Plenarsitzung
des Nationalrates


Stenographisches Protokoll

 

27. Sitzung des Nationalrates der Republik Österreich

Dienstag, 28. April 2020

 

XXVII. Gesetzgebungsperiode

 

 

 

Großer Redoutensaal

 


Stenographisches Protokoll

27. Sitzung des Nationalrates der Republik Österreich

XXVII. Gesetzgebungsperiode                  Dienstag, 28. April 2020

Dauer der Sitzung

Dienstag, 28. April 2020: 9.05 – 22.32 Uhr

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Geänderte Tagesordnung

1. Punkt: Bericht über den Antrag 483/A der Abgeordneten August Wöginger, Mag. Markus Koza, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Allgemeine Sozialversicherungsgesetz, das Gewerbliche Sozialversicherungsge­setz, das Bauern-Sozialversicherungsgesetz, das Beamten-Kranken- und Unfallversi­cherungsgesetz, das Gehaltsgesetz 1956 und das Vertragsbedienstetengesetz 1948 geändert werden (9. COVID-19-Gesetz)

2. Punkt: Bericht über den Antrag 423/A(E) der Abgeordneten Dr. Dagmar Belako­witsch, Kolleginnen und Kollegen betreffend COVID-19 Risikoattest für gefährdete Ar­beitnehmer

3. Punkt: Bericht über den Antrag 482/A der Abgeordneten Mag. Ernst Gödl, Bedrana Ribo, MA, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bun­despflegegeldgesetz geändert wird (14. COVID-19-Gesetz)

4. Punkt: Bericht über den Antrag 481/A der Abgeordneten Mag. Andreas Hanger, Da­vid Stögmüller, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz zur Förderung von freiwilligem Engagement (Freiwilligengesetz – FreiwG), BGBl. I Nr. 17/2012, geändert wird (10. COVID-19-Gesetz)

5. Punkt: Bericht über den Antrag 431/A der Abgeordneten Josef Muchitsch, Kollegin­nen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Arbeitslosenversiche­rungsgesetz 1977 geändert wird

6. Punkt: Bericht über den Antrag 432/A der Abgeordneten Josef Muchitsch, Kollegin­nen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Arbeitslosenversiche­rungsgesetz 1977 geändert wird

7. Punkt: Bericht über den Antrag 489/A der Abgeordneten Norbert Sieber, Mag. Mar­kus Koza, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Ar­beitslosenversicherungsgesetz 1977, das Familienlastenausgleichsgesetz 1967 und das Arbeiterkammergesetz 1992 geändert werden (6. COVID-19-Gesetz)

8. Punkt: Bericht über den Antrag 466/A(E) der Abgeordneten Mag. Gerald Loacker, Kolleginnen und Kollegen betreffend ÖBB Kurzarbeit


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll27. Sitzung, 28. April 2020 / Seite 2

9. Punkt: Bericht über den Antrag 434/A(E) der Abgeordneten Gabriele Heinisch-Ho­sek, Kolleginnen und Kollegen betreffend Maßnahmenpaket zur Verhinderung einer sozialen Krise

10. Punkt: Bericht über den Antrag 424/A(E) der Abgeordneten Dr. Dagmar Belako­witsch, Kolleginnen und Kollegen betreffend tägliche Arbeitsmarktinformationen zu COVID-19-Auswirkungen

11. Punkt: Bericht über den Antrag 490/A der Abgeordneten Maria Großbauer, Mag. Eva Blimlinger, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bun­desgesetz über die Errichtung eines Härtefallfonds (Härtefallfondsgesetz) geändert wird (17. COVID-19-Gesetz)

12. Punkt: Bericht über den Antrag 485/A der Abgeordneten Gabriela Schwarz, Ralph Schallmeiner, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Sa­nitätergesetz geändert wird (13. COVID-19-Gesetz)

13. Punkt: Bericht über den Antrag 484/A der Abgeordneten Gabriela Schwarz, Ralph Schallmeiner, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Epidemiegesetz 1950 und das Apothekengesetz geändert werden (16. COVID-19-Ge­setz)

14. Punkt: Bericht über den Antrag 425/A(E) der Abgeordneten Mag. Gerhard Kaniak, Kolleginnen und Kollegen betreffend Obduktion, Dokumentation und Information zu COVID-19

15. Punkt: Bericht über den Antrag 422/A(E) der Abgeordneten Philip Kucher, Kolle­ginnen und Kollegen betreffend österreichweit einheitlicher Masterplan zum Hochfah­ren des Gesundheitssystems

16. Punkt: Bericht über den Antrag 472/A(E) der Abgeordneten Mag. Gerald Loacker, Kolleginnen und Kollegen betreffend ELGA-Erweiterung, sowie Forschungs- und EU-Schnittstelle

17. Punkt: Bericht über den Antrag 437/A der Abgeordneten Mag. Wolfgang Gerstl, Mag. Agnes Sirkka Prammer, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Integrationsgesetz 2017, das Verwaltungsrechtliche COVID-19-Begleitge­setz 2020, das Zustellgesetz 1982 und das Agrarmarkt Austria Gesetz 1992 (AMA-Gesetz 1992) geändert werden (12. COVID-19-Gesetz)

18. Punkt: Bericht über den Antrag 442/A der Abgeordneten Dr. Susanne Fürst, Kol­leginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz über die Errichtung der Marktordnungsstelle „Agrarmarkt Austria“ (AMA-Gesetz 1992) geän­dert wird

19. Punkt: Bericht über den Antrag 476/A(E) der Abgeordneten Herbert Kickl, Kolle­ginnen und Kollegen betreffend Meinungsfreiheit statt schleichender Zensur

20. Punkt: Bericht über den Antrag 440/A der Abgeordneten Gabriel Obernosterer, Mag. Dr. Jakob Schwarz, BA, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Einkommensteuergesetz 1988, das Umsatzsteuergesetz 1994, die Bun­desabgabenordnung, das Zahlungsbilanzstabilisierungsgesetz, das Bundesgesetz über die Errichtung eines COVID-19-Schulveranstaltungsausfall-Härtefonds (COVID-19-Schulstornofonds-Gesetz), das Bundesgesetz über die Einrichtung einer Abbaubetei­ligungsaktiengesellschaft des Bundes (ABBAG-Gesetz) und das Bundesgesetz, mit dem eine Ermächtigung zur Verfügung über Bundesvermögen erteilt wird, geändert werden sowie das Bundesgesetz über die Prüfung von Förderungen des Bundes auf­grund der COVID-19-Pandemie (COVID-19-Förderungsprüfungsgesetz – CFPG) erlas­sen wird (18. COVID-19-Gesetz)


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll27. Sitzung, 28. April 2020 / Seite 3

21. Punkt: Bericht über den Antrag 441/A der Abgeordneten Peter Haubner, Dr. Elisa­beth Götze, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Wirt­schaftstreuhandberufsgesetz 2017, das Bilanzbuchhaltungsgesetz 2014 und das Zivil­technikergesetz 2019 geändert werden (11. COVID-19-Gesetz)

22. Punkt: Bundesgesetz, mit dem das Zahlungsdienstegesetz 2018 geändert wird und das Pfandbriefstelle-Gesetz aufgehoben wird

23. Punkt: Bundesgesetz, mit dem das Versicherungsaufsichtsgesetz 2016 geändert wird

24. Punkt: Bericht über den Antrag 436/A der Abgeordneten Mag. Michaela Stein­acker, Mag. Agnes Sirkka Prammer, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundes­gesetz, mit dem das 1. Bundesgesetz betreffend Begleitmaßnahmen zu COVID-19 in der Justiz, das Gesellschaftsrechtliche COVID-19-Gesetz und das Zivilrechts-Media­tionsgesetz geändert werden (8. COVID-19-Gesetz)

25. Punkt: Bericht über den Antrag 438/A der Abgeordneten Johann Singer, Mag. Ag­nes Sirkka Prammer, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz über die sparsamere Nutzung von Energie durch verbrauchsab­hängige Abrechnung der Heiz- und Warmwasserkosten (Heizkostenabrechnungsge­setz – HeizKG 1992) geändert wird (15. COVID-19-Gesetz)

26. Punkt: Bericht über den Antrag 488/A(E) der Abgeordneten Maria Großbauer, Mag. Eva Blimlinger, Kolleginnen und Kollegen betreffend Sicherung der Kunst-, Kul­tur- und Sportveranstalter vor weiteren Auswirkungen der COVID-19-Pandemie

27. Punkt: Bericht und Antrag über den Entwurf eines Bundesgesetzes, mit dem ein Bundesgesetz zur Sicherung des Kunst-, Kultur- und Sportlebens vor weiteren Aus­wirkungen der COVID-19-Pandemie (Kunst-, Kultur- und Sportsicherungsgesetz – KuKuSpoSiG) beschlossen wird

28. Punkt: Zweite Lesung: Bericht über den Antrag 409/A der Abgeordneten Dr. Niko­laus Scherak, MA, Kai Jan Krainer, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundes­gesetz, mit dem das Bundesgesetz vom 4. Juli 1975 über die Geschäftsordnung des Nationalrates (Geschäftsordnungsgesetz 1975) geändert wird

29. Punkt: Bericht über den Antrag 411/A(E) der Abgeordneten Dr. Stephanie Krisper, Kolleginnen und Kollegen betreffend Keine Abschiebungen während der COVID-19-Krise

30. Punkt: Bericht über den Antrag 443/A der Abgeordneten Karl Mahrer, BA, Mag. Georg Bürstmayr, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das BFA-Verfahrensgesetz 2012 und das Asylgesetz 2005 geändert werden (7. COVID-19-Ge­setz)

31. Punkt: Erste Lesung: Antrag der Abgeordneten Gabriele Heinisch-Hosek, Kollegin­nen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Gleichbehandlungsgesetz und das Gesetz über die Gleichbehandlungskommission und die Gleichbehandlungs­anwaltschaft geändert werden (382/A)

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Inhalt

Personalien

Verhinderungen .............................................................................................................. 27

Ordnungsruf ................................................................................................................... 83


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll27. Sitzung, 28. April 2020 / Seite 4

Geschäftsbehandlung

Antrag der Abgeordneten Andreas Kollross, Kolleginnen und Kollegen, dem Budgetausschuss zur Berichterstattung über den Antrag 478/A(E) der Abgeord­neten Andreas Kollross, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Sicherung der Gemeindefinanzen in der Krise“ gemäß § 43 Abs. 1 GOG eine Frist bis 30. April 2020 zu setzen ............................................................................................................... 49

Verlangen gemäß § 43 Abs. 3 GOG auf Durchführung einer kurzen Debatte im Sinne des § 57a Abs. 1 GOG ............................................................................................................................... 49

Redner/Rednerinnen:

Andreas Kollross ....................................................................................................... 140

Ing. Manfred Hofinger ................................................................................................ 143

Klaus Köchl ................................................................................................................. 144

Erwin Angerer ............................................................................................................ 145

Mag. Nina Tomaselli .................................................................................................. 146

Dipl.-Ing. Karin Doppelbauer .................................................................................... 147

Ablehnung des Fristsetzungsantrages ........................................................................ 149

Antrag des Abgeordneten Mag. Jörg Leichtfried, dem Verfassungsausschuss zur Berichterstattung über den Antrag 60/A der Abgeordneten Mag. Jörg Leicht­fried, Kolleginnen und Kollegen betreffend „ein Bundesverfassungsgesetz, mit dem das Bundes-Verfassungsgesetz geändert wird (Abschaffung der Amtsver­schwiegenheit und Einführung der Informationsfreiheit)“, gemäß § 43 Abs. 1 GOG eine Frist bis 30. April 2020 zu setzen – Ablehnung ...................................................................  49, 287

Absehen von der 24-stündigen Frist für das Aufliegen der schriftlichen Aus­schussberichte 147, 148 und 149 d.B. gemäß § 44 (2) GOG ....................................................................................... 49

Redezeitbeschränkung nach Beratung in der Präsidialkonferenz gemäß § 57 Abs. 5 GOG                     50

Unterbrechung der Sitzung ........................................................................................ 116

Antrag der Abgeordneten Philip Kucher, Kolleginnen und Kollegen, den An­trag 484/A der Abgeordneten Gabriela Schwarz, Ralph Schallmeiner, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Epidemiegesetz 1950 und das Apothekengesetz geändert werden (16. COVID-19-Gesetz) (132 d.B.), gemäß § 73 Abs. 3 Z 2 an den Gesundheitsausschuss rückzuverweisen – Ab­lehnung  129, 131

Antrag der Abgeordneten Herbert Kickl, Kolleginnen und Kollegen auf Einset­zung eines Untersuchungsausschusses zur näheren Untersuchung der politi­schen Verantwortung in Zusammenhang mit angstschürender Desinformations­politik und Machtmissbrauch der schwarz-grünen Bundesregierung zu Covid-19 (COVID19-Untersuchungsausschuss) gemäß § 33 Abs. 1 GOG (2/US) – Zuwei­sung an den Geschäftsordnungsausschuss ...........................................................................  165, 287

Antrag der Abgeordneten Mag. Christian Drobits, Kolleginnen und Kollegen, den Antrag 437/A der Abgeordneten Mag. Wolfgang Gerstl, Mag. Agnes Sirkka Prammer, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Integrationsgesetz 2017, das Verwaltungsrechtliche COVID-19-Begleitgesetz 2020, das Zustellgesetz 1982 und das Agrarmarkt Austria Gesetz 1992 (AMA-Ge­setz 1992) geändert werden (12. COVID-19-Gesetz) (136 d.B.), gemäß § 53 Abs. 6 an den Verfassungsausschuss rückzuverweisen – Ablehnung ............................................................................  188, 189


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll27. Sitzung, 28. April 2020 / Seite 5

Verlesung der vorgesehenen Fassung eines Teiles des Amtlichen Protokolls die­ser Sitzung durch Präsident Mag. Wolfgang Sobotka ............................................................................................ 287

Genehmigung des verlesenen Teiles des Amtlichen Protokolls ............................... 289

Aktuelle Stunde (8.)

Thema: „Wirksame Coronahilfe: Absicherung für den Standort, die Unter­nehmen und die Arbeitsplätze“ ............................................................................................................... 27

RednerInnen:

Peter Haubner ............................................................................................................... 28

Bundesministerin Dr. Margarete Schramböck ........................................................ 30

Mag. Maria Smodics-Neumann .................................................................................. 33

Dr. Pamela Rendi-Wagner, MSc ................................................................................. 34

Erwin Angerer .............................................................................................................. 36

Sigrid Maurer, BA ........................................................................................................ 37

Mag. Beate Meinl-Reisinger, MES .............................................................................. 39

Alexander Melchior ...................................................................................................... 40

Rainer Wimmer ............................................................................................................ 42

Mag. Christian Ragger ................................................................................................. 43

Mag. Dr. Jakob Schwarz, BA ...................................................................................... 45

Josef Schellhorn .......................................................................................................... 46

Ausschüsse

Zuweisungen .................................................................................................  48, 287, 287

Verhandlungen

Gemeinsame Beratung über

1. Punkt: Bericht des Ausschusses für Arbeit und Soziales über den An­trag 483/A der Abgeordneten August Wöginger, Mag. Markus Koza, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Allgemeine Sozialversi­cherungsgesetz, das Gewerbliche Sozialversicherungsgesetz, das Bauern-So­zialversicherungsgesetz, das Beamten-Kranken- und Unfallversicherungsgesetz, das Gehaltsgesetz 1956 und das Vertragsbedienstetengesetz 1948 geändert werden (9. COVID-19-Gesetz) (120 d.B.)                50

2. Punkt: Bericht des Ausschusses für Arbeit und Soziales über den An­trag 423/A(E) der Abgeordneten Dr. Dagmar Belakowitsch, Kolleginnen und Kol­legen betreffend COVID-19 Risikoattest für gefährdete Arbeitnehmer (121 d.B.)                                                                                                                           50

RednerInnen:

Josef Muchitsch ........................................................................................................... 51

Gabriela Schwarz ......................................................................................................... 52

Dr. Dagmar Belakowitsch ........................................................................................... 52

Mag. Markus Koza ........................................................................................................ 54

Mag. Gerald Loacker .................................................................................................... 57

Bundesminister Rudolf Anschober ........................................................................... 58

Mag. Romana Deckenbacher ...................................................................................... 59

Alois Stöger, diplômé .................................................................................................. 60

Peter Wurm ................................................................................................................... 63

August Wöginger ......................................................................................................... 64

Alois Stöger, diplômé (tatsächliche Berichtigung) ...................................................... 65

Dr. Dagmar Belakowitsch (tatsächliche Berichtigung) ............................................... 66

Annahme des Gesetzentwurfes in 120 d.B. ................................................................ 116


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll27. Sitzung, 28. April 2020 / Seite 6

Kenntnisnahme des Ausschussberichtes 121 d.B. ..................................................... 116

Gemeinsame Beratung über

3. Punkt: Bericht des Ausschusses für Arbeit und Soziales über den An­trag 482/A der Abgeordneten Mag. Ernst Gödl, Bedrana Ribo, MA, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundespflegegeldgesetz geändert wird (14. COVID-19-Gesetz) (122 d.B.) ................. 66

4. Punkt: Bericht des Ausschusses für Arbeit und Soziales über den An­trag 481/A der Abgeordneten Mag. Andreas Hanger, David Stögmüller, Kolle­ginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz zur Förderung von freiwilligem Engagement (Freiwilligengesetz – FreiwG), BGBl. I Nr. 17/2012, geändert wird (10. COVID-19-Gesetz) (123 d.B.) .......................................................... 67

RednerInnen:

Mag. Verena Nussbaum .............................................................................................. 67

Bedrana Ribo, MA ........................................................................................................ 68

Mag. Christian Ragger ................................................................................................. 68

Mag. Gerald Loacker (tatsächliche Berichtigung) ....................................................... 69

Mag. Ernst Gödl ........................................................................................................... 70

Dietmar Keck ................................................................................................................ 72

Fiona Fiedler, BEd .................................................................................................. ..... 73

Dr. Dagmar Belakowitsch ........................................................................................... 74

David Stögmüller ......................................................................................................... 76

Dr. Dagmar Belakowitsch (tatsächliche Berichtigung) ............................................... 77

Mag. Andreas Hanger .................................................................................................. 77

Mag. Elisabeth Scheucher-Pichler ............................................................................. 79

Rebecca Kirchbaumer ................................................................................................. 80

Annahme der beiden Gesetzentwürfe in 122 und 123 d.B. ......................................... 116

Gemeinsame Beratung über

5. Punkt: Bericht des Ausschusses für Arbeit und Soziales über den An­trag 431/A der Abgeordneten Josef Muchitsch, Kolleginnen und Kollegen be­treffend ein Bundesgesetz, mit dem das Arbeitslosenversicherungsgesetz 1977 geändert wird (124 d.B.) ................................. 81

6. Punkt: Bericht des Ausschusses für Arbeit und Soziales über den An­trag 432/A der Abgeordneten Josef Muchitsch, Kolleginnen und Kollegen be­treffend ein Bundesgesetz, mit dem das Arbeitslosenversicherungsgesetz 1977 geändert wird (125 d.B.) ................................. 81

7. Punkt: Bericht des Ausschusses für Arbeit und Soziales über den An­trag 489/A der Abgeordneten Norbert Sieber, Mag. Markus Koza, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Arbeitslosenversiche­rungsgesetz 1977, das Familienlastenausgleichsgesetz 1967 und das Arbeiter­kammergesetz 1992 geändert werden (6. COVID-19-Gesetz) (126 d.B.) .................... 81

8. Punkt: Bericht des Ausschusses für Arbeit und Soziales über den An­trag 466/A(E) der Abgeordneten Mag. Gerald Loacker, Kolleginnen und Kollegen betreffend ÖBB Kurzarbeit (130 d.B.)                   81

RednerInnen:

Josef Muchitsch ........................................................................................................... 81

August Wöginger ......................................................................................................... 83

Alois Schroll (tatsächliche Berichtigung) ..................................................................... 86


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll27. Sitzung, 28. April 2020 / Seite 7

Michael Schnedlitz ....................................................................................................... 86

Mag. Markus Koza ........................................................................................................ 89

Josef Schellhorn .......................................................................................................... 90

Bundesministerin Mag. (FH) Christine Aschbacher ................................................ 91

Mag. Michael Hammer ................................................................................................. 93

Rainer Wimmer ............................................................................................................ 94

Barbara Neßler ............................................................................................................. 94

Norbert Sieber .............................................................................................................. 95

Hermann Weratschnig, MBA MSc ............................................................................. 98

Christoph Zarits ........................................................................................................... 99

Bettina Zopf ................................................................................................................ 100

Petra Wimmer ............................................................................................................. 101

Entschließungsantrag der Abgeordneten Herbert Kickl, Kolleginnen und Kol­legen betreffend „Österreich-Gutschein“ – Ablehnung ........................................................................................  88, 118

Kenntnisnahme der drei Ausschussberichte 124, 125 und 130 d.B. .......................... 116

Annahme des Gesetzentwurfes in 126 d.B. ................................................................ 116

Gemeinsame Beratung über

9. Punkt: Bericht des Ausschusses für Arbeit und Soziales über den An­trag 434/A(E) der Abgeordneten Gabriele Heinisch-Hosek, Kolleginnen und Kollegen betreffend Maßnahmenpaket zur Verhinderung einer sozialen Krise (127 d.B.) .............................................................................................. 101

10. Punkt: Bericht des Ausschusses für Arbeit und Soziales über den An­trag 424/A(E) der Abgeordneten Dr. Dagmar Belakowitsch, Kolleginnen und Kol­legen betreffend tägliche Arbeitsmarktinformationen zu COVID-19-Auswirkungen (128 d.B.) ......................................................................................... 102

11. Punkt: Bericht des Ausschusses für Arbeit und Soziales über den An­trag 490/A der Abgeordneten Maria Großbauer, Mag. Eva Blimlinger, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz über die Errichtung eines Härtefallfonds (Härtefallfondsgesetz) geändert wird (17. COVID-19-Gesetz) (129 d.B.) ........................................................................................................ 102

RednerInnen:

Gabriele Heinisch-Hosek ........................................................................................... 102

Maria Großbauer ........................................................................................................ 103

Peter Wurm ................................................................................................................. 104

Mag. Eva Blimlinger ................................................................................................... 105

Dr. Dagmar Belakowitsch ......................................................................................... 106

Staatssekretärin Mag. Ulrike Lunacek ..................................................................... 107

Yannick Shetty ............................................................................................................ 108

Tanja Graf .................................................................................................................... 112

Dr. Ewa Ernst-Dziedzic .............................................................................................. 114

Mag. Michael Hammer ............................................................................................... 115

Entschließungsantrag der Abgeordneten Yannick Shetty, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Dringende Schutzmaßnahmen für Kinder und Jugendliche während und nach der Corona-Krise“ – Ablehnung       110, 119

Kenntnisnahme der beiden Ausschussberichte 127 und 128 d.B. .............................. 116

Annahme des Gesetzentwurfes in 129 d.B. ................................................................ 116


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll27. Sitzung, 28. April 2020 / Seite 8

Gemeinsame Beratung über

12. Punkt: Bericht des Gesundheitsausschusses über den Antrag 485/A der Abgeordneten Gabriela Schwarz, Ralph Schallmeiner, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Sanitätergesetz geändert wird (13. COVID-19-Gesetz) (131 d.B.) ............................. 119

13. Punkt: Bericht des Gesundheitsausschusses über den Antrag 484/A der Ab­geordneten Gabriela Schwarz, Ralph Schallmeiner, Kolleginnen und Kollegen be­treffend ein Bundesgesetz, mit dem das Epidemiegesetz 1950 und das Apothe­kengesetz geändert werden (16. COVID-19-Gesetz) (132 d.B.) ............................................................................................................................. 120

14. Punkt: Bericht des Gesundheitsausschusses über den Antrag 425/A(E) der Abgeordneten Mag. Gerhard Kaniak, Kolleginnen und Kollegen betreffend Ob­duktion, Dokumentation und Information zu COVID-19 (134 d.B.) ...................................................................................................................... 120

RednerInnen:

Mag. Jörg Leichtfried ................................................................................................. 120

Ralph Schallmeiner .................................................................................................... 121

Mag. Gerhard Kaniak ................................................................................................. 124

Martina Diesner-Wais ................................................................................................ 126

Mag. Gerald Loacker .................................................................................................. 127

Dr. Josef Smolle ......................................................................................................... 128

Philip Kucher .............................................................................................................. 129

Sigrid Maurer, BA ...................................................................................................... 131

Mag. Jörg Leichtfried (tatsächliche Berichtigung) .................................................... 132

Peter Wurm ................................................................................................................. 132

Yannick Shetty ............................................................................................................ 134

Dr. Ewa Ernst-Dziedzic .............................................................................................. 138

Katharina Kucharowits .............................................................................................. 149

Dr. Christoph Matznetter ........................................................................................... 151

Entschließungsantrag der Abgeordneten Yannick Shetty, Kolleginnen und Kol­legen betreffend „Blutspende öffnen – Leben retten!“ – Ablehnung ...................................................................  135, 169

Entschließungsantrag der Abgeordneten Dr. Ewa Ernst-Dziedzic, Gabriela Schwarz, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Blutspenden ohne Diskriminie­rung“ – Annahme (30/E) ....  139, 169

Annahme der beiden Gesetzentwürfe in 131 und 132 d.B. ......................................... 169

Kenntnisnahme des Ausschussberichtes 134 d.B. ..................................................... 169

15. Punkt: Bericht des Gesundheitsausschusses über den Antrag 422/A(E) der Abgeordneten Philip Kucher, Kolleginnen und Kollegen betreffend österreichweit einheitlicher Masterplan zum Hochfahren des Gesundheitssystems (133 d.B.) .................................................................................. 152

RednerInnen:

Maximilian Köllner, MA ............................................................................................. 152

Dr. Josef Smolle ......................................................................................................... 155

Hermann Brückl, MA ................................................................................................. 156

Christoph Zarits ......................................................................................................... 159

Dietmar Keck .............................................................................................................. 163

Rudolf Silvan .............................................................................................................. 164

Entschließungsantrag der Abgeordneten Maximilian Köllner, MA, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Rettungsschirm für den Sport!“ – Ablehnung ....................................................  153, 170


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll27. Sitzung, 28. April 2020 / Seite 9

Entschließungsantrag der Abgeordneten Gabriela Schwarz, Ralph Schallmei­ner, Philip Kucher, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Rahmenplan für ein schrittweises Hochfahren des Gesundheitssystems“ – Annahme (31/E) ...........................................................  156, 170

Entschließungsantrag der Abgeordneten Petra Steger, Kolleginnen und Kol­legen betreffend „Gesund und fit durch sportliche Aktivität“ – Ablehnung ...............................................................  158, 171

Entschließungsantrag der Abgeordneten Christoph Zarits, Mag. Agnes Sirkka Prammer, Kolleginnen und Kollegen betreffend „schrittweise Öffnung des Sports unter Berücksichtigung der epidemiologischen Entwicklung des COVID19 Virus und Sicherstellung einer finanziellen Unterstützung unserer wertvollen Sportver­eine“ – Annahme (32/E) .........................................................................  161, 171

Kenntnisnahme des Ausschussberichtes 133 d.B. ..................................................... 169

16. Punkt: Bericht des Gesundheitsausschusses über den Antrag 472/A(E) der Abgeordneten Mag. Gerald Loacker, Kolleginnen und Kollegen betreffend ELGA-Erweiterung, sowie Forschungs- und EU-Schnittstelle (135 d.B.) ...................................................................................................................... 165

RednerInnen:

Ing. Markus Vogl ......................................................................................................... 165

Dr. Werner Saxinger, MSc ......................................................................................... 166

Mag. Gerald Loacker .................................................................................................. 168

Kenntnisnahme des Ausschussberichtes 135 d.B. ..................................................... 169

Gemeinsame Beratung über

17. Punkt: Bericht des Verfassungsausschusses über den Antrag 437/A der Ab­geordneten Mag. Wolfgang Gerstl, Mag. Agnes Sirkka Prammer, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Integrationsgesetz 2017, das Verwaltungsrechtliche COVID-19-Begleitgesetz 2020, das Zustellgesetz 1982 und das Agrarmarkt Austria Gesetz 1992 (AMA-Gesetz 1992) geändert werden (12. COVID-19-Gesetz) (136 d.B.) ...................................................................................................................... 171

18. Punkt: Bericht des Verfassungsausschusses über den Antrag 442/A der Ab­geordneten Dr. Susanne Fürst, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundes­gesetz, mit dem das Bundesgesetz über die Errichtung der Marktordnungsstelle „Agrarmarkt Austria“ (AMA-Gesetz 1992) geändert wird (137 d.B.)                       171

RednerInnen:

Mag. Selma Yildirim ................................................................................................... 171

Mag. Friedrich Ofenauer ........................................................................................... 172

Peter Schmiedlechner ............................................................................................... 174

Mag. Agnes Sirkka Prammer .................................................................................... 175

Mag. Felix Eypeltauer ................................................................................................ 179

Dipl.-Ing. Nikolaus Berlakovich ................................................................................ 180

Cornelia Ecker ............................................................................................................ 181

Dipl.-Ing. Olga Voglauer ............................................................................................ 182

Dr. Nikolaus Scherak, MA ......................................................................................... 183

Bundesministerin Mag. Karoline Edtstadler .......................................................... 185

Mag. Faika El-Nagashi ............................................................................................... 187

Mag. Christian Drobits .............................................................................................. 188

Dipl.-Ing. Karin Doppelbauer .................................................................................... 189

Mag. Beate Meinl-Reisinger, MES ............................................................................ 190

Annahme des Gesetzentwurfes in 136 d.B. ................................................................ 197

Kenntnisnahme des Ausschussberichtes 137 d.B. ..................................................... 197


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll27. Sitzung, 28. April 2020 / Seite 10

19. Punkt: Bericht des Verfassungsausschusses über den Antrag 476/A(E) der Abgeordneten Herbert Kickl, Kolleginnen und Kollegen betreffend Meinungsfrei­heit statt schleichender Zensur (138 d.B.)                     191

RednerInnen:

Dr. Susanne Fürst ...................................................................................................... 191

Eva-Maria Himmelbauer, BSc .................................................................................. 193

Christian Hafenecker, MA ......................................................................................... 194

Dr. Ewa Ernst-Dziedzic .............................................................................................. 196

Kenntnisnahme des Ausschussberichtes 138 d.B. ..................................................... 197

Gemeinsame Beratung über

20. Punkt: Bericht des Budgetausschusses über den Antrag 440/A der Abge­ordneten Gabriel Obernosterer, Mag. Dr. Jakob Schwarz, BA, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Einkommensteuerge­setz 1988, das Umsatzsteuergesetz 1994, die Bundesabgabenordnung, das Zah­lungsbilanzstabilisierungsgesetz, das Bundesgesetz über die Errichtung eines COVID-19-Schulveranstaltungsausfall-Härtefonds (COVID-19-Schulstornofonds-Gesetz), das Bundesgesetz über die Einrichtung einer Abbaubeteiligungsaktien­gesellschaft des Bundes (ABBAG-Gesetz) und das Bundesgesetz, mit dem eine Ermächtigung zur Verfügung über Bundesvermögen erteilt wird, geändert werden sowie das Bundesgesetz über die Prüfung von Förderungen des Bundes auf­grund der COVID-19-Pandemie (COVID-19-Förderungsprüfungsgesetz – CFPG) erlassen wird (18. COVID-19-Gesetz) (143 d.B.)                198

21. Punkt: Bericht des Budgetausschusses über den Antrag 441/A der Abgeord­neten Peter Haubner, Dr. Elisabeth Götze, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Wirtschaftstreuhandberufsgesetz 2017, das Bi­lanzbuchhaltungsgesetz 2014 und das Ziviltechnikergesetz 2019 geändert wer­den (11. COVID-19-Gesetz) (144 d.B.) ......... 198

RednerInnen:

Kai Jan Krainer ........................................................................................................... 199

Gabriel Obernosterer ................................................................................................. 200

MMag. DDr. Hubert Fuchs ........................................................................................ 201

Dr. Elisabeth Götze .................................................................................................... 206

Dipl.-Ing. Karin Doppelbauer .................................................................................... 207

Mag. Andreas Hanger ................................................................................................ 208

Ing. Markus Vogl ......................................................................................................... 209

Mag. Dr. Jakob Schwarz, BA .................................................................................... 211

Bundesminister Mag. Gernot Blümel, MBA ........................................................... 214

Josef Schellhorn ........................................................................................................ 216

Entschließungsantrag der Abgeordneten Herbert Kickl, Kolleginnen und Kolle­gen betreffend „Echte Hilfe für Österreich“ – Ablehnung .....................................................................................  203, 220

Annahme der beiden Gesetzentwürfe in 143 und 144 d.B. ......................................... 219

Gemeinsame Beratung über

22. Punkt: Bericht des Budgetausschusses über die Regierungsvorlage (37 d.B.): Bundesgesetz, mit dem das Zahlungsdienstegesetz 2018 geändert wird und das Pfandbriefstelle-Gesetz aufgehoben wird (145 d.B.) ............................................................................................................................. 217


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll27. Sitzung, 28. April 2020 / Seite 11

23. Punkt: Bericht des Budgetausschusses über die Regierungsvorlage (108 d.B.): Bundesgesetz, mit dem das Versicherungsaufsichtsgesetz 2016 geändert wird (146 d.B.) ............................. 217

RednerInnen:

Mag. Dr. Rudolf Taschner ......................................................................................... 217

Mag. Karin Greiner ..................................................................................................... 218

Annahme der beiden Gesetzentwürfe in 145 und 146 d.B. ......................................... 219

Gemeinsame Beratung über

24. Punkt: Bericht des Justizausschusses über den Antrag 436/A der Abgeord­neten Mag. Michaela Steinacker, Mag. Agnes Sirkka Prammer, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das 1. Bundesgesetz betreffend Begleitmaßnahmen zu COVID-19 in der Justiz, das Gesellschaftsrechtliche COVID-19-Gesetz und das Zivilrechts-Mediationsgesetz geändert werden (8. COVID-19-Gesetz) (139 d.B.)   ............................................................................................................................. 220

25. Punkt: Bericht des Justizausschusses über den Antrag 438/A der Abgeord­neten Johann Singer, Mag. Agnes Sirkka Prammer, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz über die sparsamere Nutzung von Energie durch verbrauchsabhängige Abrechnung der Heiz- und Warmwasserkosten (Heizkostenabrechnungsgesetz – HeizKG 1992) geändert wird (15. COVID-19-Gesetz) (140 d.B.) ........................................................................................................ 220

RednerInnen:

Mag. Selma Yildirim ................................................................................................... 221

Mag. Agnes Sirkka Prammer .................................................................................... 222

Christian Lausch ........................................................................................................ 223

Dr. Gudrun Kugler ..................................................................................................... 223

Petra Bayr, MA MLS .................................................................................................. 225

Dr. Johannes Margreiter ........................................................................................... 225

Bundesministerin Dr. Alma Zadić, LL.M. ................................................................ 229

Dr. Harald Troch ......................................................................................................... 231

Mag. Ulrike Fischer .................................................................................................... 232

Mag. Ruth Becher ...................................................................................................... 233

Carina Reiter ............................................................................................................... 234

Mag. Philipp Schrangl ............................................................................................... 235

Dr. Christian Stocker ................................................................................................. 236

Entschließungsantrag der Abgeordneten Dr. Johannes Margreiter, Petra Bayr, MA MLS, Mag. Harald Stefan, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Vi­deokonferenzen bei Hauptverhandlungen in Strafsachen nur mit Zustimmung der Angeklagten“ – Ablehnung .................................................  227, 255

Annahme der beiden Gesetzentwürfe in 139 und 140 d.B. ......................................... 254

Gemeinsame Beratung über

26. Punkt: Bericht des Justizausschusses über den Antrag 488/A(E) der Abge­ordneten Maria Großbauer, Mag. Eva Blimlinger, Kolleginnen und Kollegen be­treffend Sicherung der Kunst-, Kultur- und Sportveranstalter vor weiteren Auswir­kungen der COVID-19-Pandemie (141 d.B.) ................................ 237

27. Punkt: Bericht und Antrag des Justizausschusses über den Entwurf eines Bundesgesetzes, mit dem ein Bundesgesetz zur Sicherung des Kunst-, Kultur- und Sportlebens vor weiteren Auswirkungen der COVID-19-Pandemie (Kunst-, Kultur- und Sportsicherungsgesetz – KuKuSpoSiG) beschlossen wird (142 d.B.)   ............................................................................................................................. 237


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll27. Sitzung, 28. April 2020 / Seite 12

RednerInnen:

Mag. Thomas Drozda ................................................................................................. 237

Mag. Eva Blimlinger ................................................................................................... 239

Ing. Mag. Volker Reifenberger .................................................................................. 241

Martina Kaufmann, MMSc BA .................................................................................. 246

Josef Schellhorn ........................................................................................................ 247

Staatssekretärin Mag. Ulrike Lunacek ..................................................................... 248

Christian Lausch ........................................................................................................ 251

Maria Großbauer ........................................................................................................ 253

Entschließungsantrag der Abgeordneten Ing. Mag. Volker Reifenberger, Kol­leginnen und Kollegen betreffend „dringliche Herstellung von Planbarkeit, Sicher­heit und realitätsnahe Vorgaben für den heimischen Kunst- und Kulturbereich“ – Ablehnung ..............................................................  242, 256

Entschließungsantrag der Abgeordneten Christian Lausch, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Insolvenzsicherung für auf Grundlage des Kunst-, Kultur- und Sportsicherungsgesetzes ausgegebene Gutscheine“ – Ablehnung ....................................................................................  252, 256

Annahme der dem schriftlichen Ausschussbericht 141 d.B. beigedruckten Ent­schließung betreffend „Sicherung der Kunst-, Kultur- und Sportveranstalter vor weiteren Auswirkungen der COVID-19-Pandemie“ (33/E) ............................................................................................................................ 254

Annahme des Gesetzentwurfes in 142 d.B. ................................................................ 254

28. Punkt: Zweite Lesung: Bericht des Geschäftsordnungsausschusses über den Antrag 409/A der Abgeordneten Dr. Nikolaus Scherak, MA, Kai Jan Krainer, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundes­gesetz vom 4. Juli 1975 über die Geschäftsordnung des Nationalrates (Ge­schäftsordnungsgesetz 1975) geändert wird (147 d.B.) ....................................... 256

RednerInnen:

Mag. Wolfgang Gerstl ................................................................................................ 256

Kai Jan Krainer ........................................................................................................... 257

David Stögmüller ....................................................................................................... 259

Dr. Stephanie Krisper ................................................................................................ 260

Rudolf Silvan .............................................................................................................. 261

Christian Hafenecker, MA ......................................................................................... 262

Annahme des Gesetzentwurfes in 147 d.B. in zweiter Lesung ................................... 263

Gemeinsame Beratung über

29. Punkt: Bericht des Ausschusses für innere Angelegenheiten über den An­trag 411/A(E) der Abgeordneten Dr. Stephanie Krisper, Kolleginnen und Kollegen betreffend Keine Abschiebungen während der COVID-19-Krise (148 d.B.) ............................................................................................................ 263

30. Punkt: Bericht des Ausschusses für innere Angelegenheiten über den An­trag 443/A der Abgeordneten Karl Mahrer, BA, Mag. Georg Bürstmayr, Kollegin­nen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das BFA-Verfahrens­gesetz 2012 und das Asylgesetz 2005 geändert werden (7. COVID-19-Gesetz) (149 d.B.)      ............................................................................................................................. 263

RednerInnen:

Ing. Reinhold Einwallner ........................................................................................... 264

Karl Mahrer, BA .......................................................................................................... 265

Dr. Stephanie Krisper ................................................................................................ 266

Bundesminister Karl Nehammer, MSc ................................................................... 270

Mag. Hannes Amesbauer, BA .................................................................................. 273


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll27. Sitzung, 28. April 2020 / Seite 13

Sabine Schatz ............................................................................................................. 275

Mag. Faika El-Nagashi ............................................................................................... 276

Andreas Minnich ........................................................................................................ 277

Christian Ries ............................................................................................................. 277

Ing. Manfred Hofinger ................................................................................................ 278

Dr. Ewa Ernst-Dziedzic .............................................................................................. 280

Entschließungsantrag der Abgeordneten Dr. Stephanie Krisper, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Kündigung der Arbeitsvereinbarung über ein Abschie­belager in Serbien“ – Ablehnung  268, 282

Entschließungsantrag der Abgeordneten Dr. Stephanie Krisper, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Beteiligung am EU-Kommissions-Programm zur Auf­nahme von Flüchtlingskindern aus Lagern auf den griechischen Inseln“ – Ableh­nung .......................................................................  269, 282

Kenntnisnahme des Ausschussberichtes 148 d.B. hinsichtlich des Antra­ges 411/A(E)                  281

Annahme der dem schriftlichen Ausschussbericht 148 d.B. beigedruckten Ent­schließung betreffend „Einhaltung des Asyl- und Fremdenrechts“ (34/E) ...................................................... 281

Annahme des Gesetzentwurfes in 149 d.B. ................................................................ 281

31. Punkt: Erste Lesung: Antrag der Abgeordneten Gabriele Heinisch-Hosek, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Gleichbe­handlungsgesetz und das Gesetz über die Gleichbehandlungskommission und die Gleichbehandlungsanwaltschaft geändert werden (382/A)         ............................................................................................................................. 282

RednerInnen:

Mag. Romana Deckenbacher .................................................................................... 282

Sabine Schatz ............................................................................................................. 283

Rosa Ecker, MBA ....................................................................................................... 285

Dr. Ewa Ernst-Dziedzic .............................................................................................. 285

Yannick Shetty ............................................................................................................ 286

Zuweisung des Antrages 382/A an den Ausschuss für Arbeit und Soziales................ 287

Eingebracht wurden

Petitionen ...................................................................................................................... 49

Petition betreffend „Die Corona-Krise darf nicht auf Kosten von Frauen gehen“ (Ordnungsnummer 15) (überreicht von den Abgeordneten Gabriele Heinisch-Hosek, Petra Bayr, MA MLS, Mag. Ruth Becher, Cornelia Ecker, Mag. Karin Greiner, Mag. Dr. Sonja Hammerschmid, Julia Elisabeth Herr, Eva Maria Holzleitner, BSc, Katharina Kucharowits, Mag. Andrea Kuntzl, Mag. Verena Nussbaum, Mag. Dr. Petra Oberrauner, Dr. Pamela Rendi-Wagner, MSc, Sabine Schatz, Petra Vorderwinkler, Petra Wimmer und Mag. Selma Yildirim)

Petition betreffend „Globaler Zugang für durch öffentliche Forschungsgelder finan­zierte Medikamente, Impfungen und Diagnostik zur Bekämpfung von COVID-19“ (Ordnungsnummer 16) (überreicht von der Abgeordneten Petra Bayr, MA MLS)

Berichte ......................................................................................................................... 48

Zu III-123: EU-Jahresvorschau 2020 (korrigierte Fassung)


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll27. Sitzung, 28. April 2020 / Seite 14

III-126: Bericht betreffend Ökostromförderung am Beispiel Windkraft und Photo­voltaik – Reihe BUND 2020/15; Rechnungshof

III-128: Bericht betreffend Arbeitsbericht der Nationalen Koordinierungsstelle für den Nationalen Qualifikationsrahmen (NKS) für das Jahr 2019; BM f. Bildung, Wissenschaft und Forschung

Anträge der Abgeordneten

Philip Kucher, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Allgemeine Sozialversicherungsgesetz und das Beamten-Kranken- und Unfallversiche­rungsgesetz geändert werden (491/A)

Philip Kucher, Kolleginnen und Kollegen betreffend Wahrnehmung der Aufgaben nach dem Epidemiegesetz durch den Gesundheitsminister (492/A)(E)

Klaus Köchl, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Koste es, was es wolle“ muss auch für die Lehrlinge gelten: Einrichtung eines Corona-Not-Ausbildungsfonds (493/A)(E)

Klaus Köchl, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Koste es, was es wolle“ muss auch für die Lehrlinge gelten: Einrichtung eines Corona-Not-Ausbildungsfonds (494/A)(E)

Alois Schroll, Kolleginnen und Kollegen betreffend Stromkostenbremse für einkom­mensschwache Haushalte (495/A)(E)

Josef Muchitsch, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Arbeitslosenversicherungsgesetz 1977 geändert wird (496/A)

Josef Muchitsch, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Allgemeine Sozialversicherungsgesetz und das Beamten-Kranken- und Unfallver­sicherungsgesetz geändert werden (497/A)

Herbert Kickl, Kolleginnen und Kollegen betreffend Ministeranklage gemäß Art. 142 Abs. 2 lit. b wider den Bundesminister für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumen­tenschutz Rudolf Anschober (498/A)

Ing. Mag. Volker Reifenberger, Kolleginnen und Kollegen betreffend dringliche Her­stellung von Planbarkeit, Sicherheit und realitätsnahe Vorgaben für den heimischen Kunst- und Kulturbereich (499/A)(E)

Peter Schmiedlechner, Kolleginnen und Kollegen betreffend Bekämpfung der Mäu­seplage (500/A)(E)

Gabriele Heinisch-Hosek, Kolleginnen und Kollegen betreffend Maßnahmenpaket zur Verhinderung einer sozialen Krise (501/A)(E)

Dr. Dagmar Belakowitsch, Kolleginnen und Kollegen betreffend tägliche Arbeits­marktinformationen zu COVID-19-Auswirkungen (502/A)(E)

Mag. Gerald Loacker, Kolleginnen und Kollegen betreffend Maßnahme zur effizienten und treffsicheren Kurzarbeit (503/A)(E)

Mag. Martina Künsberg Sarre, Kolleginnen und Kollegen betreffend Verbot des ge­werblichen Ghostwriting im akademischen Bereich (504/A)(E)

Mag. Martina Künsberg Sarre, Kolleginnen und Kollegen betreffend Verpflichtende Lehrveranstaltung „Gute wissenschaftliche Praxis“ (505/A)(E)


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll27. Sitzung, 28. April 2020 / Seite 15

Douglas Hoyos-Trauttmansdorff, Kolleginnen und Kollegen betreffend Sicheres Tool für Videokonferenzen in den Ministerien (506/A)(E)

Yannick Shetty, Kolleginnen und Kollegen betreffend Evidenzbasierte Lockerungen im Sportbereich (507/A)(E)

Mag. Felix Eypeltauer, Kolleginnen und Kollegen betreffend COVID19 als Anlass zur Digitalisierungsoffensive im Bauwesen (508/A)(E)

Henrike Brandstötter, Kolleginnen und Kollegen betreffend Verlängerung der Abruf­barkeit von Online-Inhalten in der ORF-TVthek (509/A)(E)

Mag. Gerald Loacker, Kolleginnen und Kollegen betreffend Pharmastandortkonzept für eine bessere Arzneimittelversorgungssicherheit (510/A)(E)

Mag. Gerald Loacker, Kolleginnen und Kollegen betreffend Grippeschutz: rechtzeitige Beschaffung von Impfstoffen gegen Influenza (511/A)(E)

Mag. Gerald Loacker, Kolleginnen und Kollegen betreffend Elektronischer Impfpass: Ergänzung um Corona-Immunität (512/A)(E)

Walter Rauch, Kolleginnen und Kollegen betreffend Klimaschutz mit Hausverstand (513/A)(E)

Walter Rauch, Kolleginnen und Kollegen betreffend Maßnahmen gegen das Bienen- und Insektensterben (514/A)(E)

Rosa Ecker, MBA, Kolleginnen und Kollegen betreffend Familienbonus Plus – Verbes­serungen und mehr Rechtssicherheit für Pflegeeltern und getrennt lebende Eltern (515/A)(E)

Dr. Dagmar Belakowitsch, Kolleginnen und Kollegen betreffend Auflösung der Ar­beiterkammerrücklagen für COVID-19-Unterstützungsfonds (516/A)(E)

Peter Wurm, Kolleginnen und Kollegen betreffend konsumentenpolitischer COVID-19-Maßnahmenplan (517/A)(E)

Mag. Gerald Loacker, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Epidemiegesetz 1950 geändert wird (518/A)

Katharina Kucharowits, Kolleginnen und Kollegen betreffend gesetzlich verankerter Freiwilligkeit und Diskriminierungsschutz bei Contact-Tracing-Apps (519/A)(E)

Mag. Gerhard Kaniak, Kolleginnen und Kollegen betreffend COVID-19-Blutplasma­spendeninitiative für Wissenschaft & Forschung und Akuttherapie (520/A)(E)

Dr. Astrid Rössler, Johannes Schmuckenschlager, Kolleginnen und Kollegen be­treffend Finanzierung eines Biodiversitätsfonds zur Umsetzung der Biodiversitätsstra­tegie (521/A)(E)

Dipl.-Ing. Karin Doppelbauer, Kolleginnen und Kollegen betreffend 3+1 Maßnahmen zur effizienten, treffsicheren und fairen Unterstützung von Unternehmen (522/A)(E)

Petra Bayr, MA MLS, Kolleginnen und Kollegen betreffend Corona Notfallfonds für Länder des globalen Südens (523/A)(E)

Petra Bayr, MA MLS, Kolleginnen und Kollegen betreffend Entschuldung für Länder des globalen Südens (524/A)(E)

Mag. Karin Greiner, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz über das Herstellen und Inverkehrbringen von Tabakerzeugnissen


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll27. Sitzung, 28. April 2020 / Seite 16

und verwandten Erzeugnissen sowie die Werbung für Tabakerzeugnisse und ver­wandte Erzeugnisse und den Nichtraucherinnen- bzw. Nichtraucherschutz (Tabak- und Nichtraucherinnen- bzw. Nichtraucherschutzgesetz – TNRSG) geändert wird (525/A)

Julia Elisabeth Herr, Kolleginnen und Kollegen betreffend rasche Überarbeitung des Klimaschutzgesetzes (526/A)(E)

Maria Großbauer, Mag. Eva Blimlinger, Kolleginnen und Kollegen betreffend Wieder­aufnahme der Musikproben im Musikland Österreich, insbesondere der Planungssi­cherheit im Bereich der Blasmusik (527/A)(E)

Anfragen der Abgeordneten

Mag. Martina Künsberg Sarre, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Bildung, Wissenschaft und Forschung betreffend Fortbildung digital-didaktische Kennt­nisse Hochschulen (1681/J)

Mag. Martina Künsberg Sarre, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Bildung, Wissenschaft und Forschung betreffend Wissenschaftliche Begleitung von Re­mote- und Home-Schooling (Umsetzung des Entschließungsantrages 71/UEA) (1682/J)

Douglas Hoyos-Trauttmansdorff, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz betreffend Cyberangriffe auf Gesundheitseinrichtungen (1683/J)

Josef Schellhorn, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Digitalisie­rung und Wirtschaftsstandort betreffend Umgang mit Buchhaltungsdaten in der Wirt­schaftskammer im Rahmen der COVID-19-Hilfe (1684/J)

Alois Stöger, diplômé, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Klima­schutz, Umwelt, Energie, Mobilität, Innovation und Technologie betreffend Odyssee eines Privatflugzeuges (1685/J)

Alois Stöger, diplômé, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Inneres betreffend Odyssee eines Privatflugzeuges (1686/J)

Yannick Shetty, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Arbeit, Familie und Jugend betreffend Kurzarbeit beim Roten Kreuz bei gleichzeitigem Einsatz von Zi­vildienern (1687/J)

Yannick Shetty, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Landwirtschaft, Regionen und Tourismus betreffend Kurzarbeit beim Roten Kreuz bei gleichzeitigem Einsatz von Zivildienern (1688/J)

Dr. Stephanie Krisper, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Justiz betreffend Folgeanfrage zur Vergabe von Mascherlposten im Justizressort (1689/J)

Michael Schnedlitz, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz betreffend Förderung von Jugendpro­jekten im Bundesministerium für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz (1690/J)

Michael Schnedlitz, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Landesver­teidigung betreffend Förderung von Jugendprojekten im Bundesministerium für Lan­desverteidigung (1691/J)

Michael Schnedlitz, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Klima­schutz, Umwelt, Energie, Mobilität, Innovation und Technologie betreffend Förderung


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll27. Sitzung, 28. April 2020 / Seite 17

von Jugendprojekten im Bundesministerium für Klimaschutz, Umwelt, Energie, Mobi­lität, Innovation und Technologie (1692/J)

Michael Schnedlitz, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Landwirt­schaft, Regionen und Tourismus betreffend Förderung von Jugendprojekten im Bun­desministerium für Landwirtschaft, Regionen und Tourismus (1693/J)

Michael Schnedlitz, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Inneres be­treffend Förderung von Jugendprojekten im Bundesministerium für Inneres (1694/J)

Michael Schnedlitz, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Kunst, Kultur, öffentlichen Dienst und Sport betreffend Förderung von Jugendprojekten im Bundesministerium für Kunst, Kultur, öffentlichen Dienst und Sport (1695/J)

Michael Schnedlitz, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Finanzen betreffend Förderung von Jugendprojekten im Bundesministerium für Finanzen (1696/J)

Michael Schnedlitz, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Justiz be­treffend Förderung von Jugendprojekten im Bundesministerium für Justiz (1697/J)

Michael Schnedlitz, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Digitali­sierung und Wirtschaftsstandort betreffend Förderung von Jugendprojekten im Bundes­ministerium für Digitalisierung und Wirtschaftsstandort (1698/J)

Michael Schnedlitz, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für europäische und internationale Angelegenheiten betreffend Förderung von Jugendprojekten im Bundesministerium für europäische und internationale Angelegenheiten (1699/J)

Michael Schnedlitz, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Arbeit, Familie und Jugend betreffend Förderung von Jugendprojekten im Bundesministerium für Arbeit, Familie und Jugend (1700/J)

Michael Schnedlitz, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Bildung, Wissenschaft und Forschung betreffend Förderung von Jugendprojekten im Bundesmi­nisterium für Bildung, Wissenschaft und Forschung (1701/J)

Michael Schnedlitz, Kolleginnen und Kollegen an den Bundeskanzler betreffend För­derung von Jugendprojekten im Bundeskanzleramt (1702/J)

Rosa Ecker, MBA, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Arbeit, Fa­milie und Jugend betreffend Beschäftigungsverhältnisse in den Ministerien (1703/J)

Rosa Ecker, MBA, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Kunst, Kultur, öffentlichen Dienst und Sport betreffend Beschäftigungsverhältnisse in den Ministerien (1704/J)

Rosa Ecker, MBA, Kolleginnen und Kollegen an den Bundeskanzler betreffend Be­schäftigungsverhältnisse in den Ministerien (1705/J)

Rosa Ecker, MBA, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Bildung, Wis­senschaft und Forschung betreffend Beschäftigungsverhältnisse in den Ministerien (1706/J)

Rosa Ecker, MBA, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für europäische und internationale Angelegenheiten betreffend Beschäftigungsverhältnisse in den Mi­nisterien (1707/J)

Rosa Ecker, MBA, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Inneres be­treffend Beschäftigungsverhältnisse in den Ministerien (1708/J)


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll27. Sitzung, 28. April 2020 / Seite 18

Rosa Ecker, MBA, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Finanzen be­treffend Beschäftigungsverhältnisse in den Ministerien (1709/J)

Rosa Ecker, MBA, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Klimaschutz, Umwelt, Energie, Mobilität, Innovation und Technologie betreffend Beschäftigungsver­hältnisse in den Ministerien (1710/J)

Rosa Ecker, MBA, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Justiz be­treffend Beschäftigungsverhältnisse in den Ministerien (1711/J)

Rosa Ecker, MBA, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Landwirt­schaft, Regionen und Tourismus betreffend Beschäftigungsverhältnisse in den Ministe­rien (1712/J)

Rosa Ecker, MBA, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Landesver­teidigung betreffend Beschäftigungsverhältnisse in den Ministerien (1713/J)

Rosa Ecker, MBA, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Soziales, Ge­sundheit, Pflege und Konsumentenschutz betreffend Beschäftigungsverhältnisse in den Ministerien (1714/J)

Rosa Ecker, MBA, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Digitalisie­rung und Wirtschaftsstandort betreffend Beschäftigungsverhältnisse in den Ministerien (1715/J)

Mag. Hannes Amesbauer, BA, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Finanzen betreffend Finanzpolizei-Kontrollen in Niederösterreich (1716/J)

Mag. Hannes Amesbauer, BA, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Finanzen betreffend Finanzpolizei-Kontrollen in Vorarlberg (1717/J)

Mag. Hannes Amesbauer, BA, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Finanzen betreffend Finanzpolizei-Kontrollen im Burgenland (1718/J)

Mag. Hannes Amesbauer, BA, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Finanzen betreffend Finanzpolizei-Kontrollen in Wien (1719/J)

Mag. Hannes Amesbauer, BA, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Finanzen betreffend Finanzpolizei-Kontrollen in Tirol (1720/J)

Mag. Hannes Amesbauer, BA, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Finanzen betreffend Finanzpolizei-Kontrollen in Oberösterreich (1721/J)

Mag. Hannes Amesbauer, BA, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Finanzen betreffend Finanzpolizei-Kontrollen in Kärnten (1722/J)

Mag. Hannes Amesbauer, BA, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Finanzen betreffend Finanzpolizei-Kontrollen in der Steiermark (1723/J)

Mag. Hannes Amesbauer, BA, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Finanzen betreffend Finanzpolizei-Kontrollen in Salzburg (1724/J)

Rosa Ecker, MBA, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Frauen und Integration betreffend Equal-Pay-Siegel für Unternehmen (1725/J)

Rosa Ecker, MBA, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Arbeit, Fa­milie und Jugend betreffend Equal-Pay-Siegel für Unternehmen (1726/J)


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll27. Sitzung, 28. April 2020 / Seite 19

Rosa Ecker, MBA, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Finanzen be­treffend Familienbonus Plus bei Unterhaltsansprüchen – Folgeanfrage (1727/J)

Mag. Hannes Amesbauer, BA, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Inneres betreffend Umgang mit Charterflügen von Lesbos nach Österreich (1728/J)

Mag. Hannes Amesbauer, BA, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Inneres betreffend Umgang mit Corona-Ausnahmesituation im Asylwesen (1729/J)

Mag. Harald Stefan, Kolleginnen und Kollegen an den Bundeskanzler betreffend Ver­sagen der verfassungsrechtlichen Prüfung der Maßnahmengesetzgebung (1730/J)

Mag. Gerald Hauser, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz betreffend Lebendtiertransporte (1731/J)

Mag. Gerald Hauser, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Digitali­sierung und Wirtschaftsstandort betreffend GISA-Einträge im Zusammenhang mit der Pauschalreiseverordnung (1732/J)

Mag. Gerald Hauser, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Landwirt­schaft, Regionen und Tourismus betreffend GISA-Einträge im Zusammenhang mit der Pauschalreiseverordnung (1733/J)

Mag. Selma Yildirim, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Digitalisie­rung und Wirtschaftsstandort betreffend Lieferung unbrauchbarer Mundschutzmasken für Tirol und Südtirol mit Unterstützung der Bundesregierung (1734/J)

Mag. Selma Yildirim, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz betreffend Lieferung unbrauchbarer Mund­schutzmasken für Tirol und Südtirol mit Unterstützung der Bundesregierung (1735/J)

Rainer Wimmer, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Finanzen be­treffend aktuelle Vorhaben der OMV AG (1736/J)

Mag. Andrea Kuntzl, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Bildung, Wissenschaft und Forschung betreffend Studienförderung (1737/J)

Mag. Andrea Kuntzl, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Bildung, Wissenschaft und Forschung betreffend befristete Beschäftigungsverhältnisse an ös­terreichischen Universitäten (1738/J)

Douglas Hoyos-Trauttmansdorff, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Justiz betreffend Einsatz von Zoom im BMJ (1739/J)

Mag. Gerald Loacker, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz betreffend Europäische Produktion für Corona-Impfstoff (1740/J)

Mag. Gerald Loacker, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Digita­lisierung und Wirtschaftsstandort betreffend Europäische Produktion für Corona-Impf­stoff (1741/J)

Douglas Hoyos-Trauttmansdorff, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Landesverteidigung betreffend Krankenstände beim Bundesheer (1742/J)

Anfragebeantwortungen


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll27. Sitzung, 28. April 2020 / Seite 20

des Bundesministers für Kunst, Kultur, öffentlichen Dienst und Sport auf die Anfrage der Abgeordneten Ing. Mag. Volker Reifenberger, Kolleginnen und Kollegen (1040/AB zu 1053/J)

des Bundesministers für Kunst, Kultur, öffentlichen Dienst und Sport auf die Anfrage der Abgeordneten Erwin Angerer, Kolleginnen und Kollegen (1041/AB zu 1058/J)

der Bundesministerin für Klimaschutz, Umwelt, Energie, Mobilität, Innovation und Tech­nologie auf die Anfrage der Abgeordneten Angela Baumgartner, Kolleginnen und Kollegen (1042/AB zu 1169/J)

des Bundesministers für Finanzen auf die Anfrage der Abgeordneten Herbert Kickl, Kolleginnen und Kollegen (1043/AB zu 1002/J)

des Bundesministers für Finanzen auf die Anfrage der Abgeordneten Dipl.-Ing. Karin Doppelbauer, Kolleginnen und Kollegen (1044/AB zu 1000/J)

des Bundesministers für Finanzen auf die Anfrage der Abgeordneten Rosa Ecker, MBA, Kolleginnen und Kollegen (1045/AB zu 1009/J)

der Bundesministerin für Landesverteidigung auf die Anfrage der Abgeordneten Doug­las Hoyos-Trauttmansdorff, Kolleginnen und Kollegen (1046/AB zu 999/J)

der Bundesministerin für Landesverteidigung auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Rein­hard Eugen Bösch, Kolleginnen und Kollegen (1047/AB zu 1011/J)

der Bundesministerin für Frauen und Integration auf die Anfrage der Abgeordneten Herbert Kickl, Kolleginnen und Kollegen (1048/AB zu 1015/J)

der Bundesministerin für EU und Verfassung im EU und Verfassung auf die Anfrage der Abgeordneten Josef Schellhorn, Kolleginnen und Kollegen (1049/AB zu 1001/J)

der Bundesministerin für Arbeit, Familie und Jugend auf die Anfrage der Abgeordneten Rosa Ecker, MBA, Kolleginnen und Kollegen (1050/AB zu 1010/J)

des Bundesministers für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Gerald Loacker, Kolleginnen und Kollegen (1051/AB zu 1006/J)

des Bundesministers für europäische und internationale Angelegenheiten auf die An­frage der Abgeordneten Dr. Helmut Brandstätter, Kolleginnen und Kollegen (1052/AB zu 997/J)

der Bundesministerin für Landwirtschaft, Regionen und Tourismus auf die Anfrage der Abgeordneten Michael Bernhard, Kolleginnen und Kollegen (1053/AB zu 1007/J)

der Bundesministerin für Justiz auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Nikolaus Sche­rak, MA, Kolleginnen und Kollegen (1054/AB zu 1033/J)

des Bundesministers für Bildung, Wissenschaft und Forschung auf die Anfrage der Abgeordneten Douglas Hoyos-Trauttmansdorff, Kolleginnen und Kollegen (1055/AB zu 998/J)


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll27. Sitzung, 28. April 2020 / Seite 21

der Bundesministerin für Justiz auf die Anfrage der Abgeordneten Edith Mühlberg­huber, Kolleginnen und Kollegen (1056/AB zu 1038/J)

der Bundesministerin für Justiz auf die Anfrage der Abgeordneten Edith Mühlberg­huber, Kolleginnen und Kollegen (1057/AB zu 1039/J)

der Bundesministerin für Justiz auf die Anfrage der Abgeordneten Edith Mühlberg­huber, Kolleginnen und Kollegen (1058/AB zu 1040/J)

der Bundesministerin für Justiz auf die Anfrage der Abgeordneten Christian Lausch, Kolleginnen und Kollegen (1059/AB zu 1061/J)

der Bundesministerin für Justiz auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Philipp Schrangl, Kolleginnen und Kollegen (1060/AB zu 1094/J)

der Bundesministerin für Justiz auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Hannes Amesbauer, BA, Kolleginnen und Kollegen (1061/AB zu 1111/J)

des Bundesministers für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Sabine Schatz, Kolleginnen und Kollegen (1062/AB zu 1005/J)

der Bundesministerin für Justiz auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Dr. Martin Graf, Kolleginnen und Kollegen (1063/AB zu 1123/J)

des Bundesministers für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Herbert Kickl, Kolleginnen und Kollegen (1064/AB zu 1003/J)

des Bundesministers für Finanzen auf die Anfrage der Abgeordneten Philip Kucher, Kolleginnen und Kollegen (1065/AB zu 1008/J)

des Bundesministers für Finanzen auf die Anfrage der Abgeordneten Wolfgang Zan­ger, Kolleginnen und Kollegen (1066/AB zu 1209/J)

des Bundesministers für Bildung, Wissenschaft und Forschung auf die Anfrage der Abgeordneten Hermann Brückl, MA, Kolleginnen und Kollegen (1067/AB zu 1128/J)

des Bundesministers für Bildung, Wissenschaft und Forschung auf die Anfrage der Abgeordneten Eva Maria Holzleitner, BSc, Kolleginnen und Kollegen (1068/AB zu 1097/J)

des Bundesministers für Bildung, Wissenschaft und Forschung auf die Anfrage der Abgeordneten Hermann Brückl, MA, Kolleginnen und Kollegen (1069/AB zu 1049/J)

der Bundesministerin für Digitalisierung und Wirtschaftsstandort auf die Anfrage der Abgeordneten Erwin Angerer, Kolleginnen und Kollegen (1070/AB zu 1089/J)

der Bundesministerin für Digitalisierung und Wirtschaftsstandort auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Susanne Fürst, Kolleginnen und Kollegen (1071/AB zu 1105/J)

des Bundesministers für Bildung, Wissenschaft und Forschung auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Dr. Martin Graf, Kolleginnen und Kollegen (1072/AB zu 1110/J)

der Bundesministerin für Digitalisierung und Wirtschaftsstandort auf die Anfrage der Abgeordneten Josef Schellhorn, Kolleginnen und Kollegen (1073/AB zu 1037/J)

der Bundesministerin für EU und Verfassung im EU und Verfassung auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Nikolaus Scherak, MA, Kolleginnen und Kollegen (1074/AB zu 1029/J)

der Bundesministerin für Frauen und Integration auf die Anfrage der Abgeordneten Petra Bayr, MA MLS, Kolleginnen und Kollegen (1075/AB zu 1077/J)

der Bundesministerin für Arbeit, Familie und Jugend auf die Anfrage der Abgeordneten Michael Schnedlitz, Kolleginnen und Kollegen (1076/AB zu 1084/J)


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll27. Sitzung, 28. April 2020 / Seite 22

der Bundesministerin für Klimaschutz, Umwelt, Energie, Mobilität, Innovation und Tech­nologie auf die Anfrage der Abgeordneten Walter Rauch, Kolleginnen und Kollegen (1077/AB zu 1062/J)

der Bundesministerin für Klimaschutz, Umwelt, Energie, Mobilität, Innovation und Tech­nologie auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Christian Ragger, Kolleginnen und Kollegen (1078/AB zu 1108/J)

der Bundesministerin für Klimaschutz, Umwelt, Energie, Mobilität, Innovation und Tech­nologie auf die Anfrage der Abgeordneten Alois Stöger, diplômé, Kolleginnen und Kollegen (1079/AB zu 1079/J)

der Bundesministerin für Klimaschutz, Umwelt, Energie, Mobilität, Innovation und Tech­nologie auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Christian Ragger, Kolleginnen und Kollegen (1080/AB zu 1072/J)

der Bundesministerin für Klimaschutz, Umwelt, Energie, Mobilität, Innovation und Tech­nologie auf die Anfrage der Abgeordneten Alois Stöger, diplômé, Kolleginnen und Kollegen (1081/AB zu 1078/J)

der Bundesministerin für Klimaschutz, Umwelt, Energie, Mobilität, Innovation und Tech­nologie auf die Anfrage der Abgeordneten Christian Hafenecker, MA, Kolleginnen und Kollegen (1082/AB zu 1129/J)

des Bundesministers für Bildung, Wissenschaft und Forschung auf die Anfrage der Abgeordneten Hermann Brückl, MA, Kolleginnen und Kollegen (1083/AB zu 1050/J)

des Bundesministers für Finanzen auf die Anfrage der Abgeordneten MMag. DDr. Hu­bert Fuchs, Kolleginnen und Kollegen (1084/AB zu 1117/J)

des Bundesministers für Finanzen auf die Anfrage der Abgeordneten Michael Schned­litz, Kolleginnen und Kollegen (1085/AB zu 1069/J)

des Bundesministers für Finanzen auf die Anfrage der Abgeordneten Erwin Angerer, Kolleginnen und Kollegen (1086/AB zu 1054/J)

des Bundesministers für Finanzen auf die Anfrage der Abgeordneten Petra Wimmer, Kolleginnen und Kollegen (1087/AB zu 1096/J)

des Bundesministers für Finanzen auf die Anfrage der Abgeordneten Erwin Angerer, Kolleginnen und Kollegen (1088/AB zu 1057/J)

des Bundesministers für Finanzen auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Hannes Amesbauer, BA, Kolleginnen und Kollegen (1089/AB zu 1121/J)

des Bundesministers für Bildung, Wissenschaft und Forschung auf die Anfrage der Abgeordneten Hermann Brückl, MA, Kolleginnen und Kollegen (1090/AB zu 1113/J)

des Bundesministers für Kunst, Kultur, öffentlichen Dienst und Sport auf die Anfrage der Abgeordneten Ing. Mag. Volker Reifenberger, Kolleginnen und Kollegen (1091/AB zu 1088/J)

der Bundesministerin für Landesverteidigung auf die Anfrage der Abgeordneten Doug­las Hoyos-Trauttmansdorff, Kolleginnen und Kollegen (1092/AB zu 1030/J)

der Bundesministerin für Landesverteidigung auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Rein­hard Eugen Bösch, Kolleginnen und Kollegen (1093/AB zu 1070/J)

der Bundesministerin für Landesverteidigung auf die Anfrage der Abgeordneten Alois Kainz, Kolleginnen und Kollegen (1094/AB zu 1071/J)


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll27. Sitzung, 28. April 2020 / Seite 23

der Bundesministerin für Landesverteidigung auf die Anfrage der Abgeordneten Ing. Mag. Volker Reifenberger, Kolleginnen und Kollegen (1095/AB zu 1056/J)

des Bundesministers für Finanzen auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Helmut Brandstätter, Kolleginnen und Kollegen (1096/AB zu 1075/J)

der Bundesministerin für Justiz auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Philipp Schrangl, Kolleginnen und Kollegen (1097/AB zu 1132/J)

der Bundesministerin für Justiz auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Philipp Schrangl, Kolleginnen und Kollegen (1098/AB zu 1093/J)

des Bundesministers für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Selma Yil­dirim, Kolleginnen und Kollegen (1099/AB zu 1016/J)

des Bundesministers für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Hannes Amesbauer, BA, Kolleginnen und Kollegen (1100/AB zu 1133/J)

des Bundesministers für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Michael Schned­litz, Kolleginnen und Kollegen (1101/AB zu 1131/J)

des Bundesministers für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Christian Hafen­ecker, MA, Kolleginnen und Kollegen (1102/AB zu 1127/J)

des Bundesministers für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Dagmar Be­lakowitsch, Kolleginnen und Kollegen (1103/AB zu 1124/J)

der Bundesministerin für Justiz auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Philipp Schrangl, Kolleginnen und Kollegen (1104/AB zu 1095/J)

des Bundesministers für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Hannes Amesbauer, BA, Kolleginnen und Kollegen (1105/AB zu 1120/J)

des Bundesministers für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Hannes Amesbauer, BA, Kolleginnen und Kollegen (1106/AB zu 1119/J)

des Bundesministers für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Hannes Amesbauer, BA, Kolleginnen und Kollegen (1107/AB zu 1118/J)

des Bundesministers für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Hannes Amesbauer, BA, Kolleginnen und Kollegen (1108/AB zu 1116/J)

der Bundesministerin für Justiz auf die Anfrage der Abgeordneten Michael Schnedlitz, Kolleginnen und Kollegen (1109/AB zu 1130/J)

des Bundesministers für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Philipp Schrangl, Kolleginnen und Kollegen (1110/AB zu 1092/J)

des Bundesministers für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Christian Ries, Kolleginnen und Kollegen (1111/AB zu 1064/J)

des Bundesministers für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Christian Ries, Kolleginnen und Kollegen (1112/AB zu 1063/J)

des Bundesministers für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Stephanie Krisper, Kolleginnen und Kollegen (1113/AB zu 1035/J)

des Bundesministers für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Nikolaus Scherak, MA, Kolleginnen und Kollegen (1114/AB zu 1034/J)


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll27. Sitzung, 28. April 2020 / Seite 24

des Bundesministers für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Sabine Schatz, Kolleginnen und Kollegen (1115/AB zu 1023/J)

des Bundesministers für europäische und internationale Angelegenheiten auf die Anfrage der Abgeordneten MMMag. Dr. Axel Kassegger, Kolleginnen und Kollegen (1116/AB zu 1045/J)

der Bundesministerin für Landesverteidigung auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Gerhard Kaniak, Kolleginnen und Kollegen (1117/AB zu 1099/J)

der Bundesministerin für Landesverteidigung auf die Anfrage der Abgeordneten Ing. Mag. Volker Reifenberger, Kolleginnen und Kollegen (1118/AB zu 1083/J)

der Bundesministerin für Landesverteidigung auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Reinhard Eugen Bösch, Kolleginnen und Kollegen (1119/AB zu 1087/J)

des Bundesministers für europäische und internationale Angelegenheiten auf die An­frage der Abgeordneten MMMag. Dr. Axel Kassegger, Kolleginnen und Kollegen (1120/AB zu 1115/J)

des Bundesministers für europäische und internationale Angelegenheiten auf die An­frage der Abgeordneten Mag. Dr. Martin Graf, Kolleginnen und Kollegen (1121/AB zu 1109/J)

der Bundesministerin für Klimaschutz, Umwelt, Energie, Mobilität, Innovation und Tech­nologie auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Gerald Hauser, Kolleginnen und Kol­legen (1122/AB zu 1067/J)

der Bundesministerin für Klimaschutz, Umwelt, Energie, Mobilität, Innovation und Tech­nologie auf die Anfrage der Abgeordneten Rudolf Silvan, Kolleginnen und Kollegen (1123/AB zu 1025/J)

des Bundesministers für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Gerald Hauser, Kolleginnen und Kollegen (1124/AB zu 1114/J)

der Bundesministerin für Justiz auf die Anfrage der Abgeordneten Cornelia Ecker, Kolleginnen und Kollegen (1125/AB zu 1028/J)

der Bundesministerin für Justiz auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Harald Stefan, Kolleginnen und Kollegen (1126/AB zu 1047/J)

der Bundesministerin für Justiz auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Philipp Schrangl, Kolleginnen und Kollegen (1127/AB zu 1091/J)

der Bundesministerin für Justiz auf die Anfrage der Abgeordneten Michael Schnedlitz, Kolleginnen und Kollegen (1128/AB zu 1048/J)

der Bundesministerin für Justiz auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Philipp Schrangl, Kolleginnen und Kollegen (1129/AB zu 1080/J)

der Bundesministerin für Justiz auf die Anfrage der Abgeordneten Christian Lausch, Kolleginnen und Kollegen (1130/AB zu 1125/J)

der Bundesministerin für Justiz auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Selma Yil­dirim, Kolleginnen und Kollegen (1131/AB zu 1018/J)

der Bundesministerin für Justiz auf die Anfrage der Abgeordneten Peter Wurm, Kol­leginnen und Kollegen (1132/AB zu 1051/J)


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll27. Sitzung, 28. April 2020 / Seite 25

der Bundesministerin für Justiz auf die Anfrage der Abgeordneten Rosa Ecker, MBA, Kolleginnen und Kollegen (1133/AB zu 1101/J)

der Bundesministerin für Justiz auf die Anfrage der Abgeordneten Michael Schnedlitz, Kolleginnen und Kollegen (1134/AB zu 1081/J)

der Bundesministerin für Justiz auf die Anfrage der Abgeordneten Sabine Schatz, Kolleginnen und Kollegen (1135/AB zu 1024/J)

der Bundesministerin für Justiz auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Harald Stefan, Kolleginnen und Kollegen (1136/AB zu 1086/J)

der Bundesministerin für Justiz auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Hannes Ames­bauer, BA, Kolleginnen und Kollegen (1137/AB zu 1112/J)

des Bundesministers für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Dagmar Belakowitsch, Kolleginnen und Kollegen (1138/AB zu 1066/J)

des Bundesministers für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Gerhard Kaniak, Kolleginnen und Kollegen (1139/AB zu 1103/J)

des Bundesministers für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz auf die Anfrage der Abgeordneten Rudolf Silvan, Kolleginnen und Kollegen (1140/AB zu 1026/J)

des Bundesministers für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz auf die Anfrage der Abgeordneten Peter Wurm, Kolleginnen und Kollegen (1141/AB zu 1068/J)

des Bundesministers für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Helmut Brandstätter, Kolleginnen und Kollegen (1142/AB zu 1032/J)

des Bundesministers für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Christian Ragger, Kolleginnen und Kollegen (1143/AB zu 1082/J)

des Bundesministers für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz auf die Anfrage der Abgeordneten Peter Wurm, Kolleginnen und Kollegen (1144/AB zu 1122/J)

des Bundesministers für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Dagmar Belakowitsch, Kolleginnen und Kollegen (1145/AB zu 1042/J)

der Bundesministerin für Landwirtschaft, Regionen und Tourismus auf die Anfrage der Abgeordneten Peter Schmiedlechner, Kolleginnen und Kollegen (1146/AB zu 1073/J)

der Bundesministerin für Landwirtschaft, Regionen und Tourismus auf die Anfrage der Abgeordneten Erwin Angerer, Kolleginnen und Kollegen (1147/AB zu 1059/J)

des Bundesministers für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Gerhard Kaniak, Kolleginnen und Kollegen (1148/AB zu 1043/J)


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll27. Sitzung, 28. April 2020 / Seite 26

der Bundesministerin für Landwirtschaft, Regionen und Tourismus auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Gerald Hauser, Kolleginnen und Kollegen (1149/AB zu 1065/J)

der Bundesministerin für Landwirtschaft, Regionen und Tourismus auf die Anfrage der Abgeordneten Peter Schmiedlechner, Kolleginnen und Kollegen (1150/AB zu 1090/J)

des Bundesministers für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Dagmar Belakowitsch, Kolleginnen und Kollegen (1151/AB zu 1044/J)

der Bundesministerin für Landwirtschaft, Regionen und Tourismus auf die Anfrage der Abgeordneten Cornelia Ecker, Kolleginnen und Kollegen (1152/AB zu 1027/J)

der Bundesministerin für Arbeit, Familie und Jugend auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Gerald Loacker, Kolleginnen und Kollegen (1153/AB zu 1036/J)

der Bundesministerin für Arbeit, Familie und Jugend auf die Anfrage der Abgeordneten Petra Wimmer, Kolleginnen und Kollegen (1154/AB zu 1022/J)

der Bundesministerin für Arbeit, Familie und Jugend auf die Anfrage der Abgeordneten Rosa Ecker, MBA, Kolleginnen und Kollegen (1155/AB zu 1100/J)

der Bundesministerin für Arbeit, Familie und Jugend auf die Anfrage der Abgeordneten Petra Wimmer, Kolleginnen und Kollegen (1156/AB zu 1020/J)

der Bundesministerin für Arbeit, Familie und Jugend auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Dagmar Belakowitsch, Kolleginnen und Kollegen (1157/AB zu 1046/J)

der Bundesministerin für Arbeit, Familie und Jugend auf die Anfrage der Abgeordneten Petra Wimmer, Kolleginnen und Kollegen (1158/AB zu 1021/J)

der Bundesministerin für Arbeit, Familie und Jugend auf die Anfrage der Abgeordneten Eva Maria Holzleitner, BSc, Kolleginnen und Kollegen (1159/AB zu 1098/J)

der Bundesministerin für Arbeit, Familie und Jugend auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Dagmar Belakowitsch, Kolleginnen und Kollegen (1160/AB zu 1085/J)

des Bundeskanzlers auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Helmut Brandstätter, Kol­leginnen und Kollegen (1161/AB zu 1074/J)

des Bundeskanzlers auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Susanne Fürst, Kolle­ginnen und Kollegen (1162/AB zu 1102/J)

des Bundeskanzlers auf die Anfrage der Abgeordneten Peter Wurm, Kolleginnen und Kollegen (1163/AB zu 1104/J)

des Bundeskanzlers auf die Anfrage der Abgeordneten Christian Hafenecker, MA, Kolleginnen und Kollegen (1164/AB zu 1106/J)

des Bundeskanzlers auf die Anfrage der Abgeordneten Christian Hafenecker, MA, Kolleginnen und Kollegen (1165/AB zu 1107/J)

des Bundeskanzlers auf die Anfrage der Abgeordneten Christian Hafenecker, MA, Kolleginnen und Kollegen (1166/AB zu 1126/J)

der Bundesministerin für Landesverteidigung auf die Anfrage der Abgeordneten Doug­las Hoyos-Trauttmansdorff, Kolleginnen und Kollegen (1167/AB zu 1138/J)

der Bundesministerin für Landesverteidigung auf die Anfrage der Abgeordneten Doug­las Hoyos-Trauttmansdorff, Kolleginnen und Kollegen (1168/AB zu 1139/J)


 


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll27. Sitzung, 28. April 2020 / Seite 27

09.05.14Beginn der Sitzung: 9.05 Uhr

Vorsitzende: Präsident Mag. Wolfgang Sobotka, Zweite Präsidentin Doris Bures.

09.05.26*****


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Meine sehr geehrten Damen und Herren Abge­ordnete! Ich darf die 27. Sitzung des Nationalrates für eröffnet erklären. Ich darf Sie herzlich begrüßen, auch die Damen und Herren zu Hause vor den Fernsehschirmen.

Wir haben wieder eine gelockerte Sitzordnung eingenommen, um den nötigen Abstand zu gewährleisten und die Maßnahmen der Gesundheitsbehörden bestmöglich zu voll­ziehen. Ich weiß, dass die Plätze auf der Galerie nicht optimal sind, und bitte dement­sprechend um Verständnis. Es steht auch das Dachfoyer zur Verfügung.

Die Abstimmungen über die Verhandlungsgegenstände finden jeweils am Ende der Verhandlungen über alle Vorlagen eines bestimmten Ausschusses statt. Dafür wird die Sitzung auch jeweils kurzfristig unterbrochen werden.

Ich möchte mich gerade in Zeiten wie diesen ganz herzlich für die Tagungsintensität bedanken. Die Grundlagen für die Rechtsstaatlichkeit – und das ist, glaube ich, für uns alle sehr wichtig – sind durch die Fülle der Beschlüsse hergestellt. (Die Abgeordneten der FPÖ tragen Sticker am Revers, auf denen vor rot-weiß-rotem Hintergrund Corona­viren abgebildet sind und die Aufschrift „Allianz gegen Coronawahnsinn.at – Jetzt reicht’s!“ zu lesen ist.)

Wenn wir in diesen Tagen der 75. Wiederkehr der Unabhängigkeitserklärung Öster­reichs nach den Zeiten der Diktatur, des mörderischen und terroristischen Naziregimes und eines verheerenden Weltkrieges gedenken, dann sollte es uns freuen, dass wir ei­ne gefestigte Demokratie haben, dass wir das allesamt wirklich ganz deutlich zum Aus­druck bringen und dass wir uns auch in Zeiten der Krise in keiner Weise dadurch be­irren lassen.

*****

Die Amtlichen Protokolle der 24., der 25. und der 26. Sitzung vom 22. April 2020 sind aufgelegen und wurden nicht beanstandet.

Als verhindert gemeldet sind heute die Abgeordneten Kira Grünberg, Nurten Yılmaz, Dr. Reinhard Eugen Bösch, Mag. Gerald Hauser, Ing. Norbert Hofer und Mag. Georg Bürstmayr.

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Ich darf bekannt geben, dass der ORF diese Sitzung bis 13 Uhr in ORF 2 und bis 19.15 Uhr in ORF III überträgt; anschließend wird die Sitzung in der TVthek kommen­tiert übertragen.

09.07.41Aktuelle Stunde


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Wir gelangen nun zur Aktuellen Stunde mit dem Thema:

„Wirksame Coronahilfe: Absicherung für den Standort, die Unternehmen und die Arbeitsplätze“

Ich darf die Ministerinnen auf der Regierungsbank recht herzlich begrüßen.


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Zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Haubner, der weiß, dass er 10 Minuten Re­dezeit hat, danach sind es 5 Minuten. – Bitte. (Abg. Leichtfried: Na hoffentlich weiß er das!)


9.08.03

Abgeordneter Peter Haubner (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Geschätzte Frau­en Ministerinnen! Meine sehr geehrten Kolleginnen und Kollegen! Geschätzte Damen und Herren! Wir haben jetzt eine Aktuelle Stunde zum Thema Wirtschaft und Unterstüt­zungen für die Wirtschaft in Coronazeiten. Schauen wir uns die österreichische Wirt­schaft an: Sie hat sich immer durch ein hohes Maß an Leistungsbereitschaft, an In­novationskraft, an sozialen Kompetenzen und internationalen Vernetzungen ausge­zeichnet, und deshalb auch einmal ein Danke an alle Unternehmerinnen und Unterneh­mer für ihren Mut zum Unternehmertum und auch für ihre Risikobereitschaft. (Beifall bei ÖVP und Grünen sowie bei Abgeordneten von SPÖ und NEOS.)

Schauen wir uns den Weg der österreichischen Betriebe in den letzten 75 Jahren seit der Gründung der Zweiten Republik an: Da gibt es viele Erfolgsgeschichten – vom Wir­ten um die Ecke über den innovativen KMU-Betrieb, über erfolgreiche Industriebetrie­be, bis hin zu vielen Weltmarktführern, die wir hier in Österreich haben. Unsere öster­reichischen Unternehmerinnen und Unternehmer waren in den letzten Jahren für viele Erfolgsbilanzen – sowohl in den eigenen Betrieben als auch für den Wirtschaftsstand­ort Österreich – verantwortlich. Sie haben somit die Basis für unsere Erfolge made in Austria geschaffen, meine Damen und Herren.

Unser österreichischer Unternehmergeist hat viel Positives bewirkt: ein gutes Wirt­schaftswachstum, Höchstbeschäftigung in unseren Betrieben, ein gutes soziales Klima und sichere Arbeitsplätze.

Jetzt hat ein Virus diesem Erfolgslauf eine kräftige Delle verpasst, und darum sind wir mehr denn je gefordert, hier gemeinsam die richtigen Maßnahmen für Österreich, für seine Bürgerinnen und Bürger und für seine Betriebe zu setzen. Darum sage ich an dieser Stelle ein kräftiges Danke an alle, die durch ihren Einsatz, egal, wo – im eigenen Unternehmen, in einer ehrenamtlichen Funktion, zu Hause, in der Familie oder am Ar­beitsplatz –, einen Beitrag zur Bewältigung dieses Ausnahmezustands geleistet haben. Danke vielmals! (Beifall bei ÖVP und Grünen.)

Wenn man die Geschichte Österreichs und Europas betrachtet, muss man feststellen, dass wir leider immer wieder Krisen hatten – sei es die Weltwirtschaftskrise in den 1930er-Jahren, die Ölkrise in den 1970er-Jahren oder die Finanzkrise 2008/2009. Alle diese Krisen haben uns – die Unternehmerinnen und Unternehmer, die Arbeitnehme­rinnen und Arbeitnehmer, die Banken und die Politik – auf das Massivste gefordert. Al­lerdings haben wir eines immer geschafft: Wir Österreicherinnen und Österreicher haben zusammengehalten und haben diese Täler der Tränen gemeinsam durchschrit­ten. Das beste Beispiel dafür war der Wiederaufbau der Zweiten Republik nach dem furchtbaren Zweiten Weltkrieg, als unsere Großeltern und Eltern durch ihren Einsatz, ihren Glauben und ihre Arbeit die Basis für unseren Wohlstand und den Standort Ös­terreich geschaffen haben. (Beifall bei ÖVP und Grünen.)

Auch in dieser Krise zeigt sich, dass wir am ehesten mit Zusammenhalt und gemeinsa­men Lösungen einen Weg aus der Krise finden können. Was es dazu braucht, sind vie­le gut überlegte Einzelmaßnahmen, die die Wirtschaft in ihrer gesamten Form mög­lichst breit abdecken und unterstützen können. Mit Wirtschaft meine ich Unternehmen, Unternehmer, Arbeitnehmer, Banken und in diesem Fall auch den Staat, denn der Staat hat in dieser Krise eine ganz zentrale Aufgabe: Wir Unternehmer sagen immer, dass wir so wenig Staat wie nur irgendwie möglich brauchen und dass unternehme­rische Freiheit unsere Unternehmen beflügelt. Zurzeit aber ist alles anders, in dieser


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Krise hat der Staat auch die ganz wichtige Aufgabe, lenkend und unterstützend für un­sere Betriebe einzugreifen, um uns durch die Krise zu geleiten.

Meine Damen und Herren, wenn dann wieder alles funktioniert – und das sage ich auch ganz deutlich (Abg. Kickl: Ja, deswegen habt ihr ja alles ausgeschaltet!) –, muss sich der Staat auch wieder auf seine Kernaufgaben zurückziehen. Wahrscheinlich sind Sie alle hier im Hohen Haus täglich mit vielen Unternehmerinnen und Unternehmern in Kontakt. Ich bin es auch, und dabei werden mir die unterschiedlichsten Problem­stellungen geschildert, mit denen jeder beziehungsweise jede Einzelne konfrontiert ist. Gerade sehen wir wieder, wie vielfältig die österreichische Wirtschaft ist: Was für einen Friseur richtig und gut ist, passt für einen Handelsvertreter als Maßnahme überhaupt nicht, und ein Gastronom braucht eine komplett andere Unterstützung als ein Unter­nehmensberater. Darum haben wir dieses Maßnahmenbündel geschnürt, das aus mehreren Einzelmaßnahmen besteht und möglichst vielen Selbstständigen verschiede­ne Formen der Unterstützung bietet. In Summe ist dieses Paket 38 Milliarden Euro schwer. Im internationalen Vergleich liegen wir damit, auf die Zahl der Betriebe und Unternehmer gerechnet, im absoluten Spitzenfeld.

Schauen wir uns die Pakete im Einzelnen an: Es gibt einerseits die Stundungspakete der Finanzämter und der Sozialversicherung; in Summe 1,4 Milliarden Euro. Das funk­tioniert unkompliziert und wurde schon über 160 000 Mal in Anspruch genommen. Es gibt Haftungs- und Garantiepakete in verschiedensten Formen. Die AWS hat gesagt, 6 500 Unternehmer haben bis dato Zusagen mit einem Garantievolumen von 1,25 Mil­liarden Euro und einem Kreditvolumen von circa 1,45 Milliarden Euro bekommen. Nachdem wir diesbezüglich mit Nachdruck eine Ausnahme vom EU-Beihilfenrecht er­wirkt haben, haben wir jetzt auch die Überbrückungshilfe mit einer hundertprozentigen Garantie des Staates. Auch da sind die ersten Mittel geflossen, es konnte mit den Aus­zahlungen begonnen werden.

Meine Damen und Herren, mir ist vollkommen klar, dass es noch schneller und effi­zienter werden muss, denn unsere Betriebe brauchen rasch Unterstützung und sie brauchen Planungs- und Finanzierungssicherheit, aber vor allem brauchen sie Liquidi­tät. In der Vergangenheit ist wahrscheinlich nicht immer alles so rundgelaufen, denn die Betriebe in Österreich und Deutschland sind betreffend Eigenkapitalquote nicht vorne zu finden. Das ist gerade jetzt eine große Herausforderung, und deshalb bin ich der festen Überzeugung, dass wir das Thema Konjunkturpakete, die wir zur Bewälti­gung dieser Krise brauchen und die somit eine kräftige Unterstützung für die Bildung von Eigenkapital sind, auch angehen müssen.

Die Kurzarbeit ist noch eine Maßnahme, die eine gute Wirkung erzeugt hat. Bis jetzt haben schon 97 000 Betriebe und damit 1,1 Millionen Arbeitnehmerinnen und Arbeit­nehmer von dieser Maßnahme Gebrauch gemacht. Das ist ganz, ganz wichtig für un­sere Betriebe, damit sie, wenn es wieder losgeht, wenn sie langsam wieder losstarten können, anpacken können, um wieder auf die Erfolgsspur zu kommen. Jeder Arbeits­platz und jeder Betrieb ist uns ein Herzensanliegen und wir wissen, was wir an unseren Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern haben, und deshalb ist das eine ganz, ganz wichtige Maßnahme.

Meine Damen und Herren, ich versichere Ihnen auch, dass wir tagtäglich darum be­müht sind, Adaptionen vorzunehmen, wenn es notwendig ist; so wie jetzt beim Härte­fallfonds. Ich danke der Wirtschaftskammer für die gute Abwicklung, mir würden nicht viele einfallen, die das so gut abwickeln könnten. (Zwischenruf des Abg. Schellhorn. – Abg. Leichtfried: Es stimmt, was der Kollege Schellhorn sagt!)

Im Gesundheitsbereich sind wir bis jetzt sehr gut durch diese Krise gekommen, auf­grund eines guten Mix aus der hohen Disziplin der Österreicherinnen und Österrei-


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cher – danke dafür –, unserem sehr guten Gesundheitssystem, den richtigen Entschei­dungen der Bundesregierung und den internationalen Erfahrungen.

Ich habe viele Anrufe von Bürgerinnen und Bürgern aus meinem Wahlkreis bekom­men, die gesagt haben, ich soll dem Herrn Bundeskanzler für sein konsequentes Han­deln in dieser Zeit ihren Dank ausrichten. Es ist ganz wichtig, dass man einen klaren Handlungsplan hat. (Beifall bei ÖVP und Grünen. – Abg. Leichtfried: Wie soll man das ausrichten, wenn er nicht da ist?)

Auch an die Frau Ministerin ein Danke für ihr immer offenes Ohr, wenn es darum geht, bei Maßnahmen nachzubessern. Ich glaube, wir haben unsere Instrumente jetzt so weit, dass sie funktionieren. Jetzt geht es darum, dass wir auch im wirtschaftlichen Be­reich die Rahmenbedingungen schaffen, damit ein gutes und erfolgreiches Wirtschaf­ten in Zukunft wieder möglich ist. Dazu eine große Bitte an die Österreicherinnen und Österreicher: Kaufen Sie bitte bei den österreichischen Betrieben, beim regionalen Händler Ihres Vertrauens in Ihrem Heimatort und machen Sie bitte heuer Urlaub in Ös­terreich! (Zwischenruf des Abg. Scherak.) Die österreichischen Betriebe freuen sich auf Sie und ich denke, sie haben unsere Solidarität verdient. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Grünen.)


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Den Schlusssatz bitte!


Abgeordneter Peter Haubner (fortsetzend): Ich habe es schon betont: Uns ist jeder Betrieb und jeder Arbeitsplatz ein ganz wichtiges Anliegen, denn wir haben ein großes Ziel: Wir wollen wieder auf die Erfolgsspur made in Austria zurückkehren. Dem gilt un­ser ganzer Einsatz und unser Engagement. – Danke. (Beifall bei der ÖVP und bei Ab­geordneten der Grünen. – Abg. Kickl: Das wird einige Wutvideos von Unternehmern auslösen!)

9.18


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Frau Bundesminister Schramböck. Ich darf ihr das Wort erteilen.


9.18.54

Bundesministerin für Digitalisierung und Wirtschaftsstandort Dr. Margarete Schramböck: Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren vor den Bildschirmen! Hohes Haus! Sehr geehrte Abgeordnete! In Krisenzeiten sind zwei Dinge ganz wichtig: erstens allen Österreicherinnen und Österreichern, die mithelfen, die Maßnahmen, die wir gemeinsam mit Ihnen im Parlament beschlossen haben, mitzutra­gen, die die Sicherheitsabstände und die Desinfektionsempfehlungen einhalten, Danke zu sagen. Ich habe das schon einmal gemacht und mache es jetzt wieder, denn das ist wichtig.

Die Österreicherinnen und Österreicher haben damit dazu beigetragen, dass wir heute dort sind, wo wir sind, dass es uns besser geht als anderen Ländern und dass wir, früher als andere Länder, wieder Maßnahmen für die Wirtschaft einleiten können, um die Wirtschaft Schritt für Schritt wieder hochzufahren.

Das Zweite ist, möglichst rasch zu reagieren, und zwar rasch, richtig und möglichst vo­rausschauend zu reagieren. Deshalb haben wir heute auch weitere Maßnahmen ge­setzt, um es den Betrieben zu ermöglichen, wieder aufzusperren, wieder Schritt für Schritt in dieses normale Leben, das normale Wirtschaftsleben zurückzukehren. Für die Gastronomie gilt da das Datum 15. Mai – mit allen Details, die heute schon vorge­stellt wurden –, für den Tourismus der 29. Mai und für den Handel als ganz wichtige weitere Regelung, dass die derzeit geltenden Beschränkungen für Geschäfte von 20 Quadratmetern pro Kunde auf 10 Quadratmeter pro Kunde reduziert werden.

Es ist wichtig, dass wir dabei mit Experten zusammenarbeiten und die Maßnahmen entsprechend Schritt für Schritt setzen, genauso wie wir es auf finanzieller Seite mit


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dem Schutzschirm in Höhe von 38 Milliarden Euro, der der österreichischen Wirtschaft zur Verfügung steht, tun. Da ist es wesentlich, dass man nicht alles im stillen Kämmer­lein und alleine ausmachen kann, sondern dass man die Unternehmen miteinbindet, damit auf ihr Feedback hört und diesen Schutzschirm Schritt für Schritt erweitert. Somit möchte ich jetzt auf die unterschiedlichen Schritte eingehen.

Der erste war der Härtefallfonds, Phase zwei, der ganz wichtig ist, um Existenzen ab­zusichern, um in dieser kritischen Phase zu helfen – da ging es ja um diesen Betrag von bis zu 1 000 Euro. Wie viele haben das in Anspruch genommen? – 134 000 An­träge wurden in der letzten Woche positiv abgearbeitet und 122 Millionen Euro an ös­terreichische Kleinstunternehmen, EPUs, und auch an die neuen Selbstständigen aus­bezahlt.

Wir haben viel, wir haben zahlreich Feedback erhalten, von Ihnen und auch von den Unternehmerinnen und Unternehmern, und man hat uns zu Recht aufgefordert, zu sagen, wie wir da noch besser werden können, wie wir diesen Schutzschirm vor allem in der Phase zwei entsprechend anpassen können. – Das haben wir gemacht. Für die Phase zwei gilt jetzt: bis 6 000 Euro, und auch dafür sind seit Anfang der letzten Wo­che 82 000 Anträge hereingekommen.

Dieses Feedback hat uns dazu veranlasst, Veränderungen vorzunehmen, und zwar Veränderungen auch betreffend die Gründer und Gründerinnen, die bereits 2018 und 2019 gegründet haben, damit sie diese Regelung in Anspruch nehmen können, denn es ist wichtig, auch den neuen Unternehmen entsprechend zu helfen. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Grünen.)

Eine Veränderung, die wir darüber hinaus vorgenommen haben, ist, viele Eintrittsbar­rieren zu verkleinern und viel mehr Unternehmen die Möglichkeit zu geben, da Zugang zu bekommen. Ich denke, ganz, ganz wichtig ist die 500-Euro-Regelung, die nun für al­le Unternehmerinnen und Unternehmer, die diesbezüglich einreichen können – für die Kleinstunternehmen, die EPUs –, gilt. Es gilt, sie in ihrer schwierigsten Phase zu unter­stützen, und ich freue mich, dass wir es geschafft haben, diese 500-Euro-Regelung vorzusehen. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Grünen.)

Ein Härtefallfonds, der das Unternehmergehalt ausgleicht, reicht aber natürlich nicht aus; es ist jetzt notwendig, auch auf die Unternehmen zu schauen. Deshalb haben wir 15 Milliarden Euro im Coronahilfsfonds dafür vorgesehen, um vor allem jene KMUs – nämlich betreffend ihre Liquidität – zu unterstützen, die 99,6 Prozent der Betriebe in Österreich ausmachen.

Dafür gibt es die Möglichkeit, entsprechende Kreditaufnahmen bei den Banken zu si­chern, was die Höhe der Zinsen betrifft, und gleichzeitig – das ist sehr, sehr wichtig! – die Beträge, auf denen die Unternehmen sitzenbleiben, die Beträge, die sie nicht weiter verrechnen können, da abzuziehen, wodurch sie die Unternehmen nicht zurückzahlen müssen. Das ist ein konkreter Zuschuss. Da geht es um Kosten wie zum Beispiel Inter­netkosten, da geht es um die Betriebskosten, die laufend anfallen, und die werden in einem hohen Ausmaß nicht zurückgezahlt werden müssen. Diesbezüglich wird es ei­nen Zuschuss geben, der nicht zurückgezahlt werden muss, und das ist sehr, sehr wichtig in dieser Zeit. (Beifall bei ÖVP und Grünen.)

Werfen wir gemeinsam einen Blick auf die Steuerstundungen! Es gab bereits 160 000 Steu­erstundungen im Ausmaß von 4,1 Milliarden Euro; das ist also ein Instrument, das sehr gut angenommen wurde.

Zur Kurzarbeit: Damit haben wir bis jetzt 1,1 Millionen Arbeitsplätze in Österreich gesi­chert. Da geht es darum, dass die Unternehmen die Mitarbeiter im Betrieb halten kön­nen; das gilt für große Betriebe, mittlere und vor allem für kleine Betriebe. Mit dieser Kurzarbeit haben wir ein besonderes rot-weiß-rotes Modell geschaffen, das es so in


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anderen Ländern nicht gibt. Das sehen Sie weder in Deutschland, obwohl es dort Kurzarbeit gibt, aber nicht in einem einheitlichen Maß über ganz Deutschland, noch in einem anderen Land – das sehen Sie auch an den dortigen Arbeitslosenzahlen, die viel höher sind als jene in Österreich.

Lassen Sie mich Folgendes dazu sagen: Mir sind die kleinen Unternehmen genauso wichtig wie die mittleren und die großen Unternehmen – alle zusammen machen den Standort Österreich aus. Es ist dieses Ökosystem der Unternehmen, die wir mit diesem gesamthaften Paket unterstützen müssen, mit diesem Paket, das unterschiedliche Maß­nahmen beinhaltet und für unterschiedliche Unternehmensgrößen, aber auch für unter­schiedliche Unternehmenssituationen geeignet ist.

Ein Wirtschaftspaket muss ein Comeback der österreichischen Wirtschaft ermöglichen, denn das wollen wir alle gemeinsam. Auch wenn der Tunnel länger sein wird, als wir uns das wünschen: Am Ende dieses Tunnels gibt es ein Licht. Wir haben neben der Soforthilfe mit den 38 Milliarden Euro auch ein Team, das an einem Zukunftspaket ar­beitet, an dem, was Österreich für die Zukunft braucht, damit ein Comeback, ein rot-weiß-rotes Comeback für den Standort in Österreich gelingt.

Der Staat ist in gewisser Weise in der Lage, Unternehmen in der Krise zu schützen – das haben wir jetzt gesehen –, aber unsere Aufgabe muss es sein, solche Vorausset­zungen zu schaffen, dass die Unternehmen wieder selbst, aus eigener Kraft ihre Um­sätze machen können, dass sie Wachstum generieren können, denn sie schaffen die Arbeitsplätze in Österreich – und das ist uns das Allerwichtigste: gemeinsam Arbeits­plätze in Österreich abzusichern und ebenso die Zukunft der Unternehmen abzusi­chern. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Grünen.)

Deshalb müssen wir das Augenmerk auch auf zukünftige Maßnahmen legen, und ich möchte hier nur eine davon herausgreifen. Es sind Investitionen in den Bereich der Digitalisierung, die für den österreichischen Standort wesentlich, für die Zukunft wichtig sein werden, und ich möchte hier besonders darauf eingehen.

Es ist von Kollegen Haubner schon angesprochen worden, dass er alle Österreicher dazu auffordert, in Österreich zu kaufen, und dem möchte auch ich mich anschließen. Die Konsumentinnen und Konsumenten in Österreich haben es in der Hand, lokal zu kaufen, und das geht nicht nur vor Ort, sondern das geht natürlich auch auf digitalem Weg. Dafür gibt es den Online-Marktplatz, wo man sich ansehen kann, dass die öster­reichischen Marktplätze auch mit den Plattformen wie Amazon und anderen mithalten können. Ich meine, es ist jetzt an der Zeit, umzudenken und auch die österreichischen Handelsbetriebe zu unterstützen, die gerade eine so schwere Zeit erleben. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Grünen.)

Wir dürfen natürlich auch den Export nicht vergessen! Österreich ist ein Exportland, und unsere KMUs sind sehr, sehr stark im Export. Ihre Lieferketten sind zum Großteil unterbrochen, und wir stehen ihnen zur Seite, die Lieferketten strategisch neu auszu­richten. Für mich ist ganz klar, dass mehr in Europa produziert werden muss, mehr in Österreich produziert werden muss, dass wir unabhängiger von den bestehenden glo­balen Vernetzungen werden müssen. Diese wird es weiter geben und wir werden wei­ter exportieren, aber wir müssen auch Produktionsstätten vermehrt nach Europa und nach Österreich bringen; ich erinnere nur an das Thema Penicillin beziehungsweise generell Antibiotika oder auch an das Thema medizinische Schutzausrüstung.

Ich freue mich, dass es uns gelungen ist, mit der Firma Grabher in Vorarlberg schnell eine Produktion von FFP-Masken in Österreich hochzuziehen. Das zeigt die Stärke un­serer mittelständischen Unternehmen und die Kraft, die sie haben, bezüglich der wir sie auch unterstützen werden. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Grünen.)


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Es ist wichtig, dass wir nun in eine neue Phase eintreten – in eine Phase des Aufbaus, in eine Phase der Unterstützung, indem wir eine digitale ökosoziale Marktwirtschaft mit allen Maßnahmen, die es dafür braucht, unterstützen, den Unternehmen Unterstützung zukommen lassen. Wir haben viele Werkzeuge dafür, wie KMU digital, Fit4Internet, ei­nen digitalen Aktionsplan für die Republik Österreich – wir haben in den vergangenen Wochen wenig darüber gesprochen, aber es ist weiter daran gearbeitet worden.

Ich glaube, es ist wichtig, dass sich die österreichischen Unternehmen auf uns verlas­sen können, dass wir ihnen sowohl in der Krise als auch in der Zukunft zur Seite ste­hen und dass wir dieses rot-weiß-rote Comeback gemeinsam mit ihnen gestalten. – Herzlichen Dank. (Beifall bei ÖVP und Grünen.)

9.30


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Als Nächste zu Wort gemeldet ist Frau Abgeord­nete Smodics-Neumann. Ab jetzt: 5 Minuten Redezeit. – Bitte.


9.31.02

Abgeordnete Mag. Maria Smodics-Neumann (ÖVP): Herr Präsident! Sehr geehrte Frau Bundesminister Dr. Schramböck! Sehr geehrte Frau Bundesminister Mag. Asch­bacher! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Liebe Österreicherinnen und Österreicher! (Abg. Heinisch-Hosek: Alle Menschen, die hier leben!) – Und alle Menschen, die hier leben, selbstverständlich, das impliziere ich, denn ich spreche nicht nach Staatsbürger­schaftsnachweisen. (Beifall bei ÖVP, SPÖ und Grünen. – Oh-Rufe bei der ÖVP. – Abg. Leichtfried: Das ist eine ... von der Frau Ministerin!)

Da wir das jetzt geklärt haben, darf ich mich für die Maßnahmen herzlich bedanken, die seitens der Regierung in dieser durchaus herausfordernden Zeit ergriffen worden sind; vor dieser Zeit hätte sich niemand von uns vorstellen können, dass so vieles von heute auf morgen anders ist.

Ich glaube, Österreich hat wieder bewiesen – ich meine sowohl die Entscheidungsträ­ger in Österreich als auch die österreichische Bevölkerung und die österreichischen Unternehmerinnen und Unternehmer –, dass es mit seiner Kleinteiligkeit doch vielleicht besser aufgestellt ist als manch anderer Staat, als manch andere europäische Unter­nehmen. Diese Kleinteiligkeit bedeutet eine gewisse Flexibilität, was gut ist, diese Kleinteiligkeit bedeutet in der jetzigen Situation aber auch, dass für die Stellen, die Hilfsmaßnahmen abwickeln, natürlich wesentlich mehr Arbeitsaufwand anfällt, weil viele kleine, einzelne Anträge zu bearbeiten sind, sei es im Bereich Härtefallfonds oder im Bereich Kurzarbeit.

Ich glaube, dass das ganz besonders wichtig ist, und darf mich in diesem Zusammen­hang bei mehreren Stellen bedanken: zuerst – und das ist das Wichtigste – ein herzli­ches Dankeschön an all jene Unternehmerinnen und Unternehmer, Bürgerinnen und Bürger, die trotz vorhandener Angst – natürlich ist Angst vorhanden, weil das eine Si­tuation ist, die keiner von uns gekannt hat, und alles, was man nicht kennt, verursacht prinzipiell einmal Angst – Geduld bewiesen haben, sodass sich Systeme und Struktu­ren bilden konnten, innerhalb derer das alles abgewickelt wird. – Vielen Dank, dass Sie Ruhe bewahrt haben, Geduld aufgebracht haben und auch darauf vertrauen – und das nehme ich schon wahr –, dass alles in die richtigen Bahnen kommt und auch die Gel­der fließen, so wie wir es jetzt auch schon massiv verspüren.

Das hat natürlich auch ganz großen Druck aufseiten der Unternehmen ausgelöst. Je­der, der weiß, was der 15. in einem Monat oder der 25. in einem Monat bedeutet, weiß, welch massive Kosten da plötzlich auf einen zukommen. Da braucht es schon auch ein bisschen Sicherheit beziehungsweise Gewissheit: Okay, irgendwann wird das funktio­nieren! – Und es funktioniert jeden Tag besser.


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Ein herzliches Dankeschön an die Mitarbeiter des AMS (in Richtung Bundesministerin Aschbacher), die Gewaltiges leisten, die ursprünglich definitiv nicht dafür eingeschult wurden, dass sie diese Mengen bewältigen. Sie tun es trotzdem, daher ein ganz, ganz großes Dankeschön – wenn Sie, Frau Ministerin, das bitte an die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter weitergeben (Bundesministerin Aschbacher nickt), die da durchaus auch noch psychologische Hilfe leisten. Danke dafür. (Beifall bei ÖVP und Grünen.)

In den letzten Wochen wurde die Aufteilung der Abwicklung der Maßnahmen immer wieder kritisiert. Vorige Woche ist sie immer wieder in der Kritik gestanden und es wur­de gefragt: Warum tut das die Wirtschaftskammer und nicht jemand anderer? – Ich glaube, dass es auch eine österreichische Besonderheit ist, dass jeder das, was er gut kann, auch tut. (Abg. Leichtfried: Ja, das ist richtig ...! – Weitere Zwischenrufe bei der SPÖ.) Die Zahlen beweisen auch, dass es durchaus vernünftig war, das in dieser Form abzuwickeln.

Österreichweit werden 82 Prozent des Härtefallfonds für Unternehmer und Unterneh­merinnen abgewickelt, der Rest für sogenannte Nichtmitglieder. In Wien beträgt das Verhältnis 75 : 25. Also ich glaube schon, dass es ein wichtiger und guter Schritt war, dies so abzuwickeln. Auch für diese Tätigkeit möchte ich ein herzliches Dankeschön sagen. Sie können mir glauben, auch die Mitarbeiter der Wirtschaftskammern arbeiten auf Hochtouren, um das abzuwickeln, und auch das ist keine ureigenste Aufgabe die­ser Mitarbeiter. – Danke, dass ihr das tut! Wahrscheinlich wird es jetzt niemand hören, denn sie sind am Telefon und wickeln das ab. Danke für euren, für Ihren Einsatz! (Bei­fall bei ÖVP und Grünen.)

Und um Aussicht zu geben: Ich vernehme mit Freude, dass wir darüber nachdenken, Produktionen wieder nach Österreich zu holen. Die Herausforderung wird sein, die kleinteilige Wirtschaft auch da einzubinden; das heißt, es werden sich vielleicht neue Möglichkeiten ergeben, bei denen kleine Unternehmen gemeinsam an einem Produkt arbeiten.

Ich freue mich auf die neuen Denkanstöße, auf die neuen Varianten, die sich hier erge­ben werden. Ich denke, dass die heimischen Unternehmen da wirklich profitieren wer­den. Auch wenn es im Augenblick noch nicht so ausschaut – es ist mir wichtig, den Un­ternehmerinnen und Unternehmern das zu sagen –: Es wird eine gute Zukunft für uns geben. Wir werden vielleicht das eine oder andere ändern müssen, aber ich vertraue wirklich sehr auf die Flexibilität der österreichischen Unternehmerinnen und Unterneh­mer und ihrer Mitarbeiter, sodass neue und tolle Dinge entstehen, mit einem großen Österreich-Zeichen drauf. – Herzlichen Dank. (Beifall bei ÖVP und Grünen.)

9.36


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Als Nächste zu Wort gemeldet ist Klubobfrau Pamela Rendi-Wagner. – Bitte.


9.36.48

Abgeordnete Dr. Pamela Rendi-Wagner, MSc (SPÖ): Herr Präsident! Sehr geehrte Frauen Bundesministerinnen! Hohes Haus! Sehr geehrte Damen und Herren! Es gibt leider drei aktuelle Zahlen in Österreich, die durch Worte nicht zu toppen sind:

Es ist die Zahl 600 000 – 600 000 Menschen, die aktuell in Österreich arbeitslos sind; die größte Zahl seit 1946.

Es ist die Zahl 1 100 000 – das ist jene Zahl von Menschen, die derzeit für Kurzarbeit gemeldet sind.

Und es ist die Zahl 7 – es sind 7 Prozent, die laut IWF der Abschwung der Wirtschaft in den nächsten Monaten und Jahren betragen wird. Das sind 30 Milliarden Euro, sehr geehrte Damen und Herren, die unserer Wirtschaft fehlen werden, 30 Milliarden!


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In dieser Situation befinden wir uns, und viele Arbeitslose dieses Landes wissen nicht, wann sie wieder einen Arbeitsplatz haben werden, viele Betriebe wissen aufgrund der unsicheren Auftragslage nicht, ob sie überhaupt eine wirtschaftliche Zukunft haben. Ja, und auf wen – auf wen? – können sich all diese Menschen in Österreich denn derzeit verlassen? Ist es der freie Markt, auf den sie sich verlassen können? Ist es der freie Markt, der in der Krise jetzt alles für die Menschen und die Unternehmerinnen und die Unternehmer regelt? – Nein, das führt uns diese Krise wirklich vor Augen, dieses große Nein. Es ist nicht der freie Markt! (Beifall bei der SPÖ. – Zwischenruf bei der ÖVP. – Abg. Meinl-Reisinger schlägt die Hände über dem Kopf zusammen.)

Es ist der Staat, der in dieser größten Jahrhundertkrise – Herr Haubner hat das ja auch in seiner Rede hier im Plenum angeführt (Abg. Wöginger: Das ist eine Marxismus­rede! – weitere Zwischenrufe bei der ÖVP) –, der in dieser Krise den Menschen und den Unternehmerinnen und Unternehmern Schutz und Sicherheit gibt, Schutz und Si­cherheit vor dem Fall ins Nichts (Abg. Meinl-Reisinger: Die Sicherheit ...!), in gesund­heitlicher, sozialer und wirtschaftlicher Hinsicht, sehr geehrte Damen und Herren! (Bei­fall bei der SPÖ.)

Ich kann mich noch gut erinnern: Vor ein paar Wochen, als seitens der Bundesregie­rung Hilfe angekündigt wurde, war es der Finanzminister, der persönlich gesagt hat: „koste es, was es wolle“. „Koste es, was es wolle“ – diese Einstellung bräuchte es jetzt noch immer; nicht nur am Anfang dieser Krise, sondern auch jetzt, gerade jetzt, wenn es um die Existenz von 100 000 Menschen und mehr geht, denn es werden bald mehr werden, Familien, Unternehmerinnen und Unternehmer.

Ich frage mich, warum dieser Satz, der seitens der Bundesregierung vor ein paar Wo­chen noch so laut über alle Mikrofone gesagt wurde, gerade jetzt nicht mehr gelten soll und warum Sie in den letzten Tagen und Wochen immer wieder unseren Antrag auf Er­höhung des Arbeitslosengeldes abgelehnt haben, sehr geehrte Bundesregierung. Das ist nicht nachvollziehbar! (Beifall bei der SPÖ.)

Es ist nämlich nicht nur in menschlicher Hinsicht ein Gebot der Stunde, früh zu helfen und gut zu helfen, es ist auch volkswirtschaftlich klug und notwendig, früh zu helfen, um soziale Folgeschäden für die Familien, vor allem für die betroffenen Kinder, zu ver­hindern, die am Ende vielen viel, viel mehr Geld kosten werden. Genauso notwendig ist es aber, hohe und kluge Investitionen in die Wirtschaft und in die Beschäftigung, Zukunftsinvestitionen in den notwendigen Klimaschutz, Investitionen in den öffentlichen Verkehr, in den Wohnbau zu leisten. Damit schaffen wir Arbeitsplätze, damit schaffen wir notwendige Aufträge für unsere heimischen Betriebe.

Die Krise hat auch gezeigt – das dürfen wir jetzt und vor allem dann nach der Krise nicht vergessen –, wie verwundbar wir alle sind, wie verwundbar unsere Wirtschaft und unser Land, unser Kontinent durch die Abhängigkeit von einem globalen Wirtschafts­system sind. Kein Mensch kann verstehen, dass wir monatelang auf Schutzmasken aus China warten müssen und diese nicht in Europa oder in Österreich produziert wer­den können – erst jetzt nach zwei Monaten. Wir müssen uns gut überlegen, was wir in der Produktion künftig wieder nach Österreich holen, nach Europa holen – mehr made in Austria oder made in Europe, sehr geehrte Damen und Herren! (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der Grünen.)

Wenn wir dieser Tage der Gründung der Zweiten Republik gedenken, dann müssen wir uns auch daran erinnern, dass die Werte Demokratie und Freiheit heute genauso we­nig selbstverständlich sind wie damals. Es war die deutsche Kanzlerin, die die derzeiti­ge Situation vor ein paar Tagen im Bundestag sehr treffend als „demokratische Zumu­tung“ für uns alle beschrieben hat.

Damit das nicht so bleibt, braucht es Nachvollziehbarkeit und Transparenz bei den zentralen Entscheidungen für die Zukunft, die wir gemeinsam treffen müssen.



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Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Den Schlusssatz bitte!


Abgeordnete Dr. Pamela Rendi-Wagner, MSc (fortsetzend): Kritik und Widerspruch müssen dabei nicht nur erlaubt, sondern aktiv eingefordert werden, sehr geehrte Da­men und Herren. – Vielen Dank. (Beifall bei der SPÖ.)

9.42


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Abgeordneter Angerer. – Bitte.


9.42.23

Abgeordneter Erwin Angerer (FPÖ): Herr Präsident! Geschätzte Ministerinnen! Ho­hes Haus! Geschätzte Damen und Herren! (Der Redner stellt eine Tafel, auf der vor rot-weiß-rotem Hintergrund Coronaviren abgebildet sind und die Aufschrift „Allianz gegen Coronawahnsinn.at – Jetzt reicht’s!“ zu lesen ist, auf das Rednerpult.) Ich muss sagen, es gehört wirklich Mut zu dem, was die ÖVP heute macht. Sich nach wochen­langem schwarz-grünem Coronawahnsinn hierherzustellen und eine Aktuelle Stunde zum Thema „[...] Absicherung für den Standort, die Unternehmen und die Arbeitsplät­ze“ einzuberufen, dazu gehört wirklich Mut, Herr Wöginger. (Beifall bei der FPÖ. – Abg. Wöginger: ... Förderungen! – Abg. Belakowitsch: Das habt ihr aber nicht gemacht, erst als es zu spät war! – Rufe und Gegenrufe zwischen Abgeordneten von ÖVP und FPÖ.)

Nach wochenlangem Shutdown – 1,1 Millionen Menschen in Kurzarbeit, 600 000, 700 000 Arbeitslose, 25 Prozent der Unternehmen in Insolvenzgefahr – stellt sich die ÖVP hierher und macht eine Aktuelle Stunde dazu, wie sie der Wirtschaft hilft. Ist das, was Sie da an den Tag legen, Mut oder ist das einfach grenzenlose Überheblichkeit?

Es gibt ein Sprichwort: Angst beginnt im Kopf, Mut auch. – Das muss man momentan folgendermaßen umwandeln: Angst beginnt mit Kurz, Mut mit Kopf!, weil Herr Kopf diese Aktuelle Stunde einberufen hat. Das Einzige, das Sie in den letzten Wochen ge­macht haben, ist, Angst zu schüren, und das ist Ihnen wirklich perfekt gelungen. Sie haben die österreichische Bevölkerung in Angst und Schrecken versetzt.

Was aber die Unterstützung der heimischen Wirtschaft betrifft, war das nicht nur ein Schuss ins Knie, wie es ein sehr erfolgreicher Unternehmer genannt hat, sondern das war ein Schuss ins Herz der Unternehmer, die mit Herzblut ihre Unternehmen aufge­baut haben, die diese Unternehmen mit Herzblut führen, die ihre Existenz darauf auf­gebaut haben, die ihr Vermögen in diesen Unternehmen einsetzen, die für ihre Fa­milien, für ihre Arbeitsplätze kämpfen, für ihre Arbeiter, die sie jahrzehntelang in diesen Unternehmen beschäftigt haben. Sie lassen diese Unternehmen jetzt hängen. Das ist Ihre Wirtschaftspolitik, das ist Ihre Hilfe für diese Unternehmen! – Das ist ein Schuss ins Herz! (Beifall bei der FPÖ.)

Sie haben verschiedenste Fonds aufgelegt. Ich brauche sie gar nicht alle zu erklären, um nachzuvollziehen, was Sie da gemacht haben, denn es ist ja bereits sehr aussage­kräftig, wie oft Sie etwas ändern müssen, wie oft Sie es anfassen müssen. Heute müs­sen Sie einen Mindestbonus von 500 Euro beim Härtefallfonds festlegen, weil so Ab­surditäten herauskommen, dass zum Beispiel für jemanden, der die bürokratischen Hürden überwunden hat und dessen Antrag genehmigt wird, Centbeträge oder Eurobe­träge im einstelligen Bereich herauskommen. (Abg. Kopf: Die zeigen Sie mir, die Centbeträge bekommen haben! Immer bei der Wahrheit bleiben!) Peter Haubner, was ist denn mit euch los? (Beifall bei Abgeordneten der SPÖ.) Schämt ihr euch nicht? Ich meine, das ist ja peinlich, was da passiert. Schämt ihr euch nicht? (Beifall bei der FPÖ. – Zwischenrufe bei der ÖVP.)

Die Wirtschaftskammer, Herr Kopf, weigert sich, auf ihre Rücklagen zurückzugreifen. Das sind nicht die Rücklagen der Wirtschaftskammer, das sind die Rücklagen der Un-


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ternehmer. Die haben euch die Unternehmer gezahlt, die sie schwer verdient haben. Jeder Unternehmer muss heute seine Rücklagen auflösen (neuerliche Zwischenrufe bei der ÖVP), muss die Rücklagen hernehmen, damit er über die Runden kommt.

Frau Minister, wenn einem Unternehmer das Wasser bis zum Kopf steht, braucht er keinen Schirm – da wird er sich sehr bedanken, weil er mit dem ertrinkt –, sondern einen Rettungsring. Geben Sie den Unternehmen einen Rettungsring, aber nicht einen Schirm! (Beifall bei der FPÖ.)

Nun reden Sie vom Hochfahren der Wirtschaft. Ich habe gestern mit einem Touristiker gesprochen – Herr Schellhorn hat selber ein Hotel –, der nicht weiß, wie er tun soll: Wann darf er aufsperren? Wen darf er nehmen, welche Gäste, und wie viele? Was muss sein Personal tun? Wie lange muss er das Personal beschäftigen, damit er es vielleicht dann in Kurzarbeit schicken kann? Was passiert, wenn ein Coronafall in diesem Unternehmen auftritt, wenn der Betrieb bereits wieder hochgefahren wurde? Muss er dann wieder zusperren, wird dann der Betrieb unter Quarantäne gestellt? Was ist dann, wie tut er dann weiter? Meinen Sie, dass der dann noch einmal aufsperrt? Wie soll denn das gehen?!

Diese völlige Unsicherheit, in der Sie die Unternehmen lassen, ist ein Wahnsinn. Das geht nicht. Sie müssen endlich Klarheit schaffen. Herr Anschober hat sich heute hinge­stellt und gesagt, es ist nun alles klar: Wenn man in einem gemeinsamen Haushalt lebt, muss man 1 Meter Abstand voneinander halten! – Ich muss mich also jetzt von meiner Frau trennen, wir müssen in getrennten Haushalten leben, damit ich mit ihr näher als 1 Meter zusammenkommen kann. Das ist ja verrückt, was Sie da machen!

Nun kündigen Sie ein Konjunkturpaket an. Aufgrund des bisher Geschehenen, auf­grund dessen, was Sie bisher abgeliefert haben, Frau Minister, muss man das als ge­fährliche Drohung sehen. Deshalb haben wir ein ganz einfaches Konjunkturpaket ent­wickelt – das ist wichtig, machen Sie das einfach; es ist etwas ganz Wichtiges, das un­ser Klubobmann heute schon angekündigt hat –, nämlich den Österreichgutschein: Je­der Österreicher bekommt einen Gutschein im Wert von 1 000 Euro. (Beifall bei der FPÖ.)

Das kommt eins zu eins in der Wirtschaft an. Diese Gutscheine – vom Säugling bis zum Greis 1 000 Euro; wir reden von rund 8,5 Milliarden Euro (Zwischenruf des Abg. Wöginger– kommen eins zu eins in der Wirtschaft an, sie sind bei einem österreichi­schen Unternehmen einzulösen.

Wir machen das seit Jahren, Herr Wöginger, lieber Gust Wöginger, bei uns in der Ge­meinde, und das funktioniert perfekt. (Zwischenruf der Abg. Gabriela Schwarz.) Die Leute kaufen sogar die Gutscheine, um sie zum Geburtstag zu verschenken. Das bleibt regional, das bleibt in der Region und ist also genau das, was ich gefordert habe. (Beifall bei der FPÖ.) Das bleibt bei den regionalen Unternehmen. Macht das, macht den Österreichgutschein! – Danke schön. (Beifall bei der FPÖ.)

9.48


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Abgeordnete Klubobfrau Maurer. – Bitte.


9.48.15

Abgeordnete Sigrid Maurer, BA (Grüne): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Ministerinnen und Minister! Werte Kolleginnen und Kollegen! Werte ZuseherInnen vor den Bildschirmen! Wir reden dieser Tage über die Lockerungen. Wir haben lange Wo­chen der Coronakrise hinter uns, während der sich die Menschen in Österreich solida­risch an die sehr intensiven Maßnahmen gehalten haben. Wir haben darauf verzichtet, Ostern mit unserer Familie zu feiern und die Oma persönlich zum Geburtstag zu um­armen. Nun, in der Woche der Lockerung, freuen sich viele von uns wieder darauf, ge-


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meinsam rauszugehen – das Wetter ist schön – und wieder etwas mit Familie und FreundInnen zu unternehmen. Die Krise hat uns auch gezeigt, was im Leben wirklich wichtig ist: Gesundheit, Solidarität und Sicherheit, auch finanzielle Sicherheit.

Gleichzeitig kann für ganz viele Menschen in Österreich trotz der Lockerungen keine Rede von einer wiederkehrenden Normalität oder von Sicherheit sein. Viele haben ihren Job verloren, viele wissen nicht, wie es weitergehen kann. Viele sind durch die Coronakrise in finanzielle Schwierigkeiten geraten. Menschen, die schon vorher in pre­kären Lebenssituationen waren, geht es nun noch schlechter.

Das strenge Herunterfahren, das wir Anfang März eingeleitet haben, war mit Sicherheit der richtige Weg, um keinesfalls eine Überlastung unseres Gesundheitssystems zu ris­kieren.

Diese Gesundheitskrise bringt aber wirtschaftliche Probleme, potenziell eine Wirt­schaftskrise mit sich, und jetzt, nachdem wir die Menschen vor der Gefahr, durch das Virus ihr Leben zu verlieren, geschützt haben (Heiterkeit der Abgeordneten Belako­witsch und Wurm), oder sie sich selbst, ist es unsere Aufgabe, die Menschen vor Arbeitslosigkeit und Armut zu schützen. (Beifall bei Grünen und ÖVP sowie bei Abge­ordneten der SPÖ.)

Letzte Woche habe ich hier in meiner Rede darauf hingewiesen, dass die Wirtschaft und das öffentliche Leben wieder hochzufahren auch bedeutet, die sozialen Netze wie­der hochzufahren, dass diese wieder dichter werden und dass wir uns besonders um jene kümmern, die potenziell abgehängt werden. Wir beschließen heute eine Reihe von Maßnahmen, um den Menschen, die arbeitslos geworden sind, die in sehr schwie­rige Situationen gekommen sind, zu helfen. Das erfolgt zum einen dadurch, dass wir für alle Arbeitslosen den Einkommens- und Berufsschutz verlängern und für alle Not­standshilfebezieherInnen den Bezug in Höhe des Arbeitslosengeldes garantieren; das bedeutet, auch für diejenigen, die jetzt schon in der Notstandshilfe sind, ein Einkom­mensplus von 10 Prozent.

Wir beschließen heute die Verdoppelung des Familienhärtefonds auf 60 Millionen Eu­ro 30 Millionen Euro haben wir bereits für diejenigen beschlossen, die durch Corona arbeitslos geworden sind, 30 Millionen Euro kommen jetzt für diejenigen dazu, die schon davor arbeitslos waren – sowie die Möglichkeit, Mieten und Kreditrückzahlungen für drei Monate zu stunden, und eine sehr lange Frist zur Abzahlung dieser Miet­rückstände, nämlich bis Mitte 2022. Das sind Maßnahmen, die finanziell belastete Haushalte entlasten. (Beifall bei Grünen und ÖVP.)

Das sind in Summe bis zu 140 Millionen Euro, die direkt in den Geldbörsen der Men­schen landen, die jetzt besonders betroffen sind, die arbeitslos sind. Eine Hilfe in ei­nem derartigen Umfang hat es auch nach der Wirtschaftskrise, nach dem Finanz­crash 2008 für diese Gruppen nicht gegeben. Das ist das, was wir jetzt akut tun müs­sen, aber es gilt natürlich, längerfristig Sicherheit zu schaffen und zu garantieren.

Wir alle wissen jetzt, wie es sich anfühlt, in der Krise zu stecken. Es gibt aber eine wei­tere Krise, die bereits vor Corona da war und der wir uns jetzt während Corona und nach Corona erst recht widmen müssen: Das ist die Klimakrise. Gegen diese wird es keine Impfung geben, sondern da hilft nur radikales Umdenken im Wirtschaften. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Sichere Arbeitsplätze und nachhaltige Wirtschaft sind zwei Dinge, die sich nicht nur wunderbar miteinander verknüpfen lassen, sondern die miteinander verknüpft werden müssen. Wir kommen raus aus dieser Krise, aus der Klimakrise, aus der Coronakrise und der Krise der Arbeitslosigkeit, indem wir Green Jobs schaffen, indem wir auch da massiv in eine nachhaltige Zukunft investieren, sowohl für das Klima und die Umwelt als auch für die Arbeitsplätze.


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Wir brauchen eine Arbeitsmarktpolitik, wir brauchen Erwerbstätigkeit, die vor Armut schützt, und dementsprechend brauchen wir jetzt gezielte Investitionen, um die Men­schen abzusichern und auch unser Klima und die Umwelt abzusichern. – Vielen Dank. (Beifall bei Grünen und ÖVP. – Abg. Kickl: Irgendwie ist die Luft draußen! – Zwischen­ruf des Abg. Martin Graf.)

9.53


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Abgeordnete Klubobfrau Meinl-Reisinger. – Bitte.


9.53.28

Abgeordnete Mag. Beate Meinl-Reisinger, MES (NEOS): Herr Präsident! Sehr ge­ehrte Frau Bundesministerin! Sehr geehrter Herr Bundesminister! Werte Kolleginnen und Kollegen! Lassen Sie mich bitte eingangs ein paar Worte zu 75 Jahre Zweite Re­publik sagen, da das gestern ja doch ein sehr wichtiger Tag in Österreich war – ei­gentlich ein Tag zum Feiern und ein Grund, um auf das stolz zu sein, was erreicht wurde, ein Tag, um in Dankbarkeit zurückzudenken, vor allem in Dankbarkeit dafür, wie viel gegeben wurde, um für diese Freiheit, für den Wohlstand und für den Frieden zu kämpfen.

75 Jahre Frieden und Wohlstand, das haben wir nicht alleine geschafft. Es ist mir wich­tig, heute zu betonen, dass die Errungenschaften von Freiheit, Wohlstand und Frieden gesamteuropäische waren und gerade auch in der europäischen Einigkeit gelegen sind. Wenn ich eine Vision oder einen Ausblick auf die Zukunft Österreichs geben möchte, dann ist es mir wichtig, dass diese Einigkeit in Europa auch weiter Bestand hat, weil sie ein Garant, wenn Sie wollen, der einzige Garant für Frieden, Freiheit und Wohlstand ist. (Beifall bei den NEOS.)

Ich glaube, in der Zukunft braucht es mehr Liberalität und definitiv nicht weniger. Illibe­ralität und Autoritarismus sind nicht die Zukunft, die wir in Österreich sehen wollen. Es braucht mehr Transparenz, mehr Vertrauen, mehr Rechenschaft von den Regierenden, mehr Verlässlichkeit und nicht weniger. Meine sehr geehrten Damen und Herren, ich möchte jetzt nicht im Detail darauf eingehen, aber was es in der Zukunft definitiv nicht braucht, ist eine Politik der Angst oder mit der Angst. (Beifall bei den NEOS und bei Abgeordneten der SPÖ.)

Freiheit in Verbundenheit – wenn ich eine Vision habe, dann diese. Lassen Sie uns gemeinsam diesen Weg beschreiten, in Freiheit und Verbundenheit!

Das bringt mich schon zu einem anderen Thema, das ich jetzt sehr aktuell aufbringen möchte. Ich habe ja heute um 8 Uhr die Pressekonferenz der Bundesregierung ver­nommen, und dankenswerterweise ist eine Presseinformation der Bundesregierung gleich mitgeschickt worden und auch an uns Klubs verteilt worden. Darin ist zum Thema Klarheit und Verlässlichkeit zu lesen, und auch Rechtsstaatlichkeit ist immer ein wichtiges Thema, das angesprochen wurde.

Ich zitiere jetzt nicht alles, aber zum Thema Ausgangsbeschränkungen steht da: „Auch im privaten Bereich empfehlen wir den Menschen, dass sie sich ebenfalls an diese Regelungen halten.“ – Dabei geht es um die Frage, wie viele Personen, nämlich maxi­mal zehn Personen und mit Abstand. – „Es wird im privaten Bereich allerdings vorerst keine Kontrollen dazu geben.“ (Heiterkeit des Abgeordneten Kickl.)

Meine sehr geehrten Damen und Herren, das trägt nicht gerade dazu bei, dass es Ver­trauen, Zuversicht und Verlässlichkeit gibt! Rechtssicherheit bedeutet auch, dass ich heute von Ihnen die Garantie haben möchte, dass Sie uns im privaten Bereich, in un­seren Wohnungen zukünftig bitte in Ruhe lassen! (Beifall bei NEOS und FPÖ sowie bei Abgeordneten der SPÖ.)


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Verlässlichkeit und Vertrauen sind auch gute Stichwörter für die Frage der Wirt­schaftshilfen. So radikal die Regierung beim Shutdown vorgegangen ist, mit großer Geste, so wesentlich wäre Gewissenhaftigkeit und vor allem Praxisnähe danach gewe­sen. Und ich sage das gerne zum hundertsten Mal – weil ich auch oft den Eindruck bekomme, dass Sie gerne in die Polarisierung gehen, Kritik als Skepsis abtun, und das dürfen Sie bitte nicht verwechseln –: Wir haben die Maßnahmen im März nicht nur mit­getragen, wir haben sie zum Teil auch angestoßen und angeregt – das ist mir wichtig –, gleichzeitig aber betont, wie wichtig es ist, auf diese Balance zwischen Gesundheit, Gesellschaft und Wirtschaft zu achten, und wie wichtig der praxisnahe Blick auf die Auswirkungen auf Gesellschaft und Wirtschaft ist.

Die große Geste war auch da – nicht ganz zu Beginn, aber relativ bald, nach einigen Mahnungen –, als dann gesagt wurde: „Koste es, was es wolle!“ – Das ist natürlich ei­ne Aussage, die manchen Unternehmerinnen und Unternehmern, die jetzt, Wochen und unzählige Bürokratiestunden danach, feststellen, dass sie sich die Krise vornehm­lich selber zu zahlen haben, den Hohn und den Spott vor Augen führt.

„Koste es, was es wolle!“ bedeutet, dass sich viele Unternehmerinnen und Unterneh­mer diese Krise selber zahlen. Und das wissen Sie auch! (Beifall bei den NEOS und bei Abgeordneten der SPÖ.)

Ich habe hier letzte Woche ein sehr leidenschaftliches Plädoyer dafür gehalten, dass Kinder und Familien eine verstärkte Lobby in dieser Regierung brauchen, und bin froh, dass das auch Wirkung gezeigt hat. Ich möchte heute dieses leidenschaftliche Plä­doyer für die vielen Unternehmerinnen und Unternehmer – EPUs, Künstlerinnen und Künstler, Start-ups – halten, die Sie in einem Bürokratiedschungel alleinlassen, der seinesgleichen sucht: Es braucht Transparenz und Verlässlichkeit, denn die Auswir­kungen sind massiv.

Sehr geehrte Frau Ministerin Aschbacher! Wie hoch ist denn die aktuelle Arbeitslosen­zahl? (Ruf: 600 000!) Mich würde das tatsächlich interessieren. (Abg. Loacker: ... Ka­binett imstande sein ...!) Wir haben die Zahl vom 1. April: 600 000 Menschen. Wir wissen, es gibt 1,1 Millionen Anträge für Kurzarbeit, das heißt, wir können davon aus­gehen, dass wir mit Ende April vielleicht schon fast die Hälfte der unselbstständig Be­schäftigten in Österreich ohne Arbeit haben werden – entweder arbeitslos oder in Kurzarbeit. Ihre Beteuerungen und Beschwichtigungen sind ein Hohn angesichts die­ser Zahlen, die Sie uns nicht einmal offenlegen.


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Den Schlusssatz bitte!


Abgeordnete Mag. Beate Meinl-Reisinger, MES (fortsetzend): Meine sehr geehrten Damen und Herren! Echte Wirtschaftshilfe bedeutet, den Unternehmerinnen und Unter­nehmern rasch Geld zukommen zu lassen und sie nicht dabei alleinzulassen, sich die Krise selber zu finanzieren. – Vielen herzlichen Dank. (Beifall bei den NEOS und bei Abgeordneten der SPÖ. Abg. Matznetter: Das ist jetzt aber gemein, Beate, ... sie weiß es ja nicht!)

9.59


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Abgeordneter Melchior. – Bitte.


9.59.18

Abgeordneter Alexander Melchior (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr ge­ehrte Kolleginnen und Kollegen! Sehr geehrte Mitglieder der Bundesregierung! Sehr geehrte Damen und Herren! Ich habe vor zwei Tagen eine Zeitung in Händen gehalten, die war vom Jänner. Und wenn wir uns überlegen, welche Themen uns im Jänner be­schäftigt haben, dann sehen wir, dass sich innerhalb weniger Wochen vieles verändert hat. (Abg. Belakowitsch: Wir haben Ende April!)


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Wir haben jetzt Wochen hinter uns, die uns vor große Herausforderungen gestellt ha­ben. Wir waren auf einmal mit der Herausforderung konfrontiert, dass wir Menschen schützen müssen, dass wir darauf achten müssen, dass wir das Gesundheitssystem nicht überlasten. Wir haben die Situation, dass Unternehmen staatliche Hilfe brauchen, dass Menschen ihren Arbeitsplatz verloren haben oder in Kurzarbeit sind. Wir haben erlebt, dass Menschen einsam sind, wir haben erlebt, dass Menschen krank geworden sind, und wir haben auch erlebt, dass Menschen die Coronazeit nicht überlebt haben. – All das hat uns beschäftigt.

Wir sehen aber auch, was uns in dieser Zeit auch geprägt hat, nämlich ein unfassbarer Zusammenhalt, eine Geschlossenheit in Österreich, die unfassbar ist. An dieser Stelle möchte ich mich bei allen bedanken, die in dieser Krise so zusammengehalten haben und so entschlossen durch diese Krise gegangen sind. – Vielen Dank! (Beifall bei ÖVP und Grünen.)

Wir erleben aber, dass diese Krise keine Krise ist, die nur in Österreich besteht; nein, es ist eine globale Krise. Jedes Land ist betroffen, und verschiedene Länder sind ganz unterschiedlich mit diesem Thema, mit diesem aggressiven Virus umgegangen. Einige Länder haben gar nicht reagiert, andere Länder haben sehr spät reagiert, andere Länder haben sehr lasch reagiert. Noch letzte Woche hat die Freiheitliche Partei zum Beispiel Schweden als das Erfolgsmodell bezeichnet. Zuerst haben die Freiheitlichen den kompletten Shutdown gefordert, dann haben sie das Modell Schweden hervorge­hoben und jetzt reden sie vom „Coronawahnsinn“. Ich glaube, es tut gut, dass die Bun­desregierung keinen Zickzackkurs fährt, sondern dass es ein konsequentes und be­hutsames Vorgehen seitens der Bundesregierung gegeben hat. (Beifall bei ÖVP und Grünen.)

So, wie es den Zusammenhalt während der Gesundheitskrise gegeben hat, braucht es jetzt einen Zusammenhalt hinsichtlich der Wirtschaftskrise. (Zwischenruf des Abg. Leichtfried.) Wir müssen zusammenhalten. Wir haben in Österreich schon so viel ge­schafft. Gestern haben wir das 75-Jahr-Jubiläum der Republik gefeiert, und da haben wir gesehen: Auch der Blick zurück macht sicher: Wir werden diese Krise meistern und wir werden mit neuer Kraft daraus hervorgehen!

Die Bundesregierung hat schon viele Maßnahmen gesetzt, auch für die Unternehme­rinnen und Unternehmer. Danke an die Bundesregierung für all die Maßnahmen, die gesetzt wurden! Der Härtefallfonds, die Garantien, die Kurzarbeit – auch dieses Thema ist schon angesprochen worden – sind wirklich wichtige Maßnahmen, die gesetzt wor­den sind.

Eines wurde heute aber auch schon angesprochen: Wir brauchen das Comeback für Österreich, und dazu braucht es eine große Kraftanstrengung. Ich bin dem Bundes­kanzler in diesem Zusammenhang sehr dankbar, dass er gestern in seiner Rede Fol­gendes ganz klargemacht hat (Abg. Leichtfried: Das ist ...!): Wir müssen die Men­schen entlasten, wir müssen vor allem die Bezieher geringer und mittlerer Gehälter schnellstmöglich entlasten. – Das ist soziale Gerechtigkeit und das ist das, was wir wollen. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Grünen.)

Wir wollen den Unternehmen auch die Kraft zurückgeben, wir wollen sie auf diesem Weg unterstützen, und wir wollen investieren. Wir wollen den Unternehmen die Mög­lichkeit geben, Arbeitsplätze zu schaffen, das soll ihnen so leicht wie möglich gemacht werden.

Wenn wir alle gemeinsam unsere Kraftanstrengungen bündeln, dann werden wir die Krise meistern. Davon bin ich überzeugt. – Danke. (Beifall bei der ÖVP und bei Abge­ordneten der Grünen.)

10.04



Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll27. Sitzung, 28. April 2020 / Seite 42

Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Wim­mer. (Abg. Leichtfried: Das wird jetzt eine gute Rede! – Abg. Rainer Wimmer – auf dem Weg zum Rednerpult –: Na, schauen wir mal! – Zwischenrufe bei der ÖVP.)


10.04.12

Abgeordneter Rainer Wimmer (SPÖ): Geschätzter Herr Präsident! Meine sehr ge­schätzten Mitglieder der Bundesregierung! Liebe Kolleginnen, liebe Kollegen! Kollege Haubner ganz am Anfang und jetzt gerade Kollege Melchior haben nicht vergessen, auch dem Bundeskanzler zu danken. Meine sehr geschätzten Damen und Herren, die­se Huldigungen sollten langsam ein Ende finden. (Beifall bei der SPÖ sowie bei Abge­ordneten von FPÖ und NEOS. – Abg. Wöginger: Warum?) Diese Überlegenheit, diese Unfehlbarkeit, dieses Messiashafte immer wieder hervorzustreichen wird – unter Freunden gesagt – langsam lächerlich und peinlich, meine sehr geschätzten Damen und Herren (Beifall bei der SPÖ sowie bei Abgeordneten von FPÖ und NEOS), vor allem deshalb, weil der Bundeskanzler nicht unfehlbar ist: Mittlerweile – seitdem wir gestern beim Frühstück im Radio davon erfahren haben – wissen wir von einem Proto­koll, das zeigt, wie die Strategie angelegt worden ist. Ich würde da also ein bisschen vorsichtiger sein.

Immer wenn die ÖVP erwischt wird, kommt als erster Punkt: Das ist eine Fälschung. (Zwischenrufe der Abgeordneten Hafenecker und Kickl.) Das ist eine Fälschung, da ist irgendetwas passiert. – Wenn man dann ein bisschen nachforscht und es dann ein bisschen genauer wird, wird relativiert und gesagt: Na ja, das ist nicht so gemeint ge­wesen.

Lasst es mich ganz deutlich sagen: Angst zu verbreiten, Unsicherheit zu schüren, Men­schen absichtlich in Unsicherheit zu treiben, Ängste mit Bildern noch zu verstärken – das sind Praktiken, die wir von Diktaturen kennen, meine lieben Kolleginnen und Kollegen! (Beifall bei der SPÖ.) Wer so etwas bewusst macht, handelt niederträchtig, liebe Freundinnen und Freunde! (Zwischenruf des Abg. Martin Graf.) Wenn dieses Protokoll des Krisenstabes wirklich keine Fälschung ist, dann hat der Bundeskanzler Handlungsbedarf. (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der FPÖ.)

Gestern hat es wieder einmal eine Pressekonferenz gegeben – ich zähle ja nicht mehr mit, weil es täglich welche gibt –, und der Bundeskanzler hat als großes Ziel festgelegt, die Deregulierung der Wirtschaft voranzutreiben. Wenn man das hört, dann weiß man schon, das ist ein bisschen gefährlich, denn wir kennen ja die Liste: Gold Plating und so, Urlaubs- und Weihnachtsgeld werden infrage gestellt, mehr als drei Wochen Urlaub werden infrage gestellt. (Abg. Steinacker: Geh!) Da müssen wir ein wenig hellhörig sein, liebe Kolleginnen und Kollegen! Wenn Deregulierung bedeutet, den Arbeitneh­merschutz herunterzufahren, wenn Deregulierung bedeutet, Arbeitnehmerrechte einzu­schränken, dann werden Sie mit ganz großem Widerstand von uns zu rechnen haben, geschätzte Damen und Herren der Regierung! (Beifall bei der SPÖ.)

Schauen wir uns ein aktuelles Beispiel an: Was im Moment bei den Fluggesellschaften Ryanair und Laudamotion abgeht, geschätzte Damen und Herren, ist menschenver­achtend! Da werden Mitarbeiter erpresst, es werden Lohn- und Gehaltsverzicht sowie Verzicht auf alle Sozialleistungen mit der Drohung, dass sonst der Standort geschlos­sen wird, angeordnet. Meine Damen und Herren, wenn das unter Deregulierung ver­standen wird, dann werden wir der Bundesregierung einen Baum aufstellen! (Beifall und Bravoruf bei der SPÖ. – Zwischenruf bei der ÖVP.)

Die 38 Milliarden Euro sind heute schon angesprochen worden: Jawohl, das ist wahn­sinnig viel Geld, und es ist auch gut so, dass man der Wirtschaft unter die Arme greift. Geschätzte Damen und Herren der Bundesregierung, Sie haben aber auf die wich­tigsten Akteure vergessen, Sie haben auf die vielen Kolleginnen und Kollegen verges­sen, die dieses Land am Laufen halten, die Tag und Nacht ihre Arbeit leisten, damit wir


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alles bekommen, was wir zum Leben brauchen. (Zwischenruf des Abg. Haubner.) Hier wird zwar applaudiert, hier wird zwar gelobt, es wird ihnen zwar auch virtuell auf die Schulter geklopft, aber, Kolleginnen und Kollegen, vom Schulterklopfen können die Leute nicht runterbeißen! (Beifall bei der SPÖ.)

Wir, der Österreichische Gewerkschaftsbund, haben daher vorige Woche eine Initiative gestartet, um den Menschen auch Geld zukommen zu lassen. Wir haben bisher mehr als 100 000 Unterschriften für den Coronatausender gesammelt. Wenn ihr die Leute schon bisher vergessen habt, meine sehr geschätzten Damen und Herren der Regie­rungsfraktionen, dann holt das jetzt bitte nach! Die Menschen brauchen das ganz drin­gend.

Lassen Sie mich zum Abschluss noch einen Satz sagen! Der Herr Bundeskanzler hat ja in den letzten Tagen überall verkündet: Am 1. Mai werden wir unser Land wieder hochfahren. – Das ist kein Versprecher, wir wissen ja, dass der Kanzler sehr gut for­muliert und genau weiß, was er sagt. In der letzten Plenarsitzung hat er das drei Mal genau so formuliert. Es hat dann noch irgendein Interview von einem deutschen Sen­der gegeben, in dem er das wieder so formuliert hat. Ich möchte das wirklich in aller Klarheit sagen, ich möchte das, weil ich jetzt die Gelegenheit habe, ein für alle Mal festhalten: Herr Bundeskanzler, Sie fahren am 1. Mai gar nichts herunter! – Entschuldi­gung, Sie fahren gar nichts hoch! (Heiterkeit.) Sie fahren am 1. Mai gar nichts hoch! Am 1. Mai ist Staatsfeiertag, meine Damen und Herren, und den lassen wir uns auch vom Bundeskanzler nicht madigmachen! (Beifall bei der SPÖ.) Wir lassen uns diesen Feiertag auch nicht wegnehmen, so wie es beim Karfreitag passiert ist. Da ist man kalt­schnäuzig drübergefahren - -


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Den Schlusssatz bitte, Herr Abgeordneter!


Abgeordneter Rainer Wimmer (fortsetzend): Danke. (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Leichtfried: Das war nicht nur eine gute, das war eine sehr gute Rede! – Zwischenrufe bei der ÖVP.)

10.09


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Rag­ger. – Bitte.


10.10.06

Abgeordneter Mag. Christian Ragger (FPÖ): Wenn jetzt wieder Ruhe im Haus ein­kehrt, dann werden wir etwas ein bisschen ins richtige Licht rücken. (Der Redner stellt eine Tafel, auf der vor rot-weiß-rotem Hintergrund Coronaviren abgebildet sind und die Aufschrift „Allianz gegen Coronawahnsinn.at – Jetzt reicht’s!“ zu lesen ist, auf das Red­nerpult.)

Sehr geehrter Herr Präsident! Geschätzte Minister! Liebe Abgeordnete des Hauses! Ich erinnere mich an eine Sendung im ORF, die hat „Kinder erzählen“ geheißen – ich weiß nicht, ob es die ältere Generation noch weiß –: Da hat man immer gesehen, wie Kinder einen Begriff erklären und probieren, das auf ihre kindliche Art zu machen. So ähnlich kommt mir das in der Regierung vor: Sie probieren auch, über etwas zu spre­chen, worüber Sie im Grunde genommen wirklich in weitester Ferne überhaupt eine Ahnung haben.

Wir wollen heute einmal wirklich ins richtige Licht rücken, was diese Regierung uns an­getan hat. Abgesehen davon, dass man ja fast glaubt, dass man in einem Hollywood­krimi ist, setzt man den Balken ganz hoch an, führt dieses ganze Land in Angst und Schrecken, schreit: Man wird Tote kennen!, und dann schafft man ein Konjunkturpaket.

Dieses wunderbare Konjunkturpaket dieser Regierung, mit der Handschrift der ÖVP und dem Beiwagen der Grünen, möchte ich Ihnen heute vor Augen führen: Am 15. März


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beschließen wir 4 Milliarden Euro; Frau Schramböck stellt sich heraus und sagt: Wir werden den kleinen und mittleren Betrieben helfen! – Am 16. März kassiert Frau Schramböck mit allen ihren Ministern 8,6 Milliarden Euro an Steuereinnahmen ein. – Da machen wir den ersten Überschuss.

Dann, ein paar Tage später, machen wir einen Härtefallfonds mit 18 Milliarden Euro. Wie hat Didi Mateschitz gesagt? – Ins Knie schießen müssen wir uns, wenn wir das nehmen! – Einen Notfallfonds zu nehmen, der auf Darlehen basiert, auf Verbindlichkei­ten! Das heißt, Sie nehmen es in Kauf, unsere Unternehmer für die nächsten zehn, 20 Jahre zu verschulden! Ist Ihnen das bewusst? (Beifall bei der FPÖ.)

Dann kommen wir zum dritten Höhepunkt: Vollmundig stellen sich der Kanzler und der Herr Finanzminister heraus und sagen zu uns: Ja, ja, wir werden euch auch Garantien geben! Wir werden euch bei der AWS Haftungen geben! So, und wir werden euch Steuerstundungen geben! – Das sind zwei Bereiche, und ich bin mir nicht sicher, ob Sie verstanden haben, was das bedeutet. – Steuerstundungen kann man nur geben, wenn man vorher eine Steuer eingenommen hat. Sie können aber nichts einnehmen, wenn Sie kein Unternehmen haben, das noch Steuern zahlt. Das heißt, das sind Gel­der unserer Unternehmen gewesen, die Sie groß und mutwillig gestundet haben. Das ist nicht unsere Art der Politik, wie wir sie haben wollen und wie wir sie verstehen.

Auf der anderen Seite kämpfen wir dann wochenlang mit der Europäischen Union und sprechen darüber, dass wir die letzten 20 Prozent, die jede Bank sicherstellen muss – ansonsten haben Sie einen Untreuetatbestand –, nachzulassen haben, und keiner sagt mit einem Wort dazu, liebe Frau Ministerin Schramböck, kein Mensch sagt dazu, dass es nicht nur um die 20 Prozent geht, sondern dass auch innerhalb der 80 Prozent dieser AWS-Haftung die AWS eine Sicherheit von den Unternehmern persönlich ver­langt. Das heißt, wir reden von 30 bis 35 Prozent, die sie als Eigenkapital setzen müs­sen. Das haben Sie alles verabsäumt! (Bundesministerin Schramböck: Das ist ja ab­solut gelogen!) Das erzählen mir jeden Tag meine Unternehmer. Wir begleiten 500 Un­ternehmen in meiner Rechtsanwaltskanzlei, glauben Sie mir, ich weiß, wovon ich jeden Tag spreche und welche Probleme wir in der Realität haben – im Gegensatz zu dem Elfenbeinturm, in dem Sie sitzen! (Beifall bei der FPÖ.)

Warum das alles so leicht nachvollziehbar ist, ist relativ einfach: Seien Sie doch ehr­lich, was Sie angestellt haben! Sie haben uns am 15. März ein Paket aufs Auge ge­drückt, mit dem Sie einen unbeschränkten Rechtsanspruch im Epidemiegesetz, den wir gehabt haben, in einen Härtefallfonds umgewandelt haben, aus lauter Angst, dass Sie diese Problematik der Coronakrise nicht in den Griff kriegen. Was ist da nämlich drinnen gestanden? – Rechtsanspruch für alle Unternehmer, Rechtsanspruch für jeden Betrieb, der zugesperrt wird! Das haben Sie daraus gemacht: aus einem unbeschränk­ten Anspruch haben Sie einen Härtefallfonds gemacht, bei dem jeder Unternehmer zum Bittsteller werden muss.

Das ist auch nicht unsere Art der Politik, daher haben wir gesagt, wir müssen jetzt die Chance ergreifen, nämlich das wichtigste Asset in einer volkswirtschaftlichen Entwick­lung sicherzustellen, und das heißt einzig und allein: Konsum. Wie können wir konsu­mieren? – Indem wir jedem Österreicher Geld geben: 1 000 Euro für jeden Österrei­cher, die er in einem Betrieb in Österreich auszugeben hat! – Das verstehen wir unter Konjunkturpolitik und -entwicklung! (Beifall bei der FPÖ.)

Wenn Ihr Regieplan langsam eine Delle bekommen hat, dann schauen Sie in die an­deren Staaten, was jetzt passiert, denn eines wird gewiss sein: Sollten Sie diese Wirt­schaft nicht in den Griff bekommen, dann wird Ihr wohlgeschätzter Bundeskanzler ein­schließlich der grünen Alternativregierung bald ein jähes Ende finden, so wie die Co­ronakrise ein Ende findet. – Danke. (Beifall bei der FPÖ.)

10.15



Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll27. Sitzung, 28. April 2020 / Seite 45

Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Abgeordneter Schwarz. – Bitte.


10.15.19

Abgeordneter Mag. Dr. Jakob Schwarz, BA (Grüne): Herr Präsident! Geschätzte Mit­glieder der Bundesregierung! Kolleginnen und Kollegen! Die wirtschaftlichen Notfall­maßnahmen der Regierung haben im Sinne des Titels dieser Aktuellen Stunde und entgegen den Beteuerungen von Ihnen tatsächlich wirksam dazu beigetragen, Arbeits­plätze und Unternehmen zu sichern (Zwischenruf des Abg. Kassegger): für 1,1 Millio­nen ArbeitnehmerInnen, die in Kurzarbeit sind; für Hunderttausende Einpersonenunter­nehmen, denen mit dem Härtefallfonds sehr schnell geholfen worden ist, dessen Be­zieherkreis ständig erweitert wird; für unzählige KMUs, denen die Zahlungsfähigkeit gesichert wurde und die je nach Umsatzentfall auch einen Zuschuss zu den Fixkosten bekommen, also eben nicht nur Kredite und Garantien.

Uns war allerdings auch wichtig, dass die Lasten fair verteilt sind (Zwischenruf der Abg. Belakowitsch), das heißt, dass die Richtlinien des Corona-Krisenfonds sicherstellen, dass es Hilfen für große Unternehmen nur dann gibt, wenn die MitarbeiterInnen nicht gekündigt werden, sondern maximal in Kurzarbeit geschickt werden, wenn Dividenden nicht ausgeschüttet werden und Managerboni beschränkt werden. (Beifall bei den Grü­nen sowie der Abgeordneten Baumgartner und Gabriela Schwarz. – Abg. Leicht­fried: Das war jetzt wenig Applaus bei der ÖVP...!) – Danke; dafür vielleicht von Ihnen, Herr Leichtfried!

Zusätzlich wird bei allen Maßnahmen vorausgesetzt, dass die Unternehmen maßgebli­che operative Tätigkeiten in Österreich haben und dass sie ihre Gewinne nicht in Steu­eroasen verschieben. Das, glaube ich, ist ein Erfolg, der auch eine grüne Handschrift zeigt. (Beifall bei den Grünen sowie des Abg. Hechenberger.)

Ich weiß, dass das für jene 600 000 Arbeitslosen und für die EPUs, die vielleicht trotz­dem durch die Hilfsmaßnahmen durchgerutscht sind, wenig tröstlich sein wird; aber ich weiß auch um das ernsthafte Bemühen der Bundesregierung, bei den Instrumenten laufend nachzubessern, wenn sich herausstellt, dass irgendwo Lücken bestehen. Zu­gleich kommt jetzt aber eine neue Phase, in der Sofortmaßnahmen und Überbrückun­gen durch langfristige, nachfragewirksame Maßnahmen ersetzt werden müssen, und dazu braucht es auch einen Blick nach vorne, das heißt mittel- und langfristig den Standort, die Arbeitsplätze und die Unternehmen zu sichern.

Wie schaut die Wirtschafts- und Arbeitswelt nach beziehungsweise mit Corona aus? –Die Strategieberatung McKinsey erwartet unter anderem, dass physische Distanz wie­der eine größere Rolle spielen wird. Das heißt, die globale Wertschöpfungskette hat sich als zu krisenanfällig gezeigt, und regionale Produktion wird wahrscheinlich wieder stärker in den Vordergrund kommen. Effizienzüberlegungen werden durch Resilienz­überlegungen ergänzt; auch da gibt es – man hört es schon, glaube ich, ein bissl raus – einen Konnex zur Klimakrise: Menschliche Kontakte entlang der Wertschöp­fungskette werden vom Rohstoffgewinn bis zum Vertrieb reduziert werden. Die Be­deutung des Staates wird wieder zunehmen; die Regierungen greifen schon jetzt stär­ker ein, und sie werden das auch in Zukunft machen.

Eine vorausschauende Wirtschaftspolitik macht sich all diese Veränderungen zunutze, und viele dieser Effekte der Coronakrise, die ich gerade aufgezählt habe, ergeben Sy­nergien mit der Bewältigung der Klimakrise. Eine mittelfristige Standortpolitik kann oh­nehin nur im Sinne der globalen Nachhaltigkeitsziele verstanden werden, in der Nach­haltigkeit, soziale Gerechtigkeit und nachhaltige wirtschaftliche Entwicklung im Ein­klang zu sehen sind und kurzfristigen wirtschaftlichen Interessen kein Vorrang gegeben wird. (Beifall bei den Grünen sowie der Abgeordneten Haubner und Gabriela Schwarz.)


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll27. Sitzung, 28. April 2020 / Seite 46

Nutzen wir die Erfahrungen und Einsichten, die diese Krise mit sich gebracht hat, und setzen wir gemeinsam ambitionierte Maßnahmen in den Bereichen Verkehr, Gebäude, in der Luftfahrt, in der Pflege und auch im Tourismus! Wir haben gesehen, worauf wir verzichten können und worauf wir auf keinen Fall verzichten wollen. Wir wollen nicht um jeden Quadratmeter Beton kämpfen. Wir haben gesehen, dass es leere Straßen und Parkplätze gegeben hat und wie viel Platz die Autos einnehmen. Ich glaube, dass wir auf den gedrängten Gehsteigen (Zwischenruf der Abg. Belakowitsch) und bei den engen Eingängen zu den Bundesgärten festgestellt haben, wo wir den Platz dringend brauchen. (Beifall bei den Grünen.)

Die rein regionalen Produktionen werden wieder wertgeschätzt, auch Berufe, die lange Zeit nicht besonders wertgeschätzt worden sind, werden jetzt wieder wertgeschätzt. Die Berücksichtigung von realen Transportkosten würde uns dabei helfen, unsere Wirt­schaft resilienter zu machen und gleichzeitig den Klimawandel zu bekämpfen. Wir ha­ben auch erkannt, dass in Bezug auf Arbeit viel von zu Hause erledigt werden kann, dass wir uns viele Arbeitswege dabei sparen können. Wir haben gleichzeitig festge­stellt, dass es dafür gute Schulen, durchgängige Kinderbetreuung und einen Breitband­anschluss braucht.

Und wir haben erlebt, dass viele junge Leute in dieser Krise über Wochen darauf ver­zichtet haben, Freunde zu treffen, in die Schule, an die Unis, zum Sport und zu Partys zu gehen, und dafür vielfach Älteren und Hilfsbedürftigen geholfen haben. Der Klima­schutz ist die Chance, diese Solidarität auch den jungen Leuten entgegenzubringen. (Beifall bei den Grünen sowie des Abg. Smolle.)

Die Coronakrise hat viele Jobs vernichtet, aber gerade die Investitionen in den Klima­schutz, die beschäftigungsintensiv sind – man denke an die thermische Sanierung –, können einen Beitrag leisten, um wieder Jobs zu schaffen.

Die Politik war in dieser Krise nicht zögerlich, sondern entschlossen. Die frühe Reak­tion hat sich ausgezahlt, und so ist es auch beim Klima. Gerade diese Regierung ist mit dem Ziel angetreten, wirtschaftliche, soziale und ökologische Nachhaltigkeit zu ver­einen, und ich glaube, dass die Wirtschafts- und Konjunkturpolitik der nächsten Monate das auch widerspiegeln wird. – Vielen Dank. (Beifall bei Grünen und ÖVP.)

10.20


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Schell­horn. – Bitte.


10.21.04

Abgeordneter Josef Schellhorn (NEOS): Herr Präsident! Frau Minister! Herr Minister! Geschätzte Frau Minister, aus meinen Whatsapp-Nachrichten kann ich schließen, dass sich viele Unternehmer gefragt haben: Was soll diese Aktuelle Stunde? Wir haben schon 61 Politpressekonferenzen hinter uns – was will uns die ÖVP oder die Wirt­schaftsministerin jetzt damit sagen?

Peter Haubner hat erwähnt, dass die Leistungsfähigkeit der Unternehmen in der Ver­gangenheit sehr groß war. Das stimmt, aber die Leidensfähigkeit ist viel größer, und ihr setzt sie auch noch aufs Spiel, wenn ich mir vergegenwärtige, wie da in der Vergan­genheit mit Zahlen herumgeschmissen worden ist, mit denen man versucht hat, den Unternehmen Zuversicht zu geben. Der Finanzminister hat gesagt, 10 Milliarden Euro, ein paar Tage später hat der Bundeskanzler gesagt, 14 Milliarden Euro wurden schon überwiesen; beide haben gesagt: wurden schon überwiesen. Herr Finanzminister Blü­mel hat gesagt, 400 Millionen Euro an die Wirtschaftskammer wurden schon akkor­diert. (Zwischenbemerkung von Bundesministerin Schramböck.) Die Frau Wirtschafts­minister hat von 38 Milliarden Euro gesprochen, aber nicht dazugesagt, wie das gehen wird. Zusammen mit Bankensprecher Treichl und Minister Blümel hat sie gesagt: Ihr


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll27. Sitzung, 28. April 2020 / Seite 47

braucht euch keine Sorgen zu machen, liebe Unternehmer; 100 Prozent Haftungen, das funktioniert ganz unbürokratisch!

Ich habe am Freitag einen Aufruf an die Unternehmer gemacht und sie ersucht, zu schildern, was sie denn so für Probleme haben, und ich kann Ihnen sagen, die Hälfte davon (einen dicken Packen Papier in die Höhe haltend) – das sind über 500 Antwor­ten – beklagt Liquiditätsprobleme. Keiner meiner Vorredner hat irgendetwas von den Basel-III-Kriterien gesagt, an die sich die Banken halten müssen! Diese Liquiditäts­probleme habe ich auch, und sie werden mir wahrscheinlich das Kreuz brechen, weil ich in die Kurzarbeitsfalle geraten bin. So wie mir geht es wahnsinnig vielen Unterneh­mern.

Ich muss Ihnen sagen, es ist schon eine besondere Herausforderung, hier heraußen zu stehen und daran denken zu müssen: Wie lange werde ich das mit meinem Betrieb noch überleben? – Und das alles, weil Sie schon sieben Wochen lang versprechen, was Sie alles tun, und bei den Unternehmern und Unternehmerinnen kommt nichts an! Das ist das Dramatische! Das ist das wirklich Dramatische. (Beifall bei NEOS, SPÖ und FPÖ.)

Ich frage mich: Was will die Wirtschaftsministerin mir als Unternehmer sagen, wenn sie sagt, soundso viele Milliarden wurden überwiesen – und bei den einzelnen Unterneh­men kommt nichts an? Es ist wirklich dramatisch, wie man auch den Stellungnahmen von Sonja Lauterbach, die faktisch die EPUs in den sozialen Medien vertritt, entneh­men kann: Die sind alle vor dem Sterben!

Jetzt zur Gastronomie: Es ist wirklich dramatisch, wenn ein findiger Unternehmer, einer der besten Köche in Wien, in Österreich sich Gedanken darüber macht, wie er das überleben kann, wie er Liquidität herbeischaffen kann – nicht Rentabilität, sondern es geht einfach um das Lukrieren von Umsätzen –, und dann das Marktamt seinen Be­trieb schließt. Der ist nicht unsauber, der hat einfach nur eine findige Idee gehabt. Das ist Bürokratie! Sie erzählen uns immer irgendetwas von Entbürokratisierung, aber es passiert gar nichts! Das ist das Traurige. Das macht mich echt traurig. (Beifall bei den NEOS.)

Es macht mich traurig, wenn selbst Max Buzanich, der Rauchfangkehrer ist – da könn­te man noch sagen, okay, Rauchfangkehrer –, sagt, er wisse nicht, wie er es schaffen werde, weil in wahnsinnig vielen Häusern in den Ferienregionen nichts mehr zu putzen ist. Es macht mich traurig, wenn ich dem kleinen Gabriel, der jetzt wahrscheinlich vor dem Fernseher sitzt und uns zuschaut, weil er nicht in der Schule ist und er sich für Politik interessiert, der mir einmal gesagt hat, er will Unternehmer werden, sagen muss: Da bist ganz schön deppert, wenn du das tust!

Die APA hat gestern eine Umfrage veröffentlicht, wonach 48 Prozent aller Haushalte in Österreich mit weniger Einkommen rechnen. In Tirol und in Salzburg ist die Zahl sogar noch viel größer, da sprechen 78 Prozent von Einnahmeneinbußen. Das ist drama­tisch, das schwächt unsere Kaufkraft. Frau Minister Aschbacher kann uns noch immer keine aktuellen Arbeitslosenzahlen melden. Es ist so, wie Beate Meinl-Reisinger ge­sagt hat: Die Hälfte aller in Österreich Beschäftigten sind im Moment nicht in der Arbeit. Sie können keiner Arbeit nachgehen, sie können kein Einkommen erwirtschaften – und das ist dramatisch. (Beifall bei den NEOS sowie des Abg. Stefan.)

Die Frage ist jetzt auch: Was würde ich als Unternehmer brauchen, was würden wir hier herinnen brauchen? – Wir würden eine Datenqualität brauchen, nicht nur bei den Arbeitslosenzahlen, eine Datenqualität, die sich gewaschen hat; da müssten wir die Besten sein. Es geht nicht um die meisten Pressekonferenzen, sondern um die besten Daten, die transparent zur Verfügung gestellt werden (Beifall bei den NEOS sowie der Abgeordneten Schnedlitz und Wurm), mit einem Monitoring und einem Fahrplan. Es


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hilft der beste Fahrplan nichts, wenn man ihn nicht aushängen kann. Darüber sprechen ist ganz nett und schön, aber ihr müsst den Fahrplan aushängen.

Der Tourismus, die Unternehmer müssen wissen, wohin die Reise geht, wenn die In­fektionskurve nach unten geht, welche Erleichterungen es gibt, welche Erleichterungen der Reisebeschränkungen es in einem Europa der Regionen geben kann. Stattdessen halten Sie 14 Tage die Hoffnung aufrecht, dass am 15. Mai nicht nur die Gastronomie, sondern auch die Hotellerie aufsperren darf, um ihnen dann zu sagen: Nein, die Hotel­lerie sperrt erst zwei Wochen später auf! – Was heißt das?


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Den Schlusssatz bitte, Herr Abgeordneter! Sie sind schon weit darüber.


Abgeordneter Josef Schellhorn (fortsetzend): Herr Präsident, heute gibt es eine Zu­gabe wie im Opernhaus, heute dauert es ein bisschen länger! (Allgemeine Heiterkeit.)

Das sind die Themen, um die es jetzt geht. Wir brauchen Fahrpläne, wir brauchen Perspektiven und wir brauchen Wirtschaftsexperten, die vom Unternehmertum, von dieser Branche und Sparte etwas verstehen, und es braucht eben einen Masterplan. Genauso wie im Kulturbereich braucht es im wirtschaftlichen Bereich einen Fahrplan. Sprecht nicht darüber, hängt ihn aus! (Abg. Deimek: Sie wissen nicht, was sie tun! Leider!)

Zuletzt möchte ich Ihnen noch ein paar Schmankerl vorlesen.


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Herr Abgeordneter, Sie sind weit über der Zeit.


Abgeordneter Josef Schellhorn (fortsetzend): Eines! Eines nur!


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Ein Schmankerl, okay. (Abg. Martin Graf – drei Finger in die Höhe streckend –: Drei hab ich noch!)


Abgeordneter Josef Schellhorn (fortsetzend): Ein Jungunternehmer kriegt keine För­derung, die Wirtschaftskammer teilt ihm mit: Du bist noch nicht länger als zwei Jahre Mitglied bei der Wirtschaftskammer! – Schöne gute Nacht, Österreich! (Beifall bei den NEOS.)

10.28


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort ist dazu niemand mehr gemeldet. Die Debatte ist geschlossen.

10.28.38Einlauf und Zuweisungen


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Ich darf hinsichtlich der eingelangten Verhand­lungsgegenstände und deren Zuweisungen gemäß § 23 Abs. 4 der Geschäftsordnung auf die im Sitzungssaal verteilte Mitteilung verweisen.

Die schriftliche Mitteilung hat folgenden Wortlaut:

A. Eingelangte Verhandlungsgegenstände:

1. Schriftliche Anfragen: 1681/J bis 1742/J

2. Anfragebeantwortungen: 1040/AB bis 1168/AB

3. Ergänzung oder Änderung von Regierungsvorlagen oder Berichten:

EU-Jahresvorschau 2020 (korrigierte Fassung) (Zu III-123 d.B.)

B. Zuweisungen:

1. Zuweisungen seit der letzten Sitzung gemäß §§ 31d Abs. 5a, 32a Abs. 4, 74d Abs. 2, 74f Abs. 3, 80 Abs. 1, 100 Abs.4, 100b Abs. 1 und 100c Abs. 1:


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Ausschuss für Petitionen und Bürgerinitiativen:

Petition Nr. 15 betreffend "Die Corona-Krise darf nicht auf Kosten von Frauen gehen", über­reicht von den Abgeordneten Gabriele Heinisch-Hosek, Petra Bayr, MA MLS, Mag. Ruth Becher, Cornelia Ecker, Mag. Karin Greiner, Mag. Dr. Sonja Hammerschmid, Julia Elisabeth Herr, Eva Maria Holzleitner, BSc, Katharina Kucharowits, Mag. Andrea Kuntzl, Mag. Verena Nussbaum, Mag. Dr. Petra Oberrauner, Dr. Pamela Rendi-Wag­ner, MSc, Sabine Schatz, Petra Vorderwinkler, Petra Wimmer und Mag. Selma Yildirim

Petition Nr. 16 betreffend "Globaler Zugang für durch öffentliche Forschungsgelder fi­nanzierte Medikamente, Impfungen und Diagnostik zur Bekämpfung von COVID-19", überreicht von der Abgeordneten Petra Bayr, MA MLS

2. Zuweisungen in dieser Sitzung:

a) zur Vorberatung:

Rechnungshofausschuss:

Bericht des Rechnungshofes betreffend Ökostromförderung am Beispiel Windkraft und Photovoltaik – Reihe BUND 2020/15 (III-126 d.B.)

b) zur Enderledigung im Sinne des § 28b GOG (vorbehaltlich der endgültigen Entscheidung des Ausschusses):

Unterrichtsausschuss:

Bericht des Bundesministers für Bildung, Wissenschaft und Forschung betreffend Ar­beitsbericht der Nationalen Koordinierungsstelle für den Nationalen Qualifikationsrah­men (NKS) für das Jahr 2019 (III-128 d.B.)

Fristsetzungsanträge


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Weiters darf ich mitteilen, dass Herr Abge­ordneter Kollross beantragt hat, dem Budgetausschuss zur Berichterstattung über den Antrag 478/A(E) eine Frist bis zum 30. April 2020 zu setzen.

Ferner liegt das von fünf Abgeordneten gemäß § 43 Abs. 3 der Geschäftsordnung ge­stellte Verlangen vor, eine kurze Debatte über diesen Fristsetzungsantrag durchzufüh­ren. Diese kurze Debatte wird nach Erledigung der Tagesordnung, jedoch spätestens um 15 Uhr stattfinden. Die Abstimmung über den Fristsetzungsantrag wird nach Schluss dieser Debatte stattfinden.

Vor Eingang in die Tagesordnung darf ich ferner mitteilen, dass Herr Abgeordneter Leichtfried beantragt hat, dem Verfassungsausschuss zur Berichterstattung über den Antrag 60/A eine Frist bis zum 30. April 2020 zu setzen. Der gegenständliche Antrag wird gemäß der Geschäftsordnung nach Beendigung der Verhandlungen in dieser Sit­zung zur Abstimmung gebracht.

Absehen von der 24-stündigen Aufliegefrist


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Um die Punkte 28 bis 30 der Tagesordnung in Verhandlung nehmen zu können, ist es gemäß § 44 Abs. 2 der Geschäftsordnung er­forderlich, von der 24-stündigen Frist für das Aufliegen der Ausschussberichte abzuse­hen.

Bei den Punkten 28 bis 30 handelt es sich um den Bericht des Geschäftsordnungs­ausschusses über den Antrag 409/A der Abgeordneten Scherak, Krainer, Kolleginnen und Kollegen (147 der Beilagen), den Bericht des Ausschusses für innere Angelegen-


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heiten über den Antrag 411/A(E) der Abgeordneten Krisper, Kolleginnen und Kollegen (148 der Beilagen) sowie den Bericht des Ausschusses für innere Angelegenheiten über den Antrag 443/A der Abgeordneten Mahrer, Bürstmayr, Kolleginnen und Kolle­gen (149 der Beilagen).

Ich bitte jene Damen und Herren, die der Abstandnahme von der Aufliegefrist für diese Ausschussberichte ihre Zustimmung geben, um ein entsprechendes Zeichen. – Das ist einstimmig angenommen.

Behandlung der Tagesordnung


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Es ist vorgeschlagen, die Debatten über die Punkte 1 und 2, 3 und 4, 5 bis 8, 9 bis 11, 12 bis 14, 17 und 18, 20 und 21, 22 und 23, 24 und 25, 26 und 27 sowie 29 und 30 der Tagesordnung jeweils zusammenzufassen.

Wird dagegen ein Einwand erhoben? – Das ist nicht der Fall.

Redezeitbeschränkung


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zwischen den Mitgliedern der Präsidialkonferenz wurde Konsens über die Dauer der Debatten erzielt. Demgemäß wurde eine Tages­blockzeit von 9 „Wiener Stunden“ vereinbart, sodass sich folgende Redezeiten erge­ben: 176 Minuten für die ÖVP, 122 Minuten für die SPÖ, 99 Minuten für die FPÖ, 90 Minuten für die Grünen sowie 72 Minuten für die NEOS.

Gemäß § 57 Abs. 7 der Geschäftsordnung beträgt die Redezeit für die gesamte Tages­ordnung von jenen Abgeordneten, die keinem Klub angehören, je 36 Minuten; die Re­dezeit pro Debatte beträgt 5 Minuten.

Wir kommen sogleich zur Abstimmung über die Redezeiten.

Wer dafür ist, den bitte ich, ein Zeichen zu geben. – Auch das ist einstimmig.

10.32.051. Punkt

Bericht des Ausschusses für Arbeit und Soziales über den Antrag 483/A der Abgeordneten August Wöginger, Mag. Markus Koza, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Allgemeine Sozialversicherungsge­setz, das Gewerbliche Sozialversicherungsgesetz, das Bauern-Sozialversiche­rungsgesetz, das Beamten-Kranken- und Unfallversicherungsgesetz, das Ge­haltsgesetz 1956 und das Vertragsbedienstetengesetz 1948 geändert werden (9. COVID-19-Gesetz) (120 d.B.)

2. Punkt

Bericht des Ausschusses für Arbeit und Soziales über den Antrag 423/A(E) der Abgeordneten Dr. Dagmar Belakowitsch, Kolleginnen und Kollegen betreffend COVID-19 Risikoattest für gefährdete Arbeitnehmer (121 d.B.)


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Wir gelangen nun zu den Punkten 1 und 2 der Tagesordnung, über welche die Debatten unter einem durchgeführt werden.

Auf eine mündliche Berichterstattung wurde verzichtet.

Zu Wort gemeldet ist Abgeordneter Muchitsch. – Bitte.



Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll27. Sitzung, 28. April 2020 / Seite 51

10.32.47

Abgeordneter Josef Muchitsch (SPÖ): Herr Präsident! Frau Bundesministerin! Herr Bundesminister! Geschätzte Damen und Herren! Wir kommen zu Tagesordnungs­punkt 1, zu dem ich Stellung beziehen möchte. Es geht um die Regelung betreffend Risikogruppen, die neu gefasst und damit klarer und sichtbarer gemacht wird.

Ich möchte in Erinnerung rufen: Seit März fordert die SPÖ eine klare Regelung für jene Menschen, die aufgrund von Vorerkrankungen von Covid-19, von diesem Virus zusätz­lich und ganz besonders betroffen sind. Seit März fordern wir das, und letztendlich hat die Bundesregierung dann in einer Pressekonferenz erklärt: Ja, für diese Risikogrup­pen gilt es, eine Regelung zu finden!

Es hat sehr lange gedauert, bis es diesbezüglich Klarheit gab, und ja, es wurde eine Expertengruppe eingesetzt, die offenbar einen klaren Auftrag hatte, nämlich den Auf­trag, einerseits diese Parameter festzulegen, diese Risikogruppe aber andererseits auch so klein wie möglich zu halten. Wie sonst ist es erklärbar, dass Expertinnen und Experten sagen, dass die Risikogruppe letztendlich wesentlich größer und breiter zu definieren ist?

Man hat sich darauf verständigt, dass der Dachverband der Sozialversicherungsträger diese Personen, rund 67 000, ab 4. Mai schriftlich informieren und ihnen diese Para­meter ganz klar mitteilen wird, nämlich dass sie aufgrund ihrer Medikation Risiko­patienten sind und die Möglichkeit haben, einen Arzt, eine Ärztin aufzusuchen, der be­ziehungsweise die die Möglichkeit hat, ein Risikoattest betreffend Covid-19 auszu­stellen. Mit diesem Risikoattest ist dann gemeinsam mit dem Arbeitgeber eine Lösung betreffend Homeoffice oder sicherer Arbeitsplatz im Betrieb zu finden. Ist das alles nicht gewährleistet, dann besteht ein Rechtsanspruch, ein gesetzlicher Anspruch auf Arbeitsfreistellung.

Das ist die Regelung, die wir heute hier so zur Beschlussfassung vorgelegt bekommen haben. Ich möchte festhalten, seit dem letzten Beschluss vor rund drei Wochen hat sich in diesem Bereich einiges zum Positiven verändert, vieles ist aber auch negativ geblieben. Ich möchte jetzt auf diese Punkte eingehen.

Sehr positiv ist, dass diese Regelung, die heute hier vorliegt, auch jene Menschen mit­einbezieht, die in systemrelevanten Bereichen arbeiten, die zur Gruppe der Mitarbeiter in Branchen der kritischen Infrastruktur gehören. Positiv ist auch, dass berücksichtigt wird, wie der Weg dieser Risikopatienten zur Arbeit und von der Arbeit nach Hause ist; auch das wird jetzt miteinbezogen. Es ist auch wesentlich, dass – aufgrund einer klaren Liste – nicht nur die Medikation herangezogen wird, sondern dass jeder behan­delnde Arzt mittels eines zusätzlichen Feldes in diesem Risikoattest ein entsprechen­des Attest ausstellen kann.

Das ist letztendlich auch der Punkt, an dem sich jetzt das Negative hervorkehrt, näm­lich dass der Kündigungsschutz nach wie vor lückenhaft ist, dass weiters der Angehö­rigenschutz fehlt, etwa hinsichtlich Menschen mit schweren Erkrankungen, die zu be­treuen sind, bis hin zu Hochrisikopatienten unter den Angehörigen. Der letzte Punkt ist, dass es uns nicht gelungen ist, auch werdende Mütter als Risikogruppe mit zu erfas­sen, obwohl uns die Regierungsparteien letzte Woche im Sozialausschuss zugesichert haben, dass es bis heute weitere Gespräche geben wird.

Dass es diesbezüglich keine Bewegung der Regierungsparteien gegeben hat, ist ei­gentlich schade. Das ist auch die Kritik, nämlich dass der Kündigungsschutz nicht ver­bessert wurde, dass die pflegenden Angehörigen und auch die werdenden Mütter nicht mit erfasst wurden. (Beifall bei der SPÖ.)

10.37



Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll27. Sitzung, 28. April 2020 / Seite 52

Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Abgeordnete Schwarz. – Bitte.


10.37.08

Abgeordnete Gabriela Schwarz (ÖVP): Werter Herr Präsident! Mitglieder der Bun­desregierung! Hohes Haus! Sehr verehrte Damen und Herren! Ich habe mich hier an dieser Stelle vor knapp einer Woche bei den Menschen in Österreich bedankt, die die Maßnahmen der Bundesregierung mitgetragen haben und es so auch möglich ge­macht haben, dass es sukzessive zu Lockerungen kommt. Einige dieser Lockerungen werden wir heute im Laufe des Tages sicherlich noch besprechen.

Ich möchte kurz auf das replizieren, was Kollege Muchitsch betreffend Definition der Risikogruppen gesagt hat: Ihre Arbeiterkammerpräsidentin hat gemeinsam mit Karl­heinz Kopf und dem Präsidenten der Ärztekammer, Prof. Szekeres, diese Risikogrup­pendefinition gutgeheißen (Abg. Loacker: Nicht die Kammer ...!), die nichts anderes besagt als die Tatsache, dass Menschen, die dazugehören, zur Ärztin, zum Arzt ihres Vertrauens gehen können, sich ein Attest ausstellen lassen können und dann wirklich nachgesehen wird, ob man den Arbeitsplatz anpassen kann, ob sich Homeoffice emp­fiehlt oder ob es eine Freistellung gibt – dann werden die Unternehmen entschädigt. (Zwischenruf der Abg. Belakowitsch.)

Worum geht es nach wie vor? – Es geht um Schutz und es geht um die Gesundheit. Ich möchte jetzt allen Verschwörungstheoretikern und Verharmlosern noch einmal ins Stammbuch schreiben: Dieses Virus ist und bleibt gefährlich! Es hat nichts mit Angst- und Panikmache zu tun (Abg. Belakowitsch: Unfassbar, bitte! Was glauben Sie ei­gentlich?! Was nehmen Sie sich da heraus?!), wenn man sich das Zahlenmaterial anschaut, das uns vorliegt: International gibt es mehr als 200 000 Tote, 20 000 in Großbritannien, und in Schweden, das oftmalig erwähnt wurde, gibt es drei Mal so vie­le Todesopfer pro Kopf wie bei uns. (Abg. Kickl: Zusammengerechnet wird am Schluss, Frau Kollegin! Am Schluss!)

Was gibt es dazu zu sagen? – Unsere Maßnahmen, die die Bundesregierung getroffen hat, haben Wirkung gezeigt. (Zwischenrufe bei der FPÖ. – Abg. Belakowitsch: 700 000 Arbeitslose!) Wer mir nicht glaubt – das kann ich ja verstehen, denn mögli­cherweise attestiert man mir, dass ich keine Fachfrau bin –, der möge sich bitte das Interview anhören, das Armin Wolf letzte Woche mit dem Virologen Christian Drosten geführt hat, der genauso wie Herwig Kollaritsch gestern vor zu frühen Öffnungen ge­warnt hat. (Abg. Kickl: Was der schon alles gesagt hat! – Abg. Belakowitsch: ... kommt im Protokoll vor!)

Eine interessante Aussage von Christian Drosten ist mir noch aufgefallen, das soge­nannte Präventionsparadoxon. Mein Kollege Prof. Smolle hat letzte Woche gesagt, dass Prävention, wie sie hier erfolgt, wirklich ein Paradebeispiel dafür ist, wie Prä­vention erfolgen soll; paradox ist, dass man nachher sagt: Ja, es hat zwar funktioniert, aber eigentlich war es übertrieben! – Das, meine Damen und Herren, ist paradox.

Wir gehen diesen Weg nach wie vor mit Bedacht, mit Mut und Zuversicht, aber wir halten trotzdem Abstand und wir halten zusammen. (Zwischenrufe der Abgeordneten Belakowitsch und Wurm.) Das ist mein Wunsch. – Vielen herzlichen Dank. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Grünen.)

10.39


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Abgeordnete Belako­witsch. – Bitte.


10.39.42

Abgeordnete Dr. Dagmar Belakowitsch (FPÖ): Herr Präsident! Herr Minister! Meine Vorrednerin hat jetzt von Verschwörungstheoretikern und Verharmlosern gespro-


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll27. Sitzung, 28. April 2020 / Seite 53

chen. – Das passt natürlich genau in das Bild, das uns in den letzten Wochen hier vermittelt worden ist. (Die Rednerin stellt eine Tafel, auf der vor rot-weiß-rotem Hin­tergrund Coronaviren abgebildet sind und die Aufschrift „Allianz gegen Coronawahn­sinn.at – Jetzt reicht’s!“ zu lesen ist, auf das Rednerpult.) Es war der Herr Innenminis­ter, der dann immer von den Lebensgefährdern gesprochen hat: all jene, die nicht alles so dankbar aufgenommen haben, die sich nicht permanent vor dem Kanzler verneigt haben.

Vorige Woche bin ich an dieser Stelle gestanden und habe dem Kanzler zum Vorwurf gemacht, dass er mit voller Absicht die Bevölkerung in Angst und Panik versetzt hat, nur um die - - (Zwischenrufe der Abg. Kirchbaumer.) – Was schreien Sie denn andau­ernd so nervös? Sie können sich ja hier herausstellen! Sie können ja gerne etwas sa­gen, wenn Sie etwas zu sagen haben, aber Sie kommen ja ganz selten ans Redner­pult, Frau Kollegin. – Und er hat es mit Absicht gemacht!

Heute sind wir klüger, heute wissen wir, dass meine Vermutung der Wahrheit ent­spricht. Gestern sind die Protokolle veröffentlicht worden, und da waren der von Ihnen genannte Professor Kollaritsch, der die Panik schüren möchte, und der Herr Bundes­kanzler, der gesagt hat, wir müssen den Menschen Angst davor machen, dass die Eltern sterben, Angst davor machen, dass alle Lieben sterben, die man hat. Das hat er gut geschafft, ja!

Warum hat er das gemacht? Warum wollte er das machen? – Damit er im Hintergrund die Freiheitsrechte der Bevölkerung beschneiden kann. Das ist die Wahrheit, und das werden wir heute auch beim nächsten Tagesordnungspunkt noch genauer bespre­chen, meine Damen und Herren. Hören Sie also auf, Frau Kollegin Schwarz, Men­schen, die nicht Ihrem Kanzler huldigen, hier als Verschwörungstheoretiker oder als Verharmloser zu bezeichnen! Das ist unwürdig, Frau Kollegin! (Beifall bei der FPÖ.)

Kommen wir zu den Risikogruppen zurück: Wir haben heute einen Gesetzentwurf vor­liegen, dem wir zustimmen werden, weil es wichtig ist, dass jener Personenkreis, der zu diesen Risikogruppen gehört, auch weiterhin geschützt wird. Das war nämlich von Anfang an immer unser Zugang, dass man die Risikogruppen auch schützt.

Allerdings, Herr Minister – das haben wir auch schon im Ausschuss gesagt –: Wir ha­ben hier einen Gesetzentwurf vorliegen, aber wir wissen eigentlich noch nicht, was in der Verordnung steht. (Zwischenruf des Abg. Deimek.) Darauf wird es dann wahr­scheinlich schon ankommen, denn spätestens seit gestern – es überschlagen sich ja jetzt die Ereignisse – kommt schön langsam Licht in dieses Coronadunkel und in die­sen Verordnungswahn.

Sie haben ja bekannt gegeben, dass diese Verordnung eigentlich ohnehin falsch inter­pretiert wurde – jedenfalls von den Regierungsmitgliedern. Sowohl Sie als auch der Bundeskanzler haben den Österreichern in diesen zahllosen Pressekonferenzen ein­geredet, sie dürfen ja nicht zu anderen nach Hause gehen. Das Osterfest ist für viele ins Wasser gefallen, die Familienfeiern wurden deshalb abgesagt. Für manche wäre es vielleicht sogar das letzte Osterfest gewesen. (Abg. Kickl: ... Ramadan!) Da frage ich mich halt schon: Kann es sein, Herr Bundesminister Anschober, dass es einen Zusam­menhang zwischen dem Ramadan und der Lockerung oder der Klarstellung dieser Verordnung gibt? (Abg. Kickl: Jeden Abend Fastenbrechen! Kein Problem! – Uh-Rufe bei ÖVP und Grünen.)

Es ist schon klar, liebe Österreicherinnen und Österreicher, für manche Parteien ist das natürlich wieder wichtig. Es ist übrigens eine ähnliche Reaktion wie in der vergangenen Woche, als ich gesagt habe, der Kanzler hat mit Absicht Angst verbreitet. Heute wissen wir es. Ich stelle wieder eine Frage in den Raum – es wird wieder unruhig. Ich habe al­so offensichtlich wieder ins Schwarze getroffen, meine Damen und Herren. Man hat


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Angst, dass man des Problems nicht Herr wird, das in den nächsten Wochen auf uns zukommt. (Beifall bei der FPÖ.)

Was ich allerdings in Zusammenhang mit diesem Gesetzentwurf, der uns hier vorliegt, anmerken möchte, ist – da bitte ich Sie, Herr Minister, darauf genau ein Auge zu ha­ben – die Ankündigung des Wirtschaftsbundes, dass dann Personen, die zur Risiko­gruppe gehören, auch nicht am gesellschaftlichen und sozialen Leben teilhaben dür­fen. Das wird dann also so etwas wie ein Hausarrest für diese Personengruppe sein, und ich glaube, da muss man ganz vorsichtig sein, was man da macht. Es würde näm­lich in eine völlig falsche Richtung gehen, Menschen wiederum zu absentieren.

Etwas fehlt mir noch, und ich habe es Ihnen schon oft gesagt: Ich werde Ihnen so lan­ge auf die Nerven gehen, Herr Minister, bis es auch dafür eine Lösung gibt. (Zwischen­bemerkung von Bundesminister Anschober.) Sie wissen, was jetzt kommt. Es betrifft nämlich die Angehörigen; wenn man zwar nicht selbst zur Risikogruppe gehört, aber im Haushalt eine Person lebt, ein Ehepartner, ein Kind, ein Familienangehöriger, der zu einer Hochrisikogruppe gehört. Wo ist die Lösung dafür? – Diese fehlt uns immer noch. Ich hoffe, sie wird ehebaldigst nachgereicht, und zwar wirklich so, dass sie für die Be­troffenen befriedigend ist. (Beifall bei der FPÖ. – Zwischenruf des Abg. Stögmüller.)

10.44


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Koza. – Bitte. (Abg. Belakowitsch  auf dem Weg zurück zum Rednerpult, um ihre zurückge­lassene Tafel zu holen –: Das ist wichtig! – Abg. Koza: Habe den Aluhut leider verges­sen! – Abg. Belakowitsch – auf dem Weg zu ihrem Sitzplatz –: Ich borge es Ihnen ger­ne, wenn Sie es vergessen haben!)


10.44.16

Abgeordneter Mag. Markus Koza (Grüne): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr ge­ehrte Frau Ministerin! Sehr geehrter Herr Minister! Sehr geehrte Kolleginnen und Kol­legen! Sehr geehrte ZuseherInnen vor den Bildschirmen zu Hause! Zeiten der Krise sind immer Zeiten erhöhter Unsicherheit, und die Unsicherheit ist ganz besonders dann sehr hoch, wenn es nicht nur um materielle Ängste geht, sondern auch um Ängste um die eigene Gesundheit und um die Gesundheit der engsten Angehörigen.

Menschen, die im wahrsten Sinne des Wortes besonders verletzlich sind, haben größt­möglichen Schutz verdient. Es ist Aufgabe der Politik, die entsprechenden Maßnahmen zu setzen, um diese Unsicherheit und diese Ängste zu nehmen und diejenigen zu schützen, die besonders verletzlich sind, insbesondere auch am Arbeitsplatz.

Darum bin ich froh, dass wir heute mit dem 9. COVID-19-Gesetz Regelungen be­schließen, die sicherstellen, dass all diejenigen, die im Falle einer Infektion durch den Coronavirus einem besonders hohen Gesundheitsrisiko ausgesetzt sind, tatsächlich bestmöglich geschützt werden. Das ist unabhängig davon, ob sie in einem Großraum­büro arbeiten, ob sie in einer Fabrik, im Handel oder in Gesundheitsberufen arbeiten, womit auch die systemrelevanten Bereiche enthalten sind.

Kollege Muchitsch hat es bereits erwähnt, es gibt ein dreistufiges System: zuerst die Information durch den Dachverband der Sozialversicherungsträger, ob der/die Betrof­fene nun zu einer Risikogruppe gehört. Der zweite Schritt ist, dass der oder die Betrof­fene selber entscheidet, was er oder sie mit dieser Information macht, wie seinen/ihren Arzt aufzusuchen, der die Risikosituation beurteilt, analysiert und ein entsprechendes Risikoattest ausstellen kann. Und auch dann liegt es an dem Betroffenen oder an der Betroffenen selbst, was er oder sie damit macht: zum/r Arbeitgeber/in zu gehen, ihm oder ihr zu sagen, das liegt vor, und gegebenenfalls den Anspruch darauf zu haben, dass am Arbeitsplatz entsprechende Maßnahmen gesetzt werden. Wir haben vom Homeoffice gehört, es kann auch ein geschützter Arbeitsbereich oder gegebenenfalls eben auch die Freistellung sein.


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Jeder Schritt beruht auf Freiwilligkeit. Das halten wir für wichtig, denn nicht jeder Be­troffene will, dass sein Vorgesetzter, sein Arbeitgeber, seine KollegInnen wissen, dass er oder sie zu einer Risikogruppe gehört. Nicht jeder will, nur weil er oder sie Angehö­riger einer Risikogruppe ist, seiner Arbeit nicht mehr nachgehen, und vielleicht hat auch mancher trotz eines erweiterten Kündigungsschutzes Angst vor der Konsequenz.

Wie auch Befragungen im Rahmen einer Coronastudie der Universität Wien ergeben haben, ist einer Risikogruppe anzugehören, leider auch oft genug mit einer Stigmatisie­rung und mit Scham behaftet. Sehr geehrten Damen und Herren, eine Stigmatisierung der Betroffenen dürfen wir auf keinen Fall zulassen! Es darf nicht so weit kommen, dass Menschen aufgrund von Krankheitsbildern, Vorerkrankungen oder gesundheitli­chen Handicaps in der Arbeitswelt, am Arbeitsplatz oder auch dann, wenn es darum geht, einen Job zu finden, benachteiligt werden, weil sie vermeintlich nur als bedingt belastbar oder als weniger leistungsfähig als andere angesehen werden. Es geht um Rechte, es geht darum, diese angstfrei wahrnehmen zu können. Es geht um den Schutz und die Solidarität mit jenen, die unsere Solidarität verdient haben, gerade auch in der aktuellen Gesundheitskrise.

Ich möchte zum Schluss noch den Abänderungsantrag der Abgeordneten Gabriela Schwarz, Ralph Schallmeiner, Kolleginnen und Kolleginnen zum Bericht des Aus­schusses für Arbeit und Soziales, 120 der Beilagen, über den Antrag 483/A der Ab­geordneten Wöginger, Koza, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein 9. COVID-19-Gesetz einbringen.

Dieser Antrag wurde verteilt. Worum geht es? – Es geht einerseits darum, dass in dem Kreis der Betroffenen, die von der Krankenkasse informiert werden, auch die gering­fügig Beschäftigten explizit im Gesetzestext erwähnt werden, und es geht letztlich auch darum, dass für die 27-jährigen Selbstversicherten in Ausbildung über die Dauer der Covid-Krise der Versicherungsschutz entsprechend verlängert wird.

Ich bitte um Unterstützung und Zustimmung zu diesem Antrag. – Danke. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

10.49

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:

Abänderungsantrag

der Abgeordneten Gabriela Schwarz, Ralph Schallmeiner

und Kolleginnen und Kollegen

zum Bericht des Ausschusses für Arbeit und Soziales 120 der Beilagen über den Antrag 483/A der Abgeordneten Wöginger, Koza betreffend ein 9. COVID-19-Gesetz (AB 120 d.B.)

Der Nationalrat wolle in zweiter Lesung beschließen:

Der eingangs bezeichnete Gesetzentwurf wird wie folgt geändert:

Art. 1 (Änderung des Allgemeinen Sozialversicherungsgesetzes) wird wie folgt geändert:

1. § 735 Abs. 1 erster Satz lautet:

„Der Dachverband hat einen Dienstnehmer, eine geringfügig beschäftigte Person oder einen Lehrling (im Folgenden: betroffene Person) über seine Zuordnung zur COVID-19-Risikogruppe zu informieren.“

1a. In § 735 Abs. 5 wird der Ausdruck „Abs. 1“ durch den Ausdruck „Abs. 2“ ersetzt.


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2. Dem § 736 in der Fassung der Z 3 werden folgende Abs. 7 und 8 angefügt:

„(7) Abweichend von § 16 Abs. 6 Z 2 schadet rückwirkend ab dem 11. März 2020 die Nichtentrichtung von Beiträgen zur Selbstversicherung in der Krankenversicherung durch Personen nach § 16 Abs. 2 für die Dauer der COVID-19-Pandemie, längstens je­doch bis zum 31. Dezember 2020, dem Bestand dieser Selbstversicherung nicht. Ab­weichend von § 76 Abs. 1 Z 2 lit. b bleibt für denselben Zeitraum eine Überschreitung der Anspruchsdauer auf Studienbeihilfe für die Studienrichtung um das Sommerse­mester 2020 außer Betracht.

(8) Abweichend von den §§ 123 Abs. 4 Z 1 und 252 Abs. 2 Z 1 besteht rückwirkend ab dem 11. März 2020 für die Dauer der COVID-19-Pandemie, längstens jedoch bis zum 31. Dezember 2020, die Anspruchsberechtigung für Kinder und Enkel längstens bis zum 27. Lebensjahr und sechs Monaten.“

Art. 2 (Änderung des Gewerblichen Sozialversicherungsgesetzes) wird wie folgt geändert:

Dem § 378 wird folgender Abs. 5 angefügt:

„(5) Abweichend von den §§ 83 Abs. 4 Z 1 und 128 Abs. 2 Z 1 besteht rückwirkend ab dem 11. März 2020 für die Dauer der COVID-19-Pandemie, längstens jedoch bis zum 31. Dezember 2020, die Anspruchsberechtigung für Kinder und Enkel längstens bis zum 27. Lebensjahr und sechs Monaten.“

Art. 3 (Änderung des Bauern-Sozialversicherungsgesetzes) wird wie folgt geändert:

Dem § 372 in der Fassung der Z 2 wird folgender Abs. 4 angefügt:

„(4) Abweichend von den §§ 78 Abs. 4 Z 1 und 119 Abs. 2 Z 1 besteht rückwirkend ab dem 11. März 2020 für die Dauer der COVID-19-Pandemie, längstens jedoch bis zum 31. Dezember 2020, die Anspruchsberechtigung für Kinder und Enkel längstens bis zum 27. Lebensjahr und sechs Monaten.“

Art. 4 (Änderung des Beamten-Kranken- und Unfallversicherungsgesetzes) wird wie folgt geändert:

1. § 259 Abs. 1 erster Satz lautet:

„Der Dachverband hat einen Dienstnehmer, eine geringfügig beschäftigte Person oder einen Lehrling (im Folgenden: betroffene Person) über seine Zuordnung zur COVID-19-Risikogruppe zu informieren.“

2. Im § 259 Abs. 4 in der Fassung der Z 2 wird der Ausdruck „Abs. 5“ durch den Ausdruck „Abs. 3“ ersetzt.

3. Dem § 259 in der Fassung der Z 2 wird folgender Abs. 5 angefügt:

„(5) Abweichend von § 56 Abs. 3 Z 1 besteht rückwirkend ab dem 11. März 2020 für die Dauer der COVID-19-Pandemie, längstens jedoch bis zum 31. Dezember 2020, die Anspruchsberechtigung für Kinder und Enkel längstens bis zum 27. Lebensjahr und sechs Monaten.“

Begründung

In den §§ 735 Abs. 1 ASVG und 258 Abs. 1 B-KUVG werden explizit auch geringfügig beschäftigte Personen angeführt. Die Änderung in Ansatz 5 bewirkt, dass die iNfor-


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mation über due mögliche Zugehörigkeit zu einer Risikogruppe durch den Dachver­band unabhängig von der dienstrechtlichen Zuordnung auch an die nach den Sozial­versicherungsgesetzen versicherten Landes- und Gemeindebediensteten ergeht. Darü­ber hinausgehende Zuständigkeiten liegen jedoch bei den Ländern.

Mit den vorgesehenen Änderungen soll die Möglichkeit der Mitversicherung in der Krankenversicherung als anspruchsberechtigter Angehöriger im ASVG und in den Son­dergesetzen sowie die Waisenpension befristet für die Zeit der COVID-19-Pandemie über das 27. Lebensjahr hinaus gewahrt bleiben.

Ebenso soll befristet die Nichtentrichtung von Beiträgen zur studentischen Selbstversi­cherung für die Zeiten der COVID-19-Pandemie dem Bestand der Selbstversicherung in der Krankenversicherung (vgl. § 16 Abs. 2 ASVG) und der damit verbundenen be­sonderen (herabgesetzten) Beitragsgrundlage nach § 76 Abs. 1 Z 2 ASVG nicht scha­den.

Die vorliegende Abänderung im § 259 Abs. 4 B-KUVG dient der Richtigstellung eines Verweises.

*****


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Der Antrag ist ordnungsgemäß eingebracht, aus­reichend unterstützt und steht mit in Verhandlung.

Zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Loacker. – Bitte.


10.49.19

Abgeordneter Mag. Gerald Loacker (NEOS): Herr Präsident! Geschätzte Mitglieder der Bundesregierung! Hohes Haus! Wenn es um Risikopatienten geht und wenn wir der Meinung sind, dass das Risiko hoch ist, dann muss es schnell gehen. Aber jetzt kommt einmal dieser Brief, aber er kommt nicht gleich. Jetzt beschließen wir einmal ein Gesetz, und dann schreibt der Dachverband der Sozialversicherungsträger einen Brief. (Zwischenruf des Abg. Wurm.) Aber nicht jeder, der einen Brief bekommt, ist auch ein Risikopatient, und nicht jeder, der keinen Brief bekommt, ist kein Risikopatient. Wenn Sie so einen Brief bekommen, dann können Sie damit zum Arzt gehen – oder auch nicht. Und wenn Sie keinen Brief bekommen, dann können Sie auch zum Arzt gehen (Abg. Belakowitsch – erheitert –: Oder auch nicht!) – oder auch nicht.

Warum gibt es jetzt diesen Brief? – Den Brief gibt es, weil ihn der Minister versprochen hat. Das ganze Spektakel hat am 30. März begonnen, und bis die Betroffenen diesen Brief haben, sind mindestens sechs Wochen vergangen. In der Zwischenzeit sind Hun­derttausende Bürger verunsichert worden, da es am Anfang geheißen hat, bei Blut­hochdruck und bei Diabetes ist man wahrscheinlich ein Risikopatient. Alle möglichen Personengruppen wurden verunsichert, viele Menschen haben bei ihren Ärzten ange­rufen und wollten ein Attest haben, dass sie zu den Risikopatienten gehören. Bei den Ärzten sind die Telefone heiß gelaufen, die haben gar nicht gewusst, was sie bestäti­gen sollen.

Das war wieder ein Element dieser Politik der Unsicherheit, die da mit den Menschen gemacht wird, dieses Angst-Streuen, man könnte ein Risikopatient sein. Man hat meh­rere Wochen Hunderttausende Personen im Ungewissen gelassen, wie es jetzt aus­schaut. Und es war auch nicht klar, ob der Chef die Diagnose erfahren wird; das hat dann nämlich keine Sunsetclause, kein Ablaufdatum, wenn im Personalakt die chro­nische Erkrankung einmal verzeichnet ist.

Was wir jetzt haben, ist ein Gesetz im Schnellverfahren, das schnell durchs Parlament gepeitscht wird – schnell betreffend das Verfahren, aber nicht betreffend die Zeitschiene.


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Die Sozialversicherung soll nun anhand der Medikamente, die jemand verschrieben bekommt, analysieren, wer ein Risikopatient ist. Das kann die Sozialversicherung nicht, weil wir in Österreich eine schlechte Datenlage haben und sie gar nicht wissen kann, welche Medikamente jemand im Spital bekommen hat, ob jemand zum Beispiel gerade eine ambulante Chemotherapie durchmacht. Das Ministerium bemüht sich aber nicht um eine bessere Datenlage, um eine bessere Datenqualität, sondern das Ministerium bemüht sich um einen Brief.

Es ist nett, Herr Minister, wenn Sie gerne nachschauen, überlegen, weiterschauen – aber am Schluss schauen Sie weg. Besser wäre es, einmal anzupacken und bessere Gesundheitsdaten zu schaffen, die helfen nämlich den Patienten auch nach der Coro­nakrise, wenn dann einmal eine neue gesundheitliche Herausforderung auf uns zu­kommt. Das aber passt nicht ins Politmarketing, dort findet sich für solche Verbesse­rungen kein Raum. Die nächste Gesundheitskrise werden wir wieder auf Basis schlechter Daten bekämpfen, dafür wieder mit viel Verunsicherung und viel Angst. (Beifall bei den NEOS sowie des Abg. Schnedlitz.)

10.52


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet hat sich Herr Bundesminister Anschober. – Bitte.


10.52.46

Bundesminister für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz Rudolf Anschober: Geschätzter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Die Zahl des heutigen Tages lautet 212 000; innerhalb von nur vier Monaten sind 212 000 Menschen an dieser größten Pandemie seit über 100 Jahren verstorben. Das klein zu reden verstehe ich persönlich absolut nicht.

Widmen wir uns doch gemeinsam dem ganz großen Ziel: die Opferzahl in Österreich möglichst klein zu halten, um möglichst gut durch diese Krise zu kommen. Ich kann Ihnen sagen – ich würde Ihnen lieber etwas anderes sagen –, aus meiner Sicht, nach meiner Überzeugung sind wir längst nicht durch. Diese Krise ist längst noch nicht überstanden. Es wird noch vieler, vieler Handlungen bedürfen, damit wir Opfer mög­lichst vermeiden. (Beifall bei Grünen und ÖVP.)

Was wir heute hier diskutieren, ist genau eine dieser vielen Maßnahmen, die wir set­zen, damit Menschen, die in Österreich leben, in dieser Situation möglichst gut ge­schützt werden. Ich habe Ihnen eine kleine Statistik mitgebracht. (Der Redner hält eine Tafel mit einem Säulendiagramm in die Höhe.) Was ist das? (Abg. Amesbauer: Das ist ja immer wieder das Gleiche! – Zwischenruf des Abg. Schellhorn. – Abg. Ames­bauer: Das sehen wir jeden Tag!) – Das sind die Todeszahlen in Europa, nämlich auf 100 000 Einwohner gerechnet.

Sie sehen ganz unten: sechs Todesfälle pro 100 000 Einwohner und Einwohnerinnen. Ja, das sind sechs zu viel, aber wir sind vergleichsweise sehr, sehr gut unterwegs, mit einem ganz großen Unterschied zu vielen, vielen anderen Ländern. Meine sehr ver­ehrten Damen und Herren, dass das so passiert, ist kein Zufall, da es eben richtige Maßnahmen zum richtigen Zeitpunkt gegeben hat, die von Ihnen allen getragen und unterstützt und im Übrigen auch vielfach von Ihnen vorgeschlagen wurden. – Ich stehe nicht an, das auch zu sagen, denn gute Vorschläge sollte die Regierung übernehmen.

Wir haben gemeinsam entschieden und entschlossen gehandelt. Seien wir doch froh darüber, statt nun im Nachhinein des ersten Teils dieser Auseinandersetzung zu be­kunden, das wäre vielleicht gar nicht notwendig gewesen, da die Opferzahlen nicht so groß sind! Das ist ein Denkfehler, meine sehr verehrten Damen und Herren. (Beifall bei Grünen und ÖVP.)


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Wir wissen ganz genau – die Vorrednerinnen und Vorredner haben es auch absolut korrekt dargestellt –, es gibt drei große Risikogruppen in diesem Zusammenhang: ei­nerseits ältere Menschen, andererseits ältere Menschen mit schweren Vorerkrankun­gen und dann drittens Erwerbstätige, die besonders schwere Vorerkrankungen hatten oder gerade an diesen leiden.

Ich kann Ihnen sagen, es gibt derzeit international kein Modell, auf das wir zurück­greifen können, wenn es um diese Abgrenzungen geht. Deswegen ist es gut und rich­tig, dass es einen wissenschaftlichen Prozess gab, der diese Abgrenzungen festgelegt hat, der genau definiert hat, bei welchen konkreten Krankheitsformen tatsächlich ein besonders hohes Risiko besteht, und damit die Voraussetzung dafür geschaffen hat, dass wir diese Personengruppen nun noch besser schützen können, als wir das in der Vergangenheit machen konnten.

Ich bin sehr froh und dankbar, dass das gut funktioniert hat. Wir haben damit die Mög­lichkeit, rund 90 000 Menschen ein Angebot zu machen. Es ist ein Angebot, etwas frei­willig zu tun. Ich verstehe auch Sorgen, die es betreffend dieses Angebot gibt, da es natürlich auch in unserer Gesellschaft noch nicht so ist, dass es zum Beispiel keine Stigmatisierungen aufgrund von Schwersterkrankungen gibt. Daher ist das Freiwillig­keitsprinzip, das wir da realisieren, besonders wichtig. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Ich bedanke mich in diesem Zusammenhang bei der Sozialversicherung, ich bedanke mich aber auch ganz besonders bei den Sozialpartnern. Es ist nicht selbstverständlich, dass man unter einem enormen Zeitdruck gemeinsam eine derartige Regelung erar­beitet und auch zu ihr steht. Es ist gut, dass wir immer versuchen, so etwas mit einem breiten Konsens zu realisieren.

Noch einmal: Wir sind absolut noch nicht am Ende dieser Krise. Das Schlimmste, das uns passieren könnte, wäre, eine zweite Welle zu riskieren. Was würde das bedeu­ten? – Es wäre das Schlimmste für unsere Gesundheit, für die Gesellschaft und – ganz laut gesagt – auch für die Wirtschaft. Eine zweite Welle würde bedeuten, noch einmal alles herunterzufahren, und das ist de facto denkunmöglich, das wollen wir nicht riskie­ren. Deshalb gehen wir sehr vorsichtige Schritte der Öffnung, sehr vorsichtige Schritte, die von Sicherungsmaßnahmen begleitet sind.

Ich bin froh, dass Sie heute hier eine dieser Sicherungsmaßnahmen beschließen wer­den, da sie uns wieder einen Schritt in Richtung mehr Sicherheit und mehr Gesund­heitserhalt für die Menschen, die in Österreich leben, bringt. (Beifall bei Grünen und ÖVP.)

10.58


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gelangt Frau Abgeordnete Deckenba­cher. – Bitte.


10.58.16

Abgeordnete Mag. Romana Deckenbacher (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Geschätzte Mitglieder der Bundesregierung! Hohes Haus! Sehr geehrte Zuseherinnen und Zuseher vor den Bildschirmen! Einige von uns werden zugeben, dass sie vor nicht allzu langer Zeit Touristen aus fernöstlichen Ländern, die eine Mund-Nasen-Maske trugen, als ängstlich belächelten, und dachten möglicherweise nicht daran, dass die Personen nicht aus Angst vor einer Ansteckung durch uns die Maske trugen, nein, sie trugen die Maske aufgrund einer eigenen Erkrankung, aus Respekt vor allen Men­schen, die in Österreich leben. Sie schützten uns mit ihrem Verhalten. (Abg. Belako­witsch: ... Feinstaubbelastung!)

Als Bundeskanzler Sebastian Kurz vor die Öffentlichkeit trat und die weitreichende Ent­scheidung verkünden musste, Österreich auf Minimalbetrieb herunterzufahren, da


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wurde uns klar, dass für uns, die wir unser Leben bisher frei gestalten konnten, dieses auf absehbare Zeit nur mit Entbehrungen und Einschränkungen möglich sein würde. Wer hätte gedacht, dass wir den 75. Jahrestag der Gründung der Zweiten Republik mit Social Distancing begehen werden?

Im internationalen Vergleich wurden wir Gott sei Dank vor Schlimmerem bewahrt. Mit den Covid-19-Gesetzen und allen damit im Zusammenhang stehenden Verordnungen wird unter anderem auch eine wichtige Regelung betreffend Risikogruppen vorge­nommen. In vielen Familien gibt es Menschen, die zur Risikogruppe gehören, und die gilt es, bestmöglich zu unterstützen. Um das zu ermöglichen, werden wir heute einen diesbezüglichen Beschluss fassen. Daher möchte ich auch an dieser Stelle die heraus­ragenden Beitragsleistungen vor allem der Familien, der alleinerziehenden Mütter und Väter, der Kinder, Schülerinnen und Schüler aller Schulstufen und aller am Schulleben Beteiligten hervorheben. – Danke für die großartige Unterstützung, die Bereitschaft zur Mitwirkung und für den vorbildhaften Einsatz. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeord­neten der Grünen. – Zwischenruf der Abg. Belakowitsch.)

Unser Ziel war immer – bei begleitender Evaluierung und Berücksichtigung der ge­sundheitlichen Rahmenbedingungen –, möglichst bald eine Rückkehr an die Schulen zu ermöglichen. Auch in diesem Zusammenhang braucht es klare Regelungen für Risikogruppen, und diese wird es geben. Schülerinnen und Schüler brauchen das ge­meinsame Erleben, die Schule als Ort der sozialen Interaktion, vor allem nach dieser langen Phase des Homeschoolings, die auch den Familien sehr viel abverlangt hat. (Präsidentin Bures übernimmt den Vorsitz.)

Meine sehr geehrten Damen und Herren, Entscheidungen in einer solchen Ausnahme­situation sind trotz sorgfältiger Abwägung sicherlich nicht leicht zu treffen, gerade wenn unterschiedliche Bedürfnisse wie Social Distancing und der Wunsch nach Bildung ein­ander gegenüberstehen.

Ich habe größtes Vertrauen, dass unsere Bundesregierung unter steter Abwägung aller Vor- und Nachteile auch weiterhin die richtigen Maßnahmen setzen und hinsichtlich al­ler Risikogruppen für die wichtigen, gesetzlichen Regelungen sorgen wird. (Abg. Be­lakowitsch: ... welche Risikogruppen?) Wir haben gezeigt: Wir halten zusammen, wenn es darauf ankommt (Abg. Loacker: Um welche Risikogruppen geht es in Ihrer Rede?), wir ziehen an einem Strang. Wir sind das Team Österreich! – Danke. (Beifall bei der ÖVP.)

11.01


Präsidentin Doris Bures: Als Nächster zu Wort gemeldet: Herr Abgeordneter Alois Stöger. – Bitte.


11.01.42

Abgeordneter Alois Stöger, diplômé (SPÖ): Frau Präsidentin! Sehr geschätzte Mitglieder der Bundesregierung! Hohes Haus! Liebe Zuseherinnen und Zuseher! Herr Bundesminister Anschober, wenn Sie die Zahl 212 000 nennen, dann möchte ich dieser Zahl jene von 600 000 Arbeitslosen und jene von 1,1 Millionen Menschen in Kurzarbeit entgegensetzen. Wenn Sie schon die Zahl der weltweit am Coronavirus Verstorbenen nennen, dann sagen Sie bitte auch die Zahl der an Grippe Verstorbenen und jener Menschen dazu (Zwischenruf der Abg. Gabriela Schwarz), die weltweit an Arbeitsunfällen gestorben sind. Das wäre ein seriöser Umgang mit Zahlen. (Beifall bei SPÖ und FPÖ. – Zwischenrufe bei der ÖVP.)

Herr Bundesminister, am 3. April dieses Jahres hat der Nationalrat beschlossen, Risi­kogruppen von der Arbeit freizustellen; das war am 3. April. Heute ist der 28. April, und bis heute ist dieses Gesetz nicht umgesetzt worden. Ist das Amtsmissbrauch? Warum setzen Sie das Gesetz nicht um?


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll27. Sitzung, 28. April 2020 / Seite 61

Wir werden Ihrem Gesetzentwurf heute die Zustimmung erteilen, damit Sie eines nicht tun können: wieder hinausschieben, wieder eine kleine Änderung machen und dann warten, dass der 7. Mai kommt und der Bundesrat das beschließt (Abg. Loacker: Das ist eine ... Forderung ...!), und dann noch vier Tage warten, bis der Bundespräsident das Gesetz unterschrieben hat. Dann haben nämlich die Leute in den Risikogruppen wieder nichts davon, sie bekommen die Leistung wieder nicht. Da werden wir nicht mit­tun! (Beifall bei der SPÖ.)

Meine sehr verehrten Damen und Herren, die Regierung hat keine Ahnung, wie es den Menschen geht! Würden Sie nämlich die Lebensrealität kennen, dann würden Sie nicht von den pflegenden Angehörigen verlangen, dass sie zwischen der Gesundheit ihrer Angehörigen und ihrem Arbeitsplatz zu entscheiden haben, dann würden Sie von den Schwangeren nicht verlangen, dass sie sich zwischen der Gesundheit ihres Kindes und ihrem Arbeitsplatz entscheiden müssen, sondern Sie würden den Menschen Kündigungsschutz geben.

Daher bringe ich einen Abänderungsantrag der Abgeordneten Josef Muchitsch, Kol­leginnen und Kollegen zum Bericht des Ausschusses für Arbeit und Soziales in 120 der Beilagen ein, damit wir den Kündigungsschutz, die Unterstützung für die Angehörigen und auch die Freistellung für schwangere Frauen geltend machen können.

*****

Herr Bundeskanzler, halten Sie Wort! Sie haben uns am 3. April auch versprochen, dass es mehr Planstellen beim AMS geben wird, dass es die Möglichkeit eines zins­losen Moratoriums für Steuern und SV-Beiträge geben wird und dass der Zeitraum der Coronakrise bei der Berechnung der Anspruchsdauer für Arbeitslosengeld herausge­nommen wird. Sie haben diesbezüglich keine Regierungsvorlage eingebracht, Sie haben daher Ihr Wort gebrochen. Ich ersuche Sie: Halten Sie Wort und werden Sie endlich für die Bevölkerung tätig! (Beifall bei der SPÖ.)

11.05

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:

Abänderungsantrag

der Abgeordneten Muchitsch, Kucher,

Genossinnen und Genossen

Zum Bericht des Ausschusses für Arbeit und Soziales über den Antrag 483/A der Ab­geordneten August Wöginger, Mag. Markus Koza, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Allgemeine Sozialversicherungsgesetz, das Gewerbli­che Sozialversicherungsgesetz, das Bauern-Sozialversicherungsgesetz, das Beamten-Kranken- und Unfallversicherungsgesetz, das Gehaltsgesetz 1956 und das Vertrags­bedienstetengesetz 1948 geändert werden (9. COVID-19-Gesetz) (120 d.B.)

Der Nationalrat wolle in zweiter Lesung beschließen:

Der eingangs bezeichnete Gesetzesantrag wird wie folgt geändert:

I.            Art. 1 (Änderung des Allgemeinen Sozialversicherungsgesetzes) wird wie folgt geändert:

1.          In § 735 Abs. 3 entfällt der letzte Satz.

2.          In § 735 wird nach Abs. 3 folgender Abs. 3a eingefügt:


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll27. Sitzung, 28. April 2020 / Seite 62

„(3a) Kündigungen von ArbeitnehmerInnen, die ein Attest gemäß Abs. 2 dem Dienst­gerber vorgelegt haben, bedürfen ab diesem Zeitpunkt, bei sonstiger Rechtsunwirk­samkeit, der vorherigen Zustimmung des Gerichts. Die Bestimmungen des § 8 BEinstG sind sinngemäß anzuwenden.“

3.          In § 735 wird nach Abs. 4a wird folgende Abs. 4b und 4c eingefügt:

„(4b) Abs.3 gilt sinngemäß auch für Personen, die im gemeinsamen Haushalt mit An­gehörigen, auf die die Definition der Risikogruppen nach Abs. 1 zutreffen, leben.

(4c) Werdenden Müttern ist auf Grund der Covid-19 Krisensituation ab der 15. Schwan­gerschaftswoche bereits vor der Achtwochenfrist nach § 3 Abs. 1 MSchG eine sofortige Freistellung von der Arbeit bis zum regulären Beschäftigungsverbot nach § 3 Abs. 1 MSchG zu gewähren, sofern sie dies von ihrem Dienstgeber oder ihrer Dienstgeberin verlangt und Abs. 3 Z 1 oder 2 nicht anwendbar ist. Dienstnehmerinnen nach § 4 Abs. 2 und 4 haben für den Zeitraum der Freistellung von der Arbeit nach dieser Be­stimmung Anspruch auf Wochengeld. Die Inanspruchnahme einer solchen Freistellung führt zu keinen Nachteilen bei einkommensabhängigen Kinderbetreuungsgeld.“

II.          Artikel 4 (Änderung des Beamten-Kranken- und Unfallversicherungsgesetzes) wird wie folgt geändert:

1.          In § 258 Abs. 3 entfällt der letzte Satz.

2.          In § 258 wird nach Abs. 3 folgender Abs. 3a eingefügt:

„(3a) Kündigungen von ArbeitnehmerInnen, die ein Attest gemäß Abs. 2 dem Dienst­gerber vorgelegt haben, bedürfen ab diesem Zeitpunkt, bei sonstiger Rechtsunwirk­samkeit, der vorherigen Zustimmung des Gerichts. Die Bestimmungen des § 8 BEinstG sind sinngemäß anzuwenden.“

3.          In § 258 wird nach Abs. 4a wird folgende Abs. 4b und 4c eingefügt:

„(4b) Abs.3 gilt sinngemäß auch für Personen, die im gemeinsamen Haushalt mit An­gehörigen, auf die die Definition der Risikogruppen nach Abs. 1 zutreffen, leben.

(4c) Werdenden Müttern ist auf Grund der Covid-19 Krisensituation ab der 15. Schwan­gerschaftswoche bereits vor der Achtwochenfrist nach § 3 Abs. 1 MSchG eine sofortige Freistellung von der Arbeit bis zum regulären Beschäftigungsverbot nach § 3 Abs. 1 MSchG zu gewähren, sofern sie dies von ihrem Dienstgeber oder ihrer Dienstgeberin verlangt und Abs. 3 Z 1 oder 2 nicht anwendbar ist. Dienstnehmerinnen nach diesem Bundesgesetz haben für den Zeitraum der Freistellung von der Arbeit nach dieser Be­stimmung Anspruch auf Wochengeld nach § 162 ASVG oder einer vergleichbaren Leistung nach anderen österreichischen Vorschriften. Die Inanspruchnahme einer sol­chen Freistellung führt zu keinen Nachteilen bei einkommensabhängigen Kinderbe­treuungsgeld.“

Begründung

Die Regelung des Kündigungsschutzes für COVID-19-RisikoarbeitsnehmernInnen ist unzureichend. Es braucht für diese ArbeitnehmerInnen einen Kündigungsschutz, der auch nach der Krise wirkt.

Der gemeinsame Haushalt mit einem schwererkrankten Angehörigen (zB Krebser­krankte) stellt eine Herausforderung in diesem Pandemiefall dar. Berufstätige Angehö­rige von Schwerkranken müssen tagtäglich eine Abwägung zwischen eigenem Arbeits­platz und der Gesundheit ihrer Angehörigen treffen. Es muss diesen ArbeitnehmerIn­nen die Möglichkeit gegeben werden, sowohl die Pflege oder Betreuung ihrer Angehö-


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rigen zu übernehmen, als auch den Arbeitsplatz gesichert zu haben. Daher soll der Schutz des §735 ASVG auch auf diese Gruppe ausgedehnt werden.

Aufgrund der physiologischen Veränderungen in der Schwangerschaft können Schwangere bei Infektionen mit Atemwegsviren, generell schwerer erkranken. In einer rezent publizierten Studie (März 2020) von E Mullins et al „Coronavirus in Pregnancy and Delivery", Rapid Review) wird über eine Fallzahl von 32 Frauen berichtet (https://www.medrxiv.org/content/10.1101/2020.03.06.20032144v1.full.pdf).

Insgesamt betrug die Frühgeburtlichkeit in diesem Kollektiv 47 %, ein Kind ist intrau­terin verstorben, eines bisher nachgeburtlich.

Allein diese Zahlen zeigen die Bedrohlichkeit von COVID-19 für die Mütter, aber be­sonders auch für die ungeborenen Kinder. Unter normalen Umständen werden in Ös­tereich pro Jahr zirka 6.200 Kinder zu früh geboren, und werden auf Neonatologien betreut, wobei es auch dann immer wieder zu Engpässen in der Versorgung kommt.

Wenn es aber nun durch COVID-19 Erkrankungen bei Schwangeren zu einer deutli­chen Zunahme der Frühgeburtlichkeit kommt, kann es auch im Bereich der Neonato­logie zur Überlastung der Kapazitäten in der Betreuung der Frühgeborenen kommen.

Zusammenfassend sind das besorgniserregende Zahlen, die unbedingt einen erwei­terten Infektionsschutz von Schwangeren am Arbeitsplatz durch vorzeitigen Mutter­schutz erfordert. Dabei ist nicht nur die Situation am Arbeitsplatz zu bedenken, sondern auch die Tatsache, dass viele Frauen mit den öffentlichen Verkehrsmitteln zum Ar­beitsplatz gelangen.

Es ist daher unbedingt erforderlich, dass während der Covid-19-Krisensituation wer­dende Mütter auf Verlangen von der Arbeit freigestellt werden können.

*****


Präsidentin Doris Bures: Der Abänderungsantrag wurde in den Grundzügen erläu­tert, ist zur Verteilung gelangt und wurde damit auch ordnungsgemäß eingebracht.

Nächster Redner: Herr Abgeordneter Peter Wurm. – Bitte.


11.05.26

Abgeordneter Peter Wurm (FPÖ): Frau Präsidentin! Werte Damen und Herren auf der Regierungsbank! Hohes Haus! Werte Zuseher! Todesangst, Panik, die Apokalypse: Das war der strategische Plan der Regierung, um Österreich auf all diese Maßnahmen vorzubereiten und einzuschwören. Ich muss Ihnen sagen: All Ihre Prognosen waren falsch! Sie waren nicht nur in wirtschaftlicher Hinsicht falsch – dazu kommen wir spä­ter –, sondern sie waren natürlich auch in medizinischer Hinsicht falsch. Herr Minister, das sollten Sie irgendwann auch zugeben! Sie haben gesagt: Wir werden Hunderttau­sende Tote haben!, Sie haben gesagt: Jeder wird einen Toten kennen!, Sie haben ge­sagt: Die Krankenhausbetten und die Intensivbetten werden nicht reichen! – All diese Prognosen waren falsch!

Herr Minister, wenn Sie schon Statistiken herzeigen, dann sollten Sie bitte auch noch einmal auf Ihre Aussage am letzten Donnerstag im Ausschuss replizieren, als Sie zu­geben mussten, dass es in Wahrheit weltweit keinen Kausalzusammenhang zwischen den Zahlen betreffend Corona und den Maßnahmen gibt. Außerdem mussten Sie auch zugeben, dass Ihre ehemaligen Vorbilder Singapur und Südkorea jetzt plötzlich auch keine Vorbilder mehr sind.

Was vielleicht interessant ist, und das ist ja der Inhalt des aktuellen Tagesordnungs­punktes, über den wir dann abstimmen werden: Sie haben erstmalig die Risikogruppen


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definiert. Ab nächster Woche werden 67 000 Österreicherinnen und Österreicher – 67 000, das sind heiße 0,8 Prozent der Österreicher! – einen Brief bekommen, mit wel­chem ihnen mehr oder weniger bestätigt wird, dass sie zu einer Risikogruppe gehören. Ich nehme jetzt einmal stark an, dass diese 67 000 Personen nicht sehr überrascht sein werden, denn sie bekommen diesen Brief aufgrund der Medikamente, die sie ein­nehmen, also aufgrund der schweren Vorerkrankungen, die sie haben. Für diese 67 000 Personen wird das keine riesengroße Überraschung sein.

Diese 0,8 Prozent sind nun als Risikogruppe definiert, damit ist natürlich klar, dass 99,2 Prozent nicht zur Risikogruppe gehören. Daher werden jetzt sehr, sehr viele Men­schen, nämlich Millionen Österreicherinnen und Österreicher, die Sie über Wochen in Panik, Todesangst beziehungsweise apokalyptische Ängste versetzt haben, fast ent­täuscht sein, dass sie keinen Brief bekommen, weil sie alle geglaubt haben, dass sie demnächst sterben werden.

Die Katze ist aus dem Sack, wie man so schön sagt: 0,8 Prozent gehören zur Risiko­gruppe. Sie können, wenn sie das Virus erwischen, wenn sie einen schweren Verlauf haben, wenn Komplikationen auftreten – wenn, wenn, wenn –, damit möglicherweise ein Problem haben. Die anderen 99,2 Prozent aber können beruhigt schlafen gehen. Das wird vielleicht auch für viele kleine Kinder ganz sinnvoll sein, die die Großmutter oder den Großvater wieder umarmen und küssen können und nicht das Gefühl haben müssen, dass sie den Tod zu Oma und Opa bringen. Ich bin ganz froh, dass diese Zahl endlich einmal heraußen ist: 67 000 Menschen, also 0,8 Prozent, bekommen die­sen Brief und sind damit als Risikogruppe definiert.

Herr Minister, wir haben auch diskutiert, dass Sie nach wie vor nicht tiefer graben wollen. Sie wollen nach wie vor nicht flächendeckend Obduktionen vornehmen, Sie wollen in Wahrheit auch keine Antikörpertests, Sie wollen die Durchseuchung nicht feststellen. Das sind viele Punkte, über welche Sie als Gesundheitsminister unbedingt Informationen haben sollten, nämlich Zahlen, Daten, Fakten. Genau diese wollen Sie aber in Wahrheit nach wie vor nicht erheben.

Das ist eigentlich die Bankrotterklärung für Sie als Minister, dass Sie uns nicht alle Informationen und Fakten liefern, sondern eben Ihr altes Spiel mit Todesangst, Panik­mache und Vorhersage der Apokalypse weiterbetreiben wollen. Das ist aber der fal­sche Weg. (Beifall bei der FPÖ.)

11.10


Präsidentin Doris Bures: Nun gelangt Herr Klubobmann August Wöginger zu Wort. – Bitte.


11.10.15

Abgeordneter August Wöginger (ÖVP): Frau Präsidentin! Frau Bundesministerin! Herr Bundesminister! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Kollege Stöger hat mich jetzt dazu veranlasst, mich noch zu Wort zu melden, denn wenn er hier raus­kommt und sagt, dass Corona mit der Grippe verglichen werden kann – dann sage ich dir, lieber Kollege Stöger (Abg. Belakowitsch: Das ist dumm, hat der Kanzler gesagt!): Das ist eines ehemaligen Gesundheitsministers wirklich nicht würdig! (Beifall bei ÖVP und Grünen.)

Vielleicht könnt ihr das einmal in eurer Klubsitzung mit eurer Parteivorsitzenden be­sprechen, weil die das Gott sei Dank anders sieht (Abg. Belakowitsch: Glaubst du?), wenn man den öffentlichen Meldungen folgt. Alle - - (Abg. Belakowitsch: Aber sie hat noch nie die Grippe verharmlost!) – Nein, das, was Sie in der FPÖ aufführen, das sucht seinesgleichen. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Grünen.) Am 13. März setzt du dich mit Kickl hin und sagst: Lockdown, alles nieder! Warum tut die Regierung nicht alles?, und jetzt geht ihr her und sagt, wir haben alles kaputt gemacht und der


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Staat funktioniert nicht mehr. (Zwischenrufe bei der FPÖ.) Dieser Zickzackkurs der FPÖ spiegelt genau die Situation dieser Partei wider. (Beifall bei ÖVP und Grünen.)

Noch einmal zurück aber zu Corona und Grippe (Abg. Belakowitsch: Können Sie zur Wahrheit kommen?): Ich bin wirklich erschüttert darüber, dass das hier von einem Ab­geordneten und einem ehemaligen Gesundheitsminister gesagt wird. (Abg. Ames­bauer: Ich sage das auch!) Alle anerkannten Experten (Abg. Belakowitsch: Von wem denn anerkannt?!) sind sich einig, dass das zehnmal tödlicher ist als die Schweine­grippe. (Zwischenrufe bei der FPÖ.) – Das ist die FPÖ, schaut sie euch an! Schreien, aufregen – das ist die FPÖ! (Beifall bei ÖVP und Grünen.) Sonst könnt ihr nix! Es ist leider so. Es gibt kein Medikament und es gibt keine Impfung, und deshalb, meine Da­men und Herren, kann man das nicht mit der Grippe vergleichen.

Eines verstehe ich nicht: dass wir nicht alle froh und dankbar sind, dass wir – leider mit über 500 Toten – bis jetzt so gut durch diese Krise gekommen sind. Das verstehe ich nicht, meine Damen und Herren. (Beifall bei ÖVP und Grünen.)

Das Zweite ist: Sie beschweren sich hier beim Gesundheitsminister, was die Risiko­gruppen anbelangt. Das ist interessant. Dann reden Sie vom 7. Mai, an dem der Bun­desrat regulär tagen soll. Wir haben vorgeschlagen, dass der Bundesrat übermorgen tagen könnte. Das haben Sie mit Ihrer Fraktion abgelehnt. Sie lehnen es ab, dass der Bundesrat übermorgen tagen soll, kritisieren aber den Minister, dass diese Regelung viel zu spät in Kraft tritt – also wie hätten Sie es denn gerne, Herr Stöger? (Beifall bei ÖVP und Grünen.)

Zu guter Letzt, weil ja der Bundeskanzler in jeder Rede eines sozialdemokratischen Abgeordneten vorkommt – ob es stimmt oder nicht, sei dahingestellt; aber er kommt vor –: Wenn Sie sagen, Herr Kollege, schauen wir einmal, ob der Herr Bundeskanzler Wort hält!, dann sage ich Ihnen: Er hat immer Wort gehalten und wir halten auch diesmal Wort! (Zwischenrufe bei der SPÖ.) Sie sollten sich bei Ihrem Kollegen Mu­chitsch erkundigen, weil wir einen gemeinsamen Antrag vorbereitet haben, was die Notstandshilfe anbelangt – auch mit einer Rückwirkung bis Mitte März, mit einer Ver­ordnungsermächtigung für die Ministerin bis zum Ende des Jahres –, und Sie stellen sich da her und sagen: Schauen wir einmal, ob die ÖVP mit ihrem Parteiobmann Wort hält! – Ein gemeinsamer Antrag!

Wir haben – das wird Ministerin Aschbacher dann erwähnen – bereits 700 Mitarbeite­rInnen, nicht 500, wie in dem Antrag steht, und die Stundung – das Moratorium der Energiekosten – wird bereits von der Energieministerin durchgeführt. So schaut es aus, und da kommt jetzt der Dreiparteienantrag. (Beifall bei ÖVP und Grünen.)

Eines möchte ich abschließend bei dieser Diskussion schon sagen, und darauf lege ich auch Wert: Wir führen da niemanden an der Nase herum. Das, was wir zusagen, hal­ten wir ein, die gesamte Bundesregierung. Das nehme ich für meine Fraktion und auch für den Bundeskanzler in Anspruch. Wenn wir etwas mit einem Entschließungsantrag zusagen, dann setzen wir das auf Punkt und Beistrich um. (Zwischenrufe bei der SPÖ.)

Eines, meine Damen und Herren, sei Ihnen schon ins Stammbuch geschrieben: Über­denken Sie Ihre Aussagen, wie Sie mit Corona insgesamt umgehen! – Die Bevölke­rung sieht das Gott sei Dank anders. (Anhaltender Beifall bei ÖVP und Grünen.)

11.16


Präsidentin Doris Bures: Zu einer tatsächlichen Berichtigung hat sich Herr Ab­geordneter Alois Stöger zu Wort gemeldet. – Bitte, Herr Abgeordneter. (Rufe bei der ÖVP: Pinocchio!)


11.16.35

Abgeordneter Alois Stöger, diplômé (SPÖ): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr ge­ehrte Damen und Herren der Bundesregierung! Herr Abgeordneter Wöginger hat be-


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hauptet - - (Rufe bei der ÖVP: Klubobmann!) – Herr Klubobmann Wöginger hat be­hauptet, ich hätte Corona mit der Grippe verglichen. – Das ist nicht wahr. (Abg. Lopat­ka: Ja, das haben Sie!)

Ich habe nicht verglichen, sondern ich habe gesagt, dass Zahlen, noch dazu, wenn sie weltweit bezogen sind, auf etwas Bezug nehmen müssen, und habe darauf hingewie­sen, dass man auch auf andere Krankheiten und auch auf Todesfälle im Arbeitsleben hinweisen muss, und dann ist die Zahl eine andere. (Zwischenrufe bei der ÖVP sowie des Abg. Wurm.)

Zum Zweiten, Herr Abgeordneter Wöginger, Sie sagen, Sie halten Zusagen ein. Dann frage ich Sie (Abg. Lopatka: Wo ist die tatsächliche Berichtigung?): Haben Sie die Zu­sage eingehalten, dass Menschen, die Risikopatienten sind, am 3. April freigestellt werden? (Rufe bei der ÖVP: Das ist keine tatsächliche Berichtigung!) – Das haben Sie nicht getan. Sie haben es in Aussicht gestellt, aber nicht eingehalten. Fragen Sie die Risikopatienten! (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Lopatka: Sehr schwach!)

11.17


Präsidentin Doris Bures: Nun hat sich Frau Abgeordnete Dagmar Belakowitsch zu einer tatsächlichen Berichtigung zu Wort gemeldet. – Bitte.


11.17.58

Abgeordnete Dr. Dagmar Belakowitsch (FPÖ): Frau Präsidentin! Klubobmann Wö­ginger hat sich hier hergestellt und hat behauptet, alle anerkannten Experten und Vi­rologen würden feststellen – behaupten –, Corona sei zehnmal so gefährlich wie das Grippevirus. – Das ist unrichtig.

Ich berichtige tatsächlich: Zahlreiche anerkannte Virologen – ich nenne zwei als Bei­spiele, weil ich die ganze Liste im Zuge dieser 2 Minuten nicht aufzählen könnte –, un­ter anderem Univ.-Prof. Graninger von der Uni Wien, unter anderem Prof. DDr. Martin Haditsch aus Oberösterreich, haben genau das Gegenteil behauptet. Sie haben ge­sagt: Die Diskussion, die geführt wird, führt genau zum Gegenteil, nämlich man unter­schätzt und verharmlost die Grippe.

Des Weiteren – ich berichtige weiter tatsächlich – hat Abgeordneter Wöginger in seiner Rede hier behauptet, ich hätte in einer Pressekonferenz gemeinsam mit Klubobmann Kickl behauptet, wir wollen den totalen Lockdown – Punkt. – Das ist auch unrichtig.

Herr Kollege Wöginger, wenn Sie schon zitieren, dann zitieren Sie bitte zu Ende! Wir wollten den totalen Lockdown am Flughafen Wien und die absolute Grenzschließung. – Das ist richtig. (Beifall bei der FPÖ – Abg. Wöginger: Das stimmt nicht! – Bravoruf des Abg. Wurm.)

11.19


Präsidentin Doris Bures: Nun ist niemand mehr dazu zu Wort gemeldet. Die Debatte ist geschlossen.

Wünscht die Frau Berichterstatterin ein Schlusswort? – Das ist nicht der Fall.

Wie vereinbart, werde ich die Abstimmung an den Schluss der Verhandlungen über die Vorlagen des Ausschusses für Arbeit und Soziales – das ist nach dem TOP 11 – verlegen.

11.19.373. Punkt

Bericht des Ausschusses für Arbeit und Soziales über den Antrag 482/A der Abgeordneten Mag. Ernst Gödl, Bedrana Ribo, MA, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundespflegegeldgesetz geändert wird (14. COVID-19-Gesetz) (122 d.B.)


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4. Punkt

Bericht des Ausschusses für Arbeit und Soziales über den Antrag 481/A der Ab­geordneten Mag. Andreas Hanger, David Stögmüller, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz zur Förderung von frei­willigem Engagement (Freiwilligengesetz – FreiwG), BGBl. I Nr. 17/2012 geändert wird (10. COVID-19-Gesetz) (123 d.B.)


Präsidentin Doris Bures: Damit gelangen wir zu den Tagesordnungspunkten 3 und 4, über welche die Debatten unter einem durchgeführt werden.

Auf eine mündliche Berichterstattung wurde verzichtet.

Als Erste zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Verena Nussbaum. – Bitte, Frau Ab­geordnete.


11.20.28

Abgeordnete Mag. Verena Nussbaum (SPÖ): Frau Präsidentin! Werte Mitglieder der Bundesregierung! Hohes Haus! Die Sozialdemokratie in Österreich lebt seit 130 Jahren soziale Gerechtigkeit und Solidarität. Am 1. Mai feiern wir die sozialen Errungenschaf­ten, die Österreich zu dem Land machen, das es heute ist, ein Land, das keine Men­schen zurücklässt und soziale Absicherung als zentrale Staatsaufgabe sieht (Beifall bei der SPÖ)  umso mehr freut es mich, dass auch der Bundeskanzler die Wichtigkeit der sozialdemokratischen Werte erkannt hat.

In den letzten Tagen wurde viel davon gesprochen, dass Menschen in systemrelevan­ten Berufen mehr zum Leben haben sollen. – Ja, das sehen wir genauso und wir werden nicht müde, das weiterhin zu betonen und dafür zu kämpfen. Das gilt be­sonders auch für Menschen, die in der Pflege tätig sind. Dass die Pflege unserer An­gehörigen auf wirklich wackligen Beinen steht, das wissen wir nicht erst seit Kurzem. Durch die Coronakrise ist dieses Problem nun viel sichtbarer geworden, und auch die Bundesregierung hat die Dringlichkeit des Problems erkannt. Viele Pflegebedürftige können nicht versorgt werden, weil die Pflegekräfte Österreich verlassen haben. Es herrscht akuter Handlungsbedarf.

Die Regelungen im Pflegebereich sind in Bezug auf die Kompetenz leider sehr zersplit­tert. Es wäre wichtig, da endlich Klarheit zu schaffen und einen bundesweiten Pflege­fonds mit einheitlichen Regelungen ins Leben zu rufen, um die Pflege und die Versor­gung der älteren und pflegebedürftigen Menschen in unserem Land sicherzustellen.

Es sind aber nicht nur die Älteren unter uns von diesem Problem betroffen. Auf Men­schen mit Behinderungen wird in diesem Zusammenhang oft komplett vergessen. Diese Menschen werden nämlich in den meisten Fällen nicht von 24-Stunden-Pflege­rInnen betreut, sondern von ihren Angehörigen oder von persönlicher Assistenz. Für Personen mit Behinderungen gibt es derzeit fast keine Regelungen. Es ist essenziell, dass deren Betreuerinnen und Betreuer möglichst rasch getestet werden, um eine Ansteckung zu verhindern. Zusätzlich muss auch in diesem Bereich die Versorgung mit qualitativ hochwertiger medizinischer Schutzausrüstung gesichert werden.

Viele Menschen mit Behinderungen zählen zur Risikogruppe, die pflegenden Angehöri­gen aber nicht. Dies führt zu einem massiven Ansteckungsrisiko für diese Menschen. Es wäre meiner Meinung nach wichtig, die Angehörigen in die Risikogruppe miteinzu­beziehen.

Beginnen wir endlich, zu handeln, damit die Betroffenen, aber auch die Betreuer und Betreuerinnen Rechtssicherheit und Absicherung erhalten (Beifall bei der SPÖ), wir niemanden zurücklassen und vor allem auch nicht alleine lassen. – Danke schön. (Bei­fall bei der SPÖ.)

11.23



Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll27. Sitzung, 28. April 2020 / Seite 68

Präsidentin Doris Bures: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Bedrana Ribo. – Bitte.


11.23.42

Abgeordnete Bedrana Ribo, MA (Grüne): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Geschätzte Regierungsmitglieder! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Liebe Zuseherinnen und Zuse­her! Auch wenn es in den letzten paar Tagen die eine oder andere Lockerung gab: Wir befinden uns nach wie vor in einer Ausnahmesituation. Um diese Ausnahmesituation wirklich gut meistern zu können, benötigt es eben auch Gesetzesänderungen. In diesem Fall muss das Bundespflegegeldgesetz geändert werden – das ist notwendig, damit Pflege und Betreuung sichergestellt werden können.

Man versucht, da gemeinsam mit den Ländern im Sinne eines zentralen Managements eine Linie zu finden, indem Bund und Länder sich gegenseitig unterstützen und zusam­menarbeiten, damit möglichst viele Menschen gut durch die Krise kommen.

Ich habe bereits letzte Woche an dieser Stelle betont, wie wichtig der Pflegebereich ist und wie sehr er von der Krise betroffen ist – denken wir etwa an die schwierigen Situa­tionen in der 24-Stunden-Betreuung oder an die Belastung pflegender Angehöriger. Bereits am Beginn der Krise hat sich schnell herausgestellt, dass es vor allem im Be­reich der 24-Stunden-Betreuung zu Engpässen kommen könnte. Es geht um Betrof­fene – man stelle sich das vor –, die ständig in Angst leben: Meine Betreuerin, die eh schon um Wochen verlängert hat, die ihre Familie sehr lange nicht gesehen hat, möch­te vielleicht zurück zu ihrer Familie, aber der Ersatz ist nicht da. – In dieser ständigen Angst, die für mich verständlich ist, leben ganz viele Menschen in Österreich. (Abg. Matznetter: Dann verspricht halt die Ministerin einen Zug!)

Damit es nicht zu diesen Ausfällen kommt, ermöglicht diese Gesetzesänderung eine Übermittlung der Daten an die zuständigen Ämter der Landesregierungen und an den Fonds Soziales Wien. Das hat den Zweck, dass Betroffene aktiv kontaktiert werden, damit Engpässe nicht zustande kommen beziehungsweise damit Ersatzpflege sicher­gestellt wird. Ja, es gibt Menschen, die es alleine schaffen, für Ersatzpflege zu sorgen, es gibt aber auch ganz viele Personen, die das aus verschiedenen Gründen nicht al­leine schaffen, und die brauchen die Pflege und die Unterstützung.

Zu dieser Gesetzesänderung ist noch zu sagen, dass es neben der Sunsetklausel, die sowieso für alle Covid-Gesetze gilt – Ablauf per 31.12.2020 – (Abg. Loacker: Gilt nicht für alle!), noch einen besonderen Punkt gibt, den ich unbedingt erwähnen möchte, und zwar: Die weitergegebenen „Daten sind unverzüglich zu löschen, wenn sie für die Er­füllung des konkreten Zwecks nicht mehr benötigt werden“. – Das ist ein ganz wichtiger Punkt. Ein sorgsamer Umgang mit Daten war uns Grünen immer – und zwar wirklich immer – wichtig, das war bei uns immer höchste Priorität (Rufe bei der FPÖ: War! War! War!), und so wird es auch bleiben. In diesem Gesetz ist das auch gewährleistet, des­wegen hoffen wir auf eine breite Zustimmung. – Danke! (Beifall bei Grünen und ÖVP.)

11.27


Präsidentin Doris Bures: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Christian Ragger. – Bitte.


11.27.50

Abgeordneter Mag. Christian Ragger (FPÖ): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Ge­schätzter Herr – als einziger übrig gebliebener – Minister! Vielleicht darf ich zu den Ta­gesordnungspunkten 3 und 4 ausführen: Natürlich ist es richtig und notwendig, dass wir heute diese Vorkehrungen im Hinblick auf Covid-19 beschließen, und dementspre­chend werden wir das auch beim Bundespflegegeldgesetz mittragen. Auf der anderen Seite sehen wir die Tatsache, dass wir eine zusätzliche Dotierung des Krisenbewälti­gungsfonds vornehmen, natürlich sehr zwiegespalten, weil wir aufgrund der bisherigen


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Pannen und des bis dato von Ihnen beziehungsweise der Regierung nicht wirklich ein­gelösten Vertrauens glauben, dass da durch die Hintertür eine Trackingapp eingeführt wird. Was für mich aber wesentlich ist – dazu sollte man vielleicht ausführen –, ist, dass wir beginnen müssen, für die Zeit danach, wenn wir zurück in die Normalität kom­men, neue Ansätze im Bereich der Versorgung und der Pflege zu prägen.

Wir reden heute darüber, dass wir erstmals Personen, die in der 24-Stunden-Pflege verankert sind, in die Datensammlung mitaufnehmen. Im Grunde genommen aber wäre es notwendig und wichtig, dass man hinkünftig relativ frühzeitig beginnt, um al­le Bereiche im Zusammenhang mit der Versorgung der älteren Menschen, von der
24-Stunden-Betreuung bis hin zu verschiedenen anderen Bereiche, zu buhlen.

Was meine ich damit? – Man hat in Kärnten in den Jahren 2010, 2011 ein System, das sogenannte GPS, entwickelt, in dem, wenn man eine ältere Person hat, die in einem Pflegeheim oder in einer niederschwelligeren Einrichtung versorgt werden muss oder die zu Hause versorgt wird, mithilfe einer Krankenschwester und einer Sozialarbeiterin die korrekte Zuweisung in einer zentralen Struktur erfolgt.

Das heißt übersetzt, wir wollen heute nicht, dass jeder ältere Mensch einfach von der ersten Minute an in ein Pflegeheim kommt, sondern – was ja unsere Zielperspektive sein sollte – dass die Menschen so lange wie möglich zu Hause versorgt werden. Diese Grundlage muss so sein, dass in den Bezirken zentrale Systeme eingeführt wer­den – in der Bezirkshauptmannschaft –, wo man diese Zuordnung machen kann.

Vielleicht kann man es an einem Beispiel festmachen: Ihre Großmutter geht die Stiege hinunter, fällt zu Boden und bricht sich den Oberschenkelhals; sie hat vielleicht eine Mietwohnung. Wer kümmert sich darum? Was passiert in der Zeit der Übergangs­pflege? Wo geht sie in der Zeit, nachdem sie aus dem Krankenhaus entlassen wurde, hin? – Das heißt, diese Hilfestellungen, die die Menschen eigentlich benötigen würden, haben wir nicht und verteuern damit das System. Damit geben wir im Zweifel alles in den Bereich der Pflege. Das sollten wir nach einer Veränderung dieser Krise wirklich ernsthaft angehen, denn die Art, wie wir damit umgehen, wird eine der Schlüsselfragen im Sozialbereich und in der Struktur der Versorgung der älteren Menschen sein.

Zum zweiten Bereich, den Trackingapps, möchte ich Folgendes festhalten: Man kann zu den Amerikanern stehen, wie man will. Gestern hat man gesehen, was in Amerika passiert, wenn man Bürgerrechte, für welche die Menschen dort jahrhundertelang auf die Straße gegangen sind, um diese Rechte zu konservieren und zu pflegen, ein­schränkt. Ich glaube, es ist wirklich an der Zeit, ehrlich damit umzugehen und zu sa­gen, was die Regierung mit solchen Maßnahmen will, denn die Zeit ist längst um, dass die persönliche Freiheit massivst eingeschränkt worden ist.

Verschiedene Verfassungsrechtler und Juristen sagen heute, dass man weit übers Ziel hinausgeschossen hat, wenn es um persönliche Freiheitsrechte geht. Ich muss mich fragen: Wie sauber und strukturiert hat das Sozialministerium gearbeitet, wenn wir heute das Epidemiegesetz nochmals ändern werden, weil darin so viele nicht nur grammatikalische Fehler, sondern auch inhaltlich strukturierte Fehler sind? Verzeihen Sie mir, aber es ist wirklich an der Zeit, dass die Freiheitsrechte wieder an die Bürger zurückgehen. Dafür sind wir da. – Danke. (Beifall bei der FPÖ sowie des Abg. Scherak.)

11.32


Präsidentin Doris Bures: Zu einer tatsächlichen Berichtigung hat sich Herr Abge­ordneter Gerald Loacker zu Wort gemeldet. – Bitte, Herr Abgeordneter.


11.32.42

Abgeordneter Mag. Gerald Loacker (NEOS): Frau Präsidentin! Abgeordnete Ribo von den Grünen hat erklärt, dass alle Covid-Gesetze eine Sunsetclause, ein Außer­krafttretensdatum hätten. – Das ist nicht richtig.


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Ich berichtige tatsächlich: Zum Beispiel bei Tagesordnungspunkt 13, in dem das Epide­miegesetz geändert wird, ist keine Sunsetclause vorgesehen, und was wir dort ändern, bleibt dauerhaft picken. (Beifall bei den NEOS, bei Abgeordneten der SPÖ sowie des Abg. Amesbauer.)

11.33


Präsidentin Doris Bures: Als nächster Redner gelangt Herr Abgeordneter Ernst Gödl zu Wort. – Bitte.


11.33.00

Abgeordneter Mag. Ernst Gödl (ÖVP): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrter Herr Gesundheitsminister! Meine geschätzten Damen und Herren! Liebe Bevölkerung vor den Fernsehschirmen! Österreich hat in den letzten Monaten und Wochen vor allem sehr vieles richtig gemacht. Wie der Gesundheitsminister vorhin gezeigt hat, sprechen die Zahlen eine eindeutige Sprache, nämlich dass wir es gemeinsam – alle, die gesamte Bevölkerung –, mit den politischen Maßnahmen geschafft haben, die In­fektionszahlen niedrig zu halten.

Dass hier im Parlament jetzt schön langsam wieder die Normalität einkehrt – nämlich die neue und die alte Normalität –, sieht man vielleicht auch an folgenden Tatsachen: Wir tagen sehr oft und haben einen starken Diskurs zwischen Regierungsparteien und Opposition. Das ist gut und richtig so.

Wir sitzen allerdings in der sogenannten neuen Normalität mit etwas Abstand, und manche Parteien oder vor allem eine Partei, die Freiheitliche Partei, ist in der alten Normalität: Sie sitzen hier sogar ohne Schutzmasken, entgegen dem, was eigentlich in der Bevölkerung anerkannt und als wichtig gesehen wird. (Abg. Schnedlitz: So wie ihr im Ausschuss! Ohne Kamera!)

Die alte Normalität im Bereich des Pflegewesens ist auch in Richtung FPÖ oder ins­gesamt (Zwischenruf der Abg. Belakowitsch – weitere Zwischenrufe bei der FPÖ), dass viele Anträge der Freiheitlichen vor einigen Wochen noch ganz anders, als sie jetzt hier propagiert werden, geklungen haben. Ich erinnere nochmals eindrücklich daran – das lässt sich im Protokoll nachlesen –, dass sich ein gewisser Herr Klub­obmann Kickl am 20. März hier ans Podium gestellt und die Regierung dafür gegeißelt hat, dass nicht ein sofortiger gesamter Lockdown – und nicht nur die Grenzschließun­gen (Abg. Schnedlitz: Bei den Grenzen und beim Flughafen und nicht nur bei der Bevölkerung!) – durchgeführt wurde. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Grünen.)

Deswegen ist es schon kurios, wenn derselbe Herr Klubobmann Kickl drei Wochen später hierherkommt und quasi den Coronawahnsinn anprangert, obwohl er noch eini­ge Wochen vorher genau das Gegenteil gefordert hat.

Da gäbe es noch mehrere andere Anträge, gerade auch betreffend Pflege, betreffend 24-Stunden-Betreuung. Wenn ich Kollegin Belakowitsch hier sehe: Wir haben in der vergangenen Periode – ich habe das schon mehrmals erwähnt – gut zusammengear­beitet. Wir beide waren in der Diskussion für den Bereich Pflege verantwortlich (Zwi­schenruf des Abg. Wurm), und ich wundere mich immer, wie Sie jetzt, einige Monate später – jetzt freilich in der Opposition (Zwischenruf der Abg. Belakowitsch) –, die Din­ge immer komplett verdrehen und ins Gegenteil verkehren.

Diese Regierung hat gemeinsam mit der Bevölkerung, wie gesagt, viele richtige Maß­nahmen gesetzt. Das beweisen die Zahlen. Der ganz große Bonus unserer Bevölke­rung ist, dass wir in der Krise wirklich gut zusammenhalten.

Ich möchte einige Institutionen ausdrücklich erwähnen, etwa die Österreichische Ge­sundheitskasse, die in der E-Medikation oder auch bei der Bewilligung von Heilbehel-


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fen und Hilfsmitteln der Bevölkerung gegenüber wirklich sehr unbürokratisch vorgeht. Ich möchte auch festhalten, dass unser Gesundheitsminister gemeinsam mit der Bun­desregierung, als die Coronamaßnahmen in Kraft getreten sind, sofort ein Hilfspaket, ein 100-Millionen-Euro-Paket geschnürt hat, um genau den Bereich der Pflege mit ei­nem Sicherheitsnetz abzusichern.

Herr Kollege Ragger, in allen Ländern wurden Pflegehotlines eingerichtet. In allen Län­dern gibt es Anlaufstellen, bei denen sich BürgerInnen ganz unbürokratisch über Te­lefon melden können, wenn sie einen zusätzlichen oder einen dringenden neuen Be­darf in der Pflege haben.

In dieselbe Kerbe schlägt die Gesetzesänderung, die wir heute hier beschließen, näm­lich dass die Daten des Sozialministeriums von den Personen, die eine 24-Stunden-Betreuung beanspruchen, an die Landesstellen, die Sanitätsdirektionen beziehungs­weise die Stellen, an denen die Pflege in den Ländern zusammenläuft, übermittelt werden, damit im Falle des Falles niemand alleingelassen wird, wenn zum Beispiel eine 24-Stunden-Betreuung aufgrund der Reisebeschränkungen nicht gewährleistet werden kann.

Die 24-Stunden-Betreuung ist freilich nur ein Segment der Pflege. Etwa 6 Prozent der PflegegeldbezieherInnen, also insgesamt circa 30 000 Menschen in Österreich, wer­den von 24-Stunden-BetreuerInnen unterstützt. Wenn man weiß, dass das prinzipiell in einem Wechseldienst passiert, so haben wir etwas über 60 000 Betreuungspersonen und fast alle kommen aus dem Ausland. Ich sage, fast alle, weil ich in der Statis­tik gesehen habe, dass es 96 österreichische Betreuungspersonen gibt, die in der
24-Stunden-Betreuung sind. Fast die Hälfte der BetreuerInnen kommt aus Rumänien. Unsere Ministerinnen Gewessler und Edtstadler sowie Staatssekretär Brunner sind jetzt sehr stark daran interessiert – die Abstimmung ist anscheinend in einem Endsta­dium angekommen –, dass in dieser Phase der Restriktionen bei Grenzübertritten ein Korridorzug verkehren kann, damit der Austausch vonstattengehen kann.

Ich selbst bin ehrenamtlicher Vorsitzender eines gemeinnützigen Vereins, der mobile Dienste und 24-Stunden-Betreuungen organisiert. Ich kann Ihnen aus Erfahrung Fol­gendes berichten: Wir haben 38 Personen, denen wir Betreuungskräfte zur Verfügung stellen. Diese sind zum Beispiel auch aus Rumänien. Wir sehen jetzt, dass die Betreu­ungspersonen, die hier sind, den Familien in dieser Situation extrem zur Unterstützung gereichen, indem sie wirklich lange hiergeblieben sind. In unserem Fall haben die meisten sogar nochmals um vier Wochen, bis Anfang Juni, verlängert, um die Familien nicht alleine zu lassen, bis der Transport in und der Austausch mit ihren Heimatländern wieder gewährleistet ist.

Da hat es sehr geholfen – Herr Bundesminister, danke für diesen Ansatz! –, dass der 500-Euro-Bonus jenen gegeben werden kann, die verlängert haben. Dieser Bonus wurde von den Betreuungskräften sehr gut angenommen.

Alles in allem bemühen wir uns um jede Facette der Pflege in dieser wirklich schwieri­gen Phase der Heimpflegeunterstützung. Ich möchte ausdrücklich auch die mobilen Dienste erwähnen, die von 30 Prozent der PflegegeldbezieherInnen in Anspruch ge­nommen werden. Sie leisten wahnsinnig wichtige Arbeit unter schwierigen Vorausset­zungen. Oft fehlt es an der Schutzausrüstung. Diesbezüglich wurde einiges bereits in den letzten Tagen verbessert, sodass genug Schutzausrüstung und genug Desinfek­tionsmittel vorhanden sind.

Summa summarum hat die Regierung von Anfang an den Ernst der Lage erkannt und die richtigen Maßnahmen gesetzt, sodass wir in der Pflege grosso modo nach wie vor einen guten Fortschritt erzielen. In diesem Sinne, glaube ich, ist es unser aller Anlie­gen, dass wir gut durch diese Krise kommen.


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Nehmen wir uns ein Beispiel an der Bevölkerung, die diese Krise in jeder Hinsicht her­vorragend bewältigt und meistert. Wir Politikerinnen und Politiker sollten in jeder Hin­sicht mit gutem Beispiel vorangehen, und es wäre ein positives Signal, wenn auch die Abgeordneten der Freiheitlichen Partei Mund-Nasen-Schutz tragen würden. Das ist etwas, das auch von der Bevölkerung sehr gut angenommen wird. (Abg. Amesbauer: Weil es verpflichtend ist! – Weitere Zwischenrufe der Abgeordneten Amesbauer und Belakowitsch.) Es geht darum, dass Sie andere schützen (Die Abgeordneten Ames­bauer und Belakowitsch: Nein!), indem auch Sie eine Maske tragen.

In diesem Sinne: Gehen Sie mit gutem Beispiel voran und helfen Sie mit, damit wir möglichst gut aus dieser Krise kommen! (Beifall bei ÖVP und Grünen. – Abg. Belako­witsch: Völlig falsch! – Abg. Amesbauer: Sicher nicht! – Ruf bei der FPÖ: Unfass­bar! – Abg. Amesbauer: Heuchelei, mehr nicht!)

11.40


Präsidentin Doris Bures: Als Nächster gelangt Herr Abgeordneter Dietmar Keck zu Wort. – Bitte.


11.40.58

Abgeordneter Dietmar Keck (SPÖ): Frau Präsidentin! Herr Bundesminister! Meine Damen und Herren! Im Rahmen von Tagesordnungspunkt 4 wird ein Bundesgesetz beschlossen, mit dem die Förderung von freiwilligem Engagement geändert wird. Im Zuge der Debatte zu diesem Gesetzentwurf, meine Damen und Herren, möchte ich mich jetzt vor allem bei Freiwilligenorganisationen bedanken, die nicht in den Inseraten der Bundesregierung vorkommen: Ich bedanke mich im Besonderen bei den Malte­sern, bei den Johannitern, beim Samariter-Bund und beim Grünen Kreuz, denn auch sie leisten den Menschen in Österreich unwahrscheinliche Hilfe, nicht nur das Rote Kreuz! (Beifall bei der SPÖ, bei Abgeordneten der ÖVP sowie des Abg. Brandstätter.) Ich würde mir von der Bundesregierung erwarten, dass sie auch diese Organisationen erwähnt, wenn es um dieses Thema geht.

Worum geht es denn bei diesem Gesetzentwurf, meine Damen und Herren? – Es geht darum, einmalige Zuwendungen für Covid-19-bedingte Ausgaben in Höhe von 600 000 Euro aus Mitteln des COVID-19-Krisenbewältigungsfonds zur Verfügung zu stellen. Es ist aber vollkommen unklar, wer was bekommt und wie wer etwas bekommt. Wir konnten diesen Punkt im Sozialausschuss nicht diskutieren, weil die Zeit zu knapp wurde, weil vieles zu knapp bemessen war. Ich frage mich: Wird damit vielleicht die Coronaapp bezahlt? Was wird mit diesem Geld gemacht? Wir haben bis heute keine Antworten auf diese Fragen bekommen, und daher werden wir diesem Gesetzentwurf nicht zustim­men.

Dieser Gesetzentwurf sorgt für Verunsicherungen bei den Organisationen – wie viele, viele andere Gesetze, die Sie beschlossen haben und die für Verunsicherung sorgen. Ich nenne nur ein Gesetz als Beispiel. Hier wird ja gesagt, alles, was die ÖVP macht, sei richtig, und alles, was die Abgeordneten hier am Rednerpult sagen, sei falsch. Ich lese Ihnen ein Mail vor, heute erhalten, ziehen Sie bitte Ihre Schlüsse daraus:

„Schönen guten Tag,

leider sind wir genauso verunsichert wie Sie!

Bis zur letzten Pressekonferenz gingen wir davon aus, dass alle Dienstleister erst Mitte Mai wieder den Betrieb aufnehmen dürfen.

Seit der Pressekonferenz wissen wir das nicht mehr. Der Bundeskanzler hat von wei­teren Dienstleistern neben Frisören gesprochen, die ab 01.05. wieder arbeiten dürfen. Wir wissen nicht, ob er damit wirklich ausnahmslos alle gemeint hat! Seine Nennung von Nagelstudios, Kosmetikern und Masseuren war auch nicht sehr repräsentativ für das große Spektrum an Dienstleistern in allen Sparten.


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In den letzten Tagen haben sich die Anzeichen in diese positive, alle Dienstleister um­fassende Richtung verdichtet - zum Glück!

Wenn die Regierung vor die Presse tritt und Ankündigungen macht, liegen diese immer erst Tage später schriftlich vor. Auch ist mit uns nicht vorabgesprochen, was in der Pressekonferenz verkündet wird!

Wir wissen genauso viel wie Sie, wenn Sie die Pressekonferenz im TV schauen. Es dauert Tage, bis wir danach die schriftlichen Normierungen bekommen und unsere Auskünfte dann belegen können.

Insofern: Es würde uns sehr freuen, wenn Sie ab 01.05. wieder arbeiten dürfen, ganz sicher wissen wir es aber erst in den kommenden Tagen. Auch über Schutzmaßnah­men wissen wir nichts bevor die Verordnung nicht vorliegt.

Sobald die Verschriftlichung vorliegt - das wird offenbar erst Dienstag der Fall sein - werden Sie im allgemeinen WKW Newsletter davon erfahren. Dann wird die Krite­rienliste auf www.wko.at/corona aktualisiert und dort steht dann auch die Regelung für Sie. [...]

Wir hoffen sehr, dass die unklaren Ankündigungen des Bundeskanzlers zur Betriebs­öffnung von Dienstleistern in Ihrem Sinne verschriftlicht werden und wirklich alle Dienstleister, auch Sie, ab 01.05. wieder arbeiten dürfen.“

Das sagt keine Organisation, die uns nahesteht, sondern das ist aus der Wirtschafts­kammer Österreich gekommen, nämlich auf eine Anfrage hin, die an sie gestellt wurde, und da ist ganz klar von unklaren Aussagen des Bundeskanzlers beziehungsweise der Regierung die Rede.

Meine Damen und Herren, ich fordere Sie auf: Sagen Sie der österreichischen Be­völkerung, was wirklich Sache ist! Keiner weiß, was er ab 1. Mai machen darf, keiner weiß, was er heute machen darf. Klären Sie die Bevölkerung wirklich auf! Das würde ich von einer Regierung verlangen, und kein Maßregeln in den Ausschüssen vonseiten der Abgeordneten der Regierungsparteien! (Beifall bei der SPÖ.)

11.44


Präsidentin Doris Bures: Als Nächste gelangt Frau Abgeordnete Fiona Fiedler zu Wort. – Bitte.


11.44.59

Abgeordnete Fiona Fiedler, BEd (NEOS): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Hohes Haus! Werte Minister! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Liebe Zuschauer und Zu­schauerinnen! Grundsätzlich stimmen wir beiden Anträgen zu, allerdings ist mir wichtig, dass die 24-Stunden-Pflege in Österreich auch während der Coronakrise sichergestellt ist. Viele Pflegekräfte sitzen aber immer noch in ihren Heimatländern fest, nicht nur in Rumänien.

Schikanen für ausländische Pflegekräfte müssen endlich aufhören. Wir müssen uns für Quartiere und Kinderbetreuung der ausländischen Pflegekräfte einsetzen, die Indexie­rung der Familienbeihilfe muss fallen. Die Bürokratie im Hinblick auf diese Pflegekräfte muss endlich abgebaut werden. Die Pflegekräfte werden dringend benötigt, nicht nur für unsere älteren Mitmenschen, sondern auch für zahlreiche Menschen mit Behinde­rung.

In der Schule hat das so funktioniert: Wenn du möchtest, dass deine Kinder das Er­lernte behalten, musst du es mit ihnen wiederholen, wiederholen und wiederholen. Hier ist es ähnlich. Ich werde nicht müde, so lange zu wiederholen, dass Menschen mit Behinderung eine Teilhabe in unserer Mitte zusteht, bis es alle hier verstanden haben und wir Inklusion leben! (Beifall bei den NEOS sowie der Abg. Ribo.)


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Ich werde es so oft zum Thema machen, bis auch unser Kanzler seine Stimme für die umfassende Inklusion in Österreich erhebt. Ich höre von Betroffenen immer wieder, dass es im Nationalrat ohnehin zu keinem Einsatz für Menschen mit Behinderung kommen werde, solange es niemanden persönlich treffe.

Meine Damen und Herren, es kann uns alle treffen, heute oder erst morgen. Bei Gott, ich wünsche niemandem, dass ihm ein solches Schicksal widerfährt, aber wir sollten uns alle darüber bewusst sein, dass wir davor nicht gefeit sind. Genau deshalb ist es unsere Pflicht, hier nicht wegzusehen, sondern den Finger in die Wunde zu legen und zu agieren. Menschen mit Behinderung arbeiten immer noch für ein Taschengeld, Menschen mit Behinderung wird es immer noch nicht ermöglicht, selbstbestimmt zu le­ben, Menschen mit Behinderung leben immer in einer Krise, weil wir sie ausgrenzen.

Am vergangenen Samstag hat die Gala des Vereins RollOn Austria – Wir sind be­hindert eines wieder deutlich klargemacht: Wir können von Menschen mit Behinderung viel lernen, und es ist dringend notwendig, dass wir das auch tun. Wir können ge­genseitig voneinander profitieren, indem wir einander unterstützen. Gerade jetzt in Kri­senzeiten können wir von Menschen mit Behinderung lernen, wie man mit Einschrän­kungen umgeht.

Eine bemerkenswerte Aussage eines Gastes der Gala war: Es braucht keinen Perfek­tionismus für ein glückliches, selbstbestimmtes Leben. – Darüber sollten wir nachden­ken. Inklusion ist ein Menschenrecht. Setzen wir uns alle gemeinsam dafür ein! (Beifall bei den NEOS.)

11.47


Präsidentin Doris Bures: Als Nächste gelangt Frau Abgeordnete Dagmar Belako­witsch zu Wort. – Bitte.


11.47.44

Abgeordnete Dr. Dagmar Belakowitsch (FPÖ): Frau Präsidentin! Herr Bundesminis­ter! Werte Kolleginnen und Kollegen! Ganz kurz zum Kollegen Gödl: Ich bin es lang­sam leid, permanent tatsächliche Berichtigungen zu machen. Kollege Gödl, wir haben im Rahmen der letzten Debatte nicht ein einziges Mal über Pflege diskutiert, jedenfalls nicht gemeinsam, wir haben auch nicht verhandelt. Ich weiß nicht, mit wem Sie ver­handelt haben, mit mir haben Sie das nicht getan – nur um das einmal richtigzustellen.

Zur Geschichte mit der Maske: Ich muss Ihnen sagen, die Maske ist leider kein Schutz. Sie ist auch Teil der Angststrategie, wie ich von Anfang an angemerkt habe. Dazu werden Sie keine andere Aussage hervorzaubern können beziehungsweise Sie schon, Sie finden ja immer passende Aussagen. Jedenfalls ist das Gegenteil der Fall, die Maske ist nur ein vermeintlicher Schutz.

Ich habe Sie während Ihrer Rede beobachtet: Sie haben mit Ihrer Maske hier quasi den Tisch gewischt. Ganz ehrlich, hätte ich jetzt Angst, dann müsste ich ihn zuerst desinfizieren lassen, denn in der feuchten Atemluft leben alle Keime, und die leben gut darin – und dann legen Sie die Maske hin! Das kann man im Übrigen permanent beobachten. Ihr Kollege Klubobmann Wöginger legt seine Maske immer schön wie ein Schüsserl hin, sodass jeder, der vorbeigeht, sämtliche Keime einatmen kann. Das ist ja nicht der richtige Umgang! Das, was Sie hier aufführen, ist ja kontraproduktiv!

Dann wäre da noch etwas, das man immer wieder wiederholen muss: Wenn die Ka­meras weg sind, trägt keiner von Ihnen eine Maske. (Abg. Gabriela Schwarz: Das stimmt ja überhaupt nicht!) – Das stimmt schon (Beifall bei der FPÖ), in den Aus­schüssen nicht, in der Präsidiale nicht. Hören Sie also auf, zu sagen, das stimme nicht! (Zwischenruf des Abg. Haubner.) In der Präsidiale haben weder der Präsident noch der Herr Klubobmann eine Maske mit oder auf. (Abg. Wöginger: Weil wir auseinander sitzen!) – Dort sitzen Sie auch nicht weiter als hier auseinander, hier ist auch nur ein


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Sitzplatz zwischen Ihnen. Offensichtlich haben Sie davon eine falsche Wahrnehmung. Das ist die Wahrheit und die sollte man hier auch ansprechen!

Eine Szene aus der gestrigen Sitzung des Innenausschusses: Der Herr Innenminister hat während der gesamten Sitzung keine Maske getragen, aber für das Selfie hat er sie schnell aufgesetzt. Das ist dann der große Maskenschutz, meine Damen und Her­ren! (Beifall bei der FPÖ.)

Hören Sie also auf, uns etwas vorzuwerfen, das so nicht stimmt. Sie wissen ohnehin, dass diese Masken kein Schutz sind. Kollege Gödl, Sie sind, glaube ich, beim Roten Kreuz oder bei einer anderen Hilfsorganisation. Das ist übrigens ein guter Punkt, damit komme ich nämlich zum Tagesordnungspunkt, zum Thema Freiwilligkeit.

Kollege Keck hat es schon angesprochen: Es gibt einen Gesetzentwurf, da geht es um eine Förderung für die Freiwilligentätigkeit. Wir wissen aber nicht, für welche Organisa­tionen, das wird uns vorenthalten. Im Ausschuss hatten wir keine Möglichkeit mehr, Fragen zu stellen, denn aufgrund der fortgeschrittenen Zeit war es nicht möglich, darü­ber ausgiebig zu diskutieren, sondern es wurde einfach abgestimmt, meine Damen und Herren.

Dazu, was in den letzten Wochen mit dem Roten Kreuz passiert ist, muss ich sagen: Die Regierung hat dem Roten Kreuz keinen guten Dienst erwiesen, sie hat es nämlich von einer Non-governmental Organization zu einer Governmentorganization umgemo­delt. Es besteht schon ein bisschen der Verdacht, dass diese 600 000 Euro die Querfi­nanzierung für die App sind, nämlich jene App, von der der Herr Nationalratspräsident gesagt hat, er möchte sie verpflichtend haben.

Ich stelle mir schon die Frage, wie man eigentlich denken muss und was man da für Gefühle haben muss, wenn man sich als Bundeskanzler auch noch hinstellt und sagt, alle die, die kein Smartphone haben, kriegen dann einen Schlüsselanhänger – auf dem das alles gespeichert wird – um den Hals. Also da, meine Damen und Herren, würde ich sagen, der Herr Bundeskanzler hat für solche Ansagen, die da gemacht werden, den Erich-Mielke-Gedächtnispreis verdient.

Ich sage Ihnen ganz ehrlich: Wir wollen zunächst einmal wissen, was welche Orga­nisation bekommt. Es kann nicht sein, dass eine Organisation zufällig dann auch noch freihändig die Regierungskampagne vergeben darf, 15 Millionen Euro an Herrn Mader­thaner und an Herrn Radjaby das ist interessanterweise zufällig die Chefagentur der ÖVP und die der Grünen. Das hat halt nicht nur eine schiefe Optik, sondern das ist parteipolitisch vergeben. Das hätte die Regierung selber nicht tun können, das wissen Sie ganz genau, denn diesen Betrag –15 Millionen Euro – hätten Sie ausschreiben müssen. So hat man sich des Roten Kreuzes bedient, und in Wahrheit haben Sie dem Roten Kreuz damit keinen guten Dienst erwiesen. Im Gegensatz zu dieser Bundes­regierung ist das Rote Kreuz bei den Österreicherinnen und Österreichern aus gutem Grund ziemlich populär. (Heiterkeit bei Abgeordneten der ÖVP.) Diese Bundesregie­rung verliert jeden Tag.

Da können Sie sich – egal, ob es Klubobmann Wöginger ist, ob Sie es sind, Herr Gödl – noch hundertmal hierherstellen, irgendwelche Geschichten erzählen, die Sie sich aus den Fingern saugen. Das erinnert an die Reden des Herrn Bundeskanzlers, der sagt, wir haben es am besten gemeistert. Er erzählt irgendetwas! Sie stellen sich alle hierher, erzählen irgendetwas, in der Hoffnung, dass das dann bleibt.

Die Wahrheit kommt aber ans Licht. Gestern hat es begonnen, und es wird weiter­gehen. Ich kann Ihnen garantieren, dass mit Sicherheit noch weitere Protokolle geleakt werden, weil es schon viele aus Ihren eigenen Reihen gibt, die mit dieser Art von Politik, mit dieser Bespitzelung, mit dieser ganzen Denke, dass die Leute überwacht


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werden müssen, nichts mehr anfangen können. Das ist eine Mentalität, eine Block­wartmentalität, die wollen viele, auch innerhalb der ÖVP, nicht. (Beifall bei der FPÖ.)

11.52


Präsidentin Doris Bures: Zu Wort gelangt nun Herr Abgeordneter David Stögmüller. – Bitte.


11.53.08

Abgeordneter David Stögmüller (Grüne): Wertes Präsidium! Sehr geehrter Herr Mi­nister! Frau Ministerin! Werte Kolleginnen und Kollegen! Wir stocken heute mit diesem Gesetzespaket, mit diesen zwei Gesetzentwürfen, den Anerkennungsfonds für freiwilli­ges Engagement um 600 000 Euro auf. – Das ist wichtig und auch richtig.

Wir sind mitten in der Coronakrise, Ehrenamtliche und Freiwillige haben in unserer Ge­sellschaft einen neuen, einen noch viel höheren Stellenwert bekommen.

Ich möchte jetzt noch ganz kurz auf meine Vorrednerin Belakowitsch-Jenewein einge­hen: Mit Ihrer Präsentation, was Sie heute hier machen, was Sie sich hier leisten, könnte man von der Aluhutfraktion reden. Wir reden über eine Aufstockung eines Fonds für ehrenamtliches Engagement. (Abg. Belakowitsch: Ja, welche Organisa­tionen? Welche Organisationen?) – Da können Sie schon reinschreien, Frau Jenewein! Sie sagen, ja, das Rote Kreuz bekommt das ganze Geld und wie schlimm das nicht ist! – Das stimmt einfach nicht. (Abg. Belakowitsch: Das hab ich nicht gesagt! Wei­tere Zwischenrufe der Abg. Belakowitsch. – Zwischenruf des Abg. Wurm.) Das stimmt ja nicht! (Beifall bei Grünen und ÖVP.)

Ich sage Ihnen zuerst einmal eines: Das Rote Kreuz ist die einzige Rettungsorgani­sation Österreichs, die fast bundesweit den Rettungsdienst stellt, die auch bundesweit den Katastrophendienst zur Verfügung stellt, die neben der Freiwilligen Feuerwehr ge­nau diese Serviceleistung sicherstellt, die ein engmaschiges Netzwerk an Ehrenamtli­chen zur Verfügung stellt. Das ist großartig! Das sind Menschen, die sich sozial enga­gieren, ja, die freiwillig auf ihre Freizeit verzichten und zu einer Organisation gehen. (Abg. Belakowitsch: Ja, wer kriegt was?) Die hauen Sie jetzt – und da nehme ich auch die SPÖ ein bisschen mit in den Topf –, die hauen Sie in einen Topf mit jenen mit dubiosen Vorgängen. – Das haben sich die Ehrenamtlichen, die sich freiwillig enga­gieren, nicht verdient, meine sehr geehrten Damen und Herren. Nein, das haben sie nicht. (Beifall bei Grünen und ÖVP.)

Ich bin froh darüber, dass wir das Rote Kreuz haben, das bei dieser App – die unbe­denklich ist, die immer wieder als unbedenklich genannt wird – mithilft und diese unter­stützt. Das ist großartig und wichtig. Ganz ehrlich: Schämen Sie sich auch, wenn Sie dieses Gesetz schlechtreden! Dabei geht es um Mittelaufstockung zugunsten von Frei­willigenorganisationen, von Trägern von Freiwilligendiensten (Abg. Keck: Wer?), die für deren finanzielle Unterstützung sorgen. Lesen Sie das Gesetz! (Abg. Keck: Wer ist denn ...?) Da geht es um den Auslandszivildienst für Trägerorganisationen, die freiwil­liges Engagement ermöglichen – das Freiwillige Sozialjahr ist da ein Thema, das Frei­willige Umweltschutzjahr –, das sind viele Organisationen, das sind die Trägerorgani­sationen. (Abg. Belakowitsch: Welche Organisationen?) – Das steht alles in dem Ge­setz drinnen, wenn Sie es durchlesen würden. Das ist auch gut und wichtig. (Beifall bei Grünen und ÖVP. – Abg. Belakowitsch: Da steht nichts drin!)

Es geht auch um junge Menschen, die ein Freiwilliges Umweltschutzjahr machen, oder auch um Trägerorganisationen für den Auslandszivildienst, die aufgrund von Covid-19 jetzt junge Menschen – gerade vom Auslandszivildienst – nach Hause bringen müs­sen, zum Beispiel von Friedensdiensten.

Jetzt ist es natürlich schon ein bisschen überraschend, also von Ihrer Fraktion – bei der FPÖ, glaube ich, ist ja ganz etwas anderes dahinter, da ist wahrscheinlich eher die


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ideologische Ablehnung von Frau Belakowitsch-Jenewein dahinter, denn wenn wir von Auslandszivildienern reden, die ihren Dienst ja auch irgendwo im sozialen Dienst, auch irgendwo in den KZ-Gedenkstätten oder am Memorial für jüdische Opfer der Schoah machen, dann ist es vielleicht eher die ideologische Blockhaltung der FPÖ, als das, dass man den Freiwilligendienst für diese jungen Menschen fördert und unterstützt. Also das ist Ihnen eher ein Dorn im Auge als das Rote Kreuz.

Wir stehen ganz klar zur Aufwertung des Auslandsdienstes und des Auslandszivil­dienstes, das werden wir uns sicher nicht abdrehen lassen. Wir werden es auch wei­terhin mit finanziellen Mitteln unterstützen, dass diese Trägerorganisationen bestmög­lich über diese Krise kommen; daher die vollste Unterstützung. Danke, Rudi, für die­ses Gesetz. Vielen Dank. (Beifall bei Grünen und ÖVP.)

11.57


Präsidentin Doris Bures: Herr Abgeordneter (in Richtung Abg. Hanger), Moment! Frau Abgeordnete Dagmar Belakowitsch hat sich zu einer tatsächlichen Berichti­gung zu Wort gemeldet. – Bitte, Frau Abgeordnete.


11.57.25

Abgeordnete Dr. Dagmar Belakowitsch (FPÖ): Frau Präsidentin! Herr Abgeordneter Stögmüller hat in seiner Rede gesagt, ich hätte behauptet, das Rote Kreuz bekommt die 600 000 Euro. – Das habe ich nicht gesagt.

Ich habe gesagt, wir wissen nicht, wie das aufgeteilt wird. Ich habe es sogar begründet, warum wir es nicht fragen konnten. (Abg. Stögmüller: Lesen Sie ...!) Ich berichtige tatsächlich weiter: Abgeordneter Stögmüller hat hier in seiner Rede behauptet, es stünde im Gesetz, welche Trägerorganisationen wie viel von diesen 600 000 Euro be­kommen. (Zwischenrufe bei den Grünen. Abgeordnete der Grünen schütteln ver­neinend den Kopf.) – Das ist unrichtig. Auch das steht nicht im Gesetzentwurf drinnen. (Beifall bei der FPÖ.)

11.58


Präsidentin Doris Bures: Nun, Herr Abgeordneter Andreas Hanger, gelangen Sie zu Wort. Bitte.


11.58.07

Abgeordneter Mag. Andreas Hanger (ÖVP): Frau Präsidentin! Frau Bundesministe­rin! Herr Bundesminister! Werte Kolleginnen und Kollegen! Hohes Haus! Ich darf viel­leicht als Freiwilligensprecher einen Beitrag zur Versachlichung der Diskussion bringen und ganz kurz aufklären, wie die Sachlage wirklich ist. (Beifall bei Abgeordneten der ÖVP.)

Es geht um TOP 4, ich darf mich auch dazu äußern, es geht um einen Anerkennungs­fonds, der jetzt einmalig aus Covid-Mitteln dotiert wird. Ich darf da wirklich dem Sozial­minister, meinem Kollegen David Stögmüller und auch allen Klubreferenten herzlich danken, die diese Initiative ergriffen haben. Für diesen Fonds gibt es natürlich sehr klare Richtlinien, gar keine Frage. Ich kann ganz klar feststellen: Dass die Stopp-Co­rona-App bezahlt werden soll, das geben die Richtlinien ganz einfach nicht her, und alle Freiwilligenorganisationen können natürlich beantragen.

Herr Kollege Keck, natürlich leistet auch der Arbeiter-Samariter-Bund im Rettungs­dienst einen wichtigen Beitrag (Zwischenruf des Abg. Keck), genauso wie das Grüne Kreuz, genauso wie die Johanniter, genauso wie das Rote Kreuz, und natürlich können alle beantragen. Der Herr Minister wird dann aufgrund von Richtlinien, die später auch kontrolliert werden, die richtigen Entscheidungen treffen. (Neuerlicher Zwischenruf des Abg. Keck.) Das ist ein transparentes Verfahren, und ganz ehrlich, ich kann diese Auf­regung darüber überhaupt nicht verstehen, denn – und ich glaube, das verbindet uns ja


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auch im Hohen Haus – wir wollen gemeinsames ehrenamtliches Engagement unter­stützen.

Dieser Anerkennungsfonds ist ganz einfach ein Zeichen dafür, zum Beispiel für das Freiwillige Sozialjahr. Wir kennen alle diese Themen dort; das ist eine ganz wichtige Institution, sie wird auch über einen gemeinnützigen Träger organisiert. Auch sie hat derzeit Sorgen, ihre Kosten zu decken. Das kann zum Beispiel eine Unterstützungs­möglichkeit sein, deshalb ist das, glaube ich, eine gute Sache, in der wir wirklich Ein­vernehmen herstellen können.

Ich möchte meine Redezeit aber auch dazu nutzen, den gemeinnützigen Sektor insge­samt anzusprechen. Ich glaube, das verbindet uns auch. Wir schätzen den Sektor sehr. Wir haben 2,3 Millionen Menschen, die ehrenamtlich in Vereinen aktiv sind, wir haben 2,3 Millionen Menschen, die in der Nachbarschaftshilfe im privaten Feld aktiv sind und wir haben 250 000 hauptberufliche Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in ge­meinnützigen Organisationen. Es ist ganz wichtig, dass wir bei der Bewältigung der Coronakrise sehr genau auf diesen Sektor hinschauen.

Die Bundesregierung hat da schon einiges auf den Weg gebracht. Da geht es zum Beispiel um die Sicherung der Liquidität. Natürlich kann auch ein gemeinnütziger Trä­ger Steuerstundungen und Stundungen von Sozialversicherungsbeiträgen in Anspruch nehmen, natürlich kann auch Kurzarbeit in Anspruch genommen werden. Ich darf der Frau Ministerin an dieser Stelle sehr herzlich danken. Als das Instrument der Kurzar­beit eingeführt wurde, wurde sehr rasch klargestellt, dass das natürlich auch für die gemeinnützigen Träger gilt.

Natürlich müssen wir uns ganz genau anschauen, welche Kosten den gemeinnützigen Trägern aufgrund der Krise entstanden sind. Dazu braucht es eine transparente Dar­stellung. Wir müssen dem aber natürlich auch etwaige Minderkosten gegenüberstellen, denn gemeinnützige Träger, Freiwilligenorganisationen leben ja davon, dass sie gera­de durch das ehrenamtliche Engagement sehr, sehr geringe Kosten haben. Ganz ent­scheidend werden auch die Leistungsverträge sein, das höre ich aus dem Sektor im­mer ganz stark. Das Wesen einer gemeinnützigen Organisation ist der Leistungsver­trag mit einer Gebietskörperschaft. Da gibt es Unsicherheiten, und ich darf auch von dieser Stelle aus appellieren, sich mit den Vertragspartnern an einen Tisch zu setzen, um möglichst rasch und unbürokratisch Lösungen erarbeiten zu können. Da gibt es viele Überlegungen, wie etwa Leistungszeiträume zu verlängern und anderes mehr.

Mir ist auch wichtig: Gemeinnützige Organisationen haben natürlich auch Markterlöse. Das müssen wir genauso machen wie in der Privatwirtschaft, wir müssen uns an­schauen, welche Markterlöse vorhanden sind und wie wir die abgelten können, damit die Leistungsfähigkeit auch zukünftig sichergestellt werden kann.

Abschließend ist mir noch eines ganz wichtig: Der freiwillige Sektor, der gemeinnützige Sektor ist unheimlich heterogen; da gibt es kleine Vereine, große Vereine, gemeinnüt­zige GmbHs. Da gibt es einige, die das ganz gut im Griff haben. Wir können auf das Eigenengagement und auf die Tatkraft dieser Vereine vertrauen, aber es gibt auch viele, die unsere Unterstützung brauchen.

Zur Stunde wird intensiv darüber verhandelt. Kollege David Stögmüller ist ja da genau­so wie ich eingebunden, und ich bin überzeugt, dass wir auch für den gemeinnützigen Sektor eine gute Lösung auf den Weg bringen werden, die denjenigen hilft, die es tatsächlich brauchen, denn wir werden diesen Sektor und dessen volles Engagement natürlich auch nach der Bewältigung der Krise weiterhin brauchen. – Danke für die Aufmerksamkeit. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Grünen.)


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12.02


Präsidentin Doris Bures: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Elisabeth Scheucher-Pichler. – Bitte.


12.02.27

Abgeordnete Mag. Elisabeth Scheucher-Pichler (ÖVP): Frau Präsidentin! Geschätz­te Regierungsmitglieder! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Es wurde ja heute schon mehrmals gesagt: Wir beschließen eine Reihe von Gesetzen, die wir brauchen, um die Covid-19-Pandemie möglichst gut zu bewältigen. Es geht um Schutz für Men­schen, es geht aber auch um die Sicherung der Pflege.

Ich komme noch einmal auf das Thema 24-Stunden-Hilfe zurück. Es werden also an die Ämter der Landesregierungen Daten übermittelt, um möglichst früh zu sehen, ob es Engpässe gibt, und Kontakt mit den Betroffenen aufnehmen zu können, und ich glaube das ist gut.

Insgesamt bedanke ich mich auch dafür, dass es vonseiten der Regierung viele Ini­tiativen gibt, einen Korridor zu schaffen. Ich möchte mich bei Karo Edtstadler und allen anderen sehr herzlich für ihre Initiative in Richtung Rumänien bedanken. Wir brauchen das auch für Bulgarien, wir brauchen das auch für Kroatien. Ich denke, wir werden es mit Tests statt Quarantäne schaffen, auch dafür eine optimale Lösung zu bekommen und die 24-Stunden-Hilfe sicherzustellen. (Zwischenruf des Abg. Leichtfried.) Danke dafür! (Beifall bei der ÖVP.)

Ich danke auch den BetreuerInnen, denn viele sind freiwillig dageblieben. Ich habe vie­le Gespräche geführt, in denen sie gesagt haben: Ich lasse meine Klienten jetzt nicht im Stich, ich bleibe hier! Trotzdem: Wenn wir wissen, dass wir 460 000 Pflegegeldbe­zieherInnen in Österreich haben, dann macht die 24-Stunden-Hilfe, dann machen die Personenbetreuer nur einen Teil – 20 Prozent –, einen kleinen Teil der Betreuenden aus. Jede Form der Betreuung ist wichtig, aber man muss das auch einmal betonen und sich die Pflegelandschaft genauer anschauen. 20 Prozent der Betroffenen werden in Pflegeheimen betreut.

Danke auch, Herr Bundesminister, dass es jetzt für die Betroffenen, aber auch für die Pflegerinnen und Pfleger zu Tests kommen wird und dass damit auch, so hoffe ich, die Besuchsregeln gelockert werden können. Das geschieht mit allen Vorsichtsmaßnah­men, die es nur gibt, denn wir wissen, dass die Pflegeheime Hotspots sind. Da müssen wir sehr vorsichtig vorgehen. Das betrifft aber nicht nur die Menschen, die dort betreut werden, die zum Teil dement sind, in einer Altersdepression sind, die nicht wissen, wieso sie alleine sind und keine sozialen Kontakte haben, sondern das betrifft auch die Angehörigen. Ich verstehe sie. Der Muttertag steht vor der Tür. Ich bin froh, dass es da zu Lockerungen kommen wird. Danke auch dafür!

75 Prozent der PflegegeldbezieherInnen werden zu Hause betreut und schon vor und auch während der Pandemie waren und sind es vor allem die pflegenden Angehörigen und die mobilen Dienste, die die Betreuung sichern. Die kommen in der Diskussion einfach zu kurz. Daher auch von hier aus von meiner Seite ein großes Danke an die pflegenden Angehörigen und die mobilen Dienste. (Beifall bei der ÖVP und bei Ab­geordneten der Grünen.)

Auch die mobilen Dienste brauchen – Herr Bundesminister, wir haben das ja auch im letzten Gesundheitsausschuss diskutiert – mehr Unterstützung, Schutzausrüstungen und auch Tests. Die könnten wir im Hilfswerk beispielsweise auch selbst machen. Das wäre dann wesentlich unbürokratischer und würde auch schneller gehen. Also bitte nicht darauf zu vergessen: 150 000 Personen in Österreich werden durch mobile Dienste betreut.

Ich komme zum Abschluss: Ich schließe mit Sebastian Kurz, der gestern gesagt hat: Gehen wir mit Mut und Zuversicht in die Zukunft! (Abg. Belakowitsch: Was der schon alles gesagt hat!) Wenn die Österreicherinnen und Österreicher mit uns diesen Weg weitergehen, diesen Weg der Sicherheit, auf dem es um die Rettung von Menschenle-


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ben geht – es geht immer um die Rettung von Menschenleben –, dann werden wir die zukünftigen Herausforderungen im Sozialen, aber auch in der Wirtschaft gut bewälti­gen, da bin ich mir sicher.

Noch zu einem Thema, das im Moment auch gerade in der Öffentlichkeit diskutiert wird, nämlich zur Regelung im Bereich von Veranstaltungen. Niemand hat je daran ge­dacht, Seniorinnen und Senioren wegzusperren – das an die Adresse des Pensionis­tenverbandes. Wir wollen Menschenleben retten, und für uns sind junge und auch ältere Menschen gleich viel wert. Es geht um den Schutz und es geht um die Rettung von Menschenleben. Und da sind wir auf einem sehr, sehr guten Weg. Danke an alle, die da mithelfen, vor allem auch Danke den Österreicherinnen und Österreichern, die diesen Weg mitgehen. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Grünen.)

12.06


Präsidentin Doris Bures: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Rebecca Kirchbau­mer. – Bitte.


12.06.45

Abgeordnete Rebecca Kirchbaumer (ÖVP): Frau Präsidentin! Werte Frau Bundesmi­nister! Werter Herr Bundesminister! Werte Zuseherinnen und Zuseher zu Hause! Liebe Kolleginnen und Kollegen hier im Saal! 3,5 Millionen Österreicherinnen und Österrei­cher engagieren sich tagtäglich im Ehrenamt wie auch in der Nachbarschaftshilfe. Im europäischen und auch im weltweiten Vergleich ist das einzigartig, das haben wir in Österreich im Zuge dieser Krise sehr gut sehen können.

An dieser Stelle möchte ich mich bei allen Freiwilligen, die sich so engagiert haben, recht herzlich bedanken. Das ist unbezahlbar, es ist ein starker sozialer Kitt, über den wir damit verfügen. Die Leistungen wären in diesem Ausmaß eigentlich gar nicht fi­nanzierbar, wenn wir das nicht hätten. Die Österreicherinnen und Österreicher haben in dieser Krisenzeit, in der Coronakrisenzeit angepackt und mitgeholfen. Die liebe FPÖ sieht es nicht so, dass es notwendig gewesen ist, diese Maßnahmen zu setzen. Wir hätten eigentlich gar nichts machen sollen, außer die Grenzen zu schließen. (Abg. Wurm: ... das stimmt nicht! Die Wirtschaft ...!) – Na ja, freut uns sehr!

Gott sei es gedankt, dass wir diese Maßnahmen gesetzt haben. Danke an unsere Bundesregierung, allen voran an unseren Bundeskanzler Sebastian Kurz, der diesen Weg mit uns gemeinsam, mit der österreichischen Bevölkerung gemeinsam geht. (Abg. Wurm: Wer zahlt deinen Schaden, Rebecca? Wer bezahlt deinen Schaden?) Die Be­völkerung sieht das auch so, und das sieht man auch in den Umfragen. So, mein lieber Peter!

Danke sagen möchte ich auch der Landjugend im Bezirk Innsbruck-Land und allen voran meiner Heimatgemeinde Polling, die mit der Landjugend die Aktion Obstkiste ins Leben gerufen hat und in der Krise Menschen mit Lebensmitteln versorgt hat, die ei­gentlich für die Gastronomie vorgesehen gewesen wären und sonst in der Mülltonne gelandet wären. Damit konnte Menschen geholfen werden, die zu Hause Obst und Ge­müse brauchen, und in weiterer Folge auch den Unternehmen geholfen werden, damit sie eine Existenzgrundlage haben.

Diese Mittel, diese 600 000 Euro, werden bestimmt nicht zweckentfremdet, liebe Frau Belakowitsch. Sie werden ganz bestimmt in die richtige Richtung gehen, wo sie auch gebraucht werden, zum Beispiel für Rückholaktionen für junge Erwachsene, für Ge­denkdienstleistende und für Überbrückungsfinanzierungen für das Freiwillige Sozial­jahr.

Meine Damen und Herren, das freiwillige Engagement ist und bleibt unbezahlbar, und es ist gerade die Freiwilligenarbeit, die unser Land so groß und so besonders macht.


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Vielen Dank allen Helferinnen und Helfern, allen engagierten Menschen in unserem Land! Danke unserer Bundesregierung, dass wir diese Coronakrise viel besser bewälti­gen konnten als unsere Nachbarländer und sie auch weiter bewältigen werden. – Vie­len Dank. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Grünen.)

12.10


Präsidentin Doris Bures: Zu Wort ist dazu nun niemand mehr gemeldet. Damit ist diese Debatte geschlossen.

Wünscht die Berichterstattung ein Schlusswort? – Das ist nicht der Fall.

Wie vereinbart, wird die Abstimmung darüber nach dem Tagesordnungspunkt 11 statt­finden.

12.10.295. Punkt

Bericht des Ausschusses für Arbeit und Soziales über den Antrag 431/A der Abgeordneten Josef Muchitsch, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bun­desgesetz, mit dem das Arbeitslosenversicherungsgesetz 1977 geändert wird (124 d.B.)

6. Punkt

Bericht des Ausschusses für Arbeit und Soziales über den Antrag 432/A der Abgeordneten Josef Muchitsch, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bun­desgesetz, mit dem das Arbeitslosenversicherungsgesetz 1977 geändert wird (125 d.B.)

7. Punkt

Bericht des Ausschusses für Arbeit und Soziales über den Antrag 489/A der Abgeordneten Norbert Sieber, Mag. Markus Koza, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Arbeitslosenversicherungsge­setz 1977, das Familienlastenausgleichsgesetz 1967 und das Arbeiterkammerge­setz 1992 geändert werden (6. COVID-19-Gesetz) (126 d.B.)

8. Punkt

Bericht des Ausschusses für Arbeit und Soziales über den Antrag 466/A(E) der Abgeordneten Mag. Gerald Loacker, Kolleginnen und Kollegen betreffend ÖBB Kurzarbeit (130 d.B.)


Präsidentin Doris Bures: Damit gelangen wir zu den Punkten 5 bis 8 der Tagesord­nung, über welche die Debatten unter einem durchgeführt werden.

Auf eine mündliche Berichterstattung wurde verzichtet.

Erster Redner zu diesen Tagesordnungspunkten ist Herr Abgeordneter Josef Mu­chitsch. – Bitte.


12.11.43

Abgeordneter Josef Muchitsch (SPÖ): Frau Präsidentin! Frau Bundesministerin! Herr Bundesminister! Wir kommen zu den Tagesordnungspunkten 5 bis 8. Bezüglich der TOPs 5 bis 7 betreffend Arbeitslosengeld möchte ich nochmals darauf hinweisen und wirklich an die Regierungsparteien appellieren: Halten Sie Ihre Versprechen entspre­chend ein, wenn es darum geht, niemanden zurückzulassen – niemanden zurückzu-


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lassen, nämlich auch jene 600 000 Menschen nicht, die unverschuldet arbeitslos ge­worden sind und die jetzt wahrscheinlich in dieser schlimmen Zeit auch länger der Ar­beitslosigkeit ausgesetzt sind!

Es gibt zwei wesentliche Punkte, um diese Menschen nicht zurückzulassen. Punkt eins – der erste Schritt – ist, die Dauer des Bezuges von Arbeitslosengeld mit einer entsprechenden Frist so zu verlängern, dass ein Abrutschen in die Notstandshilfe nicht passiert. (Beifall bei der SPÖ.) Wir als SPÖ haben uns da ganz bewusst eingesetzt, und es ist gelungen – Klubobmann August Wöginger hat es schon erwähnt –, diesen einen Punkt von insgesamt drei Punkten am 3. April in Form eines gemeinsamen Ent­schließungsantrages aufzunehmen.

Die Originaltextierung hat folgendermaßen gelautet: „Die Bundesregierung wird er­sucht, [...] sicherzustellen, dass Zeiten der COVID-19-Krise bei der Berechnung der Anspruchsdauer des Arbeitslosengeldes sowie des Berufsschutzes und des Einkom­mensschutzes nach dem Arbeitslosenversicherungsgesetz außer Betracht bleiben.“ – Das wird heute mit einem gemeinsamen Abänderungsantrag erledigt.

August, was nicht erledigt ist, ist der Passus betreffend Berufsschutz und Einkom­mensschutz. Wir nehmen euch jetzt wirklich beim Wort, und ich würde euch ersuchen, mit euren Redebeiträgen zu dokumentieren, dass auch dieser Punkt gewährleistet ist, nämlich dass dieser Antrag rückwirkend bis 15. März gilt und nach Auslaufen mit 30. September per Verordnung durch die Frau Arbeitsministerin bis Jahresende mit den Punkten, die wir vereinbart haben verlängert wird.

Und weil du gesagt hast, die ÖVP hält Wort: Betreffend diesen Punkt habt ihr Wort ge­halten – heute um 7.26 Uhr habt ihr das eingelöst; im Ausschuss war das noch nicht der Fall. Heute um 11.10 Uhr habt ihr das mit textlichen Änderungen eingelöst, aber es sind noch zwei Punkte aus unserem gemeinsamen Entschließungsantrag offen. Ein Punkt davon ist das Aufstocken des AMS-Personals um 500 Planstellen – Originaltext: „500 Planstellen“ –, was wir noch in keiner Gesetzesvorlage gesehen haben.

Jetzt komme ich zum zweiten wesentlichen, zum zweiten wichtigen Schritt: jene Men­schen zu schützen, die unverschuldet arbeitslos geworden sind. Da geht es um die Er­höhung des Arbeitslosengeldes von 55 Prozent Nettoersatzrate auf 70 Prozent. Die be­troffenen 600 000 Menschen können nichts dafür, dass sie arbeitslos sind und dass sie länger arbeitslos bleiben. Die durchschnittliche Höhe des Arbeitslosengeldes beträgt 32 Euro pro Tag. Wer von Ihnen hier in diesem Saal kann sich vorstellen, mit 32 Euro am Tag seine Rechnungen zu bezahlen, wer von Ihnen?

Unser Antrag zielt nur auf eines ab, nämlich zu sagen, wir wollen da eine Erhöhung von 55 auf 70 Prozent haben. Das sind 8 Euro mehr pro Tag, das kann aber dem einen oder anderen Menschen wirklich helfen.

Ich möchte Ihnen abschließend eine Geschichte erzählen: Heute ist der 28. April. Vor 30 Jahren ist meine Tochter auf die Welt gekommen. – Alles Gute, Tina, zu deinem heutigen 30. Geburtstag! (Beifall bei SPÖ, ÖVP, Grünen und NEOS sowie bei Abge­ordneten der FPÖ.) Heute vor 30 Jahren ist also meine Tochter auf die Welt gekom­men. Ich war damals Bauarbeiter, und es war üblich, dass man im Winter beim AMS geparkt war. Wir – meine Frau, meine Tochter und ich – sind zusammengezogen, und dann – meine Tochter war acht Monate alt – bin ich arbeitslos geworden.

Das erste Monat, okay, das überbrückt man, das zweite Monat, das war dann der Februar – okay, vom Ersparten ist noch ein bissl was vorhanden –, das überbrückt man, aber dann kommt das dritte Monat, das vierte Monat, das Wetter wird schön und die Bausaison fängt normal an. Es gab damals eine schwierige Zeit betreffend die Beschäftigung, und dann fängt man als junger Familienvater an, nachzudenken. Wie schafft man das dann bei einer längeren Arbeitslosigkeit? – Deswegen mein Appell.


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Wir als SPÖ werden bei diesem Antrag in Richtung Erhöhung des Arbeitslosengeldes nicht lockerlassen. (Beifall bei der SPÖ.)

Gehen Sie in sich, denken Sie noch einmal darüber nach! Wir werden im nächsten Sozialausschuss am 7. Mai neuerlich einen diesbezüglichen Initiativantrag der SPÖ behandeln. Denken Sie in den nächsten Tagen darüber nach: am Tag der Arbeit, am 1. Mai, oder kurz vor dem Muttertag, weil es da auch immer wieder um Familien mit Kindern geht – Familien, die ihr Auskommen mit einem niedrigen Arbeitslosengeld fin­den müssen! – Danke. (Beifall bei der SPÖ.)

12.17

12.17.11*****


Präsidentin Doris Bures: Bevor ich Herrn Klubobmann Wöginger das Wort erteile, möchte ich bekannt geben, dass ich mir bezüglich der Rede der Frau Abgeordneten Belakowitsch das Stenographische Protokoll habe bringen lassen, weil ich sie nicht genau gehört habe.

Jetzt liegt mir das Protokoll vor, und, Frau Abgeordnete Belakowitsch, ich erteile Ih­nen für den Ausdruck „Das ist [...] eine Blockwartmentalität“ einen Ordnungsruf. (Bei­fall bei ÖVP und Grünen.)

*****

Nun gelangt Herr Klubobmann August Wöginger zu Wort. – Bitte.


12.17.42

Abgeordneter August Wöginger (ÖVP): Frau Präsidentin! Frau Bundesministerin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Wir kommen da zu einem sehr wichtigen Punkt. Ich habe das in meiner vorherigen Rede schon ausgeführt und ich möchte das noch einmal im Detail tun.

Wir – die Regierungsfraktionen gemeinsam mit der SPÖ – haben am 3. April einen Entschließungsantrag beschlossen, der dann einen Tag später auch im Bundesrat mit den Stimmen der gleichen Fraktionen verabschiedet wurde, in dem es um drei wesent­liche Punkte gegangen ist; und ich möchte jetzt erläutern, dass diese drei Punkte aus unserer Sicht nach den heutigen Beschlüssen vollständig umgesetzt sind.

Zum Ersten: „Die Bundesregierung wird ersucht, [...] den Personalstand beim Arbeits­marktservice rasch um bis zu 500 Planstellen aufzustocken, damit diese außerordentli­chen Belastungen bewältigt werden können“. – Ja, das ist korrekt, wir haben – nicht wir haben, sondern die Frau Bundesministerin hat – dort um 500 Mitarbeiterinnen und Mit­arbeiter aufgestockt, und für die Abrechnung gab es noch einmal 250 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in diesem Bereich.

Es ist ganz klar, dass das notwendig ist, und auch, dass das keiner gesetzlichen Maß­nahme bedarf, sondern allein aufgrund der Aufforderung in der Entschließungsformel bereits passiert ist. – Frau Arbeitsministerin, ich bedanke mich bei Ihnen ganz, ganz herzlich für dieses wirklich auch mit Bedacht vorgehende Wirken in diesem Bereich (Abg. Vogl: ... Planstellen!) und auch dafür, dass die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter rechtzeitig gefunden wurden, was in Zeiten wie diesen gar nicht so einfach ist – ein herzliches Dankeschön auch Ihnen. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Grünen. – Neuerlicher Zwischenruf des Abg. Vogl.)

Der zweite Punkt war, „ein zinsenloses Moratorium zumindest bis Ende des Jahres für Steuern, Sozialversicherungsbeiträge und Strom-/Gaslieferungen vorzusehen“. – Also die Steuerstundungen, glaube ich, haben wir hier jetzt schon x-mal diskutiert, auch was


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Stundungen von Sozialversicherungsbeiträgen anbelangt: Das gibt es ja mittlerweile in Milliardenhöhe, es werden letzten Endes Steuern und Sozialversicherungsbeiträge ge­stundet. Das ist ja alles im Laufen und geht per Ansuchen de facto ohne Problem – der Herr Finanzminister hat das schon mehrmals ausgeführt.

Dann war noch offen: Strom- und Gaslieferungen. Ich möchte das auch hier erwähnen, weil es immer so dargestellt wird, als würden wir mit der Opposition nicht auch in die­sem Bereich konferieren. Gestern, und darauf lege ich Wert, hat ein Gespräch zwi­schen unserer Energiesprecherin, Tanja Graf, und dem Energiesprecher der SPÖ, Ab­geordnetem Schroll, stattgefunden und in diesem ist man, so wurde mir berichtet, übereingekommen, dass es – das Ministerium hat uns sozusagen schon gemeldet, dass das bereits in Umsetzung ist und dass das allein aufgrund des Auftrags, der Entschließungsformel bereits abgearbeitet wird – keiner weiteren gesetzlichen Maß­nahme in diesem Bereich bedarf, weil das erfüllt wird; das möchte ich auch betonen.

Jetzt kommen wir zum dritten Punkt, lieber Kollege Muchitsch: Wenn wir etwas aus­machen – das haben wir früher so gehalten und das machen wir auch heute so –, dann machen wir es aus und dann pickt es auch. In dieser Entschließung steht als Punkt 3: „Die Bundesregierung wird ersucht, [...] sicherzustellen, dass Zeiten der COVID-19-Krise bei der Berechnung der Anspruchsdauer des Arbeitslosengeldes sowie des Be­rufsschutzes und des Einkommensschutzes nach dem Arbeitslosenversicherungsge­setz außer Betracht bleiben.“

Das setzen wir mit dem Abänderungsantrag, den ich nun einbringen darf, Frau Prä­sidentin, um:

Abänderungsantrag

der Abgeordneten August Wöginger, Josef Muchitsch, Mag. Markus Koza, Kolleginnen und Kollegen

zum Bericht des Sozialausschusses (126 d. B.) betreffend den Initiativantrag (489/A d. B.) eines Bundesgesetzes, mit dem das Arbeitslosenversicherungsgesetz 1977, das Fami­lienlastenausgleichsgesetz 1967 und das Arbeiterkammergesetz 1992 geändert wer­den

Der Nationalrat wolle in zweiter Lesung beschließen:

Die eingangs bezeichnete Vorlage in der Fassung des Ausschussberichtes wird wie folgt geändert:

Artikel 1 Z 4 und 5 (Änderung des Arbeitslosenversicherungsgesetzes 1977) lauten:

„4. Dem § 79 wird folgender Abs. 166 angefügt:

„(166) § 7 Abs. 5, § 12 Abs. 2a, § 16 Abs. 1 lit. c, § 81 Abs. 15 und § 82 Abs. 5 in der Fassung des Bundesgesetzes [...] treten rückwirkend mit 16. März 2020 in Kraft.“

5. Dem § 81 wird folgender Abs. 15 angefügt:

„(15) Abweichend von § 36 gebührt die für den Zeitraum 16. März bis 30. September 2020 gewährte Notstandshilfe im Ausmaß des Arbeitslosengeldes, das der Berech­nung der Notstandshilfe gemäß § 36 Abs. 1 zuletzt zu Grunde zu legen war. Zudem gilt der Berufs- und Einkommensschutz gemäß § 9 Abs. 3 in den Monaten Mai bis ein­schließlich September. Die Bundesministerin für Arbeit, Familie und Jugend kann durch Verordnung im Einvernehmen mit dem Bundesminister für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz und dem Bundesminister für Finanzen den Zeitraum der erhöhten Notstandshilfe über September 2020 hinaus bis längstens Dezem­ber 2020 verlängern, wenn und solange die COVID-19-Krise anhält.““

*****


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Das ist das, was wir vereinbart haben. Was heißt das jetzt für die Bevölkerung? – Wenn jemand arbeitslos gewesen ist und noch arbeitslos ist, verhindern wir damit ein Abrutschen in die Notstandshilfe; somit verhindern wir eine Schlechterstellung dieser Personen. Wir wollen das auch, weil von diesen Arbeitnehmerinnen und Arbeitneh­mern letzten Endes niemand etwas dafürkann, dass jetzt die Wirtschaft sozusagen in weiten Teilen zusammengebrochen ist und dass es derzeit sehr schwer ist, auf dem Arbeitsmarkt einen Job zu finden. Wir garantieren diesen Menschen die Höhe des Ar­beitslosengeldes, es kommt dort zu keinen Verschlechterungen; das haben wir zu­gesagt und das halten wir ein.

Lieber Kollege Muchitsch, ich sage auch dazu, dass diese Verordnungsermächtigung sinngemäß auch für den Berufs- und Einkommensschutz gilt. Wir stehen überhaupt nicht an, auch das hier zu sagen. Du kennst mich lange genug, um zu wissen: Wenn ich etwas zusage, dann halte ich das auch ein! Das ist mit diesem Abänderungsantrag also für die Menschen, die derzeit besonders betroffen sind, gewährleistet. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Grünen.)

Ich möchte noch auf einen weiteren Punkt in diesem Paket hinweisen: Es gibt weitere 30 Millionen Euro für betroffene Arbeitnehmerfamilien. Wir haben ja den Familienhär­tefonds mit 30 Millionen Euro bereits eingerichtet, und jetzt kommen noch einmal 30 Millionen Euro dazu. Da geht es darum, dass auch jene Personen, die vorher ar­beitslos waren und jetzt immer noch arbeitslos sind, diese Förderung in Anspruch neh­men können. Wir reden da von 150 Euro pro Kind, das ist eine einmalige Auszahlung, die nicht zurückzuzahlen ist (Zwischenruf bei der SPÖ), um auch da zu unterstützen, soweit wir das können, und vor allem auch jenen zusätzlich unter die Arme zu greifen, die Kinder zu versorgen und zu betreuen haben; deshalb diese Aufstockung, die auch in diesem Sammelpaket – „Sammelpaket“ darf ich nicht mehr sagen –, in diesen Anträ­gen, die gemeinsam verhandelt werden, abgearbeitet wird.

Abschließend, meine Damen und Herren: Wenn wir etwas vereinbaren – und darauf lege ich großen Wert –, dann halten wir auch Wort! Wir haben am 3. April diesen Ent­schließungsantrag gemeinsam eingebracht und beschlossen, und mit der heutigen Be­schlussfassung dieses Abänderungsantrages, den ich gerade eingebracht habe, er­füllen wir diesen Entschließungsantrag gemeinsam im Sinne der betroffenen Men­schen in diesem Lande. Wenn die ÖVP etwas zusagt, dann hält sie es auch ein! (Bei­fall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Grünen. – Heiterkeit der Abg. Belakowitsch.)

12.26

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:

Abänderungsantrag

der Abgeordneten Wöginger, Muchitsch, Mag. Koza und Kollegen

zum Bericht des Sozialausschusses (126 d. B.) betreffend den Initiativantrag (489/A d. B.) eines Bundesgesetzes, mit dem das Arbeitslosenversicherungsgesetz 1977, das Fami­lienlastenausgleichsgesetz 1967 und das Arbeiterkammergesetz 1992 geändert wer­den

Der Nationalrat wolle in zweiter Lesung beschließen:

Die eingangs bezeichnete Vorlage in der Fassung des Ausschussberichtes wird wie folgt geändert:

Artikel 1 Z 4 und 5 (Änderung des Arbeitslosenversicherungsgesetzes 1977) lauten:

„4. Dem § 79 wird folgender Abs. 166 angefügt:


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„(166) § 7 Abs. 5, § 12 Abs. 2a, § 16 Abs. 1 lit. c, § 81 Abs. 15 und § 82 Abs. 5 in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. xx/2020 treten rückwirkend mit 16. März 2020 in Kraft.“

5. Dem § 81 wird folgender Abs. 15 angefügt:

„(15) Abweichend von § 36 gebührt die für den Zeitraum 16. März bis 30. September 2020 gewährte Notstandshilfe im Ausmaß des Arbeitslosengeldes, das der Berech­nung der Notstandshilfe gemäß § 36 Abs. 1 zuletzt zu Grunde zu legen war. Zudem gilt der Berufs- und Einkommensschutz gemäß § 9 Abs. 3 in den Monaten Mai bis ein­schließlich September. Die Bundesministerin für Arbeit, Familie und Jugend kann durch Verordnung im Einvernehmen mit dem Bundesminister für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz und dem Bundesminister für Finanzen den Zeitraum der erhöhten Notstandshilfe über September 2020 hinaus bis längstens Dezem­ber 2020 verlängern, wenn und solange die COVID-19-Krise anhält.““

Begründung

Die erhöhte Notstandshilfe soll bereits ab 16. März gelten. Für den Fall, dass die durch die COVID19-Krise verursachten Probleme im betreffenden Zeitraum auf dem Arbeits­markt weiterhin bestehen, soll die gesetzlich festgelegte höhere Leistung aus der Arbeitslosenversicherung durch Verordnung um bis zu drei Monate verlängert werden können.

*****


Präsidentin Doris Bures: Der Abänderungsantrag ist ordnungsgemäß eingebracht und steht mit in Verhandlung.

Zu einer tatsächlichen Berichtigung hat sich Herr Abgeordneter Alois Schroll zu Wort gemeldet. – Bitte.


12.26.30

Abgeordneter Alois Schroll (SPÖ): Geschätzte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich mache eine tatsächliche Berichtigung: Herr Klubobmann Wöginger, Sie haben gesagt, dass für uns, die SPÖ, dieser dritte Punkt abgeschlossen bezie­hungsweise abgehandelt ist.

Dem möchte ich folgenden Sachverhalt beziehungsweise die Richtigstellung gegen­überstellen: Wir haben mit der Energiesprecherin der ÖVP darüber gesprochen und gesagt, dass wir diesen Punkt im Auge behalten, uns diesen Punkt genau anschauen und wir nach wie vor eine gesetzliche Regelung dafür haben wollen, weil wir der Mei­nung sind, dass es bei dieser Lösung, die auf Freiwilligkeit basiert, zu keiner wirklichen Präferenz kommen wird.

Daher diese Berichtigung: Wir haben gesagt, wir werden das im Auge behalten und dieser Punkt ist für mich, für uns nicht abgeschlossen, da wir nach wir vor eine gesetz­liche Regelung dafür haben wollen. (Beifall bei der SPÖ.)

12.27


Präsidentin Doris Bures: Nun gelangt Herr Abgeordneter Michael Schnedlitz zu Wort. – Bitte.


12.27.38

Abgeordneter Michael Schnedlitz (FPÖ): Frau Präsident! Sehr geehrte Dame und sehr geehrter Herr auf der Regierungsbank! Werte Kollegen! Sehr geehrte Österreiche­rinnen und Österreicher zu Hause! So eine Nationalratssitzung ist insbesondere für Sie


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recht praktisch (eine Tafel auf das Rednerpult stellend, auf der in roter Schrift „Öster­reich 1000er“ zu lesen ist und zehn Hunderteuroscheine abgebildet sind), denn so können Sie zu Hause vor den Fernsehschirmen beobachten, wer diesen Schaden an­gerichtet hat, den Sie jetzt auslöffeln müssen. Ich darf das Who’s who des politischen Versagens auf den rot-grünen Bänken hier präsentieren. (Heiterkeit und Zwischenrufe bei ÖVP und SPÖ.) Schauen Sie es sich genau an, Sie werden noch lange damit zu tun haben, das wiedergutzumachen! – Entschuldigung, das Who’s who des grün-schwarzen politischen Versagens! Die SPÖ hat aber auch noch nicht viel mehr geleis­tet. (Anhaltende Zwischenrufe bei ÖVP und SPÖ.)

Das Versagen, sehr geehrte Damen und Herren, ist bemerkenswert, und zwar beginnt es im Gesundheitsbereich. – Ich darf vorher Folgendes klarstellen, weil Sie immer sa­gen, Herr Kickl hätte einen Lockdown gefordert und fordere jetzt das Gegenteil: Das ist richtig, Herr Kickl und die Freiheitliche Partei haben einen Lockdown gefordert, aber nicht nur betreffend die Bevölkerung, wie Sie das gemacht haben, sondern vor allem was die Grenzen betrifft, was den Flughafen betrifft und was die schwarzen Freunderl zum Beispiel in Tirol betrifft, während Sie sich allein auf die Bevölkerung verlassen haben. Sehr geehrte Damen und Herren, im Gesundheitsbereich haben Sie versagt, denn bis heute ist nicht ausreichend Schutzausrüstung vorhanden, damit sich die Be­völkerung zum Beispiel von Angehörigen, die kurz vor dem Versterben sind, verab­schieden kann, auch in Altenheimen. Bis heute haben Sie es nicht geschafft, das si­cherzustellen.

Versagt haben Sie – zweitens – aber auch beim Schulterschluss mit dem Großteil der eigenen Bevölkerung. Ich darf den Kanzler zitieren, der gesagt hat: Trefft euch bitte mit niemandem, mit dem ihr nicht in einem Haushalt lebt! Damit hat er Ostern, das Oster­fest abgesagt, während Sie jetzt zum Ramadan einen Kniefall vor dem Islam machen und plötzlich behaupten, es wären laufend Treffen erlaubt gewesen. (Beifall bei der FPÖ. – Zwischenrufe bei Grünen und NEOS. – Abgeordnete der Grünen formen mit ih­ren Händen Dreiecke über ihren Köpfen.) Das werden die Christen in diesem Land der ÖVP noch danken!

Sehr geehrte Damen und Herren, versagt haben Sie vor allem im sozialen und im wirt­schaftlichen Bereich, indem Sie Millionen von Opfer in diesen Bereichen geschaffen und produziert haben, und zwar ohne dass Sie irgendwelche Abfederungsmechanis­men und Abfederungspakete auf den Weg gebracht hätten. Da könnte man schon fast auf die Idee kommen – wenn man sich anschaut, was unter dem Strich rausgekommen ist –, dass Sie nicht das Virus bekämpft haben, sondern die eigene Bevölkerung und die eigene Wirtschaft.

Sehr geehrte Damen und Herren! Jeder, der diesem Schauspiel nicht weiter zusehen will, kann sich dagegen wehren, indem er etwa die Petition auf der Seite coronawahn­sinn.at unterschreibt und diesem Wahnsinn damit ein Ende setzt.

Sehr geehrte Damen und Herren! So wie wir diesem Wahnsinn ein Ende setzen müs­sen, so müssen wir auch endlich unbürokratische Hilfe für unser Land auf den Weg bringen. Es gilt nun, den Schaden, den Sie angerichtet haben, wieder aufzuräumen, es gilt nun, den Schaden, den Sie verursacht haben, und den Scherbenhaufen, den Sie verursacht haben, wieder wegzuräumen. Setzen wir eine Initialzündung, indem wir für jeden Österreicher und jede Österreicherin einen Österreichtausender zur Verfügung stellen! (Zwischenruf des Abg. Stögmüller.) Helfen wir damit den österreichischen re­gionalen Unternehmen! Von Ihnen und Ihren Maßnahmen hat nur Amazon profitiert. (Beifall bei der FPÖ.)

Zahlen wir unbürokratisch 1 000 Euro vom Baby bis zu den Großeltern – einfach ge­rechnet, klar und effizient; bei einer vierköpfigen Familie ist das zum Beispiel ein 4 000-Eu-


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ro-Gutschein –, damit sich erstens die Bevölkerung wieder bewegen kann und damit zweitens unsere Wirtschaft wieder in Schwung kommt!

Ich darf dementsprechend folgenden Antrag einbringen:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Herbert Kickl, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Österreich-Gut­schein“

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesregierung wird aufgefordert, jedem österreichischen Staatsbürger Gut­scheine im Wert von insgesamt 1.000.- Euro auszustellen, die nur bei heimischen und in Österreich steuerpflichtigen Betrieben eingelöst werden können.“

*****

Sehr geehrte Damen und Herren, setzen wir dem Coronawahnsinn der Regierung ein Ende und setzen wir mit einem Österreichgutschein, mit einem Österreichtausender ei­ne effiziente, unbürokratische Hilfe für unsere Bevölkerung! Machen wir wieder gut, was Sie angerichtet haben! (Beifall bei der FPÖ.)

12.32

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten KO Herbert Kickl, Michael Schnedlitz

und weiterer Abgeordneter

betreffend „Österreich-Gutschein“

eingebracht im Zuge der Debatte zu TOP 7, Bericht des Ausschusses für Arbeit und Soziales über den Antrag 489/A der Abgeordneten Norbert Sieber, Mag. Markus Koza, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Arbeitslosenver­sicherungsgesetz 1977, das Familienlastenausgleichsgesetz 1967 und das Arbeiter­kammergesetz 1992 geändert werden (6. COVID-19-Gesetz) (126 d.B.), in der 27. Sit­zung des Nationalrates, XXVII. GP, am 28. April 2020

Die Maßnahmen der Bundesregierung im Zuge der Coronavirus-Krise führen zu einer historischen Wirtschaftskrise.

Mehr als 1,5 Millionen Menschen haben ihre Arbeit verloren oder haben durch die Kurzarbeit deutlich weniger Einkommen. Zigtausende Wirtschaftstreibende haben ebenfalls ihre Einkommensgrundlage verloren. Und mit all diesen Menschen auch ihre Familien!

Die österreichische Wirtschaft ist am Boden, zigtausende Betriebe wurden zwangsge­schlossen. Ob viele Unternehmer, Gastronomiebetriebe, Touristiker, Handwerker, aber auch Dienstleister die Corona-Maßnahmen der Regierung wirtschaftlich überleben, darf angezweifelt werden. Dass die Auftragslage plötzlich wieder in die Höhe schießt, ist unwahrscheinlich. Sämtliche Wirtschaftsforscher prognostizieren eine schwere Re­zession. Hand in Hand mit einer drohenden gigantischen Pleitewelle geht der Konsum­schock.

Die Bevölkerung und die heimischen Wirtschaftstreibenden haben nichts von Verspre­chungen. Von Hoffnung allein können sie nicht leben, sie brauchen jetzt konkrete Hilfe und Sicherheit.


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Wenn wir die drohende massive Pleitewelle abfedern und den Binnenkonsum fördern wollen, braucht es schnelle Maßnahmen, die möglichst viele Menschen erreichen und rasch die Kaufkraft der Österreicher, insbesondere der Familien, stärken. Jeder Öster­reicher und jede Österreicherin soll daher völlig unabhängig vom Alter „Österreich-Gutscheine“ in der Höhe von insgesamt 1.000.- Euro erhalten. Für eine vierköpfige Fa­milie sind das 4.000.- Euro.

In diesem Zusammenhang stellen die unterfertigten Abgeordneten daher nachste­henden

Entschließungsantrag

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesregierung wird aufgefordert, jedem österreichischen Staatsbürger Gut­scheine im Wert von insgesamt 1.000.- Euro auszustellen, die nur bei heimischen und in Österreich steuerpflichtigen Betrieben eingelöst werden können.“

*****


Präsidentin Doris Bures: Der Entschließungsantrag ist ordnungsgemäß eingebracht und steht mit in Verhandlung.

Nächster Redner: Herr Abgeordneter Markus Koza. – Bitte.


12.32.41

Abgeordneter Mag. Markus Koza (Grüne): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr ge­ehrte Frau Minister! Sehr geehrter Herr Minister! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Sehr geehrte ZuseherInnen vor den Bildschirmen zu Hause! „In der aktuellen Corona-Krise erweist sich die Notstandshilfe [...] als Glücksfall für die Politik. [...] Ohne Notstandshilfe würden über die kommenden Monate Zehntausende Menschen in die Mindestsiche­rung fallen – mit nachteiligeren Regelungen aus Sicht der Betroffenen.“ – Das, meine Damen und Herren, ist ein Zitat aus einem Beitrag von András Szigetvari im „Standard“ vom 25. April. Ich kann ihm nur recht geben.

Heute beschließen wir die zeitlich befristete Anhebung der Notstandshilfe auf die Höhe des Arbeitslosengelds bis Ende September mit der Option auf Verlängerung. Wir be­schließen heute auch, dass bis Ende September zumindest der Berufs- und Einkom­mensschutz gilt, auch das mit der Möglichkeit einer Verlängerung. Die Einkommen von NotstandshilfebezieherInnen werden sich auf diesem Weg um 8 bis 9 Prozent erhöhen. Das ist ein wichtiger Schritt, um ein Abrutschen in Armut infolge der Krise, infolge von Arbeitslosigkeit zu verhindern, denn wir wissen, mit der Dauer der Arbeitslosigkeit steigt das Armutsrisiko um mehr als das Doppelte. Umso wichtiger ist es, dass genau jetzt Maßnahmen gesetzt werden, um Armut zu reduzieren, und dazu ist die Erhöhung der Notstandshilfe ein ganz wesentlicher Beitrag.

Auch wenn die Kurzarbeit derzeit beinahe täglich neue Rekordzahlen erreicht, ist gleichzeitig bedauerlicherweise auch die Arbeitslosigkeit massiv gestiegen. Da die Ver­mittlungstätigkeit des AMS sowohl aus organisatorischen Gründen als auch aus dem Grund, dass derzeit schlichtweg keine Jobs oder kaum Jobs vorhanden sind, ange­sichts dieser Situation praktisch auf Eis gelegt ist, wäre es auch vollkommen unver­ständlich, warum man Menschen, die kaum eine Chance haben, eine Arbeit zu finden, in dieser Situation, in dieser Krise in die Notstandshilfe rutschen lässt.

So verhindern wir heute mit diesem Gesetzesbeschluss, dass Arbeitslosenhaushalte in die Armut rutschen, und wir schaffen dadurch die Möglichkeit, dass Einkommen sta-


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bilisiert werden. Diese Stabilisierung der Einkommen ist nicht nur sozialpolitisch not­wendig, sie ist auch wirtschaftspolitisch richtig, weil sie die Nachfrage stabilisiert und so auch dabei hilft, aus dieser Wirtschaftskrise zu kommen.

Doch heute wird nicht nur die Notstandshilfe angehoben, es wird auch – Kollege Wö­ginger hat es bereits erwähnt – der Familienhärtefonds auf 60 Millionen Euro erhöht und auch für jene Familien geöffnet, deren erwerbsfähige Mitglieder schon vor der Coronakrise arbeitslos waren. Das sind 30 Millionen Euro zusätzlich zur Bekämpfung von Kinderarmut. Wir haben damit auch Kritikpunkte der Armutskonferenz an der bis­herigen Ausgestaltung des Familienhärtefonds nicht nur ernst genommen sondern auch aufgenommen und den BezieherInnenkreis deutlich erweitert. Mit der Erhöhung der Notstandshilfe und der Ausweitung des Familienhärtefonds haben wir ein 110-Mil­lionen-Euro-Paket geschnürt, das mitten in der schwersten Krise der Nachkriegszeit unmittelbar den einkommensschwächsten Gruppen in diesem Land zugutekommt.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, zum Abschluss: Unter der FPÖ-Regierungs­beteiligung wäre die Notstandshilfe beinahe abgeschafft worden, unter der grünen Re­gierungsbeteiligung wird sie erhöht. Grün macht den Unterschied. – Danke. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

12.36


Präsidentin Doris Bures: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Josef Schellhorn. – Bitte.


12.36.48

Abgeordneter Josef Schellhorn (NEOS): Frau Präsident! Geschätzter Herr Minister! Frau Minister! Kollege Koza gibt einem immer wieder ein paar Argumente. Sie haben völlig recht, unter einer FPÖ-Regierungsbeteiligung wäre das nicht passiert. Wissen Sie aber, was unter der grünen Regierungsbeteiligung passiert ist? – Sie haben die EPUler von der Bande gestoßen. Diese sind weit unter der Mindestsicherungsgrenze, sie werden mit 651 Euro abgespeist und sie haben kein soziales Netz. Auf das sollten Sie auch achten! Sie haben mitgestimmt, dass vor allem für die Einpersonenunterneh­men nichts passiert ist.

Ich habe das Glück, dass nach mir Frau Minister Aschbacher spricht. Sie hat zuerst auf unsere Fragen nicht geantwortet, sie hat bekanntermaßen auch im Sozialausschuss die Zahlen nicht präsentiert. Frau Minister, ich würde Sie bitten, dass Sie die Chance ergreifen – ohne dass Sie sich ein Okay von irgendwem holen müssen –, uns jetzt transparent die aktuellen Zahlen betreffend Arbeitslose, vor allem betreffend jene Men­schen, die arbeitslos sind, die beschäftigungslos sind, die in der Kurzarbeit stecken, zu präsentieren. Das wäre eine einmalige Chance. Ihre Aufgabe als Regierungsmitglied ist es nämlich, mit Sorgfalt und Transparenz zu agieren, und das haben Sie nicht ge­tan.

Das führt mich dann zu meinem Punkt, vor allem in Bezug auf Tagesordnungspunkt 8: Wenn nämlich die Belegschaftsvertreter der ÖBB verlangen, dass die verbeamteten MitarbeiterInnen von der geplanten Kurzarbeit ausgenommen werden und weiterhin 100 Prozent ihres Gehalts bekommen sollen, wenn sie nicht freiwillig in Kurzarbeit gehen, dann ist das ein Schlag ins Gesicht etwa für meine Mitarbeiter, die in Kurzarbeit sind und die wir trotzdem halten können. Das ist ungefähr so wie bei einem Kreuz­fahrtschiff: Die ÖBB-Beamten sitzen oben und schauen denen unten zu, wie sie rudern und ums Überleben kämpfen. – Das kann es nicht sein, das ist einfach eine soziale Ungerechtigkeit. Ich glaube, das ist ein Privileg, das man ausräumen muss.

Am 1. Mai geht es auch um Solidarität: Die SPÖ sollte dringend darüber sprechen, dass das nicht nur bei den ÖBB, sondern auch bei der Post so gehandhabt wird, dass jeder einen Beitrag dazu leisten muss. Was können die, die in der Privatwirtschaft an-


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gestellt sind, dafür, dass die anderen von ihrem wohlerworbenen Recht nicht zurück­treten? Das kann es nicht sein. Das, finde ich, ist eine soziale Ungerechtigkeit, und zwar auch eine soziale Ungerechtigkeit für jeden Unternehmer, der sich um seine Mit­arbeiter Sorgen macht – und dann kommen Belegschaftsvertreter daher und sagen: 100 Prozent, sonst gar nix!

Wir haben in den vergangenen Tagen auch ein kleines Problem mit der Lehrergewerk­schaft gehabt. Ich frage mich: Wo ist da eigentlich die Solidarität? Wo ist die Solida­rität? Manche spüren sich überhaupt nicht mehr und reagieren nicht auf die Probleme, die jetzt in Österreich herrschen. Wir sitzen alle im gleichen Boot, aber das haben ge­wisse Belegschaftsvertreter überhaupt noch nicht kapiert. (Beifall bei den NEOS.)

Wir müssen diese Krise gemeinsam bewältigen. Es kann nicht sein, dass dies weiter so gehandhabt wird, und daher mein Appell: Pfeifen Sie endlich Ihre Belegschaftsver­treter zurück! (Beifall bei den NEOS.)

12.40


Präsidentin Doris Bures: Nun ist Frau Bundesministerin Christine Aschbacher zu Wort gemeldet. – Bitte, Frau Ministerin.


12.40.37

Bundesministerin für Arbeit, Familie und Jugend Mag. (FH) Christine Aschbacher: Sehr geehrte Frau Präsidentin! Lieber Herr Minister! Sehr geehrte Abgeordnete! Sehr geehrte Damen und Herren! Ich als Arbeitsministerin darf an allererster Stelle einmal all jenen Menschen danken, die arbeiten, die jetzt in der Krise in versorgungskritischen Bereichen arbeiten und es möglich machen, dass wir auch weiterhin versorgt sind. Ich kann jetzt gar nicht alle Bereiche aufzählen, aber ich möchte an dieser Stelle Danke sagen, vor allem auch jenen Personen, die uns im Gesundheits- und Pflegebereich versorgen, aber auch all jenen, die in versorgungskritischen Bereichen arbeiten. Mein Dank gilt vor allem auch jenen, die die getroffenen Maßnahmen durchgehalten haben, um jetzt in die nächste Phase zu kommen, in der wir die Beschränkungen schrittweise gelockert haben und zu einer neuen Normalität kommen.

Ich möchte an dieser Stelle die für diese Plenarwoche aktuellsten Punkte erwähnen, und zwar drei in meinem Zuständigkeitsbereich:

Der erste Bereich betrifft die arbeitsmarktpolitischen Instrumente, die jetzt in der Covid-Krise unterstützen, zum Beispiel – wie bereits angesprochen wurde – dass die Not­standshilfe auf die Höhe des Arbeitslosengeldes erhöht wird. Da ist es wichtig, dass wir niemanden zurücklassen und auf das Ausmaß des Arbeitslosengeldes erhöhen. Selbstverständlich – das möchte ich auch klarstellen, Herr Kollege Muchitsch – wird damit auch der Berufs- und Entgeltschutz erweitert und erstreckt. Das Gesamte ist bis einschließlich September vereinbart, mit der Option, dass wir es gegebenenfalls auch bis Ende des Jahres verlängern können. Wichtig ist, zu sagen, dass wir die Menschen, die in der Arbeitslosigkeit sind, finanziell unterstützen und dass niemand auf die Be­zugshöhe der Notstandshilfe fällt.

Ein weiterer Punkt ist die Situation im Zusammenhang mit der Kurzarbeit. Wir haben es gestern schon kommuniziert, dass über 1,1 Millionen Österreicherinnen und Österrei­cher in Kurzarbeit sind; wir haben die Arbeitsplätze mit dem schnell zur Verfügung ge­stellten Modell der Kurzarbeit sichern können. Es ist aber auch für die Unternehmerin­nen und Unternehmer ganz wichtig, dass sie jetzt, wenn es schrittweise wieder losgeht und weitergeht, wieder mit ihrem bewährten Team arbeiten können. (Abg. Loacker: Wissen Sie schon, dass nur ein ... kann, der seinen Job verloren hat?) Wir konnten für diese 1,1 Millionen Menschen die finanzielle Absicherung während der Krise und auch jetzt weiter gewährleisten, denn niemand bekommt weniger als 80 Prozent seines Ge­halts.


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Ganz kurz zu den Zahlen betreffend Anträge: Aktuell wurden über 97 000 Anträge beim Arbeitsmarktservice eingereicht, davon sind 88 600 Anträge mit ausreichend In­formation bestückt, bei den anderen Anträgen arbeiten die Mitarbeiterinnen und Mit­arbeiter des AMS österreichweit einzeln nach, und knapp 70 000 Anträge sind bereits bewilligt, mit einer Bewilligungssumme von 6,7 Milliarden Euro.

Ich danke an dieser Stelle allen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern des Arbeitsmarkt­service österreichweit, sie leisten wirklich Außergewöhnliches. Es sind auch teilweise Kolleginnen und Kollegen aus der Pension zurückgekommen, um da zu unterstützen, selbstverständlich wurden aber auch Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter aus der Sektion zur Unterstützung geschickt. Insgesamt haben wir mit über 500 Mitarbeitern als Un­terstützung aufgestockt, um die Anträge auf Bewilligung der Kurzarbeit abzuarbeiten, und zusätzlich gibt es noch 250 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, die jetzt in den Ab­rechnungsprozessen unterstützen; insgesamt sind das also mehr als 700 Mitarbeiterin­nen und Mitarbeiter, die das Arbeitsmarktservice da dementsprechend unterstützen können. (Beifall bei der ÖVP.)

Zum zweiten Bereich: die Unterstützung für die Familien. Das ist auch mir persönlich ein großes Anliegen, deshalb haben wir vor Ostern auch den Familienhärtefonds auf 30 Millionen Euro aufgestockt, damit wir Familien, die jetzt unverschuldet in finanzielle Not geraten sind, die entweder durch die Arbeitslosigkeit oder durch die Kurzarbeit Einkommensverluste haben, unterstützen können. Zugleich haben wir – das haben wir auch heute schon gehört – diesen nun auf 60 Millionen Euro aufgestockt, also zusätz­liche 30 Millionen Euro zur Verfügung gestellt. Mit diesem Familienkrisenfonds unter­stützen wir auch die Familien, die von der Arbeitslosigkeit betroffen sind; nämlich pro Kind und Monat mit 50 Euro. Das sind also für drei Monate 150 Euro, mit welchen wir die Familien unterstützen können.

Zum dritten Bereich: Das ist ein Bereich der auch die Jugendlichen, nämlich die Stu­dierenden betrifft. Auch da ist eine Absicherung der Familienbeihilfe für diese Phase sichergestellt. Es geht dabei um den Bezug der Familienbeihilfe, für die Studiendauer und Altersgrenzen maßgeblich sind. Dementsprechend haben wir auch da reagiert, um zu vermeiden, dass jemand infolge der Covid-Krise vielleicht keinen Anspruch mehr auf die Familienbeihilfe hat. Das haben wir im Zuge der Einführung des Toleranzse­mesters gemacht, wir haben um ein Ausbildungsjahr oder um ein Semester verlängert. Das bedeutet auch, dass die Studierenden damit rechnen können, dass die Familien­beihilfe weiterhin garantiert ist.

Wichtig ist, dass wir alle gemeinsam das Beste für die Österreicherinnen und Öster­reicher, für unsere Bevölkerung machen. An dieser Stelle möchte ich noch einmal ein Danke an alle Familien sagen, die in den letzten Wochen angesichts der Mehrfachbe­lastung von Homeoffice, Homeschooling und Kinderbetreuung zu Hause Außerge­wöhnliches leisten. Da möchte ich an dieser Stelle einen besonderen Dank ausspre­chen! (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Grünen.)

Jetzt heißt es noch, gemeinsam durchzuhalten, die Beschränkungen stufenweise zu lo­ckern, zugleich aber auch die Disziplin – mit den empfohlenen Maßnahmen –einzuhal­ten! Dementsprechend kämpfen wir auch um jeden Arbeitsplatz und arbeiten hier auf Hochtouren, damit die Menschen, die jetzt vor allem durch die Krise arbeitslos ge­worden sind, so schnell wie möglich wieder vermittelt werden können. (Abg. Loacker: Nicht so viele Zahlen auf einmal! – Zwischenruf der Abg. Belakowitsch.) Wir sind als Bundesregierung im Schulterschluss unterwegs, um alles zu machen, was möglich ist, damit wir die Wirtschaft, aber auch die Gesellschaft wieder hochfahren können. Ich danke Ihnen fürs Durchhalten, gemeinsam packen wir das! Alles Gute! (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Grünen.)

12.48



Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll27. Sitzung, 28. April 2020 / Seite 93

Präsidentin Doris Bures: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Michael Hammer. – Bitte.


12.48.26

Abgeordneter Mag. Michael Hammer (ÖVP): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Frau Bundesministerin! Herr Bundesminister! Geschätzte Damen und Herren! Es ist einiges notwendig, da sich die freiheitlichen Vorredner, vor allem Kollege Schnedlitz, hier von dem, was sie vor einigen Wochen selbst gefordert haben, wieder distanziert haben. Es ist ja, glaube ich, gut, dass ihr heute diese Sticker mit der Aufschrift „Coronawahnsinn“ tragt, damit jeder auch zum Ausdruck bringt, welchen Wahnsinn ihr in dieser Phase der Coronaaufarbeitung aufführt! (Beifall bei ÖVP und Grünen. – Zwischenrufe der Abge­ordneten Belakowitsch und Kassegger.)


Präsidentin Doris Bures: Herr Abgeordneter, ich ersuche Sie, sich in der Ausdrucks­weise zu mäßigen! – Bitte. (Zwischenrufe bei der FPÖ.)


Abgeordneter Mag. Michael Hammer (fortsetzend): Ich darf, da den Medien ja oft misstraut wird, für die vier Kollegen der Freiheitlichen Partei, die gerade herinnen sind – es ist ja, wenn es um sachliche Debatten und um soziale Maßnahmen für unse­re Familien geht, anscheinend nicht so üblich, dass man an der Debatte teilnimmt und sich hier einbringt (Zwischenruf der Abg. Belakowitsch) –, einfach aus der OTS des Freiheitlichen Parlamentsklubs vom 13. März zitieren: „Coronavirus: Kickl für ‚Lock­down‘ Österreichs“. „Daher“ – um eine Ausbreitung zu verhindern – „sei es notwendig, alles zu unternehmen, um einen Kollaps zu verhindern und die exponentielle Steige­rung der Neuinfektionen zu durchbrechen. Daher schlage die FPÖ einen ‚Lockdown‘ vor. Dies wären harte Maßnahmen“.

Dann geht es weiter – ich zitiere –: „Die Umsetzung sei zwar schmerzhaft“, aber die Bevölkerung wird das mittragen. (Ui-Rufe bei der ÖVP.) – Das ist das, was die Freiheitlichen am 13. März vorgeschlagen haben: ein Lockdown für Österreich. Die Bundesregierung hat das umgesetzt, und wir gefährden das jetzt nicht, indem wir leichtfertig alles aufsperren, so wie Sie es jetzt fordern, sondern wir bleiben auf diesem Kurs der Vernunft, um Österreich gesichert wieder hochzufahren. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Grünen. – Abg. Kassegger: ... Lockdown bis 2021! – Rufe bei der FPÖ: 2023!)

Wie gesagt, es ist schwarz auf weiß belegbar. Sie kampagnisieren jetzt und sagen – so wie es Frau Kollegin Belakowitsch heute schon gemacht hat –, dass das alles überzo­gen und überhaupt nicht notwendig war. – Lest eure eigenen Presseaussendungen, dann wisst ihr, was ihr damals gefordert habt! Das ist die Wahrheit. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Grünen.)

Wie gesagt, wir haben diese Maßnahmen gesetzt. Wir werden das Comeback für Ös­terreich jetzt schrittweise starten und Österreich wieder hochfahren. Wir werden er­folgreich aus dieser Krise herauskommen, und das Wesentlichste ist, dass wir in dieser Krisenphase niemanden zurücklassen, schon gar nicht die Familien und sozial Schwä­chere. (Zwischenrufe der Abgeordneten Belakowitsch und Kassegger.) Wir setzen daher immer wieder Schritte, wir wollen nicht das Prinzip Gießkanne anwenden (Zwi­schenruf der Abg. Heinisch-Hosek), sondern dort, wo Bedarf entsteht, gezielt, zielge­richtet entsprechend nachbessern.

Wir machen das jetzt mit der Aufstockung des Familienhärtefonds, wir machen das be­treffend die Notstandshilfe – sie wird auf das Ausmaß des Arbeitslosengeldes erhöht –, und wir setzen auch Maßnahmen betreffend die Blockzeitvariante der Altersteilzeit. Die Frau Bundesminister hat auch schon gesagt, dass wir hinsichtlich des Familienbeihil­fenbezugs ein Toleranzsemester einführen, damit auch diesbezüglich niemand durch den Rost fällt.


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Ich glaube, wir haben da wirklich eine treffsichere Vorgangsweise. Ich bitte, diesen Maßnahmen auch zuzustimmen, denn das ist es, was den Österreicherinnen und Ös­terreichern und den Familien hilft – „Coronawahnsinn“-Plakate zu kleben hilft nieman­dem. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Grünen.)

12.51


Präsidentin Doris Bures: Als Nächster zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Rainer Wimmer. – Bitte, Herr Abgeordneter.


12.51.45

Abgeordneter Rainer Wimmer (SPÖ): Frau Präsidentin! Frau Ministerin! Liebe Kolle­ginnen, liebe Kollegen! Der Ordnung halber sei hier festgehalten, Kollege Wöginger, dass es schon die Initiative der SPÖ-Fraktion war, dass die arbeitslosen Menschen nicht in den Notstand geschickt werden. Es freut mich, dass die Vernunft gesiegt hat und die ÖVP jetzt dabei ist. (Beifall bei der SPÖ.)

Liebe Kolleginnen, liebe Kollegen, die Situation ist verheerend, wir haben das schon oftmals besprochen: 600 000 Menschen ohne Erwerbseinkommen, 1,1 Millionen Men­schen in Kurzarbeit. Ein sehr großes Problem sind die älteren Arbeitnehmer, es gibt 160 000 Langzeitarbeitslose über 50 Jahre, bei dieser Zahl gab es allein in den letzten Monaten eine Steigerung um 50 000. Die Regierung ist daran nicht ganz unschuldig, es war nicht nur Corona, das zugeschlagen hat, denn schon vor der Krise haben die Regierungsfraktionen die Programme zurückgefahren. Die Aktion 20 000 wurde abge­schafft, das war ein Riesenfehler. Meine sehr geschätzten Damen und Herren, Sie ha­ben in Wirklichkeit das gesamte AMS-Budget von 2 Milliarden Euro auf 1,25 Milliarden Euro gekürzt. Das rächt sich natürlich. (Zwischenrufe bei der ÖVP.) Jetzt zu jammern, obwohl Sie vorher Maßnahmen gesetzt haben, die genau das befeuern, ist nicht fair.

Liebe Kolleginnen, liebe Kollegen, wir fordern seit Jahren mehr Geld für die arbeitslo­sen Menschen. Die Nettoersatzrate soll auf 70 Prozent steigen. Wir liegen diesbezüg­lich in Europa ja im letzten Drittel, sehr viele Staaten liegen da vor uns. Es ist einfach schwierig, mit durchschnittlich 900 Euro sein Leben zu fristen.

Ich habe mir die Protokolle der letzten Jahre ein bisschen durchgeschaut, weil es mich interessiert hat, wie die Grünen da reagiert und vor allen Dingen wie die Forderungen der Grünen ausgeschaut haben. Ich will es jetzt nicht vorlesen, denn damit würde ich Sie blamieren. Ich frage mich aber: Was ist los mit den Grünen? (Zwischenruf des Abg. Leichtfried.) Markus Koza, du hast oftmals auch in den Gremien des ÖGB darauf hingewiesen, dass das ein bisschen eine wilde Geschichte ist, dass es einfach zu wenig ist. Jetzt hast du Gelegenheit, ganz vorne mit dabei zu sein und aufzuzeigen.

Wir geben die Hoffnung nicht auf. Am 7. Mai wird es eine Sitzung des Sozialaus­schusses geben, und da wird es wieder eine Chance geben, unserem Antrag auf Er­höhung des Arbeitslosengeldes zuzustimmen. Bitte macht einfach einmal mit! – Danke. (Beifall bei der SPÖ.)

12.54


Präsidentin Doris Bures: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Barbara Neßler. – Bitte.


12.54.39

Abgeordnete Barbara Neßler (Grüne): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Geschätzte Frau Ministerin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Liebe Zuseherinnen und Zuseher! Die Coronakrise ist speziell auch für die Familien eine besonders schwere Zeit. Aufgrund der derzeitigen Situation müssen Eltern doppelte und dreifache Arbeit verrichten. Be­sonders Alleinerziehende und ökonomisch schlechtergestellte Familien leiden sehr un­ter der Krise. Es ist daher unsere Aufgabe, schnell zu helfen und die größten Härten


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abzufedern. Wir müssen Familien, die unverschuldet in eine schwierige Situation, in eine teils noch prekärere Situation gekommen sind, unterstützen.

Die Aufstockung des Familienhärtefonds wurde genauso wie die Ausweitung schon mehrmals genannt. Es ist auch wichtig, dass wir Familien mit Kindern, die eine Ausbil­dung oder ein Studium absolvieren, finanziell unter die Arme greifen. Mit dem vorlie­genden Gesetz werden durch die Covid-Krise verursachte Nachteile bei der Gewäh­rung der Familienbeihilfe kompensiert. Es wird Abhilfe geschaffen, wenn eine Berufs­ausbildung beziehungsweise ein Studium beeinträchtigt wird und eine Absolvierung innerhalb der für den Familienbeihilfenbezug maßgeblichen Dauer oder innerhalb der Altersgrenze nicht möglich ist. Das wird in vielen Fällen nicht möglich sein, denn, liebe Kolleginnen und Kollegen, wir befinden uns in keinem normalen Zustand, und deshalb ist das – unter Anführungszeichen – „normale“ Studieren auch nicht möglich. Die Bib­liotheken als wichtiger Lernort und als Ort der Materialbeschaffung sind geschlossen. Viele leben in engen Wohnverhältnissen und sind trotz Distancelearning einfach in ih­rer Lernkapazität eingeschränkt.

Wir befinden uns in einer Ausnahmesituation, was natürlich Ausnahmeregeln erfordert. Wir möchten daher den Druck auf viele junge Menschen und auf deren Familien reduzieren und die Familienbeihilfe natürlich weiterhin gewähren.

Wir haben heute schon viele weitere wichtige Punkte gehört. Es ergeben sich laufend neue Herausforderungen. Wir werden laufend aufmerksam sein müssen und wir wer­den laufend nachbessern müssen. Wir werden gemeinsam daran arbeiten, um einen guten Weg aus der Krise zu bereiten. – Danke schön. (Beifall bei Grünen und ÖVP.)

12.57


Präsidentin Doris Bures: Als Nächster zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Norbert Sieber. – Bitte.


12.57.23

Abgeordneter Norbert Sieber (ÖVP): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Frau Minister! Hohes Haus! Geschätzte Zuseherinnen und Zuseher! Wir diskutieren jetzt einige Ta­gesordnungspunkte gesammelt, ich beziehe mich auf den Antrag 489/A. In Österreich ist es grundsätzlich so geregelt, dass die Familienbeihilfe während der Berufsausbil­dung, also zum Beispiel während eines Studiums oder einer Lehre, weiterbezahlt wird. Dieser Bezug ist grundsätzlich auf die Dauer der Ausbildung begrenzt, und es gibt eine Altersgrenze. (Präsident Sobotka übernimmt den Vorsitz.)

Mit diesem Antrag stellen wir nun sicher, dass die Familienbeihilfe für die Zeit, in der es aufgrund von Covid-19 Schwierigkeiten im Studienbetrieb gab, weiter ausbezahlt wird, und auch nachher kann eine Verlängerung der Auszahlung um ein Semester bezie­hungsweise ein Studienjahr oder bei einer allgemeinen Berufsausbildung um maximal sechs Monate in Anspruch genommen werden.

Ich bringe gleichzeitig auch einen Abänderungsantrag zu diesem Antrag 489/A ein – Herr Präsident, ich glaube, der Antrag liegt vor; ich möchte ihn in seinen Grundzügen erläutern –: Aus dem Krisenbewältigungsfonds sollen 30 Millionen Euro zur Bewälti­gung von Mehraufwendungen aufgrund der Pandemie für Familien bereitgestellt wer­den, in Summe sollen 150 Euro pro Kind gewährt werden.

*****

Meine Damen und Herren, es ist mir als Familiensprecher meiner Fraktion sehr wichtig und ein Anliegen, den Familien in Österreich, die gerade in den letzten Wochen und Monaten Unglaubliches geleistet haben, zu danken. (Beifall bei der ÖVP und bei Ab­geordneten der Grünen.) Ob es nun Homeoffice, Homeschooling, Kinderbetreuung


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oder auch Pflege waren, die Familien haben das großartig bewältigt. Die Familien haben einmal mehr bewiesen, dass sie in Wirklichkeit das Rückgrat dieser Gesellschaft darstellen. Sie haben uns geholfen, diese Krise bisher möglichst gut zu bewältigen.

Allzu oft hat man in den vergangenen Monaten und Jahren gehört, die Familien, die fa­miliären Strukturen sind nicht mehr vorhanden, sie schwächeln, vieles geht nicht mehr, vieles muss durch professionelle Dienste ersetzt werden. – Ich glaube, die Familien haben ganz eindeutig und eindrücklich bewiesen (Zwischenruf der Abg. Heinisch-Ho­sek), wie stark sie sind, und wir tun gut daran, Frau Kollegin Hosek, genau diese fa­miliären Strukturen nach der Krise zu stärken und weitere Maßnahmen zu setzen, damit dieses Rückgrat der Gesellschaft auch in Zukunft gewährleistet, dass solche Krisen, wie wir sie jetzt erleben, mit der Hilfe der Familien durchlebt werden können. Wir sind dazu gerne bereit. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Grünen. – Zwischenruf der Abg. Heinisch-Hosek.)

13.00

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:

Abänderungsantrag

der Abgeordneten Norbert Sieber, Mag. Markus Koza

Kolleginnen und Kollegen

zum Antrag 489/A betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Arbeitslosenversiche­rungsgesetz 1977, das Familienlastenausgleichsgesetz 1967 und das Arbeiterkammer­gesetz 1992 geändert werden (6. COVID-19-Gesetz) im Bericht des Ausschusses für Arbeit und Soziales (126 dB)

Der Nationalrat wolle in zweiter Lesung beschließen:

Der eingangs bezeichnete Gesetzesantrag wird wie folgt geändert:

Artikel 2 (Änderung des Familienlastenausgleichsgesetzes 1967):

1. In § 38a werden folgende Absätze 9 bis 14 angefügt:

„(9) Dem Familienhärteausgleich werden zusätzlich zu den Mitteln gem. Abs.5 einmalig aus dem COVID-19-Krisenbewältigungsfonds 30 Mio. Euro bereitgestellt. Mit diesen Mitteln sollen Eltern, die mit Stichtag 28. Februar arbeitslos gemäß § 12 AlVG waren und Arbeitslosengeld oder Notstandshilfe bezogen haben, für ihre Kinder eine finan­zielle Unterstützung zur Bewältigung von Mehraufwendungen aufgrund der Pandemie­folgen erhalten können. Anspruchsberechtigt sind Eltern mit Hauptwohnsitz in Öster­reich, wenn zumindest für ein Kind im Haushalt Familienbeihilfe bezogen wird. Ausge­nommen sind Eltern, die Sozialhilfe oder Mindestsicherung beziehen. Als Zuwendung werden gewährt: 50 Euro pro Kind und Monat für maximal drei Monate. Die Zuwen­dung wird einmalig ausbezahlt und ist nicht rückzahlbar.

(10) Die Bundesministerin für Arbeit, Familie und Jugend hat im Einvernehmen mit dem Bundesminister für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz per Richtlinie näher zu bestimmen, unter welchen Voraussetzungen diese Bundesmittel eingesetzt werden können. Die Richtlinie hat insbesondere folgende Punkte zu ent­halten:

1. Rechtsgrundlagen, Ziele,

2. den Gegenstand der finanziellen Zuwendung,

3. die persönlichen und sachlichen Voraussetzungen für das Erlangen einer finan­ziellen Zuwendung,


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4. das Ausmaß und die Art der Sach- oder Geldleistung,

5. das Verfahren,

6. die Geltungsdauer.

(11) Verbleibende Mittel aus dem Familienhärteausgleich gemäß Abs. 9 werden dem Bundesminister für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz zur Verfü­gung gestellt. Aus diesen Mitteln sollen Eltern, die Bezieherinnen oder Bezieher von Leistungen der Sozialhilfe oder Mindestsicherung sind, für ihre Kinder eine Unterstüt­zung zur Bewältigung von Mehraufwendungen aufgrund der Pandemiefolgen erhalten können.

(12) Der Bundesminister für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz hat im Einvernehmen mit der Bundesministerin für Arbeit, Familie und Jugend per Richt­linie näher zu bestimmen, unter welchen Voraussetzungen diese Bundesmittel einge­setzt werden können. Die Richtlinie hat insbesondere folgende Punkte zu enthalten:

1. Rechtsgrundlagen, Ziele,

2. den Gegenstand der finanziellen Zuwendung,

3. die persönlichen und sachlichen Voraussetzungen für das Erlangen einer finanziel­len Zuwendung,

4. das Ausmaß und die Art der Sach- oder Geldleistung,

5. das Verfahren,

6. die Geltungsdauer.

(13) Mit der Umsetzung der Ziele dieser finanziellen Zuwendungen gem. Abs. 11 kön­nen auch die Länder betraut werden. Dabei sind insbesondere auch datenschutzrecht­liche Regelungen beachtlich und ist sicherzustellen, dass auf Grund der Abs. 11 bzw. 12 ausbezahlte Mittel nicht auf andere Leistungen der Sozialhilfe oder Mindestsiche­rung angerechnet werden.

(14) Zuwendungen gemäß Abs. 9 und 11 können nicht an Personen gewährt werden, die eine Zuwendung aus dem Fonds gemäß Abs. 5 erhalten haben.

2. Dem § 55 wird folgender Abs. .. angefügt:

„(46) § 38a Abs. 9 bis 14 in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. ../2020 treten mit dem der Veröffentlichung dieses Bundesgesetzes folgenden Tag in Kraft.“

Begründung

Die Bundesregierung hat es sich zum Ziel gesetzt, den erheblichen Auswirkungen der COVID-19-Krisensituation für einkommensschwache Familien mit Kindern mit der Ge­währung von Hilfen zur Überbrückung außergewöhnlicher Notlagen zu begegnen. Nachdem bereits einmalig 30 Mio. Euro aus dem Familienlastenausgleichsfonds für Familien zur Verfügung gestellt wurden, die aufgrund der Covid-19-Krisensituation ei­nen Einkommensverlust erlitten haben, werden jetzt nochmals 30 Mio. Euro für Mehr­aufwendungen aufgrund der Pandemiefolgen für jene, die im Zeitraum vor dem 28. Februar 2020 arbeitslos gemäß § 12 AlVG geworden sind und zum Stichtag 28. Februar Arbeitslosengeld beziehen, zur Verfügung gestellt.

Anspruchsberechtigt sind Eltern mit Hauptwohnsitz in Österreich, wenn zumindest für ein Kind im Haushalt Familienbeihilfe bezogen wird. Als Zuwendung werden gewährt: 50 Euro pro Kind und Monat für maximal drei Monate. Die Zuwendung wird einmalig ausbezahlt und ist nicht rückzahlbar.


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Verbleibende Mittel aus dem Familienhärteausgleich gemäß Abs. 9 werden dem Bun­desminister für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz zur Verfügung gestellt. Aus diesen Mitteln sollen Eltern, die Bezieher der Sozialhilfe oder Mindestsi­cherung sind, eine Unterstützung zur Bewältigung von Mehraufwendungen aufgrund der Pandemiefolgen erhalten können. Der Bundesminister für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz kann mit Inkrafttreten dieses Gesetzes mit den Vorar­beiten zur Verwendung der Mittel gem. Abs. 11 beginnen. In den Richtlinien ist sicher­zustellen, dass die Länder dafür sorgen, dass Leistungen des Bundes nicht auf lau­fende Leistungen der Sozialhilfe oder Mindestsicherung angerechnet werden.

Zur näheren Bestimmung der Verwendung dieser Mittel werden jeweils Richtlinien von der Bundesministerin für Arbeit, Familie und Jugend sowie vom Bundesminister für So­ziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz im wechselseitigem Einvernehmen erlassen. Bei den Mittel gemäß Absatz 11 können auch die Länder in die Abwicklung dieses außerordentlichen Sonderprogrammes des Bundes für Familien mit Kindern in Problemsituationen eingebunden werden.

*****


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Der Antrag ist ordnungsgemäß eingebracht, ausreichend unterstützt und steht mit in Verhandlung.

Sie werden sich wundern, warum ich schon wieder hier am Präsidentenpult bin: Kol­lege Hofer ist leider Gottes krankheitsbedingt verhindert – wir wünschen ihm von dieser Stelle alles Gute zur Genesung –, er hat einen kurzfristigen Spitalsaufenthalt. Wir wer­den uns jetzt im 3-Stunden-Rhythmus abwechseln.

Als nächster Redner ist Kollege Weratschnig zu Wort gemeldet. – Bitte sehr.


13.00.54

Abgeordneter Hermann Weratschnig, MBA MSc (Grüne): Sehr geehrter Herr Prä­sident! Frau Ministerin! Werte Abgeordnete! Hohes Haus! Und all jene, die in den letz­ten Wochen im vollen Ausmaß arbeiteten, sich in Kurzarbeit befanden oder ihre Arbeit vom Homeoffice aus verrichteten, und vor allem auch jene – weil ich Bezug auf den Antrag der NEOS bezüglich der ÖBB-Kurzarbeit nehme –, die darauf schauten, dass hinsichtlich Infrastruktur alles weiterläuft, insbesondere die ÖBB-MitarbeiterInnen, die Bus-, Taxi-, Straßenbahn-, U-Bahn-FahrerInnen und alle anderen!

Werte KollegInnen der NEOS, die EisenbahnerInnen haben in den vergangenen Jah­ren viel dazu beigetragen, den Paradigmenwechsel zu schaffen, was Pensionen, Versi­cherungszahlungen betrifft, was die Verwendung am Arbeitsplatz betrifft, aber auch, was andere Bedingungen hinsichtlich der Arbeitsrechte anbelangt. Ich bin überzeugt, dass es einen Unterschied macht, sich über Jahrzehnte auf eine Firma zu verlassen oder als junge Beschäftigte, junger Beschäftigter unter neuen Bedingungen einzustei­gen. Es ist, glaube ich, an uns gelegen, Altersgruppen da nicht gegeneinander auszu­spielen, sehr geehrte Abgeordnete der NEOS, es braucht da, glaube ich, gerade in die­ser Zeit eine besondere Solidarität. (Beifall bei den Grünen. – Abg. Schellhorn: Ja ...!)

Was die Kurzarbeit bei den ÖBB betrifft: Jene MitarbeiterInnen, die definitiv gestellt sind, können – da hat man sich zwischen Betriebsrat und Geschäftsführung geeinigt – freiwillig in Kurzarbeit gehen, und das wird auch von vielen so gemacht und umgesetzt. Ich möchte mich hier dagegen verwehren, dass gesagt wird, dass das nicht passiert. Hier ein allgemeines Beamten-/Beamtinnenbashing aufzuführen ist, glaube ich, genau das Falsche und das Gegenteil von dem, was sich die MitarbeiterInnen in den Be­trieben und jene, die täglich arbeiten, jetzt vorstellen. (Beifall bei den Grünen sowie der Abg. Pfurtscheller.) Diese Freiwilligkeit wird gelebt, werte Abgeordnete, und jene Be-


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amte, die zu 100 Prozent zu bezahlen sind und die nicht in Anspruch nehmen, in Kurz­arbeit zu gehen, werden auch zu 100 Prozent eingesetzt.

Am Schluss möchte ich vor allem jenen 4 000 LockführerInnen, 1 300 ZugbegleiterIn­nen, vor allem auch allen Reinigungskräften, allen MitarbeiterInnen der ÖBB hier an dieser Stelle für ihren Einsatz herzlich Danke sagen, dafür, dass die Infrastruktur in Ös­terreich in den letzten Wochen und Monaten so gut funktioniert und wir sie auch nutzen können.

Lassen wir uns vom Neoliberalismus, Herr Abgeordneter Schellhorn, in Zukunft nicht anstecken, sondern stehen wir auf und bauen wir soziale Standards in allen Branchen aus! Diese sozialen Standards brauchen wir in allen Branchen auch in Zukunft, wer­te Abgeordnete. – Danke für die Aufmerksamkeit. (Beifall bei den Grünen sowie des Abg. Schmidhofer.)

13.04


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Zarits. – Bitte.


13.04.22

Abgeordneter Christoph Zarits (ÖVP): Meine geschätzten Damen und Herren! Sehr geehrter Herr Präsident! Frau Bundesminister! Geschätzte Zuseherinnen und Zuseher zu Hause vor den Fernsehgeräten, die jetzt auch noch dabei sind, die trotz mancher Redebeiträge vonseiten der Freiheitlichen Partei tapfer durchhalten! Ein herzliches Dan­keschön auch dafür! (Beifall bei der ÖVP.)

Meine geschätzten Damen und Herren, liebe Kolleginnen und Kollegen, wir haben in den letzten sechs Wochen sehr, sehr vieles miteinander erreicht. Die Bundesregierung hat viele Maßnahmen umgesetzt, wir haben hier im Parlament viele Maßnahmen umgesetzt und wir haben gemeinsam mit der Sozialpartnerschaft vieles erreicht. Viele von uns bekommen E-Mails, bekommen Anrufe oder kennen jemanden im eigenen Freundeskreis, in der eigenen Verwandtschaft, bei dem es aufgrund der Krise zu Pro­blemen kommt (Zwischenruf des Abg. Schellhorn) – dass jemand arbeitslos geworden ist, dass jemand in Kurzarbeit ist und dass einfach das Einkommen nicht mehr das ist, was es noch vor sechs Wochen war.

Es gibt Menschen in unserem eigenen Umfeld – es wird euch genauso gehen –, die sich vor zwei Monaten eigentlich nicht hätten träumen lassen, dass es ihnen einmal so geht. Ich glaube, unser aller Einsatz muss dem gelten, dass wir vor allem jene Men­schen unterstützen, die in dieser Krise sehr, sehr stark leiden; das sind Familien, das sind Kinder und das sind jene Menschen, die unverschuldet in diese Krise geschlittert sind. Es sind sehr, sehr viele Menschen arbeitslos, das wurde bereits erwähnt. 1,1 Mil­lionen Menschen sind in Österreich in Kurzarbeit; wir haben es geschafft, diese 1,1 Mil­lionen Menschen vor der Arbeitslosigkeit zu retten. (Abg. Wurm: Wie lange?) Ein herzliches Dankeschön dafür an die Bundesregierung und vor allem an die Sozial­partner.

Wir haben es zum Beispiel auch geschafft – erinnern wir uns zurück an die Mieten –, sicherzustellen, dass in dieser Krisenzeit niemand auf die Straße gesetzt werden kann beziehungsweise dass keine Wohnung gekündigt werden kann, wenn jemand die Miete nicht bezahlen kann. Jetzt ist es wichtig, dass wir weitere Maßnahmen setzen, und es wird auch wichtig sein, dass wir in den nächsten Wochen, wenn wir wissen, wie sich die Krise weiterentwickeln wird, weitere Maßnahmen setzen.

Es wurde schon angesprochen: Der Familienhärtefonds wurde von 30 auf 60 Millionen Euro erhöht. Ich glaube, das ist heute ein wichtiger und richtiger Schritt, um jenen Men­schen zu helfen, die arbeitslos sind, die Kinder haben. Es wurde auch von Klubobmann Wöginger schon erwähnt: 150 Euro mehr für drei Monate pro Kind.


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Auch das Toleranzsemester wurde angesprochen: Ich glaube, es ist auch sehr, sehr wichtig, dass wir die Studentinnen und Studenten unterstützen, die weiterhin auf die Familienbeihilfe zählen können und somit Sicherheit haben, was ihr Studium anbe­langt.

Auch erwähnt wurde bereits, dass wir mit dem heutigen Beschluss sicherstellen, dass niemand in dieser Krisenzeit von der Arbeitslosigkeit in die Notstandshilfe rutschen kann und somit schlechtergestellt ist.

Ich glaube, wir haben in der Vergangenheit, in den letzten sechs Wochen gemeinsam hier über die Parteigrenzen hinweg viele richtige Entscheidungen getroffen; auch die Bundesregierung hat mit den Sozialpartnern viele wichtige und richtige Schritte ge­setzt. Wir setzen heute wichtige und richtige Schritte, und wir werden auch in Zukunft Schritte setzen müssen, um die Krise zu überwinden. Ich bin mir sicher, dass die Bun­desregierung der richtige Partner für die Menschen in Österreich ist. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Grünen.)

13.07


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Zopf. – Bitte.


13.07.43

Abgeordnete Bettina Zopf (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Geschätzte Minis­terin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Liebe Zuseher der heutigen Nationalratssitzung! Vorab, wie schon ganz oft erwähnt heute, möchte ich mich noch einmal recht, recht herzlich bei der Bundesregierung bedanken. Die Maßnahmen zeigen Wirkung, und das kommt nicht von selbst. (Heiterkeit des Abg. Wurm.) Nach dem Motto: Übermut tut selten gut (Abg. Wurm: Sie sagen es! ... ist ein schlechter Ratgeber! Aufpassen! Das ist eine alte Bauernregel! ... – Zwischenruf der Abg. Belakowitsch), hoffe ich, dass wir aufgrund der guten Zahlen nicht übermütig werden und weiterhin aufeinander aufpas­sen – auch auf Sie werden wir aufpassen, ganz selbstverständlich. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Grünen. – Abg. Matznetter: Sie kritisieren den Bundeskanz­ler, Frau Zopf, mit dem Übermut? Das ist ja ...!)

Nun nehme ich Bezug auf den Antrag 489/A, insbesondere auf die Altersteilzeit: In meiner Zeit als Betriebsrätin habe ich einige Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer am Weg zur Altersteilzeit begleitet. Die Zufriedenheit dieser Menschen hat mich immer be­eindruckt und mir Folgendes bestätigt: Die Altersteilzeit ist ein Erfolgsmodell für beide Seiten, für den Arbeitnehmer und für den Arbeitgeber, das das Beste herausholt. Die Zahlen sprechen für sich: Laut der „Wiener Zeitung“ hat sich die Anzahl der Personen, welche die Altersteilzeit in Anspruch genommen haben, in den vergangenen fünf Jah­ren verdoppelt – von rund 20 000 Personen auf 40 000 Personen.

Die Altersteilzeit bietet Arbeitnehmern die Möglichkeit, vor dem Pensionsantritt die Ar­beitszeit zu reduzieren. Das Besondere daran ist: Man kann die Arbeitszeit um 40 bis 60 Prozent verringern, bekommt aber 50 Prozent Lohnausgleich. Das heißt, man ver­dient trotzdem noch zwischen 70 und 80 Prozent vom Letztgehalt während der ge­samten Dauer der Altersteilzeit. Das Unternehmen bekommt vom AMS 90 Prozent des Lohnausgleichs bei gleitender Altersteilzeit rückerstattet. Das Allerbeste für den Arbeit­nehmer ist dabei aber, dass die Pensionsbeiträge in voller Höhe einbezahlt werden. Die Pension ist daher durch die Teilzeitbeschäftigung nicht verringert.

Die Altersteilzeit ist eine Win-win-Situation für beide Seiten. Einerseits können ältere Arbeitnehmer aus dem Berufsleben ausgleiten, und es ist bewiesen, dass das eine gesunde Variante ist. Andererseits kann der Arbeitgeber die Chance nutzen und auf die Erfahrung eines langjährigen Mitarbeiters zurückgreifen. All jene Personen, die jetzt in Altersteilzeit sind beziehungsweise waren und aufgrund der derzeitigen wirtschaft-


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lichen Lage gekündigt oder aus systemrelevanten Gründen wieder voll zum Dienst herangezogen wurden, sollen am Ende der Krise wieder in die Altersteilzeit zurückkeh­ren können.

Arbeiten bietet Lebensinhalt, Arbeiten bietet Perspektive. Unser Ziel war es schon vor der Krise, aufgrund der demografischen Entwicklung altersgerechte Arbeitsmodelle zu unterstützen und zu fördern. Unser Anspruch ist es, dass das Altersteilzeitmodell auch nach Corona sichergestellt wird. Dies fordern wir mit unserem Antrag.

Nochmals zum Schluss: Übermut tut selten gut, meine Damen und Herren KollegIn­nen! (Abg. Wurm: Angst ist ein schlechter Ratgeber!) Seien wir weiterhin vorsichtig, arbeiten wir zusammen und bereiten wir uns schon jetzt auf die Zeit nach der Krise vor! (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Grünen.)

13.11


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Abgeordnete Wimmer. – Bitte.


13.11.32

Abgeordnete Petra Wimmer (SPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Frau Ministerin! Hohes Haus! Ja, es ist gut und richtig und vor allem wichtig für unsere Familien, dass alle Familien, die von Arbeitslosigkeit betroffen sind, Unterstützung aus dem Familienhärtefonds bekommen. Dass die Mittel aufgestockt werden sollen, ist an­gesichts der jetzt schon hohen Zahl an Arbeitslosen und der zu erwartenden Verschär­fung am Arbeitsmarkt in den nächsten Wochen unbedingt notwendig.

Wir verstehen allerdings nicht, warum so große Unterschiede hinsichtlich Anspruchs­berechtigung gemacht werden. Sie unterscheiden in Arbeitslose vor der Krise und Ar­beitslose durch die Krise. Sie lassen MindestsicherungsempfängerInnen und Sozial­hilfeempfängerInnen außen vor, diese sollen nur etwas bekommen, wenn Mittel übrig bleiben. Wie soll das gehen? Wie soll das funktionieren? (Beifall bei der SPÖ.)

Sie geben Kindern aus Familien, in denen die Eltern länger arbeitslos sind, weniger als Familien, in denen die Eltern in der Krise arbeitslos geworden sind. Diese Unterschei­dungen sind für uns überhaupt nicht nachvollziehbar. Für alle wird es gleich schwer, eine Arbeit zu finden. Für alle Familien ist die finanzielle Situation angespannt, ob ar­beitslos vor der Krise oder arbeitslos durch die Krise.

In dieser Krise wird sehr oft betont, wie wichtig die Familien sind, wie wertvoll ihr Bei­trag ist und wie sehr sie jetzt unsere Unterstützung verdienen. Ihr Abänderungsantrag unterstützt viele, aber nicht alle. Er verschärft Unterschiede, er ist dadurch ungerecht und verschärft die Armut bei denen, die schon arm sind. (Beifall bei der SPÖ.)

13.13


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort ist dazu niemand mehr gemeldet. Die Debatte ist geschlossen.

Wünscht der Berichterstatter ein Schlusswort? – Das ist nicht der Fall.

Versehentlich wurde ein SMS versendet, in dem angekündigt wurde, dass wir jetzt ab­stimmen. Wir stimmen erst nach den Diskussionsbeiträgen zu den Tagesordnungs­punkten 9 bis 11 ab. Davor werden wir noch kurzzeitig die Sitzung unterbrechen, damit alle Damen und Herren Abgeordneten in den Sitzungssaal kommen können.

13.13.479. Punkt

Bericht des Ausschusses für Arbeit und Soziales über den Antrag 434/A(E) der Abgeordneten Gabriele Heinisch-Hosek, Kolleginnen und Kollegen betreffend Maßnahmenpaket zur Verhinderung einer sozialen Krise (127 d.B.)


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10. Punkt

Bericht des Ausschusses für Arbeit und Soziales über den Antrag 424/A(E) der Abgeordneten Dr. Dagmar Belakowitsch, Kolleginnen und Kollegen betreffend tägliche Arbeitsmarktinformationen zu COVID-19-Auswirkungen (128 d.B.)

11. Punkt

Bericht des Ausschusses für Arbeit und Soziales über den Antrag 490/A der Abgeordneten Maria Großbauer, Mag. Eva Blimlinger, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz über die Errichtung eines Härtefallfonds (Härtefallfondsgesetz) geändert wird (17. COVID-19-Gesetz) (129 d.B.)


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Wir gelangen nun zu den Punkten 9 bis 11 der Tagesordnung, über welche die Debatten unter einem durchgeführt werden.

Auf eine mündliche Berichterstattung wurde verzichtet.

Als Erste dazu zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Heinisch-Hosek. – Bitte.


13.14.38

Abgeordnete Gabriele Heinisch-Hosek (SPÖ): Herr Präsident! Frau Ministerin! Frau Staatssekretärin! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Ich kann gleich nahtlos an die Ausführungen meiner Kollegin Wimmer anschließen. Noch einmal zur Verdeutli­chung: Die Leute, die vor der Krise arbeitslos geworden sind, sind offenbar selber schuld, denn die kriegen für die Kinder maximal 50 Euro im Monat für drei Monate. Das sind die schlechteren Kinder, das ist die Gruppe von Kindern, die weniger wert ist.

Dann gibt es eine zweite Gruppe: die Menschen, die ab dem 1. März arbeitslos gewor­den sind. Das Beispiel, Frau Ministerin Aschbacher, ist auch eines einer mittelständi­schen Familie mit zwei Kindern: Wenn der Papa 3 000 Euro netto verdient hat, dann gibt es für die Kinder 870 Euro pro Kind für drei Monate – 150 Euro gegen 870 Euro. (Rufe und Gegenrufe zwischen den Abgeordneten Koza und Matznetter.)

Und dann gibt es die dritte Gruppe von Kindern, sehr geehrte Damen und Herren, das sind die Kinder von MindestsicherungsbezieherInnen, SozialhilfebezieherInnen, diese dritte Gruppe von Kindern, die vielleicht etwas bekommen, wenn von den zweiten 30 Millionen ein bisschen was übrig bleibt – oder vielleicht gar nichts mehr; und das ist abzulehnen, sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! (Beifall bei der SPÖ.)

Ich empöre mich hier an dieser Stelle nicht nur über die Einteilung der Kinder in diesem Land in drei Gruppen, sondern ich empöre mich auch für Hunderttausende Frauen in diesem Land, denn wenn hier dauernd von Familien gesprochen wird, so sprechen Sie nie von den Mitgliedern der Familien, auf deren Schultern diese ganze Last jetzt in Wahrheit liegt. Das sind nämlich die Frauen. Das sind die Frauen, die alleinerziehend mit ihren Kindern leben, die vielleicht Homeoffice machen, die vielleicht ein Einperso­nenunternehmen betreiben, die teilweise in ganz engen Verhältnissen leben und nicht mehr wissen, wie sie jetzt weitertun sollen. Genau an die wird hier nicht gedacht, von denen wird auch nie gesprochen.

Sie haben diese sagenhaften 38 Milliarden Euro jetzt sukzessive in die Rettung von Unternehmen gesteckt – die Unternehmen haben zum Teil noch gar nichts davon –, aber Sie sind ganz spät draufgekommen, dass es auch finanzielle Engpässe einzelner Personen gibt. Deswegen haben Sie ja auch abgelehnt, dass wir die soziale Krise hier mit Beispielen untermauern können, damit wir sie überwinden können. Wir können heute diese Abstimmung nicht durchführen, weil Sie diese soziale Krise, in der wir mittendrin sind, einfach nicht sehen. Über eine Million Menschen sind jetzt in Kurzar-


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beit und verfügen natürlich auch über weniger Einkommen. Die arbeitslosen Menschen hätten ein erhöhtes Arbeitslosengeld gebraucht, und vor allem Frauen hätten die Wert­schätzung nicht nur durch Applaudieren gebraucht, sondern im Besonderen auch durch finanzielle Unterstützung.

Ich habe alle Anträge da (mehrere Schriftstücke in die Höhe haltend), die Sie abge­lehnt haben, die Sie vertagt haben. Ich sage Ihnen abschließend eines: Diese Salami­taktik, dieses – auf gut Wienerisch – zizerlweis Machen, eines nach dem anderen, die­se Almosen, das ist zu wenig und das werden sich die Leute merken. (Beifall bei der SPÖ.)

13.18


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Abgeordnete Großbauer. – Bitte.


13.18.13

Abgeordnete Maria Großbauer (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Frau Ministerin! Frau Staatssekretärin! Sehr geehrte Zuseherinnen und Zuseher! Ho­hes Haus! Kulturland, Musikland, dafür war Österreich in aller Welt bekannt, bis Co­rona kam und nahezu alle Lebensbereiche grundlegend verändert hat. Besonders stark verändert hat es auch den Kunst- und Kulturbereich, einen Lebensbereich, der auch Lebensmittel für die gesamte Gesellschaft ist und der mit seiner großen Vielfalt an Genres und Sparten besonders komplex ist und wo es keine Einheitslösungen gibt. Diese gab es auch schon vorher nie, aber gerade jetzt wird dieses Faktum besonders sichtbar.

Das Kulturland Österreich, sagen wir es ganz klar, steht vor einem Desaster. Es trifft den Profibereich in voller Härte, aber natürlich auch den Amateurbereich, und diese beiden Bereiche hängen mehr zusammen, als man vielleicht glauben möchte.

Aber zurück zu den einzelnen Sparten: Filmschaffende stehen vor anderen Herausfor­derungen als Museen, Musiker vor anderen als bildende Künstler, Opernhäuser vor anderen als das Kabarett. Dazu kommen noch all die Branchen und Berufe, die mit der Kunst und Kultur sehr eng zusammenhängen, von der Tontechnik über das Bühnenbild und die Kulturvermittlung bis zur Musikmanagementagentur. Auch wenn es nicht für alle Genres und Bereiche gilt, Kunst und Kultur sind auch ganz wesentlich für den Tourismus, und wenn ich an einen ersten zarten Sommertourismus hier in Österreich denke, dann ist klar, die Kultur muss da in irgendeiner Form auch eine Rolle spielen können. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Grünen.)

Der Härtefallfonds, der über die Wirtschaftskammer professionellst und auf Hochtouren abgewickelt wird, greift bei vielen in der Kultur sehr gut, trotzdem gab es Lücken, und die werden nun weiter geschlossen. Als weiterer Schritt wird der Bezieherkreis der Zu­schüsse erweitert, wird das für mehr Künstlerinnen und Künstler geöffnet, auch für jene, die mit ihrem Gesamteinkommen über die monatliche Geringfügigkeitsgrenze kommen. Besonders Kulturschaffende befinden sich nämlich oft in mehreren geringfü­gigen oder, zum Beispiel im Bereich Film, in fallweisen Beschäftigungsverhältnissen und werden daher hinsichtlich Unterstützungen weder durch das AMS noch durch andere Covid-19-Maßnahmen berücksichtigt. Außerdem wird eine Mindestförderhöhe von 500 Euro pro Monat eingeführt, der Coronafamilienhärteausgleich wird vom Dop­pelförderungsverbot ausgenommen, und auch die Betrachtungszeiträume werden ver­längert. Alle Informationen gibt es auf wko.at.

Im Hinblick auf eine neue Normalität auch im Kulturbereich möchte ich an dieser Stelle dazu beitragen, noch ein spezielles Thema aufzuklären, weil diesbezüglich einige Falschinfos kursieren. Es betrifft Einzelunterricht an den Musikuniversitäten, an den Musikschulen, bis hin zu Orchestern: Ich rede von Blasinstrumenten. Immer wieder hö-


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re ich in Diskussionen, auch in Medien, vom weitverbreiteten Irrglauben, dass Trom­peten, Posaunen, Tubas sogenannte Virenschleudern seien, weil da so viel Luft he­rauskomme. Ich darf richtigstellen: Aus Blasinstrumenten kommt so gut wie keine Luft, sondern Schallwellen. Das bestätigt auch ein Klang- und Instrumentenforscher der Musikuniversität Wien.

Ich möchte das nur ganz kurz erklären: Ein Blasinstrument ist eine sogenannte ste­hende Luftsäule, die durch das Mundstück, die Lippen in Schwingung versetzt wird. Es kommt nur sehr wenig Luft hinein, das Mundstück, durch das man bläst, ist ja nur 3 bis 5 Millimeter groß, und man darf sich nicht von dem großen Trichter irritieren lassen. Die Luftsäule wird also in Schwingung versetzt – ein rein physikalischer Vorgang. Raus kommt ganz wenig Luft mit 1 bis 2 km/h – zum Vergleich: Beim Niesen sind es 1 000 km/h. Die in äußerst geringer Menge, aber dennoch entweichende Luft müsste man untersuchen, sagen Virologen sowie Hygiene- und Mikrobiologieexperten – oder einfach mehr Abstand halten.

Nicht zu vergessen: Klavier, Gitarre, Schlagzeug, Geige, Harfe, Ziehharmonika, Violi­ne, E-Gitarre, Keyboard – das alles kann man spielen, weil man dabei ja ganz normal atmet, wie im Supermarkt. – Vielen Dank. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Grünen.)

13.22


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Abgeordneter Peter Wurm. – Bitte.


13.22.24

Abgeordneter Peter Wurm (FPÖ): Herr Präsident! Frau Minister! Hohes Haus! (Der Redner stellt eine Tafel auf das Rednerpult, auf der in roter Schrift „Österreich 1000er“ zu lesen ist und zehn Hunderteuroscheine abgebildet sind.) Ja, wir haben jetzt 4 Stun­den lang salbungsvolle Selbstbeweihräucherung der Regierung gehört. (Zwischenruf des Abg. Vogl.) Über die Grünen will ich gar nicht mehr viel sagen, sie sind brave Er­füllungsgehilfen dieser Regierung, aber Richtung ÖVP sei gesagt: Ich kenne natürlich auch einige Bauernregeln, eine davon lautet: Lügen haben kurze Beine – ich finde, das ist ein besonders nettes Wortspiel –, und eine andere: Angst ist ein schlechter Ratge­ber. Das wollte ich der ÖVP einmal mitgeben, weil sie mit Bauernregeln daherkommt. (Beifall bei der FPÖ.)

Ich kann mich noch sehr gut daran erinnern: „Koste es, was es wolle“, das war damals die Aussage, und Sie hätten die Wahrheit sagen sollen: dass Sie es nicht bezahlen können. Weder Sie persönlich werden es bezahlen, noch werden es die Freunde von Herrn Bundeskanzler Kurz bezahlen. Bezahlen wird diese Rechnung die österreichi­sche Bevölkerung – wir alle; wir werden das bezahlen. (Zwischenruf des Abg. Jakob Schwarz.) Das wird der Bevölkerung mittlerweile auch immer mehr klar.

Aktueller Stand – die Frau Minister ist zwar immer noch die tagesaktuellen Zahlen schuldig –: Es gibt zwischen 650 000 und 700 000 Arbeitslose, 1,1 Millionen sind in Kurzarbeit, und 500 000 Selbstständige kämpfen ums Überleben. Wenn sie die Rech­nung nicht bezahlen sollen, wie es vonseiten der Regierung immer so schön heißt, und alle anderen, die in Arbeit sind, die Helden der Arbeit, die Rechnung auch nicht bezah­len sollen, dann bleiben meiner Einschätzung nach nicht mehr allzu viele Berufsgrup­pen oder sonstige Gruppen übrig, die die Rechnung bezahlen sollen. Ich bin auf Auf­klärung diesbezüglich schon sehr gespannt, zu diesem Punkt habe ich vonseiten der Regierung heute den ganzen Tag noch nichts gehört.

Wir haben heute einen Antrag eingebracht (auf die vor sich stehende Tafel weisend) und 1 000 Euro für jeden Österreicher, jede Österreicherin, inklusive Kinder gefordert. Das soll dazu dienen, dass österreichische Betriebe, die also auch in Österreich Steu-


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ern zahlen, hier angemeldet sind, ordentlich arbeiten, mittels dieses Gutscheins ein entsprechendes Konjunkturpaket bekommen. Ich hoffe, dass da heute alle mitgehen, weil das ein Konjunkturpaket ist, das wirklich auch beim Adressaten ankommt. (Beifall bei der FPÖ.)

Ich darf – falls es jemand nicht weiß – auf eines hinweisen: Die große Bewährungs­probe für die Kurzarbeit wird spätestens im Juni kommen, weil dann die Urlaubsgelder fällig werden – und diese werden nicht vom Kurzarbeitsfonds bezahlt, das heißt, sie bleiben dann bei den jeweiligen Unternehmern hängen. Das wird spätestens im Juni die Liquiditätsnagelprobe für Hunderttausende Unternehmer werden, und das wird dann auch das Ende für Zehntausende oder gar Hunderttausende Unternehmer sein. Ich sehe überhaupt keinen Lösungsansatz, wie die Regierung das spätestens im Juni in den Griff bekommen will.

Wirtschaft ist Psychologie, und Sie verbreiten nach wie vor Angst und Panik. Das gilt für alles, was Sie heute angekündigt haben; ich möchte nur exemplarisch daran erin­nern, etwa was Gastronomie und Tourismus betrifft: Es wurde heute angekündigt, man darf jetzt mit Maske in einen Gastronomiebetrieb gehen, darf sich – maximal vier Erwachsene – an einen Tisch setzen und dann die Maske ablegen; das Brotkörbchen und den Salzstreuer auf dem Tisch gibt es aber nicht, das ist verboten. Wenn man dann vielleicht auf das WC muss, muss man seine Maske wieder aufsetzen, bevor man quer durch das Lokal geht. – Glauben Sie allen Ernstes, damit werden Sie in der Gastronomie einen großen Boom auslösen, die Gastronomie wird aufleben und die Ar­beitslosen werden in der Gastronomie eingestellt? Das glauben Sie ernsthaft?!

Oder betreffend Hotellerie: Sie haben gesagt, Ende Mai wird die Hotellerie aufge­sperrt. – Mit welchen Maßnahmen? Wie soll das funktionieren? Gibt es einen Well­nessbereich, gibt es keinen? Welche Auflagen gibt es?

Das alles sind Dinge, da scheuen Sie sich im Prinzip, Ihren Kurs zu ändern. Ich kann der ÖVP nur dringend raten: Ändern Sie endlich Ihren Kurs! Handeln Sie faktenbezo­gen, praxisbezogen, im Sinne der Bevölkerung! Sie haben das Land an die Wand ge­fahren, Unternehmer und Arbeitnehmer, und der Schaden ist mittlerweile so immens, dass ich nicht weiß und mir nicht vorstellen kann, wie Sie das in den nächsten Jahren, jemals in den Griff bekommen werden.

Wir bluten alle, es wird alle in Österreich treffen, es wird ein ganz massiver Kauf­kraftabfluss stattfinden. Ich kann es nur noch einmal sagen: Meiner Meinung nach sind alle diese Maßnahmen nicht praxisorientiert und helfen der Bevölkerung draußen, die wirklich um ihre Existenz bangt, überhaupt nicht weiter. – Danke. (Beifall bei der FPÖ.)

13.27


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Abgeordnete Blimlinger. – Bitte.


13.28.07

Abgeordnete Mag. Eva Blimlinger (Grüne): Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kol­leginnen und Kollegen! Leider zeigt sich die verfehlte Kunst- und Kulturpolitik der letz­ten Jahrzehnte, muss man leider sagen, vor allen Dingen in den unglaublich schlech­ten Beschäftigungsverhältnissen im Kunst- und Kulturbereich, aber auch in anderen Bereichen.

Wir werden heute betreffend Härtefallfonds eine Änderung beschließen, die genau da­rauf Bezug nimmt, nämlich einerseits auf die Personen, die mehrfach geringfügig be­schäftigt sind, und andererseits auf die Personen, die tageweise angestellt sind und daher nicht in den Genuss der Arbeitslosen, geschweige denn der Notstandshilfe kom­men können. (Abg. Loacker: ... auch für die Putzfrauen! Das ist wichtig!)


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Tageweise Angestellte gibt es in vielen Bereichen, ich greife gerne einen Bereich he­raus, der besonders betroffen ist, das ist der gesamte Filmbereich: Da werden Leute für die Dreharbeiten tageweise angestellt; das reicht vom Tontechniker, der Tontechni­kerin, über den Maskenbildner, die Maskenbildnerin, bis hin zum Bereich Kostüm, Ka­mera, was immer man sozusagen für den Film braucht. Filmproduktionen sind derzeit nicht möglich; das war einer der ersten Bereiche, in denen die Arbeit eingestellt worden ist, und wird wahrscheinlich einer der letzten Bereiche sein, die wieder in Gang kom­men können. Hinsichtlich Setting gibt es vielleicht Möglichkeiten, aber je nachdem, was im Film passiert, wird es schwierig werden, 1 Meter Distanz zu halten.

Für diese Personengruppe, die bis jetzt keine Möglichkeit hatte, irgendwo eine Unter­stützung im Härtefall zu bekommen, wird es nun möglich sein, anzusuchen und zu­mindest kleine Beträge zu kriegen, die sie über die nächsten Wochen retten. Wir wis­sen, die Beträge sind nicht jene, die erwartet werden, aber so ist es leider.

Die zweite Gruppe sind mehrfach geringfügig Beschäftigte. Diese reicht von Haushalts­hilfen bis zu Studierenden, Künstlern und Künstlerinnen, die in einer Galerie arbeiten, die in einer anderen Kulturinstitution arbeiten, aber es sind eben auch diejenigen, die im Haushalt als Haushaltshilfe bei mehreren Arbeitgebern oder Arbeitgeberinnen ar­beiten und jeweils geringfügig beschäftigt sind. Für sie wird es im Härtefallfonds nun eine Lösung geben, und ich hoffe, dass es damit zumindest gesichert ist, über die nächsten Wochen zu kommen, und dass da eine Möglichkeit geschaffen wurde. – Herzlichen Dank. (Beifall bei Grünen und ÖVP.)

13.31


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Bela­kowitsch. – Bitte.


13.31.11

Abgeordnete Dr. Dagmar Belakowitsch (FPÖ): Herr Präsident! Frau Minister! Frau Staatssekretärin! Frau Minister Aschbacher, es ist schade! Sie hätten es dem Gesund­heitsminister gleichtun und hier die Zahlen zum Tag veröffentlichen sollen, nämlich die Arbeitslosenzahlen. In einer Situation, in der diese explosionsartig angestiegen sind, wäre es für die Politik und auch für die Planbarkeit schon wichtig, zu wissen, wie hoch denn die Arbeitslosigkeit tagesaktuell ist.

Ich erinnere nur an die Finanz- und Wirtschaftskrise in den Jahren 2008/2009. Es gab damals auch große Herausforderungen für den damaligen Arbeitsminister. Dieser hatte aber immer die Zahlen parat. Das macht ja auch Sinn, weil man damit natürlich Maß­nahmen besser erklären kann, als wenn man da etwas im luftleeren Raum macht.

Wobei ich jetzt Folgendes sagen muss, Frau Minister: Sie haben heute hier ohnehin nicht von großartigen Neuerungen erzählt. Sie haben uns wieder erzählt, wie viele An­träge es in Bezug auf Kurzarbeit gegeben hat. Es wäre viel interessanter, wenn Sie einmal sagen würden, wie viel Geld bereits definitiv zu welchen Unternehmen geflos­sen ist und wie viele Unternehmen demgegenüber noch immer darauf warten, dass ihre Anträge überhaupt bearbeitet werden. All das haben Sie uns heute nicht erzählt, sondern Sie haben wieder Ihre gleichen Stehsätze erklärt, wie Sie es auch schon im Ausschuss gemacht haben.

Das ist ehrlicherweise in einer Situation mit der höchsten Arbeitslosigkeit der Zweiten Republik eigentlich ein bisschen zu wenig, Frau Minister. Daher bezieht sich auch unser Antrag genau darauf. Wir wollen die Arbeitslosenzahlen täglich auf der Home­page des AMS oder des Sozialministeriums – das ist eigentlich egal – ausgewiesen haben. Das wäre notwendig, weil man auch nur dann wirklich Maßnahmen setzen kann.


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Das ist ja genau das Problem in dieser gesamten Krise: Es hat mit den Gesund­heitszahlen begonnen, bei denen man sich auf irgendwelche Berechnungen bezogen hat, wobei die Ausgangszahlen aber von Anfang an falsch waren. Jetzt hat man keine Arbeitslosenzahlen und glaubt, mit irgendwelchen Maßnahmen den Arbeitsmarkt erret­ten zu können.

Daher, meine Damen und Herren, ist es so wichtig: Stimmen Sie diesem Tausender in Österreich zu, diesem Coronatausender! Das ist ein 1 000-Euro-Gutschein für jeden Staatsbürger, vom Säugling bis zum Greis, um die österreichische Wirtschaft wiederzu­beleben, denn dieser Gutschein kann eben nicht im Onlinehandel eingelöst werden. Dieser ist ja in den letzten Wochen in Österreich aufgeblüht. Das ist das, was die ÖVP gefördert hat: Amazon, Zalando und Co. Wir wollen aber die heimischen Unternehmen wieder ankurbeln.

An jedem Tag, an dem diese Krise länger andauert, rinnt sozusagen das Negativgeld. Jeder Tag, an dem hier nicht endlich wirklich sinnvoll gegengesteuert wird, kostet uns, dem Steuerzahler, mehr. Sie sollten endlich einmal Maßnahmen setzen, um das zu stoppen, um den Konsum anzukurbeln, denn einen Gutschein kann man nur im Ge­schäft ausgeben. Das heißt, das geht sofort wieder in den Konsum und wäre daher wichtig und notwendig, aber es kommt von dieser Bundesregierung, von Ihnen, Frau Minister, eigentlich gar nichts.

Sie sind, bitte schön, jetzt wirklich gefordert, die Wirtschaft anzukurbeln, damit der Ar­beitsmarkt auch wieder in Schwung kommt, denn von alleine wird es nicht gehen. (Bei­fall bei der FPÖ.)

13.34


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Frau Staatssekretärin Lu­nacek. – Bitte.


13.34.43

Staatssekretärin im Bundesministerium für Kunst, Kultur, öffentlichen Dienst und Sport Mag. Ulrike Lunacek: Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Zuerst einmal: Ich freue mich, hier zu sein, gerade auch mit einer guten Nachricht, was die soziale Lage von Künstlerinnen und Künstlern, aber auch von anderen, die Mittel aus dem Härtefallfonds beantragen können, betrifft. Lassen Sie mich aber zuerst sagen – manche sehen es ja –: Ich hatte einen Fahrradunfall, aber ich habe eine super Visagis­tin, die mir hilft, dass die Verletzungen im Gesicht nicht ganz so sichtbar sind. (Abg. Matznetter: Wieso darf die arbeiten? – Abg. Wurm: Mit Maske hoffentlich, oder?! – Zwischenruf der Abg. Belakowitsch.) Insofern wollte ich heute auch herkommen und mit Ihnen hier diskutieren. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der ÖVP.) – Danke.

Diese Verbesserung im Härtefallfonds ist gerade für die Menschen in Kunst und Kultur ganz wichtig. Wie schon Kollegin Blimlinger zuvor gesagt hat, hat dieser Bereich auch schon in den letzten Jahren, seit vielen Jahren, darunter gelitten, dass ganz viele Men­schen in prekären Arbeitsverhältnissen arbeiten mussten.

Ich bin heuer mit dieser Regierung angetreten, um das zu verbessern. Die Initiative für Fairpay stand und steht im Regierungsprogramm, und jetzt sehen wir, was es heißt, wenn Künstlerlinnen und Künstler und Kunstschaffende, ganz viele, die in diesem Be­reich tätig sind, einfach kaum eine Chance haben, über die Runden zu kommen. Es rächt sich, dass sie schon davor so wenig abgesichert waren, und deswegen ist es so notwendig, dass wir in dieser Bundesregierung auch schon bisher ganz viel für Men­schen, die im Kunst- und Kulturbereich tätig sind, für Kunstschaffende erreicht haben. Ich bin froh, dass heute hier ein weiterer Schritt gesetzt wird.


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll27. Sitzung, 28. April 2020 / Seite 108

Lassen Sie mich kurz ausführen, was uns schon gelungen ist: Sie wissen, diesen gro­ßen Härtefallfonds gibt es für ganz viele Menschen, die in existenziellen Nöten sind. Für den Kunst- und Kulturbereich wurden hier in der ersten Phase schon 6 600 An­träge positiv behandelt. Jetzt, in der zweiten Phase, seit dem 20. April – das ist ein bisschen mehr als eine Woche her –, wurden bereits 4 400 Anträge gestellt. Ungefähr 80 Prozent davon wurden auch positiv behandelt. Das sehe ich auch für die anderen so, die jetzt anstehen.

In einem anderen Bereich des COVID-19-Fonds, dem Künstler-Sozialversicherungs­fonds, der eben auch und konkret für Kunst und Kultur, für Künstlerinnen und Künstler gilt, ist es uns zu Beginn schon gelungen, auch die Kulturvermittler und ‑vermittlerinnen hinzuzunehmen. Das sind Menschen, die in den Museen Führungen machen, und an­dere, die Kunst und Kultur vermitteln, damit mehr Menschen erreicht werden, auch die­jenigen, die nicht sowieso schon ins Theater, ins Konzert oder ins Kino gehen, sondern einfach mehr über Kunst und Kultur wissen wollen.

Für Mittel aus diesem Fonds wurden auch schon 2 900 Anträge gestellt. An die 60 Pro­zent sind schon positiv erledigt, es wurde schon fast 1 Million Euro ausgezahlt. Für die zweite Phase werden wir jetzt sehen, ob es mit der neuen Regelung für den Härtefall­fonds tatsächlich noch Gruppen gibt, die noch Unterstützung brauchen, und das dann über die Richtlinie regeln.

Nun kurz zum vorliegenden Antrag, den ich sehr begrüße: Danke für die Unterstüt­zung! Ich würde mich sehr freuen, wenn alle hier im Nationalrat dann auch zustimmen würden. Es geht darum, dass jetzt endlich auch Menschen von diesem Fonds profitie­ren können, die bisher rausgefallen sind – Kollegin Blimlinger und auch Kollegin Groß­bauer haben das ja schon erwähnt –, weil sie mehr als ein geringfügiges Beschäfti­gungsverhältnis haben. Das ist zum Beispiel eine Schnittassistentin, die bei zwei ver­schiedenen Filmproduktionsfirmen gleichzeitig geringfügig angestellt ist, zudem an ei­ner berufsbildenden höheren Schule auch eine Lehrveranstaltung für Videoschnitt – 2 Stunden pro Woche, für ein Semester – abhält und bisher keine Unterstützung be­kommen konnte – jetzt kann sie es! –, oder ein Perückenmacher, der während der Sommermonate bei verschiedenen Theaterfestivals befristet geringfügig oder teilzeit­beschäftigt ist und während der Wintermonate, wenn schlechtere Auftragslage ist, we­niger Einkommen erzielt und von seinem Ersparten lebt – um nur einige Beispiele zu nennen.

Den zweiten Bereich habe ich schon erwähnt, das sind tageweise, fallweise Beschäf­tigte, die mit ihrem Gesamteinkommen über die monatliche Geringfügigkeitsgrenze kommen.

Ich freue mich sehr, dass das heute gelingt. Es ist ein weiterer Schritt zu mehr sozialer Unterstützung für jene aus dem Kunst- und Kulturbereich und viele andere, die in dieser Coronakrise tatsächlich von existenzieller Not betroffen sind. Ich denke, wir sind auf einem guten Weg, da wirklich Lösungen für alle zu finden, die es brauchen, so wie es von dieser Regierung von Anfang an gesagt wurde: Wir wollen niemanden zu­rücklassen. – Auch Ihnen vielen Dank für die Unterstützung. (Beifall bei Grünen und ÖVP.)

13.39


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Abgeordneter Shetty. – Bitte.


13.40.10

Abgeordneter Yannick Shetty (NEOS): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr verehrte Frau Ministerin! Frau Staatssekretärin! Verehrte Kolleginnen und Kollegen! Es wurde heute schon mehrfach gesagt, die Coronakrise darf zu keiner gesellschaftlichen, zu


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll27. Sitzung, 28. April 2020 / Seite 109

keiner sozialen Krise werden. Die Maßnahmen, die wir unter diesem Tagesordnungs­punkt diskutieren, sind wichtig. Wir diskutieren heute über die Notstandshilfe, das Ar­beitslosengeld, die Mindestsicherung. Das ganze Land spricht seit Wochen über Schul­schließungen, Schulöffnungen, Matura hin oder her, und ich habe dabei die große Be­fürchtung, dass wir darauf vergessen, was währenddessen passiert, bis diese Maßnah­men dann in zwei, drei, vier oder fünf Wochen wirken. Bis beispielsweise die Schulen wieder öffnen, sind Zehntausende Kinder zu Hause hinter verschlossenen Türen, ohne dass Lehrer, Sozialarbeiterinnen/Sozialarbeiter oder andere familiäre Bezugspersonen einen Kontakt zu ihnen haben.

Die „unsichtbaren Opfer“ der Krise nennt Unicef jetzt schon Kinder und Jugendliche an­gesichts der Coronakrise, und über die möchte ich heute mit Ihnen sprechen. Es ist nämlich gut belegt, dass während Ferienzeiten, Feiertagen, aber ganz besonders in Krisensituationen wie der jetzigen, Phänomene wie häusliche Gewalt, sexueller Miss­brauch, Vernachlässigung, Ausbeutung ansteigen; und aktuelle Belege aus Ländern wie den USA bestätigen diesen traurigen Trend.

Was die Coronakrise dabei besonders heikel macht, sind die Ausgangsbeschränkun­gen, der Wegfall sozialer Kontakte und die gleichzeitig auftretenden teils massiven Existenzängste bei Eltern, zum Beispiel, wenn sie ihren Job verloren haben. Schulen, Kindergärten und Sportstätten sind geschlossen, Familien, Freunde und Verwandte sind tabu, das soziale Umfeld ist mit einem Schlag auf die Kernfamilie und die eigenen vier Wände reduziert, und dabei fallen besonders oft die Großeltern weg, die im Re­gelfall zusätzlich zu den Eltern ein sozialer Kontaktpunkt sind. Man verbringt unge­wohnt viel Zeit miteinander – oft ohne Rückzugsmöglichkeiten – und ist eben in die ei­genen vier Wände eingesperrt.

Diese Bedingungen stellen schon für stabile Familienverhältnisse – und ich glaube, viele von Ihnen erleben zurzeit Ähnliches – eine große Herausforderung dar, da möch­te man sich gar nicht ausmalen, wie das in Familien ausschaut, in denen die Situation von Haus aus eine viel schwierigere ist. Hinzu kommt, dass nur wenige Wochen nach den geplanten Schulöffnungen bereits mehrmonatige Sommerferien ins Haus stehen, der geplante Sommerurlaub flachfällt und noch nicht klar ist, welche Freizeitaktivitäten in welchem Ausmaß überhaupt möglich sein werden.

Die „Tiroler Tageszeitung“ titelt heute: „Corona-Krise als Gefahr für Kinder“. Medien be­richten, dass die Kindergefährdungsmeldungen seit Beginn der Coronakrise in einigen Bundesländern massiv zurückgegangen sind. Das ist kein gutes Zeichen, im Gegenteil: Die gängigen Frühwarnsysteme, die normalerweise funktionieren, Schulen und Kinder­gärten, fallen nun weg und vieles bleibt unentdeckt.

Deswegen bringe ich heute folgenden Entschließungsantrag ein, damit wir jetzt – rechtzeitig und nicht im Nachhinein – entgegenwirken:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Yannick Shetty, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Dringende Schutzmaßnahmen für Kinder und Jugendliche während und nach der Corona-Krise“

Der Nationalrat wolle beschließen:

Die Bundesregierung, insbesondere die Bundesministerin für Arbeit, Familie und Ju­gend, wird aufgefordert, umgehend Maßnahmen zum Schutz von Kindern und Jugend­lichen vor häuslicher Gewalt, Missbrauch und anderen Nebeneffekten der Corona-Kri­se umzusetzten. Insbesondere wird gefordert:

- als Sofortmaßnahme das System nach Vorbild Tirols, dass bei Nicht-Erreichen eines Kindes durch die Schule automatisch Meldung an das Jugendamt erstattet wird, auf ganz Österreich auszuweiten;


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll27. Sitzung, 28. April 2020 / Seite 110

- ein deutlich verstärkter Einsatz von psychologischem Personal ab Wiederöffnung von Schulen und Kindergärten zur Aufarbeitung der Nebeneffekte der Krise auf Kinder und Jugendliche;

- Informationen zur Sensibilisierung des Lehr- und Kindergartenpersonals für die Aus­wirkungen der Corona-Krise auf die psychische und physische Gesundheit von Kindern und Jugendlichen bereitzustellen;

- Betreuungsmöglichkeiten für Kinder und Jugendliche in den Sommerferien zu ermög­lichen, z.B. im Rahmen der teilweisen Öffnung von Kindergärten und schulischen Be­treuungsmöglichkeiten zur Entschärfung angespannter familiärer Situationen;

- Freizeitprogramme für Kinder und Jugendliche für eine spielerische Abwechslung im Alltag außerhalb der eigenen vier Wände und zur Entlastung der Eltern;“

*****

Kinder haben keine Lobby, keine mächtigen Fürsprecher, die sich für sie ins Zeug hau­en. Sie brauchen uns, und daher ist es unsere Verantwortung, sie vor den Folgen die­ser Krise zu schützen. (Beifall bei den NEOS und bei Abgeordneten der Grünen.)

13.45

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Yannick Shetty, Kolleginnen und Kollegen

betreffend Dringende Schutzmaßnahmen für Kinder und Jugendliche während und nach der Corona-Krise

eingebracht im Zuge der Debatte in der 27. Sitzung des Nationalrats über den Bericht des Ausschusses für Arbeit und Soziales über den Antrag 434/A(E) der Abgeordneten Gabriele Heinisch-Hosek, Kolleginnen und Kollegen betreffend Maßnahmenpaket zur Verhinderung einer sozialen Krise (127 d.B.)– TOP 9

Der Kampf gegen das Corona-Virus fordert unzählige Kollateralschäden, von denen uns manche noch sehr lange begleiten werden. Besonders vulnerable Gruppen wie Kinder leiden unter Nebenwirkungen von Krisen, die meist erst zu spät erkannt wer-den. Es ist allgemeinhin bekannt, dass während Krisensituationen, aber auch bei Fe­rienzeiten und Feiertagen Phänomene wie häusliche Gewalt und Kindesmissbrauch zunehmen. Die New York Times berichtet bereits jetzt von einer Zunahme an Kindes­missbrauchsfällen während der Beschränkungen durch die Corona-Krise.1 Die gleichen Entwicklungen hätte es während der Wirtschaftskrise 2008 ebenfalls gegeben, als ver­mehrt Kinder mit Verletzungen in Spitäler eingeliefert wurden oder an schweren Kopf­traumata verstarben. Diese Nebeneffekte bildeten sich noch Jahre nach der Wirt­schaftskrise ab und haben das Potential, die Zukunft unserer Kinder und Jugendlichen und somit unserer Gesellschaft nachhaltig zu beeinträchtigen. Auch UNICEF warnt be­reits eindringlich davor, rechtzeitig Maßnahmen zu ergreifen, damit aus der Corona Gesundheits-Krise keine nachhaltige Kinderrechts-Krise wird.2 Häusliche Gewalt, se­xueller Missbrauch, Vernachlässigung, Ausbeutung und Teenager-Schwangerschaften sind nur einige der Phänomene, die durch Krisen verstärkt werden.

Eine fatale Besonderheit der Corona-Krise im Vergleich z.B. zu Wirtschaftskrisen sind jedoch die Ausgangsbeschränkungen und der Wegfall sozialer Kontakte bei gleichzei­tig teils massiven Existenzängsten. Schulen, Kindergärten und Sportstätten sind ge­schlossen, Aktivitäten im Freien sollen nach Möglichkeit eingeschränkt werden. Aber


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auch Bars und andere Lokale, Geschäfte oder das tägliche Treffen mit Nachbar_innen und Freund_innen ist nicht oder nur extrem beschränkt möglich. Das soziale Umfeld ist mit einem Schlag auf die Kernfamilie und die eigenen vier Wände beschränkt. Be­sonders Großeltern, die Eltern oft bei der Kindererziehung oder Freizeitgestaltung un­terstützen, fallen weg und man verbringt ungewohnt viel Zeit miteinander, oft ohne Rückzugsmöglichkeiten. Diese Bedingungen wirken sich schon auf stabile Familienver­hältnisse massiv aus, sozial schwächere Familien sind jedoch in besonderem Maße betroffen.

Laut Medienberichten sind die Kindergefährdungsmeldungen seit Beginn der Corona-Krise in Österreich in einigen Bundesländern zurückgegangen.3 Kein Grund zur Freu­de, sind sich Expert_innen einig. Der Grund dafür sei leicht zu erklären: die gängigen Frühwarnsysteme wie Schulen und Kindergärten fallen nun weg - rund ein Viertel aller Gefährdungsmeldungen gehen normalerweise von Schulen und anderen Kinderbetreu­ungseinrichtungen aus. Häusliche Gewalt und Missbrauch finden weiterhin statt, nur eben hinter verschlossenen Türen und unter verschärften Umständen. Hinzu kommt, dass viele Eltern zurzeit unter massiven Existenzängsten leiden, ihren Job verlieren, Miete etc. nicht bezahlen können und nicht wissen, wie die Zukunft aussieht. Kinder und Jugendliche werden häufig zu Opfern dieser Umstände, sie verlieren ihr gewohn­tes soziales Netz, erleiden zu Hause enormen emotionalen Stress, leiden unter Schlaf­störungen, fangen wieder an zu bettnässen, entwickeln Angststörungen oder leiden an Einsamkeit und Vernachlässigung.

Es braucht konkrete Maßnahmen, um Kindern und Jugendlichen soziale Kontakte und räumliche Ausweichmöglichkeiten zu bieten, wenn diese sonst Gefahr laufen, nachhal­tigen psychischen oder physischen Schaden zu nehmen. Zwar sollen Schulen und Kin­dergärten schon bald wieder öffnen, jedoch kommen nur wenige Wochen später be­reits mehrmonatige Sommerferien auf die Eltern zu und das unter Wegfall eines even­tuell geplanten Urlaubs und weiterhin bestehenden Einschränkungen der Freizeitaktivi­täten in noch unklarem Ausmaß. Es braucht hier dringend Möglichkeiten, Schulen und Kindergärten zumindest teilweise oder auf freiwilliger Basis geöffnet zu halten, ein flä­chendeckendes Ersatzfreizeitprogramm anzubieten und kostenlose psychologische Nachbetreuung zu ermöglichen, wo diese notwendig ist. Zur akuten Hilfestellung soll das Vorgehen nach Vorbild Tirols, dass bei längerem Nicht-Erreichen von Schulkindern automatisch das Jugendamt benachrichtigt wird, in ganz Österreich umgesetzt werden.

Wenn wir nicht wollen, dass die Kinder und Jugendlichen von heute die zukünftigen Patient_innen der Kinder- und Jugendpsychiatrie von morgen werden, wie Martin Sprenger4 es formuliert, müssen wir besser gestern als heute handeln, jedenfalls aber schnell.

1            https://www.nytimes.com/2020/04/07/opinion/coronavirus-child-abuse.html

2            https://www.unicef.org/coronavirus/agenda-for-action

3            https://www.noen.at/niederoesterreich/chronik-gericht/coronavirus-experten-alarmiert-wegen-gewalt-gegen-kinder-oesterreich-epidemie-kinder-wien-coronavirus-gewalt-202016542

4            https://www.addendum.org/coronavirus/wie-weiter-sprenger/

Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgenden

Entschließungsantrag

Der Nationalrat wolle beschließen:

"Die Bundesregierung, insbesondere die Bundesministerin für Arbeit, Familie und Ju­gend, wird aufgefordert, umgehend Maßnahmen zum Schutz von Kindern und Jugend-


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lichen vor häuslicher Gewalt, Missbrauch und anderen Nebeneffekten der Corona-Kri­se umzusetzten. Insbesondere wird gefordert:

•             als Sofortmaßnahme das System nach Vorbild Tirols, dass bei Nicht-Erreichen eines Kindes durch die Schule automatisch Meldung an das Jugendamt erstat­tet wird, auf ganz Österreich auszuweiten;

•             ein deutlich verstärkter Einsatz von psychologischem Personal ab Wiederöff­nung von Schulen und Kindergärten zur Aufarbeitung der Nebeneffekte der Kri­se auf Kinder und Jugendliche;

•             Informationen zur Sensibilisierung des Lehr- und Kindergartenpersonals für die Auswirkungen der Corona-Krise auf die psychische und physische Gesundheit von Kindern und Jugendlichen bereitzustellen;

•             Betreuungsmöglichkeiten für Kinder und Jugendliche in den Sommerferien zu ermöglichen, z.B. im Rahmen der teilweisen Öffnung von Kindergärten und schulischen Betreuungsmöglichkeiten zur Entschärfung angespannter familiärer Situationen;

•             Freizeitprogramme für Kinder und Jugendliche für eine spielerische Abwechs­lung im Alltag außerhalb der eigenen vier Wände und zur Entlastung der El­tern;"

*****


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Der Entschließungsantrag ist ordnungsgemäß eingebracht, ausreichend unterstützt und steht mit in Verhandlung.

Zu Wort gelangt Frau Abgeordnete Graf. – Bitte.


13.44.44

Abgeordnete Tanja Graf (ÖVP): Herr Präsident! Frau Ministerin! Geschätzte Frau Staatssekretärin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Liebe Zuschauer! Wir haben unter diesem Tagesordnungspunkt auch den Entschließungsantrag 424/A(E) zu behandeln, in dem die FPÖ tagesaktuelle Arbeitsmarktdaten einfordert. Ich möchte nun ein biss­chen näher auf diesen Antrag eingehen.

Zum Ersten möchte ich einmal festhalten, dass wir selbstverständlich genaue und aus­sagekräftige Arbeitsmarktdaten benötigen. Das ist unumstritten, genaue Zahlen er­leichtern auch Analysen. (Zwischenruf der Abg. Belakowitsch.)

Zum Zweiten möchte ich aber auch festhalten, dass es diese Daten bereits gibt. (Abg. Belakowitsch: Nein! Nein!) Sie können sie auf der Homepage des AMS, des So­zialministeriums und bei der Statistik Austria einsehen. (Zwischenruf des Abg. Wurm.) Man findet dort detaillierte Aussagen nach Berufen, Branchen, Arbeitsgruppen, Ge­schlecht und dem Aufenthaltsstatus. (Abg. Belakowitsch: Stimmt nicht!) Diese Daten werden monatlich veröffentlicht. (Zwischenrufe bei den NEOS sowie des Abg. Wurm.)

Es stellt sich nun also die Frage, ob diese Forderung der FPÖ nach einer tagesaktuel­len Bekanntgabe (Abg. Meinl-Reisinger: Na wenigstens ...!) erstens praktikabel ist (Abg. Wurm: Ha!), wenn ich daran denke (Abg. Loacker: ... minutenaktuell nach­schauen!), dass alle AMS-Stellen – und davon gibt es in Österreich mehr als 100 – diese täglich einpflegen müssen. (Neuerliche Zwischenrufe der Abgeordneten Wurm und Meinl-Reisinger.) Selbst in Zeiten der Digitalisierung frage ich mich nach dem Nutzen dieser Aufgabe. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Grünen.)

Zudem stelle ich auch den Sinn dieser Forderung infrage. Wer kann schon Tag für Tag diese Zahlen vergleichen und wofür werden diese tagesaktuellen Zahlen denn von der


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FPÖ benötigt? (Abg. Wurm: Für die Wahrheit!) Diese helfen weder einem Unterneh­mer noch einem Arbeitslosen noch schaffen wir damit einen Arbeitsplatz, höchstens beim AMS. (Beifall bei der ÖVP sowie der Abg. Ribo.)

Diese Forderung, die Sie hier stellen, ist daher nicht sinnvoll, und ich würde auch sa­gen, es ist schikanös dem AMS gegenüber. Es drängt sich nämlich eine ganz andere Frage auf: Wofür braucht die FPÖ diese Forderung? (Zwischenruf bei der FPÖ.) Brau­chen Sie diese, um eine tägliche Presseaussendung parallel zur Coronakrise zu ma­chen, um politisches Kleingeld auf dem Rücken von Arbeitslosen zu schlagen (Abg. Meinl-Reisinger: Das heißt, davor haben Sie Angst, dass das dann ...!), oder sind Ihnen einfach trockene Zahlen und Statistik wichtiger als die Sorgen der Menschen, die ihren Job verloren haben? Jeder Mensch, der seinen Job verloren hat, egal, ob wäh­rend oder vor der Krise, ist einer zu viel. (Zwischenruf des Abg. Wurm.) Der Antrag, den Sie hier eingebracht haben, ist einfach bürokratisch und bringt keinen einzigen Ar­beitsplatz. (Neuerlicher Zwischenruf der Abg. Meinl-Reisinger. – Weitere Zwischenru­fe bei der FPÖ.)

Wie schon gesagt, es werden Zahlen veröffentlicht: Wöchentlich wird die Zahl der Kurzarbeiter veröffentlicht und monatlich die Zahl der Arbeitslosen. (Abg. Meinl-Rei­singer: Informationsfreiheit!)

Viel wichtiger ist uns nämlich eines – das sage ich Ihnen auch, Frau Kollegin –, und zwar ein Konzept für die Zukunft zu haben, denn ich gehe nicht davon aus, dass Sie mit Ihren Gutscheinen ein Konzept präsentieren möchten. (Zwischenruf der Abg. Meinl-Reisinger.) Menschen in Beschäftigung zu bringen schafft man nicht, indem man täglich trockene Zahlen veröffentlicht. (Abg. Loacker: ... darfst nicht alles lesen, was sie dir hinlegen!) Das beste Instrument für Arbeitsplätze sind nämlich funktionie­rende Unternehmer, und dafür möchten ich und wir uns mit unserer ganzen Kraft ein­setzen, damit es wieder eine Aufwärtsentwicklung für die Wirtschaft gibt, um neue Ar­beitsplätze zu schaffen und die bestehenden zu sichern. (Beifall bei der ÖVP. – Zwi­schenruf des Abg. Wurm.)

Das AMS soll nämlich keine zweite Statistik Austria werden, sondern eine effektive Ar­beitsmarkteinrichtung und Arbeitsplatzvermittlung bleiben. (Ruf bei der FPÖ: Sonntags­reden!) Daher sollten wir das AMS jetzt nicht mit einer umfangreichen Bürokratie be­schäftigen, denn gerade jetzt ist es wichtig, dass die AMS-Mitarbeiter für die Arbeit­nehmer und für die Arbeitgeber zur Verfügung stehen. (Zwischenrufe bei den NEOS.) Für sinnlose Beschäftigungstherapien, so wie Sie es vorsehen, stehen wir nicht zur Verfügung. (Beifall bei der ÖVP sowie der Abg. Prammer.)

Abschließend darf ich noch einen Abänderungsantrag einbringen:

Abänderungsantrag

der Abgeordneten Maria Großbauer, Mag. Eva Blimlinger, Kolleginnen und Kollegen

zum Bericht des Ausschusses für Arbeit und Soziales über den Antrag 490/A der Ab­geordneten Maria Großbauer, Mag. Eva Blimlinger, Kolleginnen und Kollegen betref­fend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz über die Errichtung eines Härte­fallfonds (Härtefallfondsgesetz) geändert werden (17. COVID-19-Gesetz) (129 d.B.)

Der Nationalrat wolle in zweiter Lesung beschließen:

Der oben bezeichnete Gesetzesantrag wird wie folgt geändert:

Im Titel wird die Wortfolge „Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz über die Errich­tung eines Härtefallfonds (Härtefallfondsgesetz) geändert werden (17. COVID-19-Ge-


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setz)“ durch „Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz über die Errichtung eines Här­tefallfonds (Härtefallfondsgesetz) geändert wird (17. COVID-19-Gesetz)“ ersetzt.

Begründung

Redaktionelle Änderungen

*****

Vielen Dank. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Grünen.)

13.49


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Der Antrag ist ordnungsgemäß eingebracht, ausreichend unterstützt und steht somit in Verhandlung.

Zu Wort gelangt Frau Abgeordnete Ernst-Dziedzic. – Bitte.


13.49.46

Abgeordnete Dr. Ewa Ernst-Dziedzic (Grüne): Herr Präsident! Werte Kolleginnen und Kollegen! Werte Zuseherinnen und Zuseher! Ich denke, bei einem sind wir uns einig, nämlich, dass diese Krise eine richtiggehende Katastrophe ist, für die gesamte Welt, für Europa, für Österreich, für die Demokratien (Zwischenruf des Abg. Wurm), aber auch für jede Einzelne und jeden Einzelnen von uns, und für bestimmte Gruppen eine besondere Katastrophe. (Zwischenrufe der Abgeordneten Meinl-Reisinger und Loacker.)

Besonders hart getroffen hat die Coronakrise Selbstständige. In dieser Gruppe gibt es um gut zwei Drittel weniger Einkommen als vor der Krise, bei den Angestellten ist es knapp die Hälfte. Jeder zehnte Pensionist und jede zehnte Pensionistin spürt die Krise unmittelbar im Geldbörsel. Über 20 Prozent aller österreichischen Haushalte haben nun um bis zu 20 Prozent weniger Einkommen. 1,1 Millionen Menschen wurden bisher zur Kurzarbeit angemeldet. Besonders hart getroffen hat es die Bundesländer, in de­nen der Tourismus eine große Rolle spielt, und besonders betroffen sind auch die Menschen, die in Careberufen arbeiten.

Man kann es nicht oft genug wiederholen: Ohne all die Pflegerinnen, Kassiererinnen, Betreuerinnen, Migrantinnen, ohne all diese Frauen, die im Handel und in den Spitälern rund 70 Prozent der Beschäftigten ausmachen, wären wir in dieser Krise verloren. Es darf keine Debatte mehr darüber geben, auch in diesem Parlament nicht, dass wir ih­nen nicht nur unseren Dank entgegenbringen müssen, sondern dass all das auch fi­nanziell gewürdigt werden muss. (Beifall bei den Grünen.)

Die Armutskonferenz, deren Forderungen der Antrag der SPÖ enthält, legt den Finger zu Recht schon lange in die Wunde. Die Krise – das sehen wir – wirkt wie ein Rönt­gengerät, welches all die Ungleichheiten, die es zuvor schon gab, noch sichtbarer macht. Es zeigt sich gerade jetzt, wer sich in sein Ferienhaus auf dem Land verziehen kann, wer sich neben der Arbeit eine Lösung für die Kinderbetreuung überlegen muss oder wer in den Wald spazieren gehen kann, wenn die Spielplätze geschlossen sind.

Die Krise hat auch – das hören wir bei fast jeder Rede – starke wirtschaftliche Auswir­kungen auf Hotels, Restaurants, Geschäfte, EPUs, KünstlerInnen und vor allem auf je­ne Menschen, die davor schon prekär beschäftigt waren.

Alles in allem: Ja, wir stecken in einer gesundheitlichen Krise, in einer wirtschaftlichen Krise, und die soziale Krise, um die es bei diesem Tagesordnungspunkt geht, steht aufgrund der Coronakrise unmittelbar vor der Tür. Jetzt gilt es ganz sicher, die Sozial­partnerschaft zu stärken, genauso wie die soziale Infrastruktur, aber auch das Ge­sundheitssystem für alle zugänglich zu halten, genauso wie Abfederung für all diese


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unterschiedlichen Gruppen zu schaffen. All das – auch darüber werden wir uns über­parteilich einig sein – geht natürlich nicht ohne den Glauben an eine Solidargesell­schaft, die Armut nicht ausblendet, die die Schwächeren nicht im Stich lässt und die Überzeugung hat, dass jeder Mensch, ungeachtet der sozialen Herkunft, gleich viel wert ist.

Die Menschen – auch das war heute schon Thema – müssen sich darauf verlassen können, dass ihnen die Politik, die wir hier betreiben, Schutz und Sicherheit gewähr­leistet. Ja, es stimmt: Es gibt da zugegebenermaßen noch einiges zu tun. Wir werden diesen Antrag der SPÖ nicht eins zu eins übernehmen, wir Grüne kennen aber die For­derungen der Armutskonferenz, mit der wir selbst seit Jahren gut zusammenarbeiten, selbstverständlich gut und werden sie in die weiteren Verhandlungen einbringen. Es ist gut, dass die Armutskonferenz gerade jetzt dieses Röntgengerät unserer Gesellschaft darstellt und uns nicht vergessen lässt, dass sich Ungleichheit wie ein Virus ausbreiten kann und dass wir da gegensteuern müssen.

Diese Röntgenbilder müssen uns eine Lehre sein und sind natürlich ein politischer Auftrag. Das Ausspielen von armutsgefährdeten Gruppen gegeneinander wäre gerade in dieser Krise ein Armutszeugnis für uns alle hier. Ich darf annehmen, dass wir uns auch darüber alle einig sind und dass Armut in einem der reichsten Länder Europas nichts verloren hat und wir deshalb die Forderungen der Armutskonferenz, die sich in diesem Antrag wiederfinden, nicht nur ernst nehmen, sondern in die Verhandlungen aufnehmen. – Vielen Dank. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

13.55


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Abgeordneter Hammer. – Bitte.


13.55.07

Abgeordneter Mag. Michael Hammer (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Mitglie­der der Bundesregierung! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Geschätzte Damen und Herren! Ich habe es in meinem vorigen Redebeitrag eigentlich schon gesagt: Bei jeder Nationalratssitzung und auch im Ausschuss für Arbeit und Soziales geht es da­rum, treffsicher zu handeln, zu arbeiten und gerade dort, wo Fälle auftauchen, bei de­nen Armutsgefährdung besteht, wo Maßnahmen noch nicht greifen, wo Personengrup­pen noch nicht erfasst sind, entsprechend zielgerichtet nachzuschärfen.

So geht es um mehrfach geringfügig Beschäftigte, vor allem im Kunst- und Kulturbe­reich, es geht um Leute, die fallweise beschäftigt sind. Es sind nicht nur die Kunst- und Kulturschaffenden oder Filmschaffenden, sehr oft sind es auch Reinigungskräfte, deren Bezahlung zum Beispiel über den Dienstleistungsscheck abgerechnet wird. All diese Personen fallen jetzt in diese Fondsregelung hinein, und wir können dieses soziale Netz wieder um einiges dichter knüpfen und gerade in dieser Krisenzeit auch entspre­chend helfen.

Die SPÖ hat einen Antrag eingebracht, einen Sozialfonds mit 100 Millionen Euro zu dotieren. Er ist betreffend die Zielsetzungen den Maßnahmen der Regierung sehr ähn­lich – wir haben das im Ausschuss nicht mehr so eingehend diskutieren können –, und wir werden mit den Maßnahmen, die wir gerade in diesen Bereichen für die Familien setzen, diese geforderten 100 Millionen Euro deutlich überbieten. Wir werden – auch gemeinsam – im Bereich der Notstandshilfe aufbessern, wir werden den Familienhärte­fonds verdoppeln und weitere Maßnahmen setzen. In Summe werden wir damit si­cherlich über diesem Sozialpaket liegen, das Sie vorschlagen. Der Unterschied ist, dass wir das sehr treffsicher und zielgerichtet machen.

Ich glaube, wir sind mit diesen Maßnahmen auf einem sehr, sehr guten Weg, diese können hoffentlich auch zeitnah in Kraft treten und werden nicht von der Opposition im


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Bundesrat et cetera verzögert, damit sie auch entsprechend schnell helfen können. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Grünen. – Zwischenruf des Abg. Kickl.)

13.57


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Meine sehr geehrten Damen und Herren! Die Rednerliste zu diesem Tagesordnungspunkt ist erschöpft, es ist dazu niemand mehr zu Wort gemeldet. Die Debatte ist geschlossen.

Wir kommen nach einer kurzen Pause zur verlegten Abstimmung über die Berichte des Ausschusses für Arbeit und Soziales. Ich unterbreche die Sitzung für wenige Minuten, bis ich ein Signal von den Fraktionen bekomme, dass die Mitglieder des Nationalrates, die sich in den Räumlichkeiten des Coulouirs und vor allem auch des Dachfoyers auf­gehalten haben, hier sind.

*****

(Die Sitzung wird um 13.57 Uhr unterbrochen und um 13.58 Uhr wieder aufge­nommen.)

*****

13.58.57Abstimmung über die Tagesordnungspunkte 1 bis 11

Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Da ich die Rückmeldung bekomme habe, dass die Klubmitglieder allesamt auf ihren Plätzen sind, darf ich zur verlegten Abstimmung über die Berichte des Ausschusses für Arbeit und Soziales, die ich über jeden Tages­ordnungspunkt getrennt vornehme, kommen.

Wir gelangen zur Abstimmung über Tagesordnungspunkt 1: Entwurf betreffend das 9. COVID-19-Gesetz in 120 der Beilagen.

Hiezu liegen ein Zusatz- beziehungsweise Abänderungsantrag der Abgeordneten Schwarz, Schallmeiner, Kolleginnen und Kollegen, ein Zusatz- beziehungsweise Abänderungs­antrag der Abgeordneten Muchitsch, Kolleginnen und Kollegen sowie ein Verlangen auf getrennte Abstimmung des Abgeordneten Stögmüller vor.

Ich werde daher zunächst über die von den erwähnten Zusatz- beziehungsweise Abän­derungsanträgen beziehungsweise dem Verlangen auf getrennte Abstimmung betroffe­nen Teile – der Systematik des Gesetzentwurfes folgend – und schließlich über die restlichen, noch nicht abgestimmten Teile des Gesetzentwurfes abstimmen lassen.

Die Abgeordneten Gabriela Schwarz, Schallmeiner, Kolleginnen und Kollegen haben einen Abänderungsantrag betreffend Art. 1 § 735 Abs. 1 eingebracht.

Wer dafür ist, den bitte ich, ein entsprechendes Zeichen zu setzen. – Dann ist es ein­stimmig - - (Unruhe im Saal.) – Entschuldigung, ich bin so konzentriert auf diesen Teil. – Mehrheitlich angenommen.

Die Abgeordneten Muchitsch, Kolleginnen und Kollegen haben einen Zusatz- bezie­hungsweise Abänderungsantrag betreffend Streichung des letzten Satzes in Absatz 3 sowie Einfügung neuer Absätze 3a, 4b und 4c jeweils in Art. 1 § 735 eingebracht.

Wer dafür ist, den bitte ich um ein Zeichen der Zustimmung. – Das ist die Minderheit und daher abgelehnt.

Wir gelangen sogleich zur Abstimmung über diesen Teil des Gesetzentwurfes in der Fassung des Ausschussberichtes.

Ich bitte jene Damen und Herren, die dem die Zustimmung erteilen, um ein entspre­chendes Zeichen. – Das ist die Mehrheit, angenommen.


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll27. Sitzung, 28. April 2020 / Seite 117

Die Abgeordneten Gabriela Schwarz, Schallmeiner, Kolleginnen und Kollegen haben einen Zusatz- beziehungsweise Abänderungsantrag betreffend Änderung von Art. 1 § 735 Abs. 5 sowie Einfügung neuer Absätze in Art. 1 § 736 und in den Artikeln 2 und 3 eingebracht.

Wer dafür ist, den bitte ich um ein Zeichen der Zustimmung. – Das ist jetzt aber ein­stimmig.

Die Abgeordneten Muchitsch, Kolleginnen und Kollegen haben einen Zusatz- bezie­hungsweise Abänderungsantrag betreffend Art. 4 § 258 eingebracht.

Wer dafür ist, den bitte ich um ein Zeichen der Zustimmung. – Das ist die Minderheit, abgelehnt.

Wir gelangen sogleich zur Abstimmung über diesen Teil des Gesetzentwurfes in der Fassung des Ausschussberichtes.

Ich bitte die Damen und Herren, die dafür sind, um ein Zeichen der Zustimmung. – Das ist die Mehrheit, angenommen.

Wir gelangen zur getrennten Abstimmung über den Abänderungsantrag der Abge­ordneten Gabriela Schwarz, Schallmeiner, Kolleginnen und Kollegen betreffend Art. 4 § 259 Abs. 1.

Wer hiefür ist, den bitte ich um ein Zeichen der Zustimmung. – Das ist abgelehnt.

Wir gelangen sogleich zur Abstimmung über diesen Teil des Gesetzentwurfes in der Fassung des Ausschussberichtes.

Wer dafür ist, den bitte ich um ein Zeichen der Zustimmung. – Das ist mehrheitlich angenommen.

Die Abgeordneten Gabriela Schwarz, Schallmeiner, Kolleginnen und Kollegen haben einen Zusatz- beziehungsweise Abänderungsantrag betreffend Änderung von Art. 4 § 259 Abs. 4 beziehungsweise Einfügung eines neuen Absatzes 5 eingebracht.

Wer dem die Zustimmung erteilt, den bitte ich, das zu tun. – Das ist einstimmig ange­nommen.

Schließlich komme ich zur Abstimmung über die restlichen, noch nicht abgestimmten Teile des Gesetzentwurfes samt Titel und Eingang in der Fassung des Ausschussbe­richtes.

Ich bitte die Damen und Herren, die dafür die Zustimmung erteilen, um ein bejahendes Zeichen. – Das ist mehrheitlich angenommen.

Wir kommen sogleich zur dritten Lesung.

Ich darf jene Damen und Herren, die auch in dritter Lesung dem vorliegenden Gesetz­entwurf die Zustimmung erteilen, um ein diesbezügliches Zeichen bitten. – Das ist mehrheitlich auch in dritter Lesung angenommen.

Wir gelangen nun zur Abstimmung über Tagesordnungspunkt 2: Antrag des Aus­schusses für Arbeit und Soziales, seinen Bericht 121 der Beilagen zur Kenntnis zu nehmen.

Wer dies tut, den bitte ich um ein Zeichen der Zustimmung. – Das ist mehrheitlich angenommen.

Wir gelangen zur Abstimmung über Tagesordnungspunkt 3: Entwurf betreffend 14. COVID-19-Gesetz samt Titel und Eingang in 122 der Beilagen.

Ich ersuche die Damen und Herren, die für diesen Gesetzentwurf sind, um ein Zeichen der Zustimmung. – Das ist einstimmig angenommen.


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll27. Sitzung, 28. April 2020 / Seite 118

Wir kommen sogleich zur dritten Lesung.

Wer auch in dritter Lesung seine Zustimmung gibt, den bitte ich um ein Zeichen. – Das ist auch in dritter Lesung angenommen.

Wir gelangen zur Abstimmung über Tagesordnungspunkt 4: Entwurf betreffend 10. COVID-19-Gesetz samt Titel und Eingang in 123 der Beilagen.

Ich ersuche die Damen und Herren, die für diesen Gesetzentwurf sind, um ein Zeichen der Zustimmung. – Das ist mehrheitlich angenommen.

Wir kommen sogleich zur dritten Lesung.

Wer auch in dritter Lesung dafür ist, den bitte ich um ein Zeichen der Zustimmung. – Auch das ist mehrheitlich angenommen.

Wir gelangen zur Abstimmung über Tagesordnungspunkt 5: Antrag des Ausschusses für Arbeit und Soziales, seinen Bericht 124 der Beilagen zur Kenntnis zu nehmen.

Wer dies tut, den bitte ich um ein Zeichen der Zustimmung. – Das ist mehrheitlich angenommen.

Wir gelangen zur Abstimmung über Tagesordnungspunkt 6: Antrag des Ausschusses für Arbeit und Soziales, seinen Bericht 125 der Beilagen zur Kenntnis zu nehmen.

Wer dies tut, den bitte ich um ein Zeichen der Zustimmung. – Das ist mehrheitlich an­genommen.

Wir gelangen zur Abstimmung über Tagesordnungspunkt 7: Entwurf betreffend 6. COVID-19-Gesetz samt Titel und Eingang in 126 der Beilagen.

Hiezu liegen ein Abänderungsantrag der Abgeordneten Wöginger, Muchitsch, Mag. Ko­za, Kolleginnen und Kollegen und ein Zusatzantrag der Abgeordneten Sieber, Mag. Ko­za, Kolleginnen und Kollegen vor.

Ich werde zunächst über die von den erwähnten Zusatz- beziehungsweise Abände­rungsanträgen betroffenen Teile – der Systematik des Gesetzentwurfes folgend – und schließlich über die restlichen, noch nicht abgestimmten Teile des Gesetzentwurfes ab­stimmen lassen.

Die Abgeordneten Wöginger, Muchitsch, Mag. Koza, Kolleginnen und Kollegen haben einen Abänderungsantrag betreffend Artikel 1 eingebracht.

Wer dafür ist, den bitte ich um ein Zeichen der Zustimmung. – Das ist mehrheitlich an­genommen.

Die Abgeordneten Sieber, Mag. Koza, Kolleginnen und Kollegen haben einen Zusatz­antrag betreffend Einfügung weiterer Ziffern 1 und 2 in Artikel 2 eingebracht.

Wer dem seine Zustimmung erteilt, den bitte ich, das mit einem bejahenden Zeichen zu tun. – Das ist mehrheitlich angenommen.

Schließlich komme ich zur Abstimmung über die restlichen, noch nicht abgestimmten Teile des Gesetzentwurfes samt Titel und Eingang in der Fassung des Ausschuss­berichtes.

Ich bitte die Damen und Herren, die dafür die Zustimmung erteilen, dies zu tun. – Das ist einstimmig angenommen.

Wir kommen sogleich zur dritten Lesung.

Wer das auch in dritter Lesung tut, den bitte ich um ein diesbezügliches Zeichen. – Das ist mehrstimmig auch in dritter Lesung angenommen.

Wir gelangen nunmehr zur Abstimmung über den Entschließungsantrag der Abge­ordneten Kickl, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Österreich-Gutschein“.


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll27. Sitzung, 28. April 2020 / Seite 119

Ich bitte die Damen und Herren, die für den Entschließungsantrag sind, um ein Zeichen der Zustimmung. – Das ist die Minderheit, daher mehrheitlich abgelehnt.

Wir gelangen nun zur Abstimmung über Tagesordnungspunkt 8: Antrag des Aus­schusses für Arbeit und Soziales, seinen Bericht 130 der Beilagen zur Kenntnis zu nehmen.

Wer das tut, den bitte ich um ein Zeichen der Zustimmung. – Das ist mehrheitlich an­genommen.

Wir kommen zur Abstimmung über Tagesordnungspunkt 9: Antrag des Ausschusses für Arbeit und Soziales, seinen Bericht 127 der Beilagen zur Kenntnis zu nehmen.

Wer dies tut, den bitte ich um ein Zeichen der Zustimmung. – Das ist mehrheitlich an­genommen.

Wir gelangen zur Abstimmung über den Entschließungsantrag der Abgeordneten Shetty, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Dringende Schutzmaßnahmen für Kinder und Jugendliche während und nach der Corona-Krise“.

Wer dafür ist, den bitte ich um ein Zeichen der Zustimmung. – Das ist die Minderheit, abgelehnt.

Wir gelangen zur Abstimmung über Tagesordnungspunkt 10: Antrag des Ausschus­ses für Arbeit und Soziales, seinen Bericht 128 der Beilagen zur Kenntnis zu nehmen.

Wer dies tut, den bitte ich um ein Zeichen der Zustimmung. – Das ist mehrheitlich an­genommen.

Wir gelangen zur Abstimmung über Tagesordnungspunkt 11: Entwurf betreffend 17. COVID-19-Gesetz samt Titel und Eingang in 129 der Beilagen.

Hiezu haben die Abgeordneten Großbauer, Mag. Blimlinger, Kolleginnen und Kollegen einen Abänderungsantrag eingebracht.

Ich werde zunächst über den vom erwähnten Abänderungsantrag betroffenen Teil und schließlich über die restlichen, noch nicht abgestimmten Teile des Gesetzentwurfes abstimmen lassen.

Die Abgeordneten Großbauer, Mag. Blimlinger, Kolleginnen und Kollegen haben einen Abänderungsantrag betreffend Änderung des Gesetzestitels eingebracht.

Wer dem seine Zustimmung erteilt, den bitte ich um ein bejahendes Zeichen. – Das ist die Mehrheit, angenommen.

Schließlich komme ich zur Abstimmung über die restlichen, noch nicht abgestimmten Teile des Gesetzentwurfes samt Eingang in der Fassung des Ausschussberichtes.

Ich bitte jene Damen und Herren, die dem die Zustimmung erteilen, das zu tun. – Das ist ebenso mehrheitlich angenommen.

Wir kommen sogleich zur dritten Lesung.

Wer auch in dritter Lesung dem vorliegenden Gesetzentwurf die Zustimmung erteilt, den bitte ich, das mit einem Zeichen zu tun. – Der Gesetzentwurf ist auch in dritter Lesung angenommen.

Ich danke herzlich.

14.09.1312. Punkt

Bericht des Gesundheitsausschusses über den Antrag 485/A der Abgeordneten Gabriela Schwarz, Ralph Schallmeiner, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Sanitätergesetz geändert wird (13. COVID-19-Gesetz) (131 d.B.)


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13. Punkt

Bericht des Gesundheitsausschusses über den Antrag 484/A der Abgeordneten Gabriela Schwarz, Ralph Schallmeiner, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Epidemiegesetz 1950 und das Apothekengesetz ge­ändert werden (16. COVID-19-Gesetz) (132 d.B.)

14. Punkt

Bericht des Gesundheitsausschusses über den Antrag 425/A(E) der Abgeordne­ten Mag. Gerhard Kaniak, Kolleginnen und Kollegen betreffend Obduktion, Do­kumentation und Information zu COVID-19 (134 d.B.)


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Wir gelangen nun zu den Punkten 12 bis 14 der Tagesordnung, über welche die Debatten unter einem durchgeführt werden.

Auf eine mündliche Berichterstattung wurde verzichtet.

Zu Wort gemeldet ist Abgeordneter Klubobmann Leichtfried. Ich bitte ihn ans Pult.


14.10.01

Abgeordneter Mag. Jörg Leichtfried (SPÖ): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Geschätzte Damen und Herren! Sehr geehrte Zuseherinnen und Zuseher! Es hat sich seit der letzten Nationalratssitzung an unserer Situation eigentlich nichts Wesentliches geändert. Die Menschen in Österreich haben immer noch Angst um ihre Gesundheit, Angst davor, arm zu werden, und Angst, ihre persönliche Freiheit zu verlieren.

Wir haben gestern der Neugründung unserer Republik vor 75 Jahren gedacht und da­ran gedacht, was jene motiviert hat, diese Republik zu schaffen. Die Motivation war, ei­nen Verfassungsstaat, einen Rechtsstaat zu bilden, in dem nicht, wie in der Vergan­genheit, das Recht des Stärkeren gilt, sondern die Stärke des Rechts. Diesen Prozess haben viele Staaten in Europa in dieser Zeit hinter sich gebracht.

In der Zeit der Krise merkt man schon Unterschiede darin, wie die einzelnen Staaten agieren. Ja, die Einschränkungen, die es bei uns gegeben hat, waren wahrscheinlich notwendig. Es ist aber schon interessant, wie die Entscheidungsträgerinnen und -trä­ger in unterschiedlichen Ländern mit dieser Situation umgehen. Es gibt die, die es wie Herr Kurz machen: Die haben versucht – und das ist jetzt scheinbar nachweislich ‑, Angst zu erzeugen, um Maßnahmen zu rechtfertigen. Sie können sich noch erinnern: Jeder wird einen Coronatoten kennen!, war die Losung. Sie verkörpern nach außen großes Selbstbewusstsein und wenig Kritikfähigkeit, und jede Kritik, die man übt, gilt gleich als Majestätsbeleidigung. Daraus entspringt eine gewisse Geisteshaltung, auf die ich dann noch zurückkommen möchte.

Es gibt aber auch andere: Die Situation ist eine „demokratische Zumutung“ und fordert Kritik geradezu heraus. – Geschätzte Damen und Herren, so geht Staatsfrau! (Beifall bei der SPÖ.)

Ich frage mich, Kolleginnen und Kollegen der Regierungsfraktionen: Warum geht ihr, warum gehen Sie mit Kritik so autoritär patschert um, wie das bis jetzt geschehen ist? (Zwischenrufe bei der ÖVP.) – Ich glaube, der Grund ist ein relativ einfacher: Sie ha­ben am Anfang gesagt, Sie fahren auf Sicht. Inzwischen fahren Sie nicht mehr auf Sicht, sondern auf halbe Sicht, und das wahrscheinlich in die falsche Richtung, und da ist Kritik natürlich etwas, das wehtut.

Dazu kommt diese Geisteshaltung, die sich jetzt auch im Handeln ausdrückt und die mir wirklich Sorge macht. Sorge macht mir, wenn der Bundeskanzler beispielsweise sagt: Die Verfassung ist für mich nur eine unnötige - - (Abg. Matznetter: Spitzfindig-


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll27. Sitzung, 28. April 2020 / Seite 121

keit!) – Spitzfindigkeit. Daraus ergibt sich dann auch, dass Gesetzentwürfe plötzlich auf eine Art und Weise vorgelegt werden, die meines Erachtens verfassungswidrig und rechtsstaatswidrig sind. Das Epidemiegesetz, wie Sie es vorgeschlagen haben, hat alle Aspekte von Verfassungswidrigkeit und Rechtsstaatswidrigkeit in sich getragen, und dieses Gesetz wollten Sie durch den Ausschuss peitschen, durch das Parlament peit­schen und durch den Bundesrat peitschen! So geht verantwortungsvolle Gesetzge­bung nicht, geschätzte Damen und Herren! Das ist nicht, wie man mit Grundrechten umgeht! Nein, so tut man das nicht! (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der NEOS.)

Was ist heute passiert, nachdem wir kritisiert haben, dass dieses Gesetz verfassungs­widrig ist, nachdem wir gesagt haben: Bitte schön, machen wir wenigstens eine Be­gutachtung!? – Heute ist schon die vierte Version von Änderungsvorschlägen gekom­men. Ja, wenn das nicht für schlechtes Gewissen und schlechte Gesetze spricht, ge­schätzte Damen und Herren, was dann? Eine Gesetzgebung (Zwischenrufe bei der ÖVP), die die Freiheiten einschränkt und die Menschen beschränkt ist keine Gesetzge­bung, wie wir sie uns vorstellen! Das gehört sorgfältig gemacht und das gehört auch ordentlich gemacht! Für etwas anderes stehen wir nicht zur Verfügung! (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der NEOS.)

Ich sage Ihnen eines: Die Menschen in Österreich waren tapfer, waren geduldig, haben alles gemacht, was der Regierung notwendig erschien. Wenn Sie jetzt aber anfangen, willkürlich die Freiheit einzuschränken, dann werden Sie unseren Widerstand spüren, und den werden Sie gewaltig spüren, geschätzte Damen und Herren! (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der NEOS. – Ruf: Bauerntheater!)

14.14


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Abgeordneter Schallmei­ner. – Bitte.


14.14.54

Abgeordneter Ralph Schallmeiner (Grüne): Sehr geehrter Herr Präsident! Hohes Haus! Sehr geehrte Damen und Herren zu Hause vor den Bildschirmen! Herr Kollege Leichtfried, danke für die Ankündigung des großen Widerstandes. (Abg. Leichtfried: Gerne!) – Das war so eigentlich nicht notwendig, weil die Dinge in den letzten Tagen dann doch ein bisschen anders waren, als Sie das jetzt gerade dargestellt haben; aber alles schön der Reihe nach.

Seit Wochen sitzen wir alle mehr oder minder isoliert zu Hause. Meine Kinder haben ihre Großeltern schon seit Wochen nicht mehr persönlich gesehen. Wir haben alle grö­ßeren Zusammenkünfte abgesagt, wir haben alle Konzerte abgesagt, die Kinos sind geschlossen, wir haben Theaterbesuche abgesagt.

Wir haben das alles gemacht, um diese Krise zu bekämpfen, um die Ausbreitung des Virus zu verhindern, zu hemmen. Es ist nicht die Normalität, von der wir sprechen. Das, was wir momentan erleben, ist keine Normalität, und wir wollen diese Art Nor­malität auch nicht. Wir wollen wieder zurück in eine Normalität, wie wir sie vor dem Lockdown kannten und wie wir sie geschätzt haben. Das ist das Ziel, weswegen wir in den letzten Wochen all das gemacht haben, und jetzt geht es darum, wie wir aus die­ser Situation herauskommen.

Wie kommen wir heraus aus dem Lockdown? Wie kommen wir hin in Richtung dieser Normalität, von der wir ja alle sprechen? – Eine Möglichkeit – oder eigentlich die zen­trale Möglichkeit dafür – ist, dass wir uns selber Messinstrumente in die Hand geben, dass wir uns anschauen, wie wir mit dieser Pandemie momentan umgehen: Wir brau­chen Daten, um zu wissen, wie sich die Pandemie ausbreitet, wie diese in der Bevöl­kerung verbreitet ist. Wir brauchen Daten nach Alter, nach Regionen, nach Beschäfti-


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll27. Sitzung, 28. April 2020 / Seite 122

gung. Wir müssen noch besser herausfinden, wo sich das Virus leichter verbreitet und wo die Verbreitungsherde sind. – Das ist so.

Das ist übrigens nicht etwas, was ich mir jetzt gerade ausgedacht habe, sondern das ist das, wovon wir schon seit Wochen reden, das nennt sich nämlich Containmentstra­tegie. Es geht darum, dass wir mit einem Screening genau diese Daten jetzt herbei­schaffen, um dementsprechend Maßnahmen zu ergreifen und zu schauen, ob all unse­re Maßnahmen in der Zukunft greifen werden.

Diese Containmentstrategie bildet wie gesagt den Weg aus der aktuellen Situation. Es geht darum, dass wir diese Situation schnellstmöglich verlassen, das heißt, wir brau­chen diese Containmentstrategie beziehungsweise dieses Screening schnellstmöglich, um in die Normalität, von der ich gerade gesprochen habe, zurückzukehren. Das ist der eine Teil des Epidemiegesetzes, den wir hier heute besprechen. Der andere Teil, auf den sich Kollege Leichtfried vorhin wahrscheinlich bezogen hat, betrifft den § 15, also die Frage der Veranstaltungen und wie wir in Zukunft mit solchen umgehen wol­len. Aktuell ist es nämlich so, dass man entweder eine Veranstaltung erlaubt oder ab­sagt. In Zukunft soll es unter gewissen Umständen wieder möglich sein, welche abzu­halten.

Und ja, es stimmt: Da gab es Kritik, und diese Kritik war aus unserer Sicht durchaus berechtigt. Dementsprechend haben wir auch reagiert, und zwar im Gespräch mit den Kolleginnen und Kollegen vor allem von der SPÖ, in dem wir versucht haben, deren konstruktive Vorschläge in unseren Abänderungsantrag einzubauen, den ich hiermit einbringen möchte und der verteilt wird:

Abänderungsantrag

der Abgeordneten Gabriela Schwarz, Ralph Schallmeiner, Kolleginnen und Kollegen betreffend „den Ausschussbericht 132 d.B. über den Antrag 484/A betreffend ein Bun­desgesetz, mit dem das Epidemiegesetz 1950 und das Apothekengesetz geändert werden (16. COVID-19-Gesetz)“

Im Großen und Ganzen geht es in diesem Abänderungsantrag darum, dass wir der Kri­tik Rechnung tragen, dass wir das Ganze konkretisieren, dass wir dezidiert hinein­schreiben, dass das Verwenden einer App nicht Voraussetzung ist, dass wir ganz klar festlegen, welche Auflagen es gibt, um in Zukunft wieder Veranstaltungen durchführen zu können.

*****

Das ist ein Beitrag dazu, dass wir in Richtung Normalität kommen. Das ist ein Beitrag dazu, dass wir aus diesem Lockdown herauskommen.

Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Ich würde mich freuen, wenn wir Zustimmung zu dieser Abänderung und zu unserem Antrag auf Änderung des Epidemiegesetzes bekommen, denn das wäre ein wichtiger Schritt in Richtung Normalität. (Beifall bei Grü­nen und ÖVP.)

14.19

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:

Abänderungsantrag

der Abgeordneten Gabriela Schwarz, Ralph Schallmeiner

Kolleginnen und Kollegen,


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll27. Sitzung, 28. April 2020 / Seite 123

betreffend den Ausschussbericht 132 d.B. über den Antrag 484/A betreffend ein Bun­desgesetz, mit dem das Epidemiegesetz 1950 und das Apothekengesetz geändert werden (16. COVID-19-Gesetz)

Der Nationalrat wolle in zweiter Lesung beschließen:

Der eingangs genannte Gesetzesantrag 484/A betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Epidemiegesetz 1950 und das Apothekengesetz geändert werden (16. COVID-19-Gesetz) in der Fassung des Ausschussberichts 132 d.B., wird wie folgt geändert:

1. In Art 1 Z 4 wird in § 5a Abs. 2 Z 1 und § 5b Abs. 3 Z 1 jeweils das Wort „Geburtsjahr“ durch das Wort „Geburtsdatum“ ersetzt.

2. In Art 1 lautet Z 6:

„6. § 15 lautet:

,§ 15. (1) Sofern und solange dies im Hinblick auf Art und Umfang des Auftretens einer meldepflichtigen Erkrankung zum Schutz vor deren Weiterverbreitung unbedingt erfor­derlich ist, sind Veranstaltungen, die ein Zusammenströmen größerer Menschenmen­gen mit sich bringen,

1. zu untersagen, oder

2. an die Einhaltung bestimmter Voraussetzungen oder Auflagen zu binden, oder

3. ist deren Abhaltung auf bestimmte Personen- oder Berufsgruppen einzuschränken.

(2) Voraussetzungen oder Auflagen gemäß Abs. 1 können je nach epidemiologischen Erfordernissen insbesondere sein:

1. Vorgaben zu Abstandsregeln,

2. Verpflichtungen zum Tragen einer mechanischen Mund-Nasen-Schutzvorrichtung,

3. Beschränkung der Teilnehmerzahl,

4. Anforderungen an das Vorhandensein und die Nutzung von Sanitäreinrichtungen sowie Desinfektionsmitteln.

(3) Voraussetzungen oder Auflagen im Sinne des Abs. 1 dürfen nicht die Verwendung von Contact -Tracing-Technologien umfassen.

(4) Beschränkungen auf Personen- oder Berufsgruppen gemäß Abs. 1 Z 3 dürfen nicht auf Geschlecht, ethnische Zugehörigkeit, Alter, Religion, Weltanschauung, sexuelle Orientierung oder auf das Bestehen einer Zuordnung zur COVID-19-Risikogruppe nach § 735 Abs. 1 ASVG abstellen.‘“

Begründung

Zu 1. Art 1 Z 4 (§§ 5a Abs. 2 Z 1 und 5b Abs. 3 Z 1):

Das genaue Geburtsdatum ist für die Erstellung eines bereichsspezifischen Personen­kennzeichens notwendig.

Zu 2. Art 1 Z 6 (§ 15):

Im Sinne der besseren Gestaltung und Übersichtlichkeit wird nunmehr in Ziffern geglie­dert, dass Veranstaltungen, die ein Zusammenströmen größerer Menschenmengen mit sich bringen, untersagt (Z 1), an die Einhaltung bestimmter Voraussetzungen oder Auf­lagen gebunden (Z 2) oder deren Abhaltung auf bestimmte Personen- oder Berufs­gruppen eingeschränkt (Z 3) werden können. Es kann dadurch auf die Weiterverbrei­tung einer übertragbaren Krankheit situationsbezogener und dynamischer reagiert wer­den.


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll27. Sitzung, 28. April 2020 / Seite 124

Es soll nunmehr in Abs. 2 klargestellt werden, welche Voraussetzungen oder Auflagen nach § 15 Epidemiegesetz 1950 angedacht werden können.

Als konkrete Kriterien im Sinne des nunmehrigen § 15 Abs. 1 Z 3 kommen beispiels­weise die Beschränkung auf Mitglieder einer veranstaltenden Einrichtung, bestimmte Berufsgruppen wie etwa Spitzensportler usw. in Betracht.

*****


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Der Antrag ist ordnungsgemäß eingebracht, aus­reichend unterstützt und steht somit mit in Verhandlung.

Zu Wort gemeldet ist Abgeordneter Kaniak. – Bitte.


14.19.19

Abgeordneter Mag. Gerhard Kaniak (FPÖ): Herr Präsident! Sehr geehrte Regie­rungsmitglieder! Liebe Kollegen Abgeordnete! Bevor ich in die Debatte einsteige, möchte ich die Gelegenheit nutzen, um einen speziellen Gruß auszurichten. Meine äl­teste Tochter hat heute ihren zehnten Geburtstag.

Liebe Ella! Ich wünsche dir zu deinem besonderen Tag alles Gute. Es tut mir sehr leid, dass ich heute nicht mit dir feiern kann. Du bist wirklich ein großartiges Mädchen und eine ganz tolle große Schwester. Ich wünsche dir, dass du so bleibst, wie du bist. (All­gemeiner Beifall.)

Jetzt aber zurück zur Debatte. Es ist gerade sechs Tage her, dass ich hier gestanden bin und über die Politik der Angst der Bundesregierung gesprochen habe. Ich habe gesagt, dass Angst in der Politik ein schlechter Ratgeber ist und dass ich mir eine faktenbasierte Politik wünsche.

Nun, was ist in den vergangenen sechs Tagen passiert? – Wir wissen inzwischen, dass es ein ganz klares Leitbild der Bundesregierung und vor allem von Bundeskanzler Kurz – der heute leider nicht da ist – war, eine Politik der Angst zu instrumentalisieren und die Menschen in Österreich zu Maßnahmen zu zwingen, die ohne rechtliche Basis waren.

Ich möchte das Wort gar nicht unbedingt verwenden: Fakelaws wird es in den Medien genannt; das heißt, es wurden Maßnahmen und Einschränkungen in den vergangenen Wochen von der österreichischen Bevölkerung verlangt, die keine rechtliche Basis hatten. Der Herr Gesundheitsminister hat das teilweise, was das Versammlungsverbot in den privaten Räumlichkeiten anbelangt, ja auch schon klargestellt, dass das eine falsch kommunizierte Einschränkung der persönlichen Freiheiten war. Ich erwarte mir auch auf anderen Ebenen, dass es diese Klarstellungen geben wird.

Was habe ich gesagt? – Das Gegenteil einer Politik der Angst ist eine Politik der Auf­klärung und der Information, die ich mir wünschen würde. Am Freitag hatten wir eine Sitzung des Gesundheitsausschusses, in der wir mehrere Anträge eingebracht haben, die auch etwas Licht ins Dunkel hätten bringen sollen.

Wir haben einen Antrag betreffend Aufklärung der Causa Ischgl eingebracht, zu dem paradoxerweise von einem Ausschussmitglied der Grünen ein Antrag gestellt wurde, diesen zu vertagen, also er wurde mit Regierungsmehrheit vertagt.

Wir haben einen Antrag betreffend konsistente Teststrategie eingebracht, um tatsäch­lich endlich valide Daten für unsere politischen Entscheidungen zu haben. Sie, Herr Bundesminister, haben schon vor über drei Wochen angekündigt, dass es flächende­ckende Screenings und Ende des Monats die Antikörpertests geben wird. Im Aus­schuss ist uns dann wieder erzählt worden, Antikörpertests seien nicht verfügbar, ob-


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wohl gleichzeitig in Tirol erste Testungen mit Antikörpertests durchgeführt werden. Die vor drei Wochen angekündigten wöchentlichen Screeninguntersuchungen, um eine Datenbasis zu haben, haben bislang noch nicht stattgefunden. Dabei wissen wir beide, dass diese als solide Datenbasis dringend notwendig wären, um die richtigen Entschei­dungen zu treffen.

Ich möchte aber auch nicht den Vorwurf auf mir sitzen lassen, dass wir nur fordern und das Ganze faktenbefreit ist, deshalb habe ich eine schöne Tafel mitgebracht. (Der Red­ner stellt eine Tafel auf das Rednerpult, auf der zwei Verlaufskurven zu sehen sind.) – Ich weiß, sie ist leider sehr klein, aber ich werde sie Ihnen erläutern, und vielleicht kann die Kamera das auch größer einfangen.

Das sind die europäischen Sterblichkeitszahlen. Ich glaube, härtere Fakten als die ab­soluten Sterblichkeitszahlen gibt es in der Medizin nicht. Sie gehen bis zur Kalender­woche 16 im heurigen Jahr. Die obere Grafik zeigt Österreich, die untere Grafik zeigt Schweden an. Wie man an der oberen Grafik erkennen kann, am Ende haben wir mitt­lerweile in Kalenderwoche 16 eine unterdurchschnittliche Sterblichkeit von 11 Prozent. Meine sehr geehrten Damen und Herren, wenn das kein Beweis dafür ist, dass die Maßnahmen überschießend waren (Ruf bei der ÖVP: Na du bist ein Rechner! – wei­tere Zwischenrufe bei ÖVP und SPÖ), nämlich über das Normale hinausgehend wa­ren, dann weiß ich nicht, auf welche Daten und Fakten Sie sich berufen wollen.

Wenn man zum Vergleich jetzt die untere Grafik nimmt, die schwedische Statistik hernimmt, dann sieht man hier natürlich einen traurigen Anstieg der Sterblichkeit, das gilt es nicht zu verleugnen, ungefähr 11 Prozent. Aber, meine sehr geehrten Damen und Herren, exakt dieselbe Steigerung von 11 Prozent über dem Durchschnitt hatten wir in Österreich 2017 im Rahmen der Grippewelle. Das ist also ein Zustand, der nicht so weit aus der Normalität und nicht so weit in der Vergangenheit liegt, dass man das als absurd oder abnormal bezeichnen könnte.

Einen großen Unterschied gibt es: In Schweden gibt es 70 000 Arbeitslose, nicht knapp 700 000 Arbeitslose, in Schweden haben die Schulen und die Kindergärten geöffnet gehabt und wurde die Bildung der Kinder nicht eingeschränkt. (Abg. Höfinger: Das ist ja unglaublich! Peinlich für einen Apotheker!) Ich glaube, das sind Fakten, bei denen man durchaus diskutieren kann, ob die Maßnahmen, die am Anfang unausweichlich erschienen sind (weitere Zwischenrufe des Abg. Höfinger), nicht schon längst hätten gelockert werden müssen.

Bringen wir das jetzt in einen zeitlichen Kontext: Vor gut zwei Wochen, als wir gefordert haben, dass die Maßnahmen gelockert werden, hat man aus diesen Daten und selbst aus den Sterblichkeitszahlen heraus schon ablesen können, dass die Welle deutlich am Abflachen ist. Es gab durch die am Anfang getroffenen Maßnahmen niemals die Gefahr, dass unser Gesundheitssystem überlastet wird. Umso unbegreiflicher, dass Anträge zur Normalisierung, zur Beendigung des Lockdowns im Gesundheitswesen (Abg. Höfinger: Peinlich! Dass du dich für so etwas hergibst! Unglaublich!) im Gesund­heitsausschuss wieder abgelehnt worden sind.

Ich kann Ihnen nur eines sagen: Wir werden nicht verhindern können, dass Menschen sterben. Jeder Mensch muss irgendwann sterben. Wenn wir aber glauben, dass wir durch die Einschränkung der persönlichen Freiheit, durch die Bevormundung durch den Staat das Sterben der Menschen absolut verhindern können, dann werden wir Schiffbruch erleiden. Das werden wir nicht schaffen.

Deshalb möchte ich abschließend auch noch frei nach Benjamin Franklin anmerken: Wer bereit ist, wesentliche Grundrechte aufzugeben, nur um ein bisschen Sicherheit zu gewinnen, der hat weder das eine noch das andere verdient und wird am Ende beides verlieren. (Beifall bei der FPÖ. – Zwischenruf der Abg. Gabriela Schwarz.)

14.25



Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll27. Sitzung, 28. April 2020 / Seite 126

Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gelangt Frau Abgeordnete Diesner-Wais. – Bitte.


14.25.11

Abgeordnete Martina Diesner-Wais (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Bun­desminister! Meine Damen und Herren im Nationalrat! Der Nationalrat bewältigt heute wieder die nächste Etappe eines Marathons in der Coronakrise. Als Marathonläuferin kann ich Ihnen sagen, wir liegen im guten Läuferfeld vorne.

Warum ist das so? – Das ist so, weil der Herr Bundeskanzler mit der Bundesregierung fachlich und zeitlich die richtige Entscheidung getroffen hat und sich die Menschen, die Bevölkerung, an die Einschränkungen gehalten haben. Das war gut.

Herr Kollege Kaniak, ich möchte Ihnen sagen, bei uns gilt: Jedes Menschenleben ist wertvoll und jedes zu erhalten ist wichtig. (Beifall bei ÖVP und Grünen. – Zwischenruf des Abg. Martin Graf.)

Ich finde es wirklich schade, dass jetzt, da sich die Lage entspannt, die Opposition al­les schlechtreden will. Herr Kollege Leichtfried, wenn es Änderungen gibt, bezeugt dies, dass man zusammenarbeitet und auch Argumente anderer aufnimmt. Daher ist der Weg in diese Richtung gut.

Meine Damen und Herren, wir kommen jetzt in die zweite Phase. Die Leute haben es schon herbeigesehnt, dass es wieder Öffnungen gibt. Das heißt aber nicht, dass der Virus deswegen weniger gefährlich oder weniger ansteckend ist. Deshalb bedarf es natürlich Begleitmaßnahmen, die wir heute auch setzen. Als Beispiel möchte ich ein Gesetz heranziehen, das Sanitätergesetz, dessen Abänderung wichtig ist, denn da­durch können Blutabnahmen zur Bestimmung von Antikörpern nun auch von Sanitä­tern gemacht werden, und das bis 31. März 2021. Das ist sinnvoll und begrüßenswert, denn die Sanitäter und Sanitäterinnen leisten fachlich eine gute Arbeit und sind kompe­tente Menschen. Der Entwurf ist auch gleich für ein Nachfolgegesetz möglich.

Wir haben auch die Änderung im Epidemiegesetz, die ja sehr stark kritisiert worden ist, bei der es um befristete Rahmenbedingungen (Abg. Belakowitsch: Was ist befris­tet?) – mein Kollege hat es schon angeführt – bezüglich eines Coronascreeningpro­grammes geht.

Damit wird eine nötige Datenbasis geschaffen, um laufend die Maßnahmen überprüfen zu können, die sich speziell auf Einrichtungen, Berufsgruppen und Regionen beziehen. Die Teilnahme hierzu ist natürlich freiwillig und wird nur bis 2021 gespeichert.

Was auch wichtig ist: Der Forschung werden jetzt Daten gegeben. (Abg. Loacker: Das stimmt ja gar nicht! Was reden Sie? Das stimmt ja nicht!)

Die Gesundheit Österreich GmbH kann dem Register anonymisierte Daten entnehmen. Hier gab es ja schon die Kritik, dass die Forschung zu wenige Daten bekommt.

Ein weiterer Punkt: Während der Pandemie können auch Veranstaltungen mit beson­deren Auflagen abgehalten werden. Ohne diese Abänderung gäbe es nur eine Unter­sagung der Veranstaltung. So kann man eben Veranstaltungen mit gewissen Auflagen ermöglichen, zum Beispiel die Abhaltung von Kundgebungen nur mit einer Abstandsre­gelung und einer Maskenpflicht, oder auch mögliche Begrenzungen auf Personengrup­pen beispielsweise bei Sportveranstaltungen, bei denen zum Beispiel nur Spieler zuge­lassen sind, keine Zuschauer. Auf diese Weise – und das ist auch im Abänderungsan­trag genau geregelt – geht es nicht darum, dass man eine App oder etwas anderes verpflichtend hat oder Risikogruppen ausschließt – das steht genau drinnen –, sondern nur darum, dass man eben Versammlungen überhaupt ermöglicht. (Zwischenruf der Abg. Belakowitsch.)


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Das ist ein vermehrtes Maß an Sicherheit. Hier wird individuell, rasch und unbürokra­tisch gehandelt, dadurch können wir Maßnahmen lockern, sodass wir wieder zu einem normalen Leben kommen können. Das machen wir in Verantwortung für die Menschen und für unser Land. (Beifall bei der ÖVP.)

14.29


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Loacker. – Bitte.


14.29.43

Abgeordneter Mag. Gerald Loacker (NEOS): Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Bundesminister! Hohes Haus! Viel hat nicht gestimmt von dem, was Sie da vorgelesen haben, Kollegin Diesner-Wais. Ich komme noch zu den Details.

Gearbeitet wird halt mit Verdunkelung, mit Schattierungen und mit Ungewissheit. Es wird jeder bald einen Coronatoten kennen, hat Sebastian Kurz gesagt. Heute ist es so, dass jeder einen kennt, der entweder seinen Job verloren hat, in Kurzarbeit ist oder im Unternehmen vor dem Ruin seiner Existenz steht. (Beifall bei den NEOS.)

Um aber die Angst aufrechtzuerhalten, müssen wir jetzt dringend das Epidemiegesetz ändern – ganz dringend, ohne Begutachtung –, und bei der Gelegenheit werden die Kompetenzen für die Behörden ausgeweitet, wenn es darum geht, Veranstaltungen zu untersagen. Nach derzeitiger Rechtslage muss die Behörde Veranstaltungen dann un­tersagen, wenn sie zu einem „Zusammenströmen größerer Menschenmengen“ – grö­ßerer Menschenmengen! – führen und das die Epidemieentwicklung negativ beein­flussen würde. Jetzt wird auf einmal eingeführt, welche Bedingungen die Behörde da noch setzen kann, damit die Veranstaltung nicht untersagt wird.

Es stimmt natürlich nicht, wenn Sie sagen, es können keine Kundgebungen stattfinden. Natürlich können auch heute, nach der alten Rechtslage, Kundgebungen stattfinden. Es ist einfach nicht wahr.

Es wurde auch argumentiert, wenn wir das Gesetz nicht ändern, können keine Fußball­spiele ohne Zuschauer stattfinden. – Das ist nicht wahr, das ist schlicht nicht wahr! Wenn ein Geisterspiel stattfindet – es heißt ja nicht zufällig Geisterspiel, wenn keine Zuschauer da sind –, dann ist das kein Zusammenströmen größerer Menschenmengen (Zwischenruf des Abg. Vogl) und muss daher auch nach dem bestehenden Gesetz nicht untersagt werden. Das ist ein vorgeschobenes Argument.

Nun halte ich Ihnen zugute, Herr Minister, dass Sie sich die Argumente der Gegner, der SPÖ, der FPÖ und von uns, angehört haben und dass ihr Haus darauf reagiert und einen Abänderungsantrag – mit zwei Korrekturen, aber doch – vorgelegt hat. Das halte ich Ihnen zugute, es ändert aber nichts an dem Misstrauen angesichts der Tatsache, dass ein Gesetz, das gar nicht geändert werden müsste, jetzt hau ruck, in der Sekunde geändert wird, und jeder, der das Gesetz kennt, sich fragt: Wozu eigentlich? Wozu sollen jetzt Personengruppen eingeschränkt werden? Wozu sollen Auflagen erteilt wer­den? – Das ist gar nicht nötig. Wenn einer ein Fußballspiel ohne Zuschauer abhalten will, dann geht das schon jetzt, ohne dass Sie dieses Gesetz ändern. Es hat mir bis jetzt niemand plausibel erklären können, weder Sie noch die Klubobfrau Maurer, wa­rum es diese Änderung braucht.

Frau Diesner-Wais hat in ihrem Fantasiereferat erklärt, dass jetzt die Wissenschaft auf die Daten, die nach dem Epidemiegesetz erhoben werden, zugreifen könne. – Es ist nicht wahr! Die Ages und die Gög können darauf zugreifen, aber die MedUni Wien oder die Med Uni Graz können nicht darauf zugreifen, um diese Daten zu beforschen – und das hätte natürlich gemacht gehört.

Sie müssen sich einmal anschauen, was rund um das Sars-Cov-2-Virus international publiziert wird! Dazu gibt es Studien aus allen möglichen Ländern. Aus Österreich


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kommt nichts, weil es keine Daten gibt, die man sinnvoll beforschen könnte. Da hat das Ministerium komplett geschlafen. Wir haben viele Pressekonferenzen gehabt, wir schreiben Briefe an die Versicherten, aber für die Forschung hat man gar nichts getan. (Beifall bei den NEOS und bei Abgeordneten der FPÖ.)

Diese Regierung will die Bevölkerung bevormunden wie ein Papa ein zweijähriges Kind. Das zweijährige Kind hat den Vorteil, dass es irgendwann erwachsen wird, aber diese Dinge, die Sie hier beschließen, bleiben picken. Sie haben nämlich in Ihrem Fan­tasiereferat auch behauptet (Abg. Salzmann: Das ist eine Abwertung!), dieses Gesetz wäre befristet. – Das ist nicht wahr! Wenn wir jetzt mit diesem Covid-Gesetz das Epi­demiegesetz ändern, übernehmen wir das ins Dauerrecht. Das müssen Sie ehrlich sa­gen, und das haben Sie nicht ehrlich gesagt!

Im Vergleich dazu eine Kleinigkeit ist der neue Absatz 6, der § 32 angehängt wird, wo­nach nämlich der Minister künftig die Ersätze, die ein Unternehmen nach dem Epide­miegesetz bekommt, per Verordnung regelt. Es gehe um eine bundeseinheitliche Voll­ziehung, wurde uns erklärt. – Das ist nicht ganz plausibel, finde ich, denn die Lohn­steuer und die Einkommensteuer werden auch bundeseinheitlich vollzogen, ohne dass da eine Verordnungsermächtigung dahintersteht. Man kann also auch Richtlinien er­lassen, man kann Erlässe herausgeben (Zwischenruf des Abg. Matznetter), wenn man das Gefühl hat, dass da einer aus der Reihe tanzt, aber wir sollen der Regierung jetzt eine Verordnungsermächtigung erteilen. Dadurch würden wir der Regierung, die mit Verordnungsermächtigungen schon viele Dinge gemacht hat, die sie nicht hätte ma­chen sollen, jetzt noch einmal einen großen Spielraum einräumen. Dieses Risiko ein­zugehen ist meine Fraktion nicht bereit.

Mit diesem Gesetz würden wir wieder Dinge ermöglichen, die dann vielleicht zurückge­nommen werden müssen, auf der Homepage neu erklärt werden müssen oder die viel­leicht wieder verfassungswidrig sind, sodass dieses Gesetz in ein paar Jahren viel­leicht wieder aufgehoben würde – oder auch nicht. (Beifall bei den NEOS und bei Ab­geordneten der SPÖ.)

14.34


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Smol­le. – Bitte.


14.35.07

Abgeordneter Dr. Josef Smolle (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Bundesminister! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Meine sehr geehrten Da­men und Herren! Wir haben die erste akute Phase dieser Pandemie in Österreich sehr, sehr gut überstanden. Alles, was jetzt weiter geschieht, muss das Ziel haben, dass wir gesundheitlich auch auf der sicheren Seite bleiben. Würden wir von diesem Pfad ab­weichen, hätten wir nicht nur ein großes gesundheitliches und humanitäres Problem, sondern das wäre auch ein noch größeres Problem für unsere Wirtschaft. Alle Maß­nahmen, die wir jetzt setzen, diese achtsame, schrittweise Lockerung, haben genau dieses Ziel im Auge.

Zum Epidemiegesetz und den damit im Zusammenhang stehenden Anträgen: Natürlich brauchen wir eine sehr, sehr gute Datenlage. Ich möchte darauf hinweisen, dass eine exakte Dokumentation der Krankengeschichte in Österreich gesetzlicher Auftrag für alle Ärztinnen und Ärzte und alle Pflegepersonen ist. Diese Daten gibt es.

Beispiel: Die Med Uni Graz hat vergangenen Freitag die Aufgabe bekommen, eine exakteste Aufarbeitung aller Sterbefälle im Zusammenhang mit Covid-19 in der Steier­mark durchzuführen – eine ganz wesentliche wissenschaftliche Studie.

Weiters wurde das Anliegen vorgebracht, dass alle Covid-19-Verdachtsfälle, die ver­sterben, obduziert werden sollen. Anmerkung dazu: Wir haben in Österreich ein sehr


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gut ausformuliertes, sehr weit gefasstes Gesetz, das die Obduktionen regelt. Eine Zwangsobduktion wird es mit uns nicht geben. Das sage ich als jemand, der sich durchaus als sehr wissenschaftsaffin versteht.

Zu § 15 betreffend Menschenversammlungen: Derzeit gibt es nur zwei Möglichkeiten: Ja zu sagen oder Nein – Epidemie – zu sagen. Nun wird ein Schritt der achtsamen Lo­ckerung gemacht. Ein Ja ist unter gewissen Auflagen möglich. Die Sorgen, die artiku­liert worden sind, sind durch den Abänderungsantrag, glaube ich, im Wesentlichen und Berechtigten gut ausgeräumt worden.

Die Novelle zum Epidemiegesetz enthält auch einen Bereich, der Screenings betrifft. Screening-Programme, die in Abstimmung mit dem Gesundheitsministerium erfolgen – sind sie innerhalb eines Landes, können sie auch vom Landeshauptmann ausgehen –, werden eine wesentliche Datengrundlage für die Zukunft schaffen. Antikörpertests sind in Entwicklung; derzeit laufen in Österreich bereits zwei Studien zur Validierung der Aussagekraft der Antikörpertests. Auch hier sind wir auf einem guten Weg.

Weiters gibt es auch noch einen Bereich, der darauf abzielt, dass man möglichst rasch, effizient individuelle Isolierungsmaßnahmen setzen kann, wenn jemand positiv getestet wird. In diesem Zusammenhang möchte ich auf Folgendes hinweisen: Je besser, je ge­zielter man auf Einzelpersonen und deren gesundheitlichen Zustand reagieren kann, umso weniger Einschränkungen braucht es à la longue für die Allgemeinheit. Auch das ist daher ein ganz, ganz wesentlicher Schritt.

Es gibt noch einige andere Bereiche, vor allem redaktionelle, juridische, terminologi­sche Nachziehungen im Zusammenhang mit dem Wehrgesetz, aber auch Änderungen im Apothekengesetz. Ich glaube, die sind soweit unstrittig.

Ich möchte zum Abschluss auf eines hinweisen: Wir sind als Land nie vor der Alter­native gestanden, entweder die gesundheitliche Katastrophe abzuwenden oder die Wirtschaft florieren zu lassen. Schaut man sich nämlich um in Europa, so gibt es nur zwei Arten von Ländern: einige Länder, wie Österreich und Deutschland, die die Ge­sundheitskatastrophe abwenden konnten und nun vor einer wirtschaftlichen Herausfor­derung stehen, die wir meistern werden, und andere Länder, die eine humanitäre und gesundheitliche Katastrophe haben und vor mindestens ebenso großen wirtschaftli­chen Herausforderungen wie wir stehen. – Seien wir froh, dass das in unserem Land dank konsequenter Politik und einer außerordentlich vernünftigen Bevölkerung so ge­laufen ist! Dafür möchte ich Ihnen allen ein ganz, ganz herzliches Danke sagen! (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der SPÖ.)

14.39


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Ku­cher. – Bitte.


14.39.48

Abgeordneter Philip Kucher (SPÖ): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Herr Prä­sident, ich hoffe, Sie kennen sich noch aus – ich tue mich heute ein bisschen schwer. Es geht ja nur um Grund- und Freiheitsrechte, sozusagen um Dinge, die vielleicht ver­fassungswidrig sind, aber es ist gar nicht so leicht – da ja heute ÖVP und Grüne die Gesetzentwürfe im Minutentakt geändert haben –, sich bei den unterschiedlichen Ge­setzentwürfen noch auszukennen, noch ein bisschen einen Durchblick zu haben. Das, wo weniger Fehler markiert sind, dürfte die letzte Variante sein. Ich kenne mich nicht mehr ganz genau aus, was jetzt überhaupt vorliegt, aber es geht ja nur um Grund- und Freiheitsrechte in Österreich. Da brauchen wir nicht so pingelig sein (Zwischenruf des Abg. Obernosterer), da kann man in einer Coronakrise ruhig auch großzügig sein. (Beifall bei der SPÖ, bei Abgeordneten der FPÖ sowie der Abg. Meinl-Reisinger.)


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Ganz grundsätzlich möchte ich hier schon die Frage stellen: Ist es wirklich notwendig, dass man Menschen Angst einjagen muss dass die eigenen Eltern, dass Oma und Opa vielleicht sterben –, damit Sie in der Lage sind, die Coronakrise zu meistern? Ist das notwendig, Menschen Angst einzujagen, so wie Sebastian Kurz das im stillen Kämmerlein gesagt hat (Abg. Wurm: Nein, es ist nicht notwendig!), oder geht es nicht auch anders, indem man die Bevölkerung informiert, indem man die Fakten auf den Tisch legt? Ist es – bei den Apps, die jetzt im Raum stehen – notwendig, Menschen zu zwingen, dass sie eine App verwenden, oder sind die Menschen vielleicht doch in­telligent genug, dass sie das selber wissen, wenn man ihnen die Fakten auf den Tisch legt? Ist es möglich – so wie in Deutschland –, die Expertinnen und Experten aus den Expertenrunden, die man auch kennt, in den Pressekonferenzen auch vor den Vor­hang zu holen, oder machen wir es so – wie in Österreich , dass man sagt: Die Exper­ten brauchen wir nicht, das macht alles Sebastian Kurz, denn der kennt sich überall aus!? Wenn es Fragen gibt, kann man Sebastian fragen.

Spannend ist nur, Herr Bundesminister Anschober – und ich wäre da jetzt skeptisch –: Warum sind Sie eigentlich nur noch alleine bei den Pressekonferenzen? – Sobald es ein bisschen happig und holprig wird, ist Sebastian Kurz weg und auf einmal ist nur noch Rudi Anschober verantwortlich. (Beifall bei der SPÖ, bei Abgeordneten der FPÖ sowie der Abg. Meinl-Reisinger.)

Wir merken alle, dass es in der zweiten Phase nicht leicht ist. Wir alle miteinander müssen die zweite Welle verhindern, aber kaum wird es haarig, ist entweder Rudi An­schober verantwortlich – ich möchte Sie da nicht verteidigen – oder die Bevölkerung ist nicht in der Lage, die Verordnungen umzusetzen. So! In Österreich kennt sich zwar niemand mehr aus – wir haben inzwischen eigene Arbeitsgruppen, die wir brauchen, damit wir noch wissen, was überhaupt geltendes Recht ist –, aber wenn irgendetwas in der zweiten Phase nicht klappt, dann ist die Bevölkerung schuld, das ist natürlich lo­gisch. Sebastian Kurz ist ohnehin schon auf Tauchstation.

Einmal möchte ich hinsichtlich Epidemiegesetz noch warnen. Wir haben in Österreich eine Ministerin, die vorher nichts sagt und danach, hinten nach aber immer die Ge­scheite ist und uns allen erzählt, was super gewesen wäre: Frau Ministerin Edtstadler. Letzte Woche hat sie sich über die APA darüber beschwert, dass Herr Minister An­schober sie vorher nicht fragt. Ich hoffe deshalb, dass sie beim Epidemiegesetz die Möglichkeit gehabt hat, sich vorher einzubringen. Da geht es wirklich um massive Ein­griffe.

Da geht es darum, dass man versucht hat, in Österreich eine App durch die Hintertür einzuführen. Wir alle wissen, Sebastian Kurz hat eher das israelische Modell einer Ge­heimdienst-App gewollt – der israelische Geheimdienst hat gerade das Verbot bekom­men, diese App sozusagen zu verwenden, mit der man alle infizierten und kranken Menschen überwacht; das wollte Sebastian Kurz haben. Dann haben die Grünen – das muss man ja loben – gemeinsam mit der Zivilgesellschaft, also mit uns allen, verhin­dert, dass es einen Zwang gibt. Dann verhielt sich Sebastian Kurz auf einmal wie ein trotziges Kind und wollte diese App nicht mehr haben. Das haben wir jetzt am Wo­chenende auch in der Presse nachlesen können.

Jetzt plätschert das Ganze dahin: Es gibt bis heute keine Festschreibung, dass Frei­willigkeit sozusagen verankert wird. Betreffend Arbeits- und Sozialrecht wissen wir bis heute nicht, ob man am nächsten Tag arbeiten gehen darf oder nicht, wenn es um 11 Uhr in der Nacht sozusagen aufblinkt und man die Nachricht bekommt, dass man potenziell infiziert ist; das weiß man ja bis heute nicht. Frau Ministerin Aschbacher hat gesagt, arbeiten gehen muss man schon. Das heißt, die Leute wissen nicht einmal, was passiert. Das ist alles ein Husch-Pfusch!


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Jetzt wollte man das Ganze noch ins Epidemiegesetz hineinschreiben. Wir haben ge­sagt, so eine wichtige Frage kann sich doch nicht die Politik im stillen Kämmerlein aus­mauscheln. Seit Tagen mauscheln und doktern ÖVP und Grüne herum, Hunderttau­sende Fehler sind drinnen. – So kann man doch nicht arbeiten, wenn es um Grund- und Freiheitsrechte geht! Deswegen: Rückverweisen wir an den Ausschuss, nehmen wir uns alle miteinander die Zeit! Das ist peinlich, was heute abgeht. So kann man nicht arbeiten, das schafft kein Vertrauen! (Beifall bei der SPÖ, bei Abgeordneten der FPÖ sowie des Abg. Loacker.)

14.43


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Klubobfrau Sigi Maurer. – Bitte.


14.43.59

Abgeordnete Sigrid Maurer, BA (Grüne): Herr Präsident! Also wir sind ja noch nicht so lange in der Regierung, und bei der Oppositionspolitik gibt es für mich immer drei Kategorien: Dinge, bei denen man sich denkt: Autsch, da haben Sie total recht, da haben Sie uns erwischt, da müssen wir nachbessern!; Dinge wie: Na ja, das ist jetzt eine ziemliche Show, das würden wir vielleicht auch machen, aber inhaltlich ist ei­gentlich nichts dahinter!; und dann gibt es die Kategorie von Oppositionspolitik, für die ich absolut kein Verständnis habe. (Beifall bei Grünen und ÖVP.)

Diese Art von Oppositionspolitik ist das, was jetzt hier aufgeführt wird. Es wird ohne jeden Grund eine Sondersitzung des Bundesrates blockiert und damit die Durch­führung der Maßnahmen, die ihr selber gefordert habt (Abg. Kucher ein mehrseitiges Schriftstück in die Höhe haltend –: ... niemals!), das Screening et cetera, diese ganzen Dinge – absichtlich verzögert. Dafür habe ich kein Verständnis. (Abg. Keck: Sie haben überhaupt kein Verständnis ...!) Es gibt keinen inhaltlichen Grund dafür. (Beifall bei Grünen und ÖVP.)

Was das Epidemiegesetz betrifft, Philip: Es wird auch durch häufige Wiederholung nicht wahrer. Es ist nicht richtig, es gibt keine Verpflichtung zur App (Zwischenruf des Abg. Matznetter) und es wird auch keine geben! Wir haben aber eure Rückmeldungen zu diesem Paragrafen des Epidemiegesetzes. Zur Erklärung: Bis jetzt erlaubt § 15 nur, dass Veranstaltungen komplett verboten werden. Wir wollen aber lockern, wir wollen wieder mehr ermöglichen, wir wollen mehr Freiheit ermöglichen und dementsprechend mehr zulassen (Zwischenruf des Abg. Vogl), und haben entsprechende Auflagen für Veranstaltungen formuliert, sodass diese tatsächlich wieder stattfinden können.

Kollege Loacker hat gesagt, er hat immer noch nicht verstanden, worum es geht. – Ich erkläre es noch einmal. Es geht zum Beispiel um Sportveranstaltungen, die stattfinden können, aber halt ohne Publikum. (Abg. Matznetter: Das ist jetzt schon möglich!) Solche Dinge sind damit gemeint und es ist beabsichtigt, die zu regeln. Es hat am Wo­chenende – von wegen im stillen Kämmerlein! – eine große Diskussion dazu gegeben, nachdem das im Ausschuss Thema war, und wir haben auf jeden einzelnen Punkt, der von der Opposition eingebracht wurde, reagiert.

Es ist uns vorgeworfen worden, wir würden eine Appverpflichtung einführen. – Das ist jetzt im Gesetzentwurf explizit ausgeschlossen! (Beifall bei Grünen und ÖVP.)

Es gab den Vorwurf, die Vermutung, wir wollen alte Menschen aussperren. – Im Ge­setzentwurf explizit ausgeschlossen! Im Übrigen wäre das auch durch die Verfassung nicht gedeckt, aber es ist jetzt explizit ausgeschlossen, weil ihr das wolltet.

Dritter Punkt: die Angst, dass Risikogruppen ausgesperrt werden könnten. – Auch das ist jetzt explizit im Gesetzentwurf formuliert!

Genauso ist beispielhaft aufgezählt, welche Auflagen das sein könnten, von denen wir da reden. (Zwischenruf des Abg. Kollross.) Da geht es – na no na net – um Abstand,


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potenziell um Desinfektionsmittel, um Obergrenzen, wie viele Personen anwesend sein können, et cetera. (Zwischenruf des Abg. Keck.) Wir sind auf jeden einzelnen Kritik­punkt eingegangen, und jetzt ist immer noch die Blockade da, erst recht im Bundesrat. Das fällt tatsächlich in eine Kategorie von Oppositionspolitik, die ich nicht verstehe. (Beifall bei Grünen und ÖVP.)

Ich verstehe sehr gut, dass es den Wunsch nach Begutachtungen gibt. Ja, den habe ich auch! (Zwischenruf bei der SPÖ.) Es ist eine Zumutung, auf diese Art und Weise Gesetze machen zu müssen, aber wir haben halt nun einmal eine Pandemie. (Zwi­schenruf des Abg. Kucher.) Es ist keine normale Situation, dementsprechend sind die­se Änderungen jetzt schnell nötig, aber ihr verzögert sie durch eure Blockade einer Sondersitzung des Bundesrates. Das finde ich unwürdig. (Beifall bei Grünen und ÖVP. – Zwischenruf des Abg. Kucher. – Ruf: Das war eine super Rede!)

14.47


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu einer tatsächlichen Berichtigung hat sich Kollege Leichtfried zu Wort gemeldet. – Bitte.


14.47.48

Abgeordneter Mag. Jörg Leichtfried (SPÖ): Herr Präsident! Abgeordnete Maurer hat in ihrer Rede behauptet (Ruf bei der ÖVP: Die war super!), wir blockieren eine Son­dersitzung des Bundesrates. Ich weiß nicht recht, was eine Sondersitzung des Bun­desrates ist, wenn es die gibt, kann die Regierung die sicher einberufen. Alles, was wir tun wollen – es ist unrichtig, was sie behauptet hat –, ist, eine reguläre Sitzung zum regulären Zeitpunkt abzuhalten.

Mit so einem verpfuschten Gesetzentwurf hätte ich mich zu diesem Thema hier nicht zu Wort gemeldet. (Beifall bei der SPÖ.)

14.48


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist nun Abgeordneter Wurm. – Bitte.


14.48.30

Abgeordneter Peter Wurm (FPÖ): Herr Präsident! Herr Minister! Hohes Haus! Ich bin froh, dass langsam eine faktenbasierte (eine Tafel, auf der ein Säulendiagramm unter der Überschrift „Anzahl der Sterbefälle in Österreich von 2009 bis 2019“ zu sehen ist, auf das Rednerpult stellend) und offene Diskussion zum Thema Corona in Gang kommt. Eine Geschichte, die vor acht Wochen nicht möglich gewesen wäre, da wären wir vermutlich am Scheiterhaufen gelandet, hätten wir irgendetwas kritisiert oder fak­tenbezogene Themen anders, wie die Regierung es gerne hätte, diskutiert: Ich habe Ihnen da von Statistik Austria – nichts Geheimes, das kann man sich anschauen – die Todesstatistik in Österreich der letzten zehn Jahre mitgebracht, und zwar von 2009 bis 2019. Wir haben zwischen 76 000 und 84 000 Todesfälle in Österreich.

Was Ihnen dabei vielleicht auffällt: Wir haben ein Delta von 8 000, das heißt, das schwankt um 8 000 hin und her, in manchen Jahren nur 2 000 und so weiter. Keiner – auch nicht Minister Anschober – konnte mir einen plausiblen Grund dafür nennen. Wir haben keine Flugzeugabstürze gehabt, keine Erdbeben oder sonst etwas. Was man weiß – das darf ich heute, Ende April, sagen, Mitte März wäre das ja unmöglich gewesen –: Schauen Sie sich die Spalte 2015 an – ohne Vergleiche anzustellen, ein­fach Fakten, nur zum Nachdenken –, das war damals die schwere Grippeepidemie mit 5 000 Todesfällen!

Wir haben in der ganzen Diskussion um Corona – man hat es heute wieder gehört – unzählige Regelungen vonseiten der Regierung erlebt. Alles, was Bürgerrechte, Frei­heit betrifft, will ich jetzt gar nicht lang thematisieren. Wir hatten aber auch Regelungen


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wie 1 Meter Abstand, 1,5 Meter Abstand, 2 Meter Abstand – das ist überall ein bissel anders, auch in den Geschäften. Dann soll man einen Babyelefanten mitnehmen oder einen indischen Elefanten oder einen rosaroten Elefanten, also irgendwie haben Ele­fanten auch etwas mit der Geschichte zu tun. Zuvor hat man 20 Quadratmeter pro Person gehabt; ich glaube, ab 1. Mai sind es dann 10 Quadratmeter.

Man fängt auch langsam an, darüber nachzudenken, ob es nicht eine Differenzierung zwischen dem Outdoor-Bereich im Freien und Indoor-Bereichen geben soll, denn man darf sich jetzt offensichtlich in der Gastronomie ohne Maske in den Schanigarten set­zen oder dort stehen, aber wenn man das im Lokal macht, riskiert man eine Strafe. Langsam kommt da also schon ein bissel Bewegung hinein.

Ich bin auch enttäuscht, dass gerade der Gesundheitssprecher der ÖVP eine Obduk­tion so kategorisch ablehnt; eine solche wird eben nicht gemacht. Die über 500 Tote, die wir hatten, wurden nicht systematisch obduziert, wir kennen deren Krankenge­schichten nicht. Das ist nichts, wessen ich mich im Jahr 2020 als Gesundheitssprecher rühmen würde.

Wir wissen auch nichts über die Durchseuchung in Österreich. Auch was die Antikör­pertests betrifft, wissen wir noch nichts ganz Konkretes. Der Herr Minister hat ver­sprochen, es soll sie jetzt geben. Wer das noch nicht weiß: Wir haben bald 15 000 mehr oder weniger Immune, die also die Krankheit oder die Infektion überstanden ha­ben. Diese sollen eine besondere Auszeichnung, ein Dokument bekommen. Wir haben ja auch zwei hier im Parlament sitzen, die – völlig jenseitig! – Maske tragen. (Abg. Sin­ger schüttelt den Kopf.)

Diese 15 000 sind ja die, die wir suchen. Sie spenden auch Plasma, das heißt, sie kön­nen auch zur Heilung beitragen. Der Minister hat versprochen, diese bekommen bald eine eigene Auszeichnung, ein Dokument, was auch immer, denn sie können sich ja vollkommen frei bewegen. So jemand kann auch den Salzstreuer oder das Brotkörb­chen in der Gastronomie angreifen, weil er dadurch niemanden gefährden wird.

Zur ganzen Diskussion von heute Vormittag möchte ich noch einmal ausdrücklich fest­halten: 67 000 Personen in Österreich bekommen jetzt einen Brief, weil sie Risikopa­tienten sind – 0,8 Prozent –, und 99,2 Prozent können ruhig schlafen. (Bundesminister Anschober schüttelt den Kopf.)

Viele Kinder sollen offensichtlich gezwungen werden, am Schulweg eine Maske zu tragen, denn das ist ja alles Normalzustand und ganz vertrauenserweckend. Demge­genüber hat die Regierung in der Schweiz bekannt gegeben – und die Schweiz ist wohl keine Bananenrepublik –, dass Enkel und Enkelinnen wieder Oma und Opa küssen dürfen. Stellen Sie sich das vor, und das in der Schweiz! Also der Kampf gegen den Vi­rus dürfte lokal schon sehr unterschiedliche Ausprägungen haben.

Es gibt viele Dinge, über die ich mich einfach wundere, und ich kann nur noch einmal zum Abschluss sagen: Ich würde alle auffordern, alles zu hinterfragen, was die Regie­rung in den letzten acht Wochen behauptet hat, weil sehr, sehr, sehr viel davon schlichtweg nur den Hintergrund hatte, Todesangst, Panik und Apokalypsestimmung zu verbreiten, weil das im Sinne der Regierung war. Das hat auf medizinische Fakten bezogen überhaupt keine Grundlage gehabt.

Ich sage es noch einmal: Es gibt auch keinen Kausalzusammenhang über unterschied­liche Länder hinweg. Dass Österreich und Deutschland gut dastehen, ist deswegen so, weil sich unsere Gesundheitssysteme über Jahrzehnte entsprechend entwickelt haben und wir diesbezüglich gut sind.

Bei allen Vergleichszahlen aus Amerika, die Sie heranziehen, wie ich auch gelesen habe, müssen Sie, bitte schön, Folgendes machen – das wissen alle, die in Geografie


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aufgepasst haben –: einfach durch 40 dividieren, denn das ist der Unterschied in der Bevölkerung. Wenn Sie das tun, dann kommen Sie auf relativ ähnliche Zahlen wie in Österreich. Man kann aber wie gesagt alles schön hindrehen.

Zum Abschluss nur noch einmal ganz kurz zu Italien: Italien hat eine Woche vor Ös­terreich den Lockdown gemacht und hat ihn mit wesentlich strengeren Maßnahmen für die Bevölkerung durchgezogen. Ob das eine positive Wirkung gehabt hat – das zu er­klären überlasse ich dem Minister. Ich glaube nicht. (Beifall bei der FPÖ.)

14.54


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Abgeordneter Shetty. – Bitte.


14.54.57

Abgeordneter Yannick Shetty (NEOS): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Minister! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Wir diskutieren in dieser Debat­te nicht nur das Epidemiegesetz, sondern auch eine geringfügige Änderung im Sanitä­tergesetz hinsichtlich der Blutabnahme zur schnelleren Diagnostik und damit zur Ein­dämmung der Ausbreitung des Coronavirus, wozu diese Maßnahme beitragen soll.

Neben dieser Maßnahme sind auch laufend – Kollege Wurm hat es gerade angespro­chen – Blutspenden und insbesondere Blutplasmaspenden erforderlich – vor allem Letz­tere, also Blutplasmaspenden von genesenen Covid-19-Patienten, um damit Betroffe­ne zu therapieren. Umso unverständlicher ist es, dass sich Österreich und besonders Sie, Herr Bundesminister, weiterhin weigern, vom pauschalen Blutspendeverbot für Männer, die Geschlechtsverkehr mit Männern haben – in der Abkürzung des Roten Kreuzes MSM –, abzurücken, sodass diese weiterhin von einer Blutspende ausge­schlossen bleiben.

Es haben uns letzte Woche Betroffene geschrieben, die positiv getestete Covid-19-Patienten waren, genesen sind und gern einen Beitrag leisten würden, aber pauschal davon ausgeschlossen werden. Dass Sie weiterhin verhindern, dass es da zu einer Än­derung kommt, ist für mich total unnachvollziehbar, weil ja auch die Grünen jahrelang dafür gekämpft haben.

Jede einzelne Blut- und Blutplasmaspende kann Leben retten. Andere Länder wie Bul­garien, Italien, Portugal, Spanien und Polen haben das bereits wesentlich fortschrittli­cher als Österreich gelöst. Sie knüpfen den Ausschluss nämlich an das individuelle Ri­sikoverhalten und nicht an das Geschlecht der Sexualpartner. Und jetzt kommt das Beste: Überall hört man seit Wochen den Aufruf des Roten Kreuzes, man benötige dringend Blutspenden und insbesondere Blutplasmaspenden von Covid-19-Genese­nen, und gleichzeitig werden von Covid-19 genesene Männer, die Sex mit Männern ha­ben, weiterhin abgelehnt.

Dem nicht genug: Seit einem Urteil des Europäischen Gerichtshofes 2015 ist ein le­benslanger Ausschluss von MSM unionsrechtswidrig, nämlich ein Verstoß gegen die Grundrechtecharta, und seit 2019, seit der Novellierung der Blutspenderverordnung, ist eigentlich auch in Österreich vorgesehen, dass man – unter Anführungszeichen – „nur mehr“ zwölf Monate ausschließt.

Dass das Rote Kreuz nach der Novellierung der Blutspenderverordnung weiterhin le­benslang ausschließt, finden wir einfach nicht in Ordnung. Sogar in Deutschland hat der konservative Gesundheitsminister Jens Spahn angekündigt, zu einer Öffnung zu kommen, einen entsprechenden Vorschlag zu präsentieren, und deswegen fordern wir auch Sie auf, dass wir diese Regelung ändern.

Deswegen bringe ich den folgenden Entschließungsantrag ein:


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Entschließungsantrag

der Abgeordneten Yannick Shetty, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Blutspende öffnen - Leben retten!“

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Der Bundesminister für Arbeit, Soziales, Gesundheit und Konsumentenschutz wird aufgefordert, die diskriminierungsfreie Blutspende zu ermöglichen. Dazu kann nach § 3 BSV eine Formulierung, angelehnt an die im Jahr 2010 vorgeschlagene Bestimmung, eingefügt werden: § 3a. Bei der Befragung des Spenders zu seinem Gesundheitszu­stand und dessen Dokumentation sowie der diesbezüglichen Aufklärung und Informa­tion dürfen keine diskriminierenden Formulierungen verwendet werden. Außerdem soll der standardisierte Anamnesebogen (Empfehlung der Blutkommission vom 3.12.2019) von der Blutkommission so überarbeitet werden, dass eine Diskriminierung von MSM ausgeschlossen ist.“

*****

Ich appelliere insbesondere an die Grünen, die Werte, für die sie in den letzten Jahren gekämpft haben, nicht aufzugeben und unserem Antrag zuzustimmen. (Beifall bei den NEOS und bei Abgeordneten der SPÖ.)

14.58

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Yannick Shetty, Kolleginnen und Kollegen

betreffend Blutspende öffnen - Leben retten!

eingebracht im Zuge der Debatte in der 27. Sitzung des Nationalrats über den Bericht des Gesundheitsausschusses über den Antrag 485/A der Abgeordneten Gabriela Schwarz, Ralph Schallmeiner, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Sanitätergesetz geändert wird (13. COVID-19-Gesetz) (131 d.B.) – TOP 12

Besonders vor dem Hintergrund der aktuellen Corona-Krise sind Menschen dringender denn je auf Blutspenden angewiesen. Diese helfen in Notfällen Leben zu retten und werden dazu verwendet, lebenswichtige Arzneimittel herzustellen - zurzeit eine abso­lute Priorität in der medizinischen Forschung. Daher rufen das österreichische Rote Kreuz oder andere Blutspendeorganisationen nun fast täglich über die Medien dazu auf, Blut zu spenden( https://wien.orf.at/stories/3038908/; und https://www.kleinezei­tung.at/kaernten/feldkirchen/5793262/Drei-Termine_Trotz-Corona_Rotes-Kreuz-sucht-dringend-nach; und https://www.meinbezirk.at/c-lokales/rotes-kreuz-spenden-sie-plas­ma-wenn-sie-von-corona-genesenen-sind-und-retten-sie-leben_a4027263) - einerseits, weil sich jetzt die Blutkonservenknappheit zusätzlich verschärft, andererseits, weil z.B. Blutplasma von Personen, die am Corona-Virus erkrankt und wieder genesen sind, das Leben anderer Erkrankter retten kann, was auch bereits geschehen ist. Dennoch halten das Rote Kreuz sowie der grüne Gesundheitsminister (siehe 299/AB) bei der Blutspende weiterhin am pauschalen Ausschluss von Männern fest (bzw. gilt für sie eine "Rückstellung"), die Sex mit Männern haben (MSM) und das trotz des akuten Be­darfs. Der pauschale Ausschluss von MSM beruht auf der diskriminierenden Annahme, dass ihr Sexualverhalten aufgrund ihrer sexuellen Orientierung per se als sexuelles Ri-


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sikoverhalten zu bewerten sei, ohne, dass dieses sexuelle Risikoverhalten genauer de­finiert oder abgefragt würde. Die Nachfrage für lebensrettende Blutspenden ist unter normalen Umständen schon sehr hoch, Österreich braucht lt. Angaben des Roten Kreuzes bislang jährlich rund 350.000 Blutkonserven. Durch die Corona-Pandemie ge­hen noch viel weniger Menschen zur Blutspende und es mangelt besonders an Blut­spenden von Corona-Genesenen, deren Blut wertvolle Antikörper gegen das Virus ent­hält. Diese Situation lässt das Festhalten am pauschalen Ausschluss einer wesentli­chen Bevölkerungsgruppe besonders absurd erscheinen.

Die Grundlage für diesen pauschalen Ausschluss bildet ein Anamnesebogen, der die Eignung potenzieller Spender_innen überprüft. Dieser Anamnesebogen enthält unter anderem die Frage, ob Spender_innen innerhalb der letzten zwölf Monate Sex mit Männern hatten. Wird diese Frage mit Ja beantwortet, werden MSM für zwölf Monate gesperrt. Auch Frauen, die Sex mit MSM hatten, werden übrigens von der Blutspende ausgeschlossen. Rechtliche Basis für dieses Vorgehen ist die Blutspendeverordnung (BSV). Diese sieht gemäß § 5 Abs. 1 Z 3 lit. s einen dauernden Ausschluss von Perso­nen vor, bei denen dauerndes Risikoverhalten für eine Infektion mit sexuell übertragba­ren Krankheiten, insbesondere mit HIV oder HBV, als Risikofaktor anamnestisch fest­gestellt wird. Als zeitlich begrenzter Ausschlussgrund (Rückstellung) wird in § 6 Abs. 2 Z 15 der BSV normiert, dass nach ärztlicher Beurteilung Personen, die sich einem Ri­siko für eine Infektion mit sexuell übertragbaren Krankheiten, insbesondere mit HIV und HBV, ausgesetzt haben, für die Dauer von zwölf Monaten ab diesem Ereignis aus­zuschließen sind.

Sich auf die geltende Rechtslage in Österreich berufend, hält das BMASGK in einer Anfragebeantwortung (652/AB, XXVI GP.) fest:

"Ein genereller Ausschluss homosexueller Männer von der Blutspende ist daher weder durch die geltende Rechtslage in Österreich begründet noch durch eine geltende recht­liche EU Bestimmung, sondern beruht auf der Auslegung und Umsetzung der rechtli­chen Bestimmungen durch die jeweilige Blutspendeeinrichtung. Andererseits muss festgehalten werden, dass die Verantwortung und die Haftung für die einwandfreie Be­schaffenheit des Arzneimittels Blut und Blutbestandteile in vollem Umfang beim Her­steller, d.h. bei der Blutspendeeinrichtung, liegt."

Natürlich müssen Blutspendeeinrichtungen sorgfältig überprüfen, ob das gespendete Blut nicht gesundheitsgefährdend für Empfänger_innen ist. Die Überprüfung der Eig­nung für eine Blutspende muss aber vom tatsächlichen sexuellen Risikoverhalten einer Person ausgehen und dieses auch definieren, nicht pauschal einer Personengruppe unterstellen - nämlich MSM. Diese Vorgehensweise ist klar diskriminierend. Sexuelle Praktiken, wie sie MSM praktizieren, werden von verschiedengeschlechtlichen Sexual­partner_innen ebenso praktiziert. Außerdem legt ein Mann, der in einer langjährigen Beziehung mit einem Mann ist, bestimmt kein höheres sexuelles Risikoverhalten an den Tag als ein Mann oder eine Frau mit wechselnden Sexualpartner_innen des ande­ren Geschlechts. Nicht nur ist der pauschale Ausschluss von MSM aufgrund ihrer se­xuellen Orientierung eindeutig diskriminierend, sondern entsteht durch das Nicht-Defi­nieren des gemeinten sexuellen Risikoverhaltens auch ein blinder Fleck bei Menschen, die verschiedengeschlechtlichen Sex haben.

Im Zuge der Erstellung des standardisierten Anamnesebogens wurden auch die Fra­gen hinsichtlich sexuellen Risikoverhaltens überarbeitet. Die Fragen und die Einschät­zung der Antworten aufgrund des Algorithmus (BMASGK: "Standardisierte Algorithmen und Fragen eines standardisierten Anamnesebogens - Empfehlungen für mobile Blut­spendeeinrichtungen", S. 8 und S. 38) lauten nun wie folgt:


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Hier ist deutlich zu sehen, dass MSM nach wie vor von einer Blutspende ausge­schlossen bzw. rückgestellt werden. Auch ist klar, dass eine 12-monatige "Rückstel­lung" faktisch einem Totalausschluss gleichkommt. Diese Diskriminierung ist untragbar. Dessen war sich übrigens auch schon der ehemalige Gesundheitsminister Alois Stö­ger bewusst, der für eine Umformulierung der Fragestellungen im Fragebogen plä­dierte und vorschlug, die Blutspenderverordnung zu ändern (siehe Anfragebeantwor­tung 5879/AB, XXIV. GP):

"Um den Anliegen homosexueller Männer nach Nicht-Diskriminierung Rechnung zu tra­gen, habe ich einen Begutachtungsentwurf zur Änderung der Blutspenderverordnung in Auftrag gegeben. In diesem Entwurf ist vorgesehen, dass die Blutspenderverord­nung um einen §3a erweitert werden soll, der wie folgt lautet: §3a. Bei der Befragung des Spenders zu seinem Gesundheitszustand und dessen Dokumentation sowie der diesbezüglichen Aufklärung und Information dürfen keine diskriminierenden Formulie­rungen verwendet werden."


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Umgesetzt wurde eine solche Bestimmung nie. Die damalige SPÖ-Gesundheitsminis­terin Sabine Oberhauser hat in weiteren Anfragebeantwortungen angegeben, die Blut­kommission zu beauftragen, sich mit der Thematik des Ausschlusses/der Rückstellung von MSM zu beschäftigen. Entsprechende Arbeiten, die in der Blutkommission dazu stattgefunden haben, dürften augenscheinlich keine Berücksichtigung in den aktuellen Empfehlungen bzgl. eines standardisierten Fragebogens und des Algorithmus gefun­den haben.

Eine weitere Überarbeitung des Anamnesebogens, der weiterhin Fragen enthält, die den Sexualverkehr von MSM automatisch als Risikoverhalten einstufen, ist daher nach wie vor dringend notwendig. Besonders die Corona-Krise, die zu einer weiteren Ver­schärfung der Blutkonservenknappheit führt, macht hier ein rasches Umdenken und Handeln besonders wichtig, um Menschenleben zu retten. Auch andere Länder wie z.B. die USA lockern bereits ihre Regelungen und reduzieren zumindest die Rückstel­lung von MSM auf 3 Monate, auch wenn Infektionskrankheiten, wie HIV, bereits we­sentlich rascher festgestellt werden können. Frankreich hat die Rückstellungsfrist im­merhin auf 4 Monate reduziert, andere Länder wie Bulgarien, Italien, Lettland, Polen, Portugal und Spanien stellen bereits jetzt ausschließlich auf das individuelle Se­xualverhalten von Spender_innen ab und nicht pauschal auf die sexuelle Orientierung. Auch Österreich muss hier ins 21. Jahrhundert nachziehen und vom nicht zielführen­den und diskriminierenden pauschalen Ausschluss von MSM von der Blutspende ge­rade in der Corona-Krise absehen.

Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgenden

Entschließungsantrag

Der Nationalrat wolle beschließen:

"Der Bundesminister für Arbeit, Soziales, Gesundheit und Konsumentenschutz wird aufgefordert, die diskriminierungsfreie Blutspende zu ermöglichen. Dazu kann nach § 3 BSV eine Formulierung, angelehnt an die im Jahr 2010 vorgeschlagene Bestimmung, eingefügt werden: § 3a. Bei der Befragung des Spenders zu seinem Gesundheitszu­stand und dessen Dokumentation sowie der diesbezüglichen Aufklärung und Infor­mation dürfen keine diskriminierenden Formulierungen verwendet werden." Außerdem soll der standardisierte Anamnesebogen (Empfehlung der Blutkommission vom 3.12.2019) von der Blutkommission so überarbeitet werden, dass eine Diskriminierung von MSM ausgeschlossen ist. "

*****


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Der Antrag ist ordnungsgemäß eingebracht, aus­reichend unterstützt und steht mit in Verhandlung.

Zu Wort gemeldet ist Abgeordnete Ernst-Dziedzic. – Bitte.


14.58.30

Abgeordnete Dr. Ewa Ernst-Dziedzic (Grüne): Herr Präsident! Werte Kollegen und Kolleginnen! Yannick, ich möchte das, was du nun als Antrag eingebracht hast, zum Anlass nehmen, hier unsere klare Position dazu nochmals festzuhalten. Niemand möch­te, dass bestimmte Personengruppen diskriminiert werden – das liegt auf der Hand –, und ja, wir setzen uns, wie du weißt, seit Jahren dafür ein, dass das sexuelle Risi­koverhalten abgefragt wird und nicht per se gesagt wird, diese und diese Gruppe ist gefährdet. Zudem gebe ich dir recht, dass die Konserven ja auch europaweit miteinan­der vermischt werden, und zwar auch mit denen aus jenen Ländern, die diese Rege­lung nicht haben.


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Wir bringen deshalb gemeinsam mit der ÖVP einen Entschließungsantrag ein, der den Gesundheitsminister beauftragt, eine entsprechende Arbeitsgruppe einzurichten (Ah-Rufe und Heiterkeit bei Abgeordneten der SPÖ), die sich ehestmöglich unter Einbin­dung von Experten und Expertinnen genauso wie der Blutspendeorganisationen damit auseinandersetzt, Kriterien zu erarbeiten, die diese Diskriminierung nicht mehr beinhal­ten.

Das ist uns ein Anliegen! Wir nehmen deinen Antrag zum Anlass, um genau damit loszulegen. Ja, tatsächlich ist uns die Krise da dazwischengekommen, aber es hat schon davor diesbezügliche Gespräche gegeben, sich genau dieses Problems anzu­nehmen. (Zwischenruf des Abg. Vogl.)

Wir stellen deshalb folgenden Entschließungsantrag:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Dr. Ewa Ernst-Dziedzic, Gabriela Schwarz, Kolleginnen und Kolle­gen betreffend Blutspenden ohne Diskriminierung

Der Nationalrat wolle beschließen: (Abg. Vogl: ... was Sie sagen!)

„Der Bundesminister für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz wird aufgefordert, eine Arbeitsgruppe unter Einbindung u.a. von Blutspendeorganisationen zur Festlegung neuer Kriterien einzurichten, um bei Blutspenden den Fokus auf Risi­koverhalten statt Risikogruppen zu legen, wobei die Sicherheit der Blutspendeempfän­ger*innen gewährleistet sein muss.“

*****

In diesem Sinne hoffe ich, dass dieser Antrag Unterstützung von allen hier findet. Es ist tatsächlich ein wichtiges Thema. Ich bin selber Blutspenderin, und auch ich möchte zum einen Sicherheit haben, aber zum anderen da natürlich niemanden ausschließen, wenn gewährleistet ist, dass diese Sicherheit auch gegeben ist. – Vielen Dank. (Beifall bei Grünen und ÖVP.)

15.01

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Ewa Ernst-Dziedzic, Ralph Schallmeiner, Gabriela Schwarz

Freundinnen und Freunde

betreffend Blutspenden ohne Diskriminerung

eingebracht im Rahmen der Debatte Bericht des Ausschusses für Arbeit und Soziales über den Bericht des Gesundheitsausschusses über den Antrag 485/A der Abgeordne­ten Gabriela Schwarz, Ralph Schallmeiner, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Sanitätergesetz geändert wird (13. COVID-19-Gesetz) (131 d.B.) – Top 12

Begründung

Blutspenden werden in Österreich zu 95% über das Rote Kreuz abgewickelt. Alle potentiellen Spenderinnen und Spender müssen vor jeder Blutspende einen Fragebo­gen ausfüllen. Männer, die Sex mit Männern haben, werden dabei nicht zur Blutspende zugelassen. Dies wird von Betroffenen sehr oft als ungerecht empfunden.


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Sebstverständlich müssen Blutspendeeinrichtungen sorgfältig überprüfen, ob das ge­spendete Blut nicht gesundheitsgefährdend für Empfängerinnen und Empfänger ist. Die Überprüfung der Eignung für eine Blutspende muss aber vom tatsächlichen sexuel­len Risikoverhalten ausgehen, und nicht von der Zugehörigkeit zu einer bestimmten Personengruppe.

Die unterfertigenden Abgeordneten stellen daher folgenden

Entschließungsantrag

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Der Bundesminister für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz wird aufgefordert, eine Arbeitsgruppe unter Einbindung u.a. von Blutspendeorganisationen zur Festlegung neuer Kriterien einzurichten, um bei Blutspenden den Fokus auf Risiko­verhalten statt Risikogruppen zu legen, wobei die Sicherheit der Blutspendeempfän­ger*innen gewährleistet sein muss.“

*****


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Der Antrag ist ordnungsgemäß eingebracht, aus­reichend unterstützt und steht somit in Verhandlung.

Ich darf nunmehr die Verhandlung über die Tagesordnungspunkte 12 bis 14 für die Durchführung einer kurzen Debatte unterbrechen.

15.01.30Kurze Debatte über einen Fristsetzungsantrag


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Die kurze Debatte betrifft den Antrag des Herrn Abgeordneten Kollross, dem Budgetausschuss zur Berichterstattung über den An­trag 478/A(E) eine Frist bis zum 30. April 2020 zu setzen.

Die Abstimmung über den gegenständlichen Fristsetzungsantrag wird nach Schluss dieser Debatte stattfinden.

Wir gehen in die Debatte ein.

Ich darf darauf aufmerksam machen, dass gemäß § 57a Abs. 1 der Geschäftsordnung kein Redner länger als 5 Minuten sprechen darf, wobei dem Erstredner 10 Minuten zur Verfügung stehen. Stellungnahmen von Mitgliedern der Bundesregierung oder zum Wort gemeldeten Staatssekretären sollen nicht länger als 10 Minuten dauern.

Ich erteile Herrn Abgeordneten Kollross das Wort. – Bitte.


15.02.17

Abgeordneter Andreas Kollross (SPÖ): Herr Präsident! Kolleginnen und Kollegen! Werte Zuseherinnen und Zuseher zu Hause vor den Bildschirmen! Ich möchte heute ein Thema in die Debatte einbringen, das bisher leider zu wenig in der Betrachtung, was die Auswirkungen der Krise betrifft, debattiert wurde, obwohl es sehr massive Aus­wirkungen auf jede und jeden von uns hat, und zwar die Frage, wie es in den Ge­meinden, wie es in den Städten weitergeht, was die Krise, was der Shutdown für die Finanzen der Gemeinden und Städte bedeutet.

Wir haben die Debatte schon einmal gehabt, wir haben hier schon einmal einen Ent­schließungsantrag gestellt, der aber leider abgelehnt wurde. Vorigen Freitag gab es im Budgetausschuss einen diesbezüglichen Antrag, der leider vertagt wurde, und deshalb gibt es heute in der Debatte die Chance – jetzt wende ich mich vor allem an die Kol-


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leginnen und Kollegen von der ÖVP, zum Beispiel an die neun Bürgermeister und an die drei Vizebürgermeisterinnen und Vizebürgermeister, die in diesen Reihen sitzen, plus an all jene, die einmal in einer Gemeindefunktion waren –, noch einmal darüber nachzudenken, wie schnell man endlich den Gemeinden helfen sollte und dass man solche Initiativen nicht ständig ablehnen und vertagen sollte. (Beifall bei der SPÖ.)

Worum geht es in dieser Debatte? – In dieser Debatte geht es darum, wie sich Ge­meinden eigentlich finanzieren. Gemeinden und Städte haben im Wesentlichen zwei Einnahmequellen, wenn man einmal die kleineren Erträge außen vor lässt: Das eine ist die Kommunalsteuer und das andere sind die Ertragsanteile. Kommunalsteuer bedeu­tet, dass jeder Betrieb, der Beschäftigte in der Gemeinde hat, einen gewissen Prozent­satz an die Gemeinde abliefert.

Das Problem in der momentanen Situation: Für all jene, die arbeitslos sind, wird logi­scherweise keine Kommunalsteuer bezahlt, und all jene 1,1 Millionen, das wissen wir mittlerweile, Menschen in Kurzarbeit – bei den Arbeitslosen erfahren wir momentan noch keine Zahlen – zahlen ebenfalls keine Kommunalsteuer. Das heißt, in diesem Be­reich gibt es einmal massive Einnahmenausfälle für die Gemeinden – und das beginnt in Wirklichkeit erst jetzt. Wir wissen ja ganz genau, wenn man sich so anschaut, wie sich das alles entwickelt, dass die Beschäftigung nicht morgen wieder in die Höhe fährt, sondern dass das ein Prozess ist, der lange andauern wird. Man rechnet mit min­destens 15, wahrscheinlich mit 20 bis 25 Prozent Einnahmenentfall aus der Kommu­nalsteuer.

Jetzt gibt es aber einen noch viel größeren und schwierigeren Bereich, der alle Ge­meinden trifft – es gibt nämlich manche Gemeinden, die halt weniger Beschäftigte ha­ben, und deshalb finanzieren sie sich auch nicht aus der Kommunalsteuer –, und das sind die Ertragsanteile. Ertragsanteile bedeutet, dass das Gesamtsteueraufkommen des Bundes auf den Bund, die Länder und die Gemeinden aufgeteilt wird und am Ende des Tages eben auch die Gemeinden einen gewissen Anteil bekommen.

Da aber das Steueraufkommen mit März und April komplett beziehungsweise sehr stark einbricht, bedeutet das, dass es auch bei den Ertragsanteilen spätestens mit Mai und Juni in den Gemeinden massive Einbußen gibt. Das heißt also, das sind ebenfalls mindestens noch einmal 15 bis 20 Prozent weniger Einnahmen für die Gemeinden.

Jetzt kann man sagen: Ja Gemeinden, das ist ein abstrakter Körper, worum geht es denn da überhaupt?! – Ich glaube, man muss sich vergegenwärtigen, was eigentlich die Aufgabe einer Kommune ist. Was ist die Aufgabe einer Gemeinde oder einer Stadt? Wofür sind die Gemeinden zuständig? – Wir alle leben in einer Gemeinde, wir alle sind Nutznießerinnen und Nutznießer des Leistungsangebotes dieser Gemeinden und dieser Kommunen, und wir alle werden darunter leiden, wenn es Einschränkungen in diesem Bereich gibt, die es unweigerlich geben wird, weil die Gemeinden ganz ein­fach Finanzmittel brauchen, damit sie diese Leistungen überhaupt aufrechterhalten können.

Zum Beispiel wird die gesamte Frage der Kinderbetreuung – Kleinkinderbetreuung, Kindergarten, Nachmittagsbetreuung in der Schule – zu einem großen Teil von den Gemeinden gestaltet – natürlich auch, was die Gebäude betrifft. Wenn man also einen neuen Kindergarten baut, finanzieren das ebenfalls in erster Linie die Gemeinden.

Die Frage der Schulerhaltung – Volksschulen, neue Mittelschulen, Polytechnikum, Be­rufsschulen, allgemeine Sonderschulen: Das sind alles Dinge, die zu 100 Prozent von den Gemeinden erhalten und finanziert werden.

Die Frage des Feuerwehrwesens, die Frage des Rettungswesens: Wenn jemand von uns heute die Rettung anruft, fährt die deshalb aus der Garage heraus, weil zu einem großen Teil die Gemeinden und Städte diese finanzieren. Das schaue ich mir an, wenn


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die Gemeinden kein Geld mehr haben und das Rettungsauto nicht mehr aus der Ga­rage herausfährt! (Beifall bei der SPÖ.)

Die Spitäler werden zu einem großen Teil von den Gemeinden finanziert, genauso wie die Pflege. Die Infrastruktur im Gesamten wird von den Gemeinden finanziert. Wenn wir heute in der Früh aufstehen und uns in die Dusche stellen, dann gehen wir selbst­verständlich davon aus, dass Wasser herunterrinnt, und wir gehen auch davon aus, dass es wieder abläuft, aber dafür, dass das passiert, ist die tagtägliche Arbeit in den Kommunen nötig. Das geschieht, weil die Kommunen da finanziell zur Seite stehen. (Beifall bei der SPÖ.)

Deshalb glaube ich, dass es wichtig ist, dass wir das Thema endlich ernst nehmen, weil die ersten Gemeinden sehr bald, spätestens im Juni, Juli, wenn hier nichts pas­siert, in die Zahlungsunfähigkeit schlittern, und dann reden wir über genau diese An­gebote, die dann in den Gemeinden nicht mehr gewährleistet sind.

Ich höre ja aus manchen ÖVP-Teilen, dass es eh schon so ein bisschen eine Lösung gibt, nämlich genau so eine Nichtlösung, wie es sie für viele Unternehmen momentan gibt, nämlich dass die ÖVP-Länder sagen: Na ja, heben wir momentan halt die Maas­trichtkriterien auf und erlauben wir den Gemeinden, dass sie sich zusätzlich Kredite aufnehmen! – Das ist genauso wenig eine Lösung, wie es für die Unternehmen eine Lösung ist, wenn man sagt: Wir helfen euch zwar nicht finanziell, aber nehmt euch einen Kredit auf und schaut halt, wie ihr ihn dann die nächsten Jahre zurückzahlt! – Genauso ist es auch bei den Gemeinden, und das ist eine Katastrophe! (Beifall bei der SPÖ.)

Es geht aber noch um einen zweiten Aspekt, und den möchte ich auch ganz bewusst nennen, weil man das wahrscheinlich gleichfalls noch zu wenig im Fokus hat: Es muss ja auch – vielleicht sind wir schon dort; wenn nicht, werden wir bald dort sein – einen Tag nach der Coronakrise geben. Es muss auch einen Tag geben, an dem man wirk­lich versucht, die Wirtschaft wieder in die Höhe zu fahren. Es muss auch einen Tag geben, an dem man wirklich versucht, auch die Arbeitslosigkeit ernsthaft zu bekämpfen und zu schauen, dass diejenigen, die jetzt in Kurzarbeit sind, nicht nachher in die Ar­beitslosigkeit schlittern.

Wenn man weiß, dass erstens die meisten Betriebe Einpersonenunternehmen oder kleine und mittelständische Unternehmen sind, dass zweitens die meisten Beschäftig­ten in diesen kleinen und mittelständischen Unternehmen beheimatet sind und dass drittens die Gemeinden der mit Abstand größte Investor in unserer Republik sind, dann kann man sich ungefähr ausrechnen, wie man die Wirtschaft nicht in die Höhe be­kommt und wie man die Arbeitslosigkeit nicht bekämpfen kann, nämlich indem man den Gemeinden keine Finanzmittel gibt, damit sie investieren können. (Beifall bei der SPÖ.)

Die Bundesregierung, Kolleginnen und Kollegen, wird nicht schauen, wie sie dem klei­nen Elektriker, dem kleinen Installateur, dem kleinen Tischler in meiner Gemeinde hel­fen kann. Das ist Aufgabe der Gemeinden (Abg. Hörl: Der Wirtschaft!) und das ma­chen die Gemeinden auch. Wir machen das gerne, und damit wir das auch weiterhin machen können, brauchen wir auch die notwendigen Finanzmittel, um vor Ort dem kleinen Elektriker, dem kleinen Tischler, dem kleinen Installateur und so weiter, all den kleinen Betrieben helfen zu können. Wenn wir das Geld nicht bekommen, dann werden alle Gemeinden ihre Projekte zurückschrauben und dann werden wir in weiterer Fol­ge von der Coronakrise in eine massive Wirtschaftskrise schlittern. (Zwischenruf des Abg. Hörl.)

In diesem Sinne: Meine sehr geehrten Damen und Herren, Kolleginnen und Kollegen, springt über euren Schatten, vor allem über euren (in Richtung ÖVP) türkisen Schat-


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ten! Gebt euch einen Ruck! Die Gemeinden brauchen Finanzmittel, um die Wirtschaft anzukurbeln. Wir in den Gemeinden brauchen Finanzmittel, damit wir die Arbeitslosig­keit intensiv und massiv bekämpfen können. – Danke schön. (Beifall bei der SPÖ. – Zwischenruf des Abg. Vogl.)

15.11


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Abgeord­neter Hofinger. – Bitte.


15.11.50

Abgeordneter Ing. Manfred Hofinger (ÖVP): Geschätzter Herr Präsident! Liebe Kol­leginnen und Kollegen! Ich bin eigentlich froh, dass wir heute diesen Antrag hier im Plenum vorliegen haben und auch endlich einmal über die Gemeinden und deren Si­tuation in der Coronakrise diskutieren können.

Ich möchte eines vorweg ganz scharf zurückweisen: In diesem Antrag ist wieder eine Formulierung enthalten, die die Verantwortung für die Situation der Coronakrise auf die Regierung abschiebt, aber nicht die Regierung ist schuld an der Coronakrise und ihren Auswirkungen, sondern das ist eine weltweite Krise. Ich glaube, wir haben hier die rich­tigen Schritte gesetzt, und weise daher diese Aussage auf das Schärfste zurück. (Bei­fall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Grünen.)

Nun zu der Situation der Gemeinden: Ja, wir stecken in einer Krise, wie wir sie noch nie hatten, und wir wissen auch nicht, wie sie enden wird. Es ist richtig, dass wir in den Gemeinden Mindereinnahmen bei den Ertragsanteilen und bei der Kommunalsteuer haben. Es ist auch richtig, dass wir Mehrausgaben im Gesundheitsbereich, vor allem im Krankenanstaltenbereich und im Pflegebereich haben. Es ist aber auch richtig, dass alle Gebietskörperschaften Mindereinnahmen haben: Land und Bund. Wir sitzen alle im gleichen Boot.

Ich möchte eines dazu sagen: Es ist wichtig, bei den Aufgaben der Gemeinden zu un­terscheiden, ob es sich dabei um die Erfüllung gesetzlicher Vorgaben handelt – das hat Herr Kollross schon angesprochen –: Kinderbetreuung, die Aufgaben als Schulerhalter; ebenso haben wir im Pflegebereich und bei den Rot-Kreuz-Diensten alles zu erledigen. Die Gemeinden darf man aber auch als Wirtschaftsmotor für die regionale Wirtschaft nicht unterschätzen. Mit den Investitionen leisten wir, die Gemeinden, für die regionale Wirtschaft einen ganz wesentlichen Beitrag, auch wenn wir in der momentanen Situa­tion manche Projekte nicht gleich umsetzen können, sondern aufschieben müssen. Ich merke aber, dass es da von den Bürgermeistern großes Entgegenkommen gibt. (Bei­fall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Grünen.)

Wie können wir diese Krise tatsächlich im Sinne der Gemeinden bewältigen? – Der wichtigste, einschneidendste und beste Weg ist, dass wir die Wirtschaft wieder ge­mächlich hochfahren, dass die Mittel aus der Kommunalsteuer wieder fließen. Das ist meiner Meinung nach für die Gemeinden ganz wesentlich.

Es gibt laut Prognose des Bundesministeriums für Finanzen für 2020 bei den Ertrags­anteilen einen Rückgang von 4,1 Prozent. Es gibt aber auch Gemeinden, die keine Kommunalsteuereinnahmen haben, wenige Betriebe haben und ihren Haushalt nicht ausgleichen können. In diesem Zusammenhang möchte ich schon eines aussprechen: Uns ist sehr wohl bewusst, dass das eine sehr schwierige Situation ist, aber wir wollen gemeinsam mit dem Bund und den Ländern schauen, dass es auch diesen Gemeinden in Zukunft wieder gut geht. Ich verspreche, dass wir keinen Bürgermeister und keine Gemeinde im Regen stehen lassen. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Grünen.)

Abschließend möchte ich mich in dieser sehr herausfordernden Zeit bei allen Bürger­meisterinnen und allen Bürgermeistern bedanken. Mit ihnen, ihren Bediensteten und


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Funktionären sind die Gemeinden nicht nur ein großer Wirtschaftsmotor, sondern auch das Rückgrat für die Menschen auf dem Lande und ein ganz besonderer Dienstleister in dieser Zeit. Ich danke euch für eure großartige Arbeit und für diesen unermüdlichen Einsatz! – Herzlichen Dank. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Grünen.)

15.15


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Abge­ordneter Köchl. – Bitte.


15.15.46

Abgeordneter Klaus Köchl (SPÖ): Geschätzter Herr Präsident! Geschätzte Kollegin­nen und liebe Kollegen! Als Bürgermeister einer kleinen Marktgemeinde ist es mir ein ganz besonderes Anliegen, über Gemeinden zu reden. Und da Herr Ing. Hofinger, mein Vorredner, gerade gesagt hat, dass er froh ist, dass dieser Antrag von meinen Kollegen Kollross und Schroll und mir eingebracht worden ist, denn dann könne man endlich einmal über die Gemeinden reden, stelle ich schon die Frage: Wann sonst hät­tet ihr denn über die Gemeinden geredet – im Herbst oder wann? Dann, wenn eigent­lich alles zu spät ist? (Beifall bei der SPÖ.)

Hilfe für die Gemeinden wird unbedingt notwendig sein. Es wird nicht anders gehen, denn wie wir gehört haben, brechen die Ertragsanteile zusammen, und es wird bei den Gemeinden spätestens im Sommer einen großen Stillstand geben. In fast zwei Dritteln der Gemeinden in Kärnten stellt die ÖVP den Bürgermeister; das sind kleine Landge­meinden, die wird es ganz besonders schlimm treffen. Deshalb fordere ich heute alle Bürgermeister – beginnend beim Präsidenten des Österreichischen Gemeindebundes Alfred Riedl – auf, sich zusammenzuschließen und gemeinsam mit der Bundesregie­rung ein Paket zu erarbeiten, um den Gemeinden wirklich zu helfen.

Ich fordere auch die Medien auf und bitte sie, da mitzumachen. Ich bin jetzt doch schon ein paar Monate im Nationalrat und habe beobachtet: Wenn meine Klubobfrau Rendi-Wagner, die eine Expertin ist, sagt: Es muss getestet werden!, dann wird das in den Medien einfach nicht so wahrgenommen; wenn aber ein paar Tage später der Herr Bundeskanzler sagt: Testen, testen, testen!, dann ist das das Wichtigste und die Me­dien springen auf das auf. Deshalb bitte ich heute auch die Medien, dass sie dieses Thema ernst nehmen, denn jeder Einzelne von uns lebt in einer Gemeinde, in einer größeren oder in einer kleineren, oder in einer Stadt. (Zwischenruf bei der FPÖ.)

Wir haben 2 076 Gemeinden, 771 Marktgemeinden, 15 große Städte und 186 mittlere Städte. Wenn es so ist, dass wir Gemeinden und Städte im Herbst keine Aufträge mehr vergeben können, wenn es so ist, dass wir im Herbst noch immer nicht wissen, wie es mit den Kindern, mit deren Betreuung weitergeht, auch hinsichtlich der Frage, wer all das finanziert, dann mache ich mir wirklich Sorgen, dass die kleinen Betriebe in un­seren kleinen Gemeinden nicht mehr existieren können, da wir Gemeinden im Infra­strukturbereich die meisten Aufträge erteilen; daher ersuche ich euch darum.

Im Zusammenhang mit den Ertragsanteilen darf ich meine Gemeinde als Beispiel dafür bringen, wie schwierig es sein wird: Wir haben insgesamt 6 Millionen Euro Budget, wir haben 2,8 Millionen Euro Ertragsanteile vom Bund. Ich erwarte mir da auf der anderen Seite auch, dass beim Finanzausgleich einmal wirklich faire Verhandlungen geführt werden, dass Gemeinden da wirklich einmal Geld kriegen, dass sie nicht immer - - (Abg. Obernosterer: Sag’s deinen Leuten!) – Nein, ich helfe ja deiner Gemeinde im Lesachtal oben, damit es weiterhin so schön ist. Sei froh, dass wir helfen, denn ihr sel­ber, die Bürgermeister von der ÖVP, hättet da ohnehin nichts getan! Seid froh, dass wir darauf schauen! (Beifall bei der SPÖ sowie des Abg. Rauch. – Zwischenruf des Abg. Hörl.)

Das macht, wenn ich da nur 20 Prozent ausrechne, bei uns 423 000 Euro aus. Wir sind eine Gemeinde, die gar nicht so schlecht ist, was die Kommunalsteuer betrifft – da ver-


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lieren wir auch 200 000 Euro. Ja wo sollen wir denn 600 000 Euro hernehmen? (Zwi­schenruf des Abg. Hörl.) Wie soll denn das gehen?

Bitte, Bürgermeister und Bürgermeisterinnen, wir machen ja normalerweise nicht Poli­tik, aber stehen wir zusammen, helfen wir Alfred Riedl! (Zwischenruf des Abg. Hörl.) Rührt euch bitte auch in eurer Fraktion! Es kann nicht sein, dass immer nur die Kon­zerne oder irgendwelche Großfirmen alles abkriegen, sondern helfen wir einmal den Gemeinden – das ist die Grundbasis und das schafft auch Arbeitsplätze. Das wollte ich hier gesagt haben. (Beifall bei der SPÖ. – Zwischenruf des Abg. Hörl.)

15.19


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Abgeord­neter Angerer. – Bitte.


15.19.45

Abgeordneter Erwin Angerer (FPÖ): Herr Präsident! Hohes Haus! Geschätzte Da­men und Herren! Geschätzte Bürgerinnen und Bürger draußen in unseren Städten und Dörfern! Geschätzter Herr Kollege Hofinger, Sie brauchen sich nicht bei uns als Bür­germeister zu bedanken. Sie brauchen sich nicht bei uns als Gemeindemandataren zu bedanken. Wir brauchen keine Schönwetterreden von der ÖVP. Ihr sollt endlich han­deln! Ihr sollt endlich etwas tun!

Wir machen uns Sorgen, die Leistungen für unsere Bürger draußen aufrechterhalten zu können – nicht um uns, nicht um uns Bürgermeister, nicht um die Tausenden Ge­meindemandatare, die ehrenamtlich arbeiten, die keine großen Politikergehälter ver­dienen, die das als Ehrenamtliche machen und für ihre Heimat eintreten, in den Ge­meinderäten drinnen sitzen und schauen, dass die Kinderbetreuung funktioniert, dass die Volksschule funktioniert, dass die Hauptschule funktioniert, dass das Altersheim funktioniert, dass die Wasserleitung funktioniert, dass der Kanal funktioniert, dass un­sere Straßen gerichtet sind und, und, und. Das tun wir da draußen und darum machen wir uns Sorgen. (Beifall bei der FPÖ und bei Abgeordneten der SPÖ.) Gott sei Dank gibt es bei der SPÖ auch noch ein paar Bürgermeister, die sich darum Sorgen ma­chen. (Zwischenruf der Abg. Kirchbaumer.)

Wer ist denn die Gemeinde? – Die Gemeinde sind die Bürger draußen. Wir werden diese Leistungen nicht mehr aufrechterhalten können, und das muss uns bewusst sein.

Wenn man sich heute die Transferleistungen anschaut, wenn man sich anschaut, wie die einzelnen Gemeinden in den einzelnen Bundesländern andere Leistungen mitfinan­zieren – da geht es primär um den Krankenhausbereich, um den Gesundheitsbereich und um den Sozialbereich –, muss ich euch die Frage stellen: Was werden wir zuerst zusperren? (Ruf bei der ÖVP: So ein Blödsinn! – Zwischenrufe bei der FPÖ.) Kranken­häuser? In Hermagor, in Spittal, in Villach? Wo sperren wir denn zu? Wo sparen wir denn? Welche Altersheime sperren wir denn zu? Stellen wir die Kinderbetreuung ein? Was machen wir als Erstes dicht, wenn die Gemeinden nicht mehr finanzierungsfähig sind?

Es geht da also nicht um Bürgermeister und irgendwelche Funktionäre oder um die Gemeinden als solche, sondern es geht da um die Leistungen, die unsere Bevölkerung draußen in den Ortschaften braucht. Das ist euch schon bewusst, doch ihr kommt hier heraus und haltet Schönwetterreden, ihr habt aber keine Lösungen! Wir haben schon in der letzten Sitzung einen Antrag eingebracht. Was da ein ganz wesentlicher Punkt ist, ist die Finanzierung von Projekten, die wir dann auch in die Wirtschaft hinauskrie­gen, mit denen wir unseren Klein- und Mittelbetrieben draußen wieder helfen können. Das kann man über die Gemeinden tun, die Gemeinden machen das, die machen das über Jahre, über Jahrzehnte perfekt, und davon leben die kleinen und mittleren Be­triebe in unseren Regionen. Für sie müssen wir eine Finanzierung sicherstellen. (Beifall bei Abgeordneten von FPÖ und SPÖ.)


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Natürlich muss man die Einnahmenausfälle in irgendeiner Form zu kompensieren ver­suchen. Ich habe ja nichts dagegen, dass man derzeit freiwillige Leistungen zurück­stellen muss. Es wird auch jeder verstehen, dass man eine Vereinsförderung in den nächsten Jahren vielleicht nicht mehr auszahlen kann und, und, und. Da werden wir ein bissel sparen müssen. Das Notwendigste werden wir aber in den Gemeinden drau­ßen wohl tun müssen, das geht ja gar nicht anders.

Wenn ich mir heute in Kärnten – da muss ich auch die SPÖ ein bissel in die Pflicht nehmen – die Kinderbetreuung anschaue: Wir sind weiterhin verpflichtet, Kindergärten zu betreiben. Herr Landeshauptmann Kaiser propagiert seit Jahren den Gratiskinder­garten in Kärnten, das war das große Wahlkampfthema im Jahr 2018. Was tut der Herr Landeshauptmann jetzt gleich als Erstes? – Er kürzt seinen Beitrag um 50 Prozent, er dreht 50 Prozent der Zahlungen zurück. Wir bleiben zu 100 Prozent auf unseren Leis­tungen hängen. Das ist also auch zweischneidig, was Herr Landeshauptmann Kaiser da in Kärnten macht.

Ich finde – ich appelliere an alle, von oben nach unten, von der Bundesregierung, vom Nationalrat über die Landeshauptleute bis hin zu unseren Gemeindevertretern –, dass man sich zusammensetzen, ernsthaft darüber nachdenken und auch ehrlich und offen darüber reden soll, wie wir die Leistungen für unsere Bevölkerung aufrechterhalten können. – Danke schön. (Beifall bei Abgeordneten von FPÖ und SPÖ.)

15.23


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Toma­selli. – Bitte.


15.24.02

Abgeordnete Mag. Nina Tomaselli (Grüne): Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kol­leginnen und Kollegen! Wir haben es heute schon sehr oft gehört: Corona verändert Österreich. Eingelerntes, immer schon Dagewesenes ist nicht mehr so, und das betrifft auch die komplette Organisation der Gemeinden, die sich auf einen Schlag verändert hat. Es gibt de facto – ich habe lange darüber nachgedacht – keinen Aufgabenbereich auf Gemeindeebene, welcher von der Coronakrise unberührt bleibt: Kinderbetreuung, Bürgerservice, Entsorgung und, und, und. Alles hat man umstellen müssen.

Die Gemeinden machen ein sehr, sehr gutes Krisenmanagement. Sie reagieren nicht nur auf all die Schließungen der öffentlichen Daseinsvorsorge, nein, sie bieten darüber hinaus noch andere Services an. Mir fällt da zum Beispiel ein, dass viele Gemeinden Freiwillige organisieren, die den Menschen mit erhöhtem Risiko unter die Arme greifen, oder dass Casemanagement im Pflegebereich in ganz vielen Gemeinden schlagartig installiert worden ist. In meiner Heimatstadt Feldkirch hat kurzerhand das Stadtmarke­ting die Lieferungen für die Innenstadtgeschäfte übernommen, damit diese gegenüber Amazon, Zalando und Konsorten konkurrenzfähig bleiben. – Vielen Dank deshalb nicht nur an die Bürgermeister, sondern an alle auf Gemeindeebene Tätigen. Sie machen ei­nen ausgezeichneten Job, vielen Dank, auf Sie ist Verlass! (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Gleichzeitig – da haben wir sehr großes Verständnis – gibt es in Österreichs Ge­meindestuben auch Angst. Es ist die Angst vor dem Budgetloch. Die Gemeinden trifft es doppelt, denn nicht nur sinken die gemeinschaftlichen Bundesabgaben – das betrifft alle Gebietskörperschaften –, sondern es können auch die Kommunalsteuereinnahmen wegen Arbeitslosigkeit und wegen der Kurzarbeit laut Schätzungen um bis zu 50 Pro­zent verkürzt werden.

Kollege Kollross, Sie haben komplett recht: Wenn diese Einnahmen fehlen, dann muss es bei den Ausgaben auch irgendwo Kürzungen geben, und das betrifft dann wieder Schule, Kinder, Umwelt, Gesundheit, oder aber die Gemeinden kommen in eine Liqui-


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ditätsfalle. Wenn wir das verhindern möchten – ich glaube, das verbindet uns frak­tionsübergreifend –, braucht es ein Paket für die Gemeinden zur Sicherung ihrer Hand­lungsfähigkeit.

Wir Grüne wollen aber, dass die Städte und Gemeinden das Heft des Handelns in der Hand behalten. Gemeinden brauchen genügend Finanzmittel, um ihr riesiges Aufga­benfeld zu bestreiten (Zwischenruf des Abg. Kollross) – das war schon vor der Coro­nakrise so –: Kinderbetreuung, ÖPNV, also – wir haben es heute gehört – all die Din­ge, die wir gerne nutzen. Wir wollen aber, dass die Gemeinden unabhängig und selbst­bestimmt agieren können. Der beste Weg dahin ist und bleibt nach unserer Meinung, dass wir den Eigenanteil der Finanzierung der Gemeinden stärken, und das nachhaltig. Wir freuen uns auch, dass das sehr fest im Regierungsprogramm verankert ist. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Es wäre nun zum Beispiel der beste Zeitpunkt dafür, dass wir den Gemeinden die Möglichkeit geben, diese Eigenmittel, ihre eigenen Einnahmen, zu erhöhen. Der Ge­meindebund wünscht es sich, der Städtebund fordert es schon lange, aus Fairness­gründen und im Sinne des Bodensparens ist es sowieso schon überfällig: Wir könnten also einmal die Grundsteuer reformieren. (Beifall bei Abgeordneten von Grünen und ÖVP. – Zwischenrufe bei der SPÖ.)

Es ist nun übrigens auch der Zeitpunkt dazu, finde ich – darüber haben wir noch gar nicht geredet –, dass wir uns von alten Mustern verabschieden. Vergangene Woche – Sie haben es alle gehört – haben die Finanzreferentinnen und Finanzreferenten der Länder ausrichten lassen, dass sie jedenfalls am Finanzausgleich festhalten wollen, diesen nochmals verlängern wollen – schon wieder. Sorry, das ist tatsächlich das fal­sche Zeichen. In den letzten Jahren hat sich die Schere zwischen finanzstarken und fi­nanzschwachen Gemeinden aufgetan, und das wird natürlich durch die Coronakrise verschärft. Dann wäre auch die Bewältigung der Klimakrise ein nochmals so großer Kraftakt, den wir gesamtstaatlich bewältigen müssen. Deshalb ein Appell an die Län­der: Verabschieden Sie sich bitte von dieser gestrigen Haltung! Und bitte greifen auch Sie den Gemeinden finanziell unter die Arme, denn das wird nicht alles der Bund al­leine stemmen können!

Zusammengefasst, liebe Kolleginnen und Kollegen (in Richtung SPÖ) – wir haben es heute schon gehört –: Wir haben Ihren Antrag im Budgetausschuss vertagt. Das haben wir deshalb gemacht, weil wir zwar (Zwischenruf des Abg. Einwallner) – das haben Sie gehört – Ihr Ansinnen teilen, den finanzschwachen Gemeinden bei der Bewältigung der Coronakrise zu helfen, Sie in Ihrem Antrag aber viele Antworten schuldig bleiben. Sie wollen einerseits die besonders finanzstarken Gemeinden finanziell entlasten, weil sie die Kommunalsteuer ersetzen wollen. Was machen Sie dann mit den Gemeinden, die herausfordernde Demografie, Lage, Topografie haben? Zu diesen Punkten sagen Sie gar nichts. (Zwischenruf des Abg. Matznetter.) Warum wollen Sie nicht die Länder beteiligen, auch im schon genannten Finanzpaket? Und was machen Sie vor allem mit den Eigenmitteln der Gemeinden? (Abg. Stöger: Welche Eigenmittel?)

Abschließend: Klubobmann Leichtfried hat vorhin gesagt, das ist ein verpfuschtes Gesetz (Zwischenruf des Abg. Schroll), ich würde einmal sagen: Dieser Antrag ist ein undurchdachter Schnellschuss, um nicht Husch-Pfusch-Antrag zu sagen. – Danke. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der ÖVP. – Abg. Wurm: ... Matznetter!)

15.29


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Abgeordnete Doppel­bauer. – Bitte.


15.29.43

Abgeordnete Dipl.-Ing. Karin Doppelbauer (NEOS): Herr Präsident! Hohes Haus! Werte Zuseherinnen und Zuseher! Die SPÖ hat schon recht, wenn sie darauf hinweist,


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dass es für die Gemeinden in nächster Zeit härter werden wird. Die Gemeinden haben auf der Einkommensseite mit massiven Einbrüchen zu rechnen, zum Beispiel bricht auch die an der Lohnsumme hängende Kommunalsteuer ein. Im Gegensatz zur SPÖ glauben wir aber, dass man das Problem anders lösen muss. Wir glauben, es geht darum, dass es zu einer Neustrukturierung der Finanzen zwischen Bund, Ländern und Gemeinden kommt, also der Finanzausgleich steht bei uns im Mittelpunkt.

Und der, meine Damen und Herren, ist wirklich die Wurzel des Übels der österreichi­schen Föderalismuskrake. Das Grundprinzip lautet: Der Bund hebt die Steuern ein, die Länder und die Gemeinden geben dann je nach ihren Wirkungsbereichen einen Teil davon wieder aus. Wie problematisch das ist, sehen wir gerade auch jetzt in der Krise, wenn wir hören, dass die Gebietskörperschaften einkaufen – Masken einkaufen, was auch immer einkaufen – und natürlich im Nachhinein den Anspruch stellen, dass der Bund alles zahlt. Genau darin sehen wir eben dieses Problem.

Meine Damen und Herren! Es kann nicht sein, dass in den Ländern und in den Ge­meinden weiter jeder macht, was er will, und der Bund – sprich wir, wir Steuerzahle­rinnen und Steuerzahler – am Ende des Tages dann die Rechnung bezahlt. Wie wir vergangenen Freitag gehört haben, fordern die Länder – meine Kollegin hat es auch schon angesprochen –, dass die geplante Reform des Finanzausgleichs auf unbe­stimmte Zeit verschoben werden soll. Jetzt sei nicht die Zeit der Reformen, weil wir ja in der Krise wären. Und ganz im Ernst: Dass die Landesfinanzreferenten die Krise ausnutzen, um diese Verkrustung, um dieses alte Konstrukt noch einmal weiter zu kon­servieren und hier gemeinsam zu mauern, das war leider zu erwarten.

Es gibt aber keinen Grund für Untätigkeit. Genau jetzt wäre eigentlich der richtige Zeit­punkt, dass man eben genau über diesen Finanzausgleich spricht. Was braucht es? – Es braucht aus unserer Sicht eine umfassende Aufgaben-, Ausgaben- und Einnahmen­reform. Aufgaben-, Ausgaben- und Einnahmenverantwortung müssen in eine Hand zu­sammengeführt werden. Das heißt nichts anderes, als dass wir die Zuständigkeiten zwischen Bund, Ländern und Gemeinden neu verteilen müssen. Wir müssen in vielen Bereichen viel effizienter, viel effektiver werden. Das betrifft zum Beispiel – mein Kol­lege Gerald Loacker spricht es oft und öfter an – das Gesundheits- und Pflegewesen. Es ist vieles ineffizient, und vor allem kommt das Geld halt nicht dort an, wo es hinge­hört, nämlich beim Patienten.

Und ja, wir müssen uns auch die Finanzierung überlegen. Die Finanzierung gehört wirklich reformiert. Aus unserer Sicht braucht es eine teilweise Steuerautonomie der Länder und der Gemeinden.

Eines, meine Damen und Herren, ist auch sicher: In dem Moment, in dem die Länder und die Gemeinden selber einen Teil der Steuern einheben, werden sie auf der einen Seite garantiert sparsamer werden, die Gemeinden werden damit auf der anderen Seite aber auch ein Stück unabhängiger. (Zwischenruf des Abg. Matznetter.) Deswe­gen wäre jetzt genau der richtige Zeitpunkt, dass man diese längst überfällige Neu­strukturierung bei der Finanzierung von Bund, Ländern und Gemeinden angeht. Aber, wie gesagt – wir haben es gehört –: Die Länder haben im Augenblick offenbar keine Lust darauf, und das wird teuer; teuer wird es vor allem für die Steuerzahlerin und für den Steuerzahler.

Da wir vom Steuerzahler und von der Steuerzahlerin sprechen: Diese haben auch ein anderes Anrecht, nämlich ein Anrecht auf Transparenz. Herr Kollross – Kollege Koll­ross hat ja den Antrag heute eingebracht –, und ich glaube, ich darf sagen, Bürger­meister Kollross, Sie sind ja auch Vorstehender einer Gemeinde (Abg. Kollross: Ja!): Kennen Sie die Homepage www.offenerhaushalt.at? (Abg. Kollross – auf sein Ohr deutend –: Ich habe es nicht verstanden!) – Www.offenerhaushalt.at! (Abg. Kollross: Ja, sicher!) Haben Sie da schon einmal draufgeschaut? (Abg. Kollross nickt.) – Wir


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haben auch draufgeschaut. Ich glaube, Sie sind in der Gemeinde Trumau Bürgermeis­ter, soweit ich weiß, gell? (Abg. Kollross: Ja!)

So, das ist die Skizze. (Die Rednerin hält einen Ausdruck in die Höhe, auf dem einige blaue Flächen, eine orange Fläche und eine weiße Fläche zu sehen sind.) Man sieht es jetzt nicht sehr gut, das ist der Zeit geschuldet: Trumau ist das Weiße in der Mitte, alle anderen Gemeinden rundherum tragen nämlich ihre Daten und ihre Gemeindege­barungen in www.offenerhaushalt.at ein (Abg. Kollross: Ja! Homepage! Schauen Sie auf die Homepage!), Trumau trägt gar nichts ein. (Beifall bei den NEOS und bei Abge­ordneten der ÖVP. Abg. Kollross: Schauen Sie auf die Homepage!)

Und ganz im Ernst: Sie stellen sich hierher und wollen mehr Geld für die Gemein­den? – Ich finde, das ist ein richtiges Anliegen, aber da müssen Sie halt auch den Re­geln der Transparenz genügen und die Daten auf dieser Homepage eintragen. (Beifall bei den NEOS und bei Abgeordneten der ÖVP. Abg. Kollross: Www.trumau.at! Im Internet ...!) Man kann nicht Wasser predigen und Wein trinken, wollte ich sagen. (Hei­terkeit der Rednerin. Zwischenrufe bei der SPÖ. – Ruf bei der ÖVP: Sehr gute Re­de! Präsident Sobotka gibt das Glockenzeichen.)

Mein Fazit, um hier wieder zum Antrag zurückzukommen: Es braucht keine Verlänge­rung des derzeitigen Finanzausgleichs, wir brauchen tiefgreifende Reformen des Sys­tems: Aufgaben-, Ausgaben- und Einnahmenverantwortung gehören zusammenge­führt.

Ein letzter Satz: 1 440 Gemeinden tragen bis heute ihre Gebarungen auf www.offener­haushalt.at ein. Ich werde nächste Woche einmal nachschauen, vielleicht ist ja die Ge­meinde Trumau dazugekommen? Danke sehr. (Beifall bei den NEOS und bei Abge­ordneten der ÖVP. Abg. Kollross: ... Gemeindehomepage! ... Budget! Wie jede Ge­meinde! Das ist übrigens ein Gesetz! Abg. Matznetter: Bitte ... zu protokollieren: trumau.at, damit die Frau Kollegin nachschauen kann!)

15.34

15.35.00


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort ist dazu niemand mehr gemeldet. – Darf ich um Aufmerksamkeit bitten?! Wir kommen zur Abstimmung über einen Antrag.

Sollen wir unterbrechen? Sind die Klubs vollständig? SPÖ? – Okay. Grüne? NEOS? – Okay. FPÖ? – Okay. ÖVP? – Gut, dann dürfen wir abstimmen.

Wir kommen zur Abstimmung über den Antrag der Abgeordneten Kollross, Kollegin­nen und Kollegen, dem Budgetausschuss zur Berichterstattung über den An­trag 478/A(E) eine Frist bis zum 30. April 2020 zu setzen.

Die Damen und Herren, die diesem Fristsetzungsantrag zustimmen, bitte ich um ein Zeichen. – Das ist die Minderheit, daher abgelehnt. (Abg. Leichtfried: Das war jetzt schon peinlich von der ÖVP! Abg. Kopf: Peinlich war der ...!)

15.36.00Fortsetzung der Tagesordnung


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Ich nehme die Verhandlungen über die Punk­te 12 bis 14 der Tagesordnung wieder auf.

Zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Kucharowits. – Bitte. (Unruhe im Saal. – Der Prä­sident gibt das Glockenzeichen. – Abg. Kucharowits – auf dem Weg zum Redner­pult –: Herzlichen Dank für das Reinigen des Rednerpults, wollte ich vorweg einmal sa­gen!)


15.36.19

Abgeordnete Katharina Kucharowits (SPÖ): Sehr geschätzter Herr Präsident! Wer­ter Herr Minister! Liebe Kollegen und Kolleginnen! Werte Zuseherinnen und Zuseher!


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Vor in etwa drei Wochen bin ich hier am Rednerpult gestanden und habe vom Brodeln in der Bevölkerung gesprochen. Dieses Brodeln ist mittlerweile zu einem lauten Blub­bern mutiert und ist kurz vorm Überlaufen. Stichwort: 600 000 Menschen, die arbeitslos sind; der Härtefallfonds, der noch immer nicht bei allen greift; Aussagen, von Ihnen, Herr Präsident, zur Verpflichtung zu Apps; und – so wie heute – Eingriffe in unsere Grundrechte durch das Epidemiegesetz.

Ihre Schritte, geschätzte Kolleginnen und Kollegen von den Regierungsfraktionen, sind in keiner Weise mehr nachvollziehbar. Sie wirken willkürlich, unakkordiert und völlig be­vormundend. (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der NEOS.)

Vor sechs Wochen ist unsere Republik in einen Lockdownmodus gegangen. Es ging um unsere Gesundheit, es geht um unsere Gesundheit, das war ganz, ganz zentral, gar keine Frage. Jetzt aber kommen Fragen auf, und ich gehe davon aus, dass Ihre Mailboxen genauso voll sind wie unsere, Fragen darüber: Wieso gibt es die Locke­rungen und andere nicht? – Stichwort: Es finden Kulturevents statt, andere sind völlig untersagt. Wie soll man die Kindergartenverordnung mit Schutz und Distanz sozusa­gen wahren? Haben Sie schon einmal in einen Kindergarten geschaut, wie zum Teil Gruppengrößen beziehungsweise Räumlichkeiten gestaltet sind? Oder warum haben manche Geschäfte früher geöffnet als andere?

Die Krönung war die gestrige Berichterstattung! Es war uns untersagt beziehungsweise gab es diese Botschaften – etliche Male, in mehr als 60 Pressekonferenzen –, Freun­dInnen und Familien nicht zu besuchen – und gestern plötzlich doch! – Werte Bundes­regierung, was ist jetzt? Die Frage gilt es einfach zu stellen. (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der NEOS.)

Das Misstrauen wächst ganz einfach, auch die Angst um unsere Grundrechte, um unsere Demokratie, und dafür sind Sie verantwortlich. Ich darf in Erinnerung rufen: Wir wurden das erste Mal hellhörig, als es um Handybewegungsprofile ging, die an die Regierung gehen sollen, dann stand plötzlich die Entwicklung einer Immunitätsapp eines privaten Unternehmens im Raum, bei der es um die Reisefreiheit geht, und die schon erwähnte Aussage von Ihnen, Herr Präsident. Sie haben sie zurückgenommen, aber Sie haben es gesagt: die Verpflichtung zu einer App! – Das schafft ganz einfach Misstrauen.

Ich weiß, Contact-Tracing-Technologien sind im Einsatz gegen eine Pandemie im Mo­ment ganz hoch im Kurs, in aller Munde. Was aber nie passieren darf, ist, dass die Nutzung oder die Nichtnutzung darüber entscheidet, ob man arbeiten gehen darf, ob man in die Schule gehen darf, ob man zur Uni gehen darf oder ob man reisen darf. Wir haben uns für die Freiwilligkeit ausgesprochen. Machen wir es endlich ehrlich und wirk­lich fest! (Beifall bei der SPÖ.)

Heute fahren Sie mit Folgendem rein – ohne Begutachtung, eine Ho-ruck-Aktion –: Sie versuchen, im Rahmen des Epidemiegesetzes bestimmte Personen von Veranstaltun­gen, von Demos, von Kundgebungen auszunehmen. Wollen Sie denn, dass beispiels­weise nur mehr Menschen mit grauen Haaren an etwas teilnehmen dürfen? Oder wol­len Sie diese Gruppe zum Beispiel ausschließen? All das wäre nämlich mit Ihrer Lö­sung, auch wenn Sie sie vier Mal überarbeitet haben, ganz einfach möglich. Ich habe es oftmals gelesen, Herr Minister, oftmals! Sie haben heute vier Versionen ins Rennen geschickt. (Bundesminister Anschober: Ja, weil es neue ...!) Wir wissen haargenau, was drinnen steht.

Irgendwann einmal, geschätzte Kollegen und Kolleginnen, haben wir Abgeordnete die Stopptaste zu drücken, ganz einfach, weil wir auf die Verfassung vereidigt sind. Heute gilt es, ganz klar diese Stopptaste zu drücken (Beifall bei der SPÖ sowie bei Abgeord­neten von FPÖ und NEOS), denn jede Pandemiebekämpfung hat ganz klare Grenzen:


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Grenzen der Demokratie, der Rechtsstaatlichkeit, der Grund- und Freiheitsrechte, und diese sind niemals verhandelbar. – Vielen Dank. (Beifall bei der SPÖ sowie bei Abge­ordneten von FPÖ und NEOS.)

15.40


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Matz­netter. – Bitte.


15.41.04

Abgeordneter Dr. Christoph Matznetter (SPÖ): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Vereinzelt gibt es Hinweise von Zuseherinnen und Zusehern unserer Sitzung dahin gehend, dass die Opposition doch positive Maß­nahmen der Regierung hervorheben soll. – Ich folge dem nicht immer, aber ich möchte es jetzt tun: Gut, dass in Kürze die Friseursalons wieder aufsperren. Viele warten da­rauf, auch ich – der Herr Bundesminister und Kollege Shetty nicht so, aber die anderen tun es. – Das wäre mein positiver Beitrag.

Der Grund dafür, warum ich mich zu einem Thema, das eigentlich in die Zuständigkeit des Gesundheitsausschusses fällt, zu Wort melde, ist aber ein anderer: Da versucht diese Regierung, die bereits beim ersten Maßnahmenpaket, beim COVID-19 Gesetz – versteckt in den Inkrafttretensbestimmungen – die Anwendung des Epidemiegesetzes hinsichtlich der Schließung von Betrieben streichen wollte (Abg. Schellhorn: Ja!), mit der Absicht, sie alle von einer Entschädigung nach dem Epidemiegesetz auszuschlie­ßen, erneut so etwas zu machen. Plötzlich finden wir im Gesundheitsausschuss bei der betreffenden Passage einen Absatz 6 in § 32, wonach der zuständige Bundesminister durch Verordnung die Höhe der Entschädigung festsetzen kann.

Jetzt fragt man sich zuerst: Wenn sie das eh abgeschafft haben, wozu muss er eine Höhe festsetzen? (Bundesminister Anschober: Einheitlich!) – Die Antwort ist relativ einfach: Sie haben es nämlich am 14./15. März so schlampig gemacht, dass Sie den Ausschluss nur für die Schließung der Betriebe gemacht haben. Sie haben aber ver­gessen, dass die Verordnung vom Herrn Bundesminister keine Schließung von Betrie­ben war, sondern die Einführung von Verkehrsbeschränkungen, was nach dem Epide­miegesetz 1950 nichts anderes als eine Absonderung Krankheitsverdächtiger ist. Ich habe in der Nacht selber einen Musterantrag formuliert, den schon Hunderte herunter­geladen haben, und plötzlich gibt es ein Problem.

Das, was Sie jetzt vorhaben, meine Damen und Herren, wäre aber so, wie wenn je­mandem, der mir beim Auto hinten drauffährt, der klar schuld ist und mir den vollen Vermögensschaden zahlen muss – und so steht es im Epidemiegesetz: den vollen Vermögensschaden –, erlaubt wird, festzulegen (Abg. Belakowitsch: Wie viel Pro­zent!), welche Höhe mein Vermögensschaden hat. Stoßstange? Wozu brauchen Sie die, Herr Doktor? Das ist ja nur eine Schönheitssache, die auch überbewertet ist! – Er setzt fest, wie hoch der Schaden sein darf.

So setzt der Minister, der verantwortlich ist, der die Exekutive repräsentiert, die Höhe selber fest! (Beifall bei der SPÖ.)  Ich pack’ euch nicht mehr, wirklich wahr! Lasst sol­che Sachen sein! Gebt den Leuten die volle Entschädigung, dann gibt es keine Kon­kurse und hoffentlich nicht eine Million Arbeitslose! – Danke. (Beifall bei der SPÖ sowie bei Abgeordneten von FPÖ und NEOS.)

15.43


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort ist dazu niemand mehr gemeldet. Die Debatte ist geschlossen.

Wünscht die Berichterstatterin ein Schlusswort? – Das ist nicht der Fall.


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll27. Sitzung, 28. April 2020 / Seite 152

15.44.0215. Punkt

Bericht des Gesundheitsausschusses über den Antrag 422/A(E) der Abgeordne­ten Philip Kucher, Kolleginnen und Kollegen betreffend österreichweit einheitli­cher Masterplan zum Hochfahren des Gesundheitssystems (133 d.B.)


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Wir gelangen nun zum 15. Punkt der Tagesordnung.

Auf eine mündliche Berichterstattung wurde verzichtet.

Zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Köllner. – Bitte.


15.44.28

Abgeordneter Maximilian Köllner, MA (SPÖ): Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Mi­nister! Hohes Haus! Geschätzte Zuschauerinnen und Zuschauer zu Hause! Ich denke, wir sind uns einig, wenn ich sage, Sport ist die sinnvollste Form der Freizeitbeschäfti­gung. Unzählige Studien beweisen, dass durch Sport nicht nur das Immunsystem ge­stärkt, sondern auch das Gesundheitssystem entlastet wird. Wir müssen daher im Zu­ge dieser Gesundheitsdebatte auch den Sport thematisieren, denn während andere Bereiche des Lebens in Zeiten wie diesen Unterstützung erhalten oder bereits erhalten haben, wird der Sport nach wie vor sträflich vernachlässigt.

Seit Beginn der Einschränkungen durch die Coronakrise gibt es Hilferufe aus dem Sportbereich. Täglich melden sich bei mir verzweifelte Funktionäre, Sportler und Sport­stättenbetreiber und fragen, warum sie von der Bundesregierung links liegen gelassen werden.

Unverständlich ist auch, warum für die Schüler Unterricht indoor möglich sein soll, Sport und Bewegung outdoor aber nicht. Seit Wochen gibt es Unklarheit, die Men­schen tappen im Dunkeln und wissen nicht wirklich, wie es weitergeht. Was alle Sport­begeisterten brauchen, das sind sofortige und konkrete Lösungen, was die Öffnung von Sportstätten und die Ausübung der Sportarten betrifft. (Beifall bei der SPÖ.) Was sie aber definitiv nicht brauchen können, sind Pressekonferenzen und Auftritte des Sportministers wie zum Beispiel zuletzt in „Sport am Sonntag“, bei denen die Verant­wortung zu seinem Parteikollegen Gesundheitsminister Anschober geschoben wird und mehr Fragen aufgeworfen als Antworten gegeben werden.

Wenn Sie, liebe Minister, einfach so halbherzig weitertun wie bisher, lassen Sie 15 000 Sportvereine, 2,1 Millionen Mitglieder, 570 000 Funktionärinnen und Funktionä­re ebenso im Stich wie Tausende Betreiber von Sportstätten, Fitness- und Yogastu­dios! (Beifall bei der SPÖ.)

Die Uhr tickt, es ist fünf nach zwölf. Ich war selbst 20 Jahre lang Mitglied des Fußball­klubs in meiner Heimatgemeinde, und auch, wenn es für eine Profikarriere leider nicht gereicht hat, erinnere ich mich gerne an die schönen Momente, zum Beispiel beim Feiern eines Meistertitels. Natürlich gibt es in Sportvereinen aber nicht nur rosige Zeiten, beispielsweise wenn die wirtschaftliche Situation die ehrenamtlichen Funk­tionäre vor große Herausforderungen stellt, weil man privat für die Verbindlichkeiten des Vereins haftet. Ganz aktuell bereitet die Coronakrise den Sportvereinen Kopfzer­brechen. Aufgrund der Beschränkungen und der Absage von Veranstaltungen kämpfen sie mit großen Einnahmenverlusten; Eintrittsgelder, Kantineneinnahmen, Mitgliedsbei­träge und Sponsorings bleiben aus, während Fixkosten, Betriebskosten und Personal­kosten bestehen bleiben.

Fakt ist, dass bereits ein erheblicher Schaden entstanden ist. Es braucht daher eine sofortige finanzielle Ersthilfe für die Sportvereine, um ihnen wieder auf die Beine zu helfen. Wenn die großen Erfolge errungen werden, sind sicher auch die Mitglieder der


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Bundesregierung – die meisten sind jetzt nicht da – nicht weit, um den Sportlerinnen und Sportlern auf die Schultern zu klopfen und im Scheinwerferlicht der Medien mitzu­baden.

Die Sportvereine haben eine enorme Bedeutung für unsere Gesellschaft, also Schluss mit den Lippenbekenntnissen und Ankündigungen! Unterstützen Sie die Vereine aktiv, sonst drohen Wiener Derbys zwischen Rapid und Austria genauso der Vergangenheit anzugehören wie das Unterhausderby zwischen Illmitz und Apetlon!

Ich bringe daher folgenden Entschließungsantrag ein:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Maximilian Köllner, MA, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Ret­tungsschirm für den Sport!“

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die zuständigen Mitglieder der Bundesregierung, insbesondere der Bundesminister für Kunst, Kultur, öffentlichen Dienst und Sport, wird aufgefordert dafür Sorge zu tragen, dass

- den österreichischen Sportvereinen als sofortige Ersthilfe mindestens 100 Mio. Euro zur Bewältigung der Ausfälle durch die Corona-Krise zur Verfügung gestellt werden,

- Schulkinder im Rahmen der Wiederaufnahme des Schulunterrichts (z.B. im Freien) Bewegung und Sport ausüben können,

- endlich klare gesetzliche Rahmenbedingungen geschaffen werden, wann und unter welchen Bedingungen sportliche Aktivitäten in geschlossenen Räumen sowie im Freien wieder möglich sind.“

*****

Es lebe der Sport! (Beifall bei der SPÖ.)

15.48

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Maximilian Köllner, MA

Genossinnen und Genossen

betreffend Rettungsschirm für den Sport!

eingebracht im Zuge der Debatte zu Bericht des Gesundheitsausschusses über den Antrag 422/A(E) der Abgeordneten Philip Kucher, Kolleginnen und Kollegen betreffend österreichweit einheitlicher Masterplan zum Hochfahren des Gesundheitssystems (133 d.B.)

Die Sportvereine in Österreich leisten einen wesentlichen Beitrag für den gesellschaftli­chen Zusammenhalt und die Gesundheit der Menschen. Durch die behördliche Schlie­ßung von Sportstätten am 16. März und den damit verbundenen Absagen von Veran­staltungen und Wettbewerben, kommt es zu weitreichenden Ausfällen von Sponsorings und Einnahmen, bei gleichzeitigem Bestehen von Betriebskosten, Fixkosten und Per­sonalkosten. Aufgrund dessen zittern rund 15.000 Sportvereine mit mehr als 2,1 Mil­lionen Mitgliedern um ihre Existenz. Die Einschränkungen treffen alle Sportvereine;


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vom Breiten-, über den Amateur- bis hin zum Spitzensport, sowie auch Betreiber von Fitness- und Yogastudios und weiteren Sportstätten.

Der Sport ist nicht nur für eine gesunde und integrative Gesellschaft wichtig, sondern auch ein enormer Wirtschaftsfaktor in Österreich, der in Zukunft nicht gefährdet werden darf. Nach einer Studie der SportsEconAustria beträgt die Bruttowertschöpfung des ös­terreichischen Sports im engeren Sinn € 5,6 Mrd. – das sind 2,55 % der gesamt öster­reichischen Bruttowertschöpfung. Im EU-weiten Vergleich liegt Österreich in der Sport­wirtschaft, gemessen am Anteil zum BIP oder der Beschäftigung, weit voran. 3,02 % der österreichischen Erwerbstätigen sind im Sportbereich im engeren Sinn beschäftigt.

Im weiteren Sinn beschäftigt der Sport sogar 333.000 Menschen (8,72 %), die 570.000 eh­renamtlichen FunktionärInnen und MitarbeiterInnen, ohne die dieser Sektor nicht funk­tionieren würde, nicht mit eingerechnet. Während etwa in der Schweiz den Verbänden und Vereinen im Sport sofort 100 Mio. Franken Ersthilfe (in etwa 95 Mio. Euro) zuge­sprochen wurde, wurden die österreichischen Sportvereine in den bisherigen Corona-Unterstützungsmaßnahmen – trotz mehrmaliger Ankündigungen – überhaupt noch nicht finanziell bedacht.

Neben der finanziellen Hilfe für Österreichs Sportvereine, fehlt es aber insbesondere auch an klaren Regelungen die Wiederaufnahme des Schulsports betreffend, aber auch an klaren gesetzlichen Rahmenbedingen, wann und unter welchen gesundheits­politischen Bedingungen Sport in geschlossenen Räumen als auch im Freien wieder ausgeübt werden kann, bzw. Sportstätten, insbesondere die ca. 1.300 Fitness- und Yo­gastudios wieder betreten werden dürfen.

Die mehr als 1.300 gewerblichen Fitnessbetriebe in Österreich setzen im Schnitt im Jahr 600 Mio. Euro um und beschäftigten rund 8.000 Personen. Dazu kommen noch gut 2.700 selbstständige Fitnesstrainer und Trainerinnen, die von dieser Branche ab­hängig sind, sowie MasseurInnen, Physiotherapeutlnnen und andere Personen im Ge­sundheitsbereich. Hierbei geht es nicht nur um das wirtschaftliche Überleben der Be­triebe, sondern auch um Arbeitsplätze und die Gesundheit der Bevölkerung.

Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher nachfolgenden

Entschließungsantrag

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die zuständigen Mitglieder der Bundesregierung, insbesondere der Bundesminister für Kunst, Kultur, öffentlichen Dienst und Sport, wird aufgefordert dafür Sorge zu tragen, dass

-             den österreichischen Sportvereinen als sofortige Ersthilfe mindestens 100 Mio. Euro zur Bewältigung der Ausfälle durch die Corona-Krise zur Verfügung ge­stellt werden,

-             Schulkinder im Rahmen der Wiederaufnahme des Schulunterrichts (z.B. im Freien) Bewegung und Sport ausüben können,

-             endlich klare gesetzliche Rahmenbedingungen geschaffen werden, wann und unter welchen Bedingungen sportliche Aktivitäten in geschlossenen Räumen sowie im Freien wieder möglich sind.“

*****


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Der Entschließungsantrag ist ordnungsgemäß eingebracht, ausreichend unterstützt und steht mit in Verhandlung.

Zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Smolle. – Bitte.



Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll27. Sitzung, 28. April 2020 / Seite 155

15.48.48

Abgeordneter Dr. Josef Smolle (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Bundesminister! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Der Antrag betreffend das stufenweise Hochfahren, das Wiederhochfah­ren unseres Gesundheitssystems oder vielleicht auch die Umorientierung unseres Ge­sundheitssystems, nachdem jetzt eine Akutphase vorbei ist, ist für mich ein willkomme­ner Anlass, unser Gesundheitssystem einmal entsprechend zu würdigen.

Wir können froh und stolz sein, dieses Gesundheitssystem zu haben. Zugleich muss uns auch bewusst sein, dass gerade in diesem Zusammenhang das Präventionspa­radoxon wieder besonders deutlich durchschlägt: Wir haben es nicht bis an die Gren­zen ausreizen müssen, gerade weil wir das Schlimmste verhindert haben. Seien wir froh, dass wir nicht an diese Grenzen gehen mussten! (Beifall bei der ÖVP und bei Ab­geordneten der Grünen.)

Wir sind in unserem solidarischen Gesundheitssystem gut aufgestellt. Wir haben etwa doppelt so viele Intensivbetten pro 100 000 Einwohner wie Italien, aber uns muss klar sein: Wäre auf uns eine solche gesundheitliche Katastrophe zugeschwappt, wie es in Italien der Fall war, dann hätten wir ein Vielfaches an Intensivbetten gebraucht. Das hätte auch uns überfordert.

Nun stehen wir gut da, und es besteht jetzt die Chance, stufenweise wieder hochzu­fahren. Das betrifft den intramuralen Bereich, aber auch den niedergelassenen Bereich und natürlich auch den Rehabereich, um nur die wesentlichsten Player zu nennen.

Der Antrag, der hier eingebracht worden ist, bedenkt alle diese Aspekte, ist auch vor­sichtig formuliert im Hinblick darauf, durchaus auf Reserven zu achten, die man in Zu­kunft vielleicht noch brauchen könnte. Allerdings will er dem Gesundheitsminister vor­schreiben, hier einen Maßnahmenplan zu erlassen, der dann für alle bindend ist; und der einzige Grund, warum wir im Gesundheitsausschuss diesem Antrag nicht näher­treten konnten, ist, dass wir unserem Gesundheitsminister nicht etwas in den Rucksack packen wollen, was er de jure nicht erfüllen kann.

Aus diesem Grund darf ich folgenden Antrag einbringen:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Gabriela Schwarz, Ralph Schallmeiner, Philip Kucher, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Rahmenplan für ein schrittweises Hochfahren des Gesund­heitssystems“

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Der Bundesminister für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz wird er­sucht, in Kooperation mit den Stakeholdern, insbesondere den Ländern, den Sozialver­sicherungsträgern, den Trägern der Krankenanstalten, der Österreichischen Ärztekam­mer sowie unter Einbeziehung von Expertinnen und Experten und der Bundesgesund­heitskommission einen österreichweiten Rahmenplan zum schrittweisen Hochfahren des Gesundheitssystems zu koordinieren.“

*****

Uns allen ist klar, dass Sie, sehr geehrter Herr Bundesminister, mit Ihrem Ressort ge­rade in der Koordination in einer solchen Phase eine ganz wesentliche Rolle haben.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, lassen Sie mich damit schließen, dass ich ein explizites Danke an alle Menschen, die in unserem Gesundheitswesen tätig sind, aus-


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll27. Sitzung, 28. April 2020 / Seite 156

spreche: Ärztinnen, Ärzte, Pflegepersonen, Hilfsdienst leistende, nicht ärztliche Berufs­gruppen, alle miteingeschlossen. – Sie haben Großartiges geleistet. Wir können uns auf Sie verlassen – ein herzliches Danke. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Grünen. – Zwischenruf des Abg. Vogl.)

15.52

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Gabriela Schwarz, Ralph Schallmeiner, Kucher, Kolleginnen und Kollegen

betreffend Rahmenplan für ein schrittweises Hochfahren des Gesundheitssystems

eingebracht im Zuge der Debatte über den Bericht des Gesundheitsausschusses über den Antrag 422/A(E) der Abgeordneten Philip Kucher, Kolleginnen und Kollegen betref­fend österreichweit einheitlicher Masterplan zum Hochfahren des Gesundheitssystems (TOP 15)

Begründung

COVID 19 hat das österreichische Gesundheitssystem vor erhebliche Probleme ge­stellt. Das weitere Vorgehen bei der Öffnung der Gesundheitseinrichtungen nach Be­wältigung der ersten Phase der Corona-Krise hat so zu erfolgen, dass es klaren Kri­terien folgt, und die Erfordernisse der unterschiedlichen Bereiche und Einrichtungen berücksichtigt.

Die unterfertigenden Abgeordneten stellen daher folgenden

Entschließungsantrag

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Der Bundesminister für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz wird er­sucht, in Kooperation mit den Stakeholdern, insbesondere den Ländern, den Sozialver­sicherungsträgern, den Trägern der Krankenanstalten, der Österreichischen Ärztekam­mer sowie unter Einbeziehung von Expertinnen und Experten und der Bundesgesund­heitskommission einen österreichweiten Rahmenplan zum schrittweisen Hochfahren des Gesundheitssystems zu koordinieren.“

*****


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Der Entschließungsantrag ist ordnungsgemäß eingebracht, ausreichend unterstützt und steht somit in Verhandlung.

Zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Brückl. – Bitte.


15.52.46

Abgeordneter Hermann Brückl, MA (FPÖ): Herr Präsident! Hohes Haus! Geschätzte Damen und Herren Abgeordnete! So wie der Notbetrieb in der medizinischen Versor­gung wieder in einen Regelbetrieb übergeführt werden muss, so wie wir dafür Sorge tragen müssen, dass Nichtcoronapatienten nicht länger Patienten zweiter Klasse sind, und so wie es dazu einen raschen Fahrplan des Herrn Gesundheitsministers braucht, so dürfen wir nicht auf die Gesundheitsvorsorge vergessen. Kinder, Schüler, die sich zu wenig bewegen, können übergewichtig werden, neigen früh zu Herz-Kreislauf-Er-


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krankungen und Diabetes und haben dadurch einfach ein schlechteres Immunsystem. Gerade in diesen Zeiten, in Zeiten eines Coronavirus, ist es umso wichtiger, dass sich Schulkinder aller Altersgruppen für eine tägliche Bewegungseinheit begeistern können.

Der Gesundheitsaspekt nimmt nach einer wochenlangen verordneten Quarantäne ei­nen besonderen Stellenwert ein. Durch Sport wird Stress abgebaut, durch Sport wird das Gemeinschaftsgefühl gestärkt, durch Sport wird die Aufmerksamkeitsspanne der Schüler für den Unterricht erhöht. Es mutet schon unverständlich an, dass zu Normal­zeiten zu wenig Bewegung in den Unterrichtsalltag einfließt; in Zeiten einer Pandemie erscheint es beinahe schon absurd.

Hohes Haus! Schulsport bietet für viele Kinder die einzige Möglichkeit, regelmäßig Sport zu betreiben und auch die Freude am Sport und an der Bewegung zu erleben. Sogar im Regierungsprogramm wird die Wichtigkeit der täglichen Sportstunde be­schworen, da heißt es: „Ehestmögliche Umsetzung der täglichen Bewegungseinheit für alle Kinder und Jugendlichen bis zum Ende der Schulpflicht“.

Wir haben Herrn Bundesminister Faßmann massiv kritisiert, als er vergangene Woche den Fahrplan für die Schulöffnungen verkündet hat und dabei gemeint hat: Wir lassen die Turnstunde jetzt links liegen, wir lassen den Turnunterricht ausfallen! – Der Präsi­dent der Bundes-Sportorganisation und damit der oberste Sportfunktionär unseres Landes, Hans Niessl, hat uns in unserer Kritik beigepflichtet. Er hat in einem Interview gegenüber dem „Standard“ gemeint: „Ich bin überrascht, und ich bin enttäuscht. Es ist durch viele Studien belegt, welchen Beitrag der Sport für die Gesundheit leistet und wie wichtig er auch im Lernverhalten ist. [...] Hätte er“ – gemeint ist der Bildungsminister – sich die Studien „angesehen, so hätte er genau das Gegenteil tun müssen. Er hätte versuchen müssen, dass die Schülerinnen und Schüler möglichst jeden Tag in Bewe­gung kommen.“

Hohes Haus! Fakt ist: Kinder und Schüler brauchen Bewegung. (Beifall bei der FPÖ.) Die Turneinheit kann im Freien abgehalten werden, es kann Wanderungen geben, es kann Spaziergänge geben, und aufgrund der kleineren Klassen ist auch ein Sportun­terricht in den Turnsälen oder in den umliegenden Sportstätten möglich.

Hohes Haus! Unter der Coronakrise leidet unser ganzes Land, wir alle leiden, und dies trifft ganz besonders auch jene Institutionen, Unternehmen und Vereine, die für die Ge­sundheitsvorsorge der Österreicherinnen und Österreicher da sind – Fitnessstudios ge­nauso wie Tausende Sportvereine. Dabei ist es gerade der Sport und ist es die Be­wegung, die für die Gesundheit und für unsere Wirtschaft auch evident sind. Fixkosten, die weiterlaufen, ausbleibende Mitglieds- und Sponsorenbeiträge sowie fehlende Ein­trittsgelder haben für finanzielle Engpässe gesorgt, die in den letzten Wochen existenz­bedrohende, tatsächlich existenzbedrohende Ausmaße angenommen haben. Daher braucht es jetzt eine entsprechende Förderung der Gesundheitsvorsorge, die Unter­stützung der Gesundheitseinrichtungen im Sport, um deren Überleben zu sichern.

Ich bringe daher folgenden Entschließungsantrag ein:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Petra Steger, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Gesund und fit durch sportliche Aktivität“

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesregierung wird aufgefordert, sofortige Schritte zu setzen, die geeignet sind, den Turnunterricht an österreichischen Schulen ab Mitte Mai sicherzustellen und eine rasche Öffnung der Sportstätten für den Breitensport sowie die Öffnung der Fitness-


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center zu ermöglichen. Des Weiteren soll den Österreichischen Sportvereinen eine fi­nanzielle Soforthilfe in der Höhe von bis zu 150.- Millionen EUR zur Verfügung gestellt werden.“

*****

Hohes Haus, es ist unsere Aufgabe, es ist Aufgabe der Politik, Österreich endlich aus dieser Krise herauszuführen und diesen Coronawahnsinn, der sich abspielt, zu been­den. (Beifall bei der FPÖ.)

15.57

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Petra Steger, Hermann Brückl, MA

und weiterer Abgeordneter

betreffend Gesund und fit durch sportliche Aktivität

eingebracht in der 27. Sitzung des Nationalrates, XXVII. GP, am 28. April 2020 im Zuge der Behandlung des Berichts des Gesundheitsausschusses, Antrag 422/A(E) des Abgeordneten Kucher, Kolleginnen und Kollegen betreffend österreichweit einheitlicher Masterplan zum Hochfahren des Gesundheitssystems (III-133 d.B.)

Kinder, die sich zu wenig bewegen können übergewichtig werden, neigen sehr früh zu Herz-Kreislauf-Erkrankungen und Diabetes und haben dadurch ein schlechteres Im­munsystem. Gerade in Zeiten des Coronavirus ist es umso wichtiger, dass sich Schul­kinder aller Altersgruppen für eine tägliche Bewegungseinheit begeistern. Der Gesund­heitsaspekt nimmt nach wochenlang verordneter Quarantäne einen besonderen Stel­lenwert ein. Durch Sport wird Stress abgebaut, das Gemeinschaftsgefühl gestärkt und die Aufmerksamkeitsspanne – auch für andere Unterrichtsfächer – erhöht. Es an sich schon unverständlich, dass zu Normalzeiten zu wenig Bewegung im Unterrichtsalltag einfließt, in Zeiten einer Pandemie, jedoch absolut absurd. Schulsport bietet für einige Kinder die einzige Möglichkeit regelmäßig Sport zu betreiben und auch die Freude an der Bewegung zu erleben.

Hans Niessl, Präsident der Bundessportorganisation Sport Austria und somit der oberste Sportfunktionär des Landes, kritisiert die Ankündigung, den Turnunterricht an unseren Schulen einzustellen, in der Tageszeitung „der Standard“ wie folgt: „Ich bin überrascht, und ich bin enttäuscht. Es ist durch viele Studien belegt, welchen Beitrag der Sport für die Gesundheit leistet und wie wichtig er auch im Lernverhalten ist. […] Hätte er [Anm. der Bundesminister] die Studien angesehen, so hätte er genau das Ge­genteil tun müssen. Er hätte versuchen müssen, dass die Schülerinnen und Schüler möglichst jeden Tag in Bewegung kommen.“

Fakt ist: Schüler brauchen Bewegung. Wenn möglich, soll die Turneinheit im Freien ab­gehalten werden, auch Wanderungen oder Spaziergänge sind denkbar. Aufgrund der kleineren Klassen, ist der Sportunterricht jedoch auch in den Turnsälen oder umliegen­den Sportstätten möglich.

Nicht nur für Schüler, sondern auch für Vereinssportler ist derzeit der Mangel an Be­wegung ein Problem, denn die Betretung der nichtöffentlichen Sportstätten für Hobby- und Amateursportler ist verboten. Es ist jedoch nicht einzusehen, dass nur Spitzen­sportler ihre sportliche Tätigkeit ausüben dürfen, weshalb - wie auch in anderen Berei­chen - Vereins- und Hobbysportler die Möglichkeit bekommen sollen, die Sportstätten


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betreten und verwenden zu dürfen. Trainingseinheiten in geschlossenen Räumlichkei­ten sollen, analog zum Spitzensport, erlaubt sein.

Fitnesscenter sollen ebenfalls öffnen dürfen, wenn gewährleistet wird, dass die not­wenigen Sicherheitsvorkehrungen eingehalten werden. In Österreich gibt es weit über 1000 gewerbliche Fitnessbetriebe mit rund 8.000 Mitarbeitern. Es geht nicht nur um das wirtschaftliche Überleben der Betriebe, sondern auch darum, dass Sport das Im­munsystem stärkt und dadurch Krankheiten verhindert werden können.

Aufgrund der Corona-Krise leiden in Österreich tausende Sportvereine unter einem fi­nanziellen Engpass, der teils existenzbedrohende Ausmaße annimmt. Es ist absolut unverständlich, warum es in keinem der bisherigen Hilfspakete zur finanziellen Unter­stützung des Sports gekommen ist. Die Wichtigkeit des Sports für die Gesundheit und die Wirtschaft ist evident und anhand etlicher Studien bewiesen.

Gerade die vielen kleinen Vereine samt ihren engagierten Funktionären werden wirt­schaftlich besonders hart getroffen: Haftungen (vor allem persönliche bei ehrenamtli­cher Tätigkeit), Fixkosten, Betriebskosten, Gehälter, ausbleibende Beiträge und vieles mehr. Aber auch das Fundament eines Milliarden-Business steht am Spiel, das noch dazu dem Gesundheitssystem Milliarden an Kosten erspart.

Der Schaden für den Spitzen- und Breitensport, für die Profibetriebe, wie auch für die Hobbysportler geht mittlerweile in eine 3-stellige Millionenhöhe. Der zuständige Sport­minister soll gemeinsam mit dem Finanzminister sicherstellen, dass die so notwendi­gen Gelder rasch und unbürokratisch ausgeschüttet werden, um ein Vereinssterben zu verhindern und am Ende der Krise ein Trümmerfeld im österreichischen Sport zu hin­terlassen.

Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgenden

Entschließungsantrag

Der Nationalrat wolle beschließen:

"Die Bundesregierung wird aufgefordert, sofortige Schritte zu setzen, die geeignet sind, den Turnunterricht an österreichischen Schulen ab Mitte Mai sicherzustellen und eine rasche Öffnung der Sportstätten für den Breitensport sowie die Öffnung der Fitness­center zu ermöglichen. Des Weiteren soll den Österreichischen Sportvereinen eine fi­nanzielle Soforthilfe in der Höhe von bis zu 150.- Millionen EUR zur Verfügung gestellt werden.“

*****


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Der Antrag ist ordnungsgemäß eingebracht, aus­reichend unterstützt und steht in Verhandlung.

Somit kommen wir zum nächsten Redner: Christoph Zarits. – Bitte.


15.57.50

Abgeordneter Christoph Zarits (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Minister! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Ich möchte die Gelegenheit nutzen, um auch auf das Kapitel Sport einzugehen. Ich war selbst Fußballspieler, habe selbst in meiner Gemeinde den Nachwuchs trainiert – das hat mir sehr, sehr viel Spaß gemacht –, und ich weiß natürlich aus eigener Erfahrung: Vielen, die hier sitzen, und vielen, die zuse­hen, vielen Funktionärinnen und Funktionären zu Hause in den Gemeinden oder auch in den Städten fehlt etwas. Uns geht vor allem jetzt im Frühjahr bei diesem schönen Wetter der Sport natürlich ab, der Sport, den wir selbst betreiben, aber auch der Sport, den wir im Fernsehen oder auch auf den Fußballplätzen konsumieren.


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll27. Sitzung, 28. April 2020 / Seite 160

Wir hoffen natürlich alle, dass wir diese Krise schnellstmöglich überwinden, dass wir wieder Sport betreiben können. Sport betreiben zu können ist vor allem für Kinder und Jugendliche wichtig. Ich habe bei uns im Sportverein gesehen, wie wichtig es für die Gesundheit ist, dass die Kinder zusammenkommen, dass die Kinder sich bewegen. Für mich war aber immer auch entscheidend, dass die Kinder beim Sport sehr, sehr viel lernen. Ich sage jetzt einmal, die Kinder lernen, Verhaltensregeln zu akzeptieren, die Kinder lernen auch den Umgang miteinander, und das wollen wir natürlich schnellstmöglich wieder ermöglichen.

Und da sind wir in einer guten Situation, weil wir in den letzten sechs Wochen die rich­tigen Maßnahmen gesetzt haben und besser durch die Krise gekommen sind als an­dere Länder. Ich verstehe natürlich, dass viele Vereinsfunktionärinnen und Vereins­funktionäre, die das ehrenamtlich machen, gerne ihre Tätigkeit wieder aufnehmen wol­len, und dafür möchte ich mich ganz herzlich bedanken, auch für das Verständnis, dass das jetzt vielleicht nicht überall möglich ist – dafür ein herzliches Dankeschön. Ich freue mich schon, wenn wir uns alle miteinander auf den Fußballplätzen, auf den Ten­nisplätzen oder auf sonstigen Sportanlagen wieder sehen und unseren Sport genießen und ausüben können.

Zu dem, was Kollege Köllner vorhin gesagt hat: Der Herr Sportminister hat es ja in „Sport am Sonntag“ vor zwei Tagen gesagt und hat auch den Plan skizziert, wie es im Sport weitergeht, wie es mit den Sportstätten weitergeht. Der Plan, welche Sportstätten schrittweise geöffnet werden und welche Sportarten erlaubt sind, ist auch auf der Homepage der BSO und des Ministeriums veröffentlicht. Vielleicht wirft Kollege Köllner einen Blick darauf, was ab 1. Mai erlaubt ist. Ab 1. Mai sind wieder mehrere Outdoor­sportarten erlaubt, und ich hoffe natürlich, dass viele Menschen und viele Sportler das Angebot auch annehmen. (Präsidentin Bures übernimmt den Vorsitz.)

Es wird natürlich auch für die Vereine einen Härtefallfonds geben. Wir haben in der Vergangenheit gezeigt, dass wir niemanden im Stich lassen, sowohl bei den Unterneh­mern als auch bei den Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern. Die Bundesregierung lässt niemanden im Stich, und die Sportvereine und auch die sonstigen Vereine kön­nen sich auf unsere Hilfe verlassen.

Ich darf abschließend folgenden Entschließungsantrag einbringen:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Christoph Zarits, Mag. Agnes Sirkka Prammer, Kolleginnen und Kol­legen betreffend „schrittweise Öffnung des Sports unter Berücksichtigung der epide­miologischen Entwicklung des COVID19 Virus und Sicherstellung einer finanziellen Unterstützung unserer wertvollen Sportvereine“

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die jeweils zuständigen Mitglieder der Bundesregierung werden ersucht, unter Be­rücksichtigung der epidemiologischen Entwicklung der COVID19 Pandemie und unter Einbindung von Fachexperten zum jeweils geeigneten Zeitpunkt eine ausreichende Bewegung von Kindern in den Schulen sicherzustellen und schrittweise die Sportaus­übung unter Wahrung der erforderlichen Sicherheitsaspekte zu ermöglichen. Weiters soll dem Österreichischen Sport zeitnahe eine finanzielle Unterstützung zur Verfügung gestellt werden, damit unsere zahlreichen Sportvereine ihre wertvolle Arbeit fortsetzen können.“

*****


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Ich spreche hier als Vereinsfunktionär, ich spreche als begeisterter Sportler und ap­pelliere an alle Funktionärinnen und Funktionäre und alle Mitglieder in den Verbänden: Halten wir unseren Vereinen die Treue! Gemeinsam meistern wir die Krise, und wir können unseren geliebten Sport wieder ansehen und auch wieder ausüben. – Danke. (Beifall bei der ÖVP sowie der Abg. Voglauer.)

16.01

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Christoph Zarits, Mag. Agnes Sirkka Prammer, Kolleginnen und Kol­legen

betreffend schrittweise Öffnung des Sports unter Berücksichtigung der epidemiologi­schen Entwicklung des COVID19 Virus und Sicherstellung einer finanziellen Unterstüt­zung unserer wertvollen Sportvereine

eingebracht im Zuge der Debatte zu TOP 15.) Bericht des Gesundheitsausschusses über den Antrag 422/A(E) der Abgeordneten Philip Kucher, Kolleginnen und Kollegen betreffend österreichweit einheitlicher Masterplan zum Hochfahren des Gesundheits­systems (133 d.B.)

Die aktuelle COVID-19-Krise hat auch massive Auswirkungen auf den Österreichi­schen Sport. Neben den erforderlichen persönlichen Einschränkungen bei der Sport­ausübung sehen sich auch viele Vereine mit finanziellen Einbußen konfrontiert. Die Sportanlagen in Österreich sind mittlerweile fast zwei Monate gesperrt. Der Österreichi­sche Sport steht, wie auch die Wirtschaft, die Kultur oder unser gesamtes soziales Gefüge, vor großen Herausforderungen. Die österreichische Bundesregierung hat be­reits signalisiert, dass sie Lösungen für alle suchen und niemanden zurücklassen will. Unsere Sportvereine müssen die COVID-19-Krise möglichst unbeschadet überstehen. Daher sollte dem Österreichischen Sport zeitnahe eine finanzielle Unterstützung zur Verfügung gestellt werden, damit die nachteiligen Folgen aus der Sperre des Sport­betriebs gemildert werden und unsere zahlreichen Sportvereine ihre wertvolle Arbeit fortsetzen können.

Vielerorts wurde Verständnis für abgesagte Trainings-, Übungs- und Kurseinheiten ge­zeigt; die meisten Vereine haben umgehend reagiert und etwa online Trainings für ihre Sportlerinnen und Sportler organisiert.

Dank der Disziplin innerhalb der Bevölkerung sehen wir derzeit eine positive Entwick­lung rund um das Coronavirus in Österreich. Die Bundesregierung trifft alle Maßnah­men, damit wir schrittweise wieder zur Normalität zurückkehren können. Jüngst wurden von Bildungsminister Dr. Heinz Faßmann und Sportminister Werner Kogler Maßnah­men zur schrittweisen Rückkehr zur Normalität vorgestellt.

Bewegung an den Schulen: Grundsätzlich ist Bewegung ein wichtiges Element für eine gesunde Entwicklung von Kindern und Jugendlichen. Aus virologischen Gründen und vor allem auch aufgrund der unterschiedlichen Gegebenheiten an den Schulstandorten beispielsweise hinsichtlich Turnsälen, Nicht-Vorhandensein von leicht zugänglichen freien Grünflächen, Enge von Umziehkabinen etc. kann allerdings der Turnunterricht in der gewohnten Form nicht abgehalten werden. Die Vorgaben hinsichtlich Hygiene- und Sicherheitsabständen sind die Voraussetzung, um das Ansteckungsrisiko verringern zu können und dieses ist im Bereich des Turnens ein höheres als in anderen Unter­richtsfächern.

Unter Berücksichtigung der epidemiologischen Entwicklung des COVID19 Virus und unter Einbindung von Fachexperten wird zu beurteilen sein, ob zu einem geeigneten


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Zeitpunkt Initiativen zur Bewegung von Kindern in den Schulen implementiert werden können.

Outdoor-Sportstätten: Am 1. Mai öffnen die Outdoor-Sportstätten jener Sportarten, bei denen die Einhaltung der Abstandsregel (zwei Meter) gewährleistet ist, z.B. Tennis- und Golfplätze, Leichtathletik, Reit-, Flug- und Stocksportanlagen, Schießstätten, Bo­genschieß- und Bahnengolfanlagen. Weitere Schritte der Öffnung sind - vorbehaltlich einer weiteren günstigen epidemiologischen Entwicklung - für 15. Mai und 29. Mai in Planung. Die Situation im Sport wird also laufend beobachtet und die Maßnahmen evaluiert. Weitere Schritte sind von der Entwicklung der Infektionszahlen abhängig. Danke an dieser Stelle an alle Sportlerinnen und Sportler für das Durchhalten und die Disziplin!

Spitzensport: Spitzensportlerinnen und -sportler, die ihre sportliche Tätigkeit beruflich ausüben oder an international hochklassigen Wettkämpfen teilnehmen, dürfen Sport­stätten seit 20. April wieder benutzen. Zur Sicherheit soll ein größerer Mindestabstand eingehalten und auf Desinfektion und Hygienevorschriften geachtet werden.

Mannschaftssport: Die 12 Klubs der Fußball-Bundesliga und der Cupfinalist Austria Lustenau dürfen ihren Trainings- und Spielbetrieb wieder aufnehmen. Wichtig ist, dass Trainings in Form von Kleingruppen in gleichbleibender Besetzung durchgeführt wer­den. Die Regelungen sind ein Pilotprojekt für den Mannschaftssport. Zudem gilt auch hier, dass Abstandsregeln und Hygienevorschriften eingehalten werden müssen. Athle­tinnen und Athleten in weiteren Mannschafts-, Indoor- und Kampfsportarten müssen sich in der aktuellen Situation noch gedulden.

Mit einer Neuregelung im Einkommensteuergesetz soll bei der heutigen Sitzung des Nationalrates Rechtssicherheit für die Sportvereine geschaffen und die Freiwilligen­arbeit im Sport in der Krise abgesichert werden: die sogenannte PRAE ist ein wichtiges Instrument im Vereinssport zur Abdeckung von Aufwandsentschädigungen für neben­berufliche Sportler/innen, Trainer/innen und andere Sportbetreuer. Es soll sichergestellt werden, dass die bekannten pauschalen Reiseaufwandsentschädigungen weiterhin an Sportler/innen, Schiedsrichter/innen und Sportbetreuer wie z. B. Trainer/innen steuer­frei ausgezahlt werden können, auch wenn aufgrund der COVID-19-Krise die Sport­stätten gesperrt sind und daher beispielsweise kein gemeinsames Training oder kein gemeinsamer Wettkampf stattfinden kann.

Ebenfalls auf der Tagesordnung der heutigen Nationalratssitzung: Bundesgesetz zur Si­cherung des Kunst-, Kultur- und Sportlebens vor weiteren Auswirkungen der COVID-19-Pandemie (Kunst-, Kultur- und Sportsicherungsgesetz – KuKuSpoSiG). Aufgrund der COVID-19-Pandemie sind zahlreiche Kunst-, Kultur- oder Sportereignisse entfallen und wurden etliche Kunst- oder Kultureinrichtungen geschlossen. Dies führt an sich zu ent­sprechenden Rückzahlungspflichten der Veranstalter bzw. der Einrichtungsbetreiber. Müssten diese nun alle diese Rückzahlungspflichten nahezu zeitgleich erfüllen, so würde dies ihren wirtschaftlichen Bestand gefährden. Dem soll dieses Gesetz entge­genwirken, indem es den Veranstaltern und Betreibern die Möglichkeit bietet, anstelle ihrer Rückzahlungspflicht entsprechende Gutscheine auszugeben.

Die unterzeichneten Abgeordneten stellen daher folgenden

Entschließungsantrag

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die jeweils zuständigen Mitglieder der Bundesregierung werden ersucht, unter Be­rücksichtigung der epidemiologischen Entwicklung der COVID19 Pandemie und unter Einbindung von Fachexperten zum jeweils geeigneten Zeitpunkt eine ausreichende Be-


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wegung von Kindern in den Schulen sicherzustellen und schrittweise die Sportaus­übung unter Wahrung der erforderlichen Sicherheitsaspekte zu ermöglichen. Weiters soll dem Österreichischen Sport zeitnahe eine finanzielle Unterstützung zur Verfügung gestellt werden, damit unsere zahlreichen Sportvereine ihre wertvolle Arbeit fortsetzen können.“

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Präsidentin Doris Bures: Der Entschließungsantrag ist ordnungsgemäß eingebracht, steht daher auch mit in Verhandlung.

Nächster Redner: Herr Abgeordneter Dietmar Keck. – Bitte.


16.02.06

Abgeordneter Dietmar Keck (SPÖ): Frau Präsidentin! Herr Bundesminister! Der An­trag, den wir hier behandeln, befasst sich mit einem österreichweit einheitlichen Mas­terplan zum Hochfahren des Gesundheitssystems. Aufgrund der Coronakrise wurde das Wirtschaftssystem heruntergefahren, es wurde das Gesundheitssystem herunter­gefahren, es wurden Operationen verschoben, Behandlungen verschoben, damit Plät­ze für Coronakranke frei gemacht werden können. Es wurde nicht nur das Gesund­heitssystem, sprich Krankenhäuser, heruntergefahren, sondern es hat auch massivste Einschnitte in den Alten- und Pflegeheimen gegeben.

Ich habe ja schon im Gesundheitsausschuss ein E-Mail vorgelesen, das wirklich mas­sivste Behinderungen der Bewohner in einem Pflegeheim zum Inhalt hat, und das ist nicht das einzige E-Mail, das ich erhalten habe. Ich habe viele andere erhalten, und ich möchte heute wieder eines vorlesen, damit Sie wissen, in welcher Situation sich un­sere Seniorinnen und Senioren in den Pflegeheimen befinden, welche Szenen sich da abspielen. Ich habe folgendes Mail erhalten – ich zitiere –:

„Sachverhaltsdarstellung: Dramatische Szenen spielten sich kürzlich im Pflegeheim [...] ab. Alte Leute schrien um Hilfe und warfen Zettel aus den Fenstern mit der Aufschrift: ,Bitte helft uns! Die sperren uns ein!‘ Daraufhin wurden die Zettel vom Pflegepersonal eingesammelt, um die Sache zu vertuschen, damit nichts an die Öffentlichkeit durchsi­ckert.

Eine sehr traurige Bilanz: seit fast sieben Wochen durften die Insassen des Pflege­heims [...] nicht ins Freie [...]. Patienten, die ,ausbrechen‘ wollten, wurden von Pflegern festgehalten und in die Zimmer gesperrt. Aus purer Verzweiflung wandten sich Betrof­fene und deren Angehörige hilfesuchend an den örtlichen Bürgermeister [...], doch ,er könne nichts machen, ihm seien da die Hände gebunden‘, hieß es.

Durch den ständigen Druck, und aus Angst vor Aufdeckung besagter Missstände wur­de eine ,Notlösung‘ durchgeführt: Beim Eingang des Pflegeheimes wurde provisorisch ein hoher undurchsichtiger Holzzaun errichtet und ein kleines Areal umfriedet, wo die alten Leute jetzt eine Stunde täglich verweilen dürfen; zweckdienlich ,um Querulanten ruhigzustellen‘. Dieser Freiraum ist in seiner Konstruktion sehr klein und erweckt den Eindruck von einem Tiergehege bzw. Gefängnishof.

Unsere Bitte an Sie lautet, dass man für die alten Leute im Pflegeheim [...] eine men­schenwürdige Bewegungsmöglichkeit im Freien schafft. Bitte helfen Sie uns!“ – Der Name steht drauf, es ist also nicht anonym gekommen.

Meine Damen und Herren! Was sich in den Alten- und Pflegeheimen abspielt, ist teil­weise auch auf die Inseratenkampagnen der Regierung zurückzuführen. Da sind ja In­serate geschaltet worden, dass sich speziell die Alten, die Risikogruppen zurückhalten sollen, Enkel ihre Großeltern nicht mehr besuchen sollen. Es gibt viele Menschen, die


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aus lauter Angst davor, dass sie vielleicht jemanden anstecken könnten, schon sieben Wochen in der Wohnung sind und sich nicht mehr raustrauen. Auch diesbezüglich ha­be ich sehr, sehr viele Mails bekommen.

Eine Patientenanwältin hat einmal gesagt: Man kann nicht nur den Tod durch Corona sterben, es gibt auch den sozialen Tod!, und diese Gefahr haben Sie durch all diese Maßnahmen geschaffen.

Es ist unbedingt notwendig, Herr Bundesminister – wirklich mein Appell an dich –, eine ganz klare Aussage dahin gehend zu treffen, dass den alten Menschen in den Alten- und Pflegeheimen endlich Ausgang gewährt werden soll, so wie jedem anderen auch, denn viele haben die Maßnahmen, die gesetzt wurden, so verstanden: Alte Menschen sind einzusperren, denn das sind die Infektionsträger!, und dieses falsche Verständnis gehört dringend beseitigt. (Beifall bei der SPÖ.)

16.05


Präsidentin Doris Bures: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Rudolf Silvan. – Bitte.


16.05.36

Abgeordneter Rudolf Silvan (SPÖ): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kollegin­nen, liebe Kollegen! Sehr geehrte Damen und Herren zu Hause! Nachdem unser An­trag auf Wiederhochfahren des Gesundheitssystems im Gesundheitsausschuss abge­lehnt wurde, bin ich sehr froh, dass heute dieser Entschließungsantrag von den Re­gierungsfraktionen gekommen ist, um ein schrittweises Hochfahren des Gesundheits­systems zu gewährleisten.

Wir brauchen einen konkreten Fahrplan, einen von ExpertInnen festgelegten Master­plan für einen schrittweisen Übergang in den Normalbetrieb in Spitälern und niederge­lassenen Bereichen. Warum ist das so wichtig? – Ein konkretes Beispiel vom vergan­genen Wochenende: Die Regierung lockert die Ausgangsbeschränkungen, Freizeit­sport ist wieder vermehrt erlaubt. Was man in diesem Zusammenhang aber nicht be­dacht hat, das ist die Häufung der daraus resultierenden Unfälle. Am vergangenen Wo­chenende hat es da und dort, in diversen Unfallambulanzen Engpässe gegeben. So haben mir Ärztinnen und Ärzte aus dem Unfallkrankenhaus Salzburg berichtet, dass sie doch sehr überrascht waren ob der Vielzahl von Unfallpatientinnen und -patienten.

Wenn man Lockerungen beschließt, muss man die möglichen Auswirkungen auf das Gesundheitssystem mitdenken, liebe Kolleginnen und Kollegen!

Der zweite Punkt ist jener, dass sehr viele Menschen auf Operationen warten. Je län­ger OP-Termine und Behandlungen verschoben werden, desto größer ist die Gefahr von Folgeschäden. Das wissen wir. Es kann nicht sein, wie in den Medien berichtet worden ist, dass ein 45-jähriger Aneurysmapatient seit Monaten auf seine OP wartet und diese auf unbestimmte Zeit verschoben worden ist. Es kann nicht sein, dass KrebspatientInnen nicht wissen, wann sie ihre nächste Chemotherapie erhalten.

Es darf nach der Coronapandemie nicht die Pandemie der Vergessenen und Überse­henen folgen, liebe Kolleginnen und Kollegen! Die Menschen brauchen Perspektiven.

Der dritte Punkt ist, dass man beim Hinauffahren des Gesundheitssystems auf die Be­schäftigten Rücksicht nehmen muss. Wissen Sie, liebe Kolleginnen und Kollegen, es ist nicht beruhigend für eine Schreibkraft bei der Erstuntersuchung, für eine Ordina­tionsgehilfin bei einem/einer niedergelassenen Arzt/Ärztin, für einen OP-Gehilfen oder eine Ärztin im Spital, wenn der Bundeskanzler von der Ruhe vor dem Sturm spricht. Es ist nicht beruhigend für diese Beschäftigten, wenn der Regierungschef von Tausenden Toten und Särgen spricht. Die Beschäftigten, die seit Wochen permanent dieser Ge­fahr ausgesetzt sind, brauchen Sicherheit, brauchen Vertrauen, brauchen Anerken­nung, liebe Kolleginnen und Kollegen! (Beifall bei der SPÖ.)


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Apropos Anerkennung: Wir von der Sozialdemokratie unterstützen natürlich die Petition des Österreichischen Gewerkschaftsbundes, die mittlerweile über 104 000 Menschen unterschrieben haben, die für diese Beschäftigten, die nicht zu Hause bleiben können, die arbeiten müssen, weil sie gebraucht werden, den Coronatausender fordert. Das ist vor allem eine Frage der Anerkennung, der Wertschätzung gegenüber den Menschen, die tagtäglich einem hohen Gesundheitsrisiko ausgesetzt sind. – Danke schön. (Beifall bei der SPÖ.)

16.08


Präsidentin Doris Bures: Zu Wort ist dazu niemand mehr gemeldet. Damit ist diese Debatte geschlossen.

Wünscht die Frau Berichterstatterin ein Schlusswort? – Das ist nicht der Fall.

Wie vereinbart verlege ich die Abstimmung zu diesem Tagesordnungspunkt bis nach der Debatte zu TOP 16; das ist der nächste Tagesordnungspunkt, zu dem bis jetzt drei Rednerinnen und Redner zu Wort gemeldet sind – nur damit Sie sich auf den Abstim­mungsvorgang vorbereiten können.

16.09.33Antrag auf Einsetzung eines Untersuchungsausschusses


Präsidentin Doris Bures: Ich gebe bekannt, dass die Abgeordneten Kickl, Kollegin­nen und Kollegen gemäß § 33 Abs. 1 der Geschäftsordnung einen Antrag, 2/US, be­treffend „die Einsetzung eines Untersuchungsausschusses gemäß § 33 Abs. 1 GOG-NR zur Untersuchung der politischen Verantwortung in Zusammenhang mit angstschüren­der Desinformationspolitik und Machtmissbrauch der schwarz-grünen Bundesregierung zu Covid-19 (COVID19-Untersuchungsausschuss)“ eingebracht haben. Dieser wird ge­mäß § 33 Abs. 2 der Geschäftsordnung an alle Abgeordneten verteilt.

Die Zuweisung des gegenständlichen Antrages an den Geschäftsordnungsausschuss erfolgt gemäß § 33 Abs. 6 der Geschäftsordnung am Schluss dieser Sitzung.

16.10.1116. Punkt

Bericht des Gesundheitsausschusses über den Antrag 472/A(E) der Abgeordne­ten Mag. Gerald Loacker, Kolleginnen und Kollegen betreffend ELGA-Erweite­rung, sowie Forschungs- und EU-Schnittstelle (135 d.B.)


Präsidentin Doris Bures: Damit gelangen wir zum 16. Punkt der Tagesordnung.

Auf eine mündliche Berichterstattung wurde verzichtet.

Erster Redner: Herr Abgeordneter Markus Vogl. – Bitte.


16.10.38

Abgeordneter Ing. Markus Vogl (SPÖ): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrter Herr Minister! Hohes Haus! Ich finde es eigentlich ganz verwunderlich, dass ein Antrag von Kollegen Loacker vorliegt, dem wir zustimmen werden, und die Regierungspartei­en es nicht der Mühe wert befinden, sich wirklich intensiv damit auseinanderzusetzen; es wird ein Redner dazu sprechen. Wir haben alle mitbekommen, dass Elga gerade jetzt, in der Krise, etwas ist, was wichtig ist; und ein Entschließungsantrag – das haben wir heute auch schon mitbekommen – ist nicht etwas, was in Stein gemeißelt ist.

Ein Entschließungsantrag ist eine Aufforderung, sich mit Verbesserungsvorschlägen auseinanderzusetzen, die aus meiner Sicht richtig sind, deren Stoßrichtung richtig ist, und da braucht es natürlich noch Diskussionen, wie man gemeinsam zu einer Lösung kommt, weil es viele offene Fragen gibt. Wir haben heute auch mitbekommen, dass es


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betreffend einen Entschließungsantrag durchaus Interpretationsspielräume gibt: Hat der Herr Bundeskanzler das, was er zugesagt hat, dass umgesetzt wird, tatsächlich gehalten, oder ist es eher so – bei uns ist dieses Gefühl da, aus unserer Sicht ist es so –, dass das, was in einem Entschließungsantrag gemeint war, nicht eingehalten worden ist? Ein Entschließungsantrag bietet sehr viele Möglichkeiten.

Wir haben jetzt mitbekommen – und ich glaube, das war vielen Menschen in der Coro­nakrise ganz, ganz wichtig –, dass eines der Tools, das noch nicht freigeschaltet war, jetzt in der Krise verfügbar war, nämlich die Möglichkeit, dass man sich ein Rezept elektronisch ausstellen lässt, in die Apotheke geht, ohne dass man vorher zum Arzt ge­gangen ist.

Ich erinnere mich an die Einführung von Elga, daran, wie intensiv die Diskussion hier im Hohen Haus war, und ich möchte mich noch einmal beim damaligen Gesundheits­minister Stöger bedanken, der dieses wichtige Instrument damals wirklich gegen viele Widerstände sozusagen erkämpft hat, sodass wir es heute zur Verfügung haben. Wir sehen, wie wichtig dieses Instrument in der heutigen Zeit ist, und ich glaube, daran merkt man auch, dass es oft Mut braucht. Der Herr Bundeskanzler hat gestern in sei­ner Rede anlässlich 75 Jahre Republik gesagt, es braucht Mut für die Zukunft. Da frage ich mich: Wo war der Mut der ÖVP im Ausschuss? Warum hat man diesen Antrag nicht einfach unterstützt?

Da geht es um ein bissl Mut, ja. Wir wissen, wenn es um Datenverarbeitung geht, ist das sensibel, das braucht Diskussion, da gibt es Widerstände. Dass man diese Wider­stände aufnehmen muss, dass man sie begleiten muss, das hat ja die Diskussion über Elga gezeigt, denn heute können wir vieles elektronisch machen, aber wir merken, dass wir dort ein Problem haben, wo Menschen das Opt-out in Anspruch genommen haben.

Opt-out ist in Ordnung. Ich glaube, es ist wichtig, dass Menschen entscheiden können, welche Daten gespeichert werden, aber wir wissen auch, mit welchen Argumenten Menschen damals mehr oder minder so verunsichert worden sind, dass sie bewusst das Opt-out gewählt haben, weil sie dem gesamten System nicht getraut haben.

Das ist vielleicht auch ein Hinweis an die Bundesregierung: Das, was ihr in dieser Krise macht, führt langsam dazu, dass es vielleicht auch in der Krise ein Opt-out der Men­schen in diesem Land gibt, die euch nämlich nicht mehr vertrauen, die nicht mehr da­rauf vertrauen, dass ihr die richtigen Lösungen für die Krise habt. (Beifall bei der SPÖ sowie der Abgeordneten Loacker und Shetty.)

16.13


Präsidentin Doris Bures: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Werner Saxinger. – Bitte.


16.13.39

Abgeordneter Dr. Werner Saxinger, MSc (ÖVP): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Frau Minister! Sehr geehrter Herr Minister! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Sehr geehrte Damen und Herren! Erlauben Sie mir, in meiner ersten Rede als neuer Abgeordneter und Spitalsarzt in einem großen Klinikum die derzeitige Krisen­situation mit ein paar Worten und Gedanken zu reflektieren!

Unsere Welt ist plötzlich anders geworden, im Großen und auch im Kleinen. Seit ein paar Wochen hält ein kleines unsichtbares Virus die Welt in Atem, in Schach und wirft alle komplett aus der Bahn. Es gibt eine Pandemie, eine Situation, die zwar immer möglich erschien, im Expertenkreis auch immer wieder andiskutiert wurde, aber eigent­lich unrealistisch zu sein schien. Man kann auf diese für uns alle neue Situation un­terschiedlich reagieren: Man kann den Kopf in den Sand stecken, versuchen, es aus-


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zusitzen oder dem drohenden Chaos und dem medizinischen Kollaps mit aktiven Ge­genmaßnahmen entgegenzuhalten.

Österreich hat sich für einen Weg entschieden, der inzwischen auch Vorbild für andere Staaten geworden ist. Wir haben in den Bereichen Gesellschaft und Wirtschaft eine schmerzhafte Vollbremsung hinlegen müssen, die medizinischen Strukturen in den Spitälern wurden innerhalb kurzer Zeit völlig verändert: Wir haben Bettenkapazitäten geschaffen, neue Diensträder, Schleusen und Infektionsabteilungen installiert. Alle im Spital halten zusammen, arbeiten zusammen und helfen einander im Sinne des Gan­zen. – Und ja, im ersten Schritt haben wir alle zusammen wirklich objektiv Erfolge er­zielt.

Unsere Zahlen – aber es geht um Menschen – sind im Vergleich sehr gut und etwas niedriger als befürchtet. Es gibt jetzt einige Stimmen, die sagen – das höre ich auch immer wieder –: Ja, so schlimm ist es ja gar nicht, wir hätten diesen Shutdown gar nicht gebraucht! – Ich sage Ihnen: Wir stehen deswegen ganz gut da, weil wir erstens rasch reagiert haben, weil wir zweitens die richtigen Maßnahmen gesetzt haben und weil drittens die Bevölkerung die empfohlenen Maßnahmen bewundernswert und vor­bildlichst mitgetragen und umgesetzt hat. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Grünen.) Dafür heißt es immer wieder groß Danke zu sagen.

Andere Staaten haben es vorerst anders versucht, sind aber aufgrund nicht beherrsch­barer Situationen auch auf unsere Linie umgeschwenkt, aber später. Ja, und Schwe­den wird immer wieder, auch in Kollegenkreisen, als Paradebeispiel eines anderen Weges genannt, einer Lightvariante, die mit unserem normalen Alltag besser kompati­bel sei; ich darf Sie aber daran erinnern: In Schweden ist die Todesrate derzeit viermal höher als bei uns, und auch die Wirtschaft steht vor einer drastischen Rezession. (Abg. Kickl: Zusammengerechnet wird am Schluss!)

Jetzt kommt Stufe zwei: ungleich schwieriger, unvorhersehbarer. Manche glauben, dass man jetzt, nach dem ersten Erfolg, das Virus ausgerottet hat und – hollodaro – wieder so leben kann wie vorher. – Das ist ein Trugschluss. Wir haben es aufgrund der gesetzten Maßnahmen nur weitgehend im Griff und sind glücklicherweise weit weg von einem medizinischen Inferno in den Spitälern, aber dazu kann es jederzeit schnell wie­der kommen. Der Stufenplan, das schrittweise Herantasten unter ständiger Beobach­tung ist sinnvoll, stimmig, durchdacht, aber es ist wie gesagt ein Balanceakt, ein Tanz auf der Rasierklinge.

Wir alle merken aber in diesen außergewöhnlichen Wochen bei uns selbst und bei vie­len anderen Menschen auch Ratlosigkeit, Unsicherheit, und die Gesundheit wird nun zunehmend als Gegenspieler der Ökonomie gesehen. Sehr geehrte Damen und Her­ren! Die Gesundheit ist das höchste Gut des Menschen, es gibt keine Wirtschaft ohne Gesundheit, aber es ist natürlich auch allen klar, dass unser derzeit gutes Gesund­heitssystem nur auf Basis einer funktionierenden Wirtschaft existieren kann und von dieser finanziert wird. Ganz wichtig erscheint mir die Solidarität untereinander, von Jung, Alt, Krank, Gesund.

Sehr geehrte Damen und Herren! Ich bin prinzipiell ein optimistischer Mensch, der ver­sucht, mit einer positiven Weltanschauung und Werthaltung Dinge anzunehmen und sie zu gestalten. In diesem Sinne bitte ich alle: Halten wir zusammen! Wir sitzen alle im selben Boot, nur gemeinsam sind wir stark und können die Krise meistern. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Grünen.)

Ein abschließender Satz noch zu dem Antrag aus dem Gesundheitsausschuss: Es geht da um eine generelle Elga-Erweiterung, um eine EU-Schnittstelle für einen inter­nationalen Coronadatensatz. Ich kenne Elga aus dem Alltag, aus dem täglichen Ge­brauch sehr gut, mit allen Vorteilen, aber auch Schwächen. In Zeiten wie diesen er-


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scheint uns eine Weiterentwicklung von Elga nicht als primäre Aufgabe, und wir sehen auch die EU-Schnittstellenproblematik im Moment sehr skeptisch. – Danke. (Beifall bei der ÖVP sowie der Abg. Voglauer.)

16.18


Präsidentin Doris Bures: Nun ist Herr Abgeordneter Gerald Loacker zu Wort gemel­det. – Bitte.


16.18.24

Abgeordneter Mag. Gerald Loacker (NEOS): Frau Präsidentin! Sehr geehrter Herr Bundesminister! Hohes Haus! Herr Kollege Saxinger hat Glück, dass die Sitzungsfüh­rung der Frau Präsidentin so großzügig ist, sonst hätte sie ihn schon viel früher unter­brechen und bitten müssen, zur Sache zu sprechen. (Abg. Belakowitsch: Das war seine erste Rede!) Er hat da 4 Minuten schwadroniert, ohne auf den gegenständlichen Antrag einzugehen. (Zwischenrufe bei der ÖVP.) – Oh, sind wir ein bissi empfindlich bei der ÖVP? (Neuerliche Zwischenrufe bei der ÖVP.) Ich habe die großzügige Sit­zungsführung der Frau Präsidentin gelobt, das könnten Sie auch anerkennen.

In diesem Antrag geht es darum, die Daten in unserem Gesundheitssystem besser zu nutzen. Es ist symptomatisch, dass die Grünen zu diesem Tagesordnungspunkt gar keinen Redner einmelden. Mit Daten im Gesundheitssystem haben die Grünen nichts am Hut, das stellt der Herr Bundesminister täglich unter Beweis. Wir wissen bis heute nicht, welche Vorerkrankungen die Menschen gehabt haben, die wegen Covid-19 ins Spital gekommen sind, wir wissen nicht einmal, ob sie mit oder ohne Vorerkrankungen ins Spital gekommen sind. Wir haben auch keine Ahnung, warum von den an Covid Er­krankten in der Steiermark dreimal so viele versterben wie in Vorarlberg. – Daten spie­len keine Rolle, lieber eine Pressekonferenz mehr!

Dabei könnte man mit einem guten System wirklich viel erreichen: Es hoffen jetzt alle, dass eine Impfung gegen dieses Virus entwickelt wird, und dann kommt diese Impfung natürlich auch in den elektronischen Impfpass – hoffe ich jedenfalls –; aber dann müss­te man es natürlich jetzt schon in den elektronischen Impfpass aufnehmen, wenn je­mand Antikörper entwickelt hat, weil er die Krankheit hinter sich hat. Man müsste die Elga GmbH jetzt damit beauftragen, dass sie den elektronischen Impfpass in diese Richtung weiterentwickelt; darauf zielt der Antrag ab. Das Ministerium will das nicht haben, die türkis-grüne Mehrheit will das nicht haben. Das Projekt müsste man jetzt in Angriff nehmen, damit die Kiste läuft, wenn die Impfung dann einmal da ist.

Der Antrag umfasst weit mehr. Der Gesundheitsminister musste beispielsweise im „Ku­rier“-Interview zugeben, dass das mit den Risikogruppen ein bisschen ein Problem ist, weil die Sozialversicherung die Medikationsdaten von den Spitälern eben nicht hat. Man müsste also die Patientendaten der Spitäler mit denen der Sozialversicherung verbinden, damit man ein Gesamtbild bekommt. Damit könnte man nicht nur ein bes­seres Bild vom Patienten bekommen, sondern auch die Wechselwirkung von Medika­menten besser checken, weil alles in einem System wäre.

Wir bräuchten auch eine flächendeckende Diagnose- und Arzneimittelcodierung, da gibt es internationale Codes. Wenn wir diese Codierung in unserem System abbilden, wie es zum Beispiel die Deutschen machen, dann wäre so ein System auch besser kompatibel, wenn es einmal zu einem europaweiten Datenabgleich kommt. Besonders bei Krankheiten, die nicht so häufig sind, braucht man größere Bezugsgruppen, um diese zu beforschen und in der Wissenschaft weiterzukommen. Aber wen interessiert schon die Wissenschaft, wenn man eine schöne Pressekonferenz machen kann?

Der Bundeskanzler hat gesagt, wenn es um die Öffnung unseres Landes geht, dann möchte er nur eine Coronaallianz mit – wörtlich – smarten Ländern. (Abg. Belako­witsch: Mit Ischgl!) – Ja, da kann ich nur allen europäischen Ländern davon abraten,


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mit Österreich so eine Coronaallianz zu machen, denn was wir datenmäßig aufführen, fällt sicher nicht unter den Begriff smarte Länder.

Daten sind bei uns ein Geheimnis. Man kann zum Beispiel – das habe ich heute er­fahren – die Arbeitslosendaten immer erst nach einem Monat nennen, weil sie irgend­wie manuell hineingeklopft werden. Wieso sie im Büro von Johannes Kopf sekündlich abrufbar sind, weiß ich nicht, aber vielleicht kann ich mir das einmal von Frau Graf er­klären lassen. Daten will man bei uns also nicht haben. (Beifall bei den NEOS sowie der Abgeordneten Lausch und Schnedlitz. – Zwischenruf der Abg. Kirchbaumer.)

Bleibt nur noch zu sagen: Die Coronaöffnungsstrategie dieser Bundesregierung ist wirklich ein Witz! Sie haben nämlich die Zeit des Lockdowns nicht genützt, um jetzt die Phase der Öffnung mit Daten substanziell zu begleiten. Wir haben keine Daten zur Co­ronaepidemie in Österreich, wir haben nur ganz grobe Daten. Es gibt keine Schritte, das System zu verbessern. Wenn so etwas wieder passiert, stehen wir in einem Jahr genauso ahnungslos da wie heute. Wir nutzen nicht einmal die Systeme, die wir haben, um diese zu vernetzen und ein besseres Bild zu bekommen. Stattdessen be­kommen wir nur Intransparenz und Inszenierung. (Beifall bei den NEOS und bei Ab­geordneten der FPÖ.)

16.22

16.23.00


Präsidentin Doris Bures: Zu Wort ist dazu niemand mehr gemeldet. Damit ist die De­batte geschlossen.

Wünscht der Herr Berichterstatter ein Schlusswort? – Das ist nicht der Fall.

Ich habe zu Beginn dieses Tagesordnungspunktes darauf hingewiesen, dass wir – so wie das vereinbart wurde – nach dieser Debatte zur Abstimmung gelangen werden. Ich frage mit einem kurzen Blick zu den Klubobleuten, ob es eine Sitzungsunterbrechung braucht oder ob wir in den Abstimmungsvorgang eintreten können. – Ich habe den Ein­druck, wir können in den Abstimmungsvorgang eintreten, was ich hiermit machen werde.

Wir gelangen zu den verlegten Abstimmungen über alle Berichte des Gesundheits­ausschusses, die ich natürlich über jeden Antrag getrennt vornehmen werde.

Wir kommen zunächst zur Abstimmung über den Antrag der Abgeordneten Kucher, Kolleginnen und Kollegen betreffend Tagesordnungspunkt 13, das 16. COVID-19-Ge­setz an den Gesundheitsausschuss rückzuverweisen.

Ich bitte jene Damen und Herren, die diesem Antrag zustimmen, um ein entsprechen­des Zeichen. – Das ist die Minderheit, abgelehnt.

Wir gelangen zur Abstimmung über Tagesordnungspunkt 12: Entwurf betreffend 13. COVID-19-Gesetz samt Titel und Eingang in 131 der Beilagen.

Ich ersuche jene Damen und Herren, die dem Gesetzentwurf ihre Zustimmung geben, um ein entsprechendes Zeichen. – Das ist einstimmig angenommen.

Wir kommen sogleich zur dritten Lesung.

Wer in dritter Lesung die Zustimmung gibt, den ersuche ich um ein Zeichen. – Der Ge­setzentwurf ist somit in dritter Lesung einstimmig angenommen.

Wir gelangen zur Abstimmung über den Entschließungsantrag der Abgeordneten Yannick Shetty, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Blutspende öffnen – Leben ret­ten!“

Wer sich für diesen Entschließungsantrag ausspricht, den bitte ich um ein Zeichen. – Das ist die Minderheit, abgelehnt.

Wir gelangen zur Abstimmung über den Entschließungsantrag der Abgeordneten Ewa Ernst-Dziedzic, Gabriela Schwarz, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Blutspen­den ohne Diskriminerung“.


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Wer für diesen Entschließungsantrag ist, den bitte ich um ein Zeichen der Zustim­mung. – Das ist mit Mehrheit angenommen. (30/E)

Wir gelangen zur Abstimmung über Tagesordnungspunkt 13: Entwurf betreffend 16. COVID-19-Gesetz in 132 der Beilagen.

Hiezu liegen ein Abänderungsantrag der Abgeordneten Schwarz, Schallmeiner, Kolle­ginnen und Kollegen und ein Verlangen auf getrennte Abstimmung der Abgeordneten Kaniak, Kolleginnen und Kollegen vor.

Ich werde daher zunächst über die vom erwähnten Abänderungsantrag beziehungs­weise Verlangen auf getrennte Abstimmung betroffenen Teile – der Systematik des Gesetzentwurfes folgend – und schließlich über die restlichen, noch nicht abgestimm­ten Teile des Gesetzentwurfes abstimmen lassen.

Die Abgeordneten Gabriela Schwarz, Schallmeiner, Kolleginnen und Kollegen haben einen Abänderungsantrag betreffend Artikel 1 eingebracht.

Ich bitte jene Damen und Herren, die sich dafür aussprechen, um ein Zeichen. – Das ist mit Mehrheit angenommen.

Wir gelangen zur getrennten Abstimmung über Artikel 2 in der Fassung des Aus­schussberichtes.

Ich ersuche jene Damen und Herren, die diesem Teil des Gesetzentwurfes ihre Zu­stimmung geben, um ein bejahendes Zeichen. – Das ist mit Mehrheit angenommen.

Schließlich kommen wir zur Abstimmung über die restlichen, noch nicht abgestimmten Teile des Gesetzentwurfes samt Titel und Eingang in der Fassung des Ausschussbe­richtes.

Ich bitte jene Damen und Herren, die sich dafür aussprechen, um ein Zeichen der Zu­stimmung. – Das ist mit Mehrheit angenommen.

Wir kommen sogleich zur dritten Lesung.

Wer in dritter Lesung seine Zustimmung gibt, den ersuche ich um ein Zeichen. – Der Gesetzentwurf ist in dritter Lesung mit Mehrheit angenommen.

Damit gelangen wir zur Abstimmung über Tagesordnungspunkt 14: Antrag des Ge­sundheitsausschusses, seinen Bericht 134 der Beilagen zur Kenntnis zu nehmen.

Wer sich für diese Kenntnisnahme ausspricht, den bitte ich um ein Zeichen. – Der Be­richt ist mit Mehrheit zur Kenntnis genommen.

Wir gelangen zur Abstimmung über Tagesordnungspunkt 15: Antrag des Gesund­heitsausschusses, seinen Bericht 133 der Beilagen zur Kenntnis zu nehmen.

Wer ist für diese Kenntnisnahme? – Das ist mit Mehrheit angenommen.

Damit gelangen wir zur Abstimmung über den Entschließungsantrag der Abgeord­neten Maximilian Köllner, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Rettungsschirm für den Sport!“

Ich bitte jene Damen und Herren, die für diesen Entschließungsantrag sind, ein Zei­chen der Zustimmung zu geben. – Das ist die Minderheit, abgelehnt.

Damit gelangen wir zur Abstimmung über den Entschließungsantrag der Abgeordne­ten Schwarz, Schallmeiner, Kucher, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Rahmenplan für ein schrittweises Hochfahren des Gesundheitssystems“.

Wer spricht sich für diesen Entschließungsantrag aus? – Der Antrag ist einstimmig angenommen. (31/E)


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Damit gelangen wir zur Abstimmung über den Entschließungsantrag der Abgeordne­ten Petra Steger, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Gesund und fit durch sportliche Aktivität“.

Ich bitte jene Damen und Herren, die sich dafür aussprechen, um ein Zeichen. – Das ist die Minderheit, abgelehnt.

Wir gelangen nunmehr zur Abstimmung über den Entschließungsantrag der Abge­ordneten, Zarits, Prammer, Kolleginnen und Kollegen betreffend „schrittweise Öffnung des Sports unter Berücksichtigung der epidemiologischen Entwicklung des COVID19 Vi­rus und Sicherstellung einer finanziellen Unterstützung unserer wertvollen Sportver­eine“.

Wer für diesen Entschließungsantrag ist, den bitte ich um ein Zeichen. – Der Antrag ist mit Mehrheit angenommen. (32/E)

Wir gelangen zur Abstimmung über Tagesordnungspunkt 16: Antrag des Gesund­heitsausschusses, seinen Bericht 135 der Beilagen zur Kenntnis zu nehmen.

Wer dem zustimmt, den bitte ich um ein Zeichen. – Das ist mit Mehrheit ange­nommen.

16.29.4317. Punkt

Bericht des Verfassungsausschusses über den Antrag 437/A der Abgeordneten Mag. Wolfgang Gerstl, Mag. Agnes Sirkka Prammer, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Integrationsgesetz 2017, das Verwal­tungsrechtliche COVID-19-Begleitgesetz 2020, das Zustellgesetz 1982 und das Agrarmarkt Austria Gesetz 1992 (AMA-Gesetz 1992) geändert werden (12. COVID-19-Gesetz) (136 d.B.)

18. Punkt

Bericht des Verfassungsausschusses über den Antrag 442/A der Abgeordneten Dr. Susanne Fürst, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz über die Errichtung der Marktordnungsstelle „Agrar­markt Austria“ (AMA-Gesetz 1992) geändert wird (137 d.B.)


Präsidentin Doris Bures: Wir gelangen zu den Punkten 17 und 18 der Tagesordnung, über welche die Debatten unter einem durchgeführt werden.

Ich begrüße die Frau Bundesministerin.

Auf eine mündliche Berichterstattung wurde verzichtet.

Erste Rednerin: Frau Abgeordnete Selma Yildirim. – Bitte.


16.30.31

Abgeordnete Mag. Selma Yildirim (SPÖ): Frau Präsidentin! Werte Ministerin! Herr Minister! Hohes Haus! Wenn wir uns die letzten sechs Wochen vor Augen führen, dann könnte über die Geschehnisse im Hohen Haus folgender Titel entstehen: Denn sie wis­sen nicht, was sie tun! – Wir haben einen jungen Kanzler, der Angst und Schrecken verbreitet, Panik auslöst, und dann, wenn alles gut gegangen ist, Dankbarkeit, Aner­kennung und Zuspruch erwartet. (Abg. Lopatka: Na ja!) Sehr geehrte Damen und Her­ren, das, was allerdings hier passiert, kann man nicht mehr als nichts wissen beschrei­ben, sondern das ist unseriös – unseriöse Gesetzgebung, unseriöse Politik.

Wir sollen heute unter Tagesordnungspunkt 17 eine weitere Änderung des Coronage­setzes beschließen. Das ist ein Antrag, der am 22. April, also vor weniger als einer Wo-


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll27. Sitzung, 28. April 2020 / Seite 172

che, eingebracht wurde. Am 23. April haben wir ihn im Verfassungsausschuss behan­delt, und bereits in der Ausschussdebatte haben wir gemerkt, dass es viele Ungereimt­heiten gibt und dass in Grund- und Freiheitsrechte eingegriffen wird. Es hat nicht dazu gereicht, eine Ausschussbegutachtung durchzubringen, was seriös und absolut sinn­voll wäre, gerade, wenn es um Grund- und Freiheitsrechte geht, aber es hat dazu ge­reicht, dass uns heute im Plenum – fünf Tage nach der Ausschussdebatte – schon wie­der ein Abänderungsantrag vorgelegt wurde. Meine sehr geehrten Damen und Herren, das ist unseriös! (Beifall bei der SPÖ.)

Wir werden einen Rückverweisungsantrag stellen und hoffen, dass Ihnen der Bereich, in dem es wirklich um ein faires Verfahren, um zentrale Punkte der Grund- und Frei­heitsrechte geht, diese zwei Wochen, die es braucht, um sich das genau anzuschauen, wert ist. Mit diesem Gesetzesbeschluss, mit dem, was Sie heute hier vorhaben, sollen Rechtsanwältinnen und Rechtsanwälte arbeiten können, sollen Gerichte umgehen kön­nen, und jene, die betroffen sind, sollen sich verteidigen können. Wenn man sich die Fristen anschaut – die sogar Rechtsanwendern Probleme bereiten – und bedenkt, dass wir diese Gesetze den Bürgerinnen und Bürgern, die sie befolgen müssen, zumu­ten, fällt mir dazu nichts anderes ein, als zu sagen: unseriös.

Sehr geehrte Damen und Herren, vor allem der türkisen Fraktion, hören Sie doch bitte auf mit der Lobhudelei, besinnen Sie sich wieder auf ordentlichen Parlamentarismus und machen Sie hier gemeinsam mit uns seriös Gesetze! (Beifall bei der SPÖ.)

16.33


Präsidentin Doris Bures: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Friedrich Ofenauer. – Bitte.


16.34.01

Abgeordneter Mag. Friedrich Ofenauer (ÖVP): Frau Präsidentin! Frau Ministerin! Herr Minister! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen im Hohen Haus! Meine sehr ver­ehrten Damen und Herren! Wir befinden uns jetzt in der siebenten Woche der Coro­nakrise. Erlauben Sie mir einige Vorbemerkungen, da in den Redebeiträgen – auch bei der meiner Kollegin – immer von Angstmache gesprochen wird.

Wir erleben jetzt eine Situation, die der Virologe Christian Drosten letzten Sonntag im „Guardian“ als Präventionsparadoxon bezeichnet hat: Der Erfolg von gesetzten Maß­nahmen führt dazu, dass die gesetzten Maßnahmen infrage gestellt werden, weil sie gewirkt haben. Und genau diese Situation, meine sehr verehrten Damen und Herren, haben wir jetzt. (Beifall bei der ÖVP.)

Das ist aber so, als würde man einen Krimi von hinten lesen und sich am Anfang freuen, wenn man weiß, wer der Mörder ist. (Abg. Kickl: Drosten ist Virologe und nicht Logiker! – Weiterer Ruf bei der FPÖ: ... Nichtraucher!) Es wird Angstmache vorgewor­fen, und natürlich, der Grat zwischen Information über eine tatsächliche Gefährdung und Panikmache kann durchaus schmal sein. Ich frage mich aber manchmal auch: Wie viel Angst und Angstmache steckt in Impfkampagnen, wenn gesagt wird, es könne je­den treffen, die Gefahr sei überall? Dagegen bringen die wöchentlichen Pressekonfe­renzen unserer Bundesregierung seriöse und sachliche Informationen, meine sehr ver­ehrten Damen und Herren.

Ich lese, dass die FPÖ zur Normalität zurückkehren will – da muss man Angst bekom­men, meine sehr verehrten Damen und Herren. Man muss sich vor dem, was die FPÖ unter Normalität versteht, fürchten (Abg. Schnedlitz: Ja, ihr schon! ... Bevölkerung!), wenn man bedenkt, was im Rahmen des BVT-Untersuchungsausschusses an Umbau­plänen für den Staat aufgekommen ist. Wenn das die Spitze eines Eisbergs war, dann bin ich froh, dass dieser Eisberg geschmolzen ist, meine sehr verehrten Damen und Her­ren. (Beifall bei der ÖVP. – Zwischenrufe der Abgeordneten Deimek und Kassegger.)


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Die Coronakrise hat uns alle vor eine Herausforderung gestellt, die wir zu Lebzeiten so noch nicht hatten. Die Bundesregierung hat von Anfang an alles richtig gemacht und das getan, was notwendig war, um Menschenleben zu schützen. Das ist auch der Grund, warum unser Land im Vergleich zu anderen vergleichsweise gut dasteht und wir jetzt Schritt für Schritt das öffentliche Leben wieder hochfahren und unseren Alltag weitgehend wieder aufnehmen können. Wir müssen aber auch aufpassen, denn diese Krise ist noch lange nicht vorbei. Wir müssen auch weiterhin unser Verhalten überden­ken, auch in gewisser Weise anpassen und auch weiterhin Bereitschaft zeigen, Maß­nahmen zu setzen. – Wir alle!

Dazu gehört es auch, im Hohen Haus Maßnahmen zu setzen, und – ich blicke jetzt zur SPÖ – zum Beispiel eine Bundesratssitzung nicht zu verhindern, damit Maßnahmen und Gesetze, wie der hier vorliegende Entwurf, am 1. Mai in Kraft treten können. Das sind wichtige Maßnahmen, die in diesem Verwaltungsrechtlichen COVID-19-Begleitge­setz getroffen werden sollen, weil man nämlich mündliche Verhandlungen von Behör­den wieder ermöglicht – natürlich unter Einhaltung der Hygienevorschriften durch das Tragen von Masken und Abstand halten. (Zwischenruf des Abg. Hafenecker.) Das ist deswegen wichtig, weil viele Betriebsanlagen nicht genehmigt werden können, da die Behörden derzeit keine mündlichen Verhandlungen abhalten und an Ort und Stelle keine Lokalaugenscheine mit Sachverständigen stattfinden können.

Es betrifft aber auch die besonderen Regelungen beim Zustellen von Schriftstücken, dass zum Beispiel Personen, die unter Quarantäne gestellt sind, nicht selbst bestätigen müssen, dass sie einen Bescheid übernommen haben, sondern dass das der Zusteller machen kann. Diese Regelung würde mit 30. April außer Kraft treten, meine sehr ver­ehrten Damen und Herren, und dieses Gesetz sieht vor, dass diese Maßnahme ver­längert wird und somit auch von 1. Mai bis 30. Juni gilt. Wenn dieses Gesetz nicht ver­längert wird, dann müssten ab 1. Mai an Covid-19 Erkrankte wieder selbst die Über­nahme von Bescheiden bestätigen. Das geht aber nur dann, wenn der Bundesrat die­ses Gesetz auch rechtzeitig beschließt, und das müsste noch diese Woche sein, liebe SPÖ.

So langsam wir uns einem Alltag nur allmählich annähern können, so schnell müssen zurzeit immer wieder Anpassungen und Entscheidungen getroffen werden. Es ist na­türlich auch in dieser Zeit richtig und auch wichtig, unsere Grundrechte im Blick zu behalten und auch unsere demokratischen Grundwerte nicht zu vergessen. Genau das tun wir auch, deswegen haben wir die Gesetzespakete, die beschlossen wurden, auch mit einem Ablaufdatum versehen.

Kollegin Yildirim hat ein Beispiel erwähnt und als so schrecklich bezeichnet: Nach der Kritik an einem Gesetzentwurf wurde gemeinsam mit dem Verfassungsdienst eine Än­derung erarbeitet, die in Form eines Abänderungsantrages eingebracht wird. Damit kommt es zu einigen Klarstellungen, insbesondere was die Erhebung von Einwendun­gen betrifft, wenn Parteien keine technische Möglichkeit haben, eine mündliche Ver­handlung per Video verfolgen zu können. Es kommt zu einem erweiterten Parteien­gehör: Die Behörde muss die Gelegenheit geben, nachträgliche Einwendungen zuzu­lassen. Und das, meine sehr verehrten Damen und Herren, ist nicht unseriös, sondern das ist tatsächlich eine seriöse Gesetzgebung. Auf Kritik einzugehen, ist wichtig.

Wir haben gestern das 75. Jubiläum der Zweiten Republik gefeiert und der Wieder­richtung der Republik und der Errungenschaften und Leistungen gedacht, die zu die­sem erfolgreichen Österreich geführt haben. Ich bin der Meinung, dass wir bald wieder unter anderem auf genau diese Zeit zurückblicken können, weil wir diese Krise gut ge­meistert haben, weil die Bundesregierung für unsere Republik von Anfang an die rich­tigen Schritte gesetzt hat. Dazu ist es aber wichtig, dass wir auch weiterhin zusammen­halten, zusammenstehen, dass jeder bei sich selbst anfängt und wir unter anderem


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll27. Sitzung, 28. April 2020 / Seite 174

auch verhindern, dass es zu einer zweiten Ansteckungswelle kommt. – Danke schön. Alles Gute! (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Grünen.)

16.39


Präsidentin Doris Bures: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Peter Schmiedlech­ner. – Bitte.


16.39.51

Abgeordneter Peter Schmiedlechner (FPÖ): Frau Präsident! Sehr geehrte Frau Mi­nister! (Abg. Leichtfried: Präsidentin!) – Präsidentin, Entschuldigung! (Rufe und Ge­genrufe zwischen Abgeordneten von Grünen und FPÖ.)

Ja, ja, die ÖVP und ihre Herdendisziplin! – Auf der einen Seite kündigen Sie Lockerun­gen an, auf der anderen Seite sprechen Sie von der neuen Normalität, und wir sollen hier Gesetze beschließen, um den Ausnahmezustand möglichst lange hinauszuziehen. Die Menschen wollen keine Kurz-Normalität, sie wollen ihre Freiheit zurück!

Gerade was die AMA betrifft fehlt jegliche Transparenz, und daher, denke ich, ist un­sere Forderung nach einer Besetzung des Verwaltungsrates der AMA mit Vertretern al­ler im Hauptausschuss vertretenen Parteien nur berechtigt. An die ÖVP: Nein, es wäre kein Systembruch, denn die §-7-Kommission wird nicht nur von den Sozialpartnern beschickt, sondern auch von Vertretern aller Parteien. Die ÖVP will das natürlich nicht. Es stellt sich für mich, aber auch für alle anderen die Frage: Was haben Sie zu ver­bergen?

Derzeit ist der Verwaltungsrat mit den Vertretern der Landwirtschaftskammer, der Bun­desarbeiterkammer, der Wirtschaftskammer und des Gewerkschaftsbunds besetzt. Wie heißt es so schön in einem alten Sprichwort? – Eine Krähe hackt der anderen kein Auge aus.

Die AMA-Marketing finanziert sich durch Marketingbeiträge der Bauern, die den größ­ten Teil stemmen – 19,3 Millionen Euro –, aus EU-Mitteln – 1,3 Millionen Euro – und aus sonstigen Einnahmen – 3,8 Millionen Euro. Dabei gibt es eine Eigenart: Die Bau­ern bezahlen Marketingbeiträge, damit die AMA-Marketing Werbung für die verarbei­tende Industrie machen kann. Das ist ungefähr so, als müsste ein Arbeiter einen Bei­trag leisten, damit der Firmeninhaber Werbung machen kann.

Die bisherigen Erfahrungen zeigen, dass eine echte parlamentarische Kontrolle der AMA wichtig und richtig wäre. Das hätten sich die Bauern verdient. Es gibt nicht nur die Probleme rund um die Almfutterflächenfeststellung, sondern auch der Rechnungshof macht in seinen Berichten immer wieder viele Mängel deutlich und verlangt mehr Transparenz. Die letzte Rechnungshofsonderprüfung der AMA-Marketing offenbarte eine Fülle von Unregelmäßigkeiten, Interessenkonflikten und Vergabemängeln. Die Vergabe von Inseraten an unterstützende Vereine und Parteimedien ist dort anschei­nend gang und gäbe. Natürlich besteht auch der Verdacht von versteckter Parteienfi­nanzierung, und ich denke mir: Wenn die AMA-Marketing Bauerngeld in die Hand nimmt oder in die Hand bekommt, ist es etwas mies, wenn dieses Geld dann an ÖVP-nahe Zeitungen fließt. (Beifall bei der FPÖ.)

Alle hier vertretenen Parteien können sich aktiv zeigen und für eine echte parlamenta­rische Kontrolle und damit für mehr Transparenz bei der AMA sorgen. – Danke. (Beifall bei der FPÖ.)

16.43


Präsidentin Doris Bures: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Agnes Sirkka Pram­mer. – Bitte.



Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll27. Sitzung, 28. April 2020 / Seite 175

16.43.44

Abgeordnete Mag. Agnes Sirkka Prammer (Grüne): Frau Präsidentin! Frau Bundes­ministerin! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Werte Zuseherinnen und Zuseher! Wir verlegen die Schienen vor einem fahrenden Zug und wir müssen dabei ständig nachsteuern. Wir haben jetzt das erste Ziel erreicht und konnten die Geschwindigkeit des Zuges massiv reduzieren. Jetzt heißt es Schritt für Schritt in ein geordnetes Leben zurückzufinden. Trotzdem müssen weitere Ansteckungen hintangehalten werden. Da­zu gehört es auch, den Verwaltungsbehörden die notwenigen Werkzeuge in die Hand zu geben, um den Betrieb langsam wieder hochzufahren.

Auch den Verwaltungsbehörden soll es ermöglicht werden, Verhandlungen per Video­konferenz durchzuführen. Den entsprechenden Antrag dazu haben wir im Verfas­sungsausschuss ausführlich diskutiert, und basierend auf dieser Diskussion haben wir unter Beiziehung des Verfassungsdienstes die Formulierungen nochmals nachge­schärft.

Ich bringe daher den Abänderungsantrag der Abgeordneten Gerstl und Prammer zum Antrag 437/A ein, in dem diese Nachschärfungen ausformuliert sind.

Die Formulierungen in der Fassung des Abänderungsantrages tragen einer Besonder­heit im Verwaltungsverfahren Rechnung, nämlich dem Instrument der Präklusion. Es ist zunächst präziser ausformuliert, wie die Behörde sich mit den Parteien und anderen Beteiligten ins Einvernehmen zu setzen hat, wenn sie vorhat, eine Amtshandlung im Wege der Videokonferenz durchzuführen.

Es gibt aber auch Verfahren, bei denen erst die Erhebung von Einwendungen, spätes­tens in der mündlichen Verhandlung, Beteiligte zu Parteien macht. Auch für diese Fälle findet sich im Antrag eine präzisere Regelung, um auch bei der Verhandlung per Vi­deokonferenz diese Rechte zu wahren, und zwar sollen die Betroffenen, die nicht zuvor bereits Einwendungen erhoben haben, das nachträglich noch auf Basis der Ergebnisse der mündlichen Verhandlung machen können. So schaffen wir mehr Sicherheit bei gleichbleibendem Rechtsschutz.

*****

Ich kann einer Rückverweisung dieses Antrages beziehungsweise dieses Punktes lei­der überhaupt nichts abgewinnen, denn schon alleine durch die Nichtdurchführung einer Bundesratssitzung noch im April wird die Justiz bei den Zustellungen in massive Bedrängnis gebracht. Diese Regelungen, die wir hier vornehmen, sollen die Voraus­setzungen dafür schaffen, dass die Verwaltungsbehörden wieder Anträge bearbeiten können.

Es ist ein erster wichtiger Schritt hin zu einer Wiederaufnahme auch des rechtlichen Lebens im Verwaltungsbereich. Ich hoffe, wir können ihn gemeinsam mit möglichst breiter Mehrheit gehen. (Beifall bei Grünen und ÖVP.)

16.46

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:

Abänderungsantrag

der Abgeordneten Mag. Wolfgang Gerstl, Mag. Agnes Sirkka Prammer

Kolleginnen und Kollegen

zum Antrag 437/A der Abgeordneten Mag. Wolfgang Gerstl, Mag. Agnes Sirkka Pram­mer


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll27. Sitzung, 28. April 2020 / Seite 176

Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Integrationsge­setz 2017, das Verwaltungsrechtliche COVID-19-Begleitgesetz 2020, das Zustellge­setz 1982 und das Agrarmarkt Austria Gesetz 1992 (AMA-Gesetz 1992) geändert wer­den (12. COVID-19-Gesetz) in der Fassung des Ausschussberichtes in (136 dB)

Der Nationalrat wolle in zweiter Lesung beschließen:

Der eingangs bezeichnete Gesetzesantrag in der Fassung des Ausschussberich­tes 136 d. B. wird wie folgt geändert:

1. Der Titel des Gesetzes lautet:

„Bundesgesetz, mit dem das Integrationsgesetz, das Verwaltungsrechtliche COVID-19-Begleitgesetz, das Zustellgesetz und das Agrarmarkt Austria Gesetz (AMA-Ge­setz 1992) geändert werden (12. COVID-19-Gesetz)“

2. Die Artikelbezeichnungen lauten entsprechend:

„Artikel 1 Änderung des Integrationsgesetzes

Artikel 2 Änderung des Verwaltungsrechtlichen COVID-19-Begleitgesetzes

Artikel 3 Änderung des Zustellgesetzes

Artikel 4 Änderung des AMA-Gesetzes“

3. In Artikel 2 Z 1 lautet § 3:

„§ 3. (1) Mündliche Verhandlungen (§§ 40 bis 44 AVG; §§ 43 und 44 VStG), Verneh­mungen (§§ 48 bis 51 AVG; § 24 VStG iVm. §§ 48 bis 51 AVG, § 33 VStG), Au­genscheine, Beweisaufnahmen und dergleichen sind nur durchzuführen, wenn sicher­gestellt ist, dass am Ort der Amtshandlung zwischen den anwesenden Personen ein Abstand von mindestens einem Meter eingehalten werden kann. Die an der Amts­handlung teilnehmenden Personen haben eine den Mund- und Nasenbereich gut ab­deckende mechanische Schutzvorrichtung als Barriere gegen Tröpfcheninfektion zu tragen; dies gilt nicht für Kinder bis zum vollendeten sechsten Lebensjahr oder für Per­sonen, denen aus gesundheitlichen Gründen das Tragen der Vorrichtung nicht zuge­mutet werden kann. Der Leiter der Amtshandlung hat für die Einhaltung dieser Vor­schriften zu sorgen; § 34 Abs. 2, 4 und 5 AVG ist anzuwenden.

(2) Die Behörde kann

1.          mündliche Verhandlungen, Vernehmungen, Augenscheine und derglei­chen unter Verwendung geeigneter technischer Einrichtungen zur Wort- und Bildübertragung durchführen,

2.          mündliche Verhandlungen, die andernfalls an Ort und Stelle abzuhalten wären, unter Verwendung geeigneter technischer Einrichtungen zur Wort- und Bildübertragung am Sitz der Behörde oder an dem Ort ab­halten, der nach der Sachlage am zweckmäßigsten erscheint, wobei Au­genscheine und Beweisaufnahmen an Ort und Stelle diesfalls vor der Verhandlung stattzufinden haben, oder

3.          Beweise unter Verwendung geeigneter technischer Einrichtungen zur Wort- und Bildübertragung aufnehmen.

(3) Den Parteien und sonst Beteiligten, den erforderlichen Zeugen und Sachverständi­gen, den Dolmetschern und den sonst der Amtshandlung beizuziehenden Personen ist Gelegenheit zu geben, unter Verwendung der technischen Einrichtungen zur Wort- und Bildübertragung an der betreffenden Amtshandlung teilzunehmen. Die Behörde hat die Parteien und sonst Beteiligten aufzufordern, bekanntzugeben, ob ihnen solche tech­nischen Einrichtungen zur Wort- und Bildübertragung zur Verfügung stehen; ist dies


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll27. Sitzung, 28. April 2020 / Seite 177

nicht der Fall, so kann die Amtshandlung auch in ihrer Abwesenheit durchgeführt wer­den. Die Behörde hat diesfalls den Parteien und sonst Beteiligten, die aus diesem Grund an der Amtshandlung nicht teilnehmen können, in sonst geeigneter Weise Gele­genheit zu geben, ihre Rechte auszuüben bzw. bei der Feststellung des Sachverhalts mitzuwirken.

(4) Ist gesetzlich vorgesehen, dass Beteiligte spätestens während der mündlichen Ver­handlung Einwendungen erheben können, und wird die mündliche Verhandlung unter Verwendung technischer Einrichtungen zur Wort- und Bildübertragung durchgeführt, so hat die Behörde denjenigen Beteiligten, die nicht bereits rechtzeitig Einwendungen erhoben haben, gemäß Abs. 3 bekanntgegeben haben, dass ihnen solche technischen Einrichtungen zur Wort- und Bildübertragung nicht zur Verfügung stehen, und an der mündlichen Verhandlung nicht teilgenommen haben, auf Verlangen Gelegenheit zur nachträglichen Erhebung von Einwendungen zu geben. Ein solches Verlangen ist spätestens drei Tage nach dem Tag zu stellen, an dem die Verhandlung durchgeführt wurde. Die Behörde hat solchen Beteiligten die Verhandlungsschrift (§ 14 Abs. 3 AVG) mit der Mitteilung zu übermitteln, dass es ihnen freisteht, binnen einer gleichzeitig zu bestimmenden, angemessenen Frist bei der Behörde Einwendungen zu erheben. Wer­den solche Einwendungen nicht rechtzeitig erhoben, so treten die Folgen des § 42 Abs. 1 AVG ein; die Aufforderung der Behörde hat auch einen Hinweis darauf zu ent­halten. § 42 Abs. 3 AVG bleibt unberührt.

(5) Wird eine Amtshandlung unter Verwendung technischer Einrichtungen zur Wort- und Bildübertragung durchgeführt, so braucht eine Niederschrift, außer vom Leiter der Amtshandlung, von keiner weiteren Person unterschrieben zu werden. Wird die Nie­derschrift elektronisch erstellt, so kann an die Stelle der Unterschrift des Leiters der Amtshandlung ein Verfahren zum Nachweis der Identität (§ 2 Z 1 E-GovG) des Leiters der Amtshandlung und der Authentizität (§ 2 Z 5 E-GovG) der Niederschrift treten. § 14 Abs. 1 bis 4, 6 und 7 AVG bleibt unberührt.

(6) Die Behörde ist verpflichtet, mit den Beteiligten sowie mit sonstigen Personen im Rahmen der Durchführung des Verfahrens mündlich zu verkehren, wenn dies zur Auf­rechterhaltung einer geordneten Verwaltungsrechtspflege unbedingt erforderlich ist und eine andere Form als die des mündlichen Verkehrs nach Lage des einzelnen Falles nicht in Betracht kommt. Die Behörde ist zur Entgegennahme mündlicher Anbringen bei Gefahr im Verzug oder wenn ein einschreitender Beteiligter der deutschen Sprache nicht hinreichend kundig ist oder diesem eine schriftliche Einbringung wegen einer Be­hinderung nicht zugemutet werden kann, verpflichtet. In sonstigen Fällen kann die Be­hörde dem Einschreiter auftragen, das Anbringen innerhalb einer gleichzeitig zu be­stimmenden, angemessenen Frist schriftlich einzubringen. Wird das Anbringen recht­zeitig schriftlich eingebracht, so gilt es als zum ursprünglichen Zeitpunkt eingebracht.“

4. In Artikel 3 wird folgende neue Z 1 eingefügt, die bisherigen Z 1 bis 3 erhalten die Bezeichnungen 2 bis 4:

„1. In § 26a lautet der Einleitungssatz vor der Z.1:

„Zur Verhinderung der Verbreitung von COVID-19 gelten für die Zustellung mit Zustell­nachweis der von Gerichten bzw. von Verwaltungsbehörden zu übermittelnden Doku­mente sowie die durch die Gerichte bzw. die Verwaltungsbehörden vorzunehmende Zustellung von Dokumenten ausländischer Behörden (§ 1) folgende Erleichterungen:““

5. In Artikel 3 lautet Z4 (bisherige Z3):

„4. § 40 wird folgender Abs. 14 angefügt:

„(14) § 26a samt Überschrift in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. xxx/2020 tritt mit Ablauf des Tages der Kundmachung des genannten Bundesgesetzes in Kraft


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und mit Ablauf des 30. Juni 2020 außer Kraft. Dass bei Zustellvorgängen, die sich im Zeitraum vom 22. März 2020 bis zum Ablauf des Tages der Kundmachung des ge­nannten Bundesgesetzes ereignet haben, die Beurkundung der Form der Verständi­gung von der Zustellung sowie gegebenenfalls der Gründe, aus denen eine Verständi­gung nicht möglich war, aus technischen Gründen nicht elektronisch erfolgt ist, gilt dann nicht als Zustellmangel, wenn ihre Beurkundung in einer dem § 26a Z 3 letzter Satz in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. xxx/2020 entsprechenden Weise erfolgt ist und die betreffenden Daten dem Absender nachträglich unverzüglich über­mittelt werden oder bereits übermittelt worden sind.““

Begründung

Bei den Ziffern 1 und 2 handelt es sich um redaktionelle Anpassungen.

Zu Artikel 2 (Änderung des Verwaltungsrechtlichen COVID-19-Begleitgesetzes):

Zu § 3:

Im Einzelnen ist zur vorgeschlagenen Neufassung des § 3 Folgendes zu bemerken:

Durch die Neufassung des Abs. 1 soll klargestellt werden, dass der Leiter einer Amts­handlung nicht nur dafür Sorge zu tragen hat, dass die an der Amtshandlung teilneh­menden Personen einen Mund-Nasen-Schutz tragen, sondern auch dafür, dass die an­wesenden Personen voneinander einen Abstand von mindestens einem Meter ein­halten. Bei Nichteinhaltung dieser Vorschriften stehen ihm die Mittel der Sitzungspolizei (§ 34 AVG) zur Verfügung. Aus legistischen Gründen sollen die in der bisherigen Fas­sung des Abs. 2 Z 1 enthaltenen Gesetzeszitate aus diesem Anlass in Abs. 1 trans­feriert werden.

Die Einleitung der bisherigen Fassung des Abs. 2 enthält ein finales Tatbestandsmerk­mal („Um trotz der Beschränkung der Bewegungsfreiheit und persönlichen Kontakte zur Verhütung und Bekämpfung von COVID-19 den Verkehr der Behörden aufrechtzu­halten“), das nur vor dem Hintergrund der geltenden Fassung des § 3 verständlich ist und so ausgelegt werden könnte, dass es eine implizite zeitliche Befristung normiert, die theoretisch bereits vor dem Außerkrafttreten des Gesetzes (mit Ablauf des 31. De­zember 2020) eintreten kann. Da eine solche doppelte Befristung im Hinblick auf die damit verbundene Rechtsunsicherheit nicht zweckmäßig wäre, soll dieses Tatbe­standsmerkmal entfallen. Ob die Behörde von der Ermächtigung des Abs. 2 Gebrauch macht, steht in ihrem Ermessen; wenn ja, hat sie nach Abs. 3 vorzugehen.

Nach dem vorgeschlagenen Abs. 3 zweiter Satz hat die Behörde die Parteien und sonst Beteiligten aufzufordern, bekanntzugeben, ob ihnen jene technischen Einrichtun­gen zur Wort- und Bildübertragung, die bei der Amtshandlung zur Verwendung gelan­gen sollen, zur Verfügung stehen; diese Aufforderung kann etwa mit der „Ladung“ oder mit der Verständigung (Kundmachung) über die Anberaumung einer mündlichen Ver­handlung erfolgen. Ist dies nicht der Fall, so kann die Amtshandlung auch in ihrer Ab­wesenheit durchgeführt werden. Die Behörde hat diesfalls den Parteien und sonst Beteiligten, die aus diesem Grund an der Amtshandlung nicht teilnehmen können, in sonst geeigneter Weise Gelegenheit zu geben, ihre Rechte auszuüben bzw. bei der Feststellung des Sachverhalts mitzuwirken (also, mit anderen Worten, all das zu tun, was sie während der Amtshandlung nicht tun konnten).

Mit dem vorgeschlagenen Abs. 4 soll die Vorgangsweise der Behörde anlässlich der Durchführung einer mündlichen Verhandlung unter Verwendung technischer Einrich­tungen zur Wort- und Bildübertragung präziser geregelt werden: Ist, so wie in § 42 Abs. 1 AVG, gesetzlich vorgesehen, dass Beteiligte spätestens während der mündli­chen Verhandlung Einwendungen erheben können, so hat die Behörde denjenigen


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Beteiligten, die nicht bereits rechtzeitig Einwendungen erhoben haben, gemäß Abs. 3 bekanntgegeben haben, dass ihnen solche technischen Einrichtungen zur Wort- und Bildübertragung nicht zur Verfügung stehen, und an der mündlichen Verhandlung nicht teilgenommen haben, auf Verlangen Gelegenheit zur nachträglichen Erhebung von Einwendungen zu geben. Ein solches Verlangen ist spätestens drei Tage nach dem Tag zu stellen, an dem die Verhandlung durchgeführt wurde. Solche Beteiligten verlie­ren also ihre Stellung als Partei, auch dann, wenn sie bis zur mündlichen Verhandlung keine Einwendungen erhoben haben, zunächst nicht. Die Behörde hat solchen Be­teiligten die Verhandlungsschrift (§ 14 Abs. 3 AVG) mit der Mitteilung zu übermitteln, dass es ihnen freisteht, binnen einer gleichzeitig zu bestimmenden, angemessenen Frist bei der Behörde Einwendungen zu erheben. Diese Regelung soll gewährleisten, dass der Beteiligte die Entscheidung, ob er Einwendungen erhebt, auf der Grundlage der Verhandlungsschrift treffen kann; das Recht anderer Beteiligter, eine Ausfertigung der Verhandlungsschrift zu erhalten, wird dadurch aber nicht berührt. Werden solche Einwendungen nicht rechtzeitig erhoben, so treten die Folgen des § 42 Abs. 1 AVG ein; die Aufforderung der Behörde, Einwendungen zu erheben, hat auch einen Hinweis darauf zu enthalten. § 42 Abs. 3 AVG bleibt unberührt.

Der – dem bisherigen Abs. 4 entsprechende – vorgeschlagene Abs. 5 enthält eine Sonderregelung zu § 14 Abs. 5 AVG. Durch die salvatorische Klausel im letzten Satz soll klargestellt werden, dass der gesamte § 14 AVG mit Ausnahme seines im Hinblick auf die getroffene Sonderregelung unanwendbaren Abs. 5 unberührt bleibt. (Einzelne Regelungen des § 14 AVG betreffend Niederschriften zu wiederholen, erscheint nicht zweckmäßig, weil dies unweigerlich die Gefahr von e-contrario-Schlüssen in Bezug auf die restlichen Regelungen aufwerfen würde.)

Der vorgeschlagene Abs. 6 ist, von der Absatznummerierung abgesehen, unverändert.

Zu Artikel 3 (Änderung des Zustellgesetzes):

Durch die Änderung § 26a Zustellgesetz soll sichergestellt werden, dass die alternative RSa/RSb Zustellung weiter möglich bleibt.

*****


Präsidentin Doris Bures: Der Abänderungsantrag wurde in den Grundzügen erläu­tert, ist ordnungsgemäß eingebracht und steht mit in Verhandlung.

Nächster Redner: Herr Abgeordneter Felix Eypeltauer. – Bitte.


16.47.03

Abgeordneter Mag. Felix Eypeltauer (NEOS): Frau Präsidentin! Hohes Haus! Liebe Zuhörerinnen und Zuhörer! Geschätzte Frau Bundesministerin! Ich möchte die Gele­genheit nützen, um über eine Branche zu sprechen, die wir dringend in ihrer vollen Schubkraft brauchen werden, wenn wir wollen, dass die österreichische Wirtschaft wie­der in Schwung kommt, eine Branche, die in Österreich direkt und indirekt über 300 000 Menschen Arbeit gibt, in der rund 40 000 Unternehmen beheimatet sind und die etwa 7 Prozent zum BIP beiträgt. Sie wird zu Recht gerne von Branchenteilneh­mern als die Lokomotive der österreichischen Wirtschaft bezeichnet. Mir ist auch wich­tig, zu sagen, dass sie auch die Lokomotive der Wirtschaft in der Region ist. Die Rede ist natürlich von der Baubranche.

Nicht umsonst, meine sehr geehrten Damen und Herren, kündigen Bundesländer wie beispielsweise Salzburg, aber auch viele größere Städte an, mit Bauprojekten die Kon­junktur anzukurbeln, zu investieren oder mit Sonderprogrammen in der Wohnbauförde­rung zu arbeiten. Diese Lokomotive der österreichischen Wirtschaft ist –sei Dank, muss man sagen – nicht völlig zum Stillstand gekommen. Auf den Baustellen konnte


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dank einer sehr raschen Einigung wieder gearbeitet werden, und die Planer und Zivil­techniker konnten in den letzten Wochen all das abarbeiten, wofür es keine Behörden braucht.

Aber – und das ärgert mich, und darum rede ich darüber – diese Lokomotive unserer Wirtschaft wurde unnötig ausgebremst, weil Österreich in Sachen E-Government und digitaler Bauakt noch in den Neunzigerjahren steckt. Deswegen ging in den letzten zwei Monaten an den Bauämtern nichts weiter. Keine Bauverhandlungen: das bedeutet auch keine Baubescheide; das bedeutet keine Bauprojekte und im Endeffekt einen Stillstand im viel zitierten Wohnbau, den wir alle hier so wichtig finden.

Das spüren natürlich auch die regionalen Baubetriebe, von denen ich am Anfang ge­sprochen habe, die wir brauchen werden, um den Wirtschaftsmotor auch in der Region wieder anzuwerfen. Genau dort, in der Region, wird es aus meiner Sicht auch span­nend, wie Bauverhandlungen oder Lokalaugenscheine von heute auf morgen per Vi­deo – wie wir das heute beschließen – funktionieren werden. Verstehen Sie mich nicht falsch! Es ist grundsätzlich begrüßenswert, dass das möglich wird, aber es reicht halt nicht, ein Gesetz zu machen, wenn auf rund 2 100 Gemeindeämtern in ganz Öster­reich jetzt nicht nur ein Stau, also ein Flaschenhals an Bauverfahren, entsteht, sondern auch das Problem fehlender technischer Ausrüstung und auch fehlenden Know-hows vorherrscht.

Während wir uns mit solchen Dingen herumschlagen, haben die skandinavischen Län­der, aber auch UK durchgearbeitet. Die sind nämlich vorne dabei, wenn es um bürger­nahe und digitale Bauverwaltung geht. Die Regierung Kurz ist immer dann vorne dabei, wenn es um große Überschriften geht, aber nicht dann, wenn es konkret wird, wenn es darum geht, dass die Wirtschaft möglichst gut arbeiten kann.

Das sehen wir auch daran, wie Sie in diesen Wochen mit den Wirtschaftstreibenden in diesem Land umgehen. Ihre Klientel ist ja offensichtlich die Wirtschaftskammer und nicht der Wirtschaftstreibende. Die Versäumnisse im E-Government, meine sehr ge­ehrten Damen und Herren, gefährden also heute ganz unmittelbar Arbeitsplätze und Wertschöpfung, und sie kosten uns wichtige Potenziale in der Bauwirtschaft.

Ich appelliere bei diesem Tagesordnungspunkt an die Bundesregierung: Arbeiten Sie jetzt sofort gemeinsam mit Ländern und Gemeinden und mit den Ziviltechnikern! Das Schicksal winkt Ihnen mit dem Zaunpfahl zu. Wir brauchen mehr Tempo bei der Di­gitalisierung der Verwaltung, damit die Wirtschaft besser arbeiten kann, und kein Ver­waltungsverfahren – gerade weil es so vielschichtig ist – ist da prädestinierter als das Bauverfahren. (Beifall bei den NEOS.)

16.50


Präsidentin Doris Bures: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Nikolaus Berlako­vich. – Bitte.


16.51.03

Abgeordneter Dipl.-Ing. Nikolaus Berlakovich (ÖVP): Sehr geehrte Frau Präsiden­tin! Frau Bundesministerin! Hohes Haus! Herr Kollege Schmiedlechner! Das Parlament diskutiert heute ziemlich engagiert Maßnahmen, wie wir Österreich gut durch die Krise bringen und den Menschen Perspektiven geben können. Gemeinsam mit der Bundes­regierung wurden Maßnahmen gesetzt, die uns im Vergleich zu anderen Ländern in der Welt viel besser dastehen lassen.

Dann stellen Sie sich hier her und wollen, anstatt einen konstruktiven Vorschlag zu ma­chen, ein zusätzliches Amtl haben – für sich vielleicht oder für Ihre Partei. (Abg. Kickl: Man kann ja einem von Ihnen das Amt lassen! – Zwischenruf des Abg. Stefan.) – Schwache Vorstellung! Schwache Vorstellung in der Krise! (Beifall bei der ÖVP.)


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Zur AMA konkret: Worum geht es eigentlich? Die AMA ist ein Unternehmen des öffent­lichen Rechts. (Ruf bei der FPÖ: Eben!) Der Verwaltungsrat, den Sie ansprechen, ist ein Aufsichtsorgan; Sie nennen auch die §-7-Kommission – Sie sagen, dort sitzen ja auch Parteienvertreter drinnen –, aber der große Unterschied ist der, dass die §-7-Kom­mission ein beratendes Gremium ist, während der Verwaltungsrat ein Aufsichtsorgan ist. (Zwischenrufe der Abgeordneten Schmiedlechner und Stefan.)

In keinem öffentlich-rechtlichen Unternehmen in Österreich sitzen Parteienvertreter. Es sitzen dort aber sehr wohl die Vertreter der Sozialpartnerschaft (neuerlicher Zwi­schenruf des Abg. Schmiedlechner), und ich finde es – ich sage es Ihnen ehrlich – ungeheuerlich, dass Sie die Vertreter der Sozialpartnerschaft, die gerade mit der Bun­desregierung, mit dem Parlament dieses Land gut durch die Krise führen – das gilt für die gesamte Sozialpartnerschaft –, hier als Krähen abtun. (Beifall bei ÖVP und Grünen sowie bei Abgeordneten der SPÖ.)

Außerdem fordern Sie eine parlamentarische Kontrolle der AMA ein – die gibt es ja bereits. (Zwischenruf des Abg. Schmiedlechner.) Das Parlament hat im Rahmen des Interpellationsrechts die Möglichkeit, der Rechnungshof kontrolliert die AMA, zusätzlich kontrollieren die Europäische Kommission im Rahmen des Audits und der Europäische Rechnungshof die AMA: also Kontrolle in großer Anzahl. (Abg. Loacker: AMA ...!)

Sie erwähnen Rechnungshofberichte: Die hat es gegeben, und die AMA hat ja diesem Rechnungshofbericht auch Rechnung getragen und hat die Dinge umgesetzt. Es ist ein Follow-up gekommen, in dem der Rechnungshof sogar sagt, dass es jetzt eine sehr erfreuliche Entwicklung gibt, und es ist ein zusätzlicher Bericht des Rechnungshofes gekommen, der besagt, dass gerade zum Beispiel bei der Positionierung von Gütesie­geln die AMA einen tollen Job macht.

Jetzt komme ich zur Krisenbewältigung: Die AMA, das Ministerium – danke, Elli Köstin­ger! –, der Bauernbund, die Kammern versuchen auch gemeinsam, die Landwirtschaft, die massiv betroffen ist, nämlich den Teil der Landwirtschaft, der an die Hotellerie und Gastronomie liefert – Rindfleisch, Wein, Gemüse –, aber auch den Ackerbau, der durch die Dürre betroffen ist, und die Holzwirtschaft, die betroffen ist, durch die Krise zu bringen.

Wir haben gemeinsam einen Härtefallfonds – den Hilfsfonds – aufgestellt, sodass die Landwirtschaft etwas bekommt. Wir haben uns dafür eingesetzt, dass Erntehelfer kom­men, um die Ernte einzubringen. Wir haben zwei Ziele: erstens, dass die Landwirt­schaft auch in der Krise hochwertige, sichere österreichische Lebensmittel, regionale Lebensmittel für die Menschen bereitstellt, und zum Zweiten, dass betroffene Land­wirtschaftsbetriebe eine Unterstützung bekommen und die Krise gut durchstehen. Da­für kämpfen wir auch in Zukunft. Dafür setzen wir uns auch in Zukunft ein. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Grünen. – Zwischenruf des Abg. Stefan.)

16.54


Präsidentin Doris Bures: Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Cornelia Ecker. – Bitte.


16.54.27

Abgeordnete Cornelia Ecker (SPÖ): Frau Präsidentin! Geschätzte Frau Bundesmi­nisterin! Der vorliegende Gesetzesantrag zur AMA-Gesetzesnovelle soll dem Verwal­tungsrat und dem Kontrollausschuss der Agrarmarkt Austria die Möglichkeit einräu­men, Beschlüsse im Umlaufweg und per Videokonferenz fassen zu können. Diese Novelle soll mit 31.12.2020 außer Kraft treten. Das erachten wir als SPÖ ja per se als sehr sinnvoll, doch handelt es sich hierbei erneut um ein Sammelgesetz, das unter­schiedlichste Materien miteinander vermischt, vermanscht und so eine transparente parlamentarische Diskussion verhindert.


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Meiner Ansicht nach sind da auch einige Regelungen vorgesehen, die teilweise sehr überschießend sind und nicht mit anderen gesetzlichen Regelungen harmonisiert wur­den. Wir würden daher eine erneute Diskussion im Ausschuss sehr begrüßen. – Bitte lassen Sie uns das noch einmal überarbeiten! (Beifall bei der SPÖ.)

Der zweite Tagesordnungspunkt dieser Debatte beinhaltet einen Gesetzesantrag, den wir bereits im Hohen Haus debattiert haben. Damals wie heute stehen wir als SPÖ diesem Antrag sehr negativ gegenüber. Mein Vorredner hat es schon gut fundamen­tiert. Die FPÖ fordert da in einem Gesetzesantrag die Ausweitung des AMA-Verwal­tungsrates. Wir erachten das als ein Mehr an Bürokratie, eine Verbesserung sehen wir da keine, wir werden daher auch diesem Antrag nicht zustimmen. (Zwischenruf der Abg. Doppelbauer.)

Meine sehr geehrten Damen und Herren, die Coronakrise hat eines deutlich gemacht, und zwar, dass wir sehr stolz auf unsere heimischen Landwirtinnen und Landwirte sein können. Sie schaffen es auch in dieser schwierigen Zeit, unsere Tische zu decken und den Selbstversorgungsgrad hoch zu halten. Auch wenn ich mir mit der Aussage: In der Krise liegt die Chance!, etwas schwer tue und auch nicht viel davon halte, bewahrheitet sich eines: dass die vergangenen Wochen eine schöne Entwicklung im landwirtschaftli­chen Bereich dargestellt haben. Die Österreicherinnen und Österreicher haben ver­mehrt regionale Produkte gekauft und haben vermehrt die Bäuerinnen und Bauern ums Eck besucht und dort eingekauft. Dafür möchte ich mich an dieser Stelle sehr herzlich bedanken.

Diese Entwicklung, meine sehr geehrten Kollegen – gerade von der ÖVP – soll aber keine Zeiterscheinung in der Krise sein, sondern das soll der Startschuss für unsere Landwirtschaft in Österreich sein. Da braucht es neue Chancen, da braucht es viel an Innovation und da braucht es nicht sämtliche Handelsabkommen mit vielen Ländern dieser Welt, sondern mit unseren Bäuerinnen und Bauern.

Es braucht eine echte Herkunftsbezeichnung für unsere Lebensmittel – Made in Aus­tria – und eine CO2-Steuer für importierte Lebensmittel. Da unterstütze ich auch die Forderung meines Kollegen im Europäischen Parlament Günther Sidl, dass es Exper­tinnen und Experten braucht, welche die regionale Direktvermarktung auf eine neue Schiene bringen, neu aufsetzen. Davon haben wir alle etwas und wir sichern damit die Zukunft unseres ländlichen Raumes. – Vielen Dank. (Beifall bei der SPÖ.)

16.57


Präsidentin Doris Bures: Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Olga Voglauer. – Bitte.


16.57.39

Abgeordnete Dipl.-Ing. Olga Voglauer (Grüne): Spoštovana Visoka Hiša! Sehr ge­ehrte Frau Präsidentin! Frau Bundesministerin! Dragi kolegi, drage kolegice! Liebe Kol­leginnen und Kollegen! Was beschließen wir heute? Wir beschließen, dass in Covid-Zeiten die Agrarmarkt Austria mit einer Videokonferenz oder mit Umlaufbeschlüssen zu ihren Beschlüssen kommt – und das mit einer Sunsetclause. Ich glaube, das ist in Zei­ten wie diesen ganz sinnvoll.

Diese Woche ist eine besondere Woche. Am Ende dieser Woche werden die Restaus­zahlungen der Agrarförderungen auf die Konten unserer bäuerlichen Betriebe überwie­sen. Das ist deshalb von Bedeutung, weil das Geld ist, das unsere bäuerlichen Fami­lien und bäuerlichen Kleinbetriebe dringendst benötigen. Warum benötigen sie es? – Ganz einfach, weil sich unsere bäuerlichen Erzeugerpreise nicht so entwickelt haben, wie wir uns das wünschen, wie sie auch die Existenz dieser bäuerlichen Strukturen si­chern würden.


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Während wir hier herinnen sitzen, erleben unsere Bäuerinnen und Bauern Tag für Tag, dass sie mit zu geringen Niederschlagsmengen und Trockenheit zu kämpfen haben. Sie bringen mindestens so viele Arbeitsstunden täglich hinter sich wie wir hier bei einer normalen Plenarsitzung und haben dafür meist einen Tageslohn von circa 40 Euro, und das sieben Tage die Woche. Da frage ich mich schon: Wo ist da soziales Gleich­gewicht? Wo ist da die Gerechtigkeit?

Gerade in diesen Wochen kommt es auch wieder zu Preisverhandlungen. Zum Bei­spiel verhandeln Gemüsegenossenschaften mit dem Lebensmitteleinzelhandel Preise. Wenn wir im Lebensmittelgeschäft einkaufen gehen, dann zahlen wir circa 1,50 Euro für ein Häuperl Salat. Dem Bauern oder der Bäuerin bleiben 50 Cent übrig. Wenn wir 1 Liter Milch einkaufen, dann zahlen wir im Durchschnitt 1,20 Euro, und den bäuerli­chen Betrieben bleiben 38 bis 55 Cent übrig. All das sichert nicht die Familieneinkom­men bei uns auf dem Land.

Ja, Frau Kollegin Ecker, der gesellschaftliche Zuspruch, den wir jetzt in der Landwirt­schaft erleben, ist enorm, und ich hoffe sehr, dass wir diesen Schwung mitnehmen werden, damit Bäuerinnen und Bauern weiterhin Wertschätzung erleben. Allerdings: Von Wertschätzung allein werden sie ihre Rechnungen nicht bezahlen können. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Deshalb braucht es zukünftig einen Systemwandel, damit die Landwirtschaft nicht zum nächsten Beatmungspatienten wird. Ein Systemwandel kann nur in einem Ökosystem betrachtet werden, das heißt, der Weg führt hin zu Artenvielfalt und zu einer natur­nahen und nachhaltigen Bewirtschaftung auf unseren Feldern, auf unseren Wiesen, in unseren Betrieben, die ganzheitlich die Zukunft gestalten. Es kann keine weitere Aus­beutung unserer bäuerlichen Betriebe geben, sondern es braucht ein gutes Leben auch in Richtung der biologischen Landwirtschaft.

Als nächsten Schritt, Herr Kollege Schmiedlechner, braucht es für die Sicherung der Existenz unserer kleinen Betriebe ganz klar eine weitere Debatte in diesem Haus. Das soll uns weiter beschäftigen, sodass wir hier eine zukunftsfähige Landwirtschaft auch nachhaltig und mit viel, viel Vielfalt besprechen können. Darauf freue ich mich. – Hvala lepa. Danke schön. (Beifall bei Grünen und ÖVP.)

17.01


Präsidentin Doris Bures: Zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Nikolaus Sche­rak. – Bitte.


17.01.31

Abgeordneter Dr. Nikolaus Scherak, MA (NEOS): Wir diskutieren hier ja auch um­fassende Änderungen im Verwaltungsstrafverfahren, und ich glaube, es ist daher ganz spannend, sich einmal zurückzuerinnern, mit welchen Auflagen, mit welchen Verboten und Geboten die Bürgerinnen und Bürger in den letzten Wochen konfrontiert waren.

Wir haben gehört, dass man nicht außer Haus gehen darf, und wenn, dann nur aus vier bestimmten Gründen. Wir haben gehört, dass man, wenn, dann nur kurz außer Haus gehen darf. Wir haben gehört, dass man nicht auf einer Parkbank sitzen darf, wir haben gehört, dass man in der Öffentlichkeit nicht mehr Bier trinken darf. Die Men­schen haben gehört, dass man sich nicht mit Menschen aus anderen Haushalten tref­fen darf. (Zwischenruf des Abg. Loacker.) Die Leute haben gehört, dass sie nicht mit ihrem Lebenspartner laufen gehen dürfen. Man hat gehört, man darf niemand anderen zu Hause besuchen. Wir haben gehört, dass man im Supermarkt nur das einkaufen darf, was unbedingt notwendig ist. – Das sind alles Verbote oder Anweisungen, die in den letzten Wochen einerseits von der Bundesregierung oder auch von Polizistinnen und Polizisten kommuniziert wurden, und ich sage Ihnen etwas, liebe Österreicherin­nen und Österreicher: Das stimmt alles nicht. Diese Gesetze gibt es schlichtweg nicht. (Beifall bei den NEOS und bei Abgeordneten der FPÖ.)


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Die Bundesregierung erzählt uns aber jede Woche irgendetwas Neues und erzählt – in Wirklichkeit – von einem neuen Wunsch, und heute hat sie ein neues Kapitel aufge­schlagen: Wir haben am Vormittag eine E-Mail vom Kabinettschef des Bundeskanzlers bekommen – vielen bekannt, ein gewisser Herr Bonelli –, der eine Presseinformation – überraschenderweise, glaube ich, nur an die Oppositionsklubs – geschickt hat, in der steht, dass auch im privaten Bereich empfohlen wird, dass man sich weiterhin an die Regeln hält. – Empfehlungen kann man ja abgeben, das ist ja schön.

Weiters steht darin: Es wird im privaten Bereich vorerst keine Kontrollen geben. – Frau Bundesministerin, meinen Sie das ernst? Auf welche Gesetze beruft Herr Bonelli sich da? Gibt es diese Gesetze jetzt schon? – Ich sage Ihnen etwas: Dieses Gesetz gibt es nicht. Es gibt das unumstößliche Hausrecht aus dem Staatsgrundgesetz, und Sie ha­ben gar nicht die Möglichkeit, bei mir zu Hause irgendetwas zu kontrollieren und zu schauen, was ich gerade mache. (Beifall bei NEOS und FPÖ.)

Wenn Sie aber vorhaben, die Gesetze zu ändern, dann sage ich Ihnen, dass das eine ganz schlechte Idee ist. Es gibt nämlich einen guten Grund, dass wir in Österreich so fundamentale Grund- und Freiheitsrechte haben und Sie diese Gesetze nicht einfach so mit Ihren Wünschen, Ihren Hoffnungen, Ihren Ideen ändern können. Wir leben näm­lich in einem Rechtsstaat, und das, was Sie mittlerweile machen, hat mit einem Rechtsstaat sehr, sehr wenig zu tun. Das ist Angstmache und das ist reine Willkür. (Beifall bei den NEOS und bei Abgeordneten der FPÖ.)

Wenn wir als NEOS, oder auch Expertinnen und Experten, davor warnen und verfas­sungsrechtliche Bedenken äußern, dann sagt der Herr Bundeskanzler: Na, über „juris­tische Spitzfindigkeiten“ reden wir vielleicht später. – Bundesminister Anschober hat heute gesagt, er finde die Debatte über das Treffen von Menschen bei sich zu Hause „bizarr“.

Weiters ist natürlich auch spannend, was dann im Verfassungsausschuss des österrei­chischen Parlaments passiert. Da gab es beim letzten Mal einen Antrag der FPÖ, in dem wörtlich gestanden ist: „Alle Regierungsmitglieder, die Verordnungen und Erlässe im Zusammenhang mit der ,Covid-19-Krise‘ erlassen haben werden aufgefordert, diese auf ihre Gesetzes- und Verfassungskonformität unter Einbindung“ von Ihnen, Frau Bundesministerin, und vom Verfassungsdienst „zu überprüfen und gegebenenfalls ab­zuändern“. – Und was machen ÖVP und Grüne? – Sie stimmen dagegen!

Es ist ÖVP und Grünen egal, ob unsere Gesetze verfassungskonform und die Ver­ordnungen gesetzeskonform sind. Es ist Ihnen egal – Sie wollen nicht, dass der Ver­fassungsdienst sie prüft. Ich habe dann gehört, er dürfe eh, aber Sie sind gegen diesen Antrag, weil es Ihnen vollkommen egal ist, wie unsere grundlegenden Freiheitsrechte in den letzten Wochen mit Füßen getreten wurden. (Beifall bei den NEOS und bei Ab­geordneten der FPÖ.)

Frau Kollegin Rössler hat dann etwas Besonderes gemacht, sie hat um Verständnis gebeten: Sie hat um Verständnis gebeten, weil die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter im Gesundheitsministerium ja in einer besonderen Situation sind und jetzt besonders viel arbeiten und dass da halt auch Fehler passieren können. Ich habe eh Verständnis – das ist eine besondere Situation für alle –, das Verständnis ändert aber noch nichts daran, dass jegliche Maßnahmen gesetzeskonform sein müssen und jegliche Gesetze verfassungskonform sein müssen und dass es eben nicht um juristische Spitzfindig­keiten geht, sondern um unsere fundamentalen Grund- und Freiheitsrechte. (Beifall bei den NEOS und bei Abgeordneten der FPÖ.)

Besonders beschämend finde ich es ja, dass die Grünen gegen solche Anträge stim­men. Sie waren ja angeblich einmal eine Grundrechtspartei. Sie haben sich angeblich einmal für den Rechtsstaat eingesetzt. Wissen Sie, was Sie jetzt sind? – Sie sind eine


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Schönwettergrundrechtspartei, denn in der Krise sind Ihnen unsere Grund- und Frei­heitsrechte vollkommen egal, und wir hören jedes Mal: Wir können uns das nach der Krise anschauen. – Das haben Sie bei Ungarn schon gemacht: Den Parlamentarismus in Ungarn sollen wir dann wiederherstellen, wenn die Krise vorbei ist. Sie sagen uns jetzt, wir sollen all die Gesetze dann prüfen, wenn die Krise vorbei ist. – Sie haben als Grundrechtspartei vollkommen abgedankt. (Beifall bei den NEOS sowie bei Abgeord­neten von SPÖ und FPÖ.)

Ich finde das Verständnis ja auch so spannend – man soll Verständnis für die Mitar­beiterinnen und Mitarbeiter im Gesundheitsministerium haben. Ich frage Sie einmal, wer Verständnis für die Bürgerinnen und Bürger in Österreich hat, die in den letzten Wochen mit Strafen eingedeckt wurden: Wer hat denn Verständnis für den Mindest­pensionisten, der 500 Euro zahlen musste, weil er am Weg in die Apotheke war? Wer hat denn Verständnis für die Mutter, die 500 Euro zahlen musste, weil ihre Kinder an­deren Kindern zu nahe gekommen sind? – Da bringt es mir nichts, wenn mir der Bun­deskanzler sagt: Na ja, man kann ja eh dann nach der Krise zum Verfassungsgerichts­hof gehen. – Diese Leute werden das nicht beeinspruchen und sie werden auch nicht zum Verfassungsgerichtshof gehen, weil sie Angst haben, weil Sie ihnen Angst ma­chen und uns andauernd irgendwelche Dinge erzählen, die schlichtweg nicht stimmen. (Beifall bei den NEOS sowie der Abg. Fürst.)

Als wir als NEOS dann vorgebracht haben, dass man beim Verfassungsgerichtshof vielleicht Eilverfahren braucht, wie es sie zum Beispiel in Deutschland schon gibt, so­dass man ganz schnell schauen kann, ob entsprechende Gesetze verfassungskonform sind, haben mir wiederum die Grünen, aber auch die ÖVP, erklärt: Na ja, wir sollten da jetzt nicht schnell etwas machen. Wir schauen uns das nach der Krise an. Wir können nach der Krise darüber diskutieren, wie das denn ist und ob man vielleicht in Zukunft auch den Verfassungsgerichtshof schnell etwas prüfen lässt.

Wir können uns nach der Krise anschauen, ob Sie unsere Grund- und Freiheitsrechte über das notwendige Ausmaß eingeschränkt haben; wir sollen jetzt bitte Verständnis haben, dass ja vielleicht einmal ein paar Fehler passieren können. – Das hat mit einem Rechtsstaat schlichtweg nichts mehr zu tun. (Beifall und Bravorufe bei den NEOS sowie Beifall bei Abgeordneten der FPÖ.)

17.08


Präsidentin Doris Bures: Nun ist Frau Bundesministerin Karoline Edtstadler zu Wort gemeldet. – Bitte, Frau Ministerin.


17.08.20

Bundesministerin für EU und Verfassung im Bundeskanzleramt Mag. Karoline Edtstadler: Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren Abgeordnete des Na­tionalrates! Geschätzte Zuseherinnen und Zuseher! Hohes Haus! Ja, die aktuelle Krise hat uns in sehr vielen Bereichen vor sehr große Herausforderungen gestellt; und: Ja, gerade in der Krise muss der Rechtsstaat funktionieren, gerade in der Krise müssen rechtsstaatliche und demokratische Prinzipien eingehalten werden. Genau das, sehr geehrte Damen und Herren, hat Österreich gezeigt, hat der österreichische Rechts­staat gezeigt und hat auch die österreichische Verfassung gezeigt. (Beifall bei der ÖVP.)

Ich darf bei Ihnen beginnen, Herr Abgeordneter Scherak, denn Sie sollten zwei Dinge nicht verwechseln: Es geht nicht darum, Angst zu machen, sondern es geht und ging vor allem darum, Dinge ernst zu nehmen. Erinnern Sie sich zurück an den Beginn der Krise! Da gab es nicht wenige, die gesagt haben: Das ist nicht schlimmer als eine Grippe. (Abg. Martin Graf: Und die ÖVP nicht? – Abg. Meinl-Reisinger: Sie nicht?) Was soll das? Warum soll da überhaupt etwas an Maßnahmen gesetzt werden? – Es


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ging darum, die Dinge ernst zu nehmen, und es ging darum, den Menschen die Sorgen zu nehmen, den Menschen die Sorge davor zu nehmen, dass etwa Lebensmittel aus­gehen oder dass sie nicht zu medizinischer Versorgung kommen. Drittens ging es da­rum, das Gesundheitssystem aufrechtzuerhalten.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, wir sind heute an einem Punkt, an dem wir sehen, dass das gelungen ist. Es ist gelungen, das Gesundheitssystem funktionsfähig zu halten, es ist gelungen, Menschenleben zu retten, es ist gelungen, den Menschen vor Augen zu führen, mit welcher Situation wir es zu tun haben, und die Menschen ha­ben sich auch daran gehalten: an die Empfehlungen, an die Ersuchen der Bundesre­gierung, sich an diese Vorgaben zu halten, zu Hause zu bleiben und nur notwendigste Gänge zu machen. (Beifall bei ÖVP und Grünen. – Zwischenrufe der Abgeordneten Meinl-Reisinger und Scherak.)

Meine sehr geehrten Damen und Herren, der Grund, warum wir heute wieder eine Be­schlussfassung brauchen, warum wir Änderungen im Verwaltungsverfahren beschlie­ßen sollten, warum Sie das beschließen sollten, ist der, dass wir jetzt Stück für Stück zu einer neuen Normalität zurückkommen können. (Abg. Meinl-Reisinger: Neue Nor­malität? Das ist das Wording von vor zwei Wochen! – Ruf bei der FPÖ: Können wir eine neue ÖVP haben?!) Warum brauchen wir diese Änderungen? – Weil wir das Ver­waltungssystem funktionsfähig halten wollen. Wenn Sie mir vielleicht zuhören, dann erkläre ich Ihnen auch gerne, warum.

Sie selbst haben – und ich möchte Ihnen dafür auch wirklich Dank aussprechen – ein­stimmig in einem überparteilichen Schulterschluss mit dem 2. COVID-19-Gesetz Maß­nahmen beschlossen, zum Beispiel eine Fristunterbrechung für alle Verwaltungsver­fahren, damit Menschen nicht daran gehindert werden, entsprechende Beschwerden einzubringen und an Verfahren teilnehmen zu können, damit man den Parteienverkehr auf ein Minimum zurückfahren kann, damit man verhindert, Verhandlungen durchfüh­ren zu müssen. All das haben Sie beschlossen, und ich möchte Ihnen dafür ausdrück­lich danken.

Diese Fristunterbrechungen enden mit 30.4., und wir müssen danach trachten, dass die Verwaltungsverfahren jetzt auch tatsächlich geführt werden können, damit es kei­nen Rückstau gibt, denn – wie gesagt, noch einmal – ab 1.5. fangen diese Fristen neu zu laufen an, und auch die Fristhemmung für die behördlichen Entscheidungsfristen läuft mit diesem Datum aus.

Das heißt: Was wollen wir mit diesen verwaltungsrechtlichen Änderungen, die Ihnen jetzt zur Beschlussfassung vorliegen, erreichen? – Wir wollen, dass es unter Einhal­tung aller Maßstäbe nach der Europäischen Menschenrechtskonvention für die Behör­de möglich ist, zu entscheiden, ob eine Verhandlung durchzuführen ist oder nicht, und zwar unter bestimmten Voraussetzungen, mit Auflagen, zum Beispiel mit dem Tragen eines Mund-Nasen-Schutzes, zum Beispiel auch mit dem Abstandhalten.

Ein Wort auch zum Abänderungsantrag – weil ich, um ehrlich zu sein, ein bisschen überrascht war ob der Kritik, die seitens der SPÖ geäußert wurde –: Ich kann nur sa­gen, wir hatten letzte Woche meinem Empfinden nach eine höchst konstruktive Verfas­sungsausschusssitzung, eine Debatte auf sehr hohem Niveau unter Beiziehung des Chefs des Verfassungsdienstes. Wir haben nicht nur die Anregungen seitens der FPÖ, sondern auch jene seitens der NEOS aufgenommen, sie ernst genommen und in einen Abänderungsantrag hineingeschrieben; zum Beispiel den Umstand, dass Sitzungspoli­zei auch dahin gehend gleichwertig verwendet werden kann, um jemanden anzuwei­sen, Mund-Nasen-Schutz zu tragen oder Abstand zu halten, andernfalls ihn auch der Verhandlung zu verweisen. Das sind Dinge, die neu in einem Verfahren sind. Wir ha­ben sie aufgenommen, sie sind im heutigen Abänderungsantrag zugrunde gelegt.


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Wir haben auch die Form der Videokonferenzen für die Verhandlungen in der Abände­rung des § 3. Warum? – Damit Verhandlungen auch in Form der Videokonferenz durchgeführt werden können. Wir müssen natürlich jetzt danach trachten, dass wir auch alles auf die Höhe des 21. Jahrhunderts heben und dass die digitalen und tech­nischen Mittel auch tatsächlich in der Verfahrensordnung verankert sind. Gerade in Zeiten der Krise, in Zeiten großer Herausforderungen, in Anbetracht des Risikos einer Ansteckung mit Covid-19 ist das sehr wesentlich. Es sollte im Ermessen der Behörde sein, zu entscheiden, ob eine Verhandlung, ein Ortsaugenschein, ein Lokalaugen­schein durchgeführt wird oder in Form von Videokonferenzen abgehalten werden soll. Aber noch einmal: Was ist der Sinn und Zweck dieser Änderungen? – Das Verwal­tungsverfahren sollte geführt werden können, und es sollte zu keinen Rückstaus in den Verfahren kommen.

Die anderen Änderungen, die vorgeschlagen wurden, wurden schon genannt, etwa ei­ne ganz wesentliche Änderung im Zustellgesetz, dass auch nach Auslaufen dieser Fristunterbrechung am 30.4. ein Zustellen von RSa- und RSb-Briefen möglich ist, ohne dass direkt mit den Menschen, die das seitens der Post zustellen, Kontakt geübt wer­den muss.

Zum Dritten: Es beinhaltet zum Beispiel auch – das ist noch nicht genannt worden – eine Fristverlängerung für die Abschlussprüfungen bei den Integrationsvereinbarungen für die Fälle, in denen jetzt diese Prüfungen nicht abgenommen werden können. Das ist etwas, was, glaube ich, jedem einleuchtet, dass hier durch die Zeit der Krise kein Nachteil entstehen sollte.

All das haben wir ausführlich im Verfassungsausschuss diskutiert, und ja, als für die Verfassung zuständige Ministerin sage ich Ihnen, dass ich es für sehr wesentlich halte, den Verfassungsdienst einzubeziehen. In dem Fall war er nicht nur einbezogen, er war auch legistisch tätig.

Ich weiß, meine sehr geschätzten Damen und Herren Abgeordnete, dass Sie dem Ver­fassungsdienst ein sehr großes Vertrauen zukommen lassen. Deshalb hat mich die Kritik umso mehr verwundert. Ich bitte Sie in diesem Sinne um eine breite Zustimmung zu diesem Paket. – Danke schön. (Beifall bei ÖVP und Grünen.)

17.15


Präsidentin Doris Bures: Nun ist Frau Abgeordnete Faika El-Nagashi zu Wort gemel­det. – Bitte schön, Frau Abgeordnete.


17.15.25

Abgeordnete Mag. Faika El-Nagashi (Grüne): Frau Präsidentin! Frau Ministerin! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Verehrte Zuseherinnen und Zuseher! Wir verändern heute das Integrationsgesetz, und das ist wichtig und richtig. Es geht um eine Frist­verlängerung für das Ablegen von Prüfungen, zu denen die Kurse im Moment gar nicht stattfinden. Es ist aber auch wichtig und eine gute Gelegenheit, um über Integration zu sprechen, über Anerkennung, Zusammenhalt und darüber, wie wir miteinander verbun­den sind.

Es geht dabei um die Menschen, die oft Schikanen erleben, deren Mehrsprachigkeit problematisiert wird, deren Religion stigmatisiert wird, deren Hautfarbe und Herkunft sie zur Zielscheibe von rassistischer Politik und medialer Hetze machen, deren Le­bensgrundlage schon einmal gekürzt wird, die aus Populismus, Nationalismus, Ras­sismus ungleich behandelt werden. (Abg. Kickl: Von wem reden Sie denn?) Wir sehen jetzt inmitten dieser Pandemie mit ihren weitreichenden Auswirkungen, wie sehr Mi­grantInnen weltweit und in Österreich die Last der Krise tragen: unter schlechten Le­bensbedingungen und ausbeuterischen Arbeitsbedingungen, unter großer Gefahr und mit großem Einsatz beim Einholen der Ernte in einem anderen Land, beim Putzen und


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Reinigen der Türklinken und Sitzungssäle, beim Pflegen von Familienangehörigen an­derer.

Die Gesundheitssysteme sind auf MigrantInnen angewiesen, insbesondere auf Frauen, aber auch die Landwirtschaft, die Leiharbeit, die Gastronomie, die Gebäudereinigung, der Handel, das Bauwesen. Wir sehen, wie die Bewegungsfreiheit von MigrantInnen doch flexibler gehandhabt werden kann, wenn der politische Wille da ist, und wie hoch der Aufwand ist, der dafür betrieben wird. Für diese Menschen war vorher nichts nor­mal, und das alte Normal war nicht gut. Wir haben jetzt die Chance, die Grundpfeiler für eine neue, wirklich gleichberechtigte Gesellschaft mit einem New Deal, einem Green Deal, einem Caredeal und vor allem einem solidarischen Deal zu setzen. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Dafür müssen alle in die Neugestaltung der Lebens- und Arbeitswelt während und nach dieser Krise miteinbezogen werden: Frauen, MigrantInnen, Menschen mit Behin­derung, pflegebedürftige Menschen und ihre Angehörigen, CarearbeiterInnen und auch SexarbeiterInnen – mehrheitlich Frauen, mehrheitlich Migrantinnen; alleine behördlich registriert sind in Österreich 7 000 Menschen, und es gibt eine noch wesentlich höhere Dunkelziffer. Schon vorher hat kaum jemand über die Rechte von SexarbeiterInnen ge­sprochen, und es darf nicht so sein, dass wir danach und währenddessen wieder nicht über sie sprechen.

Wir brauchen kein neues Normal, wir brauchen eine gelebte Solidarität, Anerkennung, Zusammenhalt, eine neue Perspektive aufeinander und auf das, was uns verbindet. (Beifall bei den Grünen.)

Diese Krise ebenso wie die Klimakrise bewältigen wir nur gemeinsam und mit allen, die hier sind. – Vielen Dank. (Beifall bei Grünen und ÖVP.)

17.19


Präsidentin Doris Bures: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Christian Drobits. – Bitte.


17.19.30

Abgeordneter Mag. Christian Drobits (SPÖ): Sehr geschätzte Frau Präsidentin! Frau Bundesminister! Werte Kolleginnen und Kollegen! Ich wurde in den letzten Tagen mehrfach gefragt, ob es den Grund- und Freiheitsrechten in Österreich sprichwörtlich an den Kragen geht und ob ein Demokratiedefizit gegeben ist. Meine Antwort lautet: Dem Rechtsstaat geht es in Zeiten der Coronakrise nicht gut, er leidet. In gewissen Be­reichen, wenn es um das Epidemiegesetz geht, fiebert er sogar.

Warum?, wurde ich gefragt. – Weil die Bundesregierung die Covid-19-Gesetze mit Ini­tiativanträgen durchpeitscht, ohne Begutachtungen durchzuführen. Begutachtungen durch den Verfassungsdienst, durch den Datenschutzrat, wenn es um den Daten­schutz geht, Begutachtungen durch den Rechnungshof und durch Interessenvertretun­gen, all diese Begutachtungen, die gewährleisten sollen, dass die Gesetze seriös und auch qualitätsvoll sind, finden nicht statt. Die Bundesregierung meint, das sei ein Luxus. Meine Meinung dazu ist: Die Begutachtungen sind erforderlich.

Das ist auch der Grund dafür, dass – der Abgeordnete Kickl sitzt vor mir – auch die Normprüfungsverfahren bezüglich der Verordnungen und Erlässe notwendig sein wer­den, damit zukünftig auch die Qualität überprüft werden kann, ob nämlich diese Ver­ordnungen und Erlässe auch deckungsgleich sind.

Nun, heute haben wir das 12. Covid-19-Gesetz. Es reiht sich hinter den elf bisherigen Covid-Gesetzen ein und vor jenen, die folgen werden; wiederum Initiativantrag, wiede­rum keine Begutachtung. Unsere Ausschussbegutachtung wurde abgelehnt.


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Es stimmt, Frau Bundesminister, Sie haben im Abänderungsantrag Klarstellungen ge­macht, aber das Wesentliche fehlt: Es besteht immer noch Behördenwillkür. Die Behör­de entscheidet nach eigenem Ermessen, welche Parteien und beteiligten Personen sie in concreto in dieses Verfahren einbindet. (Zwischenruf der Abg. Steinacker.) Das hat sich nicht verändert. Das subjektive Recht der Parteien besteht nur darin, dass sie, wenn sie eine technische Einrichtung haben, über die technische Einrichtung dabei sein dürfen, ansonsten gibt es nichts. Auch die Videokonferenz wurde im Gesetz nicht als Ausnahmefall, sondern als Regelfall tituliert. Ich sage daher: Ohne diese Begutach­tungsverfahren ist dieses Gesetz auch weiterhin verfassungswidrig, und dazu stehe ich! (Beifall bei der SPÖ.)

Grundsätzlich sage ich: Der Rechtsstaat funktioniert, so wie Sie das gesagt haben, in dieser Krise nicht. Meiner Meinung nach ist der Rechtsstaat im konkreten Fall auch davon betroffen, dass die Freiheits- und Grundrechte unter eine Tuchent gehüllt wer­den und im Endeffekt nicht hervorkommen. (Abg. Gerstl: Geh bitte, das glaubst ja sel­ber nicht!)

Deshalb: Aus und Schluss, aus mit Inszenierung, aus mit Angstmache und aus mit die­sen Eilgesetzen! Machen Sie lieber Schnellgesetze und Schnellverfahren, wenn es um die Kontrolle durch den Verfassungsgerichtshof geht!

Deshalb bringe ich, wie bereits im Verfassungsausschuss, vor: Wir werden einen Rück­verweisungsantrag stellen, der im Endeffekt an den Verfassungsausschuss geht, damit wir dort in seriöser, aber auch qualifizierter Art und Weise durch Sachverständige, durch qualifizierte Einrichtungen begutachten lassen können.

Da heute der Tag der Superheldinnen und Superhelden ist, spreche ich Sie an: Seien Sie – so wie viele Systemerhalter in dieser Zeit – heute die Superheldinnen und Super­helden und stimmen Sie diesem Antrag zu! – Danke. (Beifall bei der SPÖ.)

17.23


Präsidentin Doris Bures: Zu Wort ist nun Frau Abgeordnete Karin Doppelbauer ge­meldet. – Bitte.


17.23.13

Abgeordnete Dipl.-Ing. Karin Doppelbauer (NEOS): Frau Präsidentin! Hohes Haus! Ich spreche zum Antrag bezüglich AMA. Prinzipiell, ganz im Ernst, kann ich dem Anlie­gen, dass man mehr Kontrolle in den AMA-Verwaltungsrat bringt, natürlich etwas ab­gewinnen. Man kann natürlich sagen, es gibt eh das Interpellationsrecht und der Rech­nungshof überprüft auch. – Ja, eh, aber trotzdem haben wir natürlich gerade bei der AMA eine Kultur der Hinterzimmer. Vor allem SPÖ und ÖVP sitzen halt drinnen, ste­cken die Köpfe zusammen; Wirtschaftskammer, Landwirtschaftskammer, Arbeiterkam­mer: Da könnte man schon fast von den üblichen Verdächtigen sprechen, die halt in diesem Verwaltungsrat sitzen und sich ihre Dinge ausmachen beziehungsweise ihre Interessen vertreten.

Nun sind wir jetzt in Zeiten der Coronakrise natürlich auch damit konfrontiert, dass die AMA jetzt auch die Hilfsmittel für die Bauern abwickelt, also geht es hier wieder um mehr Steuergeld. Das heißt, die AMA bewegt wirklich richtig viel Steuergeld, und sie bewegt nicht nur Steuergeld, sondern auch durchaus einiges an Mitgliedsbeiträgen, und natürlich haben da die Steuerzahlerinnen und Steuerzahler ein Anrecht auf Trans­parenz.

Nun sagt man: Im Zusammenhang mit Mitteln, die da ausgegeben werden – eben die­ses viele Steuergeld –, und natürlich auch im Zusammenhang mit Mitgliedsbeiträgen hat man sich in der Vergangenheit – und das muss man sagen, und deswegen kann ich nachvollziehen, dass man sich mehr Kontrolle wünscht – wirklich nicht mit Ruhm bekleckert. Es ist einfach so, dass Gold Plating in der Bürokratie bei den Bauern ein


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Faktum ist, das sagt auch der EU-Agrarkommissar Wojciechowski; und ehrlich, ange­sichts des Fiaskos mit der AMA-Marketing mit dem Netzwerk Kulinarik – 1,7 Millionen Euro für ein Strategiekonzept, das nie umgesetzt worden ist, jetzt haben wir schon wie­der 10,5 Millionen bis 2022 eingeplant – muss man sich das Nachfragen halt auch ge­fallen lassen.

Noch einmal: Die Kontrolle wollen wir auch, aber diesem Antrag können wir nicht zu­stimmen, weil wir nicht noch mehr Politik in diesen Räumen drinnen haben wollen. Wir wollen weniger Politik, wir wollen da keinen Verwaltungsrat aufblasen, wir wollen eine echte Reform der AMA, vor allem der AMA-Marketing. Es soll effizient sein, es soll transparent sein und vor allem professionell. – Danke schön. (Beifall bei den NEOS.)

17.25


Präsidentin Doris Bures: Zu Wort gelangt Frau Klubvorsitzende Beate Meinl-Reisin­ger. – Bitte.


17.25.39

Abgeordnete Mag. Beate Meinl-Reisinger, MES (NEOS): Frau Präsidentin! Sehr ge­ehrte Frau Staatssekretärin (Zwischenrufe bei ÖVP und FPÖ) – Ministerin, Verzeihung! (Abg. Kickl: Oberstaatsanwältin!) – Oberstaatsanwältin! (Heiterkeit der Rednerin.) Ich habe mich jetzt noch einmal zu Wort gemeldet, um auf das, was Sie gesagt haben, zu replizieren.

Ich möchte hier noch einmal zusammenfassen, was mein Kollege Nikolaus Scherak gesagt hat, was wir nämlich sehr wohl als Problem sehen. Da möchte ich gleich vor­weg noch einmal etwas sagen, was ich heute schon einmal gesagt habe: Verwechseln Sie nicht Kritik mit Skepsis! Es geht nicht darum, grundlegend infrage zu stellen, dass man versucht hat, die Dynamik der Ausbreitung des Virus einzudämmen. Verwechseln Sie das bitte nicht! Übertreiben Sie bitte nicht mit dem Polarisieren!

Es geht darum, dass der Kabinettschef des Herrn Bundeskanzlers heute ein Mail aus­geschickt hat, in dem er in den Raum stellt, dass es möglicherweise bald auch Kon­trollen im privaten Bereich gibt; vorerst gäbe es keine Kontrollen.

Es gibt dazu weder eine Rechtsgrundlage, noch gibt es auf Grundrechtsboden, auf Freiheitsrechteboden überhaupt die Möglichkeit, das zu tun, aber er macht das. Viel­leicht ist es nur wieder eine juristische Spitzfindigkeit, die aber, wie wir finden, eines Kabinettschefs eines Bundeskanzlers simpel nicht würdig ist. (Beifall bei den NEOS und bei Abgeordneten von SPÖ und FPÖ.)

Das passt in die Reihe, dass wir die Woche aus den internen Strategiepapieren erfah­ren haben, dass es ja durchaus eine Strategie war, der Bevölkerung Angst zu machen. Wir haben letzte Woche schon gesagt: „Wer nichts weiß, muss alles glauben“. Sie sind nicht transparent und legen Berechnungsmodelle oder Modellrechnungen vor, nein, Sie machen lieber Angst, dass die Bürger bestraft werden, dass die Polizei kommt, wenn man sich nicht an die Maßnahmen hält.

Damit haben Sie aber ein Bild der Menschen und der Bürger in diesem Land als Un­tertanen, als Volk, das Sie kleinhalten und bewusst uninformiert halten (Zwischenruf der Abg. Steinacker), bei dem Sie Ängste schüren, anstatt von freien, selbstbewuss­ten und selbstbestimmten Bürgerinnen und Bürgern auszugehen, die sich aufgrund von transparenter Information selbstverständlich an diese Regeln halten, weil es gut ist, sich daran zu halten. Transparenz und offene Kommunikation statt Angstpolitik, das wäre jetzt der Weg zum Vertrauen und auch raus aus dieser Krise.

Jetzt haben Sie gesagt, das waren ja nur Empfehlungen und Ersuchen. Nun bin ich vollends verwirrt, denn in den letzten Wochen sind Berichte über Menschen eingetru­delt, die auf der Straße von Polizisten angehalten wurden und gefragt wurden, was sie


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denn machen, wohin sie denn gehen, denn es gibt ja nur drei oder vier oder fünf oder sieben Gründe, das Haus zu verlassen.

Ich bin verwirrt. Weiß die Polizei, dass das Ersuchen und Empfehlungen waren? Wis­sen das die Polizisten, die Strafen von 500 Euro ausgegeben haben, wenn man auf einer Parkbank gesessen ist? – War ja nur ein Witz, hahaha, war ja nur eine Emp­fehlung und ein Ersuchen der Bundesregierung, aber wir nehmen es halt nicht so ge­nau mit den Gesetzen und der Verfassung, das sind ja juristische Spitzfindigkeiten! (Zwischenrufe des Abg. Kickl.)

Ich habe letzte Woche eine Zuschrift von einer Mutter bekommen – und glauben Sie mir, es gibt einige Zuschriften, die so etwas Ähnliches berichten, aber das war beson­ders plastisch –, die mir geschrieben hat, dass ihr Sohn, ein Einzelkind, weint, wenn sie oder ihr Mann das Haus verlassen, weil er Angst hat, dass die Eltern von der Poli­zei verhaftet werden; und in der Nacht träumt er jetzt ständig von einer Kobra, mit der der Vater ringen muss. – Ich glaube, man muss jetzt nicht Freud befragen, was das be­deutet. Das ist das Resultat der Angstpolitik, die Sie machen, und das ist eines Rechts­staats und mündiger freier Bürger nicht würdig. (Beifall bei NEOS, SPÖ und FPÖ.)

17.29


Präsidentin Doris Bures: Zu Wort ist dazu niemand mehr gemeldet. Die Debatte ist geschlossen.

Wünscht der Herr Berichterstatter ein Schlusswort? – Das ist nicht der Fall.

Die Abstimmung über diesen Tagesordnungspunkt wird nach Ende des nächsten Ta­gesordnungspunktes, TOP 19, erfolgen.

17.29.4119. Punkt

Bericht des Verfassungsausschusses über den Antrag 476/A(E) der Abgeord­neten Herbert Kickl, Kolleginnen und Kollegen betreffend Meinungsfreiheit statt schleichender Zensur (138 d.B.)


Präsidentin Doris Bures: Damit gelangen wir zu Tagesordnungspunkt 19.

Auf eine mündliche Berichterstattung dazu wurde verzichtet.

Zu Wort gelangen Sie, Frau Abgeordnete Susanne Fürst. Bitte.


17.30.06

Abgeordnete Dr. Susanne Fürst (FPÖ): Frau Präsidentin! Frau Minister! Sehr ge­ehrte Damen und Herren! 75 Jahre Zweite Republik haben wir dieser Tage gefeiert, und genau die Menschen, die Österreich in den letzten Jahrzehnten zu diesem freien, wohlhabenden, sicheren Österreich mit sozialer Absicherung und mit einem hervorra­genden Gesundheitssystem aufbauten, brauchten unsere Hilfe, denn es ist ein unbe­kanntes Virus aufgetreten.

Offensichtlich bedrohte es vor allen Dingen die ältere Bevölkerung und Schwerkranke. Wir alle waren bereit, massive Beschränkungen unserer Freiheit und viele Nachteile auf uns zu nehmen, um in einer kurzen Phase der Unsicherheit, der Unklarheit Zeit und Erkenntnisse zu gewinnen, um die ältere Generation zu schützen. Wir waren auch deswegen bereit dazu, weil diese ältere Generation uns ein Österreich mit besonders stark ausgeprägten Grund- und Freiheitsrechten für die Staatsbürger anvertraut hat. Sie haben ein demokratisches System und eine Gesellschaft etabliert, welche auf mün­digen, eigenverantwortlich handelnden Staatsbürgern basieren. Diese Staatsbürger hatten in den letzten Jahrzehnten das selbstverständliche Recht, ihre Meinung zu äu­ßern, und sie hatten das Recht, an den Universitäten in jede Richtung  ohne Vorgabe


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des Ergebnisses frei zu lehren, frei zu forschen und neue Erkenntnisse und Erkennt­nissätze aufzustellen.

Diese freie Forschung hat gerade auch in der Medizin bei vielen schweren Krankheiten zu ungeahnten Heilungschancen und Fortschritten geführt. Es waren an diesen Höchstleistungen auch viele Professoren der Medizinischen Universität Wien beteiligt, und es ist eine Schande, eine wirkliche Schande, dass wir diese 75-Jahr-Feier bege­hen, wenn es eine massiv eingeschränkte Meinungs- und Wissenschaftsfreiheit gibt. Es sind nicht die Älteren, die wir geschützt haben, dafür verantwortlich, sondern es ist die jüngere Generation, die derzeit in der Bundesregierung sitzt. (Beifall bei der FPÖ.)

Im Zuge der Coronadebatte wurden Aussagen vieler Mediziner mit differenzierten Mei­nungen bis etwa Ende Februar dieses Jahres noch zugelassen; sie durften in Inter­views ihre Meinungen zum Coronavirus abgeben. (Zwischenruf des Abg. Schallmei­ner.) Die Vielfalt der Meinungen wurde jedoch ab Anfang März systematisch weniger, bis letztlich in den Iden des März nicht nur der wirtschaftliche und soziale Shutdown beschlossen worden ist, sondern auch der Lockdown für die Meinungsfreiheit und die Wissenschaftsfreiheit. (Ruf: Geh!)

Was durfte man plötzlich nicht mehr äußern? – Auf keinen Fall einen Vergleich zwi­schen Coronavirus und Influenza, ganz dumm! Man durfte auf keinen Fall irgendwie an dem angeblich exponentiellen und damit explosiven Wachstum, der Ausbreitung des Virus und der Gefährlichkeit des Virus zweifeln oder auch nur sagen, dass das mit den vorhandenen Daten einfach noch nicht beantwortet werden kann. Man durfte auch nicht mehr sagen, dass es vielleicht nicht das Beste ist, nur stur auf die Zahl der Co­ronatoten zu schauen, sondern dass man vielleicht auch an die Opfer des Lockdowns denken muss und dass es da vielleicht zu einer Bilanz kommt, in der wir mehr Tote haben. Es durften auch auf keinen Fall die Schulschließungen irgendwie in Zweifel gezogen werden. Es gibt viele Mediziner, die der Meinung sind, dass Kinder nicht nur nicht am Coronavirus erkranken, sondern dass sie auch gar keine Träger sind und daher ihre Eltern und Großeltern auch nicht anstecken können.

Auf all diese Fakten oder Fragen gingen viele Mediziner ein. Ich beziehe mich jetzt stellvertretend für viele – sehr viele, wie wir zunehmend erfahren – auf den Leiter der Allgemeinmedizin an der Medizinischen Universität Wien, der mehrfach und sehr pro­fund und sachlich auf alle diese Fragen Bezug genommen hat und von einem Irrweg der Bundesregierung ab Anfang April, ab dem 1. April, gesprochen hat. Er hat das auch in einem Interview mit einer Tageszeitung dargelegt, er hat der Bundesregierung am 8. April einen Brief geschrieben, er ist in einer Talksendung in unserem allseits ge­schätzten, gebührenfinanzierten Lieblingsmedium aufgetreten und hat überall höflich und keineswegs respektlos der Bundesregierung gegenüber wirklich sachlich und pro­fund und wissenschaftlich darauf hingewiesen, dass man da zu weit geht.

Es geht mir jetzt nicht darum, dass die Bundesregierung dieser Meinung nicht gefolgt ist. Sie ist anderen Meinungen gefolgt, sie weiß es besser; sie muss auch das Chaos, das sie angerichtet hat, vertreten. Es geht darum, dass wir anlässlich dieser 75-Jahre-Republik-Feier offensichtlich ein gesellschaftliches Klima haben, in dem sich die Medi­zinische Universität Wien veranlasst sieht, sich öffentlich von den fachlichen Äußerun­gen ihres Universitätsprofessors und Abteilungsleiters zu distanzieren. (Abg. Kickl: Das glaub’ ich!) Sie hat öffentlich geschrieben, dass dies lediglich eine Privatmeinung des Professors sei und sie damit nichts zu tun habe.

Das ist eine neue Normalität, die abstoßend ist, das ist geistige Enge. (Beifall bei der FPÖ.) Das ist keine Diskussionskultur, und wir lehnen das ab. Eine Universität, die ihre Aufgabe darin sieht, die Regierungslinie zu vertreten und durchzusetzen, ist ein trauri­ger Höhepunkt. Danke. (Beifall bei der FPÖ.)

17.36



Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll27. Sitzung, 28. April 2020 / Seite 193

Präsidentin Doris Bures: Zu Wort gelangt nun Frau Abgeordnete Eva-Maria Himmel­bauer. – Bitte.


17.36.10

Abgeordnete Eva-Maria Himmelbauer, BSc (ÖVP): Frau Präsidentin! Geschätzte Frau Bundesministerin! Werte Kolleginnen und Kollegen! Liebe Zuseherinnen und Zu­seher! Ich möchte so beginnen: In den letzten Wochen habe ich persönlich in der Be­völkerung sehr viel Verständnis für die gesetzten Maßnahmen und auch sehr viel Un­terstützung in der Bewältigung der Coronakrise gesehen. (Zwischenruf bei der FPÖ.)

In einer Welle der Hilfsbereitschaft, die von Unternehmen, von Vereinen, von der Nach­barschaft ausgegangen ist, war die Bevölkerung im Einsatz – und ist es immer noch –, um anderen zu helfen. Das erfüllt mich persönlich mit Stolz und zeigt mir auch, dass wir in schweren Zeiten zueinanderhalten. Dafür darf ich an dieser Stelle allen und vor allem ganz besonders den Weinviertlerinnen und Weinviertlern in meiner Heimat ganz herzlich Danke sagen. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Grünen.)

Gleichzeitig erlebe ich – das wird Ihnen allen nicht anders gehen –, dass es auch sehr viel Unsicherheit gibt, Sorge um die eigene Gesundheit und die Gesundheit der Fami­lienangehörigen und Freunde, Ängste um die Existenz, um den Arbeitsplatz und das Unternehmen. Diese Sorgen und Ängste werden noch zusätzlich durch viele Spekula­tionen, durch Verschwörungstheorien und zahlreiche Falschinformationen geschürt, und an diesen hat es tatsächlich in den letzten Wochen nicht gemangelt. (Zwischenruf des Abg. Hafenecker.) Es wurde kolportiert, dass 5G für das Coronavirus verantwort­lich ist oder es verursacht. Wir haben alle den Kopf geschüttelt, als einer gesagt hat, dass man sich Desinfektionsmittel spritzen sollte. Ich habe auch gelesen, Seife trinken würde helfen – was ein Wahnsinn und vor allem gesundheitsgefährdend ist! Es gibt un­fassbare Verschwörungstheorien, in denen sogar einzelne EU-Staaten bezichtigt wer­den, Euthanasie an alten und an Corona erkrankten Menschen vorzunehmen. (Abg. Martin Graf: Wo lesen Sie das überhaupt?) Das ist alles gefährlich und es verunsi­chert.

Klar ist aber auch, dass nicht alles davon strafbar ist, sondern dass es auch durch die Meinungsfreiheit geschützt ist. Unabhängig davon, ob es uns gefällt oder nicht, ist es notwendig, diese Meinungsfreiheit zu schützen. Es braucht einen Austausch von Mei­nungen, und auch in Zeiten von Corona ist es nicht anders. (Zwischenruf der Abg. Meinl-Reisinger.) Wir erleben das heute und wir haben es auch in den letzten Tagen und Wochen in den Medien, online oder analog, mitbekommen.

Auch eine Änderung der Meinung ist erlaubt. Die FPÖ hat am 13.3. – man kann das auch online nachlesen – noch einen Lockdown eingefordert, ja, massive Maßnahmen. (Abg. Kickl: Ja, eh! Da habt ihr noch geschlafen!) Ja, wir haben Maßnahmen auch sukzessive umgesetzt. (Abg. Kickl: Das Richtige zur richtigen Zeit, das ist die Kunst!) Heute stehen Sie da und wollen alles öffnen. Meiner Meinung und der Meinung vieler Expertinnen und Experten nach wäre das ein falscher Schritt, weil es wiederum die Eindämmung des Coronavirus gefährden würde. (Beifall bei der ÖVP und bei Abge­ordneten der Grünen. Abg. Kickl: Ihr tragt heute die Masken, von denen ... gesagt hat, dass ...!)

Der Antrag der FPÖ, den wir hier diskutieren, meint nun, diese Meinungsfreiheit noch zusätzlich schützen zu müssen, vor allem im Internet. (Abg. Hafenecker: Ja, vor euch!) Ausgangslage ist ein Posting beziehungsweise sind mehrere Postings eines FPÖ-Man­datars. Dafür, wieso diese gelöscht worden sind, kann es viele Gründe geben. Ohne die besagten Postings dezidiert zu kennen – auch im Antrag selbst sind nur die Über­schriften genannt worden – sage ich: Die Meinungsfreiheit endet natürlich, wenn es strafbar wird und wenn gehetzt wird, wenn verleumdet wird, wenn vielleicht auch zu Gewalt aufgerufen wird.


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Es muss auch jedem, der sich bei einem sozialen Netzwerk anmeldet, bewusst sein, dass es neben strafrechtlich relevanten Tatbeständen auch Nutzungsvereinbarungen, die man beim Beitritt akzeptiert, gibt. Der nun vorliegende Antrag sieht vor, dass da eingegriffen wird, was auch ein massiver Eingriff in die Vertragsfreiheit wäre. Dies ist für uns auch ein Grund, diesem Antrag nicht zuzustimmen.

Manches in diesem Antrag ist auch nicht unbedingt sinnvoll, beispielsweise, dass ge­löschte Beiträge in anonymisierter Form wieder publiziert werden sollen. Meine Mei­nung: Wenn es einen guten Grund gegeben hat, sie zu löschen, dann sollen sie auch gelöscht bleiben. (Abg. Kickl – erheitert –: Und das entscheiden die Polizeischüler! Herrlich!)

Wenn ich aber etwas Verbindendes im Antrag suchen soll, dann führe ich an, dass es durchaus auch für uns wünschenswert ist, dass es einen transparenten Löschprozess gibt, dass für Nutzer nachvollziehbar ist, wie diese Prozesse funktionieren. Es geht nicht nur darum, dass Beiträge gemeldet werden können und in weiterer Folge auch gelöscht werden, sondern umgekehrt auch darum, dass es gute Beschwerdeverfahren gibt, um eine Löschung zu beanstanden und dagegen vorzugehen.

Was aber den Antrag insgesamt betrifft, so ist dieser von uns abzulehnen. (Beifall bei ÖVP und Grünen. – Abg. Kickl – in Richtung der zu ihrem Sitzplatz zurückkehrenden Abg. Himmelbauer –: Schnell die Maske aufsetzen, von der Kurz vor Kurzem noch ge­sagt hat, dass sie für die Fisch ist!)

17.41


Präsidentin Doris Bures: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Christian Hafen­ecker. – Bitte.


17.41.15

Abgeordneter Christian Hafenecker, MA (FPÖ): Frau Präsidentin! Frau Bundesmi­nister! Werte Kollegen! „Gerade in einer Krise wie der Corona-Pandemie ist Pressefrei­heit unverzichtbar [...]. Angesichts der dramatischen Entwicklungen weltweit müssen die Menschen in der Lage sein, sich aus vielfältigen Quellen zu informieren und das Handeln der Behörden auch kritisch zu hinterfragen. Viel zu viele Regierungen reagie­ren auf die Corona-Krise mit autoritären Reflexen wie Zensur, Überwachung, Repres­sion und Desinformation. Wer jetzt eine unabhängige Berichterstattung einschränkt, vergrößert nicht nur die Verunsicherung, sondern setzt Menschen auch ganz realen Gefahren aus.“ – Meine sehr geehrten Damen und Herren, diese Aussage ist nicht von mir, sondern vom Geschäftsführer von Reporter ohne Grenzen Deutschland, von Herrn Mihr.

Die Frage ist: Wie geht man in Österreich mit der Situation um? Damit sind wir schon mitten im Thema drinnen. Wie schaut es mit der Meinungsfreiheit in Österreich aus? Wie schaut es aus, wenn die hier anwesende Frau Bundesministerin Edtstadler ganz locker vom Hocker im Ausschuss sagt, dass das mit den Fakenews jetzt ganz dringend abgedreht gehört, dass wir da etwas machen müssen? Wie schaut es damit aus, wenn Frau Bundesministerin Raab eine Informationskampagne gegen Fakenews startet? Wer definiert denn eigentlich in diesem Land, was Fakenews sind?

Dazu möchte ich schon eine Frage stellen: Wenn seitens der Regierung gesagt wird, dass man nur offiziellen Stellen vertrauen darf, wenn wir über das Thema sprechen, dann hätte ich schon gerne gewusst, wie diese Protokollgeschichte von Bundeskanzler Kurz jemals an die Öffentlichkeit gekommen wäre, ob die Bundesregierung jemals ge­sagt hätte: Ja, wir haben Protokolle aus der Ministerratsbesprechung, in denen steht, dass es darum geht, den Menschen Angst zu machen. – Das wäre alles nicht an die Öffentlichkeit gekommen, und deswegen bin ich froh, dass es wenigstens noch dort und da Journalisten gibt, die sich entsprechend zu berichten trauen. (Beifall bei der FPÖ.)


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Frau Bundesministerin, ich kann Ihnen übrigens sagen, was Fakenews sind: Das ist das, was Ihr Kollege Nehammer macht, wenn er ganz offiziell durch das Innenministe­rium Übergriffe von Zuwanderern auf Österreicher verschweigen lässt, wie eine Anfra­gebeantwortung zeigt, die mir heute zugestellt worden ist. Da ist vertuscht worden, da sind Fakenews verbreitet worden. Die Internetplattform „Unzensuriert“ hat es aber auf­gedeckt, und meine heute empfangene Anfragebeantwortung hat das auch bestätigt. Der Herr Minister hat zugegeben, falsche Informationen erteilt zu haben.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Was passiert mit Menschen, die nicht mit der Messagecontrol der ÖVP gleichgeschalten sind? – Sie werden in erster Linie hinunter­gedodelt, genauso wie es da hinten die Krakeeler von den Grünen machen, es wird ihnen die fachliche Qualifikation abgesprochen, ja, und manchmal wird auch dort oder da die Existenz bedroht, wenn ich da nur an den einen oder anderen Arzt denke, dem man schon damit gedroht hat, dass man ihm die Zulassung entziehen wird.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, das ist die Wahrheit, das ist die Realität, wenn man sich heute in Österreich traut, kritisch mit dem umzugehen, was man von der Regierung vorgesetzt bekommt. (Beifall bei der FPÖ.)

Begleitet wird das Ganze natürlich von den gleichgeschalteten Medien, die sich leider Gottes vor Kurzem auch ganz kräftig von der Bundesregierung kaufen haben lassen. Unter dem Schutzmantel oder der Schutzbehauptung, dass man damit einen Corona­schutzschirm auch über die Medien spannen möchte, hat man nichts anderes ge­macht, als sich in Kurzʼscher Manier vor allem den Boulevard einzuverleiben.

Man hat also diese Medien, die jetzt entsprechend berichten, mit Inseraten seitens der Regierung regelrecht erschlagen. Daraus kann man eine Formel ableiten, die ich so beschreiben würde: Je mehr Medien die Diktion, die Sie vorgeben, übernehmen, je mehr ein Medium auf den Zug aufspringt, dass man den Menschen damit Angst macht, dass sie selbst oder ihre lieben Angehörigen vielleicht relativ bald sterben werden, desto eher haben Sie genau diese Medien gekauft. Sie benutzen sie als Trägerrakete für Ihre Politik.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, da wünsche ich mir wirklich mehr Mut seitens der Journalisten. Es ist schon so, dass sich der eine oder andere Journalist noch traut, die Wahrheit zu sagen, und ich hoffe wirklich, dass der gestrige Tag, der ja erstmals gezeigt hat, dass nicht alles so auf Kurs sein kann, wie Sie uns das immer weismachen wollen, auch seine Fortsetzung findet, dass wir uns tatsächlich damit auseinanderset­zen, wo Sie uns ein X für ein U vorgemacht haben, wo Sie die Bevölkerung bewusst belogen haben (Abg. Gabriela Schwarz – in Richtung Präsidentin Bures –: Lüge ...?!), wo Sie falsch informiert haben und wo Sie wirklich ganz, ganz gezielt ein Vorgehen an den Tag gelegt haben, das einer Regierung nicht würdig ist und das sich vor allem auch die Menschen hier in diesem Land nicht verdient haben. (Beifall bei der FPÖ.)

Meine sehr geehrten Damen und Herren, ich wünsche mir wie gesagt, dass der gest­rige Tag der erste Tag war, an dem die Aufarbeitung der ÖVP-Willkür begonnen hat und die Normalität vor allem insofern hergestellt wird, als wir uns wieder das zurückho­len, was uns die ÖVP genommen hat, was uns aber das Wichtigste sein sollte: die Mei­nungsfreiheit und die Bürgerrechte. Sie müssen wir rasch wiederherstellen! Meine sehr geehrten Damen und Herren, das sollte auch unser Anspruch hier im Hohen Haus sein.

Wir bieten daher mit Klubobmann Kickl eine Plattform dafür an, die Plattform corona­wahnsinn.at, um genau diesen Sinn und Zweck zu erfüllen, um genau aufzuzeigen, wo uns die ÖVP ein X für ein U vormacht, wo die ÖVP das Virus dafür nutzt, ein Land ge­gen die Wand zu fahren und sich am Ende des Tages auch noch das einzuverleiben, was davon übrig bleibt.


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll27. Sitzung, 28. April 2020 / Seite 196

Meine sehr geehrten Damen und Herren, das wollen wir nicht, und dafür, das möchte ich abschließend auch noch sagen, ist diese Republik gestern nicht 75 Jahre alt ge­worden. Es liegt an uns, der Opposition, diesen Wahnsinn zu stoppen. (Beifall bei der FPÖ.)

17.47


Präsidentin Doris Bures: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Ewa Ernst-Dzie­dzic. – Bitte.


17.47.12

Abgeordnete Dr. Ewa Ernst-Dziedzic (Grüne): Frau Präsidentin! Frau Ministerin! Werte Kollegen und Kolleginnen! Ich finde, jetzt wird das tiefe Dilemma der FPÖ so richtig sichtbar. Aus meiner Sicht gibt es keine andere Partei, die in ihrer Kritik am Eingriff in die Grundrechte, aber auch an der Angstpolitik unglaubwürdiger wäre.

Aber der Reihe nach: Der gleichberechtigte Zugang und der friedliche Meinungsaus­tausch sind, wie wir alle wissen, im virtuellen Raum über weite Strecken in Echokam­mern und Filterblasen zerfallen, weil Algorithmen bestimmen, welche Inhalte wem ge­zeigt werden.

Was Sie jetzt mit diesem Antrag hier machen, ist, eine gefährliche Gleichsetzung von einfachen Usern und Userinnen und professionellen JournalistInnen vorzunehmen. Sie stellen die Glaubwürdigkeit von im Internet veröffentlichten Meinungen und die Arbeit von Qualitätsmedien auf eine Stufe, als gäbe es das Kriterium der Objektivität gar nicht.

Man soll ja bekanntlich nicht mit Steinen werfen. Was sich die FPÖ da leistet, wird nämlich gut sichtbar, wenn man sich ihre Medien oder Medien, mit denen sie verban­delt ist, genauer anschaut. (Beifall bei Grünen und ÖVP.)

Bei „Unzensuriert“, „Wochenblick“, „Zur Zeit“ bis hin zu „Info-direkt“ erkennt man näm­lich gleich, dass es sich nicht um eine ausgewogene Berichterstattung handelt, son­dern um die beinharte Umsetzung einer rechtspopulistischen Agenda. Diese Kanäle versuchen ja nicht einmal, objektiv zu sein. Sie schreiben Hetzartikel und schlecht recherchierte Beiträge, nicht selten mit antisemitischen Inhalten, und man könnte fast schon meinen, Fakenews sind das Geschäftsmodell der genannten Medien. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Sie lassen auch keine Gelegenheit aus, die Grundsätze der liberalen Demokratie – ich erinnere Sie an die Kritik an der Menschenrechtskonvention – außer Acht zu lassen, und jetzt wollen Sie sich hier als die Fürsprecher von Meinungs- und Pressefreiheit etablieren. Das ist aus meiner Sicht ein schlechter Scherz. (Beifall bei Grünen und ÖVP.)

Ich erinnere gerne an ein paar Beispiele, etwa an den Umgang des Innenministers au­ßer Dienst Kickl mit „Standard“, „Kurier“ und „Falter“ (Abg. Kickl: Kaufen hätt ich sie sollen!) – Zeitungen, die Sie damals mit einer Infosperre belegen wollten (Abg. Kickl: Kaufen hätt ich sie sollen, genau!) –, die Auflösung der Pressestelle des Bundeskrimi­nalamts oder die Zentralisierung der Öffentlichkeitsarbeit der Polizei. Auch der ehema­lige Abgeordnete Jenewein wird sich hoffentlich noch daran erinnern, wie er damals den Redaktionsleiter des „Report“ absetzen wollte, weil dieser zu kritische Fragen ge­stellt hat. (Abg. Kickl: Und ihr schmeißts halt die Regierungsexperten raus!)

Ich habe für Sie aber heute einen positiven Ausblick: Die FPÖ – wenn es Ihnen schon ein ernst gemeintes Anliegen ist – könnte sich nämlich für die europäische Bevölke­rung nützlich machen, indem sie ihren guten Draht zu Putin nutzt und dafür sorgt, dass die Trollfabriken aufhören, die Europäische Union mit Falschnachrichten und Desinfor­mation zu überschwemmen. Der EU-Außenbeauftragte Borrell warnt nämlich aktuell eindringlich davor.


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Sie werden wissen, dass dokumentiert ist, dass russische Medien gerade in der Coro­naviruskrise intensiv Stimmung gegen die Europäische Union machen. Allein in der vergangenen Woche sind 45 Fälle von falschen Nachrichten dokumentiert worden. Am erfolgreichsten war ein Beitrag des russischen Senders „Russia Today“ – ich erinnere, das ist der Sender, dem Strache nach der Ibizaaffäre als Erstes ein Interview gegeben hat –, der fälschlicherweise behauptete, die EU habe ihren Partnern im Kampf gegen das Coronavirus nicht geholfen, sondern es waren nur China und Russland. Der Euro­päische Auswärtige Dienst hat in den vergangenen zwei Monaten gezählte 152 Fälle von Desinformation im Zusammenhang mit dem Coronavirus registriert, die er dem Kreml nahestehenden Quellen zuordnet.

Wir wissen, das Ziel dieses Informationskrieges ist nichts anderes als das Prinzip: divide et impera! Da wird Außenpolitik mit Fakenews gemacht. Wenn Sie das, was Sie in den Antrag geschrieben haben, ernst nehmen, dann könnten Sie heute überlegen, den Kooperationsvertrag mit der Putin-Partei zu kündigen. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Es gibt jedenfalls viele Gründe, warum Fakenews gefährlich sind: Fakenews können die persönliche Meinung beeinflussen, Ängste verstärken (Zwischenrufe der Abgeord­neten Amesbauer, Belakowitsch, Loacker und Scherak) oder dazu beitragen, dass Vorurteile gegenüber bestimmten Menschengruppen entstehen. Sie können Hass schüren und zu Hetzkampagnen führen. Sie gefährden die Demokratie und sie können gerade im Vorfeld von Wahlen dazu beitragen, politische Gegner und Gegnerinnen zu schädigen, beispielsweise über die Verbreitung von Unwahrheiten.

Wenn es also wahr ist, dass Sie all das, was ich aufgezählt habe, ablehnen, dann kommen Sie dem bitte in der Praxis nach (Abg. Deimek: Können Sie das von den NEOS auch ..., oder sind sie da zu schwach dazu?) und gehen Sie mit einem positiven Vorbild voran! – Danke. (Beifall bei Grünen und ÖVP. – Zwischenruf des Abg. Kickl.)

17.53

17.53.32Abstimmung über die Tagesordnungspunkte 17 bis 19


Präsidentin Doris Bures: Zu Wort ist dazu nun niemand mehr gemeldet. Die Debatte ist geschlossen.

Wünscht die Frau Berichterstatterin ein Schlusswort? – Das ist nicht der Fall.

Bevor ich zu den verlegten Abstimmungen komme, frage ich ganz kurz die Klubvorsit­zenden, ob eine Sitzungsunterbrechung gewünscht ist. – Das ist nicht der Fall.

Wir kommen nun zu den verlegten Abstimmungen über die Berichte des Verfas­sungsausschusses, die ich über jeden Tagesordnungspunkt getrennt vornehme.

Wir kommen zur Abstimmung über den Rückverweisungsantrag der Abgeordneten Drobits, Kolleginnen und Kollegen betreffend TOP 17, den Antrag 437/A, 12. COVID-19-Gesetz, an den Verfassungsausschuss rückzuverweisen.

Ich bitte jene Damen und Herren, die dieser Rückverweisung die Zustimmung geben, um ein entsprechendes Zeichen. – Das ist die Minderheit, abgelehnt.

Damit gelangen wir zur Abstimmung über Tagesordnungspunkt 17: Entwurf betref­fend 12. COVID-19-Gesetz in 136 der Beilagen.

Hiezu liegt ein Zusatz- beziehungsweise Abänderungsantrag der Abgeordneten Gerstl, Prammer, Kolleginnen und Kollegen vor.

Ich werde daher zunächst über die vom erwähnten Zusatz- beziehungsweise Abände­rungsantrag betroffenen Teile und schließlich über die restlichen, noch nicht abge­stimmten Teile des Gesetzentwurfes abstimmen lassen.


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll27. Sitzung, 28. April 2020 / Seite 198

Die Abgeordneten Gerstl, Prammer, Kolleginnen und Kollegen haben einen Abände­rungsantrag betreffend den Titel sowie die Artikel 1 bis 4 eingebracht.

Wer diesen Änderungen zustimmt, den bitte ich um ein diesbezügliches Zeichen. – Das ist mit Mehrheit so angenommen.

Schließlich komme ich zur Abstimmung über die restlichen, noch nicht abgestimmten Teile des Gesetzentwurfes samt Titel und Eingang in der Fassung des Ausschuss­berichtes.

Ich bitte jene Damen und Herren, die dem zustimmen, gleichfalls um ein bejahendes Zeichen. – Das ist mit Mehrheit so angenommen.

Wir kommen somit gleich zur dritten Lesung.

Wer in dritter Lesung die Zustimmung gibt, den bitte ich um ein bejahendes Zeichen. – Der Gesetzentwurf ist in dritter Lesung mit Mehrheit angenommen.

Wir kommen zur Abstimmung über Tagesordnungspunkt 18: Antrag des Verfas­sungsausschusses, seinen Bericht 137 der Beilagen zur Kenntnis zu nehmen.

Wer sich für diese Kenntnisnahme ausspricht, den bitte ich um ein Zeichen. – Das ist mit Mehrheit angenommen.

Damit gelangen wir zur Abstimmung über Tagesordnungspunkt 19: Antrag des Ver­fassungsausschusses, seinen Bericht 138 der Beilagen zur Kenntnis zu nehmen.

Wer spricht sich für diese Kenntnisnahme aus? – Das ist die Mehrheit, angenommen.

17.57.0620. Punkt

Bericht des Budgetausschusses über den Antrag 440/A der Abgeordneten Gabriel Obernosterer, Mag. Dr. Jakob Schwarz, BA, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Einkommensteuergesetz 1988, das Umsatzsteuergesetz 1994, die Bundesabgabenordnung, das Zahlungsbilanzsta­bilisierungsgesetz, das Bundesgesetz über die Errichtung eines COVID-19-Schulveranstaltungsausfall-Härtefonds (COVID-19-Schulstornofonds-Gesetz), das Bundesgesetz über die Einrichtung einer Abbaubeteiligungsaktiengesell­schaft des Bundes (ABBAG-Gesetz) und das Bundesgesetz, mit dem eine Er­mächtigung zur Verfügung über Bundesvermögen erteilt wird, geändert werden sowie das Bundesgesetz über die Prüfung von Förderungen des Bundes auf­grund der COVID-19-Pandemie (COVID-19-Förderungsprüfungsgesetz – CFPG) erlassen wird (18. COVID-19-Gesetz) (143 d.B.)

21. Punkt

Bericht des Budgetausschusses über den Antrag 441/A der Abgeordneten Peter Haubner, Dr. Elisabeth Götze, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundes­gesetz, mit dem das Wirtschaftstreuhandberufsgesetz 2017, das Bilanzbuch­haltungsgesetz 2014 und das Ziviltechnikergesetz 2019 geändert werden (11. COVID-19-Gesetz) (144 d.B.)


Präsidentin Doris Bures: Somit kommen wir zu den Punkten 20 und 21 der Tagesordnung, über welche die Debatten unter einem durchgeführt werden.

Auf eine mündliche Berichterstattung wurde verzichtet.

Ich begrüße Herrn Bundesminister Blümel im Haus.

Ich erteile Herrn Abgeordneten Kai Jan Krainer als erstem Debattenredner das Wort. – Bitte, Herr Abgeordneter.



Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll27. Sitzung, 28. April 2020 / Seite 199

17.58.13

Abgeordneter Kai Jan Krainer (SPÖ): Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Es liegt hier wieder ein Sammelgesetz vor, das steuerliche Maßnahmen betrifft; Kollege Vogl wird seitens der Sozialdemokraten genauer darauf eingehen.

Ich möchte vor allem über das reden, was nicht im Gesetz drinsteht. Jene Anträge, die die Oppositionsparteien eingebracht haben, wurden nämlich einfach mehr oder weni­ger ohne Diskussion vertagt, womit quasi auch die Öffentlichkeit gar nicht erfahren darf, welche Vorschläge die Opposition da gemacht hat und was sie gefordert hat, wie wir hier der Coronakrise richtigerweise begegnen. Es folgt nur ein ganz kleiner Auszug aus den Vorschlägen, die es da gegeben hat.

Der erste Vorschlag betrifft die Frage von Geschäftsmieten. Wir wissen, dass es betref­fend eine Reihe von Geschäftslokalen, Zehntausende in Österreich, ein sogenanntes Betretungsverbot gibt, das heißt, es ist verboten, dass ein Kunde hereinkommt. – Die Justizministerin hat gesagt: Das ist ein ganz klarer Fall, da ist keine Miete zu bezahlen! Auch wir halten das für richtig. Wir haben damals gesagt: Dann schreiben wir das aber bitte ins Gesetz hinein, damit es für alle klipp und klar ist: Dort, wo ein Betretungs­verbot besteht, ist keine Miete zu bezahlen!

Was haben wir in der Praxis? Auf was sind wir draufgekommen? – Die Republik Ös­terreich hat selber Geschäftslokale, die sie vermietet, zum Beispiel an ein Yogastudio. Da gibt es ein Betretungsverbot, es darf keiner hinein. Die Justizministerin würde sa­gen: Ganz klar, keine Miete fällig! Was macht die Republik Österreich? – Sie verlangt die Miete und bietet lediglich eine Stundung an. Erst aufgrund unserer Intervention in diesem einen Fall sagt sie jetzt, dass sie sich überlegt, ob sie vielleicht doch nicht die ganze Miete verlangt.

Wir brauchen die gesetzliche Klarstellung, dass Geschäftsbetriebe, die aufgrund eines Betretungsverbots behördlich mehr oder weniger geschlossen sind, keine Miete zahlen müssen. Leider ist es aber so, dass sich vor allem die ÖVP dagegen wehrt, dass es da zu einer klaren gesetzlichen Regelung kommt, weil offensichtlich die Interessen der Vermieter wichtiger sind als die Interessen der Klein- und Mittelbetriebe und der EPUs. (Beifall bei der SPÖ.) Das völlig Absurde ist, dass der Finanzminister dann offensicht­lich auch noch bereit ist, mit Steuergeld aus einer illegal verrechneten Miete bis zu 75 Prozent zu zahlen. – Nein, ich will nicht, dass mit Steuergeld eine illegale Miete be­zahlt wird. Ich will nicht, dass ein EPU, ein Klein- und Mittelbetrieb eine illegale Miete bezahlen soll, sondern ich bin der Meinung, illegale Mieten sollen nicht bezahlt wer­den! (Beifall bei der SPÖ.)

Dann hatten wir die auch öffentliche Diskussion über das Dividendenverbot, das heißt, dass man, wenn ein Betrieb sagt: Ich kann meine Steuern nicht bezahlen!, klar sagt: Na ja, dann kannst du aber auch keine Dividende zahlen, dann kannst du deinen Eigentümern nicht Geld ausschütten! – Wer nicht das Geld hat, Steuern zu bezahlen, der kann auch nicht das Geld haben, Eigentümern eine Dividende zu zahlen. Wer zum Staat geht und sagt: Ich kann die Löhne meiner Angestellten nicht zahlen, bitte helft mir mit Kurzarbeit!, der kann nicht Dividenden ausschütten, denn wer zu wenig Geld hat, die Löhne zu zahlen, der kann auch nicht Dividenden zahlen.

Seitens der Regierung hat es dann geheißen: Machen wir! – Wir haben jetzt genau ge­schaut, was Sie gemacht haben: Wer nicht das Geld hat, die Steuern zu bezahlen –egal: Er darf Dividenden ausschütten. Wer nicht das Geld hat, die Löhne zu zahlen – egal: Er darf nach wie vor Dividenden auszahlen. Nur dann, wenn jemand die Haftung von der Cofag in Anspruch nimmt, dann darf er – zeitlich befristet für, glaube ich, neun Monate – keine Dividende auszahlen. – Das ist keine saubere Lösung! Wenn jemand nicht das Geld hat, seine Steuern zu bezahlen, dann darf er auch keine Dividenden ausschütten – aber das setzen Sie nicht um! (Beifall bei der SPÖ.)


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll27. Sitzung, 28. April 2020 / Seite 200

Dasselbe gilt bei der Frage der Boni – Managerboni, Geschäftsführerboni –: Wir sind der Meinung: Ein Geschäftsführer, der sich vom Staat retten lässt, braucht keinen Bo­nus zu kassieren! – Dazu haben Sie zuerst Ja gesagt. Was steht in den Richtlinien drinnen? – Den halben Bonus kriegen diese Geschäftsführer trotzdem! – Der Steuer­zahler rettet das Unternehmen, stundet ihm die Steuer, gibt ihm einen Zuschuss, über­nimmt die Haftung, finanziert die Kurzarbeit – und der Geschäftsführer kriegt den hal­ben Bonus. Da ist die Frage: „Wo woar mei Leistung?“ – deswegen: keine Boni bei Staatshilfe! (Beifall bei der SPÖ.)

Es gibt eine Reihe von Punkten, zu denen Anträge der Opposition vorliegen, die dem Plenum vorenthalten werden – das ist eine Art Zensur der Mehrheit, auch eine politi­sche Zensur, dass wir über diese Anträge hier nicht debattieren und auch nicht abstim­men können. Wir haben das bereits in den Ausschüssen problematisiert und gesagt, dass das ein Ende haben muss und dass auch die Vorschläge der Opposition das Recht haben, hier im Plenum diskutiert zu werden. Ich hoffe, dass das ab dem nächs­ten Mal auch so funktioniert. – Vielen Dank. (Beifall bei der SPÖ.)

18.03


Präsidentin Doris Bures: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Gabriel Obernoste­rer. – Bitte.


18.03.51

Abgeordneter Gabriel Obernosterer (ÖVP): Frau Präsidentin! Herr Bundesminister! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Meine sehr verehrten Damen und Herren zu Hause vor den Fernsehschirmen! Tagesordnungspunkt 20: ein Bericht des Budgetausschus­ses, der schwerpunktmäßig drei Punkte umfasst. Es geht in dieser Zeit von Corona darum, dass für Masken keine Mehrwertsteuer verrechnet wird; es geht darum, dass die Förderungen des Bundes rechtmäßig vom Bund geprüft werden können und dass bei Schulveranstaltungsausfällen die Eltern nicht in die Pflicht genommen werden kön­nen, sondern dass das über das Ministerium abgewickelt wird.

Da Kollege Krainer von der SPÖ gerade über dieses Förderpaket gesprochen hat, möchte ich auch etwas dazu sagen: Ich bin ständig in Kontakt etwa mit Südtirol und informiere mich, was dort läuft, was dort für die mittelständische Wirtschaft, für die klei­nen Betriebe, für den Tourismus an Förderungen läuft, ich informiere mich, was in der Schweiz läuft, was in Bayern, was in Deutschland läuft, und ich höre immer dasselbe: Wir wären froh, wenn wir von der Regierung so ein Auffangpaket bekämen, wie ihr es in Österreich schon beschlossen habt! (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Grünen.)

38 Milliarden Euro sind hier im ersten und im zweiten Paket einstimmig, das sage ich auch dazu – damals sind wir uns alle dieser Aufgabe bewusst gewesen; ich zweifle da­ran, dass das heute auch noch der Fall ist –, beschlossen worden, und diese 38 Mil­liarden Euro sind – gemessen am BIP – international beispielhaft. Ich kenne keinen an­deren Staat, der so viel Geld in die Hand nimmt, um diese Krise halbwegs ordentlich zu durchtauchen! (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Grünen. – Abg. Kasseg­ger: Er ist der Staat! – Zwischenrufe bei der SPÖ.)

Ich möchte auf die heutige Diskussion, die hier quer durch die Bank und generell von der Opposition geführt wird, nicht näher eingehen, dazu fehlt mir auch die Zeit, aber der Zuhörer zu Hause vor dem Fernsehschirm wird sich ein Bild machen. Es ist noch nicht lange her, es war der 15. März, an dem wir innerhalb von zwei Tagen das erste Paket geschnürt haben, den Ministern die ersten Ermächtigungen gegeben haben – innerhalb von zwei Tagen auch durch den Bundesrat. Es ist uns allen damals die Ernsthaftigkeit dessen, was da in Österreich auf uns zukommt, bewusst gewesen.

Nicht ganz eine Woche später haben wir das zweite Paket geschnürt, auch wieder mit den notwendigen Handlungsermächtigungen für die Minister – auch dieses ist in zwei


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Tagen durchgezogen worden. Auch ich danke heute allen Parteien dafür, dass sie da mitgemacht haben, und es hat sich gezeigt: Genauso, wie es in einer Familie notwen­dig ist, dass sie, wenn eine Krise kommt, zusammensteht, damit sie sie gut überstehen kann, ist dies auch bei Nationalrat und Regierung notwendig. Das haben Nationalrat und Regierung vorgezeigt, und es hat damals nur einstimmige Beschlüsse gegeben.

Wir alle haben ferngesehen, wir wissen, was sich international abgespielt hat, vor der Haustür, in Italien et cetera. Und wer Medien, auch ausländische Medien gelesen und die Fernsehberichte gesehen hat, weiß: Österreich war Vorreiter in den Aktionen, mit seinen Handlungen, um diese Krise so schnell wie möglich in den Griff zu bekommen – andere haben es uns nachgemacht –, und Gott sei Dank hat uns die Krise nicht so ge­troffen wie andere Länder.

Unser Bundesminister für Gesundheit hat es uns heute schon gezeigt: Bezogen auf 100 000 Einwohner betrug die Zahl der Toten in Teilen Europas bis zum Zehnfachen jener in Österreich. Ich zeige Ihnen das noch einmal (einen Ausdruck mit einem Säu­lendiagramm in die Höhe haltend): Hier (auf eine Säule weisend) ist Österreich. Seien wir glücklich, dass uns das gelungen ist! (Zwischenrufe bei der SPÖ.)

Aufgrund dieser konstruktiven und guten Arbeit unserer Bundesregierung – mit unse­rem Bundeskanzler Sebastian Kurz und Vizekanzler Kogler an der Spitze – ist es jetzt auch möglich, Maßnahmen wieder herunterzufahren und Erleichterungen zu ermögli­chen, von denen andere Länder noch weit entfernt sind. Es war hart, es war für die Fa­milien hart, für die Kinder hart, für die älteren Leute, für die alten Leute hart. Das war nicht einfach, wir hatten eine Situation, wie wir sie eigentlich seit der Nachkriegszeit nicht mehr gekannt haben. (Zwischenruf bei der SPÖ.)

Wenn ich heute höre, was die einzelnen Oppositionsparteien der Regierung vorwerfen, muss ich sagen: Der Zuhörer beziehungsweise Zuschauer zu Hause vor dem Fernseh­schirm oder via Livestream macht sich selbst sein Bild! (Ruf bei der SPÖ: Ja eh!)

Eines möchte ich euch sagen: Es ist heute nicht anders, diese Krise ist noch nicht überwunden. Unsere Regierung hat das Notwendigste gemacht, das abzufedern, was den Gesundheitsbereich und auch die wirtschaftliche Unterstützung betrifft. Wenn wir da durchtauchen wollen, bis wir einen Impfstoff bekommen, und damit wir keine zweite Welle bekommen – Gott beschütze uns vor dieser zweiten Welle; ihr von den Opposi­tionsparteien tut heute hier herinnen so, als wenn es das nicht geben würde –: Hören wir auf die Experten!

Jeder sagt, diese Krise hat man eingedämmt, aber sie ist noch nicht bekämpft. Bevor es nicht einen Impfstoff geben wird, werden wir das Thema nicht loswerden. Die Ös­terreicherinnen und Österreicher vertrauen auf diese Regierung. Ich bin stolz, dieser Regierung anzugehören. – Danke vielmals. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Grünen. – Ruf bei der FPÖ: Ich habe gedacht, er ist Abgeordneter! – Zwischenrufe bei der SPÖ.)

18.10


Präsidentin Doris Bures: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Hubert Fuchs. – Bitte.


18.10.40

Abgeordneter MMag. DDr. Hubert Fuchs (FPÖ): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrter Herr Finanzminister! (Der Redner stellt eine Tafel auf das Rednerpult, auf der in roter Schrift „Österreich 1000er“ zu lesen ist und zehn Hunderteuroscheine abgebildet sind.) Ich beziehe mich auf das COVID-19-Förderungsprüfungsgesetz.

Das COVID-19-Förderungsprüfungsgesetz sieht vor, dass für die Prüfung der Covid-19-Förderungen – man glaubt es kaum – die Finanzämter zuständig sind, also jene Be­hörde, die die Regierungsparteien von der Abwicklung der Hilfsmaßnahmen bis dato


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ausgeschlossen haben. Kollege Kopf, auch Generalsekretär der Wirtschaftskammer, meinte im „ZIB 2“-Interview am 20.4.2020, dass es die Argumentation des Finanzminis­teriums war, dass die Finanzämter diese Förderungen nicht hätten abwickeln können – der Finanzminister hat das Gott sei Dank im Budgetausschuss dementiert –, dennoch beauftragt man nun die Finanzämter mit der Prüfung. (Zwischenruf des Abg. Leicht­fried.) Ist das nicht eigenartig?

Wie sich die Regierungsparteien die Prüftätigkeit der Finanzämter vorstellen, ist an Dreistigkeit nicht mehr zu überbieten. Fehler der Wirtschaftskammer und der Agrar­markt Austria dürfen die Finanzämter nicht selbst korrigieren, weil die Finanzämter bei der Prüfung lediglich als Gutachter fungieren. Die Finanzämter dürfen der Wirtschafts­kammer und der AMA lediglich einen Bericht schicken, und die Wirtschaftskammer und die AMA entscheiden dann selbst, wie man mit den festgestellten Fehlern umgeht. – Frecher geht es wohl nicht mehr. (Beifall bei der FPÖ.)

Die Wirtschaftskammer entscheidet quasi selbst, welche Konsequenzen sie aus den eigenen Fehlern zieht. Man darf nicht vergessen, die Wirtschaftskammer ist die ge­setzliche Interessenvertretung der Unternehmer. Da bin ich schon gespannt, wie objek­tiv da die Wirtschaftskammer letzten Endes agieren wird. Es hat sich wohl niemand von den Regierungsparteien die Frage gestellt, ob so eine Konstruktion überhaupt ver­einbar ist. Daher braucht es auch einen parlamentarischen Covid-19-Unterausschuss, der mit den entsprechenden Kontrollrechten ausgestattet ist. Es kann nicht sein, dass sich Wirtschaftskammer und die Unternehmer letzten Endes selbst kontrollieren.

Bei diesem eigenartigen Rechtsverständnis der Regierungsparteien werden diese wahrscheinlich noch beschließen, dass die Finanzämter zukünftig bei Betriebsprü­fungen auch nur mehr als Gutachter fungieren (Zwischenruf der Abg. Kirchbaumer) und die Wirtschaftskammer als Interessenvertretung der Unternehmer dann letzten En­des entscheidet, ob die Unternehmer überhaupt Steuern nachzahlen müssen. (Beifall bei der FPÖ.) Das ist wohl die neue Normalität, von der diese Bundesregierung immer träumt.

§ 15 dieses Bundesgesetzes sieht vor, dass der Finanzminister bis zum 30.6. des Fol­gejahres einen Jahresbericht über die erfolgten Prüfungen auf der BMF-Homepage veröffentlichen muss. Von einer Einbindung des Nationalrates halten die Regierungs­parteien gar nichts. Das ist ein weiterer Grund, warum wir einen Covid-19-Unteraus­schuss brauchen, in dem diese Jahresberichte dann letzten Endes auch zu diskutieren sind. Es geht um das Steuergeld der Österreicher, und da haben Transparenz und Kontrolle noch nie geschadet. (Beifall bei der FPÖ.)

Im Übrigen darf ich Bezug nehmen auf einen Entschließungsantrag, und zwar auf den Entschließungsantrag der Abgeordneten Klubobmann Kickl, Fuchs und weiterer Abgeordneter betreffend „Echte Hilfe für Österreich“. Er wurde bereits eingebracht und wird hoffentlich gerade oder bald im Plenum verteilt.

Die Maßnahmen der Bundesregierung im Zuge der Coronakrise haben zu einer histo­rischen Wirtschaftskrise geführt. Mehr als 1,7 Millionen Menschen haben ihre Arbeit verloren beziehungsweise sind in Kurzarbeit. Zigtausende Wirtschaftstreibende haben ebenfalls ihre Einkommensgrundlage verloren.

Dieser Entschließungsantrag beinhaltet Maßnahmen, von denen ich einige beispielhaft aufzählen möchte:

„- Voller Entschädigungsanspruch für alle Betriebe, die durch das Betretungsverbot be­troffen sind, in jener Höhe, den diese erhalten hätten, wenn ihr Betrieb auf Grundlage des Epidemiegesetzes geschlossen worden wäre [...]

- Abwicklung sämtlicher Maßnahmen über die Finanzämter [...]


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-- spesen- und zinsenfreie Stundung von bis zu 12 Kreditraten“ und Leasingraten

„-- formlose spesen- und zinsenlose Überbrückungskredite zur Deckung von Liquidi­tätslücken

- Umsetzung eines ‚Kommunalinvestitions- und Regionalwirtschaftspaket‘ [...]

- Steuerliche Erleichterungen für Tourismus- und Gastrobetriebe [...]

- Ausgabe von ‚Österreich-Gutscheinen‘“ – den Österreichtausender; Klubobmann Kickl hat heute bereits einen entsprechenden Antrag eingebracht – „für jeden österreichi­schen Staatsbürger.“

*****

Vielen herzlichen Dank. (Beifall bei der FPÖ.)

18.16

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten KO Herbert Kickl, MMag. DDr. Hubert Fuchs

und weiterer Abgeordneter

betreffend „Echte Hilfe für Österreich“

eingebracht im Zuge der Debatte über Tagesordnungspunkt 20, Bericht des Budget­ausschusses über den Antrag 440/A der Abgeordneten Gabriel Obernosterer, Mag. Dr. Ja­kob Schwarz, BA, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Einkommensteuergesetz 1988, das Umsatzsteuergesetz 1994, die Bundesabgaben­ordnung, das Zahlungsbilanzstabilisierungsgesetz, das Bundesgesetz über die Errich­tung eines COVID-19-Schulveranstaltungsausfall-Härtefonds (COVID-19-Schulstorno­fonds-Gesetz), das Bundesgesetz über die Einrichtung einer Abbaubeteiligungsak­tiengesellschaft des Bundes (ABBAG-Gesetz) und das Bundesgesetz, mit dem eine Ermächtigung zur Verfügung über Bundesvermögen erteilt wird, geändert werden so­wie das Bundesgesetz über die Prüfung von Förderungen des Bundes aufgrund der COVID-19-Pandemie (COVID-19-Förderungsprüfungsgesetz – CFPG) erlassen wird (6. COVID-19-Gesetz) (143 d.B.), in der 27. Sitzung des Nationalrates, XXVII. GP, am 28. April 2020

Die Maßnahmen der Bundesregierung im Zuge der Coronakrise führen zu einer histori­schen Wirtschaftskrise.

Mehr als 1,7 Millionen Menschen haben ihre Arbeit verloren oder haben durch Kurzar­beit deutlich weniger Einkommen. Zigtausende Wirtschaftstreibende haben ebenfalls ihre Einkommensgrundlage verloren. Und mit all diesen Menschen auch deren Fami­lien!

Die drastischen Einschränkungen des öffentlichen Lebens aufgrund des Coronavirus in Österreich stellen viele Kleinstunternehmer sowie kleine und mittlere Unternehmen in­folge von Umsatzeinbußen und Nachfragerückgängen vor existenzielle Probleme.

Ob viele Betriebe, Gastronomiebetriebe, Touristiker, Handwerker, aber auch Dienst­leister die Corona-Maßnahmen der Regierung wirtschaftlich überleben, darf angezwei­felt werden. Sämtliche Wirtschaftsforscher prognostizieren eine schwere Rezession; Hand in Hand mit einer drohenden gigantischen Pleitewelle.


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„Koste es, was es wolle“ war in Zusammenhang mit notwendigen Maßnahmen für die Wirtschaft die vielversprechende Aussage des Bundeskanzlers. Was dann aber in der Praxis wirklich geschehen ist und wie die Realität für die heimischen Unternehmer aussieht, haben die letzten Tage eindrucksvoll gezeigt. Viele angekündigte Hilfspakete der Bundesregierung verfehlen entweder ihre Wirkung oder es haben von der Wirt­schaftskrise betroffene Unternehmen aufgrund der völlig überzogenen Kriterien erst gar keinen Anspruch auf (finanzielle) Unterstützungsleistungen.

Die österreichischen Familien und die heimischen Wirtschaftstreibenden haben nichts von Versprechungen; von Hoffnung allein können sie nicht leben, sie brauchen jetzt konkrete Hilfe und Sicherheit.

Wenn wir die massive Pleitewellen abfedern und die Kaufkraft stärken wollen, braucht es schnelle Maßnahmen, die möglichst viele Menschen erreichen.

Daher stellen die unterfertigten Abgeordneten folgenden

Entschließungsantrag

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesregierung, insbesondere der Finanzminister, wird aufgefordert, dem Natio­nalrat umgehend eine Regierungsvorlage zuzuleiten und im Rahmen der Budgeterstel­lung sicherzustellen, dass die Umsetzung eines Wirtschaftsreparaturpakets finanziert werden kann, das geeignet ist, jenen Privatpersonen sowie Wirtschaftstreibenden, die von der COVID-19-Krise massiv bzw. existentiell betroffen sind, unmittelbar, sofort und in ausreichendem Ausmaß zu helfen.

Dabei ist insbesondere für folgende Maßnahmen eine Finanzierung sicher zu stellen:

•             Voller Entschädigungsanspruch für alle Betriebe, die durch das Betretungs­verbot betroffen sind, in jener Höhe, den diese erhalten hätten, wenn ihr Betrieb auf Grundlage des Epidemiegesetzes geschlossen worden wäre

•             Sofortige antragslose Akontozahlung durch die Finanzämter an alle Unterneh­mer, die sämtliche Kosten und einen entsprechenden Unternehmerlohn für die nächsten drei Monate abdeckt

•             Abwicklung sämtlicher Maßnahmen über die Finanzämter

•             Stundung von Energiekosten und Versicherungsprämien bis 31.12.2020

•             Preisgarantie für Güter des täglichen Bedarfs

•             Umgehende Erhöhung des Arbeitslosengeldes

•             Gewährleistung, dass jene Unternehmer, die gegenwärtig Arbeitnehmer nicht kündigen, sondern bemüht sind, Dienstverhältnisse aufrecht zu erhalten, hin­künftig bei der Vergabe von öffentlichen Aufträgen bevorzugt werden und über den Corona-Hilfs-Fonds erhaltene Kredite später nicht zurückzuzahlen haben

•             Verpflichtung für alle Banken auf

o            spesen- und zinsenfreie Stundung von bis zu 12 Kreditraten bei gleich­zeitiger entsprechender Verlängerung der Kreditlaufzeit und gleichblei­benden Kreditraten

o            spesen- und zinsenfreie Stundung von bis zu 12 Leasingraten bei gleich­zeitiger entsprechender Verlängerung der Leasinglauflaufzeit und gleich­bleibenden Leasingraten

o            keine Geschäftskontenüberziehungsspesen und -zinsen

o            formlose spesen- und zinsenlose Überbrückungskredite zur Deckung von Liquiditätslücken


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•             Umsetzung eines „Kommunalinvestitions- und Regionalwirtschaftspaket“ in Hö­he von zumindest 1 Mrd. Euro aus Bundesmitteln im Sinne der Schaffung kon­junkturbelebender Maßnahmen zur Unterstützung heimischer Unternehmen (KMU) nach der Corona-Krise. Mit diesem Paket sollen insbesondere folgende Kernpunkte umgesetzt werden:

o            Zuweisung der Mittel nicht nach einem fixen Schlüssel (bspw. Gemein­degröße, Finanzkraft o. ä.), sondern anhand einer tatsächlichen Projekt­bewertung unter Berücksichtigung von Konjunktureffekten und Auswir­kungen auf den Arbeitsmarkt (Sicherung und Schaffung von Arbeits­plätzen)

o            Deckelung des jeweiligen Zuschusses mit max. 50% der förderbaren Kosten und mit max. 1 Mio. Euro pro Projekt

•             Förderungen seitens des Bundes in Form von Schecks für die Schaltung von Inseraten und Werbeanzeigen in heimischen Medien zur Abfederung der wirt­schaftlichen Auswirkungen der COVID-19-Krisensituation auf die Einnahmensi­tuation bei Klein- und Mittelbetrieben einerseits sowie im Bereich der Medien andererseits für jene Unternehmer, die auf Unterstützungen aus dem Härtefall- und Hilfs-Fonds angewiesen sind, zur Unterstützung des gesamten Wirtschafts­kreislaufes

•             Berichtspflicht der jeweils zuständigen Bundesminister über Tätigkeit und För­derungen der im Zuge der COVID-19-Krise eingerichteten Fonds gegenüber dem Nationalrat sowie Übermittlung dieses Berichtes an den Rechnungshof zur Prüfung und Kontrolle und Übermittlung des Prüfergebnisses an den Nationalrat

•             Zusätzlich zu Landeswohnbeihilfen eine Bundeswohnbeihilfe zur Abfederung der Auswirkungen der COVID-19-Krisensituation auf die Absicherung des Wohnbedürfnisses (bspw. Miete oder Wohnkredite) nicht nur auf geförderte Ob­jekte, sondern auch für jeden von der Krise Betroffenen

•             Steuerliche Erleichterungen für Tourismus- und Gastrobetriebe

•             Sicherstellung des Rechts auf Bargeld auf österreichischer und europäischer Ebene

•             Aussetzen der GIS-Beiträge bis Ende des Jahres

•             Ausgabe von „Österreich-Gutscheinen“ für jeden österreichischen Staatsbürger.

Zur finanziellen Absicherung und Gegenfinanzierung sind u.a. folgende Maßnahmen einzuleiten:

•             Auflösung von Rücklagen der Wirtschaftskammern zur Unterstützung der hei­mischen Unternehmen

•             Auflösung von Rücklagen der Arbeiterkammern zur Unterstützung von Arbeit­nehmern

•             Die zuständigen Mitglieder der Bundesregierung werden aufgefordert, sich auf Europäischer Ebene dafür einzusetzen, dass die EU-Beiträge Österreichs bis zur Bewältigung der Corona-Krise ausgesetzt werden können

•             Alles zu unternehmen, dass es zu keiner „gemeinsamen Schuldenpolitik“ auf europäischer Ebene kommt – Nein zu Euro-Bonds

•             Gerechte Unternehmensbesteuerung – keine Steuerflucht von Großkonzernen

•             Sofortige Senkung der Ausgaben für Entwicklungszusammenarbeit.“

*****



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Präsidentin Doris Bures: Herr Abgeordneter, Sie haben den Entschließungsantrag jetzt eingebracht, Sie haben ihn in den Grundzügen erläutert, daher steht er auch mit in Verhandlung.

Die nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Elisabeth Götze. – Bitte.


18.17.04

Abgeordnete Dr. Elisabeth Götze (Grüne): Frau Präsidentin! Sehr geehrter Herr Mi­nister! Sehr geehrtes Hohes Haus! Liebe Zuseherinnen und Zuseher zu Hause vor den Bildschirmen! Ich nehme die Opposition beim Wort, dass es in der Politik verwerflich ist, Angst zu verbreiten, und ich bestehe auf faktenbasierter Politik. Jedoch wurde heute hier in der Aktuellen Stunde den Unternehmern ganz schön Angst gemacht. Ich habe gehört – ich zitiere –, Unternehmen werden durch die Maßnahmen der Regierung in den Abgrund gestürzt. (Zwischenrufe bei SPÖ und FPÖ.) – Kolleginnen und Kolle­gen, mit Angst spielt man nicht! (Beifall bei Grünen und ÖVP. – Heiterkeit und anhal­tende Zwischenrufe bei SPÖ und FPÖ.)

Ja, es ist richtig, in Österreich wurde schnell gehandelt; wir haben es von meinem Vor­redner gehört. Einer meiner ehemaligen Chefs hat gesagt (Zwischenruf des Abg. Leichtfried), Entscheidungen müssen schnell und falsch sein. Das ist wohl ein biss­chen überzeichnet, aber ja: Wenn man schnell handelt, kann man nicht alles voraus­sehen und planen; daher ist es in Ordnung, Lücken zu schließen und nachzubessern. Genau das ist hier bisher in, wie ich meine, guter Weise geschehen – danke an dieser Stelle an alle, die sich auch immer wieder konstruktiv mit vielen Vorschlägen einbrin­gen.

Ein Beispiel ist der Härtefallfonds für Unternehmerinnen und Unternehmer, für Freibe­rufliche, für Selbstständige, bei dem es dreimal maximal 2 000 Euro gibt, also höchs­tens 6 000 Euro, und zwar neben anderen Einkommen wie zum Beispiel Pensionen oder Gehälter. Aus dieser selbstständigen Tätigkeit besteht maximal dieser Anspruch.

Was wurde nachgebessert? – Erstens können Unternehmer, auch wenn derzeit noch keine Einkommensverluste ausgewiesen sind, den Antrag bis September stellen. Das ist ganz wichtig für jene projektbezogenen Abrechner, die erst im Juli, August, Septem­ber Einnahmenverluste haben, oder für Einnahmen-Ausgaben-Rechner, die aufgrund von Rechnungen, die sie im Jänner gestellt haben, laufend noch Zahlungen bekom­men und erst im Juli und August keine Einnahmen mehr haben.

Zweitens beträgt der Mindestauszahlungsbetrag bei jedem Antrag 500 Euro, und zwar auch dann, wenn in den letzten Jahren überhaupt kein positiver Gewinn, kein Gewinn, kein Einkommen erzielt wurde, also wenn nur Verluste gemacht wurden.

Heute haben wir bereits beschlossen, dass mehrfach geringfügig Beschäftigte ebenso Anspruch auf Mittel aus diesem Härtefallfonds haben.

Ein letzter Punkt – ich habe es in meiner letzten Rede erwähnt –: Auch das Problem mit den Krediten der Banken wird von der Regierung angegangen. Es wird dank dem Herrn Finanzminister unterstützt, dass die Kredite schneller und zügiger ausgezahlt werden, und Frau Ministerin Schramböck hat dafür gesorgt, dass die Spesen wesent­lich reduziert werden.

Ich habe nicht nur von Angst gesprochen, sondern auch von faktenbasierter Politik. Immer wieder wird Österreich mit Deutschland verglichen und gesagt, dass es in Ös­terreich so viel schlechter laufen würde als in Deutschland, denn in Deutschland be­kommen ja alle Unternehmen bis zu 9 000 Euro beziehungsweise bis zu 15 000 Euro. (Ruf bei der SPÖ: Wie viele Arbeitslose gibt es dort?) So stimmt das aber nicht, da werden Äpfel mit Birnen verglichen. Ja, es stimmt, es geht bis zu diesem Betrag, aber abhängig von der Anzahl der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, und es gibt keine zu-


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sätzlichen Zuschüsse zu Kosten wie bei uns. Wir haben ein differenziertes System. Wir haben heute auch den Familienhärtefonds aufgestockt, und auch der steht Unterneh­merinnen und Unternehmern zur Verfügung, wenn sie Familie haben. Unsere Zuschüs­se werden auch nicht versteuert, wie das zum Beispiel in Deutschland der Fall ist.

Zusammenfassend: Ich appelliere an Sie alle, dass wir hier konstruktiv zusammenar­beiten, eine gute Lösung, gute Unterstützungsmaßnahmen für die Wirtschaft finden und wegkommen von blaming and shaming, von Angstmache und sogar Fakenews. – Danke. (Beifall bei Grünen und ÖVP. – Zwischenruf des Abg. Vogl.)

18.22


Präsidentin Doris Bures: Als Nächste zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Karin Doppelbauer. – Bitte.


18.22.11

Abgeordnete Dipl.-Ing. Karin Doppelbauer (NEOS): Frau Präsidentin! Herr Bundes­minister! Hohes Haus! Friedrich Nietzsche hat einmal gesagt: „Im Lob ist mehr Zudring­lichkeit als im Tadel.“ Diesbezüglich kann ich versprechen, dass sich meine Zudring­lichkeit gegenüber dem Herrn Bundesminister auf der Regierungsbank heute sehr kurz halten wird.

Lassen Sie mich trotzdem mit dem Positiven beginnen! Auch als Oppositionspolitikerin muss ich natürlich lobend erwähnen, wenn etwas Gutes passiert, und ja, in den beiden Covid-19-Gesetzen, über die wir heute reden, ist schon einiges drinnen, das wir NEOS auch unterstützen; zum Beispiel eben die wichtigen Fristen für die Wirtschaftstreuhän­der, Bilanzbuchhalter oder Ziviltechniker, die über die sogenannte Hemmung verlän­gert werden, oder eben auch, dass der Härtefallfonds kommt, in dem es um Stornoge­bühren geht, damit man, wenn Schulveranstaltungen ausgefallen sind, als Schule beziehungsweise auch als Erziehungsberechtigter die Stornokosten zurückerstattet bekommt. Das sind Lichtblicke, meine Damen und Herren, aber damit sind wir eben auch schon wieder am Ende der erwähnten Zudringlichkeit, denn wo Licht ist, ist be­kanntlich auch Schatten – und in diesem Fall gibt es halt auch eine ganze Menge an Schatten.

Wir haben ja vorhin schon kurz über das Thema Finanzausgleich gesprochen. Dass die Gebietskörperschaften ihre Krisenkosten als Ansprüche gegen den Bund geltend machen wollen, kann man bis zu einem gewissen Grad nachvollziehen, es war auf je­den Fall absehbar. Was man aber nicht nachvollziehen kann, ist, dass da offenbar ei­nige Landeshauptfrauen und -männer antizipieren, dass das dann eh so passiert. Es gibt dann Fälle wie zum Beispiel in Oberösterreich; dort wurden Masken eingekauft, und dann hat man in Linz pompös eine Pressekonferenz gemacht: Eine AUA-Maschine ist in Linz eingeflogen, man hat erzählt, was man für tolle Sachen erstanden hat, und dann diese AUA-Maschine natürlich im Leerflug von Linz nach Wien wieder zurück­fliegen lassen. In der Woche darauf kommt – in den Medien – die Nachricht an den Bundesminister in Wien, in der es heißt: Wir erwarten uns aber schon, dass Sie die Kosten dafür übernehmen! – Also herzlichen Dank, das ist aus meiner Sicht eine Farce, dafür sind Steuergelder nicht da.

Was wir in diesem Zusammenhang brauchen, ist eben Transparenz und eine Gesamt­übersicht über alle Förderungen und alle Subventionen, die vom Bund, von den Län­dern und auch von den Gemeinden vergeben werden. Meine Damen und Herren, das möchte ich auch sagen: Das ist nicht etwas, was ich mir wünsche, das ist ein beste­hendes Gesetz, das nach wie vor von vielen Ländern nicht umgesetzt wird. Wenn man schon so etwas wie den Finanzausgleich hat, dann würde ich mich durchaus dazu hin­reißen lassen, dass man sagt: Länder, die da ihrer Verpflichtung nicht nachkommen, bekommen halt einfach weniger Geld!


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll27. Sitzung, 28. April 2020 / Seite 208

Es gibt noch einen Punkt  mein Kollege Fuchs ist auch schon darauf eingegangen : Heute wird die Möglichkeit geschaffen, dass man die nachträgliche Kontrolle von Kri­senförderungsmaßnahmen durch die Finanzämter erwirken kann. Die Finanzämter sind da Gutachter, die zum Einsatz kommen, aber sie sind eben nur Gutachter, die dann dementsprechend Empfehlungen abgeben können. Jetzt kann man sagen: Kon­trolle ist ja trotzdem immer gut!, aber man muss dann schon auch noch einmal diesen Schritt zurück machen und sich überlegen, was da eigentlich passiert ist, warum man denn die Abwicklung des Härtefallfonds nicht gleich bei den Finanzämtern angesiedelt hat. – Ja, ich weiß, jetzt kommt natürlich sofort die Antwort: Weil die so wahnsinnig viel zu tun haben und man denen das nicht zumuten konnte, mussten wir das halt an die Wirtschaftskammer auslagern!

Mir war das zwar am Anfang nicht verständlich, aber inzwischen glaube ich doch, dass ich es verstanden habe. Ich sehe, was die Finanzämter im Augenblick machen: Man hat diese hoch qualifizierten Beamtinnen und Beamten damit zwangsbeglückt, x-tau­send – x-tausend! – unnötige Steuerstundungsanträge zu bearbeiten. Warum wird denn diese Stundung nicht automatisch gewährt? Und warum sagt man nicht auch gleich dazu, dass die Stundungszinsen nicht eingehoben werden, sondern man da wie­der einen Extraantrag stellen muss? – Ganz im Ernst: Den Unternehmen ist ja nicht fad, die haben keinen Spaß am Zusammentragen und Ausfüllen der Anträge – und das wird ja da offensichtlich ein bisschen impliziert. Alles, was da passiert, ist, dass es möglichst lange dauert, bis die so nötigen und so dringenden Hilfsgelder dann ankom­men. – Das kann es aus meiner Sicht einfach nicht sein.

Wirtschaftskammer statt Finanzamt, Cofag mit zahnlosem Beirat, Empfehlungen, die dann abgegeben werden können: Die Liste ist lang. Ganz im Ernst, meine Damen und Herren, das ist schon eine Menge an eigenartigen Konstruktionen, der wir uns im Augenblick gegenübersehen, und das wirft auch zu Recht viele Fragen auf – und ja, deswegen fordern wir auch diesen Covid-19-Unterausschuss.

Man sieht ja, dass man das ganz anders organisieren kann, da muss man nicht nach Deutschland schauen, man kann ja vielleicht auch in die Schweiz schauen, die hat das wirklich gut gemacht. Alles, was ich angesprochen habe, haben wir auch längst vorge­schlagen, aber was dem Schweizer das Uhrmacherhandwerk, das ist der ÖVP offen­bar die Bürokratie. Das ist offenbar wirklich die heilige Kuh des Amtsschimmels, was hier gerade stattfindet. Das haben sich die Bürgerinnen und Bürger nicht verdient, das haben sich die UnternehmerInnen nicht verdient.

Im Interesse der österreichischen Wirtschaft: Hören Sie auf die Opposition und le­sen Sie unsere Anträge! – Vielen Dank. (Beifall bei den NEOS. – Zwischenruf des Abg. Obernosterer.)

18.27


Präsidentin Doris Bures: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Andreas Hanger. – Bitte.


18.27.41

Abgeordneter Mag. Andreas Hanger (ÖVP): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Herr Bundesminister! Werte Kolleginnen und Kollegen! Hohes Haus! Wir debattieren ein Sammelgesetz im Steuerrecht, Änderungen im Einkommensteuerrecht, Änderungen im Umsatzsteuerrecht und in der Bundesabgabenordnung, es geht um erhöhte Prüfkom­petenzen für das Finanzministerium, es geht darum, zum Beispiel Ärzte, die für den Covid-Einsatz aus der Pension zurückgeholt worden sind, steuerlich nicht zu benach­teiligen, es geht um einen Erlass der Umsatzsteuer bei Schutzmasken und anderes mehr.

Ich möchte mich persönlich aber verstärkt mit folgender Frage beschäftigen: Mit wel­cher Grundlage gehen wir eigentlich in diese Krisenbewältigung, die vor uns liegt? –


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll27. Sitzung, 28. April 2020 / Seite 209

Da darf ich schon sagen: Die Grundlagen sind Gott sei Dank in Österreich sehr gute. Mir ist der Monatsbericht des Finanzministeriums aus dem Februar 2020 in die Hände gekommen, also der aktuellste Monatsbericht vor der Coronakrise. Darauf wird man ein bisschen wehmütig schauen, weil dieser Monatsbericht noch einen sehr deutlichen Überschuss zeigt, den wir im Haushalt hatten, einen Überschuss, wie ich ihn in einem Monatsbericht noch gar nie gesehen habe – alleine im Februar, und da muss man na­türlich die Abgrenzungsfragen sehen, waren es 3 Milliarden Euro. Es wäre sehr schön gewesen, wenn wir diesen Überschuss in Steuersenkungen und so weiter hätten in­vestieren können, aber aufgrund der Krise zeigt sich da natürlich ein anderes Bild.

Es ist mir wichtig, auch noch in den Jahresabschluss 2019 zu schauen, denn das wird immer wieder vergessen. Wir hatten 2019 erstmals seit Jahrzehnten wieder einen deutlichen Budgetüberschuss. Ich komme jetzt zu der Frage: Wieso ist das auch in der aktuellen Situation enorm wichtig? – Da gibt es einen ganz einfachen Grund, man muss das ganz offen sagen: Dieses 38-Milliarden-Euro-Paket muss ja auch finanziert werden. Keine Frage, es geht da um Steuerstundungen, es geht auch um Garantien, aber es geht auch um cashwirksame Instrumente, und – das muss man ganz offen sa­gen – die müssen wir als Staat fremdfinanzieren. Dazu müssen wir Schulden am in­ternationalen Kapitalmarkt aufnehmen. Die gute Finanzpolitik der vergangenen Jahre führt jetzt aber dazu, dass wir mit unserem Best Rating gute Konditionen haben. Ich habe es mir angeschaut: Österreich hat zum Beispiel am 8. April eine zehnjährige An­leihe begeben, die konnten wir mit 0,14 Prozent Zinsen finanzieren. Das schafft schon wirklich gute Startvoraussetzungen, um auch die Krise finanzpolitisch bewältigen zu können.

Bei kürzeren Laufzeiten, das muss man ausdrücklich betonen, haben wir sogar Nega­tivzinsen, das heißt, wir müssen weniger Geld zurückzahlen, als wir aufnehmen. Das ist schon auch eine gute Grundlage dafür, dieses 38-Milliarden-Euro-Paket zu stem­men. Mein Vorredner Gabriel Obernosterer, unser Budgetsprecher, hat es schon er­wähnt: Das ist auch im internationalen Vergleich sehr, sehr beachtlich.

Ich möchte auf einen weiteren Aspekt zu sprechen kommen, der mir persönlich sehr wichtig ist: Jetzt 38 Milliarden Euro zu administrieren, das in der technischen Umset­zung so zu gestalten, dass die Gelder genau bei denjenigen, die sie tatsächlich brau­chen, die auch ein Recht darauf haben, ankommen, ist wirklich eine Herkulesaufgabe. Da möchte ich auch einmal ein großes Danke an die Kabinette sagen (Beifall bei ÖVP und Grünen); sie haben sich, glaube ich, wirklich auch einmal einen entsprechenden Applaus verdient. Man hört von Arbeitsschichten bis 3 Uhr, bis 4 Uhr, bis 5 Uhr mor­gens, damit die Richtlinien zum einen innerhalb der Koalition ausverhandelt werden, zum anderen aber auch als Vorlagen hier ins Parlament kommen können. Da wird ausgezeichnete Arbeit geleistet.

Wir sind am Beginn der Krisenbewältigung, aber ich bin davon überzeugt, dass es mit diesem technischen Wissen, mit diesem Einsatz, mit diesem Herzblut das Comeback für Österreich geben wird. Die Grundlagen dafür sind in Österreich sehr gute. Ein ge­meinsamer Schulterschluss wäre sehr hilfreich. – Vielen Dank. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Grünen.)

18.31


Präsidentin Doris Bures: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Markus Vogl. – Bitte.


18.31.33

Abgeordneter Ing. Markus Vogl (SPÖ): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Herr Minister! Hohes Haus! Es hat von unserer Seite her eine Ansage gegeben, und zwar: Die Sam­melgesetze müssen, auch wenn jetzt die Krise da ist, irgendwann einmal ein Ende haben. – Und jetzt gibt es das nächste Sammelgesetz.


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll27. Sitzung, 28. April 2020 / Seite 210

Damit die Menschen draußen, die vielleicht noch zuhören, verstehen, worum es dabei geht: Wir stimmen jetzt in einem über Änderungen des Einkommensteuergesetzes, des Umsatzsteuergesetzes, der Bundesabgabenordnung, des Zahlungsbilanzstabilisie­rungsgesetzes, des COVID-19-Schulstornofonds-Gesetzes, des ABBAG-Gesetzes und des Gesetzes zur Verfügung über Bundesvermögen sowie über die Erlassung des COVID-19-Förderungsprüfungsgesetzes ab.

Man kann schon Teile davon durchaus als sinnvoll erachten. Ich glaube, zum Beispiel der Teil, bei dem es um die Schulen geht, darum, dass Eltern nicht auf den Kosten sit­zen bleiben, wenn Schulveranstaltungen storniert werden, ist durchaus sinnvoll. Wie geht man dabei aber mit uns um, wie geht man mit dem Willen der Opposition um? Wie ernst nimmt man das, was wir sagen?

Herr Abgeordneter Fuchs hat, glaube ich, schon sehr eindrücklich erklärt, dass Teile davon natürlich auch eine Bankrotterklärung der bisherigen Politik sind. Schauen wir uns das an: Die Finanzämter müssen jetzt mit einem Wahnsinnsaufwand all das, was in der Cofag passiert, prüfen. Wir haben von Anfang an gesagt, es wäre gescheiter ge­wesen, das bei den Finanzämtern zu lassen. Das hätte viel weniger Bürokratie bedeu­tet. Gerade die Partei, die immer schreit, dass es weniger Bürokratie braucht, erzeugt damit ein Bürokratiemonster, das ein Wahnsinn ist! (Beifall bei der SPÖ und bei Abge­ordneten der NEOS.) All das hättet ihr euch sparen können, wenn ihr auf uns gehört hättet.

Wir haben zu Beginn gehört, dass die ÖVP ja immer zu ihrem Wort steht und dass das die Partei ist, über die nichts geht. – Wie ernst nehmt ihr aber Dinge, die vielleicht nicht von euch kommen, aber dem Willen des Hohen Hauses entsprechen? Es war dieses Hohe Haus, dessen EU-Hauptausschuss am 11. Dezember beschlossen hat, dass wir für eine Veröffentlichung der Steuerdaten auf europäischer Ebene sind. Ich weiß nicht, warum sich der Herr Bundeskanzler nicht an diese Entscheidung des Hohen Hauses gebunden fühlt. Österreich hat auf europäischer Ebene wieder blockiert, dass es zu ei­ner Lösung kommt. Also: Wie ernst nehmen wir uns als Hohes Haus? Besser gesagt, die Frage ist nicht: Wie ernst nehmen wir uns?, sondern: Wie ernst nimmt diese Re­gierung dieses Hohe Haus? – Und da sind auch die Grünen mit dabei. (Beifall bei der SPÖ.)

Es gibt schon folgenden großen Unterschied: Man sagt: Wir haben eh 500 bis 700 Men­schen mehr beim AMS beschäftigt! – Ja, ihr wisst eh, wie das ist, nicht? Wenn ihr ir­gendwo in ein Geschäft geht und da ist ein Regal und ihr nehmt etwas heraus, dann könnt ihr es herausgenommen haben, aber spätestens bei der Kassa kommt halt dann das Erwachen, nicht? Wenn ihr dann das Geld nicht eingesteckt habt, um zahlen zu können, was ihr im Einkaufswagerl habt, dann habt ihr ein Problem. Die Mittel für diese 500 Menschen beim AMS, die wir zusätzlich brauchen, die wir dringend brauchen, sind nicht gedeckt. Wir haben gesagt, wir wollen, dass das ordentlich geregelt ist, wir wollen, dass diese Menschen eine Planstelle haben, und wir wollen, dass das Budget dafür da ist. Was ist im Budgetausschuss passiert? – Vertagt. Jetzt kann man sagen: Na ja, wir haben unser Wort gehalten! – Ich sage, Wort halten schaut anders aus! (Bei­fall bei der SPÖ.)

Wir haben noch weitere wichtige Anträge eingebracht. Ein Moratorium ist zwar nett, wenn es auf freiwilliger Ebene passiert, aber ganz ehrlich: Viele wissen, dass recht haben und recht bekommen zwei verschiedene Dinge sind. Das heißt, wenn es hart auf hart kommt, hilft eben nur ein Gesetz. Wir wollen daher, dass es da eine gesetz­liche Verankerung gibt, damit man nicht auf Goodwill angewiesen ist, um zu einer Leis­tung zu kommen. Wir wollen, dass es da eine gesetzliche Regelung gibt. Das war zu­gesagt, und auch das wurde nicht gehalten.


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll27. Sitzung, 28. April 2020 / Seite 211

Wir haben im Budgetausschuss noch einen Bereich angesprochen, und dazu gibt es gar keine Antwort. Was ist mit den vielen Gemeinnützigen? Wir haben einen Vorschlag gemacht: Es braucht da einen Hilfsfonds. Die Antwort war die gleiche wie jene, die wir heute in diesem Parlament schon bezüglich der Gemeinden gehört haben: Den gibt es nicht! – Das Nette im Zusammenhang mit den Gemeinden ist ja – ich habe Kollegen Hanger zugehört –: Ja, es ist eh schön, wenn das Geld so billig ist, aber irgendwann muss auch die beste Gemeinde das Geld einmal zurückzahlen. Es hilft den Gemein­den nicht, dass sie sich verschulden dürfen, und es hilft all den Hilfsorganisationen nicht, wenn sie Kredite aufnehmen können, die sie irgendwann einmal nicht mehr be­zahlen können! (Abg. Obernosterer: Härtefonds!) Das hilft uns alles miteinander nicht.

Noch ein Schlusswort: Im Ausschuss war schon zu hören: Wer soll denn das alles be­zahlen, was ihr fordert? – Hier in diesem Hohen Haus hat der Bundeskanzler gesagt, wir werden diese Krise meistern, „koste es, was es wolle“. (Abg. Greiner: Genau!) An­scheinend darf es nur für die etwas kosten, die den Bundeskanzler gesponsert haben, aber nicht für die Menschen in diesem Land, die tatsächlich Hilfe brauchen.

Herr Finanzminister, an Sie gerichtet noch ein letzter Satz: Es wäre schön, wenn Sie sich in dieser Diskussion noch zu Wort melden. Zum Zweiten: Es ist schön, dass zu­mindest die Grünen jetzt den Umweltbericht für die Budgetdiskussion bekommen ha­ben. Uns geht immer noch der Beteiligungsbericht des Bundes ab – immerhin spre­chen wir da von über 110 000 Menschen in diesem Land, die beim Bund beschäftigt, aber ausgelagert sind. (Beifall bei der SPÖ.)

18.36


Präsidentin Doris Bures: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Jakob Schwarz. – Bitte.


18.36.46

Abgeordneter Mag. Dr. Jakob Schwarz, BA (Grüne): Frau Präsidentin! Geschätzter Herr Minister! Kolleginnen und Kollegen! Ich möchte mich auch kurz zum 18. COVID-19-Gesetz äußern. Ich begrüße insbesondere die Änderungen des Zahlungsbilanzstabili­sierungsgesetzes, durch die der Finanzminister ermächtigt wird, einerseits Beiträge in der Höhe von 650 Millionen Euro an die Europäische Investitionsbank für den Garan­tiefonds, der KMUs in ganz Europa unterstützen soll, zu leisten und andererseits Haf­tungen bis zu 720 Millionen Euro im Rahmen von Sure, dem europäischen Unterstüt­zungsprojekt für Kurzarbeit, zu übernehmen. Ich halte das für ein absolut notwendiges Zeichen europäischer Solidarität und bin froh, dass Österreich da auch mit dabei ist.

Ich möchte auch kurz auf die Kritik, die sowohl von Kollegen Fuchs als auch von Kol­legin Doppelbauer gekommen ist, eingehen, was sozusagen Zusammenhang versus Einzelanträge betrifft: Ich bin davon ausgegangen, dass das nicht der größte Kritik­punkt sein wird; die Gesetze, die jetzt vorliegen, sind relativ zusammenhängend, und entsprechend ist es - - (Abg. Vogl: Was hängt da zusammen? Entschuldigung, was hängt da zusammen?) – Also die Vorlagen, die aus dem BMF kommen, sind aus mei­ner Sicht weitgehend zusammenhängend, da ist auch nichts besonders Kontroverses dabei; aus meiner Sicht kann man dem also durchaus auch als Paket zustimmen. (Abg. Vogl: Was?!)

Der zweite Punkt, der insbesondere auch von Kollegen Fuchs kritisiert worden ist, ist die Frage, warum die Finanzämter jetzt quasi plötzlich die Kontrolle machen sollen. – Auch da sehe ich es so: Selbst wenn man dagegen ist, dass die Wirtschaftskammer der Fördergeber ist, muss man ja trotzdem befürworten, dass die Finanzämter – wenn Sie es sozusagen vorher schon im Zusammenhang mit den Fördergebern so gesehen hätten – zumindest die Kontrolle übernehmen. Die Trennung zwischen dem, der der


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll27. Sitzung, 28. April 2020 / Seite 212

Fördergeber ist, und dem, der die Kontrolle übernimmt, ist aus meiner Sicht wünschens­wert; insofern passt das. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Ich bringe weiters einen Abänderungsantrag ein, und zwar den Abänderungsantrag der Abgeordneten Gabriel Obernosterer, Jakob Schwarz, Kolleginnen und Kollegen zum Antrag 440/A, das ist das 18. COVID-19-Gesetz, in 143 der Beilagen.

Artikel 8 des Bundesgesetzes über die Prüfung von Förderungen des Bundes aufgrund der COVID-19-Pandemie wird abgeändert, und zwar werden quasi die Regelungen, die bis jetzt betreffend Zuschüsse vorgesehen waren, auf Haftungen ausgeweitet, nämlich auf jene Haftungen, bei denen der Bund 100 Prozent übernimmt. Damit da ähnlich ge­nau geprüft wird wie im Zusammenhang mit den Zuschüssen, werden die Paragra­fen 1, 6, 7 und 8 entsprechend abgeändert.

*****

Ich bitte um Ihre Zustimmung dazu. (Beifall bei Grünen und ÖVP.)

18.39

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:

Abänderungsantrag

der Abgeordneten Gabriel Obernosterer, Mag. Dr. Jakob Schwarz, BA,

Kolleginnen und Kollegen,

zum Antrag 440/A der Abgeordneten Gabriel Obernosterer, Mag. Dr. Jakob Schwarz, BA, Kolleginnen und Kollegen, betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Einkommensteu­ergesetz 1988, das Umsatzsteuergesetz 1994, die Bundesabgabenordnung das Zah­lungsbilanzstabilisierungsgesetz, das Bundesgesetz über die Errichtung eines COVID-19-Schulveranstaltungsausfall-Härtefonds (COVID-19-Schulstornofonds-Gesetz), das Bundesgesetz über die Einrichtung einer Abbaubeteiligungsaktiengesellschaft des Bundes (ABBAG-Gesetz) und das Bundesgesetz, mit dem eine Ermächtigung zur Ver­fügung über Bundesvermögen erteilt wird, geändert werden sowie das Bundesgesetz über die Prüfung von Förderungen des Bundes aufgrund der COVID-19-Pandemie (COVID-19-Förderungsprüfungsgesetz - CFPG) erlassen wird (18. COVID-19-Gesetz) (143 d.B.)

Der Nationalrat wolle in zweiter Lesung beschließen:

Der oben bezeichnete Gesetzesantrag wird wie folgt geändert:

Artikel 8 (Bundesgesetz über die Prüfung von Förderungen des Bundes aufgrund der COVID-19-Pandemie) wird wie folgt geändert:

1. § 1 Z 1 lautet:

„1. folgende finanzielle Maßnahmen auf der Grundlage von § 2 Abs. 2 Z 7 des ABBAG-Gesetzes, BGBl. I Nr. 51/2014:

a) Zuschüsse

b) Haftungen betreffend Finanzierungen, für die die Austria Wirtschaftsservice GmbH (AWS) oder die Österreichischen Hotel- und Tourismusbank GmbH (ÖHT) das Kredit­risiko vollständig übernommen haben, wofür der Bundesminister für Finanzen die Ver­pflichtung zur Schadloshaltung der AWS bzw. der ÖHT gemäß § 7 Abs. 1 in Verbin­dung mit § 7 Abs. 2a des KMU-Förderungsgesetzes, BGBl. Nr. 432/1996 eingegangen ist („Garantieübernahmen“);“

2. Die Überschrift des 2. Abschnitts lautet:


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll27. Sitzung, 28. April 2020 / Seite 213

„2. Abschnitt

Prüfung von finanziellen Leistungen gemäß § 2 Abs. 2 Z 7 ABBAG-Gesetz“

3. § 6 lautet:

„§ 6. (1) Zuständig für die Prüfung des gemäß § 3b Abs. 1 ABBAG-Gesetz begünstig­ten Unternehmens (Empfänger von Zuschüssen im Sinn des § 1 Z 1 lit. a bzw. ga­rantiewerbendes Unternehmen im Sinn des § 1 Z 1 lit. b) ist das für die Erhebung der Umsatzsteuer zuständige Finanzamt bzw. das Finanzamt, das für die Erhebung der Umsatzsteuer des begünstigten Unternehmens zuständig wäre, wenn dieses Unter­nehmer im Sinn des § 2 des Umsatzsteuergesetzes 1994, BGBl. Nr. 663/1994, wäre.

(2) Das zuständige Finanzamt ist berechtigt, anlässlich der Durchführung

1. einer Außenprüfung gemäß § 147 Abs. 1 BAO,

2. einer Nachschau gemäß § 144 BAO oder

3. einer begleitenden Kontrolle gemäß § 153a BAO,

die Richtigkeit der vom begünstigten Unternehmen zum Zwecke der Erlangung eines Zuschusses (§ 1 Z 1 lit. a) oder der Garantieübernahme (§ 1 Z 1 lit. b) erteilten Aus­künfte, vorgelegten Unterlagen oder Bestätigungen bzw. die Plausibilität der zur Ermitt­lung der Höhe des Zuschusses oder der Grantieübernahme angegebenen Daten zu überprüfen.“

4. § 7 lautet:

„§ 7. Auf Weisung des Bundesministers für Finanzen hat das zuständige Finanzamt die Prüfung des Zuschusses (§ 1 Z 1 lit. a) oder der Garantieübernahme (§ 1 Z 1 lit. b) auch dann vorzunehmen, wenn keine abgabenrechtliche Prüfung oder Nachschau durchgeführt werden soll.“

5. § 8 lautet:

„§ 8. Bestehen Zweifel an der Richtigkeit der vom Unternehmen zum Zwecke der Er­langung eines Zuschusses (§ 1 Z 1 lit. a) oder einer Garantieübernahme (§ 1 Z 1 lit. b) erteilten Auskünfte, vorgelegten Unterlagen oder Bestätigungen bzw. an der Plausibi­lität der zur Ermittlung der Höhe des Zuschusses (§ 1 Z 1 lit. a) oder der Garantie­übernahme (§ 1 Z 1 lit. b) angegebenen Daten, ist ein gesonderter Prüfungsbericht zu erstellen und

1. im Fall des § 1 Z 1 lit. a der COFAG sowie dem Bundesminister für Finanzen

2. im Fall des § 1 Z 1 lit. b der AWS bzw. der ÖHT und dem Bundesminister für Finan­zen zu übermitteln.“

Begründung

Die Möglichkeit einer nachträglichen Kontrolle von Leistungen aufgrund des ABBAG-Gesetzes soll nicht nur für Zuschüsse bestehen, sondern auch für vollständig behaftete Finanzierungen (100% Garantien).

*****


Präsidentin Doris Bures: Der Abänderungsantrag wurde in den Grundzügen erläu­tert, wurde an alle Abgeordneten verteilt und steht daher mit in Verhandlung.

Zu Wort gelangt jetzt Herr Bundesminister Gernot Blümel. – Bitte, Herr Minister.



Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll27. Sitzung, 28. April 2020 / Seite 214

18.40.01

Bundesminister für Finanzen Mag. Gernot Blümel, MBA: Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren Abgeordneten! Meine sehr geehrten Damen und Herren zu Hause vor den Bildschirmen! Abgeordneter Vogl hat mich um einen Debat­tenbeitrag ersucht; ich komme diesem Ersuchen sehr, sehr gerne nach.

Ich möchte die Gelegenheit nutzen, einen kurzen Überblick über den aktuellen Auszah­lungsstand des 38-Milliarden-Euro-Hilfspakets zu geben, bevor ich dann ein paar Wor­te zu den aktuellen Themen sage.

Wir haben mittlerweile über 14 Milliarden Euro aus diesem 38-Milliarden-Euro-Fonds rechtsverbindlich zugesagt, und damit ist Liquidität zur Verfügung gestellt worden. Das setzt sich aus mehreren Bereichen zusammen, einerseits aus Steuerstundungen in Höhe von 4,4 Milliarden Euro; die kann man gar nicht auszahlen, das ist einer dieser Bereiche, aber es bleibt mehr Liquidität in den Unternehmen drinnen – also insofern: nicht bezahlt, sondern gestundet, völlig richtig, aber dennoch zugesagt, und das hilft den Unternehmen, besser durch die Krise zu kommen. (Beifall bei ÖVP und Grünen.)

Weiters sind mittlerweile 2,6 Milliarden Euro an Garantien übernommen worden, um Unternehmen auch Kredite geben zu können. Wir haben im Rahmen des Soforthil­fepakets Zahlungen in der Höhe von circa 800 Millionen Euro geleistet, um im Pflege­bereich, bei der Beschaffung von medizinischer Ausrüstung sowie bei klinischen Stu­dien Fortschritte machen zu können. Wir haben im Zusammenhang mit der Corona­kurzarbeit mittlerweile auf 7 Milliarden Euro aufgestockt. Diesbezüglich sind Zigtausen­de Anträge mittlerweile genehmigt und die Abwicklung läuft auf Hochtouren. – Vielen Dank dafür auch an all die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter im AMS, die Unglaubliches leisten, denn wenn man weiß, dass es in normalen Jahren vielleicht einige Hundert An­träge auf Kurzarbeit gibt und jetzt an die 100 000 Anträge, dann weiß man auch, dass das schon eine massive Mehrbelastung ist – deswegen ein großes Danke an alle Mit­arbeiterinnen und Mitarbeiter in allen AMS-Stellen. (Beifall bei ÖVP und Grünen.)

Betreffend Härtefallfonds, der mittlerweile in seiner zweiten Phase beantragbar ist, ha­ben wir sehr gut zugehört, was die Rückmeldungen betrifft, die auch von der Opposi­tion, von vielen Antragstellerinnen und Antragstellern gekommen sind, wo wir nachbes­sern müssen. Das haben wir getan, in der zweiten Phase ganz massiv. Wir haben auch das Volumen auf circa 2 Milliarden Euro aufgestockt, die Richtlinien angepasst, der Betrachtungszeitraum ist erweitert worden. Natürlich schlägt die Coronakrise bei manchen etwas später durch als bei einigen anderen. Wenn beispielsweise im Februar eine Rechnung gestellt worden ist, die einige Monate später erst einlangt, dann findet sich das zwar in den Umsätzen in einem belasteten Zeitraum wieder, aber keine wei­teren Umsätze folgen; deswegen haben wir den Antragszeitraum ausgeweitet. Wir ha­ben auch festgelegt, dass Jungunternehmer, die erst später gegründet haben, antrags­berechtigt sind. Wir haben eine Mindestförderhöhe eingeführt, auch für Unternehmen, die über die letzten Jahre hinweg nie einen Gewinn gemacht haben, aber dennoch Geld brauchen, um die privaten Bedürfnisse abzudecken.

Im Zusammenhang mit dem Coronahilfsfonds, den 15-Milliarden-Euro-Fonds, mit dem wir vor allem die Kreditgarantien abwickeln und das Zuschussprodukt in den nächsten Wochen auf die Beine stellen, möchte ich ein paar Worte zur Kreditvergabe sagen: Wir haben von Beginn an versucht, das bestmögliche Kreditregime auf die Beine zu stel­len. Wir haben auch in die Schweiz geblickt, um zu sehen, wie das dort abgewickelt wird, und haben dann versucht, das in Österreich genauso zu machen – mit dem gro­ßen Unterschied, dass die Schweiz nicht den europäischen Regulierungen unterliegt. Wir haben bei der Kommission lange darum ersucht, dieses 100-Prozent-Garantiepro­dukt seitens der Republik übernehmen zu dürfen. Es wurde uns nicht erlaubt, weil es dem europäischen Beihilfenrecht nicht entspricht.


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll27. Sitzung, 28. April 2020 / Seite 215

Nach einigen Wochen hat die Kommission dann doch gesagt, dass man darf. – Wir ha­ben zu diesem Zeitpunkt natürlich schon viele Arbeiten geleistet gehabt, ein 90-Pro­zent-Garantieprodukt aufgelegt, haben dann in Windeseile, schneller als beispielswei­se die Deutschen, auch so ein 100-Prozent-Garantieprodukt aufgelegt, und mittlerweile sind über 1 700 Anträge im Zusammenhang mit diesem Garantieprodukt gestellt und viele davon abgewickelt worden.

Wir haben aber auch gesehen, dass es bei den Banken dennoch große Unsicherheit gibt, wie man jetzt damit umgehen soll. Man darf aber nicht vergessen – und da möch­te ich mich auch bei den vielen Bankangestellten bedanken, die wirklich Großartiges geleistet haben; in den letzten Wochen sind 17 Milliarden Euro an Krediten vergeben worden, ein Vielfaches im Vergleich zu normalen Zeiten –: Wir haben seit der letzten Finanz- und Wirtschaftskrise zu Recht viele Regulierungen gefunden, die Banken er­füllen müssen, damit sie weniger Risiko nehmen. Die Bankberaterin, der Bankberater ist auf die Rechtsverbindlichkeit geschult worden, möglichst wenig Risiko zu nehmen, und von diesem Bankbetreuer, dieser Bankbetreuerin verlangen wir jetzt, dass er be­ziehungsweise sie den Schalter umlegt und möglichst viel Risiko nimmt, um möglichst schnell zu helfen. Das ist auch eine gewisse Überforderung für viele, die jetzt jahrelang anders geschult worden sind, deswegen auch da ein großes Danke für die tolle Arbeit, die unter sehr schwierigen Umständen geleistet wird.

Wir haben jetzt dennoch nach einigen Rückmeldungen versucht, in der Abwicklung noch besser zu werden, indem wir einerseits mit den Förderstellen, anderseits auch mit der Finanzmarktaufsicht gesprochen haben, sie ersucht haben, sich anzusehen, wie man die europäische Regelung möglichst flexibel handhaben kann, überall, wo es möglich ist, Ausnahmen zu machen, und haben erreicht, dass beispielsweise die Ga­rantiebedingungen, die seitens der europäischen Ebene gefordert werden, damit der Staat Haftungen übernehmen darf, jetzt mithilfe einer eidesstattlichen Erklärung ohne Prüfung durch die Bank vom Unternehmen selbst unterschrieben werden können. Es wird erst nachträglich von der Finanz geprüft, das beschleunigt den Prozess massiv.

Wir müssen diese Garantiebedingungen erfüllen, weil es aufgrund des europäischen Beihilfenrechts leider Gottes gefordert ist. Meine Forderung – und ich hoffe, da unter­stützen Sie mich alle – ist, dass wir während dieser Krise, die eine absolute Ausnahme darstellt, auch das Beihilfenrecht auf europäischer Ebene für die Dauer der Krise temporär aussetzen, damit wir jetzt nicht noch mehr Brüsseler Bürokratie berücksich­tigen müssen und den eigenen Unternehmen schneller helfen können. Ich bitte auch da um Unterstützung. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Grünen.)

Nach langen Verhandlungen auch mit der Finanzmarktaufsicht ist es uns gelungen, dass die Bonitätsprüfung, die nach dem Bankwesengesetz – auch in Umsetzung der europäischen Richtlinien – notwendig ist, insofern verkürzt und beschleunigt werden kann, als bei bestehenden Bankkreditkunden nur mehr eine sehr oberflächliche Prü­fung durch die Bank notwendig ist, denn die Bank kennt den Kunden ja bereits. Bei Neukunden muss diese ganz normal durchgeführt werden, hat die Finanzmarktaufsicht gesagt. Bei vielen bestehenden Kunden wird das aber zu einer massiven Beschleuni­gung im Zusammenhang mit Krediten führen.

Ich glaube also, da haben wir alle Möglichkeiten genutzt, um auch möglichst schnell und flexibel auf die Bedürfnisse Rücksicht zu nehmen. Es ist eine Krise, die wir alle noch nie erlebt haben. Wir setzen Maßnahmen, die wir alle noch nie gesetzt haben, deswegen, glaube ich, tun wir gut daran, auch die Rückmeldungen aufzunehmen und dort umzusetzen, wo es möglich und sinnvoll ist. – Vielen Dank auch für die gute Zu­sammenarbeit mit dem Hohen Haus, denn das ist nur möglich, weil es hier immer wieder schnelle Gesetzgebungsverfahren gibt; vielen Dank dafür. (Beifall bei ÖVP und Grünen.)


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Zu den Maßnahmen, die heute im Gesetzespaket enthalten sind, nur einige Worte: Es geht da vor allem um Erleichterungen bei Abwicklungen für die Bürgerinnen und Bür­ger, beispielweise die Umsatzsteuerbefreiung von Schutzmasken; das ist in der jetzi­gen Zeit, glaube ich, sehr, sehr wichtig. In der Bundesabgabenordnung wird eine Ände­rung vorgenommen, sodass neben einer beantragten oder aufrechten Zahlungserleich­terung auch eine Gutschrift in Zukunft in ungekürzter Form ausgezahlt werden kann – auch da braucht es eine Änderung. Betreffend pensionierte Ärzte, die jetzt zurück­kommen, um in der Krise zu helfen, erlassen wir Ausnahmebestimmungen, damit diese keine steuerlichen Nachteile erleiden.

Und natürlich wollen wir bei allem, was wir jetzt tun, bei allen Förderungen, die wir jetzt vergeben, die Möglichkeit schaffen, dass im Nachhinein auch ordentlich geprüft wird. Wir wollen so schnell wie möglich helfen, das heißt, so viel Kulanz wie möglich walten lassen, aber gleichzeitig braucht es genügend Kontrolle, um strukturellen Missbrauch zu verhindern. Um dem einen klaren Riegel vorzuschieben, braucht es hier von vorn­herein auch die Ankündigung, dass alle Vergaben im Nachhinein durch die Finanz prüfbar sind.

Ich bedanke mich nochmals für die gute Zusammenarbeit mit dem Hohen Haus in sehr, sehr schwierigen Zeiten – vielen Dank. (Beifall bei ÖVP und Grünen.)

18.48


Präsidentin Doris Bures: Zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Josef Schellhorn. – Bitte, Herr Abgeordneter.


18.49.01

Abgeordneter Josef Schellhorn (NEOS): Frau Präsidentin! Geschätzter Herr Minis­ter! Ja, Sie haben jetzt zu Recht das angesprochen, was ich eigentlich am Vormittag schon angesprochen habe, und ich möchte Ihnen nur zeigen, was ich in den letzten Tagen bekommen habe. (Der Redner hält einen Stapel Schriftstücke in die Höhe.) Das kommt hauptsächlich von Unternehmen, die unter Liquiditätsproblemen leiden. Sie haben das, was wir eigentlich schon immer gefordert haben, auch völlig richtig aufge­nommen: dass in diesem Fall mit den Basel-III-Kriterien anders umgegangen werden muss und dass das dringend notwendig ist.

Nur: Jetzt kommt der 1. Mai. Vielen Betrieben, die Mitarbeiter in Kurzarbeit geschickt haben – zumindest manchen oder mehreren Betrieben –, fehlt jetzt schon die Liquidi­tät, weil das AMS-Geld ja relativ spät kommt. In meinem Fall ist es eine relativ stolze sechsstellige Summe.

Jetzt frage ich Sie – und das ist das Interessante –: Wie funktioniert das, wann kommt diese Botschaft bei den Bankbeamten an? – Ich bekomme nämlich auch heute noch Mails, in denen steht, dass man zwar eine 100-prozentige Haftung bekommen habe – von den 100 000 Euro bekomme man 95 000 Euro; Bearbeitungsgebühr 2 000 Euro, okay –, aber die Bank eine Nachrangerklärung, einen persönlichen Wechsel und einen Eintrag ins Grundbuch verlange. Warum passiert das noch? Das ist der springende Punkt!

Sie haben auch schon einmal erwähnt, dass 10 Milliarden Euro geflossen sind. Der Herr Bundeskanzler hat erwähnt, dass 14 Milliarden Euro geflossen sind. Sie sagen jetzt – hoffentlich stellen Sie das richtig –, dass die Banken 17 Milliarden Euro verge­ben haben.

Welches Geld ist jetzt an die Unternehmer geflossen? Nur das Geld der Banken in Form einer normalen Kreditvergabe oder das Geld in Form einer Haftungsübernah­me? – Das sind diese Unklarheiten, mit denen wir jetzt leben, und ich möchte darauf hinweisen, dass es Spitz auf Knopf steht, weil die Betriebe auch wieder die Löhne


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vorstrecken und überweisen müssen. Ich bitte Sie hier, mit allen Bankenvertretern, mit Herrn Treichl, von mir aus auch mit Herrn Mahrer zu sprechen, dass dafür gesorgt wird, dass morgen bis zum letzten Bankbeamten von mir aus in der Raika Goldegg alle wissen, worum es da geht. Sie berufen sich, wie Sie zu Recht gesagt haben, auf die Basel-III-Kriterien, sie können nicht anders. Für den Unternehmer ist der Single Point of Contact nur der Bankbeamte, und das ist die Schwierigkeit.

Die Praxis zeigt, dass wir gerne darüber reden können, aber die Praxis muss auch funktionieren. Darum bitte ich Sie im Interesse der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter jedes einzelnen Unternehmens, im Interesse der Unternehmer, dass dies umgesetzt wird. Ich kann Sie nicht haftbar machen, aber ich muss Sie hier festnageln, weil das sonst nicht funktioniert. Es geht hier um die Klein- und Mittelbetriebe, um die kleinsten Unternehmer, die darunter leiden, dass keine Liquidität mehr vorhanden ist. Ich kann Ihnen das überreichen (den dicken Stapel Schriftstücke neuerlich in die Höhe haltend), da stehen viele Fälle drinnen, die wir dann zu besprechen haben. (Beifall bei den NEOS.)

18.52


Präsidentin Doris Bures: Zu Wort ist dazu niemand mehr gemeldet. Damit ist diese Debatte geschlossen.

Wünscht einer der Berichterstatter ein Schlusswort? – Das ist nicht der Fall.

Wie vereinbart werde ich die Abstimmung über diese Tagesordnungspunkte an das Ende der Debatte über die Tagesordnungspunkte 22 und 23 legen, über die die De­batten unter einem durchgeführt werden. Ich mache nur darauf aufmerksam: Derzeit liegen mir dazu zwei Wortmeldungen vor, dann treten wir in den Abstimmungsvorgang ein.

18.52.5822. Punkt

Bericht des Budgetausschusses über die Regierungsvorlage (37 d.B.): Bundes­gesetz, mit dem das Zahlungsdienstegesetz 2018 geändert wird und das Pfand­briefstelle-Gesetz aufgehoben wird (145 d.B.)

23. Punkt

Bericht des Budgetausschusses über die Regierungsvorlage (108 d.B.): Bundes­gesetz, mit dem das Versicherungsaufsichtsgesetz 2016 geändert wird (146 d.B.)


Präsidentin Doris Bures: Wir kommen jetzt zu den Tagesordnungspunkten 22 und 23.

Auf eine mündliche Berichterstattung wurde verzichtet.

Erster Redner: Herr Abgeordneter Taschner. – Bitte.


18.53.36

Abgeordneter Mag. Dr. Rudolf Taschner (ÖVP): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Ho­hes Haus! Das Zahlungsdienstegesetz, das wir nun adaptieren werden, regelt den Zahlungsverkehr, insbesondere grenzüberschreitende Zahlungen, Währungsumrech­nungen, es regelt auch den Austausch von kartenabhängigen Zahlungen in Bargeld.

Bargeld, das ist ein eigenes, sehr attraktives Wort. Frei nach Dostojewski: Bargeld ist gedruckte Freiheit. Sie, Herr Finanzminister, als studierter Philosoph werden dieses schöne Wort sicher kennen. Zur Zeit Dostojewskis war das Drucken von Bargeld noch verbunden mit der Idee, dass dieses Geld fundiert sein muss mit realen Werten, Grund und Boden oder Gold, aber spätestens seit Beginn der Siebzigerjahre, als das Bretton-


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Woods-Abkommen obsolet geworden ist, leben wir unter dem Regime, einem eigenar­tigen Regime, ungedeckter Papierwährungen. (Abg. Loacker: Dass wir in einem ei­genartigen Regime leben, kann ich bestätigen!) Das erlaubt den Zentralbanken, Geld in ungeahntem Ausmaß fließen zu lassen, und genau das tut jetzt not. Es ist gut und richtig und wichtig, dass das jetzt geschieht, um der Krise Herr zu werden und um die Wirtschaft wieder zum Laufen zu bringen.

Dennoch ist es notwendig, dass der Wert des Geldes erhalten bleibt, indem es sich auf etwas bezieht, das sein Fundament darstellt. Dieses Fundament ist jetzt nicht mehr Grund und Boden, ist auch nicht mehr Gold, sondern – es ist eigentlich ein philoso­phischer Begriff – dieses Fundament ist Vertrauen. Geld gründet auf Vertrauen, aber neben diesem Vertrauen muss man auch wissen, worauf Geld hinzielt: Es zielt darauf hin, Mittel zur Verfügung zu stellen, um Bedürfnisse, hoffentlich wachsende Bedürf­nisse sättigen zu können, am besten Bedürfnisse, die nachhaltig und zukunftsorientiert sind. Das ist eigentlich der Kern einer Wirtschaftspolitik eines ordoliberalen Staates, nämlich einen Rahmen zu schaffen, einen vertrauenswürdigen Rahmen zu schaffen, um dieses Spiel von Nachfragen und Angeboten gelingen zu lassen.

Es ist wichtig, dass der Staat jetzt wirklich Milliarden in dieses Wirtschaftsgeschehen hineinpumpt, damit es laufen kann, aber man darf vom Staate nicht zu viel erwarten. Das Geld ist ja verbürgte Freiheit für den Einzelnen, damit dieser Einzelne in Eigenver­antwortung wirtschaftlich agieren kann. (Abg. Belakowitsch: Ist das Staatsgeld?) Da­rauf kommt es an.

Dass sozusagen diese Dialektik zwischen Vertrauen und Freiheit, die Sie beherrschen, einem Finanzminister zugemutet wird, der Philosoph ist, ist, wenn Sie so wollen, ein Glücksfall – oder um es anders zu formulieren und eine These eines großen theoreti­schen Ökonomen und Philosophen zu paraphrasieren: Die Opposition ergeht sich der­zeit eigentlich nur in der Interpretation verschiedenartiger Deutungen der bestehen­den Krise. Dieser Finanzminister aber setzt alles darauf, diese wirtschaftliche Krise zu bewältigen, und wir vertrauen darauf, dass es ihm gelingt. (Beifall bei ÖVP und Grü­nen. – Abg. Martin Graf: Vertrauen ist gut, aber Kontrolle besser! – Zwischenruf der Abg. Kirchbaumer.)

18.57


Präsidentin Doris Bures: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Karin Greiner. – Bitte.


18.57.39

Abgeordnete Mag. Karin Greiner (SPÖ): Frau Präsidentin! Werte Mitglieder der Bundesregierung! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Kommen wir von dieser philoso­phischen Betrachtung doch wieder zurück in die Realität, und ich darf eingangs für jene Leute, die noch Interesse haben und zuschauen, vielleicht ganz kurz erklären, worum es hier geht.

Beim Zahlungsdienstegesetz geht es um Wechselkurskosten im Zahlungsverkehr zwi­schen Ländern der Eurozone und Ländern, die eine nationale Währung haben. Die Ge­bühren sind mitunter sehr hoch, und mit diesem Gesetz sollen diese Gebühren an na­tionales Niveau angepasst werden.

Zweites Beispiel zu diesem Tagesordnungspunkt, Kapitalhinterlegungen bei Versiche­rungen: Bei der Bildung von Rückstellungen werden Verbindlichkeiten abgezinst, und dieser Zinssatz ist innerhalb Europas länderspezifisch und unterschiedlich. Nehmen wir Italien her: hohe Kosten, hohes Risiko in Zeiten wie diesen; Italien zahlt einen Risiko­aufschlag. (Präsident Sobotka übernimmt den Vorsitz.)

Wir befinden uns in Europa, aber möchten wir, dass Europa geteilt ist? – Nein, das möchten wir nicht, aber diese zwei Beispiele aus zwei unterschiedlichen Bereichen ha­ben diese Teilung gezeigt.


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll27. Sitzung, 28. April 2020 / Seite 219

Welche Rolle spielt jetzt Europa? Was brauchen wir von Europa? – Wir erwarten uns eine Vereinheitlichung der Maßnahmen in der Krisenbekämpfung, und zwar in ökono­mischer Hinsicht und gerade in Finanzierungsfragen. Was bedeutet das genau? – Zum Beispiel brauchen wir Notfallreserven in Gesundheitskrisen, wie wir sie jetzt haben, beispielsweise Medikamente betreffend, und wir brauchen ein gut finanziertes – ich betone – öffentliches Gesundheitssystem. (Beifall bei der SPÖ.)

Welche Maßnahmen sind noch Bestandteil einer sinnvollen Finanzierung in dieser Kri­se? – Wir als SPÖ fordern eine gerechte Finanzierung in dieser Krise. Liebe KollegIn­nen! Wie kann es sein, dass Onlinegiganten die großen Profiteure dieser Krise sind, wohingegen Kleinunternehmen, Einzelunternehmen um das nackte Überleben kämp­fen müssen? (Beifall bei der SPÖ.)

Außerdem: Was machen wir mit den Superreichen? Ich spreche da von Milliardenver­mögen. Meines Erachtens kann man sehr wohl erwarten, dass genau diese Personen zur Finanzierung der Krise etwas beitragen. Ja, wie kommen denn die Arbeitnehme­rInnen dazu, wie kommen die Frisörin, der Bäcker, der Beislbetreiber, die Beschäftig­ten im Pflegebereich, im Medizinbereich dazu, dass sie diese Krise alleine finanzieren?

Herr Bundesminister, jetzt spielen Sie wieder mit Ihrem Handy, aber vorhin haben Sie die Banken abgefeiert, wie toll sie sind. (Beifall bei der SPÖ.) – Das bleibt Ihnen un­benommen, aber warum feiern Sie nicht einerseits die Beschäftigten ab, die hautnah inmitten der Krise arbeiten müssen, die damit zurechtkommen müssen, und anderer­seits diejenigen, die heute noch immer auf ihr Geld warten und nicht wissen, ob sie ihr Unternehmen je wieder werden aufsperren können? (Beifall bei der SPÖ.)

Zusammenfassend: Wir erwarten uns von Europa zu Recht eine vereinheitlichte Vor­gangsweise in der Krisenbekämpfung. Wir dürfen uns aber auch auf nationaler Ebene erwarten, dass der Bundeskanzler konstruktive Lösungen anstrebt und unsere Bevöl­kerung nicht mit Angst- und Schreckensszenarien verunsichert. – Danke schön. (Beifall bei der SPÖ.)

19.01

19.01.16


Abstimmung über die Tagesordnungspunkte 20 bis 23

Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort ist dazu niemand mehr gemeldet. Die Debatte ist damit geschlossen.

Wünscht einer der Berichterstatter ein Schlusswort? – Das ist nicht der Fall.

Können wir mit der Abstimmung beginnen? Ist das vonseiten der Klubs okay? – Ich sehe, das ist der Fall.

Wir kommen zu den verlegten Abstimmungen über die Berichte des Budgetaus­schusses, die ich über jeden Tagesordnungspunkt getrennt vornehme.

Wir gelangen zur Abstimmung über Tagesordnungspunkt 20: Entwurf betreffend das 18. COVID-19-Gesetz in 143 der Beilagen.

Hiezu haben die Abgeordneten Obernosterer, Schwarz, Kolleginnen und Kollegen ei­nen Abänderungsantrag eingebracht.

Ich werde daher zunächst über die vom erwähnten Abänderungsantrag betroffenen Teile und schließlich über die restlichen, noch nicht abgestimmten Teile des Gesetz­entwurfes abstimmen lassen.

Die Abgeordneten Obernosterer, Schwarz, Kolleginnen und Kollegen haben einen Ab­änderungsantrag betreffend Änderung in Artikel 8 eingebracht.

Wer dem seine Zustimmung erteilt, den bitte ich um ein entsprechendes Zeichen. – Das ist die Mehrheit, angenommen.


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll27. Sitzung, 28. April 2020 / Seite 220

Schließlich kommen wir zur Abstimmung über die restlichen, noch nicht abgestimmten Teile des Gesetzentwurfes samt Titel und Eingang in der Fassung des Ausschussbe­richtes.

Ich bitte jene Damen und Herren, die damit einverstanden sind, um ein Zeichen. – Das ist ebenfalls mit Mehrheit angenommen.

Wir kommen sogleich zur dritten Lesung.

Wer auch in dritter Lesung damit einverstanden ist, den bitte ich um ein Zeichen. – Das gilt auch in dritter Lesung, das ist mit Mehrheit angenommen.

Wir gelangen nun zur Abstimmung über den Entschließungsantrag der Abgeordneten Kickl, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Echte Hilfe für Österreich“.

Ich darf jene Damen und Herren, die für diesen Antrag sind, um ein entsprechendes Zeichen bitten. – Das ist die Minderheit, abgelehnt.

Wir gelangen zur Abstimmung über Tagesordnungspunkt 21: Entwurf betreffend 11. COVID-19-Gesetz samt Titel und Eingang in 144 der Beilagen.

Wer dafür ist, den bitte ich um ein Zeichen der Zustimmung. – Das ist einstimmig ange­nommen.

Wir kommen gleich zur dritten Lesung.

Gibt es auch in dritter Lesung Zustimmungszeichen der gleichen Art? – Das ist ein­stimmig angenommen.

Wir gelangen zur Abstimmung über Tagesordnungspunkt 22: Entwurf betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Zahlungsdienstegesetz geändert wird und das Pfandbrief­stelle-Gesetz aufgehoben wird, samt Titel und Eingang in 37 der Beilagen.

Wer dafür ist, den bitte ich um ein Zeichen der Zustimmung. – Das ist einstimmig.

Wir kommen gleich zur dritten Lesung.

Wer ist in dritter Lesung dafür? – Das ist ebenfalls einstimmig angenommen.

Wir gelangen zur Abstimmung über Tagesordnungspunkt 23: Entwurf betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Versicherungsaufsichtsgesetz geändert wird, samt Titel und Eingang in 108 der Beilagen.

Wer dafür ist, den bitte ich um ein Zeichen der Zustimmung. – Das ist einstimmig.

Wir kommen sogleich zur dritten Lesung.

Wer ist in dritter Lesung dafür? – Das ist ebenfalls einstimmig angenommen.

19.04.3924. Punkt

Bericht des Justizausschusses über den Antrag 436/A der Abgeordneten Mag. Mi­chaela Steinacker, Mag. Agnes Sirkka Prammer, Kolleginnen und Kollegen be­treffend ein Bundesgesetz, mit dem das 1. Bundesgesetz betreffend Begleit­maßnahmen zu COVID-19 in der Justiz, das Gesellschaftsrechtliche COVID-19-Gesetz und das Zivilrechts-Mediationsgesetz geändert werden (8. COVID-19-Ge­setz) (139 d.B.)

25. Punkt

Bericht des Justizausschusses über den Antrag 438/A der Abgeordneten Johann Singer, Mag. Agnes Sirkka Prammer, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz über die sparsamere Nutzung von Energie durch verbrauchsabhängige Abrechnung der Heiz- und Warmwasserkos-


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll27. Sitzung, 28. April 2020 / Seite 221

ten (Heizkostenabrechnungsgesetz – HeizKG 1992) geändert wird (15. COVID-19-Gesetz) (140 d.B.)


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Wir gelangen nun zu den Punkten 24 und 25 der Tagesordnung, über welche die Debatten unter einem durchgeführt werden.

Auf eine mündliche Berichterstattung wurde verzichtet.

Ich darf die Frau Justizminister herzlich im Hohen Haus begrüßen.

Zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Yildirim. – Bitte.


19.05.24

Abgeordnete Mag. Selma Yildirim (SPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Hohes Haus! Werte Ministerin! Die SPÖ-Fraktion hat im Justizausschuss dem vorliegenden Gesetzentwurf zugestimmt, auch wenn es reichlich Kritikpunkte gab. Letztendlich ist es uns aber natürlich wichtig, dass zivilgerichtliche Verfahren fortgeführt werden und dafür gesorgt wird, dass Bürgerinnen und Bürger zeitnah zu ihrem Recht kommen.

Wie Sie wissen, erfolgen vor Gericht aktuell nur Anhörungen und Verhandlungen in sehr dringenden Fällen. Unter diesen Voraussetzungen sind den Ausführungen der Mi­nisterin im Justizausschuss zufolge alleine im letzten Monat bis zu 40 000 Verfahren abberaumt worden. Das ist eine sehr hohe Zahl, vor allem wenn man sich vor Augen führt, wie angespannt die personelle Situation und generell die Ressourcenausstattung in der Justiz ist. Das heißt, wenn wir jetzt mit diesem befristeten Gesetz nicht handeln, kommt es zu einem gigantischen Rückstau, und das ist vielen Menschen, die auf die Ergebnisse ihrer Verfahren warten, nicht zumutbar.

Man muss aber auch eingestehen, dass aufgrund der aktuellen Krise natürlich auch wieder zutage kommt, in welcher Raumnot sich die Justiz befindet. Auch aus diesen Überlegungen heraus haben wir betreffend diese Technik, nämlich Verfahren mittels Videokonferenzen durchzuführen, was ja grundsätzlich gegen das Unmittelbarkeits­prinzip verstößt, zugestimmt. Bei Anhörungen und bei mündlichen Verhandlungen au­ßerhalb des Gerichtsgebäudes soll diese Technik genauso verwendet werden.

Ich poche gerade im Zusammenhang mit Videokonferenzen so darauf, weil es be­rechtigte Kritik von Interessenvertretungen gibt, dass da ein Spannungsverhältnis mit Artikel 6 der Europäischen Menschenrechtskonvention besteht. Warum wir trotzdem Ja sagen: Es ist zustimmungsbedürftig. Sowohl die Parteien im Zivilverfahren, als auch Zeugen können gegebenenfalls die Vertagung oder die Verschiebung der Einvernah­me bis Jahresende beantragen.

Das Gesetz enthält noch einige weitere Bestimmungen, die durchaus zu begrüßen sind, so etwa eine Verlängerung der Frist betreffend Unterhaltsvorschuss, was gerade in Zeiten, in denen Menschen das Einkommen wegfällt, in denen viele AlleinerzieherIn­nen auf Unterhaltsvorschüsse warten, wichtig ist. Die Frist, Unterhaltsvorschuss zu bekommen, ohne einen Exekutionsantrag zu stellen, ist bis 30. Juni verlängert worden. Auch die Änderungen im Vereinsgesetz, eine demokratiepolitisch wichtige Institution, sind sinnvoll; größeren Vereinen wird die Möglichkeit eingeräumt, ihre Mitgliederver­sammlungen bis Ende 2021 zu verschieben.

Nicht vom 8. COVID-19-Gesetz betroffen, aber doch sehr problematisch sind bestimm­te Regelungen in der Strafprozessordnung, und zwar ganz besonders, wenn es um ge­schworenengerichtliche Verfahren geht. Ich möchte da meiner Kollegin, Frau Bayr, nicht vorgreifen, die dies im Zusammenhang mit dem Antrag, den sie für die SPÖ unterstützen wird, vortragen wird.

Dem vorliegenden 8. COVID-19-Gesetz können wir insgesamt zustimmen, weil die Vorteile dieses Gesetzes, nämlich die Wiederherstellung der flächendeckenden Durch­führung von Zivilverfahren, die Nachteile doch erheblich überwiegen. In diesem Sinne


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danke ich für die Diskussion im Ausschuss und auch für die offene Informationspolitik, Frau Ministerin; das schätze ich sehr. – Ich bedanke mich für die Aufmerksamkeit. (Beifall bei der SPÖ.)

19.09


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Abgeordnete Prammer. – Bitte.


19.09.48

Abgeordnete Mag. Agnes Sirkka Prammer (Grüne): Herr Präsident! Frau Ministerin! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Werte Zuseherinnen und Zuseher! Auch in der Justiz steht der Betrieb gerade so gut wie still – aber nicht mehr lange, denn am 1. Mai respektive 2. Mai beginnen die unterbrochenen Fristen neu zu laufen. Das bedeutet auch, dass Verhandlungen wieder stattfinden müssen, und wir müssen die Justiz daher mit den notwendigen Instrumenten ausstatten, damit diese auch durchgeführt werden können.

Ich sage es noch einmal: Wir verlegen die Schienen vor einem fahrenden Zug. Die Maßnahmen, die für die Nachjustierung geeignet sind, sind auch da Videokonferenzen. Wir haben gerade sehr ausführlich gehört, welche Maßnahmen in diesem Gesetz ge­plant sind und welche Möglichkeiten damit der Justiz gegeben werden. Wir haben auch gehört, dass die Möglichkeit, Unterhaltsvorschuss ohne einen zuvor eingebrachten Exekutionsantrag zu beantragen, verlängert wird.

Wir wissen aber alle, dass es damit nicht getan ist. Alleine die rechtlichen und techni­schen Möglichkeiten für ein Weiterarbeiten während der Krise zu schaffen, reicht nicht aus. Wir müssen darüber hinaus der Justiz auch die notwendigen personellen und fi­nanziellen Mittel in die Hand geben, damit diese wieder einen ordentlichen Betrieb auf­nehmen kann.

Wir dürfen nicht vergessen, dass es nicht erst durch die Einschränkungen der physi­schen Kontakte zu einem Runterfahren des Justizbetriebs gekommen ist. Vielmehr wurde das System schon seit Jahrzehnten nach und nach heruntergefahren, bis es zuletzt an einem Punkt angekommen war, an dem es bereits an der Grenze des Trag­baren war. Es wird daher nicht reichen, wenn wir die Justiz wieder auf den Stand brin­gen, auf dem sie vor Corona war. Wir müssen sie durch zielgerichtete Investitionen wieder zu der wirksamen und verlässlichen Institution machen, als die wir sie brau­chen. (Beifall bei den Grünen sowie der Abg. Reiter.)

Nicht zuletzt gilt das auch für den Bereich der Justizanstalten. Dort haben die Mitarbei­terinnen und Mitarbeiter in den vergangenen Wochen unter schwierigsten Bedingun­gen und unter großer Anspannung gearbeitet. Mit viel Umsicht haben sie es geschafft, dass die Insassen in den Justizanstalten die Maßnahmen, die gerade für sie besonders einschneidend waren, so angenommen und mitgetragen haben. Es ist in keiner Jus­tizanstalt zu Ansteckungen innerhalb der Anstalt gekommen. Infizierte, die von außen kamen, konnten jeweils gut und rechtzeitig isoliert werden, sodass es zu keiner Weiter­verbreitung kam. Aber auch für sie ist es wichtig, dass sie bald Entlastung durch zu­sätzliches Personal bekommen.

Wir verlegen die Schienen vor einem fahrenden Zug. Wir haben es in der Hand, den Kurs durch die Krise und weiter in eine bessere Zukunft vorzugeben. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

19.12


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Abgeordneter Lausch. – Bitte.



Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll27. Sitzung, 28. April 2020 / Seite 223

19.13.05

Abgeordneter Christian Lausch (FPÖ): Herr Präsident! Geschätzte Frau Bundesmi­nister! Hohes Haus! Beim Antrag 436/A haben wir uns im Ausschuss und auch hier sehr schwer getan. Wir hätten prinzipiell diesem Antrag gerne zugestimmt, werden ihm aber nicht zustimmen, weil er uns zu weitgehend und zu wenig praxisnah ist. Wir kön­nen uns natürlich sehr wohl Videokonferenzen vorstellen, um die Gerichtsbarkeit wie­der hochzufahren. Im Zivilrecht ist das überhaupt kein Problem, ich habe auch im Aus­schuss einen Antrag gestellt, bei Haftprüfungsverhandlungen Videokonferenzen einzu­setzen, da macht es absolut Sinn.

Nur im Strafrecht geht uns diese Maßnahme einfach zu weit. Man denke nur: Wie soll das im Strafrecht bei Geschworenenverhandlungen funktionieren? – Dann darf man auch nicht vergessen, dass im Strafrecht 70 Prozent der Verhandlungen mit Dolmet­scherbeteiligung durchgeführt werden, weil die Beschuldigten, die Angeklagten der deutschen Sprache nicht mächtig sind. Dann geht es um die Beratung mit dem Anwalt und, und, und.

Erstens einmal glauben wir eh, dass die Richter diesen Antrag, so wie er heute be­schlossen wird, in der Praxis sowieso nicht umsetzen. Darum fragen wir uns, warum es so ein weitgreifender Antrag ist. Zweitens wollen wir nicht, wenn es dann doch teil­weise von der Richterschaft umgesetzt werden sollte, dass es dann Nichtigkeiten gibt und die Obergerichte, wie das Oberlandesgericht oder der Oberste Gerichtshof, mit Nichtigkeiten behelligt und überschwemmt werden. Dann hat man sich am Ende des Tages überhaupt nichts erspart. Es tut uns leid, aber wir können diesem Antrag nicht zustimmen.

Auf das Heizkostenabrechnungsgesetz wird Kollege Schrangl noch näher eingehen. Ich kann vorwegnehmen: Wir werden diesem Gesetz zustimmen, obwohl die SPÖ, ich glaube, Kollegin Ruth Becher, einen Abänderungsantrag einbringt, mit dem wir uns mehr anfreunden könnten, weil das aus unserer Sicht die gerechtere Lösung wäre. Es ist ganz klar, dass man die teilweise auch von der Bundesregierung verängstigte Be­völkerung nicht damit piesacken will, dass der Stromanbieter jetzt Personen ins Haus schickt, um die Ablesungen für die Abrechnungen vorzunehmen. Das sehen wir alles ein, es muss schon sein, aber es muss nicht jetzt gemacht werden. Man nimmt den Durchschnittsverbrauch der letzten drei Jahre und diesen Durchschnittswert stellt man dieses Jahr in dieser Ausnahmesituation dann in Rechnung. Das müsste möglich sein, aber Näheres wird Kollege Schrangl noch dazu sagen.

Wie gesagt, bei den Videokonferenzen tut es uns wirklich leid, wir hätten gerne zuge­stimmt. Wir sehen das auch ein, aber im Strafrecht haben aus unserer Sicht natürlich auch die Beschuldigten Rechte, und es ist uns nicht möglich, diesem so weitreichen­den Antrag zuzustimmen. – Danke schön. (Beifall bei der FPÖ.)

19.16


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Abgeordnete Kugler. – Bitte.


19.16.28

Abgeordnete Dr. Gudrun Kugler (ÖVP): Herr Präsident! Frau Minister! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Ich fasse noch einmal zusammen: Worum geht es in dieser Novelle? – Wir haben im ersten COVID-19 Gesetz die Zivilprozesse auf ein Minimum beschränkt: nur dort, wo es absolut unerlässlich war. Mittlerweile gibt es einen großen Rückstau und wir werden diese Regelungen heute lockern. Das heißt, es kann verhan­delt werden: wenn große Säle vorhanden sind, dann dort, und wenn diese nicht vor­handen sind und die Parteien zustimmen, dann auch per Video.


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll27. Sitzung, 28. April 2020 / Seite 224

Es gibt noch zwei weitere Änderungen, die man kurz erwähnen muss. Große Vereine, bei denen mehr als 50 Teilnehmer bei einer Vereinssitzung dabei wären und die sich nach dem Vereinsgesetz nur alle fünf Jahre treffen, haben ein Jahr länger Zeit. Auch die Mediatoren im Zivilrecht, die eine Fortbildung nachweisen müssen, bekommen da­für ein Jahr länger Zeit. – Darum geht es heute.

Sehr überrascht bin ich über den Redebeitrag meines Kollegen Lausch, der sagt: Die Freiheitliche Partei kann hier nicht zustimmen, weil ihnen die Sache mit dem Strafpro­zess zu weit geht. – Das kommt, Herr Kollege Lausch, in dieser Novelle gar nicht vor! Es wäre, glaube ich, das Mindeste, wenn sich ein Redner die Unterlagen anschaut, be­vor er hier eine Rede hält. Ich finde es, Herr Mag. Stefan, sehr schade, dass die Frei­heitliche Partei im Gegensatz zu allen anderen Parteien dieser Novelle nicht zustim­men kann. Zuerst stimmen Sie zu, dass man Maßnahmen macht, dann sagen Sie: Die Maßnahmen gehören weg. – Dann werden die Maßnahmen gelockert, und dann können Sie sich damit nicht anfreunden. Ich verstehe diese Politik und auch diesen Auftritt nicht. (Beifall bei ÖVP und Grünen. – Zwischenruf des Abg. Martin Graf.)

Meine Vorrednerin von der Sozialdemokratischen Partei hat angekündigt, dass wir noch mehr über die Frage Videoverhandlung im Strafprozess hören werden, und ich möchte das nur ganz kurz erklären: Wir erlauben, dass im Zivilprozess, wenn beide Parteien zustimmen, über Video verhandelt wird, und im Strafprozess sind solche Vi­deoverhandlungen ohne Zustimmung des Angeklagten möglich. Darum geht es, und darauf bezieht sich auch ein Antrag der Opposition. Ich möchte nur ganz kurz dazu sagen: Ja, die Prinzipien der Mündlichkeit und der Unmittelbarkeit sind wichtig und sind auch Teil eines fairen Verfahrens nach Artikel 6 EMRK.

Wir haben da nur einen ganz großen Unterschied zwischen Zivilrecht und Strafrecht. Ich sage nur, im Zivilrecht geht es um die Ansprüche zweier Parteien. Im Zivilrecht kann das Verfahren jederzeit eingestellt werden. Im Strafrecht hat der Staat Interessen im Sinne der Allgemeinheit gegenüber einem Angeklagten. Das ändert die Situation.

Die Frau Justizministerin hat zu diesem Anliegen am 22. April eine Orientierungshilfe veröffentlicht, die Ihnen, allen Oppositionsparteien, auch zur Verfügung gestellt worden ist. Darin wird klargestellt: Wenn man im Strafprozess vom Prinzip der Unmittelbarkeit und der Mündlichkeit abweicht, dann ist es nur eine Kannbestimmung. Wenn Säle vorhanden sind, die groß genug sind, dann sollen sie genützt werden. Die Bestimmung soll restriktiv angewandt werden, bei Schöffenbeteiligung noch restriktiver. Es gibt Ge­richte, die gesagt haben, sie brauchen das sowieso gar nicht. Im Einzelfall wird die Verhältnismäßigkeit geprüft.

Es geht da, meine sehr verehrten Damen und Herren, um den Schutz der Gesundheit des Angeklagten, aller Anwesenden im Gerichtssaal, aber auch – und das ist ganz wichtig – um die gesamte Haftanstalt, aus der derjenige vielleicht kommt und in die er das Virus dann hineinträgt. Sie können sich vorstellen, was dann passiert. Ich glaube, in einer Grundrechtsabwägung ist auch die Frage zu stellen, ob es denn zum Beispiel unverhältnismäßig ist, wenn eine U-Haft besonders lange dauert, auch das schränkt Grund- und Freiheitsrechte ein.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, das Ludwig Boltzmann Institut für Men­schenrechte hat der Regierung bescheinigt, dass wir mit diesen Maßnahmen keine Menschenrechte verletzen, es hat aber auch gesagt, was wir beachten müssen, damit es so bleibt. Wir alle gemeinsam stehen hier für Maßnahmen, die unsere Bevölkerung schützen, die aber auch die Grundrechte schützen. Dafür verbürgen wir uns alle! – Vie­len Dank. (Beifall bei ÖVP und Grünen.)


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll27. Sitzung, 28. April 2020 / Seite 225

19.21


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Bayr. – Bitte.


19.21.06

Abgeordnete Petra Bayr, MA MLS (SPÖ): Herr Präsident! Frau Justizministerin! Ja klar, es geht darum – und es geht uns wahrscheinlich allen darum –, dass wir das Virus möglichst aus den Haftanstalten draußen lassen, das ist keine Frage. Wie wir das ma­chen, dafür gibt es mehrere Möglichkeiten, und die Einvernahme über Video ist eine durchaus auch probate.

In der Tat – wir haben es schon gehört; Kollege Lausch bezieht sich da wohl auf den gemeinsamen Entschließungsantrag –, der Unterschied ist halt der, dass im Zivilrecht die Parteien zustimmen müssen, ob bei der Verhandlung die Videoeinvernahme mög­lich ist, während es hingegen im Strafrecht eine reine Ermessensentscheidung des Richters oder der Richterin ist, ob das in einem Schöffenprozess dann so passiert oder nicht, in einem Schwurgerichtsprozess passiert oder nicht passiert.

Ich denke, dass es auch durchaus okay ist, das bei Einvernahmen, bei Vorverhand­lungen mit Video zu machen. Bei einer Hauptverhandlung aber, wenn es um einen An­geklagten in Strafrechtssachen geht, der in Untersuchungshaft sitzt – dann ist dieser ja deswegen angeklagt, weil er eine Sache begangen hat, die mit einer sehr hohen Strafe belegt ist, es ist also ein massives, entscheidendes Verbrechen gewesen, und da geht es in der Hauptverhandlung unter Umständen um Jahrzehnte oder sein ganzes künfti­ges Leben –, denke ich, muss es wenigstens auch so sein, dass der Angeklagte dem zustimmen muss, wenn er in der Hauptverhandlung per Video einvernommen wird. Das ist der Unterschied und das ist auch der Inhalt dieses Antrages.

Ich halte es auch absolut für gerechtfertigt, darauf zu bestehen, dass dem Angeklagten schon von Anfang an klar sein muss, was da passiert, welche Rechte er hat, und dass er auch darauf bestehen kann, eben nicht per Video einvernommen zu werden.

Diese Prinzipien der Unmittelbarkeit und der Mündlichkeit sind sehr wichtig. Ich glaube, dass alle Beteiligten, sowohl die Geschworenen auf der einen Seite als auch der An­geklagte und seine Rechtsvertretung auf der anderen Seite, die Möglichkeit haben müssen, direkt reagieren zu können, direkt die Regungen in den Gesichtern, die Mimik, die Gestik ohne den Filter eines Mediums nachvollziehen zu können. Wir haben das auch im Ausschuss diskutiert: Wenn zum Beispiel dann auch noch ein Dolmetscher eingeschaltet wird und der Angeklagte die Möglichkeit hat, per Telefon mit seinem Anwalt in Verbindung zu sein, wird das wahrscheinlich ein bissel overwhelming – sage ich jetzt einmal – und für einen Angeklagten schwer zu handeln sein.

Ich denke, dass es sehr wohl möglich ist, in Gerichten Vorsorge zu treffen, dass man die Verbreitung des Virus in diesen wenigen Fällen, um die es da geht, auch ohne eine Videoeinvernahme wird verhindern können, sei es durch Plexiglasscheiben, durch ge­nügend Abstand, durch Mund-Nasen-Schutzmasken oder Sonstiges.

Ich bin den NEOS sehr dankbar für diese Initiative, die wir gerne mit unterstützen, und denke mir, dass da wirklich zwischen Zivilrecht und Strafrecht differenziert werden muss. – Danke sehr. (Beifall bei der SPÖ sowie der Abgeordneten Lausch und Rei­fenberger. – Abg. Lausch: Die Kollegin Bayr hat’s verstanden, aber die Kollegin Kug­ler nicht!)

19.24


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Margreiter. – Bitte.


19.24.37

Abgeordneter Dr. Johannes Margreiter (NEOS): Herr Präsident! Sehr geehrte Frau Bundesministerin! Hohes Haus! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Wir können


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll27. Sitzung, 28. April 2020 / Seite 226

den Rechtsstaat als einen lebendigen Organismus begreifen, der unsere Pflege braucht, der unsere Zuwendung braucht, der jederzeit unsere Unterstützung braucht.

Der Rechtsstaat ist so wie jeder Organismus gefährdet. Wir erleben es momentan ganz genau: Wie der Virus unseren lebendigen Organismus gefährdet, so ähnlich gibt es auch Viren, die den Rechtsstaat gefährden können. Diese Viren heißen zum Bei­spiel Fakelaw, die heißen unverhältnismäßiger Eingriff in die Grundrechte. Das sind Themen, die wir jetzt seit Wochen immer wieder irgendwo am Horizont erscheinen se­hen, und denen müssen wir uns stellen, damit müssen wir uns auseinandersetzen!

Wenn ich von Fakelaw spreche, was meine ich darunter? – Da meine ich genau das darunter, was in den letzten Tagen offenkundig geworden ist, nämlich dass der Bevöl­kerung vorgegaukelt worden ist, es gibt Vorschriften, während es diese aber in Wirk­lichkeit gar nicht gegeben hat.

Ein Beispiel, Frau Bundesminister: Wenn man heute hier und jetzt auf der Homepage des Bundesministeriums für Justiz unter den häufig gestellten Fragen die Frage an­klickt, ob die Teilnahme an Verhandlungen noch möglich ist, lautet die wörtliche Ant­wort: Die Bundesregierung hat per Gesetz vorgegeben, dass die Wohnung nur mehr verlassen werden darf, wenn es für die Arbeit notwendig ist, um sich mit Lebensmitteln oder Medikamenten zu versorgen oder andere Menschen zu unterstützen sowie um spazieren zu gehen. Der Besuch von Verhandlungen fällt nicht unter diese Ausnahme. In diesem Sinne kann bei Strafverhandlungen nun auch die Öffentlichkeit ausgeschlos­sen werden. – Zitatende.

Frau Bundesministerin, diese Auskunft ist von A bis Z falsch. (Zwischenruf des Abg. Scherak.) Weder hat die Bundesregierung per Gesetz irgendetwas vorgegeben, denn die Bundesregierung kann kein Gesetz machen, sondern es war eine Verordnung – die berühmte Covid-Verordnung des Bundesministers für Gesundheit, jene mit den be­rühmten Ausnahmen, von denen wir jetzt wissen, dass alles möglich ist, sofern man einen Meter Abstand hält –, noch kommt zum Beispiel das Wort „spazieren“ in dieser Verordnung überhaupt vor.

So wird agiert. Das sind offizielle Verlautbarungen auf Homepages von Regierungsstel­len. Das sind Fakenews und Viren, die unseren Rechtsstaat gefährden. Das muss ich in aller Deutlichkeit sagen. (Bravoruf und Beifall bei den NEOS.) Da gehört noch etwas dazu, das haben wir in den heutigen Debatten vielfach gehört: Gesundheit wird dem Rechtsstaat gegenübergestellt, als wäre das nicht gemeinsam möglich. Wenn man sich anstrengt und den Grundwerten und Grundrechten verbunden ist, dann geht bei­des.

Deshalb muss es auch möglich sein, die Verfahrensgrundsätze zu wahren. Im Zivil­verfahren geht das mit dem Antrag; deswegen werden wir dem Gesetzespaket auch zustimmen, weil die Videoverhandlung im Zivilprozess an die Zustimmung der Parteien geknüpft wird. Wir verlangen das aber auch für das Strafverfahren, denn im Strafver­fahren ist der Unmittelbarkeitsgrundsatz extrem wichtig, weil es im Strafverfahren – im Unterschied zum Zivilverfahren – Laienbeteiligung gibt, und gerade wenn Laienrichter am Werk sind, ist es umso wichtiger, dass man die Realität der Verhandlung kennt.

Zu den ganzen Argumenten, die wegen des Gesundheitsschutzes dagegen vorge­bracht werden, kann ich sagen: Meine Damen und Herren, ich kenne Schwurgerichts­säle, das ist mein Tätigkeitsfeld. Schwurgerichtssäle sind keine Aprés-Ski-Bars, da ist Platz genug, da steckt man sich nicht an, da ist zum Richter 5 Meter Distanz, da ist zu den Geschworenen 8 Meter Distanz; das geht, wenn man nur will.

Daher bringen wir folgenden Unselbständigen Entschließungsantrag ein:


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll27. Sitzung, 28. April 2020 / Seite 227

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Dr. Johannes Margreiter, Petra Bayr, MA MLS, Mag. Harald Stefan, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Videokonferenzen bei Hauptverhandlungen in Strafsachen nur mit Zustimmung der Angeklagten“

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesregierung, insbesondere die Bundesministerin für Justiz, wird aufgefordert, dem Nationalrat unverzüglich einen Gesetzesvorschlag zuzuleiten, der vorsieht, dass für die ‚Zuschaltung‘ der in Untersuchungshaft befindlichen Angeklagten per Videokon­ferenz in strafrechtlichen Hauptverhandlungen (§ 239 StPO) zwingend und bei sonsti­ger Nichtigkeit deren ausdrückliche Zustimmung erforderlich ist.“

*****

Danke schön. (Beifall bei den NEOS und bei Abgeordneten der FPÖ.)

19.29

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Dr. Johannes Margreiter, Petra Bayr MA MLS, Mag. Harald Stefan, Kolleginnen und Kollegen

betreffend Videokonferenzen bei Hauptverhandlungen in Strafsachen nur mit Zustim­mung der Angeklagten

eingebracht im Zuge der Debatte in der 27. Sitzung des Nationalrats über den Bericht des Justizausschusses über den Antrag 436/A der Abgeordneten Mag. Michaela

Steinacker, Mag. Agnes Sirkka Prammer, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bun­desgesetz, mit dem das 1. Bundesgesetz betreffend Begleitmaßnahmen zu COVID-19 in

der Justiz, das Gesellschaftsrechtliche COVID-19-Gesetz und das Zivilrechts-Media­tionsgesetz geändert werden (8. COVID-19-Gesetz) (139 d.B.)– TOP 24

Mit den Corona-bedingten Novellen BGBl. I Nr. 14/2020, BGBl. I Nr. 16/2020 wurden diverse Notmaßnahmen im Bereich der Justiz implementiert.

Die Novellen sehen vor, dass bestimmte Vernehmungen und Verhandlungen im Wege von Videokonferenzen gemäß § 153 Abs. 4 StPO durchgeführt werden können.

§ 153 Abs. 4 StPO sieht Videokonferenzen grundsätzlich nur innerhalb des Vorver­fahrens bei Vernehmungen vor: Hat ein Zeuge/eine Zeugin oder Beschuldigte/r seinen Aufenthaltsort außerhalb des Sprengels der zuständigen Staatsanwaltschaft oder des zuständigen Landesgerichts, so ist die unmittelbare Vernehmung am Sitz der Staats­anwaltschaft oder des Gerichts, in deren oder dessen Sprengel sich der Zeuge/die Zeugin oder der/die Beschuldigte befindet, im Weg einer Videokonferenz durchzufüh­ren. Von diesem durch das BudgetbegleitG 2011 BGBl I 2010/111, ausgeprägten Grundsatz bestehen Ausnahmen im Interesse der Verfahrensökonomie (z.B. wenn die Anreise nur geringen, die Bereitstellung einer Videokonferenz jedoch höheren Aufwand erzeugen würde) sowie „aus besonderen Gründen“, unter denen die Bedeutung des persönlichen Eindrucks hervorzuheben ist (EBRV 981 BlgNR 24. GP 93). Kirchbacher in Fuchs/Ratz, WK StPO § 153 (Stand 1.10.2013, rdb.at)


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll27. Sitzung, 28. April 2020 / Seite 228

Für kriminalpolizeiliche Vernehmungen und Haftverhandlungen scheint diese Lösung in Anbetracht der Corona-Krise vertretbar, nicht jedoch für die Hauptverhandlung, die über Schuld oder Unschuld eines/einer Angeklagten befindet. Das Grundprinzip der Unmittelbarkeit findet sich in § 13 Abs. 1 StPO als grundlegendes Verfahrensprinzip.

Sie ist auf den Verfassungsgrundsatz des fairen Verfahrens gem Art 6 Abs 1 EMRK zurückführen. Zudem ist ein am Unmittelbarkeitsprinzip orientiertes Strafverfahren Grundvoraussetzung dafür, dass andere verfassungsrechtliche Verfahrensgarantien hinreichend eingehalten werden können, insb. die Grundsätze der Mündlichkeit und Öf­fentlichkeit, aber z.B. auch die Gewährleistung eines hinreichenden Fragerechts für den/die Beschuldigte/n bzw. Verteidiger (Art 6 Abs 3 lit d EMRK). Ein enges Nahe­verhältnis besteht insb. zwischen Unmittelbarkeit und Mündlichkeit mit der Folge, dass ein und dieselbe konkrete Verfahrensgestaltung teilweise dem einen, teilweise dem an­deren dieser Verfahrensgrundsätze zugeschrieben wird. (Schmoller in Fuchs/Ratz, WK StPO § 13, Stand 1.5.2012, rdb.at)

Das Prinzip der Unmittelbarkeit dient vorrangig zwei Zielen, die erfahrungsgemäß am besten anhand einer direkten Wahrnehmung der Originalbeweismittel seitens des er-kennenden Gerichts erreicht werden (ebenso zB Schwaighofer, ÖJZ 1996, 124; Wei­gend, Eisenberg-FS 660 ff).

Die mit den Novellen BGBl. I Nr. 14/2020, BGBl. I Nr. 16/2020 eingeführten neuen Be­stimmungen, insbesondere in § 239 und § 286, rufen gewichtige grundrechtliche Kritik von Seiten des Österreichischen Rechtsanwaltskammertags, der Vereinigung österrei­chischer Strafverteidiger_innen sowie der Richtervereinigung hervor.

Die Grundfeste des Strafverfahrens im Allgemeinen sind die Mündlichkeit und die Un­mittelbarkeit des Verfahrens.

Gerichte sollten sich grundsätzlich einen unmittelbaren Eindruck von Angeklagten, Zeugen und sonstigen Verfahrensbeteiligten machen können. Gerade in Schwurge­richtsverhandlungen und Schöffenprozessen, wo es um schwerste Straftaten geht und längste Strafen drohen, ist das unerlässlich.

Es kann nicht sein, dass jemand zu lebenslanger Haft verurteilt wird und der/die Be­troffene sein Gericht nicht sieht oder nur über einen Bildschirm gesehen hat.

Bei Schwurgerichtsprozessen, denen in der Regel Kapitalverbrechen wie Mord, schwe­rer Raub mit Todesfolge oder erpresserische Entführung zugrunde liegen, drohen bei Verurteilungen Freiheitsstrafen zwischen zehn und 20 Jahren oder lebenslange Haft. Über die Schuldfrage entscheiden allein acht Geschworene - Laienrichter, für die der persönliche Eindruck des/der Angeklagten von entscheidender Bedeutung ist.

Der unmittelbare Eindruck ist für eine/n Geschworene/n nur gewährleistet, wenn er den/die Angeklagte/n vor sich sieht. Dessen Mimik und Gestik sind wesentlich, um seine Glaubwürdigkeit beurteilen zu können.

Videotechnologie im Strafverfahren ist eine gute Sache, wenn es um die Dokumenta­tion des Echtbetriebs geht, insbesondere bei Vernehmungen im Ermittlungsverfahren. Hauptverhandlungen als reine Video-Verhandlungen abzuhalten, geht aber, sofern dies gegen den Willen des/der Angeklagten erfolgt, entschieden zu weit. Das hebelt den Grundsatz der Unmittelbarkeit aus und beschneidet das rechtliche Gehör der Be­schuldigten unzulässig.

Die Erläuterungen zu dem damals im Ausschuss eingebrachten Initiativantrag führten die Ausdehnung dieser Bestimmungen auf die Hauptverhandlung nur lapidar aus: "Die Verhältnismäßigkeit ist dadurch gewahrt, dass diese Möglichkeit ausdrücklich auf Fälle einer Pandemie bzw. der Notwendigkeit der Verhütung und Bekämpfung anzeigepflich­tiger Krankheiten nach Maßgabe einer Verordnung beschränkt ist." (ErlAB 104 BlgNR 27 GP)


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll27. Sitzung, 28. April 2020 / Seite 229

Diese Argumentation vermag nicht zu überzeugen. Auch in Zeiten der Pandemie sind die wesentlichen Grundsätze des fairen Verfahrens (Art 6 EMRK) und daher auch das Prinzip der Unmittelbarkeit zu achten. Aus den genannten Gründen ist die "Zuschal­tung" des/der Beklagten im Wege einer Videokonferenz nicht verhältnismäßig. Möchte das Gericht Vorsorge für die Gesundheit der Anwesenden treffen, so sind andere Mittel und Wege zu finden, um einer weiteren Verbreitung des Corona-Virus entgegenzuwir­ken. Dies kann etwa im Wege von Abstandsregelungen, Mund- Nasenschutz oder an­deren mechanischen Barrieren geschehen. Das Recht auf Anwesenheit vor dem Ge­richt kann dem/der Angeklagten aber nicht ohne weiters genommen werden.

Die vorgeschlagene Änderung des § 239 StPO sieht daher vor, dass ein Vorgehen nach § 153 Abs. 4 in den in § 174 Abs. 1 geregelten Fällen nur dann und bei sonstiger Nichtigkeit zulässig sein soll, wenn der/die Angeklagte dem zuvor ausdrücklich zuge­stimmt hat. Somit soll es in der Hand des/der Angeklagten und seiner Verteidigung lie­gen, ob er sich dem Gericht persönlich oder im Wege der Videokonferenz stellt.

Eine solche Zustimmung darf freilich nicht erst in dem Moment gegeben werden, wenn der/die Angeklagte bereits in der Videokonferenz gem. § 239 StPO Kontakt mit dem Gericht hat. Vielmehr hat das Gericht dem/der Angeklagten ausreichend Zeit für sei­ne/ihre Erklärung zu geben.

Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgenden

Entschließungsantrag

Der Nationalrat wolle beschließen:

"Die Bundesregierung, insbesondere die Bundesministerin für Justiz, wird aufgefordert, dem Nationalrat unverzüglich einen Gesetzesvorschlag zuzuleiten, der vorsieht, dass für die "Zuschaltung" der in Untersuchungshaft befindlichen Angeklagten per Videokon­ferenz in strafrechtlichen Hauptverhandlungen (§ 239 StPO) zwingend und bei sonsti­ger Nichtigkeit deren ausdrückliche Zustimmung erforderlich ist."

*****


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Der Antrag ist ordnungsgemäß eingebracht, aus­reichend unterstützt und steht mit in Verhandlung.

Das Wort steht bei der Frau Bundesministerin. – Bitte.


19.29.46

Bundesministerin für Justiz Dr. Alma Zadić, LL.M.: Herr Präsident! Geschätzte Ab­geordnete! Sehr geehrte Damen und Herren! Liebe Zuseherinnen und Zuseher! Ich möchte die Gelegenheit nutzen, mit einigen Worten die Maßnahmen, die heute in die­sem Justizpaket beschlossen werden sollen, zu erläutern.

Wie Sie wissen, wurden mit dem ersten und dem zweiten Covid-19-Paket einige Maß­nahmen gesetzt, mit denen wir den Gerichtsbetrieb sehr stark eingeschränkt haben. Sie haben es vorhin gehört: Insgesamt wurden im letzten Monat 41 000 Gerichtsver­handlungen abberaumt, 30 000 davon allein aufgrund der Covid-Krise. Wir wollen die­sen Rückstau natürlich Schritt für Schritt abbauen, und deswegen wollen wir so bald wie möglich auch ins Tun kommen. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Mit diesem Gesetz soll es nun möglich sein, Gerichtsverhandlungen nicht nur bei wirk­lich dringenden Fällen durchzuführen, sondern auch wieder bei allen anderen Angele­genheiten. Selbstverständlich werden wir nicht von heute auf morgen in einen ganz


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll27. Sitzung, 28. April 2020 / Seite 230

normalen Gerichtsbetrieb übergehen können. Selbstverständlich müssen wir darauf schauen, dass die Gesundheit aller Beteiligten gewahrt bleibt, und deswegen wird es gewisse Einschränkungen geben. Wir werden nicht jeden Gerichtssaal nutzen können, weil schlicht und ergreifend die Größe mancher Säle für die Umsetzung der Maßnah­men nicht ausreicht.

Mit diesem Gesetzespaket schaffen wir auch Möglichkeiten, die uns eine gewisse Fle­xibilität geben. Wir haben die Möglichkeit geschaffen, dass Verhandlungen, aber auch Zeugeneinvernahmen per Video erfolgen können. Es ist uns wichtig, dass nicht über die Köpfe der Parteien hinweg entschieden wird, sondern dass auch alle Verfahrensbe­teiligten, die Verfahrensparteien diesen Videoverhandlungen zustimmen. Da hat es auch eine gewisse Kritik gegeben, ob denn dann die Parteien diese Verhandlungen nicht verzögern könnten, und deswegen haben wir vorgesehen, dass eine Partei das Verfahren eben nicht hinauszögern kann. Wenn die Partei sich innerhalb einer gewissen Frist nicht äußert, dann gilt die Zustimmung als erteilt. Selbstverständlich hat die Partei aber die Möglichkeit, sich dagegen auszusprechen. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Mir ist durchaus bewusst, dass das für alle Beteiligten eine sehr ungewöhnliche Situa­tion ist, sowohl für die Entscheidungsorgane als auch für die Parteien, aber auch für alle Zeugen. Damit wir aber die Verhandlungsführung trotz des ungewohnten Formats ohne Probleme, vor allem aber auch ohne Qualitätsverlust ermöglichen können, bedarf es natürlich der Zusammenarbeit aller Beteiligten.

Ich möchte Ihnen sagen, ich bin davon überzeugt, dass uns das gemeinsam gelingen wird. Ich kann Ihnen versichern, die Situation wird ständig evaluiert. Wir werden stän­dig darauf schauen: Wie funktionieren die Videoverhandlungen? Wie werden sie an­genommen? Wo tauchen Probleme auf?, denn eines ist mir sehr, sehr wichtig: Der Zu­gang zur Justiz muss für alle da sein und für alle gleich sein, auch unter Berück­sichtigung der Gesundheit aller Beteiligten. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeord­neten der ÖVP.)

Ich möchte auf einige Kritikpunkte eingehen, die nicht mit diesem konkreten Gesetz in Verbindung stehen, die aber das Strafverfahren betreffen. Wir haben eine Verordnung zum Strafverfahren erlassen, mit der wir die Möglichkeit schaffen, Videoverhandlungen auch mit Angeklagten, die in Untersuchungshaft sitzen, durchzuführen.

Wie Sie wissen, ist mir der Austausch mit dem Parlament und auch mit den Menschen in der Praxis besonders wichtig, und ich nehme alle Kritikpunkte und alle Hinweise sehr ernst. Es gibt die Sorge, dass durch diese Maßnahmen im Strafrecht der Unmittelbar­keitsgrundsatz verletzt sein könnte. – Ich kann Ihnen versichern, wir haben eine ganz schwierige, aber auch wichtige Verhältnismäßigkeitsprüfung vorgenommen. Zum einen besteht das Recht auf ein rasches Verfahren, jeder Angeklagte muss rasch wissen: Muss er in Haft bleiben oder kann er endlich hinaus? – Zum anderen gibt es selbstver­ständlich auch den Unmittelbarkeitsgrundsatz, und deswegen finden im Strafverfahren die Hauptverhandlungen im Gegensatz zu den Zivilverfahren in Anwesenheit aller statt. Nur wenn der Angeklagte bereits in einer Haftanstalt ist, wenn er also bereits in Un­tersuchungshaft ist, ist die Zuschaltung per Video möglich.

Das ist ausdrücklich eine Kannbestimmung. Das heißt, wir ermuntern den Richter, wir geben dem Richter die Möglichkeit, nochmals eine Verhältnismäßigkeitsprüfung vorzu­nehmen und alle Umstände des Einzelfalls zu berücksichtigen, nämlich auch, ob es Dolmetscher gibt, ob es sich um ein Schöffenverfahren oder um ein Geschworenenver­fahren handelt.

Wichtig war mir natürlich auch, der Kritik des Rechtsanwaltskammertages und der Richtervereinigung zu entsprechen und im Erlassweg diese Interpretation noch einmal


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll27. Sitzung, 28. April 2020 / Seite 231

festzuhalten, denn gerade, wenn es sich um Verhandlungen handelt, an denen Laien­richter beteiligt sind, wie eben Schöffenverfahren oder Geschworenenverfahren, darf diese Bestimmung nur sehr, sehr restriktiv angewendet werden.

Wir haben noch weiterer Kritik entsprochen. Es wurde auch der Hinweis getätigt, dass der Angeklagte, wenn er per Video zugeschaltet ist, auch mit seinem Verteidiger reden können muss, und deswegen haben wir jetzt sichergestellt, dass die Angeklagten ein Mobiltelefon zur Verfügung gestellt bekommen, um ungestört mit dem Verteidiger vor der Verhandlung, während der Verhandlung und auch nach der Verhandlung reden zu können. Außerdem ist eine Videozuschaltung nur dann möglich, wenn ein Videokonfe­renzsystem installiert wird, bei dem es für den Angeklagten möglich ist, alle Anwesen­den in der Hauptverhandlung zu sehen.

Mir ist bewusst, dass das eine schwierige Verhältnismäßigkeitsabwägung ist, und ich möchte Sie auch noch daran erinnern, dass wir diese Maßnahmen mit Ende Mai be­fristet haben. Ich kann Ihnen versprechen, wir werden uns das ganz genau anschauen und Ende Mai nochmals evaluieren, ob es notwendig ist oder nicht.

Sehr geehrte Damen und Herren! Ich darf mich auch nochmals bei den Beamtinnen und Beamten meines Hauses bedanken, die in den letzten Wochen ohne Unterlass ge­arbeitet haben, um bestmögliche Lösungen für die Probleme zu finden. (Beifall bei Grü­nen und ÖVP.) Ich darf mich auch bei allen MitarbeiterInnen in der Justiz bedanken, die den Rechtsstaat auch während dieser schwierigen Zeit aufrechterhalten haben.

Abschließend darf ich mich bei Ihnen allen dafür bedanken, dass Sie es uns ermögli­chen, diese notwendigen Maßnahmen zu beschließen. – Herzlichen Dank. (Beifall bei Grünen und ÖVP sowie bei Abgeordneten der SPÖ.)

19.38


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Abgeordneter Troch. – Bitte.


19.38.38

Abgeordneter Dr. Harald Troch (SPÖ): Herr Präsident! Frau Bundesministerin! Meine Damen und Herren! In der Coronakrise wird vieles hinterfragt, und das zu Recht. Auch das Parlament sucht in dieser außergewöhnlichen und außerordentlichen Situation Lö­sungen, allerdings Lösungen, die die Grundrechte von Menschen in einem Verfahren nicht beeinträchtigen.

Es geht heute um den Videoeinsatz vor Gericht. Menschen im Gerichtsprozess haben nun einmal ein Recht auf ein ordentliches, ein faires Verfahren. Das ist ein Grundrecht, und dazu zählt auch, dass die Beteiligten unmittelbar persönlich auftreten – man nennt das auch die Unmittelbarkeit. Das ist für die Wahrheitsfindung, für den Eindruck, den das Gericht erhält, glaube ich, von hoher Bedeutung.

Die SPÖ sieht den Einsatz von Videoaufnahmen von Zeugen und Beteiligten nicht als ideal an, aber Faktum ist: Die Coronakrise betrifft auch die Justiz massiv. Es gibt einen gigantischen Rückstau an Verhandlungen, und der Bürger hat das Recht – Frau Bun­desministerin, Sie haben das schon angesprochen –, rasch zu einer Entscheidungsfin­dung des Gerichts, zu einer Rechtsprechung, zu kommen.

Für die SPÖ ist die zeitliche Begrenzung der Maßnahmen ganz, ganz wichtig; aller­dings: Die Einsparungen haben eine jahrelange Geschichte, und es gibt auch eine Ver­antwortung dafür, dass in der Justiz die Ressourcen sehr beschränkt sind. Die ÖVP trommelte seit vielen Jahren: mehr privat – weniger Staat!, und das fällt der Justiz auf den Kopf. Die Einsparungsmaßnahmen, für die die ÖVP-Finanzminister die Verantwor­tung tragen, fallen der staatlichen österreichischen Justiz auf den Kopf. (Beifall bei der SPÖ.)


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll27. Sitzung, 28. April 2020 / Seite 232

Mit der ÖVP-Ideologie: mehr privat – weniger Staat!, werden wir im Justizbereich nicht weiterkommen, keine Fortschritte erzielen. Es gibt einen enormen Personalmangel. – Frau Bundesministerin, es ehrt Sie, dass Sie den Mitarbeitern der Justiz Ihren Dank aussprechen, aber Dank wird nicht reichen, um eine ordentliche Justiz in Österreich zu realisieren. Es gibt diesen Personalmangel, es gibt Mängel im EDV-Bereich und na­türlich auch in den Justizanstalten.

Das heute zu beschließende Gesetz betrifft allerdings auch das Vereinsrecht. Die an­stehenden Mitgliederversammlungen oder Generalversammlungen können bis En­de 2021 durchgeführt werden. Es betrifft vor allem große Vereine – auch den ÖGB ‑, das ist erfreulich.

Auch das Zivilrechts-Mediations-Gesetz wird geändert. Die Mediatoren, die bei der Konfliktentschärfung, bei der Findung von Lösungen inzwischen eine bedeutende Rolle spielen, können ihre Weiterbildungsmaßnahmen, die für heuer fällig wären – diese 50 Stunden, die nachzuweisen sind –, bis Ende 2021 erbringen. Das ist praxisorientiert und eine sehr gute Maßnahme. – Danke schön. (Beifall bei der SPÖ.)

19.41


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Fi­scher. – Bitte.


19.41.56

Abgeordnete Mag. Ulrike Fischer (Grüne): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr ge­ehrte Frau Minister! Werte Damen und Herren! Die Coronakrise können wir nur ge­meinsam bewältigen. Es ist unser aller Handeln gefragt. Wir hier im Nationalrat können mit Gesetzen einen kleinen Beitrag leisten, und es ist unsere Aufgabe, in allen Be­reichen auf die Leute draußen, die die Strukturen erhalten, die an den Supermarktkas­sen sitzen, die in den Pflegeberufen arbeiten, aber auch auf jene, die den Wärmezäh­ler ablesen, Rücksicht zu nehmen.

Wir haben hier heute ein Gesetz, bei dem es darum geht, dass zum Beispiel 200 000 Wie­ner Verdunster in ihrer Wohnung haben und diese nur kompliziert abgelesen werden können. Man muss sich das so vorstellen: Das ist ein kleines Röhrchen, das an den Heizkörpern angebracht ist. (Abg. Kickl: Kenne ich!) – Ja, einige von uns kennen das und haben damit schon gute oder schlechte Erfahrungen gemacht. Wenn diese Selbst­ablesung eben nicht möglich ist, dann ist es jetzt in Covid-19-Zeiten möglich, dass diese Ablesung so erfolgt, dass es eine Hochrechnung für ein Jahr gibt. Das ist gerecht und praktisch, und damit schaffen wir eines – und ich glaube, das wollen wir in allen Bereichen –: die Fallzahlen so niedrig wie möglich zu halten und auf unsere Leute, die draußen sind, aufzupassen und sie zu schützen. (Beifall bei den Grünen und bei Ab­geordneten der ÖVP.)

Wichtig ist, dass diese verbrauchsabhängige Abrechnung eben für ein Jahr erfolgt, weil man eines wissen muss: Wenn ich eine Durchrechnung von drei Jahren habe, dann ist das nicht gerecht, da gibt es einmal eine längere Heizperiode, einmal eine kürzere Heizperiode. Mache ich eine Hochrechnung für ein Jahr – ich habe mir aufgeschrieben, wie die ÖNORM heißt: M 5930 – und mache ich es nach dem Stand der Technik, dann funktioniert das perfekt.

Es ist gerecht und praktisch, und so können wir mit diesem kleinen Gesetz hoffentlich den Leuten – diesen 200 000 Wienern und anderen, die solche komplizierten Verduns­ter haben – helfen. – Vielen Dank, danke für die Aufmerksamkeit. (Beifall bei den Grü­nen und bei Abgeordneten der ÖVP.)


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll27. Sitzung, 28. April 2020 / Seite 233

19.44


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Be­cher. – Bitte.


19.44.41

Abgeordnete Mag. Ruth Becher (SPÖ): Herr Präsident! Frau Ministerin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Das Heizkostenabrechnungsgesetz und auch die Able­seproblematik sind sicher schon etwas überholt und erlangen durch die jetzige Situa­tion wieder allgemeine Aufmerksamkeit. Deshalb ist der heutige Antrag 438/A, der be­inhaltet, dass fremde Personen nicht mehr die Wohnung betreten müssen, um den Wärmeverbrauch abzulesen, vom Grundgedanken her auch sehr positiv; wenn man sich aber den Entwurf genauer ansieht, so scheint er nur von der Sorge getragen zu sein, dass das Geld der Abrechnungsfirmen, die das Ablesen der Heizkosten überneh­men, gesichert ist.

Wer sind diese Firmen? – Die Marktführer sind zwei internationale Firmen, Ista und Te­chem, die sich zum Großteil auch in Österreich den Markt aufteilen – zu überhöhten Preisen. Diesen Eindruck haben auch die deutschen Behörden. Das deutsche Bundes­kartellamt hat auch empfohlen, dass diese Missstände durch ein Gesetz abgestellt werden. Das ist nicht erfolgt, sondern beide Firmen wurden verkauft, und zwar an eine Schweizer Investmentfirma und an eine chinesische Gruppe, und das um 4,6 und um 5,8 Milliarden Euro. Das ist doch sehr bemerkenswert für eine Firma, deren Geschäft lediglich aus dem Ablesen vom Warmwasser- und Wärmeverbrauch von Mietwohnun­gen besteht. Wenn man das im Vergleich dazu setzt: Die Firma Opel wurde um 1,3 Mil­liarden Euro an einen französischen Eigentümer abgegeben.

Ich denke, es wäre in Österreich auch ein sehr guter Weg, wenn man sich die deut­schen Beispiele zum Vorbild nimmt, wo die Dienstleister gekündigt werden, eigene Zähler montiert werden und die Ablesung langfristig umgestellt wird. Bei den neuen Zählern schaut es ja auch schon anders aus, da kann man das auch schon mit Funk­signalen von außerhalb der Wohnung machen.

Der wesentliche Unterschied des SPÖ-Abänderungsantrages zum Antrag der Kollegen Johann Singer, Sirkka Prammer besteht vor allem darin, dass die tatsächlichen durch­schnittlichen Verbrauchsanteile der letzten drei Jahre hochgerechnet werden und dass Leistungen – nämlich das Ablesen –, die nicht erbracht wurden, auch nicht verrechnet werden dürfen.

Ich bringe daher folgenden Antrag ein:

Abänderungsantrag

der Abgeordneten Mag. Ruth Becher, Kolleginnen und Kollegen

Der Nationalrat wolle beschließen:

Zu Z1:

1. Dem § 11 wird folgender Abs. 4 angefügt, welcher lautet:

„(4) Absatz 3 gilt nicht, soweit die Verbrauchsanteile als Folge der Covid-19-Pandemie auch im Wege einer Selbstablesung nicht erfasst werden konnten. In diesem Fall sind die durchschnittlichen Verbrauchsanteile der letzten drei Abrechnungsjahre heranzu­ziehen. Im Falle einer Hochrechnung oder Selbstablesung dürfen die Kosten einer Ab­lesung nicht verrechnet werden.“

*****

Vielen Dank. (Beifall bei der SPÖ.)

19.48

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll27. Sitzung, 28. April 2020 / Seite 234

Abänderungsantrag

der Abgeordneten Mag. Ruth Becher,

Genossinnen und Genossen,

zum Bericht des Justizausschusses über den Antrag 438/A der Abgeordneten Johann Singer, Mag. Agnes Sirkka Prammer, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bun­desgesetz, mit dem das Bundesgesetz über die sparsamere Nutzung von Energie durch verbrauchsabhängige Abrechnung der Heiz- und Warmwasserkosten (Heizkos­tenabrechnungsgesetz – HeizKG 1992) geändert wird (15. COVID-19-Gesetz) (140 d.B.)

eingebracht in der 27. Sitzung des Nationalrates am 28. April 2020 zu TOP 25

Der Nationalrat wolle in zweiter Lesung beschließen:

Der dem eingangs bezeichneten Ausschussbericht angeschlossene Gesetzesentwurf wird wie folgt geändert:

Zu Z1:

1. Dem § 11 wird folgender Abs. 4 angefügt, welcher lautet:

„(4) Absatz 3 gilt nicht, soweit die Verbrauchsanteile als Folge der Covid-19-Pandemie auch im Wege einer Selbstablesung nicht erfasst werden konnten. In diesem Fall sind die durchschnittlichen Verbrauchsanteile der letzten drei Abrechnungsjahre heranzu­ziehen. Im Falle einer Hochrechnung oder Selbstablesung dürfen die Kosten einer Ab­lesung nicht verrechnet werden.“

Begründung

zu Z 1 (Abs. 4):

Es sollen befristet die durchschnittlichen Verbrauchsanteile der letzten drei Abrech­nungsjahre herangezogen werden, soweit die Verbrauchsanteile als Folge der Covid-19-Pandemie nicht erfasst werden konnten.

*****


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Danke schön.

Der Abänderungsantrag ist ordnungsgemäß eingebracht, ausreichend unterstützt und steht somit in Verhandlung.

Zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Reiter. – Bitte.


19.48.22

Abgeordnete Carina Reiter (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geschätzte Justizministerin! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Sehr geehrte Zuseherinnen und Zuseher! Beim Antrag 438/A betreffend das Heizkostenabrechnungsgesetz geht es darum, dass, wie wir heute schon öfter gehört haben, die eigene Wohnung für eine Ablesung nicht durch Fremdpersonen betreten werden muss.

Das Heizkostenabrechnungsgesetz regelt die Verteilung der Heiz- und Warmwasser­kosten in Gebäuden mit mehreren Objekten mit zentraler Wärmeaufbereitung. In Ob­jekten, wo die Verbrauchsermittlung auf den sogenannten Verdunstern, die wir schon sehr genau beschrieben bekommen haben, basiert, muss die Wohnung betreten wer­den, damit diese abgelesen werden können. Die Änderung des Gesetzes schafft die Basis dazu, dass es während der Covid-19-Pandemie nicht mehr dazu kommen muss, dass Mitarbeiter von Ableseunternehmen die Wohnung betreten.


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll27. Sitzung, 28. April 2020 / Seite 235

Wie wir gehört haben, sind alleine 200 000 Wiener Wohnungen davon betroffen – also wirklich eine sehr große Gruppe von Menschen. Die Wohnungsnutzer erhalten die Möglichkeit, eine Selbstablesung durchzuführen, und wenn das nicht möglich sein sollte, ist eine Hochrechnung möglich. Die Hochrechnung war auch bisher möglich, entspricht den ÖNORM-Standards und ist aus technischer Sicht auch sehr zuverlässig.

Die Änderung ermöglicht, dass ein höherer Anteil der beheizbaren Wohnfläche hoch­gerechnet wird, als es bisher möglich war. Das entspricht somit auch den ÖNORM-Standards, ist technisch gerechtfertigt und praktikabel für die Menschen. Die Regelung ist bis zum 31.12.2020 befristet.

Jede Maßnahme, die wir setzen können, um den Alltag im Licht der Coronakrise prak­tikabler und einfacher zu gestalten, ist meiner Meinung nach sehr zu begrüßen. Unsere Aufgabe ist es, Probleme zu erkennen und Lösungen zu finden. Am besten gelingt uns das miteinander. Ein Hickhack hat noch nie irgendjemanden weitergebracht. Darum halten wir zusammen. Bleibts mir gsund! – Danke. (Beifall bei der ÖVP und bei Abge­ordneten der Grünen.)

19.50


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Abgeordneter Schrangl. – Bitte.


19.50.46

Abgeordneter Mag. Philipp Schrangl (FPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Ge­schätzte Frau Justizminister! Meine sehr verehrten Damen und Herren im Hohen Haus und zu Hause! Sie kennen das: Wenn Sie eine Hauszentralheizung haben, wird jedes Jahr abgelesen, es gibt sogar eine gesetzliche Verpflichtung, dass abgelesen werden muss, und natürlich verstehen wir die Ängste und Sorgen der Bevölkerung, wenn jetzt in dieser Phase fremde Personen im ganzen Haus in die Wohnungen hineingehen und vielleicht dieses Virus weitertragen. Daher stehen wir auch dazu, diesem Antrag zuzu­stimmen.

Was wir aber nicht verstehen, ist, dass wir angesichts der Tatsache, dass sich zwei Unternehmen diesen Markt großteils aufteilen – Frau Kollegin Becher hat das ja vorhin schon eindrucksvoll dargelegt –, nicht den Weg gehen, die Konsumentinnen und Kon­sumenten, die unter dieser Krise eh schon so leiden müssen, dieses Mal von diesen Zahlungen zu befreien. Wir stehen auf der Seite der Menschen und nicht auf der Seite der Großkonzerne, und daher stimmen wir auch dem SPÖ-Antrag zu, diesen Großkon­zernen nicht noch dafür, dass sie nicht einmal ablesen kommen, ein Entgelt zukommen zu lassen. Die Menschen, die unter dieser Krise ohnehin schon leiden, haben es sich verdient, dafür nichts mehr zu bezahlen, vor allem, wenn sie selber ablesen.

Wir stehen auf der Seite der Menschen und nicht auf der der Großkonzerne, das haben wir mit unserem Antrag, den wir heute eingebracht haben, auch bewiesen: 1 000 Euro unbürokratisch für jeden Österreicher und dieser kann in österreichischen Unterneh­men eingelöst werden.

Eines nämlich muss man dazu schon sagen: Diese zwei Unternehmen, die sich den Markt teilen, sind, wie die Kollegin gesagt hat, ein chinesischer Milliardär und ein Schweizer Investmentfonds. Diese Menschen brauchen wir nicht zu unterstützen, die haben genügend Geld. Wir unterstützen die Österreicherinnen und Österreicher mit un­serem Tausender. Bitte mitstimmen! – Danke. (Beifall bei der FPÖ.)

19.52


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Abgeordneter Stocker. – Bitte.



Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll27. Sitzung, 28. April 2020 / Seite 236

19.53.07

Abgeordneter Dr. Christian Stocker (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Frau Bun­desministerin! Meine sehr geschätzten Damen und Herren Kollegen! Meine sehr ge­ehrten Damen und Herren! Wenn man diese Debatte verfolgt, dann sieht man, dass sich Folgendes zeigt: Wenn man die Dinge unter der Lupe betrachtet, sieht man zwei Effekte: Der eine ist, dass das, was unter der Lupe betrachtet wird, größer erscheint, als es ist, und der andere, dass die Dinge rundherum, der Rest, verschwimmen. Was meine ich damit? – Es verschwimmt ein wenig, worum es eigentlich geht.

Es ist angeklungen, dass ungefähr 40 000 Verfahren ausgesetzt worden sind; gleich­zeitig sind aber die Gerichtssäle nicht dafür geeignet, dass in jedem einzelnen die Schutzmaßnahmen im Zusammenhang mit der Coronakrise umgesetzt werden kön­nen. Wenn wir uns vor Augen führen, dass dieses Haus regelmäßig Rechte einräumt, aber auch in Rechte eingreift, dann sieht man, dass dieser Eingriff natürlich auch im Rahmen von Schutznormen geschieht und dass die Abwägung das Wesentliche dabei ist.

Was aber gilt es abzuwägen? – Einerseits haben wir den Artikel 6 der Europäischen Menschenrechtskonvention, der die Unmittelbarkeit und das faire Verfahren vorsieht, der aber auch sehr deutlich sagt, dass die Verfahren in angemessener Frist durchzu­führen sind. Zum anderen haben wir im Bereich der Unmittelbarkeit – denn die Münd­lichkeit ist durch die Videokonferenzen ja nicht beeinträchtigt – in den Rechtsordnun­gen sowohl im Zivilrecht als auch im Strafrecht schon jetzt Eingriffe: Im Zivilrecht ver­weise ich auf die Vernehmung im Rechtshilfeweg, bei dem der Unmittelbarkeitsgrund­satz ebenfalls durchbrochen ist, und im Strafrecht verweise ich auf die kontradiktori­sche Vernehmung – auch etwas, was gar nicht so unproblematisch ist, aber aus gutem Grund wegen des Opferschutzes so vorgesehen ist.

Wenn wir uns die Abwägung vor Augen führen, die da vorzunehmen ist, dann sehen wir, dass es dazu einen Erlass des Ministeriums gibt, der darauf verweist, dass es eine Kannbestimmung ist und dass als Orientierungshilfe das richterliche Ermessen in der Ausübung ein gebundenes ist. Zudem gibt es natürlich auch einen Leitfaden für die Rechtsprechung, um sich diese Orientierungshilfe zu holen.

Ich vermisse da ein wenig das Vertrauen der Opposition in die Rechtsprechung. An­scheinend ist das Vertrauen in die Rechtsprechung in diesem Bereich enden wollend, wenngleich das zum Beispiel bei der Einführung eines Eilverfahrens für den Verfas­sungsgerichtshof nicht so ist. Das ist auch ein wesentlicher Eingriff in die Verfahrens­vorschriften (Zwischenruf der Abg. Yildirim), ein Eingriff auch an der Schnittstelle zwi­schen Politik und Rechtsprechung. Das heißt, ich vermische das nicht. (Neuerlicher Zwischenruf der Abg. Yildirim.) – Frau Kollegin, der Eindruck, der da entsteht, ist, dass Ihre politische Kompassnadel sich nach dem Magnetfeld der Parteitaktik richtet. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Grünen.)

Die Regelung hinsichtlich dieses Eilverfahrens, das da vorgesehen ist oder das ge­wünscht wird, ist im Übrigen eine unbefristete, und auch das wäre für Sie ganz ohne Begutachtung gegangen: ein wesentlicher Eingriff in die Verfahrensvorschriften vor ei­nem Höchstgericht. – Demgegenüber steht eine Befristung im Bereich von Videokon­ferenzen von einem Monat. (Neuerlicher Zwischenruf der Abg. Yildirim.)

Meine Damen und Herren, es ist die Sache der Opposition, das Haar in der Suppe zu suchen. (Neuerliche Zwischenrufe der Abg. Yildirim. – Abg. Heinisch-Hosek: Das ist nicht unsere Aufgabe!) Ich sehe es als unsere Aufgabe, dafür zu arbeiten, dass wir überhaupt eine Suppe haben. – Danke. (Beifall bei der ÖVP.)

19.57



Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll27. Sitzung, 28. April 2020 / Seite 237

Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort ist dazu niemand mehr gemeldet. Die Debatte ist geschlossen.

Wünscht die Berichterstatterin ein Schlusswort? – Das ist nicht der Fall.

19.57.4226. Punkt

Bericht des Justizausschusses über den Antrag 488/A(E) der Abgeordneten Ma­ria Großbauer, Mag. Eva Blimlinger, Kolleginnen und Kollegen betreffend Siche­rung der Kunst-, Kultur- und Sportveranstalter vor weiteren Auswirkungen der COVID-19-Pandemie (141 d.B.)

27. Punkt

Bericht und Antrag des Justizausschusses über den Entwurf eines Bundesge­setzes, mit dem ein Bundesgesetz zur Sicherung des Kunst-, Kultur- und Sport­lebens vor weiteren Auswirkungen der COVID-19-Pandemie (Kunst-, Kultur- und Sportsicherungsgesetz – KuKuSpoSiG) beschlossen wird (142 d.B.)


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Wir gelangen nun zu den Punkten 26 und 27 der Tagesordnung, über welche die Debatten unter einem durchgeführt werden.

Auf eine mündliche Berichterstattung wurde verzichtet.

Zu Wort gemeldet ist Abgeordneter Drozda. – Bitte.


19.58.26

Abgeordneter Mag. Thomas Drozda (SPÖ): Herr Präsident! Frau Bundesministerin! Frau Staatssekretärin! Was da unter dem Titel Sicherung der Kunst-, Kultur- und Sport­veranstalter diskutiert wird, wird zu einer Besserung beitragen, es wird nur nichts si­chern – das möchte ich einmal klarstellen –, denn vordergründig geht es hier, heute und jetzt um Veranstaltungen, in Wirklichkeit aber geht es um den Zustand der Bran­che, und der Zustand der Branche ist ein Desaster. – Ich muss das so sagen, wie es ist, und insofern ist dieser Titel auch misleading. (Beifall bei der SPÖ sowie des Abg. Brandstätter.)

Wir sind jetzt in der sechsten Woche der Krise, in dieser sechsten Woche der Krise be­ginnen die ersten runden Tische mit den Künstlerinnen und Künstlern sowie den Kul­turschaffenden, und ich muss sagen, das ist ziemlich genau sechs Wochen zu spät.

Der Härtefallfonds wurde in der Zwischenzeit das dritte Mal überarbeitet, zuletzt heute Nachmittag. Eine wirkliche Hilfestellung ist das naturgemäß nicht. In Wahrheit wurden drei Grundfehler gemacht: Der erste Grundfehler ist von uns oft – und weil ich Sepp Schellhorn sehe: auch von ihm – und immer wieder beschrieben worden. Dieser Grundfehler war die Aufhebung des Epidemiegesetzes, das eine volle Kompensation des Verdienstentgangs vorgesehen hat. Das hätte im Übrigen auch die Veranstalter­branche gerettet. (Beifall bei der SPÖ.)

Der Grundfehler zwei war, dass man sich in der Abwicklung nicht etwa der Stellen be­dient hat, die alle Daten haben, die es gekonnt hätten und die das rasch und un­bürokratisch hätten erledigen können – ich meine in dem Fall die Finanzämter und das Finanzministerium –, sondern nein, man hat sich der Wirtschaftskammer bedient.

Im Übrigen, das Angebot, dass das Kunstressort rasch den Verwertungsgesellschaften hilft, wurde ausgeschlagen. Ebenso wenig wurde bisher für die Gemeinnützigen er­reicht. Ich habe Kollegin Blimlinger am Abend in „Im Zentrum“ gehört und höre, da gibt es Widerstände von Türkis. Vielleicht nützen Sie die Gelegenheit, einmal aufzuklären, wo wir da stehen. (Beifall bei der SPÖ sowie des Abg. Brandstätter.)


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll27. Sitzung, 28. April 2020 / Seite 238

Der dritte und nicht weniger gravierende Grundfehler ist die Kommunikation mit den Betroffenen. Jeder Praktiker hätte Ihnen sagen können, dass die 20-Quadratmeter-Re­gel weder im Museum noch im Theater funktioniert und im Übrigen auch nicht beim Film. (Beifall bei der SPÖ sowie des Abg. Brandstätter.)

Die Filmschaffenden haben heute einen offenen Brief geschrieben, und dieser Brief ist vernichtend. Es gibt aber in diesem Brief einen Satz, den ich jetzt zitieren möchte, weil er mir wichtig und exemplarisch erscheint. Dieser Satz lautet – Zitat –: Am Set gibt es keine neue Normalität!, und ich füge hinzu: Auch auf der Probebühne gibt es keine neue Normalität und im Bordone-Saal des Kunsthistorischen Museums gibt es auch keine neue Normalität. (Beifall bei der SPÖ sowie des Abg. Brandstätter.)

Ich komme leider zu der Analyse, dass das meiste dessen, was Sie vorgeschlagen haben, nicht funktioniert und auch wenig Sinn ergibt. Von Planungssicherheit sind alle weit entfernt. Jedem ist klar, dass das Erste, das zugesperrt wird, das Letzte ist, das wieder aufgesperrt wird.

Es wäre sinnvoll, sich mit den Künstlerinnen und Künstlern wie mit erwachsenen Men­schen zu unterhalten und ihnen zu sagen, was Sache ist, und sie nicht wie Kleinkinder zu behandeln. Sie, Frau Staatssekretärin, sind dafür verantwortlich, dass den Einzel­künstlerInnen genauso wie den renommiertesten Festivals der Welt Sicherheit und Klarheit gegeben werden. Das ist die wichtigste Aufgabe der Kulturpolitik.

So wissen wir aus einer Pressekonferenz, die heute um 8 Uhr morgens stattgefunden hat, dass es jetzt möglich sein wird, zu viert an einem Wirtshaustisch zu sitzen, und das ist fein. Man kann auch 5 Quadratmeter im Schwimmbad benützen, auch das ist fein. Ich frage Sie aber allen Ernstes: Was nützt das den Veranstaltungen, was nützt das dem Konzerthaus und was nützt das den Kulturveranstaltungen? Die brauchen dringend eine Klärung dessen, was Sache ist, und erzählen Sie den Künstlern bitte, bitte, bitte nichts von Babyelefanten! (Beifall bei der SPÖ sowie des Abg. Brandstät­ter.) Das ist ehrlich gesagt nicht das Niveau, auf dem man mit Künstlern redet.

Jetzt zur Gutscheinlösung: Fakt ist, die Veranstalter haben riesengroße Probleme, und Fakt ist, diese Probleme betreffen nicht nur die Liquidität. Natürlich wäre es sinnvoller gewesen, diesen Veranstaltern anderweitig unter die Arme zu greifen. Jetzt liegt ein Vorschlag vor, dass die Liquidität der Veranstalter und der Ticketanbieter im Wesentli­chen durch die Konsumenten gesichert werden soll. Wir verschließen uns dem nicht grundsätzlich, es muss nur klare Spielregeln geben, nämlich klar definierte Gutscheine und eine klare Regelung im Insolvenzfall, und es müssen gewisse Gruppen von dieser Regelung ausgenommen sein.

In diesem Sinn bringe ich zum Schluss einen Abänderungsantrag zum Bericht des Justizausschusses in 142 d.B. ein.

Der Nationalrat wolle in zweiter Lesung beschließen, dass in § 1 Abs. 7 eine Ziffer 2 hinzugefügt wird, die besagt, dass diese Ausnahme auf Personen, die zum Zeitpunkt des Kaufes minderjährig sind und Personen, die laut § 3 Abs. 5 Rundfunkgebührenge­setz i.d.g.F. von der Zahlung von Rundfunkgebühren befreit sind angewendet werden soll.

*****

Vielen Dank. (Beifall bei der SPÖ sowie des Abg. Brandstätter.)

20.03

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll27. Sitzung, 28. April 2020 / Seite 239

Abänderungsantrag

der Abgeordneten Mag. Thomas Drozda, Maximilian Köllner, MA, Mag.a Selma Yildirim

Genossinnen und Genossen,

zum Bericht des Justizausschusses über den Entwurf eines Bundesgesetzes, mit dem ein Bundesgesetz zur Sicherung des Kunst-, Kultur- und Sportlebens vor weiteren Aus­wirkungen der COVID-19-Pandemie (Kunst-, Kultur- und Sportsicherungsgesetzes – KuKuSpoSiG) beschlossen wird (142 d.B.)

eingebracht in der 27. Sitzung des Nationalrates am 28. April 2020 zu TOP 27

Der Nationalrat wolle in 2. Lesung beschließen:

Der/Dem eingangs bezeichneten Ausschussbericht angeschlossene Gesetzesentwurf wird wie folgt geändert:

In § 1 lautet Abs. (7) wie folgt:

„(7) Die Bestimmungen dieses Bundesgesetzes sind nicht anzuwenden,

1.          wenn Veranstalter des Kunst-, Kultur- oder Sportereignisses oder Betreiber der Kunst- oder Kultureinrichtung entweder der Bund, ein Land oder eine Gemeinde oder aber ein Rechtsträger ist, der entweder zumindest mehrheitlich im Eigen­tum des Bundes, eines Landes oder einer Gemeinde steht oder für den der Bund, ein Land oder eine Gemeinde haftet oder den Abgang trägt,

2.          auf Personen, die zum Zeitpunkt des Kaufes minderjährig sind und Personen, die laut § 3 Abs. 5 Rundfunkgebührengesetz i.d.g.F. von der Zahlung von Rundfunkgebühren befreit sind.“

Begründung

Das grundsätzliche Anliegen des Gesetzesvorschlages wird geteilt, nämlich, dass we­nigstens ein kleiner Teil jener Nachteile, die die Covid-19 Pandemie für die Kunst-, Kul­tur- und Sportszene gebracht hat, durch eine sachliche Regelung ausgeglichen werde. Allerdings wäre es sozial und sachlich nicht vertretbar, wenn auch Personen mit sehr geringem Einkommen unter diese Bestimmung fallen würden. Aus diesem Grund sol­len Minderjährige und Personen, die von der GIS-Gebühr befreit sind, ausgenommen werden.

*****


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Der Antrag ist ordnungsgemäß eingebracht, aus­reichend unterstützt und steht somit mit in Verhandlung.

Zu Wort gelangt Frau Abgeordnete Blimlinger. – Bitte.


20.04.11

Abgeordnete Mag. Eva Blimlinger (Grüne): Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kol­leginnen und Kollegen! Ich fange mit dem Abänderungsantrag an, den Kollege Drozda eingebracht hat, dem wir nicht zustimmen werden. Ich gehe einmal kurz auf die Gut­scheinlösung ein: Allen Menschen recht getan, ist eine Kunst, die niemand kann. Wir aber haben uns bemüht, möglichst viele Menschen in dieser Frage der Tickets zu un­terstützen. Da gibt es Abstriche auf beiden Seiten, keine Frage. Es muss ein Kompro­miss zwischen einerseits den Veranstaltern und Veranstalterinnen und andererseits den BesucherInnen, KundInnen, all jenen, die Tickets gekauft haben, gefunden wer­den. Dass nicht beide auf ihre vollen Kosten kommen, ist vollkommen klar. Wichtig ist


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll27. Sitzung, 28. April 2020 / Seite 240

uns einerseits, dass die Liquidität der Veranstalter und Veranstalterinnen erhalten bleibt. Dies soll dadurch ermöglicht werden, dass es für die Konsumenten und Konsu­mentinnen, die Kunden und Kundinnen, die Besucher und Besucherinnen, die Ticket­käufer und Ticketkäuferinnen eine Mischlösung zwischen Rückerstattung des Geldes und Gutschein gibt.

In der jetzigen Situation wäre es so, dass die Ticketkäuferinnen und -käufer den vollen Preis zurückbekommen könnten. Das würde fast zwangsläufig zu einer Insolvenz der Veranstalter führen, und zwar nicht nur der großen Kunst- und Kulturveranstalter, son­dern auch der kleinen Kabarettbühnen und der kleinen Veranstalter, die es – sage ich jetzt einmal – vom Burgenland bis nach Vorarlberg gibt. Was uns bei diesen Ereig­nissen besonders wichtig ist, ist auch der Bereich des Sports, in dem es ja auch einen Ticketverkauf gibt.

Nun komme ich noch auf die Frage der Abonnements. Es wird also jetzt so sein, dass bis 70 Euro ein Gutschein ausgestellt wird. Zwischen 70 Euro und 250 Euro bleiben 180 Euro übrig, die kann man sich auszahlen lassen. Für alles über 250 Euro gibt es wieder einen Gutschein. Das ist eine Lösung, die für alle gilt. Zusätzlich ist es so: Wenn Sie ein Abonnement haben, zum Beispiel bei Rapid – um hier ein bisschen Wer­bung zu machen –, dann werden Sie im nächsten Jahr vermutlich nicht eines für die Austria nehmen, sondern weiter das Rapid-Abo haben wollen. Sie können sich den Betrag also auf das nächste Abonnement gutschreiben lassen oder einen Gutschein nehmen, wie Sie wollen. Wer aber die Verbundenheit von Fans zu Fußballklubs kennt, der weiß, dass das Abonnement immer fortlaufend ist. Ausgenommen sind natürlich Einrichtungen, die zu einer Gebietskörperschaft – also Bund, Länder und Gemeinden – zählen.

Zum Abänderungsantrag von Kollegen Drozda möchte ich sagen: Das Abzielen auf Minderjährige ist absolut nicht sozial treffsicher. Das würde ja bedeuten, dass alle Min­derjährigen kein Geld haben, und das kann man wohl so nicht sagen. Da können wir also gar nicht mit.

Die Frage mit der GIS ist natürlich auch so eine Sache, weil wir da in die Situation kommen, dass man gewissermaßen gegenüber einem Privaten eine Armutsoffenle­gung macht, und das wollen wir auf keinen Fall, da wir da keinen Präzedenzfall schaf­fen möchten. Da wäre man sicher dagegen, dass man Armut gegenüber einem Priva­ten offenlegen muss und somit ein Vermögensbekenntnis ablegen soll; das geht aus unserer Sicht gar nicht. Daher kommt es für uns nicht infrage, diesem Abänderungs­antrag zuzustimmen.

Lassen Sie mich noch ein kurzes Postskriptum zum ORF und der GIS hinzufügen: Unter Ihren Regierungen, unter Regierungsbeteiligung der SPÖ, war es so, dass der Beitrag jener, die von der GIS befreit sind – und die Sie jetzt sozusagen ins Treffen führen –, nicht mehr an den ORF refundiert wurde, wodurch der ORF 50 bis 60 Mil­lionen Euro im Jahr verliert – also auf der einen Seite so, auf der anderen Seite so.

Ich muss sagen, ich glaube, wir haben möglichst vielen Menschen die Möglichkeit ge­geben, hinsichtlich der Tickets eine gewisse Sicherheit zu bekommen und eine ge­wisse Refundierung zu erhalten, und auch geschaut, dass die Veranstalter nicht insol­vent werden.

Es ist eine ganz schwierige Situation, in der wir uns befinden, und da braucht es ein bisschen Abstriche von jeder Seite. – Herzlichen Dank. (Beifall bei Grünen und ÖVP.)

20.09


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Reifenber­ger. – Bitte.



Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll27. Sitzung, 28. April 2020 / Seite 241

20.09.13

Abgeordneter Ing. Mag. Volker Reifenberger (FPÖ): Hohes Haus! Kunst und Kultur leiden nicht nur unter der Coronakrise, sondern auch unter den zuständigen Ressort­verantwortlichen.

Wir haben mit dem Duo Kogler und Lunacek eine Fehlbesetzung par excellence. Ihre gemeinsame Pressekonferenz vom 17. April hat inzwischen so etwas wie Kultstatus, aber leider im negativen Sinn.

Es ist zwar auch ein Beitrag zur Kunst, wenn man für Stermann und Grissemann eine Kabarettvorlage liefert, aber so ganz haben sie ihren Job, glaube ich, noch nicht ver­standen. (Zwischenrufe bei den Grünen.) Wenn jetzt die Regierungsfraktionen im Na­tionalrat einen unverbindlichen Entschließungsantrag quasi an sich selbst einbringen, dann ist das ein Schmäh, der dieses Hauses nicht würdig ist.

Abgesehen davon, dass der Antragstext mit Sternchen gegendert und damit so ver­hunzt ist, dass er kaum lesbar ist (neuerliche Zwischenrufe bei den Grünen), fordern die schwarz-grünen Abgeordneten von den schwarz-grünen Regierungsmitgliedern im Kulturbereich und Sport – und ich zitiere aus diesem Antrag –, „Möglichkeiten zur Ab­federung wirtschaftlicher Härtefälle [...] zu prüfen.“ – Also viel unverbindlicher geht es gar nicht mehr!

Was wollen Sie uns mit diesem Antrag eigentlich sagen? (Abg. Gabriela Schwarz: Was wollen Sie uns sagen?) – Also entweder ist es so, dass die Parlamentsklubs von Schwarz und Grün einen Missstand in der Regierungsarbeit festgestellt haben und jetzt eine Kurskorrektur verlangen, oder, und das ist es in Wahrheit, Sie betreiben hier reine Showpolitik und Wählertäuschung. (Beifall bei der FPÖ.)

Was Kunst- und Kulturschaffende brauchen, ist nämlich etwas ganz anderes: Sie brau­chen erstens Planbarkeit, zweitens Rechtssicherheit und drittens, das ist ganz wesent­lich, wirklich praxistaugliche Rahmenbedingungen, und das sind Sie uns bis heute im­mer noch schuldig geblieben.

Daher bringe ich folgenden Antrag ein:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Ing. Mag. Volker Reifenberger, Kolleginnen und Kollegen „betreffend dringliche Herstellung von Planbarkeit, Sicherheit und realitätsnahe Vorgaben für den heimischen Kunst- und Kulturbereich“

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesregierung und insbesondere der Bundesminister für Kunst, Kultur, öffentli­chen Dienst und Sport werden aufgefordert, bis 30. April 2020 einen konkreten, reali­tätsnahen und umsetzbaren Plan vorzulegen, der geeignet ist, die dringend erforder­liche Planbarkeit, Rechtssicherheit und Klarheit für die Tätigkeit der heimischen Kunst- und Kulturschaffenden sicherzustellen.“

*****

(Beifall bei der FPÖ.)

Kommen wir nun zu Ihrem zweiten Antrag, zum Kunst-, Kultur- und Sportsicherungs­gesetz: Was Sie jetzt hier als große Rettungsaktion verkaufen, ist für den Kultur- und Sportbereich in Wahrheit nichts anderes als ein unausgegorener legistischer Pfusch. Es ist auch viel zu kompliziert und eine Sauerei den Kunden gegenüber.


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll27. Sitzung, 28. April 2020 / Seite 242

Zuerst haben Sie das Epidemiegesetz ausgehebelt und damit den Unternehmern die Rechtsansprüche genommen und sie zu Bittstellern gegenüber den Wirtschaftskam­mern degradiert, und jetzt gehen Sie her und hebeln eindeutige Bestimmungen des ABGB aus. Sie nehmen damit den Konsumenten den Rechtsanspruch auf Rücker­stattung ihrer bereits bezahlten Tickets weg. Anstatt dass der Staat hergeht und hier mit Zuschüssen und Krediten einspringt, machen Sie die Konsumenten gegen ihren Willen zu unfreiwilligen Kreditgebern.

Das Perfide an diesem Antrag ist, dass Sie hier die Veranstalter von Kunst- und Kultur­veranstaltungen und die Besucher dieser Veranstaltungen gegeneinander ausspielen.

Wenn man jetzt gegen Ihren Antrag stimmt, was wir tun werden, dann erweckt das bei einem nicht genauen Hinschauen den Anschein, als würde man hier Kunst- und Kul­turveranstalter nicht unterstützen (Ruf: Geh bitte!), aber das stimmt nicht, meine sehr geehrten Damen und Herren! Der Staat drückt sich hier vor seiner Verantwortung und überbindet das Risiko auf die Konsumenten. Die Konsumenten müssen sich mit Gut­scheinen zufriedengeben, und wenn sie dann doch noch zu ihrem Geld kommen wol­len, müssen sie diesen Veranstaltern bis Jahresende 2022 einen Kredit einräumen. Bit­te denken Sie darüber einmal nach!

Dieser Kredit ist erstens erzwungen und damit in den meisten Fällen nicht freiwillig, zweitens ist er unverzinst, drittens ist er nicht inflationsabgesichert, und viertens, das Allerschlimmste, er ist nicht insolvenzabgesichert.

Wenn ich in meinem Beruf im Notariat einen solchen Kreditvertrag aufsetzen müsste, hätte ich größte Bedenken und würde meine Klienten aufgrund meiner berufsrecht­lichen Verantwortung vor dem Abschluss eines solchen einseitigen und riskanten Rechtsgeschäfts warnen und ihnen davon abraten. (Beifall bei der FPÖ.)

Wenn Sie zumindest so fair wären und einen Insolvenzschutz in das Gesetz eingebaut hätten! So wird es im Kultur- und Sportbereich aber zu vielen Insolvenzen – halt ein bisschen zeitverzögert, aber schließlich dann doch – kommen, und die Zeche zahlen dann am Ende die Konsumenten, die dann auf ihren Gutscheinen sitzen bleiben.

Ich bin mir sicher, je nach finanzieller Situation und Einzelfall würden viele Ticketbe­sitzer freiwillig, und die Betonung liegt auf freiwillig, Gutscheine anstatt Zahlungen ent­gegennehmen; aber Sie setzen Ihre autoritäre Politik von staatlich verordneten Zwangsmaßnahmen fort, anstatt Unternehmen und Vereinen tatsächlich zu helfen. Die Rechnung wird aber am Ende gemacht, und die werden Sie präsentiert bekommen, das verspreche ich Ihnen! Auch eine weitere Kurve wird nämlich abflachen, und zwar ziemlich steil nach unten, nämlich die Kurve Ihrer Umfragewerte, denn die Menschen in diesem Land haben die Bevormundung langsam, aber ganz sicher satt. (Beifall bei der FPÖ.)

20.14

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:

Entschließungsantrag

des Abgeordneten Ing. Mag. Volker Reifenberger

und weiterer Abgeordneter

betreffend dringliche Herstellung von Planbarkeit, Sicherheit und realitätsnahe Vorga­ben für den heimischen Kunst- und Kulturbereich

eingebracht im Zuge der Debatte zu TOP 27: Bericht und Antrag des Justizaus­schusses über den Entwurf eines Bundesgesetzes, mit dem ein Bundesgesetz zur Si-


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cherung des Kunst-, Kultur- und Sportlebens vor weiteren Auswirkungen der COVID-19-Pandemie (Kunst-, Kultur- und Sportsicherungsgesetz –KuKuSpoSiG) beschlossen wird (142 d.B.) in der 27. Sitzung des Nationalrates am 28. April 2020

„Verständnis, Klarheit und ein Minimum an Planungssicherheit: Wer erwartet hatte, dass es von Regierungsseite zu guter Letzt auch in Bezug auf die Kultur einen nach­vollziehbaren Fahrplan geben würde, der wurde am Freitag enttäuscht. In fast allen Be­reichen wurden in den vergangenen Tagen und Wochen vorsichtige Lockerungen skiz­ziert. Was die Kultur betrifft, stifteten Vizekanzler Werner Kogler und die zuständige Staatssekretärin Ulrike Lunacek bei ihrer Pressekonferenz dagegen Verwirrung.“ so zu lesen in einem Kommentar im Standard vom 19. April 2020.

Tatsächlich führte die zitierte Pressekonferenz von Vizekanzler Kogler und der für Kul­tur zuständigen Staatsekretärin Lunacek vom Freitag, den 17. April 2020 zu Ratlosig­keit bis Verärgerung bei den Betroffenen und offenbarte neben offensichtlicher Planlo­sigkeit ein Bild fehlender Koordinierung und Kommunikation.

Staatssekretärin Lunacek kündigte in der genannten Pressekonferenz unter anderem an, dass die Museen grundsätzlich Mitte Mai wieder öffnen könnten, die Bundesmu­seen aber aus betriebswirtschaftlichen Erwägungen erst am 1. Juli 2020 öffnen möch­ten.

In der Folge war die Irritation groß, da es ganz offensichtlich diesbezüglich zu diesem Zeitpunkt keine Abstimmung unter den Bundesmuseen gegeben hat und diese auch nicht im Vorfeld über die geplante Öffnungsmöglichkeit ab Mitte Mai seitens der Staats­sekretärin in Kenntnis gesetzt wurden.

Durch diese offensichtlich fehlende interne Kommunikation löste die Staatssekretärin nicht nur ein Höchstmaß an Verunsicherung bei den Betroffenen sondern eine tage­lange öffentliche Diskussion mit vehementer Kritik am verkündeten „Nichtöffnen“ der Bundesmuseen vor dem 1. Juli 2020 aus:

So erklärte Christian Köberl, Generaldirektor des Naturhistorischen Museums (NHM), gegenüber ORF.at: „Ich darf anmerken, dass wir vom NHM nicht direkt in irgendwelche derartigen Erörterungen eingebunden waren, und vom Ministerium in dieser Sache keine schriftlichen Weisungen bekommen haben.“

Am Freitagnachmittag – offensichtlich nach der genannten Pressekonferenz – einigte man sich in der Bundesmuseenkonferenz endgültig auf den 1. Juli 2020 als Datum für die Wiederöffnung der Bundesmuseen.

Die Generaldirektorin der Nationalbibliothek und derzeitige Vorsitzende der Bundesmu­seenkonferenz Johanna Rachinger versuchte gegenüber Ö1 dann diese Entscheidung, erst am 1. Juli 2020 öffnen zu wollen, damit zu begründen, dass „die Bundesmuseen einen großen Teil der Mitarbeiter bis Ende Juni in Kurzarbeit geschickt hätten und Re­novierungsarbeiten vorgezogen worden seien.

„Dazu kommt auch, dass wir uns nicht erwarten, dass wir sehr große Besucherströme im Mai und Juni haben werden. Die Touristen bleiben aus, die Schulen werden auch nicht kommen, weil die Vorgaben haben, wie sie sich in Zeiten von Corona zu verhal­ten haben,(…)“, so eine weitere Begründung für die Nichtöffnung von Rachinger.

Albrecht Schröder, Direktor der Albertina, gab letzte Woche bekannt, dass die seit vier Jahren geplante Ausstellung „Modigliani – Picasso. Revolution des Primitivismus“ auf 2021 verschoben werde. „Wir können das finanzielle Risiko einer solchen Ausstellung nur tragen, wenn es wie zuletzt bei Dürer, Claude Monet oder der Matisse-Ausstellung eine realistische Chance gibt, mit mindestens 300.000 Besuchern rechnen zu dürfen. Diese realistische Chance sehe ich in diesem Jahr nicht“, so Schröder in einer Aus­sendung, der sich aber in einem „Wien Heute“ Interview bereits am 21. April 2020 zu­mindest grundsätzlich gesprächsbereit für eine frühere Öffnung zeigt:


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„Vor der Wiedereröffnung brauche es allerdings noch eine verbindliche Zusage der Politik, so Schröder. (…) Zudem seien die Rahmenbedingungen noch nicht konkret ge­nug. Etwa ob die maximale Besucheranzahl pro Ausstellungsraum berechnet werden muss oder anhand der Gesamtfläche des Museums.“

Dass man sich hier insbesondere auf betriebswirtschaftliche Argumente als Begrün­dung für die Weigerung einer Öffnung der Bundesmuseen vor dem 1. Juli 2020 beruft, führte ebenfalls zunehmend zu Kritik.

So war in der Presse vom 22. April 2020 in einem Artikel von Almuth Spiegler unter dem Titel „Öffnet die Museen!“ unter anderem Folgendes zu lesen:

„(…) Jetzt könnte gerade Österreich, das trotz jahrzehntelang schwacher Kulturpolitik immer (noch) nicht umgebrachte Kulturland, ein weltweites Zeichen setzen. Mit so vie­lem könnte man das, sitzen hier schließlich einige der besten Spektakelmeister gerade fest. Doch erst einmal: Museen öffnen. Gratis Eintritt. Tag und Nacht meinetwegen. Ein fulminantes Feuerwerk an kuratorischen Verrücktheiten, an Vermittlungsprogramm, an Angeboten für Kinder und Schüler abbrennen. Alles ohne Konkurrenz des übrigen Kul­turbetriebs. Wie kann man diese Möglichkeit nur so eiskalt vernünftig verstreichen las­sen?

Doch dafür brauchte es Direktorinnen und Direktoren, die nicht an ihren Besucherre­korden und budgetären Zukunftsplänen hängen, die es ertragen könnten, ihr Haus viel­leicht in Zustände wie vor der Ausgliederung versinken zu sehen - nur dass statt der vereinzelten Wiener Pensionisten diesmal die Jungen kommen würden! Doch die Kul­turpolitik und ihre so erfolgsverwöhnten Kulturmanager verharren wie gelähmt in dem, was gerade nicht möglich ist. Man möchte sofort schreiend auf den Zentralfriedhof laufen und der "Kulturnation" das Ehrengrab schaufeln.“

Gewissermaßen eine „Verpflichtung“ zur Öffnung ergibt sich wohl auch aus dem Bun­desmuseengesetz, wo klar normiert ist, dass die Bundesmuseen den Auftrag haben, „die im Rahmen eines permanenten gesellschaftlichen Diskurses die ihnen anvertrau­ten Zeugnisse der Geschichte und Gegenwart der Künste, der Technik, der Natur so­wie der sie erforschenden Wissenschaften sammeln, konservieren, wissenschaftlich aufarbeiten und dokumentieren und einer breiten Öffentlichkeit zugänglich zu machen.

(…) Als umfassende Bildungseinrichtungen entwickeln sie zeitgemäße und innovative Formen der Vermittlung besonders für Kinder und Jugendliche.“

Neben betriebswirtschaftlichen Notwendigkeiten und der bestehenden Verpflichtung zu zweckmäßiger, wirtschaftlicher und sparsamer Gebarung darf aber gerade in der jet­zigen Situation auch der gesellschafts- und bildungspolitische Aspekt nicht außer Acht gelassen werden.

Wie die Presse am 23. April 2020 berichtete, erfuhren die Bundesmuseums-Direktoren erst bei der Pressekonferenz von Kulturminister Werner Kogler und seiner Staatsse­kretärin Ulrike Lunacek von der prinzipiellen Möglichkeit, schon Mitte Mai zu eröffnen. „Für viele ein Schock. Plötzlich schien es, als würden die Bundesmuseen nicht aufma­chen wollen. In den vergangenen Tagen wurde also fieberhaft an Plänen, die auch wirtschaftlich möglich sind, gearbeitet.“

Nach einer mehrtägigen öffentlichen Diskussion und viel Kritik an der Nichtöffnung der Bundesmuseen haben sich nunmehr einzelne Bundesmuseen doch dazu entschlos­sen, vor dem von der Staatssekretärin in der Pressekonferenz avisierten Termin aufzu­machen.

Große Verunsicherung hat die genannte Pressekonferenz von Vizekanzler Kogler und Staatssekretärin Lunacek insbesondere auch im Bereich der Theater ausgelöst:


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So forderte Josefstadt-Direktor Herbert Föttinger im Namen der großen Wiener Theater jetzt ein klärendes, offenes Gespräch mit Ulrike Lunacek und geht mit den verkündeten Restriktionen in einem Interview mit dem ORF-Morgenjournal am 23. April 2020 hart ins Gericht:

„Ganz konkret möchte man wissen, wie man im Herbst weiterarbeiten soll. Denn eines sei sicher: Mit diesen Restriktionen sei es unmöglich. Das sind ja alles unsinnige Re­geln und wie Herr Kusej sagt, all das ist plemplem. Und er hat Recht, er hat einfach Recht. Man kann unter diesen Bedingungen nicht probieren, das ist auch mein Credo. Man kann auch unter diesen Bedingungen nicht Theaterspielen. Im Falle der Josef­stadt wären, wenn man die 20 Quadratmeter-Regel befolgt, wären das gerade 30 Be­sucher, die da hineingehen könnten.“

Auf die nunmehr unter dem Druck der öffentlichen Diskussion angekündigte Nachjustie­rung bis Mitte Mai beispielsweise bei den Raumvorgaben durch Vizekanzler Kogler stellt Föttinger fest, dass „hier rasch und von allen wirklich klar gehandelt werden muss (…)“.

Am 22. April 2020 wird im Standard berichtet, dass „den kritischen bis erbosten Reak­tionen auf die Pressekonferenz der kultur-verantwortlichen Regierungsmitglieder Wer­ner Kogler und Ulrike Lunacek (Grüne) vom Freitag sich auch die freien Theater an­schließen. Gerade die kleineren Bühnen seien es, die mit einer 20 Quadratmeter-pro-Person-Regel kaum proben können. In einem Brief an die Regierung fordert daher die IG Freie Theater ein Auflockern dieser Regel (…).

In einem weiteren offenen Brief, der bisher unter anderen von Karl-Markus Gauß, Karl Markovics, Renate Welsh und Marlene Streeruwitz unterzeichnet wurde, werden kon­krete Forderungen wie etwa "realistische Vorgaben und Bedingungen mit fixen Da­tumsangaben" zur Wiederaufnahme des Kulturbetriebs gestellt.

"Statt Akzente zu setzen, die der jetzigen Situation angemessen sind", reagiere die Politik "mit vagen Ankündigungen und Vertröstungen auf spätere Zeitpunkte und ver­lässt sich darauf, dass Kunst, Kultur und der Sport sich selber helfen und wenn und wo nicht, dass soziale Unterstützungsmaßnahmen greifen, die vorne und hinten nicht ge­nügen", heißt es in dem Brief.“

Auch zum Bereich von Großveranstaltungen wie bspw. zu den Salzburger oder Bre­genzer Festspielen bleiben die Aussagen von Kogler und Lunacek sehr vage.

Wie in der Pressekonferenz vom 17. April 2020 mitgeteilt, werden große Veranstaltun­gen, wo viele Menschen zusammenkommen und eng zusammenstehen, bis 31. Au­gust nicht möglich sein. Eine konkrete Zahl, die eine Großveranstaltung definiere, woll­te man dabei nicht nennen, weil dies von der Möglichkeit der Veranstalter abhinge, die Schutzmaßnahmen und Abstandsregelungen zu gewährleisten.

Skurril anmutend ist die in diesem Zusammenhang getätigte Aussage von Kogler, dass „man selber aufpassen muss, dass man nicht skurril wird als Regierung" und lässt mit folgender Ergänzung, dass in Hinblick auf die Möglichkeit der Abhaltung der oben ge­nannten Festspiele „theoretisch viel möglich ist, Praktisches eine andere Frage ist,“ die Verantwortlichen ratlos zurück.

Nicht wesentlich befriedigender ist die Hinzufügung von Lunacek, dass es „jedenfalls Ziel ist - immer unter Maßgabe der aktuellen Entwicklung - hier Mitte Mai die endgültige Antwort zu habe.“

Auf besonderes Unverständnis stoßen insbesondere die von Kulturstaatssekretärin Lu­nacek avisierten „Lockerungen“ für Proben und Trainings:

Ab 18. Mai 2020 sind Einzelproben wieder zulässig, dies aber nur im professionellen Bereich. Ab 1. Juni 2020 werden auch Proben im professionellen Theaterbereich er-


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laubt. Dies aber unter Einhaltung einer Fläche von 20m2 sowie des 1 Meter Sicher­heitsabstandes. Darüber hinaus gilt die Tragepflicht eines Mund-Nasen-Schutzes.

„Wir können nicht Theater spielen. Es gibt bei uns am Theater keine Abstandsregel, die kann nicht funktionieren. Es gibt auch keinen Nasen-Mundschutz bei uns. Das kann auch nicht funktionieren. So lange diese Regeln aufrecht sind, kann kein Theater pro­bieren," so die diesbezügliche Kritik von Josefstadt-Direktor Herbert Fötttinger.

Für das Grazer Schauspielhaus bedeute der neue Erlass bezüglich der Kulturaktivitä­ten, dass "wir keine der vier bereits weit gearbeiteten Inszenierungen bis Ende der Sai­son proben können", befand Intendantin Iris Laufenberg im APA-Gespräch. Sie hoffe auf die ankündigten "weitreichenden Lockerungen" im Mai, "damit belastbare Planun­gen für die nächste Spielzeit überhaupt möglich sind".

Für "fast alle Bühnenkünste sind die Auflagen, u. a. maximal eine Person pro 20 Quad­ratmeter, sowohl im Proben- aber auch im Vorstellungsbetrieb schwer bzw. nicht reali­sierbar", erklärte Laufenberg. Daher könnten vorläufig Produktionen, die wie Shakes­peares "Macbeth" schon weit gediehen seien, nicht geprobt werden. "Wir bleiben trotz­dem optimistisch", betonte die Intendantin. (18.04.2020 / Kurier)

Um endlich die derzeit bestehende Verunsicherung zu beenden und Rechtssicherheit sowie Planbarkeit durch ein realitätsnahes und umsetzbares Maßnahmenpaket für die Kunst- und Kulturschaffenden zu gewährleisten stellen die unterfertigten Abgeordneten nachstehenden

Entschließungsantrag

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesregierung und insbesondere der Bundesminister für Kunst, Kultur, öffentli­chen Dienst und Sport werden aufgefordert, bis 30. April 2020 einen konkreten, reali­tätsnahen und umsetzbaren Plan vorzulegen, der geeignet ist, die dringend erforder­liche Planbarkeit, Rechtssicherheit und Klarheit für die Tätigkeit der heimischen Kunst- und Kulturschaffenden sicherzustellen.“

*****


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Der Entschließungsantrag ist ordnungsgemäß eingebracht, ausreichend unterstützt und steht somit mit in Verhandlung.

Zu Wort gelangt Frau Abgeordnete Kaufmann. – Bitte.


20.15.02

Abgeordnete Martina Kaufmann, MMSc BA (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Werte Frau Bundesministerin! Frau Staatssekretärin! Werte Kolleginnen und Kollegen, aber auch liebe Veranstaltungsbesucherinnen und -besucher zu Hause vor den Bild­schirmen! Vor einigen Wochen hat sich unsere Welt drastisch verändert, für uns selber, aber natürlich auch für viele Unternehmen in ganz Österreich.

Wir waren als Unternehmerinnen und Unternehmer von heute auf morgen damit be­schäftigt, wie unsere nächsten Tage, unsere nächsten Wochen ausschauen würden. Wir waren damit beschäftigt, wie wir mit Kurzarbeit, mit Liquiditätsthemen umgehen, und es wurden viele Maßnahmen vonseiten des Parlaments und vonseiten der Bun­desregierung dafür zur Verfügung gestellt.

Besonders hart getroffen haben diese Einschnitte natürlich den Veranstaltungsbereich. Im Kunst- und Kultur-, aber auch im Sportbereich war es von heute auf morgen nicht


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mehr möglich, Veranstaltungen durchzuführen. Von heute auf morgen war auch nicht mehr klar, wie sämtliche Unternehmen, die in diesem Bereich tätig sind, wie Caterer, Tontechniker et cetera, wie all diese Bereiche zukünftig agieren und ihr wirtschaftliches Tun einbringen können.

Das ist von heute auf morgen passiert, und genau aus diesem Grund, damit dieses Von-heute-auf-morgen auch schnell wieder geht, ist es notwendig, diesen Gesetzesan­trag, den wir hier diskutieren, zu unterstützen; denn genau dieser Gesetzesantrag ermöglicht es, dass die Veranstalter, die Ticketverkäufer auch die notwendige Liquidität zur Verfügung haben, um schnellstmöglich wieder Veranstaltungen auf die Beine zu stellen.

Zahlen wir jetzt, so wie es im Moment vorgegeben wäre, ohne diesen Gesetzesantrag, die gesamten Tickets wieder zurück, ist es für die Veranstalter nicht möglich, schnell wieder Veranstaltungen, die wir alle miteinander so schätzen, anzubieten.

Aus diesem Grund ist der vorliegende Gesetzesantrag, der vorsieht, dass ein Teil in Gutscheinen ausgegeben und der andere Teil in Bargeld zurückgegeben wird, so wichtig, um eine Wiedererstarkung des Musik-, Kultur- und Veranstaltungsbereiches in Österreich zu ermöglichen.

Liebe Kolleginnen und Kollegen vonseiten der SPÖ! Wir haben schon im Ausschuss über den Antrag, wonach die Minderjährigen oder die GIS-Gebühren-Befreiten eine Auszahlung bekommen sollen, diskutiert. Ich kann das grundsätzlich nachvollziehen, allerdings glaube ich, dass das vielen Veranstalterinnen und Veranstaltern in Öster­reich zusätzlichen bürokratischen Aufwand verursachen würde, und ich glaube nicht, dass wir den Veranstaltern auch noch diesen bürokratischen Aufwand überantworten sollten. (Zwischenruf des Abg. Drozda.)

Wir haben im Ausschuss auch darüber diskutiert, dass es natürlich unterschiedliche Veranstaltungen gibt, wobei die Kollegen von den Freiheitlichen und jene von der SPÖ sich wahrscheinlich nicht auf den gleichen Veranstaltungen treffen werden. Trotzdem möchte ich an die Kolleginnen und Kollegen noch einmal die Bitte aussprechen: Stimmt mit für diesen Gesetzesantrag, weil er diesem riesengroßen Wirtschaftsbereich in Österreich die Möglichkeit gibt, schnell wieder Veranstaltungen durchzuführen. (Bei­fall bei ÖVP und Grünen.)

Abschließend möchte ich noch einmal vor allem an die Kolleginnen und Kollegen von den Freiheitlichen folgenden Appell aussprechen: Investiert in Veranstaltungen und in Gutscheine und vielleicht doch lieber nicht in den Jörg-Haider-Gedenktausender! (Bei­fall bei ÖVP und Grünen. – Abg. Martin Graf: ... wirklich unterste Schublade!)

20.19


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Josef Schell­horn. – Bitte.


20.19.07

Abgeordneter Josef Schellhorn (NEOS): Herr Präsident! Hohes Haus! Kollegin Kauf­mann hat natürlich von den Veranstaltungen gesprochen, von den Veranstaltern, ja, da hat sie schon einen guten Punkt erwischt. Wir möchten als Einleitung klar sagen, dass wir den Gesetzentwurf für wichtig und richtig halten, allerdings ist es eines der ganz wenigen richtigen Signale in der Kulturbranche. Das darf man ruhig sagen: Das Gut­scheinsystem ist okay, es gibt ein gutes Zeichen für die Veranstalterbranche, aber es gibt natürlich auch etwas, das Sie wieder nicht bedacht haben.

Was ist nämlich zum Beispiel mit jenen Veranstaltern, die in ihrer unternehmerischen Sorgfalt im März und im April die Tickets wieder zurückbezahlt haben? Was ist mit


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diesen Veranstaltern? Die haben wir nicht berücksichtigt, aber ich glaube, die sollten wir auch berücksichtigen, denn auch deren Liquidität ist gefährdet.

Das war jetzt nur die Einleitung. Den Abänderungsantrag können wir aufgrund des Bü­rokratieaufwands und anderer Problematiken nicht mittragen, und damit komme ich nun zum Hauptteil.

Herr Kollege Drozda hat das mit den Filmschaffenden richtig gesagt. Also diese Rege­lungen – ich weiß ja nicht, wie oft Sie darüber mit den Protagonisten gesprochen ha­ben, aber offensichtlich muss ich jetzt die Frage stellen: Frau Staatssekretär, würden Sie sagen, dass Sie richtig schnell gehandelt haben, dass Sie genau gewusst haben, worum es geht? Würden Sie sagen, dass für die Abwicklung die Wirtschaftskammer genau die richtige Institution für die Kulturschaffenden ist?

Würden Sie sagen, dass Sie sehr früh mit allen Kulturschaffenden, von Museumsdi­rektoren über Theaterdirektoren bis hin zu den großen Festivals und den Kleinen, die Gespräche angefangen haben? Würden Sie sagen, Sie haben richtig schnell das Ge­spräch gesucht, weil Sie auch richtig schnell deren Bedürfnisse erkannt haben? Oder sagen Sie vielleicht, es tut mir leid, wir sind in der sechsten Woche noch nicht so weit, wir arbeiten noch daran, weil wir von der ÖVP am Nasenring durch den Ministerrat ge­zogen worden sind, weil die gesagt haben: Wir werden euch schon zeigen, wo der Bartl den Most holt, und die Kultur ist uns nicht wichtig!? Das war nämlich in der ver­gangenen Regierung auch so.

Würden Sie mir nicht zustimmen, dass das eigentlich fatale Zeichen für die weltweit an­erkannte Kulturnation Österreich sind – nicht nur beim Skifahren, sondern auch auf­grund unserer Kultur sind wir weltweit anerkannt, und die Menschen kommen auch we­gen dieser Kulturkompetenz zu uns –, dass Sie die in der letzten Zeit, in den letzten sechs Wochen wirklich vernachlässigt haben und dass Ihnen das ein bisschen zu schnell gegangen ist, weil vielleicht – noch einmal – im Ministerrat gesagt wurde, dass Kultur jetzt einmal gar niemanden interessiert?

Ich glaube, Sie haben da ganz schnell etwas gutzumachen, es ist nämlich wirklich so, wie Kollege Drozda gesagt hat: Die kommen erst nach dem Tourismus wieder auf die Beine, nämlich wenn es einen Impfstoff gibt. Und dazu brauchen sie einen Kultur­masterplan von richtigen Experten. Versammeln Sie diese Menschen an einem Tisch und führen Sie nicht diese Pseudo-PR-Telefonkonferenzen, denn die interessieren – vom Kleinen bis zum Großen keinen Kulturschaffenden! Die wollen echte Ergebnisse und müssen an einem Konzept mitarbeiten können. (Beifall bei den NEOS und bei Ab­geordneten der SPÖ.)

20.23


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet hat sich Frau Staatssekretärin Lunacek. – Bitte.


20.23.10

Staatssekretärin im Bundesministerium für Kunst, Kultur, öffentlichen Dienst und Sport Mag. Ulrike Lunacek (vom Rednerpult aus sprechend): Sehr geehrter – ah, das Falsche! Ich habe mir gerade gedacht: Das war ich früher einmal. (Allgemeine Heiterkeit.) Das ist die Gewohnheit von vielen Jahren hier vor langer Zeit oder bis noch vor einigen Jahren. (Staatssekretärin Lunacek begibt sich zu einem Mikrofon auf der Re­gierungsbank.)

Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren von den Regierungs- und Oppositionsparteien! Es geht da wirklich um etwas Wichtiges, und es ist heute der zweite Punkt, der uns in unserem Maßnahmenmix für Kunst und Kultur – auch für an­dere – gelungen ist.


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Dafür möchte ich allen, die daran mitgearbeitet haben, herzlich danken. Es ist ein brei­tes Paket, das sowohl Veranstaltern als auch Kunden und Kundinnen, aber auch Künst­lerinnen und Künstlern und auch den Locations, in denen Veranstalter ihre Veranstal­tungen machen, hilft. Ich werde später dazu kommen, lassen Sie mich zuvor ein paar Worte zu den beiden Rednern von der Opposition, Herrn Drozda und Herrn Schellhorn, sagen.

Zum einen danke ich einmal für die grundsätzliche Unterstützung, dass das ein sinn­volles Anliegen ist. Ich würde mich freuen, wenn Sie sich vielleicht doch noch einen Ruck geben und am Schluss zustimmen. Vielleicht gelingt das ja noch. (Abg. Schell­horn: Haben wir gesagt!)

Nun aber zu den Punkten, zu denen Sie sich kritisch geäußert haben, zu den NPO-Re­gelungen, also den Regelungen für gemeinnützige Organisationen: Das ist ein ganz schwieriges Kapitel, denn es geht darum, für alle der ganz verschiedenen gemeinnüt­zigen Organisationen eine Regelung zu finden, die dann auch hält. Das sind kleinste Kulturvereine, Sportvereine bis hin zu großen Häusern im Kunst- und Kulturbereich, aber auch im gesamten Sozialbereich, in ganz vielen anderen Organisationen der Zivil­gesellschaft, die Unterstützung bekommen müssen. Wir sind dran, ein paar Tage wird es noch dauern, aber es wird uns gelingen, davon bin ich überzeugt. Ich denke, da steht die ganze Regierung dahinter, dass das wirklich etwas wird. In wenigen Tagen, das hoffe ich sehr, wird es so weit sein.

Ein Zweites, das mir auch des Öfteren vorgeworfen wurde: die Kommunikation mit den Menschen – ich sage nicht Betroffenen, sondern Menschen –, die in diesem Land Kunst und Kultur machen, nicht zu pflegen. Ich darf Ihnen sagen, als ich kam – es ist noch nicht so lange her, Anfang Jänner –, war es mein Prinzip, von Anfang an mit allen den Dialog zu suchen. Ich habe mich in Wien mit vielen getroffen, ich habe vielleicht nicht mit allen das persönliche Gespräch gesucht, aber ich hatte einen Plan, wie ich das noch mit allen mache. Ich habe eine Bundesländertournee begonnen. Leider wur­de klar, ich war gerade in Linz, jetzt geht es nicht weiter: zurück nach Wien, hier blei­ben, nichts mehr davon!

Am 13. März, also in diesen ersten Tagen, als diese Krise begann, habe ich tatsächlich noch über 40 Vertreterinnen und Vertreter von Kunst und Kultur physisch am Concor­diaplatz in der Sektion bei mir gehabt, und wir haben ihre Wünsche und Vorstellungen angehört. (Zwischenruf des Abg. Hafenecker.) In der Zeit danach haben wir – nicht ich allein, aber mein Kabinett und die gesamte Sektion, Sektionschef und viele andere – mit all den verschiedensten Gruppen, die dazugehören, regelmäßigen Kontakt gepflegt und Informationen dazu eingeholt, was sie sich vorstellen können. Ja, so war das. Wenn Sie es mir nicht glauben wollen, dann fragen Sie die Betroffenen. Ich kann nicht mit jeder Person selbst telefonieren, aber ich tue das jetzt, ich hole auch vieles nach. Wir hatten gestern, heute und haben morgen - - (Zwischenruf des Abg. Schellhorn.) Ja, Videokonferenzen, Herr Schellhorn, momentan geht es nicht anders, wenn man 20 Leute in einem Raum zusammenbringen möchte, noch dazu manche, die nicht in Wien ansässig sind, die gibt es ja auch in Österreich. Kunst und Kultur gibt es in ganz Österreich in großem Ausmaß, nicht nur in Wien, das möchte ich schon auch dazu­sagen. Deswegen ist es auch wichtig, zumindest diese Videokonferenzen zu machen.

Noch etwas zu diesem Vorwurf, den Wunsch – sagen wir es lieber so –, dass es end­lich Sicherheit und Klarheit, Planungssicherheit geben möge: Wer von uns wünscht sich das nicht? Das Problem ist, wir haben sie nicht. Dieses Virus gibt uns nicht die Chance, jetzt zu sagen, was in zwei Wochen, in vier Wochen, im Sommer und im Herbst sein wird. Das funktioniert so nicht. Deswegen sind wir, Rudi Anschober hat es heute gesagt, in der zweiten von vier Phasen dieses Prozesses – wir sind erst in der zweiten, die erste haben wir schon hinter uns –, und die zweite heißt: wieder schritt-


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weise hin zur Normalisierung und Öffnung. Es gibt weltweit kein Vorbild, das zeigt, wie das gehen kann. Wir sind in diesem Fall die Ersten, die das jetzt machen, und wir tun das jetzt Schritt für Schritt.

Eines noch, bevor ich noch kurz zum Inhalt komme – der wurde aber ohnehin schon breit diskutiert –, zu Herrn Drozda. Herr Drozda, ja, Ihre Wünsche sind da, auch mit diesem Antrag, der hier eingebracht wurde, aber die Kritik, die von Ihnen so massiv kommt, nämlich auch an der prekären sozialen Lage von Künstlerinnen und Künstlern, die muss ich schon an Sie und Ihre Partei zurückgeben. Wie lange haben Sie den Bundeskanzler gestellt? Wie lange waren Sie selbst Kulturminister, waren andere aus Ihrer Partei Kunst- und Kulturminister? Woher kommt diese prekäre Lage von Künst­lerinnen und Künstlern? Sie hätten jahre-, wenn nicht jahrzehntelang etwas tun können und haben es nicht getan! (Beifall bei Grünen und ÖVP.)

Jetzt stehen wir da, ich habe eine Fair-Pay-Initiative in den ersten Wochen – wie viele waren es?, acht Wochen, wenn ich richtig gerechnet habe, vor Corona – begonnen. Das steht jetzt aber leider, denn jetzt müssen wir Krisen lösen, jetzt müssen wir die Existenznöte all dieser Künstlerinnen und Künstler lösen. Wir haben einen breiten Maßnahmenmix geschaffen. Wir haben den Härtefallfonds, in dem auch Künstler und Künstlerinnen berücksichtigt sind. Wir haben das heute schon diskutiert, und es wurde eine große Verbesserung beschlossen.

Es gibt den COVID-19-Fonds des KSVF, des Künstler-Sozialversicherungsfonds. Kunst- und Kulturschaffende, Unternehmen können in die Kurzarbeit gehen und haben das auch getan, und viele Dinge mehr haben wir schon für Kunst und Kultur erreicht. (Beifall bei Grünen und ÖVP.) Erzählen Sie uns nicht, dass das alles nichts wert ist! Es gibt ganz viele, die uns Danke schreiben.

Das ist nicht alles. Es gibt jetzt eine zweite Phase des Härtefallfonds und eine zweite Phase des COVID-19-Fonds des Künstler-Sozialversicherungsfonds und so weiter. Das wird es auch weiter geben, und die Unterstützung für NPOs wird auch kommen. Und ja, wir arbeiten daran, und ich hoffe, dass es da, auch wie in der Vergangenheit, Unterstützung von Ihnen gibt und nicht nur kritische Worte. (Zwischenruf des Abg. Drozda.) Kritik ist schon okay, aber dennoch: Es wird noch besser werden, und wir werden da noch einiges hinkriegen. (Beifall bei den Grünen.)

Nun kurz zur Gutscheinlösung: Schön, dass das gelungen ist. Es geht schließlich da­rum, dass in dieser Pandemie, in dieser Coronakrise viele Kunst- und Kultureinrich­tungen schließen mussten und dass Kunst-, Kultur- und Sportveranstaltungen abge­sagt werden mussten und die Veranstalter nach bisherigem Stand rückzahlungspflich­tig sind. Wenn das alle Veranstalter und Veranstaltungshäuser gleichzeitig machen müssten, weil der Großteil der Kunden und Kundinnen ihr Geld zurückhaben will, wis­sen Sie, was dann passieren würde? – Es würden viele in Insolvenz gehen. Und was wird dann passieren? Welche der Personen, die sich ein Ticket gekauft haben, wird denn dann überhaupt die Chance haben, Geld zurückzubekommen? – Nur ganz we­nige aus der Konkursmasse, aber der Großteil nicht. (Zwischenruf bei der SPÖ.) Die meisten würden gar nichts kriegen, die meisten würden völlig im Regen stehen gelas­sen werden und auf ihren Tickets sitzen bleiben und sie sich vielleicht aufhängen kön­nen – wie schön wärʼs gewesen –, aber nicht mehr. (Zwischenruf des Abg. Drozda.)

Genauso würden ganz viele Künstlerinnen und Künstler um ihre Gagen umfallen und ganz viele Locations, das habe ich vorhin schon gesagt, würden die Miete nicht erhal­ten, die sie eigentlich bekommen hätten, wenn das Konzert, die Theateraufführung oder was auch immer stattgefunden hätte. (Abg. Martin Graf: Das muss doch der ... machen!) Es wird dadurch also ganz vielen geholfen. Und deswegen ist das ein Modell der fairen Risikoverteilung. Es hilft vier Beteiligtengruppen, wie ich schon erwähnt


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habe. Ich bin froh, dass uns das gelungen ist und ich hoffe sehr, dass die, die bisher nicht zustimmen wollen, sich doch noch einen Ruck und diesem Modell ihre Zustim­mung geben. Das wird sehr vielen helfen. – Danke. (Beifall bei Grünen und ÖVP.)

20.32


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Lausch. – Bitte.


20.32.37

Abgeordneter Christian Lausch (FPÖ): Herr Präsident! Frau Bundesminister! Frau Staatssekretär! Hohes Haus! (Abg. Wöginger: Gott sei Dank hamma die Scheibn!) – Ja, Kollege Wöginger, Gott sei Dank haben wir die Scheibe, das kann ich Ihnen nur zurückgeben. (Heiterkeit bei Abgeordneten der ÖVP. – Der Redner stellt eine Tafel, auf der vor rot-weiß-rotem Hintergrund Coronaviren abgebildet sind und die Aufschrift „Al­lianz gegen Coronawahnsinn.at – Jetzt reicht’s!“ zu lesen ist, auf das Rednerpult.)

Es wurde schon sehr viel gesagt. Ich kann mich auch in meiner Rede großteils den Ausführungen meines Kollegen Mag. Reifenberger anschließen, er hat vonseiten unse­rer Fraktion eigentlich schon alles gesagt. (Zwischenruf bei der ÖVP.) Ganz kurz möchte ich aber schon noch auf die Ausführungen von Kollegin Kaufmann von der ÖVP eingehen, die sich hier ans Rednerpult gestellt hat und von einem Jörg-Haider-Gedenktausender gesprochen hat. Das ziemt sich nicht und das hat auch niemand notwendig, von einem verstorbenen Landeshauptmann zu reden und dann mit einem Lächeln das Rednerpult zu verlassen. Ich glaube, Kollegin, das haben Sie nicht not­wendig, und das sollte man bei aller Fairness unterlassen. (Beifall bei der FPÖ.)

Antrag 488 betreffend „Sicherung der Kunst-, Kultur- und Sportveranstalter vor weite­ren Auswirkungen der COVID-19-Pandemie“: Was sichert der? – Natürlich nicht den Konsumenten. Unserer Meinung nach sichert dieser Antrag den Konsumenten zu we­nig, und das ist für uns der Knackpunkt, warum wir nicht zustimmen werden und es da auch nichts zu überlegen gibt.

Frau Staatssekretärin, Sie haben etwas ganz Wichtiges gesagt: Was ist, wenn der Veranstalter insolvent wird? – Dann gibt es kein Bares. Frau Staatssekretärin, was aber mache ich dann mit dem Gutschein? Was mache ich mit dem Gutschein, der bis 31.12.2022 gültig ist, wenn der Veranstalter insolvent ist? Diese Frage stelle ich Ihnen schon. So kann man das nicht rechtfertigen.

Schauen Sie, es ist auch keine rein freiheitliche Geschichte, sondern auch der VKI ist, ebenfalls mit gutem Recht, eindeutig gegen eine verpflichtende Gutscheinlösung: „VKI gegen verpflichtende Gutscheinlösung bei Veranstaltungen“, „Konsumenten dürfen nicht zur Finanzierung der Veranstalter herangezogen werden“. Und nicht nur der VKI, sondern auch die AK-Konsumentenschützerin Gabriele Zgubic sagt: „Wenn Konsu­mentInnen von Veranstaltern unter dem Druck der Corona-Krise schon Gutscheine ak­zeptieren sollen, muss zumindest klar sein, dass diese Gutscheine ihr Geld wert sind, also insolvenzgesichert sind.“

Genau darum geht es uns. Es kann ja in der Krise bitte nicht sein, dass man sagt: Man schützt jetzt die Veranstalter, aber der Konsument bleibt im Insolvenzfall auf der Stre­cke! Eine Bitte zur Güte: Man kann ja sagen, okay, man gibt Gutscheine aus, aber die müssten doch wenigstens insolvenzgesichert sein. Schon hätten wir kein Problem mehr mit den Gutscheinen. Es kann nicht sein, dass am Ende des Tages der Konsu­ment – und ich glaube, der Konsumentenschutz ist uns allen etwas wert – als Ge­neppter, als Geschädigter übrig bleibt.

Sie, Frau Staatssekretär, finden das lustig, der Geschädigte wahrscheinlich weniger, wenn er sich seinen Gutschein irgendwo hinhängen kann und am Ende des Tages


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nichts mehr für seinen Gutschein bekommt. (Zwischenruf der Abg. Disoski.) Wir finden das nicht lustig, wir sind da bei den Konsumenten und Konsumentinnen.

Aus diesem Grund bringe ich folgenden Antrag ein:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Christian Lausch, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Insolvenzsi­cherung für auf Grundlage des Kunst-, Kultur- und Sportsicherungsgesetzes ausge­gebene Gutscheine“

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesregierung wird aufgefordert, dem Nationalrat eine Regierungsvorlage zu­zuleiten, die eine Insolvenzsicherung für alle auf Grundlage des Kunst-, Kultur- und Sportsicherungsgesetzes ausgegebenen Gutscheine sicherstellt.“

*****

Ich glaube, es kann nicht daran scheitern, dass man den Konsumenten diese Insol­venzsicherung nicht einfach gibt. Das kostet keine Millionen, keine Milliarden Euro. Es ist eine reine Anstandssache, und da scheiden sich halt die Geister: Entweder man hat Anstand und sagt, Konsumentenschutz ist uns in diesem Haus etwas wert, oder die Gutscheine sind möglicherweise eine Blase und Konsumentenschutz ist uns demnach nichts wert. Uns Freiheitlichen ist der Konsument absolut etwas wert. Unterstützen Sie deshalb unseren Entschließungsantrag! – Herzlichen Dank. (Beifall bei der FPÖ sowie des Abg. Vogl.)

20.37

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Lausch, Ing. Mag. Reifenberger

und weiterer Abgeordneter

betreffend Insolvenzsicherung für auf Grundlage des Kunst-, Kultur- und Sportsiche­rungsgesetzes ausgegebene Gutscheine

eingebracht im Zuge der Debatte zu TOP 27: Bericht und Antrag des Justizaus­schusses über den Entwurf eines Bundesgesetzes, mit dem ein Bundesgesetz zur Sicherung des Kunst-, Kultur- und Sportlebens vor weiteren Auswirkungen der COVID-19-Pandemie (Kunst-, Kultur- und Sportsicherungsgesetz –KuKuSpoSiG) beschlossen wird (142 d.B.) in der 27. Sitzung des Nationalrates am 28. April 2020

Mit der gegenständlichen Beschlussfassung eines Bundesgesetzes zur Sicherung des Kunst-, Kultur- und Sportlebens vor weiteren Auswirkungen der COVID-19-Pandemie (Kunst-, Kultur- und Sportsicherungsgesetz –KuKuSpoSiG) werden Konsumenten ver­pflichtet, in einem bestimmten betraglich festgelegten Rahmen Gutscheine für in Folge von COVID-19 abgesagten Veranstaltungen im Kunst-, Kultur- und Sportbereich zu ak­zeptieren.

Mit einem Abgehen von der Freiwilligkeit des Akzeptierens von Gutscheinen wird ei­nerseits das Risiko auf den Konsumenten überwälzt, der im Falle einer Zahlungsun­fähigkeit oder eines Konkurses des Veranstalters die Kosten zu tragen hat. Anderer­seits wäre gerade in diesen Zeiten, wo viele Menschen aufgrund von Kurzarbeit oder


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Arbeitslosigkeit über eingeschränkte finanzielle Mittel verfügen, seitens der Regierung sicherzustellen, dass die Betroffenen die Möglichkeit erhalten, den vollen Betrag sofort rückerstattet zu bekommen.

Kritik kommt in diesem Zusammenhang auch vom Verein für Konsumentenschutz, der klarstellt: „Es steht Verbrauchern natürlich frei, von der Geltendmachung ihrer Rechte Abstand zu nehmen und etwa Gutscheine oder eine Verlegung der Veranstaltung zu akzeptieren. Ein derartiges Entgegenkommen muss aber freiwillig bleiben. Denn auch viele Verbraucher sind in einer schwierigen wirtschaftlichen Situation. Die aktuellen Überlegungen sind daher entschieden abzulehnen.

Gegen die diskutierten Beschränkungen der Rückzahlungsverpflichtung einschließlich der Verpflichtung zur Annahme eines Gutscheins bestehen überdies auch massive ver­fassungsrechtliche Bedenken. Zudem ist eine hilfsweise Finanzierung von Veranstal­tern zwar nachvollziehbar, aber nicht Aufgabe der Konsumenten, sondern der Banken oder des Staates. Es ist schließlich auch keineswegs gesichert, dass diese Maßnah­men den Kulturschaffenden selbst zu Gute kommen. Geschützt werden in erster Linie die Veranstalter.“

„Wenn KonsumentInnen von Veranstaltern unter dem Druck der Corona-Krise schon Gutscheine akzeptieren sollen, muss zumindest klar sein, dass diese Gutscheine ihr Geld wert sind, also insolvenzgesichert sind“, kritisiert AK Konsumentenschützerin Gabriele Zgubic das Tragen des Risikos der Werthaltigkeit der Gutscheine durch die Konsumenten. (OTS0165 24. Apr 2020)

Zum Schutz der Konsumentinnen und Konsumenten stellen die unterfertigten Abge­ordneten daher nachstehenden

Entschließungsantrag

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesregierung wird aufgefordert, dem Nationalrat eine Regierungsvorlage zu­zuleiten, die eine Insolvenzsicherung für alle auf Grundlage des Kunst-, Kultur- und Sportsicherungsgesetzes ausgegebenen Gutscheine sicherstellt.“

*****


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Der Entschließungsantrag ist ordnungsgemäß eingebracht, ausreichend unterstützt und steht somit mit in Verhandlung.

Zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Großbauer. – Bitte.


20.37.43

Abgeordnete Maria Großbauer (ÖVP): Herr Präsident! Sehr geehrte Frau Staatsse­kretärin! Sehr geehrte Zuseherinnen und Zuseher! Hohes Haus! Ich darf mich heute zum zweiten Mal zu Kunst und Kultur melden, eben zum Antrag betreffend Sicherung der Kunst-, Kultur- und Sportveranstaltungen vor weiteren Covid-Auswirkungen.

Diesen Antrag betreffend kann ich mich inhaltlich eigentlich den Ausführungen der geschätzten Kollegin Blimlinger, meiner geschätzten Kollegin Martina Kaufmann und der Frau Staatssekretärin anschließen: Kultur heißt Veranstaltung. Ich habe vorhin schon erläutert, wie Kunst und Kultur mit so vielen Bereichen zusammenhängen, eben auch mit Veranstaltern, mit Ticketverkäufern. Und ganz oft sind die Kulturschaffenden, die Künstler selbst auch Ticketverkäufer, Veranstalter und die Bookingagentur; sie ma­chen das alles selbst.


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Diese Gutscheinlösung bis 70 Euro ist eine sehr gute Lösung, sie ist auch langfristig für die Veranstalterinnen und Veranstalter gedacht, also für diese Unternehmen und auch für die Künstler, die selbst Veranstalter sind, damit sie ihre Liquidität aufrechterhalten, weil sie sonst vor dem Ruin stehen. Es geht um große Veranstalter, um Festivals, die auch mehrtägig sein können, aber auch um kleine Bühnen, Kabaretts, Kleinstveran­staltungen, denn wir müssen ja jetzt drauf schauen, dass im Kulturland Österreich die Kulturbranche und die Kulturveranstalter wieder auferstehen können.

Geschätzter Kollege Schellhorn, erlauben Sie mir noch eine Anmerkung: Ich schätze Sie wirklich sehr, aber Ihr ewiger Vorwurf an die Volkspartei, dass uns die Kultur nicht interessiere, ist so ein Klischee und hat einen Bart, der dreimal so lang ist wie Ihr ei­gener. Das stimmt einfach nicht! (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Grü­nen.)

Die Kultur ist der Volkspartei äußerst wichtig. Das war schon immer so. Die letzten Wo­chen war halt die Gesundheit noch ein bisserl wichtiger, aber das wird sich ja hoffent­lich wieder einpendeln.

Sehr geehrter Kollege Reifenberger von der FPÖ: Also ich habe in dem Antrag über­haupt keine Sternderln gefunden, aber wenn Sie sich von Sternderln irritieren lassen, dann mache ich mit Ihnen gerne eine Homeschooling-Lesestunde und helfe Ihnen da­bei, den Antrag zu lesen. – Danke. (Beifall bei ÖVP und Grünen.)

20.39

20.39.54


Abstimmung über die Tagesordnungspunkte 24 bis 27

Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort ist dazu niemand mehr gemeldet.

Die Tagesordnung ist erschöpft. Wir kommen nun zu den verlegten - - (Die Abgeordne­ten Scherak und Schellhorn: Die Tagesordnung?!) – Danke! Das wäre schön! (Heiter­keit bei der ÖVP.)

Wir kommen nun zu den - - (Ruf: ... sind erschöpft!) – Auch nicht das! Um diese Zeit nicht!

Wir kommen nun zu den verlegten Abstimmungen über die Berichte des Justizaus­schusses, die ich über jeden Tagesordnungspunkt getrennt vornehme.

Darf ich die Klubobleute fragen, ob es geht? – Gut.

Wir gelangen nun zur Abstimmung über Tagesordnungspunkt 24, betreffend 8. COVID-19-Gesetz in 139 der Beilagen.

Hiezu liegt ein Verlangen auf getrennte Abstimmung des Abgeordneten Stefan vor.

Ich werde daher zunächst über den vom erwähnten Verlangen auf getrennte Abstim­mung betroffenen Teil und schließlich über die restlichen, noch nicht abgestimmten Teile des Gesetzentwurfes abstimmen lassen.

Wir gelangen nunmehr zur getrennten Abstimmung über Artikel I in der Fassung des Ausschussberichtes.

Ich bitte jene Damen und Herren Abgeordnete, die sich dafür aussprechen, um ein Zei­chen der Zustimmung. – Das ist die Mehrheit, angenommen.

Schließlich komme ich zur Abstimmung über die restlichen, noch nicht abgestimmten Teile des Gesetzentwurfes samt Titel und Eingang in der Fassung des Ausschuss­berichtes.

Ich bitte jene Damen und Herren, die dafür sind, um ein Zeichen der Zustimmung. – Das ist einstimmig angenommen.

Wir kommen sogleich zur dritten Lesung.


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Ich darf auch in dritter Lesung jene Damen und Herren, die dem zustimmen, um ein Zeichen ersuchen. – Das ist auch in dritter Lesung mit Mehrheit angenommen.

Wir gelangen nunmehr zur Abstimmung über den Entschließungsantrag der Abge­ordneten Margreiter, Bayr, Stefan, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Videokonfe­renzen bei Hauptverhandlungen in Strafsachen nur mit Zustimmung der Angeklagten“.

Wer dafür ist, den bitte ich um ein Zeichen. – Das ist die Minderheit. Damit ist der An­trag abgelehnt.

Wir gelangen nun zur Abstimmung über Tagesordnungspunkt 25: Entwurf betreffend 15. COVID-19-Gesetz in 140 der Beilagen.

Hiezu liegt ein Abänderungsantrag der Kollegin Becher, Kolleginnen und Kollegen vor.

Ich werde zuerst über den vom erwähnten Abänderungsantrag betroffenen Teil und schließlich über die restlichen, noch nicht abgestimmten Teile des Gesetzentwurfes ab­stimmen lassen.

Die Abgeordneten Becher, Kolleginnen und Kollegen haben einen Abänderungsantrag betreffend Artikel 1 Z 1 eingebracht.

Wer dafür ist, den bitte ich um ein Zeichen der Zustimmung. – Das ist die Minderheit, abgelehnt.

Wir kommen sogleich zur Abstimmung über diesen Teil in der Fassung des Aus­schussberichtes.

Ich ersuche jene Damen und Herren, die dem die Zustimmung geben, um ein Zei­chen. – Das ist die Mehrheit, angenommen.

Schließlich komme ich zur Abstimmung über die restlichen, noch nicht abgestimmten Teile des Gesetzentwurfes samt Titel und Eingang in der Fassung des Ausschussbe­richtes.

Ich bitte die Damen und Herren, die dem die Zustimmung erteilen, um ein entsprechen­des bejahendes Zeichen. – Auch das ist die Mehrheit, angenommen.

Wir kommen sogleich zur dritten Lesung.

Wer dem Entwurf auch in dritter Lesung zustimmt, möge wieder ein Zeichen geben. – Das ist die Mehrheit, in dritter Lesung mit Mehrheit angenommen.

Wir kommen jetzt zur Abstimmung über Tagesordnungspunkt 26, die dem Aus­schussbericht 141 der Beilagen angeschlossene Entschließung betreffend „Sicherung der Kunst-, Kultur- und Sportveranstalter vor weiteren Auswirkungen der COVID-19-Pandemie“.

Wer dafür ist, den bitte ich um ein Zeichen der Zustimmung. – Das ist die Mehrheit, angenommen. (33/E)

Wir gelangen zur Abstimmung über Tagesordnungspunkt 27: Entwurf betreffend Kunst-, Kultur- und Sportsicherungsgesetz in 142 der Beilagen.

Hiezu liegt ein Abänderungsantrag der Abgeordneten Drozda, Kolleginnen und Kolle­gen vor.

Ich darf zuerst über den vom erwähnten Abänderungsantrag betroffenen Teil und dann über die restlichen, noch nicht abgestimmten Teile abstimmen lassen.

Die Abgeordneten Drozda, Kolleginnen und Kollegen haben einen Abänderungsantrag betreffend § 1 Abs. 7 eingebracht.

Wer dafür ist, den ersuche ich um ein entsprechendes Zeichen. – Das ist die Minder­heit, abgelehnt.

Wir gelangen sogleich zur Abstimmung über diesen Teil in der Fassung des Aus­schussberichtes.


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Ich ersuche jene Damen und Herren, die dem die Zustimmung erteilen, um ein ent­sprechendes Zeichen. – Das ist die Mehrheit, angenommen.

Schließlich komme ich zur Abstimmung über die restlichen, noch nicht abgestimmten Teile des Gesetzentwurfes samt Titel und Eingang in der Fassung des Ausschuss­berichtes.

Ich bitte jene Damen und Herren, die dafür sind, um ein Zeichen der Zustimmung. – Das ist die Mehrheit.

Wir kommen sogleich zur dritten Lesung.

Wer dafür ist, den darf ich auch in dritter Lesung um ein zustimmendes Zeichen bit­ten. – Das ist mit Mehrheit angenommen.

Wir gelangen nunmehr zur Abstimmung über den Entschließungsantrag der Abge­ordneten Reifenberger, Kolleginnen und Kollegen betreffend „dringliche Herstellung von Planbarkeit, Sicherheit und realitätsnahe Vorgaben für den heimischen Kunst- und Kulturbereich“.

Wer dafür ist, den bitte ich um ein Zeichen der Zustimmung. – Das ist die Minderheit, abgelehnt.

Wir gelangen nun zur Abstimmung über den Entschließungsantrag der Abgeordneten Christian Lausch, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Insolvenzsicherung für auf Grund­lage des Kunst-, Kultur- und Sportsicherungsgesetzes ausgegebene Gutscheine“.

Wer dafür ist, den bitte ich um ein entsprechendes Zeichen der Zustimmung. – Das ist die Minderheit, abgelehnt.

20.45.3228. Punkt

Zweite Lesung: Bericht des Geschäftsordnungsausschusses über den An­trag 409/A der Abgeordneten Dr. Nikolaus Scherak, MA, Kai Jan Krainer, Kol­leginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz vom 4. Juli 1975 über die Geschäftsordnung des Nationalrates (Geschäftsord­nungsgesetz 1975) geändert wird (147 d.B.)


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Wir gelangen nun zum 28. Punkt der Tages­ordnung.

Auf eine mündliche Berichterstattung wurde verzichtet.

Als Erster zu Wort gemeldet ist Abgeordneter Gerstl. – Bitte.


20.46.13

Abgeordneter Mag. Wolfgang Gerstl (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Nächstes Thema: Untersuchungsausschuss, eine Änderung der Geschäftsordnung. Ich freue mich, zu Beginn festhalten zu können, dass wir diesbezüglich eine einvernehmliche Lösung haben. Es geht einfach darum, dass wir die Fristen für den Untersuchungsausschuss jetzt hemmen und damit – weil wir vorgehabt haben, dass wir die ersten Befragungen im Rahmen des Ibiza-Untersu­chungsausschusses bereits unmittelbar nach Ostern machen – diese Zeit nachholen können. Wir haben uns auf 42 Befragungstage geeinigt, und der Ibiza-Untersuchungs­ausschuss wird selbstverständlich bis Sommer nächsten Jahres laufen.

Worum geht es da? – Noch einmal ganz kurz: Es geht einfach darum, ob die Aussagen von Strache und Gudenus in dem Video simple Prahlerei waren oder ob diesen Aus­sagen auch Taten gefolgt sind, und selbstverständlich werden wir das untersuchen. Ich bedanke mich für die Einstimmigkeit und für die Klarheit, die da erzielt worden sind.


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Diese Einstimmigkeit ist wahrscheinlich auch deswegen zustande gekommen, weil ja für alle klar ist, dass das Coronavirus für viele Österreicherinnen und Österreicher ein entsprechender Eingriff in den normalen Ablauf des Lebens ist, und daher darf ich mir erlauben, diesen Tagesordnungspunkt jetzt dafür zu verwenden, der Opposition, und da insbesondere der SPÖ, noch einmal ins Gewissen zu reden.

Es geht darum, dass die Maßnahmen, die wir heute beschlossen haben, nämlich dass wir das Leben wieder hochfahren können, auch wirklich in Kraft treten können, und dazu braucht es eine Bundesratssitzung in dieser Woche. Wenn die SPÖ ihren Wi­derstand weiterhin aufrechterhält und die Bundesratssitzung in dieser Woche nicht ab­gehalten werden kann, dann kann ab nächster Woche kein neuer Baubescheid erteilt werden, dann kann ab nächster Woche keine neue Gewerbeberechtigung erteilt wer­den, dann ist das Leben in der Stadt, am Land und in ganz Österreich wieder um zwei Wochen zurückgehalten. (Zwischenruf des Abg. Vogl.) – Dafür sind Sie, Herr Kollege von der SPÖ, verantwortlich (Abg. Vogl: ... nicht! Dafür sind Sie verantwortlich!), wenn das Leben in Österreich nicht hochgefahren werden kann! Das kostet die österrei­chische Wirtschaft Hunderte Millionen Euro, und dafür tragen Sie die Verantwortung! (Beifall bei der ÖVP sowie der Abgeordneten Maurer und Prammer.)

Meine Damen und Herren, es geht sogar noch weiter! Es geht dabei auch noch um eine Bestimmung des Zustellgesetzes, die besagt, dass man aufgrund der Coronakrise einen RSA-Brief, den man eigenhändig zustellen muss, nicht an die betroffene Person aushändigt. Stellen Sie sich Folgendes vor: Es gibt eine Person, die ist coronainfiziert, bekommt einen Absonderungsbescheid – und muss diesen RSA-Brief aufgrund des Einspruches der SPÖ innerhalb von zwei Wochen eigenhändig unterschreiben. Sie trägt damit dazu bei, dass dieses Virus durch den Briefträger an Dutzende, vielleicht Hunderte andere Personen übertragen werden kann. Meine Damen und Herren, diese Parteipolitik, die hier vonseiten der SPÖ vollkommen gegen die Interessen der Bevöl­kerung betrieben wird, ist unverantwortlich! (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Grünen. – Zwischenruf des Abg. Vogl.)

Ich kann Sie als Opposition nur bitten (Abg. Vogl: ... RSA-Brief!): Bleiben Sie dabei, dass wir in dieser schwierigen Krisenphase zusammenhalten, dass wir für die Bürge­rinnen und Bürger das tun, was notwendig ist. Sie, die Bürgerinnen und Bürger, haben sich bestmöglich verhalten, sie haben dafür gesorgt, dass die Kurve so (mit der rechten Hand eine Bewegung steil nach unten machend) hinuntergegangen ist. Jetzt liegt es an Ihnen, dass die Kurve auch weiterhin unten bleibt, Herr Kollege von der SPÖ. (Zwi­schenrufe bei der SPÖ.) Das verlange ich von Ihnen, damit wir das Leben und die Wirt­schaft wieder hochfahren können. – Vielen Dank. (Beifall bei der ÖVP und bei Abge­ordneten der Grünen.)

20.50


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Abgeord­neter Krainer. – Bitte. (Abg. Krainer – in Richtung Präsident Sobotka –: Entschuldi­gung, Herr Präsident, ist das jetzt so, ich darf über alles reden, oder - -) – Sie sind am Wort, Herr Abgeordneter! (Abg. Krainer: Ich wollte es nur wissen!)


20.50.42

Abgeordneter Kai Jan Krainer (SPÖ): Danke, Herr Präsident! Das ist offensichtlich eine freie Stunde, in der man über alles reden kann, auch wenn es gar nichts mit dem Thema zu tun hat. Es muss auch gar nicht qualifiziert sein, wie man bei Herrn Gerstl gesehen hat, das, was man sagt, kann auch völlig unqualifiziert sein. (Beifall bei der SPÖ.) Es kann bar jeder inhaltlichen Kenntnis sein; der Präsident ist anscheinend der Meinung, dass man um diese Uhrzeit nicht zum Thema reden muss (Ruf bei der ÖVP: Zur Sache, Herr Kollege! Zur Sache!), dass man sich nicht an irgendeinen Inhalt halten


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muss, man kann einfach alles sagen. – Ich will das gar nicht weiter kommentieren, das ist mir ehrlich gesagt zu tief, was er gesagt hat. (Beifall bei der SPÖ.)

Ich darf zum Thema reden: Es geht hier um eine Geschäftsordnungsänderung. Wir ha­ben aufgrund von Corona eine Reihe von Fristen gehemmt, und Kollegin Krisper hat gemeint, das müsste eigentlich auch für den Untersuchungsausschuss gelten. Sie hat diesen Antrag hier eingebracht – Sie war persönlich nicht anwesend, deswegen steht ihr Namen nicht auf dem Antrag, aber es war ihre Idee. Dieser Antrag wurde im Ge­schäftsordnungsausschuss einstimmig beschlossen. Es gibt eine kleine Änderung, weil von dieser Hemmnis noch zwei weitere Fristen im Geschäftsordnungsgesetz Untersu­chungsausschüsse betreffend umfasst werden sollen, deswegen bringe ich rein formal folgenden Antrag ein:

Abänderungsantrag

der Abgeordneten Mag. Wolfgang Gerstl, Kai Jan Krainer, David Stögmüller, Dr. Ste­phanie Krisper, Kolleginnen und Kollegen zum Bericht des Geschäftsordnungsaus­schusses über den Antrag 409/A betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Geschäfts­ordnungsgesetz 1975 geändert wird

Der Nationalrat wolle in zweiter Lesung beschließen:

Der dem Ausschussbericht angeschlossene Gesetzentwurf wird wie folgt geändert:

Die Z 1 lautet:

„1. Dem § 107 wird folgender Satz angefügt:

„Bei einem vor dem 15. März 2020 eingesetzten Untersuchungsausschuss, der seine Beweiserhebung noch nicht beendet hat, werden die Monate März bis Mai 2020 nicht in die Fristen gemäß § 53 VO-UA eingerechnet.““

*****

Da geht es einfach darum, dass bei der Berechnung der Fristen drei Monate wegfallen, weil während dieser drei Monate der Coronakrise der Untersuchungsausschuss nicht arbeiten kann. So wie das für Gerichtsverfahren und so weiter gilt, soll das auch für den Untersuchungsausschuss gelten. Das finde ich richtig, und ich freue mich, dass das am Ende des Tages hier einstimmig beschlossen werden kann.

Wie wichtig dieser Untersuchungsausschuss ist, zeigt gerade auch der heutige Tag. Wir erinnern uns an den ehemaligen Vizekanzler, der gemeint hat: „Novomatic zahlt alle“. Ob Novomatic jetzt alle bezahlt hat, weiß ich nicht, das wird sich der Untersu­chungsausschuss natürlich ansehen, aber das, was wir heute wieder erlebt haben, hat gezeigt, welch unglaublichen Einfluss die Novomatic gar nicht auf die FPÖ, sondern auf die ÖVP hatte. (Zwischenruf bei der ÖVP.) Das ist erschreckend.

Bisher hatten wir den Verdacht – da geht es um parlamentarische Anfragen, darum, dass Abgeordnete an Minister Anfragen stellen –, es gab also zu Recht den Verdacht, dass die Beantwortung einer Anfrage der Kollegin Krisper durch den damaligen ÖVP-Minister Löger von Novomatic-Texten, die öffentlich erhältlich waren, abgeschrieben war.

Also der Verdacht war: Löger schreibt bei der Novomatic ab, wenn es um parlamen­tarische Anfragebeantwortungen geht!, was eigentlich undenkbar ist. Heute – heute! – ist bekannt geworden, dass es nicht nur so war, dass ÖVP-Finanzminister von der No­vomatic abgeschrieben haben, nein, die Novomatic hat parlamentarische Anfragen di-


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rekt beantwortet. Der Anwalt der Novomatic hat für ÖVP-Minister Anfragebeantwortun­gen vorgeschrieben, und der Minister hat sie nur noch unterschrieben. Bitte, in was für einem Land leben wir, wenn Abgeordnete Fragen zum Glücksspiel an den ÖVP-Fi­nanzminister stellen und die Antwort direkt vom Anwalt der Novomatic kommt?! Das ist doch entsetzlich – und ich habe dazu noch kein Wort gehört! (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der NEOS.)

Ich habe dazu hier kein Wort gehört, weder vom jetzigen Finanzminister Blümel noch von Herrn Wöginger noch von irgendeinem ÖVPler, niemand hat gesagt, dass das eine Praxis ist, die nicht geht und sofort abgestellt wird. Das ist entsetzlich! Der Untersu­chungsausschuss wird sich auch diese Sache anschauen müssen, nämlich welchen Einfluss die Novomatic auf die ÖVP, auf die Regierung hatte oder hat. Aufgrund des­sen, was wir bisher wissen, kann ich nur eines sagen: Ich bin maßlos entsetzt, maßlos! (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der NEOS.)

20.55

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:

Abänderungsantrag

der Abgeordneten Gerstl, Krainer, Stögmüller, Krisper

zum Bericht des Geschäftsordnungsausschusses über den Antrag 409/A der Abgeord­neten Dr. Nikolaus Scherak, MA, Kai Jan Krainer, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz vom 4. Juli 1975 über die Geschäfts­ordnung des Nationalrates (Geschäftsordnungsgesetz 1975) geändert wird

Der Nationalrat wolle in 2. Lesung beschließen:

Der dem Ausschussbericht angeschlossene Gesetzentwurf wird wie folgt geändert:

Die Z 1 lautet:

„1. Dem § 107 wird folgender Satz angefügt:

„Bei einem vor dem 15. März 2020 eingesetzten Untersuchungsausschuss, der seine Beweiserhebung noch nicht beendet hat, werden die Monate März bis Mai 2020 nicht in die Fristen gemäß § 53 VO-UA eingerechnet.““

Begründung

Die Hemmung der Höchstfristen um drei Monate soll auch in den Fällen des § 53 Abs. 5 und 6 VO-UA gelten.

*****


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Der Antrag ist ordnungsgemäß eingebracht, aus­reichend unterstützt und steht mit in Verhandlung.

Als Nächster zu Wort gelangt Abgeordneter Stögmüller. – Bitte.


20.55.38

Abgeordneter David Stögmüller (Grüne): Werter Herr Präsident! Werte Kolleginnen und Kollegen! Werte Damen und Herren! Es geht endlich los: Am 4. Juni starten wir mit dem Untersuchungsausschuss zu einem der größten Politskandale, die es in der Zwei­ten Republik gegeben hat.

Es wird Zeit, dass wir endlich Licht in diesen dunklen Korruptionssumpf bringen. Zur­zeit überschlagen sich die Schlagzeilen ohnehin. Der Herr Kollege hat es ein bisschen


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll27. Sitzung, 28. April 2020 / Seite 260

emotional vorgetragen, aber die Schlagzeilen zur aktuellen Situation sind schon sehr eindeutig auf den Untersuchungsausschuss ausgerichtet, sei es betreffend die Soko, die – aktuell – bei mindestens 35 Ermittlungsverfahren aktiv war. Weiters: Novomatic hilft dem Finanzministerium bei der Bearbeitung von parlamentarischen Anfragen, No­vomatic-Chef Graf spendet große Summen an Günstlinge, und es gibt eine lange Liste an Personen, die von ihm nette Geldgeschenke bekommen haben, „Postenvergabe im WhatsApp-Chatverlauf“, blaues Institut als „lukrative Geldquelle“ – nur, um einen klei­nen Auszug daraus zu geben, was in den letzten Tagen und Wochen, einem eher ganz kurzen Zeitraum, so in der Zeitung gestanden ist. (Abg. Kickl: Jetzt wird es noch spannend in der Koalition!)

Wir haben uns im Zusammenhang mit der Aufklärung im Untersuchungsausschuss jetzt schon vieles genauer angesehen, und ich bin ehrlich gesagt froh darüber, dass wir bald starten und etwas Licht in so manches Dunkel bringen werden, gerade auch, was diese Schlagzeilen und das, was der Kollege gesagt hat, betrifft. Wir haben die auf­grund von Corona jetzt untersuchungsausschussfreie Zeit auch dafür genützt, Akten zu wälzen. Ich kann Ihnen sagen, es werden uns da sehr viele interessante Themen be­schäftigen, die wir hier zum Vorschein bringen wollen und werden. Wir werden auch bei den Themen ganz genau hinschauen.

Zum Antrag, zum eigentlichen Tagesordnungspunkt: Wir Grüne, gerade auch das grü­ne Team des Untersuchungsausschusses mit Nina an der Spitze, sind sehr zufrieden, dass es zu einer gemeinsamen Lösung im Geschäftsordnungsausschuss gekommen ist. Diesen gemeinsamen Weg möchten wir weiter beschreiten. Ich glaube, das ist ein richtiger Weg, gerade bei solchen Fragen, wenn es um Aufklärung und um Transpa­renz geht. Wir sagen vielen Dank dafür, dass es hier zu einer gemeinsamen Lösung gekommen ist. (Beifall bei den Grünen.)

Der Untersuchungsausschuss wird nun aufgrund der Coronakrise nicht beschnitten, sondern die Fristen werden für drei Monate gehemmt. Wir werden die Zeit intensiv nützen beziehungsweise haben sie schon genützt, uns in die Akten einzulesen. Es ist wie gesagt so manch Spannendes dabei, und ich freue mich schon auf die Arbeit und darauf, in der Causa Ibiza Licht ins Dunkel zu bringen. – Vielen Dank. (Beifall bei den Grünen.)

20.58


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Als Nächste zu Wort gemeldet ist Abgeordnete Krisper. – Bitte.


20.58.41

Abgeordnete Dr. Stephanie Krisper (NEOS): Herr Präsident! Kolleginnen und Kolle­gen! Sehr geehrte Damen und Herren! Ich freue mich, dass unser Antrag, der Antrag der SPÖ und uns, betreffend Fristhemmung im Untersuchungsausschuss in Abgleich mit dem, was in der Justiz stattgefunden hat – dort gab es ja auch die Fristhemmung –, hier gemeinsam umgesetzt werden kann. Das ist unserer Meinung nach sehr wichtig, denn wir brauchen jede mögliche Zeit für Aufklärung. Das hat seit der Rede hier letzte Woche, wie Kollege Krainer schon ausgeführt hat, der „Standard“ heute schon wieder in einem Artikel gezeigt, in dem es um Chatprotokolle ging, die nahelegen, dass die Novomatic das ÖVP-geführte Finanzministerium dabei unterstützte, eine parlamenta­rische Anfrage der Opposition zu beantworten.

Zunächst einmal: Es geht da um eine parlamentarische Anfrage. Wenn sich ein Minis­terium bei der Beantwortung solch einer Anfrage von Unternehmen helfen lässt, ist das schon einmal zu kritisieren. Wenn das für die Beantwortung einer Anfrage notwendige Wissen nicht im Ministerium vorhanden ist, besteht spätestens dann akuter Handlungs­bedarf. Wenn sich dann aber noch das Finanzministerium, welches als Aufsichtsbe-


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hörde im Glücksspielwesen fungiert, von einem Glücksspielunternehmen quasi per No­vo-Helphotline Antworten erarbeiten lässt, dann, meine Damen und Herren, ist das ein unfassbarer Missstand, dem es nachzugehen gilt.

Offensichtlich ist es bei Anfragen mittlerweile notwendig, am Ende die Frage zu stellen, wer denn bei der Erarbeitung der Anfragebeantwortung geholfen hat. Wir erinnern uns an das Namedropping des Ex-Vizekanzlers auf Ibiza, Stichwort „Novomatic zahlt alle“. Es ist wohl so, dass es nötig wird – und das ist eine Blamage –, in Zukunft derartige Fragen zu stellen, um dubiosen Liaisonen auf den Grund zu gehen.

Ein solches dubioses Naheverhältnis zwischen Novomatic und dem ÖVP-Finanzminis­ter Löger haben wir NEOS schon im Frühjahr 2019 aufgrund einer Anfragebeantwor­tung öffentlich thematisiert, nachdem sich nämlich Argumente in der Antwort von Fi­nanzminister Löger an uns mit jenen der Presseaussendung der Novomatic nahezu wortident deckten. Die Presseaussendung ist natürlich frei zugängig, das Finanzminis­terium musste daher nicht den CEO eines milliardenschweren Glücksspielunterneh­mens in die Anfragebeantwortung einbinden. Es gehört aber schon etwas dazu, die Argumentation von Novomatic zu übernehmen, wenn man nämlich, wie in diesem Fall, als Finanzminister dadurch in Kauf nimmt, dem Wortlaut der OGH-Entscheidung in dem Fall, den Experten und Expertinnen im eigenen Haus und der Rechtsansicht des eigenen Hauses zu widersprechen.

Wem hat diese faktenwidrige Beantwortung genutzt? Der Novomatic. Durch die gleichlautende Argumentation von Löger und Novomatic wurde nämlich eine ständige Rechtsprechung des OGH als Einzelfallentscheidung kleingeredet, nach der aber alle Menschen, die an den von Novomatic in Wien aufgestellten gesetzeswidrigen Spiel­automaten bis Ende 2014 ihr Geld verloren hatten, ihren Spieleinsatz zivilrechtlich zu­rückfordern könnten. Da geht es um Milliarden, und es geht um die Existenzen von meist jungen Männern in ohnehin prekären Verhältnissen.

Welchen Vorteil bringt so eine Anfragebeantwortung für die Novomatic noch? Sie kann sich in Prozessen, die gerade laufen, auf die Anfragebeantwortung eines Finanz­ministers stützen. Wortwörtlich schreibt sie zum Beispiel in einem Verfahren: Diese Antwort von Minister Hartwig Löger entspricht unserem Vorbringen. Sohin vertritt die für das Glücksspiel zuständige Aufsichtsbehörde die – vom Gericht genau anders judi­zierte – Auffassung, dass wir auch nach der alten Rechtslage verwaltungsbehördlich genehmigtes Glücksspiel betrieben haben. – Zitatende.

Das Bild wird demnach jeden Tag immer klarer, Löger werden wir im Untersuchungs­ausschuss befragen. Es ist gut, dass wir nun volle 42 Sitzungstage für die Befragungen dazu und zu vielen anderen Themen zur Verfügung haben, danke daher für die Zu­stimmung zu diesem Antrag. (Beifall bei den NEOS sowie bei Abgeordneten von SPÖ und Grünen.)

21.02


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Abgeordneter Silvan. – Bitte.


21.03.00

Abgeordneter Rudolf Silvan (SPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen, liebe Kollegen! Sehr geehrte Damen und Herren zu Hause! Wir alle kennen die Vor­würfe, die in Bezug auf das Ibizavideo im Raum stehen, wir alle kennen die Vorwürfe, die aufgrund der Casinos-Postenbesetzung, im Zusammenhang mit Novomatic et ce­tera, et cetera im Raum stehen. Es wurde dazu schon alles gesagt, und es wird auch noch in den nächsten Plenarsitzungen und Ausschusssitzungen darüber diskutiert wer­den.


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Worum geht es aber in Wirklichkeit? – In Wirklichkeit geht es auch darum – und da bin ich über die Einstimmigkeit betreffend die Fristhemmung dieses Untersuchungsaus­schusses sehr froh –, dass die Bevölkerung sieht, dass das Parlament trotz Corona­krise weiterarbeitet und wichtige Aufklärungsarbeit im Sinne der Demokratie geleistet wird. Das Parlament kommt mit der restlosen Aufklärung der Vorfälle rund um Ibiza und die Casinos Austria auch seiner Vorbildwirkung nach. – Erteilen wir mutmaßlich käuflicher Politik eine klare Absage! (Beifall bei der SPÖ.)

Bei der Wahl ist jede Stimme gleich viel wert. Sorgen wir dafür, dass nach der Wahl die Bedürfnisse der Menschen gleichwertig behandelt werden, egal ob man eine dicke Brieftasche hat oder ob man vielleicht nicht auf der Sonnenseite des Lebens steht! Es darf auf keinen Fall der Eindruck entstehen, dass es sich manche richten können und manche nicht. Wenn der Verdacht besteht, dass Politik käuflich ist, dann müssen wir alles Menschenmögliche dazu beitragen, damit derartige Vorgänge restlos aufgeklärt werden können. Alles andere wäre demokratiegefährdend.

Demokratie, demokratische Freiheit ist auch in stürmischen Zeiten der beste Kompass. Ich wünsche den Mitgliedern des Untersuchungsausschusses alles Gute und viel Er­folg. – Danke schön. (Beifall bei der SPÖ.)

21.04


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Abgeordneter Hafenecker. – Bitte.


21.05.04

Abgeordneter Christian Hafenecker, MA (FPÖ): Herr Präsident! Hohes Haus! Da uns Kollege Gerstl als verspätetes Sandmännchen vergönnt war und erzählt hat, was jetzt nicht alles passieren wird, möchte ich dazu schon eines sagen: Sie müssen sich am Ende des Tages dafür rechtfertigen, welche Maßnahmen Sie gesetzt haben, wa­rum Sie sie gesetzt haben und was dann dabei herauskommt. Das werden wir uns noch anschauen, und da bin ich sehr gespannt.

Noch etwas: Wenn Sie sich jetzt darüber beklagen, dass der Bundesrat nicht vorzeitig einberufen wird, dann denken Sie einmal nach, warum! Sie haben uns in den letzten Sitzungen immer hintergangen, mit Sammelgesetzen und sonstigen Dingen (Zwischen­rufe bei der ÖVP), und das hat einfach dazu geführt, dass es auch kein Vertrauen mehr gibt; deswegen werden wir jetzt auch keine Maßnahmen unterstützen, die dazu dienen, dass Sie schneller mit irgendwelchen Maßnahmen ans Ziel kommen. (Beifall bei der FPÖ.)

Noch kurz ein Wort zu Kollegen Stögmüller: Herr Kollege Stögmüller, Sie haben viel­leicht – ich weiß nicht, so jung sind Sie auch nicht mehr – vergessen und übersehen, dass Frau Glawischnig ja bei Novomatic für den Spielerschutz zuständig war. (Zwi­schenrufe bei den Grünen.) Also auch da müssen wir uns anschauen, wie man in diese Position kommt – alles sehr spannend.

Zum Thema: Die Fristhemmung ist natürlich sehr, sehr wichtig, damit wir in diesem Un­tersuchungsausschuss nach hinten keine Zeit verlieren, damit wir da wirklich auch für die notwendige Aufklärung sorgen. Selbstverständlich stehen auch wir als FPÖ nicht an, dazu nach Kräften unseren Beitrag zu leisten.

Es muss auch rasch eine Aufklärung geben. Wenn wir zum Beispiel in den heutigen Medienberichten erfahren, dass es direkte Verbindungen von Novomatic bis ins Innen­ministerium gibt, wenn wir jeden Tag von Netzwerken erfahren und man sich wirklich die Frage stellen muss, ob Novomatic eigentlich schon in der Regierung sitzt – und wenn ja, wie wir damit umgehen –, dann ist es höchste Eisenbahn, dass dieser Un­tersuchungsausschuss zu arbeiten beginnt, damit wir uns am Ende des Tages nicht in


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dieser neuen Normalität befinden, dass die Glücksspielkonzerne in der Regierung sit­zen, in den Kabinetten Anfragen beantworten und Sonstiges tun.

Diese neue Normalität wollen wir nicht, und deswegen freue ich mich schon auf den bald beginnenden Ausschuss. (Beifall bei der FPÖ. – Ruf bei der ÖVP: Der Strache ist nicht mehr ...! Das war zu Zeiten Straches!)

21.07

21.07.11


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort ist dazu niemand mehr gemeldet. Die Debatte ist geschlossen.

Wünscht der Berichterstatter ein Schlusswort? – Das ist nicht der Fall.

Ich frage die Klubs: Können wir abstimmen? – Gut, dann kommen wir nun zur Abstim­mung über den Bericht des Geschäftsordnungsausschusses.

Wir gelangen nun zur Abstimmung über den Gesetzentwurf in 147 der Beilagen.

Hiezu haben die Abgeordneten Gerstl, Krainer, Stögmüller, Krisper, Kolleginnen und Kollegen einen Abänderungsantrag eingebracht.

Ich werde daher zunächst über den vom erwähnten Abänderungsantrag betroffenen Teil und schließlich über die restlichen, noch nicht abgestimmten Teile des Gesetzent­wurfes abstimmen lassen.

Da es sich bei dem vorliegenden Gesetzentwurf um eine Änderung des Geschäftsord­nungsgesetzes handelt, stelle ich zunächst im Sinne des § 82 Abs. 2 Z 2 der Ge­schäftsordnung die für die Abstimmung erforderliche Anwesenheit der verfassungsmä­ßig vorgesehenen Anzahl der Abgeordneten fest. – Das ist der Fall.

Die Abgeordneten Gerstl, Krainer, Stögmüller, Krisper, Kolleginnen und Kollegen ha­ben einen Abänderungsantrag betreffend Ziffer 1 eingebracht.

Wer hiefür ist, den bitte ich um ein Zeichen der Zustimmung. – Das ist einstimmig an­genommen.

Ich stelle ausdrücklich fest, dass die verfassungsmäßig erforderliche Zweidrittelmehr­heit damit auch gegeben ist.

Schließlich kommen wir zur Abstimmung über die restlichen, noch nicht abgestimmten Teile des Gesetzentwurfes samt Titel und Eingang in der Fassung des Ausschussbe­richtes.

Ich bitte jene Damen und Herren, die dafür sind, um ein Zeichen der Zustimmung. – Das ist ebenso einstimmig angenommen.

Ich darf noch einmal auf die Notwendigkeit der Zweidrittelmehrheit hinweisen.

21.09.0629. Punkt

Bericht des Ausschusses für innere Angelegenheiten über den Antrag 411/A(E) der Abgeordneten Dr. Stephanie Krisper, Kolleginnen und Kollegen betreffend Keine Abschiebungen während der COVID-19-Krise (148 d.B.)

30. Punkt

Bericht des Ausschusses für innere Angelegenheiten über den Antrag 443/A der Abgeordneten Karl Mahrer, BA, Mag. Georg Bürstmayr, Kolleginnen und Kolle­gen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das BFA-Verfahrensgesetz 2012 und das Asylgesetz 2005 geändert werden (7. COVID-19-Gesetz) (149 d.B.)



Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll27. Sitzung, 28. April 2020 / Seite 264

Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Wir gelangen nun zu den Punkten 29 und 30 der Tagesordnung, über welche die Debatten unter einem durchgeführt werden.

Auf eine mündliche Berichterstattung wurde verzichtet.

Zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Einwallner, dem ich das Wort erteilen darf.


21.09.46

Abgeordneter Ing. Reinhold Einwallner (SPÖ): Herr Präsident! Geschätzte Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Wir behandeln bei den Tagesordnungs­punkten 29 und 30 zum einen einen Antrag betreffend Änderung des BFA-Verfahrens­gesetzes und des Asylgesetzes. Diese Änderung findet Zustimmung von unserer Seite, weil sie Sinn macht. Es geht im Großen und Ganzen darum, dass die Bewegungs­freiheit von unbegleiteten minderjährigen Asylwerbern so ausgedehnt wird, dass im Falle notwendig werdender Covid-Maßnahmen eine Betreuung auch außerhalb einer Erstaufnahmestelle stattfinden kann. Es ist auch gewährleistet, dass die Rechtsbera­tung dort stattfinden kann. Zusätzlich ist die Änderung befristet, daher unterstützen wird das gerne. (Beifall bei der SPÖ.)

Meine Damen und Herren, zum anderen besprechen wir jetzt bei diesem Tagesord­nungspunkt Entschließungsanträge, die eingebracht wurden. Im parlamentarischen All­tag spürt man leider sehr, sehr wenig davon, dass die Grünen jetzt Teil dieser Re­gierung sind, eine Regierungspartei sind, denn diese Entschließungsanträge haben ein Schicksal erlitten, das solche Anträge sehr oft erleiden: Von drei Entschließungsanträ­gen wurden zwei in der üblichen Manier vertagt. Ganz schmerzbefreit vertagen die Grünen inzwischen auch schon inhaltlich sehr, sehr gute Entschließungsanträge. Einer bleibt dann übrig, und zu diesem gibt es dann einen sehr oberflächlichen Wischiwa­schiantrag von den Regierungsparteien, den wir nicht unterstützen werden.

Wie im Ausschuss schon ausgeführt, finden die drei Entschließungsanträge, die die NEOS zum Themenbereich Asyl eingebracht haben, unsere Unterstützung, und wir werden sie auch da unterstützen und dem Regierungsantrag nicht zustimmen.

Man spürt eines ganz klar: Die Grünen werden immer mehr zu einer Antitransparenz­partei. Das spürt man, wenn es um diesen Covid-Unterausschuss geht. Sie werden zu einer Antikontrollpartei, wenn es um den Untersuchungsausschuss geht. Wir sind ja froh, dass ihr dieser Fristhemmung zugestimmt habt, aber erinnert euch bitte, wie klein ihr diesen Untersuchungsausschuss zu Ibiza halten wolltet! Und ihr werdet Weltmeister beim Vertagen, ihr werdet Weltmeister beim Vertagen von Anträgen, selbst bei The­men, bei denen ihr eure Haltung über Bord werfen müsst, wie im Bereich Asyl und menschliches Asylverfahren. (Beifall bei der SPÖ.)

Herr Innenminister, lassen Sie mich die Gelegenheit auch nutzen, um auf die eine oder andere Maßnahme einzugehen, die Sie und Ihr Ministerium in der Zeit der Krise ge­setzt haben! Wir haben jetzt nicht mehr die Zeit, um das ganze Bündel der Maß­nahmen zu besprechen. Eines vorweg: Mein Dank und unser Dank an die Polizistinnen und Polizisten, die tagtäglich eine wichtige Aufgabe in diesem Land erfüllen, sie leisten wirklich wertvolle und großartige Arbeit! (Beifall bei der SPÖ.)

Gleichzeitig mehren sich leider die Beschwerden, dass die Maßnahmen oder die Sank­tionen, die bei Übertretung der Covid-Bestimmungen gesetzt werden, überschießend sind; und es trifft die Falschen, denn es trifft die Polizisten, die Exekutive vor Ort. Schuld ist aber etwas ganz anderes, schuld sind nämlich die unklaren Vorgaben, die aus dem Ministerium kommen. Die Polizistinnen und Polizisten sind mit vielem, was draußen der Fall ist, überfordert, und darum passiert es, dass den Ärger und den Frust der Bevölkerung die Falschen abbekommen. (Beifall bei der SPÖ.)

Im Ausschuss haben Sie berichtet, es gab 30 000 Anzeigen in diesen Fällen, es gab 3 600 Organstrafen. Mich würde interessieren, Herr Minister, wie viele dieser Maßnah-


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men, wie viele dieser Strafen aufgrund der unklaren Aussagen dieser Bundesregierung gesetzt beziehungsweise verhängt wurden. Erst gestern wurde klar, dass es im priva­ten Bereich durchaus Möglichkeiten gegeben hat, sich zu treffen, und all diese Fälle gehören aufgezeigt und angesprochen.

Ganz am Schluss – meine Redezeit ist schon vorbei – muss ich Ihnen eines schon noch sagen, Herr Minister: Die Sprache, die Sie in dieser Krise wählen, ist unerträglich. Sie sprechen vom Auslöschen von Glutnestern. Sie sprechen von der Flex, die die Polizei sein sollte. – Diese Sprache schürt Ängste, und genau das brauchen wir nicht! Wir brauchen keine Ängste! Es braucht in der Krise Sicherheit und nicht das Schüren von Ängsten. – Danke schön. (Beifall bei der SPÖ.)

21.14


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Abgeordneter Mahrer. – Bitte.


21.14.39

Abgeordneter Karl Mahrer, BA (ÖVP): Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Bundes­minister! Werte Kolleginnen und Kollegen im Hohen Haus! Liebe Österreicherinnen und Österreicher! Ich glaube, auch die heutige Plenarsitzung von 9 Uhr früh bis jetzt hat es gezeigt: Covid-19 ist allgegenwärtig und hat unser aller Leben verändert. Covid-19 hat Einfluss auf alle Bereiche, auf alle politischen Bereiche, genommen und zwingt uns jeden Tag, neue Situationen zu bewerten und rasch und beherzt Maßnahmen zu be­schließen, gerade auch hier im Hohen Haus.

Bei all dem haben wir alle gemeinsam, das spüre ich schon, ein Ziel, nämlich das Le­ben und die Gesundheit von Menschen zu schützen und allen Menschen in diesem Land eine Perspektive, auch eine wirtschaftliche Perspektive, zu geben. Sicherheit und Stabilität in Österreich sind dabei eine ganz wichtige Voraussetzung, und daher – und es ist mir bei diesem Tagesordnungspunkt wichtig, das zu betonen – dürfen wir unsere Ziele und Grundsätze auch in dieser Ausnahmesituation nie aus den Augen verlieren. (Beifall bei der ÖVP.)

Nie aus den Augen verlieren heißt – und das verspreche ich Ihnen auch als Sicher­heitssprecher der Volkspartei –: Diese Bundesregierung wird das Thema Sicherheit weiterhin in den Mittelpunkt stellen. In diesem Zusammenhang ist es auch wichtig, Fol­gendes zu betonen: Auch wenn wir im Moment rückläufige Zahlen im Asyl- und Frem­denwesen haben, übersehen wir bitte nicht die Situation am Westbalkan, übersehen wir nicht die Situation am Rande von Europa, übersehen wir nicht die Situation außer­halb von Europa und bleiben wir unserem Regierungsprogramm treu! Die konsequente Vollziehung aller Gesetze im Fremden- und Asylbereich garantiert ein Mann, der sach­lich, ausgewogen und kompetent ist, nämlich unser Innenminister Karl Nehammer, mit seinen Polizistinnen und Polizisten. (Beifall bei der ÖVP.)

Da wir von der konsequenten Asylpolitik nicht abweichen, meine Damen und Herren, haben wir gestern im Innenausschuss einige Anträge der NEOS abgelehnt und einige eigene Anträge eingebracht. Schon aufgrund von faktischen Einschränkungen – Sie wissen es, der Flugbetrieb ist nahezu eingestellt – sind Abschiebungen derzeit ja nur eingeschränkt oder gar nicht möglich. (Abg. Kickl: Aber Erntehelfer kann man einflie­gen! – Zwischenruf des Abg. Vogl.)

In unserer heute zur Diskussion stehenden Entschließung wird der Bundesminister für Inneres „aufgefordert, im Rahmen des fremdenrechtlichen Vollzugs gegenüber ausrei­sepflichtigen Personen auf die faktischen Gegebenheiten der COVID-19 Krise“ – auch in den Herkunftsstaaten – „besonders Bedacht zu nehmen“. Das bedeutet aber nicht, dass ein grundsätzlicher Abschiebestopp, wie er von den NEOS gefordert wird, die


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richtige Maßnahme wäre. Meine Damen und Herren, das Asylrecht gilt weiterhin, und mit uns wird es keinen generellen Abschiebestopp geben.

All das bedeutet, wir stehen für die Einhaltung der geltenden Gesetze und auch dafür, dass die Menschen in Österreich ein Recht auf Gesundheit und ein Recht auf Sicher­heit haben.

Notwendig, richtig und praktikabel ist unser heutiger Antrag betreffend Änderungen des Verfahrensgesetzes des Bundesamts für Fremdenwesen und Asyl sowie des Asylge­setzes. Diese Änderungen ermöglichen es, dass unbegleitete minderjährige Asylwer­ber künftig nicht mehr nur in eine Erstaufnahmestelle, sondern auch in eine Regionaldi­rektion verbracht werden können, selbstverständlich begleitet von einem Rechtsbe­rater.

Auch eine gelockerte Unterbringung von Asylwerberinnen und Asylwerbern in den je­weiligen Quartieren, meine Damen und Herren, ist auf Basis der derzeit schon gelten­den Richtlinien, auch unter Berücksichtigung der bereits verstärkten Hygienemaßnah­men, bereits jetzt Realität.

Retten wir gemeinsam Leben! – Das ist das Motto dieser Wochen, dieser Monate. Das sollte aber in allen Bereichen Gültigkeit haben, begleitet von klaren Regeln, mithilfe de­rer man auch in diesen herausfordernden Tagen das Asyl- und Fremdenrecht mit Au­genmaß und Vernunft konsequent umsetzt. Das, meine Damen und Herren, nämlich ein konsequentes Asyl- und Fremdenrecht und den konsequenten Vollzug des Asyl- und Fremdenrechts, haben wir den Österreicherinnen und Österreichern versprochen. Dieses Versprechen werden wir auch in diesen herausfordernden Zeiten halten – für ein gesundes Österreich und für ein sicheres Österreich. (Beifall bei der ÖVP.)

21.19


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Abgeordnete Krisper. – Bitte.


21.19.42

Abgeordnete Dr. Stephanie Krisper (NEOS): Herr Präsident! Werte Kolleginnen und Kollegen! Sehr geehrte Damen und Herren! Es gibt mehrere Baustellen im Asylbereich, die wir mit Anträgen reparieren wollten.

Wie alle anderen Menschen, die in Österreich leben, standen auch Asylwerber plötzlich vor riesigen rechtlichen Fragezeichen, zum Beispiel ob die Frist für die freiwillige Aus­reise unterbrochen wird und Abschiebungen so wie in Deutschland – während der Co­ronakrise, Kollege Mahrer, nicht darüber hinaus – ausgesetzt werden. Wir wollten da Klarheit, die Regierungsparteien nicht, sie lehnten unseren Antrag ab.

Neben der rechtlichen Unklarheit gibt es auch andere Probleme, die nur Asylwerberin­nen und Asylwerber betreffen. Eines davon ist die Unterbringung in Großquartieren wie im Erstaufnahmezentrum Traiskirchen, das, Herr Innenminister, ja, für 1 000 Personen ausgelegt ist, genehmigt ist, aber nur eine Normalkapazität für 480 Personen hat. Dort halten sich aber momentan 606 Menschen auf, und das nicht so coronatauglich, wie Sie gestern im Ausschuss zu glauben schienen. Zum Beispiel ist es so, dass in man­chen Einrichtungen Sanitäranlagen nur für jeweils 40 Personen zugänglich sind. Insbe­sondere bei der Ausgabe von Essen, bei der Einnahme von Essen in ganz engen Zeit­fenstern ist es kaum möglich, Mindestabstände einzuhalten. Dort schafft man also Brutstätten für Corona und – wenig überraschend – tauchen natürlich auch Infizierte auf, und dann wird wie in Bergheim und Traiskirchen über alle Hunderten dort aufhäl­tigen Menschen Quarantäne verhängt.

Solche großen Gefahrenherde und Quarantänen für so viele Menschen hätte man ver­hindern können, und nun gilt es, das, diesen Status quo zu reparieren, und deswegen


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll27. Sitzung, 28. April 2020 / Seite 267

haben wir in unserem Antrag dafür plädiert, die in den Bundesbetreuungsstellen unter­gebrachten Asylwerber auf mehrere Standorte aufzuteilen, um sowohl die Bewohner als auch das dort tätige Personal als auch, liebe FPÖ, die gesamte Bevölkerung vor einer Ansteckung mit Corona zu schützen. Aus diesem Antrag wurde nichts, ÖVP und Grüne haben mit der FPÖ vertagt.

Vertagt wurde auch unser Antrag, der die Grundfesten des Asylrechts klar absichern wollte: dass man nämlich auch in Coronazeiten einen Asylantrag stellen kann. Dass so eine Klärung nötig ist, ist ein Trauerspiel für unseren Rechtsstaat, aber es ist der Fall seit den Verordnungen des Gesundheitsministers und umso mehr seit dem Erscheinen eines ominösen, geisterhaften Erlasses aus dem Innenministerium, denn dieser spricht klar aus, dass der Asylantrag von Menschen ohne ein Gesundheitsattest an der Gren­ze nicht anzunehmen ist. Das BMI wollte uns gestern weismachen, dass es sich nur um eine Anweisung für Beamte handelt, wie die Verordnung des Gesundheitsministers zu interpretieren ist. – Egal ob Erlass oder Anweisung: Der Inhalt dieses Dokuments widerspricht klar dem Recht, einen Asylantrag stellen zu dürfen, und bricht damit das Non-Refoulement-Gebot.

Herr Innenminister, Sie meinten gestern, wir würden ohne diese Position von Fakeasyl­werberinnen und -asylwerbern überrollt. Sie selbst haben aber in einer Pressekonfe­renz Ende März gemeint, es gäbe derzeit maximal zwölf Asylanträge pro Tag, und ges­tern im Innenausschuss wiederum gesagt, dass seit Inkrafttreten der Coronaverord­nung kein einziger Asylantrag an der Grenze gestellt wurde. Vor einer potenziellen Überbelastung der Quarantänekapazitäten kann daher überhaupt keine Rede sein, sondern eher nur von einer Missachtung von zwingendem Völkerrecht. Unser Antrag wollte nur klarstellen, dass das Recht auf ein Asylverfahren noch immer gilt, und wurde vertagt.

Wir NEOS werden uns weiterhin auch unter dieser Bundesregierung, in der anschei­nend die Grünen in der Geiselhaft der ÖVP alles mittragen – auch im Menschenrechts­bereich –, für Menschen einsetzen, die auch sonst keine starke Vertretung haben, und versuchen das jetzt wieder mit zwei weiteren Anträgen.

Der erste will verhindern, dass das österreichische Innenministerium unter Türkis-Grün ein von Herrn Kickl initiiertes Projekt weiterverfolgt und jetzt umsetzt, nämlich ein rechtsstaatlich nicht zu vertretendes, sicherheitspolitisch völlig sinnloses und wahr­scheinlich – denn wir dürfen ja laut Innenminister Nehammer die Zahlen nicht wissen – teures Aus-den-Augen-aus-dem-Sinn-Lager für nicht abschiebbare Asylwerber in Ser­bien. Das kann es nicht sein, daher stelle ich folgenden Antrag:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Dr. Stephanie Krisper, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Kündi­gung der Arbeitsvereinbarung über ein Abschiebelager in Serbien“

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Der Bundesminister für Inneres wird aufgefordert, ehestmöglich die am 24. April 2019 unterzeichnete Arbeitsvereinbarung mit dem serbischen Innenministerium über die Un­terbringung von in Österreich abgelehnten Asylwerber_innen in Serbien zu kündigen.“

*****

Der zweite Antrag betrifft die schon seit Jahren menschenunwürdigen Zustände in den Lagern auf den griechischen Inseln. Es ist jetzt völlig egal, wer daran schuld ist. Es ist gut, wenn Sie, Herr Innenminister, Container nach Griechenland liefern, es gibt aber


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ein Programm der Europäischen Kommission für die unbegleiteten Kinder dort. Die Kommission identifiziert diese Kinder, bietet sie den EU-Ländern an und finanziert auch den Flug in die EU-Mitgliedstaaten mit.

Ein derartiges Programm entlastet das griechische Gesundheitssystem und ermöglicht diesen ausgewählten Kindern eine Rettung aus einer humanitären Krise und Notlage, die sich auf EU-Territorium abspielt, was eigentlich schon unfassbar ist – deswegen auch das Engagement der Europäischen Kommission. Da gibt es also ein Angebot, das Sie aktiv ausschlagen müssten. Tun Sie das wirklich als Minister der vermeintlich christlichen ÖVP? – Luxemburg hat Kinder aufgenommen, Deutschland will noch mehr aufnehmen, Portugal hat heute gesagt, sie nehmen Kinder, Slowenien hat heute ge­sagt, sie nehmen Kinder. Es kann doch nicht sein, dass wir unter einer türkis-grünen Bundesregierung kein einziges Kind aufnehmen! Daher stelle ich folgenden Antrag:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Dr. Stephanie Krisper, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Beteili­gung am EU-Kommissions-Programm zur Aufnahme von Flüchtlingskindern aus La­gern auf den griechischen Inseln“

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesregierung, insbesondere der Bundesminister für Inneres, wird aufgefordert sich am Programm der EU-Kommission zur Aufnahme von Flüchtlingskindern aus La­gern auf den griechischen Inseln zu beteiligen.“

*****

Zu guter Letzt noch zu dem von den Regierungsparteien vorgelegten Gesetzesantrag: Wir werden diesem nur nach einer Klärung, dass die Rechtsberatung weiterhin gesi­chert scheint, heute zustimmen. – Danke sehr. (Beifall bei den NEOS.)

21.25

Die Anträge haben folgenden Gesamtwortlaut:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Dr. Stephanie Krisper, Kolleginnen und Kollegen

betreffend Kündigung der Arbeitsvereinbarung über ein Abschiebelager in Serbien

eingebracht im Zuge der Debatte in der 27. Sitzung des Nationalrats über – TOP 30

Laut der Beantwortung einer NEOS-Anfrage durch Innenminister Karl Nehammer vom 14.04.2020 (923/AB zu 866/J, XXVII. GP) wurde am 24. April 2019 zwischen dem österreichischen Bundesministerium für Inneres und dem Ministerium für Inneres der Republik Serbien eine Arbeitsvereinbarung über die Unterbringung von in Österreich abgelehnten Asylwerber_innen in Serbien unterzeichnet. Zielgruppe dieses Vertrages sind in Österreich aufhältige abgelehnte Asylwerber_innen, die nicht in ihren Herkunfts­staat abgeschoben werden können. Dazu muss ein ausreichender Bezug des Fremden zur Republik Serbien bestehen, der aber laut Innenminister Nehammer schon bei einer Flucht über die Westbalkanroute vorliege. Fest steht, dass das österreichische Innen­ministerium für die Unterbringungskosten aufkommen und die Unterbringung der Be­troffenen in Serbien unbefristet erfolgen soll. Über die vertraglich festgelegten wechsel­seitigen Rechte und Verpflichtungen wurde allerdings Stillschweigen vereinbart. Aktuell ist ein Konzept zur Umsetzung der Arbeitsvereinbarung in Ausarbeitung. Detailanga­ben sowie die abschließende Ausgestaltung seien noch nicht definiert.


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll27. Sitzung, 28. April 2020 / Seite 269

Statt die Verantwortung nach Serbien abzuschieben, gilt es Rücknahmeabkommen zu verhandeln und vernünftige Lösungen für nicht abschiebbare Menschen, mit einem rechtskräftig negativen Ausgang des Asylverfahrens, zu suchen. Ein Auslagern der be­troffenen Menschen ohne Perspektive und Interesse an den Umständen wäre men­schenrechtswidrig und populistischer Unsinn. Es ist nicht klar, wie in Serbien men­schenwürdige Lebensbedingungen sowie die Einhaltung rechtsstaatlicher Standards und geltender völkerrechtlicher Verpflichtungen sichergestellt werden sollen. Außer­dem ist völlig unklar, wieviel Steuergeld dieses Projekt kostet. Die Arbeitsvereinbarung wurde zwar ohne zeitliche Befristung abgeschlossen, allerdings kann diese durch schriftliche Mitteilung an das jeweilige andere Ministerium aufgekündigt werden. Wir fordern daher Innenminister Karl Nehammer auf, so schnell wie möglich aus diesem Vertrag auszusteigen.

Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgenden

Entschließungsantrag

Der Nationalrat wolle beschließen:

"Der Bundesminister für Inneres wird aufgefordert, ehestmöglich die am 24. April 2019 unterzeichnete Arbeitsvereinbarung mit dem serbischen Innenministerium über die Un­terbringung von in Österreich abgelehnten Asylwerber_innen in Serbien zu kündigen."

*****

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Dr. Stephanie Krisper, Kolleginnen und Kollegen

betreffend Beteiligung am EU-Kommissions-Programm zur Aufnahme von Flüchtlings­kindern aus Lagern auf den griechischen Inseln

eingebracht im Zuge der Debatte in der 27. Sitzung des Nationalrats über – TOP 30

Die Zustände in den Lagern für Asylwerber_innen und Migrant_innen auf den griechi­schen Inseln sind schon seit Jahren nicht mehr menschenwürdig. Mittlerweile sind sie aufgrund der Untätigkeit der EU-Mitgliedsstaaten, die auch nach 2015 keine ge­meinsame, effiziente Asyl- und Migrationspolitik umgesetzt haben, unerträglich (https://fra.europa.eu/sites/default/files/fra_uploads/fra-2020-coronavirus-pandemic-eu-bulletin-1_en.pdf). Anfang Februar forderte der UNHCR die Räumung des Lagers in Moria auf Lesbos (https://www.theguardian.com/global-development/2020/feb/11/un-calls-for-urgent-evacuation-of-lesbos-refugee-camp). Dieses Lager hat die schlimmsten Bedingungen, mit 1.300 Menschen pro Wasserhahn und ohne Seife. Seit Mitte
März appelliert das EU-Parlament an Griechenland, die Lager zu räumen (https://www.europarl.europa.eu/news/en/press-room/20200323IPR75632/refugees-on-greek-islands-urgent-evacuation-to-prevent-spread-of-covid-19).

Die Ausbreitung des Coronavirus ist unter den in den Lagern herrschenden Bedin­gungen sehr wahrscheinlich: die rund 40.000 Geflüchteten und Migrant_innen fristen in den Lagern ihr Dasein in unwürdigen Zuständen, ohne genügend medizinische Versor­gung oder die Möglichkeit, sich regelmäßig die Hände zu waschen.

Um eine humanitäre Katastrophe auf dem Terrain der Europäischen Union zu verhin­dern, hätten die Lager schon längst geräumt werden müssen. Auch die Eindämmung eines tödlichen Virus und die Verhinderung explosiver gesellschaftlicher Spannungen ist ein europaweites Interesse.


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll27. Sitzung, 28. April 2020 / Seite 270

Am 31. März appellierte der Vorsitzende des Ausschusses für bürgerliche Freiheiten, Justiz und Inneres an alle EU-Staaten, sich solidarisch mit Griechenland zu zeigen und sich bei der Verteilung der Schutzbedürftigen zu beteiligen (https://www.europarl.euro­pa.eu/news/en/press-room/20200330IPR76106/refugees-in-greece-meps-demand-soli­darity-warn-about-impact-of-health-crisis).

Eine erste Verlegung für 1.000 besonders Schutzbedürftige ist durch eine Zusammen­arbeit der EU Kommission mit dem UNHCR, der Internationalen Organisation für Mi­gration (IOM) und der griechischen Regierung geplant. Nun wählt ein Programm der EU-Kommission unbegleitete Flüchtlingskinder aus den Lagern aus, überführt sie in spezielle und sichere Unterbringungen nahe Athen und finanziert deren Ausreise in an­dere EU-Mitgliedstaaten. Ein derartiges Programm entlastet auch das griechische Ge­sundheitssystem und ermöglicht den ausgewählten Kindern Rettung und Gesundheits­versorgung.

Luxemburg hat die ersten 12 Kinder aufgenommen, Deutschland hat bereits 58 Kinder in Sicherheit gebracht und plant insgesamt 350-500 unbegleitete Kinder aufzunehmen.

Am 23. März riefen 150 NGOs in Österreich und der EU in einem dringenden Appell zur sofortigen „Evakuierung der Flüchtlingslager und Hotspots auf den griechischen In­seln auf, um eine Katastrophe inmitten der Covid-19-Pandemie zu verhindern“ (https://orf.at/stories/3159053/). Innerhalb von drei Tagen lag der Zuspruch zu diesem Appell bei über 300 NGOs, viele unter ihnen sind österreichische zivilgesellschaftliche und kirchliche Organisationen (https://asyl.at/sysadmin/info/presseaussendungen/brei­teunterstuetzungfuerappellzurevakuierungderlageringriechenland/). In Österreich ap­pellieren immer mehr Petitionen an ein humanes Vorgehen und Beteiligung an der Aufnahme von Menschen aus den Lagern, was die Bereitschaft widerspiegelt, sich hier der aufgenommenen Kinder anzunehmen.

Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgenden

Entschließungsantrag

Der Nationalrat wolle beschließen:

"Die Bundesregierung, insbesondere der Bundesminister für Inneres, wird aufgefordert sich am Programm der EU-Kommission zur Aufnahme von Flüchtlingskindern aus La­gern auf den griechischen Inseln zu beteiligen."

*****


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Beide Anträge sind ordnungsgemäß eingebracht, ausreichend unterstützt und stehen somit in Verhandlung.

Zu Wort gemeldet ist der Herr Bundesminister für Inneres. – Bitte.


21.25.39

Bundesminister für Inneres Karl Nehammer, MSc: Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Abgeordnete! Sehr geehrte Damen und Herren! Zunächst einmal gestat­ten Sie mir, zu sagen, dass ich mich freue, dass wir uns alle hier gesund wiedersehen. Bevor ich zu meinen eigenen Ausführungen komme, zur Änderung des BFA-Verfah­rensgesetzes sowie des Asylgesetzes, gestatten Sie mir noch ein paar Bemerkungen zu den Vorrednerinnen und Vorrednern.

Zum einen, Herr Abgeordneter Einwallner: Das Danke an die Polizistinnen und Polizis­ten gebe ich gerne weiter, weil sie tatsächlich einen großen Dienst leisten und sehr ge­fordert sind. Es gibt über 46 im Einsatz verletzte Beamtinnen und Beamte, auch wäh-


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rend der Coronaviruszeit. Es gab Delikte der Körperverletzung beim Einschreiten bei den sogenannten – ein völlig absurder Begriff – Coronapartys (Zwischenruf des Abg. Kickl), wo Betrunkene sich widersetzt und die Polizistinnen und Polizisten angegriffen haben.

Weil es oft die Frage gibt, wieso rechtmäßiges Einschreiten der Polizei bei Coronavi­ruspartys möglich war, eine einfache Antwort dazu (Abg. Kickl: Definieren Sie uns das mal, was eine Coronavirusparty ist, und zwar auf einer Rechtsgrundlage! – Zwischen­rufe bei der SPÖ): Es waren immer Anzeigen, es lagen immer Anzeigen von besorgten Bürgerinnen und Bürgern zugrunde. Diesen Anzeigen wegen Lärmbelästigung muss von Polizeiseite aus nachgegangen werden, und da kam es dann zu dementsprechen­dem Einschreiten und auch zu aggressivem Verhalten gegenüber den Beamtinnen und Beamten; wie gesagt, 46 sind verletzt.

Es gab tatsächlich 30 000 Anzeigen und 3 600 Organstrafmandate in der Zeit des Co­ronavirus. Das mag auf den ersten Blick viel erscheinen, ist aber in Wirklichkeit sehr wenig. Ich darf Ihnen eine Referenzzahl nennen: Im Jahr 2019, ohne Coronavirus, gab es 6 Millionen Anzeigen wegen Geschwindigkeitsübertretungen – im Vergleich zu 30 000 Anzeigen jetzt, während besonderer Auflagen in der Coronaviruszeit. Man sieht, die Österreicherinnen und Österreicher, die Menschen, die in Österreich leben, haben sensationell kooperiert, und genau ihnen ist es geschuldet und vor allem zu verdanken, dass die Infektionszahlen so rückläufig sind, wie sie sich jetzt darstellen, im zweistelligen Bereich.

Gestatten Sie mir dazu aber auch eine Anmerkung! Wir dürfen eines nicht vergessen, und vor allem dürfen wir auch nicht müde werden, es zu erwähnen: Das Coronavirus ist in Österreich nicht ausgerottet. Wir haben noch immer Infektionszahlen, selbst die neuen Maßnahmen ab 1. Mai sollen dazu dienen, dass wir die Infektionsketten durch­brechen, dass wir eine neue Welle der Infizierung verhindern, um genau solche Bilder, wie wir sie bei unserem südlichen Nachbarn leider noch immer erleben müssen, oder in Spanien oder selbst im Vorzeigeland Schweden mit dreifacher Todesrate im Ver­gleich zu Österreich, wie wir sie derzeit haben, zu verhindern und hintanzuhalten. (Bei­fall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Grünen.)

Abgeordnete Krisper hat es schon ausgeführt: Es gab im Ausschuss eine ausführliche Aussprache zu den jeweiligen Situationen und zu den Fragen der Abgeordneten, auch betreffend die Unterbringung von Asylwerbern, und ich bin dankbar, dass das umsich­tige Verhalten der Beamtinnen und Beamten im Innenministerium dazu geführt hat, dass wir die Infektionszahlen in den jeweiligen Einrichtungen so gering wie möglich halten können.

Wir sprechen von 14 positiv getesteten Asylwerberinnen und Asylwerbern, die dement­sprechend medizinisch behandelt werden müssen. Es ist noch eine Person erkrankt, und ja, es gilt auch hier, zu sagen – mein Beileid an die Familie –: Eine Person ist ver­storben, weil sie auch eine schwere Vorerkrankung hatte. Die geringe Zahl an Infizier­ten zeigt aber, dass die Maßnahmen, die gesetzt worden sind, die richtigen waren, um eine größere Katastrophe zu verhindern. Genau das ist das Ziel aller Maßnahmen, die uns auch alle als Österreicherinnen und Österreicher und Menschen, die in Österreich leben, beschweren.

Und ja, ich bin genauso glücklich wie Sie, dass wir eines feststellen können: Am 30.4. um 24 Uhr enden die Ausgangsbeschränkungen. Es gilt weiter der 1-Meter-Sicher­heitsabstand, der Mund-Nasen-Schutz, die Handhygiene, die wichtig ist, aber alles an­dere können wir zumindest jetzt, vorübergehend hinter uns lassen, solange die Zahlen so sind, wie sie sich derzeit entwickeln. Leisten wir alle gemeinsam weiter einen Bei­trag so wie bisher, dass es auch so bleibt! (Beifall bei der ÖVP.)


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Noch eine Anmerkung, weil das auch erwähnt worden ist, zum Thema Griechenland und warum wir keine unbegleiteten Minderjährigen in Österreich aufnehmen: Sehr ge­ehrte Damen und Herren, die österreichische Bundesregierung hat eine ganz klare Linie, die heißt: Es braucht einen starken Außengrenzschutz der Europäischen Union, aber gleichzeitig auch die Hilfe vor Ort.

Ich habe heute mit dem griechischen Migrationsminister einen Vertrag unterschrieben: Österreich unterstützt Griechenland mit 181 Wohn- und Sanitärcontainern, und die werden dringender gebraucht denn je. Auf einer der Inseln, auf der Asylwerberinnen und Asylwerber, Migrantinnen und Migranten untergebracht sind, ist ein Feuer ausge­brochen, dabei wurden zehn Container vernichtet. Der griechische Migrationsminister hat sich für diese unmittelbare Hilfe bedankt. Unsere Zusammenarbeit ist eng, einer­seits im Außengrenzschutz – Sie wissen, wir hatten eine Cobra-Spezialeinheit mit ei­nem gepanzerten Fahrzeug vor Ort –, andererseits bei der Hilfe vor Ort, wo diese not­wendig ist, und das zeigen wir dadurch, dass wir die Lebenssituation der Menschen dort verbessern wollen und auch weiter verbessern werden.

Wir halten es für ein falsches Signal, mit Daumen hoch, Daumen runter unbegleitete Minderjährige nach Europa, auf das Festland, zu bringen. Es ist besser, dort vor Ort zu helfen und Umstände zu schaffen, die lebenswert sind. Das sage ich auch als Vater von zwei Kindern. Die Bilder, die wir sehen, sind unerträglich, da haben Sie recht mit Ihrer Kritik. Wir tun alles dafür, dass die Situation dort besser wird, und ich bin zu­versichtlich, dass die griechische Regierung hoch interessiert daran ist – es ist nämlich eine neue –, das dann auch tatsächlich umzusetzen, genauso wie auch die Europäi­sche Kommission und die Europäische Union insgesamt. Da wird Solidarität umge­setzt. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Grünen.)

Eines noch, weil es für mich ein besonders bewegender Moment war: Unsere Cobra-Spezialeinheit war mit der griechischen Spezialeinheit vor Ort und hat am Grenzzaun patrouilliert. Eine türkische Spezialeinheit war auf der anderen Seite und hat immer ge­spiegelt, wenn die österreichischen Polizisten in dem Fall mit den griechischen Kol­legen vor Ort waren, und es kam zu Provokationen von türkischer Seite. Die Mitglieder der türkischen Spezialeinheit haben hinübergeschrien: Was macht ihr da?; geht zurück in euer Land, das ist nicht eure Grenze!, und unsere Cobra-Spezialeinheit hat zurückge­rufen: Das ist sehr wohl unsere Grenze! Das ist Europa, und damit ist das auch die ös­terreichische Grenze! – Ein großes Danke an die BeamtInnen für ihren Einsatz! (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Grünen. – Zwischenruf des Abg. Hafenecker.)

Diese Reaktion der österreichischen Polizisten hat für großes Aufsehen in Griechen­land gesorgt, und auch der griechische Migrationsminister hat mir heute wieder ver­sichert, diese Form der europäischen Solidarität ist vorbildhaft und ist auch ein starkes Zeichen für Griechenland, das gerade jetzt, in diesen Zeiten so gefordert war.

Nun zu der Änderung des BFA-Verfahrensgesetzes sowie des Asylgesetzes im Rah­men des 7. COVID-19-Gesetzes, das heute im Nationalrat beschlossen wird. Diese Änderungen im BFA-Verfahrensgesetz und im Asylgesetz sind deshalb notwendig, weil wir die Betroffenen schützen wollen. Was meine ich damit? – Das BFA-Verfahrensge­setz soll geändert werden, um die erforderliche Flexibilität im Falle von Covid-19-be­dingten Schließungen von Erstaufnahmestellen zu gewährleisten. Zusatzinformation: Die Erstaufnahmestelle Traiskirchen ist derzeit aufgrund damals vorliegender Corona­virusfälle vorerst bis Ende April geschlossen. Das heißt, diese Flexibilität ist notwendig, weil das tatsächlich in der Praxis sichtbar wird.

Durch die geplante Änderung, dass minderjährige Fremde auch in Regionaldirektionen und Außenstellen des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl verbracht werden können, kommt es zu keiner Änderung der Rechtsstellung derjenigen. Alle Verfahrens­garantien für minderjährige Fremde sind weiterhin sichergestellt, es gibt keinerlei Ver-


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schlechterung im Vergleich zur bisherigen Rechtslage – das halte ich für wichtig –, weil die minderjährigen Fremden eben jetzt auch in Regionaldirektionen und Außenstellen des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl ihre Vorbringungen machen können. Diese Regelung ist – es ist mir wichtig, das zu sagen – wie alle Gesetze, die wir im Zu­sammenhang mit Covid-19 beschlossen haben, mit einem Ablaufdatum versehen und gilt in diesem Fall bis zum 31. Dezember 2020.

Ergänzend soll auch das Asylgesetz vorübergehend geändert werden: Anträge auf Verlängerung des Aufenthaltstitels „Aufenthaltsberechtigung besonderer Schutz“ sollen nicht mehr nur persönlich bei der Behörde eingebracht werden können, sondern auch postalisch und auf elektronischem Weg. Sie sehen, auch diese Maßnahme dient einer­seits den Bediensteten vor Ort, aber auch den Antragstellerinnen und Antragstellern. (Abg. Vogl: ... kommt wieder Corona!)

Meine sehr geehrten Damen und Herren! All das, was ich Ihnen jetzt vorgetragen ha­be, steht im Zeichen des Coronavirus. Ich glaube, es sind sinnvolle Maßnahmen, und ich ersuche um Ihre Zustimmung. Sie schützen damit, wie gesagt, auf der einen Seite die Bediensteten und auf der anderen Seite die Antragstellerinnen und Antragsteller. Ich danke Ihnen für Ihre Unterstützung. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Grünen.)

21.35


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist jetzt Abgeordneter Ames­bauer. – Bitte.


21.35.30

Abgeordneter Mag. Hannes Amesbauer, BA (FPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Bundesminister! Geschätzte Damen und Herren! Ja, der ursprüngliche Vorstoß der Kollegin Krisper und der NEOS ist natürlich abzulehnen, nämlich dass wir jetzt aus irgendwelchen Gründen Abschiebungen aussetzen sollen; das geht natürlich über­haupt nicht. Wir haben eine Ausnahmesituation, aber eines ist auch klar: Dem Rechts­staat muss Genüge getan werden, und letztinstanzlich rechtskräftig negativ beschiede­ne Asylwerber sind natürlich nach einer entsprechenden negativen Coronatestung, wenn möglich und wenn das mit den anderen Ländern so vereinbart wird, außer Lan­des zu bringen. Ich verstehe überhaupt nicht, dass man da jetzt irgendwelche Ausre­den findet, um keine Abschiebungen mehr durchzuführen, denn wenn Erntehelfer nach Österreich eingeflogen werden können, wird es ja auch möglich sein, gewisse Herr­schaften auszufliegen. Das muss sichergestellt werden können, meine sehr geehrten Damen und Herren!

Das Problem Asyl ist ja nicht verschwunden, obwohl uns ja immer wieder versichert wird, es gibt so gut wie keine Asylanträge. Dazu einige Zahlen: Wir haben derzeit in Österreich über 25 000 offene Asylverfahren, der Hauptanteil davon in zweiter Instanz. Der Innenminister hat gestern im Innenausschuss auch bekannt gegeben, dass es Ein­schätzungen seines Ressorts gibt, wonach sich aktuell auf der angeblich von Sebas­tian Kurz im Alleingang geschlossenen Balkanroute rund 110 000 Migranten bewegen und aufhalten. Also das ist einmal Faktum.

Es werden auch ständig neue illegale Einwanderer in Österreich aufgegriffen, auch in der Steiermark. Erst am Sonntag sind in Graz zwölf Männer zwischen 16 und 30 Jah­ren, aus Ägypten und dem Irak stammend, aufgegriffen worden, die von Schleppern über Kroatien, über Slowenien nach Österreich verbracht wurden. Die Schlepper ge­hen also ihrem Geschäft nach wie vor nach, und es ist unsere Aufgabe, dass wir für Rechtsstaatlichkeit sorgen, dass wir die Grenzen wirklich schließen – das hat ja die Regierung vor allem zu Beginn der Coronakrise massiv verschlafen –, dass wir jetzt die Grenzen sichern, dass wir das Schlepperunwesen bekämpfen und dass wir vor allem


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eine ordentliche, rechtsstaatliche, konsequente Asylpolitik verfolgen, und das immer, meine sehr geehrten Damen und Herren! (Beifall bei der FPÖ.)

Bemerkenswert in den letzten Wochen war auch, dass aus heiterem Himmel in der Steiermark, auch in meinem Bezirk, die Meldung aufgetaucht ist, dass das damals von Herbert Kickl stillgelegte Asylgroßquartier in Steinhaus am Semmering wieder reakti­viert wird. Auch in Leoben wurden in der Baumax-Halle, die Platz für 150 Personen bietet, sogenannte Vorbereitungsmaßnahmen für ein Asylquartier getroffen, um dieses als Notfallkapazität wieder aufsperren zu können. Es gab dann Beschwichtigungen, dass ja da gar nichts geplant wäre und dass das gar nicht sicher wäre. – Es ist aber schon komisch, wenn gleichzeitig die Betreuerfirma ORS übers Internet Stellenaus­schreibungen tätigt, zu einem Zeitpunkt, zu dem das Innenministerium eine geplante Belegung schon dementiert hatte. Hausmeister, Tag-/Nachtportiere, Pflegekräfte, Rei­nigungskräfte, Flüchtlingsbetreuer bis hin zu Psychologen wurden gesucht. Also das ist schon sehr, sehr spannend. Wir wollen diese Großquartiere in der Steiermark nicht! (Beifall bei der FPÖ.)

Abschließend ganz kurz noch eines, weil es Kollege Einwallner angesprochen hat, aber auch Sie, Herr Innenminister: Ich bitte wirklich, die Maßnahmen, die gesetzt wer­den, klar zu kommunizieren, denn es ist ja jetzt herausgekommen, dass vieles, das als gültiges Gesetz in der Öffentlichkeit wahrgenommen wurde, gar nicht so war, sondern maximal Empfehlungscharakter hatte. Das betrifft die Treffen im privaten Bereich, das betrifft aber auch die Tatsache, dass man sich, wenn man sich im Freien an öffentli­chen Orten bewegt, nicht dafür rechtfertigen muss.

Ich möchte an dieser Stelle auch festhalten: Wir sind stolz auf unsere Polizeibeamten, diese leisten immer gute Arbeit, aber gerade auch in diesem Ausnahmezustand her­vorragende Arbeit – ein großes Danke an alle Polizistinnen und Polizisten! (Beifall bei der FPÖ.)

Ihre unklare Kommunikationsart, die dazu führt, dass das gesprochene Wort des Kanzlers und seiner Regierungsmitstreiter oft als gültiges Gesetz ausgelegt wird, die Panikmache und die gezielte Angstmache, die jetzt auch bekannt wurde – der Bun­deskanzler wünscht sich ja, dass die Leute glauben, das Leben der Eltern und Groß­eltern sei bedroht –, all das führt ja dazu, dass die Menschen verunsichert werden und dass es auch zu polizeilichen Kontrollen kommt, die keiner nachvollziehen kann.

Kontrolliert wurden zum Beispiel Einkaufstaschen dahin gehend, ob nur für den tägli­chen, lebenswichtigen Bedarf eingekauft wurde. – Das ist nicht die Aufgabe der Polizei. Es kam sogar zu Warnschüssen, weil der Sicherheitsabstand angeblich nicht einge­halten wurde. – Das kann es alles nicht sein. Es wurde auch jetzt, bitte, wieder be­kannt, das steht in einer ganz aktuellen Presseunterlage, dass empfohlen wird, dass die neuen, ab 1. Mai gültigen Regelungen auch im privaten Bereich eingehalten wer­den, und dass es „vorerst“ keine Polizeikontrollen im privaten Bereich geben werde.

Sehr geehrter Herr Innenminister, stellen Sie das bitte so schnell wie möglich klar – das Wort vorerst beunruhigt mich zutiefst –, denn die Polizei hat auf Verdacht in einer Privatwohnung überhaupt nichts verloren! Das wollen weder die Polizisten, das ist nicht ihre Aufgabe, noch haben es sich die Menschen in Österreich verdient, dass sie unter Generalverdacht gestellt werden. (Beifall bei der FPÖ. – Zwischenruf bei der ÖVP. – Ruf bei der FPÖ: Intelligenter Bezirkskommandant der FPÖ ...!)

21.40


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Abgeordnete Schatz. – Bitte.



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21.41.01

Abgeordnete Sabine Schatz (SPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Bundesminis­ter! Sehr geehrte Damen und Herren! Aufgrund der starken Präsenz der Coronakrise ist die humanitäre Katastrophe in den Flüchtlingslagern an der türkisch-griechischen Grenze in den Hintergrund geraten – aus den Augen, aus dem Sinn; im wahrsten Sin­ne des Wortes.

Die Situation in den Lagern ist aufgrund der Covid-19-Pandemie allerdings nicht besser geworden, ganz im Gegenteil, sie spitzt sich zu einer humanitären und gesundheitli­chen Katastrophe zu. Allein im Lager Moria auf Lesbos leben 20 000 Menschen zu­sammengepfercht auf engstem Raum unter widrigsten Verhältnissen: Die Wasserver­sorgung ist nicht oder kaum gegeben, 100 Menschen teilen sich eine Toilette, Mas­kenpflicht und Abstandsregeln, wie wir sie kennen, sind in den Camps nicht möglich, Voraussetzungen zum Händewaschen schon gar nicht gegeben. Die Menschen sind aufgrund der Situation generell geschwächt, es ist also wichtig, gerade in der Corona­krise ein Zeichen zu setzen, damit sich das Coronavirus in den Flüchtlingslagern nicht wie ein Lauffeuer ausbreiten kann. (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der NEOS.)

Sehr geehrter Herr Minister, Wohn- und Sanitärcontainer sind vielleicht eine gute erste solidarische Hilfe, aber das ist auf jeden Fall zu wenig. (Beifall bei der SPÖ und bei Ab­geordneten der NEOS.) Mittlerweile haben sich auch, Kollegin Krisper hat es schon er­wähnt, EU-Länder zusammengeschlossen, um 1 600 Flüchtlingskinder, unbegleitete minderjährige Jugendliche aus diesen Camps auf den griechischen Inseln nach Europa zu holen. 1 600 Jugendliche: Deutschland, unser Nachbarland, und Luxemburg haben schon die ersten Transporte dieser Jugendlichen nach Zentraleuropa durchgeführt, sie­ben EU-Länder und die Schweiz haben sich dazu bereit erklärt – das schwarz-grüne Österreich ist nicht dabei, und das ist sehr beschämend, sehr geehrte Damen und Her­ren. (Beifall bei der SPÖ.)

Ich habe im Regierungsprogramm nachgelesen, da steht, man werde „keine Initiativen in Richtung Verteilungsregeln“ von Flüchtlingen setzen. – Das müssen Sie auch nicht tun, sehr geehrte Damen und Herren von den Regierungsparteien, Sie brauchen keine Initiative zu ergreifen, Sie brauchen sich nur diesen Ländern anzuschließen, die bereits gezeigt haben, dass es möglich und dass es dringend notwendig ist, Griechenland nicht alleinzulassen, diese Lager zu räumen und die humanitäre Situation vor allem nicht zu einer gesundheitlichen Katastrophe werden zu lassen. (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der NEOS.)

Ich wünschte mir wirklich – und das meine ich genau so, wie ich es sage; ich wünschte mir das wirklich –, die grüne Partei könnte sich in dieser Frage in der Regierung durch­setzen, würde nicht ihre Ideale über Bord werfen, Vizekanzler Kogler könnte seine „Pri­vatmeinung“, dass die Kinder aus diesen Lagern zu holen sind, zu einer Regierungs­meinung machen und wir würden da endlich aktiv werden. (Beifall bei der SPÖ.)

Viele Bürgermeisterinnen und Bürgermeister haben sich bereit erklärt, Familien und Kinder in ihren Gemeinden aufzunehmen. Werden wir also aktiv!

Sehr geehrte Damen und Herren, wir wissen, dass alleine in den Lagern auf den grie­chischen Inseln ungefähr 2 000 unbegleitete minderjährige Flüchtlinge – neun von zehn sind unter 14 Jahren – leben. Setzen wir gemeinsam ein Zeichen und unterstüt­zen wir diesen Antrag der NEOS, holen wir die Kinder da raus! – Vielen herzlichen Dank. (Beifall bei SPÖ und NEOS.)


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll27. Sitzung, 28. April 2020 / Seite 276

21.44


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Abgeordnete El-Nagashi. – Bitte.


21.44.46

Abgeordnete Mag. Faika El-Nagashi (Grüne): Herr Präsident! Herr Minister! Sehr ge­ehrte Damen und Herren! Sehr verehrte Zuseherinnen und Zuseher! Die vergangenen Wochen waren ein Kraftakt für fast alle Menschen auf der Welt, für, wie die Regierung mehrfach betont hat, alle Menschen, die in Österreich leben. Zu diesen Menschen zäh­len auch Geflüchtete, Schutzsuchende, Asylwerbende. (Zwischenruf des Abg. Vogl.)

Die vergangenen Wochen haben sie in großer Unsicherheit verbracht, in Sorge um sich selbst, ihre Gesundheit, ihre Familien, in Sorge um ihre Angehörigen, in Sorge um ihre Zukunft – in Großquartieren mit Hunderten anderen und zum Teil wochenlang in Quarantäne wie in Traiskirchen, mit widersprüchlichen und zum Teil verkürzten Infor­mationen, was ihre Rechte und Freiheiten anbelangt. Das – in aller Deutlichkeit – hätte so nicht passieren dürfen. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der NEOS.)

Da können wir und da müssen wir besser werden. Wir befinden uns auf einem langen Weg, es stehen uns noch Wochen der Einschränkungen und der Distanz bevor, auch den Hunderten Schutzsuchenden in den Erstaufnahmezentren. Währenddessen ste­hen etliche Quartiere in Bundesbetreuungseinrichtungen frei, die eine bessere Unter­bringung, eine bessere Versorgung und eine bessere Betreuung ermöglichen würden. Es gibt Gemeinden, die bereit sind, Menschen in ihre Gemeinschaft aufzunehmen; ich glaube fast – ich bin mir sicher –, dass Sie alle die eine oder die andere dieser Ge­meinden kennen. Es gibt engagierte Einzelpersonen, die ihre Solidarität anbieten. Das betrifft nicht nur die Schutzsuchenden, die bereits in Österreich leben, das betrifft auch jene Menschen – Familien, Kinder, Kranke –, die in Moria und in anderen griechischen Flüchtlingslagern leben. Diese Lager sind eine Schande und müssen geschlossen wer­den! (Beifall bei den Grünen sowie bei Abgeordneten von SPÖ und NEOS.)

Niemand, der oder die in den letzten Wochen auf Abstand gegangen ist, sich die Hän­de mit warmem Wasser gewaschen und desinfiziert hat, Sozialkontakte eingeschränkt hat und sich am Ende des Tages in Sicherheit und in Gesundheit gewusst hat, möchte sich vorstellen, unter welchen Bedingungen andere Menschen, andere Familien, ande­re Kinder überleben müssen, weil ihre Fluchtwege sie – verzeihen Sie! – in diese poli­tische Rue de la Gack geführt haben.

In diesem Sinne werde ich mich und werden wir uns weiterhin mit all unseren Möglich­keiten dafür einsetzen (Ruf bei der SPÖ: Dann stimmts doch dafür!), diese Lager zu evakuieren. (Abg. Meinl-Reisinger: Mit allen Möglichkeiten?) – Mit all unseren Mög­lichkeiten. (Weitere Zwischenrufe bei der SPÖ.) Das ist nicht von heute auf morgen möglich, aber wir werden uns weiterhin auf jedem Wege dafür einsetzen, dass diese Lager geschlossen werden, dass Schutzsuchende in einer Umgebung untergebracht werden, in der sie in ihrer Menschlichkeit wahrgenommen werden und die ihnen Zu­kunftsperspektiven bietet (Abg. Meinl-Reisinger: Ich würde mich schämen und är­gern!), und auf die Einhaltung des Asylrechts auch und besonders in dieser Krise ach­ten. (Abg. Meinl-Reisinger: Ja dann stimmts doch zu!)

Das ist nicht von heute auf morgen möglich, und wir können nicht alles heute um­setzen, aber wir werden uns dafür aussprechen und wir werden darüber sprechen. (Abg. Meinl-Reisinger: Wenn es drauf ankommt, lasst ihr aus!)

Es gibt nicht nur einen Moment, es gibt viele Wege. Wir waren politisch eindeutig, wir werden weiterhin in dieser politischen Eindeutigkeit zu diesem Thema sprechen. (Bei­fall bei den Grünen. – Zwischenruf bei der SPÖ. – Abg. Meinl-Reisinger: Bei der Ab­stimmung lasst ihr aus! Bei der Abstimmung müsst ihr ...! Das Parlament lässt viele Möglichkeiten!)

21.48


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Min­nich. – Bitte.



Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll27. Sitzung, 28. April 2020 / Seite 277

21.49.07

Abgeordneter Andreas Minnich (ÖVP): Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Bundes­minister! Liebe Kollegen im Hohen Haus! Liebe Zuseher zu Hause vor den Fernseh­bildschirmen! Wir beschließen heute mit breiter Mehrheit das 7. COVID-19-Gesetz. Ins­besondere möchte ich auf die Bestimmungen hinweisen, die schon unser Sicherheits­sprecher und der Herr Innenminister herausgehoben haben: dass unbegleitete minder­jährige Asylwerber künftig nicht nur in Erstaufnahmestellen untergebracht werden kön­nen, damit diese nicht überfüllt sind und Asylwerber somit gesundheitlich geschützt werden. Damit nehmen wir aufgrund der Coronakrise notwendige Änderungen vor.

Auch während der Covid-Krise ist das österreichische Asyl- und Fremdenrecht nicht ausgesetzt. Die Gesundheitssituation ist bei allen Maßnahmen vorrangig zu berück­sichtigen, in Unterbringungseinrichtungen sowie bei Abschiebeentscheidungen.

Unser Herr Bundesminister Karl Nehammer hat gestern im Innenausschuss über die vielfältigen Herausforderungen und Aufgaben der Polizistinnen und Polizisten, die zur Unterstützung der Gesundheitsbehörden im Einsatz sind, referiert. Ein herzliches Dan­keschön gilt all diesen Polizistinnen und Polizisten, die in dieser schwierigen Zeit be­sonders gefordert und belastet sind und eine wichtige Rolle bei der Coronabekämpfung spielen. Danke, Herr Bundesminister, für die klaren Ansagen, für die Stabilität, für die Sicherheit und für die Rettung vieler Menschenleben! (Beifall bei der ÖVP.)

Ich möchte kurz auf die zwei Entschließungsanträge von Kollegin Krisper eingehen, denen wir nicht zustimmen werden.

Erstens zum Abschiebezentrum in Serbien: Was den Entschließungsantrag der Kolle­gin Krisper betreffend „Kündigung der Arbeitsvereinbarung über ein Abschiebelager in Serbien“ betrifft, ist dieser eher als populistisch zu sehen. Ich möchte hier auf die par­lamentarische Anfragebeantwortung vom 14.4.2020 von Innenminister Nehammer hin­weisen. Es sind dazu keine weiteren Ausführungen notwendig. Es handelt sich um eine offene Einrichtung, der Zugang für Menschenrechtsorganisationen wird gewährleistet.

Zweitens zur Aufnahme von Flüchtlingskindern: Es geht uns nicht darum, populistische Signale, wie von Kollegin Krisper im Entschließungsantrag gefordert, zu setzen, son­dern unser Ziel muss Hilfe vor Ort sein, so wie es die Bundesregierung und der Herr Innenminister schon gesagt haben und vor wenigen Wochen in Griechenland einge­leitet haben: Unterstützung von Griechenland in personeller und finanzieller Hinsicht. Wie der Innenminister schon gesagt hat, sind derzeit 181 Wohn- und Sanitärcontainer samt Betten und medizinischem Personal – und was sonst noch alles dazugehört – auf dem Weg nach Griechenland, um die Lage vor Ort in Griechenland zu lindern.

Bis 26.4. waren Polizisten der Cobra mit einem gepanzerten Fahrzeug zur Unterstüt­zung der griechischen Kollegen an unserer gemeinsamen EU-Außengrenze im Ein­satz. Meine sehr geehrten Damen und Herren! Das ist gelebte Solidarität in Europa! Dafür ein herzliches Dankeschön! (Beifall bei der ÖVP.)

Unser Innenministerium ist in engstem Kontakt mit dem griechischen Integrationsmi­nisterium, um hier jederzeit alle wichtigen Maßnahmen setzen zu können. Es geht uns nicht darum, punktuell Asylwerber aufzunehmen, sondern unsere Regierung steht klar für Solidarität in der EU und Hilfe vor Ort. – Danke schön. (Beifall bei der ÖVP.)

21.53


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Abgeordneter Christian Ries. – Bitte.


21.53.44

Abgeordneter Christian Ries (FPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Werter Herr Bun­desminister! Hohes Haus! Dem vorliegenden befristeten Antrag auf elektronische oder


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll27. Sitzung, 28. April 2020 / Seite 278

postalische Einbringung einer Verlängerung des Aufenthaltstitels im Rahmen des Asyl­gesetzes haben wir im Ausschuss zugestimmt. Dies geschah deshalb, weil es auch zum Schutz der Beamten ist und weil es ja im Regelfall so ist, dass schon eine Auf­enthaltsbewilligung nach einem abgeklärten Verfahren vorliegt. Das können wir als Frei­heitliche gut akzeptieren.

Was wir nicht akzeptieren können, ist, was die EU jetzt als Vorstoß zum Asylwesen verlauten ließ. Man kam auf die glorreiche Idee, Asylanträge, also Erstanträge, zumin­dest bis zum Ende der Covid-Krise gänzlich elektronisch einbringen zu können und abzuwickeln. Das, meine Damen und Herren, ist für jemanden, der sich mit dieser Ma­terie befasst, etwas, was man wirklich nicht befürworten kann. Ja, die EU-Kommission geht mit dem Vorstoß so weit, dass man sagen kann, sie ist von der Lebensrealität weit entfernt. (Beifall bei der FPÖ.)

Warum sage ich das? – Die Kommission erachtet es nicht für notwendig, dass ein Asylwerber persönlich befragt wird, aber ohne Erst- und Folgebefragungen eröffnen sich ungeahnte Möglichkeiten. Da können faustdicke Lügen aufgetischt werden, da können frei erfundene Lebensgeschichten zum Besten gegeben werden, und da kön­nen schöne erfolgsversprechende Vorlagen übermittelt werden. Damit öffnet man nicht den Zugang zum Menschenrecht, sondern damit bewirkt man ganz etwas anderes. Da­mit fordert man die Schlepperindustrie ja geradezu auf, ihr Wirken auch auf elektroni­schem Wege auszubreiten. Mit solchen Vorschlägen macht man sich geradewegs zum Geburtshelfer der Cyberschlepperei. (Beifall bei der FPÖ.)

Deshalb meine Prognose: Innerhalb kürzester Zeit wird man tadellose Lebensläufe er­werben können, unterfüttert mit tollen Bildern, die dann der Beweiskraft dienen sollen.

Auch die Abgabe von Fingerprints, also die Aufnahme in Eurodac, könne dann später erfolgen, meint man. Das heißt, im ersten Verfahren ist es gar nicht möglich, einen Ab­gleich mit anderen EU-Ländern vorzunehmen, ob dieselbe Person nicht schon mit ei­ner anderen Geschichte und mit einem anderen Namen dort einliegt.

Solche Vorstöße, wie sie die EU-Kommission hier macht, sind Ideen aus „Tausendund­eine Nacht“. Den Traumdestinationen des Schlepperwesens – und da gehört Öster­reich dazu – könnte man gar keinen größeren Bärendienst erweisen. Es ist unglaub­lich, wie die EU, von der wir zu Beginn der Covid-Krise nichts gehört haben, hier unbe­wusst der Schlepperei Vorschub leistet.

Meine Damen und Herren! Mit uns wird es solche Knieschüsse in der Flüchtlingspolitik nicht geben, und wir gehen davon aus, dass dies insgesamt keine Mehrheit hier im Hohen Haus finden wird. Sehr geehrter Herr Innenminister! Stellen Sie auch Ihrem Koalitionspartner gegenüber klar, dass es solche Lösungen für Österreich nicht geben wird! – Danke. (Beifall bei der FPÖ. – Abg. Lausch: Richtig! Ganz richtig!)

21.57


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Abgeordneter Hofinger. – Bitte.


21.57.14

Abgeordneter Ing. Manfred Hofinger (ÖVP): Geschätzter Herr Präsident! Herr Bun­desminister! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ja, wir leben in einer besonderen Zeit, und was für das Gesundheitswesen und für die Wirtschaft oder für die Lebensmittelsi­cherheit gilt, gilt auch für die Sicherheit im Lande, für das Fremden- und Asylrecht, nämlich dass man sich in der Krise den Herausforderungen stellen und sich anpassen muss. Genauso macht es das Bundesministerium für Inneres bei den zwangsweisen Rückführungen: Es überprüft die Destinationen der Zielländer genau auf Einhaltung der Menschenrechte und bezüglich Corona, und jeder Abschiebung geht eine Non-Re­foulement-Überprüfung vorher.


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll27. Sitzung, 28. April 2020 / Seite 279

Seitens unserer Regierungsfraktionen möchte ich feststellen, dass es uns schon sehr wichtig und auch in einer so besonderen Zeit unverzichtbar ist, den Vollzug des Asyl- und Fremdenrechts durchzuführen, wie es auch in anderen Ländern ist, in denen es zu keiner Suspendierung beziehungsweise Aussetzung der Abschiebungen kommt. Noch dazu muss man anmerken, dass sehr viele Asylwerber in dieser besonderen Zeit nach Hause zu ihren Familien möchten.

Wie sieht es eigentlich in der Praxis momentan aus? – Aufgrund der eingeschränkten Reisefreiheiten, der Situation auf den Flughäfen und der Beschränkungen gegenüber Drittländern ist es ja fast unmöglich beziehungsweise nur sehr stark eingeschränkt möglich, überhaupt Abschiebungen durchzuführen. Wir sehen es daher, anders als die NEOS, nicht so, dass hier rechtliche Änderungen vorgenommen werden müssten, noch dazu, wenn kein Ende der Krise absehbar ist.

Wir haben einen Initiativantrag eingebracht, und zum diesbezüglichen Ausschussbe­richt möchte ich folgenden Abänderungsantrag einbringen:

Abänderungsantrag

der Abgeordneten Karl Mahrer, BA, Mag. Faika El-Nagashi, Kolleginnen und Kollegen zum Bericht des Ausschusses für innere Angelegenheiten über den Antrag 443/A der Abgeordneten Karl Mahrer, BA, und Mag. Georg Bürstmayr, betreffend ein Bundesge­setz, mit dem das BFA-Verfahrensgesetz 2012 und das Asylgesetz 2005 geändert wer­den (7. COVID-19-Gesetz) (149 d.B.)

Der Nationalrat wolle in zweiter Lesung beschließen:

Der oben bezeichnete Gesetzesantrag wird wie folgt geändert:

1. Im Titel wird die Wortfolge „Bundesgesetz, mit dem das BFA-Verfahrensgesetz 2012, und das Asylgesetzes 2005 geändert werden (7. COVID-19-Gesetz)“ durch „Bun­desgesetz, mit dem das BFA-Verfahrensgesetz 2012 und das Asylgesetz 2005 geän­dert werden (7. COVID-19-Gesetz)“ ersetzt.

*****

Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Erlauben Sie mir, mich zum Abschluss dieses komplexen Themenblocks noch bei den Polizistinnen und Polizisten zu bedanken, die in dieser herausfordernden Zeit sehr gute Arbeit leisten und ihren Job hervorragend meistern, und auch bei Bundesminister Karl Nehammer und bei allen Bediensteten des Bundesministeriums für Inneres, die auch in dieser Situation eine zentrale Rolle spie­len. Dort ist auch der Krisenstab angesiedelt, und daher kommt ihnen eine ganz we­sentliche Rolle zu. Ein herzliches Dankeschön! (Beifall bei der ÖVP und bei Abge­ordneten der Grünen.)

Unser Bundesminister hat es schon angesprochen: Die verhältnismäßig geringe Zahl an Anzeigen macht uns bewusst, dass das gemeinsame Miteinander zwischen der Bevölkerung und der Polizei wirklich sehr gut funktioniert. – Herzlichen Dank. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Grünen.)

22.00

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:

Abänderungsantrag

der Abgeordneten Karl Mahrer, BA, Mag. Faika El-Nagashi,

Kolleginnen und Kollegen


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll27. Sitzung, 28. April 2020 / Seite 280

zum Bericht des Ausschusses für Innere Angelegenheiten über den Antrag 443/A der Abgeordneten Karl Mahrer, BA, und Mag. Georg Bürstmayr, betreffend ein Bundesge­setz, mit dem das BFA-Verfahrensgesetz 2012 und das Asylgesetz 2005 geändert wer­den (7. COVID-19-Gesetz) (149 d.B.)

Der Nationalrat wolle in zweiter Lesung beschließen:

Der oben bezeichnete Gesetzesantrag wird wie folgt geändert:

1. Im Titel wird die Wortfolge „Bundesgesetz, mit dem das BFA-Verfahrensgesetz 2012, und das Asylgesetzes 2005 geändert werden (7. COVID-19-Gesetz)“ durch „Bundes­gesetz, mit dem das BFA-Verfahrensgesetz 2012 und das Asylgesetz 2005 geändert werden (7. COVID-19-Gesetz)“ ersetzt.

Begründung

Redaktionelle Änderungen

*****


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Der Antrag ist ordnungsgemäß eingebracht, aus­reichend unterstützt und steht somit in Verhandlung.

Zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Ernst-Dziedzic. – Bitte.


22.01.06

Abgeordnete Dr. Ewa Ernst-Dziedzic (Grüne): Herr Präsident! Herr Minister! Werte Kollegen und Kolleginnen! Ich weiß nicht, wer von Ihnen sich jemals die Mühe gemacht hat, das grüne Wahlprogramm zu lesen. Es ist – wenig überraschend und aus meiner Sicht bedauerlicherweise – nicht gleichlautend mit dem Regierungsprogramm. (Abg. Loacker: Sie sind die Einzige, die auf ... hinweist!) Ich habe die Position der Grünen, die sich dort wiederfindet, in den letzten Wochen sehr oft klargemacht, und meine Vor­rednerin von den Grünen hat das hier heute auch unmissverständlich am Rednerpult getan.

Gerade was die Themen Migration und Asyl anbelangt, ist auch schon länger bekannt, dass es da zwischen den Koalitionspartnern eine geringe Schnittmenge gibt. Das ist die Wahrheit. (Zwischenruf bei der SPÖ.) Ich möchte jetzt nur auf zwei unterschied­liche Einschätzungen eingehen, die sich in den Anträgen der NEOS wiederfinden. Aus unserer Sicht ist Afghanistan nicht sicher, das sagt auch das UNHCR. Die Verteilung von Flüchtlingen wäre sinnvoll und notwendig und Österreich sollte sich an der Allianz der Willigen in Europa beteiligen. (Zwischenruf des Abg. Kickl.) Dass Asyl ein Men­schenrecht ist, ist nicht ausschließlich die Position der Grünen, sondern europäisches Recht. (Beifall bei den Grünen.)

In Bezug auf Abschiebezentren in Serbien gibt es aber abseits der grünen Position durchaus eine Einigung mit der ÖVP, nämlich dass die Idee des ehemaligen Innen­ministers Kickl in dieser Form nicht umgesetzt werden kann. Weswegen? – Weil wir uns auf eine Prüfung geeinigt haben, ob beziehungsweise unter welchen Vorausset­zungen solche Abkommen überhaupt möglich sind. Diese Voraussetzungen sind im Moment nicht gegeben, weil Serbien kein sicherer Drittstaat ist. (Zwischenrufe des Abg. Kickl und der Abg. Meinl-Reisinger.)

In aller Kürze: Es gibt innerhalb der Koalition keine Einigung über einen europäischen Verteilmechanismus, aber eine Einigung über einen wirklich engagierten Einsatz für ei­ne gemeinsame europäische Lösung in der Asylfrage – mehr Hilfe vor Ort und huma­nitäre Hilfe außerhalb Europas oder in Europa, wie zum Beispiel eine logistische, medi-


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zinische und finanzielle Unterstützung für Griechenland, was auch laufend erfolgt. (Bei­fall bei Grünen und ÖVP.)

Wir haben die Nichtunterzeichnung des UN-Migrationspakts nicht rückgängig machen können, aber wir haben uns auf eine gesamtstaatliche Migrationsstrategie, samt Koor­dinierung und Umsetzung dieser mit anderen Staaten geeinigt. (Zwischenruf des Abg. Scherak.) Genauso gab es gestern im Innenausschuss einen Abänderungsan­trag in Bezug auf die Abschiebungen nach Afghanistan, der die Covid-Krise in Betracht zieht. Und ja, dass das Recht auf Asyl weiterhin gilt, das ist Fakt, das hat auch die Europäische Kommission erst kürzlich wieder klargestellt. Und nein, gerade im Bereich Menschenrechte, Migration und Asyl gibt es mit uns Grünen keine Fortführung der Feindbildpolitik. (Heiterkeit des Abg. Scherak.) Was es mit uns gibt, ist ein ungebro­chener Einsatz für Grundrechte und mit Sicherheit kein Abweichen vom internationalen Recht. Ich verstehe Oppositionsarbeit, aber es ist schon gewagt, zu behaupten, dass unser Einsatz da geringer wäre. (Abg. Meinl-Reisinger: Das ist genau das, was ihr ge­rade mittragt! – Zwischenruf bei der SPÖ.) Es ist nämlich das Gegenteil der Fall! (Neu­erlicher Zwischenruf der Abg. Meinl-Reisinger.)

In der Opposition ist es einfacher, darauf zu pochen, was der eigenen Position ent­spricht. In einer Koalition muss man tatsächlich verhandeln und um den demokrati­schen Kompromiss ringen (Zwischenrufe bei der SPÖ – Zwischenruf der Abg. Meinl-Reisinger), der trotzdem genau das widerspiegelt, was beiden Koalitionspartnern wichtig ist. (Beifall bei Grünen und ÖVP.)

Wenn wir hier in Zukunft vielleicht mehr zusammenarbeiten, anstatt den Fokus dau­ernd darauf zu richten, was nicht geht, wird dieser Einsatz mit Sicherheit auch effi­zienter sein. In einem gebe ich den NEOS, aber auch der SPÖ an dieser Stelle recht, nämlich dass es genau in diesen Bereichen enorm viel Druck und Engagement braucht. Wir bleiben auch dabei, dieses Engagement innerhalb der Reihen der Grünen weiterzuführen, das Gespräch mit dem Koalitionspartner zu suchen und menschen­würdige Lösungen zu finden, auf die wir uns mehrheitlich einigen können.

In diesem Sinne: Ich bin dankbar für diesen Druck, aber Sie werden auch verstehen, dass wir als Grüne da nicht den Pfad der Grundrechte verlassen (Abg. Meinl-Rei­singer: Das haben Sie eh schon gemacht!), sondern im Gegenteil gerade als kleinerer Koalitionspartner der ÖVP umso vehementer darauf pochen. Dass wir das weiter tun werden, darauf können Sie sich verlassen! (Beifall bei den Grünen. – Zwischenrufe der Abgeordneten Loacker und Kickl.)

22.07

22.07.05


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort ist dazu niemand mehr gemeldet. Die Debatte ist geschlossen.

Wir kommen nun zu den Abstimmungen über die Berichte des Ausschusses für in­nere Angelegenheiten, die ich über jeden Tagesordnungspunkt getrennt vornehme.

Bevor wir abstimmen, darf ich die Klubobleute fragen, ob es vonseiten der Klubs okay ist; ich halte mich an das, was in der Präsidiale ausgemacht wurde. – Ich sehe, das ist der Fall.

Wir gelangen nun zu den Abstimmungen über den Tagesordnungspunkt 29.

Zunächst kommen wir zur Abstimmung über den Antrag des Ausschusses für innere Angelegenheiten, seinen Bericht 148 der Beilagen hinsichtlich des Entschließungsan­trages 411/A(E) zur Kenntnis zu nehmen.

Ich bitte die Damen und Herren, die hiezu ihre Zustimmung geben, um ein entspre­chendes Zeichen. – Das ist die Mehrheit, daher angenommen.


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll27. Sitzung, 28. April 2020 / Seite 282

Weiters kommen wir zur Abstimmung über die dem Ausschussbericht 148 der Beilagen angeschlossene Entschließung betreffend „Einhaltung des Asyl- und Fremdenrechts“.

Ich darf die Damen und Herren, die dafür sind, um die dementsprechende Zustimmung ersuchen. – Das ist die Mehrheit, daher angenommen. (34/E)

Wir gelangen zur Abstimmung über den Tagesordnungspunkt 30: Entwurf betreffend 7. COVID-19-Gesetz in 149 der Beilagen.

Hiezu haben die Abgeordneten Mahrer, El-Nagashi, Kolleginnen und Kollegen einen Abänderungsantrag eingebracht.

Ich darf zuerst über den Abänderungsantrag und dann über die restlichen, noch nicht abgestimmten Teile des Gesetzentwurfes abstimmen lassen.

Die Abgeordneten Mahrer, El-Nagashi, Kolleginnen und Kollegen haben einen Abän­derungsantrag betreffend Änderung des Gesetzestitels eingebracht.

Wer dem seine Zustimmung erteilt, den darf ich um die Zustimmung ersuchen. – Das ist einstimmig angenommen.

Schließlich komme ich zur Abstimmung über die restlichen, noch nicht abgestimmten Teile des Gesetzentwurfes samt Eingang in der Fassung des Ausschussberichtes.

Ich bitte jene Damen und Herren, die dafür sind, um ein Zeichen der Zustimmung. – Auch das ist einstimmig angenommen.

Wir kommen sogleich zur dritten Lesung.

Ich darf die Damen und Herren auch in dritter Lesung ersuchen, ihre Zustimmung zu geben. – Auch das ist wiederum einstimmig angenommen.

Wir gelangen nunmehr zur Abstimmung über den Entschließungsantrag der Abge­ordneten Krisper, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Kündigung der Arbeitsverein­barung über ein Abschiebelager in Serbien“.

Wer dafür ist, den bitte ich um ein Zeichen. – Das ist die Minderheit, daher abgelehnt.

Wir gelangen nunmehr zur Abstimmung über den Entschließungsantrag der Abge­ordneten Krisper, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Beteiligung am EU-Kommis­sions-Programm zur Aufnahme von Flüchtlingskindern aus Lagern auf den griechi­schen Inseln“.

Wer dafür ist, den bitte ich um ein Zeichen der Zustimmung. – Das ist die Minderheit, daher abgelehnt.

22.09.5331. Punkt

Erste Lesung: Antrag der Abgeordneten Gabriele Heinisch-Hosek, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Gleichbehandlungs­gesetz und das Gesetz über die Gleichbehandlungskommission und die Gleich­behandlungsanwaltschaft geändert werden (382/A)


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Wir gelangen zum 31. Punkt der Tagesordnung.

Wir gehen in die Debatte ein.

Zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Deckenbacher. – Bitte.


22.10.29

Abgeordnete Mag. Romana Deckenbacher (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Bundesminister! Hohes Haus! Sehr geehrte Zuseherinnen und Zu-


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seher vor den Bildschirmen! Zu dem von der SPÖ eingebrachten Antrag, mit dem unter anderem eine Änderung des Gleichbehandlungsgesetzes erwirkt werden soll, ist ein­mal festzuhalten, dass damit eine Verschärfung des bereits bestehenden Diskriminie­rungsverbotes – für eine Gleichbehandlung ohne Unterschied hinsichtlich des Ge­schlechts oder der ethnischen Zugehörigkeit – nunmehr durch eine weitere Ausdeh­nung in Bezug auf das Alter und die sexuelle Orientierung beabsichtigt ist. (Abg. Hei­nisch-Hosek: Eine längst überfällige Erweiterung!)

Der Fokus liegt dabei auf der Versorgung der betroffenen Personen mit Gütern und Dienstleistungen, die der Öffentlichkeit zur Verfügung stehen, einschließlich des Wohn­raums. Das betrifft also im Wesentlichen das unternehmerische Handeln. (Zwischenruf der Abg. Heinisch-Hosek.)

Des Öfteren wurde dieses im Hohen Haus diskutiert, und auch jetzt weise ich wieder darauf hin, dass die ÖVP bis dato alle Gleichheitsrichtlinien, die auf EU-Ebene be­schlossen wurden, eingehalten und auch umgesetzt hat. Das ist gut und das ist richtig so. (Beifall bei der ÖVP. – Zwischenrufe der Abgeordneten Heinisch-Hosek und Vogl.)

Für eine ernsthafte Diskussion braucht es aber auch Informationen: Wie ist die Lage in anderen EU-Staaten? Welchen Bedarf an einer Ausweitung der Diskriminierungstatbe­stände gibt es tatsächlich? Wir müssen bestehende EU-Gesetze vorab evaluieren. Eine EU-Richtlinie, die genau diesem Antrag ähnlich ist, liegt auf EU-Ebene seit 2008 auf Eis, und das wahrscheinlich auch nicht ohne Grund. Gesetze müssen demnach er­forderlich, angemessen und verhältnismäßig sein. (Zwischenruf bei der SPÖ.)

Stichhaltige Anlassfälle sind mir nicht bekannt. Lassen Sie mich einige Beispiele nen­nen, um zu sehen, welche Forderungen und welche Auswirkungen da gegeben sind: Familienwochen und Kinderwochen in Hotels sind dann einzustellen, weil es keine Spezialprogramme mehr für Altersgruppen geben darf. Kein Top-Jugendticket mehr, keine Seniorentarife mehr – Altersdiskriminierung! (Ruf bei der SPÖ: Das ist Unsinn!) Ja, und selbst einige Ihrer KollegInnen sagen: Na ja, für diese Beispiele – und da gibt es noch viele andere – müsste man eben Ausnahmen finden. (Abg. Heinisch-Hosek: Sie reden Unsinn!)

Ich frage mich: Wenn ich schon sämtliche Ausnahmen in ein Gesetz schreiben muss, warum brauche ich das dann? Wenn es nicht notwendig ist, ein Gesetz zu machen, dann ist es notwendig, kein Gesetz zu machen. Das würde Ihnen wohl der große Theoretiker der Gewaltenteilung Montesquieu in Ihr Tagebuch schreiben. Statt für Le­velling-up stehen wir für eine Privatautonomie, für Gewissensfreiheit, Eigentumsfrei­heit, unternehmerische Freiheit.

Abschließend möchte ich noch sagen: Wir lehnen jegliche Form der Diskriminierung selbstverständlich ab und stehen klar für einen Diskriminierungsschutz. (Zwischenruf der Abg. Heinisch-Hosek.)

Das ist kein Widerspruch, sondern das ist wichtig für eine selbstbestimmte Gesell­schaft. – Danke. (Beifall bei der ÖVP. – Abg. Heinisch-Hosek: Das glauben Sie ja sel­ber nicht!)

22.14


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Schatz. – Bitte.


22.14.10

Abgeordnete Sabine Schatz (SPÖ): Wir diskutieren heute – Kollegin Deckenbacher hat es schon erwähnt – unseren Antrag zu Levelling-up in erster Lesung. Ich glaube, ich muss da einiges gerade richten, weil Sie offenbar einiges nicht richtig verstanden haben. Es geht nämlich nicht um eine Verschärfung eines Antidiskriminierungsgeset-


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zes, sondern es geht um die Ausweitung des Diskriminierungsschutzes, und das ist schon ein Unterschied. (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der Grünen.)

Wir meinen und wir fordern mit Levelling-up die Ausweitung des Schutzes vor Diskri­minierung aufgrund von sexueller Orientierung und Alter auf den Bereich außerhalb der Arbeitswelt. Im Bereich der Arbeitswelt gibt es bereits umfassenden Schutz vor Diskri­minierung. Das besteht, und das Gesetz hat da eine klare Richtlinie gegen Ungleich­behandlung aufgrund ethnischer Zugehörigkeit, Geschlecht, Alter, sexueller Orientie­rung oder Behinderung erstellt. Es verbietet sozusagen, in der Arbeitswelt aufgrund dieser Komponenten diskriminiert zu werden. In allen anderen Lebensbereichen gibt es allerdings Handlungsbedarf.

Das heißt, wenn ein homosexuelles Paar aufgrund der sexuellen Orientierung aus ei­nem Lokal verwiesen wird, wenn zwei lesbischen Mamas mit zwei Kindern bei einer Freizeiteinrichtung ein vergünstigtes Familienticket verweigert wird oder wenn Men­schen aufgrund sexueller Orientierung oder Alter – ob homosexuell oder dergleichen – verweigert wird, eine Wohnung zu mieten, dann ist das momentan in Österreich ohne Konsequenzen möglich, und deswegen gibt es auch entsprechenden Handlungsbe­darf. (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der Grünen.)

Frau Kollegin Deckenbacher, Sie haben gesagt, es gibt keine Anlassfälle. Alle Bei­spiele, die ich gerade erwähnt habe, sind Fallbeispiele, die nachgewiesen sind. Nur ein anderes Beispiel: In einer EU-weiten LGBT-Erhebung aus 2013 hat ein Drittel der Be­fragten angegeben, mindestens einmal in den vergangenen zwölf Monaten im Bereich außerhalb der Arbeitswelt aufgrund der sexuellen Orientierung diskriminiert worden zu sein. Da besteht tatsächlich ein Handlungsbedarf, er ist dringend gegeben. Das ist deswegen auch nicht – und das habe ich auch schon erwähnt – der erste Anlauf, den wir nehmen, um diesen Diskriminierungsschutz auch tatsächlich sicherzustellen. Bisher ist es immer an FPÖ und ÖVP gescheitert. (Präsident Sobotka gibt das Glockenzei­chen.)

Und ja – und da haben Sie offenbar auch nicht fertiggelesen, Frau Kollegin –: Es gibt Ausnahmeregelungen, und diese sind in unserem Antrag auch entsprechend festge­halten. Sie finden diese Ausnahmeregelungen, wenn es zum Beispiel darum geht, günstigere Tickets für Studierende, für Schülerinnen und Schüler, für Seniorinnen und Senioren anbieten zu können. Es soll auch künftig möglich sein, Kinderhotels, Er­wachsenenhotels und dergleichen umzusetzen. Das ist in den Ausnahmeregelungen entsprechend festgehalten. Es soll aber nicht mehr möglich sein, dass jemand eine Wohnung nicht mieten kann, weil er lesbisch oder schwul oder zu alt ist; und da wollen wir handeln. (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der Grünen.)

Das schwarz-grüne Regierungsprogramm hat kein Levelling-up vorgesehen. Die Frau­enministerin hat in einem Interview gesagt, dass dieser Punkt eben nicht im Regie­rungsprogramm steht und deswegen auch nicht umgesetzt wird. Ja, das ist in vielerlei Hinsicht sehr enttäuschend, sehr geehrte Damen und Herren, aber ich denke, ganz vieles, das momentan passiert und das wir diskutieren, steht nicht im Regierungspro­gramm und trotzdem arbeiten wir gemeinsam daran.

Deswegen ersuche ich Sie und vor allem auch die VertreterInnen der ÖVP und der FPÖ, mit uns gemeinsam im Ausschuss für den wirklichen Schutz, für die Ausweitung des Schutzes vor Diskriminierung aufgrund von Alter und sexueller Orientierung zu arbei­ten. – Vielen herzlichen Dank. (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der Grünen.)

22.18


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Mein Klingeln hat für das Verständnis im Saal noch einmal motivieren wollen, dafür, dem Redner auch Respekt zu zollen, nichts an­deres.

Zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Ecker. – Bitte.



Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll27. Sitzung, 28. April 2020 / Seite 285

22.18.43

Abgeordnete Rosa Ecker, MBA (FPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Ich bin ja ganz bei der SPÖ, wenn es um Diskriminierung im Zusammenhang mit dem Alter geht. Geht es um die ältere Generation, ist es einfach so, dass man sagt: Im gesellschaftlichen Leben darf es keine Diskriminierung geben! Seien wir aber auch ehrlich: Es liegt an uns allen, es liegt an der gesellschaftlichen Ge­samtverantwortung und es liegt in unserem Handeln als Einzelne.

Im Bereich des Erwerbslebens gibt es schon gute Gesetze, die beschlossen worden sind, um diesen Schutz vor Diskriminierung auch zu wahren. Der vorliegende Antrag betrifft ja die Versorgung mit Dienstleistungen und mit Gütern. Die gewünschte Umset­zung wirft schon einige Fragen auf – wir haben es schon gehört –: Wie schaut das mit Angeboten für besondere Zielgruppen aus? Gibt es dann noch Gratistickets? Gibt es besondere Preisermäßigungen? Ist das für die Anbieter, für die Firmen dann noch möglich?

Seien wir auch wieder ehrlich: Wenn im Dienstleistungsbereich jemand eine Leistung nicht erbringen will, dann wird er den Diskriminierungsgrund nicht nennen. Dann wer­den viele Bewerber für eine Wohnung da sein, dann wird die Wohnung schon verge­ben sein. Es gibt viele Ausreden in diesen Bereichen, die wir alle kennen. Gerade in Bezug auf das Wohnen – weil das im Antrag auch explizit so drinnen steht – gibt es viele Beispiele, die für mich auch noch unter Diskriminierung fallen, wenn nämlich Fa­milien mit mehreren Kindern keine Wohnung bekommen oder sehr schwierig eine neue Wohnung finden, weil der oder die VermieterIn den Lärm fürchtet, oder fürchtet, dass die finanziellen Gegebenheiten vielleicht nicht halten.

Zurzeit findet eine junge Familie, die Mutter in Karenz, der Vater arbeitslos, gar keine Wohnung, weil sie am Beginn schon scheitert, weil sie die Einkommensnachweise nicht bringen kann und in der derzeitigen Situation sicher noch länger nicht bringen kann. Zurzeit – auch das fällt für mich unter Diskriminierung und ist sicher gut gemeint im Sinne der Gesundheit – ist das Leben der älteren Generation, wohnhaft in einem Seniorenheim, geprägt von Einsamkeit und Isolation – gut gemeint, aber, wie ich glau­be, nicht immer gut getan.

Die EU diskutiert – oder diskutiert nicht mehr, weil die Richtlinie noch immer nicht fertig ist –, und ich denke, es wird auch im Ausschuss noch diskutiert werden. – Danke. (Bei­fall bei der FPÖ.)

22.21


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Abgeordnete Dziedzic –Ernst-Dziedzic, so viel Zeit muss sein. – Bitte.


22.21.25

Abgeordnete Dr. Ewa Ernst-Dziedzic (Grüne): Herr Präsident! Werte Kollegen und Kolleginnen! Eines vorweg an die Kollegin Ecker: Wir machen keinen Unterschied, wer diskriminiert werden darf und wer nicht, der Diskriminierungsschutz muss für alle gel­ten. (Beifall bei den Grünen. – Zwischenrufe der Abgeordneten Amesbauer und Ha­fenecker.) – Das ist einmal das eine.

Liebe SPÖ, danke für den Antrag! Ich kann mich erinnern, wie die Grünen in der vor­vorletzten und vorvorvorletzten Legislaturperiode genau gleichlautende Anträge gestellt haben. Da habt ihr noch den Kanzler gestellt, und es war euch nicht möglich, diesen Diskriminierungsschutz außerhalb des Arbeitslebens entsprechend zu verankern. (Zwischenrufe bei der SPÖ.) – Es ist mir auch wichtig, das zu sagen.

Grundsätzlich: Es gibt einen Grund, wieso die Grünen - - (Rufe und Gegenrufe zwi­schen Abgeordneten von SPÖ und Grünen. – Präsident Sobotka gibt das Glocken­zeichen.)



Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll27. Sitzung, 28. April 2020 / Seite 286

Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Ich bitte wirklich noch um ein bisschen Ruhe! Es sind nur mehr zwei Redner.


Abgeordnete Dr. Ewa Ernst-Dziedzic (fortsetzend): Es ist die Wahrheit: Es war euch nicht möglich, als Kanzlerpartei – ich wiederhole es gerne – den Diskriminierungs­schutz außerhalb des Arbeitslebens zu verankern. – So.

Es gibt einen Grund, wieso die Grünen statuarisch nicht nur eine Parität verankert haben, sondern auch schon an die 25 Jahre die Teilorganisation Grüne Andersrum ha­ben, und es ist kein Zufall, dass hier im Grünen Parlamentsklub, im Nationalratsklub, vier sogenannte queere, sprich LGBTI-Personen sitzen, genauso wie im Bundesrat ei­ne vertreten ist. Das heißt, unser Einsatz ist, glaube ich, da unbestritten, und wir waren ja schon öfter auf der einen oder anderen Kundgebung, wenn es um die Gleichstellung von LGBTI-Personen beziehungsweise die Ablehnung jeglicher Diskriminierung auf­grund der sexuellen Orientierung ging.

Worauf haben wir uns jetzt im Zuge der Verhandlungen mit der ÖVP geeinigt? – Wir haben uns darauf geeinigt (Zwischenruf des Abg. Amesbauer), dass es eine Auswei­tung der Möglichkeiten zum Schutz vor Diskriminierung geben wird. Das ist heute die erste Lesung, wir haben jetzt genug Zeit, zu debattieren, und wir werden sicher eine gute Lösung finden, wie wir Diskriminierung in Österreich ungeachtet dessen, welcher Gruppe jemand angehört, einen Riegel vorschieben werden. (Beifall bei den Grünen.)

In diesem Sinne gutes Verhandeln, und, Yannick – weil du gleich nach mir dran bist –, bleiben wir auch da im Gespräch, anstatt uns gegenseitig auszurichten, was alles nicht geht! – Danke. (Beifall bei Grünen und ÖVP.)

22.24


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Abgeordneter Shetty. – Bitte.


22.24.20

Abgeordneter Yannick Shetty (NEOS): Herr Präsident! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Liebe Zuseherinnen und Zuseher! Zuerst einmal vielen Dank an die SPÖ für diese Initiative. Ich bin schon gespannt auf die Diskussion im Ausschuss und dann eventuell im Rahmen der zweiten Lesung hier im Plenum.

Ich wollte mich eigentlich zu dieser späten Stunde zu diesem Punkt nicht mehr zu Wort melden. Was aber die Grünen heute hier aufgeführt haben, ist so eine Frechheit, dass dazu noch ein paar Worte gesagt werden müssen. (Zwischenruf bei den Grünen. – Präsident Sobotka gibt das Glockenzeichen.)


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Nehmen Sie bitte das Wort „Frechheit“ zurück!


Abgeordneter Yannick Shetty (fortsetzend): Ich nehme das Wort „Frechheit“ gerne zurück. – Ich finde es absolut unwürdig, wie die Grünen sich heute hier verhalten ha­ben, und ich erkläre auch noch einmal für alle, die vielleicht vorhin nicht so aufmerk­sam zugehört haben, was passiert ist:

Wir haben heute einen Antrag dazu eingebracht, dass das Blutspendeverbot für Män­ner, die Sex mit Männern haben, aufgehoben werden soll. ÖVP und Grüne haben die­sen Antrag niedergeschmettert. – Fair enough, ist okay.

Sie haben einen weiteren Antrag eingebracht, der jetzt dafür sorgen soll, dass eine Ar­beitsgruppe eingesetzt wird, die evaluieren soll, ob das Blutspendeverbot eventuell ir­gendwann aufgehoben werden soll. – Gut, wir haben diesem Antrag als Mindestkom­promiss zugestimmt.

Dann schickt mir vor einer Stunde ein Kollege einen Screenshot von einem Facebook-Post der Grünen mit dem Text – Zitat –: Was für ein Tag! Das Blutspendeverbot für


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll27. Sitzung, 28. April 2020 / Seite 287

schwule Männer könnte fallen. – Zitatende. Dabei ist ein Link zur Rede von Kollegin Dziedzic.

Liebe Grüne, ich habe es heute Vormittag noch verbindlich versucht, aber ich sage es jetzt in aller Deutlichkeit: Die LGBT-Community wurde jahrzehntelang für blöd verkauft, und die Community durchschaut diesen billigen, diesen dreisten, diesen unverschäm­ten PR-Gag! (Beifall bei NEOS und SPÖ.)

Bei der Blutspende: umgefallen; bei der Rehabilitierung für homosexuelle Strafrechts­opfer: umgefallen; bei der Reparatur der eingetragenen Partnerschaft: umgefallen; bei der Umsetzung des VfGH-Urteils für Intersexpersonen: umgefallen. – Wir nehmen zur Kenntnis, dass LGBT-Personen für die Grünen in dieser Regierung keine Priorität ha­ben. Das ist schlimm, aber stehen Sie dazu und verbreiten Sie keine Unwahrheiten! (Beifall bei NEOS und SPÖ.)

22.26

22.26.50


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort ist niemand mehr gemeldet.

Die Debatte ist geschlossen.

Ich weise den Antrag 382/A dem Ausschuss für Arbeit und Soziales zu.

*****

Die Tagesordnung ist erschöpft. (Unruhe im Saal.) – Darf ich um Aufmerksamkeit bitten?

22.27.12Abstimmung über einen Fristsetzungsantrag


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Wir kommen nunmehr zur Abstimmung über den Antrag der Abgeordneten Mag. Leichtfried, Kolleginnen und Kollegen, dem Verfas­sungsausschuss zur Berichterstattung über den Antrag 60/A eine Frist bis zum 30. Ap­ril 2020 zu setzen.

Ich bitte jene Damen und Herren, die für den Fristsetzungsantrag sind, um ein Zeichen der Zustimmung. – Das ist die Minderheit, abgelehnt.

22.27.32Zuweisung des Antrages auf Einsetzung eines Untersuchungsausschusses


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Gemäß § 33 Abs. 6 der Geschäftsordnung weise ich den Antrag 2/US der Abgeordneten Kickl, Kolleginnen und Kollegen betreffend Ein­setzung eines Untersuchungsausschusses, „COVID19-Untersuchungsausschuss“, dem Geschäftsordnungsausschuss zu.

22.27.53Verlesung eines Teiles des Amtlichen Protokolls


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Es liegt mir das schriftliche Verlangen von 20 Ab­geordneten vor, die vorgesehene Fassung des Amtlichen Protokolls hinsichtlich der Tagesordnungspunkte 1, 3 und 4, 7, 11 bis 13, 17, 20 bis 27 sowie 29 und 30 zu verlesen, damit diese Teile mit Schluss der Sitzung als genehmigt gelten. (Unruhe im Saal.) – Ich bitte Sie noch ganz kurz um Aufmerksamkeit, damit dann auch wirklich das Richtige im Protokoll steht!

Ich komme zur Verlesung:

Tagesordnungspunkt 1:

„Der Abänderungsantrag Beilage 1/1 wird hinsichtlich Artikel 4 § 259 Abs. 1 abge­lehnt [...].

Der Abänderungsantrag Beilage 1/2 wird abgelehnt [...].


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll27. Sitzung, 28. April 2020 / Seite 288

Der Gesetzentwurf wird gemäß dem Ausschussantrag in 120 der Beilagen unter Be­rücksichtigung des Abänderungsantrages Beilage 1/1 – außer hinsichtlich Artikel 4 § 259 Abs. 1 – in zweiter Lesung in getrennter Abstimmung [...] und in dritter Lesung [...] an­genommen.“

Tagesordnungspunkt 3:

„Der Gesetzentwurf wird gemäß dem Ausschussantrag in 122 der Beilagen in zweiter und dritter Lesung [...] angenommen.“

Tagesordnungspunkt 4:

„Der Gesetzentwurf wird gemäß dem Ausschussantrag in 123 der Beilagen in zweiter und dritter Lesung [...] angenommen.“

Tagesordnungspunkt 7:

Der Gesetzentwurf wird gemäß dem Ausschussantrag in 126 der Beilagen unter Be­rücksichtigung der Abänderungsanträge Beilage 7/1 und Beilage 7/3 in zweiter und in dritter Lesung [...] angenommen.“

Tagesordnungspunkt 11:

„Der Gesetzentwurf wird gemäß dem Ausschussantrag in 129 der Beilagen unter Berücksichtigung des Abänderungsantrages Beilage 11/1 in zweiter und dritter Le­sung [...] angenommen.“

Tagesordnungspunkt 12:

Der Gesetzentwurf wird gemäß dem Ausschussantrag in 131 der Beilagen in zweiter und dritter Lesung [...] angenommen. [...]

Der Entschließungsantrag Beilage 12/2 EA wird [...] angenommen.

Tagesordnungspunkt 13:

„Der Rückverweisungsantrag Beilage 13/I wird abgelehnt [...].

Der Gesetzentwurf wird gemäß dem Ausschussantrag in 132 der Beilagen unter Be­rücksichtigung des Abänderungsantrages Beilage 13/1 in zweiter Lesung in getrennter Abstimmung [...] und in dritter Lesung [...] angenommen.“

Tagesordnungspunkt 17:

„Der Rückverweisungsantrag Beilage 17/I wird abgelehnt [...].

Der Gesetzentwurf wird gemäß dem Ausschussantrag in 136 der Beilagen unter Be­rücksichtigung des Abänderungsantrages Beilage 17/1 in zweiter und dritter Le­sung [...] angenommen.“

Tagesordnungspunkt 20:

„Der Gesetzentwurf wird gemäß dem Ausschussantrag in 143 der Beilagen unter Be­rücksichtigung des Abänderungsantrages Beilage 20/2 in zweiter und dritter Le­sung [...] angenommen.“

Tagesordnungspunkt 21:

„Der Gesetzentwurf wird gemäß dem Ausschussantrag in 144 der Beilagen in zweiter und dritter Lesung [...] angenommen.“

Tagesordnungspunkt 22:

„Der Gesetzentwurf wird gemäß dem Ausschussantrag in 145 der Beilagen in zweiter und dritter Lesung [...] angenommen.“

Tagesordnungspunkt 23:

„Der Gesetzentwurf wird gemäß dem Ausschussantrag in 146 der Beilagen in zweiter und dritter Lesung [...] angenommen.“


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll27. Sitzung, 28. April 2020 / Seite 289

Tagesordnungspunkt 24:

„Der Gesetzentwurf wird gemäß dem Ausschussantrag in 139 der Beilagen in zweiter Lesung in getrennter Abstimmung [...] und in dritter Lesung [...] angenommen.“

Tagesordnungspunkt 25:

„Der Abänderungsantrag Beilage 25/1 wird abgelehnt [...].

Der Gesetzentwurf wird gemäß dem Ausschussantrag in 140 der Beilagen in zweiter und dritter Lesung [...] angenommen.“

Tagesordnungspunkt 26:

„Die dem Ausschussbericht 141 der Beilagen angeschlossene Entschließung wird [...] angenommen.“

Tagesordnungspunkt 27:

„Der Abänderungsantrag Beilage 27/1 wird abgelehnt [...].

Der Gesetzentwurf wird gemäß dem Ausschussantrag in 142 der Beilagen in zweiter und dritter Lesung [...] angenommen.“

Tagesordnungspunkt 29:

„Die dem Ausschussbericht 148 der Beilagen angeschlossene Entschließung wird [...] angenommen.“

Tagesordnungspunkt 30:

„Der Gesetzentwurf wird gemäß dem Ausschussantrag in 149 der Beilagen unter Be­rücksichtigung des Abänderungsantrages Beilage 30/3 in zweiter und dritter Le­sung [...] angenommen.“

*****

Erheben sich Einwendungen gegen die Fassung oder gegen den Inhalt dieser Teile des Amtlichen Protokolls? – Das ist nicht der Fall.

Diese Teile des Amtlichen Protokolls gelten daher gemäß § 51 Abs. 6 der Geschäfts­ordnung mit Schluss dieser Sitzung als genehmigt.

22.32.14Einlauf

Ich darf bekannt geben, dass in der heutigen Sitzung die Selbständigen Anträge 491/A bis 527/A(E) eingebracht worden sind.

*****

Die nächste Sitzung des Nationalrates, die geschäftsordnungsmäßige Mitteilungen und Zuweisungen betreffen wird, berufe ich für 22.32 Uhr – das ist gleich im Anschluss an diese Sitzung – ein.

Diese Sitzung ist geschlossen.

22.32.36Schluss der Sitzung: 22.32 Uhr

Impressum:

Parlamentsdirektion

1017 Wien