren, sondern die werden eher noch darunter leiden.

Das ist unsere Sicht der Dinge. (Beifall beim Team Stronach.) Bei 130 deutschen Ökonomen kann man ja nicht sagen, dass das alles Dodeln sind – Entschuldigung.

Nicht erfasst vom Mindestlohn sind die neuen Selbständigen. Diese würden dadurch sogar noch mehr ausgebeutet werden beziehungsweise Selbstausbeutung betreiben müssen. Das wäre also auch da ein kontraproduktiver Weg. Außerdem sehe ich auch die Gefahr, dass sich einzelne Branchen dann extra Wege suchen würden, Pseudo-Selbständigkeit initiieren und anfeuern würden und der gesetzliche Mindestlohn überhaupt einen radikalen Systemwechsel in diesem Land auslösen würde. (Zwischenruf der Abg. Mag. Schatz.)

Daher ist es aus meiner Sicht nicht gescheit, sich dem anzunähern, zumal benachbarte Länder wie die Schweiz heuer einmal darüber abstimmen. Andere Länder wie England – die haben den Mindestlohn, einen sehr elastischen – sind jetzt wieder dabei, das ein bisschen zu verlassen, weil es eben so kontraproduktive Effekte auf die Wirtschaft hat. Daher sehe ich das als eine der wenigen sinnvollen Aufgaben der Sozialpartnerschaft.

Wenn wir das so belassen, ist es gut, und wenn wir das wegmachen, dann kriegen wir nur scheinbar mehr Demokratie, aber gerade die Löhne werden dann ein Spielball von demagogischen Entscheidungen. Daher ist das aus unserer Sicht nicht zu unterstützen. – Danke. (Beifall beim Team Stronach.)

19.18


Präsident Ing. Norbert Hofer: Zu Wort gelangt nun Herr Abgeordneter Mag. Loacker. – Bitte.

 


19.18.32

Abgeordneter Mag. Gerald Loacker (NEOS): Sehr geehrter Herr Präsident! Hohes Haus! Zum Thema Mindestlohn habe ich vier Einwände gegen den Antrag der Kollegin Schatz.

Zum Ersten wurde schon gesagt, dass ungefähr 98 Prozent der Arbeitnehmer und Arbeitnehmerinnen in Österreich bereits von Kollektivverträgen erfasst sind. Diese Situation lässt sich nicht mit anderen Ländern vergleichen. Daher stimmt einmal die Stoßrichtung nicht.

Zweitens: Auch für die anderen braucht es das aufgrund der hohen Kollektivvertrags­abdeckung nicht, weil eine Sogwirkung entsteht. Im Freiberuflerbereich gibt es zum Beispiel noch einige Berufsgruppen ohne Kollektivvertrag. Aber wenn heute ein Notar in Bludenz oder ein Makler in Linz eine junge Mitarbeiterin von der Handelsschule einstellen möchte, dann bekommt er die ja gar nicht um so einen niedrigen Tarif, weil sie Alternativen hat. Sie kann in die Industrie gehen, sie kann in den Handeln gehen, sie kann in eine Bank gehen und sie kann eben zu diesem Makler gehen – sie sucht sich das aus. Das ist ja auch eine Frage des Arbeitsmarktes. (Abg. Mag. Schatz: Wer sind dann die halbe Million Menschen?)

Frau Kollegin Schatz, ich wollte Sie nicht persönlich angreifen, aber jetzt, wenn Sie zwischenrufen, tue ich es doch: Mit Ihrem Ausmaß an privatwirtschaftlicher Erfahrung könnten Sie auf der Regierungsbank Platz nehmen, ohne aufzufallen; deswegen wäre ich an Ihrer Stelle ein bisschen ruhiger. (Beifall bei Abgeordneten des Teams Stronach.)


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Drittens wäre es kontraproduktiv, einen solchen Mindestlohn einzuführen, weil Sie das Thema auf eine politische Ebene hieven, und dann haben wir einen Wettstreit nach dem Motto: Wer bietet mehr? Dann kommen wir weg von der Sache, denn im Moment findet da ein marktwirtschaftlicher Ausgleich zwischen den Interessen der Arbeitgeber und der Arbeitnehmer statt (Zwischenrufe der Abgeordneten Mag. Schwentner und Mag. Schatz), und solche politisch festgelegten Löhne führen schneller zum Abwan­dern von mobilen Branchen. Da gehört der Handel dazu, da gehören Call Center dazu. (Zwischenruf der Abg. Windbüchler-Souschill.)

Viertens wäre es ein Systembruch, auch das wurde schon gesagt. Mindestlöhne sind ein Eingriff in die Privatautonomie, denn die Kollektivverträge werden ja im privat­autonomen Bereich verhandelt, sie haben nur nachher gesetzartige Wirkung. Lohn­politik auf sozialpartnerschaftlicher Ebene kann, wenn sie vernünftig praktiziert wird, einen Beitrag zur stabilen Lage auf dem Arbeitsmarkt leisten.

Ganz schlimm ist, wie Sie Ihren Antrag argumentiert haben: mit dem Konsum­argument; das ist nämlich Voodoo-Ökonomie. Wenn man höhere Löhne zahlt, dann kaufen die Menschen mehr. – Na ja, schauen Sie, die Frage ist ja auch, was sie kaufen, denn makroökonomisch gesehen hat es dieselbe Wirkung, wenn der Unter­nehmer das Geld in Anlagen investiert wie wenn er das Geld in Löhne investiert. (Abg. Mag. Schwentner: Sie meinen das aber ! – Abg. Mag. Rossmann:  haben wir eh gesehen, was da rauskommt!) Und höhere Löhne im Inland erzeugen ja nicht auto­matisch höhere Nachfrage im Inland. Damit verschieben Sie die Nachfrage ins Ausland, und unsere Betriebe sind weniger konkurrenzfähig.

Zum Schluss: Sie sollten sich um die Alternativen kümmern, wo es wirklich politisch etwas zu tun gibt! (Zwischenruf des Abg. Dr. Pilz.) Warum sind die Lehrlinge nach der Lehrabschlussprüfung nicht automatisch Angestellte, sondern bleiben Arbeiter? Sie sollten sich darum kümmern, wenn Selbständige gegen ihren Willen von den Kranken­kassen zu Angestellten erklärt werden und dadurch ihre Aufträge verlieren: Skilehrer, Seminartrainer, EDV-Fachleute.

Sie sollten sich um Dinge kümmern, wo es etwas zu tun gibt, und nicht um solche, wo es schon sehr gut funktioniert! (Beifall bei Abgeordneten der NEOS. – Abg. Mag. Schatz: Ich kümmere mich um die Leute, die 6 € in der Stunde verdienen! – Zwischenrufe der Abgeordneten Dr. Belakowitsch-Jenewein und Rädler.)

19.22


Präsident Ing. Norbert Hofer: Zu Wort ist dazu niemand mehr gemeldet. Die Debatte ist geschlossen.

Ich weise den Antrag 144/A dem Ausschuss für Arbeit und Soziales zu.

19.22.40 7. Punkt

Erste Lesung: Antrag der Abgeordneten Dr. Harald Walser, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Vertragsbediens­teten­ge­setz 1948, das Landesvertragslehrpersonengesetz 1966 und das Land- und forstwirtschaftliche Landesvertragslehrpersonengesetz geändert werden (145/A)

 


Präsident Ing. Norbert Hofer: Wir kommen nun zum 7. Punkt der Tagesordnung.

Wir gehen in die Debatte ein.

Das Wort erhält zunächst der Antragsteller, Herr Abgeordneter Dr. Walser. – Bitte.

 



Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll14. Sitzung / Seite 207

19.23.09

Abgeordneter Dr. Harald Walser (Grüne): Herr Präsident! Hohes Haus! Noch ein Wort zu den Ausführungen des Kollegen Loacker: Für einen Banker hat er uns jetzt einen erstaunlich mutigen Exkurs in Sachen neoliberaler Wirtschaftstheorie gegeben. Herr Kollege Strolz, anscheinend ist das Wort der „neoliberalen Säcke“ doch nicht ganz so von der Hand zu weisen, wie das von dir gemacht worden ist; aber kommen wir zu einem wichtigen Zukunftsthema, nämlich dem LehrerInnendienstrecht!

Meine Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen von ÖVP und SPÖ, wir möchten Ihnen hier noch einmal eine Chance zur Einsicht in Richtung modernes LehrerInnendienstrecht geben.

Bedenken Sie, hier gibt es in den Grundzügen einheitliche Vorstellungen (Zwischenruf bei der ÖVP) von der FPÖ, von den Grünen, vom Team Stronach und den NEOS. Alle vier Parteien sind sich im Prinzip einig, dass wir ein Dienstrecht brauchen, das weggeht von der Erbsenzählerei, weggeht von einer reinen Unterrichtsstundenzählerei, hin zu einem modernen Dienstrecht, das all das beinhaltet, was wir in der Schule der Zukunft verwirklicht sehen wollen.

Morgen ist der Direktor der besten Schule Deutschlands, der Integrierten Gesamt­schule Göttingen, in Wien zu Gast. Er wird von seiner Schule berichten, die er unter den bestehenden Bedingungen durchgesetzt hat. Für die Lehrerinnen und Lehrer an seiner Schule ist klar, sie haben eine Jahresarbeitszeit als Grundlage ihres Dienst­vertrages. Für sie ist klar, dass Projektunterricht da selbstverständlich dazuzählt. Für sie ist klar, dass Exkursionen und so weiter logischerweise Bestandteil eines Dienst­rechts sind und man da nicht mit Stunden abzählen kann.

Was wir wollen, hat – leider erst in seiner allerallerletzten Rede im Parlament – auch der damalige Zweite Präsident des Nationalrates, Fritz Neugebauer, gefordert. Wahrlich nicht als der innovative Reformer in die Bildungsgeschichte eingehend hat er am Schluss doch anerkannt: Ja, wir brauchen ein Jahresnormmodell! – Das ist das, was die Oppositionsparteien in diesem Hohen Haus in den Ausschüssen immer wieder gefordert haben, was uns auch die Expertinnen und Experten im Ausschuss mitgegeben haben, auch die Expertinnen und Experten der Regierungsparteien.

Wir brauchen ein System, das eben eine flexible Zeitabrechnung ermöglicht. Wir brauchen ein System, das auch schulautonome Schwerpunktsetzungen zulässt. All das würde unser Vorschlag ermöglichen. Ich ersuche Sie, sich das zu Gemüte zu führen. Schauen Sie sich das noch einmal an, besprechen Sie das auch mit Ihren Vertreterinnen und Vertretern in den Schulen, denn mit dem, was Sie Ende letzten Jahres hier beschlossen haben, ist an den Schulen niemand einverstanden!

Wenn Sie noch dazu beim künftigen Dienstrecht davon ausgehen, dass junge Lehr­kräfte zu Beginn ihrer Schullaufbahn ein Masterstudium parallel zum Unterricht nachholen, müssen Sie sich darüber im Klaren sein, dass Burn-out-Fälle schon bei jüngsten Lehrerinnen und Lehrern vorhersehbar sind. – Also weg damit!

Was Sie beschlossen haben, ist ein Modell aus dem 19. Jahrhundert. – Zur Infor­mation: Wir befinden uns im 21. Jahrhundert. Wir brauchen ein neues System. Wir brauchen ein Jahresnormmodell. Dieser Abänderungsantrag bietet Ihnen die Möglich­keit dazu. – Danke. (Beifall bei den Grünen sowie der Abgeordneten Dr. Strolz und Dr. Franz.)

19.27


Präsident Ing. Norbert Hofer: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Gusenbauer-Jäger. – Bitte.

 



Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll14. Sitzung / Seite 208

19.27.50

Abgeordnete Marianne Gusenbauer-Jäger (SPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Werte Kolleginnen und Kollegen! Liebe ZuschauerInnen auf der Galerie und vor den Fernsehschirmen! Als ehemalige Lehrerin freut es mich sehr, dass ich hier ein paar Worte sagen darf. Vorweg sei festgestellt, dass das neue Lehrerdienstrecht ein Meilen­stein in der österreichischen Bildungslandschaft ist. (Abg. Dr. Walser: Das ist eine mutige Aussage!) – Ich weiß, wovon ich spreche, ich war lange Lehrerin.

Im vorliegenden Antrag wird unbestritten festgestellt, dass die Arbeit der Lehrkräfte nicht nur aus der Zeit besteht, die sie in der Klasse verbringen. Da hat unsere Frau Bundesminister auch zusätzliche Unterstützung zugesagt, zum Beispiel in der Ver­waltung oder durch Zweitlehrkräfte.

Aus eigener Erfahrung weiß ich, dass es immer mehr Druck gibt. Da haben Sie schon recht: Es kommt immer mehr Druck auf die Lehrer und auf die Kinder und natürlich auch auf die Eltern zu. Daher war es höchste Zeit, dass wir dieses Lehrerdienstrecht beschlossen haben.

Ich habe ja nicht viel Zeit, aber – um nur einen Punkt zu nennen – die Einstiegs­gehälter werden diskutiert, so lange ich zurückdenken kann, und jetzt ist das endlich zur Umsetzung gekommen.

Es ist klar, dass dieses neue Dienstrecht evaluiert werden muss, da gebe ich Ihnen auch recht; das muss so sein und soll so sein. Ich bin aber überzeugt davon, dass es mit diesem neuen Lehrerdienstrecht für Lehrer, Kinder und natürlich auch für die Eltern zu einer massiven Verbesserung kommen wird. – Danke schön. (Beifall bei der SPÖ.)

19.29


Präsident Ing. Norbert Hofer: Zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Mag. Gerstl. – Bitte.

 


19.29.54

Abgeordneter Mag. Wolfgang Gerstl (ÖVP): Herr Präsident! Herr Kollege Walser! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich glaube, dass das Bild hier etwas differenziert gezeichnet werden muss und es Licht und Schatten auf beiden Seiten gibt.

Auf der einen Seite, Herr Kollege Walser, gebe ich Ihnen vollkommen recht, was die Stärkung der Schulautonomie betrifft. Sie haben in Ihrem Antrag auch extra erwähnt, dass Ihr Ziel dabei wäre, dass die Einteilung des Lehrers – wie viele Stunden Lehrverpflichtung er hat, wie viele Stunden er für die Vorbereitung, die Nachbereitung hat, wie viele Stunden er zur Betreuung in anderen Bereichen hat, Klassenvorstand, Mentoring et cetera – schulautonom geregelt werden soll.

Ja, ich kann mir auch vorstellen, dass dieses System möglich wäre. Wir haben uns nur jetzt einmal zu einem System entschlossen, in dem wir eine bestimmte Anzahl an Stunden vorgeschrieben haben, ein bestimmtes Ausmaß an Lehrverpflichtung, fünf Sechstel der Zeit ist für die Vor- und Nachbereitung vorgesehen. Das heißt, wir haben jetzt ja auch ein Gesamtjahresarbeitszeitmodell, welches wir im Dezember beschlos­sen haben.

Es ist ja nicht so, dass die Lehrerinnen und Lehrer kein Jahresarbeitszeitmodell haben, es ist nur anders aufgeteilt. (Abg. Dr. Walser: Rückschritt!) Es hat nicht diese Flexibilität – über diese sollten wir vielleicht reden –, aber damit das geschieht, haben wir die Unterrichtsministerin ja dazu aufgefordert – und Sie haben uns dabei ja auch unterstützt –, dass das System evaluiert werden soll, dass entsprechend überprüft werden soll, wie sich dieses System derzeit auswirkt. Ich kann mir sehr gut vorstellen, dass das auch in diese Richtung geht, in Richtung Stärkung der Schulautonomie.


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll14. Sitzung / Seite 209

Daher glaube ich, dass wir in Diskussion bleiben sollen und dass die Unterrichts­ministerin jetzt auch wirklich gefordert ist, das System zu evaluieren, zu überprüfen und dann die richtigen Schlüsse daraus zu ziehen. (Beifall bei der ÖVP.)

19.31


Präsident Ing. Norbert Hofer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Dr. Franz. – Bitte.

 


19.31.54

Abgeordneter Dr. Marcus Franz (STRONACH): Wertes Präsidium! Hohes Haus! Ich möchte hier eine Lanze für die Lehrer brechen, denn die Berufsgruppe der Lehrer ist in den letzten Monaten und Jahren ein Opfer von extremem medialem und auch politischem Bashing geworden. Das ist nicht okay, denn immerhin sind die Lehrer mitverantwortlich für die Zukunft unserer Kinder. (Beifall beim Team Stronach.)

Ich glaube, dass es daher sehr wichtig ist, sich den zu einem Großteil berechtigten Anliegen der Lehrer zu stellen und neue Wege im Dienstrecht einzuführen, auch darüber nachzudenken, ob man die großen Ferien nicht verkürzen könnte. Ich darf daran erinnern – Kollege Walser hat gesagt, aus dem 19. Jahrhundert stammt das Dienstrecht –: Die großen Ferien stammen noch aus der Zeit Maria Theresias, sie hatten nämlich den Grund, dass die Bauernkinder im Juli und August auf den Feldern Kinderarbeit verrichten konnten.

Das heißt, die großen Ferien in Österreich sind ein Symbol für Kinderarbeit. – Das kann doch bitte niemand wirklich wollen, zumal es heute auch für die Eltern eine große Belastung darstellt, weil die Urlaube der Eltern mit schulpflichtigen Kindern sehr schwer aufteilbar sind, wie jeder weiß, der Kinder im schulpflichtigen Alter hat. Also da gäbe es ein großes Potenzial, und wir wissen auch, dass da die Lehrergewerkschaft durchaus ein Einsehen hat und dass man sich da aufeinander zubewegen könnte, indem man die großen Ferien ein bisschen reduziert. Diese sind nämlich nicht bezahlt, wie ich von den Lehrern gelernt habe, sie sind nicht drinnen im jetzigen Gehaltsmodell. Das ist ein ganz wichtiger Punkt: Da aufeinander zuzugehen und neue Formen zu schaffen, die den Lehrern und letztlich den Kindern und so auch dem Land Österreich zugute kommen.

Ich bin Arzt, und ich habe in meiner Ordination eine ganz Reihe von Lehrern. Und ich weiß, dass diese wirklich unter einem extremen Druck stehen. Das ist nicht eine Jam­merei der Lehrer, die medial transportiert oder von Obergewerkschafter Neugebauer vor sich hergetragen wird, sondern das ist eine Realität, der wir uns stellen müssen. Die Lehrer unter Ihnen wissen: Es gibt sehr viele sehr kranke Lehrer in jungen Jahren – und das ist wirklich ein Trauerspiel für unser Bildungssystem. Da müssen wir ansetzen.

Wir müssen den Lehrern helfen und dürfen nicht immer auf die Lehrer hinhauen. Wir müssen konstruktiv etwas Neues entwickeln und mit den Lehrern gemeinsam ein neues Dienstzeitmodell, ein neues Ferienmodell, neue Schulmodelle et cetera ent­wickeln. – Danke schön. (Beifall beim Team Stronach.)

19.34


Präsident Ing. Norbert Hofer: Herr Klubobmann Mag. Dr. Strolz hat sich zu Wort gemeldet. – Bitte. (Ruf bei der ÖVP – in Richtung des sich zum Rednerpult begeben­den Abg. Dr. Strolz –: Krawatte!)

 


19.34.24

Abgeordneter Mag. Dr. Matthias Strolz (NEOS): Herr Präsident! Geschätztes Hohes Haus! Geschätzte Bürgerinnen und Bürger! Wir sind auch für diesen Vorschlag der Grünen. Ich halte es für wichtig und für richtig, dass wir die Autonomieräume der Schulen stärken. Das ist ganz im Sinne der pinken Schule. Wir glauben, wir kommen


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aus diesem bildungspolitischen Eck, in das wir uns durch 30 Jahre Stellungskampf – Gesamtschule ja/nein – hineinmanövriert haben, nur raus, wenn wir eben nach alter­nativen Wegen suchen. Und Autonomie ist so ein alternativer Weg.

Ich glaube, wir sind ja inhaltlich nicht weit auseinander, da kann man auch etwas tun, und es fällt auch niemandem ein Stein aus der Krone, wenn man sagt: Ja, hier schaf­fen wir noch Autonomiespielräume!

Es geht um Freiheit und Verantwortung, das ist ein siamesischer Zwilling, den kann man nie auseinanderreißen; die gehören zusammen – Freiheit und Verantwortung –, sowohl in der Schule als auch in der Wirtschaft!

Damit komme ich zurück auf den kurzen Seitenhieb Harald Walsers: Neoliberalismus. In den fünfziger Jahren, als Ludwig Erhard das in Deutschland propagiert und einge­führt hat – als Basis des deutschen Wirtschaftswunders, meines Erachtens auch als Basis eines europäischen Lebensmodells (Zwischenruf des Abg. Mag. Rossmann), wo wir Wohlstand für die Breite geschaffen haben (Zwischenruf des Abg. Rädler) –, war Neoliberalismus das Synonym für soziale Marktwirtschaft.

Wir NEOS bekennen uns zur ökosozialen Marktwirtschaft (Zwischenruf des Abg. Dr. Walser), und wir glauben, es gibt kein besseres Instrument auf diesem Planeten – ich habe es zumindest noch nicht gesehen –, das Wohlstand für breite Massen schafft. (Zwischenruf des Abg. Mag. Rossmann.)

Vielleicht sind Sie sogar froh. Wir haben da einen Unterschied zwischen Grünen und NEOS. Wir NEOS sind Freunde des Wettbewerbs (Abg. Dr. Lichtenecker: Wir auch!), wir wollen das in der Schule auch sehen. (Rufe und Gegenrufe zwischen den Abge­ordneten Tamandl und Dr. Lichtenecker.) Wissen Sie, warum? – Wir glauben nicht, dass Wettbewerb und Kooperation Feinde sind. Wir glauben, dass Wettbewerb und Zusammenarbeit gut miteinander unter einem Dach wohnen können. Jeder Skiverein muss es zusammenbringen, Wettbewerb und Zusammenarbeit unter einem Dach zu organisieren, jeder Vater, jede Mutter.

Meine Kinder sind geboren mit Wettbewerb, ich habe es ihnen nicht geimpft. Sie rennen um die Wette, sobald man sie loslässt; das ist halt mittendrin in den Kindern.

Es ist aber auch die Zusammenarbeit angeboren, und diesen Spielraum möchte ich Schulen geben.

Unsere Logik lautet – das gilt für die Erziehung gleichermaßen wie für die Schule, wie für die Wirtschaft –: Definieren wir fixe Räume, und innerhalb dieser fixen Räume findet Freiraum statt! Das ist die Aufgabe der Politik: dass wir fixe Räume definieren, und was da drinnen stattfindet, das überlassen wir bitte den Bürgerinnen, den Bürgern, den Unter­nehmerinnen, den Unternehmern oder den Arbeitnehmerinnen, den Arbeitnehmern! – Das ist unser Bild.

Wir unterstützen diesen Antrag der Grünen, und wir freuen uns auf weitere Aus­einan­dersetzungen in diesem Eck.

Zum Abschluss ein Wort vom Herrn Bundespräsidenten: Der Wettbewerb ist „eine öffnende Kraft“ und bringt „althergebrachte Privilegien“ mitunter ums Eck. – So in etwa hat er es gesagt, leider nicht der österreichische, sondern der deutsche Bundes­präsident. (Beifall des Abg. Mag. Vavrik sowie bei Abgeordneten der Grünen. – Abg. Podgorschek: Ah, der deutsche! das hat unserer sicher nicht gesagt!)

19.37


Präsident Ing. Norbert Hofer: Zu Wort ist dazu niemand mehr gemeldet. Die Debatte ist geschlossen.


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll14. Sitzung / Seite 211

Ich weise den Antrag 145/A dem Verfassungsausschuss zu.

19.37.56 8. Punkt

Erste Lesung: Antrag der Abgeordneten Mario Kunasek, Kolleginnen und Kolle­gen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz vom 27. Juni 1979 über das Dienstrecht der Beamten (Beamten-Dienstrechtsgesetz 1979 – BDG 1979) geändert wird (175/A)

 


Präsident Ing. Norbert Hofer: Wir gelangen zum 8. Punkt der Tagesordnung.

Wir gehen in die Debatte ein.

Das Wort erhält zunächst der Antragsteller, Herr Abgeordneter Kunasek. – Bitte.

 


19.38.16

Abgeordneter Mario Kunasek (FPÖ): Herr Präsident! Hohes Haus! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Es geht bei diesem Antrag um die Lösung eines Problems, dessen Ursprung eigentlich schon Mitte der achtziger Jahre zu suchen ist (Zwischenruf des Abg. Mag. Schönegger) – genau auf das habe ich jetzt gewartet, Herr Abgeord­neter Schönegger – und dessen Lösung in Wirklichkeit seit den neunziger Jahren ansteht.

Es geht darum, dass es im österreichischen Bundesheer Tausende Zeitsoldaten oder ehemalige Zeitsoldaten gibt, die aufgrund einer Regelung im Beamtendienstrecht eine Deckelung von 30 Monaten für ihren Dienst erfahren und deshalb auch bei den Pensionen massive Einschnitte haben.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, für all jene, die sich in diesem System nicht so gut auskennen: Das Zeitsoldatensystem war zu dieser Zeit – bis Mitte der neunziger Jahre – Bedingung dafür, um überhaupt in ein Dienstverhältnis des Bundesheeres kommen zu können. Das heißt, jeder Offizier oder Unteroffizier, der die Berufslaufbahn eines Soldaten eingeschlagen hat, hatte als Zeitsoldat zu dienen. Natürlich war die Möglichkeit vorhanden, nach einigen Jahren in die Privatwirtschaft zu wechseln – maximal 15 Jahre waren vorgesehen –, aber trotzdem sind insgesamt 16 000 Men­schen von dieser Regelung betroffen.

Das Problem ist wirklich seit Längerem bekannt. Es gibt übrigens eine interessante Anfragebeantwortung des Bundesministers Fasslabend aus dem Jahr 1997, in der er sagte, er werde sich demnächst und ehestmöglich um das Problem kümmern, mit dem Sozialminister in Verbindung treten und Kontakt aufnehmen, um eine Lösung herbei­zuführen. In der Zwischenzeit sind doch einige Tage vergangen, meine sehr geehrten Damen und Herren.

Auch das SPÖ-geführte Verteidigungsressort weiß um das Problem und bittet in einer Stellungnahme zur Dienstrechts-Novelle 2013 um Folgendes – ich zitiere –: 

„Wie schon in der Vergangenheit macht das BMLVS darauf aufmerksam, dass es (...) zu enormen Nachteilen für Personen, die über 30 Monate Präsenz- oder Ausbil­dungsdienst geleistet haben, kommt.

Aus diesem Grund wird ersucht, im § 236b (...) die Wortfolge ,bis zum Höchstausmaß von 30 Monaten‘ zu streichen.“

Aber auch bei der ÖVP – und das ist nicht so lange her, das war nämlich im Herbst letzten Jahres – hat der ehemalige Wehrsprecher Klikovits massiven Handlungsbedarf bei den SPÖ-Ministern gesehen, nämlich bei Hundstorfer, Klug und Heinisch-Hosek.


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll14. Sitzung / Seite 212

Aber, meine sehr geehrten Damen und Herren – nun komme ich zurück zum Zwi­schenruf des Abgeordneten Schönegger –, ich glaube, wir haben nichts davon, wenn wir uns jetzt sozusagen gegenseitig die Schuld zuschieben, sondern gegenwärtig geht es darum, diesen Tausenden Betroffenen eine Lösung anzubieten. Und ich bin wirklich dazu bereit, und ich lade alle herzlich dazu ein – Otto Pendl, auch du bist herzlich eingeladen –, mit uns gemeinsam eine Lösung zu finden, die für die Betroffenen dann auch eine gewisse Gerechtigkeit und eine faire Behandlung sicherstellt. (Beifall bei der FPÖ.)

19.41


Präsident Ing. Norbert Hofer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Pendl. – Bitte.

 


19.41.18

Abgeordneter Otto Pendl (SPÖ): Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Hohes Haus! Also es wird mit absoluter Sicherheit eine interessante Diskus­sion. Ich darf von dieser Stelle aus gleich eines sagen: Ich kann als einer, der über viele Jahre Pensions-, Dienst- und Besoldungsrecht sehr lange verhandelt hat, sagen, ich kenne alle Argumente von allen Seiten. Wir alle wissen aber, dass derzeit jedes Ressort einen enormen Spardruck hat; ich sage das ganz offen.

Ich habe mit so mancher Reform nie Freude gehabt, habe sie aber aus Disziplin und aus gesamtstaatlichen Überlegungen natürlich auch mitgetragen, das ist keine Frage. Da haben wir ja, seit es sie gibt, auch noch das Problem mit der Hacklerregelung. Das alles brauchen wir uns nicht gegenseitig zu erzählen, die ganze Geschichte, die da durchschlägt.

Ich sage nur, generell haben wir das Problem – wir werden im Ausschuss schon im Detail darüber diskutieren, aber man soll das wissen –, dass es hier von diesem Pult aus eben oft sehr einfach ist, zu sagen: 37 Dienstrechte und all diese Pensions­regelungen, die es da in den unterschiedlichsten Bereichen gibt, das alles sollte irgend­wann zusammenkommen! – Ich sage das bei jeder Gelegenheit.

Dann haben wir eine fachspezifische Diskussion, wurscht in welchem Bereich, und dann fordern dieselben Abgeordneten für genau diese Bereiche überall Extras und eigene Regelungen im Gesetz. – Das macht das Ganze nicht leichter.

Wenn wir – und das müssen wir zumindest mitdenken – wirklich zu einem einheitlichen Pensionsrecht kommen wollen, dann sollen wir das massiv betreiben, dann müssen wir auch versuchen, offen und ehrlich über die Geschichte zu diskutieren. Aber wenn wir ununterbrochen eine Speziallösung machen, macht uns das den Gesamtweg in Wirklichkeit immer schwieriger.

Ich habe immer gesagt, ich habe keine Freude mit diesen vielen Dienstrechten, ich habe keine Freude mit diesen vielen Spezialregelungen, was die Pensionsrechte betrifft. Wir können nicht, wenn wir zu einer vernünftigen Regelung kommen wollen, in jeder Sparte ununterbrochen fordern: Wir regeln das Spartenproblem allein!, um dann bei einem anderen Tagesordnungspunkt gleich herzugehen und zu sagen: Alles zu viel, eine einheitliche Regelung! – Das ist dem diametraler entgegengesetzt, ein vollkommener Widerspruch, das könnt ihr mir wirklich glauben.

Ich bin aber trotzdem aus vielerlei Gründen gespannt auf diese Diskussion; ich werde sie sehr offensiv und auch ehrlich führen. Wir müssen ja dann sowieso gemeinsam schauen, ob es eine tragfähige Mehrheit gibt oder nicht.

Mir ist die Sensibilität der Lage bewusst, mir war sie immer bewusst, aber ich wollte nur auch bei dieser ersten Lesung herausarbeiten, wie unterschiedlich auch da die


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Zugänge sind. Trotzdem wird es sicherlich eine spannende Diskussion werden. (Beifall bei SPÖ und ÖVP.)

19.44


Präsident Ing. Norbert Hofer: Zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Mag. Schönegger. – Bitte.

 


19.44.35

Abgeordneter Mag. Bernd Schönegger (ÖVP): Herr Präsident! Hohes Haus! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Meine beiden Vorredner haben ja den Problem­aufriss schon sehr gut dargestellt, und es ist in der Tat ein wenig kompliziert; im gleichen Maße ist es ungerecht. Es geht da, relativ einfach gesagt, darum, dass die Zeiten der Zeitsoldaten bei der Pension nur mit 30 Beitragsmonaten berücksichtig werden. Das heißt, da ist ein Deckel drauf, der diese Kollegen Soldaten gegenüber anderen Beschäftigten benachteiligt, die diesen Deckel eben nicht haben. Unser gemeinsames Bestreben sollte es sein, diesen Deckel wegzubringen.

Ich glaube, dass hier viele Argumente auf dem Tisch liegen werden. Zum Beispiel – ich habe dazu auch schon vieles gesehen, das stimmt –: Jene Zeitsoldaten, die da betroffen sind, waren ja damals als Dienstnehmer nicht bei der Sozialversicherung gemeldet, auf der anderen Seite hat der Arbeitgeber aber für diese Zeitsoldaten einen Beitrag in die Kassa des Ausgleichsfonds der Pensionsversicherungsträger geleistet. Das heißt, hier sieht man die Kompliziertheit des Themas.

Am Ende, glaube ich, ist es so – und da möchte ich Mario Kunasek, der hier der Antragsteller ist, schon ein bisschen zu Hilfe eilen –: Es geht nicht nur um die 16 000 Zeitsoldaten, die beim Bundesheer verblieben sind, sondern um die viel größere Zahl an Zeitsoldaten, die in die Privatwirtschaft gewechselt sind, die in andere Bereiche des öffentlichen Dienstes gegangen sind. Auf die dürfen wir in dieser Debatte auch nicht vergessen.

Ich glaube schlussendlich, es ist gescheit, dass wir das jetzt einmal in den Ausschuss bringen, und am Ende sollten wir – und da möchte ich auf meinen Vorgänger als Wehrsprecher zurückkommen, den Ossi Klikovits – eine sozialpartnerschaftliche Regelung und Lösung finden. Verteidigungsminister Gerald Klug auf der einen Seite, Sozialminister Rudolf Hundstorfer auf der anderen Seite sind da die Sozialpartner, und wir helfen gerne, dass wir eines Tages trotz aller Schwierigkeit das Problem gut lösen und das für die Kollegen Zeitsoldaten gerecht regeln. – Danke. (Beifall bei der ÖVP.)

19.46


Präsident Ing. Norbert Hofer: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Mag. Schwentner. – Bitte.

 


19.46.42

Abgeordnete Mag. Judith Schwentner (Grüne): Herr Präsident! Werte Kolleginnen und Kollegen! Ich bin da relativ leidenschaftslos, ob jetzt Schwarz oder Blau der Verursacher für diese Ungerechtigkeit ist. Es war unter Schwarz-Blau. Ich bin auch ... (Zwischenruf des Abg. Mag. Schönegger.) – Nein, nein!

Ich bin auch relativ leidenschaftslos, was das Bundesheer anbelangt, wie Sie vielleicht wissen – ich würde es am liebsten abschaffen, zumindest in der Form, wie wir es jetzt haben (Beifall bei den Grünen) –, aber es geht da um eine Ungerechtigkeit, und da bin ich ganz bei Ihnen, um eine Ungerechtigkeit, die geändert werden muss. Es geht um einen Fehler im System, nämlich um den, dass diese Zeitsoldaten – und wir waren auch mit Leuten konfrontiert, die betroffen sind – einfach nicht entsprechende Pen­sionen bekommen, weil sie in diese Lücke gefallen sind.


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll14. Sitzung / Seite 214

Es gibt zum Beispiel einen Fall, den finde ich besonders eklatant: Das ist auch jemand, der in die Privatwirtschaft gegangen ist, der zuerst nach dem Grundwehrdienst beim Bundesheer geblieben ist, und zwar dann insgesamt achteinhalb Jahre. Er war später, auch als Angestellter in der Privatwirtschaft, auch immer wieder als Freiwilliger bei Friedensmissionen unterwegs, nämlich insgesamt dreieinhalb Jahre, am Golan und im Kosovo. Das ist zum Beispiel ein Mensch, der keine entsprechende Pension bekom­men konnte, als er in Pension gehen wollte, und seine letzten Jahre beim AMS ver­bracht hat.

Das sind Ungerechtigkeiten, wo ich hoffe, dass wir einen gemeinsamen Ausweg finden und diese Leute unterstützen, damit die Betroffenen – Sie haben die Zahl genannt – auch zu ihrer berechtigten Pension kommen. – Danke. (Beifall bei den Grünen.)

19.48


Präsident Ing. Norbert Hofer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Mag. Vavrik. – Bitte.

 


19.48.29

Abgeordneter Mag. Christoph Vavrik (NEOS): Herr Präsident! Hohes Haus! Wir versetzen uns in die Zeit Ende 1995, ein ein bisschen goldenes Zeitalter – damals haben die Kollegen von der SPÖVP eine Zweidrittelmehrheit gehabt, es gab keine Hypo; das sollte ein angenehmes Gefühl sein –, und wir denken an den Gefreiten Huber.

Der Gefreite Huber ist seit zwei Jahren Zeitsoldat und hat gerade um drei Jahre verlän­gert. Er versieht seinen Dienst in der Pioniertruppenschule Klosterneuburg, und zu ihm kommen ein paar neue Kollegen – keine Zeitsoldaten, die neuen Kollegen sind Militärperson auf Zeit, kurz MZ genannt.

Der Gefreite Huber hat nicht die Möglichkeit, in das neue Dienstrecht einzusteigen, macht sich diesbezüglich keine weiteren Gedanken, merkt nach einiger Zeit aber ein paar eigenartige Sachen: Die MZ-Kollegen beziehen nämlich 14 Monatsgehälter – er bezieht weiterhin nur zwölf Monatsgehälter –, die MZ-Kollegen haben Anspruch auf Dienstreisegebühren, auf Dienstzuteilungsgebühren, auf Übungsgebühren – er schaut jedoch durch die Finger.

Wenn der Gefreite Huber dann einen Stabsunteroffizierslehrgang absolviert, hat er nach zwölf Monaten um 48 000 Schilling weniger als seine MZ-Kollegen.

Und dann, um das alles noch schlimmer zu machen, wird jedes Mal, wenn jemand außerhalb der Normdienstzeiten gebraucht wird, er eingesetzt. Warum? – Er ist billiger. Das nennt man damals „budgettaktischer Einsatz“, heute würden wir „situationselas­tischer Einsatz“ sagen.

Der Gefreite Huber merkt immer wieder, er ist ein Soldat zweiter Klasse. Obwohl er von der dienstlichen Verwendung dasselbe leistet wie die anderen Besoldungs­grup­pen, wird er buchstäblich als Sachaufwand betrachtet, wie Sessel, Tische und andere Ausstattungsgegenstände. So geht es ein paar Jahre weiter. Er unterliegt einer systematischen, institutionalisierten Ungleichbehandlung.

Und jetzt spulen wir vorwärts zum heutigen Tag – fast 20 Jahre später.

Inzwischen Zugsführer Huber schaut sich sein Pensionskonto an und merkt mit Ent­setzen, dass von den neun Jahren Präsenzdienstzeiten nur 30 Monate als beitrags­gedeckte Gesamtdienstzeit angerechnet werden. Das betrifft, meine Damen und Herren, nicht nur den Zugsführer Huber, das betrifft insgesamt 54 000 ehemalige Zeit­soldaten. Das entspricht einer mittelgroßen Stadt, ungefähr so groß wie Dornbirn, das


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entspricht auch den Jahrgängen von vier Jahren, also vier mal 12 000 Grundwehr­diener, die wir jährlich ausbilden.

Der Grundstein für die Entwicklung war für die Betroffenen so gelegt, dass damals noch keine Rede war von Pensionsreform und Hacklerregelung, also es war nicht vorhersehbar, dass der Dienst als Zeitsoldat nicht anrechenbar sein könnte. Daher haben auch der Zugsführer Huber und die anderen jungen Kollegen damals keine entsprechenden Vorkehrungen getroffen.

Meine Vorredner haben es ohnehin schon gesagt: Dass Zeitsoldatenzeiten noch immer nicht zur Gänze als beitragsgedeckte Gesamtdienstzeiten anerkannt werden, ist ein Missstand, ganz einfach. Dieser Missstand kann und muss behoben werden, und zwar aus zwei Gründen. Erstens um eine eklatante Ungleichbehandlung zumindest zum Teil zu beheben, da ja im Nachhinein die gehaltsmäßige und andere schlechte Behandlung nicht wieder gutgemacht werden kann, aber auch aus einem zweiten Grund: um den gegenwärtigen Soldaten und Soldatinnen die Sicherheit zu geben, dass Angehörige des Bundesheers im Falle einer zukünftigen Pensionsreform nicht schlechter gestellt werden als die anderen Bundesbediensteten.

Ich glaube, gerade im Kontext ständiger, wiederholter Budgetkürzungen im Heer und ganz allgemein einer stiefmütterlichen Behandlung des Bundesheers ist es ein wichtiges Zeichen der Wertschätzung unserer Soldaten und Soldatinnen.

Daher wird NEOS den Antrag des Kollegen Kunasek unterstützen. Ich bitte die Kolle­gen der anderen Fraktionen, dies ebenfalls zu tun. – Danke. (Beifall bei den NEOS sowie des Abg. Kunasek.)

19.52


Präsident Ing. Norbert Hofer: Zu Wort ist dazu niemand mehr gemeldet. Die Debatte ist geschlossen.

Ich weise den Antrag 175/A dem Verfassungsausschuss zu.

19.52.52 9. Punkt

Erste Lesung: Antrag der Abgeordneten Mag. Nikolaus Alm, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Kapitalverkehrsteuergesetz geändert wird (207/A)

 


Präsident Ing. Norbert Hofer: Wir gelangen zum 9. Punkt der Tagesordnung.

Wir gehen in die Debatte ein.

Das Wort erhält zunächst der Antragsteller, Herr Abgeordneter Mag. Alm. – Bitte.

 


19.53.16

Abgeordneter Mag. Nikolaus Alm (NEOS): Herr Präsident! Hohes Haus! Endlich geht es um das Kapitalverkehrsteuergesetz – gerade recht, um fünf vor acht.

Das Abgabenänderungsgesetz ist beschlossen, es lohnt sich also nicht mehr, besonders viele Worte über die neue GmbH und den Gewinnfreibetrag zu verlieren.

Faktum ist, die Situation hat sich nicht verbessert. Sie haben sich zwar gestern sehr bemüht – aus Ihrer Sicht –, die Erhaltung des Status quo als Erfolg zu verkaufen, damit verärgern Sie aber die betroffenen Ein-Personen-Unternehmer, die Start-ups noch viel mehr. Wenn Sie so kommunizieren wollen, dann ist das Ihr gutes Recht, das will ich Ihnen nicht nehmen. Schlussendlich gibt es aber irgendwann wieder Wahlen, wo Ihre Performance ja von diesen externen Gutachtern – auch genannt Wählerinnen und Wähler – bewertet wird, und die werden Sie daran erinnern.


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll14. Sitzung / Seite 216

In der Sache kann mir das nicht recht sein. Sie betreiben da wirtschaftspolitische Homöopathie. Sie wissen, dass Ihre Maßnahmen nicht wirken, beziehungsweise nur als Placebo, wenn Sie fest daran glauben, aber sie kosten viel Geld und vor allem viel Zeit. Am Ende des Tages verhindern sie eine sinnvolle Therapie.

Jetzt sind wir noch in der Phase der Erstverschlimmerung, aber wir können getrost den Blick nach vorne richten und uns Dingen widmen, die wir sofort tun können.

Ich möchte positiv hervorheben, dass im Regierungsprogramm die Abschaffung der Gesellschaftsteuer per 1. Jänner 2016 geplant ist. Damit wurde eine langjährige Forderung vieler Wirtschaftstreibender erfüllt beziehungsweise diese Erfüllung jetzt endlich einmal in Aussicht gestellt. Das ist gut, aber es geht definitiv noch besser.

Wir schlagen vor, diese Maßnahme um ein Jahr vorzuziehen und das Kapitalverkehr­steuergesetz bereits per 1. Jänner 2015 entsprechend anzupassen. Beweisen Sie, dass Sie in der Lage sind, Dinge auch schneller umzusetzen! Schaffen wir die Gesell­schaftsteuer schon mit Jahresende ab! (Beifall bei den NEOS.)

19.55


Präsident Ing. Norbert Hofer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Lipitsch. – Bitte.

 


19.55.25

Abgeordneter Hermann Lipitsch (SPÖ): Herr Präsident! Kollege Alm, wir haben gestern ein ausgewogenes Abgabenänderungsgesetz beschlossen, in dem es viele Maßnahmen gibt: einerseits solche, wo Geld ins Budget kommt, andererseits aber auch solche, wo auch Geld zur Verfügung gestellt wird. Ich finde es nicht besonders ideenreich, dass man, wenn wir sagen: Mit 31. Dezember 2015 – das haben wir gestern beschlossen – läuft diese Gesellschaftsteuer aus!, einfach sagt: Machen wir es einfach ein Jahr früher! (Abg. Wöginger: Ja, genau!)

Ich glaube, dass es für uns wichtiger ist, dass finanzielle Mittel für das Budget zur Verfügung stehen, die wir am Arbeitsmarkt einsetzen können. Mir sind 350 Millionen €, die im nächsten Jahr für die Arbeitnehmer und Arbeitnehmerinnen zur Verfügung stehen, wichtiger, um eben ältere ArbeitnehmerInnen wieder in den Arbeitsprozess einzugliedern.

Deswegen, glaube ich, werden wir uns im Ausschuss darüber unterhalten, aber ich glaube, es wird beim 31. Dezember 2015 bleiben. (Beifall bei SPÖ und ÖVP.)

19.56


Präsident Ing. Norbert Hofer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Mag. Hanger. – Bitte.

 


19.56.00

Abgeordneter Mag. Andreas Hanger (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Werte Kolleginnen und Kollegen! Ich freue mich, über eine Steuersenkung sprechen zu können. Ganz wichtig, um da Missverständnissen vorzubeugen: Die Gesellschaftsteuer wurde mit der gestrigen Beschlussfassung abgeschafft, und das ist sehr positiv.

Natürlich, als Mandatar ist man nicht nur in der Situation, sich hier über die Abschaf­fung von Steuern zu freuen, sondern man hat auch Verantwortung zu tragen: Verant­wortung für einen Budgetpfad 2014/2015, und ganz besonders – und das ist mir als jungem Parlamentarier sehr wichtig – für einen ausgeglichenen Haushalt 2016. Das ist ja für mich das Oberziel der neuen Bundesregierung, und dieses Oberziel haben wir einfach bei allen Dingen, die wir hier im Haus diskutieren, immer im Auge zu behalten.

Wenn man es sich genauer anschaut, dann ist ja auch ein ausgeglichener Haus­halt 2016 eigentlich ein Minimalziel. Wir alle wissen – antizyklische Budgetpolitik –,


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll14. Sitzung / Seite 217

eigentlich sollte man in Phasen der Hochkonjunktur Überschüsse erwirtschaften, die man dann in Phasen einer schlechten wirtschaftlichen Situation ausgeben kann, damit man dagegenhalten kann.

Ich denke, es ist schon wichtig, diesen Grundsatz im Hohen Haus bei allen Rede­beiträgen immer zu leben. Ich denke, es ist wichtig, dass wir uns dann, wenn wir hier herauskommen und Steuersenkungen fordern, immer auch überlegen sollten, wie das finanziert wird, und dass wir uns dann, wenn wir hier herauskommen und sagen: Diese Maßnahme soll der Staat setzen, das ist so wichtig!, immer auch überlegen sollten, wie das finanziert wird.

Ich persönlich würde mir auch eine höhere Qualität in der Debatte wünschen, auch wenn es um diesen ausgeglichenen Staatshaushalt geht. Ich glaube, dass wir in der Debatte eine bessere Kultur brauchen.

Wenn ich nur gerade so zurückdenke und diese Diskussionen um den Untersuchungs­ausschuss Revue passieren lasse: Wenn jemand glaubt, dass diese Debatte dazu beiträgt, irgendeine Lösung zu erzielen, dann sind wir am falschen Dampfer. (Abg. Dr. Strolz: Ja, wofür brauchen wir dann das Parlament?) – Ich glaube, eine gute Debatte kann Lösungen erzielen; diese Debatte, die ich hier erlebt habe, kann keine Lösungen erzielen. – Das ist wohl der entscheidende Punkt.

Die Gesellschaftsteuer wurde abgeschafft, das ist eine gute Nachricht. – Danke. (Beifall bei der ÖVP.)

19.58


Präsident Ing. Norbert Hofer: Zu Wort gelangt nun Herr Abgeordneter Dr. Kassegger. – Bitte.

 


19.58.32

Abgeordneter MMMag. Dr. Axel Kassegger (FPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Hohes Haus! (Abg. Dr. Cap: Liebe Regierung!) – Ja, das steht da: Sehr geehrte Bun­desregierung! Ich habe überlegt, das ersatzlos zu streichen, was ich auch getan habe. Ich hätte auch sagen können: Sehr geehrte nicht anwesende Bundesregierung! – Da habe ich mich für die erste Variante entschieden.

Wir haben in den letzten Monaten von der Bundesregierung immer wieder von einer geplanten Entfesselung der Wirtschaft gehört. Das heißt für mich zunächst einmal im Umkehrschluss, dass die Bundesregierung selbst davon ausgeht, dass Österreichs Wirtschaft in Fesseln liegt. Dieser Selbstdiagnose der Bundesregierung stimme ich vorbehaltlos zu.

Einen ersten Vorgeschmack der konkreten Entfesselung haben wir gestern mit dem Abgabenänderungsgesetz bekommen: weitere Belastungen plus Kosmetikmaßnah­men – zahnlos, perspektivenlos, mutlos.

Diese Mutlosigkeit zeigt sich auch hier, konkret am Sachverhalt, der Gegenstand des Antrages des Kollegen Mag. Alm ist. In diesem Antrag wird die Abschaffung der ein­prozentigen Gesellschaftsteuer per 31. Dezember 2014 verlangt.

Der Antrag greift im Übrigen eine jahrelange wirtschaftspolitische Forderung der Frei­heitlichen Partei auf (Beifall bei der FPÖ), weshalb wir diesem selbstverständlich zustimmen werden.

Ich verweise in diesem Zusammenhang nur – pars pro toto – auf den entsprechenden Entschließungsantrag des Abgeordneten Themessl und weiterer Abgeordneter vom 22. Dezember 2010.


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll14. Sitzung / Seite 218

Die Wirtschaft erwartet von der Politik klare Signale. Ist es ein Signal für Entschlos­senheit und Mut, wenn Sie es nicht einmal zustande bringen, die grundsätzlich immer schon völlig entbehrliche einprozentige Gesellschaftsteuer mit sofortiger Wirkung beziehungsweise wenigstens zeitnah zu streichen? Nein, das ist zaghaft, mutlos und eben ein falsches Signal. Es ist ja kein riesiger Berg, der hier zu überwinden ist, sondern das ist – im Gesamtkonnex gesehen – eher ein Maulwurfshügel. Aber selbst zur Überwindung dieses Maulwurfshügels braucht die Bundesregierung zumindest bis 1. Jänner 2016 Zeit.

Zeigen Sie doch Entschlossenheit! Zeigen Sie Tatkraft! Setzen Sie Signale für die Wirtschaft! Beseitigen Sie umgehend diese Steuer, die nachteilige Auswirkungen auf die Wirtschaft und hemmende Effekte auf Entrepreneurship, Unternehmertum sowie Wirtschaftswachstum hat! Sorgen Sie für eine rasche Behandlung im Ausschuss, und stimmen Sie dem Antrag des Kollegen Alm in weiterer Folge zu! Wir Freiheitliche werden das auf jeden Fall tun. (Zwischenruf des Abg. Rädler.)

Ich weiß allerdings bereits jetzt, dass Sie das nicht tun werden. Entfesselung sieht anders aus. Österreichs Wirtschaft ist nach wie vor in Fesseln, und daran wird sich leider bis zu den nächsten Wahlen nichts ändern. (Beifall bei der FPÖ.)

20.01


Präsident Ing. Norbert Hofer: Herr Abgeordneter Mag. Rossmann hat sich als Nächster zu Wort gemeldet. – Bitte.

 


20.01.51

Abgeordneter Mag. Bruno Rossmann (Grüne): Herr Präsident! Österreich folgt mit dem gestrigen Beschluss der Abschaffung der Gesellschaftsteuer per 1. Jänner 2016 spät, aber doch dem internationalen Trend, denn Gesellschaftsteuern gibt es nur noch in sehr, sehr wenigen europäischen Ländern. Und was die Kapitalverkehrsteuern anlangt, gehören diese ab 1. Jänner 2016 beinahe, würde ich sagen, der Geschichte an.

Ein Teil verbleibt aber dennoch, auf den ich doch hinweisen möchte, weil das nicht ganz so bekannt ist, nämlich die Börsenumsatzsteuer, die ja per 1. Jänner 2000 außer Kraft gesetzt, jedoch nicht abgeschafft wurde. Das halte ich deshalb für wichtig, weil wir ja im Moment sehen, wie auf der europäischen Ebene die Finanztransaktionssteuer verwässert und verwässert wird und möglicherweise sogar Gefahr läuft, am Ende des Tages im Rahmen der verstärkten Kooperation überhaupt nicht zustande zu kommen. Umso wichtiger ist es, dass wir im Kapitalverkehrsteuergesetz noch eine Bestimmung drinhaben, die es ermöglichen würde, eine Kapitalverkehrsteuer, eine Finanztrans­aktionssteuer, die diesen Namen verdient, auch in Österreich umzusetzen.

Aber zurück zur Gesellschaftsteuer. Ich glaube, dass es, wenn wir die Frage EPUs, Kleinunternehmen diskutieren, viel wichtigere Dinge als die Vorverlegung der Abschaf­fung der Gesellschaftsteuer gäbe. Zum einen ist es nämlich aufgrund der verschärften Kreditbedingungen für viele Unternehmungen ein Problem, Zugang zu Krediten zu bekommen. Ich glaube, dass es in diese Richtung notwendig wäre, jetzt wirklich einmal mit dem Saubermachen im Bankenbereich zu beginnen, denn ohne ein Saubermachen im Bankenbereich – und das sagen viele Beobachter der Finanz­märkte – werden die Kreditklemme und die Tatsache, dass es eben verschärfte Kredit­bedingungen für viele kleine und mittlere Unternehmen gibt, nicht beseitigt werden können. – Das ist der erste Punkt.

Der zweite Punkt, auf den ich hinweisen möchte, ist, dass – weil viel von Entfesselung der Wirtschaft die Rede ist – doch einmal etwas notwendig wäre, was in Richtung eines großen Wurfes geht. Wenn wir schon Steuern diskutieren, dann diskutieren wir


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll14. Sitzung / Seite 219

doch im Bereich der Lohn- und Einkommensteuer einmal die Frage: Welche Ausnah­mebestimmungen wollen wir denn beseitigen, um eine wirkliche Tarifsenkung zustande zu bringen? Eine wirkliche Tarifsenkung, die vielen Klein- und Mittelbetrieben, aber auch vielen Lohnabhängigen viel mehr helfen würde als die Abschaffung der Gesell­schaftsteuer.

Meine Überlegungen gehen zurzeit in die Richtung, an so etwas wie einem integrierten Tarif zu arbeiten, der davon ausgeht, die meisten der bestehenden Begünstigungen im Lohn- und Einkommensteuerrecht zu streichen, was dann zu einer tatsächlich den Namen verdienenden Senkung des Einkommensteuer- und Lohnsteuertarifs führt. – Vielen Dank. (Beifall bei den Grünen.)

20.05


Präsident Ing. Norbert Hofer: Zu Wort ist dazu niemand mehr gemeldet. Die Debatte ist geschlossen.

Ich weise den Antrag 207/A dem Finanzausschuss zu.

20.05.18 10. Punkt

Erste Lesung: Antrag der Abgeordneten Mag. Nikolaus Alm, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Körperschaftsteuergesetz geändert wird (208/A)

 


Präsident Ing. Norbert Hofer: Wir gelangen zum 10. Punkt der Tagesordnung.

Wir gehen in die Debatte ein.

Das Wort erhält zunächst der Antragsteller, Herr Abgeordneter Mag. Alm. – Bitte.

 


20.05.36

Abgeordneter Mag. Nikolaus Alm (NEOS): Herr Präsident! Ja, ich gebe Bruno Ross­mann recht, alles, was er gesagt hat, stimmt im Wesentlichen. Aber wir sollten trotzdem, auch wenn jetzt die Gesellschaftsteuer nicht das Wichtigste ist, nicht die Probleme rangreihen. Wir arbeiten uns einfach in kleinen Teilen vor. Natürlich gibt es wesentliche Dinge, die wir für Start-ups, Gründer, Jungunternehmerinnen und Jung­unternehmer tun können, die wesentlich wichtiger wären.

Punkto Lohnnebenkosten: Auch die zweimal 0,1 Prozent, denen wir da entgegen­sehen, nützen den Unternehmen herzlich wenig. Das sind im Schnitt 47 € pro Jahr pro Mitarbeiter. Also ich glaube, da fallen uns kreativere Dinge ein, um die Unternehmen zu entlasten.

Es geht um die Mindestkörperschaftsteuer. Das Prinzip der Mindest-KöSt ist, glaube ich, hinreichend bekannt. Unternehmen leisten damit eine Steuervorauszahlung auf zukünftige Gewinne. Bei der neuen GmbH-Regelung tritt jetzt die kuriose Situation ein, dass diese Steuer immer höher wird. Das heißt, Unternehmen machen vielleicht jahrelang keinen Gewinn – vielleicht, weil in den Businessplänen von Start-ups über­haupt nicht vorgesehen ist, dass sie in den ersten paar Jahren einen Gewinn machen –, sie zahlen aber immer höhere Steuern.

Die Größenordnung dieser Mindestkörperschaftsteuer ist jetzt sicher nicht existenz­bedrohend, aber dadurch, dass man immer mehr Steuern zahlt, setzt man auch so etwas wie eine Abwärtsspirale in Gang. Und es ist unverständlich, warum wir es den Unternehmen da unnötig schwer machen. Treffen wir also bitte die richtige Entschei­dung und schaffen wir die Mindestkörperschaftsteuer endlich ab! Das wäre im Verbund mit der Abschaffung der Gesellschaftsteuer nur konsequent.


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll14. Sitzung / Seite 220

Einen weiteren Vorschlag möchte ich noch wiederholen, den Matthias Strolz gestern eingebracht hat, den möchte ich kurz ausführen: Es geht um die Steuerfreiheit oder die steuerliche Begünstigung von Mitarbeiterbeteiligungen. Diese wurde 1994 eingeführt, als 10 000 Schilling damals steuerfrei in Form von Anteilen ausgegeben werden konnten. Das wurde 2001 auf ungefähr 1 460 € verdoppelt. (Abg. Tamandl: Auch das steht im Regierungsprogramm! Nachlesen!) – Das steht im Regierungsprogramm. Matthias Strolz hat gestern einen Antrag eingebracht, das auf 3 000 € zu erhöhen. (Neuerlicher Zwischenruf der Abg. Tamandl.) Dafür gestimmt haben neben uns das Team Stronach und die FPÖ, die da auch zuverlässige Partner in wirtschaftspolitischen Dingen sind. Wer nicht dafür gestimmt hat, das waren 99 Abgeordnete der Regierungs­parteien. Wir haben Sie getestet (Abg. Tamandl: Wir brauchen keinen Test von Ihnen!), und Sie haben diesen Test nicht bestanden. (Beifall bei den NEOS.)

20.08


Präsident Ing. Norbert Hofer: Zu Wort gelangt nun Herr Abgeordneter Mag. Kuzdas. – Bitte.

 


20.08.12

Abgeordneter Ing. Mag. Hubert Kuzdas (SPÖ): Meine sehr geehrten Damen und Herren! Mit 1. Juli 2013 haben wir die „GmbH light“ eingeführt, mit abgesenktem Mindeststammkapital auf 10 000 €.

Im Zuge der Diskussionen über das Abgabenänderungsgesetz haben die NEOS einen Antrag eingebracht, das Mindeststammkapital auf null Euro herabzusetzen.

Gestern haben wir für die „GmbH light“ die Mindest-KöSt festgelegt: in den ersten fünf Jahren 500 €, in den nächsten fünf Jahren 1 000 € und danach die üblichen 1 750 €.

Der heutige Antrag der NEOS ist etwas weiter gehend, nämlich: § 24 Abs. 4 entfällt mit 31.12.2014. Wenn man da reinschaut, sieht man, da geht es klarerweise nicht nur um die GmbH, sondern um alle unbeschränkt steuerpflichtigen inländischen und vergleich­baren ausländischen Körperschaften. Da geht es um die Mindest-KöSt, daran wird wahrscheinlich kein Unternehmen zugrunde gehen. Daher sehen wir momentan keinen Handlungsbedarf bei diesem Thema. Wir werden das im Ausschuss diskutieren, aber aus heutiger Sicht sehe ich dafür keine Notwendigkeit. Ich kann mir auch nicht vorstellen, hier zuzustimmen. (Beifall bei SPÖ und ÖVP.)

20.09


Präsident Ing. Norbert Hofer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Sieber. – Bitte.

 


20.10.01

Abgeordneter Norbert Sieber (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Hohes Haus! Kollege Alm hat in seiner Antragsbegründung sinngemäß gemeint, die Abschaffung der Mindest-KöSt sei ein wesentliches Signal an den Wirtschaftsstandort. – Herr Alm, ich glaube schon, dass wir wesentlich wichtigere Kriterien haben, die unseren Standort in Österreich entsprechend auszeichnen.

Aber zurück zur Mindest-KöSt. Diese Mindest-KöSt orientiert sich an der gesetzlichen Mindesthöhe des Grund- oder des Stammkapitals von Kapitalgesellschaften. Dabei möchte ich darauf hinweisen, dass die Entrichtung der Mindeststeuer nicht den Regelfall darstellen soll, weil sie ja nur dann zu entrichten ist, wenn die Körperschaft Verluste oder äußerst niedrige Gewinne erwirtschaftet.

Erleichterungen sollen nach dem Abgabenänderungsgesetz 2014 dennoch für die Gesellschaften mit beschränkter Haftung bestehen, die nach dem 30. Juni 2013 gegründet wurden. Für diese Gesellschaften ist ein steuerliches Gründungsprivileg in den ersten zehn Jahren nach Eintritt in die unbeschränkte Steuerpflicht vorgesehen.


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll14. Sitzung / Seite 221

Die Mindeststeuer soll in den ersten fünf Kalenderjahren je 500 € betragen, in den darauffolgenden fünf Jahren je 1 000 €. Sollten während der zehnjährigen Gründungs­phase Gewinne erzielt werden, wäre aufgrund der zeitlich und betraglich unbeschränk­ten Vortragsfähigkeit von Verlusten und Anrechenbarkeit der bereits entrichteten Mindeststeuern auf die KöSt die Ertragssteuerbelastung dennoch gemildert.

Das heißt, die Mindest-KöSt ist, sofern sie die tatsächliche Jahres-Köperschaftsteuer­schuld übersteigt, wie eine Steuervorauszahlung zu behandeln und wird auf eine in den folgenden Jahren entstehende KöSt-Schuld angerechnet. Also reden wir hier von einer reinen Vorauszahlung, und eben diese Vorauszahlung ist für den Unternehmer kein verlorenes Geld. Deswegen werden wir von der ÖVP uns Ihrem Antrag nicht nähern, sind aber trotzdem gespannt auf die Diskussion im Finanzausschuss. – Danke sehr. (Beifall bei der ÖVP.)

20.11


Präsident Ing. Norbert Hofer: Zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter MMMag. Dr. Kassegger. – Bitte.

 


20.11.58

Abgeordneter MMMag. Dr. Axel Kassegger (FPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Hohes Haus! Ich greife meine zum vorangegangenen Tagesordnungspunkt festge­stellte Selbstdiagnose der Bundesregierung, nämlich jene, dass Österreichs Wirtschaft in Fesseln liegt, im Rahmen der Debatte zu diesem Tagesordnungspunkt wieder auf. Die Abgeordneten Rossmann und Alm haben auch vorhin davon gesprochen, dass es selbstverständlich viele Fesseln gibt, die die Wirtschaft fesseln, ich möchte mich aber auf eine Fessel fokussieren, nämlich auf die unter diesem Tagesordnungspunkt Gegenständliche: auf den Entfall der Mindestkörperschaftsteuer.

Der Antrag des Abgeordneten Alm sieht den Entfall der Mindestkörperschaftsteuer per 31. Dezember 2014 vor. Auch dieser Antrag greift eine jahrelange wirtschaftspolitische Forderung der Freiheitlichen auf, und selbstverständlich werden wir diesem Antrag auch zustimmen. (Beifall bei der FPÖ.)

Ich verweise auch auf gleichlautende Entschließungsanträge des Abgeordneten Themessl und weiterer Abgeordneter etwa aus den Jahren 2008, 2009 et cetera.

Warum sind wir dieser Meinung? – Die umstrittene Mindestkörperschaftsteuer bei Kapitalgesellschaften verhindert die Eigenkapitalstärkung und stellt eine Belastung der bei Jungunternehmern ohnehin oft angespannten Liquiditätssituation dar. Sie ist tat­sächlich eine Fessel für Jungunternehmer. Das ist kein Nullsummenspiel. Gerade die Liquidität ist in den Anfangsjahren eines Unternehmens – und ich weiß, wovon ich spreche – eine problematische Kennzahl und Kenngröße. Liquiditätsengpässe kom­men immer wieder vor, und auch Verluste in den ersten Jahren kommen immer wieder vor. Die Jungunternehmer jetzt noch zusätzlich mit einer Mindestkörperschaftsteuer, die im Wesentlichen eine reine Liquiditätsbeschaffung der Regierung ist, also praktisch ein Kredit, den die Jungunternehmer vorzuleisten haben, zu belasten ist in dem Zusammenhang abzulehnen.

Mit der GmbH-light-Lösung wurde das Problem für Neugründungen etwas gemindert, indem man jetzt nicht mehr 1 750 €, sondern nur mehr 500 € zu berappen hat, aber für mich nicht nachvollziehbar ist die Tatsache, dass ab dem fünften Jahr dann 1 000 € zu bezahlen sind. Das legt doch eher den Schluss nahe, dass dem keine wirtschafts­politische Steuerungsmotivation zugrunde liegt, sondern eher eine Geldbeschaffungs­motivation für das Budget.

Unsere Aufforderung wäre in diesem konkreten Fall: Machen Sie wenigstens hier Nägel mit Köpfen, setzen Sie wenigstens hier entschlossene Signale! Nutzen Sie die


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Gelegenheit, schaffen Sie, wie Sie im Regierungsprogramm ankündigen, konkrete, deutlich spürbare Erleichterungen unternehmerischer Tätigkeit! Beseitigen Sie umge­hend diese im Jahre 1994 eingeführte Steuer, die bei Kapitalgesellschaften mit keinen oder sehr geringen Gewinnen letztlich, wie schon gesagt, eine Erosion des Eigen­kapitals herbeiführt und darüber hinaus die meist ohnehin angespannte Liquiditätslage verschärft! Befreien Sie – in einem Satz – die Unternehmer wenigstens von dieser einen Fessel! (Beifall bei der FPÖ.)

20.15


Präsident Ing. Norbert Hofer: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Köchl. – Bitte.

 


20.15.42

Abgeordneter Matthias Köchl (Grüne): Geschätzte Damen! Geschätzte Herren! Unternehmerinnen und Unternehmer in Österreich haben es wirklich nicht leicht. Bei­spiel: Hätte ich eine neue innovative Idee und würde bei der SPÖ nachfragen, würde wahrscheinlich als Erstes gefragt werden: Was sagt der Kreditschutzverband dazu? – Das ist die aktuelle Haltung.

Ginge es nach der FPÖ, hätten wir wahrscheinlich nicht einmal eine Aufenthalts­bewilligung in Österreich und so etwas wie Google oder WhatsApp würde es in Öster­reich gar nicht geben, denn der Herr, der WhatsApp entwickelt hat, kommt aus Weißrussland und hätte keine Aufenthaltsbewilligung. (Beifall bei den Grünen sowie des Abg. Dr. Strolz.)

Was wäre bei der ÖVP? – Bei der ÖVP würde man wahrscheinlich fragen: Könnte es ein Wirtschaftskammerfunktionär für uns werden? Dann hätte man vielleicht eine Unterstützung.

Aber das war es dann auch schon, viel mehr Angebote gibt es nicht, und das ist ein Trauerspiel aus Sicht der Unternehmerinnen und Unternehmer. (Ruf bei der ÖVP: Keine Ahnung!)

Ich möchte die Mindestkörperschaftsteuer einmal anhand eines Beispiels illustrieren: Angenommen, Sie legen Geld auf ein Sparbuch. Dann könnten Sie mit dem gleichen Argument eine Mindestkapitalertragsteuer einführen, aber da würden Sie auch nicht auf die Idee kommen zu sagen, 100 € Mindestkapitalertragsteuer auf jedes Sparbuch. In Ihrer Logik würden Sie sagen: Na ja, wenn man nicht genug auf dem Sparbuch hat und die Zinsen für die Mindeststeuer nicht erwirtschaftet, hat man halt Pech gehabt. In Ihrer Logik würde man dann sagen, man ist dann eh kein richtiger Unternehmer oder kein ehrlicher Sparer. (Abg. Krainer: Nein!) Das ist doch die ganz gleiche Logik, die Sie hier verfolgen. (Beifall bei den Grünen. – Abg. Krainer: Nein, weil es gibt ein Privileg einer GesmbH!) – Ja, bitte schön, nicht dazwischenreden! Sie können diese Unkultur im SPÖ-Klub pflegen, aber bitte nicht im Hohen Hause, Kollege! (Abg. Krainer: Was für eine Unkultur?)

Also: Schaffen wir doch diese Vorauszahlungen ab, mit denen Sie gerade in der Gründungsphase – gerade in der Gründungsphase! – den Unternehmerinnen und Unternehmern das Geld aus der Tasche ziehen! Das hat überhaupt keine Logik. Sie nehmen ihnen das Geld in der Gründungsphase ab, um vielleicht in drei, vier Jahren oder so, wenn ein Gewinn kommen könnte, schon die Steuer vorausgezahlt zu haben.

Das ist kein richtiger Ansatz, deshalb werde ich den Antrag des Kollegen Alm, die Min­destkörperschaftsteuer abzuschaffen, sicher unterstützen. Schaffen wir endlich ein freundliches Klima für Unternehmerinnen und Unternehmer in Österreich! – Danke sehr. (Beifall bei den Grünen sowie des Abg. Dr. Strolz.)

20.18



Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll14. Sitzung / Seite 223

Präsident Ing. Norbert Hofer: Zu Wort ist dazu niemand mehr gemeldet. Die Debatte ist geschlossen.

Ich weise den Antrag 208/A dem Finanzausschuss zu.

Die Tagesordnung ist erschöpft.

20.18.23 Antrag auf Einsetzung eines Untersuchungsausschusses

 


Präsident Ing. Norbert Hofer: Wir gelangen nunmehr zur Verhandlung über den Antrag der Abgeordneten Podgorschek, Mag. Kogler, Ing. Lugar, Dr. Hable, Kollegin­nen und Kollegen auf Einsetzung eines Untersuchungsausschusses zur Untersuchung der politischen Verantwortung für die Vorgänge rund um die Hypo Group Alpe-Adria (Hypo-Untersuchungsausschuss).

Da dieser Antrag inzwischen an alle Abgeordneten verteilt wurde, braucht seine Ver­lesung durch den Schriftführer nicht zu erfolgen.

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:

Antrag

auf Einsetzung eines Untersuchungsausschusses

der Abgeordneten Elmar Podgorschek, Werner Kogler, Robert Lugar, Rainer Hable und weiterer Abgeordneter

betreffend die Einsetzung eines Untersuchungsausschusses gemäß § 33 GOG-NR zur Untersuchung der politischen Verantwortung für die Vorgänge rund um die Hypo Group Alpe-Adria (Hypo-Untersuchungsausschuss)

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Zur näheren Untersuchung der politischen Verantwortung im Zusammenhang mit den Vorgängen rund um die Hypo Group Alpe-Adria wird ein Untersuchungsausschuss eingesetzt, der aus insgesamt 18 Abgeordneten im Verhältnis SPÖ 5, ÖVP 5, FPÖ 4, Grüne 2, TS 1, NEOS 1 besteht.“

Gegenstand der Untersuchung

I. Aufsichtswesen und Veranlassungen sowie Unterlassungen der Aufsicht bzw. des Finanzministeriums

1. Aufklärung über die wahrgenommenen Kontroll-, Prüf- und Aufsichtstätigkeiten aller mit der Bankenaufsicht betrauten Behörden und öffentlichen Einrichtungen sowie der Geldwäschestelle im Bundeskriminalamt hinsichtlich der Hypo Group Alpe-Adria und verbundener Unternehmen im Zeitraum 2000 bis 2014, insbesondere welche Prüf­berichte in welcher Form vorgelegt, welche Mängel festgestellt und welche Aktivitäten daraufhin gesetzt wurden.

2. Klärung der Verantwortung der Organe der Republik Österreich, insbesondere der Finanzmarktaufsicht, der OeNB, der Finanzprokuratur, des Finanzministeriums, der Geldwäschestelle im Bundeskriminalamt im Zusammenhang mit der wirtschaftlichen Entwicklung und der zunehmenden Schwierigkeiten der Hypo Group Alpe-Adria und verbundener Unternehmen im Zeitraum 2000 bis 2014.


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3. Prüfung der Auswahl, der Tätigkeit und der Beaufsichtigung der vom Finanz­minis­terium bestellten Staatskommissäre in der Hypo Group Alpe-Adria und damit verbun­denen Unternehmen inklusive deren Berichte, das Zustandekommen und Verwertung derselben sowie allfällige Veranlassungen durch die zuständigen Aufsichtsorgane und das Finanzministerium im Zeitraum 2000 bis 2014.

4. Aufklärung über die Tätigkeiten der österreichischen Bundesfinanzierungsagentur im Rahmen der Finanzierung des Bundeslandes Kärnten, insbesondere vor dem Hinter­grund der Haftungssituation des Bundeslandes, ab Beginn dieser Tätigkeiten bis 2014.

5. Aufklärung über die Kontaktnahme und den Austausch der zuständigen österreichi­schen Bankaufsichtsbehörden und der Geldwäschestelle im Bundeskriminalamt mit und durch die/den entsprechenden ausländischen Aufsichtsorgane/n und Geldwäsche­stellen im Zusammenhang mit der Hypo Group Alpe-Adria im Zeitraum 2000-2014.

6. Aufklärung über den möglichen finanziellen Schaden für die Republik Österreich, der aus dem möglichen Versagen der Bankenaufsicht resultierte.

II. Phase vor der öffentlichen Hilfe

7. Aufklärung über den Stand der möglichen Verfahren nach dem Finanzstrafgesetz im Zusammenhang mit der Hypo Group Alpe-Adria, insbesondere jene im Zusammen­hang mit den Gewinnen der kurzzeitigen Eigentümer der Hypo Group Alpe-Adria und verbundener Unternehmen vor dem Einstieg der BayernLB.

8. Aufklärung über den Stand der Strafverfahren im Zusammenhang mit der Hypo Group Alpe Adria.

III. Partizipationskapital im Jahr 2008

9. Aufklärung über die Notwendigkeit, Ursachen, Zusammenhänge und Hintergründe der Gewährung von Partizipationskapital durch den Bund an die Hypo Group Alpe-Adria im Jahr 2008, sowie der Feststellung der angeblichen Systemrelevanz der Hypo Group Alpe-Adria.

10. Klärung der Frage, ob direkte oder indirekte Einflussnahmen auf die Öster­reichi­sche Nationalbank, auf die FMA oder auf sonstige Stellen im Zusammenhang mit der Beurteilung der wirtschaftlichen Lage der Hypo Group Alpe-Adria getätigt wurden, insbesondere bei der Erstellung einer „Stellungnahme der OeNB zum Antrag auf Zeichnung von Partizipationskapital der Hypo Group Alpe-Adria durch die Republik Österreich“ durch die OeNB.

11. Aufklärung über die Frage, wie der Austausch der Bundesregierung, des Finanz­ministeriums, der Bankaufsichtsbehörden oder anderer Stellen mit der EU-Kommission als Wettbewerbsbehörde erfolgte und über die nach diesem Austausch inhaltlich abweichende Stellungnahme der OeNB im Vergleich zur ursprünglichen Stellung­nahme der OeNB.

IV. Verstaatlichung im Jahr 2009

12. Untersuchung über die Notwendigkeit, Ursachen, Zusammenhänge und Hinter­gründe sowie den Ablauf des Erwerbs der Hypo Group Alpe-Adria durch die Republik Österreich im Jahr 2009, sowie der Feststellung der angeblichen Systemrelevanz der Hypo Group Alpe-Adria.

13. Untersuchung etwaiger Verfehlungen seitens österreichischer Verantwortungs­träger hinsichtlich der Verhandlungsführung im Rahmen der Verstaatlichung mit den Alteigentümern BayernLB, Grazer Wechselseitige Versicherung und Land Kärnten.


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14. Aufklärung über das Zusammenspiel österreichischer, bayerischer und deutscher politischer Funktionsträger und Bankverantwortlicher im zeitlichen mittelbaren und unmittelbaren Zusammenhang mit dem Erwerb der Hypo Group Alpe-Adria durch die Republik Österreich.

15. Aufklärung über die konkreten Tätigkeiten und Verhandlungsstrategien der Verant­wortungsträger der Republik Österreich, insbesondere seitens des Finanzministers bzw. des Finanzministeriums, der Finanzprokuratur, der Finanzmarktaufsicht und der Nationalbank im Zusammenhang mit dem Erwerb der Hypo Group Alpe-Adria.

16. Aufklärung über den möglichen finanziellen Schaden für die Republik Österreich, der durch den Erwerb der Hypo Group Alpe-Adria durch die Republik Österreich entstand.

V. Handlungen und Unterlassungen ab der Verstaatlichung

17. Untersuchung der Verantwortung für die jahrelange Verschleppung einer Entschei­dung über die Abwicklung der Hypo Group Alpe-Adria.

18. Klärung der Kontakte, Verhandlungen und Entscheidungsprozesse der Bundes­regie­rung, des Finanzministeriums und anderer Stellen mit der Europäischen Kom­mission insbesondere im Zusammenhang mit der Ausstellung eines Bescheides der EU-Wettbewerbsbehörde zur Hypo Group Alpe-Adria.

19. Klärung der Kontakte, Verhandlungen und Entscheidungsprozesse der Organe der Hypo Group Alpe-Adria sowie des Finanzministeriums bzw. der Finanzprokuratur mit Vertretern der BayernLB und des Freistaats Bayern im Zusammenhang mit der Frage der Bewertung eines eigenkapitalersetzenden Darlehens und sonstiger gerichtlicher Verfahren.

20. Aufklärung über den Kenntnisstand von Bundesbehörden, insbesondere OeNB, FMA über die Gläubigerstruktur der öffentlich besicherten Anleihen der Hypo Group Alpe-Adria und verbundener Unternehmen im Zeitraum 2000 bis 2014.

21. Klärung der Frage, welche Bundesbehörden wann und mit welchem Ergebnis welche nationalen und internationalen Clearingstellen - insbesondere die Central Counterparty Austria bei der Wiener Börse und als deren Abwicklungsbank die Kontrollbank - kontaktiert und bezüglich der Struktur der Anleihegläubiger der öffentlich besicherten Anleihen der Hypo Group Alpe-Adria und verbundener Unternehmen befragt haben.

22. Aufklärung über die Einsetzung, die Zusammensetzung, die Tätigkeit, die Ergeb­nisse und die Ergebnisverwertung der „CSI Hypo“ und der „SOKO Hypo“ und die Zusammenarbeit dieser beider Einrichtungen mit anderen Stellen der Republik, insbesondere mit den Strafverfolgungsbehörden.

23. Aufklärung über die mögliche Einflussnahme von Bundesregierung, Finanz­ministerium, OeNB und FMA auf die Organe der Hypo Group Alpe-Adria und über mögliche aktienrechtliche Umgehungen der Organe durch das Finanzministerium oder andere Organe des Bundes.

24. Aufklärung über den möglichen finanziellen Schaden für die Republik Österreich, der durch das Verschleppen einer Entscheidung über die Abwicklung der Hypo Group Alpe-Adria entstanden ist.

25. Aufklärung über den Stand der Vorbereitungen im Finanzministerium hinsichtlich einer Irrtumsanfechtung bezüglich der Verstaatlichung der Hypo Group Alpe-Adria.


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VI. Taskforce und Finanzmarktbeteiligungs-AG

26. Untersuchung über die vom Finanzministerium und den dazugehörigen Beratern, insbesondere der Taskforce und internationalen Beratungsunternehmen im Auftrag des Finanzministeriums, analysierten möglichen Szenarien zur Abwicklung der Hypo Group Alpe-Adria samt Klärung der dazugehörigen Entscheidungsfindungsprozesse.

27. Aufklärung über die Wahrnehmungen, Tätigkeiten und die Remuneration der nach § 3 FinStaG errichteten staatlichen Finanzmarktbeteiligungs-AG FIMBAG im Zusam­menhang mit der Hypo Group Alpe-Adria im Zeitraum 2008-2014.

VII. Beraterverträge und -kosten

28. Aufklärung über die Wahrnehmung der Eigentümerrechte des Bundes hinsichtlich Grund, Inhalt, Umfang, Auswahl und Kosten der von der Hypo Group Alpe-Adria im Zeitraum 2008-2014 beauftragten Berater.

29. Aufklärung über die Beauftragung und Kosten von Beratern seitens des Finanz­ministeriums für die Vorgänge rund um die Hypo Group Alpe-Adria.

VIII. Verflechtungen von öffentlichen Stellen mit Banken und Finanzinstitutionen

30. Aufklärung über die Einflussnahmen auf die Geschäftsführung der Bundesregie­rung sowie auf die Aufsichts- und Entscheidungsorgane Finanzministerium, Kabinette des Finanzministeriums, FMA, OeNB und die Stelle der Geldwäschebekämpfung im Bundeskriminalamt aufgrund von Verflechtungen und Netzwerken mit Banken, Ver­sicherungen und sonstigen Finanzinstitutionen.

IX. Spenden an politische Entscheidungsträger

31. Aufklärung darüber, von welchen Banken, Versicherungen und sonstigen Finanz­institutionen es im Zeitraum 2000-2014 Spenden oder andere Zuwendungen in welcher Höhe an politische Entscheidungsträger in Bundesangelegenheiten gab und ob diese dem Rechnungshof gesetzeskonform gemeldet wurden.

32. Aufklärung darüber, ob diese Vorgänge mit möglichen direkt oder indirekt in Aus­sicht gestellten oder tatsächlichen Leistungen der politischen Entscheidungsträger verbunden waren.

Untersuchungsauftrag

Der Untersuchungsauftrag soll durch die Anwendung aller in der VO-UA vorgesehenen Instrumente zum Untersuchungsgegenstand, insbesondere durch die Vorlage von sämtlichen Akten, Berichten, Protokollen, zwischenstaatlichen Vereinbarungen, Ver­trägen, Steuerakten, E-mails und sonstigen Unterlagen der Bundesministerien für Finanzen, für Inneres, für Justiz, für Wirtschaft, Familie und Jugend, des BKA, deren nachgelagerter Dienststellen, der Österreichischen Nationalbank, der Finanzmarkt­aufsichtsbehörde, der Finanzprokuratur, der Österreichischen Bundesfinanzierungs­agentur, der FIMBAG, der „Task Force“ Hypo Alpe Adria, der Organe (teil-)verstaat­lichter Banken, der Statistik Austria, des Rechnungshofes, der Finanz- und Justiz­behörden, der Geldwäschestelle im Bundeskriminalamt betreffend den Unter­suchungs­gegenstand sowie durch die Anhörung von Auskunftspersonen, die den Gegenstand der Untersuchung bildenden Umstände ermitteln und die politische Verantwortung prüfen.


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Begründung

Die Fehlentwicklungen rund um die Hypo Alpe Adria sind seit vielen Jahren beispiellos und von der Schadenshöhe einzigartig in der Geschichte der 2. Republik. Letztlich braucht es nach bestmöglicher Schadensminimierung eine Klärung der politischen Verantwortung in einem parlamentarischen Untersuchungsausschuss mit dem Ziel durch die Aufklärung eine ähnliche Entwicklung in Zukunft zu vermeiden.

In formeller Hinsicht verlangen die unterfertigten Abgeordneten gem. § 33 Abs. 2 GOG, über diesen Antrag eine kurze Debatte durchzuführen.

*****

 


Präsident Ing. Norbert Hofer: Wir gehen in die Debatte ein.

Im Sinne des § 57a Abs. 1 der Geschäftsordnung beträgt die Redezeit in dieser Debatte 5 Minuten, wobei der Erstredner zur Begründung über eine Redezeit von 10 Minuten verfügt. Stellungnahmen von Mitgliedern der Bundesregierung oder zu Wort gemeldeten Staatssekretären sollen nicht länger als 10 Minuten dauern.

Das Wort erhält zunächst Herr Abgeordneter Mag. Kogler. – Bitte. (Ruf bei der ÖVP: Gibt’s was Neues, Herr Kogler?)

 


20.19.20

Abgeordneter Mag. Werner Kogler (Grüne): Danke, Herr Präsident! – Ich wurde soeben gefragt, ob es etwas Neues gibt. – Kollegen von der ÖVP, die Causa ist so dringend und drängend und wichtig und von einer unfassbaren, noch nie da gewesenen jahrelangen Versagenskette (Abg. Krainer: Dass nicht einmal die grüne Klubobfrau da ist!), dass wir da überhaupt null Komma jota Neues brauchen, um diesen Untersuchungsausschuss zu begründen. Das werden Sie auch noch verstehen, spätestens dann, wenn Sie Schwierigkeiten haben, in Ihrem Wahlkreis zu erklären, was Sie hier herinnen überhaupt abstimmen, wenn es um Untersuchung und Aufklärung geht.

Ich möchte jetzt alle Abgeordneten einladen – unter dem Hinweis, dass das eine ganz wesentliche Aufgabe des Parlaments ist –, neben der Gesetzgebung auch die Kontrolle wahrzunehmen. (Zwischenrufe bei der ÖVP.) Wann, wenn nicht jetzt? Wo, wenn nicht hier in dem Plenum jetzt? Wer, wenn nicht Sie oder wir, soll diesen Unter­suchungsausschuss beschließen? Über das „Wann, wenn nicht jetzt?“ können wir reden, wenn Sie das mit einer Gerade-noch-Mehrheit vielleicht ablehnen sollten, lange werden Sie das aber nicht durchhalten. (Beifall bei den Grünen sowie bei Abgeord­neten von FPÖ und NEOS.)

Das Instrument der namentlichen Abstimmung führt immerhin dazu, dass sich die Bevölkerung, die BürgerInnen, die WählerInnen ein genaues Bild davon machen können, was ihre Abgeordneten insbesondere aus den Wahlkreisen hier so tun. Sie wissen ja schon ... (Zwischenruf des Abg. Rädler.) – Geh, Herr Kollege Rädler, Sie verstehen von der Geschichte so wenig, dass kein Mensch hier herinnen wiederum versteht, warum genau Sie dauernd dazwischenschreien! (Beifall bei den Grünen sowie bei Abgeordneten der FPÖ.) Schreien Sie daheim in Ihrem Wahlkreis, dort wird es Ihnen vergehen! Dort wird es Ihnen vergehen.

Sie können sich bestimmt noch erinnern an unsere Informationskampagne in den Regionalmedien. Seien Sie gewiss, dass wir da etwas vorbereiten! Wir können uns erinnern, Herr Kollege Rädler! Abgeordneter Rädler – Ihre Stimme für Vertuschung. – Super, bravo, Nicht genügend, setzen! (Beifall bei den Grünen.)


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Abgeordneter Cap – Ihre Stimme für Vertuschung. – Sitzen bleiben! (Abg. Dr. Cap spricht mit Abg. Königsberger-Ludwig.) – Unbeteiligt weiterschwätzen, aber das ist bei der Schulnote ohnehin schon egal. (Heiterkeit und Beifall bei Grünen und FPÖ.)

Jetzt zum Ernst der Angelegenheit. Sie haben noch nicht einmal verstanden, in welchem Zeitalter wir leben. Die Social Media werden das alles zu den Bürgerinnen und Bürgern bringen. Immer mehr junge Leute informieren sich, jetzt eben auch, über diesen Weg. Und es wird wieder so sein, und auch wir werden dafür sorgen, und zwar auch die anderen Parteien der Opposition, selbstverständlich, es liegt ja dann ein gemeinsamer Antrag vor, über den wir hier diskutieren. Konzentrieren Sie sich vielleicht darauf, gehen Sie darauf ein, ich werde ihn dann noch kurz referieren!

Was Sie hier einzuwenden haben, das wäre einmal interessant. Dieser Antrag ist nämlich lupenrein im Gegensatz zu Ihren dreckigen Geschäften, die Sie bei der Hypo Alpe-Adria mit zu verantworten haben. (Zwischenrufe bei der ÖVP.) Das ist doch völlig klar, das war nicht sauber, und ich stehe zu dem, was ich sage, im Unterschied zu Ihnen. Das war nicht sauber, und deshalb gehört das jetzt aufgeklärt, wenn wir schon nicht mehr alles wegschrubben können.

Jetzt der Reihe nach! – Weisenrat statt Untersuchungsausschuss, auch die beiden Untersuchungsausschüsse in Kärnten wurden vorgebracht, strafrechtliche Verfahren, die es ohnehin gibt, wurden vorgebracht, die wir womöglich nicht behindern sollten. Die Finanzstrafverfahren haben Sie vergessen. Vielleicht haben Sie sie deshalb verges­sen, weil da wieder Ihre Haberer involviert sind, die den billigen Schnitt gemacht haben, und es den österreichischen Steuerbehörden immerhin vorbehalten bleibt, nachzuschauen, ob die wenigstens Steuern zahlen für diesen Coup. (Zwischenrufe bei der ÖVP.) Aber das passt ja zu dieser ganzen Bankraubstory, die hier abgeht.

Also noch einmal: U-Ausschuss versus Weisenrat, zweimal Kärnten-U-Ausschuss – aber haben die schon alles kontrolliert, was haben die gedurft, in der Sache und in welchem Zeitraum? – und letztendlich die Strafverfahren.

Zum Weisenrat. – Wir haben es im Wesentlichen schon durchbesprochen. Ein Weisenrat, der von der Regierung eingesetzt wird, kann doch niemals dieses Unter­suchungsgremium ersetzen, das wir hier einsetzen sollten, das unseren dann hoffent­lich wieder wachen Kontrollgeist repräsentieren soll, dieses Gremium, für das es eine zugegebenermaßen nicht vollständige, vollkommene Geschäftsordnung gibt, die wir schon längst verbessern wollten, was Sie aber verhindert haben. Deshalb geht es jetzt darum, dass wir trotz allem – und die Opposition ist schon dabei – einen g’scheiten und korrekten Untersuchungsausschuss einsetzen. Hören Sie mir auf mit dem Weisenrat, das wird nichts mehr! Lesen Sie die Medien von morgen durch, dann werden Sie sehen, was Sie eigentlich wieder für einen Bauchfleck produziert haben! Vielleicht quietschen Sie ja deshalb so.

Jetzt zum Wirklichen. – Zwei Kärntner U-Ausschüsse, zwei Mal wurde richtig geprüft, gegen den Widerstand und gegen den Geist vieler, aber natürlich ganz andere Gegen­stände. Das ist doch klar, ein Landtags-Untersuchungsausschuss darf nicht all das untersuchen, was wir hier dürfen, und vice versa. Die Zeiträume, die in diesen Unter­suchungs­ausschüssen behandelt wurden, reichten natürlich nicht bis in die Gegenwart. Das kann gar nicht sein, weil die Berichte schon 2007 und 2012 vorgelegt wurden. Wie hätte Herr Holub die Vorgänge von 2013 untersuchen sollen, wenn er 2011/2012 seinen Bericht geschrieben hat? Können Sie uns das einmal erklären? Da können Sie nicht einmal mehr mit Einstein die Kurve kratzen. – Rädler aber kann das. (Beifall bei den Grünen sowie des Abg. Podgorschek.)

Jetzt zu den immer drängenderen und wichtigeren Dingen in diesem Zusammenhang.


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Wissen Sie, was da war, Kollege Wöginger? – Er ist hier, tippt am Handy herum, wie ich manchmal auch, das wird ihm jetzt aber auch nichts helfen. – Kollege Wöginger, Sie haben heute über den Kärnten-Untersuchungsausschuss gesprochen, über dieses und jenes. Wissen Sie, was der Fall war und was die allergrößte Chuzpe in dem Zusammenhang war? – Die Bundesbehörden, die jetzt zur Untersuchung anstehen, haben nicht entsprechend kooperiert, Notenbank, FMA, Finanzministerium, wo auch Kontrollen zu tätigen sind, Geldwäschestellen – ein sehr interessantes Thema: Bekämpfung der Geldwäsche im Kontext mit der Hypo Alpe-Adria, im Übrigen ab dem Jahr 2000 bis heute. Was ist denn passiert?

Jetzt nicken Sie noch, Kollege Wöginger, Sie können das damit aber nicht verteidigen. Sie können jetzt nur Einsicht üben, und wenn Sie das ernst gemeint haben, nehmen Sie jetzt bitte Folgendes zur Kenntnis: Die Oesterreichische Nationalbank, die FMA, in wessen Auftrag immer, wahrscheinlich wieder des Finanzministeriums, haben sich geweigert, die Akten nach Kärnten zu liefern. Die haben nicht einmal die Akten bekommen! Nicht wahr, Kollege Darmann? Sie sind zwar auf der anderen Seite gesessen in dieser Untersuchung, aber das können Sie bestätigen. (Abg. Mag. Darmann nickt zustimmend.) Das ist die Wahrheit. Unsere Bundesbehörden haben nicht einmal die Akten nach Kärnten geschickt! Das ist doch ein Skandal, was da abgelaufen ist! (Beifall bei Grünen, FPÖ, Team Stronach und NEOS.)

Da können Sie in der ersten Reihe jetzt wieder versinken; Klubobmann Schieder wird auch gleich angesprochen werden müssen.

Allein das würde schon einen Untersuchungsausschuss rechtfertigen, dass öster­reichische Behörden nicht kooperativ sind mit Untersuchungsausschüssen von Land­tagen; vielleicht ist es gesetzlich nicht möglich gewesen, vielleicht war es gar nicht so einfach. Aber das ist doch die 1A-, die 100-Prozent-Begründung dafür, dass es einen Untersuchungsausschuss zu Bundesangelegenheiten hier in diesem Nationalrat braucht. Da kann der Kärntner U-Ausschuss nicht aushelfen, er kann keine Ausflucht sein. Wenn Sie die Arbeit von Rolf Holub loben, sei Ihnen das unbenommen, ich schließe mich diesem Lob an. (Beifall bei den Grünen sowie bei Abgeordneten der NEOS.)

Nächste Sache: Strafverfahren. – Kommen wir nun einmal zu den Gegenständen, den Untersuchungsgegenständen, die zu all dem, was vorher war, unbedingt aufgeklärt gehörten!

Im Jahr 2008 – wir haben es gehabt – gab es ein ganz seltsames Gutachten der Notenbank. Kaum aber wurde die Europäische Union erfolgreich getäuscht, ist am nächsten Tag die korrigierende Stellungnahme der gleichen Notenbank gekommen, wonach die Bank auf einmal ganz krank war. Zuerst war sie mittelg’sund.

Das soll nicht aufgeklärt werden? Dazu hat der Kärntner Landtag etwas gemacht? – Kann er nicht, darf er nicht, hat er nicht! Hören Sie doch auf mit dem Blödsinn! Wo läuft denn das Strafverfahren zu den Vorgängen Notenbank, Taskforce, Finanzmarkt­beteiligung AG? – Kein einziges Strafverfahren! Wozu denn auch? War ja noch gar kein Kläger da. Das werden jetzt wir übernehmen müssen, da überhaupt einmal hineinzuleuchten. Wo läuft denn zur Notverstaatlichung ein strafrechtliches Verfah­ren? – Völliger Unsinn, gibt es nicht! Fahren Sie ab mit Ihren Ausreden!

Dass das aufgeklärt werden muss, wird umso dringlicher und wichtiger.

Kommen wir zu dem Zitat, mit dem ich heute schon begonnen habe. Kleiner, ein Hypo-Gutachter, hat zur Notverstaatlichung gesagt, die Bayern seien nach Wien gefahren, „um“ – wortwörtlich – die „Ösis zu schrecken“, und hätten „besser gepokert“: „Wenn die Bayern sagen, wir lassen die Bank in Konkurs gehen, und die Österreicher sagen, ja,


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lästig, aber auf Wiedersehen, dann hätte ich mir das weitere Szenario gerne ange­schaut.“ – So weit der Gutachter zur Hypo, Kleiner, der Ihnen nicht unvertraut ist. Ein sehr besonnener Mann, der noch nie irgendwo besonders negativ aufgefallen ist. Den bestellen Sie immer bei diversen Causen und ebenso die Gerichte. Also her mit Kleiner, her mit diesen Aussagen, gehen wir dem nach!

Deshalb werden Sie hier nicht aus der Verantwortung kommen, die Sachen liegen völlig klar auf dem Tisch. Es gibt eigentlich keine Ausflucht mehr, es gibt nur noch den Klubzwang. Geben Sie es doch zu, es gibt nur noch den Klubzwang, der Sie daran hindert, bei der jetzt anschließenden namentlichen Abstimmung so abzustimmen, wie Sie wollen und gerne können würden! Aber wir werden Mittel und Wege finden, Sie weiterhin einzuladen, diesem Weg zu folgen, Sie werden sonst politisch ohnehin nicht überleben. So viel Kraft hat die repräsentative Demokratie gerade schon noch, dass Sie das nicht aushalten werden, wenn Sie gegen den Mehrheitswillen der Bevölkerung weiterhin als Regierungsbüttel die Untersuchung unterdrücken wollen. (Beifall bei Grünen, FPÖ, Team Stronach und NEOS.)

20.30


Präsident Ing. Norbert Hofer: Die Redezeit der nunmehr zu Wort gemeldeten Abgeordneten beträgt 5 Minuten.

Nun gelangt Herr Abgeordneter Krainer zu Wort. – Bitte.

 


20.30.12

Abgeordneter Kai Jan Krainer (SPÖ): Danke, Herr Präsident! – Sie sahen gerade Kollegen Kogler in seinen Lieblingsrollen: Kläger, Richter und Notengeber in einem. Und das würde er vielleicht gerne weiterführen. (Abg. Wöginger: Genau!)

Wir haben im sozialdemokratischen Klub eine ausführliche Diskussion geführt und haben, glaube ich, fünf gute Gründe gefunden, wieso wir meinen, dass ein Unter­suchungsausschuss jetzt keinen Sinn macht. Wir haben das sehr detailliert diskutiert.

Der erste Grund ist, dass für uns klar ist,  (Zwischenruf des Abg. Dr. Pilz.) Bist du im SPÖ-Klub, oder? – Also nein, nicht, okay. Ich bin im SPÖ-Klub, deswegen kann ich vielleicht ein bisschen vernünftiger darüber Auskunft geben.

Das Erste ist, dass für uns die Schuldfrage, also wer an den Landeshaftungen schuld ist und damit auch an dem Problem, das der Bund geerbt hat, fest steht, auch aufgrund der Untersuchungsausschüsse in Kärnten, das ist nämlich die FPÖ. (Abg. Mag. Darmann: Die gleiche Rede! Fällt dir nichts anderes ein?)

Ich kann hier aus dem Abschlussbericht des grünen Vorsitzenden Rolf Holub zitieren:

„Es kann festgestellt werden, dass die Notverstaatlichung der HGAA“ – Hypo Alpe-Adria – „verhindert werden hätte können, wenn sämtliche aufgezeigten operativen Schwächen der Bank seit 2001 zeitnahe und umfassend behoben worden wären. Insofern liegt die politische Verantwortung dafür vor dem Hintergrund der Landes­haftung bei den zuständigen Finanzlandesreferenten Ing. Karl Pfeifenberger, Dr. Jörg Haider und Mag. Harald Dobernig.“ Das sind allesamt FPÖ-Politiker. Also die Schuld ist hier festgelegt worden.

Wir auf Bundesebene könnten diese Frage gar nicht untersuchen, weil es uns hier überhaupt nicht zusteht, die Frage der Landeshaftungen zu untersuchen. – Das ist der erste Grund. (Abg. Mag. Kogler: Sie haben nicht einmal den Antrag gelesen! Das ist unglaublich!)

Der zweite Grund ist, dass wir für den Steuerzahler eine unmittelbare Gefahr sehen, denn solange dieser Abwicklungsprozess und vor allem der Verkauf der Töchter in Südosteuropa nicht über die Bühne gegangen sind, ist die Diskussion im Moment zum


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Schaden für die Verwertbarkeit der Töchter und jedenfalls auch der Bank. Das heißt, der zweite Grund ist, dass die Diskussion, vor allem auch wie sie geführt wird, ein großer Schaden für die Bank wäre, jedenfalls zumindest bis die Töchter in Osteuropa verkauft sind. (Abg. Mag. Kogler: Sie richten ein 15-Milliarden-Loch an, und die anderen sind daran schuld!)

Das Dritte ist die Frage der Verfahrensordnung, sind alle Probleme, die es da gibt mit Entschlagungsrecht und den laufenden Gerichtsverhandlungen. Kollege Kogler hat einige davon aufgezählt, aber beileibe nicht alle.

Der vierte gute Grund, den die Grünen selbst hier eingebracht haben, ist, dass der Rechnungshof das untersucht. Der Rechnungshof hat aufgrund eines Antrags und Verlangens der grünen Fraktion vom 12. Juni 2013, die Notverstaatlichung der Hypo Alpe-Adria zu untersuchen – es ist das gute Recht der Fraktion, das zu machen –, eine Gebarungsüberprüfung in Aussicht gestellt, und diese macht der Rechnungshof gerade. (Abg. Mag. Kogler: Der wird genau rechtzeitig fertig werden mit den Zeugenbefragungen!)

Der fünfte und wahrscheinlich der am schwersten wiegende Grund ist eine Frage der politischen Kultur. Jetzt bin ich, glaube ich, schon eine Zeitlang in diesem Haus und durchaus nicht unbekannt dafür, dass ich ein großer Freund des Instruments Unter­suchungsausschuss bin. Ich war selbst in einigen Untersuchungsausschüssen und habe dort, glaube ich, auch gezeigt, dass ich dieses Instrument erstens einmal schätze und zweitens auch versuche, es objektiv, redlich, ehrlich und im Sinne des Staates und des Parlamentarismus anzuwenden.

Aber ich sage Ihnen, wenn Sie es nicht von mir hören wollen, dann kann ich nur Menschen zitieren, die gar nichts mit der SPÖ zu tun haben. Die Kollegin Salomon, also die Journalistin Salomon zum Beispiel (Heiterkeit bei Abgeordneten der FPÖ und der Grünen) hat in „Zur Sache“ nicht ganz zu Unrecht gesagt, je länger sie dem Kollegen Strache zuhört, umso mehr ist sie auch gegen einen Untersuchungs­aus­schuss, da dieser Stil einfach mehr Schaden anrichtet, als er nützen kann.

Ich kann hier zum Beispiel auch Frau Stainer-Hämmerle zitieren, eine Wissen­schaftlerin von einer Universität (Abg. Mag. Kogler: Die kommen alle in den Weisen­rat, oder wie?), die in einem Interview gesagt hat: „Ob der U-Ausschuss bei dem derzeitigen politischen Diskussionsstil viel nützt, ist fraglich. Der U-Ausschuss würde von allen Parteien als Bühne missbraucht, um die Schuld von sich zu weisen und sich zu profilieren. Darunter leidet die Politik dann generell. Dennoch muss analysiert werden, was da falsch gelaufen ist. Eine internationale und externe Expertengruppe wäre denkbar [], es braucht ein wirklich unabhängiges Gremium anstelle parteipoliti­scher Schlachten.“

Das sagt nicht irgendein SPÖler, sondern das sagt eine unabhängige Wissen­schaft­lerin, die, glaube ich, völlig fern von der SPÖ ist. Vielleicht sollten Sie sich ein­fach mit dieser inhaltlichen Kritik auseinandersetzen.

Ich kann das nur unterstützen. Wir haben gesehen, wer hier Kläger, Richter und Notengeber in einem ist. Dabei hat er aber vergessen, dass vielleicht nicht nur Rote eine Klassenbucheintragung verdient haben, sondern auch seine Klubvorsitzende wegen Zuspätkommens zur Debatte und andere Klubvorsitzende wegen Gar-nicht-Erscheinens zur Debatte. Aber daran sieht man die Objektivität des Kollegen Kogler.

Es gibt also zumindest fünf gute Gründe, diesen Antrag heute abzulehnen, und deswegen werden wir das als SPÖ auch tun. – Danke schön. (Beifall bei SPÖ und ÖVP.)

20.35



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Präsident Ing. Norbert Hofer: Zu Wort gelangt Frau Abgeordnete Tamandl. – Bitte.

 


20.35.56

Abgeordnete Gabriele Tamandl (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Werte Kolleginnen und Kollegen! Ich weiß nicht, wie oft wir hier jetzt noch über den Untersuchungsausschuss diskutieren sollen. (Zwischenrufe bei FPÖ und Grünen.) Frau Kollegin Glawischnig, wir können das noch tausend Mal tun. Vielleicht lassen Sie mich ausreden!

Wir haben vorher eine Dringliche Anfrage an den Herrn Finanzminister behandelt. Jeder Redner der Opposition ist herausgegangen und hat nur über den Unter­suchungs­ausschuss gesprochen. Jetzt haben wir wieder eine Kurzdebatte über einen Antrag auf Einsetzung eines Untersuchungsausschusses, und es haben sich in Wahrheit die Argumente, auch nicht jene von uns, nicht verändert.

Frau Kollegin Glawischnig, Sie können sich sicher noch an den letzten Untersuchungs­ausschuss erinnern, wo beispielsweise Frau Kollegin Hakl – Karin Hakl hat sie geheißen, vielleicht ist sie Ihnen noch bekannt – in einer derartigen Art und Weise kriminalisiert worden ist. (Zwischenrufe bei der FPÖ.) Und wenn Sie sich erinnern, vor ein paar Wochen wurde das Verfahren eingestellt. Sie hat ihre Karriere beendet. Und ich glaube, Sie sind nicht so unschuldig an dieser Sache, weil Sie in einem Unter­suchungsausschuss in Form von Kriminalisierung und Menschenhatz hier vorgehen, mit der wir ganz einfach nicht einverstanden sind. (Beifall bei der ÖVP. – Abg. Mag. Kogler: Unglaublich!)

Das Zweite ist: Frau Kollegin Moser, die ich in den letzten beiden Tagen leider nicht gesehen habe, hat wirklich immer einen guten Ruf gehabt, was parlamentarische Aufklärung und Arbeit betrifft. Aber was ist im letzten Untersuchungsausschuss passiert? Herr Kollege Pilz lehnt sich natürlich zurück und freut sich über beste Aufklärerarbeit. – Der gute Ruf von Frau Kollegin Moser wurde aufs Spiel gesetzt, nur damit Herr Pilz in showartiger Art und Weise mit der Taschenlampe in seine Hosentaschen leuchten konnte. Jetzt können wir es wieder in allen Zeitungen sehen. Das ist seriöse Aufklärung? – Also ich glaube nicht, dass das der Aufklärung wirklich gedient hat. (Beifall bei der ÖVP.)

Dritter Punkt – und das konnten wir in der letzten Zeit in den Zeitungen lesen –: Frau Kollegin Glawischnig wird plötzlich als Vorsitzende ins Spiel gebracht. (Abg. Mag. Kogler: Können Sie vielleicht zum Untersuchungsgegenstand auch einmal was sagen?! Das ist ja unglaublich!) Ich werde es schon noch tun, Herr Kollege Kogler! Frau Kollegin Glawischnig wird jetzt als Vorsitzende ins Spiel gebracht oder vielleicht der Herr Kollege Kogler. Und mit welcher Begründung? – Man will Seriosität in diese ganze Sache bringen. Heißt das, Sie waren vorher nicht seriös in der Sache der Untersuchungsausschüsse? Da haben Sie sich selbst entlarvt! (Beifall bei der ÖVP.)

Jetzt zur eigentlichen Sache. Warum wollen wir jetzt keinen Untersuchungsausschuss? (Abg. Mag. Kogler: Was haben Sie zu verbergen?) Es wurde von meinem Vorredner gesagt, es wurde heute schon in der vorigen Debatte gesagt: Wir wollen jetzt an einer Lösung arbeiten, Herr Kollege Kogler. (Abg. Mag. Kogler: Sie haben vier Jahre keine Lösung zustande gebracht! Seien Sie doch nicht naiv!) Herr Kollege Kogler, ich habe heute von keinem einzigen Oppositionsredner gehört, dass es gut ist, dass der Herr Finanzminister schon zwei Mal die Finanzsprecher aller Fraktionen zu sich geholt und ein Gespräch mit ihnen geführt hat. (Abg. Mag. Kogler: Das ist auch keine Lösung!) Nein, aber man muss an einer Lösung arbeiten. Und dabei ist ein Schulterschluss gefragt. (Abg. Mag. Kogler: Das ist unglaublich, 15 Jahre ÖVP-Finanzminister!) Und der Herr Finanzminister muss wahrscheinlich jetzt nicht nur die Krot fressen, sondern


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auch noch die Suppe, die die Freiheitlichen in Kärnten gemeinsam mit dem BZÖ, mit Landeshauptmann Haider und Dörfler und so weiter eingebrockt haben, auslöffeln.

Aber jetzt müssen wir bitte eine Lösung finden, Herr Kollege Kogler. Wir können nicht populistisch und kriminalisierend einen Untersuchungsausschuss führen. Und es wundert mich, dass gerade Sie, Herr Kogler, den ich immer als sachlichen Politiker sehr schätze, der sich in vielen Bereichen von anderen Oppositionsparteien immer abgehoben hat, jetzt nicht an einer Lösung, an einer raschen Lösung interessiert sind, dass Sie jetzt nicht sagen, versuchen wir es mit einer Gläubigerbeteiligung, auch mit einer Beteiligung Kärntens. (Abg. Mag. Kogler: Wer sagt denn das?) Denn ich meine, ganz abputzen wird man sich da nicht können. Ja, aber bitte dann kümmern wir uns doch einmal um die Lösung! Schauen wir, dass wir eine rasche Lösung zustande bringen, eine, die für den Steuerzahler äußerst schonend ist. Ich glaube, daran sind wir alle interessiert.

Überlegen wir uns, wie ein Weisenrat gestaltet sein könnte! Sie haben das heute so heruntergespielt: ein Weisenrat, den die Regierung einsetzt. Auch in Irland wurden seinerzeit bei der Bankenpleite externe Experten eingeschaltet. Ich kann Ihnen nur sagen: Wenn wir internationale Experten hereinholen, die einen anderen Blick auf diese ganze Sache haben, die weder populistisch noch kriminalisierend noch mit einem Tribunal in dieser ganzen Sache agieren, dann wird das vielleicht jetzt parallel – das kann man nämlich durchaus parallel machen – zu einer guten Lösung führen. (Abg. Mag. Kogler: Ich habe es Ihnen gerade erklärt!)

Ganz ehrlich: Wenn die Gerichte jetzt mit hundert Verfahren in der ganzen Causa Hypo zu tun haben, dann brauchen wir derzeit bei Gott keinen Untersuchungsausschuss. Herr Kollege Kogler, da kann ich auch Sie zitieren, Sie haben jetzt einmal in der „ZiB 2“ gesagt, ein Untersuchungsausschuss hat jetzt keinen Sinn. (Abg. Mag. Kogler: Das stimmt überhaupt nicht! Das ist ein Unsinn! Das ist eine Sauerei!) – Das haben Sie gesagt! – Ich frage mich dann aber nur, warum Sie sich heute dafür hergeben. (Beifall bei der ÖVP. – Rufe und Gegenrufe zwischen Abgeordneten von Grünen und ÖVP.)

20.41


Präsident Ing. Norbert Hofer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Podgorschek. – Bitte. (Abg. Mag. Kogler: Die ÖVP ist in ihrer Hilflosigkeit das Letzte! – Ruf: Kogler, Alkohol ist auch keine Lösung! – Weitere Rufe und Gegenrufe zwischen Abgeordneten von ÖVP und Grünen.)

 


20.41.13

Abgeordneter Elmar Podgorschek (FPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Was wir hier erleben, ist an und für sich 

*****

 


Präsident Ing. Norbert Hofer: Herr Abgeordneter, ich bitte kurz um Unterbrechung.

Der Zwischenruf „Alkohol ist auch keine Lösung!“ erfordert (in Richtung der ÖVP-Bankreihen) einen Ordnungsruf. (Beifall bei FPÖ und Grünen.)

*****

Bitte fortzusetzen, Herr Abgeordneter Podgorschek!

 


Abgeordneter Elmar Podgorschek (fortsetzend): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Was wir hier erleben, ist an und für sich gelebter Parlamentarismus, und es ist meiner Ansicht nach ein absoluter Höhepunkt, dass vier


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll14. Sitzung / Seite 234

so unterschiedliche Oppositionsparteien erkennen, dass wir Abgeordnete nicht nur das Recht, sondern geradezu die Pflicht haben, Missstände aufzuklären. (Beifall bei der FPÖ sowie bei Abgeordneten der Grünen.)

Wir haben aufzuklären, ob die Kontrolle versagt hat, ob es Fehlentscheidungen gegeben hat. Und am Ende eines Untersuchungsausschusses soll herauskommen, dass so etwas nie wieder passieren darf. Unbeschadet davon, wer dann Schuld hat, wessen Schuld aufkommt, ist das aufzuklären. Und da geht es nicht um Inquisition, es geht auch nicht um ein Tribunal, das wir angeblich veranstalten wollen, und es geht auch nicht um einen Missbrauch der Einrichtung Untersuchungsausschuss. Dieser Vorwurf, Kollege Krainer, geht meiner Meinung nach völlig ins Leere, denn der Umkehrschluss hieße doch: Wer keinen Untersuchungsausschuss will, der möchte, dass alles zugedeckt wird und dass über diese Sache geschwiegen werden soll.

Nein, wir wollen, dass in dieser Sache alles aufgeklärt wird, und zwar schon ab dem Jahre 2000; das ist überhaupt keine Frage. (Abg. Mag. Kogler: Richtig!) Ihre Vorwürfe in Richtung FPÖ gehen völlig ins Leere, denn wir Freiheitlichen wollen, dass diese Causa aufgeklärt wird.

Unter Umständen kann ja dann am Ende eines solchen Untersuchungsausschusses herauskommen, ob wir eine neue Bankenkonkursordnung brauchen und ob wir letzten Endes dann den Mut haben, Banken vom Markt zu nehmen und wegzukommen von dieser ewigen Stützerei, heißt es doch immer, die Banken sind systemrelevant.

Auch gegen die Einrichtung eines sogenannten Weisenrates in dieser Sache ist nichts einzuwenden, wenn ein solcher beispielsweise auch im Rahmen eines Untersuchungs­ausschusses Auskünfte erteilt. Ja, Frau Kollegin Tamandl, ich gebe Ihnen recht: Wir brauchen da eine rasche Lösung, aber eine rasche Lösung geht nur dann, wenn alles offen auf dem Tisch liegt – und nicht so wie bei diesem Untersuchungsausschuss im Kärntner Landtag, wo alle Akten, die von Bundesseite gekommen sind, geschwärzt waren. So hat ein Untersuchungsausschuss keinen Sinn! (Beifall bei der FPÖ.)

Da sind natürlich Fragen offen, wie zum Beispiel im Zusammenhang mit dem Zukunfts­fonds, über den das Land Kärnten ja heute noch verfügt. Wenn das Land Kärnten von den Bayern 500 Millionen € bekommen hat, dann muss ja im Grunde genommen alles rechtens gewesen sein, denn sonst hätten ja die Bayern diese Fondsmittel wieder eingeklagt.

Das alles sind Fragen, die natürlich zu stellen sind. (Abg. Dr. Walter Rosenkranz: Für die ÖVP muss man erklären, wo Bayern überhaupt liegt! – Gegenrufe bei der ÖVP.)

Diese Vorwürfe der ÖVP gehen absolut ins Leere. Ich kann Ihnen den Vorwurf nicht ersparen und muss Ihnen sagen: Auch die ÖVP war da dabei; heute wurde hier ja schon der Name Josef Martinz genannt. Ganz interessant ist auch, dass im Jahre 1992 der damalige Kärntner Landeshauptmann Dr. Christof Zernatto Herrn Dr. Wolfgang Kulterer zum Hypo-Vorstand bestimmt hat. Kulterer kam ja von der Raiffeisen-Seite. Sozusagen als Gegenstück im Vorstand wurde auch noch Dr. Jörg Schuster bestimmt, der als SPÖ-nahe galt.

Jörg Haider hat damals diese Postenbesetzung vehement kritisiert und auf einen rot-schwarzen Pakt hingewiesen. – Ist doch ganz interessant, was da 1992 passiert ist.

Im Jahre 1998 zum Beispiel – das soll nicht Gegenstand des Untersuchungs­aus-schusses sein, aber man muss diese Historie trotzdem einmal betrachten –, genau am 11. März 1998, hat es im Wiener ANA Grand Hotel ein interessantes Treffen des damaligen stellvertretenden kroatischen Außenministers Ivo Sanader und des öster­reichischen Außenministers Alois Mock mit den Hypo-Vorständen gegeben, wo sich


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die Hypo-Vorstände bei Sanader und Mock bedankt haben für deren Unterstützung bei der Entwicklung der Hypo Alpe-Adria.

Auch die ÖVP war also durchaus daran interessiert, dass dieser Expansionskurs der Hypo in Richtung Südosten weiter vorangetrieben wird. (Beifall bei der FPÖ.)

20.46


Präsident Ing. Norbert Hofer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Ing. Lugar. – Bitte.

 


20.46.54

Abgeordneter Ing. Robert Lugar (STRONACH): Herr Präsident! Hohes Haus! Ich weiß nicht, wie es Ihnen geht, aber ich habe wirklich den Eindruck, dass wir schon etwas weitergekommen sind.

Wir haben ja bis jetzt immer gehört, die Einsetzung eines Untersuchungsausschusses kommt auf keinen Fall infrage. Die Frau Tamandl ist schon etwas abgerückt von dieser Position und hat etwas gesagt, worauf wir aufbauen können: sie findet das nämlich grundsätzlich nicht schlecht, aber sie vermisst den guten Stil. (Abg. Tamandl: Das habe ich überhaupt nicht gesagt!) Das heißt, sie hat gesagt, wenn der Untersuchungs­ausschuss nicht dementsprechend stilvoll abgehandelt wird, dann könnte das so sein wie beim letzten Mal, und davor hat sie Angst. Das hat sie gesagt.

Ich gebe ihr da recht. Ich glaube, dass es gut wäre, wenn wir auch in die Verhand­lungen zu diesem Untersuchungsausschuss, der ja kommen wird, das wissen wir beide,  Wir wissen ja alle, dass dieser Ausschuss früher oder später kommen wird. Das wird so sein. Sie werden den Druck nicht aushalten. Wenn Sie schauen, was da draußen abgeht, und auch der Druck hier im Haus, das werden Sie auf Dauer nicht schaffen.

Das heißt, spätestens bis zum Sommer haben wir einen Untersuchungsausschuss, und dann ist die Frage, warum nicht gleich früher, und wir hören auf mit dieser Blockade des Parlaments, denn letztlich ist es eine Blockade, weil wir uns jetzt bei jeder Sitzung dieses Themas annehmen werden. Da stellt sich die Frage: Haben wir nicht auch andere Sorgen?

Deshalb, wenn es nur darum geht, Frau Tamandl, den guten Stil zu wahren, dann können wir uns darauf einigen. Ich bin überzeugt davon, dass auch die Grünen und alle anderen sich da committen werden im Sinne von: Ja, wir wollen hier kein Tribunal, wir wollen ehrliche und offene Aufklärung!

Wenn Sie es genau betrachten, müssen auch Sie das wollen. Herr Krainer wird immer wieder herausgeschickt, er kann einem fast leidtun, auch der Herr Spindelegger kann einem leidtun, denn die wissen ja anscheinend, wo die Probleme liegen und wer an der ganzen Sache schuld ist.

Warum klären wir das nicht auf? Wenn es schon unterschiedliche Meinungen gibt, wer denn die Schuld hat – die einen sagen, die FPÖ ist schuld, die anderen sagen, der Pröll ist schuld, die Dritten sagen, Raiffeisen ist schuld, die Vierten finden, dass die Bayern schuld sind –, dann frage ich: Ja warum klären wir das nicht auf? Das ist doch ein Befreiungsschlag. Es ist doch für alle ein Befreiungsschlag, wenn wir einen Untersuchungsausschuss machen, wenn wir uns committen, wie wir das abführen. Das bedeutet ganz konkrete Spielregeln, so wie in Deutschland.

Haben Sie schon einmal einen Untersuchungsausschuss in Deutschland erlebt? – Das hat Qualität. Da geht es um die Sache. Da geht es nicht um Untergriffe, die ich heute


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hier aus allen möglichen Richtungen gehört habe. Da geht es darum aufzuklären, wer politische Verantwortung hat.

Glauben Sie nicht auch, dass es genug politische Verantwortung in dieser Sache gibt, wenn sogar der Herr Nowotny sagt, dass bei der Notverstaatlichung einiges schief­gelaufen ist? Fast alle Experten sagen das. Alle Experten sagen, da ist etwas schiefgelaufen. Na wollen wir nicht herausfinden, wie es tatsächlich war: Ist es dem Herrn Pröll aus Zeitmangel, aus welchem Grund auch immer, aufgrund von Druck oder auch aus gesundheitlichen Gründen einfach passiert? (Ironische Heiterkeit des Abg. Mag. Kogler.) Wer weiß das? Oder gibt es im Hintergrund Raiffeisen, die Landes-Hypos oder auch die Bayern, die hier die Fäden gezogen haben? (Beifall beim Team Stronach.)

Vielleicht hat auch der Erwin Pröll da mitgeredet? Wir wissen es nicht! Aber sind wir es nicht den Menschen da draußen (Ruf bei den Grünen: Wo „da draußen“?) schuldig, genau hier Licht in die Sache zu bringen? Glauben Sie nicht, dass es den Menschen da draußen wichtig ist, zu erfahren, wer denn tatsächlich in diesem Land regiert?

Vielleicht ist es so, wie der Herr Leitl es behauptet hat: dass nicht der Herr Spindel­egger regiert, sondern seine Beamten! Und sollen es die Leute da draußen nicht auch wissen, wer tatsächlich regiert? Und wenn tatsächlich Erwin Pröll regiert, dann wollen wir das wissen. Oder wenn Raiffeisen hier mitgemischt hat oder die Bayern oder wer auch immer, ich weiß es nicht, dann wollen wir das erfahren. Aber dafür brauchen wir einen Untersuchungsausschuss! (Beifall beim Team Stronach sowie der Abgeordneten Dr. Pirklhuber und Dr. Strolz.)

Wenn Sie hier weiter zudecken, dann kann ich Ihnen eines versprechen: dass Sie bis zum Sommer sturmreif sein werden, denn Sie halten es ja selbst intern nicht aus. Es kommen ja täglich Meldungen aus Ihren eigenen Reihen, wo es heißt: Um Gottes willen, machen wir doch einen Untersuchungsausschuss!, weil es vernünftig ist. (Abg. Rädler: Namen!) Es ist vernünftig. Es ist für Sie vernünftig, es ist für die Opposition vernünftig, und vor allem ist es für die Menschen da draußen vernünftig, die ja verun­sichert sind, nachdem Sie ihnen gestern die Steuern erhöht haben.

Die Menschen da draußen sind ja verunsichert. Na was glauben Sie, wie es denen bis zum Sommer gehen wird, wenn sie jeden Tag hören müssen, da ist was im Dunkeln?

Also bitte, stimmen Sie hier zu! Ich weiß, es wird nicht heute gehen, so weit sind Sie noch nicht, aber nehmen Sie sich nicht zu viel Zeit, auch in Ihrem eigenen Interesse! Letztlich wird die Wahrheit ans Tageslicht kommen – je früher, desto besser, dann wird weniger Schaden für die Regierungsparteien entstehen.

Es gibt ja viele, viele Dinge, die wir in den nächsten Jahren noch angehen müssen, und deshalb ist es besser, dass wir das Thema Hypo ein für alle Mal transparent machen und abschließen – dann können wir zur Tagesordnung übergehen! – Vielen Dank. (Beifall bei Team Stronach, Grünen und NEOS. – Abg. Mag. Kogler: Jawohl! Bravo!)

20.52


Präsident Ing. Norbert Hofer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Dr.  Hable. – Bitte.

 


20.52.15

Abgeordneter Dr. Rainer Hable (NEOS): Sehr geehrter Herr Präsident! Hohes Haus! Geschätzte Bürgerinnen und Bürger auf der Galerie und vor den Bildschirmen! Als kleinste Fraktion in diesem Haus ist es unser Privileg, als Letzte zu Wort zu kommen.


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll14. Sitzung / Seite 237

Ich möchte diese Gelegenheit dazu nutzen, sozusagen eine Schlussrunde zu drehen und auch Resümee zu ziehen.

Wir brauchen diesen Untersuchungsausschuss, das ist zweifellos der Fall. Wir würden für die Notverstaatlichung allein einen Untersuchungsausschuss brauchen. Es gibt aber noch viele andere Dinge, die aufzuklären sind – und wir brauchen vor allem Transparenz. Wir brauchen Transparenz in dieser Sache. Wir sind es den Bürgerinnen und Bürgern in diesem Land schuldig, für Transparenz zu sorgen und diese Ungereimt­heiten und diese fragwürdigen Vorgänge aufzuklären und die ungeklärten Fragen zu beantworten.

Wir haben hier einen nicht alltäglichen Antrag vor uns liegen, nämlich einen Antrag auf Einsetzung eines Untersuchungsausschusses von vier Fraktionen. Alle vier Fraktionen der Opposition haben diesen Antrag gemeinsam ausgearbeitet und haben ihn gemein­sam im Plenum eingebracht. Das ist nichts Alltägliches. (Abg. Mag. Schieder: Aber auch nicht etwas Besonderes! Das macht die Regierung dauernd!) Ich bin noch nicht allzu lange im Parlament, aber ich habe mir sagen lassen, dass das in der Geschichte des Parlaments nicht allzu oft vorgekommen ist. Aber es ist ganz sicher überhaupt noch nicht vorgekommen in einer so wichtigen und zentralen Frage wie der Hypo Alpe-Adria.

Ich möchte mich daher auch ausdrücklich bei den Kollegen vom Team Stronach, bei den Grünen und bei der FPÖ bedanken, dass wir diese gemeinsame Aktion geschafft haben, diesen Antrag gemeinsam erarbeitet haben und ihn gemeinsam hier stellen. Vielen Dank dafür! (Beifall bei NEOS, FPÖ, Grünen und Team Stronach. – Bravoruf des Abg. Mag. Kogler.)

Natürlich möchte ich auch ein paar Worte an die Kollegen von der SPÖ und von der ÖVP richten. Da bröckelt es ja auch schon. Wir hören von einzelnen Abgeordneten und wir hören von einzelnen Landesorganisationen, dass sie zunehmend auf unseren Kurs umschwenken, dass Sie sagen: Ja, es ist notwendig, wir brauchen diesen Unter­suchungs­ausschuss! Und ich kann Ihnen versprechen: Auch wenn Sie heute hier diesen Untersuchungsausschuss wieder ablehnen, so wird Ihnen das nichts helfen. Sie werden dieses Thema dadurch nicht loswerden. Ganz im Gegenteil: Dieses Thema wird Sie immer und immer wieder einholen. Wir werden weitere Aktionen setzen, wir werden mit den anderen Fraktionen der Opposition gemeinsam weiterarbeiten, so lange, bis es diesen Untersuchungsausschuss gibt.

Ein Wort noch zum Weisenrat: Das war, soweit ich es richtig mitverfolgt habe, ursprünglich nicht eine Idee der Regierung, sondern eine Idee des Herrn Nowotny, des Gouverneurs der Notenbank. (Abg. Mag. Kogler: Ausgerechnet! Ja!) Schon mysteriös, dass der Gouverneur der Notenbank dem Parlament ausrichtet, dass es keinen Untersuchungsausschuss braucht, sondern einen Weisenrat. (Abg. Dipl.-Ing. Deimek: Der kennt sich nicht einmal mit den Währungsreserven aus!) Daher möchte ich dem Herrn Gouverneur Nowotny ausrichten, dass er sich besser um die Notenbank küm­mern soll, dass er sich lieber um seine Aufgabe der Hypo-Taskforce kümmern soll, als über die Medien dem Parlament auszurichten, welche Aufgaben es zu übernehmen hat. Das ist unsere Aufgabe! (Beifall bei NEOS, FPÖ, Grünen und Team Stronach.)

Der Gedanke eines Weisenrates ist leider von der Regierung aufgenommen worden. Die Ministerin Bures hat gesagt, das wäre notwendig, um die ganze Angelegenheit zu entpolitisieren. Aber ich sage Ihnen: Da geht es nicht ums Entpolitisieren, sondern da geht es ums Entparlamentarisieren. Das Parlament soll weiter in seinen Gestaltungs­möglichkeiten und in seiner Funktion eingeschränkt werden. Darum geht es!


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll14. Sitzung / Seite 238

Daher richte ich, liebe Kolleginnen und Kollegen von SPÖ und ÖVP, einen Appell an Sie – und ich sage dabei bewusst nicht „Abgeordnete der Regierungsparteien“. Denn ich sage Ihnen eines: Die Unwörter in diesem Haus, die für mich persönlich größten Unwörter in diesem Haus sind „Abgeordnete der Opposition“ und „Abgeordnete der Regierung“. (Abg. Mag. Kogler: Genau!) Nach unserer Bundesverfassungsurkunde sind wir Abgeordnete des Nationalrates. (Beifall bei NEOS, FPÖ, Grünen und Team Stronach. – Abg. Mag. Kogler: Jawohl! – Abg. Mag. Schieder: Ja und?! Da haben Sie lange gebraucht, bis Sie zu dieser Erkenntnis gelangt sind!)

Ich fordere Sie auf (Präsident Ing. Hofer gibt das Glockenzeichen) – damit bin ich schon am Ende meiner Rede, Herr Präsident – und lade Sie ein, liebe Kolleginnen und Kollegen von SPÖ und ÖVP: Tragen Sie diesen unseren Antrag mit! Unterstützen Sie heute diesen Untersuchungsausschuss! Sie werden ihn sowieso nicht vermeiden können. – Danke schön. (Beifall bei NEOS, FPÖ, Grünen und Team Stronach.)

20.57

20.57.10

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer (den Vorsitz übernehmend): Zu Wort ist niemand mehr gemeldet. Die Debatte ist geschlossen.

Wir kommen nun zur Abstimmung über den Antrag der Abgeordneten Podgorschek, Mag. Kogler, Ing. Lugar, Dr. Hable, Kolleginnen und Kollegen auf Einsetzung eines Untersuchungsausschusses.

Es ist namentliche Abstimmung verlangt worden.

Da dieses Verlangen von 20 Abgeordneten gestellt wurde, ist die namentliche Abstimmung durchzuführen. Ich gehe daher so vor.

Die Stimmzettel, die zu benützen sind, befinden sich in den Laden der Abgeord­netenpulte und tragen den Namen der Abgeordneten sowie die Bezeichnung „Ja“ – das sind die grauen Stimmzettel – beziehungsweise „Nein“ – das sind die rosa­far-benen. Für die Abstimmung können ausschließlich diese amtlichen Stimmzettel verwen­det werden.

Gemäß der Geschäftsordnung werden die Abgeordneten namentlich aufgerufen, den Stimmzettel in die bereitgestellte Urne zu werfen.

Ich ersuche jene Abgeordneten, die für die Einsetzung des Untersuchungs­aus­schusses stimmen, „Ja“-Stimmzettel, jene, die dagegen stimmen, „Nein“-Stimm­zettel in die Urne zu werfen. Bitte achten Sie sorgfältig darauf, nur einen Stimm­zettel einzuwerfen.

Ich bitte nun die Frau Schriftführerin Abgeordnete Lueger mit dem Namensaufruf zu beginnen; der Herr Abgeordnete Gahr wird sie später dabei ablösen.

*****

(Über Namensaufruf durch die Schriftführerin Lueger und den Schriftführer Gahr werfen die Abgeordneten ihren Stimmzettel in die Wahlurne.)

*****

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Die Stimmabgabe ist beendet.


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll14. Sitzung / Seite 239

Die damit beauftragten Bediensteten des Hauses werden nunmehr unter Aufsicht der Schriftführer die Stimmenauszählung vornehmen. Zu diesem Zweck unterbreche ich die Sitzung für einige Minuten.

*****

(Die zuständigen Bediensteten nehmen die Stimmenzählung vor. – Die Sitzung wird um 21.03 Uhr unterbrochen und um 21.07 Uhr wieder aufgenommen.)

*****

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Ich nehme die unterbrochene Sitzung wieder auf und gebe das Abstimmungsergebnis bekannt.

Abgegebene Stimmen: 168; davon „Ja“-Stimmen: 73, „Nein“-Stimmen: 95.

Der Antrag auf Einsetzung eines Untersuchungsausschusses ist somit abgelehnt.

Gemäß § 66 Abs. 8 der Geschäftsordnung werden die Namen der Abgeordneten unter Angabe ihres Abstimmungsverhaltens in das Stenographische Protokoll aufgenom­men.

Mit „Ja“ stimmten die Abgeordneten:

Alm, Aslan;

Belakowitsch-Jenewein, Bösch, Brosz, Brunner;

Darmann, Deimek, Doppler;

Ertlschweiger;

Franz, Fuchs;

Gartelgruber, Glawischnig-Piesczek;

Hable, Hackl Heinz-Peter, Hafenecker, Hagen, Haider, Hauser, Höbart, Hofer, Hübner;

Jannach, Jarmer;

Karlsböck, Kassegger, Kitzmüller, Köchl, Kogler, Korun, Kunasek;

Lausch, Lichtenecker, Lintl, Loacker, Lugar Robert;

Maurer, Meinl-Reisinger, Mlinar, Mückstein, Mühlberghuber;

Nachbaur Kathrin, Neubauer Werner;

Pilz, Pirklhuber, Pock, Podgorschek;

Rauch Walter, Riemer, Rosenkranz Walter, Rossmann;

Schellenbacher, Scherak, Schmid Gerhard, Schmid Julian, Schrangl, Schwentner, Steger, Steinbichler, Steinhauser, Strolz;

Vavrik, Vetter, Vilimsky;

Walser, Weigerstorfer, Willi, Windbüchler-Souschill, Winter, Wurm Peter;

Zanger, Zinggl.

Mit „Nein“ stimmten die Abgeordneten:

Amon, Antoni, Aubauer, Auer;

Bacher Walter, Bayr, Becher Ruth, Berlakovich, Buchmayr;


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll14. Sitzung / Seite 240

Cap;

Darabos, Diesner-Wais, Durchschlag;

Ecker, Ehmann, El Habbassi, Eßl;

Feichtinger Klaus Uwe, Fekter, Fichtinger Angela;

Gahr, Gerstl, Gessl-Ranftl, Greiner Karin, Grillitsch, Groiß, Grossmann, Gusenbauer-Jäger;

Hakel Elisabeth, Hammer Michael, Hanger Andreas, Haubner, Hechtl, Hell, Himmelbauer, Hofinger Manfred, Höfinger Johann, Huainigg;

Jank, Jarolim;

Karl, Keck, Kirchgatterer, Knes, Königsberger-Ludwig, Kopf, Krainer Kai Jan, Krist, Kucharowits, Kucher, Kuntzl, Kuzdas;

Lettenbichler, Lipitsch, Lueger Angela;

Mayer, Muchitsch, Muttonen;

Oberhauser, Obernosterer, Ofenauer, Ottenschläger;

Pendl, Pfurtscheller, Plessl, Prammer, Preiner, Prinz;

Rädler, Rasinger, Rauch Johannes, Rudas;

Schieder, Schittenhelm, Schmuckenschlager, Schönegger, Schultes, Sieber Norbert, Singer Johann, Spindelberger, Steinacker, Strasser;

Tamandl, Töchterle, Troch;

Unterrainer;

Vogl;

Weninger, Wimmer, Winzig, Wittmann, Wöginger, Wurm Gisela;

Yilmaz;

Zakostelsky.

*****

21.07.47Verlesung eines Teiles des Amtlichen Protokolls

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Es liegt mir das schriftliche Verlangen von 20 Abgeordneten vor, die vorgesehene Fassung des Amtlichen Protokolls dieser Sitzung des Nationalrates hinsichtlich des Tagesordnungspunktes 2 zu verlesen, damit dieser Teil mit Schluss der Sitzung als genehmigt gilt.

Ich verlese nunmehr den entsprechenden Teil des Amtlichen Protokolls.

„Amtliches Protokoll der 14. Sitzung des Nationalrates am 25. Februar 2014:

Tagesordnungspunkt 2: Bericht des Umweltausschusses über den Antrag 111/A der Abgeordneten Ing. Hermann Schultes, Hannes Weninger, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Umweltverträglichkeitsprüfungsgesetz 2000 BGBl. Nr. 697/1993 geändert wird (42 der Beilagen).

Die Abgeordneten Pock, Weigerstorfer, Mag. Brunner, Kolleginnen und Kollegen brin­gen den Rückverweisungsantrag Beilage II/1 ein.


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll14. Sitzung / Seite 241

Abstimmung:

Der Rückverweisungsantrag Beilage II/1 wird abgelehnt.

Der Gesetzentwurf wird gemäß dem Ausschussantrag in 42 der Beilagen in zweiter und dritter Lesung mehrstimmig angenommen.

Es liegt ein Verlangen gemäß § 51 Abs. 6 GOG von 20 Abgeordneten auf Verlesung des Amtlichen Protokolls hinsichtlich des Tagesordnungspunktes 2 (Beilage II/1) vor.“

*****

Erheben sich Einwendungen gegen die Fassung oder den Inhalt dieses Teiles des Amtlichen Protokolls? – Das ist nicht der Fall.

Der entsprechende Teil des Amtlichen Protokolls gilt daher gemäß § 51 Abs. 6 der Geschäftsordnung mit Schluss dieser Sitzung als genehmigt.

21.10.05Einlauf

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Ich gebe noch bekannt, dass in der heutigen Sitzung die Selbständigen Anträge 262/A(E) bis 284/A(E) eingebracht wurden.

Ferner sind die Anfragen 789/J bis 849/J eingelangt.

*****

Die nächste Sitzung des Nationalrates, die geschäftsordnungsmäßige Mitteilungen und Zuweisungen betreffen wird, berufe ich für 21.10 Uhr ein; das ist gleich im Anschluss an diese Sitzung.

Diese Sitzung ist geschlossen.

21.10.10Schluss der Sitzung: 21.10 Uhr

 

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1017 Wien