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Stenographisches Protokoll

 

 

 

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60. Sitzung des Nationalrates der Republik Österreich

 

XXIV. Gesetzgebungsperiode

 

Mittwoch, 21. April 2010

 

 


Stenographisches Protokoll

60. Sitzung des Nationalrates der Republik Österreich

XXIV. Gesetzgebungsperiode                   Mittwoch, 21. April 2010

Dauer der Sitzung

Mittwoch, 21. April 2010: 9.05 – 21.33 Uhr

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Tagesordnung

1. Punkt: Bundesgesetz, mit dem die Konkursordnung in Insolvenzordnung umbe­nannt und gemeinsam mit dem Insolvenzrechtseinführungsgesetz, dem Gerichtsge­bührengesetz, dem Gerichtlichen Einbringungsgesetz, dem Insolvenz-Entgeltsiche­rungsgesetz, dem IEF-ServiceGmbH-Gesetz, dem Arbeitsvertragsrechts-Anpassungs­gesetz, dem Landarbeitsgesetz 1984 und der Gewerbeordnung 1994 geändert wird so­wie die Ausgleichsordnung aufgehoben wird (Insolvenzrechtsänderungsgesetz 2010 – IRÄG 2010)

2. Punkt: Bundesgesetz, mit dem das allgemeine bürgerliche Gesetzbuch geändert, ein Bundesgesetz über Verbraucherkreditverträge und andere Formen der Kreditierung zu Gunsten von Verbrauchern (Verbraucherkreditgesetz – VKrG) erlassen sowie das Konsumentenschutzgesetz, das Bankwesengesetz, das Versicherungsaufsichtsgesetz, das Wertpapieraufsichtsgesetz 2007, das Investmentfondsgesetz, das Zahlungsdienste­gesetz, die Gewerbeordnung 1994 und das Maklergesetz geändert werden (Darlehens- und Kreditrechts-Änderungsgesetz – DaKRÄG)

3. Punkt: Bundesgesetz, mit dem das Lebensmittelsicherheits- und Verbraucher­schutzgesetz geändert wird

4. Punkt: Bericht über den Antrag 1014/A der Abgeordneten Gerald Grosz, Kolle­ginnen und Kollegen betreffend Ministeranklage gemäß Art. 143 i.V.m. Art. 142 Abs. 2 lit. b B-VG

5. Punkt: Bericht über den Antrag 865/A(E) der Abgeordneten Mag. Johann Maier, Dr. Erwin Rasinger, Kolleginnen und Kollegen betreffend Nationaler Aktionsplan Ernäh­rung – NAP.E

6. Punkt: Bundesgesetz, mit dem das Energie-Regulierungsbehördengesetz geändert wird

7. Punkt: Bericht über den Antrag 1027/A(E) der Abgeordneten Mag. Alev Korun, Kol­leginnen und Kollegen betreffend erforderliche Waffenhandelskontrolle

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Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll60. Sitzung / Seite 2

Inhalt

Personalien

Verhinderungen .............................................................................................................. 31

Ordnungsruf ................................................................................................................. 135

Geschäftsbehandlung

Antrag gemäß § 69 Abs. 3 der Geschäftsordnung, die Regierungsvorlage 660 d.B. betreffend das Bundesfinanzrahmengesetz 2011 bis 2014 (BFRG 2011–2014) in erste Lesung zu nehmen – Annahme              77, 77

Antrag der Abgeordneten Karl Öllinger, Kolleginnen und Kollegen, dem Aus­schuss für Arbeit und Soziales zur Berichterstattung über den Antrag 11/A der Abgeordneten Karl Öllinger, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesge­setz, mit dem das Arbeitslosenversicherungsgesetz 1977 (ALVG) geändert wird, gemäß § 43 Abs. 1 der Geschäftsordnung eine Frist bis 12. Mai 2010 zu setzen           77

Verlangen gemäß § 43 Abs. 3 der Geschäftsordnung auf Durchführung einer kur­zen Debatte im Sinne des § 57a Abs. 1 GOG .......................................................................................................... 77

Redner/Rednerinnen:

Karl Öllinger ............................................................................................................ ... 199

Franz Riepl .............................................................................................................. ... 201

Dr. Martin Bartenstein ............................................................................................ ... 203

Dr. Susanne Winter ................................................................................................ ... 204

Dieter Brosz ............................................................................................................ ... 205

Sigisbert Dolinschek .............................................................................................. ... 206

Ablehnung des Fristsetzungsantrages .......................................................................... 208

Redezeitbeschränkung nach Beratung in der Präsidialkonferenz gemäß § 57 Abs. 3 Z. 2 der Geschäftsordnung .......................................................................................................... 77

Aktuelle Stunde (16.)

Thema: „Missbrauch in der Kirche: Was macht die Regierung für die Betrof­fenen?“                       31

Redner/Rednerinnen:

Mag. Albert Steinhauser ........................................................................................ ..... 31

Bundesministerin Mag. Claudia Bandion-Ortner ..................................................... 34

Dr. Johannes Jarolim ................................................................................................... 36

Fritz Neugebauer .................................................................................................... ..... 37

Dr. Peter Fichtenbauer ........................................................................................... ..... 38

Mag. Daniela Musiol ................................................................................................ ..... 40

Josef Bucher ........................................................................................................... ..... 41

Bundesministerin Gabriele Heinisch-Hosek ....................................................... ..... 43

Gabriele Binder-Maier ............................................................................................ ..... 44

Mag. Heribert Donnerbauer ................................................................................... ..... 46

Dr. Johannes Hübner ............................................................................................. ..... 47

Mag. Helene Jarmer ................................................................................................ ..... 49

Mag. Ewald Stadler ................................................................................................. ..... 50

Josef Jury ................................................................................................................ ..... 52

Aktuelle Stunde (15.) – Aktuelle Europastunde

Thema: „Die Krise überwinden – mit sozialer Gerechtigkeit und einer neuen Finanzmarktarchitektur“ ......................................................................................................................................... 52


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll60. Sitzung / Seite 3

Redner/Rednerinnen:

Dr. Josef Cap ........................................................................................................... ..... 53

Bundeskanzler Werner Faymann ......................................................................... ..... 55

Mag. Christine Muttonen ........................................................................................ ..... 58

Dr. Ursula Plassnik ................................................................................................. ..... 59

Heinz-Christian Strache ......................................................................................... ..... 60

Mag. Werner Kogler ................................................................................................ ..... 62

Josef Bucher ........................................................................................................... ..... 63

Mag. Gisela Wurm ................................................................................................... ..... 65

Fritz Grillitsch ......................................................................................................... ..... 66

Lutz Weinzinger ...................................................................................................... ..... 67

Dr. Alexander Van der Bellen ................................................................................ ..... 69

Mag. Ewald Stadler ................................................................................................. ..... 70

Maximilian Linder .................................................................................................... ..... 72

Bundesregierung

Vertretungsschreiben ..................................................................................................... 31

Ausschüsse

Zuweisungen .................................................................................................................. 73

Auslieferungsbegehren

gegen den Abgeordneten Mag. Ewald Stadler ............................................................. 74

Dringliche Anfrage

der Abgeordneten Josef Bucher, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesmi­nister für Finanzen betreffend schwarze Steuerwolken über Österreich – Pröll­nocchio 2.0 (5077/J) ........................ 145

Begründung: Josef Bucher ......................................................................................... 151

Vizekanzler Dipl.-Ing. Josef Pröll ............................................................................. 156

Debatte:

Herbert Scheibner .................................................................................................. ... 163

Kai Jan Krainer ....................................................................................................... ... 165

Mag. Wilhelm Molterer ............................................................................................ ... 167

Bernhard Themessl ................................................................................................ ... 169

Mag. Werner Kogler ................................................................................................ ... 171

Ing. Robert Lugar .................................................................................................... ... 174

Mag. Laura Rudas ................................................................................................... ... 176

Dkfm. Dr. Günter Stummvoll ................................................................................. ... 177

Alois Gradauer ........................................................................................................ ... 179

Dr. Ruperta Lichtenecker ....................................................................................... ... 180

Mag. Rainer Widmann ............................................................................................ ... 181

Dr. Günther Kräuter ............................................................................................... ... 183

Werner Amon, MBA ................................................................................................... 185

Ing. Christian Höbart ................................................................................................. 186

Mag. Christiane Brunner ........................................................................................... 188

Marianne Hagenhofer ................................................................................................ 189

Mag. Roman Haider .................................................................................................... 191

Werner Amon, MBA (tatsächliche Berichtigung) ....................................................... 192

Dr. Christoph Matznetter ........................................................................................... 192

Alois Gradauer (tatsächliche Berichtigung) ............................................................... 194

Maximilian Linder ....................................................................................................... 194


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll60. Sitzung / Seite 4

Karl Öllinger ................................................................................................................ 195

Mag. Ewald Stadler ................................................................................................. ... 197

Verhandlungen

1. Punkt: Bericht des Justizausschusses über die Regierungsvorlage (612 d.B.): Bundesgesetz, mit dem die Konkursordnung in Insolvenzordnung umbenannt und gemeinsam mit dem Insolvenzrechtseinführungsgesetz, dem Gerichtsgebüh­rengesetz, dem Gerichtlichen Einbringungsgesetz, dem Insolvenz-Entgeltsiche­rungsgesetz, dem IEF-ServiceGmbH-Gesetz, dem Arbeitsvertragsrechts-Anpas­sungsgesetz, dem Landarbeitsgesetz 1984 und der Gewerbeordnung 1994 geän­dert wird sowie die Ausgleichsordnung aufgehoben wird (Insolvenzrechtsände­rungsgesetz 2010 – IRÄG 2010) (651 d.B.)                         78

Redner/Rednerinnen:

Dr. Peter Fichtenbauer ........................................................................................... ..... 78

Ridi Maria Steibl ...................................................................................................... ..... 79

Dr. Ruperta Lichtenecker ....................................................................................... ..... 81

Dr. Johannes Jarolim ............................................................................................. ..... 82

Mag. Ewald Stadler ................................................................................................. ..... 86

Bundesministerin Mag. Claudia Bandion-Ortner ............................................... ..... 89

Mag. Heribert Donnerbauer ................................................................................... ..... 91

Dr. Johannes Hübner ............................................................................................. ..... 92

Dr. Peter Wittmann ................................................................................................. ..... 93

Mag. Albert Steinhauser ........................................................................................ ..... 94

Herbert Scheibner .................................................................................................. ..... 95

Mag. Karin Hakl ....................................................................................................... ..... 96

Mag. Sonja Steßl-Mühlbacher ............................................................................... ..... 97

Franz Glaser ............................................................................................................ ..... 97

Gerhard Köfer ......................................................................................................... ..... 98

Jochen Pack ............................................................................................................ ..... 99

Annahme des Gesetzentwurfes ..................................................................................... 99

Annahme der dem schriftlichen Ausschussbericht 651 d.B. beigedruckten Ent­schließung betreffend Stand und Entwicklungsmöglichkeiten des Systems der Qualitätssicherung bei Masseverwaltern (E 89)          ............................................................................................................................. 100

2. Punkt: Bericht des Justizausschusses über die Regierungsvorlage (650 d.B.): Bundesgesetz, mit dem das allgemeine bürgerliche Gesetzbuch geändert, ein Bundesgesetz über Verbraucherkreditverträge und andere Formen der Kreditie­rung zu Gunsten von Verbrauchern (Verbraucherkreditgesetz – VKrG) erlassen sowie das Konsumentenschutzgesetz, das Bankwesengesetz, das Versiche­rungsaufsichtsgesetz, das Wertpapieraufsichtsgesetz 2007, das Investment­fondsgesetz, das Zahlungsdienstegesetz, die Gewerbeordnung 1994 und das Maklergesetz geändert werden (Darlehens- und Kreditrechts-Änderungsgesetz – DaKRÄG) (652 d.B.) .................................................................... 100

Redner/Rednerinnen:

Mag. Heribert Donnerbauer ................................................................................... ... 101

Mag. Johann Maier .................................................................................................. ... 112

Mag. Harald Stefan ................................................................................................. ... 115

Mag. Birgit Schatz .................................................................................................. ... 116

Mag. Ewald Stadler ................................................................................................. ... 122

Bundesministerin Mag. Claudia Bandion-Ortner ............................................... ... 124

Mag. Peter Michael Ikrath ....................................................................................... ... 124

Mag. Ruth Becher ................................................................................................... ... 125

Anna Franz .............................................................................................................. ... 126

Hannes Fazekas ...................................................................................................... ... 127


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll60. Sitzung / Seite 5

Mag. Bernd Schönegger ........................................................................................ ... 127

Otto Pendl ................................................................................................................... 128

Entschließungsantrag der Abgeordneten Mag. Johann Maier, Mag. Heribert Donnerbauer, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Datenverwendung durch Kreditauskunfteien sowie Qualitätsstandards für Informationsverbundsysteme und über Kreditscoring“ – Annahme (E 90) ........  113, 212

Entschließungsantrag der Abgeordneten Mag. Birgit Schatz, Kolleginnen und Kollegen betreffend konsumentenschutzrechtliche Nachbesserungen im Darle­hens- und Kreditrechts-Änderungsgesetz (DaKRÄG) – Ablehnung ......................................................................................  118, 213

Annahme des Gesetzentwurfes ................................................................................... 212

Gemeinsame Beratung über

3. Punkt: Bericht des Gesundheitsausschusses über die Regierungsvorlage (649 d.B.): Bundesgesetz, mit dem das Lebensmittelsicherheits- und Verbrau­cherschutzgesetz geändert wird (663 d.B.)                         129

4. Punkt: Bericht des Gesundheitsausschusses über den Antrag 1014/A der Ab­geordneten Gerald Grosz, Kolleginnen und Kollegen betreffend Ministeranklage gemäß Art. 143 i.V.m. Art. 142 Abs. 2 lit. b B-VG (664 d.B.) ...................................................................................................................... 129

Redner/Rednerinnen:

Dr. Wolfgang Spadiut ............................................................................................. ... 129

Mag. Johann Maier .................................................................................................. ... 130

Ursula Haubner ....................................................................................................... ... 131

Gabriele Tamandl .................................................................................................... ... 132

Gerald Grosz ........................................................................................................... ... 133

Dr. Dagmar Belakowitsch-Jenewein .................................................................... ... 136

Dipl.-Ing. Dr. Wolfgang Pirklhuber ....................................................................... ... 137

Dr. Sabine Oberhauser, MAS ................................................................................ ... 139

Dr. Erwin Rasinger ................................................................................................. ... 140

Dr. Andreas Karlsböck ........................................................................................... ... 141

Bundesminister Alois Stöger, diplômé ................................................................ ... 142

Oswald Klikovits ..................................................................................................... ... 143

Dietmar Keck ........................................................................................................... ... 144

Dipl.-Ing. Gerhard Deimek ................................................................................  144, 208

Johann Hechtl ......................................................................................................... ... 209

Karl Öllinger ............................................................................................................ ... 210

Annahme des Gesetzentwurfes in 663 d.B. ................................................................. 211

Kenntnisnahme des Ausschussberichtes 664 d.B. ...................................................... 211

5. Punkt: Bericht des Gesundheitsausschusses über den Antrag 865/A(E) der Abgeordneten Mag. Johann Maier, Dr. Erwin Rasinger, Kolleginnen und Kollegen betreffend Nationaler Aktionsplan Ernährung – NAP.E (665 d.B.) ...................................................................................................................... 213

Redner/Rednerinnen:

Renate Csörgits ...................................................................................................... ... 213

Dr. Erwin Rasinger ................................................................................................. ... 214

Dr. Dagmar Belakowitsch-Jenewein .................................................................... ... 215

Dr. Kurt Grünewald ................................................................................................ ... 216

Ursula Haubner ....................................................................................................... ... 218

Ing. Erwin Kaipel ..................................................................................................... ... 221

August Wöginger .................................................................................................... ... 221

Bundesminister Alois Stöger, diplômé ................................................................ ... 223


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll60. Sitzung / Seite 6

Dr. Andreas Karlsböck ........................................................................................... ... 224

Dipl.-Ing. Dr. Wolfgang Pirklhuber ....................................................................... ... 225

Gerhard Huber ........................................................................................................ ... 226

Mag. Ruth Becher ................................................................................................... ... 227

Mag. Gertrude Aubauer ......................................................................................... ... 228

Ing. Hermann Schultes ........................................................................................... ... 229

Claudia Durchschlag .............................................................................................. ... 230

Oswald Klikovits ..................................................................................................... ... 230

Josef Jury ................................................................................................................ ... 231

Entschließungsantrag der Abgeordneten Ursula Haubner, Kollegin und Kolle­gen betreffend „Mehr Bewegung“ im Nationalen Aktionsplan für Ernährung – Ab­lehnung ...................  220, 231

Annahme der dem schriftlichen Ausschussbericht 665 d.B. beigedruckten Ent­schließung betreffend Nationaler Aktionsplan Ernährung – NAP.E (E 91) ..................................................... 231

6. Punkt: Bericht des Ausschusses für Wirtschaft und Industrie über die Regie­rungsvorlage (474 d.B.): Bundesgesetz, mit dem das Energie-Regulierungsbe­hördengesetz geändert wird (524 d.B.)                     232

Redner/Rednerinnen:

Mag. Christiane Brunner......................................................................................... ... 232

Dr. Martin Bartenstein ............................................................................................ ... 234

Mag. Rainer Widmann ............................................................................................ ... 235

Dr. Christoph Matznetter ....................................................................................... ... 240

Dr. Ruperta Lichtenecker ....................................................................................... ... 241

Ing. Norbert Hofer ................................................................................................... ... 242

Peter Haubner ......................................................................................................... ... 243

Ing. Kurt Gartlehner ............................................................................................... ... 244

Alois Gradauer ........................................................................................................ ... 244

Bundesminister Dr. Reinhold Mitterlehner .......................................................... ... 245

Ing. Hermann Schultes ........................................................................................... ... 247

Elisabeth Hakel ....................................................................................................... ... 247

Konrad Steindl ........................................................................................................ ... 248

Dr. Ruperta Lichtenecker ....................................................................................... ... 248

Ing. Mag. Hubert Kuzdas ....................................................................................... ... 249

Franz Riepl .............................................................................................................. ... 249

Entschließungsantrag der Abgeordneten Josef Bucher, Kolleginnen und Kolle­gen betreffend: Energiepreis senken, Transparenz erhöhen, Wettbewerb be­schleunigen – Ablehnung ..........  237, 251

Annahme des Gesetzentwurfes ................................................................................... 250

7. Punkt: Bericht des Ausschusses für Menschenrechte über den An­trag 1027/A(E) der Abgeordneten Mag. Alev Korun, Kolleginnen und Kollegen be­treffend erforderliche Waffenhandelskontrolle (659 d.B.)             ............................................................................................................................. 251

Redner/Rednerinnen:

Dr. Gerhard Kurzmann .......................................................................................... ... 251

Marianne Hagenhofer ............................................................................................. ... 252

Herbert Scheibner .................................................................................................. ... 252

Wolfgang Großruck ................................................................................................ ... 254

Mag. Alev Korun ..................................................................................................... ... 255

Bundesminister Dr. Reinhold Mitterlehner .......................................................... ... 257

Petra Bayr ................................................................................................................ ... 258

Ing. Norbert Kapeller .............................................................................................. ... 258

Andrea Gessl-Ranftl ............................................................................................... ... 259


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll60. Sitzung / Seite 7

Franz Glaser ............................................................................................................ ... 259

Franz Kirchgatterer ................................................................................................ ... 259

Franz Eßl .................................................................................................................. ... 260

Rudolf Plessl ........................................................................................................... ... 260

Ewald Sacher .......................................................................................................... ... 261

Franz Riepl .............................................................................................................. ... 262

Annahme der dem schriftlichen Ausschussbericht 659 d.B. beigedruckten Ent­schließung betreffend erforderliche Waffenhandelskontrolle (E 92) ............................................................... 262

Eingebracht wurden

Bürgerinitiative ............................................................................................................. 74

Bürgerinitiative betreffend „Gründung einer Kammer für die Gesundheits- und Krankenpflegeberufe“ (Ordnungsnummer 22)

Regierungsvorlagen .................................................................................................... 73

654: Bundesgesetz, mit dem das Schulunterrichtsgesetz für Berufstätige geän­dert wird

655: Bundesgesetz, mit dem das Bildungsdokumentationsgesetz geändert wird

656: Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz über die Durchführung interna­tionaler Sanktionsmaßnahmen (Sanktionengesetz 2010 – SanktG) erlassen und das Bundesgesetz über den Kapital- und Zahlungsverkehr mit Auslandsbezug (Devisengesetz 2004) geändert wird

657: Bundesgesetz, mit dem das Glücksspielgesetz und das Finanzausgleichs­gesetz 2008 geändert werden – Glücksspielgesetz-Novelle 2010 (GSpG-Novel­le 2010)

658: Bundesgesetz, mit dem das Glücksspielgesetz, das Umsatzsteuerge­setz 1994, das Gebührengesetz 1957, das Abgabenverwaltungsorganisationsge­setz 2010, das Finanzstrafgesetz und das Finanzausgleichsgesetz 2008 geän­dert werden – Glücksspielgesetz-Novelle 2008 (GSpG-Novelle 2008)

660: Bundesfinanzrahmengesetz 2011 bis 2014 – BFRG 2011–2014

661: Bundesgesetz, mit dem das Bankwesengesetz, das Finanzmarktaufsichts­behördengesetz, das Börsegesetz 1989, das Zahlungsdienstegesetz, das Wert­papieraufsichtsgesetz 2007, das Glücksspielgesetz, das Versicherungsaufsichts­gesetz und das Bundeskriminalamt-Gesetz geändert werden

662: Abgabenänderungsgesetz 2010 – AbgÄG 2010

671: Bundesgesetz, mit dem die Gewerbeordnung 1994, das Wirtschaftstreu­handberufsgesetz und das Bilanzbuchhaltungsgesetz geändert werden

672: Bundesgesetz, mit dem das Tierschutzgesetz geändert wird

673: Bundesgesetz, mit dem die Rechtsanwaltsordnung, die Notariatsordnung, das Strafgesetzbuch und die Strafprozessordnung 1975 geändert werden

674: Bundesgesetz, mit dem das Strafgesetzbuch zur Verhinderung von Terroris­mus (Terrorismuspräventionsgesetz 2010) geändert wird


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll60. Sitzung / Seite 8

Berichte ......................................................................................................................... 74

Vorlage 37 BA: Monatserfolg Februar 2010; BM f. Finanzen

Vorlage 38 BA: Monatserfolg März 2010; BM f. Finanzen

Vorlage 39 BA: Bericht über die Genehmigung von überplanmäßigen Ausgaben im 1. Quartal 2010; BM f. Finanzen

Vorlage 40 BA: Bericht über die Genehmigung von Vorbelastungen für das 1. Quartal 2010; BM f. Finanzen

III-116: 33. Bericht (1. Jänner bis 31. Dezember 2009); Volksanwaltschaft

III-122: Achter Bericht gemäß dem Katastrophenfondsgesetz 1996 betreffend die Fondsgebarung in den Jahren 2008 und 2009; BM f. Finanzen

III-123: Produktpirateriebericht 2009; BM f. Finanzen

III-124: Bericht über die Tätigkeit der Arbeitsinspektion im Jahr 2008; BM f. Ar­beit, Soziales und Konsumentenschutz

III-125: Bericht, Reihe Bund 2010/5; Rechnungshof

III-127: Bericht betreffend den Prüfbericht der Bundeswettbewerbsbehörde über die Praxis der Ausweisung von Ökostromaufschlägen durch Energieversorgungs­unternehmen, aufgrund der Entschließung des Nationalrates vom 23. September 2009, 48/E, XXIV. GP; BM f. Wirtschaft, Familie und Jugend

III-128: Tätigkeitsbericht des Digitalisierungsfonds für das Berichtsjahr 2009; Bundeskanzler

III-129: Tätigkeitsbericht des Fernsehfonds Austria für das Berichtsjahr 2009; Bundeskanzler

III-130: Tätigkeitsbericht des Fonds zur Förderung des nichtkommerziellen Rund­funks und des Fonds zur Förderung des privaten Rundfunks für das Berichts­jahr 2009; Bundeskanzler

III-131: Tätigkeitsbericht 2009 des Bundesvergabeamtes; BM f. Wirtschaft, Fami­lie und Jugend

Unterrichtung gemäß Art. 50 Abs. 5 B-VG ................................................................ 76

Aufnahme der Verhandlungen über ein Abkommen zwischen der Regierung der Republik Österreich und der Regierung des Staates Katar zur Vermeidung der Doppelbesteuerung und zur Verhinderung der Steuerumgehung auf dem Gebiete der Steuern vom Einkommen und vom Vermögen

Anträge der Abgeordneten

Dr. Wolfgang Spadiut, Kolleginnen und Kollegen betreffend Ausstattung der Exekuti­ve mit Chiplesegeräten für Hunde (1084/A)(E)

Tanja Windbüchler-Souschill, Kolleginnen und Kollegen betreffend effizienten Schutz von Kindern und Jugendlichen vor Gewalt (1085/A)(E)

Tanja Windbüchler-Souschill, Kolleginnen und Kollegen betreffend Jugendwohl­fahrtsbeauftragte/r (1086/A)(E)


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll60. Sitzung / Seite 9

Mag. Daniela Musiol, Kolleginnen und Kollegen betreffend kirchenunabhängige Opfer­hotline (1087/A)(E)

Mag. Helene Jarmer, Kolleginnen und Kollegen betreffend Verankerung der Service- und Signalhunde im Bundesbehindertengesetz (BBG) (1088/A)(E)

Carmen Gartelgruber, Kolleginnen und Kollegen betreffend Evaluierung der Familien­politik (1089/A)(E)

Carmen Gartelgruber, Kolleginnen und Kollegen betreffend die Förderung von Schul­sport (1090/A)(E)

Ing. Norbert Hofer, Kolleginnen und Kollegen betreffend Aufnahme der Service- und Signalhunde in das Bundesbehindertengesetz (1091/A)(E)

Ing. Norbert Hofer, Kolleginnen und Kollegen betreffend Anreizmodell für Smart Meter Installationen (1092/A)(E)

Carmen Gartelgruber, Kolleginnen und Kollegen betreffend gesetzliche Grundlagen für familienorientierte Rehabilitation (1093/A)(E)

Dr. Peter Fichtenbauer, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Verwaltungsgerichtshofgesetz 1985 – VwGG, BGBl. Nr. 10/1985, geändert wird (1094/A)

Tanja Windbüchler-Souschill, Kolleginnen und Kollegen betreffend Schutz von Kindern und Jugendlichen vor Gewalt in der Familie durch die Arbeit mit Tätern (1095/A)(E)

Dr. Gabriela Moser, Kolleginnen und Kollegen betreffend finanzielle Förderung von Wohnbau- und -sanierungsanleihen im Rahmen der Zukunftsvorsorge (1096/A)(E)

Anfragen der Abgeordneten

Mag. Ewald Stadler, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Justiz be­treffend Abschiebung eines Dreijährigen (4996/J)

Dr. Gerhard Kurzmann, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für europäi­sche und internationale Angelegenheiten betreffend die Verwaltung der Heranfüh­rungshilfe für die Türkei durch die Europäische Kommission (4997/J)

Mag. Dr. Wolfgang Zinggl, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Jus­tiz betreffend Ermittlungsstand im Verfahren gegen D. (4998/J)

Mag. Judith Schwentner, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Justiz betreffend Reformbedarf hinsichtlich Straftatbestand sexuelle Belästigung (4999/J)

Mag. Werner Kogler, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Finanzen betreffend Gruppenbesteuerung (Verlustverwertung und Firmenwertabschreibung) (5000/J)

Mag. Helene Jarmer, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Arbeit, So­ziales und Konsumentenschutz betreffend Zugang zu sozialversicherungsrechtlich ab­gesicherten Beschäftigungsverhältnissen für Menschen in der „Beschäftigungstherapie“ (5001/J)

Mag. Werner Kogler, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Arbeit, So­ziales und Konsumentenschutz betreffend Umsetzung der regionalen Beschäftigungs­offensive sowie der Arbeitsmarktpakete I und II (5002/J)


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll60. Sitzung / Seite 10

Mag. Werner Kogler, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft betreffend Umsetzung der Maßnahmen der Konjunkturpakete I und II – Breitbandtechnologie (5003/J)

Mag. Werner Kogler, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Verkehr, Innovation und Technologie betreffend Umsetzung der Maßnahmen der Konjunkturpa­kete I und II (5004/J)

Mag. Werner Kogler, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Wirtschaft, Familie und Jugend betreffend Umsetzung der Maßnahmen der Konjunkturpakete I und II (5005/J)

Mag. Werner Kogler, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Wissen­schaft und Forschung betreffend Umsetzung der Maßnahmen der Konjunkturpakete I und II (5006/J)

Mag. Judith Schwentner, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Frau­en und öffentlichen Dienst betreffend sexuelle Belästigung (5007/J)

Mag. Judith Schwentner, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Ge­sundheit betreffend Kostenübernahme der Behandlung von Frauen mit einem Hormon­pflaster (5008/J)

Mag. Christiane Brunner, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft betreffend Artenschutzkonferenz: österreichische Position zum Scheitern des Handelsverbots für Eisbären (5009/J)

Mag. Christiane Brunner, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Finan­zen betreffend Kontrolle der Exportsubventionen bei Lebendtiertransporten (5010/J)

Leopold Mayerhofer, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Justiz be­treffend Institution für Schwererziehbare in den USA (5011/J)

Dr. Peter Pilz, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Inneres betref­fend Ergebnisse der SOKO-Show (5012/J)

Mag. Albert Steinhauser, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Justiz betreffend die Situation der nach § 21 Abs. 2 StGB im Maßnahmenvollzug Unterge­brachten (5013/J)

Dr. Gabriela Moser, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Verkehr, Innovation und Technologie betreffend Untätigkeit bei der Lärmschutz-Aktionsplanung für den Flugverkehr (5014/J)

Petra Bayr, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Justiz betreffend „Straftatbestände der §§ 178 und 179 StGB“ (5015/J)

Tanja Windbüchler-Souschill, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz betreffend Freiwilliges Soziales Jahr (5016/J)

Tanja Windbüchler-Souschill, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft betreffend Freiwilliges Ökolo­gisches Jahr (5017/J)

Mag. Dr. Wolfgang Zinggl, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft betreffend die Spanische Hof­reitschule (5018/J)

Dr. Harald Walser, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Unterricht, Kunst und Kultur betreffend Ungereimtheiten rund um den Entzug des Öffentlichkeits­rechts der privaten Montessori-Volksschule Wien Pragerstraße (5019/J)


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll60. Sitzung / Seite 11

Tanja Windbüchler-Souschill, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Wirtschaft, Familie und Jugend betreffend Jugendmonitor (5020/J)

Dr. Kurt Grünewald, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Wissen­schaft und Forschung betreffend Nebenbeschäftigungen von ÄrztInnen an den Univer­sitätskliniken Graz, Innsbruck und Wien sowie das Aufkommen von Sonderklassepa­tientInnen an den drei Standorten (5021/J)

Mag. Johann Maier, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Justiz be­treffend „Gerichtsgebühren – Eintragungsgebühren, etc. nach dem GGG im Jahr 2009“ (5022/J)

Mag. Johann Maier, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Wirtschaft, Familie und Jugend betreffend „AWS-Förderungen: Salzburg im Bundesländervergleich im Jahr 2009“ (5023/J)

Mag. Johann Maier, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Wirtschaft, Familie und Jugend betreffend „Illegale Beschäftigung und Schattenwirtschaft im Jahr 2009 – Entziehung der Gewerbeberechtigung“ (5024/J)

Mag. Johann Maier, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft betreffend „Holzschlägerung und Holz­verarbeitung durch die Bundesforste 2009“ (5025/J)

Mag. Albert Steinhauser, Kolleginnen und Kollegen an den Bundeskanzler betreffend Anfragen nach dem Auskunftspflichtgesetz im Wirkungsbereich des Bundeskanzleramts (5026/J)

Mag. Albert Steinhauser, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Frauen und öffentlichen Dienst betreffend Anfragen nach dem Auskunftspflichtgesetz im Wirkungsbereich des Bundesministeriums für Frauenangelegenheiten und öffentli­chen Dienst (5027/J)

Mag. Albert Steinhauser, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für euro­päische und internationale Angelegenheiten betreffend Anfragen nach dem Auskunfts­pflichtgesetz im Wirkungsbereich des Bundesministeriums für europäische und interna­tionale Angelegenheiten (5028/J)

Mag. Albert Steinhauser, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz betreffend Anfragen nach dem Auskunftspflichtge­setz im Wirkungsbereich des Bundesministeriums für Arbeit, Soziales und Konsumen­tenschutz (5029/J)

Mag. Albert Steinhauser, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Finan­zen betreffend Anfragen nach dem Auskunftspflichtgesetz im Wirkungsbereich des Bundesministeriums für Finanzen (5030/J)

Mag. Albert Steinhauser, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Ge­sundheit betreffend Anfragen nach dem Auskunftspflichtgesetz im Wirkungsbereich des Bundesministeriums für Gesundheit (5031/J)

Mag. Albert Steinhauser, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Inne­res betreffend Anfragen nach dem Auskunftspflichtgesetz im Wirkungsbereich des Bundesministeriums für Inneres (5032/J)

Mag. Albert Steinhauser, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Justiz betreffend Anfragen nach dem Auskunftspflichtgesetz im Wirkungsbereich des Bun­desministeriums für Justiz (5033/J)


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll60. Sitzung / Seite 12

Mag. Albert Steinhauser, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Lan­desverteidigung und Sport betreffend Anfragen nach dem Auskunftspflichtgesetz im Wirkungsbereich des Bundesministeriums für Landesverteidigung und Sport (5034/J)

Mag. Albert Steinhauser, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft betreffend Anfragen nach dem Aus­kunftspflichtgesetz im Wirkungsbereich des Bundesministeriums für Land- und Forst­wirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft (5035/J)

Mag. Albert Steinhauser, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Un­terricht, Kunst und Kultur betreffend Anfragen nach dem Auskunftspflichtgesetz im Wir­kungsbereich des Bundesministeriums für Unterricht, Kunst und Kultur (5036/J)

Mag. Albert Steinhauser, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Ver­kehr, Innovation und Technologie betreffend Anfragen nach dem Auskunftspflichtge­setz im Wirkungsbereich des Bundesministeriums für Verkehr, Innovation und Techno­logie (5037/J)

Mag. Albert Steinhauser, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Wirt­schaft, Familie und Jugend betreffend Anfragen nach dem Auskunftspflichtgesetz im Wirkungsbereich des Bundesministeriums für Wirtschaft, Familie und Jugend (5038/J)

Mag. Albert Steinhauser, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Wis­senschaft und Forschung betreffend Anfragen nach dem Auskunftspflichtgesetz im Wirkungsbereich des Bundesministeriums für Wissenschaft und Forschung (5039/J)

Franz Glaser, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Verkehr, Innova­tion und Technologie betreffend Sicherung von Eisenbahnübergängen im Burgenland (5040/J)

Mag. Sonja Steßl-Mühlbacher, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Justiz betreffend die sogenannte BUWOG Causa (5041/J)

Dr. Günther Kräuter, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Justiz be­treffend „Verhalten der Justiz zu Verdachtsmomenten gegen Karl-Heinz-Grasser“ (5042/J)

Gerhard Huber, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Inneres betref­fend Abkommen mit Marokko (5043/J)

Tanja Windbüchler-Souschill, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Inneres betreffend Änderung des Zivildienstgesetzes 1968 (5044/J)

Mag. Judith Schwentner, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Wis­senschaft und Forschung betreffend Erhöhung der Chancengleichheit beim Uni-Zu­gang von Frauen und Männern (5045/J)

Mag. Judith Schwentner, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Ge­sundheit betreffend Qualitätsmängel bei Brustimplantaten (5046/J)

Mag. Judith Schwentner, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Un­terricht, Kunst und Kultur betreffend geschlechtersensiblen Unterricht in naturwissen­schaftlich-technischen Fächern zur Erhöhung der Chancengleichheit beim Uni-Zugang (5047/J)

Mag. Johann Maier, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Arbeit, So­ziales und Konsumentenschutz betreffend „Regressforderungen nach dem ASVG (So­zialversicherungsträger) für das Jahr 2009“ (5048/J)

Mag. Johann Maier, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Inneres be­treffend „Kriminalpolizeiliche Ermittlungen nach § 168a Strafgesetzbuch – Pyramiden­spiele/Schenkkreise im Jahr 2009“ (5049/J)


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll60. Sitzung / Seite 13

Mag. Johann Maier, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Justiz betreffend „Gerichtliche Strafverfahren nach § 168a Strafgesetzbuch im Jahr 2009“ (5050/J)

Mag. Johann Maier, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Wirtschaft, Familie und Jugend betreffend „Alkoholmissbrauch – Jugendschutz – Sanktionen nach der Gewerbeordnung“ (5051/J)

Mag. Johann Maier, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Gesundheit betreffend „Gesundheitsdaten von Versicherten: Auskunftsersuchen an Gebietskran­kenkassen im Jahr 2009 – Auskünfte an Dritte (z. B. an private Versicherungsunter­nehmungen)“ (5052/J)

Carmen Gartelgruber, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz betreffend Besuchscafé (5053/J)

Dr. Dagmar Belakowitsch-Jenewein, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminis­ter für Gesundheit betreffend verunreinigten Rotarix-Impfstoff (5054/J)

Werner Neubauer, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Gesundheit betreffend Überbelastung der Ärzte und des Personals in Krankenhäusern (5055/J)

Leopold Mayerhofer, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Inneres betreffend Bürgermeister und Polizei-Postenkommandant in Personalunion (5056/J)

Werner Neubauer, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Justiz betref­fend Kontaktverbote in der BUWOG-Causa (5057/J)

Carmen Gartelgruber, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft betreffend „Green Jobs“ in Öster­reich (5058/J)

Carmen Gartelgruber, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft betreffend die Zuschüsse von ther­mischer Gebäudesanierung (5059/J)

Carmen Gartelgruber, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Wirt­schaft, Familie und Jugend betreffend die Befragung „Die Aktualität familienfreundli­cher Maßnahmen österreichischer Unternehmen in Krisenzeiten“ (5060/J)

Hermann Gahr, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Landesverteidi­gung und Sport betreffend Stellung und Präsenzdienst (5061/J)

Mag. Johann Maier, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Justiz be­treffend Dauer von Besuchsrechts- und Obsorgestreitigkeiten bei Gericht (5062/J)

Mag. Christiane Brunner, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft betreffend österreichische Position zum Elefantenschutz bei der Artenschutzkonferenz in Doha (März 2010) (5063/J)

Dr. Harald Walser, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Unterricht, Kunst und Kultur betreffend Schularchitektur – Evaluierung laufender und zukünftiger Um- und Neubauten hinsichtlich Eignung für den ganztägigen Schulbetrieb (5064/J)

Mag. Christiane Brunner, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Wis­senschaft und Forschung betreffend Lawinenkurs für Rettungshunde statt Lawinen­experiment mit Schweinen (5065/J)


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll60. Sitzung / Seite 14

Dipl.-Ing. Gerhard Deimek, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Fi­nanzen betreffend die tatsächlichen Kosten der Gruppenbesteuerung (5066/J)

Dipl.-Ing. Gerhard Deimek, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Fi­nanzen betreffend den Status der „mildtätigen Organisation“ (5067/J)

Dipl.-Ing. Gerhard Deimek, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Fi­nanzen betreffend an die Republik Österreich abgeführte Steuern heimischer Banken (5068/J)

Dipl.-Ing. Gerhard Deimek, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Fi­nanzen betreffend das Kreditvolumen heimischer Banken in Griechenland (5069/J)

Dr. Andreas Karlsböck, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Ge­sundheit betreffend e-card-Missbrauch – Möglichkeiten zur Vorbeugung (5070/J)

Dr. Andreas Karlsböck, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Ge­sundheit betreffend Informationskampagne zur Notfallverhütung (5071/J)

Dipl.-Ing. Gerhard Deimek, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Ge­sundheit betreffend Zusatzstoffe bei Lebensmitteln (E-100 bis E-1520) (5072/J)

Harald Vilimsky, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Inneres betref­fend Änderung des Zivildienstgesetzes (5073/J)

Harald Vilimsky, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Landesverteidi­gung und Sport betreffend Information an Stellungspflichtige über die rechtlichen Fol­gen der Ableistung des Zivildienstes (5074/J)

Mag. Johann Maier, Kolleginnen und Kollegen an den Bundeskanzler betreffend „Fundwesen in Österreich – Datenschutzrechtliche Problemstellungen“ (5075/J)

Mag. Johann Maier, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Inneres be­treffend „Fundwesen in Österreich – Ungelöste Problemstellungen“ (5076/J)

Josef Bucher, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Finanzen betref­fend schwarze Steuerwolken über Österreich – Pröllnocchio 2.0 (5077/J)

Dr. Kurt Grünewald, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Gesundheit betreffend Versorgung von Kindern und Jugendlichen mit Physiotherapie, Logopädie, Ergotherapie und Psychotherapie (5078/J)

Dr. Harald Walser, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Unterricht, Kunst und Kultur betreffend Zahlen und Präventionsmaßnahmen gegen falsche Ernäh­rung, Fett- und Magersucht und für ein gesundes positives Körpergefühl (5079/J)

Karl Öllinger, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Inneres betref­fend Abhörmaßnahmen betreffend Freiheitliche im Animierlokal (5080/J)

Mag. Helene Jarmer, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Arbeit, So­ziales und Konsumentenschutz betreffend Pflegegeld (5081/J)

Ing. Peter Westenthaler, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Inne­res betreffend Sicherheit in Oberösterreich (5082/J)

Stefan Markowitz, Kolleginnen und Kollegen an den Bundeskanzler betreffend außer­schulische Jugendpolitik der Bundesregierung – was wurde bisher umgesetzt? (5083/J)

Stefan Markowitz, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Frauen und öffentlichen Dienst betreffend außerschulische Jugendpolitik der Bundesregierung – was wurde bisher umgesetzt? (5084/J)


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll60. Sitzung / Seite 15

Stefan Markowitz, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Arbeit, Sozia­les und Konsumentenschutz betreffend außerschulische Jugendpolitik der Bundesre­gierung – was wurde bisher umgesetzt? (5085/J)

Stefan Markowitz, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Finanzen be­treffend außerschulische Jugendpolitik der Bundesregierung – was wurde bisher um­gesetzt? (5086/J)

Stefan Markowitz, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Gesundheit betreffend außerschulische Jugendpolitik der Bundesregierung – was wurde bisher umgesetzt? (5087/J)

Stefan Markowitz, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Inneres betreffend außerschulische Jugendpolitik der Bundesregierung – was wurde bisher um­gesetzt? (5088/J)

Stefan Markowitz, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Justiz betref­fend außerschulische Jugendpolitik der Bundesregierung – was wurde bisher umgesetzt? (5089/J)

Stefan Markowitz, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Landesvertei­digung und Sport betreffend außerschulische Jugendpolitik der Bundesregierung – was wurde bisher umgesetzt? (5090/J)

Stefan Markowitz, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Unterricht, Kunst und Kultur betreffend außerschulische Jugendpolitik der Bundesregierung – was wurde bisher umgesetzt? (5091/J)

Stefan Markowitz, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Verkehr, In­novation und Technologie betreffend außerschulische Jugendpolitik der Bundesregie­rung – was wurde bisher umgesetzt? (5092/J)

Stefan Markowitz, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Wirtschaft, Familie und Jugend betreffend außerschulische Jugendpolitik der Bundesregierung – was wurde bisher umgesetzt? (5093/J)

Stefan Markowitz, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Wissen­schaft und Forschung betreffend außerschulische Jugendpolitik der Bundesregierung – was wurde bisher umgesetzt? (5094/J)

Werner Neubauer, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Justiz betref­fend BCI/Barter (5095/J)

Harald Vilimsky, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Verkehr, Inno­vation und Technologie betreffend Gigaliner-Studien (5096/J)

Mag. Roman Haider, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Verkehr, Innovation und Technologie betreffend geplante Wintersperre des Donau-Radweges (5097/J)

Mag. Roman Haider, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Wirtschaft, Familie und Jugend betreffend Abdeckung Insolvenzrisiko durch die Reiseversiche­rungsverordnung (5098/J)

Mag. Roman Haider, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Wirtschaft, Familie und Jugend betreffend geplante Wintersperre des Donau-Radweges (5099/J)

Ing. Norbert Hofer, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Wissen­schaft und Forschung betreffend Atomforschungsreaktor ITER (5100/J)


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll60. Sitzung / Seite 16

Carmen Gartelgruber, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Verkehr, Innovation und Technologie betreffend einkommensabhängiges Bußgeld (5101/J)

Ing. Norbert Hofer, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Finanzen be­treffend Zertifikatehandel (5102/J)

Ing. Norbert Hofer, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft betreffend Zertifikatehandel (5103/J)

Ing. Norbert Hofer, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Verkehr, In­novation und Technologie betreffend Flugbetrieb Wiener Neustadt (5104/J)

Ing. Norbert Hofer, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft betreffend Urteil des Europäischen Ge­richtshofes (5105/J)

Dr. Dagmar Belakowitsch-Jenewein, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesmi­nister für Gesundheit betreffend Kennzeichnung der Herkunft von Lebensmittel – Milch (5106/J)

Gerhard Huber, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz betreffend gentechnikfreie Gastronomiebetriebe in Österreich (5107/J)

Gerhard Huber, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Land- und Forst­wirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft betreffend gentechnikfreie Gastronomiebetrie­be in Österreich (5108/J)

Gerhard Huber, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Gesundheit be­treffend gentechnikfreie Gastronomiebetriebe in Österreich (5109/J)

Franz Riepl, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Justiz betreffend Arbeitsgruppe Familienschutz (5110/J)

Josef Bucher, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Inneres betref­fend „Fahnden mit medialen Maßnahmen“ (5111/J)

Dr. Harald Walser, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Unterricht, Kunst und Kultur betreffend freigestellte LehrerInnen für Verwaltungs- und Personal­vertretungstätigkeiten (5112/J)

Karl Öllinger, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz betreffend uneinheitliche Administration des DLU-Qualifizie­rungsbonus durch das AMS (5113/J)

Christoph Hagen, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Inneres be­treffend „Kopfprämie“ für neue Polizeischüler in Vorarlberg (5114/J)

Erich Tadler, Dr. Dagmar Belakowitsch-Jenewein, Josef Jury, Maximilian Linder, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Gesundheit betreffend dentale Aplasie (5115/J)

Mag. Rainer Widmann, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für europäi­sche und internationale Angelegenheiten betreffend Bemühungen der Republik Ös­terreich um Anerkennung der altösterreichisch-deutschen Minderheit in Slowenien als autochthone Volksgruppe (5116/J)

Mag. Werner Kogler, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft betreffend Umsetzung der Maßnahmen der Konjunkturpakete I und II – Breitbandtechnologie (5003/J) (Zu 5003/J)


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll60. Sitzung / Seite 17

Mag. Werner Kogler, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Verkehr, Innovation und Technologie betreffend Umsetzung der Maßnahmen der Konjunkturpa­kete I und II (5004/J) (Zu 5004/J)

Mag. Werner Kogler, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Wirtschaft, Familie und Jugend betreffend Umsetzung der Maßnahmen der Konjunkturpakete I und II (5005/J) (Zu 5005/J)

Mag. Werner Kogler, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Wissen­schaft und Forschung betreffend Umsetzung der Maßnahmen der Konjunkturpakete I und II (5006/J) (Zu 5006/J)

*****

Karl Öllinger, Kolleginnen und Kollegen an die Präsidentin des Nationalrates betref­fend Bezügegesetz 2009 (37/JPR)

Mag. Helene Jarmer, Kolleginnen und Kollegen an die Präsidentin des Nationalrates betreffend Erfüllung der Behinderteneinstellungspflicht 2008 und 2009 (38/JPR)

Anfragebeantwortungen

der Bundesministerin für Unterricht, Kunst und Kultur auf die Anfrage der Abgeordne­ten Martina Schenk, Kollegin und Kollegen (4257/AB zu 4335/J)

der Bundesministerin für Unterricht, Kunst und Kultur auf die Anfrage der Abgeordne­ten Stefan Markowitz, Kolleginnen und Kollegen (4258/AB zu 4350/J)

der Bundesministerin für Unterricht, Kunst und Kultur auf die Anfrage der Abgeordne­ten Mag. Heidemarie Unterreiner, Kolleginnen und Kollegen (4259/AB zu 4459/J)

der Bundesministerin für Unterricht, Kunst und Kultur auf die Anfrage der Abgeordne­ten Mag. Dr. Wolfgang Zinggl, Kolleginnen und Kollegen (4260/AB zu 4482/J)

der Bundesministerin für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Peter Pilz, Kol­leginnen und Kollegen (4261/AB zu 4268/J)

des Bundesministers für Landesverteidigung und Sport auf die Anfrage der Abgeordne­ten Tanja Windbüchler-Souschill, Kolleginnen und Kollegen (4262AB zu 4313/J)

des Bundesministers für Landesverteidigung und Sport auf die Anfrage der Abgeordne­ten Kurt List, Kolleginnen und Kollegen (4263/AB zu 4343/J)

des Bundesministers für Landesverteidigung und Sport auf die Anfrage der Abgeordne­ten Herbert Scheibner, Kolleginnen und Kollegen (4264/AB zu 4344/J)

des Bundesministers für Landesverteidigung und Sport auf die Anfrage der Abgeordne­ten Werner Herbert, Kolleginnen und Kollegen (4265/AB zu 4363/J)

des Bundesministers für Landesverteidigung und Sport auf die Anfrage der Abgeordne­ten Christoph Hagen, Kolleginnen und Kollegen (4266/AB zu 4412/J)

des Bundesministers für Landesverteidigung und Sport auf die Anfrage der Abgeordne­ten Mag. Josef Auer, Kolleginnen und Kollegen (4267/AB zu 4416/J)

des Bundesministers für Finanzen auf die Anfrage der Abgeordneten Harald Vilimsky, Kolleginnen und Kollegen (4268/AB zu 4273/J)

des Bundesministers für Finanzen auf die Anfrage der Abgeordneten Dipl.-Ing. Ger­hard Deimek, Kolleginnen und Kollegen (4269/AB zu 4274/J)


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll60. Sitzung / Seite 18

des Bundesministers für Finanzen auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Judith Schwentner, Kolleginnen und Kollegen (4270/AB zu 4314/J)

des Bundesministers für Gesundheit auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Andreas Karlsböck, Kolleginnen und Kollegen (4271/AB zu 4322/J)

des Bundesministers für Gesundheit auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Andreas Karlsböck, Kolleginnen und Kollegen (4272/AB zu 4330/J)

des Bundesministers für Gesundheit auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Johann Maier, Kolleginnen und Kollegen (4273/AB zu 4339/J)

des Bundesministers für Gesundheit auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Harald Stefan, Kolleginnen und Kollegen (4274/AB zu 4360/J)

des Bundesministers für Gesundheit auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Dagmar Belakowitsch-Jenewein, Kolleginnen und Kollegen (4275/AB zu 4371/J)

des Bundesministers für Gesundheit auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Dagmar Belakowitsch-Jenewein, Kolleginnen und Kollegen (4276/AB zu 4373/J)

des Bundesministers für Gesundheit auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Dagmar Belakowitsch-Jenewein, Kolleginnen und Kollegen (4277/AB zu 4380/J)

des Bundesministers für Gesundheit auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Dagmar Belakowitsch-Jenewein, Kolleginnen und Kollegen (4278/AB zu 4383/J)

des Bundesministers für Gesundheit auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Andreas Karlsböck, Kolleginnen und Kollegen (4279/AB zu 4293/J)

des Bundesministers für Gesundheit auf die Anfrage der Abgeordneten Dipl.-Ing. Dr. Wolfgang Pirklhuber, Kolleginnen und Kollegen (4280/AB zu 4433/J)

des Bundesministers für Gesundheit auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Dagmar Belakowitsch-Jenewein, Kolleginnen und Kollegen (4281/AB zu 4458/J)

des Bundesministers für Gesundheit auf die Anfrage der Abgeordneten Karl Öllinger, Kolleginnen und Kollegen (4282/AB zu 4489/J)

der Bundesministerin für Unterricht, Kunst und Kultur auf die Anfrage der Abgeordne­ten Mag. Harald Stefan, Kolleginnen und Kollegen (4283/AB zu 4364/J)

der Bundesministerin für Unterricht, Kunst und Kultur auf die Anfrage der Abgeordne­ten Dr. Susanne Winter, Kolleginnen und Kollegen (4284/AB zu 4374/J)

der Bundesministerin für Unterricht, Kunst und Kultur auf die Anfrage der Abgeordne­ten Dr. Walter Rosenkranz, Kolleginnen und Kollegen (4285/AB zu 4384/J)

der Bundesministerin für Unterricht, Kunst und Kultur auf die Anfrage der Abgeordne­ten Dr. Walter Rosenkranz, Kolleginnen und Kollegen (4286/AB zu 4385/J)

der Bundesministerin für Unterricht, Kunst und Kultur auf die Anfrage der Abgeordne­ten Dr. Walter Rosenkranz, Kolleginnen und Kollegen (4287/AB zu 4386/J)

der Bundesministerin für Unterricht, Kunst und Kultur auf die Anfrage der Abgeordne­ten Dr. Gerhard Kurzmann, Kolleginnen und Kollegen (4288/AB zu 4404/J)

der Bundesministerin für Unterricht, Kunst und Kultur auf die Anfrage der Abgeordne­ten Ursula Haubner, Kollegin und Kollegen (4289/AB zu 4429/J)

der Bundesministerin für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Harald Wal­ser, Kolleginnen und Kollegen (4290/AB zu 4269/J)


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll60. Sitzung / Seite 19

der Bundesministerin für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Alev Korun, Kolleginnen und Kollegen (4291/AB zu 4270/J)

der Bundesministerin für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Harald Vilimsky, Kolleginnen und Kollegen (4292/AB zu 4272/J)

der Bundesministerin für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Werner Neu­bauer, Kolleginnen und Kollegen (4293/AB zu 4277/J)

der Bundesministerin für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Harald Vilimsky, Kolleginnen und Kollegen (4294/AB zu 4278/J)

der Bundesministerin für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Harald Vilimsky, Kolleginnen und Kollegen (4295/AB zu 4279/J)

der Bundesministerin für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Harald Vilimsky, Kolleginnen und Kollegen (4296/AB zu 4280/J)

der Bundesministerin für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Harald Vilimsky, Kolleginnen und Kollegen (4297/AB zu 4281/J)

der Bundesministerin für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Harald Vilimsky, Kolleginnen und Kollegen (4298/AB zu 4282/J)

der Bundesministerin für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Harald Vilimsky, Kolleginnen und Kollegen (4299/AB zu 4283/J)

der Bundesministerin für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Harald Vilimsky, Kolleginnen und Kollegen (4300/AB zu 4284/J)

der Bundesministerin für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Harald Vilimsky, Kolleginnen und Kollegen (4301/AB zu 4285/J)

der Bundesministerin für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Harald Vilimsky, Kolleginnen und Kollegen (4302/AB zu 4286/J)

der Bundesministerin für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Harald Vilimsky, Kolleginnen und Kollegen (4303/AB zu 4287/J)

der Bundesministerin für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Harald Vilimsky, Kolleginnen und Kollegen (4304/AB zu 4289/J)

der Bundesministerin für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Harald Vilimsky, Kolleginnen und Kollegen (4305/AB zu 4290/J)

der Bundesministerin für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Ing. Norbert Ho­fer, Kolleginnen und Kollegen (4306/AB zu 4291/J)

der Bundesministerin für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Harald Vilimsky, Kolleginnen und Kollegen (4307/AB zu 4300/J)


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll60. Sitzung / Seite 20

der Bundesministerin für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Harald Vilimsky, Kolleginnen und Kollegen (4308/AB zu 4301/J)

der Bundesministerin für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Harald Vilimsky, Kolleginnen und Kollegen (4309/AB zu 4302/J)

der Bundesministerin für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Harald Vilimsky, Kolleginnen und Kollegen (4310/AB zu 4303/J)

der Bundesministerin für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Harald Vilimsky, Kolleginnen und Kollegen (4311/AB zu 4304/J)

der Bundesministerin für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Harald Vilimsky, Kolleginnen und Kollegen (4312/AB zu 4307/J)

der Bundesministerin für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Harald Vilimsky, Kolleginnen und Kollegen (4313/AB zu 4308/J)

der Bundesministerin für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Albert Stein­hauser, Kolleginnen und Kollegen (4314/AB zu 4317/J)

der Bundesministerin für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Christine Muttonen, Kolleginnen und Kollegen (4315/AB zu 4318/J)

des Bundesministers für Wirtschaft, Familie und Jugend auf die Anfrage der Abgeord­neten Dr. Johannes Hübner, Kolleginnen und Kollegen (4316/AB zu 4466/J)

der Bundesministerin für Justiz auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Gabriela Moser, Kolleginnen und Kollegen (4317/AB zu 4271/J)

der Bundesministerin für Justiz auf die Anfrage der Abgeordneten Harald Vilimsky, Kolleginnen und Kollegen (4318/AB zu 4288/J)

der Bundesministerin für Justiz auf die Anfrage der Abgeordneten Harald Vilimsky, Kolleginnen und Kollegen (4319/AB zu 4305/J)

der Bundesministerin für Justiz auf die Anfrage der Abgeordneten Ing. Norbert Hofer, Kolleginnen und Kollegen (4320/AB zu 4309/J)

der Bundesministerin für Justiz auf die Anfrage der Abgeordneten Ing. Norbert Hofer, Kolleginnen und Kollegen (4321/AB zu 4310/J)

der Bundesministerin für Justiz auf die Anfrage der Abgeordneten Ing. Norbert Hofer, Kolleginnen und Kollegen (4322/AB zu 4311/J)

der Bundesministerin für Justiz auf die Anfrage der Abgeordneten DDr. Werner Kö­nigshofer, Kolleginnen und Kollegen (4323/AB zu 4312/J)

der Bundesministerin für Justiz auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Albert Stein­hauser, Kolleginnen und Kollegen (4324/AB zu 4315/J)

der Bundesministerin für Verkehr, Innovation und Technologie auf die Anfrage der Ab­geordneten Harald Vilimsky, Kolleginnen und Kollegen (4325/AB zu 4292/J)

der Bundesministerin für Verkehr, Innovation und Technologie auf die Anfrage der Ab­geordneten Ing. Norbert Hofer, Kolleginnen und Kollegen (4326/AB zu 4299/J)

der Bundesministerin für Verkehr, Innovation und Technologie auf die Anfrage der Ab­geordneten Dr. Gabriela Moser, Kolleginnen und Kollegen (4327/AB zu 4316/J)


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll60. Sitzung / Seite 21

des Bundesministers für europäische und internationale Angelegenheiten auf die Anfra­ge der Abgeordneten Mag. Harald Stefan, Kolleginnen und Kollegen (4328/AB zu 4357/J)

des Bundesministers für europäische und internationale Angelegenheiten auf die An­frage der Abgeordneten Dr. Gerhard Kurzmann, Kolleginnen und Kollegen (4329/AB zu 4405/J)

des Bundesministers für europäische und internationale Angelegenheiten auf die An­frage der Abgeordneten Dr. Gerhard Kurzmann, Kolleginnen und Kollegen (4330/AB zu 4406/J)

des Bundesministers für europäische und internationale Angelegenheiten auf die An­frage der Abgeordneten Dr. Gerhard Kurzmann, Kolleginnen und Kollegen (4331/AB zu 4407/J)

des Bundesministers für europäische und internationale Angelegenheiten auf die An­frage der Abgeordneten Mag. Josef Auer, Kolleginnen und Kollegen (4332/AB zu 4426/J)

der Bundesministerin für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Martina Schenk, Kollegin und Kollegen (4333/AB zu 4333/J)

der Bundesministerin für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Johann Maier, Kolleginnen und Kollegen (4334/AB zu 4340/J)

der Bundesministerin für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Johann Maier, Kolleginnen und Kollegen (4335/AB zu 4342/J)

der Bundesministerin für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Christoph Hagen, Kolleginnen und Kollegen (4336/AB zu 4351/J)

der Bundesministerin für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Christoph Hagen, Kolleginnen und Kollegen (4337/AB zu 4352/J)

der Bundesministerin für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Werner Herbert, Kolleginnen und Kollegen (4338/AB zu 4361/J)

der Bundesministerin für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Harald Vilimsky, Kolleginnen und Kollegen (4339/AB zu 4370/J)

der Bundesministerin für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Martin Strutz, Josef Jury, Maximilian Linder, Kolleginnen und Kollegen (4340/AB zu 4377/J)

der Bundesministerin für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Martin Strutz, Josef Jury, Maximilian Linder, Kolleginnen und Kollegen (4341/AB zu 4378/J)

der Bundesministerin für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Martin Strutz, Josef Jury, Maximilian Linder, Kolleginnen und Kollegen (4342/AB zu 4379/J)

der Bundesministerin für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Christoph Hagen, Kolleginnen und Kollegen (4343/AB zu 4410/J)

der Bundesministerin für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Josef Auer, Kolleginnen und Kollegen (4344/AB zu 4413/J)

der Bundesministerin für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Josef Auer, Kolleginnen und Kollegen (4345/AB zu 4419/J)

der Bundesministerin für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Gerhard Huber, Kolleginnen und Kollegen (4346/AB zu 4428/J)

des Bundesministers für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz auf die Anfrage der Abgeordneten Wolfgang Zanger, Kolleginnen und Kollegen (4347/AB zu 4450/J)

des Bundesministers für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz auf die Anfrage der Abgeordneten Karl Öllinger, Kolleginnen und Kollegen (4348/AB zu 4487/J)

des Bundesministers für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz auf die Anfrage der Abgeordneten Gerhard Huber, Kolleginnen und Kollegen (4349/AB zu 4566/J)

des Bundesministers für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Ruperta Lichtenecker, Kolleginnen und Kollegen (4350/AB zu 4732/J)


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll60. Sitzung / Seite 22

des Bundesministers für Finanzen auf die Anfrage der Abgeordneten Dipl.-Ing. Ger­hard Deimek, Kolleginnen und Kollegen (4351/AB zu 4325/J)

des Bundesministers für Finanzen auf die Anfrage der Abgeordneten Dipl.-Ing. Ger­hard Deimek, Kolleginnen und Kollegen (4352/AB zu 4326/J)

des Bundesministers für Finanzen auf die Anfrage der Abgeordneten Dipl.-Ing. Ger­hard Deimek, Kolleginnen und Kollegen (4353/AB zu 4327/J)

des Bundesministers für Finanzen auf die Anfrage der Abgeordneten Dipl.-Ing. Ger­hard Deimek, Kolleginnen und Kollegen (4354/AB zu 4328/J)

des Bundesministers für Finanzen auf die Anfrage der Abgeordneten Dipl.-Ing. Ger­hard Deimek, Kolleginnen und Kollegen (4355/AB zu 4329/J)

des Bundesministers für Finanzen auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Johann Maier, Kolleginnen und Kollegen (4356/AB zu 4353/J)

des Bundesministers für Finanzen auf die Anfrage der Abgeordneten Werner Herbert, Kolleginnen und Kollegen (4357/AB zu 4359/J)

des Bundesministers für Finanzen auf die Anfrage der Abgeordneten Bernhard The­messl, Kolleginnen und Kollegen (4358/AB zu 4388/J)

des Bundesministers für Finanzen auf die Anfrage der Abgeordneten Wolfgang Zan­ger, Kolleginnen und Kollegen (4359/AB zu 4390/J)

des Bundesministers für Finanzen auf die Anfrage der Abgeordneten Wolfgang Zan­ger, Kolleginnen und Kollegen (4360/AB zu 4391/J)

des Bundesministers für Finanzen auf die Anfrage der Abgeordneten Wolfgang Zan­ger, Kolleginnen und Kollegen (4361/AB zu 4392/J)

des Bundesministers für Finanzen auf die Anfrage der Abgeordneten Wolfgang Zan­ger, Kolleginnen und Kollegen (4362/AB zu 4393/J)

des Bundesministers für Finanzen auf die Anfrage der Abgeordneten Wolfgang Zan­ger, Kolleginnen und Kollegen (4363/AB zu 4394/J)

des Bundesministers für Finanzen auf die Anfrage der Abgeordneten Wolfgang Zan­ger, Kolleginnen und Kollegen (4364/AB zu 4395/J)

des Bundesministers für Finanzen auf die Anfrage der Abgeordneten Wolfgang Zan­ger, Kolleginnen und Kollegen (4365/AB zu 4396/J)

des Bundesministers für Finanzen auf die Anfrage der Abgeordneten Wolfgang Zan­ger, Kolleginnen und Kollegen (4366/AB zu 4397/J)

des Bundesministers für Finanzen auf die Anfrage der Abgeordneten Wolfgang Zan­ger, Kolleginnen und Kollegen (4367/AB zu 4398/J)

des Bundesministers für Finanzen auf die Anfrage der Abgeordneten Ing. Norbert Ho­fer, Kolleginnen und Kollegen (4368/AB zu 4400/J)

des Bundesministers für Finanzen auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Josef Auer, Kolleginnen und Kollegen (4369/AB zu 4420/J)

der Bundesministerin für Justiz auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Ewald Stad­ler, Kolleginnen und Kollegen (4370/AB zu 4338/J)


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll60. Sitzung / Seite 23

der Bundesministerin für Justiz auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Johann Maier, Kolleginnen und Kollegen (4371/AB zu 4341/J)

der Bundesministerin für Justiz auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Josef Auer, Kolleginnen und Kollegen (4372/AB zu 4355/J)

der Bundesministerin für Justiz auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Harald Stefan, Kolleginnen und Kollegen (4373/AB zu 4362/J)

der Bundesministerin für Justiz auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Josef Auer, Kolleginnen und Kollegen (4374/AB zu 4418/J)

der Bundesministerin für Verkehr, Innovation und Technologie auf die Anfrage der Ab­geordneten Wolfgang Zanger, Kolleginnen und Kollegen (4375/AB zu 4332/J)

der Bundesministerin für Justiz auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Ewald Stad­ler, Kolleginnen und Kollegen (4376/AB zu 4336/J)

der Bundesministerin für Verkehr, Innovation und Technologie auf die Anfrage der Ab­geordneten Mag. Ewald Stadler, Kolleginnen und Kollegen (4377/AB zu 4337/J)

der Bundesministerin für Verkehr, Innovation und Technologie auf die Anfrage der Ab­geordneten Gerald Grosz, Kolleginnen und Kollegen (4378/AB zu 4345/J)

der Bundesministerin für Justiz auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Josef Auer, Kolleginnen und Kollegen (4379/AB zu 4354/J)

der Bundesministerin für Verkehr, Innovation und Technologie auf die Anfrage der Ab­geordneten Werner Herbert, Kolleginnen und Kollegen (4380/AB zu 4365/J)

der Bundesministerin für Verkehr, Innovation und Technologie auf die Anfrage der Ab­geordneten Ing. Norbert Hofer, Kolleginnen und Kollegen (4381/AB zu 4381/J)

der Bundesministerin für Verkehr, Innovation und Technologie auf die Anfrage der Ab­geordneten Bernhard Themessl, Kolleginnen und Kollegen (4382/AB zu 4387/J)

der Bundesministerin für Verkehr, Innovation und Technologie auf die Anfrage der Ab­geordneten Ing. Norbert Hofer, Kolleginnen und Kollegen (4383/AB zu 4402/J)

der Bundesministerin für Verkehr, Innovation und Technologie auf die Anfrage der Ab­geordneten Mag. Josef Auer, Kolleginnen und Kollegen (4384/AB zu 4415/J)

des Bundesministers für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft auf die Anfrage der Abgeordneten Carmen Gartelgruber, Kolleginnen und Kollegen (4385/AB zu 4442/J)

des Bundesministers für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz auf die Anfrage der Abgeordneten Heinz-Christian Strache, Kolleginnen und Kollegen (4386/AB zu 4681/J)

des Bundesministers für Wirtschaft, Familie und Jugend auf die Anfrage der Abgeord­neten Mag. Roman Haider, Kolleginnen und Kollegen (4387/AB zu 4449/J)

des Bundesministers für Wirtschaft, Familie und Jugend auf die Anfrage der Abgeord­neten Mag. Daniela Musiol, Kolleginnen und Kollegen (4388/AB zu 4454/J)

des Bundesministers für Gesundheit auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Johannes Jarolim, Kolleginnen und Kollegen (4389/AB zu 4467/J)

der Bundesministerin für Wissenschaft und Forschung auf die Anfrage der Abgeordne­ten Dr. Johannes Jarolim, Kolleginnen und Kollegen (4390/AB zu 4469/J)


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll60. Sitzung / Seite 24

des Bundesministers für Wirtschaft, Familie und Jugend auf die Anfrage der Abgeord­neten Dr. Gabriela Moser, Kolleginnen und Kollegen (4391/AB zu 4475/J)

der Bundesministerin für Wissenschaft und Forschung auf die Anfrage der Abgeordne­ten Karl Öllinger, Kolleginnen und Kollegen (4392/AB zu 4497/J)

der Bundesministerin für Frauen und öffentlichen Dienst auf die Anfrage der Abgeord­neten Karl Öllinger, Kolleginnen und Kollegen (4393/AB zu 4485/J)

des Bundesministers für europäische und internationale Angelegenheiten auf die An­frage der Abgeordneten Dr. Johannes Hübner, Kolleginnen und Kollegen (4394/AB zu 4463/J)

des Bundesministers für europäische und internationale Angelegenheiten auf die An­frage der Abgeordneten Dr. Johannes Hübner, Kolleginnen und Kollegen (4395/AB zu 4464/J)

des Bundesministers für europäische und internationale Angelegenheiten auf die An­frage der Abgeordneten Dr. Johannes Hübner, Kolleginnen und Kollegen (4396/AB zu 4465/J)

des Bundesministers für Finanzen auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Werner Kogler, Kolleginnen und Kollegen (4397/AB zu 4430/J)

der Bundesministerin für Justiz auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Albert Stein­hauser, Kolleginnen und Kollegen (4398/AB zu 4431/J)

der Bundesministerin für Justiz auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Dr. Martin Graf, Kolleginnen und Kollegen (4399/AB zu 4441/J)

der Bundesministerin für Justiz auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Heidemarie Unterreiner, Kolleginnen und Kollegen (4400/AB zu 4460/J)

der Bundesministerin für Justiz auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Gerhard Kurz­mann, Kolleginnen und Kollegen (4401/AB zu 4461/J)

der Bundesministerin für Justiz auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Gerhard Kurz­mann, Kolleginnen und Kollegen (4402/AB zu 4462/J)

der Bundesministerin für Justiz auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Johannes Jaro­lim, Kolleginnen und Kollegen (4403/AB zu 4468/J)

der Bundesministerin für Justiz auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Albert Stein­hauser, Kolleginnen und Kollegen (4404/AB zu 4471/J)

des Bundesministers für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz auf die Anfrage der Abgeordneten Tanja Windbüchler-Souschill, Kolleginnen und Kollegen (4405/AB zu 4530/J)

des Bundesministers für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz auf die Anfrage der Abgeordneten Carmen Gartelgruber, Kolleginnen und Kollegen (4406/AB zu 4645/J)

des Bundesministers für Landesverteidigung und Sport auf die Anfrage der Abgeordne­ten Dr. Peter Pilz, Kolleginnen und Kollegen (4407/AB zu 4435/J)

des Bundesministers für Landesverteidigung und Sport auf die Anfrage der Abgeordne­ten Mario Kunasek, Kolleginnen und Kollegen (4408/AB zu 4445/J)

des Bundesministers für Landesverteidigung und Sport auf die Anfrage der Abgeordne­ten Mario Kunasek, Kolleginnen und Kollegen (4409/AB zu 4446/J)


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll60. Sitzung / Seite 25

des Bundesministers für Landesverteidigung und Sport auf die Anfrage der Abgeordne­ten Mag. Judith Schwentner, Kolleginnen und Kollegen (4410/AB zu 4472/J)

des Bundesministers für Landesverteidigung und Sport auf die Anfrage der Abgeordne­ten Dr. Peter Pilz, Kolleginnen und Kollegen (4411/AB zu 4473/J)

des Bundesministers für Finanzen auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Andreas Karlsböck, Kolleginnen und Kollegen (4412/AB zu 4447/J)

des Bundesministers für Finanzen auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Ruperta Lichtenecker, Kolleginnen und Kollegen (4413/AB zu 4455/J)

des Bundesministers für Finanzen auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Ruperta Lichtenecker, Kolleginnen und Kollegen (4414/AB zu 4456/J)

des Bundesministers für Finanzen auf die Anfrage der Abgeordneten Carmen Gartel­gruber, Kolleginnen und Kollegen (4415/AB zu 4457/J)

des Bundesministers für Finanzen auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Gabriela Mo­ser, Kolleginnen und Kollegen (4416/AB zu 4470/J)

der Bundesministerin für Verkehr, Innovation und Technologie auf die Anfrage der Ab­geordneten Werner Neubauer, Kolleginnen und Kollegen (4417/AB zu 4443/J)

der Bundesministerin für Verkehr, Innovation und Technologie auf die Anfrage der Ab­geordneten Mario Kunasek, Kolleginnen und Kollegen (4418/AB zu 4444/J)

der Bundesministerin für Verkehr, Innovation und Technologie auf die Anfrage der Ab­geordneten Dr. Gabriela Moser, Kolleginnen und Kollegen (4419/AB zu 4474/J)

der Bundesministerin für Verkehr, Innovation und Technologie auf die Anfrage der Ab­geordneten Dr. Gabriela Moser, Kolleginnen und Kollegen (4420/AB zu 4478/J)

der Bundesministerin für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Alexander Van der Bellen, Kolleginnen und Kollegen (4421/AB zu 4436/J)

der Bundesministerin für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Harald Vilimsky, Kolleginnen und Kollegen (4422/AB zu 4437/J)

der Bundesministerin für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Harald Vilimsky, Kolleginnen und Kollegen (4423/AB zu 4438/J)

der Bundesministerin für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Harald Vilimsky, Kolleginnen und Kollegen (4424/AB zu 4439/J)

der Bundesministerin für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Harald Vilimsky, Kolleginnen und Kollegen (4425/AB zu 4440/J)

der Bundesministerin für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Karl Öllinger, Kol­leginnen und Kollegen (4426/AB zu 4452/J)

der Bundesministerin für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Albert Stein­hauser, Kolleginnen und Kollegen (4427/AB zu 4453/J)

der Bundesministerin für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Alev Korun, Kolleginnen und Kollegen (4428/AB zu 4476/J)

der Bundesministerin für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Alev Korun, Kolleginnen und Kollegen (4429/AB zu 4477/J)


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll60. Sitzung / Seite 26

des Bundesministers für Wirtschaft, Familie und Jugend auf die Anfrage der Abgeord­neten Mag. Dr. Wolfgang Zinggl, Kolleginnen und Kollegen (4430/AB zu 4480/J)

des Bundesministers für Wirtschaft, Familie und Jugend auf die Anfrage der Abgeord­neten Mag. Johann Maier, Kolleginnen und Kollegen (4431/AB zu 4502/J)

des Bundesministers für Wirtschaft, Familie und Jugend auf die Anfrage der Abgeord­neten Mag. Johann Maier, Kolleginnen und Kollegen (4432/AB zu 4503/J)

der Bundesministerin für Frauen und öffentlichen Dienst auf die Anfrage der Abgeord­neten Mag. Judith Schwentner, Kolleginnen und Kollegen (4433/AB zu 4541/J)

des Bundesministers für Wirtschaft, Familie und Jugend auf die Anfrage der Abgeord­neten Karl Öllinger, Kolleginnen und Kollegen (4434/AB zu 4496/J)

der Bundesministerin für Unterricht, Kunst und Kultur auf die Anfrage der Abgeordne­ten Mag. Heidemarie Unterreiner, Kolleginnen und Kollegen (4435/AB zu 4512/J)

des Bundesministers für Wirtschaft, Familie und Jugend auf die Anfrage der Abgeord­neten Mag. Dr. Wolfgang Zinggl, Kolleginnen und Kollegen (4436/AB zu 4516/J)

des Bundesministers für Gesundheit auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Andreas Karlsböck, Kolleginnen und Kollegen (4437/AB zu 4653/J)

der Bundesministerin für Justiz auf die Anfrage der Abgeordneten Karl Öllinger, Kolle­ginnen und Kollegen (4438/AB zu 4491/J)

der Bundesministerin für Justiz auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Johannes Jaro­lim, Kolleginnen und Kollegen (4439/AB zu 4505/J)

der Bundesministerin für Justiz auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Johann Maier, Kolleginnen und Kollegen (4440/AB zu 4508/J)

der Bundesministerin für Justiz auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Johann Maier, Kolleginnen und Kollegen (4441/AB zu 4511/J)

des Bundesministers für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft auf die Anfrage der Abgeordneten Karl Öllinger, Kolleginnen und Kollegen (4442/AB zu 4493/J)

des Bundesministers für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Johann Maier, Kolleginnen und Kollegen (4443/AB zu 4501/J)

des Bundesministers für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft auf die Anfrage der Abgeordneten Wolfgang Katzian, Kolleginnen und Kollegen (4444/AB zu 4506/J)

des Bundesministers für Landesverteidigung und Sport auf die Anfrage der Abgeordne­ten Karl Öllinger, Kolleginnen und Kollegen (4445/AB zu 4492/J)

des Bundesministers für Landesverteidigung und Sport auf die Anfrage der Abgeordne­ten Dr. Peter Fichtenbauer, Kolleginnen und Kollegen (4446/AB zu 4498/J)

des Bundesministers für europäische und internationale Angelegenheiten auf die An­frage der Abgeordneten Karl Öllinger, Kolleginnen und Kollegen (4447/AB zu 4486/J)

des Bundeskanzlers auf die Anfrage der Abgeordneten Karl Öllinger, Kolleginnen und Kollegen (4448/AB zu 4484/J)


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll60. Sitzung / Seite 27

des Bundeskanzlers auf die Anfrage der Abgeordneten Dipl.-Ing. Dr. Wolfgang Pirkl­huber, Kolleginnen und Kollegen (4449/AB zu 4520/J)

des Bundeskanzlers auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Heidemarie Unterreiner, Kolleginnen und Kollegen (4450/AB zu 4660/J)

des Bundeskanzlers auf die Anfrage der Abgeordneten Werner Herbert, Kolleginnen und Kollegen (4451/AB zu 4693/J)

des Bundesministers für Gesundheit auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Johann Maier, Kolleginnen und Kollegen (4452/AB zu 4499/J)

des Bundesministers für Gesundheit auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Johann Maier, Kolleginnen und Kollegen (4453/AB zu 4509/J)

der Bundesministerin für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Tanja Windbüch­ler-Souschill, Kolleginnen und Kollegen (4454/AB zu 4479/J)

der Bundesministerin für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Karl Öllinger, Kol­leginnen und Kollegen (4455/AB zu 4490/J)

der Bundesministerin für Verkehr, Innovation und Technologie auf die Anfrage der Ab­geordneten Karl Öllinger, Kolleginnen und Kollegen (4456/AB zu 4495/J)

der Bundesministerin für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Johann Maier, Kolleginnen und Kollegen (4457/AB zu 4500/J)

der Bundesministerin für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Johann Maier, Kolleginnen und Kollegen (4458/AB zu 4507/J)

der Bundesministerin für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Johann Maier, Kolleginnen und Kollegen (4459/AB zu 4510/J)

des Bundesministers für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz auf die Anfrage der Abgeordneten Herbert Kickl, Kolleginnen und Kollegen (4460/AB zu 4643/J)

des Bundesministers für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Andreas Karlsböck, Kolleginnen und Kollegen (4461/AB zu 4655/J)

des Bundesministers für Finanzen auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Gabriela Mo­ser, Kolleginnen und Kollegen (4462/AB zu 4481/J)

des Bundesministers für Finanzen auf die Anfrage der Abgeordneten Karl Öllinger, Kolleginnen und Kollegen (4463/AB zu 4488/J)

des Bundesministers für Finanzen auf die Anfrage der Abgeordneten Kai Jan Krainer, Kolleginnen und Kollegen (4464/AB zu 4504/J)

des Bundesministers für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz auf die Anfrage der Abgeordneten Rudolf Plessl, Kolleginnen und Kollegen (4465/AB zu 4576/J)

des Bundesministers für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz auf die Anfrage der Abgeordneten Ing. Norbert Hofer, Kolleginnen und Kollegen (4466/AB zu 4680/J)

des Bundesministers für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Helene Jarmer, Kolleginnen und Kollegen (4467/AB zu 4704/J)

des Präsidenten des Rechnungshofes auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Peter Pilz, Kolleginnen und Kollegen (4468/AB zu 4747/J)


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll60. Sitzung / Seite 28

der Bundesministerin für Wissenschaft und Forschung auf die Anfrage der Abgeordne­ten Mag. Daniela Musiol, Kolleginnen und Kollegen (4469/AB zu 4523/J)

des Bundesministers für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft auf die Anfrage der Abgeordneten Dipl.-Ing. Dr. Wolfgang Pirklhuber, Kolleginnen und Kollegen (4470/AB zu 4519/J)

der Bundesministerin für Unterricht, Kunst und Kultur auf die Anfrage der Abgeordne­ten Erich Tadler, Kolleginnen und Kollegen (4471/AB zu 4586/J)

des Bundesministers für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz auf die Anfrage der Abgeordneten Herbert Kickl, Kolleginnen und Kollegen (4472/AB zu 4650/J)

des Bundesministers für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz auf die Anfrage der Abgeordneten Dipl.-Ing. Gerhard Deimek, Kolleginnen und Kollegen (4473/AB zu 4689/J)

des Bundesministers für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz auf die Anfrage der Abgeordneten Tanja Windbüchler-Souschill, Kolleginnen und Kollegen (4474/AB zu 4744/J)

des Bundesministers für Finanzen auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Dr. Wolf­gang Zinggl, Kolleginnen und Kollegen (4475/AB zu 4515/J)

des Bundesministers für Finanzen auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Christiane Brunner, Kolleginnen und Kollegen (4476/AB zu 4518/J)

des Bundesministers für Wirtschaft, Familie und Jugend auf die Anfrage der Abgeord­neten Mag. Johann Maier, Kolleginnen und Kollegen (4477/AB zu 4529/J)

der Bundesministerin für Unterricht, Kunst und Kultur auf die Anfrage der Abgeordne­ten Stefan Petzner, Kolleginnen und Kollegen (4478/AB zu 4697/J)

der Bundesministerin für Unterricht, Kunst und Kultur auf die Anfrage der Abgeordne­ten Dr. Ruperta Lichtenecker, Kolleginnen und Kollegen (4479/AB zu 4725/J)

der Bundesministerin für Unterricht, Kunst und Kultur auf die Anfrage der Abgeordne­ten Dr. Ruperta Lichtenecker, Kolleginnen und Kollegen (4480/AB zu 4739/J)

der Bundesministerin für Unterricht, Kunst und Kultur auf die Anfrage der Abgeordne­ten Mag. Heidemarie Unterreiner, Kolleginnen und Kollegen (4481/AB zu 4751/J)

der Bundesministerin für Unterricht, Kunst und Kultur auf die Anfrage der Abgeordne­ten Mag. Heidemarie Unterreiner, Kolleginnen und Kollegen (4482/AB zu 4771/J)

der Bundesministerin für Unterricht, Kunst und Kultur auf die Anfrage der Abgeordne­ten Mag. Heidemarie Unterreiner, Kolleginnen und Kollegen (4483/AB zu 4772/J)

der Bundesministerin für Frauen und öffentlichen Dienst auf die Anfrage der Abgeord­neten Mag. Helene Jarmer, Kolleginnen und Kollegen (4484/AB zu 4702/J)

des Bundeskanzlers auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Ruperta Lichtenecker, Kolleginnen und Kollegen (4485/AB zu 4715/J)

der Bundesministerin für Frauen und öffentlichen Dienst auf die Anfrage der Abgeord­neten Dr. Ruperta Lichtenecker, Kolleginnen und Kollegen (4486/AB zu 4717/J)

des Bundeskanzlers auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Walter Rosenkranz, Kolle­ginnen und Kollegen (4487/AB zu 4861/J)

des Bundeskanzlers auf die Anfrage der Abgeordneten Erich Tadler, Kolleginnen und Kollegen (4488/AB zu 4585/J)


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll60. Sitzung / Seite 29

der Bundesministerin für Justiz auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Albert Stein­hauser, Kolleginnen und Kollegen (4489/AB zu 4514/J)

der Bundesministerin für Justiz auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Dr. Wolfgang Zinggl, Kolleginnen und Kollegen (4490/AB zu 4517/J)

der Bundesministerin für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Albert Stein­hauser, Kolleginnen und Kollegen (4491/AB zu 4513/J)

der Bundesministerin für Justiz auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Harald Walser, Kolleginnen und Kollegen (4492/AB zu 4522/J)

der Bundesministerin für Justiz auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Johann Maier, Kolleginnen und Kollegen (4493/AB zu 4526/J)

des Bundesministers für Landesverteidigung und Sport auf die Anfrage der Abgeordne­ten Heinz-Christian Strache, Kolleginnen und Kollegen (4494/AB zu 4521/J)

der Bundesministerin für Verkehr, Innovation und Technologie auf die Anfrage der Ab­geordneten Dr. Ferdinand Maier, Kolleginnen und Kollegen (4495/AB zu 4524/J)

des Bundesministers für europäische und internationale Angelegenheiten auf die An­frage der Abgeordneten Mag. Johann Maier, Kolleginnen und Kollegen (4496/AB zu 4527/J)

der Bundesministerin für Frauen und öffentlichen Dienst auf die Anfrage der Abgeord­neten Rudolf Plessl, Kolleginnen und Kollegen (4497/AB zu 4575/J)

des Bundeskanzlers auf die Anfrage der Abgeordneten Rudolf Plessl, Kolleginnen und Kollegen (4498/AB zu 4581/J)

des Bundeskanzlers auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Helene Jarmer, Kolle­ginnen und Kollegen (4499/AB zu 4701/J)

des Bundeskanzlers auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Ruperta Lichtenecker, Kolleginnen und Kollegen (4500/AB zu 4729/J)

der Bundesministerin für Frauen und öffentlichen Dienst auf die Anfrage der Abgeord­neten Dr. Ruperta Lichtenecker, Kolleginnen und Kollegen (4501/AB zu 4730/J)

des Bundeskanzlers auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Peter Pilz, Kolleginnen und Kollegen (4502/AB zu 4743/J)

der Bundesministerin für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Johann Maier, Kolleginnen und Kollegen (4503/AB zu 4525/J)

der Bundesministerin für Verkehr, Innovation und Technologie auf die Anfrage der Ab­geordneten Mag. Johann Maier, Kolleginnen und Kollegen (4504/AB zu 4528/J)

der Bundesministerin für Unterricht, Kunst und Kultur auf die Anfrage der Abgeordne­ten Ursula Haubner, Kollegin und Kollegen (4505/AB zu 4546/J)

der Bundesministerin für Unterricht, Kunst und Kultur auf die Anfrage der Abgeordne­ten Dr. Walter Rosenkranz, Kolleginnen und Kollegen (4506/AB zu 4594/J)

der Bundesministerin für Unterricht, Kunst und Kultur auf die Anfrage der Abgeordne­ten Dr. Walter Rosenkranz, Kolleginnen und Kollegen (4507/AB zu 4595/J)


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll60. Sitzung / Seite 30

der Bundesministerin für Unterricht, Kunst und Kultur auf die Anfrage der Abgeordne­ten Bernhard Vock, Kolleginnen und Kollegen (4508/AB zu 4753/J)

der Bundesministerin für Unterricht, Kunst und Kultur auf die Anfrage der Abgeordne­ten Bernhard Vock, Kolleginnen und Kollegen (4509/AB zu 4754/J)

des Bundesministers für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz auf die Anfrage der Abgeordneten Maximilian Linder, Josef Jury, Dr. Martin Strutz, Kolleginnen und Kollegen (4510/AB zu 4584/J)

des Bundesministers für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz auf die Anfrage der Abgeordneten Herbert Kickl, Kolleginnen und Kollegen (4511/AB zu 4679/J)

des Bundesministers für Gesundheit auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Chris­tiane Brunner, Kolleginnen und Kollegen (4158/AB zu 4256/J) (Zu 4158/AB zu 4256/J)


09.05.16


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll60. Sitzung / Seite 31

Beginn der Sitzung: 9.05 Uhr

Vorsitzende: Präsidentin Mag. Barbara Prammer, Zweiter Präsident Fritz Neuge­bauer, Dritter Präsident Mag. Dr. Martin Graf.

*****

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Guten Morgen, meine Damen und Herren! Ich eröffne die 60. Sitzung des Nationalrates.

Die Amtlichen Protokolle der 57. und 58. Sitzung vom 24. März 2010 sowie der 59. Sit­zung vom 25. März 2010 sind in der Parlamentsdirektion aufgelegen und unbeanstan­det geblieben.

Als verhindert gemeldet sind die Abgeordneten Spindelberger, Dr. Glawischnig-Piesczek, Schenk und Dr. Strutz.

Vertretung von Mitgliedern der Bundesregierung

Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Für diese Sitzung hat das Bundeskanzleramt über Vertretung von Mitgliedern der Bundesregierung, welche sich in einem anderen Mit­gliedstaat der Europäischen Union aufhalten, folgende Mitteilung gemacht:

Der Bundesminister für Landesverteidigung und Sport Mag. Norbert Darabos wird durch die Bundesministerin für Verkehr, Innovation und Technologie Doris Bures und die Bundesministerin für Inneres Dr. Maria Fekter durch den Bundesminister für Wirt­schaft, Familie und Jugend Dr. Reinhold Mitterlehner vertreten.

09.06.21Aktuelle Stunde

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Wir gelangen nun zur Aktuellen Stunde mit dem Thema:

„Missbrauch in der Kirche: Was macht die Regierung für die Betroffenen?“

Die heutige Sitzung wird vom ORF von 9.05 Uhr bis 13 Uhr live übertragen.

Als Erster zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Mag. Steinhauser. Ich erteile es ihm und mache darauf aufmerksam, dass seine Redezeit 10 Minuten beträgt. – Bitte.

 


9.06.47

Abgeordneter Mag. Albert Steinhauser (Grüne): Frau Präsidentin! Sehr geehrte Da­men und Herren! Sehr geehrte Frau Justizministerin! Sehr geehrte Frauenministerin! Das Thema der heutigen Aktuellen Stunde lautet: „Missbrauch in der“ – römisch-katho­lischen – „Kirche: Was macht die Regierung für die Betroffenen?“

Seit einigen Wochen werden öffentlich Fälle von Missbrauch in Einrichtungen der ka­tholischen Kirche diskutiert. Uns allen geht es wahrscheinlich ähnlich, wenn wir von diesen Schicksalen lesen. Wir können wahrscheinlich höchstens erahnen, was die Be­troffenen durchmachen mussten.

Diese Aktuelle Stunde gibt es auch, weil uns die Betroffenen darum ersucht haben, weil sie das Schweigen der Bundesregierung zu diesem Thema unerträglich finden.


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll60. Sitzung / Seite 32

Wir haben über fast alles diskutiert. Als Reaktion ist über strafrechtliche Verschärfungen diskutiert worden, es ist über Prävention diskutiert worden. Wichtig und richtig! Über eines ist allerdings nicht diskutiert worden: Wie können wir den Betroffenen konkret helfen?

Frau Justizministerin! Sie haben einen Runden Tisch veranstaltet. Wer war nicht einge­laden? – Die Betroffenen.

Schlimmer war noch, dass das Thema Missbrauch in der römisch-katholischen Kirche, in Einrichtungen der römisch-katholischen Kirche am Runden Tisch nicht einmal ange­sprochen werden durfte. Auch in Deutschland hat die Justizministerin einen Runden Tisch veranstaltet. Ihr Zugang war allerdings ein anderer. Sie hat gesagt: Wir wollen nicht über die Opfer reden, sondern mit ihnen ins Gespräch kommen!

Ich finde es schade, dass Sie, Frau Justizministerin, da einen völlig anderen Zugang haben.

Frau Justizministerin, es geht aber nicht nur um Betroffene aus Einrichtungen der ka­tholischen Kirche. Wer glaubt, dass Missbrauch ein Phänomen ist, das sich nur in ka­tholischen Einrichtungen abgespielt hat, der irrt. Auch in staatlichen Heimen hat es sys­tematisch Gewalt an Heimkindern gegeben. Dazu wird überhaupt geschwiegen. Mir kommt es ja so vor, als ob so manche ganz froh wären, dass sie sich hinter der katholi­schen Kirche verstecken können. Der Bund und die Länder sind aber unmittelbar für diese Heime verantwortlich, meine Damen und Herren. Hier sind wir unmittelbar gefor­dert, an der Aufarbeitung mitzuwirken. Das wird überhaupt noch nicht debattiert. Diesbe­züglich wird ein Schritt gesetzt werden müssen, das kann ich Ihnen garantieren. (Beifall bei den Grünen.)

Frau Ministerin, unsere Forderungen liegen klar auf dem Tisch. Die erste Forderung ist selbstverständlich und einfach zugleich: Reden Sie endlich mit den Betroffenen! Wa­rum fällt Ihnen das so schwer?

Die zweite Forderung ist eigentlich auch selbstverständlich, wenn man internationale Beispiele hernimmt: Die Bundesregierung soll endlich Verantwortung übernehmen und direkte Verhandlungen mit der römisch-katholischen Kirche aufnehmen.

Im Mittelpunkt dieser Verhandlungen sollte die Einrichtung eines Opferfonds stehen, der aus Geldern der katholischen Kirche gespeist werden sollte. Ich glaube nicht nur, sondern ich bin überzeugt davon, dass die katholische Kirche eine erhöhte Verantwort­lichkeit trifft, weil man dort systematisch versagt hat und weil dort systematisch ver­tuscht wurde. Was sicher nicht akzeptabel ist, ist der Umstand, dass man jetzt die Be­troffenen in lange und schwierige Verfahren zwingt, wo am Ende nichts herauskommen kann, weil die Täter meist mittellos sind. Daher glaube ich, dass die katholische Kirche eine unmittelbare Verantwortlichkeit hat, und der Opferfonds wäre eine Antwort auf die­se Verantwortlichkeit.

Klar ist auch: Für die Entschädigung der Heimkinder aus staatlichen Heimen werden Bund und Länder aufkommen müssen. Auch an dieser Lösung wird man nicht vorbei­kommen.

Nächster Punkt, Frau Justizministerin, wäre die Einrichtung einer staatlichen Untersu­chungskommission, die eben Gewalt und sexuellen Missbrauch in kirchlichen Ein­richtungen, aber auch in staatlichen Heimen untersucht. Ich denke da nicht, damit es keine Missverständnisse gibt, an eine parlamentarische Untersuchungskommission, diese wäre denkbar ungeeignet, sondern das sollte eine Fachkommission sein.

Sie haben in einer ersten Reaktion gesagt: Wir brauchen nicht noch eine Kommission! Ich habe daraufhin ein E-Mail eines Betroffenen bekommen, das ich Ihnen nicht vorent­halten will. Der Betroffene schreibt:


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll60. Sitzung / Seite 33

Sehr geehrter Herr Abgeordneter! Die Reaktion von Justizministerin Bandion-Ortner nach dem Runden Tisch, man könne nicht für jedes und alles eine Kommission einrichten, ist eine weitere Verhöhnung der Missbrauchten. Kinder sind nicht jedes und alles. Nein, nicht für jedes und alles, sondern für diese Missbrauchten ist eine unabhängige Kom­mission seitens der Republik Österreich einzurichten. Eine wissenschaftliche und mensch­liche Aufarbeitung – dies würde den Missbrauchten eine Einrichtung bieten, um mit ich­rem Durchlittenen möglicherweise auf irgendeine Art und Weise fertig werden zu kön­nen. – So viel zu allem und jedem.

Aber auch Ihr Verweis auf die Staatsanwalten, Frau Justizminister, geht ins Leere. Sie wissen, dass ein Großteil der Fälle, über die wir diskutieren, verjährt ist – auch weil noch die alten, kurzen Verjährungsvorschriften zur Anwendung kommen. Sie wissen, dass da die Staatsanwaltschaften gar nichts tun können. Auch müsste so eine Unter­suchungskommission eine Einzelfallprüfung durchführen und müsste dann empfehlen, wie geholfen werden kann und wie entschädigt werden kann. Auch das können die Staatsanwaltschaften nicht leisten. Wir brauchen eine Untersuchungskommission, die umfassend und interdisziplinär, proaktiv und nicht reaktiv die Situation in Heimen und Einrichtungen der katholischen Kirche aufarbeitet. (Beifall bei den Grünen.)

Die letzte Forderung, Frau Justizministerin, wäre die Forderung nach einer unabhängi­gen Opferhotline. Sie haben nach dem Runden Tisch etwas präsentiert – ich will Ihnen nicht zu nahe treten, weil ich heute jede Polemik vermeiden will, dem Thema angemes­sen –, aber es war eine bisschen eine Mogelpackung, denn Sie haben gesagt, das soll eine Einrichtung erledigen, die es schon gibt, ohne dass sie zusätzliche Gelder be­kommt. – Das ist sicher zu wenig.

Frau Justizministerin! In anderen Ländern ist die Bundesregierung anders vorgegan­gen. In Irland hat die Regierung zwei Maßnahmen gesetzt: eine unabhängige Untersu­chungskommission eingerichtet, und sie hat mit der katholischen Kirche einen Opfer­fonds in Höhe von 2,1 Milliarden € ausverhandelt. So viel bräuchte man da gar nicht, aber sie ist aktiv geworden und hat diesen Opferfonds aufgestellt.

Deutschland: Dort hat die Regierung auch einen Runden Tisch mit zwei Arbeitsfeldern veranstaltet. Erstes Thema war Prävention, zweites Thema war Aufklärung und Aufar­beitung der geschehenen Missbrauchsfälle.

Über die Prävention haben wir in Österreich diskutiert, über die Aufklärung und Aufar­beitung der geschehenen Missbrauchsfälle aber nicht – das war nicht Thema Ihres Run­den Tisches.

Noch etwas hat die deutsche Bundesregierung gemacht. Sie hat eine unabhängige Be­auftragte zur Aufarbeitung von sexuellem Missbrauch eingesetzt, mit dem Ziel, mate­rielle und immaterielle Hilfe vorzuschlagen. In Österreich? – Fehlanzeige!

Was es gibt, ist die Klasnic-Kommission. Ich möchte ausdrücklich nicht über die Per­son Klasnic diskutieren, aber halten wir fest: Zum einen ist die Klasnic-Kommission si­cher kein Ansprechpartner für die Heimkinder staatlicher Heime, zum anderen ist es Tatsache, dass viele Betroffene dieser Kommission gegenüber misstrauisch sind. Die­se Kommission zeigt eigentlich nur eines auf: wie das Engagement der Bundesregie­rung abgeht. Man musste, mangels Ansprechpartner Bundesregierung, das einer Per­son geben, die dann völlig alleine entscheidet, wer in dieser Kommission sitzt, unter welchen Rahmenbedingungen aufgearbeitet wird und was aufgearbeitet wird. Hier zeigt sich, dass die Moderation und die Organisation durch die Bundesregierung mas­siv abgehen.

Aber es kommt noch dicker: Ich habe meine Forderungen bei Kardinal Schönborn de­poniert, und er hat mir in einem Brief geantwortet. Ich darf einen Satz zitieren, der kein Vertrauensbruch ist, weil er nicht zu seinem Nachteil ist. Kardinal Schönborn sagt: Wir


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll60. Sitzung / Seite 34

werden den von Ihnen angesprochenen inhaltlichen Austausch mit den dazu berufenen Organen der staatlichen Gesetzgebung und Verwaltung gerne führen.

Also halten wir fest: Der Kardinal ist jedenfalls gesprächsbereit, die Bundesregierung aber hat kein Interesse.

Frau Justizministerin, ich biete Ihnen die Kooperation über die Parteigrenzen hinweg an. Machen wir einen Termin, wo wir uns mit den Betroffenen zusammensetzen! Ver­handeln Sie mit der katholischen Kirche! Unsere Unterstützung hätten Sie.

Die Fragen liegen klar auf dem Tisch: Wollen Sie eine staatliche Untersuchungskom­mission? Werden Sie einen Opferfonds einsetzen? Und was machen Sie für die Heim­kinder staatlicher Heime? Ich will, wenn Sie mir jetzt antworten, nicht hören, was nicht geht, sondern ich will hören, was geht. Ich will auch nicht hören, was Sie schon alles gemacht haben, sondern ich will hören, was Sie machen werden.

Sehr geehrte Frau Justizministerin, heute ist Klartext gefordert! Man könnte es auf eine Frage zuspitzen. Wollen Sie den Betroffenen helfen: ja oder nein? – Danke. (Beifall bei den Grünen.)

9.16


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Zu einer einleitenden Stellungnahme hat sich Frau Bundesministerin Mag. Bandion-Ortner zu Wort gemeldet. Auch da soll die Rede­zeit 10 Minuten nicht überschreiten. – Bitte.

 


9.16.26

Bundesministerin für Justiz Mag. Claudia Bandion-Ortner: Sehr geehrte Frau Prä­sidentin! Sehr geehrte Frau Kollegin! Sehr geehrte Damen und Herren Abgeordnete! Kindesmissbrauch ist ein Dolchstoß in verletzliche Kinderseelen, er hinterlässt unheil­bare Wunden. Wir alle sind gefordert: der Staat, aber auch die Zivilgesellschaft. (Zwi­schenruf der Abg. Dr. Moser.)

Dieses Thema ist natürlich eine Querschnittmaterie. Im Übrigen bin ich nicht die Kul­tusministerin, sondern die Justizministerin, und ich werde jetzt einiges sagen, was den Bereich der Justiz betrifft.

Staatssekretärin Christine Marek und ich haben einen Runden Tisch einberufen, und es wurde kritisiert, dass das Thema Kindesmissbrauch nicht auf das Thema Kirche re­duziert oder fokussiert wurde. Sehr geehrte Damen und Herren, dazu stehe ich: Kin­desmissbrauch und Gewalt an Kindern, das ist kein rein kirchliches Problem, son­dern es ist ein gesamtgesellschaftliches Problem. Und alle gesellschaftlichen Kräfte sind dazu aufgerufen, dieses Problem zu bekämpfen. (Beifall bei der ÖVP sowie bei Abgeordneten der FPÖ.)

All jene, die dieses Problem auf Institutionen oder auf die Kirche reduzieren wollen, meine Damen und Herren, schaffen verschiedene Klassen von Opfern. Warum soll ein Opfer der Kirche anders behandelt werden als etwa ein Opfer, das jahrelang von sei­nem Stiefvater oder von seinem Vater missbraucht wurde?

Ich sage Ihnen ganz deutlich: Sexueller Missbrauch ist eines der abscheulichsten Ver­brechen, die es gibt, und es ist wirklich ganz egal, wo dieser sexuelle Missbrauch ge­schieht, er ist abscheulich, egal, welcher Täter ihn verübt hat.

Lassen Sie mich aus einer Kolumne von Hans Rauscher zum Thema „Vom runden Tisch“ zitieren. Er meint:

„Man beschloss, ... Wege der Prävention zu suchen.

Möge die Übung gelingen. Tatsache ist, dass Missbrauch und Misshandlung nach wie vor am häufigsten in der Familie vorkommen, aber auch in nichtkirchlichen Institutionen wie staatlichen Heimen, Sportvereinen und ähnlichen geschlossenen Gruppen. ...


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll60. Sitzung / Seite 35

Nicht nur die Kirche, sondern die Gesellschaft an sich hat hier ein Problem.“ – Zitat­ende.

Genau das ist das Richtige, das ist die richtige Aussage!

Kommen wir nun zu den Ergebnissen des Runden Tisches! – Es hat handfeste Ergeb­nisse gegeben. Ich erinnere: Kontaktstaatsanwälte werden eingerichtet. Die Ombuds­stellen der Justiz werden verstärkt eingebunden. Es wird ein Kompetenzzentrum für Opferschutz und Rechtsfürsorge im Bundesministerin für Justiz eingerichtet. Es wird in Zukunft ein interministerielles Expertengremium geben, das für eine bessere Vernet­zung sorgen soll. Die „Möwe“-Hotline wurde ausgebaut et cetera, et cetera. – Es gibt handfeste Ergebnisse.

Und natürlich kümmert sich der Staat auch um Fälle aus vergangener Zeit, Herr Stein­hauser. Schließlich ist das die Aufgabe der Staatsanwältinnen, Staatsanwälte und auch der unabhängigen Gerichte. Und es gibt bereits zahlreiche anhängige Verfahren, und zwar auch gegen Angehörige der Kirche, denn der Justiz ist es völlig egal, aus wel­chem Bereich die Täter stammen. (Beifall bei der ÖVP.)

Noch etwas: Es gibt auch einen Kontakt zur Opferbeauftragten Waltraud Klasnic. Sie ist auch dazu da, sämtliche vergangenen Fälle in Bezug auf die Kirche aufzuarbeiten. Geben Sie bitte dieser Arbeitsgruppe oder – wenn Sie vielleicht so sagen wollen – die­ser Kommission eine Chance! Wir müssen nämlich auch in diesem Bereich im Inter­esse unserer Kinder zusammenarbeiten, damit Missbrauch in Zukunft verhindert wird.

Vergangenen Freitag habe ich ein sehr ausführliches und konstruktives Gespräch mit Kardinal Schönborn geführt. Wir waren uns einig: Bei Kindesmissbrauch darf es keine Nachsichtigkeit geben. (Beifall bei der ÖVP sowie bei Abgeordneten der FPÖ.) Kar­dinal Schönborn hat mir mitgeteilt, dass alle dargelegten Fälle von Seiten der Kirche zur Anzeige gebracht werden, und zwar dann, wenn es die Opfer wollen und wenn es die Prävention erfordert.

Natürlich darf man Kindesmissbrauch in der Kirche nicht verharmlosen, das ist ganz klar. Sie fragen sich jetzt: Was tut der Staat für die Missbrauchsopfer? – Ich kann Ihnen versichern, sehr geehrte Damen und Herren, dass der Staat sehr viel für Missbrauchs­opfer tut, nämlich genauso viel, wie er für alle anderen Missbrauchsopfer, nicht nur für Kirchenmissbrauchsopfer, tut.

Sie alle, sehr geehrte Damen und Herren, haben letztes Jahr das zweite Gewaltschutz­paket mit beschlossen. Sie werden sich erinnern: Tätigkeitsverbot für Sexualstraftäter, gerichtliche Aufsicht, Verlängerung der Verjährungsfristen. Wir haben sehr lange Ver­jährungsfristen! Die Tilgungsfristen wurden verlängert, die Strafdrohungen erhöht, ein neuer Tatbestand wurde eingeführt. Wir haben wirklich hervorragende Instrumente im Kampf gegen sexuellen Missbrauch. (Abg. Dr. Moser: Das ist nicht das Thema!)

Wir sind europaweit Vorreiter. Wir sind nach einer Europaratsstudie sogar Nummer eins im Bereich der Opferschutzeinrichtungen und im Kampf gegen derartige Delikte. Darauf können wir mit Fug und Recht stolz sein.

Fest steht jedenfalls: Es darf im Bereich des Kindesmissbrauchs keine Nachsichtigkeit geben, und wir alle müssen etwas für die Opfer tun. Das ist klar! Aber Geld allein kann die seelischen Wunden nicht heilen. So müssen wir etwa auch unsere Kinder, unsere Lehrer und unsere Kindergärtner besser sensibilisieren, und wir müssen besser vernetzen.

Sehr geehrte Damen und Herren! Kindesmissbrauch ist ein sehr, sehr ernstes Thema. Dieses Thema ist absolut nicht für Populismus geeignet. Auf dem Rücken von Opfern darf nicht Parteipolitik betrieben werden. (Beifall bei der ÖVP.)


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll60. Sitzung / Seite 36

Sehr geehrte Damen und Herren! Sexueller Missbrauch an Kindern ist ein gesellschaft­liches Problem, das uns alle angeht. Suchen wir nach gemeinsamen Lösungen! – Dan­ke schön. (Beifall bei der ÖVP sowie bei Abgeordneten der SPÖ.)

9.23


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Ich mache darauf aufmerksam, dass die Rede­zeit aller weiteren Teilnehmerinnen und Teilnehmer an der Aktuellen Stunde laut § 97a Abs. 6 der Geschäftsordnung 5 Minuten nicht übersteigen darf.

Als Erster zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Dr. Jarolim. – Bitte.

 


9.23.41

Abgeordneter Dr. Johannes Jarolim (SPÖ): Sehr geehrte Bundesministerinnen! Mei­ne Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich glaube, es ist überhaupt keine Frage, dass dieses Thema natürlich absolut nicht zur Politisierung geeignet ist. Wir alle haben in diesem Zusammenhang gleichermaßen Verantwortung. Alle Gewal­ten des Staates, Frau Bundesminister, haben damit entsprechend umzugehen, um zwar sowohl im Hinblick auf die Zukunft als auch in Bezug auf die Vergangenheit. Ich denke, dass man das bei einem runden Tisch sicherlich auch beleuchten muss. Es ist unser aller Kompetenzlage, damit wirklich entsprechend umzugehen.

Sexueller Missbrauch ist das eine, und gewalttätige Erziehungsmaßnahmen sind das andere, und ich würde ersuchen, das nicht in einen Topf zu werfen, sondern da sehr wohl zu unterscheiden. Bedauerlicherweise findet insbesondere sexueller Missbrauch von Jugendlichen statt, und gerade die Art und Weise, wie er in diesem Zusammen­hang begangen wurde, betrifft oft über viele Jahre nicht nur die Einzelnen, die aus den Heimen nicht hinaus können, die ausgeliefert sind und denen die Zukunft genommen wird, sondern es handelt sich hiebei, da die Jugendlichen der Obhut anvertraut sind, auch um den Missbrauch eines Autoritätsverhältnisses in großem Umfang.

Natürlich nimmt das den Einzelnen auch jede Zukunftsperspektive, weil das Selbstbe­wusstsein gebrochen wird und weil das, was Menschen eigentlich ausmacht, nämlich der Glaube an sich und an andere, wegfällt. Außerdem werden diese Menschen – das hören wir von Wissenschaftern immer wieder –, wenn sie erwachsen sind, ihrerseits zu Problemfällen. Insofern ist es für alle, aber natürlich auch für die Justiz ein Thema, wie man mit diesen Fällen umgeht.

Ich anerkenne, dass Kardinal Schönborn als einer der wenigen in der katholischen Kir­che von Beginn an ein klares Bekenntnis zu der diesbezüglichen Verantwortung abge­geben hat. Ich meine, die Behandlung dieses Problemkomplexes sollte mit unser aller Unterstützung angegangen werden! Ich glaube allerdings, dass wir zusätzlich zu dieser Kommission, als deren Vorsitzende Frau Klasnic namhaft gemacht wurde, eine weitere Kommission brauchen.

Ich zitiere in diesem Zusammenhang Herrn Pfarrer Rudolf Schermann, den Herausge­ber von „Kirche In“, einer renommierten Zeitung, und dieser sagt selbst: Die Bestellung der Frau Klasnic halte ich für eine sehr unglückliche Fügung. – Es scheint ihm das ein Versuch zu sein, die ganze Sache auf eine ungefährliche Schiene zu stellen. Er fordert dazu auf – und ich glaube, das ist das, was für uns alle gelten muss! –, dass man auf die Missbrauchsopfer hört, dass diese einzubeziehen sind, dass sie ein fixer Bestand­teil dieser Kommission sind und auf diese Weise erfahren, dass der Staat, die Öffent­lichkeit beziehungsweise die Gesellschaft sich ihrer Situation annimmt. Man kann das nicht auslagern. Man kann das nicht privatisieren. Es ist dies eine Angelegenheit, die uns alle betroffen macht! (Beifall bei den Grünen.)

Daher glaube ich auch, dass es sehr wichtig ist, egal, ob es sich hiebei nun um eine Kommission oder einen Opferanwalt handelt, dass wir auch die Diskussion mit Kardinal


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll60. Sitzung / Seite 37

Schönborn weiterführen, denn ich glaube, dass auch er in einem Diskurs anerkennt, dass diese Kommission zur Einseitigkeit beiträgt. Ich möchte das jetzt nicht als negativ bezeichnen, aber wenn die katholische Kirche hier quasi die Kommission einsetzt, den­ken natürlich viele Opfer, dass sie nicht dorthin gehen möchten. Sie möchten für sich in Anspruch nehmen, jemandem ihre Geschichte erzählen und diese aufarbeiten zu kön­nen. Wir haben ja gesehen: Viele der betroffenen Menschen sind 40, 50 oder 60 Jahre alt. Es hat lange gedauert, bis sie jetzt endlich den Mut gefasst haben, teils in der Öf­fentlichkeit und teils privat ihre Leidensgeschichte zu erzählen. Das ist nicht leicht und einfach, da muss Vertraulichkeit gegeben sein, und diese Einrichtung muss vor allem eine außer jedem Verdacht stehende übergeordnete Position haben.

Frau Bundesminister für Justiz! Der runde Tisch hat sicherlich eine Möglichkeit geboten, die zukünftige Vorgangsweise sicherzustellen. Wenn ich aber die Folgen für die einzel­nen Betroffenen betrachte, dass sie etwa auch zu Tätern werden können, dann glaube ich doch, dass sich in erster Linie der Justizbereich damit auseinandersetzen muss.

Wir haben auch erlebt, dass es Entschädigungsfonds gibt, die sehr effizient und rasch Hilfe geben können. Es ist wichtig, hier Therapie anzubieten und den Personen so zu helfen, dass sie dann nicht ihrerseits zu Problemfällen werden. Es muss schlicht und einfach geholfen werden, und zwar rasch, unbürokratisch und mit Rücksicht darauf, wie der Einzelne das will, öffentlich oder aber in seiner ganzen Privatheit.

Wir haben gesehen, dass es in Amerika derartige Opferfonds gibt, die sehr gut funktio­nieren, und Kardinal Schönborn hat auch angeboten, dass darüber diskutiert wird. Ich glaube, man muss einen derartigen Opferfonds so konstruieren, dass quasi nach dem Verursacherprinzip entschieden wird, wer hier hauptsächlich einbezahlt.

Ich glaube, dass die Gespräche eine vernünftige Lösung im Sinne der Opfer und im Sinne des Staates insgesamt bringen werden. – Danke schön. (Beifall bei der SPÖ so­wie bei Abgeordneten von ÖVP und Grünen.)

9.29


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Als Nächster zu Wort gelangt Herr Abgeordne­ter Kollege Neugebauer. – Bitte.

 


9.29.19

Abgeordneter Fritz Neugebauer (ÖVP): Frau Präsidentin! Geschätzte Regierungsmit­glieder! Meine sehr geehrten Kolleginnen und Kollegen! Ich möchte versuchen – abge­sehen von der Beachtung des berechtigten Anliegens betreffend eine Entschädigung für die Opfer –, da ein wenig tiefer zu gehen.

Zunächst möchte ich meinen Respekt gegenüber jenen Betroffenen zum Ausdruck bringen, die nach langer Zeit die Kraft gefunden haben, über ihre Verletzungen zu reden.

Ich denke, dass wir diese Situation auch als Chance nützen sollten, die Diskussion so zu führen, dass auch jenen Mut gemacht wird, die bis jetzt nicht darüber geredet ha­ben oder nicht darüber reden wollten. Diese aufbrechende, wünschenswerte Offenheit darf nicht durch billigen Populismus zugeschüttet werden, meine Damen und Herren!

In der Vergangenheit geschah viel – und es geschieht viel. Ich denke jetzt etwa an das Kinderschutzzentrum für physisch, psychisch oder sexuell missbrauchte Kinder, die Martina Fasslabend prioritär betreut, die „Möwe“. Wir wissen ganz genau, dass es für jemanden umso schwieriger ist und umso länger dauert, die Hürde des Sich-Anvertrau­ens zu überwinden, je jünger er in die Falle des Missbrauches kommt und je länger er missbraucht wird. Junge Menschen brauchen etwa sieben Anläufe und oft überhaupt mehrere Monate und Jahre, um diese Schwelle des Sich-Mitteilen-Könnens zu über­winden.


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Psychotherapeutische Behandlung und Beratung wird in vielen Fällen angeboten. Ich möchte, meine Damen und Herren, den Fokus darauf lenken, dass wir Erwachsenen, also alle, die wir hier versammelt sind und die an den Fernsehgeräten zuschauen, Prä­ventionsarbeit leisten können. Dazu braucht man keine große Ausbildung. Es ist dies eine „Wir-Verantwortung“, nämlich dass wir die heranwachsende Generation in ihrer Emotion stärken und dass die Kinder wissen, dass sie sich jemandem anvertrauen können. Sie müssen wissen, dass sie, wenn man ihnen etwas gegen ihren Willen an­tut, reden und sich anvertrauen können.

Meine Damen und Herren, mit großer Genugtuung habe ich die Predigt von Dr. Chris­toph Schönborn verfolgt, der auch dieses Wort vom „heiligen Zorn Jesu“ in den Raum gestellt hat: „Wer diesen Kleinen“ – und Kardinal Schönborn hat die Schwachen einer Gesellschaft gemeint – „ein Ärgernis gibt, dem wäre es besser, man hinge ihm einen Mühlstein um den Hals, um ihn ins Meer zu versenken.“

Ich bin dem Kardinal dankbar dafür, dass er diesen Worten auch konkrete Taten folgen ließ und mit der Opferbeauftragten Waltraud Klasnic eine Person gefunden hat, von der ich persönlich annehme und der ich zutraue, dass sie diese Kommission objektiv führt. Aber es wäre nicht Österreich, würden in der Folge nicht gleich verschiedene Ver­dächtigungen geäußert werden!

Waltraud Klasnic ist eine Frau mit politischer Lebenserfahrung, die ihre aktive Lauf­bahn hinter sich hat, die aber wahrscheinlich in den vor ihr liegenden Jahren auch et­was anderes tun könnte! Ich habe gestern am Abend mit ihr gesprochen, und ich habe Hochachtung nicht nur vor ihrer Politik in der Vergangenheit, sondern vor dem Zugang, den sie diesfalls zum Ausdruck bringt, weil für sie eben die Achtung der Menschenwür­de die Grundlage jedes politischen Handelns ist. (Beifall bei der ÖVP.)

Meine Damen und Herren! Waltraud Klasnic wird am Montag ein Team präsentieren, in dem unterschiedliche Konfessionen und auch Konfessionslose vertreten sind, das also offen für alle ist. Der Staat schweigt nicht, Kollege Steinhauser! Die Frau Bundesminis­terin hat beim Runden Tisch deutlichgemacht – der durchaus ein Anfang sein kann und der weiter zu entwickeln ist –, dass die Vergangenheit aufzuarbeiten ist und dass die Hotline, die nicht regierungsgebunden ist, gestärkt wird. Ich darf das allen Damen und Herren sagen: Seien Sie sensibel genug, wenn Sie einen Verdacht haben, 0800 80 80 88 zu wählen. – Das ist die Opfer-Hotline.

Ich glaube, dass der Rechtsstaat stark genug ist. Es geht jetzt darum, über die ver­schiedenen Ministerien – Familien-, Gesundheits-, Justiz- und Bildungsministerium – sowie Bundeskanzleramt ein Netzwerk zu bündeln, um die Ursachen möglichst auszu­schalten.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, wenn wir nicht wollen, dass es in zehn oder 20 Jahren Medienberichte gibt, dass es im Jahr 2010 soundsoviele Fälle an sexuellem Miss­brauch gegeben hat, dann müssen wir, wie ich meine, mit einer Stimme sprechen, billi­gen Populismus beiseite lassen – und diejenigen, die ihr Autoritätsverhältnis noch im­mer missbrauchen, wissen lassen, dass es in unserem Staat für Gewalt und sexuellen Missbrauch an Kindern und Jugendlichen keine Toleranz gibt! (Beifall bei ÖVP und SPÖ sowie bei Abgeordneten der FPÖ.)

9.35


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Herr Abgeordneter Dr. Fichtenbauer gelangt nun zu Wort. – Bitte.

 


9.35.24

Abgeordneter Dr. Peter Fichtenbauer (FPÖ): Frau Präsidentin! Sehr geehrte Frauen Ministerinnen! Hohes Haus! Es ist nicht leicht, sondern es ist eine dramatische und


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll60. Sitzung / Seite 39

schwierige Angelegenheit, diesen Dingen der Abscheulichkeit mit den richtigen Tönen zu begegnen.

Kollege Neugebauer hat zu Recht gesagt, dass es die Sensibilität und der Respekt vor den Opfern gebieten, mit der angemessenen Würde auch hinsichtlich aller Aspekte des politischen Handelns vorzugehen. – Ich füge hinzu, dass die Maßnahme, die die katho­lische Kirche getroffen hat, im eigenen Bereich mit einer Aufarbeitung zu beginnen und mit der Kommissionsführung die ehemalige Landeshauptfrau Klasnic – sie selbst hat „Frau Landeshauptmann“ gesagt, sie hat also den formell richtigen Funktionstitel ge­wählt – zu betrauen, für uns keine Ursache zu Misstrauen beinhaltet. Wir können über Parteigrenzen hinweg festhalten, dass es sich bei dieser Person zweifellos um eine Persönlichkeit handelt, der das Vertrauen zuzumessen ist, in dieser Leitungsfunktion richtig tätig zu sein. (Beifall bei der FPÖ.)

Man sollte nicht, wenn jeweils eine aus einer anderen politischen Sphäre kommende Person in einer bestimmten Weise öffentlich tätig wird, das parteipolitische Paket auf den Rücken schnallen und irgendeine Art der Misshelligkeit damit verbinden. Wie über­haupt der Anlass, der uns zur heutigen Debatte führt, dramatisch und böse genug ist und alle Anstrengungen gefordert sind, um alles zu tun, damit solche Vorkommnisse in Zukunft abgestellt beziehungsweise überhaupt, soweit es geht, verhindert werden.

Die Vergangenheit ist maßvoll, würdig und so umfangreich es geht, ebenso menschlich angepasst und den Opfern gerecht werdend, aufzuarbeiten, aber dennoch ist ein Maß der Offenkundigkeit, diese Situation parteipolitisch, und zwar seitens der Grünen, zu nutzen, nicht zu verkennen. Zu vergessen ist nicht, dass gerade der Umgang mit der Sexualität mit Kindern eine dramatische ideologiegeschichtliche Verquickung mit der grünen Seite aufweist. (Abg. Mag. Steinhauser: Das ist ein parteipolitisches Argument!)

Leider ist daran zu erinnern, dass es die Grünen waren, die im Jahre 1985 im Deut­schen Bundestag darauf hingewirkt haben, die Strafbarkeit des sexuellen Umganges mit Kindern aufzulösen. (Abg. Mag. Steinhauser: Was Sie da sagen, ist skandalös! Schä­men Sie sich!) Man hat damals versucht – unter dem Titel: einvernehmliche Sexualität ist eine Form der Kommunikation zwischen Menschen jeglichen Alters, Geschlechts und so weiter –, da die Strafbarkeit aufzuheben. (Abg. Mag. Steinhauser: Schämen Sie sich!) Da sollen Sie sich schämen aus diesem heutigen Anlass, da drüberzuwi­schen! Das gehört zu Ihrer Ideen-Geschichte! (Beifall bei der FPÖ sowie bei Abgeord­neten der ÖVP.)

Und das ist heute auch ein willkommener Anlass für Sie, um auf eine tragende Säule der gesellschaftlichen Ordnung loszugehen, nämlich auf die katholische Kirche. (Abg. Öllinger: Geht es Ihnen noch gut?)

Die Freiheitliche Partei steht klar auf dem Standpunkt „Trennung von Staat und Kir­che“, aber dieser anlassbezogene Versuch, auf katholische Einrichtungen loszuge­hen – und gar den Papst als „Mittäter im geistigen Sinne“ anzuführen, wie das ja auch von Ihrer Ecke kommt –, das lehnen wir ab! (Abg. Mag. Steinhauser: Kein Wort davon habe ich gesagt! Das, was Sie sagen, ist parteipolitisch! Schämen Sie sich!) – Wenn das missverständlich ausgedrückt wurde, dann können Sie sich ja davon distanzieren! (Zwischenrufe bei den Grünen.)

Kurz und gut: Es gibt Anlass genug, sich dieser Thematik ernsthaft und fern von partei­politischer Nutzung zuzuwenden! (Abg. Mag. Steinhauser: Das richtet sich an Ihre Ad­resse! – Weitere Zwischenrufe bei den Grünen.)

Sie können noch so viel schreien: Diese Möglichkeit, die Sie mit einem Schielen auf parteipolitischen Nutzen mit dieser Materie verbinden, ist Ihnen nicht abzunehmen! – Danke schön. (Beifall bei der FPÖ.)

9.39



Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll60. Sitzung / Seite 40

Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Mag. Mu­siol. – Bitte sehr.

 


9.40.28

Abgeordnete Mag. Daniela Musiol (Grüne): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Wahr­scheinlich erwartet man jetzt von mir, dass ich auf diese unhaltbaren Aussagen des Herrn Kollegen Fichtenbauer vertieft eingehe. (Zwischenrufe bei der FPÖ.) Herr Kolle­ge Fichtenbauer, das werde ich nicht tun, denn das, was Sie hier getan haben, ist Ihre übliche Variante des Verhetzens und des vom Thema Ablenkens. (Abg. Weinzinger: Das ist der Höhepunkt! Unglaublich!) Dieser werde ich nicht folgen, sondern ich werde mich weiter mit unserem Ziel auseinandersetzen, nämlich dem Ziel, dass den Opfern von institutioneller Gewalt – sei es in Kirchen, sei es in anderen Einrichtungen – gehol­fen wird. (Beifall bei den Grünen sowie bei Abgeordneten der SPÖ.)

Warum brauchen wir diese Aktuelle Stunde zu diesem Thema? Kollege Jarolim hat es angesprochen, Kollege Steinhauser natürlich auch. (Neuerlicher Zwischenruf des Abg. Weinzinger.) – Wir brauchen diese Aktuelle Stunde, weil wir alle verantwortlich sind, weil Verantwortung aller staatlichen Institutionen und Einrichtungen gefordert ist und weil die Regierung, die Regierungen, die Regierungsmitglieder in den letzten Wochen diese Verantwortung nicht wahrgenommen haben.

Ich kann Ihnen erklären, warum das so ist. Es war die Rede von einem runden Tisch. Der runde Tisch wurde erst nach Wochen des Bekanntwerdens diverser Fälle in den Medien einberufen. Er wurde aber bewusst unter dem Titel „Sexueller Missbrauch in den Familien“ einberufen. Kollege Steinhauser hat es auch schon dargelegt: Alle Ver­suche der Expertinnen und der Experten, die eingeladen waren – die Opfer wurden ja insgesamt ausgespart; auch diverse Versuche der Betroffenen, eingeladen zu werden, wurden von den Ministerinnen abgeschmettert –, auch auf die Fälle von Missbrauch, sexueller Gewalt, körperlicher Gewalt, physischer Gewalt in diversen Institutionen, kirchlichen Institutionen, Institutionen, die von staatlichen Heimen geführt wurden, auf­merksam zu machen, wurden von den anwesenden Ministerinnen und Staatssekretä­rinnen – also von Frau Ministerin Bandion-Ortner und Frau Staatssekretärin Marek – abgeschmettert. Es wurde auf das Thema sexueller Missbrauch in der Familie abgelenkt.

Ja, sexueller Missbrauch in der Familie ist ein Thema. Ja, das ist er schon seit Jahren. Ja, es gibt auch zahlreiche Initiativen der Grünen, den Opferschutz hier nicht einzu­schränken, sondern auszuweiten und zu unterstützen.

Aber aktuell, konkret haben wir es mit einer ganzen Anzahl von Menschen zu tun, die betroffen sind, die sich erstmals zu Wort gemeldet haben, um klarzulegen: Ja, wir sind Betroffene von Gewalt in kirchlichen, in nichtkirchlichen Institutionen, in welchen wir als Kinder und Jugendliche erwachsenen Personen anvertraut waren.

Seitens der Bundesregierung davon abzulenken und keinerlei Taten zu setzen, um die­sen Menschen die Möglichkeit zu geben, einerseits sich über die Medien hinaus über­haupt irgendwo zu melden und zu sagen: Ich möchte zum ersten Mal darüber spre­chen!, keinerlei Gespräch anzubieten, im Sinne von: Was wird denn gebraucht? Was sind denn eure Vorstellungen, was wollt ihr?, und auch keinerlei Interesse zu zeigen, an einer nahtlosen, transparenten Aufklärung in Form einer Untersuchungskommission zu wirken, geschweige denn darüber nachzudenken, wie diese Opfer denn entschädigt werden könnten, ist untragbar und am Rande der Erträglichkeit. (Beifall bei den Grünen.)

Und wenn Sie, Herr Kollege Neugebauer, hier die „Möwe“ ins Treffen führen, dann ha­ben Sie offensichtlich den „Standard“-Artikel am Tag nach dem runden Tisch nicht ge­lesen! (Abg. Neugebauer: Ich brauche keinen Artikel zu lesen, ich kenne die „Möwe“ seit Jahren!)


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll60. Sitzung / Seite 41

Wir Grüne haben von Beginn an gefordert, dass es eine von der Bundesregierung fi­nanzierte, von allen Institutionen, kirchlichen Institutionen unabhängige Opfer-Hotline gibt. Denn es ist unerträglich für jeden Betroffenen, wenn er sich bei der Einrichtung melden muss, in der ihm oder ihr Gewalt angetan wurde. Das ist eine Retraumatisie­rung, die wir nicht unterstützen dürfen. Ich werde daher heute auch einen entsprechen­den Antrag einbringen, der die Finanzierung dieser Hotline ermöglicht.

Und was passiert? – Die Regierung ist untätig. Eine private Initiative bildet sich, bietet diese Möglichkeit an. Es gibt ja eine Telefonnummer, wo sich Betroffene hinwenden können. Die Kooperation mit bestehenden Institutionen wurde seitens dieser Plattform „Betroffene kirchlicher Gewalt“ angestrebt.

Es haben sich bis zum heutigen Tag über 200 Menschen gemeldet, die Unterschiedli­ches wollen. Manche von ihnen haben das erste Mal darüber gesprochen und wollten einfach nur darüber sprechen. Die älteste Person war 90 Jahre alt und hat das erste Mal darüber gesprochen. Andere wollten therapeutische Unterstützung und Behand­lung. Andere wollten wissen: Hat die Person, die mir das angetan hat, auch anderen Menschen das angetan? Das heißt, es gibt das Bedürfnis, dass da vernetzt wird, dass man erfährt: Haben die Menschen, die mir das angetan haben, auch anderen Kindern das angetan? (Präsidentin Mag. Prammer gibt das Glockenzeichen.)

Und was macht der runde Tisch? – Der runde Tisch verkauft die „Möwe“ als eine Hot­line. Aber die Geschäftsführerin der „Möwe“ hat es ganz klar gesagt: Die „Möwe“ ist da­für nicht ausgestattet. Es ist ein anderer Zugang, ob ich mit Betroffenen von Gewalt spreche, die schon im Erwachsenenalter sind und wo die Gewalt Jahrzehnte zurück­liegt, oder mit Kindern. (Präsidentin Mag. Prammer gibt neuerlich das Glockenzei­chen.) Die „Möwe“ sagt: Wir leiten diese Personen an die private Initiative weiter. Das ist ein Beleg mehr, dass nicht seitens des Staates (Präsidentin Mag. Prammer gibt neuerlich das Glockenzeichen) unterstützt wurde, sondern dass hier die private Initiati­ve unterstützt wird.

Frau Ministerin, Sie haben auf die Fragen des Kollegen Steinhauser keine Antwort ge­geben! Vielleicht kommt das ja noch von Ihrer Kollegin Heinisch-Hosek. (Beifall bei den Grünen.)

9.46


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Klubob­mann Bucher. – Bitte.

 


9.46.44

Abgeordneter Josef Bucher (BZÖ): Frau Präsidentin! Sehr geehrte Frau Bundesmi­nisterin! Sehr geehrte Damen und Herren! Opferschutz und Kindesmissbrauch ist ein sehr wichtiges Thema, ein sehr emotionales Thema, eines, das die Bevölkerung sehr bewegt. Ich versetze mich jetzt auch ein wenig in die Situation jener vielleicht Betrof­fenen, die zu Hause vor den Bildschirmen diese Debatte mitverfolgen und nicht ver­stehen können, dass wir uns in dieser so sensiblen und heiklen Materie überhaupt in die Haare fahren können und dass es darüber keine einhellige Auffassung im Hohen Haus gibt (Beifall beim BZÖ), in erster Linie für die Opfer die richtigen Gesetze zu ma­chen und keiner Abschwächung im Sinn einer Berücksichtigung von Täterinteressen den Vorzug zu geben.

Meine sehr geehrte Frau Bundesministerin, Sie haben heute richtigerweise den Satz ausgesprochen: Sie wollen alle gesellschaftlich relevanten Gruppierungen unserer Re­publik in die Beratungen einbinden, die jetzt aufgrund der akuten Fälle, die sich in den letzten Monaten ereignet haben, notwendig sind.

Aber dann frage ich Sie auch zu Recht, Frau Bundesministerin, warum Sie nicht auch das Parlament in die Beratungen eingebunden haben, warum wir, die politischen Grup-


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll60. Sitzung / Seite 42

pierungen des Hohen Hauses, wo wir doch die Gesellschaft unserer Republik als Volks­vertretung abbilden, nicht auch am runden Tisch teilnehmen dürfen, wo wir unse­re An­liegen und unsere Vorschläge zur Bewältigung dieser sehr schwierigen Situation, wo es darum geht, den Opfern eine wichtige Stütze in der Bewältigung ihrer Probleme und ihrer Gefühle zu sein, deponieren könnten! (Beifall beim BZÖ.)

Dieses Thema ist kein Randthema. Es ist ein massives Thema, wenn wir erfahren, dass in Österreich beispielsweise die Dunkelziffer von Kindesmissbrauch bei 20 000 Fällen pro Jahr liegt. Das ist keine Bagatellangelegenheit, das ist ein massives gesellschafts­politisches Problem, dessen wir uns annehmen müssen, weil es die Verpflichtung des Gesetzgebers ist, dafür zu sorgen, dass ordentliche Gesetze gemacht werden. Das ist immer noch der beste, der effizienteste Opferschutz, meine sehr geehrten Damen und Herren. (Beifall beim BZÖ.)

Daher kann ich es nicht verstehen, wie Kindesmissbrauch, wie Mord an den Seelen junger Menschen überhaupt verjähren kann. Mord, meine sehr geehrten Damen und Herren, kann niemals verjähren. Daher ist es für mich unverständlich, dass es dafür überhaupt Verjährungsfristen in unserem Gesetz gibt. Das kann es nicht geben, des­sen müssen wir uns annehmen, das ist abzuschaffen, meine sehr geehrten Damen und Herren! (Beifall beim BZÖ.)

Opferschutz muss an erster Stelle stehen – und nicht die Berücksichtigung von Täter­interessen, sehr geehrte Frau Bundesministerin!

Ich bin sehr glücklich, dass auch die Grünen dieses Thema aufgegriffen haben, über­haupt keine Frage, das ist wichtig und richtig.

Ich bin skeptisch, was die Einführung eines Fonds anlangt, weil ich grundsätzlich skep­tisch bin, was Fonds betrifft. Ein Fonds ist so eine Art Geldspeise, die immer wieder angezapft wird – ob berechtigt oder unberechtigt –, die administrativ sehr aufwendig ist, sehr viel Geld verschlingt.

Mir wäre es am allerwichtigsten, meine sehr geehrten Damen und Herren, konsequen­te, starke, wirksame Strafen und Gesetze zu verabschieden, die die Täter kategorisch abschrecken. Das wäre das Gebot der Stunde, darüber müssen wir reden. (Beifall beim BZÖ sowie des Abg. Dr. Graf.)

Es kann nicht sein, meine sehr geehrten Damen und Herren, dass es immer noch einen § 207 im Strafgesetzbuch – normaler Missbrauch – gibt. (Abg. Ing. Westentha­ler: Wer das erfunden hat! Unfassbar!) Meine sehr geehrten Damen und Herren, was ist denn an einem Missbrauch normal? Überlegen wir uns doch einmal die Wortge­bung dieses Gesetzes: „normaler Missbrauch“! Kann es ein Nationalrat in der heutigen Zeit überhaupt verantworten, dass wir „normalen Missbrauch“ überhaupt dulden? Mei­ne sehr geehrten Damen und Herren, das darf es nicht geben. Dieser Gesetzespassus ist zu streichen! „Normale Missbräuche“ sind zu beseitigen, soll es nicht mehr geben! (Beifall beim BZÖ. – Ing. Westenthaler: Jeder Missbrauch ist schwer!)

Wir sollen uns dem Missbrauch der Kinder widmen, beispielsweise § 92 des Strafge­setzbuches, wenn ich diesen noch erwähnen darf. Wer Kinder zu Tode quält, bekommt maximal 10 Jahre Freiheitsentzug. Wer Kinder zu Tode quält, bekommt maximal 10 Jah­re! – Meine Damen und Herren, wer Kinder zu Tode quält, muss sein ganzes Leben lang hinter Tür und Gitter verbringen. Das ist mein fester Grundsatz. – Danke. (Beifall beim BZÖ sowie des Abg. Dr. Graf. – Abg. Ing. Westenthaler: § 92, lebenslänglich ist gefordert!)


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9.52


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Frau Bundesministerin Heinisch-Hosek hat sich zu Wort gemeldet. – Bitte.

 


9.52.14

Bundesministerin für Frauen und öffentlichen Dienst Gabriele Heinisch-Hosek: Frau Präsidentin! Frau Kollegin! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Ich glaube, es ist der richtige Zeitpunkt für meine Person zu sagen, dass ich zutiefst bedauere, was jedem einzelnen Opfer in diesem Land widerfahren ist. Da geht es auf der einen Seite selbstverständlich um die Opfer, die Gewalt und Missbrauch in der Kirche erfahren ha­ben, da geht es selbstverständlich um die Opfer, die Gewalt und Missbrauch in Heimen und anderen Institutionen erfahren haben, und da geht es selbstverständlich um die Opfer, die Gewalt und Missbrauch in der Familie erfahren haben. All diesen Gruppen – so glaube ich – sollten wir tiefsten Respekt zollen. Und wir sollten noch einmal zum Ausdruck bringen, dass die Bundesregierung absolut keine Toleranz gegenüber diesen schwerwiegenden Menschenrechtsverletzungen hat. Ich bedauere das zutiefst. (Beifall bei SPÖ und ÖVP.)

Wenn heute gefordert wird, dass die Opfer der katholischen Kirche, der Kirche (Ruf beim BZÖ: Und der „Kinderfreunde“!) besonders im Fokus stehen müssen, so beginne ich mit dieser Gruppe und möchte sagen, dass vor einem Monat wieder ein Dialog von Bundeskanzler Faymann mit den 14 Kirchen und anerkannten Religionsgemeinschaf­ten in diesem Land stattgefunden hat (Abg. Mag. Stadler: Was hat die SPÖ gemacht für die Opfer der „Kinderfreunde“?), wo selbstverständlich – schon vor einem Monat – das Thema Gewalt und sexueller Missbrauch in der katholischen Kirche zum Thema gemacht wurde, auf der einen Seite vom Herrn Bundeskanzler selbst, auf der anderen Seite von Kardinal Schönborn, der im Zuge des Gespräches die Leitlinien an den Bun­deskanzler übergeben hat, die die katholische Kirche erstellt hat, um genau jetzt wirk­sam zu werden und diesen Missbrauch für die Zukunft präventiv zu bekämpfen, aber auch vor allem den Opfern hundertprozentige Hilfe zukommen zu lassen.

Im Zuge des Gespräches hat der Herr Bundeskanzler mehr als einmal betont, dass ihm hundertprozentige Aufklärung wichtig ist, dass wir im Rahmen aller rechtsstaatli­chen Möglichkeiten alle Maßnahmen ausschöpfen sollten, damit den Opfern geholfen wird. Es geht ja um Opfer, die 50, 60, 70 Jahre alt oder älter sind – wie heute auch schon gesagt wurde –, die zum ersten Mal darüber reden können. Es geht aber auch um junge Opfer. Es geht selbstverständlich auch um Kinder.

Ich glaube, dass es wichtig ist, dass der Herr Bundeskanzler betont hat, auch Verbes­serungen, Veränderungen oder gegebenenfalls sogar Verschärfungen sollten ange­dacht werden, wenn dies nötig ist.

So denke auch ich, dass keinesfalls die Bundesregierung verharmlost, was an Verbre­chen an diesen Menschen begangen wurde, sondern sehr wohl Maßnahmen setzt, wie die Einrichtung dieser einen Kommission. (Abg. Mag. Stadler – auf einen auf der Ga­lerie stehenden, filmenden Mann deutend –: Frau Präsidentin, ... Berechtigung? – Abg. Ing. Westenthaler: Hat er eine Filmberechtigung?) Auch ich bin der Meinung, dass wir gespannt sein sollen, welche unabhängigen Experten/Expertinnen dort zusammen­kommen werden. Nächste Woche wird präsentiert werden, wer daran arbeitet.

Ich meine, dass es vor allem wichtig ist, dass den Opfern, die Therapie benötigen, die­se Therapie zunächst einmal bezahlt wird. Über andere Entschädigungszahlungen muss man selbstverständlich reden. Ich glaube aber, dass es wichtig ist, dass jetzt einmal der Heilungsprozess beginnen kann und diese Therapien von der katholischen Kirche si­chergestellt werden müssen. Diese Zusage gibt es ja bereits. (Abg. Grosz: ... Monopol! Kinderfreunde!)

Ich möchte keine Verwirrung stiften, aber dennoch ausführen: Es gibt eine Opfer-Hot­line für Kinder – das wurde heute schon erwähnt –, selbstverständlich gibt es eine Op­fer-Hotline des Justizministeriums, die der „Weisse Ring“ betreibt, die größte Opfer-


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schutzeinrichtung in unserem Land, es gibt die Gewaltschutzzentren, die Anlaufstelle sind, die in jedem Bundesland vorhanden sind, wo sich Männer und Frauen hinwen­den können, wenn Gewalt im Spiel war.

All diese Hotlines bekannter zu machen und mehr zu vernetzen, kann ein Auftrag sein, dem wir nachkommen sollten – das ist keine Frage –: die Bewerbung der Nummern, die man 365 Tage im Jahr rund um die Uhr in Anspruch nehmen kann, damit der nächste Schritt passieren kann, wenn nötig eine Therapie, falls nur notwendig vielleicht auch nur ein Gespräch, um erzählen zu können, was passiert ist.

Ich glaube, dass es wichtig ist, über zukünftige Veränderungen, vielleicht sogar Ver­schärfungen von Gesetzen die Debatte zu führen, das ist keine Frage. Auch ich denke daran, über Verjährungsfristen noch einmal nachzudenken. Wir haben beim zweiten Gewaltschutzgesetz diese Verjährungsfristen verlängert. Auch ich denke aber daran, die Strafrahmen, das Strafausmaß zu überdenken – wie heute schon gesagt wurde –, dass für Vergehen, für sexuellen Missbrauch oder andere abscheuliche Gewalttaten an Kindern (Abg. Mag. Stadler: Das sind doch keine Vergehen, das sind Verbrechen!) der Strafrahmen vielleicht noch nicht so ausgeschöpft ist, wie er ausgeschöpft werden soll­te, damit abschreckende Wirkung der Fall ist. (Abg. Mag. Steinhauser: Das ist ja jetzt schon nicht der Fall!)

Ich glaube, dass es wichtig ist, auch an dieser Stelle zu betonen, dass die finanziellen Mittel für Prozessbegleitung von Opfern von Gewalt sichergestellt sind, dass da nichts einfach reduziert wird, obwohl der Budgetkonsolidierungskurs ein sehr harter wird und für jedes Ressort und für jedes Ministerium das gleiche Geld zur Verfügung ist.

Ich appelliere zum Schluss daran, dass wir auch in Zukunft sicherstellen müssen, dass es nicht nur Lippenbekenntnisse sind, dass wir hinter den Gewaltschutzeinrichtungen, allen Frauenberatungseinrichtungen, allen Frauenhäusern, der Männerberatung in un­serem Land, den Opfer-Hotlines und allen Notrufen, die es gibt, stehen, sondern dass wir – auch weil die Fälle im Steigen begriffen sind, die Dunkelziffern erschreckend hoch sind – weiterhin bereit sind, finanziell all diese Einrichtungen abzusichern, und gegebe­nenfalls – in dem Sinne, wie es der Herr Bundeskanzler gemeint hat – auch darüber nachdenken sollten, wie wir vielleicht noch Veränderungen, Verbesserungen, gegebe­nenfalls Verschärfungen der bestehenden Gesetzeslage andenken können, damit wir jedem einzelnen Opfer auf seine, auf ihre Art ganz persönlich als Staat, als Bundes­regierung, als Verantwortungsträger und -trägerinnen diesen Schritt entgegenkommen können, dass Heilung beginnen kann. (Beifall bei SPÖ und ÖVP.)

9.59


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Binder-Maier. – Bitte.

 


9.59.29

Abgeordnete Gabriele Binder-Maier (SPÖ): Frau Präsidentin! Mitglieder der Bundes­regierung! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Immer wieder werden wir mit neu­en Berichten konfrontiert, die mit sexueller Gewalt, sexuellem Missbrauch, aber auch mit körperlichen und seelischen Misshandlungen zu tun haben.

Derzeit betrifft dies in der öffentlichen Diskussion verstärkt Institutionen der katholi­schen Kirche, Schulen, Internate. Tagtäglich lesen wir über Übergriffe an Kindern in pädagogischen Einrichtungen, aber auch in jenen Bereichen, wo eigentlich Schutz und Geborgenheit sein sollte, nämlich in den Familien.

Es sind Scheußlichkeiten, die zutage kommen. Sie haben mit Gewalt, mit Perversion, mit Abhängigkeit, mit Angst, mit Schmerzen und Verletzungen zu tun. Gerade aber in in sich geschlossenen Räumen, in in sich geschlossenen Institutionen finden wir immer wieder Abläufe, Strukturen, die nicht nach draußen dringen, wo jeder jeden deckt.


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll60. Sitzung / Seite 45

Die überwiegende Mehrzahl der hohen Anzahl von Betroffenen in der derzeitigen Dis­kussion und in der öffentlichen Debatte waren Buben, männliche Jugendliche, die zu Opfern wurden – heute erwachsene Männer. Sie wurden Opfer eines Systems, das lange nicht durchschaut wurde, nicht durchbrochen wurde, wo Stillschweigen gewahrt wurde, wo lange geschwiegen wurde. Schon vor einigen Jahren wurde in Österreich die Debatte über Missbrauch in katholischen Einrichtungen geführt, und wie sich zeigt, war das nur die Oberfläche.

In den letzten Monaten wurde eine Flut von Betroffenheit artikuliert, hörbar und sicht­bar. Und dieses Nicht-mehr-Schweigen und dieses Nicht-mehr-leise-Sein hat eine La­wine in Gang gesetzt, meine Damen und Herren. Menschen, die jahrelang geschwie­gen haben – aus Scham, aus Hilflosigkeit, aus Angst –, sind nun im Zentrum der De­batte. Klare Worte der Entschuldigung sind notwendig. Vergessen werden diese Ereig­nisse nie werden.

Was ist zu tun, meine Damen und Herren, damit derlei Vorkommnisse hintangehalten werden können? – Zum einen gibt es einen klaren Bildungsauftrag: Kinder müssen star­ke, selbstbewusste Persönlichkeiten werden. Wir brauchen für geschlossene Schulsys­teme, für Einrichtungen ein effizientes Kontrollsystem, das innerhalb dieser funktioniert und das auch Kontrolle von außen ermöglicht.

Im Übrigen, meine Damen und Herren, bin ich auch der Überzeugung, dass dies auch für Einrichtungen für Menschen mit besonderen Bedürfnissen gilt, wie auch für Einrich­tungen für ältere pflegebedürftige Menschen. Gerade auch diese sind wehrlos ausge­liefert und können sich vielfach nicht artikulieren.

Die Forderung nach einem Entschädigungsfonds für Opfer wird von uns unterstützt, vor allem wenn es darum geht, Therapiekosten zu finanzieren, notwendige Therapien zu ermöglichen. Die Zustimmung von uns gibt es auch zur Forderung nach Schadener­satz analog dem amerikanischen System, wo die katholische Kirche Geld zur Verfü­gung gestellt hat.

Wir müssen auch darüber nachdenken, wie bestehende Schutzeinrichtungen, Kinder­schutzzentren weiterhin gut dotiert werden, damit diese auch weiterhin ihrer notwendi­gen Arbeit nachkommen können. Das heißt: Keine Kürzungen, sondern ein Mehr an Geld, denn gerade diese Kinderschutzzentren, diese Gewaltschutzzentren sind jene Einrichtungen, wo oftmals gepeinigte und wehrlose Kinder, aber auch Erwachsene, die Hilfestellungen leisten wollen, die nötige Unterstützung erhalten.

Zusammengefasst, meine Damen und Herren: Missbrauch ist ein gesellschaftliches Phänomen, und alle Maßnahmen, die dieses verhindern, sind zu unterstützen und zu fördern. Das sind wir den Opfern schuldig, ebenso wie klare, ehrliche Worte der Ent­schuldigung und des Bedauerns – wiewohl ich aber auch bemerken möchte, dass die Arbeit mit den Tätern auch ein Teil unserer Arbeit und Überlegungen sein muss.

Zum Schluss kommend, meine Damen und Herren: Vor 30 und mehr Jahren waren körperliche Misshandlungen, Missbrauch Tabuthemen. Viele von uns werden sich erin­nern, es selbst erlebt zu haben, in kleineren oder größeren Ausformungen, dass Züch­tigungen an der Tagesordnung waren. Kinder zu schlagen, Kinder zu misshandeln ist verboten und kein Kavaliersdelikt. Es geht heute um gegenseitigen Respekt, um Wür­de, Verantwortung und Menschenrechte. (Beifall bei der SPÖ sowie bei Abgeordneten der ÖVP.)

10.04


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Mag. Don­nerbauer. – Bitte.

 



Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll60. Sitzung / Seite 46

10.05.09

Abgeordneter Mag. Heribert Donnerbauer (ÖVP): Werte Frau Präsidentin! Werte Bundesministerin! Meine sehr geehrten Damen und Herren hier im Hohen Haus! Werte Zuseherinnen und Zuseher! Es ist zweifellos ein sehr heikles Thema, dem wir uns hier heute zu widmen haben. Gewalt gegen Kinder und Jugendliche, insbesondere natür­lich auch sexuelle Gewalt und sexueller Missbrauch von Kindern und Jugendlichen zählen zweifellos zu den abscheulichsten Verbrechen, die man sich überhaupt nur vor­stellen kann. Dies vor allem auch deswegen, weil die Wunden, die diesen Kindern und Jugendlichen da zugefügt werden, über sehr lange Zeit, oft auch lebenslang nicht ver­heilen. Dieser Satz gilt aber natürlich völlig unabhängig davon, ob Gewalt und sexueller Missbrauch in kirchlichen Einrichtungen stattfinden, ob sie in staatlichen Einrichtungen oder in privaten Einrichtungen oder aber auch im familiären Umfeld stattfinden.

Es ist daher, glaube ich, richtig und gut, dass wir uns damit heute auch auseinander­setzen, dass der Staat und auch der Gesetzgeber sich immer wieder – und ich glaube, das ist auch ein laufender Prozess – mit diesem Thema beschäftigen, wie der Schutz der Schwächsten unserer Gesellschaft, der Kinder und der Jugendlichen vor sexueller Gewalt und sexuellem Missbrauch noch weiter verbessert und ausgebaut werden kann. Auch dies gilt aber völlig unabhängig davon, ob Kinder in kirchlichen Einrichtun­gen betreut werden oder in staatlichen oder privaten. Ich meine, meine sehr verehrten Damen und Herren, alle Kinder, alle Jugendlichen haben Anspruch auf staatlichen Schutz und staatliche Unterstützung.

Daher wurden in den letzten Jahren gerade auch im Hinblick auf dieses besondere Schutzbedürfnis zahlreiche gesetzliche Maßnahmen ergriffen, die sexuelle Gewalt und Missbrauch gerade auch gegen Kinder und Jugendliche möglichst unterbinden und verhindern sollen. Ich möchte hier nur einige gesetzliche Maßnahmen, die wir gemein­sam beschlossen haben, insbesondere auch das heute schon einige Male erwähnte zweite Gewaltschutzpaket aus dem Vorjahr, beispielhaft erwähnen.

So wurde in den vergangenen Jahren bereits mehrmals, zuletzt eben auch im Vorjahr, die Verjährungsfrist sehr stark ausgedehnt. Wir sind hier auch im internationalen Ver­gleich durchaus sehr weit vorne. Bei minderjährigen Opfern beginnt die Verjährungs­frist überhaupt erst mit dem 28. Lebensjahr zu laufen, sodass sie bei schweren Fällen frühestens mit dem 48. Lebensjahr endet.

Es wurden – und auch das ist eine Forderung, die heute schon einige Male erwähnt worden ist – bei einigen einschlägigen Delikten die Strafrahmen sehr deutlich erhöht, auch Strafuntergrenzen eingeführt, sodass hier das Gericht nicht unter einen gewissen Mindeststrafrahmen gehen kann, und es wurden auch erstmals bei Vergewaltigung und sexuellem Missbrauch mit Todesfolge lebenslange Strafen ermöglicht. Es wurde die Probezeit gerade bei Sexualstraftaten sehr deutlich verlängert, genauso auch die Tilgungsfristen. Die Auskunft über solche Straftaten ist daher sehr lang, zum Teil auch lebenslang möglich, die Vormerkung wird lebenslang vorgehalten.

Es wurde – und ich glaube, auch das ist ein wichtiger Punkt – eine auch durchaus dau­erhafte und lebenslange gerichtliche Aufsicht von Sexualstraftätern eingeführt, und ich glaube, ganz, ganz wichtig war im Vorjahr auch, dass das erste Mal ein gerichtliches Tätigkeitsverbot ermöglicht wurde. Das Gericht kann bei Sexualstraftätern auf Dauer, auch auf unbestimmte Zeit die Tätigkeit in gewissen Einrichtungen, wie Erziehungsein­richtungen, einfach unterbinden und verbieten. Ich glaube, das ist ein wichtiger Punkt im Sinne der Prävention. Es wurde auch eine Sexualstraftäterdatei gesetzlich einge­führt, mit Auskunftsrechten auch für Schulen und Kinderbetreuungseinrichtungen.

Und weil natürlich auch die Opfer im Zentrum unserer Betrachtung stehen sollen, wur­de in den letzten Jahren die Prozessbegleitung, nicht nur die juristische, sondern auch die psychosoziale, sehr stark ausgebaut.


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll60. Sitzung / Seite 47

Zuletzt möchte ich nur als Beispiel noch erwähnen, dass auch der Tatbestand des Miss­brauchs eines Autoritätsverhältnisses – der ja in dem Zusammenhang, den wir hier dis­kutieren, sehr oft vorkommt – auf Ärzte, Kranken- und Pflegepersonal, Psychotherapeu­ten und auch auf Seelsorger erstmals ausgedehnt wurde.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, natürlich können gesetzliche Maßnahmen, insbesondere Strafgesetze, solche Taten – noch dazu, wenn sie Jahrzehnte zurücklie­gen – nicht ungeschehen machen. Auch die besten Gesetze können solche abscheuli­che Verbrechen nicht mit hundertprozentiger Sicherheit verhindern. Dazu bedarf es mehr – vieles davon wurde heute schon angesprochen –: einfach auch einer Kultur des Nicht-Wegsehens, Zivilcourage, entsprechender Aufmerksamkeit in diesem Bereich. (Beifall bei der ÖVP.)

Aber selbst, meine sehr verehrten Damen und Herren, wenn es uns gelingt, mit Maß­nahmen, auch mit durchaus weiteren Maßnahmen nur ein Verbrechen zu verhindern, nur einem Opfer zu helfen, dann ist es wert, darüber zu diskutieren. Und dafür stehen wir natürlich auch in Zukunft gerne zur Verfügung. (Beifall bei der ÖVP.)

10.09


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Dr. Hüb­ner. – Bitte.

 


10.10.35

Abgeordneter Dr. Johannes Hübner (FPÖ): Sehr geehrte Damen und Herren! Frau Minister! Hohes Haus! Die Reaktionen der Grünen, der Kollegin Musil insbesondere (Abg. Mag. Musiol: Musiol!) – Musiol, entschuldigen Sie, Frau Kollegin –, auf die Aus­führungen unseres lieben Kollegen Fichtenbauer haben uns eines gezeigt: Geringste Kritik an grünen Standpunkten, grünen Ideen und grünen Politikern ist im Grünsprech „Hetze“. (Abg. Mag. Steinhauser: Hören Sie auf zu parteipolitisieren! Das bringt nichts!) Mit dieser „Hetze“ und „Polemik“, wie Sie das nennen, sollten wir uns ein bisschen aus­einandersetzen und hinterfragen, ob das wirklich alles Hetze ist. (Abg. Mag. Musiol: Kommen Sie zur Sache! – Abg. Mag. Steinhauser: Reden Sie zur Sache! – Nicht in die Opferrolle begeben!)

Das Wort „Nulltoleranz“ ist heute vielfach gefallen: „Nulltoleranz“ gegen Kinderschän­der, „Nulltoleranz“ gegen die und die. – Schauen wir uns aber einmal an, ob Nulltole­ranz von Ihnen wirklich gegen alle gefordert wird, oder nur Nulltoleranz gegen die, die Ih­nen nicht passen. (Beifall bei der FPÖ. – Abg. Mag. Steinhauser: Begebt euch nicht immer in die Opferrolle!)

Ich darf vielleicht, Herr Kollege Steinhauser (Abg. Mag. Steinhauser: Ihr seid immer in der Opferrolle! Ihr redet nie über die wirklich Betroffenen!), bevor Sie hier über den Tisch springen, eine kleine Vorlesung machen – eine kurze, denn ich habe nur 5 Minu­ten Zeit. Ich zitiere (Abg. Mag. Steinhauser: Ihr tut mir so leid! Ihr seid immer in der Opferrolle! Wie werden einmal eine Aktuelle Stunde über euch machen, wie man euch helfen kann!):

„Ich habe in diesem Kindergarten zwei Jahre lang gearbeitet. Dort waren Kinder zwi­schen zwei und fünf Jahren – eine phantastische Erfahrung. ...

Mein ständiger Flirt mit allen Kindern nahm bald erotische Züge an. Ich konnte richtig fühlen, wie die kleinen Mädchen von fünf Jahren schon gelernt hatten, mich anzu­machen. ...

Es ist mir mehrmals passiert, dass einige Kinder meinen Hosenlatz geöffnet und ange­fangen haben, mich zu streicheln. Ich habe je nach den Umständen unterschiedlich reagiert, aber ihr Wunsch stellte mich vor Probleme. Ich habe sie gefragt: ,Warum spielt ihr nicht untereinander, warum habt ihr mich ausgewählt und nicht andere Kin­der?‘ Aber wenn sie darauf bestanden, habe ich sie dennoch gestreichelt.“


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll60. Sitzung / Seite 48

Jetzt können Sie raten, woher ich zitiert habe. Kennen Sie das? (Abg. Mag. Stadler: Daniel Cohn-Bendit! Allgemein bekannter Kinderschänder!) – Oh, der Herr Kollege Stadler ist gut informiert! Aber die grüne Fraktion offenbar nicht. (Abg. Mag. Stadler: Ja, ja, der Cohn-Bendit!) Das berühmte Buch – berühmt zumindest bei Leuten, die sich ein biss­chen auch für die andere Seite interessieren –: „Der große Basar. Gespräche mit Michel Lévy, Jean-Marc Salmon, Maren Sell“ – Daniel Cohn-Bendit.

Für alle, die es nicht wissen (Abg. Mag. Steinhauser: Und? Was hilft das den Betroffe­nen?) – Kollege Steinhauser, Sie werden es ja vielleicht wissen, wer Daniel Cohn-Ben­dit ist. (Abg. Mag. Steinhauser: Was hilft dieser Unsinn den Betroffenen?) Daniel Cohn-Bendit ist seit dem Jahr 2002 Vorsitzender der Fraktion Die Grünen/Europäische Freie Allianz im Europäischen Parlament. (Abg. Mag. Steinhauser: Schämen Sie sich! Schämen Sie sich!) – Lieber Kollege Steinhauser, bevor ich mich schäme, hören Sie mir noch ein bisschen zu!

Und wissen Sie, wann diese ganze Geschichte herausgekommen ist, wann man erst­mals den Cohn-Bendit damit konfrontiert hat? – 2001 war das. 2001, da hat Bettina Röhl (Abg. Mag. Steinhauser: Sagen Sie was zum Thema! Oder haben Sie nichts zu sa­gen?), eine konvertierte RAF-Aktivistin, das an die Öffentlichkeit gebracht. (Abg. Mag. Steinhauser: Sie haben nichts zu sagen, offensichtlich!) Und Cohn-Bendit hat darauf gemeint – nicht, dass er sich entschuldigt hat, all das, was Sie von der Kirche ver­langen –: Na ja, vielleicht war das etwas ungeschickt, das damals zu schreiben, aber das war die Zeit der sexuellen Revolution. (Abg. Mag. Steinhauser: Und was hilft das den Betroffenen? – Abg. Mag. Musiol: Lenken Sie nicht ab!)

Und die grüne Bewegung hat ja klare „Nulltoleranz-Konsequenzen“ daraus gezogen und hat den Daniel Cohn-Bendit zum Fraktionsvorsitzenden gewählt, der er bis heute ist! – Das zur Frage der Nulltoleranz in grüner Sicht, und das zur Frage, wer hetzt.

Der Standpunkt, der von Ihnen vertreten wird: Wer Täter und wer Opfer ist, das bestim­men wir; und sollte einmal in unseren Kreisen zufällig ein Täter sein, dann gibt es keine Opfer! (Abg. Mag. Steinhauser: Ihr habt nichts zu den Betroffenen zu sagen! Nur Po­lemik!) Dieser Standpunkt ist einer, der einer Diskussion wie der gegenständlichen, wo es um Terror gegen unsere Kinder geht, Hohn spricht.

Ich glaube, Sie haben sich durch diesen Antrag und durch die Fokussierung auf die Kirche in einer Weise selbst entlarvt, die mir in den letzten Monaten im Parlament noch nicht aufgefallen ist. (Abg. Mag. Steinhauser: Mich „entlarvt“ das überhaupt nicht! Jetzt machen Sie einmal einen Punkt!) – Herr Kollege, Sie können sich gerne zu Wort mel­den, aber jetzt bin ich am Wort! Ich habe das Mikrophon und bin daher auch akustisch stärker – deswegen ist es besser, sich zurückzuhalten. (Beifall bei der FPÖ.)

Ich frage Sie eines: Stellen Sie sich vor, Herr Kollege Steinbauer – rein rhetorisch ge­sprochen –, im Jahr 2001 hätte, sagen wir, der Bischof Krenn das geschrieben und es wäre an die Öffentlichkeit gekommen, und im Jahr 2002 wäre der Bischof Krenn, sa­gen wir einmal, Papst geworden. Stellen Sie sich nur einmal die grünen Reaktionen und auch die Reaktionen im „Standard“ oder im „profil“ oder im „FORMAT“ auf diese Geschichte vor! Oder stellen Sie sich vor, der Kollege Graf hätte das gesagt oder ge­schrieben, bevor er als Nationalratspräsident gewählt worden ist (Abg. Mag. Stein­hauser: Hat er es geschrieben? – Keine Ahnung!), oder die Barbara Rosenkranz hätte das vielleicht knapp vor der Wahl geschrieben! (Abg. Mag. Steinhauser: Was wollen Sie andeuten?) Stellen Sie sich einmal Ihre Reaktionen vor! Denken Sie ein bisschen weiter nach, und dann reden Sie noch einmal! (Abg. Mag. Steinhauser: Was wollen Sie andeuten?)

Lieber Kollege, ich will nicht etwas andeuten, sondern ich sage etwas, was nicht nur Ih­nen, sondern vielen Gleichgesinnten gilt, indem ich mich vielleicht noch einmal auf die


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Bibel berufe: „Warum siehst du den Splitter im Auge deines Bruders, aber den Balken in deinem eigenen Auge bemerkst du nicht?“ – Danke. (Beifall bei der FPÖ.)

10.15


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Es gelangt nun Frau Abgeordnete Mag. Jarmer zu Wort. – Bitte.

 


10.15.47

Abgeordnete Mag. Helene Jarmer (Grüne) (in Übersetzung durch eine Gebärden­sprachdolmetscherin): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Ministerinnen! Ho­hes Haus! Liebe Behindertenorganisationen! Liebe FernsehzuseherInnen! Bevor ich jetzt in dieses Thema einsteige, möchte ich wirklich meine tiefste Betroffenheit zum Ausdruck bringen. Ich bin wirklich schockiert, dass man aus Menschen, die betroffen sind, die vergewaltigt wurden, die missbraucht wurden, Parteipolitik macht! Ich bitte Sie, sehr geehrte KollegInnen, dass Sie auf die Betroffenen Rücksicht nehmen. (Beifall bei Grünen und FPÖ.)

Ich würde zu Beginn gerne zwei Beispiele bringen, wie man in der Vergangenheit mit Menschen umgegangen ist. Das eine betrifft eine kirchliche Institution: Damals hat man Kinder zum Beispiel in einen Raum gesteckt und hat Duschen über die Kinder ergehen lassen, und von draußen kam das Kommando, ob heiß oder kalt, und die Kinder muss­ten schreien. Und dann wurde diese Person – es war ein Abt, um den es sich gehan­delt hat – versetzt. Und jetzt stellen Sie sich vor, wohin man diese Person versetzt hat: Man versetzte diese Person in ein Behindertenheim! – Was heißt das? Bei Menschen, die sich noch viel weniger wehren können, kommt dieser Abt zum Einsatz?! Das sind die Konsequenzen, die man daraus zieht?!

Ein anderes Beispiel: Ein Lehrer an einer öffentlichen Einrichtung hat mehrere Kinder jahrelang sexuell missbraucht. Es kam zu einer Verhandlung, und dieser Lehrer wurde freigesprochen! Die einzige Konsequenz, die man daraus gezogen hat, war, dass die­ser Lehrer nicht mehr an öffentlichen Institutionen unterrichten durfte. Aber er durfte all­gemein, an Privatinstitutionen, weiter unterrichten. – Das sind die Konsequenzen, die wir ziehen?!

Betroffene Personen wollen immer wieder erklären, dass sie missbraucht wurden, sie wollen das zum Ausdruck bringen, aber oftmals werden sie nicht ernst genommen. Das wird oft abgetan als Phantasterei. Menschen mit Behinderungen, vielleicht lügen sie so­gar!, so wird das gesehen. Ein Anwalt hat einmal allgemein bei einer Verhandlung fest­gehalten: Nein, das glauben wir nicht, denn Menschen mit Behinderungen, die lügen sowieso!

Man sieht wirklich: In Österreich sind von den behinderten Frauen zwei Drittel von se­xuellem Missbrauch betroffen und zirka 50 Prozent der behinderten Männer. Und das ist wirklich eine große Anzahl. An jeder vierten behinderten Frau wurde echter sexuel­ler Missbrauch vollzogen.

Ich möchte noch ein paar weitere Beispiele zeigen. Wenn ich Ihnen die Anzahl der Be­troffenen visualisiere: Sagen wir, das macht so viel aus. (Die Rednerin macht eine ent­sprechende Handbewegung.) Unter den Körperbehinderten, wenn Sie hersehen, ent­spricht das visuell gesehen so viel. Und verhaltensauffällige Kinder sind fünffach be­troffen, in diesem Ausmaß! (Jeweils die entsprechende Handbewegung machend.)

Das heißt: Wie sollen Menschen, die sich selbst sprachlich nicht ausdrücken können, das jemandem mitteilen? Liebe Kollegen, stellen Sie sich das einmal vor: Es wurde heute von einer Telefon-Hotline gesprochen. Denken Sie auch daran, dass es Men­schen gibt, die sich sprachlich nicht ausdrücken können, die nicht anrufen können? Da­mit sind gemeint: schwer hörende Menschen, sprachbehinderte Menschen, gehörlose


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll60. Sitzung / Seite 50

Menschen. Wie sollen sie ihre Leiden zum Ausdruck bringen? – Denken Sie daran? Die sind dann wirklich isoliert!

Es gibt eine UN-Menschenrechtskonvention über die Rechte von Menschen mit Behin­derungen, und darin steht in einem Artikel, dass Gewalt an und Missbrauch und Aus­beutung von behinderten Menschen verhindert werden müssen.

Sehr geehrte Frau Ministerin, wir brauchen Maßnahmen! Wir brauchen eine Gesetzge­bung, die das verhindert, wir brauchen soziale Maßnahmen, wir brauchen Maßnahmen für den Bildungsbereich. Ich bitte Sie darum!

Wie schaut es jetzt mit dem Opferfonds aus? Werden Sie betroffene Menschen auch wirklich persönlich treffen? Wie sehen Ihre Pläne im Zusammenhang mit einem Run­den Tisch insofern aus, als ExpertInnen – betroffene ExpertInnen – eingeladen wer­den? Der Art. 4 der UN-Konvention besagt nämlich, wir sollen betroffene ExpertInnen einbeziehen.

Dieses Thema ist wirklich wichtig und ist viel zu schade, als dass man es parteipolitisch in diesem Hause nützt, und im Interesse der betroffenen Menschen fordere ich Sie da­her alle auf, es nicht zu tun. (Beifall bei den Grünen.)

10.21


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Nun gelangt Herr Abgeordneter Mag. Stadler zu Wort. – Bitte.

 


10.21.33

Abgeordneter Mag. Ewald Stadler (BZÖ): Frau Präsidentin! Hohes Haus! Frau Kol­legin Jarmer, bisher gibt es nur eine Fraktion, die dieses Thema parteipolitisch genutzt hat – und ich behaupte: ausgenutzt hat, meine Damen und Herren –: Ihre eigene Frak­tion. (Abg. Mag. Steinhauser: Na, na, na! Blödsinn!) – Na selbstverständlich! (Abg. Mag. Steinhauser: Unsinn!) Alle anderen Fraktionen haben sich bisher zurückgehal­ten, auch in der öffentlichen Debatte, meine Damen und Herren. (Abg. Mag. Steinhau­ser: Ihr wart untätig! Untätigkeit und Zurückhaltung ist nicht das Gleiche!) Ihre eigene Fraktion war es! Tun Sie bitte nicht so, als ob die Missbrauchsfälle an Behinderten, die Sie genannt haben, auch noch der Kirche vorzuwerfen wären. Der überwiegende Teil davon findet in öffentlichen Heimen statt. Das ist bedauerlich genug und dramatisch genug. (Abg. Dr. Pirklhuber: Haben Sie nicht zugehört?)

Meine Damen und Herren, glauben Sie mir: Jedem Katholiken tut es leid und es schmerzt ihn, wenn gesalbte Hände, die weihen und segnen sollen, sich an Kindern vergreifen. Das ist himmelschreiend genug, aber es ist genauso eine Tatsache, dass in dieser katholischen Kirche, die heute am Pranger steht, die von den Grünen an den Pranger gestellt wurde (Abg. Mag. Steinhauser: Die Bundesregierung ...!), seit Jahr­zehnten in Bildungseinrichtungen, in Ordensschulen, in kirchlichen Schulen, in kirchli­chen Heimen großartige schulische Bildungsarbeit geleistet wurde, meine Damen und Herren. (Beifall bei BZÖ, ÖVP und FPÖ.) Wir sollten das nicht übersehen, wenn wir heute aufgrund von dramatischen Fällen, von schrecklichen Fällen so tun, als ob die Kirche als Ganzes sozusagen eine einzige Kindesmissbrauchseinrichtung wäre.

Ich warne davor, das Missbrauchsthema dazu zu missbrauchen, Kirchenpolitik machen zu können: Die einen ... (Zwischenruf des Abg. Dr. Pirklhuber.) – Na ja, gerade daher kommt der Ton! Die einen, um gegen die Kirche anzutreten wie dereinst Voltaire – Macht sie nieder, die Schändliche!, hat Voltaire gesagt; in der Tradition stehen sie –, und die anderen, die kirchenintern Politik treiben wollen, und das war ja sehr verräterisch: Herr Schermann ist heute schon zitiert worden – ich weigere mich zu sagen: Hochwür­den Schermann.


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll60. Sitzung / Seite 51

Auf einmal wird Kindesmissbrauch mit dem Zölibatsthema verknüpft. (Abg. Mag. Stein­hauser: Kein Thema! Kein Thema!) Das war nicht einmal den hintersten Bregenzer­wälder Bauern zu vermitteln, was das miteinander zu tun hat. (Abg. Mag. Steinhauser: War kein Thema hier!) Jeder seriöse Psychologe sagt Ihnen, dass Kindesmissbrauch mit Zölibat gar nichts zu tun hat, daher hat man das Thema wieder fallen lassen kön­nen. (Abg. Mag. Steinhauser: Das war kein Thema hier!) Das haben Sie und Ihres­gleichen, heute ist schon einer davon zitiert worden, versucht. (Abg. Mag. Steinhau­ser: Sind Sie zu spät gekommen?) Sie versuchen, Kindesmissbrauch zu missbrau­chen, um gegen die Kirche Politik machen zu können, um parteipolitische Themenbe­setzung durchführen zu können. Ihnen ist die Kirche kein Anliegen. (Abg. Mag. Stein­hauser: Aber die Betroffenen!)

Wäre sie das, dann müssten Sie nämlich zuerst einmal selbstkritisch in Ihr eigenes Ge­wissen eintreten und forschen, welchen Anteil Ihre Ideologie, Ihre eigene libertäre – ra­dikallibertäre – Ideologie an den Zuständen hat, meine Damen und Herren; aber natür­lich nicht. (Abg. Mag. Steinhauser: Unglaublich! Unglaublich!) Der „Säulenheilige“ Da­niel Cohn-Bendit ist vom Kollegen Hübner ja schon zitiert worden. Sie sollten einmal die Initiativanträge im Deutschen Bundestag zur sexuellen Revolution von Ihren Gesin­nungsgenossen in Deutschland draußen studieren, oder etwa Ihre Parteifreunde in Holland anschauen, die gemeinsam mit einer Päderastenpartei dort eine Politik der se­xuellen Revolution machen (Abg. Mag. Steinhauser: Reden Sie sich in keinen Un­sinn!), meine Damen und Herren. (Zwischenruf der Abg. Mag. Korun.) Das ist Ihr An­teil am Problem, meine Damen und Herren. Sie sind mit verantwortlich für das Klima; all die libertären Entwicklungen sind hier mit verantwortlich. (Beifall bei BZÖ und FPÖ.) Besetzen Sie daher nicht ein Thema, das Sie zuvor ganz anders betrachtet haben!

Sie gehören zu jenen Gruppierungen, meine Damen und Herren, denen kein sittliches Gebot heilig genug war, um es nicht lächerlich zu machen, kein moralisches Gebot, kein Glaubenssatz, kein disziplinäres Gebot, meine Damen und Herren, und heute tun Sie so, als ob Sie die kirchliche Disziplin, die kirchliche Moral- und Sittenlehre erfunden hätten. Ja, da kommen mir ja die Tränen (Abg. Mag. Steinhauser: Mir kommen auch die Tränen! Zu Recht kommen mir die Tränen!), die schießen mir waagrecht heraus vor lauter Glaubwürdigkeit bei Ihnen, meine Damen und Herren! (Abg. Mag. Steinhauser: Peinlich! Ein peinlicher Auftritt!)

In Wahrheit versuchen Sie, dieses Thema unseriös auf dem Rücken der Missbrauchs­opfer zu missbrauchen. Ich habe wesentlich mehr Vertrauen in Frau Ex-Landeshaupt­frau Klasnic, ich habe auch wesentlich mehr Vertrauen in die Frau Bundesminister – ich habe aber kein grenzenloses Vertrauen, denn Kindesmissbrauchstatort ist nach wie vor Schule, sind politische Vereinigungen.

Wann hat die SPÖ dafür gesorgt, dass die Missbrauchsopfer der „Kinderfreunde“, des „Kinderfreunde“-Funktionärs abgegolten wurden? (Abg. Mag. Korun: Warum lenken Sie immer nur ab?) Und ist der Parteivorsitzende zurückgetreten, wie der Papst hätte zurücktreten sollen? Wann ist das geschehen?

Meine Damen und Herren, Missbrauch an Kindern ist ein Thema, das in erster Linie die Justiz und die Jugendwohlfahrtsbehörden zu behandeln haben, und dort ist durchzu­greifen. Und dort fehlen die Mittel, meine Damen und Herren! Es wäre viel vernünftiger, bei den Jugendwohlfahrtsbetreuungseinrichtungen für die entsprechenden Mittel zu sor­gen, damit den Missbrauchsopfern geholfen werden kann. (Beifall bei BZÖ, ÖVP und FPÖ.) Es wäre wesentlich wichtiger, für eine vernünftige Familienpolitik zu sorgen.

Und jetzt, Herr Kollege Steinhauser, sage ich Ihnen noch etwas: Gehen Sie einmal in eine Caritas-Einrichtung und schauen Sie sich an, was dort seit Jahrzehnten für Kinder aus verwahrlosten Familien, die Missbrauchsopfer geworden sind, gemacht wird! (Abg.


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll60. Sitzung / Seite 52

Mag. Steinhauser: Schön, dass Sie einmal die Caritas loben!) Meine Damen und Her­ren, was dort gemacht wird, das verschweigen Sie heute keusch! (Abg. Mag. Stein­hauser: Schön, dass Sie die Caritas ausnahmsweise loben!) Ihnen geht es nur darum, gegen die katholische Kirche zu polemisieren (Abg. Mag. Steinhauser: Das war keine ...!), aber andere Kirchen haben gleichfalls Missbrauchsopfer zu beklagen, auch andere religiöse Einrichtungen. Auch sogenannte aufgeklärte religiöse Einrichtungen, wie die Odenwaldschule gezeigt hat, haben Missbrauchsopfer zu beklagen.

Meine Damen und Herren, zurück zur Sache: Unterlassen Sie es, auf dem Rücken von Missbrauchsopfern parteipolitischen Missbrauch zu betreiben! (Beifall bei BZÖ, ÖVP und FPÖ.)

10.26


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Herr Abgeordneter Jury gelangt nun zu Wort. – Bitte.

 


10.27.12

Abgeordneter Josef Jury (ohne Klubzugehörigkeit): Frau Präsident! Sehr geehrter Herr Bundeskanzler! Frau Bundesminister! Herr Staatssekretär! Hohes Haus! Ich möchte zum Abschluss dieser Debatte, die teilweise sehr emotional geführt worden ist, teilweise aber auch sehr tiefgründig und in die Tiefe führend geführt worden ist, in De­mut vor den Opfern wieder zurückkehren auf eine sachliche Ebene, indem wir die Ver­gangenheit der Opfer natürlich in den Fokus stellen – der traumatisierten Opfer, die missbraucht wurden –, damit diese Opfer ihre doch traumatisierenden Erfahrungen aufarbeiten können, möchte aber vorwiegend in die Prävention, in die Zukunft gehen.

Wir wissen, dass in verschiedensten Institutionen – angefangen bei staatlichen Institu­tionen über private Institutionen bis hinunter in die Familie – Missbrauch an unseren Kindern betrieben wird, und wir haben heute von Dolchstößen an den Kinderseelen ge­hört und von Morden an den Kinderseelen. Klubobmann Bucher hat ausgeführt, dass es 20 000 Missbrauchsfälle an Kindern pro Jahr gibt. Meine sehr verehrten Damen und Herren, wir müssen etwas tun! Für mich schrillen da die Alarmglocken, und wir müssen etwas tun, damit die Zukunft unserer Kinder, die Zukunft unseres Staates nicht in Ge­fahr gerät, unter die Räder zu kommen.

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich richte hier einen Appell an alle Parteien in diesem Haus, dass wir vor allem in die Prävention gehen, dass wir die Strafprozess­ordnung überarbeiten, dass wir Täter, die einmal verurteilt worden sind, nicht mehr frühzeitig aus den Gefängnissen herauslassen, dass wir durch die Anhebung der Straf­rahmen abschreckende Wirkung erreichen, dass wir durch Einführung der Anzeigen­pflicht bei Verdachtsfällen von sexuellem Missbrauch und Gewalt tätig werden. (Abg. Strache: Keine Verjährung! Keine Verjährung!)

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Sehr verehrte Frau Justizminister! Gehen wir diesen mutigen, aber, wie ich glaube, doch notwendigen Schritt an, damit auch in Zu­kunft unsere Kinder in unserem Staat ausreichend geschützt sind. (Beifall bei der FPÖ.)

10.29


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Zu Wort ist hiezu niemand mehr gemeldet. Die Debatte ist geschlossen.

10.30.27Aktuelle Europastunde

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Wir kommen nun erstmals zur Aktuellen Euro­pastunde, die im Rahmen der letzten Geschäftsordnungsnovelle eingeführt wurde.

Sie findet viermal im Jahr statt und dient einer Aussprache über Themen von allgemei­nem aktuellem Interesse aus dem Bereich der Zuständigkeit der Europäischen Union.


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll60. Sitzung / Seite 53

In der Präsidialkonferenz wurde die Vereinbarung getroffen, das Thema der jeweiligen Europastunde von einer Fraktion in der Reihenfolge des Klubstärkeverhältnisses vor­schlagen zu lassen.

Heute behandeln wir daher auf Vorschlag der SPÖ das Thema:

„Die Krise überwinden – mit sozialer Gerechtigkeit und einer neuen Finanzmarktarchitektur“

Als Erster gelangt Herr Abgeordneter Klubobmann Dr. Cap zu Wort. Die Geschäftsord­nungsbestimmungen bezüglich Redezeit sind ident mit jenen für die Aktuelle Stunde. Das heißt, die Redezeit beträgt 10 Minuten. – Bitte.

 


10.31.36

Abgeordneter Dr. Josef Cap (SPÖ): Meine Damen und Herren, Sie ersehen schon aus dem Titel der Aktuellen Europastunde, dass die Frage der sozialen Gerechtigkeit untrennbar mit der Bewältigung dieser Finanz- und Wirtschaftskrise verbunden ist, wo­bei das eben nur mit einer neuen Finanzmarktordnung und -regulierung möglich ist. Diejenigen, die am meisten unter dieser Finanzkrise zu leiden haben, sind natürlich Ar­beitnehmerinnen und Arbeitnehmer, Pensionisten, aber auch der gesamte produktive Teil der Wirtschaft: Unternehmer, Unternehmerinnen, die nicht im Spekulationsbereich ihre Gewinne suchen, sondern indem sie versuchen, produktiv tätig zu sein.

In diesem Zusammenhang ist es notwendig, dass es da natürlich ziemlich tief greifen­de Lösungen geben muss. Auch Joseph Stiglitz sagt das in seinem Buch „Im freien Fall“ – ein Kapitel davon heißt „Aufbruch zu einer neuen Gesellschaft“ –, in dem er deutlich feststellt, dass das nicht eine Summe von Einzelfehlern ist, sondern dass eine systemische Krise dahintersteckt und daher auch entsprechende Maßnahmen zu setzen sind.

Obama sagte jüngst Folgendes im Kampf für eine neue Finanzmarktarchitektur und im Zusammenhang mit den Ereignissen um Goldman Sachs, die ja nicht ganz unbeteiligt daran waren, es zu ermöglichen, dass Griechenland damals mit geschönten Zahlen in die Eurozone kommen konnte. – Ich zitiere:

„Jeden Tag, an dem wir nicht handeln, bleibt das gleiche System, das zu den Ret­tungsaktionen geführt hat, intakt, mit genau den gleichen Schlupflöchern und Belastun­gen. Wenn wir nicht ändern, was zu der Krise geführt hat, verurteilen wir uns selbst dazu, sie zu wiederholen.“

Das ist eine sehr klare Zielangabe des amerikanischen Präsidenten, und sie ist auch berechtigt, denn das Ergebnis ist Folgendes: Wir haben jetzt in Europa 24 Millionen Ar­beitslose – plus 7 Millionen, seitdem diese Finanzkrise auch auf die Realwirtschaft durchgeschlagen hat –, wir haben einen Wachstumseinbruch zu verzeichnen. Die Kos­ten für die Volkswirtschaften bewegen sich um die 1 000 Milliarden €. Die öffentlichen Defizite im europäischen Raum haben die Staaten bisher 3 000 Milliarden € an Defizit­erweiterung gekostet. Zur Stützung des Bankensektors wurden bisher 13 Prozent der Wirtschaftsleistungen im Euroraum aufgewendet, in Summe 390 Milliarden € – inklusive der Haftungen und Garantieren, sage ich dazu, aber das soll beschreiben, worum es hier im Wesentlichen geht.

Da kann man zunächst einmal anführen, dass die Arbeitslosenquote der EU 27 9,6 Pro­zent und jene in Österreich 5 Prozent beträgt. Da muss man schon festhalten, dass diese Bundesregierung unter der Führung von Bundeskanzler Faymann im richtigen Moment die richtigen Maßnahmen gesetzt hat, gegengesteuert hat, versucht hat, dass es weiter zu einem Ankurbeln von Wachstum und Beschäftigung kommt. Das ist eine der


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll60. Sitzung / Seite 54

wesentlichen Voraussetzungen auch zur Bewältigung der Folgen dieser Finanz- und da­mit auch Wirtschaftskrise. (Zwischenruf des Abg. Amon.)

Dafür haben wir hier im Hohen Haus unzählige Beschlüsse gefällt und Konjunkturpake­te beschlossen – Konjunkturpakete, die Auswirkungen auf die Beschäftigung haben, aber auch für die kleinen und mittleren Unternehmungen von größter Bedeutung sind –, aber auch einen Haftungsrahmen für die Bankenunterstützung, für die Motivation der Kreditvergabe, weil wir auch immer über die Kreditklemme gesprochen haben, und es gab auch eine sehr heftige Debatte über Kontrolle und Motivation und wie man das um­setzen kann.

Was besonders wichtig ist, ist in der Tat, dass es innerhalb der Europäischen Union natürlich Kräfte gibt, die hier dagegen wirken: Wie Obama in Amerika mit den Lobbys der Wall Street, mit den Lobbys von Goldman Sachs und anderen zu kämpfen hat, die eigentlich jegliche Art der Finanzmarktordnung ablehnen, gibt es auf europäischer Sei­te vor allem ausgehend von der City of London den Versuch, möglichst klaren Regulie­rungen entgegenzutreten.

Da ist Bundeskanzler Faymann derjenige gewesen, der auf europäischer Ebene mit der Finanztransaktionssteuer schon im Oktober des Vorjahres bei einer Sitzung des Europäischen Rates eine Initiative gesetzt hat, die zu dem Auftrag geführt hat, dass die Kommission das einmal prüfen soll, damit es Unterlagen oder Grundlagen für einen Beschluss gibt, und es gab auch die Forderung von Werner Faymann nach einer Ban­kenabgabe mit einem für Österreich geschätzten Volumen von 500 Millionen €, die nicht nur die Frage der sozialen Gerechtigkeit aufwirft, sondern auch die Frage: Sollen die, die die Verursacher dieser Finanz- und Wirtschaftskrise sind – und zugleich natür­lich auch deren Leidtragende –, nicht auch zur Kasse gebeten werden?

Bei der Finanztransaktionssteuer geht es natürlich darum, dass damit versucht wird, al­les zu unternehmen, um die Spekulationen mit Aktien, mit Derivaten, mit Rohstoffen, mit Wechselkursen zu verteuern, was einen regulierenden Einfluss ausüben soll, aber natürlich auch eine Einnahmenquelle bedeuten kann. Bei der Bankenabgabe ist es so, dass da – vor allem, weil es eben zu dieser Verflechtung von traditionellem Bank­geschäft, aber auch Investmentbanking, spekulativem Bereich kommt – natürlich auch immer wieder eine Mitverantwortung zu erkennen ist, wobei ich sagen muss, dass die Wurzel des Problems nicht in Österreich liegt. Die Wurzel des Problems liegt natürlich in den Vereinigten Staaten und liegt natürlich bei jenen Kreisen in Europa, die jetzt die Lobby bilden, die versucht, das zu hintertreiben, wo man es nur hintertreiben kann.

Daher ist es wichtig, dass alles in diese Richtung unternommen wird. Es gibt auch ein Wirtschafts- und Finanznetzwerk der Sozialdemokratinnen und Sozialdemokraten in Euro­pa, wo Andi Schieder, der neuerdings Präsident dieses Netzwerkes ist, versucht, alles zu unternehmen, um zu koordinieren und zu beeinflussen, damit es zu dieser Transaktions­steuer und zu einer Finanzmarktregulierung kommt.

Da ist es natürlich auch wichtig, dass man bei diesen Finanzaufsichtsstrukturen über das am Anfang konzipierte bloße Empfehlen und Warnen hinausgehen kann, dass da­bei auch die Perspektive sein muss, dass diese Aufsicht auch wirklich Einfluss aus­üben kann, dass es zu einer Reform eben dieser Aufsicht kommt, damit es in diesen wesentlichen Bereichen, die die Banken, Versicherungen, aber auch die Wertpapier­händler betreffen, auch jenen entscheidenden Einfluss geben kann, gegen den sich Großbritannien und Deutschland in seiner Wirksamkeit bis jetzt immer wieder sperren, obwohl es natürlich heftige Diskussionen und Auseinandersetzungen in diesem Be­reich der Europäischen Union und der Kommission gibt.

Was die Rolle der Rating-Agenturen betrifft, ist es auch wichtig, dass diese transpa­renter werden, dass es da mehr Konkurrenz gibt, dass ihre Abhängigkeit von Banken


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und von privater Kapitalseite hinterfragt wird, weil das natürlich oft dazu geführt hat, dass es zu falschen Ratings gekommen ist, was mit ein Grund für Fehleinschätzungen war. Jetzt diskutiert man sogar, wie es möglich ist, dass man selbst damit Geld verdie­nen kann, dass man darauf wettet, dass Griechenland seine Krise nicht bewältigen wird.

Das sind also alles Elemente, die von großer Bedeutung sind, aber was man in diesem Zusammenhang kritisieren muss, ist – und es wird eben unsere Aufgabe sein, dem entgegenzuwirken –, dass in einem Papier der Europäischen Kommission aufgezählt wird, was alles schwierig ist und wie es möglicherweise nicht geht.

„Die Presse“ hat am 7. April dieses Jahres über dieses Papier berichtet. Da wird das Volumen bei der Transaktionssteuer bezweifelt, da wird dann nicht mehr von einer EU-Transaktionssteuer und einer Bankenabgabe gesprochen, da sagen sie, man soll sich vielleicht für das Zweitere, für die Bankenabgabe, entscheiden. Sie sagen, das ist grund­sätzlich positiv, meinen aber zugleich, ob dann nicht doch der Standort gefährdet ist und ob die Banken nicht erst recht in riskante Geschäftsmodelle flüchten.

Also da sind jedenfalls noch Kräfte am Werk, gegen die man, glaube ich, alles unter­nehmen muss – auch zur Währungsspekulation beziehungsweise deren Regelungs­versuchen äußern sie sich kritisch –, denn das kann dazu führen, dass es in der Bevöl­kerung natürlich auch zu einem wachsenden Misstrauen gegenüber der Europäischen Union kommt, indem sie sagt: Moment! Wodurch legitimiert sich eigentlich diese Euro­päische Union? Doch unter anderem auch dadurch, dass sie imstande ist, daran mitzu­wirken, dass es einmal auf europäischer Seite Regelungen gibt – mit dem Anspruch, das dann auch global umzusetzen.

Wenn wir mehr Zustimmung für die Europäische Union erreichen wollen, dann ist es natürlich auch wichtig, dass wir in unserem Bemühen vorankommen – und das macht die Bundesregierung, das machen auch andere, aber nicht alle Regierungen –, eine Lobbying-Struktur, eine Gegenlobbying-Struktur aufzuziehen, damit man erreichen kann, dass man am Ende des Tages mit dieser Regulierung diesem Casinoverständnis entgegenwirken kann oder dem Bilden so großer Banken, dass man sie gar nicht zu­grunde gehen lassen kann, auch wenn es vielleicht betriebswirtschaftlich berechtigt wäre, weil sie so groß sind.

Also die soziale Gerechtigkeit ist das Ziel, und auf diesem Weg ist es wichtig, dass es die Regulierung gibt, die neue Finanzmarktordnung, und dass wir diesen Weg weiter­gehen, weil dies für uns alle, für Europa, für die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer, für die Unternehmerinnen und Unternehmer von größter Bedeutung ist. (Beifall bei der SPÖ.)

10.42


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Zu einer einleitenden Stellungnahme hat sich nun Herr Bundeskanzler Faymann zu Wort gemeldet. Die Redezeit sollte 10 Minuten nicht übersteigen. – Bitte, Herr Bundeskanzler.

 


10.42.16

Bundeskanzler Werner Faymann: Sehr verehrte Frau Präsidentin! Verehrte Staats­sekretäre! Hochverehrte Damen und Herren Abgeordnete! Ich möchte nahtlos an die Be­merkungen des Herrn Klubvorsitzenden anschließen. Die Europäische Union hat in der Vergangenheit zweifellos vieles geleistet, was auch die Skeptiker anerkennen müssten.

Die Europäische Union hat in friedenspolitischen Bereichen und Agenden Länder zusam­mengeführt, die unterschiedlicher nicht sein könnten, und alleine die regelmäßigen und guten Kontakte innerhalb der Europäischen Union sind, neben dem Regelwerk der Euro­päischen Union, ein Beweis für die friedenspolitische Bedeutung.


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll60. Sitzung / Seite 56

Auch die Märkte zu öffnen und die Liberalität der Märkte einzuleiten hat, ebenso wie die Erweiterung der Europäischen Union, für Exportländer wie Österreich, aber auch Deutschland oder andere Länder im eigenen Land vieles an Sicherheit und an Vortei­len gebracht, die nachrechenbar sind.

Gleichzeitig wissen wir, dass Liberalität und Offenheit von Märkten nicht ausreichen, um auch Wohlstand, sozialen Ausgleich und Rahmenbedingungen für Fairness und Gerechtigkeit zu schaffen. Niemand Geringerer als der heute schon erwähnte Profes­sor Stiglitz hat vor Kurzem gesagt, dass wir die Märkte wieder besser regulieren müs­sen. Ich zitiere:

„Vor der Krise war ja viele Jahre Deregulierung in Mode [...]. Heute wissen wir, wie falsch das war. Regulierung spielt für eine gut funktionierende Wirtschaft eine ganz entscheidende Rolle, und damit sie wirklich effektiv ist, müssen wir sie global koordi­nieren.“

Er sagt aber gleichzeitig: „Aber man muss ja nicht gleich alles gemeinsam beschließen. Praktikabler ist es, wenn jedes Land erst einmal seine eigenen Regeln verabschiedet [...].“

Es geht also nicht an, sich zurückzulehnen und zu sagen, solange wir uns nicht welt­weit in Umweltfragen, in Finanzmarktregulierungsfragen durchsetzen, können wir in der Europäischen Union gar nichts tun. Es geht nicht an, das als Ausrede zu verwenden, im eigenen Land nichts mehr zu machen, sondern es geht darum, zu wissen, dass Vor­bildwirkung im eigenen Land, Vorbildwirkung in der Europäischen Union erst die Kraft bringt, auch internationale Regelwerke einzufordern.

Ganz gleich, ob zum Schutze der Umwelt und zur Verhinderung des Klimawandels, zur Reduktion von CO2 oder zur Schaffung von Kontrolle von Finanzmärkten, zum Verbot von Spekulation oder zur Schaffung von gerechten Zuständen: Überall ist ein Ausmaß an Möglichkeiten im eigenen Land vorhanden, auch wenn man weiß, dass man in der Europäischen Union stärker und mit internationalen Regelwerken noch stärker ist.

Wir dürfen nicht in einen Wettbewerb der Standorte geraten, in dem wir versuchen, die Kosten der Wirtschaftskrise auf Massensteuern aufzuteilen, die Haushalte gleichmäßig zu belasten und damit die Kaufkraft, ja auch den sozialen Ausgleich in Europa gefähr­den. Daher wird die Frage, wer letztendlich diese Rechnung in Höhe von 800 bis 1 000 Milliarden €, die für die Budgetkonsolidierung in Europa vorgesehen sind, be­zahlt, eine ganz wesentliche sein. Es ist keine unwesentliche Frage, ob damit die Kauf­kraft der Schwächsten oder der Durchschnittseinkommensbezieher so geschwächt wird, dass der soziale Ausgleich in Europa verloren geht und die Ungerechtigkeit die Menschen auch bedrückt, betrifft und – davon bin ich überzeugt – in vielen Bereichen auch aggressiv machen würde, weil es nicht einzusehen ist, dass durch Spekulation die einen rasch wieder auf die Beine kommen und die anderen, die jeden Euro zweimal umdrehen müssen und sich fragen, ob sie sich die Miete oder das Leben überhaupt leisten können, diese Krise ausbaden sollen. (Beifall bei der SPÖ.)

Daher ist die Frage, wie gerecht es bei der Behebung der Schäden zugeht, genauso wichtig wie die Frage, wie zusätzliche und zukünftige Schäden verhindert werden kön­nen. An dieser ernsthaften Strategie der Europäischen Union, eine eigene Finanzmarkt­architektur aufzubauen, so etwas wie Regelwerke für soziale und wirtschaftliche Bedin­gungen auch in Europa zu finden, Kontrolle nicht einfach als Schild zu sehen, sondern mit all den notwendigen inhaltlichen Instrumenten und Maßnahmen auszustatten, an dieser Glaubwürdigkeit von Kontrolle, von Spekulationsverboten, von Regelwerken, da­ran wird die Europäischen Union und deren Entwicklung gemessen werden.

Ich weiß, wir sind weit entfernt von diesem Ziel. Ich weiß, dass viele Länder der Euro­päischen Union, vertreten durch ihre Regierungsverantwortlichen, mit denen ich ja na­hezu monatlich die Gelegenheit habe, auch einen politischen Informationsaustausch


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll60. Sitzung / Seite 57

und Diskurs mitzugestalten, heute noch der Meinung sind, man soll hier zurückhalten­der vorgehen, mit dem Hinweis darauf, dass wir in einem Standortwettbewerb – Euro­pa etwa gegen asiatische Märkte – stehen. Aber gerade dieser Standortwettbewerb darf nicht dazu führen, dass wir uns an den geringsten Löhnen, an den geringsten Ar­beitnehmerrechten und an der höchsten Armut orientieren. Wir wollen in Europa die Stärken des sozialen Europas, auch in Österreich die besonderen Stärken der Arbeit­nehmerrechte nicht irgendeinem Standortwettbewerb opfern. (Beifall bei der SPÖ.)

Das höchste Ziel ist nicht der Selbstzweck des Standortwettbewerbs, sondern mithilfe dieser Leistungen der Forschung und Entwicklung, des Bildungssystems und des Wett­bewerbs Wohlstand und soziale Gerechtigkeit zu gewährleisten. Daran wird der Erfolg zu messen sein. Standortwettbewerb ist kein Selbstzweck, sondern er hat ein Ziel, und dieses Ziel ist der Mensch im Mittelpunkt der Wirtschaft. Das muss für die Leute spür­bar sein. (Beifall bei der SPÖ.)

Es sind längst nicht mehr nur sozialdemokratische Politiker oder Vertreter der Gewerk­schaft, es sind längst Vertreter verschiedenster Gruppierungen und politischer Rich­tungen, die nicht mehr mit der Idee der schrankenlosen Deregulierung einverstanden sind, wo sich zum Schluss alles zum Guten wendet, sondern die das Märchen von: Je schrankenloser, umso besser wird es!, zurückweisen und sagen, diese Gier und diese Spekulation haben keinen Platz in der Entwicklung einer menschengerechten Gesell­schaft.

Daher bin ich überzeugt davon, dass die Finanzmarktarchitektur viele Herausforderun­gen in Europa haben wird und dass es Rückschläge genauso wie Fortschritte geben wird. Es wird nicht so einfach sein, dass es in Überschriften dargestellt werden kann, weil die Gegensätze der Länder, die Gegensätze der Meinungen, die Gegensätze der Realitäten und der Interessen in der Europäischen Union stärker sind, als uns oft be­wusst ist.

Geringste Gehälter in Ländern wie Rumänien oder Bulgarien, Schattenwirtschaft, hohe Arbeitslosigkeit, hohe Jugendarbeitslosigkeit, Budgetkonsolidierung, die in diesen Län­dern oft eine radikale Kürzung der Kaufkraft oder eine Verschlechterung der hohen Qualität der Sozialleistungen zur Folge hat, werden uns – und davon bin ich überzeugt – vor starke Herausforderungen stellen.

Daher ist es umso wichtiger, dass wir in der Europäischen Union, aber auch in der Eurozone den Euro absichern, versuchen, dort gegenseitige Hilfe zu leisten, wo es um die Stabilität der Währung geht, und gleichzeitig Transparenz haben, wenn es um Un­terlagen geht. Wenn man nämlich nicht einmal Transparenz hat, wenn jemand Unter­lagen in der Europäischen Union abgibt, wenn nicht einmal bei den Daten so etwas wie Durchsicht, Transparenz und Korrektheit herrscht, wie soll man denn dann überhaupt kontrollieren können? (Abg. Dr. Königshofer: Goldmann Sachs!) – Ja, Goldman Sachs. – Daher ist hier auch die vorher verantwortliche griechische Regierung genauso zu nennen.

Wir schauen aber nach vorne und wollen, gerade wenn es um die Absicherung des Euros geht, klarstellen, dass wir auch eigene Finanzinstrumente in Europa aufbauen müssen, gemeinsam mit dem Währungsfonds, gemeinsam mit jenen, die Erfahrung haben. Es geht um die Schaffung von eigenen Rating-Agenturen, um eigene Bewer­tungen, Kontrollen und Eingriffe. Daran werden wir gemessen. Je glaubwürdiger wir das zustande bringen, umso mehr können wir das vorantreiben, was uns in Europa am wichtigsten ist, nämlich das Vertrauen der Bevölkerung in eine gemeinsame soziale, wirtschaftliche Entwicklung Europas. (Beifall bei der SPÖ sowie bei Abgeordneten der ÖVP.)

10.52



Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll60. Sitzung / Seite 58

Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Ich mache darauf aufmerksam, dass die Rede­zeit aller weiteren Rednerinnen und Redner 5 Minuten beträgt.

Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Mag. Muttonen. – Bitte.

 


10.52.22

Abgeordnete Mag. Christine Muttonen (SPÖ): Frau Präsidentin! Herr Bundeskanz­ler! Meine Herren auf der Regierungsbank! Sehr geehrte Damen und Herren! Der Herr Bundeskanzler hat das ja jetzt ausgeführt: Die wichtigste Herausforderung für uns und auch für die anderen EU-Staaten ist nach wie vor die Bewältigung der Folgen der Fi­nanz- und Wirtschaftskrise. Sie alle wissen, dass dies die schwerste weltweite Wirt­schaftskrise seit den dreißiger Jahren des vergangenen Jahrhunderts ist. Die Auswir­kungen haben das Leben der Menschen massiv und schwer getroffen, und man erwar­tet sich jetzt völlig zu Recht von uns, dass wir entschlossen und auch schnell handeln.

Einen Beitrag zur Krisenbewältigung werden wir alle leisten müssen, aber vor allem diejenigen, die mitverantwortlich sind, dass diese Krise zustande gekommen ist, die diese Krise mit verursacht haben. Sie sollen einen gerechten Beitrag leisten. Da kann ich Ihnen, Herr Bundeskanzler, nur zustimmen.

Wir treten daher – es wurde schon erwähnt – in der EU sehr vehement dafür ein, dass es erstens eine EU-weite Bankenabgabe geben soll, dass es eine EU-weite Finanz­transaktionssteuer geben soll, und dafür, dass endlich Schritte gesetzt werden, die Fi­nanzmärkte zu regulieren und dadurch die Ursachen von künftigen Krisen zu verhin­dern. Während in allen EU-Ländern die Regierungen eigentlich noch damit beschäftigt sind, die Auswirkungen der Krise zu bekämpfen, wird auf den Finanzmärkten schon wie­der sehr heftig spekuliert.

Was zeigt uns das? – Das zeigt uns ganz deutlich, dass die Finanzmärkte strenger re­guliert werden müssen, damit wir eine Wiederholung der Finanzkrise – Sie wissen be­ziehungsweise haben sicherlich gelesen, dass Experten bereits vor einer neuen sol­chen Finanzkrise warnen – verhindern können. Hier ist rasches Handeln gefordert, ra­sches Handeln der Entscheidungsträger auf europäischer Ebene. Daher bin ich sehr froh, dass Bundeskanzler Faymann sich auch mit Nachdruck dafür einsetzt, dass Ent­scheidungen getroffen werden.

Sollte allerdings die EU uneins bleiben und auf Maßnahmen verzichten, dann glaube ich nicht, dass die Bürgerinnen und Bürger das verstehen. Sie würden mit Recht die Frage nach der Sinnhaftigkeit der EU zu stellen beginnen, obwohl die Krise das Ver­trauen der Bürgerinnen und Bürger in die EU an sich gestärkt hat.

Ich will nicht verhehlen, dass ich über die Studie, die die Europäische Kommission vor Kurzem zu innovativen Finanzierungsquellen präsentiert hat, wirklich enttäuscht bin, weil darin die Möglichkeit für die Einführung einer Finanztransaktionssteuer gar nicht seriös untersucht worden ist. Da hat die Kommission aus meiner Sicht noch einen neuen Anlauf zu nehmen, denn der Auftrag sowohl des Europäischen Rates als auch des Europäischen Parlaments war eindeutig und klar. Ich halte auch die Schlussfolge­rungen der Kommission – entweder Bankenabgabe oder Finanztransaktionssteuer – für nicht wirklich nachvollziehbar.

Meine Damen und Herren! Die EU steht vor großen Herausforderungen und ist gerade im Begriff, eine Zukunftsstrategie – Sie kennen den Begriff „Europa 2020“ – zu be­schließen. Da geht es aus unserer Sicht vor allem darum, eine Balance zwischen Wirt­schaft und sozialer Sicherheit herstellen zu können, denn diese beiden Bereiche müs­sen gleichrangig sein, die Gleichrangigkeit dieser beiden Bereiche muss gesichert wer­den. Wir lehnen da eine schiefe Ebene absolut ab. (Beifall bei der SPÖ.)


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Klar ist, meine Damen und Herren: Europa braucht Wachstum, aber Wachstum allein ist kein Ziel an sich, sondern ein Instrument zur Schaffung von Wohlstand und Be­schäftigung. Die EU braucht in ihrer Zukunftsstrategie klare Ziele für mehr und bessere Jobs. Anders ausgedrückt: Wir brauchen mehr qualitätsvolle Arbeit und eine Verrin­gerung der prekären Beschäftigungsverhältnisse, von denen übrigens immer Frauen be­sonders stark betroffen sind.

Ein Kernziel einer europäischen Zukunftsstrategie muss auch die Bekämpfung der Ar­mut sein. Sie wissen, 2010 ist das Jahr der Bekämpfung von Armut und sozialer Aus­grenzung. Wenn man die EU betrachtet und sie mit anderen Ländern vergleicht, dann kann man sagen, hier gibt es Wohlstand, aber gerade deshalb müssen wir uns ganz genau anschauen und darauf hinweisen, dass ein großer Teil der europäischen Bevöl­kerung noch in Armut lebt. Bekämpfung der Armut muss als Kernziel in der EU definiert werden, damit wir ein soziales Europa auch tatsächlich errichten können. –Danke. (Bei­fall bei der SPÖ.)

10.57


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Frau Abgeordnete Dr. Plassnik gelangt nun zu Wort. – Bitte.

 


10.57.55

Abgeordnete Dr. Ursula Plassnik (ÖVP): Frau Präsidentin! Herr Bundeskanzler! Mei­ne Herren Staatssekretäre! Hohes Haus! 15 Jahre ist Österreich jetzt Mitglied in der Europäischen Union – wir sind also ein „Teenager“ im europäischen Orchester –, und der Rückblick darf uns stolz machen, vor allem aber auch optimistisch für die Zukunft.

Die Österreicher und Österreicherinnen verstehen sehr genau, was die Europäischen Union gerade vor dem Hintergrund der Krise in Wirklichkeit leistet. Die Zustimmung steigt, das haben wir ja schon erfahren. Fast drei Viertel der Österreicher und Öster­reicherinnen sehen die Zukunft Österreichs in der Europäischen Union und nirgendwo anders. Europa schützt und Europa nützt. (Beifall bei der ÖVP.)

Meine Damen und Herren, das war ja nicht immer ganz so klar für alle. Die EU-Mit­gliedschaft hat Österreich gut getan, und zwar sowohl dem Standort wie auch den Menschen. Und wenn Sie, Herr Bundeskanzler, heute sagen, die Arbeitnehmerrechte dürfen in Europa nicht für irgendeinen Standortwettbewerb abgeschafft werden, so ist das vollkommen richtig, nur: Das verlangt auch niemand – nicht in diesem Haus und nicht in Europa.

Europa schützt, Europa nützt. Eine Zahl, die in diesem Zusammenhang vielleicht ganz interessant ist: Wir zahlen heute für die Zinsen bei Bundesanleihen, also die Staats­schulden, um die Hälfte weniger als beim Beitritt. Zum Vergleich: 1995 waren es 6,48 Prozent, heute sind es 3,28 Prozent. Das ist wichtig, das schafft auch für uns Ge­staltungsraum.

Die Hauptziele der soeben angenommenen Strategie „EU 2020“ sind sehr ambitioniert. Sie bieten uns aber auch einen Kompass bei der Navigation aus der Krise. In Öster­reich müssen wir bei der Umsetzung die Lernchancen nützen, wir müssen aber auch aufpassen, dass wir Fehler vermeiden. Wir dürfen nicht diejenigen zusätzlich belasten, die den Ausweg aus der Krise überhaupt erst schaffen müssen: Betriebe im Mittelstand und Industrie. Sie schaffen und sie sichern Arbeitsplätze und Wachstum. (Beifall bei der ÖVP.)

Österreich hat ein Problem auf der Ausgabenseite, nicht auf der Einnahmenseite. Wir brauchen nicht mehr Steuern, sondern weniger Ausgaben. Wir müssen mehr sparen, wir brauchen mehr Strukturreformen. Lernen wir – auch als Land – aus der Krise! Schauen wir, welche Länder jetzt besser dastehen! – Es sind diejenigen, die wie Öster-


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reich eine hohe Industriequote haben, die in der Sachgütererzeugung vorne liegen; Deutschland mit 23 Prozent, Finnland mit 22,4 Prozent, die Tschechen mit 24 Prozent, Österreich mit 20,2 Prozent. Im Vergleich dazu gibt es Länder wie Griechenland, Spa­nien, Frankreich und Großbritannien mit einer Industriequote von 11 bis 14,6 Prozent. (Präsident Neugebauer übernimmt den Vorsitz.)

Meine Damen und Herren, nehmen wir die Krise zum Anlass für eine kluge Wachs­tums- und Standortpolitik, denn für die Überwindung der Krise brauchen wir die klugen Köpfe und die fleißigen Hände aller Österreicher.

Es wird davon gesprochen, dass die Verursacher der Krise zur Kasse gebeten werden sollen. – Woran denkt man da eigentlich, wenn es um Österreich geht? Sind das die österreichischen Konsumenten, Arbeitnehmer, Bauern, Betriebe, Unternehmen? – Nein, meine Damen und Herren, die Verursacher der Krise findet man überhaupt nicht in Österreich! Wir brauchen also weiterhin ein mutiges gemeinsames Vorgehen sowohl auf europäischer Ebene als auch auf Ebene der G 192, der internationalen Gemein­schaft des globalen Systems. Wir sollten durchaus selbstbewusst und entschlossen in die Zukunft gehen.

Ich darf kurz aus der Rede zitieren, die EU-Ratspräsident Herman Van Rompuy bei der ÖVP-Klubklausur vor Kurzem gehalten hat:

Der Aufschwung ist immer noch ein sehr zartes Pflänzchen. Wir brauchen mehr Wachs­tum, wir brauchen mehr Beschäftigung. Ohne entsprechende wirtschaftliche Kraft kön­nen wir in der Welt unsere Interessen und auch unsere Werte nicht verteidigen. Unser europäisches Lebensmodell steht auf dem Spiel. Das rasche Wachstum der anderen bedeutet, dass Europa etwas ändern und Reformen auch umsetzen muss. – Zitatende.

Ein Blick noch auf die Wirtschaftsdaten in der Welt; auch sehr wichtig für Österreich. Die Prognose des IMF für das Wachstum 2010: Weltwirtschaft 4 Prozent, Europa 0,8 Pro­zent, Österreich 1,3 Prozent.

Meine Damen und Herren, nützen wir die Wachstumschancen dort, wo sie realisti­scherweise auch sind! Da schaut es für Österreich aber nicht ganz so gut aus, denn in jene 58 Länder, die ein Wachstum von mehr als 4 Prozent zu erwarten haben, gehen nur 4 Prozent unserer Gesamtexporte. Diesbezüglich werden wir uns noch anstrengen müssen, aber wir haben keinen Grund, verzagt zu sein. Wir brauchen mehr Mut zu Europa, und zwar als selbstbewusste Teilhaber, nicht als Zuschauer. – Danke. (Beifall bei der ÖVP.)

11.03


Präsident Fritz Neugebauer: Nächster Redner: Herr Klubobmann Strache. – Bitte.

 


11.03.33

Abgeordneter Heinz-Christian Strache (FPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Bundeskanzler! Werte Herren auf der Regierungsbank! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Die heutige Aktuelle Europastunde kann nicht wirklich darüber hinwegtäu­schen, Herr Kollege Cap, dass man den Eindruck hat, dass diese Bundesregierung in den letzten Jahren eher Lobbyismus für Großbanken betrieben und gelebt hat – selbst wenn Sie versuchen, anderes darzustellen. In vielen Bereichen hat man den Eindruck, Sie hängen am Gängelband der österreichischen Bankdirektoren; ich werde heute noch darauf zu sprechen kommen, warum das so ist.

Wenn man dieses Thema beleuchtet – die Pläne, wie Sie das umsetzen wollen, haben Sie heute nicht wirklich konkret dargelegt –, dann muss man schon eines festhalten: dass es natürlich sehr schwierig ist, die Akteure auf den Finanzmärkten in ein Regel­werk zu binden, aber dieses Regelwerk muss uns gelingen. Wir haben in der Vergan­genheit erlebt, dass alle möglichen Regulierungen umgangen wurden durch undurch-


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sichtige Finanzprodukte. Wir haben erleben müssen, dass sich – anders, als Frau Kol­legin Plassnik festgehalten hat – die Schuldigen dieser Finanzmarktkrise nicht aus­schließlich im Ausland oder in Amerika befinden. Natürlich haben unsere Banken mit­spekuliert, mitgespielt. Unsere österreichischen Banken haben auch Verantwortung für Spekulationen zu tragen, die sie selbst im Sinne einer Casino-Mentalität gelebt haben, indem sie in Osteuropa 300 Milliarden € an Krediten vergeben haben – ohne Besi­cherung. Gleichzeitig erleben wir, dass die Basel-II-Kriterien, die in Kraft gesetzt wor­den sind, heute unsere kleineren und mittleren Unternehmen umbringen. Sie bringen unsere kleineren und mittleren Unternehmen heute in die Krise, weil sich die Kredit­klemme aus der Vergangenheit aufgrund dieser Bankensystemkrise, in der wir uns be­finden, zuspitzt.

Wenn Sie, Herr Bundeskanzler, davon sprechen, dass wir Regulierung brauchen, dann sage ich, ja. Aber wo waren Sie, Herr Bundeskanzler Werner Faymann, mit Ihrer So­zialdemokratischen Partei, als man mit einem Hurra-Geschrei dieser Europäischen Union beigetreten ist, wo genau dieser Deregulierungswahnsinn Verankerung gefun­den hat, der uns dorthin geführt hat, wo wir uns heute befinden? (Beifall bei der FPÖ sowie der Abgeordneten Jury und Linder.) Wo waren Sie damals? Damals habe ich Ihre Wortspenden zu diesen Fragen vermisst.

Apropos Vertrauen zur Bankenwelt, auch in Österreich. – Wenn ich mir die Bank Austria zum Beispiel ansehe, wenn ich bedenke, dass im Jahr 2009 der Bürgermeister von Wien, nämlich Michael Häupl, seine Stadträtin Brauner angewiesen hat, dass die Kundendaten der Bank Austria – 1,8 Millionen Kundendaten – nach Verona transferiert werden, wenn ich bedenke, dass diese Daten ausgelagert worden sind aus Österreich und wir daher heute das österreichische Bankwesengesetz gar nicht mehr sicherstellen können, schon gar nicht das österreichische Bankgeheimnis für 1,8 Millionen Kunden der Bank Austria sichern und wahren können, dann, muss ich sagen, haben der Herr Bür­germeister von Wien und auch die Sozialdemokraten in dieser Frage unverantwortlich gehandelt, indem sie das zugelassen haben. (Beifall bei der FPÖ sowie der Abgeord­neten Jury und Linder.) – So viel zum Thema Vertrauen.

Vor allem die Aufsichtsbehörden tun sich besonders schwer, ihrer Aufgabe nachzu­kommen, und zwar speziell in Österreich, wenn wir an die Finanzmarktaufsicht, wenn wir an die Oesterreichische Nationalbank denken. Dazu fallen einem natürlich viele Stich­worte ein: BAWAG, Hypo Alpe-Adria, Kommunalkredit, die Volksbank, die 1,1 Milliar­den Verlust im Jahr 2009 geschrieben hat und der im Folgejahr weitere 863 Millionen Verlust drohen, bis hin zur Raiffeisen-Gruppe. Wo war denn da die Finanzmarktauf­sicht? Wo war sie? Sie hat doch in all diesen Bereichen versagt, sie ist gescheitert. Und was haben Sie (in Richtung SPÖ) bis dato verändert in diesem Bereich der natio­nalen Kontrolle? – Nichts!

Vergeblich sucht man nach Lösungsansätzen für das wahre Problem – und natürlich ist das ein Problem –: Too big to fail! Das ist das Problem: zu große Banken, zu große Kon­zerne, die sich entwickelt haben und die natürlich letztlich auch unser Land mit in den Ab­grund reißen, ja quasi in Geiselhaft nehmen. Bei jeder privaten Firma, bei jedem priva­ten Unternehmen, das in Konkurs geht, springt der Staat nicht ein, aber bei diesen gro­ßen Banken und Konzernen wird unsere Gesellschaft heute in Geiselhaft genommen.

Dort müssen wir ansetzen, aber auch dort haben Sie (wieder in Richtung SPÖ) in Ös­terreich versagt, da brauchen Sie gar nicht in die Europäische Union zu schauen. Wo haben Sie denn die Banken gesetzlich dazu aufgefordert und genötigt, wieder auf ihr Kerngeschäft zurückzukehren, wenn sie Staatshilfe und Steuergeld kassieren wollen, was Sie ja ermöglicht haben? Genau das wäre notwendig gewesen. (Beifall bei der FPÖ sowie der Abgeordneten Jury und Linder.)


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Wo sind die Konsequenzen seitens der österreichischen Bundesregierung für die Ban­ken, die selbst aufgrund ihrer Casino-Mentalität Gelder verzockt und verspekuliert ha­ben und dann nach staatlicher Hilfe gerufen haben? Selbstverständlich hilft man gerne, aber welche Konsequenzen sind daraus gezogen worden vonseiten der Bundesre­gierung? – Der Rechnungshof darf die Banken noch immer nicht überprüfen, darf noch immer nicht die Bilanzen überprüfen, ob diese korrekt sind, obwohl den Banken Milliar­den an Steuergeldern als Staatshilfe zugeflossen sind. Die Manager bei den österrei­chischen Banken sind bis heute nicht zur Verantwortung gezogen worden. (Präsident Neugebauer gibt das Glockenzeichen.)

Bis heute gibt es Manager mit 3 Millionen, 4 Millionen € Jahresgage, und wir haben nichts dergleichen erleben können, dass Sie gesetzliche Verbesserungen bezüglich et­waiger Kontrollen getroffen hätten. – Das ist nicht vertrauensbildend, Sie haben das Vertrauen dieses Landes in Sie absolut verspielt. (Beifall bei der FPÖ sowie der Abge­ordneten Jury und Linder.)

11.09


Präsident Fritz Neugebauer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Mag. Kogler. – Bitte.

 


11.09.32

Abgeordneter Mag. Werner Kogler (Grüne): Herr Präsident! Hohes Haus! Meine Her­ren auf der Regierungsbank! Bevor wir zu den wirklich wichtigen Dingen kommen eine kurze Bemerkung zu meinem Vorredner. Es ist gut, wenn Sie noch öfter von der Hypo reden, denn ich darf kurz daran erinnern, wer mit den Verantwortlichen für diesen Hy­po-Skandal fusioniert hat: Das ist niemand anderer als Ihre FPÖ gewesen! Sie sind der Vorsitzende der Hypo-FPÖ – bleiben Sie bei der Linie, ich gratuliere! (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ.) Offensichtlich waren Sie nicht ausgeschlafen genug, um darauf zu achten.

Sie müssen jetzt schauen, wie Sie damit zurande kommen. Immer, wenn Sie irgendwo Verantwortung übernehmen – das kommt hoffentlich nicht mehr allzu oft vor –, sind Sie in der Lage, ein ganzes Bundesland in den Graben zu fahren. Reden Sie bitte nicht über Griechenland!

Aber nun zu den wesentlichen Dingen. Aktuelle Europastunde – eine ganz wichtige Sa­che. Wir setzen uns jetzt mit einem Thema auseinander, aber durchaus auch mit der Sozialdemokratie, die dieses Thema, Finanzmarktarchitektur und soziale Gerechtigkeit, eingebracht hat. – Ja, es gibt auch da Zusammenhänge, aber reden wir einmal über die großen Ziele: ein sozial gerechtes Europa, ja, aber auch ein wirtschaftlich vernünf­tiges Europa und vor allem – aber das thematisiert hier herinnen von allen Parteien kaum jemand mehr; was nicht gut ist; das entdeckt man nur mehr auf den Plakaten, mit denen Sie die Landschaft verstellen – ein ökologisch nachhaltiges Europa (Beifall bei den Grünen), denn ohne die Verfolgung dieses Ziels wird alles andere auf mittlere Frist die Hälfte und langfristig gar nichts wert sein.

So etwas ist aber möglich. Ein Europa der wirtschaftlichen Vernunft ist möglich. Ein Europa der sozialen Gerechtigkeit ist möglich, und ein Europa der ökologischen Nach­haltigkeit ist erst recht möglich, aber nicht nur möglich, sondern auch sinnvoll und – und das ist das Wichtigste – notwendig. Deshalb appelliere ich schon an die Fraktion, die dieses Thema gewählt hat, und auch an andere – aber das ist eher hoffnungslos, daher gerade an die Sozialdemokratie –: Lassen Sie sich nicht ständig von kleinforma­tigen Kampagnen das Rückgrat verbiegen! Dann können wir auch weiterreden. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Ja, diese Wirtschaftskrise ist durch eine Finanzkrise verursacht worden. Man kann jetzt noch viel diskutieren und auf dieser Ebene spekulieren, was genau da die Ursachen


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waren und was sozusagen nur Folgewirkungen sind, aber eines ist klar: In der Stunde der Krise hätten wir schon längst mehr Europa als weniger gebraucht, dann hätten nämlich die Institutionen der Aufsicht anders einschreiten können. Das gibt es bis heu­te nicht, das ist der Punkt, und darauf werden wir gleich zu sprechen kommen. Das gibt es bis heute nicht! All das, was wir hier diskutieren und Sie anregen, wird auf euro­päischer Ebene schon wieder zu Grabe getragen; das aber nicht von der bösen EU-Kommission, die würde ja etwas vorschlagen, sondern von den nationalen Mitglied­staaten, die alles unterwandern, weil irgendwelche Provinzfürsten, die sich als Regie­rungschefs ausgeben, das unterlaufen. Das ist so wie mit den Landeshauptleuten, die Sie (in Richtung Bundeskanzler Faymann) immer wieder torpedieren in Ihren Bemü­hungen, so Sie welche haben; vorsichtshalber. Das ist genau das Gleiche.

Deshalb ist sozusagen in allen Bewusstseinskategorien dafür zu werben, dass es in be­stimmten Fragen, vor allem in dieser, darum geht – und daher, Herr Bundeskanzler, muss man halt auch einmal auftreten für mehr Europa und nicht für weniger Europa –, wie in Zukunft verhindert werden kann, was jetzt so beklagt wird. – Natürlich nur durch eine Finanzmarktaufsicht, die dem gewachsen ist – und das war jetzt Ihr Thema –, was da ge­schieht.

Wenn es also so ist – dem stimme ich ja zu –, dass internationale Konzerne, aber mehr noch Finanzinstitutionen hier zu Werke gehen und in einer relativ unregulierten Markt­wirtschaft – gerichtet an die ÖVP; es ist ja noch nicht so lange her, dass Sie unter Schwarz-Blau dem auch immer das Wort geredet haben; Sie haben sogar einen Fi­nanzminister hervorgebracht, der uns täglich mit diesem neoliberalen Kauderwelsch belästigt hat, der aber selbst alles zur Seite geräumt hat; das war Ihr Minister, aber das hat ja international akkordierten Charakter gehabt – mit dafür verantwortlich sind, dass wir dort gelandet sind, wo wir gelandet sind, dann bräuchten wir heute Institutionen, die durchgreifen können, gerade weil die Akteure, die reguliert gehören, selbst internatio­nal agieren. Das muss jedem einleuchten – selbst der FPÖ; Sie sollten nicht immer so nationalistisch herumkeppeln –, anders funktioniert das nicht, was Sie da verlangen.

Deshalb ist das das Gebot der Stunde. Man muss sich mutig hinstellen und diese Sa­che auch erzählen – und dann auch durchhalten, wenn es darauf ankommt.

Was ist geschehen? – Michel Barnier, der zuständige Binnenmarkt-Kommissar, der sich natürlich auch zu Recht seine Sorgen macht, hat genau das beschrieben: dass das al­les schon wieder untergraben wird. Deshalb sind die Ansätze, wie wir zu diesem sozial gerechteren und vernünftigeren, ökologisch nachhaltigeren Europa kommen, vollkom­men klar. Das braucht ökologische Investitionen, soziale Investitionen, begleitet von einer wirtschaftlichen Vernunft, die nicht nur auf Schulden setzt. Das ist vollkommen klar, und darauf könnten wir uns auch verständigen. (Präsident Neugebauer gibt das Glocken­zeichen.)

Deshalb fordere ich die ÖVP auf, nicht immer auf dem sozialen Auge blind zu sein, und die SPÖ, auch einmal das ökologische Auge aufzumachen – so sie eines haben. (Bei­fall bei den Grünen.)

11.15


Präsident Fritz Neugebauer: Nächster Redner: Herr Klubobmann Bucher. – Bitte.

 


11.15.25

Abgeordneter Josef Bucher (BZÖ): Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Thema dieser Aktuellen Europastunde, gewählt von der SPÖ: „Die Krise über­winden – mit sozialer Gerechtigkeit und einer neuen Finanzmarktarchitektur“. – Herr Kollege Cap, wenn man das auf der Zunge zergehen lässt, dann merkt man: Sie haben in den letzten Monaten wahrscheinlich einiges verdrängt.


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Ich höre immer Aussagen, auch vonseiten der SPÖ, wie: Die Krise ist überwunden! Es geht schon wieder bergauf! – Meine sehr geehrten Damen und Herren! Die Krise befin­det sich gerade einmal auf ihrem Höhepunkt. Die Auswirkungen werden wir in den nächsten Monaten zu spüren bekommen. Die Realwirtschaft, die kleine mittelständi­sche Wirtschaft, die kaum mehr Aufträge in ihren Büchern zu verzeichnen hat, das sind die Leidtragenden der Wirtschafts- und Bankenkrise. Die sind jetzt bedroht, denen müssen wir unter die Arme greifen, die müssen wir jetzt in den Fokus unserer wirt­schaftspolitischen Betrachtung rücken. (Beifall beim BZÖ.)

Gehen Sie nicht davon aus, dass die Krise bereits überwunden ist! Wir sind vielleicht in einem Wellental, es geht vielleicht kurz bergauf, aber es ist ein Weh. Wir gehen in den nächsten Jahren wieder in eine sehr schwierige Konsolidierungsphase. Es wird für die Staaten eine große Herausforderung sein, diese Wirtschaftskrise abzuwenden und zu finanzieren.

Was ist denn sozial, meine sehr geehrten Damen und Herren? Was ist denn soziale Gerechtigkeit an der Bewältigung dieser Krise? Das frage ich mich schon die ganze Zeit. Ist das sozial, Herr Kollege Cap, dass Sie jetzt Tag für Tag über neue Steuern und höhere Steuern nachdenken? Wer wird denn diese Finanz- und Wirtschaftskrise begleichen und bezahlen? – Der Steuerzahler wird das machen, der Mittelstand wird das machen, nicht die Bankmanager und nicht die Banken werden es machen. (Bei­fall beim BZÖ.)

Herr Bundeskanzler Faymann, das ist doch ein Irrglaube, dem Sie jetzt nachjagen, dass Sie mit einer Bankensteuer tatsächlich die Banken treffen. Sie treffen in erster Li­nie die Bankkunden, und Sie treffen damit wieder die Steuerzahler. Denn was werden die Banken machen? – Es hat noch nie in der Wirtschaftsgeschichte Österreichs ver­hindert werden können, dass man eine Steuer auf die Kunden überwälzt. (Abg. Dr. Cap: Was schlagen Sie vor?) Die Leidtragenden werden die Bankkunden sein – mit höheren Risikoaufschlägen, mit höheren Zinsen und höheren Bearbeitungsgebüh­ren. Das ist die Praxis, das ist die Realität, auch wenn die Bankmanager für diese Ban­kenkrise zur Verantwortung zu ziehen wären. (Beifall beim BZÖ.)

Von welcher Regulierung der Finanzmärkte, meine sehr geehrten Damen und Herren, lieber Herr Cap, Herr Bundeskanzler, sprechen Sie denn? Welche Regulierung ist das, von der Sie hier sprechen? Es findet doch keine Regulierung statt!

Seit September 2008 wissen wir, dass wir eine Banken- und Finanzmarktkrise haben. Es konnte damals nicht schnell genug gehen, den Banken unter die Arme zu greifen. Wir haben 100 Milliarden € an Steuermitteln dafür aufgewendet, die Einlagen zu sichern, den Kapitalmarkt abzusichern und die Banken zu stützen. Das war in wenigen Wochen möglich. Seit eineinhalb Jahren aber warten wir auf die Bankenregulierung, die in Ös­terreich nicht abgeschlossen werden kann, nicht klappt, und auf europäischer Ebene gibt es schon überhaupt keine Maßnahmen in diese Richtung.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, regulieren Sie nicht die mittelständische Wirt­schaft und nicht die Kleinbetriebe, sondern regulieren Sie endlich einmal die Banken, dass sie zur Verantwortung gezogen werden, die Bücher offenlegen! Lassen Sie auch einmal den Rechnungshof in die Banken hineinschauen, damit hier einmal für Ordnung gesorgt werden kann! (Beifall beim BZÖ.)

Das verstehen die Menschen mittlerweile nicht mehr. Niemand kann verstehen, dass alles in unserem Land, in der Europäischen Union überreguliert wird und die Banken tun und lassen können, was sie wollen. Wir erfahren doch tagtäglich aus Medienberich­ten, dass die Banken schon wieder auf internationalen Kapitalmärkten herumagieren, spekulieren und teilweise unsere Einlagen aufs Spiel setzen. Überlegen Sie sich doch einmal, was der Ursprungsgedanke der Volksbanken und der Raiffeisenbanken vor


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140 Jahren war! Vom Bauernstand heraus sind die Raiffeisenbanken gebildet worden, die Volksbanken von Handel und Gewerbe heraus, um Kapital aufzubringen für Investi­tionen, für Kredite. Das war der Ursprungsgedanke der Protagonisten, die diese Ban­ken gegründet haben. – Wie weit sind sie heute entfernt von der eigentlichen Aufgabe, die man ihnen anvertraut hat?!

Heute gehen sie mit dem Geld auf die internationalen Finanzmärkte und spekulieren dort mit allem, was gut und teuer ist. Dem muss ein Riegel vorgeschoben werden, und zwar baldigst! Da hat die Politik auf europäischer Ebene völlig versagt und bis heute keine effizienten Maßnahmen gesetzt. (Beifall beim BZÖ.)

Meine sehr geehrten Damen und Herren, Herr Bundeskanzler – nichts als leere Phra­sen, keine Ergebnisse! Außer Spesen nichts gewesen in den letzten Monaten und Jah­ren. Die Steuerzahler sind jene, die jetzt die Suppe auslöffeln dürfen, die aber nichts dafür können, dass die Banken hier so umtriebig gewesen sind. Da passt gut der Spruch: Die Banken sind zuerst leichtsinnig, dann übermütig und am Ende gefährlich!

Meine sehr geehrten Damen und Herren, sorgen wir, uns diesen Ausspruch vor Augen haltend, dafür, dass diese Bankenzusammenschlüsse nicht in die Realität umgesetzt werden, da sonst die Banken die Regierungen vor sich her treiben und die Regierun­gen kontrollieren. Umgekehrt muss es sein: Die Regierungen sollen die Banken in die Pflicht nehmen und die Banken regulieren, damit diese endlich ihre Aufgabe erfüllen und nicht das Geld der Steuerzahler und der Bankkunden verspekulieren! (Beifall beim BZÖ.)

11.21


Präsident Fritz Neugebauer: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Mag. Wurm. – Bitte.

 


11.21.24

Abgeordnete Mag. Gisela Wurm (SPÖ): Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Bundes­kanzler! Die Herren Staatssekretäre! Der Vorredner, Herr Buchner (Rufe: Bucher!), hat sich über die Nichtregulierung der Finanzmärkte in der EU aufgeregt. Ich frage Sie: Warum haben Sie sich nicht über die Hypo Alpe-Adria aufgeregt? Da gäbe es viel zu tun, und da muss der Steuerzahler, die Steuerzahlerin, muss ganz Österreich ganz schön in die Tasche greifen. Auch das sei hier gesagt. (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Strache: Die Frau Schaunig im Hypo-Aufsichtsrat!)

Der Herr Bundeskanzler hat beim EU-Rat immer wieder darauf hingewiesen – jeder kann nachverfolgen, dass Österreich eine mahnende Stimme war und immer darauf hingewiesen hat –, wie wichtig eine Finanztransaktionssteuer auf europäischer Ebene ist, damit jene zur Kasse gebeten werden, die für diese Finanzkrise hauptsächlich ver­antwortlich sind. Es ist Österreich, es ist die österreichische Bundesregierung, allen vo­ran der österreichische Bundeskanzler, die genau diese Regulierungen einmahnen.

Aber, sehr geehrte Damen und Herren, Wachstum, Beschäftigung, Wettbewerbsfähig­keit, sozialer Zusammenhalt sind ohne Gleichstellungspolitik nicht machbar, ja nicht denk­bar. Da haben wir in der Europäischen Union nicht nur viel zu tun, sondern da ist auch schon viel getan worden. Im EU-Primärvertrag gibt es Passagen, Artikel, die diese Gleich­stellung nicht nur verankern und damit auch einklagbar machen, sondern die auch immer wieder entsprechende Zielvorgaben formuliert haben.

Wenn jetzt von der EU-Kommission, vom Europäischen Rat die Strategie 2020 disku­tiert und auch beschlossen wird, sollten nicht einige auf die Idee kommen, den Abschwung dazu zu nutzen, gerade diese Gleichstellungspolitik zu untergraben. Wir wissen näm­lich alle, Investitionen in die Gleichstellung der Geschlechter – und da geht es um Dis­kriminierungen von Frauen, und das sind nun einmal mehr als 50 Prozent – sind gute Investitionen, sind Investitionen in die Zukunft, erhöhen das BIP und die Beschäftigung.


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Da gibt es konkrete Maßnahmen, die die EU-Kommission vorgeschlagen hat, Viviane Reding an vorderster Front, und auch Barroso hat sich dem angeschlossen. Es gibt die EU-Charta für die Frauen, wo entsprechend formuliert und festgelegt wird, was wichtig ist, um genau dieses Politikfeld voranzutreiben. Es geht um die Gleichstellung auf dem Arbeitsmarkt, es gilt, Zielvorstellungen zu formulieren, dass Frauen entsprechende Ar­beitsplätze bekommen, und zwar nicht nur in Niedrigstlohngruppen, sondern die euro­päischen Sozialpartner haben auch dafür zu sorgen, dass Arbeit anders bewertet wird – das ist das eine –, und dass andererseits Frauen auch in Entscheidungsgremien die ent­sprechenden Positionen haben. (Abg. Kickl: Bundespräsidentin zum Beispiel!)

Ich nenne jetzt nur ein Beispiel: 40 Prozent Frauen in Aufsichtsräten – Norwegen ist zwar nicht Mitglied der Europäischen Union, ist da aber ein gutes Beispiel. Schweden hat mit seinem Bekenntnis zur Gleichstellungspolitik schon im Jahr 1991 einen wichti­gen Schritt gesetzt, nämlich dass auch die Männer entsprechend einbezogen werden in dieses Politikfeld. Es nützt uns allen: Es nützt den Männern und den Frauen, wenn wir da einen Gang zulegen. Diesbezüglich haben wir in Österreich auch einiges zu tun. (Bei­fall bei der SPÖ. – Abg. Kickl: Bundespräsidentin! Das ist auch eine Möglichkeit, oder?)

Auf allen Ebenen, nicht nur auf der höchsten! Wenn ich mir anschaue, sehr geehrter Herr Abgeordneter Kickl, wie dünn gesät in Ihren Reihen die Frauen sind, muss ich sa­gen: Machen Sie einen Frauenförderplan! Wir helfen Ihnen gerne dabei. Frau Belako­witsch ist sicher froh, wenn sie mehrere Kolleginnen hat – nicht nur zwei Banknach­barn, sondern vielleicht auch ein paar Banknachbarinnen in ihrer Nähe sitzen. (Abg. Kickl: Gehen Sie her und machen Sie am Sonntag das Kreuzerl bei der Frau Rosen­kranz! – Abg. Strache: Wählen Sie Frau Rosenkranz!)

Was auch noch wichtig ist, um Chancengleichheit, Gleichberechtigung zu gewährleis­ten, das sind natürlich die Rahmenbedingungen. Die Barcelona-Ziele haben uns gehol­fen, aber wir werden die Elternkarenz ausbauen müssen. Das, was wir hier im letzten Jahr mit dem einkommensabhängigen Karenzgeld geschaffen haben, haben schon verhältnismäßig viele Männer in Anspruch genommen. Elternkarenz ist wichtig, das heißt, Männer und Frauen sollen sich der Kindererziehung widmen. Das fördert die Frauen und die Männer am Arbeitsplatz, denn dadurch fällt nicht nur die Frau eventuell eine gewisse Zeit aus dem Arbeitsprozess heraus, sondern es kümmern sich beide Ge­schlechter um ihren Nachwuchs. Außerdem ist auch die Geburtenrate höher, wenn die entsprechenden Rahmenbedingungen stimmen. (Abg. Strache: Sie wählen also am Sonntag Frau Rosenkranz? – Sehr gut!)

Ich hätte noch viel zu sagen in Bezug auf Gleichberechtigung, und Sie, geehrte Herren, sind eingeladen, mit uns mitzutun. Mehr Gleichberechtigung bedeutet Investitionen in die Zukunft, Wachstum, Beschäftigung und Wettbewerb. Helfen Sie dabei! (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der ÖVP.)

11.27


Präsident Fritz Neugebauer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Grillitsch. – Bitte.

 


11.27.19

Abgeordneter Fritz Grillitsch (ÖVP): Herr Präsident! Herr Bundeskanzler! Meine Her­ren Staatssekretäre! Meine lieben Kolleginnen und Kollegen! (Der Redner hat versucht, die Höhe des Rednerpults zu verstellen; dabei ist es auf der niedrigsten Position einge­rastet und lässt sich nun nicht mehr höher stellen.) – Das ist für kleinere Personen ge­dacht, es lässt sich nicht mehr höher einstellen. (Heiterkeit.)

Wir erleben derzeit die größte Rezession seit 1930, und alle Berichte über den Be­trugsskandal um die Goldman Sachs Group, die windige Finanzprodukte an gutgläubi­ge Kunden verkauft hat, zeigen mehr denn je, wie wichtig eine neue Finanzmarktstruk­tur ist, um ein gesundes, nachhaltiges Wirtschaftswachstum in Europa zu ermöglichen.


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll60. Sitzung / Seite 67

Meine Damen und Herren, die jüngsten IWF-Prognosen für das Wirtschaftswachstum im Jahr 2010 lauten, dass China über 10 Prozent wächst, Indien über 7,7 Prozent, die USA um 2,7 Prozent und die Europäische Union nur um 1 Prozent. Hier braucht man keine großen Interpretationen über diese wirtschaftlichen Zahlen, Faktum ist: Europa verliert etwas von seiner starken Position. Mit nur 7 Prozent der Weltbevölkerung ge­nerieren wir 22 Prozent des Weltreichtums. Im Vergleich zu den USA mit 21 Prozent und China mit 11,5 Prozent sind wir eigentlich die größte Handelsmacht der Welt.

Europa steht in der Welt für politische Stabilität, für Sicherheit, für ein ausgeprägtes so­ziales System, für Umweltbewusstsein und Lebensqualität. Aber 1 Prozent Wachstum ist nicht genug, um den sozialen, wirtschaftlichen und umweltgerechten Standard auch für die Zukunft zu sichern. Deshalb ist es wichtig, dass wir über Reformen diskutieren und versuchen, Europa mit zu gestalten, dass wir über eine gerechte Lastenverteilung nach dieser globalen Krise diskutieren, damit Europa in die richtige Richtung geht.

Beispielsweise ist eine europaweite Bankenabgabe, deren Einführung auch von Öster­reich angedacht ist, ein wichtiger und richtiger Schritt, den wir gehen müssen, um den Wohlstand entsprechend sichern zu können. Wir brauchen ein grenzüberschreitendes Krisenmanagement, wir brauchen eine EU-weite politische Koordination, und wir dür­fen den Blick nicht nur auf den Finanzmarkt fokussieren, meine Damen und Herren, sondern müssen insbesondere auch die sozialen Bereiche und auch die Beschäfti­gungsbereiche im Auge behalten.

Wir müssen den Menschen Arbeit geben, Einkommen sichern, Wertschöpfung sichern. Auch die EU-Strategie 2020 sollte in diese Richtung gehen.

Eine weitere Verbesserung der Forschung und Entwicklung ist notwendig. Ich verweise auch auf die Klimaziele, in deren Rahmen wir die erneuerbaren Energieträger for­cieren, heimische Potenziale mit neuen Technologien nutzen, Arbeit schaffen, die Um­welt schützen und somit auch Europa wieder die richtige Stellung verschaffen.

Meine lieben Kolleginnen und Kollegen, eines muss uns klar sein: Wer mehr Europa will, muss ideell und finanziell mehr für Europa tun. (Beifall bei der ÖVP sowie des Abg. Dr. Jarolim.)

11.30


Präsident Fritz Neugebauer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Weinzinger. – Bitte.

 


11.30.34

Abgeordneter Lutz Weinzinger (FPÖ): Wer hat denn das zertrümmert? (Die Höhe des Rednerpults lässt sich nicht mehr verstellen.) Herr Präsident! Meine Herren auf der Regierungsbank! (Abg. Dr. Jarolim: Hat er es jetzt kaputt gemacht?) Ich habe Gott sei Dank eine laute Stimme, daher wird es auch gehen, wenn das Mikrophon weiter unten ist.

Meine Damen und Herren! Das Thema, über das wir jetzt diskutieren, wollen wir uns wieder in Erinnerung rufen: Aktuelle Europastunde. Und mit Europa, nehme ich an, meinen wir die geliebte EU. Und dann kommt der schöne Satz: „Die Krise überwin­den – mit sozialer Gerechtigkeit und einer neuen Finanzmarktarchitektur“.

Meine Damen und Herren! Vielleicht haben Sie das Thema nicht genau überdacht. Ist Ihnen nicht bewusst, dass die EU an sich einer der Hauptgründe für unsere Finanz- und Wirtschaftskrise ist? (Beifall bei der FPÖ. – Abg. Mag. Gaßner: Hö!)

Ja, ich weiß schon, dass Sie das alles als absurd ansehen, wie ich jetzt gehört habe. Aber wer hat denn in der EU tatsächlich das Sagen? Haben Sie sich noch nie überlegt, dass dort internationale, globale Konzerne, denen das soziale Gewissen völlig wurscht ist,


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll60. Sitzung / Seite 68

das Sagen haben? Haben Sie nicht die ganze Zeit und auch jetzt davon gesprochen, dass da internationale Banken, die ebenfalls kein sehr hohes soziales Gewissen zu ha­ben scheinen, in einer Art und Weise mitwirken, die schon bedenklich ist? (Abg. Krai­ner: Sie haben schon recht! Wenn mehr Leute die SPÖ wählen würden, hätten wir europaweit weniger Probleme!)

Da haben wir die Lehman Brothers, die ja inzwischen eingegangen sind; die haben ja in verschiedenen Bereichen mitgewirkt. (Zwischenrufe beim BZÖ.) Jetzt wird dann ir­gendwer sagen, vermutlich auch in der Hypo Alpe-Adria, die jetzt auf einmal der FPÖ gehört. Ich bin ja sehr glücklich darüber, dass wir jetzt auf einmal eine Bank haben.

Oder Goldman Sachs hat ja, wenn mich nicht alles täuscht, auch irgendetwas mit Grie­chenland zu tun gehabt. War da nicht irgendetwas? – Da stecken sie drinnen, und die haben ihre Lobbyisten. Und wir akzeptieren diesen Lobbyismus, wir nehmen das zur Kenntnis, anstatt diese EU, wenn wir sie schon haben, so umzukrempeln, dass sie sich nicht am Gängelband von irgendwelchen Lobbyisten, irgendwelchen internationalen, globalen Konzernen und riesigen Bankinstituten befindet, die man ja gar nicht mehr kontrollieren kann. Dort müssen wir hin!

Und wie können wir dort hin? – Wenn wir uns endlich einmal klar werden darüber, was wir mit dieser EU eigentlich wollen. Ist es jetzt ein Bundesstaat, the United States of Europe wie the United States of America (Ui-Rufe – Abg. Grosz: A very English gentle­man!), oder ist es ein Staatenbund, wie wir es uns ursprünglich vorgestellt haben? Die FPÖ ist schon immer eine Europapartei gewesen. Ich erinnere mich daran, wie Sie un­sere Vorstellungen von Europa und vom vereinigten Europa vor 30, vor 40 Jahren aus­gelacht haben. Nur, wir wollten ein Europa der Vaterländer, ein Europa der selbstän­digen Staaten (Beifall bei der FPÖ), ein Europa, das eben seine gewachsenen Natio­nalstaaten, seine gewachsenen, in Jahrhunderten, ja zum Teil in Jahrtausenden ge­wachsenen Völker erhält.

Wir können nicht verglichen werden mit Amerika, mit den USA. Die haben die Urbe­völkerung ausgerottet. Dann haben sie die anderen hineingebracht und sie über einen Kamm geschoren. Es gelingt ihnen jetzt auch nicht mehr, wie wir wissen, im Hinblick auf die Entwicklung der Latinos. (Staatssekretär Dr. Lopatka: Jetzt wird es interessant!)

Meine Damen und Herren! In diese Richtung müssen wir denken und dürfen nicht ein­fach von sozialer Gerechtigkeit und einer neuen Finanzmarktarchitektur sprechen. Fi­nanzmarktarchitektur, was heißt denn das? Architektur, Architektentätigkeit heißt etwas planen und dann errichten. Unsere Finanzmarktsituation ist entstanden, hat sich im Laufe der letzten 120 Jahre entwickelt, im Laufe der Entwicklung des Kapitalismus, und zwar des Haifischkapitalismus. Den müssen wir bekämpfen. (Beifall bei der FPÖ.)

Soziale Gerechtigkeit ist ein Schlagwort, aber das muss mit Leben besetzt werden, meine Damen und Herren! Und dazu fordere ich auch unsere Regierungsparteien sehr intensiv auf, denn schließlich und endlich erfolgen alle Beschlüsse in Europa, über die wir so oft auch die Nase rümpfen, mit Zustimmung unserer Minister, mit Zustimmung unseres Bundeskanzlers, mit Zustimmung unseres Vizekanzlers beziehungsweise Fi­nanzministers.

Meine Damen und Herren, in diese Richtung sollten wir denken – statt solche Schlag­worte in einer Aktuellen Europastunde, die offensichtlich eine Verlegenheitsstunde ist, von uns zu geben.

Soziale Gerechtigkeit – ja, aber zuerst im eigenen Land, mit eigenen Mitteln. Finanz­marktarchitektur bedingt eine wirksame Finanzmarktaufsicht im eigenen Land und dann auch europaweit. Das sollte die Zielsetzung sein. (Beifall bei der FPÖ.)

11.36



Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll60. Sitzung / Seite 69

Präsident Fritz Neugebauer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Dr. Van der Bellen. – Bitte.

 


11.36.24

Abgeordneter Dr. Alexander Van der Bellen (Grüne): Da stimmt was nicht mit dem Rednerpult – na gut. (Abg. Mag. Gaßner: Der Grillitsch hat das zusammengehaut!) Kollege Grillitsch ist schuld, seit seiner Rede funktioniert es nicht mehr. (Abg. Mag. Gaß­ner: ... mit dem Maschinenring her! – Heiterkeit.)

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Im Titel dieser Aktuellen Stunde zu Europa kommt das Stichwort Finanzmarktarchitektur vor. Mit Recht, nur hat Kollege Cap, glaube ich, nicht ausreichend darauf hingewiesen, was mit dieser neuen Finanzmarkt­architektur – Herr Kollege Weinzinger, ja, ein komisches Wort – gemeint ist. Eine euro­päische Bankenaufsicht vor allem ist damit gemeint, und dass die nicht vom Fleck kommt, nicht wegen der Untätigkeit der Kommission, die Kommission ist in diesem Zu­sammenhang sogar sehr tätig, und auch nicht wegen des Europäischen Parlaments, sondern weil einzelne Mitgliedstaaten das wieder zu blockieren beginnen, darunter Deutschland und Großbritannien. Kommissar Barnier hat sich dieses Wochenende kein Blatt vor den Mund genommen aufgrund der Blockadeversuche des Rates, des Ecofin gegenüber der Kommission und dem Europäischen Parlament.

Ich möchte nur darauf hinweisen, dass das nur die Spitze des Eisbergs ist. Wir brau­chen noch eine andere Architektur dazu, ich nenne es einmal die Architektur der euro­päischen Finanzpolitik, neben einer neuen Bankenaufsicht, neben einer neuen Finanz­marktaufsicht, auch eine ganz andere Koordinierung der Finanzpolitiken.

Zum aktuellen Beispiel Griechenland: Griechenland ist in mehrfacher Hinsicht – ich würde einmal sagen – akademisch interessant, aber finanz- und wirtschaftspolitisch ex­trem besorgniserregend. Und die Performance der Euro-Zonen-Mitglieder EU-15 außer Griechenland selbst ist in dieser Hinsicht nicht gerade unheimlich beeindruckend. Seit Jänner gibt es hier ein Herumgeeiere, was zu tun ist oder nicht zu tun ist. Es gibt ein Rescue-Package, also ein Rettungspaket, das jetzt gerade einmal zehn Tage alt ist oder so.

Und wie haben die Märkte auf dieses Rescue-Package reagiert? – Im Wesentlichen negativ mit höheren Zinssätzen für griechische Kredite, höheren Spreads, höheren Ri­sikoprämien und so weiter. Es ist auch kein Wunder, wenn man sich das im Detail an­schaut. Ich gehe das nicht durch, aber nur als Hinweis: Ein gutes Drittel dieses 30 Mil­liarden-Rettungspaketes der Euro-Zonen-Mitglieder soll zusammen genommen von den Ländern Irland, Portugal, Spanien und Italien kommen. Das ist schon bemerkens­wert. Ich dachte, das sind gerade die Länder, die sozusagen hinter Griechenland mit ih­ren finanzpolitischen Problemen anstehen. Und die sollen jetzt im Ernstfall über 10 Mil­liarden € aufbringen? Das ist schon witzig, das ist schon ziemlich witzig. Und, und, und.

Als wesentlich ist in diesem Zusammenhang zu erwähnen, dass die Finanzmärkte, al­so die potentiellen Gläubiger Griechenlands, insofern negativ auf dieses Paket reagiert haben, als die Kommentatoren in der „Financial Times“, im „Economist“ und so weiter zunehmend der Meinung sind, der Default – also die Zahlungsunfähigkeit – Griechen­lands ist nicht nur eine Frage des Ob, sondern des Wann. Wann wird Griechenland zahlungsunfähig? Mit diesem Rettungspaket zusammen mit der Hilfe des IMF – des In­ternationalen Währungsfonds – wird diese Frist vielleicht um drei Jahre verlängert, weil sich das Paket nun einmal auf diese Zeit bezieht. Aber was ist dann?

Das ist schon eine unabwendbare, uns tangierende Frage, weil es gar nicht so sehr um die Frage geht: Retten „wir“ – unter Anführungszeichen; also die Eurozone – Griechen­land?, sondern um die Frage: Retten – oder unterstützen, welchen Ausdruck auch im­mer Sie hier für angemessen halten – wir Griechenland oder unterstützen wir wieder ein­mal die europäischen Banken, nämlich die Gläubiger Griechenlands?


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In diesem Fall muss man ausnahmsweise schon darauf hinweisen, dass Kredite an Griechenland mindestens bis Jänner 2010 keinen spekulativen Charakter hatten. Grie­chenland galt als souveräner Schuldner, wie andere Mitglieder der Eurozone auch, wie zum Beispiel Österreich. Erst seit Jänner dieses Jahres verdichteten sich die Anzei­chen, dass es da echte Probleme geben kann.

Ich möchte ein paar Worte zur Größenordnung des Problems sagen. Es wird hier ein Begriff relevant, den wir alle schon vergessen haben – also ich zumindest –, weil er in Österreich nie eine Rolle gespielt hat, nämlich das Bruttodefizit, die Bruttokreditaufnah­me von Staaten zur Refinanzierung alter Schulden, auslaufender Schulden beziehungs­weise zur Kreditaufnahme für die Neuverschuldung. Diese Brutto-Neuverschuldung läuft im Falle Griechenlands darauf hinaus, dass wir pro Jahr bis einschließlich 2015 rund 50 Milliarden € aufbringen werden müssen. Das ergibt sich schon allein aus der Til­gungsstruktur der griechischen Kredite. Das stand gestern in der „Financial Times“. 50 Milliarden pro Jahr, das summiert sich auf eine Größenordnung von 100 Prozent des griechischen Bruttoinlandsprodukts – nur zum Vergleich – innerhalb dieser relativ kurzen Zeitspanne.

Daher ist es nicht unwahrscheinlich, anzunehmen, dass wir hier tatsächlich – je nach­dem, wie das ausgeht – entweder ein argentinisches oder ein brasilianisches Problem bekommen werden. In Argentinien geht es regelmäßig schlecht aus. Brasilien hatte eine gute Restrukturierung der Schulden. Wir müssen offen, möglichst strukturiert und mit kühlem Kopf über Default, das heißt über Zahlungsunfähigkeit – wann und mit wel­chen Folgen – reden, damit in so einem Fall niemand die Nerven verliert. Besser ist es natürlich, sich vorher zu überlegen, wie man dieses Szenario vermeidet.

Wenn in den Zeitungen ein bisschen euphemistisch von Restructuring, Rescheduling die Rede ist, dann ist damit Fristenerstreckung für die griechische Verschuldung ge­meint. Die Verdoppelung der Fristen zum Beispiel war ein Rezept, das im Falle Mexi­kos ... (Präsident Neugebauer gibt das Glockenzeichen.) Entschuldigung, das Licht leuchtet nicht. (Ruf bei der ÖVP: Schon die ganze Zeit! Staatssekretär Dr. Lopatka: Auch das ist kaputt!) Auch das ist kaputt! (Abg. Mag. Kogler: Das ist schon einmal gewesen! – Abg. Grosz: Das ganze Haus ist am Einfallen! Das Licht geht nicht! Die Sessel fallen um! Abg. Mag. Kogler: Es ist ja die Rede so lichtvoll!) Hoffen wir, dass das kein Omen ist, Herr Staatssekretär. Das ist sehr bedauerlich.

Dann muss ich damit enden zu sagen: Werner Kogler hat recht. Wir werden mehr Euro­pa brauchen und nicht weniger. Wir brauchen eine europäische Bankenaufsicht und nicht eine nationale wie bisher. Wir brauchen eine europäische Koordinierung (Abg. Grosz: Ich glaube überhaupt, die Regierung ...!) – wenn man so will, eine „Beaufsichti­gung“; vermeiden wir dieses Wort aber besser – der Finanzpolitiken, insbesondere in der Eurozone. Alles andere ist naiv und unrealistisch. – Danke. (Beifall bei den Grünen sowie bei Abgeordneten von ÖVP und SPÖ.)

11.43


Präsident Fritz Neugebauer: Es gelangt nun Herr Abgeordneter Mag. Stadler zu Wort. – Bitte.

 


11.44.05

Abgeordneter Mag. Ewald Stadler (BZÖ): Herr Präsident! Hohes Haus! Herr Präsi­dent, Sie haben die Uhr auf 7 Minuten eingestellt, nehme ich an. (Abg. Kopf: Jetzt ha­ben wir Aktuelle Stunde! – Abg. Ing. Westenthaler: Das ist beim nächsten Punkt!)

 


Präsident Fritz Neugebauer: 5 Minuten!

 


Abgeordneter Mag. Ewald Stadler (fortsetzend): Nein, das ist neu ausverhandelt wor­den, muss ich gleich vorausschicken. Und diese Redezeit rechnen Sie mir bitte nicht an, weil das ist mit dieser desaströsen Geschichte hier ...

 



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Präsident Fritz Neugebauer: Entschuldigung, Herr Abgeordneter, die 7 Minuten sind für den Tagesordnungspunkt 1. In der Aktuellen Europastunde hat jeder Redner 5 Mi­nuten Redezeit. (Unruhe im Saal.)

 


Abgeordneter Mag. Ewald Stadler (fortsetzend): Also es kennt sich keiner mehr aus bei der Pannenwirtschaft hier im Haus!

Herr Bundeskanzler, ich bedauere, dass Ihr Partner, der Herr Vizekanzler, nicht anwesend ist, denn ich hätte heute zu gerne mit ihm über seine eigenen Aussagen diskutiert. Pröll sagt bei den Ökologiegesprächen bei Raiffeisen-Leasing – das halte ich für besonders sinnig, dass er ... (Abg. Riepl: Der Pröll ist ja nicht da! Der hört’s nicht!) – Ich habe ge­sagt, das hätte ich sehr gerne mit ihm diskutiert. Pröll sagt also: Österreich darf in puncto Schulden nicht Griechenland werden. – Das sagt der Finanzminister dieses Landes! (Abg. Riepl: ... ja nicht fragen, wenn er nicht da ist!) Ja, das werden sie ihm schon ausrichten. Tun Sie es! (Abg. Riepl: Aber er hört ja nicht, was Sie jetzt sagen!)

Österreich darf in puncto Schulden nicht Griechenland werden, sagt der Finanzminis­ter. Pröll warnt vor griechischen Szenarien in Österreich. Meine Damen und Herren, das sagt nicht irgendein Oppositionspolitiker von der FPK-Hinterbank, sondern das sagt der Finanzminister! Noch fünf solche Aussagen, meine Damen und Herren, und wir haben ein Problem auf den internationalen Finanzmärkten. (Abg. Kopf: Also bitte!) – Herr Kollege Kopf, du weißt es ganz genau: Ich möchte euer Gezeter nicht hören, wenn das hier von der Rostra mehrfach gesagt worden wäre, dass Österreich ein Griechen­land-Szenario droht, meine Damen und Herren. Jeder weiß, was das bedeutet, wenn das nicht die Frau Schmauswaberl, sondern der Herr Josef Pröll, Finanzminister und Vizekanzler dieses Landes, sagt. Er muss ja wissen, wovon er redet, wenn er sagt, Ös­terreich droht in drei Jahren – er hat sogar noch einen Zeitraum angegeben! – eine Kri­se wie in Griechenland. Ich halte das für bemerkenswert. (Beifall beim BZÖ.)

Der Vizekanzler hat das meiner Ansicht nach im Umgang mit der österreichischen Re­putation fahrlässig, aber aus Selbstschutzgründen getan, weil er sich noch daran erin­nert – das ist sein schlechtes Gewissen –, dass er den Österreichern bei der letzten Nationalratswahl versprochen hat, es werde keine neuen Steuern geben. Jetzt muss er irgendwie die Österreicher darauf vorbereiten, dass es doch eine Belastungswelle gibt, dass er wortbrüchig wird, und jetzt sagt er, jetzt droht Österreich in drei Jahren dassel­be wie Griechenland, meine Damen und Herren. Das ist meiner Ansicht nach ein fahr­lässiger Umgang mit der Reputation Österreichs!

Ich komme zum zweiten Punkt. Der Vizekanzler sagte bei diesen Ökologiegesprächen außerdem: „Griechenland sollte ein Mahnungspunkt sein für nicht nachhaltiges Wirt­schaften. Das Land habe sich über Jahre und Jahrzehnte mit Statistiken am Thema vor­beigeschummelt, dass auch ein Land auf Ausgaben- und Einnahmenstrukturen schauen müsse [...].“

Meine Damen und Herren, was heißt das? – Seit Jahren, ja Jahrzehnten ist bekannt, dass Griechenland schwindelt, und kein Mensch greift ein? Wozu brauche ich noch weitere EU-Kompetenzen für die Kommission, um in nationale Budgets einzugreifen, wenn sie nicht einmal in der Lage sind, mit der Schwindelei Griechenlands, die sie über Jahre, ja Jahrzehnte veranstaltet haben, Schluss zu machen, meine Damen und Her­ren?! Jetzt kommt schön langsam die Wahrheit ans Tageslicht. Das haben Sie bei der letzten Debatte noch abgestritten. Jetzt sagt es der Herr Pröll selber bei Raiffeisen. Ja, bei Raiffeisen, da darf er – oder muss er; ich weiß es nicht – offenbar reden. (Heiter­keit des Abg. Mag. Kogler.)

Dann sagt Josef Pröll weiter: „Diese Krise habe auch das Primat der Politik gegenüber der Industrie und den Wirtschaftstreibenden wieder zurückgebracht.“ Das sagt er aus­gerechnet bei Raiffeisen, meine Damen und Herren, wo er als Befehlsempfänger an-


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tanzt und nicht das Primat der Politik symbolisiert. Das Primat sitzt dort in der Konrad-Ebene (Abg. Mag. Kogler: Am Hochsitz!) und nicht beim Herrn Pröll, meine Damen und Herren. Das halte ich wirklich für ziemlich kühn, was der Herr Pröll da veranstaltet hat. (Beifall beim BZÖ sowie bei Abgeordneten der FPÖ.)

Aber es geht weiter: „In einer extrem heiklen Situation, als Finanz- und Realwirtschaft auf der Kippe standen, war die Politik wieder gefordert, auf Kosten der Steuerzahler ‚selbst­verständlich‘ zu helfen [...].“

Das ist sozial, Herr Kollege Cap? Das ist sozial, wenn der Herr Pröll sagt, Banken kön­nen machen, was sie wollen, auf Kosten des Steuerzahlers werden wir es reparieren? Das ist unsozial wie nur irgendetwas, meine Damen und Herren! Kein einziger Bank­manager ist drangekommen, und auch die Frau Schaunig, meine Damen von der SPÖ, für ihre Aufsichtsratstätigkeit in der Hypo Alpe-Adria nicht – kein einziger Bank­manager, mit Ausnahme des Herrn Elsner. Der hat eine Haft gekriegt, wofür andere eine Haftung bekommen haben, meine Damen und Herren! Elsner ist der Beweis für den Unterschied zwischen Haft und Haftung. (Beifall bei BZÖ und FPÖ.)

Der sitzt dafür. Ich hätte mir gewünscht, dass noch ein paar Bankmanager mit ihm im Grauen Haus Platz nehmen hätten dürfen. Was glauben Sie, was das für eine heilsa­me Wirkung gehabt hätte! – Nein, das machen wir nicht. Daher wäre die europäische Ebene gefordert, für ein besseres Haftungsrecht für Bankmanager, für Broker, für eine einheitliche Haftungsregelung auch für Wirtschaftsprüfer, für entsprechende Auf­sichtsnormen für die Ratingagenturen, die Mitverursacher der Krise waren, und für eine entsprechende Bankenaufsicht für die europäischen Banken. – Warum passiert das nicht? (Präsident Neugebauer gibt das Glockenzeichen.) Großbritannien ist dagegen, daher darf die Regierung da nicht tätig werden.

Die einheitliche Transaktionsteuer, Herr Bundeskanzler, können Sie nur europaweit einführen, wenn Sie den Finanzplatz Österreich nicht schädigen wollen.

Ich sage Ihnen, wir haben noch ein ganzes Paket parat, was man auf europäischer Ebene vernünftigerweise durchziehen könnte und auch sollte, wenn man diesen Sektor wirklich unter Kontrolle bringen will. (Beifall beim BZÖ.)

11.49


Präsident Fritz Neugebauer: Bevor der nächste Redner zu Wort gelangt, begrüße ich das österreichische Mitglied der Europäischen Kommission, zuständig für Regionalpoli­tik, Dr. Johannes Hahn, sehr herzlich im Hohen Haus. (Beifall bei der ÖVP sowie bei Abgeordneten der SPÖ für den unter den Zuhörerinnen und Zuhörern sitzenden öster­reichischen EU-Kommissar Dr. Johannes Hahn.)

Als Nächster gelangt Herr Abgeordneter Linder zu Wort. – Bitte.

 


11.50.18

Abgeordneter Maximilian Linder (ohne Klubzugehörigkeit): Sehr geehrter Herr Präsi­dent! Geschätzte Damen und Herren auf der Regierungsbank! Liebe Kolleginnen! Lie­be Kollegen! Das Thema soziale Gerechtigkeit im Zusammenhang mit einer Aktuellen Europastunde zu diskutieren, ist aus meiner Sicht geradezu lachhaft, vor allem dann, wenn der Herr Bundeskanzler gerade heute wieder gesagt hat, wenn wir es im Kleinen nicht regeln, kann es im Großen nicht funktionieren.

Wenn ich das Thema soziale Gerechtigkeit und SPÖ höre, so zweifle ich daran, dass diese von euch gewünscht wird, vor allem aber weiß ich, dass ihr nicht die Kraft habt, euch gegenüber dem Koalitionspartner durchzusetzen. Man denke darüber nach, wie ungerecht bei uns Steuern zustande kommen, wie bei uns mit der Steuergerechtigkeit umgesprungen wird – zum Beispiel bei den Kinderbetreuungskosten, wo man einen Weg geht, dass die Besserverdiener sehr wohl bessergestellt werden, die Bezieher


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von kleinen Einkommen aber nichts bekommen, keine Steuern zurückbekommen kön­nen und über die Kinderbetreuungskosten eigentlich nicht entlastet werden.

Wir diskutieren hier über Gerechtigkeit in der EU, schaffen es aber nicht, im eigenen Land dafür zu sorgen, dass dem Kleinen wirklich eine Entlastung zugesprochen wird und die berühmte soziale Gerechtigkeit zum Tragen kommt.

Das nächste, jüngere Beispiel ist die Diskussion über eine Erhöhung von Massensteu­ern, was Sie, Herr Bundeskanzler, vehement vermeiden wollen und bezüglich derer Sie sagen, das brauchen wir nicht, das ist nicht notwendig: Wir wollen keine Massen­steuern haben. – Und dann hören wir plötzlich, dass es sehr wohl eine Erhöhung der MöSt – der Mineralölsteuer – geben wird.

Man kann sagen, na ja, gut, der Herr Bundeskanzler stimmt dem zu, wenn es nur da­rum geht, dass die Pendlerpauschale erhöht wird. Auch da ist es aber wieder so, dass der kleine Pendler, die kleine Hausfrau, die beim Billa arbeitet und 1 000 € verdient, nichts davon hat, dass aber derjenige, der 8 000 € verdient, sich sehr wohl bis zu 1 600 € über die Pendlerpauschale holen kann.

Lieber Bundeskanzler, ich sage noch einmal: Diskutieren wir nicht über soziale Ge­rechtigkeit in Europa, sondern machen wir hier in Österreich unsere Hausaufgaben! Schauen wir, dass soziale Gerechtigkeit in Österreich verwirklicht wird, und schauen Sie, dass Sie die Meinung der SPÖ, wirklich noch für die kleinen Leute da zu sein, durchsetzen und sich nicht permanent über den Tisch ziehen lassen! (Beifall bei der FPÖ. – Abg. Dr. Matznetter: Negativsteuer bei der Pendlerpauschale!)

11.53


Präsident Fritz Neugebauer: Zu Wort ist dazu niemand mehr gemeldet. Die Debatte ist geschlossen.

11.53.07Einlauf und Zuweisungen

 


Präsident Fritz Neugebauer: Hinsichtlich der eingelangten Verhandlungsgegenstände und deren Zuweisung verweise ich gemäß § 23 Abs. 4 der Geschäftsordnung auf die im Sitzungssaal verteilte Mitteilung.

Die schriftliche Mitteilung hat folgenden Wortlaut:

A. Eingelangte Verhandlungsgegenstände:

1. Schriftliche Anfragen: 4996/J bis 5076/J;

Beilagen zu Anfragen: Zu 5003/J, Zu 5004/J, Zu 5005/J, Zu 5006/J;

Schriftliche Anfragen an die Präsidentin des Nationalrates: 37/JPR und 38/JPR;

2. Anfragebeantwortungen: 4257/AB bis 4511/AB;

Ergänzung zur Anfragebeantwortung: Zu 4158/AB;

3. Regierungsvorlagen:

Bundesgesetz, mit dem das Schulunterrichtsgesetz für Berufstätige geändert wird (654 d.B.),

Bundesgesetz, mit dem das Bildungsdokumentationsgesetz geändert wird (655 d.B.),

Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz über die Durchführung internationaler Sanktionsmaßnahmen (Sanktionengesetz 2010 – SanktG) erlassen und das Bundes­gesetz über den Kapital- und Zahlungsverkehr mit Auslandsbezug (Devisenge­setz 2004) geändert wird (656 d.B.),


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Bundesgesetz, mit dem das Glücksspielgesetz und das Finanzausgleichsgesetz 2008 geändert werden – Glücksspielgesetz-Novelle 2010 (GSpG-Novelle 2010) (657 d.B.),

Bundesgesetz, mit dem das Glücksspielgesetz, das Umsatzsteuergesetz 1994, das Gebührengesetz 1957, das Abgabenverwaltungsorganisationsgesetz 2010, das Fi­nanzstrafgesetz und das Finanzausgleichsgesetz 2008 geändert werden – Glücks­spielgesetz-Novelle 2008 (GSpG-Novelle 2008) (658 d.B.),

Bundesfinanzrahmengesetz 2011 bis 2014 – BFRG 2011–2014 (660 d.B.)

Bundesgesetz, mit dem das Bankwesengesetz, das Finanzmarktaufsichtsbehörden­gesetz, das Börsegesetz 1989, das Zahlungsdienstegesetz, das Wertpapieraufsichts­gesetz 2007, das Glücksspielgesetz, das Versicherungsaufsichtsgesetz und das Bun­deskriminalamt-Gesetz geändert werden (661 d.B.),

Abgabenänderungsgesetz 2010 – AbgÄG 2010 (662 d.B.),

Bundesgesetz, mit dem die Gewerbeordnung 1994, das Wirtschaftstreuhandberufsge­setz und das Bilanzbuchhaltungsgesetz geändert werden (671 d.B.),

Bundesgesetz, mit dem das Tierschutzgesetz geändert wird (672 d.B.),

Bundesgesetz, mit dem die Rechtsanwaltsordnung, die Notariatsordnung, das Straf­gesetzbuch und die Strafprozessordnung 1975 geändert werden (673 d.B.),

Bundesgesetz, mit dem das Strafgesetzbuch zur Verhinderung von Terrorismus (Ter­rorismuspräventionsgesetz 2010) geändert wird (674 d.B.).

B. Zuweisungen:

1. Zuweisungen seit der letzten Sitzung gemäß §§ 32a Abs. 4, 80 Abs. 1, 100 Abs. 4, 100b Abs. 1 und 100c Abs. 1:

Budgetausschuss:

Monatserfolg Februar 2010, vorgelegt vom Bundesminister für Finanzen (Vorlage 37 BA),

Monatserfolg März 2010, vorgelegt vom Bundesminister für Finanzen (Vorlage 38 BA),

Bericht des Bundesministers für Finanzen über die Genehmigung von überplanmäßi­gen Ausgaben im 1. Quartal 2010 (Vorlage 39 BA),

Bericht des Bundesministers für Finanzen über die Genehmigung von Vorbelastungen für das 1. Quartal 2010 (Vorlage 40 BA);

Immunitätsausschuss:

Ersuchen der Staatsanwaltschaft Wien (AZ: 22 St 116/09z-3) um Zustimmung zur be­hördlichen Verfolgung des Abgeordneten zum Nationalrat Mag. Ewald Stadler wegen des Verdachtes der strafbaren Handlung nach den §§ 15,105 und 106 Abs. 1 Ziffer 1 StGB;

Ausschuss für Petitionen und Bürgerinitiativen:

Bürgerinitiative Nr. 22 betreffend „Gründung einer Kammer für die Gesundheits- und Krankenpflegeberufe“;

2. Zuweisungen in dieser Sitzung:

a) zur Vorberatung:

Ausschuss für Arbeit und Soziales:

Antrag 1075/A(E) der Abgeordneten Ing. Norbert Hofer, Kolleginnen und Kollegen be­treffend Einbeziehung der sogenannten Contergangeschädigten in das System des ös­terreichischen Sozialentschädigungsrechts;


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Finanzausschuss:

Antrag 1068/A(E) der Abgeordneten Mag. Roman Haider, Kolleginnen und Kollegen betreffend Anpassung der Einzelaufzeichnungsgrenze von 150 000,- auf 400 000,- ,

Antrag 1069/A(E) der Abgeordneten Mag. Roman Haider, Kolleginnen und Kollegen betreffend Verkürzung der Abschreibungsdauer im Tourismus,

Antrag 1076/A(E) der Abgeordneten Josef Bucher, Kolleginnen und Kollegen be­treffend FMA-Mindeststandards auch für Leasinggesellschaften,

Antrag 1077/A(E) der Abgeordneten Gerhard Huber, Kolleginnen und Kollegen be­treffend die Änderung der Pauschalierungsverordnung für Landwirte,

Antrag 1078/A(E) der Abgeordneten Josef Bucher, Kolleginnen und Kollegen be­treffend die Senkung der Lohnnebenkosten;

Gesundheitsausschuss:

Antrag 1065/A(E) der Abgeordneten Dr. Wolfgang Spadiut, Kolleginnen und Kollegen betreffend Verbot von Amflora sowie drei neu zugelassener Genmaissorten,

Antrag 1066/A(E) der Abgeordneten Dr. Wolfgang Spadiut, Kolleginnen und Kollegen betreffend Wahlfreiheit für Wirte und Gäste – freie Deklaration zum Raucher- oder Nichtraucherlokal,

Antrag 1070/A(E) der Abgeordneten Tanja Windbüchler-Souschill, Kolleginnen und Kollegen betreffend Schutz von Kindern und Jugendlichen vor Tabakkonsum und des­sen negativen gesundheitlichen Folgen,

Antrag 1082/A(E) der Abgeordneten Dr. Andreas Karlsböck, Kolleginnen und Kollegen betreffend öffentliche Finanzierung der Lehrpraxen;

Gleichbehandlungsausschuss:

Antrag 1081/A(E) der Abgeordneten Mag. Gisela Wurm, Dorothea Schittenhelm, Mag. Ju­dith Schwentner, Martina Schenk, Kolleginnen und Kollegen betreffend Gleichstellung von Frauen und Männern im Programm Ländliche Entwicklung 2007–2013 (LE 07–13);

Ausschuss für innere Angelegenheiten:

Antrag 1079/A(E) der Abgeordneten Josef Bucher, Kolleginnen und Kollegen betref­fend gesteuerte Zuwanderungs- und Integrationspolitik nach dem BZÖ-Ausländercheck-Modell;

Justizausschuss:

Antrag 1080/A(E) der Abgeordneten Josef Bucher, Kolleginnen und Kollegen betref­fend „Bündnis für mehr Kinderschutz gegen sexuelle Übergriffe“,

Antrag 1083/A(E) der Abgeordneten Josef Bucher, Kolleginnen und Kollegen betref­fend Abschaffung der Verjährungsfristen von sexuellen Übergriffen auf Minderjährige;

Landesverteidigungsausschuss:

Antrag 1071/A(E) der Abgeordneten Dr. Peter Pilz, Kolleginnen und Kollegen betref­fend Beendigung des Assistenzeinsatzes in der Grenzregion,

Antrag 1072/A(E) der Abgeordneten Dr. Peter Pilz, Kolleginnen und Kollegen betref­fend Vorlage des „Eurofighter-Vergleichs“;

Ausschuss für Land- und Forstwirtschaft:

Antrag 1064/A(E) der Abgeordneten Dr. Wolfgang Spadiut, Kolleginnen und Kollegen betreffend Dringlichkeit der Wahrnehmung der Koordinierungsfunktion des Landwirt­schaftsministers in der Einheitswertfrage,


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Antrag 1067/A(E) der Abgeordneten Gerhard Huber, Kolleginnen und Kollegen betref­fend Maßnahmen zur Milchpreisregelung in Österreich als Vorbereitung für eine euro­päische Gesamtlösung;

Ausschuss für Menschenrechte:

Antrag 1073/A(E) der Abgeordneten Gerald Grosz, Kolleginnen und Kollegen betref­fend Aufarbeitung der Verbrechen wider die Menschlichkeit in Slowenien,

Antrag 1074/A(E) der Abgeordneten Gerald Grosz, Kolleginnen und Kollegen betref­fend BStU-Akteneinsicht;

Rechnungshofausschuss:

Bericht des Rechnungshofes, Reihe Bund 2010/5 (III-125 d.B.);

Volksanwaltschaftsausschuss:

33. Bericht der Volksanwaltschaft (1. Jänner bis 31. Dezember 2009) (III-116 d.B.);

b) zur Enderledigung im Sinne des § 28b GOG (vorbehaltlich der endgültigen Entscheidung des Ausschusses):

Ausschuss für Arbeit und Soziales:

Bericht des Bundesministers für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz über die Tä­tigkeit der Arbeitsinspektion im Jahr 2008 (III-124 d.B.);

Finanzausschuss:

Achter Bericht des Bundesministers für Finanzen gemäß dem Katastrophenfondsge­setz 1996 betreffend die Fondsgebarung in den Jahren 2008 und 2009 (III-122 d.B.),

Produktpirateriebericht 2009 des Bundesministers für Finanzen (III-123 d.B.);

Verfassungsausschuss:

Tätigkeitsbericht des Digitalisierungsfonds für das Berichtsjahr 2009, vorgelegt vom Bundeskanzler (III-128 d.B.),

Tätigkeitsbericht des Fernsehfonds Austria für das Berichtsjahr 2009, vorgelegt vom Bundeskanzler (III-129 d.B.),

Tätigkeitsbericht des Fonds zur Förderung des nichtkommerziellen Rundfunks und des Fonds zur Förderung des privaten Rundfunks für das Berichtsjahr 2009, vorgelegt vom Bundeskanzler (III-130 d.B.);

Ausschuss für Wirtschaft und Industrie:

Bericht des Bundesministers für Wirtschaft, Familie und Jugend betreffend den Prüfbe­richt der Bundeswettbewerbsbehörde über die Praxis der Ausweisung von Ökostrom­aufschlägen durch Energieversorgungsunternehmen, aufgrund der Entschließung des Nationalrates vom 23. September 2009, 48/E XXIV. GP (III-127 d.B.),

Tätigkeitsbericht 2009 des Bundesvergabeamtes, vorgelegt vom Bundesminister für Wirtschaft, Familie und Jugend (III-131 d.B.).

C. Unterrichtung gemäß Art. 50 Abs. 5 B-VG:

Aufnahme der Verhandlungen über ein Abkommen zwischen der Regierung der Repu­blik Österreich und der Regierung des Staates Katar zur Vermeidung der Doppelbe­steuerung und zur Verhinderung der Steuerumgehung auf dem Gebiete der Steuern vom Einkommen und vom Vermögen.

*****


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11.53.22Antrag gemäß § 69 Abs. 3 GOG

 


Präsident Fritz Neugebauer: Es liegt mir der Antrag gemäß § 69 Abs. 3 der Ge­schäftsordnung vor, das Bundesfinanzrahmengesetz 2011 bis 2014 (BFRG 2011–2014) in 660 der Beilagen in erste Lesung zu nehmen.

Ich bitte jene Damen und Herren, die diesem Antrag zustimmen, um ein entsprechen­des Zeichen. – Das ist einstimmig angenommen.

11.53.44Ankündigung einer Dringlichen Anfrage

 


Präsident Fritz Neugebauer: Der Klub des BZÖ hat gemäß § 93 Abs. 2 der Ge­schäftsordnung das Verlangen gestellt, die vor Eingang in die Tagesordnung einge­brachte schriftliche Anfrage 5077/J der Abgeordneten Bucher, Kolleginnen und Kolle­gen an den Bundesminister für Finanzen betreffend „schwarze Steuerwolken über Ös­terreich – Pröllnocchio 2.0“ dringlich zu behandeln.

11.54.19Fristsetzungsantrag

 


Präsident Fritz Neugebauer: Vor Eingang in die Tagesordnung teile ich weiters mit, dass Herr Abgeordneter Öllinger beantragt hat, dem Ausschuss für Arbeit und Soziales zur Berichterstattung über den Antrag 11/A betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Arbeitslosenversicherungsgesetz 1977 geändert wird, eine Frist bis 12. Mai dieses Jahres zu setzen.

Ferner liegt das von fünf Abgeordneten gemäß § 43 Abs. 3 der Geschäftsordnung ge­stellte Verlangen vor, eine kurze Debatte über diesen Fristsetzungsantrag durchzuführen.

Da für die heutige Sitzung die dringliche Behandlung einer schriftlichen Anfrage ver­langt wurde, wird die kurze Debatte im Anschluss an diese stattfinden. Die Abstim­mung über den Fristsetzungsantrag wird nach Schluss dieser Debatte erfolgen.

Behandlung der Tagesordnung

 


Präsident Fritz Neugebauer: Es ist vorgeschlagen, die Debatte über die Punkte 3 und 4 der Tagesordnung zusammenzufassen.

Wird dagegen eine Einwendung erhoben? – Das ist nicht der Fall.

Wir gehen in die Tagesordnung ein.

Redezeitbeschränkung

 


Präsident Fritz Neugebauer: In der Präsidialkonferenz wurde Konsens über die Dau­er der Debatten erzielt. Es wurde eine Tagesblockzeit von 6 „Wiener Stunden“ vorge­schlagen, sodass sich folgende Redezeiten ergeben: SPÖ und ÖVP je 84 Minuten, FPÖ 75 Minuten, Grüne 66 Minuten und BZÖ 63 Minuten.

Weiters schlage ich vor, gemäß § 57 Abs. 7 der Geschäftsordnung die Redezeit jedes Abgeordneten ohne Klubzugehörigkeit auf 10 Minuten pro Debatte zu beschränken.

Im Hinblick darauf, dass die Fernsehübertragung bis 13 Uhr dauert, schlage ich eine Abweichung von der seinerzeit in der Präsidiale vereinbarten Vorgangsweise vor: Ich schlage vor, zwei Rednerrunden durchzuführen, die erste mit je 7 Minuten, die zweite mit je 3 Minuten, das Regierungsmitglied mit 10 Minuten.


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll60. Sitzung / Seite 78

Tatsächliche Berichtigungen werden erst nach Ende der Fernsehübertragung aufge­rufen.

Wir kommen zur Abstimmung über die eben vorgeschlagenen Redezeiten.

Wer dafür ist, den bitte ich um ein Zeichen. – Das ist einstimmig angenommen.

11.56.261. Punkt

Bericht des Justizausschusses über die Regierungsvorlage (612 d.B.): Bundes­gesetz, mit dem die Konkursordnung in Insolvenzordnung umbenannt und ge­meinsam mit dem Insolvenzrechtseinführungsgesetz, dem Gerichtsgebührenge­setz, dem Gerichtlichen Einbringungsgesetz, dem Insolvenz-Entgeltsicherungs­gesetz, dem IEF-Service-GmbH-Gesetz, dem Arbeitsvertragsrechts-Anpassungs­gesetz, dem Landarbeitsgesetz 1984 und der Gewerbeordnung 1994 geändert wird sowie die Ausgleichsordnung aufgehoben wird (Insolvenzrechtsänderungs­gesetz 2010 – IRÄG 2010) (651 d.B.)

 


Präsident Fritz Neugebauer: Wir kommen zum 1. Punkt der Tagesordnung.

Als Erster zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Dr. Fichtenbauer. – Bitte. (Abg. Mag. Stad­ler: Präsident Fichtenbauer, bitte! Künftiger Präsident!)

 


11.56.56

Abgeordneter Dr. Peter Fichtenbauer (FPÖ): Herr Präsident! Frau Bundesminister! Hohes Haus! Ich möchte vom Allgemeinen zum Besonderen kommen. Ich erinnere da­ran, dass die Justiz zu wenig qualifiziertes Personal und zu wenig Richter hat. Ich wie­derhole meine Forderung, im Sinne der Verwaltungsreform die Finanzprokuratur aufzu­lösen. Damit gewinnt man 92 hoch qualifizierte Personen, die Staatsangestellte sind, von denen man rund die Hälfte sofort – weil sie geprüfte Prokuratursanwälte sind – im richterlichen oder staatsanwaltschaftlichen Dienst verwenden könnte.

Die Leute sind pragmatisiert, sodass der Gehaltsaufwand, der budgetrelevant und ‑wirk­sam ist, keine weitere Budgetbelastung nach sich zöge. Diese äußerst überflüssige Be­hörde wäre also im Sinne der Verwaltungsreform und der Justizentlastung abzuschaf­fen, und es sollte eine Querverschiebung zur Justiz erfolgen. (Beifall bei der FPÖ.)

Zweiter Punkt: Der vorliegende Gesetzentwurf, der Konkurs- und Ausgleichsverfahren reformiert und ein einheitliches Insolvenzverfahren zu schaffen hat, das bei Vorlage eines Sanierungsplans als Sanierungsverfahren und ansonsten als Konkursverfahren bezeichnet wird, ist Gegenstand des Tagesordnungspunktes 1, über den wir jetzt sprechen.

Im Prinzip ist davon auszugehen und zu betonen, dass es sich dabei um eine sehr sorg­fältig gearbeitete Materie, die ja aus dem Hause kommt, handelt, die die Erfüllung eines schon lange geforderten Reformprogrammes darstellt. Im Prinzip gibt es bei Abarbei­tung aller im Zuge der Debatten eingebrachten Vorschläge nur einen sehr, sehr harten Kern, der übrig bleibt und um den sich Streit rankt. Dieser ist aber wichtig und wesent­lich, weil der Erfolg eines Sanierungskonzeptes wesentlich damit zusammenhäng


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t.

Nach dem neu zu schaffenden beziehungsweise dem vorgeschlagenen § 21 muss sich der Insolvenzverwalter, wenn der Schuldner zu einer nicht in Geld bestehenden Leis­tung verpflichtet ist, mit deren Erfüllung er im Verzug ist, unverzüglich nach Einlangen des Ersuchens des Vertragspartners, längstens aber innerhalb von fünf Tagen erklä­ren, ob er am Geschäft festhalten möchte.

Natürlich muss man verstehen, dass das Wesen des Insolvenzverfahrens sehr diffizile, einander ausgleichende Interessenlagen widerspiegelt. Der nunmehr richtige Zielvor­gang sind die Nichtzerschlagung, also die Sanierung, die Beachtung der Gläubigerin­teressen und die geordnete, strukturelle Abarbeitung im Rahmen des Verfahrenssys­tems – all dies ist wichtig und wesentlich.

Nun war es ja auch schon Gegenstand der Debatte im Justizausschuss – und auch al­le Fachleute äußerten sich dahin gehend –, dass diese Fünf-Tages-Frist offenkundig inakzeptabel, weil zu kurz ist, da es natürlich einer gewissen Überlegung bedarf, ob die Fortsetzung eines Dauerschuldverhältnisses erfolgen soll.

Im Justizausschuss wurde von den Großparteien signalisiert, dass in der zweiten Le­sung – also heute – wenigstens insofern eine Abänderung erfolgen würde, als fünf Ar­beitstage als Regelung vorgeschlagen werden sollen. Ansonsten würden in diese Fünf-Tages-Frist auch Samstage, Sonn- und Feiertage fallen, und man müsste bedenken, dass die tatsächliche Zeit für die entsprechenden Überlegungen womöglich auf zwei­einhalb Tage schrumpfen könnte.

Nun ergibt sich vor allem aber auch im Lichte der Bestimmungen des § 116 der vorge­sehenen Norm, dass der Masseverwalter dem Konkursgericht mindestens acht Tage im Vorhinein folgende Geschäfte zusammen mit der Äußerung des Gläubigeraus­schusses mitzuteilen hat: den Abschluss von Vergleichen, das Anerkenntnis strittiger Aussonderungs- und Absonderungsrechte und anderes, die Erhebung von Anfech­tungsklagen und den Eintritt in Anfechtungsprozesse, die anhängig sind – weitere De­tails will ich Ihnen jetzt ersparen.

Das heißt, es geht einerseits um eine Frist von acht Tagen und andererseits um eine zu kurze Frist von fünf Tagen. Der Schaden in allen Verfahrensrechten ist und bleibt – und das wissen alle, die mit solchen Verfahren zu tun haben – das Bestehen von un­terschiedlichen Fristenregelungen, die sich eigentlich aus keinem substanziellen, ver­fahrensnotwendigen Hintergrund erklären lassen.

Ich fasse zusammen: Die Frist von fünf Tagen ist zu kurz. Allerdings stellt diese Rege­lung eine der zentralen Bestimmungen des Sonderprivatrechts der Insolvenzordnung dar. Es ist daher aus der Sicht vieler Beobachter – auch der Rechtsanwaltskammertag hat sich zuletzt noch dahin gehend geäußert – dringend geboten, diese Frist entweder überhaupt zu streichen – was wahrscheinlich nicht der Fall sein wird –, oder wenigs­tens systemadäquat und handhabbar anzupassen.

Ich appelliere an die Großparteien, in der zweiten Lesung Einsicht zu zeigen und die Frist des § 21 auch der Frist des § 116, nämlich acht Tage – und zwar acht Arbeitsta­ge! – anzupassen. Danke. (Beifall bei der FPÖ.)

12.02


Präsident Fritz Neugebauer: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Steibl. – Bitte.

 


12.02.59

Abgeordnete Ridi Maria Steibl (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Frau Bundes­ministerin! Werte Kolleginnen und Kollegen! Werte Zuseher und Zuseherinnen vor den Fernsehschirmen! In der Zeit der Wirtschaftskrise sind leider viele Unternehmen un­verschuldet in schwierige Situationen geraten. „Retten statt Ruinieren“ – das ist auch eine Aussage unserer Frau Bundesministerin – ist die Intention und das Ziel der vorlie­genden Reformen im Insolvenzrecht.

Der Wirtschaft und den Unternehmen zu helfen, um durch Sanierungen auch Arbeits­plätze zu sichern, und nicht, sie zu zerschlagen: Das ist uns allen hier ein wichtiges An­liegen. Dementsprechend wurde diese Gesetzesvorlage im Justizausschuss auch ein­stimmig angenommen, und das ist, denke ich, ein Zeichen von Gemeinsamkeit. Es geht allen darum, Arbeitsplätze zu sichern und den Unternehmen zu helfen. (Beifall bei der ÖVP. Abg. Mag. Stadler: ... bemühter Applaus bei der ÖVP!)


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Vergleicht man die Zahl der Unternehmensinsolvenzen im ersten Halbjahr 2009 mit jener im ersten Halbjahr 2008, so stellt man einen Anstieg von über 9 Prozent fest. Die­se Unternehmen sollen die Novelle des Insolvenzrechts jetzt auch nützen. Gerade jetzt sind Sanierungen wichtiger denn je, und es ist, wie gesagt, auch wichtig, die Unterneh­men dabei zu unterstützen, um eben Arbeitsplätze zu sichern. Die Erhöhung der Sa­nierungschancen und eine Vereinfachung beziehungsweise Modernisierung der Ver­fahren sind zentrale Elemente dieser Reform, die übrigens die größte Insolvenzrechts­reform seit mehr als 90 Jahren darstellt. – Das sei an dieser Stelle auch erwähnt.

Es wird damit ein einheitliches Insolvenzverfahren geschaffen, das an die Stelle der Unterteilung in Konkurs- und Ausgleichsverfahren tritt und das bei rechtzeitiger Vorlage eines Sanierungsplanes als Sanierungsverfahren, ansonsten als Konkursverfahren be­zeichnet wird. Als Formen des neuen Insolvenzverfahrens wird es also künftig folgende Verfahrensarten geben: erstens das unvorbereitete – übliche – Konkursverfahren; zweitens das Sanierungsverfahren mit Sanierungsplan – das beinhaltet auch Bereiche wie die Beschleunigung der Löschung des Verfahrens aus der Insolvenzdatei und aus dem Firmenbuch, wenn der Sanierungsplan ganz erfüllt ist. Das Positive daran ist, dass der Geschäftsverkehr nicht mehr durch Bekanntmachung eines früheren Insol­venzverfahrens behindert wird. Auch hier sehen wir das wichtige Ziel der Reform, näm­lich eine erfolgreiche Sanierung, wieder verwirklicht. Ich wiederhole nochmals – das ist mir sehr wichtig! –: Es werden dadurch Arbeitsplätze gesichert.

Ich möchte an dieser Stelle aber auch ganz klar unterstreichen, dass es natürlich um die Interessen und die Unterstützung insolventer Unternehmen geht, aber nicht aus­schließlich. – Das muss klar sein, denn auch die Interessen der Gläubiger und anderer Vertragspartner müssen beachtet werden – und wurden es bei dieser Reform auch, denn es geht nicht nur um die Unternehmensseite, sondern auch um die Seite dessen, der etwas geliefert hat, und auch um die dritte Seite, nämlich die der Arbeitnehmer und Arbeitnehmerinnen.

Weiters möchte ich das Sanierungsverfahren mit Eigenverwaltung ansprechen. Da ist es ein wichtiges Ziel der neuen Regelung, eine rechtzeitige Eröffnung eines Insolvenz­verfahrens zu erreichen. Wenn der Schuldner qualifizierte Unterlagen vorlegt wie zum Beispiel einen Finanzplan – aber nicht nur einen Finanzplan – und eine Quote von min­destens 30 Prozent hat, soll er auch die Eigenverwaltung unter Aufsicht eines Verwal­ters beibehalten. Auch damit können wir die Unternehmer zu einer früheren Antragstel­lung motivieren.

Ein weiterer wichtiger Änderungsbereich betrifft das Thema Verträge bei Konkurseröff­nung. Auch mit dieser Änderung soll wiederum die Sanierung im Insolvenzverfahren ge­fördert werden.

Nicht zuletzt sind im neuen Insolvenzrecht auch Bestimmungen enthalten, mit denen der Konkursabweisung mangels Masse entgegengewirkt wird.

Das war jetzt sicher vom Inhalt her sehr technisch, auch für die Zuseher und Zusehe­rinnen. Ich möchte daher noch ein anschauliches Beispiel bringen, und zwar eine ak­tuellen Studie zu Mikrounternehmen in der Steiermark. In der Steiermark gibt es rund 37 000 Mikrounternehmen – das heißt, Unternehmen mit weniger als zehn Beschäftig­ten. Diese steirischen Mikrounternehmer sichern insgesamt rund 97 000 Arbeitsplätze.

Die Studie zeigt auch, dass man die wirtschaftliche Situation – Stand Mai 2009 – zwar mehrheitlich eher kritisch beurteilt, da die Auftragszahlen in den vergangenen zwölf Monaten häufiger gesunken als gestiegen sind, die langfristigen Marktchancen werden aber überwiegend positiv eingeschätzt. Großteils ist von diesen Mikrounternehmen zwar kein starkes Wachstum geplant, sie sind aber bestrebt, die aktuelle Betriebsgröße beizubehalten oder leicht zu wachsen. Die stärksten Wachstumstendenzen haben das


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Ein-Personen-Unternehmen und der beziehungsweise die unternehmensbezogene und persönliche Dienstleister beziehungsweise Dienstleisterin.

Ich denke, dass wir gerade hierauf unser Augenmerk legen sollten, weil Österreich – nicht nur die Steiermark – eigentlich im Bereich Ein-Personen-Unternehmen bezie­hungsweise Mikrounternehmen sehr erfolgreich unterwegs ist, auch in Bezug auf die Sicherung von Arbeitsplätzen. Es gilt jetzt, richtig zu handeln, um auch die Zukunft für unsere Kinder zu sichern. Neues Wachstum für Österreich muss angekurbelt werden, und diese Novelle wird dazu beitragen. (Beifall bei der ÖVP.)

12.09


Präsident Fritz Neugebauer: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Dr. Lichtenecker. – Bitte.

 


12.09.44

Abgeordnete Dr. Ruperta Lichtenecker (Grüne): Herr Präsident! Sehr geehrte Frau Minister! Geschätzte Damen und Herren! Schauen wir uns doch an, wer bei dieser Ge­setzesvorlage die Hauptbetroffenen sind. Wenn wir uns die Daten des Kreditschutzver­bandes ansehen, stellen wir fest, dass es im Jahr 2009 6 900 betroffene Unternehmen gegeben hat, mit Verbindlichkeiten, mit Schulden in Höhe von 4 Milliarden € und sage und schreibe 28 100 betroffenen Arbeitsplätzen. Darunter sind natürlich viele Klein- und Ein-Personen-Unternehmungen.

Und man sollte nicht nur jedes Jahr den Glanz der Anzahl von Unternehmensgrün­derInnen und der Unternehmensgründungen präsentieren, sondern auch einen Blick auf die Schattenseiten werfen. Das wird hier leider allzu gern vernachlässigt. Die Schuldnerberatung nimmt dazu ganz klar Stellung, indem sie sagt, dass in den letzten zehn Jahren mit dem Anstieg der Zahl der Unternehmensgründungen auch die Zahl der Insolvenzen gestiegen ist. Und da ist die Wirtschaftskammer Österreich gefordert, ent­sprechende Beratungsstrukturen einzurichten, Unternehmensgründungen besser zu begleiten. Die Vertreter der Schuldnerberatung sagen ganz klar beziehungsweise be­klagen, dass es keine spezifischen Beratungsstrukturen für Selbständige bei Insolvenz­gefahr gibt. (Zwischenruf des Abg. Grillitsch.)

Da, Herr Kollege, ist die Wirtschaftskammer gefordert, entsprechende Beratung zur Verfügung zu stellen beziehungsweise Beratungseinrichtungen zu schaffen. Es genügt nicht, Hunderte von Millionen in Werbung und Marketing zu investieren, sondern da muss es konkrete Hilfe und Unterstützung geben. (Abg. Grillitsch: Das macht die Ar­beiterkammer!)

Dass es Kleine und Große trifft, haben wir letztes Jahr am Beispiel des Traditionshan­delshauses „Quelle“ mit Sitz in Linz gesehen, als auf einen Schlag sage und schreibe 1 100 Menschen betroffen waren. Für das Jahr 2010 gibt es keine Entwarnung: Es hat 2009 einen Anstieg der Zahl der Unternehmensinsolvenzen gegeben, und für 2010 wird eine noch viel höhere Steigerung erwartet.

Daher ist es ganz wichtig, dass man Rahmenbedingungen schafft, um die Unterneh­mungen zu unterstützen, um Unternehmensfortführungen zu ermöglichen und die Ar­beitsplätze zu sichern. In dieser Hinsicht sehen wir die heutige Gesetzesvorlage, Frau Ministerin, durchaus als einen Beitrag dazu, indem Regelungen getroffen werden, um übersichtliche Verfahrensstrukturen zu schaffen, Konkursverschleppungen zu verhin­dern und damit auch die Sanierungschancen zu erhöhen.

Einen Sanierungsplan vorzulegen und damit konkret die Durchführung von Umset­zungsmaßnahmen anzugehen, halten wir Grünen für einen wichtigen Schritt. Und dass ein Unternehmer/eine Unternehmerin die Möglichkeit hat, in Eigenverantwortung die­ses Projekt zu begleiten, ist auch ein wesentlicher Ansatz, genauso wie die Maßnah-


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me, die Kapitalquote von drei Viertel auf einen einfache Mehrheit zu senken, denn da­mit kann auch gewährleistet werden, dass eine Minderheit die Mehrheit, die bereit ist, ein Unternehmen zu sanieren, nicht blockieren kann. – Das sind die wesentlichen Punkte, die wir als große Fortschritte sehen und von denen wir glauben, dass sie un­terstützenswert ist.

Aber, Frau Ministerin, man darf nicht außer Acht lassen, dass es auch kritische Punkte gibt, wie beispielsweise den Umstand, dass die Rückwirkung der Eröffnung der Insol­venz und das Unwirksamwerden von Verträgen möglicherweise zulasten von Dienst­nehmern und Vertragspartnern gehen können.

Weiters wäre es auch notwendig, auf den Gläubigerschutz zu schauen, und, was die Eigenverantwortung der Unternehmen betrifft, besonders darauf zu achten, dass dem Missmanagement ein Ende gesetzt wird – zwei der Kritikpunkte, betreffend die wir glauben, dass besondere Achtsamkeit geboten ist.

Wir begrüßen es, dass man bei den Unternehmensinsolvenzen einen wichtigen Schritt geht, sind aber der Meinung, dass es wichtig ist, auch bei den Privatkonkursen und bei den Privatinsolvenzen diesen weiteren Schritt zu machen. Wir hatten im Jahr 2008 6 300 Unternehmensinsolvenzen und 8 700 eröffnete Privatkonkurse. Diese Zahlen steigen stetig, auch aufgrund der zunehmenden Arbeitslosigkeit wegen der Wirt­schaftskrise. Und da ist, Frau Ministerin, die Politik besonders gefordert. Sie hat dafür zu sorgen, dass diese privaten Haushalte, dass die davon betroffenen Menschen wie­der in die Normalität zurückfinden, indem sie Verfahren schafft, die es ihnen möglich machen, aus dem Teufelskreis der Schulden herauszukommen. (Beifall bei den Grünen.)

Den Job zu verlieren, Schulden anzuhäufen, Pfändungen ausgesetzt zu sein, keinen Job zu finden, Wohnungsnöte zu haben: all das zu verhindern ist die Herausforderung, der sich die Politik zu stellen hat. Wir müssen – genauso wie wir heute beschließen, bei den Unternehmen unterstützend einzugreifen – auch den Privaten Hilfe und Unter­stützung gewähren, indem wir dafür sorgen, entsprechende Schuldenregulierungsver­fahren rasch und effizient abzuwickeln.

Ganz konkret, Frau Ministerin – ich ersuche Sie, das als Aufforderung mitzunehmen –: Wir verlangen für die privaten Haushalte eine Verkürzung der Verfahrensdauer auf fünf Jahre, eine höhere Flexibilität bei den Rückzahlungsmodalitäten und auch eine Reduk­tion der Mindestquote bei Abschöpfungen, denn das wäre eine konkrete Unterstützung, die diesen Menschen helfen würde, wieder ein Leben zu führen, das Perspektiven bie­tet, ein Leben mit Arbeitsplatz und Schuldenfreiheit.

Wir werden, Frau Ministerin, dieser Gesetzesvorlage heute zustimmen, wir werden das unterstützen, aber als Auftrag, als Aufforderung an Sie möchten wir Ihnen Folgendes mit auf den Weg geben: Wir erwarten uns von Ihnen eine Evaluierung des heutigen Gesetzes in zwei Jahren, um zu überprüfen, ob die Kritikpunkte schlagend geworden sind. Und wir verlangen von Ihnen, dass Sie in den nächsten Monaten eine konkrete Vorlage dem Parlament zukommen lassen, wie den privaten Schuldnern geholfen wird, so wie wir es heute für die Unternehmen beschließen werden. – Danke. (Beifall bei den Grünen.)

12.16


Präsident Fritz Neugebauer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Dr. Jarolim. – Bitte.

 


12.16.42

Abgeordneter Dr. Johannes Jarolim (SPÖ): Herr Präsident! Frau Bundesministerin! Meine Damen und Herren! Es ist heute ein erfreulicher Tag für die österreichische Wirt­schaft, weil wir mit diesem Gesetz Maßnahmen setzen, die der Wirtschaft nützen, die infolgedessen Arbeitsplätze sichert, was zu unser aller Nutzen ist. Waren wir bis vor


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Kurzem – ja leider Gottes auch jetzt noch – damit befasst, was unter Finanzminister Grasser alles an Verscherbelung von Familiensilber stattgefunden hat, so gehen wir jetzt neue Wege, indem wir Schritte setzen, die in der Zukunft unsere Unternehmen sichern.

Meine Kollegin Sonja Steßl-Mühlbacher wird bei diesem Tagesordnungspunkt noch ge­nauer über das BUWOG-Netz, über dieses Korruptionsnetzwerk berichten. Ich bin froh darüber, dass jetzt endlich die Justiz mit all den Dingen von Grasser und seinen Freun­den in dieser Causa aufräumt.

Meine Damen und Herren! Es geht, wie ja schon gesagt worden ist und worüber wir schon seit Jahren diskutieren, bei diesem Gesetz im Wesentlichen darum, wie man am Unternehmensstandort Österreich sicherstellen kann, dass die Unternehmen nicht in der Zahl in Konkurs gehen, wie das leider der Fall ist. Denn: Jeder einzelne Konkurs beziehungsweise jede einzelne Insolvenz ist einer beziehungsweise eine zu viel. Und es gibt schon lange die Diskussion: Kann das sogenannte Chapter-11-Verfahren aus Amerika hier eine Hilfe sein?

Der Unterschied zwischen unserem alten Insolvenzverfahren und dem amerikanischen ist, dass dort der Standpunkt vorherrscht, dass in der Krise die Gläubigerinteressen in den Hintergrund zu schieben sind und die Forderung in den Vordergrund zu stellen ist, dass das Unternehmen jedenfalls überleben muss.

Naturgemäß stellt sich bei einer Insolvenz, wenn ein Unternehmen in die Krise kommt, immer die Frage: Sollen wir sicherstellen, dass die Gläubiger aus dem, was vorhanden ist, noch das Letzte herausholen, oder sollen wir sicherstellen, dass wir in dem Unter­nehmen mithilfe eines sachverständigen Masseverwalters einen Turnaround schaffen und damit das Unternehmen am Leben erhalten, und zwar mit den Arbeitsplätzen be­ziehungsweise mit all dem, von dem die Wirtschaft insgesamt profitiert – und damit auch wir, die Gesellschaft.

Das vorliegende Gesetz ist ein Kompromiss, bei welchem es darum geht, dass inner­halb der ersten sechs Monate ab der Insolvenz der Gläubigerschutz in den Hintergrund gedrängt wird. Dadurch soll ermöglicht werden, in diesen ersten sechs Monaten das Unternehmen so weit zu restrukturieren, dass es weiterhin bestehen kann. Das bedeu­tet, dass sicherzustellen ist, dass es die Gläubiger nicht in der Hand haben, das Unter­nehmen aufzulösen.

Bei der Fünf-Tages-Frist, die vorhin genannt wurde, geht es darum, dass sich der ein­gesetzte Masseverwalter in dieser Zeitspanne betreffend ein Unternehmen, das in In­solvenz geht und einen Antrag stellt, einen Überblick darüber zu verschafften hat, wie es in diesem Unternehmen ausschaut, welche Chancen es da gibt, wie da vorgegan­gen werden kann. Dieser Masseverwalter hat auch zu entscheiden, ob bestehende Verträge, die aktuell nicht erfüllt werden, weil das Unternehmen im Verzug ist, aufge­löst werden sollen oder nicht.

Bis dato ist es so, dass sofort aufgelöst werden kann, es also keine Frist dafür gibt. Wir haben jetzt eine Fünf-Tages-Frist eingeführt, in welcher der Masseverwalter aktiv wer­den kann und der Gläubiger auf keinen Fall in der Lage ist, diese Auflösung durchzu­führen. Also in diesen fünf Tagen kann der Masseverwalter schauen, wie er bei dem Unternehmen am besten vorgehen kann.

Es kann durchaus möglich sein, dass diese Fünf-Tages-Frist zu kurz ist, das wird sich allerdings erst herausstellen. Wir haben jedenfalls eine Verbesserung insofern vorge­nommen – und das ist Inhalt eines Abänderungsantrages, den ich hiermit formal ein­bringe –, als wir festgelegt haben, dass die fünf Tage keine Werktage, sondern Arbeits­tage sind. Das heißt, dass der Samstag und der Karfreitag nicht dazugezählt werden.

Das ist sicher nicht die „Welt“, keine Frage, aber damit wird sichergestellt, das zumin­dest an den typischen Tagen, an welchen Masseverwalterkontakte nicht möglich sind,


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eine Fristverlängerung stattfindet. Und wir sind uns alle, glaube ich – nachdem dies eine über den Gegenstand einer parteipolitischen Diskussion hinausgehende Materie ist –, einig, dass, sollten diese fünf Arbeitstage sich als zu kurz herausstellen, wir dann entweder eine Verlängerung der Frist vornehmen oder ein sich vielleicht in der Zwi­schenzeit herauskristallisierendes besseres System schaffen wollen und auch werden.

Damit habe ich den Abänderungsantrag erläutert, den ich vorhin formal eingebracht habe und der im Übrigen auch verteilt worden ist. Er steht somit, soweit ich das richtig beurteile, mit zur Verhandlung. Dies zu erklären ist aber Sache des Herrn Präsidenten.

Der Sanierungsplan sieht vor, dass ein umfassendes Konzept erstellt werden soll und dass der Masseverwalter eine Prüfung durchzuführen und dann das Unternehmen ge­meinsam mit der Geschäftsführung zu führen hat. Damit wird aber auch klar, dass dem Masseverwalter eine ganz zentrale beziehungsweise bedeutende Rolle zukommt. Ich glaube, dass wir daher alle Interesse daran haben sollten, dass die Qualitätssicherung bei den Masseverwaltern einen sehr, sehr hohen Stellenwert hat.

Wir haben daher einen Entschließungsantrag vorbereitet, in welchem festgelegt ist, dass es verpflichtende Kurse für jene Kolleginnen und Kollegen aus der Anwaltschaft gibt, die in die Liste der Masseverwalter eingetragen werden beziehungsweise sich in diese Liste eintragen wollen. Das heißt, dieser Qualitätsnachweis ist zu erbringen. Die­se Qualitätskontrolle soll sicherstellen, dass das hohe Niveau aufrechterhalten wird, denn es geht da nicht mehr nur um die Lösung rechtlicher Fragen, sondern insbeson­dere darum, Managementverständnis zu haben, etwa Kenntnisse in den Fragen: Wie geht ein Unternehmen in einer Krise vor? Wie sieht die Geschäftsführung aus? Wie soll die Geschäftsführung in einer Krise agieren? – All das sind nicht Fragen rechtlicher Na­tur, sondern zentrale beziehungsweise maßgebliche Fragen der Unternehmensführung.

Ich glaube, dass es da notwendig ist, unter Einbeziehung der Wirtschaftsuniversität und der Universität Wien Ausbildungs-Tools zu schaffen, die sicherstellen, dass wir dieser ganz zentralen Bedeutung des Masseverwalters zukünftig besser entsprechen können, weil es nicht angehen kann, dass wir das wichtige Projekt, Unternehmen län­ger am Leben zu erhalten oder insgesamt im Kreislauf der Wirtschaft zu behalten, nicht mit einer entsprechenden Qualitätssicherung sicherstellen.

Ich glaube, dass das vorliegende Gesetz ein sehr gutes ist, dass damit eine gute Ent­wicklung ermöglicht wird. Dort, wo sich Schwächen herausstellen sollten, werden wir sicherlich nachbessern. Insofern ist es wichtig, dass man ein entsprechendes Moni­toring durchführt und sich anschaut, wie sich dieses Gesetz in der Praxis bewährt. – Danke schön. (Beifall bei der SPÖ sowie bei Abgeordneten der ÖVP.)

12.23


Präsident Fritz Neugebauer: Der Abänderungsantrag der Abgeordneten Mag. Don­nerbauer, Dr. Jarolim, Kolleginnen und Kollegen ist verteilt worden, gilt als ordnungsge­mäß eingebracht und steht daher mit in Verhandlung.

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:

Abänderungsantrag

der Abgeordneten Mag. Donnerbauer, Dr. Jarolim, Kolleginnen und Kollegen zum Be­richt des Justizausschusses (651 d.B.) zur Regierungsvorlage (612 d. B.) betreffend eine Bundesgesetz, mit dem die Konkursordnung in Insolvenzordnung umbenannt und gemeinsam mit dem Insolvenzrechtseinführungsgesetz, dem Gerichtsgebührengesetz, dem Gerichtlichen Einbringungsgesetz, dem Insolvenz-Entgeltsicherungsgesetz, dem IEFService-GmbH-Gesetz, dem Arbeitsvertragsrechts-Anpassungsgesetz, dem Land-


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arbeitsgesetz 1984 und der Gewerbeordnung 1994 geändert wird sowie die Aus­gleichsordnung aufgehoben wird (Insolvenzrechtsänderungsgesetz 2010 – IRÄG 2010)

Der Nationalrat wolle in zweiter Lesung beschließen:

Die Regierungsvorlage (612 d. B.) betreffend eine Bundesgesetz, mit dem die Kon­kursordnung in Insolvenzordnung umbenannt und gemeinsam mit dem Insolvenz­rechtseinführungsgesetz, dem Gerichtsgebührengesetz, dem Gerichtlichen Einbrin­gungsgesetz, dem Insolvenz-Entgeltsicherungsgesetz, dem IEFService-GmbH-Gesetz, dem Arbeitsvertragsrechts-Anpassungsgesetz, dem Landarbeitsgesetz 1984 und der Gewerbeordnung 1994 geändert wird sowie die Ausgleichsordnung aufgehoben wird (Insolvenzrechtsänderungsgesetz 2010 – IRÄG 2010) in der Fassung des Ausschuss­berichtes (651 d.B.) wird wie folgt geändert:

1. Art 1 Z 10 lautet:

„10. In § 20 Abs. 4 wird nach der Z 2 folgende Z 2a eingefügt:

„2a. Handelsgeschäfte mit börsennotierten Waren und Rohstoffen im Sinne des § 1 Abs. 4 Börsegesetz, BGBl. Nr. 555/1989, soweit sie nicht der Deckung des Eigenbe­darfs dienen, sondern reine Handelsgeschäfte sind,““

2. In Art. 1 Z 11 wird in § 21 Abs. 2 die Wortfolge „längstens aber innerhalb von fünf Tagen“ durch die Wortfolge „längstens aber innerhalb von fünf Arbeitstagen“ ersetzt.

3. In Art. 1 Z 63 wird in § 177 Abs. 3 die Wortfolge „§§ 82, 82a, 82b, 82c“ durch die Wortfolge „§§ 82, 82a, 82b, 82c, 82d“ ersetzt.

4. In Art. 3 lautet die Promulgationsklausel:

„Das Gerichtsgebührengesetz, BGBl. Nr. 501/1984, zuletzt geändert durch das Kinder­beistand-Gesetz, BGBl. I Nr. 137/2009, wird wie folgt geändert:“

5. Art. 3 Z 6 lautet:

„6. In Art. VI wird nach der Z 37 folgende Z 38 angefügt:

„38. §§ 2 und 22 samt Überschrift, die Überschrift des III. Abschnitts des Tarifs, Tarif­post 6 samt Anmerkungen 1 bis 4 und 6 sowie Tarifpost 15 Anmerkung 3 in der Fas­sung des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. XXX/2010 treten mit 1. Juli 2010 in Kraft. §§ 2 und 22 samt Überschrift sowie Tarifpost 6 Anmerkungen 1 bis 4 und 6 sowie Tarif­post 15 Anmerkung 3 in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. XXX/2010 sind auf Insolvenzverfahren anzuwenden, die nach dem 30. Juni 2010 eröffnet werden. Wird das Insolvenzverfahren wieder aufgenommen (§ 158 Abs. 2 IO), so ist der Tag des Wiederaufnahmebeschlusses maßgebend. § 31a ist auf die mit dem Bundesge­setz BGBl. I Nr. XXX/2010 neu bemessenen Gebührentatbestände in der Tarifpost 6 mit der Maßgabe anzuwenden, dass Ausgangsgrundlage für die Neufestsetzung des zugrunde liegenden Gebührenbetrags jeweils die für März 2009 verlautbarte Indexzahl des von der Bundesanstalt Statistik Österreich veröffentlichten Verbraucherpreisindex ist.““

6. In Art. 5 Z 47 lautet § 25 Abs. 1:

„(1) § 1, § 3 Abs. 1, § 3a samt Überschriften, § 3c, § 4 samt Überschrift, § 5, § 6 Abs. 1, Abs. 2, Abs. 3 erster und zweiter Satz und Abs. 4 bis Abs. 7, § 7, § 9, § 10, § 11, § 13 Abs. 5, § 13a Abs. 2 und Abs. 4, § 13b, § 14 Abs. 2 und § 17 Abs. 1 in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. xxx/2010 treten mit 1. Juli 2010 in Kraft und sind auf Insolvenzverfahren und auf gleichzuhaltende andere Beschlüsse nach § 1 Abs. 1 Z 1 bis 6 anzuwenden, die nach dem 30. Juni 2010 gefasst werden.“

7. In Art. 8 Z 3 lautet die Novellierungsanordnung:

„3. (Grundsatzbestimmung und unmittelbar anwendbares Bundesrecht) Nach § 285 Abs. 41 werden folgende Abs. 42 und 43 angefügt:“


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Begründung

Zu Z 1 (§ 20 IO):

Auf Grund sprachlich-grammatikalischer Unklarheiten soll die vorgesehene Erweite­rung des Abs. 4 Z 2 ohne inhaltliche Änderung in eine eigene Z 2a transferiert werden.

Zu Z 2 (§ 21 IO):

Wenn der Schuldner mit der Erfüllung von nicht in Geld bestehenden Leistungen in Verzug ist, soll der Vertragspartner rasch Klarheit über den Weiterbestand des Vertra­ges haben. Daher muss der Insolvenzverwalter das Wahlrecht, entweder am Vertrag festzuhalten oder vom Vertrag zurückzutreten, auf Ersuchen des Vertragspartners in­nerhalb von fünf Tagen ausüben. Diese Frist soll auf fünf Arbeitstage (Werktage ohne Samstag und Karfreitag) präzisiert werden.

Zu Z 3 (§ 177 IO):

Der unvollständige Verweis auf die Entlohnungsbestimmungen soll ergänzt werden.

Zu Z 4 (GGG):

In der Promulgationsklausel ist das Kinderbeistand-Gesetz, BGBl. I Nr. 137/2009, zu berücksichtigen.

Zu Z 5 (Art. VI GGG):

Durch diese Änderung soll ein Redaktionsversehen richtiggestellt werden.

Zu Z 6 (§ 25 IESG):

Die Neufassung des § 25 Abs. 1 IESG beseitigt ein Redaktionsversehen und ermög­licht es auch, den Gesetzestext zu straffen. Inhaltliche Änderungen ergeben sich da­raus nicht.

Zu Z 7 (§ 285 Landarbeitsgesetz 1984):

Durch diese Änderung soll ein Redaktionsversehen richtiggestellt werden.

*****

 


Präsident Fritz Neugebauer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Mag. Stadler. – Bitte, Herr Kollege.

 


12.23.56

Abgeordneter Mag. Ewald Stadler (BZÖ): Herr Präsident! Hohes Haus! Zunächst möchte ich feststellen, dass auch meine Fraktion diesem Gesetz grundsätzlich positiv gegenübersteht. Die Ausführungen des Kollegen Jarolim sind insoweit mit Sicherheit richtig, als es keine parteipolitisch in Zank stehende Materie ist – mit Sicherheit nicht! Es gibt da ein paar Details, über die man noch reden könnte oder sollte, aber im Gro­ßen und Ganzen ist das wirklich ein großes Gesetz, Frau Bundesministerin – ich möch­te Ihnen dazu auch gratulieren: Es ist eine große Arbeit –, wenngleich Teile davon schon sozusagen auf der gewordenen oder auf der geronnenen Entwicklung aufbauen, uns zwar insofern, als zum Beispiel das Sanierungsverfahren mit Eigenverantwortung im Grunde auf der Ausgleichsordnung aufbaut, oder auch insofern, als das Sanie­rungsverfahren ohne Eigenverantwortung im Grunde der bisherige Zwangsausgleich ist mit Modifikationen, die wichtig sind, wie zum Beispiel die Absenkung der Kapitalkon­sensquote von drei Viertel auf die Hälfte. Ich habe das noch einmal überprüfen lassen. Das ist auch für die Zustimmung zum Sanierungsplan erforderlich. Erforderlich ist auch die Quote, die für einen Sanierungsplan von 40 auf 30 Prozent erreicht werden muss.


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Die Absenkung soll der von dir, Kollege Jarolim, schon beschriebenen Präferierung der Fortführung beziehungsweise der Rettung des Unternehmens dienen.

Insgesamt ist auch die Änderung der Frist von fünf Werktagen auf fünf Arbeitstage nicht so unwichtig. Alle Anwälte aus deinem Berufsstand, Kollege Jarolim, haben mit­geteilt, das könnte unter Umständen dazu führen, dass ein Insolvenzverwalter, der in eine zeitlich bedrängte Situation kommt – ein Vertragswerk ist nicht ohne Weiteres in­nerhalb von Minuten zu prüfen –, zur Sicherheit einmal sagt: Ich bin an der Fortsetzung dieses Vertragsverhältnisses nicht interessiert! Darum geht es nicht, sondern darum, im Sinne der Fortführung des Unternehmens die Frist zu verlängern.

Das heißt, es ist im Sinne der Fortführung des Unternehmens, dem Insolvenzverwalter eine längere Frist einzuräumen. Wir hätten jedenfalls, wie der Kollege Fichtenbauer präferiert, eine einheitliche Acht-Tage-Frist bevorzugt. Wenn jetzt fünf Arbeitstage da­raus werden, kommt es im Endeffekt auch auf acht Tage heraus. Letztlich ist es aber nie schlecht, wenn man möglichst einheitliche Fristen in ein Gesetz hineinschreibt, weil die Handhabung einfach für die Rechtsanwender leichter wird. Auch für den Normun­terworfenen ist es besser, mit einheitlichen Fristen zu tun zu haben. Insofern ist der Ab­änderungsantrag, den der Kollege Jarolim vorgestellt und eingebracht hat, mit absolu­ter Sicherheit auch von uns mitzutragen.

Ich verhehle nicht, dass auch der Verlust der Gewerbeberechtigung bei Nichteröffnung eines Konkursverfahrens längst notwendig ist, denn es gibt schon einen gewissen Wildwuchs von Spezialisten, die eben daraus im Insolvenzrecht mittlerweile aufgrund ih­rer eigenen Konkurs- und Insolvenzkarriere einen richtigen neuen Beruf gemacht ha­ben, weil sie ihre Gewerbeberechtigung nicht verloren haben. Es ist daher vernünftig, zwingend die Gewerbeberechtigung mit entfallen zu lassen.

Was uns am vorliegenden Gesetz nicht gefällt – und es ist kein Gesetz so gut, Frau Bundesminister, dass man nicht die eine oder andere Verbesserung aus Sicht der Op­position anbringen könnte –, ist die Ungleichbehandlung, die die klein- und mittelständi­schen Unternehmen gegenüber den Banken trifft im Zusammenhang mit der Frage der Bekämpfung von Verträgen im Sanierungsfall.

Was ist der Hintergrund? – Es ist so, dass bestimmte Vertragsverhältnisse nur unter ganz bestimmten, erschwerten Voraussetzungen vom Vertragspartner des insolventen Unternehmens angefochten werden können. Auch da zeigt das Gesetz den Vorrang der Fortführung. Das heißt, dass die Vertragsverhältnisse, die für eine Fortführung not­wendig sind, aufrecht bleiben sollen.

Andererseits gibt es im § 25a eine Einschränkung dieser Verpflichtung zur Fortführung, das heißt, umgekehrt, eine Ausweitung der Möglichkeiten, Verträge anzufechten – ein Ausnahmetatbestand, der mit Sicherheit dem Arbeitnehmer dient, denn der Arbeitneh­mer ist dadurch begünstigt, und zwar, wie ich meine, zu Recht, denn er ist sozusagen im Verhältnis zum insolventen Unternehmen regelmäßig ohnehin der schwächere Teil.

Was allerdings nicht einzusehen ist, das ist der Umstand, dass unter die gleiche Be­günstigung die Banken fallen. Konkreter Fall: Sanierungsbedürftiges insolventes Unter­nehmen, und die Bank sagt: Wir haben zwar einen Kredit zugesagt, es gibt einen auf­rechten Kreditvertrag, aber wir zahlen die ausstehenden oder noch zu leistenden Kre­ditmittel nicht mehr aus!

Bitte, Kollege Jarolim, da ist auf einmal keine Präferenz mehr für die Fortführung des Unternehmens erkennbar, denn unter Umständen kann eine Sanierung dadurch schei­tern, dass die finanzierende Bank nicht mehr bereit ist, die bereits zugesagten und ver­traglich vereinbarten Kreditmittel auch wirklich freizugeben, und stattdessen den Kredit­vertrag – so wie der begünstigte Arbeitnehmer – bestreiten kann.


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Wir sehen diese Begünstigung der Banken nicht ein! (Beifall beim BZÖ.) Denn: Ban­ken, meine Damen und Herren, müssen sich schon bei der Kreditgewährung mehr Ge­danken darüber machen, ob sie es mit einem potentiell insolventen Unternehmen zu tun haben, als es der kleine und mittelständische Unternehmen tun muss. Der muss aber weiterhin das volle Risiko tragen, auch der Gefahr des Scheiterns der Sanierung, während sich die Banken fein herausziehen können. Und das ist nicht einzusehen!

Herr Kollege Hübner hat diesen Ball im Justizausschuss aufgegriffen und hat versucht, von der Regierung eine rationale Erklärung zu bekommen, warum man die Banken derartig unvertretbar begünstigt. Es ist allerdings keine gekommen. Vielleicht kommt heute noch eine, ich weiß es nicht, es könnte sozusagen der Stern der Weisen in die­sem Gesetz noch aufgehen. Aber wir haben keine rationale Erklärung von Regierungs­seite für diese machtpolitische Besserstellung der Banken im Insolvenzverfahren be­kommen. (Zwischenruf des Abg. Mag. Donnerbauer.)

Selbstverständlich, die Banken sind da besser gestellt, und das ist nicht einzusehen.

Daher bringen wir folgenden Antrag ein:

Abänderungsantrag

der Abgeordneten Bucher, Mag. Stadler, Scheibner, Kolleginnen und Kollegen

In Artikel 1 Ziffer 14 wird § 25a Abs. 2 wie folgt geändert:

1. Am Ende von Ziffer 1 wird der Beistrich durch das Wort „und“ ersetzt.

2. Ziffer 2 entfällt.

3. Ziffer 3 erhält die Bezeichnung „2.“.

*****

Mit dieser einfachen Änderung wird nämlich gewährleistet, dass die Banken keine Son­derstellung mehr haben. Diese Sonderstellung, meine Damen und Herren, zeigt nur – ich komme wieder auf die vorherige Debatte zurück –, wer in diesem Land das Primat hat. Herr Pröll sagt bei Raiffeisen-Leasing, das Primat der Politik ist wiederherzustel­len. Da aber sieht man eindeutig, dass die Banken es sich bestellt haben, so wie sie sich Haftungen bestellt haben; das geht bis hinunter ins Detail. Es ist für Insolvenzver­fahren kein unwesentliches Detail, dass der kleine und mittelständische Unternehmer voll an der Sanierung mitarbeiten muss, auch das Risiko des Scheiterns mitzutragen hat, die Banken sich aber fein verabschieden können und die Sanierung damit unter Umständen erst richtig gefährden können, was wiederum die kleinen und mittelständi­schen Unternehmen als Risiko zu tragen haben.

Meine Damen und Herren, ich appelliere an Sie, das zu ändern, sonst werden Sie von uns in zweiter Lesung keine Zustimmung bekommen – in dritter Lesung werden wir zu­stimmen. Aber dieses wichtige Anliegen sollten Sie im Sinne der kleinen und mittel­ständischen Unternehmen berücksichtigen. (Beifall beim BZÖ.)

12.31


Präsident Fritz Neugebauer: Der Abänderungsantrag der Abgeordneten Bucher, Mag. Stadler, Scheibner, Kolleginnen und Kollegen steht mit in Verhandlung.

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:

Abänderungsantrag

der Abgeordneten Bucher, Mag. Stadler, Scheibner, Kolleginnen und Kollegen zum Be­richt des Justizausschusses (651 d.B.) zur Regierungsvorlage (612 d. B.) betreffend


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eine Bundesgesetz, mit dem die Konkursordnung in Insolvenzordnung umbenannt und gemeinsam mit dem Insolvenzrechtseinführungsgesetz, dem Gerichtsgebührengesetz, dem Gerichtlichen Einbringungsgesetz, dem Insolvenz Entgeltsicherungsgesetz, dem IEFService-GmbH-Gesetz, dem Arbeitsvertragsrechts-Anpassungsgesetz, dem Land­arbeitsgesetz 1984 und der Gewerbeordnung 1994 geändert wird sowie die Aus­gleichsordnung aufgehoben wird (Insolvenzrechtsänderungsgesetz 2010 – IRÄG 2010)

Der Nationalrat wolle beschließen:

Die im Titel genannte Regierungsvorlage in der Fassung des Ausschussberichtes wird wie folgt geändert:

In Artikel 1 Ziffer 14 wird § 25a Abs. 2 wie folgt geändert:

1. Am Ende von Ziffer 1 wird der Beistrich durch das Wort „und“ ersetzt.

2. Ziffer 2 entfällt.

3. Ziffer 3 erhält die Bezeichnung „2.“.

Begründung:

Ziel des Insolvenzrechtsänderungsgesetz 2010 ist, in Zukunft die Sanierung von Unter­nehmen verstärkt zu fördern. Insbesondere in der jetzigen Krisensituation erscheint dies als sinnvoller Schritt zur Stützung der heimischen Wirtschaft und zum Erhalt von Arbeitsplätzen und ist daher zu begrüßen.

Dafür wird unter anderem geregelt, dass Verträge, deren Auflösung die Fortführung sa­nierungsfälliger Unternehmen gefährden könnte, nur in Ausnahmefällen gekündigt wer­den dürfen und damit grundsätzlich als Sanierungsgrundlagen erhalten bleiben. Die Vertragspartner tragen damit ein gewisses Risiko der Sanierung mit. Sie müssen für eine gewisse Zeit ihre Verpflichtungen trotz der Gefahr des Scheiterns der Sanierung weiter erbringen. Dies gilt nach § 25a Abs. 2 Z 2 IRÄG 2010 in der Fassung des Aus­schussberichtes aber nicht „bei Ansprüchen auf Auszahlung von Krediten“, wodurch insbesondere Banken gegenüber normalen KMU’s bzw. Unternehmern besser gestellt werden. So müssen sie in der gleichen Situation keine Kredite mehr auszahlen, wo­durch eine entscheidende Grundlage für Sanierungsfähigkeit entfällt.

Eine Erklärung dafür ist in den Erläuterungen der Regierungsvorlage aber nicht enthal­ten. Zudem erscheint das Argument, dass die „Erlangung von frischem Geld“ durch die Neuregelungen der Anfechtungsregeln erleichtert wird, als nicht tragfähig. Denn „neues Geld“ wird insbesondere nur deshalb gebraucht, weil alte Kredite aufgekündigt werden. Zudem ist „neues Geld“ in der Regel teurer.

Daher ist § 25a Abs. 2 Z 2 IRÄG 2010 in der Fassung des Ausschussberichtes er­satzlos zu streichen.

*****

 


Präsident Fritz Neugebauer: Nächste Rednerin: Frau Bundesministerin Mag. Ban­dion-Ortner. – Bitte.

 


12.31.47

Bundesministerin für Justiz Mag. Claudia Bandion-Ortner: Herr Präsident! Sehr verehrte Damen und Herren Abgeordnete! Stellen wir uns alle ein produzierendes Un­ternehmen vor, das Maschinen herstellt. Bedingt durch die Wirtschaftskrise kann es jetzt dazu kommen, dass der Absatzmarkt einbricht, die Produktion heruntergefahren werden muss (Ruf bei der FPÖ: Ist schon passiert!), laufende Kosten nicht mehr begli-


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chen werden können. Es folgt die Auflösung von Verträgen, es kommt zum Konkurs. Die Lieferanten dieses Unternehmens geraten ebenfalls in Turbulenzen, auch bei ich­nen kommt es zu Konkursen, und so weiter.

Meine Damen und Herren! Wir müssen diese Kettenreaktion aufhalten. Das Insolvenz­rechtsänderungsgesetz 2010 kommt genau zum richtigen Zeitpunkt, das Jahr 2010 ist wahrlich wirtschaftlich kein einfaches Jahr. Das ist die größte Reform in diesem Be­reich seit der Monarchie.

Es kann immer wieder sein, dass ein Wirtschaftstreibender in finanzielle Schwierigkei­ten gerät, nämlich ganz unverschuldet. Diesen Unternehmern muss geholfen werden, für diese Unternehmen muss es bessere Überlebenschancen geben. (Beifall bei der ÖVP sowie des Abg. Dr. Jarolim.)

Es ist so, dass auch das Stigma des Scheiterns von diesen Unternehmen genommen werden muss.

Noch einmal ganz kurz zu den wesentlichen Eckpunkten dieser Reform: Für die Unter­nehmer soll es attraktiv gemacht werden, rechtzeitig die Handbremse zu ziehen, recht­zeitig die Insolvenz anzumelden. Es ist auch besser, dass wir, wenn wir Beschwerden haben, schnell zum Arzt gehen und nicht dann, wenn es zu spät ist.

Außerdem soll ein Signal gesandt werden: Sorgfältige Vorbereitung soll belohnt wer­den. Im Zentrum wird das sogenannte Sanierungsverfahren stehen, entweder mit Eigen­verwaltung, also dann, wenn eine Insolvenz besonders gut vorbereitet ist, oder ohne Eigenverwaltung. Dieses Sanierungsverfahren soll vor allem Konkursverschleppungen verhindern.

Außerdem soll eine Zeit lang eine Art Schutzschild über das Unternehmen, das saniert werden soll, gestülpt werden. Es soll eine gewisse Zeit lang, maximal sechs Monate, nicht zur ordentlichen Kündigung von Verträgen kommen. Das bezieht sich vor allem auf Verträge, die für dieses Unternehmen lebensnotwendig sind, die sozusagen die In­frastruktur betreffen, zum Beispiel Stromlieferverträge, Leasingverträge Fahrzeuge be­treffend, Telefonverträge oder etwa, wenn Sie wollen, Bierbezugsverträge. (Abg. Scheibner: Das steht aber nicht drin!)

Das ordentliche Kündigungsrecht soll, wie gesagt, für diese Zeit ausgeschlossen wer­den. Das betrifft allerdings natürlich nur Kündigungen, die wegen Forderungen ausge­sprochen werden, die ausständig sind, die vor der Insolvenzeröffnung entstanden sind – danach müssen natürlich die Forderungen beglichen werden, das sind sogar Masseforderungen.

Wie gesagt, dadurch soll es nicht mehr zur automatischen Auflösung von überlebens­notwendigen Verträgen kommen.

Ich möchte auch noch etwas zu diesem berühmten § 21 Abs. 2 sagen, auch wenn das leider sehr technisch ist – aber ganz kurz –: Es ist so, dass es früher überhaupt keine Frist gegeben hat. Es war so, dass Verträge einfach aufgelöst wurden. Diese Lösung, diese Fünftagesfrist, betrifft natürlich auch nur Situationen, in denen der Schuldner mit einer Sachleistung noch ausständig ist, eine Sachleistung schon in Verzug geraten ist. Ich finde, die fünf Tage – Arbeitstage sind es jetzt – sind wohl zumutbar, schließlich darf man nicht vergessen, dass auch der Vertragspartner einmal wissen muss, was mit dem Vertrag ist, ob er sich noch darauf verlassen kann.

Ein weiterer ganz wesentlicher Eckpunkt dieser Reform ist, dass Konkursabweisungen mangels Masse zurückgedrängt werden sollen, denn gerade diese Konkursabweisun­gen sind sehr schädlich. Erstens wird überhaupt nicht überprüft, ob es noch Vermögen gibt oder nicht, und auch die Ursachen für die Insolvenz werden nicht hinterfragt. Es


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll60. Sitzung / Seite 91

wird auch gar nicht geprüft, ob es vielleicht ein strafbares Verhalten in diesem Zusam­menhang gibt oder nicht. Deswegen müssen Konkursabweisungen zurückgedrängt werden. Das soll einerseits dadurch geschehen, dass der Mehrheitsgesellschafter etwa bei GmbHs auch zu einem Kostenvorschuss verpflichtet wird. Aber auch die Tatsache, dass die Gewerbeberechtigung bei einer Konkursabweisung mangels Masse automa­tisch entzogen werden soll, ist ein ganz wichtiges Element.

Weitere Maßnahmen der Reform: Das Insolvenzverfahren soll flexibler gestaltet wer­den, es soll auch gestrafft werden, und die Löschung des Sanierungsverfahrens aus der Insolvenzdatei soll beschleunigt werden.

Wesentlich ist auch, dass das Insolvenzverfahren vereinheitlicht werden soll, Mehrglei­sigkeiten sollen vermieden werden. Aus einer Ausgleichsordnung und einer Konkurs­ordnung wird eine Insolvenzordnung.

Die Verfahren werden beschleunigt, die Fortführung wird erleichtert, das ist ein sehr wichtiger Schritt in Zeiten wie diesen. Es soll dazu beitragen, den Wirtschaftsstandort Österreich zu stärken, Wirtschaftsbeziehungen und vor allem Arbeitsplätze zu erhalten.

Natürlich trifft die Krise nicht nur Unternehmen, wie heute schon bemerkt wurde, son­dern auch Privatpersonen, und daher wurde bereits eine Arbeitsgruppe eingesetzt, die sich mit der Reform des Privatkonkurses beschäftigen wird. Wir haben heuer das „Jahr zur Bekämpfung von Armut und sozialer Ausgrenzung“, und das soll ein Beitrag dazu sein. Es ist etwa daran gedacht, dass vor allem Schicksalsschläge von Menschen oder äußere Ereignisse in vermehrtem Ausmaß beachtet werden.

Sehr geehrte Damen und Herren! Die Reform des Unternehmensinsolvenzrechtes und die beabsichtigte Reform des Privatkonkurses sind beides Beiträge des Justizressorts im Kampf gegen die Wirtschaftskrise. Ich darf mich noch ganz herzlich bei meinem Haus, dem Justizressort, für die wirklich sehr, sehr aufwändigen Arbeiten bedanken. – Danke schön. (Beifall bei ÖVP und SPÖ.)

12.38


Präsident Fritz Neugebauer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Mag. Donner­bauer. – Bitte.

 


12.39.00

Abgeordneter Mag. Heribert Donnerbauer (ÖVP): Herr Präsident! Werte Frau Bun­desministerin! Sehr geehrte Damen und Herren Abgeordnete! Hohes Haus! Wie schon von einigen meiner Vorredner ausgeführt und jetzt auch von der Frau Bundesministerin erläutert wurde, ist das, was wir heute hier vorliegen haben und beschließen, im Be­reich des Insolvenzrechtes doch ein großer Wurf.

Es geht darum, dass man – die Wirtschaft ist ja ein lebendiger Organismus – den Schaden, der durch das Scheitern eines Unternehmens, das durchaus viele Gründe, auch unverschuldete, haben kann, entsteht, möglichst gering hält im Sinne des Gesamtsys­tems, der Volkswirtschaft, aber auch im Sinne der Arbeitsplätze, der Arbeitnehmerin­nen und der Arbeitnehmer, die davon betroffen wären.

Dieser große Wurf ist aus meiner Sicht durchaus gelungen, und ich möchte mich dem Dank der Frau Bundesministerin an ihre Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, allen voran an Dr. Mohr und sein Team, namens meiner Fraktion anschließen. Ich glaube, dass es ein schwieriges Stück Arbeit war, das in dieser Zeit zu bewältigen war. Aber ich denke, dass es ein gelungenes Stück Arbeit ist, das auch für den Wirtschaftsstandort einen wichtigen Beitrag leistet. (Beifall bei der ÖVP.)

Ich möchte natürlich auch auf einige Kritikpunkte, die hier angebracht wurden, einge­hen. Das eine war die Frage der Frist. Ich danke Herrn Abgeordnetem Stadler, der er-


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kannt hat, dass die Abänderung, die wir heute vorgeschlagen haben – nämlich fünf Ar­beitstage, in Wirklichkeit sind es acht Tage –, dem Wunsch seiner Fraktion nach einer Acht-Tage-Frist schon sehr nahe kommt. Ich denke, dass man bei dieser Frist die ge­samten Interessen, die eine Rolle spielen, sehen muss.

Es geht ja nicht nur um die Fortführung des Unternehmens, um das Interesse am Überleben eines insolventen Unternehmens, sondern auch um die Interessen der Ver­tragspartner dieses Unternehmens. Die Volkswirtschaft und das Gesamtsystem hätten nichts davon, wenn im Interesse der Fortführung andere Unternehmen negativ betrof­fen wären, die ihren Vertrag weiter erfüllen müssen, aber trotzdem innerhalb kurzer Zeit eine Entscheidung des Masseverwalters brauchen. Würden wir diese Frist also sehr lange ausdehnen, wie von manchen gefordert wird, hätte das zur Folge, dass sich der Vertragspartner in einer unsicheren, unklaren Situation befände. Noch mehr, er kä­me vielleicht selbst seinen Vertragspartnern gegenüber in Verzug und hätte dann ebenfalls negative Folgen zu gewärtigen; mit allen negativen Auswirkungen auch auf den Umkreis dieses Unternehmens. Ich glaube, dass es richtig ist, die Fortführung des Unternehmens zu erleichtern, aber auch eine kurze Frist vorzusehen.

Das, was von einem meiner Vorredner als Privileg der Banken gesehen und auch schon im Justizausschuss diskutiert wurde, wird offensichtlich – ich würde sagen, so­gar bewusst – missverstanden. (Abg. Scheibner: Nein! Das wird nicht missverstanden! Das ist eine Tatsache!) Es geht nicht um ein Privileg für Banken, sondern es ist zu se­hen, dass – es geht ja darum, dass Kreditmittel nach der Insolvenzverfahrenseröffnung nicht mehr ausgezahlt werden müssen – realistischerweise im Normalfall die Kredit­auszahlung der Kreditgewährung sehr nahe ist.

Wann ist das nicht der Fall? – Schon in der Sanierungsphase, wenn ein Unternehmen schon in Schwierigkeiten ist. (Abg. Scheibner: Ja, aber der kleine Zulieferer muss wei­ter leisten!) Würde man diese Bestimmung nicht vorsehen, wäre das für die Banken nicht negativ. Im Gegenteil: Dann würde ein Unternehmen, das vielleicht schon in wirt­schaftlichen Schwierigkeiten ist, keine Kreditmittel mehr gewährt bekommen. Und das wäre auch negativ. – Danke. (Beifall bei der ÖVP.)

12.42


Präsident Fritz Neugebauer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Dr. Hübner. – Bitte.

 


12.42.44

Abgeordneter Dr. Johannes Hübner (FPÖ): Sehr geehrte Damen und Herren! Frau Ministerin! Liebe Zuhörer in den Bänken! Auch ich kann mich dem soeben Gesagten nur anschließen: Ja, dieses Gesetz ist im Prinzip gelungen. Es ist eine schwierige Ar­beit gewesen, und auch die Problemstellung ist gut gelöst worden – im Gegensatz zu vielen anderen Versuchen, die es ja gegeben hat, das ist ja nicht die erste und einzige Novellierung von insolvenzrechtlichen Bestimmungen. Ich erinnere etwa an das Gesetz über das Vorverfahren im Konkurs – eine reine Kopf- und Totgeburt des Justizminis­teriums. Ich glaube, es hat bis heute, nach zehnjähriger Dauer dieser Einrichtung, nicht einmal eine zweistellige Zahl an Verfahren gegeben. Das wird uns mit dieser Novel­lierung nicht passieren, weil man im Wesentlichen auf bewährte Institutionen „aufsetzt“ und zwei Verfahren, die eigentlich zusammengehören, auch rechtlich verbindet, näm­lich Konkurs und Insolvenz.

Trotzdem: Kritik muss sein. Nichts ist perfekt, und dieses Gesetz ist auch weit davon entfernt, perfekt zu sein. Ich komme zu sprechen auf § 25a, der angesprochen wurde. Das ist jener Teil, der die Auflösung von Verträgen im Insolvenzverfahren regelt. Leider hat die Frau Ministerin hier wieder nicht auf die Frage geantwortet, warum dieses soge­nannte Bankenprivileg erforderlich ist. Auch Kollege Donnerbauer hat uns keine Ant­wort darauf gegeben.


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Diese Bestimmung ist zentral, weil die Fortführung des Unternehmens ein Festhalten an gewissen Verträgen und eine Einschränkung des Rechtes der Vertragspartner, Ver­träge aufzulösen, verlangt. Das ist ganz klar. Diese Problemstellung ist aber im § 25a, also im vorliegenden Fall, sehr schlecht gelöst. Es gibt da zwei Probleme.

Das erste Problem: Es gibt einen „Gummiparagraphen“ – den § 25a Abs. 2 Z 1, um es genau zu sagen –, der die Beschränkung der Auflösung auch dann nicht gelten lässt, „wenn die Auflösung des Vertrags zur Abwendung schwerer persönlicher oder wirt­schaftlicher Nachteile des Vertragspartners unerlässlich ist“. Das ist eine Gummirege­lung, die auch zu Recht sehr viele Masseverwalter und sonstige wirtschaftliche Stellen kritisiert haben. Das heißt, es hängt vom Ermessen des Masseverwalters beziehungs­weise des Gerichtskommissärs ab, ob er einen Auflösungsfall gegeben sieht oder nicht. Wenn das Ermessen strittig ist, gibt es jahrelange Rechtsstreitigkeiten – das Schlechteste, was es geben kann.

Das zweite Problem ist die Befreiung der Auflösungsmöglichkeit, wenn es um die Aus­zahlung von Krediten geht. Es geht ja nicht um die Verhinderung der Auszahlung von Krediten, sondern um die Nichtblockierung der Kündigungsmöglichkeit von Kreditver­trägen durch Banken. Damit wird auf der einen Seite ein ganz zentrales Fortführungs­element, nämlich der Zustrom finanzieller Mittel für den Masseverwalter unterbrochen und auf der anderen Seite eine durch nichts vertretbare Ungleichbehandlung von Kre­ditgewährenden – das sind in Österreich ausschließlich Banken – und sonstigen Gläu­bigern eingeführt.

Wir werden dem Antrag, den Kollege Stadler skizziert hat, zustimmen. Der Punkt 2 des Abs. 2 von § 25a muss ersatzlos entfallen. Wenn es dafür keine Mehrheit gibt – und ich würde alle, auch die Regierungsparteien, ersuchen, nochmals zu überdenken, ob man nicht doch einer Änderung nähertritt –, werden wir diesem Gesetz letztendlich trotz­dem zustimmen, allerdings erst in dritter Lesung. – Danke. (Beifall bei der FPÖ.)

12.46


Präsident Fritz Neugebauer: Nächster Redner: Abgeordneter Dr. Wittmann. – Bitte.

 


12.46.20

Abgeordneter Dr. Peter Wittmann (SPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Frau Bundesminister! Hohes Haus! Ich kann mich grundsätzlich den Ausführungen meiner Vorredner anschließen und auch sagen: Es handelt sich um ein sehr gelunge­nes Gesetz, um ein Gesetz, das höchst notwendig war und letztendlich auch qualitativ sehr hochwertig ist.

Was war die Problemstellung dabei? – Wir haben zwei Verfahren zur Sanierung von Unternehmen, das Ausgleichsverfahren und das Konkursverfahren, wobei wir wissen, dass das Ausgleichsverfahren eigentlich niemals zum Zug gekommen ist. Eine Zahl dazu: 2008 sind lediglich 1,3 Prozent aller Verfahren als Ausgleichsverfahren, die nicht in einem Anschlusskonkurs geendet haben, geführt worden. Aber 34 Prozent der Insol­venzverfahren haben in einem Zwangsausgleich und letztlich in einer Sanierung der Un­ternehmen geendet.

Es war daher notwendig, dieses Ausgleichsverfahren, das praktisch kaum mehr An­wendung gefunden hat, in einem einheitlichen Insolvenzverfahren zusammenzuführen. Ich glaube, das ist das Kernstück dieser Reform und ist auch sehr, sehr gut gelungen.

Man hat versucht, mehrere Tendenzen als Grundlagen dieses Gesetzes zu schaffen, nämlich einerseits, dass es besser ist, ein Unternehmen grundsätzlich fortzuführen als es zu zerschlagen, weil die Fortführung des Unternehmens den wirtschaftlichen Erhalt gewährleistet, Arbeitsplätze sichert und letztendlich auch das Überleben eines Unter­nehmens sichern kann, das vielleicht auch durch von außen in das Unternehmen ge­tragene Umstände in eine schlechte wirtschaftliche Lage gekommen ist.


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Die zweite Tendenz ist, dass dieses Insolvenzverfahren rechtzeitig angemeldet werden soll. Man hat ein Instrumentarium geschaffen, nämlich das Sanierungsverfahren, das bei einer Quote von 30 Prozent, einem anständigen Finanzplan und ordentlichen Un­terlagen auch in Eigenverwaltung unter der Aufsicht eines Verwalters geführt werden kann. Letztendlich kann das Sanierungsverfahren aber auch ähnlich einem Zwangs­ausgleich abgeführt werden, und die Unternehmen können sich über diesen Zwangs­ausgleich nach wie vor sanieren.

In der Expertengruppe der EU, die sich mit Umstrukturierung, Konkurs und Neubeginn beschäftigt hat, wurde das Zwangsausgleichsverfahren, das es in Österreich immer schon gegeben hat, als eines der Best-Practice-Beispiele in Europa hervorgehoben. Und man hat dieser Tendenz zur Fortführung auch Folge geleistet.

Noch etwas: Ich halte den Abänderungsantrag, von fünf Tagen auf fünf Arbeitstage zu gehen, für höchst notwendig, um die Frist zu verlängern. Wir werden sehen, ob wir da­mit das Auslangen finden. Ich glaube, das sollte man genau beobachten und dann re­agieren.

Ein Vorschlag wäre noch, wenn man dieses Gesetz neuerlich evaluiert, auch ein soge­nanntes Obstruktionsverbot zu überlegen, das hauptsächlich Klein- und Mittelbetrieben dienen würde. In diesem Bereich besteht noch Verhandlungsbedarf, aber im Grunde genommen ist es ein anständiges Gesetz. (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der ÖVP.)

12.49


Präsident Fritz Neugebauer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Mag. Steinhau­ser. – Bitte.

 


12.49.53

Abgeordneter Mag. Albert Steinhauser (Grüne): Sehr geehrte Damen und Herren! Grundsätzlich teilen wir die Stoßrichtung dieser Novelle. Es ist sicher richtig, Unterneh­men dort, wo es möglich ist, zu sanieren, anstatt sie vorschnell zu zerschlagen. Jeder Arbeitsplatz, der in der Wirtschaftskrise gerettet wird, ist eine Hilfe für die Betroffenen.

Heute beschließen wir sozusagen eine Hilfe für Unternehmen. Wir brauchen in einem nächsten Schritt aber auch Hilfe für Privatverschuldete. Es wäre anzunehmen, dass gerade im Zuge der Wirtschaftskrise die Privatverschuldung steigt, aber paradoxerwei­se ist das gar nicht der Fall. Ich habe gelesen, dass die Privatverschuldung zurückge­gangen ist, und das hat folgenden Grund: Die Banken haben weniger Geld und können weniger leichtfertig Kredite vergeben.

Das ist aber schon wieder eine Warnung für die Zeit nach der Wirtschaftskrise. Wir müssen dringend an den Gesetzen arbeiten, damit sich die Schuldenspirale nicht noch schneller dreht. Im Moment hat man den Eindruck, dass die Gesetze primär der Schul­deneintreibung und nicht der Schuldenvermeidung dienen. Daher brauchen wir Reformen.

Was brauchen wir? – Frau Justizministerin, wir brauchen eine Anhebung des Existenz­minimums. Derzeit liegt es bei 783 €. (Abg. Weinzinger: Wer zahlt das?) Ich meine, dass es auf deutlich über 900 € angehoben werden sollte. (Beifall bei den Grünen.)

Der Kollege von der FPÖ will wissen, wer das zahlt. Es geht dabei ja um Lohnpfändun­gen und Exekutionen. Es ist dann einfach das Existenzminimum mit einer Grenze von 900 € gedeckelt, unter die man nicht gehen kann.

Damit bin ich schon beim nächsten Punkt: Wir brauchen ein echtes Existenzminimum. Derzeit haben wir das Problem, dass mit bestimmten Forderungen, nämlich Unterhalts­forderungen, unter das Existenzminimum gegangen werden kann. Das ist hoch proble­matisch. Nicht deshalb, weil es nicht wichtig wäre, Unterhaltsschulden zu bedienen, son­dern deshalb, weil auch Betroffene von Unterhaltsschulden eine Existenz brauchen.


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Was würden wir vorschlagen? – Wir würden vorschlagen, dass man nicht unter das Existenzminimum gehen kann, sondern dass Unterhaltsschulden privilegierte Schulden sind. Das heißt, dass zuerst Unterhaltsschulden bedient werden und dann andere Schul­den, wie Bankschulden. Auf den Punkt gebracht: Unterhaltsschulden müssen vor Bank­schulden gehen. (Beifall bei den Grünen.)

Nächster Punkt: Frau Justizministerin, wir brauchen einen Zinsenstopp bei Lohnpfän­dungen. Derzeit haben wir das Problem, dass es, wenn jemand eine Lohnpfändung hat und gerade die Zinsen bedienen kann, für die Banken das einträglichste Geschäft ist, denn dann zahlt er bis an sein Lebensende die Zinsen, der Schuldenberg aber wird nicht kleiner. Das heißt, wenn jemand eine Lohnpfändung hat und Zahlungen leistet, dann muss es einen Zinsenstopp geben, damit er aus der Privatverschuldung heraus­kommt.

Letzter Punkt: Derzeit werden Arbeitgeber zu Inkassobüros der Gläubiger, und da müs­sen wir auch ansetzen. Die Gläubiger lassen den Arbeitgeber des Schuldners die Lohnpfändung berechnen. Das kostet nicht nur etwas, sondern hat noch einen Neben­effekt: dass verschuldete Personen schwieriger einen Arbeitsplatz finden, denn kein Arbeitgeber hat Freude, wenn jemand kommt, bei dem er die Lohnpfändung berechnen muss, Arbeitsaufwand und Unkosten entstehen. Das bedeutet, für Arbeitnehmer, die verschuldet sind, ist es schwieriger, einen Arbeitsplatz zu bekommen, und sie werden, was ihre persönliche Lebenssituation betrifft, in eine noch schwierigere Ausgangssitua­tion gebracht.

Diese Reformen erwarte ich mir. – Vielen Dank. (Beifall bei den Grünen.)

12.53


Präsident Fritz Neugebauer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Scheibner. – Bitte.

 


12.53.24

Abgeordneter Herbert Scheibner (BZÖ): Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Es ist jetzt über den Schutzmechanismus dieses Gesetzes schon einiges ausgeführt worden. Abgeordneter Stadler hat schon gesagt, dass wir das in weiten Teilen auch teilen, aber das, was uns bei dieser Regelung wirklich fehlt, ist die Gerechtigkeit, das gleiche Maß, das man da bei den Schutzinteressen anlegt, denn es geht nicht nur um den Schutz des Insolventen, sondern auch um den Schutz der Arbeitnehmer – dieser wurde hier berücksichtigt. Es soll aber auch um den Schutz der kleinen Zulieferer – und das sind meistens Kleinbetriebe, auch in Österreich – gehen, die da unverschuldet zum Handkuss kommen und dann möglicherweise selbst in wirtschaftliche Schwierig­keiten geraten.

Herr Abgeordneter Donnerbauer, das ist eben leider nicht gerecht geregelt. Ich bringe Ih­nen ein Beispiel: eine Baufirma, die als Generalunternehmer auftritt und einen klei­nen Auftrag, vielleicht ein Einfamilienhaus, übernimmt, mit Sublieferanten, einem Dach­decker, einem Spengler. Der Auftraggeber zahlt an die Baufirma, auch für die Leistun­gen der Sublieferanten. Der Generalunternehmer gibt jedoch das Geld, das er zu 100 Prozent kassiert hat, nicht weiter, geht dann in Insolvenz – und dann kommt es: Die Bank, die vorher einen Betriebsmittelkredit gegeben hat, ist berechtigt, die Kredit­zahlungen zu stoppen, während der Sublieferant, der schon vorher kein Geld bekom­men hat, verpflichtet ist, weiter seine Leistungen zu erbringen. Der Auftraggeber gibt aber auch weiterhin das Geld nicht an den Sublieferanten, sondern an den Generalun­ternehmer. Und zum Schluss – vor allem dann, im schlimmsten Fall, wenn die Sa­nierung nicht funktioniert und es zu einem Anschlusskonkurs kommt – bleibt der kleine Sublieferant ohne Geld für seine Leistungen sitzen, während die Bank  (Abg. Mag. Donnerbauer: Masseforderung!) – Ja was bleibt ihm da noch? Eine Quote von 10 Prozent vielleicht, im schlimmsten Fall, Herr Kollege Donnerbauer, während die Bank


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ab dem Zeitpunkt der Insolvenz ihre Zahlungen stoppen kann. Wenn Sie sagen, die brauchen wir dann, weil es dann um weitere Kreditzahlungen geht, muss ich sagen: Ja, aber dann wahrscheinlich mit Risikoaufschlägen und entsprechenden zusätzlichen Si­cherheiten et cetera!

Das ist das Ungleichgewicht, das wir kritisieren. (Neuerlicher Zwischenruf des Abg. Mag. Donnerbauer.) Das ist gar kein Vorwurf an die Banken – deren Vertreter haben hier halt ordentlich verhandelt –, die Frage richtet sich an die Wirtschaftskammer, näm­lich warum ihr die Rechte der Kleingewerbetreibenden als Sublieferanten diesen Ein­satz nicht wert waren. (Beifall beim BZÖ.)

Das ist unser Kritikpunkt, und deshalb auch der Abänderungsantrag. Lesen Sie ihn durch und überlegen Sie sich das noch in den wenigen Minuten! Das wäre im Sinne der Gerechtigkeit wichtig. Wir wollen selbstverständlich dem insolventen Unternehmer helfen, aber wir wollen auch den Missbrauch soweit es geht minimieren und vor allem auch jene schützen, die keine Schuld an der Insolvenz des Unternehmens tragen und dann noch eine Zeche, die für sie selbst dann sogar existenzbedrohend sein kann, zahlen müssen. (Beifall beim BZÖ.)

12.56


Präsident Fritz Neugebauer: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Mag. Hakl. – Bitte. (Abg. Mag. Donnerbauer – in Richtung des Abg. Scheibner –: Sie haben es nicht ver­standen, aber ich erkläre es Ihnen noch! – Abg. Scheibner: Sie haben es schlecht er­klärt! – Abg. Mag. Hakl: Ich werde das jetzt versuchen!)

 


12.56.27

Abgeordnete Mag. Karin Hakl (ÖVP): Herr Präsident! Frau Bundesminister! Ge­schätzte Kolleginnen und Kollegen! Herr Abgeordneter Scheibner, ich denke es mir im­mer wieder: Hin und wieder ist es ganz gut, dass in diesem Haus auch noch Juristen im Justizausschuss sitzen, denn ich glaube, Sie haben da ganz grundlegende Begriffe des Insolvenzrechtes nicht verstanden. (Beifall des Abg. Hörl.)

Sie haben jetzt davon gesprochen, dass ein kleiner Gewerbetreibender (Abg. Scheib­ner: Die sind euch alle nichts mehr wert!) – Sie können mir glauben, als Wirtschafts­bundmitglied liegen uns die ganz besonders am Herzen (neuerlicher Beifall des Abg. Hörl) – weiter etwas zahlen muss und dafür haften muss, eine Bank aber nicht. (Abg. Scheibner: Die habt ihr alle schon vergessen!) – Herr Kollege, wenn die Fortführung eines Unternehmens nach diesem Verfahren gemacht wird, gibt es, wenn ein Vertrag fortgesetzt wird, eine Forderung gegen die Masse. (Abg. Scheibner: Na ja, und?) Das Wesen der Forderung gegen die Masse ist, dass im Fortführungsfall eben zu 100 Pro­zent bezahlt wird. (Abg. Mag. Stadler: Jetzt scheitert sie!) Das heißt, gerade jene For­derung, wo die Zuhaltung des Vertrages einmal grundsätzlich angeordnet oder verein­bart wird (Abg. Mag. Stadler: Das Risiko des Scheiterns trägt der kleine Zulieferer!), ist es, bei der er zu 100 Prozent seine Forderung bekommt (Abg. Mag. Stadler: Jetzt scheitert es, was ist dann?); und umgekehrt, wenn es um Kreditvergaben vor und nach Einleitung eines Insolvenzverfahrens geht. (Abg. Mag. Stadler: Was ist, wenn es scheitert?)

Stellen wir uns vor, ein Unternehmen bekommt kurz, bevor es in Insolvenz geht, einen Kredit, und dieser Kredit ist noch nicht zugezählt. Nur dieser Fall wäre nämlich betrof­fen. Was wäre, wenn der jetzt zugezählt werden müsste und dann im Sanierungsfall derjenige, der das Unternehmen sanieren muss, auch noch diesen riesigen Klotz am Bein hätte? (Zwischenrufe beim BZÖ.)

Ich glaube, dieses Gesetz ist der sinnvolle Mittelweg. Denn es gab auch die Forderung der Banken, einen Fortführungskredit im ersten Rang bevorzugt zu behandeln. Es gab viele Experten, die das gefordert haben (Abg. Scheibner: Frau Oberjuristin, von der Wirtschaft null Ahnung!), da viele Unternehmensfortführungen aus Liquiditätsmangel


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scheitern. – Das haben wir nicht gemacht. Umgekehrt aber muss mit einem vernünfti­gen Sanierungsplan und gemeinsam mit der Hausbank oder einer neuen Bank die Fortführung des Unternehmens angestrebt werden. (Abg. Mag. Stadler: Sie haben mir noch nicht erklärt, was ist, wenn die Sanierung scheitert!)

Dieses Gesetz ist ein exzellenter Mittelweg, und ich hoffe, dass vor allem auch die Ab­weisung des Konkurses mangels Masse (Abg. Scheibner: Wer trägt das Risiko des Scheiterns?) durch neue Vorschriften eingeschränkt wird. Dass in diesem Fall nicht nachgeschaut werden konnte, ob derjenige, der in Konkurs gegangen ist, eigentlich noch Geld hat (Abg. Scheibner: Ihr könnt nur mehr überheblich sein in der ÖVP, aber sonst gar nichts!), sind sehr viele kleine und mittelständische Unternehmen um ihr Geld wirklich zu Unrecht umgefallen. – Ich danke. (Beifall bei der ÖVP.)

12.59


Präsident Fritz Neugebauer: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Mag. Steßl-Mühl­bacher. – Bitte.

 


12.59.22

Abgeordnete Mag. Sonja Steßl-Mühlbacher (SPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Frau Ministerin! Hohes Haus! Zur Änderung des Insolvenzrechts ist ja be­reits ausführlich gesprochen worden. Im Justizausschuss wurden die Weichen für die­sen Gesetzentwurf gestellt. Ein Ausschuss, der für mich persönlich einen ganz beson­deren Stellenwert hat, denn gerade an der Justiz beginnen die Österreicher und Öster­reicherinnen zu zweifeln.

Wir sind mit medialen Berichten konfrontiert, die Presse weist vermehrt auf Ungleich­behandlungen in Ermittlungsverfahren hin. Wie geht es einem kleinen Täter ohne Lob­by? – Ich denke, jeder von uns kann diese Frage beantworten. Wie geht es aber einem Verdächtigen, der prominent ist und von einer starken Lobby unterstützt wird? – Die Bevölkerung bekommt immer mehr den Eindruck, dass parteipolitische Interventionen möglich sind.

Die Causa Grasser/BUWOG – um sie beim Namen zu nennen – zeigt leider auch auf, dass von der zuständigen Ministerin gebetsmühlenartig immer nur eine Antwort kommt: Sie wolle nicht in laufende Verfahren eingreifen. (Abg. Rädler: Hallo!) Ich denke, es ist eine Pflicht, sicherzustellen, dass bei allen Verfahren die gleichen Maßstäbe angewandt werden. (Beifall bei der SPÖ.)

Vielleicht wurde der ehemalige Finanzminister zur „Persona non grata“ erklärt, er war­tet vielleicht längst auf übliche Einladungen. Es scheint mir so zu sein – damit gebe ich ein allgemeines Stimmungsbild ab –, dass verhindert wird, Licht ins Dunkel zu bringen. Daher ist es eine Verpflichtung des österreichischen Rechtsstaats, alle Beteiligten in einem Verfahren gleich zu behandeln. – Danke. (Beifall bei der SPÖ.)

13.01


Präsident Fritz Neugebauer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Glaser. – Bitte.

 


13.01.32

Abgeordneter Franz Glaser (ÖVP): Herr Präsident! Geschätzte Frau Bundesministe­rin! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Wir diskutieren eine große und wichtige No­velle des Insolvenzrechtes. Ich bin sehr zuversichtlich, dass es damit zu einer Be­schleunigung – das ist ja beabsichtigt – der Verfahren kommt und dass damit tatsäch­lich erreicht wird, dass wir Arbeitsplätze erhalten, dass wir Wertschöpfung erhalten und es auch gelingt, Vermögenswerte zu erhalten. (Präsident Dr. Graf übernimmt den Vorsitz.)

Vorausgesetzt, dass ein Insolvenzfall nicht absichtlich herbeigeführt wird – nicht krimi­nell herbeigeführt wird, was ja auch immer wieder vorkommt –, werden, glaube ich, alle Beteiligten ein großes Interesse daran haben, dass ein Betrieb so rasch wie möglich


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wieder flottgemacht wird. Erreicht werden soll das hauptsächlich dadurch, dass man im normalen Ausgleichsverfahren die Quote von 40 auf 30 Prozent herabsetzt und dabei auch noch die Eigenverwaltung ermöglicht. Ich glaube, dass das tatsächlich ein großer Anreiz sein kann, gerade für jene Unternehmer, die unverschuldet, zum Beispiel durch die Wirtschaftskrise, in die Insolvenz geschlittert sind und auf diese Art und Weise doch die Möglichkeit haben, im Betrieb die Zügel weiter in der Hand zu behalten.

Der bisherige Zwangsausgleich wird in Zukunft Sanierungsverfahren mit Sanierungs­plan heißen, was semantisch sicher eine sympathischere Darstellung ist. Wichtig scheint mir auch zu sein – das ist insgesamt ein erklärtes Ziel dieser Novelle –, dass es möglichst zu einer Minimierung von Konkursverfahren, vor allem von Konkursen in Ab­weisung mangels Masse, kommen soll.

Wie nun die neue Regelung in der Praxis funktionieren wird, werden wir natürlich erst in einigen Jahren genau wissen. Es wird ja auch evaluiert werden. Ich persönlich hoffe sehr, dass es vor allem dazu kommt, dass kleinere Gläubiger in Zukunft schneller zu ih­rem Geld kommen und dass nicht weiterhin Banken – vor allem Hauptgläubiger – doch Verfahren blockieren können. Das ist mit dieser neuen Novelle auch weitestge­hend eingeschränkt.

Jedenfalls hoffe ich, dass es damit insgesamt gelingt, dass Betriebe relativ schnell wie­der ihre Arbeit aufnehmen können und vor allem unverschuldet in Not geratene Betrie­be von dieser Novelle profitieren können. – Danke. (Beifall bei der ÖVP.)

13.04


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Als nächster Redner zu Wort gelangt Herr Abgeord­neter Köfer. Wunschgemäß eingestellte Redezeit: 2 Minuten. – Bitte.

 


13.04.15

Abgeordneter Gerhard Köfer (SPÖ): Herr Präsident! Frau Bundesminister! „Insol­venzreform auf der Kippe“, so titelte „Die Presse“ in ihrer Online-Ausgabe vom 8. No­vember 2009. Daher ist es umso erfreulicher, dass sich letzte Woche im Justizaus­schuss alle fünf Parlamentsparteien auf die Änderung des Insolvenzrechtes geeinigt haben und heute die Zustimmung erfolgen soll. Damit kann das Gesetz mit Anfang Juli, also ein halbes Jahr später als ursprünglich geplant, endlich in Kraft treten. Das ist auch gut so, denn von dieser Reform profitieren eigentlich alle, nicht nur die Arbeitneh­mer, sondern auch die Unternehmer und die Gläubiger, vor allem aber der Wirtschafts­standort Österreich.

Gerade in Zeiten dieser Wirtschaftskrise sind Impulse, wie sie von dieser Reform aus­gehen, wichtig und sehr notwendig. Schließlich gab es im Jahr 2009 täglich 29 Firmen­pleiten; das ist ein Anstieg von Firmeninsolvenzen gegenüber dem Jahr 2008 um 9,2 Prozent. Alle Experten waren sich Anfang dieses Jahres einig, dass das Ende der Fahnenstange noch bei Weitem nicht erreicht ist. So rechnete der Leiter des Kredit­schutzverbandes von 1870, Hans-Georg Kantner, für dieses Jahr mit einem weiteren Zuwachs von Firmeninsolvenzen um 12 Prozent auf den Rekord von 7 500 Pleiten.

Diese dramatischen Befürchtungen haben sich bis dato nicht bestätigt; ich betone: vor­erst nicht! So gab es im ersten Quartal 2010 um 0,8 Prozent weniger Unternehmens­insolvenzen als im Vergleichszeitraum des vergangenen Jahres. Das ist ein Silberstreif am Horizont, mehr aber noch nicht.

Daher bleibt zu hoffen, dass diese Reform einen Beitrag dazu leisten kann, eine Viel­zahl künftiger Insolvenzen zu verhindern. Das erklärte Ziel muss sein, Unternehmen zu erhalten statt zu liquidieren. Die vorliegende Reform soll Sanierungschancen erhöhen und Konkursabweisungen mangels Masse verhindern. Diese Novelle stellt auch den Versuch dar, eine größere Sanierungsfreudigkeit zu erreichen. Ich möchte außerdem


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positiv erwähnen, dass diese Novelle unter Einbindung der Zustimmung der Sozialpart­ner auf Schiene gestellt wurde.

Warnen möchte ich aber davor, nur die Entwicklung der Firmenpleiten im Auge zu ha­ben. Aufmerksamkeit und ein wachsames Auge verdient nämlich auch die steigende Zahl an Privatkonkursen. Anders als bei den Firmeninsolvenzen gab es bei den Privat­insolvenzen im ersten Quartal 2010 im Vergleich zum ersten Quartal 2009 einen An­stieg um 6,6 Prozent.

Diese Entwicklung, die laut Experten noch weitergehen wird, birgt, wie ich meine, eini­gen gesellschaftspolitischen Sprengstoff in sich. Schließlich wird dadurch die Kluft zwi­schen Arm und Reich in Österreich noch weiter vertieft. Dem gilt es – nicht zuletzt, um keine gesellschaftlichen Spannungen entstehen zu lassen – massiv entgegenzuwirken. (Beifall bei der SPÖ.)

13.07


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Als vorläufig letzter Redner hiezu zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Pack. 2 Minuten Redezeit. – Bitte.

 


13.07.15

Abgeordneter Jochen Pack (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Frau Bundesminis­terin! Meine geschätzten Damen und Herren! Gerade in wirtschaftlich schwierigen Zei­ten sind logischerweise alle Maßnahmen zu ergreifen, um die Sanierung und den Fort­bestand eines etwa infolge der Wirtschaftskrise unverschuldeten oder auch verschul­deten Unternehmens gewährleisten zu können.

Eine meiner Vorrednerinnen, die erste Rednerin meiner Fraktion, Ridi Steibl, hat es richtig gesagt: Retten oder Sanieren statt Ruinieren ist das Motto dieser Novelle. Das ist richtig. Nach langwieriger Diskussion liegt uns nun dieser Gesetzentwurf vor. We­sentliche Punkte der nunmehrigen Reform fußen auch auf Vorschlägen, die von der Wirtschaftskammer entwickelt wurden. Gerade im Hinblick auf die aktuelle Situation – mein Vorredner von der SPÖ hat die zu erwartenden steigenden Zahlen der Insolven­zen erwähnt – ist es ein richtiger Schritt, den wir hier treffen.

Meine Damen und Herren! Ich glaube, das Wichtigste ist, dass wir in dieser Novelle das Unternehmen in den Vordergrund stellen. Natürlich ist auch hervorzuheben, dass das Gesetz zwar die entsprechende Grundlage bietet, dass es aber selbstverständlich die alleinige Sache des jeweils betroffenen Unternehmens ist, diese Verfahrensmög­lichkeit auch rechtzeitig zu ergreifen.

Zu meiner Vorrednerin Kollegin Steßl-Mühlbacher aus der Steiermark und zu ihrer Re­de zum Thema „Licht ins Dunkel“ kann man nur fragen: Wie schaut es mit der SPÖ-Stiftung in der Steiermark aus? (Beifall bei der ÖVP.)

13.09

13.09.20

 


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Zu Wort ist dazu niemand mehr gemeldet. Ich schlie­ße daher die Debatte.

Wünscht die Frau Berichterstatterin ein Schlusswort? – Das ist nicht der Fall.

Wir gelangen zur Abstimmung über den Gesetzentwurf in 612 der Beilagen.

Hiezu liegen folgende Abänderungsanträge vor: Abänderungsantrag der Abgeordneten Mag. Donnerbauer, Dr. Jarolim, Kolleginnen und Kollegen sowie Abänderungsantrag der Abgeordneten Bucher, Kolleginnen und Kollegen.

Ich werde zunächst über die von den erwähnten Abänderungsanträgen betroffenen Teile entsprechend der Systematik des Gesetzentwurfes und schließlich über die restli­chen, noch nicht abgestimmten Teile des Gesetzentwurfes abstimmen lassen.


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Die Abgeordneten Mag. Donnerbauer, Dr. Jarolim, Kolleginnen und Kollegen haben einen Abänderungsantrag eingebracht, der sich auf Art. 1 Z 10 und 11 bezieht.

Ich bitte jene Damen und Herren, die hiefür eintreten, um ein bejahendes Zeichen. – Das ist einstimmig angenommen.

Wir kommen zur Abstimmung über den Abänderungsantrag der Abgeordneten Bucher, Kolleginnen und Kollegen, der sich auf Art. 1 Z 14 bezieht.

Wer dieser Abänderung beitritt, den bitte ich um ein Zeichen. – Das ist die Minderheit und somit abgelehnt.

Wir kommen sogleich zur Abstimmung über Art. 1 Z 14 in der Fassung der Regierungs­vorlage.

Wer dieser Bestimmung seine Zustimmung erteilt, den ersuche ich um ein Zeichen. – Das ist die Mehrheit und somit angenommen.

Weiters gelangen wir zur Abstimmung über den Abänderungsantrag der Abgeordneten Mag. Donnerbauer, Dr. Jarolim, Kolleginnen und Kollegen betreffend Art 1 Z 63, Art. 3 Eingang und Z 6, Art. 5 Z 47 sowie Art. 8 Z 3.

Wer diesen Abänderungen beitritt, den ersuche ich um ein Zeichen der Bejahung. – Auch das ist einstimmig und somit angenommen.

Schließlich komme ich zur Abstimmung über die restlichen, noch nicht abgestimmten Teile des Gesetzentwurfes samt Titel und Eingang in der Fassung der Regierungsvor­lage.

Ich bitte jene Damen und Herren, die hiefür ihre Zustimmung erteilen, um ein diesbe­zügliches Zeichen. – Das ist die Mehrheit und somit angenommen.

Wir kommen sogleich zur dritten Lesung.

Ich bitte jene Damen und Herren, die auch in dritter Lesung für den vorliegenden Ge­setzentwurf sind, um ein Zeichen der Zustimmung. – Das ist einstimmig. Der Gesetz­entwurf ist somit auch in dritter Lesung angenommen.

Wir kommen jetzt zur Abstimmung über die dem Ausschussbericht 651 der Beilagen angeschlossene Entschließung.

Ich bitte jene Damen und Herren, die hiefür eintreten, um ein Zeichen der Zustim­mung. – Auch das ist einstimmig angenommen. (E 89.)

13.12.262. Punkt

Bericht des Justizausschusses über die Regierungsvorlage (650 d.B.): Bundes­gesetz, mit dem das allgemeine bürgerliche Gesetzbuch geändert, ein Bundesge­setz über Verbraucherkreditverträge und andere Formen der Kreditierung zu Gunsten von Verbrauchern (Verbraucherkreditgesetz – VKrG) erlassen sowie das Konsumentenschutzgesetz, das Bankwesengesetz, das Versicherungsaufsichts­gesetz, das Wertpapieraufsichtsgesetz 2007, das Investmentfondsgesetz, das Zahlungsdienstegesetz, die Gewerbeordnung 1994 und das Maklergesetz geän­dert werden (Darlehens- und Kreditrechts-Änderungsgesetz – DaKRÄG) (652 d.B.)

 


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Wir gelangen zum 2. Punkt der Tagesordnung.

Auf eine mündliche Berichterstattung wurde verzichtet.

Zu Wort gemeldet hat sich Herr Abgeordneter Mag. Donnerbauer. Wunschgemäß ein­gestellte Redezeit: 4 Minuten. – Bitte.

 



Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll60. Sitzung / Seite 101

13.12.51

Abgeordneter Mag. Heribert Donnerbauer (ÖVP): Herr Präsident! Frau Bundesmi­nisterin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Hohes Haus! Wie schon angekün­digt, behandeln wir jetzt das Darlehens- und Kreditrechts-Änderungsgesetz. Ich darf die wesentlichen Grundzüge wie folgt erörtern.

Wir haben es damit zu tun, dass einerseits Änderungen im ABGB stattfinden. Die noch historischen Bestimmungen über den Darlehensvertrag, der ein Realvertrag war, wer­den mit diesen Änderungen auf moderne Beine gestellt; es wird in Zukunft ein Konsen­sualvertrag sein. Und was die wenigsten wissen: Der Kreditvertrag, der sich in unse­rem ABGB bisher überhaupt nicht findet, sondern vom Darlehensvertrag abgeleitet ist, wird jetzt erstmalig ausdrücklich im ABGB erwähnt und als entgeltlicher Darlehensver­trag auch gesetzlich normiert. – Das ist der eine Teil.

Der zweite Teil betrifft Verbraucherschutzbestimmungen, nämlich die Umsetzung der Verbraucherkredit-Richtlinie der Europäischen Union, die durchaus eine lange Vorge­schichte auf europäischer Ebene hatte und jetzt von uns als einem der ersten Länder der Europäischen Union innerstaatlich umgesetzt wird.

Es geht hauptsächlich darum, dass für den Verbraucherkredit, sprich den Kredit eines Kreditunternehmens an einen Verbraucher, soweit er 200 € übersteigt, verschiedenste Verbraucherschutz-/Konsumentenschutzbestimmungen, die in Österreich bisher zum Teil in verschiedenen Materien aufgeteilt waren – zum Beispiel im Bankwesengesetz, in der Verbraucherkreditverordnung, im Konsumentenschutzgesetz –, einerseits zusam­mengefasst werden und andererseits zusätzlich neue Verbraucherschutzbestimmungen und auch ein neues Schutzniveau für den Verbraucherkredit eingeführt und umgesetzt werden.

Beispielsweise sei nur erwähnt, dass bei der Werbung für Kreditverträge in Zukunft be­stimmte gesetzlich vorgesehene Angaben verpflichtend enthalten sein müssen. So muss auch ein Beispielsfall, ein repräsentatives Beispiel, in einer Werbung für Verbraucher­kredite durchgerechnet werden. Es werden vorvertragliche Informationspflichten des Kreditgebers festgelegt. Es wird ein Formular vorgesehen, das auch in der Verbrau­cherkredit-Richtlinie vorgesehen ist; dieses ist eins zu eins umzusetzen und ist auch von den Kreditunternehmen eins zu eins zu verwenden.

Es gibt erstmalig gesetzliche Verpflichtungen der Kreditgeber für Bonitätsprüfungen. Bis jetzt war es ja im Ermessen des Kreditgebers, inwieweit er Bonitätsprüfungen durch­geführt hat; in Zukunft gibt es eben auch eine gesetzliche Verpflichtung, die Kreditwür­digkeit, die Bonität des Verbrauchers, der um einen Kredit ansucht, entsprechend zu über­prüfen. Auch wenn sich Rahmenbedingungen ändern, wenn ein Kredit während der Laufzeit neu verhandelt wird, wenn er aufgestockt wird, sind jedenfalls wieder die ent­sprechenden Informationen einzuholen und ist eine Prüfung durch das Kreditinstitut durch­zuführen.

Es gibt weiters Vorschriften, die die Angaben in der Ausfertigung des Kreditvertrages betreffen. Es ist jetzt erstmals auch das Recht des Verbrauchers, jederzeit einen ak­tuellen und aktualisierten Tilgungsplan, der die Raten, Zinsen und Kosten enthält, zu ver­langen. Es gibt ein Rücktrittsrecht, ein Recht, während der ersten vierzehn Tage von dem abgeschlossenen Kreditvertrag wieder zurückzutreten. Es gibt in Zukunft erstma­lig auch Möglichkeiten, für Verträge auf bestimmte Zeit eine vorzeitige Rückzahlung zu machen, wobei die in diesen Fällen auch jetzt schon eintretenden Entschädigungen für die vorfällige Rückzahlung in Zukunft gedeckelt sein werden. Außerdem gibt es Be­stimmungen für ein Kündigungsrecht bei Kreditverträgen auf unbestimmte Zeit.

Insgesamt ist es ein durchaus umfassendes Werk, und ich darf abschließend noch einen Abänderungsantrag der Kollegen Jarolim und meiner Wenigkeit einbringen, der


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll60. Sitzung / Seite 102

sich einerseits auf eine Veränderung in § 7 Abs. 5 bezieht, sodass hier für gewisse Bo­nitätsbeurteilungen im Rahmen des Verbraucherkreditgesetzes § 28 Abs. 2 Daten­schutzgesetz 2000 nicht gilt. Außerdem enthält dieser Abänderungsantrag eine Über­gangsregelung für gewisse Formvorschriften bis 31. Oktober 2010. Zuletzt wurden da­mit gewisse Druckfehler, auch im Formular im Anhang, berücksichtigt. Ich ersuche den Präsidenten, für die Verteilung dieses Abänderungsantrages zu sorgen. – Danke. (Bei­fall bei der ÖVP sowie bei Abgeordneten der SPÖ.)

13.17


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Der soeben eingebrachte Abänderungsantrag ist ausreichend unterstützt und wurde in groben Zügen sowie auch im Wesenskern aus­reichend erläutert. Ob seines Umfanges wird er gemäß § 53 Abs. 4 Geschäftsordnungs­gesetz im Saal zur Verteilung gelangen.

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:

Abänderungsantrag

der Abgeordneten Mag. Donnerbauer, Dr. Jarolim, Kolleginnen und Kollegen zum Be­richt des Justizausschusses (652 d.B.) zur Regierungsvorlage (650 d.B.) betreffend ein Bundesgesetz mit dem das allgemeine bürgerliche Gesetzbuch geändert, ein Bundes­gesetz über Verbraucherkreditverträge und andere Formen der Kreditierung zu Guns­ten von Verbrauchern (Verbraucherkreditgesetz – VKrG) erlassen sowie das Konsu­mentenschutzgesetz, das Bankwesengesetz, das Versicherungsaufsichtsgesetz, das Wertpapieraufsichtsgesetz 2007, das Investmentfondsgesetz, das Zahlungsdienstege­setz, die Gewerbeordnung 1994 und das Maklergesetz geändert werden (Darlehens- und Kreditrechts-Änderungsgesetz – DaKRÄG)

Der Nationalrat wolle beschließen:

Die Regierungsvorlage (650 d.B.) betreffend ein Bundesgesetz mit dem das allgemei­ne bürgerliche Gesetzbuch geändert, ein Bundesgesetz über Verbraucherkreditverträ­ge und andere Formen der Kreditierung zu Gunsten von Verbrauchern (Verbraucher­kreditgesetz – VKrG) erlassen sowie das Konsumentenschutzgesetz, das Bankwesen­gesetz, das Versicherungsaufsichtsgesetz, das Wertpapieraufsichtsgesetz 2007, das Investmentfondsgesetz, das Zahlungsdienstegesetz, die Gewerbeordnung 1994 und das Maklergesetz geändert werden (Darlehens- und Kreditrechts-Änderungsgesetz – DaKRÄG) in der Fassung des Ausschussberichtes (652 d.B.) wird wie folgt geändert:

1. In Art. 2 wird im § 7 nach Abs. 4 nachstehender Abs. 5 eingefügt:

„(5) § 28 Abs. 2 des Datenschutzgesetzes 2000 – DSG 2000, BGBl. Nr. 565/1999 in der jeweils geltenden Fassung, ist auf bei der Datenschutzkommission registrierte In­formationsverbundsysteme kreditgebender Institutionen zur Bonitätsbeurteilung, bei denen die Verwendung auf § 8 Abs.1 Z 2 oder Z 4 DSG 2000 beruht, nicht anzuwen­den.“

2. In Art. 2 lautet § 29 samt Überschrift:

„Inkrafttretens- und Übergangsbestimmung

§ 29. (1) Dieses Bundesgesetz tritt mit 11. Juni 2010 in Kraft.

(2) Es ist – soweit die folgenden Absätze nichts anderes bestimmen – nur auf Kredit­verträge und Kreditierungen anzuwenden, die nach dem 10. Juni 2010 geschlossen beziehungsweise gewährt werden.

(3) Die §§ 11, 14 Abs. 1 und 2, §§ 15, 17, 22 und 24 Abs. 1 zweiter Satz und Abs. 2 sind auch auf Kreditverträge und Kreditierungen anzuwenden, die vor dem 11. Juni 2010 geschlossen beziehungsweise gewährt wurden und am 11. Juni 2010 noch aufrecht sind. Im Übrigen sind auf Kreditverträge und Kreditierungen, die vor dem 11. Juni 2010


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll60. Sitzung / Seite 103

geschlossen beziehungsweise gewährt wurden, die bisherigen Bestimmungen weiter anzuwenden.

(4) § 6 ist im Zeitraum ab 11. Juni 2010 bis einschließlich 31. Oktober 2010 mit der Maßgabe anzuwenden, dass die darin vorgesehenen Informationen neben der in § 6 angeführten Form auch auf andere zumutbare Weise erteilt werden können. § 19 ist im Zeitraum ab 11. Juni 2010 bis einschließlich 31. Oktober 2010 mit der Maßgabe anzu­wenden, dass die darin vorgesehenen Informationen neben der in § 19 angeführten Form auch auf andere zumutbare Weise erteilt werden können.

(5) § 9 ist im Zeitraum ab 11. Juni 2010 bis einschließlich 31. Oktober 2010 mit der Maßgabe anzuwenden, dass die darin vorgesehenen Angaben neben der in § 9 ange­führten Form auch auf andere zumutbare Weise erteilt werden können, soweit nicht die auf das Vertragsverhältnis bisher anwendbaren Vorschriften eine bestimmte Form der Mitteilung von Angaben im Vertrag vorgesehen haben. Durch eine dem vorstehenden Satz entsprechende Mitteilung der Angaben gilt die Voraussetzung des § 12 Abs. 1 letzter Satz für den Beginn der Rücktrittsfrist als erfüllt.

(6) § 25 Abs. 1 ist im Zeitraum ab 11. Juni 2010 bis einschließlich 31. Oktober 2010 auf Vertragsabschlüsse mittels eines Fernkommunikationsmittels im Sinn des § 5a KSchG mit der Maßgabe anzuwenden, dass die Verpflichtungen nach §§ 6 und 9 als erfüllt gelten, wenn die darin vorgesehenen Informationen dem Verbraucher spätestens zu­sammen mit der Lieferung der Ware auf Papier oder einem anderen dauerhaften Da­tenträger mitgeteilt werden.

(7) §§ 10 und 21 sind erst ab 1. November 2010 anzuwenden, ab diesem Zeitpunkt aber auch auf Kreditverträge und Kreditierungen, die zwischen dem 11. Juni 2010 und dem 1. November 2010 geschlossen beziehungsweise gewährt wurden und am 1. No­vember 2010 noch aufrecht sind.“

3. In Art. 2 lautet § 30:

§ 30. „Mit der Vollziehung dieses Bundesgesetzes ist hinsichtlich der §§ 7 Abs 5 sowie 28 der Bundeskanzler und im Übrigen der Bundesminister für Justiz betraut.“

4. In Art. 2 Anhang I Teil I Abs. 1 lautet die Formel:

5. In Art. 2 lauten die Anhänge II und III:

„Anhang II

Europäische Standardinformationen für Kreditierungen nach dem Verbraucherkreditgesetz

1. Name und Kontaktangaben des Kreditgebers/Kreditvermittlers

Kreditgeber

Anschrift

Telefon (*)

E-Mail (*)

Fax (*)

Internet-Adresse (*)

[Name]

[Anschrift für Kontakte mit dem Verbraucher]

(falls zutreffend)

Kreditvermittler

Anschrift

Telefon (*)

E-Mail (*)

Fax (*)

Internet-Adresse (*)

 

[Name]

[Anschrift für Kontakte mit dem Verbraucher]

(*) Freiwillige Angaben des Kreditgebers.


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll60. Sitzung / Seite 104

In allen Fällen, in denen „falls zutreffend“ angegeben ist, muss der Kreditgeber das be­treffende Kästchen ausfüllen, wenn die Information für das Kreditprodukt relevant ist, oder die betreffende Information bzw. die gesamte Zeile durchstreichen, wenn die In­formation für die in Frage kommende Kreditart nicht relevant ist.

Die Vermerke in eckigen Klammern dienen zur Erläuterung und sind durch die entspre­chenden Angaben zu ersetzen.

2. Beschreibung der wesentlichen Merkmale des Kreditprodukts

Kreditart

 

Gesamtkreditbetrag

Obergrenze oder Summe aller Beträge, die auf Grund des Kreditvertrags zur Verfügung gestellt wird

 

Bedingungen für die Inanspruchnahme

Gemeint ist, wie und wann Sie das Geld er­halten

 

Laufzeit des Kreditvertrags

 

Teilzahlungen und gegebenenfalls Reihenfolge, in der die Teilzahlungen angerechnet werden

Sie müssen folgende Zahlungen leisten:

[Betrag, Anzahl und Fälligkeit der vom Ver­braucher zu leistenden Zahlungen]

Zinsen und/oder Kosten sind wie folgt zu ent­richten:

Von Ihnen zu zahlender Gesamtbetrag

Betrag des geliehenen Kapitals zuzüglich Zinsen und etwaiger Kosten im Zusammenhang mit Ihrem Kredit

[Summe des Gesamtkreditbetrags und der Gesamtkosten des Kredits]

(falls zutreffend)

Der Kredit wird in Form eines Zahlungsauf­schubs für eine Ware oder Dienstleistung ge­währt oder ist mit der Lieferung bestimmter Waren oder der Erbringung einer Dienstleis­tung verbunden.

Bezeichnung des Produkts/der Dienstleistung

Barzahlungspreis

 

(falls zutreffend)

Verlangte Sicherheiten

Beschreibung der von Ihnen im Zusammen­hang mit dem Kreditvertrag zu stellenden Si­cherheiten

 

[Art der Sicherheiten]

(falls zutreffend)

Zahlungen dienen nicht der unmittelbaren Ka­pitaltilgung

 

3. Kreditkosten

Sollzinssatz oder gegebenenfalls die verschie­denen Sollzinssätze, die für den Kreditvertrag gelten

[ %

—          fest oder

—          variabel (mit dem Index oder      Referenzzinssatz für den anfänglichen             Sollzinssatz)

—          Zeiträume]

Effektiver Jahreszins

Gesamtkosten ausgedrückt als jährlicher Prozent­satz des Gesamtkreditbetrags

Diese Angabe hilft Ihnen dabei, unterschiedliche Angebote zu vergleichen.

[ %. Repräsentatives Beispiel unter Angabe sämtlicher in die Berechnung des Jahres­zinses einfließender Annahmen]


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll60. Sitzung / Seite 105

Ist

— der Abschluss einer Kreditversicherung oder

— die Inanspruchnahme einer anderen mit dem Kreditvertrag zusammenhängenden Nebenleistung

zwingende Voraussetzung dafür, dass der Kredit überhaupt oder nach den vorgese­henen Vertragsbedingungen gewährt wird?

Falls der Kreditgeber die Kosten dieser Dienst­leistungen nicht kennt, sind sie nicht im effektiven Jahreszins enthalten.

 

Ja/nein [Falls ja, Art der Versicherung:]

Ja/nein [Falls ja, Art der Nebenleistung:]

Kosten im Zusammenhang mit dem Kredit

(falls zutreffend)

Die Führung eines oder mehrerer Konten ist für die Buchung der Zahlungsvorgänge und der in Anspruch genommenen Kreditbeträge erfor­derlich.

 

(falls zutreffend)

Höhe der Kosten für die Verwendung eines bestimmten Zahlungsmittels (z. B. einer Kredit­karte)

 

(falls zutreffend)

Sonstige Kosten im Zusammenhang mit dem Kreditvertrag

 

(falls zutreffend)

Bedingungen, unter denen die vorstehend genannten Kosten im Zusammenhang mit dem Kreditvertrag geändert werden können

 

(falls zutreffend)

Notariatsgebühren

 

Kosten bei Zahlungsverzug

Ausbleibende Zahlungen können schwerwie­gende Folgen für Sie haben (z. B. Zwangsver­steigerung) und die Erlangung eines Kredits erschweren.

Bei Zahlungsverzug wird Ihnen [ (anwend­barer Zinssatz und gegebenenfalls Verzugs­kosten)] berechnet.

4. Andere wichtige rechtliche Aspekte

Rücktrittsrecht

Sie haben das Recht, innerhalb von 14 Kalender­tagen vom Kreditvertrag zurückzutreten.

ja/nein

Vorzeitige Rückzahlung

Sie haben das Recht, den Kredit jederzeit ganz oder teilweise vorzeitig zurückzuzahlen.

 

(falls zutreffend)

Dem Kreditgeber steht bei vorzeitiger Rück­zahlung eine Entschädigung zu

[Festlegung der Entschädigung (Berechnungs­methode) gemäß § 16 Verbraucherkreditgesetz]

Datenbankabfrage

Der Kreditgeber muss Sie unverzüglich und unent­geltlich über das Ergebnis einer Datenbankabfrage informieren, wenn ein Kreditantrag auf Grund einer solchen Abfrage abgelehnt wird.

Dies gilt nicht, wenn eine entsprechende Unter­richtung den Zielen der öffentlichen Ordnung oder der öffentlichen Sicherheit zuwiderläuft.

 


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll60. Sitzung / Seite 106

Recht auf einen Kreditvertragsentwurf

Sie haben das Recht, auf Verlangen unentgeltlich eine Kopie des Kreditvertragsentwurfs zu erhalten. Diese Bestimmung gilt nicht, wenn der Kreditgeber zum Zeitpunkt des Verlangens nicht zum Abschluss eines Kreditvertrags mit Ihnen bereit ist.

 

(falls zutreffend)

Zeitraum, während dessen der Kreditgeber an die vorvertraglichen Informationen gebunden ist

Diese Informationen gelten vom bis ...

(falls zutreffend)

5. Zusätzliche Informationen beim Fernabsatz von Finanzdienstleistungen

a) zum Kreditgeber

 

(falls zutreffend)

Vertreter des Kreditgebers in dem Mitglied­staat, in dem Sie Ihren Wohnsitz haben

Anschrift

Telefon (*)

E-Mail (*)

Fax (*)

Internet-Adresse (*)

 

[Name]

 

[tatsächliche Anschrift, für den Verbraucher]

(falls zutreffend)

Eintragung im Firmenbuch (Handelsregister)

 

[Firmenbuch (Handelsregister), in das der Kre­ditgeber eingetragen ist, und seine Firmen­buchnummer (Handelsregisternummer oder eine gleichwertige in diesem Register verwen­dete Kennung)]

(falls zutreffend)

Zuständige Aufsichtsbehörde

 

b) zum Kreditvertrag

 

(falls zutreffend)

Ausübung des Rücktrittsrechts

 

[Praktische Hinweise zur Ausübung des Rück­trittsrechts, darunter Rücktrittsfrist, Angabe der Anschrift, an die die Rücktrittserklärung zu senden ist, sowie Folgen bei Nichtausübung dieses Rechts]

(falls zutreffend)

Recht, das der Kreditgeber der Aufnahme von Beziehungen zu Ihnen vor Abschluss des Kre­ditvertrags zugrunde legt

 

(falls zutreffend)

Klauseln über das auf den Kreditvertrag an­wendbare Recht und/oder die zuständige Ge­richtsbarkeit

 

[entsprechende Klausel hier wiedergeben]

(falls zutreffend)

Wahl der Sprache

 

Die Informationen und Vertragsbedingungen werden in [Angabe der Sprache] vorgelegt. Mit Ihrer Zustimmung werden wir während der Laufzeit des Kreditvertrags in [Angabe der Sprache(n)] mit Ihnen Kontakt halten.

c) zu den Rechtsmitteln

 

Verfügbarkeit außergerichtlicher Beschwerde- oder Schlichtungsverfahren und Zugang dazu

[Angabe, ob der Verbraucher, der Vertragspar­tei eines Fernabsatzvertrags ist, Zugang zu einem außergerichtlichen Beschwerde- oder Schlichtungsverfahren hat, und gegebenenfalls die Voraussetzungen für diesen Zugang]

(*) Freiwillige Angaben des Kreditgebers.

Anhang III

Europäische Verbraucherkreditinformationen bei Überziehungsmöglichkeiten nach dem Verbraucherkreditgesetz


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll60. Sitzung / Seite 107

1. Name und Kontaktangaben des Kreditgebers/Kreditvermittlers

Kreditgeber

Anschrift

Telefon (*)

E-Mail (*)

Fax (*)

Internet-Adresse (*)

[Name]

[Anschrift für Kontakte mit dem Verbraucher]

(falls zutreffend)

Kreditvermittler

Anschrift

Telefon (*)

E-Mail (*)

Fax (*)

Internet-Adresse (*)

 

[Name]

[Anschrift für Kontakte mit dem Verbraucher]

(*) Freiwillige Angaben des Kreditgebers.

In allen Fällen, in denen „falls zutreffend“ angegeben ist, muss der Kreditgeber das be­treffende Kästchen ausfüllen, wenn die Information für das Kreditprodukt relevant ist, oder die betreffende Information bzw. die gesamte Zeile durchstreichen, wenn die In­formation für die in Frage kommende Kreditart nicht relevant ist.

Die Vermerke in eckigen Klammern dienen zur Erläuterung und sind durch die entspre­chenden Angaben zu ersetzen.

2. Beschreibung der wesentlichen Merkmale des Kreditprodukts

Kreditart

 

Gesamtkreditbetrag

Obergrenze oder Summe aller Beträge, die auf Grund des Kreditvertrags zur Verfügung gestellt wird

 

Laufzeit des Kreditvertrags

 

(falls zutreffend)

Sie können jederzeit zur Rückzahlung des ge­samten Kreditbetrags aufgefordert werden.

 

3. Kreditkosten

Sollzinssatz oder gegebenenfalls die verschie­denen Sollzinssätze, die für den Kreditvertrag gelten

[ %

—          fest oder

—          variabel (mit dem Index oder               Referenzzinssatz für den anfänglichen               Sollzinssatz)]

effektiver Jahreszins

Gesamtkosten ausgedrückt als jährlicher Prozent­satz des Gesamtkreditbetrags des Kredits. Der ef­fektive Jahreszins soll dem Verbraucher einen Ver­gleich der verschiedenen Angebote ermöglichen.

 

[ %. Repräsentatives Beispiel unter Angabe sämtlicher in die Berechnung des Jahreszinses einfließender Annahmen]

(falls zutreffend)

Kosten

(falls zutreffend)

Bedingungen, unter denen diese Kosten geän­dert werden können

 

[sämtliche vom Zeitpunkt einer Überschreitung an zu zahlende Kosten]

Kosten bei Zahlungsverzug

Bei Zahlungsverzug wird Ihnen [ (anwend­barer Zinssatz und gegebenenfalls Verzugs­kosten)] berechnet.

4. Andere wichtige rechtliche Aspekte

Beendigung des Kreditvertrags

[Bedingungen und Verfahren zur Beendigung des Kreditvertrags]


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll60. Sitzung / Seite 108

Datenbankabfrage

Der Kreditgeber muss Sie unverzüglich und unent­geltlich über das Ergebnis einer Datenbankabfrage informieren, wenn ein Kreditantrag auf Grund einer solchen Abfrage abgelehnt wird.

Dies gilt nicht, wenn eine entsprechende Unterrich­tung den Zielen der öffentlichen Ordnung oder der öffentlichen Sicherheit zuwiderläuft.

 

(falls zutreffend)

Zeitraum, während dessen der Kreditgeber an die vorvertraglichen Informationen gebunden ist

 

Diese Informationen gelten vom bis ...

Falls zutreffend

5. Zusätzliche Informationen beim Fernabsatz von Finanzdienstleistungen

a) zum Kreditgeber

 

(falls zutreffend)

Vertreter des Kreditgebers in dem Mitglied­staat, in dem Sie Ihren Wohnsitz haben

Anschrift

Telefon (*)

E-Mail (*)

Fax (*)

Internet-Adresse (*)

 

[Name]

 

[Anschrift für Kontakte mit dem Verbraucher]

(falls zutreffend)

Eintrag im Firmenbuch (Handelsregister)

 

[Firmenbuch (Handelsregister), in das der Kre­ditgeber eingetragen ist, und seine Firmen­buchnummer (Handelsregisternummer oder eine gleichwertige in diesem Register verwen­dete Kennung)]

(falls zutreffend)

zuständige Aufsichtsbehörde

 

b) zum Kreditvertrag

 

Rücktrittsrecht

Sie haben das Recht, innerhalb von 14 Tagen vom Kreditvertrag zurückzutreten.

(falls zutreffend)

Ausübung des Rücktrittsrechts

Ja/Nein

[praktische Hinweise zur Ausübung des Rück­trittsrechts, u. a. Anschrift, an die die Rück­trittserklärung zu senden ist, sowie Folgen bei Nichtausübung dieses Rechts]

(falls zutreffend)

Recht, das der Kreditgeber der Aufnahme von Beziehungen zu Ihnen vor Abschluss des Kre­ditvertrags zugrunde legt

 

(falls zutreffend)

Klauseln über das auf den Kreditvertrag an­wendbare Recht und/oder die zuständige Ge­richtsbarkeit

 

[entsprechende Klausel hier wiedergeben]

(falls zutreffend)

Wahl der Sprache

 

Die Informationen und Vertragsbedingungen werden in [Angabe der Sprache] vorgelegt. Mit Ihrer Zustimmung werden wir während der Lauf­zeit des Kreditvertrags in [Angabe der Spra­che(n)] mit Ihnen Kontakt halten.

c) zu den Rechtsmitteln

 

Verfügbarkeit außergerichtlicher Beschwerde- oder Schlichtungsverfahren und Zugang zu ihnen

[Angabe, ob der Verbraucher, der Vertragspar­tei eines Fernabsatzvertrags ist, Zugang zu einem außergerichtlichen Beschwerde- oder Schlichtungsverfahren hat, und gegebenenfalls die Voraussetzungen für diesen Zugang]

(*) Freiwillige Angaben des Kreditgebers.


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll60. Sitzung / Seite 109

6. In Art. 3 erhält die Z 1 die Bezeichnung „1a“; davor wird folgende Z 1 eingefügt:

„1. In § 5h Abs. 1 wird der Klammerausdruck „(§ 18)“ durch den Klammerausdruck „(§ 13 Abs. 1 Z 2 Verbraucherkreditgesetz)“ ersetzt.“

7. In Art. 3 lautet die neue Z 1a:

„§ 12a samt Überschrift wird aufgehoben.“

8. Art. 3 Z 4 lautet:

„Die §§ 16 bis 25 samt Überschriften werden aufgehoben.“

9. Art. 3 Z 5 lautet:

„§ 26c samt Überschrift wird aufgehoben.“

10. In Art. 3 wird nach der Z 6 folgende Z 6a eingefügt:

„6a. In § 32 Abs. 1 werden

a) im Einleitungssatz die Wendung „ein Unternehmer, in den Fällen des § 18 auch der Geldgeber, oder ein für diese Personen handelnder Vertreter“ durch die Wendung „ein Unternehmer oder der für ihn handelnde Vertreter“ ersetzt;

b) in Z 1 lit. a die Wendung „einen Ratenbrief (§ 24 Abs. 1) oder“ sowie die Wendung „25 Abs. 1 bis 3,“ aufgehoben;

c) in Z 1 lit. b die Wendung „24 Abs. 1, 25 Abs. 2 und 3,“ aufgehoben;

d) in Z 2 die Wendung „dem § 24 Abs. 2,“ aufgehoben.“

11. Art. 3 Z 7 lautet:

„7. Dem § 41a wird folgender Abs. 23 angefügt:

„(23) § 5h Abs. 1 und § 32 Abs. 1 in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. xxx/2010 treten am 11. Juni 2010 in Kraft. § 13a in der Fassung des Bundes­gesetzes BGBl. I
Nr. xxx/2010 tritt am 11. Juni 2010 in Kraft und ist auf Verträge an­zuwenden, die nach dem 10. Juni 2010 geschlossen werden. Die §§ 12a, 13, 16 bis 25 und 26c treten mit Ablauf des 10. Juni 2010 außer Kraft, sind jedoch weiterhin auf vor dem 11. Juni 2010 geschlos­sene Verträge anzuwenden.““

12. Art. 4 Z 20 lautet:

„20. Dem § 107 wird folgender Abs. 66 angefügt:

„(66) § 3 Abs. 1 Z 9 in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. xxx/2010 tritt hin­sichtlich der Änderung des Datums mit dem der Kundmachung folgenden Tag in Kraft. § 3 Abs. 1 Z 9 hinsichtlich der Änderung des Verweises, § 3 Abs. 3 Z 1, § 11 Abs. 5 Z 1, § 13 Abs. 4 Z 1 und Abs. 5 Z 1, § 17 Abs. 1, § 34 Abs. 2 und 3, die Überschrift vor
§ 35, § 98 Abs. 3 Z 3 und 9 und § 103m in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. I
Nr. xxx/2010 treten mit 11. Juni 2010 in Kraft. § 37 in der Fassung des Bundesgeset­zes BGBl. I Nr. xxx/2010 tritt mit 1. Jänner 2011 in Kraft. § 33, § 35 Abs. 1 Z 1 lit. c und d und Abs. 2, § 98 Abs. 3 Z 4 bis 7 und 11 treten mit Ablauf des 10. Juni 2010 außer Kraft.““

13. Art. 8 Z 37 lautet:

„37. Dem § 79 wird folgender Abs. 3 angefügt:

„(3) § 1 Abs. 3 Z 1 und 5, § 1 Abs. 4 Z 1 lit. a, b und c, Z 2 lit. a und b, Z 3, Z 4 lit. a und b,
§ 2 Abs. 1 Z 1 und 2, Abs. 2 Z 1 und 4, Abs. 3, § 3 Z 4, § 6 Abs. 1 Z 10, § 9 Abs. 3, § 12 Abs. 5, § 19 Abs. 2, § 22 Abs. 2, § 26 Abs. 6, § 45 Abs. 1, § 59 Abs. 2, § 64 Abs. 1 Z 2 und Abs. 10, § 66 Abs. 3, § 67 Abs. 6 und 11, § 74 Abs. 1, § 75 Abs. 1, § 78 Abs. 1 in


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll60. Sitzung / Seite 110

der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. xxx/2010 treten mit dem der Kundma­chung folgenden Tag in Kraft; § 34 Abs. 4 tritt mit Ablauf des Tages der Kundmachung des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. xxx/2010 außer Kraft. § 68 in der Fassung des Bun­desgesetzes BGBl. I Nr. xxx/2010 tritt mit 1. Juni 2010 in Kraft. § 12 Abs. 3, § 14 Abs. 1, § 19 Abs. 5, § 26 Abs. 7, § 59 Abs. 1, § 67 Abs. 7 Z 1 und Abs. 8 Z 2, sowie § 76 Abs. 2 Z 2 und 3 in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. xxx/2010 treten mit 11. Juni 2010 in Kraft.““

Begründung

Zu Z 1 (§ 7 VKrG):

Mit dieser Bestimmung soll eine Klarstellung dahin gehend erfolgen, dass es sich bei Informationsverbundsystemen kreditgebender Institutionen, die der Beauskunftung der Kreditwürdigkeit von Personen dienen und aus denen eine Übermittlung von Daten an Dritte nur im überwiegenden berechtigten Interesse eines Dritten (§ 8 Abs. 1 Z 4 DSG 2000) oder mit Zustimmung des Betroffenen (§ 8 Abs. 1 Z 2 DSG 2000) zulässig ist, nicht als öffentliche Datenanwendung iS des § 28 Abs. 2 DSG 2000 zu verstehen ist und damit auch kein Widerspruch gemäß § 28 Abs. 2 DSG 2000 zulässig ist. Eine wei­tere Voraussetzung ist freilich, dass das Informationsverbundsystem rechtmäßig bei der Datenschutzkommission registriert ist, was von dieser auch mit entsprechenden Auflagen verbunden werden kann. Beispiele für derartige registrierte Informationsverbundsysteme sind etwa die „Warnliste“ bzw. die „Kleinkreditevidenz“, bei denen im Wesentlichen Banken und kreditgebende Versicherungen als Auftragge­ber fungieren. Nicht erfasst von dieser Regelung ist jedenfalls die Tätigkeit der Kredit­auskunfteien, bei denen sie selbst als Auftraggeber oder als Dienstleister im Rahmen von Scoring für Dritte fungieren. Die damit verbundenen Datenverwendungen sind in der Gewerbeordnung oder in einem eigenen Bundesgesetz zu regeln.

Zu Z 2 (§ 29 VKrG):

Die Inkrafttretens- und Übergangsbestimmung zum VKrG wird um einige Regelungen ergänzt, durch die bestimmten Bedenken der Praxis Rechnung getragen werden soll, wonach es angesichts der sich abzeichnenden geringen Legisvakanz zu Problemen bei der Implementierung des neuen Rechts im Bereich der betroffenen Unternehmen kommen könne. Gemeint sind vor allem die standardisierten Vorlagen für die vorver­traglichen Informationen und die Elemente der Vertragsurkunde, aber auch für Infor­mationen, die während des laufenden Vertragsverhältnisses zu erteilen sind. Dazu wurde vorgebracht, dass die dafür erforderlichen Programmierungsarbeiten zumindest einen Zeitraum von einigen Monaten in Anspruch nähmen, sodass eine Erfüllung der diesbezüglichen gesetzlichen Pflichten unmittelbar nach Inkrafttreten des neuen Rechts am 11. Juni 2010 kaum möglich sei. Unter Rücksichtnahme auf diese Hinweise werden für einen überschaubaren Übergangszeitraum zwischen 11. Juni 2010 und En­de Oktober 2010 in vier neuen Absätzen bestimmte Sonderregelungen getroffen.

Während dieses Übergangszeitraums müssen die vorvertraglichen Informationen nach § 6 noch nicht auf dem Informationsformular nach Anhang II erteilt werden; und es ist dafür auch nicht notwendigerweise die Verwendung von Papier oder einem anderen dauerhaften Datenträger als Medium geboten. Während dieser rund viereinhalb Mona­te können die vorvertraglichen Informationen auf jede Weise erteilt werden, die den künftigen Vertragspartnern zumutbar ist (§ 29 Abs. 4 erster Satz VKrG). Kraft der Ver­weisung in § 25 Abs. 1 VKrG gilt diese temporäre Sonderregelung auch für Verträge, die dem 5. Abschnitt des VKrG unterliegen. Im zweiten Satz des neuen Abs. 4 wird eine gleichgeartete Sonderregelung für § 19 VKrG getroffen. Für § 24 VKrG scheint eine Parallelregelung bei praxisnaher Betrachtung aber entbehrlich.


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Im neuen § 29 Abs. 5 VKrG wird Ähnliches für die Angaben im Vertrag angeordnet; al­lerdings geht es hier nur um die Frage der Informationserteilung auf Papier oder einem anderen dauerhaften Datenträger (zumal hier kein Formular in Betracht kommt). Die Formfreiheit der Informationserteilung für den Übergangszeitraum gilt hier freilich nur insoweit, als nicht das auf den jeweiligen Vertrag bisher anwendbare Recht – wie zum Beispiel § 33 BWG – Vorschriften über die Erteilung von Informationen in einer be­stimmten Form enthalten haben; diese Einschränkung bezieht sich also sowohl auf den inhaltlichen Umfang früherer Informationspflichten als auch auf die dafür früher gebo­tene Form. Der zweite Satz des neuen Abs. 5 stellt klar, dass die Rücktrittfrist des § 12 VKrG in dieser Übergangszeit auch dann zu laufen beginnt, wenn die Inhaltselemente des § 9 VKrG dem Verbraucher entsprechend dieser Sonderregelung nur formfrei mit­geteilt werden.

Der neue § 29 Abs. 6 VKrG trifft für diesen Übergangszeitraum bis Ende Oktober 2010 eine Sonderregelung für den entgeltlichen Zahlungsaufschub und sonstige entgeltliche Finanzierungshilfen, bei denen der Vertragsabschluss mittels eines Fernkommunika­tionsmittels im Sinn des § 5a KSchG getätigt wird beziehungsweise vorgesehen ist. Hier reicht es für die Erfüllung der Pflichten nach §§ 6 und 9 aus, wenn die darin vorge­sehenen Informationen dem Verbraucher spätestens zusammen mit der Lieferung der Ware auf Papier oder einem anderen dauerhaften Datenträger mitgeteilt werden. Ge­mäß § 12 Abs. 1 letzter Satz VKrG beginnt hier die Rücktrittsfrist freilich erst mit dem Zugang der Informationen nach § 9 VKrG an den Verbraucher.

Im neuen § 29 Abs. 7 VKrG wird die Anwendbarkeit der Regelungen über den Til­gungsplan und über den Kontoauszug bei Überziehungsmöglichkeiten auf den 1. No­vember 2010 verlegt. Diese Regelungen sind aber nicht nur auf Kreditverträge und Kreditierungen anzuwenden, die nach dem 31. Oktober 2010 geschlossen beziehungs­weise gewährt werden, sondern im Sinne des § 29 Abs 2 VKrG auch auf Kreditverträge und Kreditierungen, die zwischen dem 11. Juni 2010 und dem 1. November 2010 ge­schlossen beziehungsweise gewährt werden und am 1. November 2010 noch aufrecht sind.

Zu Z 3 (§ 30 VKrG)

Diese Klarstellung wird parallel zur Änderung in Z 1 (§ 7) vorgenommen.

Zu Z 4 (Anhang I VKrG):

Durch diese Änderung soll ein Redaktionsversehen in der Formel, die zur Gänze aus der Richtlinie übernommen wird, richtig gestellt werden.

Zu Z 5 (Anhänge II und III VKrG):

Da bei der Einspeisung ins E-Recht die Tabellenlinien verloren gegangen sind, müssen beide Anhänge – ohne inhaltliche Änderung – formal korrigiert werden.

Zu Z 6 (§ 5h KSchG):

Der durch die Streichung von § 18 KSchG ins Leere gehenden Klammerausdruck ist durch einen Verweis auf § 13 Abs. 1 Z 2 Verbraucherkreditgesetz zu ersetzen, in dem nunmehr die wirtschaftliche Einheit bei verbundenen Verträgen definiert ist.

Zu Z 7 (Aufhebung von § 12a KSchG):

Zur vollständigen Rechtsbereinigung ist auch die Überschrift dieses Paragraphen auf­zuheben.

Zu Z 8 (Aufhebung der §§ 16 bis 25 KSchG):

Zur vollständigen Rechtsbereinigung sind – soweit vorhanden – die Überschrift dieser Paragraphen aufzuheben.


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll60. Sitzung / Seite 112

Zu Z 9 (Aufhebung von § 26c KSchG):

Zur vollständigen Rechtsbereinigung ist auch die Überschrift dieses Paragraphen auf­zuheben.

Zu Z 10 (§ 32 KSchG):

Die Verwaltungsstrafbestimmungen sind an die Aufhebung der §§ 18, 24 und 25 anzu­passen.

Zu Z 11 (§ 41a KSchG):

Die Inkrafttretens- und Übergangsbestimmung zu den Änderungen im KSchG muss um die neu eingefügten Änderungen der §§ 5h und 32 KSchG ergänzt werden.

Zu Z 12 (§ 107 BWG):

Das Inkrafttreten des neuen § 37 BWG betreffend die Wertstellung wird auf den 1. Jän­ner 2011 verschoben, damit den Kreditinstituten genug Zeit für die notwendigen techni­schen Umstellungen zur Verfügung steht.

Zu Z 13 (§ 79 ZaDiG):

Mit § 68 ZaDiG wird die Sanktionsverpflichtung aus der EU-Überweisungsverordnung (Verordnung (EG) Nr. 924/2009 über grenzüberschreitende Zahlungen in der Gemein­schaft und zur Aufhebung der Verordnung (EG) Nr. 2560/2001, ABl. Nr. L 266 vom 9.10.2009, S. 11) umgesetzt. Gemäß Art. 13 der EU-Überweisungsverordnung sind die Sanktionen bis 1. Juni 2010 umzusetzen.

*****

 


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Mag. Maier. 3 Minuten freiwillige Redezeitbeschränkung. – Bitte.

 


13.18.08

Abgeordneter Mag. Johann Maier (SPÖ): Herr Präsident! Frau Bundesministerin! Ho­hes Haus! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Mit dem Verbraucherkreditgesetz, das heute beschlossen wird, wird ein Meilenstein in der österreichischen und europäi­schen Verbraucherpolitik gesetzt: Zum ersten Mal gibt es klare Regelungen für die Ver­gabe von Krediten.

Eine Studie der Arbeiterkammer, die am Montag veröffentlicht worden ist, hat die Defi­zite, die es derzeit bei der Vergabe von Krediten gibt, bestätigt. Banken kommen ihren Informationsverpflichtungen nicht adäquat nach. Mit der heutigen Vorlage, die wir be­schließen werden, werden verbindliche, absolut verbindliche Richtlinien festgelegt, die die Banken bei der Kreditvergabe einzuhalten haben.

Die Kredite werden europaweit vergleichbar sein. Es gibt ein europäisches Standard-Informationsblatt. Es kommt zu Bonitätsprüfungen, die notwendig sind, sowohl für die Banken, aber auch zum Schutze der Kreditwerber. Fremdwährungskredite – sofern sie überhaupt noch an Private vergeben werden dürfen – unterliegen besonderen Warn- und Informationspflichten.

Was aus konsumentenpolitischer Sicht wesentlich ist: Zum ersten Mal darf ein Kredit auch vorzeitig zurückbezahlt werden! Es war in der Beratung immer ein Problem, dass Banken es nicht akzeptieren wollten, wenn Kreditnehmer einen Kredit vorzeitig zurück­zahlen wollten.

Für eine ganz entscheidende Regelung unter all diesen Schutzbestimmungen halte ich, dass es in Zukunft ein vierzehntägiges Rücktrittsrecht von derartigen Kreditverträ-


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gen geben wird. Das ist – ich sehe heute sehr viele junge Menschen hier – gerade für die jüngere Generation sehr wichtig. Wir haben in der Beratung immer wieder Fälle er­lebt, in denen sich junge Menschen mit 18 Jahren, mit 20 Jahren zu Kreditverträgen verpflichtet haben, und nach einer Woche sind sie draufgekommen, dass sie den Kre­dit gar nicht bedienen können. Das war bei Autokäufen genauso der Fall wie auch bei der Anschaffung von Wohnraum. Mit einer vierzehntägigen Rücktrittsfrist kann man es sich in aller Ruhe überlegen, ob man überhaupt in der Lage ist, einen derartigen Kredit­vertrag zu erfüllen.

Ich habe bereits darauf hingewiesen, dass Bonitätsprüfungen nunmehr verpflichtend sind. Hier haben wir einige Probleme, und Kollege Donnerbauer hat bereits einen Ab­änderungsantrag eingebracht. Ich darf einen Entschließungsantrag Mag. Maier, Mag. Don­nerbauer einbringen betreffend die Datenverwendung durch Kreditauskunfteien sowie Qualitätsstandards für Informationsverbundssysteme und über Kredit-Scoring.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, Sie kennen die Problematik bei Kreditaus­kunfteien. In der Gewerbeordnung gibt es kaum eine Regelung. Wir wissen nun durch eine Stellungnahme des Verfassungsdienstes des Bundeskanzleramtes, dass für eine gesetzliche Regelung der Wirtschaftsminister zuständig ist.

Ich bringe daher folgenden Antrag ein:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Mag. Maier, Mag. Donnerbauer, Kolleginnen und Kollegen betref­fend „Datenverwendung durch Kreditauskunfteien sowie Qualitätsstandards für Infor­mationsverbundssysteme und über Kreditscoring“ (...)

Der Bundesminister für wirtschaftliche Angelegenheiten, Familie und Jugend wird er­sucht, dem Nationalrat bis längstens 31. Dezember 2010 eine Novelle der Gewerbe­ordnung zur Beschlussfassung vorzulegen, in welcher eine detaillierte und verhältnis­mäßige Regelung der Datenverarbeitung und Datenverwendung durch Kreditauskunf­teien enthalten ist.

*****

Hohes Haus! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich darf Sie ersuchen, der Vor­lage und dieser Entschließung zuzustimmen. (Beifall bei der SPÖ.)

13.22


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Der soeben eingebrachte Entschließungsantrag ist ausreichend unterstützt, steht in inhaltlichem Zusammenhang und somit mit zur Debatte.

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Mag. Maier, Mag Donnerbauer, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Datenverwendung durch Kreditauskunfteien sowie Qualitätsstandards für Informa­tionsverbundsysteme und über Kreditscoring“ eingebracht im Zuge der Debatte zu TOP 2 (Bericht des Justizausschusses über die Regierungsvorlage (650 d.B.): Bundesgesetz, mit dem das allgemeine bürgerliche Gesetzbuch geändert, ein Bundesgesetz über Ver­braucherkreditverträge und andere Formen der Kreditierung zu Gunsten von Verbrau­chern (Verbraucherkreditgesetz – VKrG) erlassen sowie das Konsumentenschutzge­setz, das Bankwesengesetz, das Versicherungsaufsichtsgesetz, das Wertpapierauf-


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sichtsgesetz 2007, das Investmentfondsgesetz, das Zahlungsdienstegesetz, die Ge­werbeordnung 1994 und das Maklergesetz geändert werden (Darlehens- und Kredit­rechts-Änderungsgesetz – DaKRÄG) (652 d.B.).

In Österreich fehlt eine nähere gesetzliche Determinierung bezüglich der Verwendung von Daten vor und im Rahmen von Kreditvertragsabschlüssen. Dadurch kommt es zu vielen Beschwerden von Betroffenen, wobei inhaltlich unrichtige Daten, zu lange ge­speicherte bzw. noch nicht gelöschte Daten u.ä. im Mittelpunkt stehen. Dies bedeutet Rechtsunsicherheit und Intransparenz. Wenn nun diese Datenbanken künftig einem noch größeren Kreis von Banken zur Verfügung stehen, wird diese Problematik ver­schärft.

Nach § 7 des Verbraucherkreditgesetzes idF der RV (650 d.B.) hat der Kreditgeber zum Zweck der Kreditwürdigkeitsprüfung „erforderlichenfalls auch Auskünfte aus einer zur Verfügung stehenden Datenbank“ einzuholen.“

Zwar kann daraus keine Verpflichtung zum selbständigen Betrieb einer Datenbank ab­geleitet werden und schon gar nicht die gesetzliche Einrichtung einer solchen; aller­dings ist sicher zu stellen, dass die zur Bonitätsbeurteilung existierenden Datenbanken und die angewandten Verfahren zur Berechnung der Wahrscheinlichkeit eines be­stimmten Verhaltens (Scoring-Verfahren) ihren notwendigen Zweck unter Berück­sichtigung des geringst möglichen Eingriffes in das Grundrecht auf Datenschutz (§ 1 DSG 2000) erfüllen.

Derzeit sind in Österreich zum Zweck der Kreditwürdigkeitsprüfung einerseits die bei­den vom KSV betriebenen und von der Datenschutzkommission (DSK) mit Bescheid genehmigten Informationsverbundysteme der Banken, nämlich die Kleinkreditevidenz und die Warnliste, als auch eine Anzahl von Kreditauskunfteien tätig.

Die Tätigkeit von Kreditauskunfteien führte immer wieder zu Beschwerden, obwohl mittlerweile nach einer OGH Entscheidung aus dem Jahr 2008 (6 Ob 159/08) auf sol­che Dateien grundsätzlich das Widerspruchsrecht nach § 28 Abs 2 DSG 2000 anwend­bar ist. Das vom VKI im Auftrag des BMASK geführte Gerichtsverfahren hat ergeben, dass bei einer gesetzlich nicht angeordneten Aufnahme in eine öffentlich zugängliche Datei, ein Widerspruchsrecht besteht, dass der Betroffene auch nicht begründen muss. Die Daten sind innerhalb von 8 Wochen zu löschen.

Von der Anwendbarkeit des § 28 Abs 2 DSG 2000 sind aber auch die Informationsver­bundsysteme der Banken betroffen, wobei es mittlerweile eine OGH Entscheidung gibt, wonach in bestimmten Fällen allerdings ein solches Widerspruchssrecht nicht besteht. Insgesamt muss aber von einer äußerst unklaren Rechtslage gesprochen werden.

Der Verfassungsdienst im Bundeskanzleramt hat zur der Zuständigkeit für die gesetzli­che Festlegung hinreichender und angemessener Qualitätsstandards für die Verarbei­tung bonitätsrelevanter Informationen durch Kreditauskunfteien und Informationsver­bundsysteme wie Kleinkreditevidenz und Warnliste Stellung genommen.

Eine gesetzliche Regelung zur Datenverwendung durch Kreditauskunfteien hat insbe­sondere nachstehende Punkte zu umfassen, wobei klarzustellen ist, daß grundsätzlich das DSG 2000 zur Anwendung kommt.

Taxative Aufzählung jener Datenarten, die verarbeitet werden dürfen

Auf die begründete Bestreitung einer Forderung ist in Dateien und Auskünften hinzu­weisen, diesbezügliche noch nicht rechtskräftige Entscheidungen sind über Wunsch des Betroffenen anzumerken; erweist sich die Bestreitung als gerechtfertigt, ist die For­derung aus der Datei umgehend zu löschen

Ausschluss der Verwendung jeder Art von sensiblen Daten

Taxative Aufzählung der Quellen, aus denen die Daten ermittelt werden dürfen


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Verpflichtung zur Überprüfung des Datenbestandes und Aktualisierung sowie zur un­verzüglichen Anmerkung von Tilgungsvereinbarungen oder einer Zahlung mit schuld­befreiender Wirkung in angemessenen Zeitabständen, zumindest jedoch ein Mal jährlich

Löschungsvorschriften von Daten samt Löschungsfristen

Regelmäßige stichprobenartige Überprüfung des überwiegend berechtigten Interesses des Abfragenden sowie eine Protokollierungsverpflichtung.

Gewährleistung der vollständigen Erfüllung der Auskunftsverpflichtung nach dem
DSG 2000, insbesondere auch hinsichtlich der Herkunft der Daten.

Möglichkeit zur Entziehung der Gewerbeberechtigung bei mehrmaligem Verstoß gegen die Bestimmungen der GewO und des DSG 2000 sowie

Sanktionen vorzusehen, die bei Verstößen gegen Bestimmungen im Zusammenhang mit der Verwendung von personenbezogenen Daten Anwendung finden und die geeig­net sind, solche Verstöße in Hinkunft hintanzuhalten.

Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher nachstehenden

Entschließungsantrag

Der Nationalrat wolle beschließen:

Entschließung

Der Bundesminister für wirtschaftliche Angelegenheiten, Familie und Jugend wird er­sucht, dem Nationalrat bis längstens 31. Dezember 2010 eine Novelle der Gewerbe­ordnung zur Beschlussfassung vorzulegen, in welcher eine detaillierte und verhältnis­mäßige Regelung der Datenverarbeitung und Datenverwendung durch Kreditauskunf­teien enthalten ist.

*****

 


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Mag. Stefan. 3 Minuten Redezeit. – Bitte.

 


13.22.21

Abgeordneter Mag. Harald Stefan (FPÖ): Sehr geehrte Frau Bundesminister! Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Auch wir haben dem Ver­braucherkreditgesetz bereits im Ausschuss zugestimmt, weil wir das für eine sehr gute Sache halten, für eine Regelung, die sehr sinnvoll ist.

Es wird ja hier eine Richtlinie der Europäischen Union umgesetzt, und sie wird unseres Erachtens auch noch dazu in sehr sinnvoller Weise umgesetzt, weil auch über den an sich geforderten Rahmen hinaus Regelungen getroffen werden. Der Anwendungsbe­reich bezieht sich nämlich auch auf Kredite von mehr als 75 000 €, auch Hypothe­karkredite und Finanzleasingverträge werden miteinbezogen. Dadurch ist das Ganze in seiner Komplexität viel besser zu verstehen und besser geregelt, also eine durchaus be­grüßenswerte Sache.

Ein kleiner Wermutstropfen ist bei solchen Dingen immer, dass man Bedenken hat, da­mit auch einer Überregulierung zuzustimmen. Das ist natürlich immer dann der Gegen­pol, wenn man den Verbraucher schützen will. Da besteht immer wieder die Gefahr, dass man geradezu einer Entmündigung des Menschen das Wort redet und übers Ziel hinausschießt. In Summe ist es aber jedenfalls ein gelungenes Gesetz, und wir sind daher, wie schon gesagt, dafür und stimmen zu.


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll60. Sitzung / Seite 116

Im Zusammenhang mit Überregulierung seien auch die Fremdwährungskredite und die vorvertragliche Informationspflicht angesprochen, die natürlich sinnvoll und richtig ist. Es ist auch wichtig, das gesetzlich vorzusehen. Die Frage wird nur sein, ob nicht in Wirklichkeit wieder ein Wust an Information an die Menschen herangetragen wird und sie damit dann gar nicht zurechtkommen und es gar nicht aufnehmen können. Das ist wie immer das Problem einer Überregulierung.

Wir stimmen auch ausdrücklich dem Antrag zu, den Herr Kollege Maier gerade einge­bracht hat, denn die Prüfung der Kreditwürdigkeit ist tatsächlich ein wesentliches Pro­blem. Hier besteht in Österreich ein sehr großes Manko, denn es gibt private Vereine, Gesellschaften, die Auskunft erteilen, und das ist sehr problematisch. Wir haben immer wieder Fälle erlebt, wo schwarze Punkte vergeben werden, die es dann offiziell gar nicht gibt, wo man bei Banken gesperrt ist, obwohl zurückliegende Kredite ohnehin schon getilgt sind, weil eine Information nicht weitergegeben wurde. Da besteht also tatsächlich großer Handlungsbedarf, und wir hoffen, dass mit diesem Antrag der An­stoß gegeben wurde, diesbezüglich auch etwas zu tun. Wir werden uns daran betei­ligen, eine entsprechende gesetzliche Änderung zu finden. (Beifall bei der FPÖ.)

13.24


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Als nächste Rednerin zu Wort gelangt Frau Abgeord­nete Mag. Schatz. 5 Minuten Redezeit. – Bitte.

 


13.25.07

Abgeordnete Mag. Birgit Schatz (Grüne): Meine Damen und Herren! Frau Ministerin! Das neue Verbraucherkreditgesetz ist sicher ein deutlicher Fortschritt im Sinne des Konsumentenschutzes, vor allem auch gegenüber der wirklich unbefriedigenden Schutzsituation, die wir derzeit vorfinden. Es steht sicherlich außer Frage, dass das ein Fortschritt ist, und wir werden deshalb auch in dritter Lesung zustimmen.

Nachdem und uns von den Regierungsparteien so viele Vorteilen dargelegt worden sind, möchte ich allerdings schon sagen, dass es unserer Meinung nach kein ganz so großer Wurf ist wie dargestellt.

Ich habe im Justizausschuss schon sehr ausführlich erörtert, welche massiven Defizite ich in dieser Vorlage sehe. Diese Einschätzung, diese durchaus auch kritische Ein­schätzung kommt nicht nur vonseiten der Grünen, sondern sie wird auch von der Ar­beiterkammer und der Schuldnerberatung geteilt. Das sind Institutionen, die tagtäglich mit Menschen konfrontiert sind, mit Menschen arbeiten, die ihrer Schulden eben nicht Herr werden können, die Lohnpfändungen haben, die delogiert werden, weil sie zwar ein Einkommen haben, aber nicht mehr zahlungsfähig sind und so.

Meine Damen und Herren, die Frau Ministerin ist von diesen kritischen Stellungnah­men unbeeindruckt geblieben. Sie ist im Ausschuss quasi gar nicht auf die sachliche Kritik eingegangen, sondern hat mit diesem typischen politischen Stehsatz geantwor­tet: Na ja, es ist halt ein Kompromiss.

Frau Ministerin, natürlich ist jede Vorlage, die eine Koalitionsregierung macht, ein Kom­promiss, aber ich möchte hier doch deutlich machen, um den Ausgleich welcher Inter­essen es in dieser Angelegenheit geht. Auf der einen Seite gibt es die privaten Haus­halte, Familien, die in teilweise überteuerte Kredite, die sie sich eigentlich nicht leisten können, hineinstolpern und nur sehr, sehr schwer aus dieser Verschuldungssituation wieder herauskommen oder es überhaupt nicht schaffen. Diese privaten Haushalte ha­ben ein massives Interesse an fairen Rahmenbedingungen im Kreditgeschäft und wirk­lich klaren Informationen, die sie auch verstehen können. Das ist die eine Seite.

Auf der anderen Seite gibt es die Banken, die Geldinstitute, die Kreditgeber. Die ma­chen natürlich ein gutes Geschäft, satte Gewinne mit Verbraucherkrediten, und die ha­ben letzten Endes überhaupt kein Interesse daran, an dieser Situation etwas zu ändern.


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So, nun gibt es also diese Interessen! Und was macht die Frau Ministerin in dieser Si­tuation? Wie kommt sie zu einem Kompromiss? Nützt sie etwa die Tatsache, dass wir alle hier im Haus vor noch nicht allzu langer Zeit den Banken Milliarden zur Verfügung gestellt haben, damit die ihre eigenen finanziellen Probleme in den Griff bekommen? Nützt sie genau diese Tatsache, um ein Maximum an Konsumentenschutz bei diesem Kompromiss herauszuholen?

Nein, meine Damen und Herren, das tut sie eben nicht, sondern sie kommt „nur“ – un­ter Anführungszeichen – zu einer Vorlage, die aus Sicht sowohl der Grünen als auch der Arbeiterkammer und der Schuldnerberatung massive Lücken aufweist.

Frau Ministerin, Sie haben in einer Situation, in der es an der Zeit gewesen wäre, auf den Tisch zu hauen und zu sagen: Jetzt ist es Zeit für ein Maximum an Konsumenten­schutz!, bereitwillig einen Kompromiss mit den Banken geschlossen. Das war ein Zeit­fenster, das Sie nicht genützt haben! (Beifall bei den Grünen.)

Meine Damen und Herren, wirklich zufrieden kann man also mit dieser Regierungsvor­lage nicht sein.

Deshalb bringe ich folgenden Antrag ein:

Entschließungsantrag

Der Nationalrat wolle beschließen:

Die Bundesregierung und insbesondere die Bundesministerin für Justiz werden auf­gefordert, eine Regierungsvorlage zur Änderung des Verbraucherkreditgesetzes (VKrG) vorzulegen, die folgende Ziele verfolgt:

Ausweitung des vollen Anwendungsbereiches des VKrG auf Kleinkredite, Pfandleihver­träge, Hypothekarkredite und Interzedenten

Schaffung von Konvertierungs- und Umwandlungsrechten bei Fremdwährungskrediten und Krediten mit Tilgungsträgern

gesetzliche Verankerung der Unentgeltlichkeit der Informationspflichten und Kontomit­teilungen durch den Kreditgeber.

*****

Meine Damen und Herren, ich werde dazu jetzt nicht alle Details erläutern; das habe ich bereits im Ausschuss sehr ausführlich getan. Also nur kurz, um einen Eindruck zu vermitteln: Es geht sozusagen darum, das, was wir als Lücken ansehen, nachträglich noch in dieses Gesetz hineinzubringen.

Ich möchte jetzt noch einen Antrag einbringen, nämlich einen Abänderungsantrag:

Der Nationalrat wolle beschließen:

Die Regierungsvorlage (650 der Beilagen) ...

 


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Entschuldigen Sie, sehr geehrte Frau Kollegin, dass ich Sie unterbreche, aber uns liegen am Präsidium die schriftlich eingebrachten Anträ­ge noch nicht vor. Wir können daher im derzeitigen Stadium auch nicht überprüfen, ob ein inhaltlicher Zusammenhang gegeben ist. Auf das mündlich Vorgetragene trifft das zweifellos zu, aber es muss auch schriftlich nachgereicht werden. Ich möchte Sie und Ihre Fraktion daran erinnern, dass die Anträge dem Präsidium noch vorzulegen sind. – Bitte.

 


Abgeordnete Mag. Birgit Schatz (fortsetzend): Okay. Ich werde das nachher noch nachholen. Ich hoffe, die Anträge werden dann eingebracht.


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll60. Sitzung / Seite 118

Letzten Endes geht es bei diesem Abänderungsantrag – ich möchte ihn trotzdem kurz erläutern – darum, § 25 Konsumentenschutzgesetz zu ändern und die Pfandbesteller und Pfandbestellerinnen mit den Bürgen, Garanten und Mitschuldnern endlich gleich­zusetzen, damit diese nicht unwissend ein überhöhtes Risiko eingehen, wenn sie eben bei Krediten mithaften. Sie müssten eigentlich diesen Antrag kennen, weil ich ihn auch schon in Form eines Initiativantrages eingebracht habe.

Meine Damen und Herren von den Regierungsparteien, Sie haben genau dieses Anlie­gen, nämlich den Schutz für PfandbestellerInnen, auch in Ihrem Regierungsprogramm stehen.

Im Rahmen der ersten Lesung dieses Initiativantrages hat Herr Abgeordneter Grillitsch, der jetzt leider nicht da ist, klar zum Ausdruck gebracht, dass eine entsprechende Än­derung im Rahmen der Umsetzung der EU-Verbraucherkreditrichtlinie erfolgen wird. So, jetzt haben wir die Umsetzung, und das ist nicht erfolgt. Ich gebe deshalb dem Ab­geordneten Grillitsch – und ich nehme an, er hat im Namen der gesamten ÖVP gespro­chen – noch einmal die Chance, Wort zu halten, indem Sie diesem Abänderungsantrag zustimmen.

Meine Damen und Herren, klar ist: Bei diesem Antrag kommt zum Ausdruck, in wessen Interesse Sie hier Politik machen. Wir haben auf der einen Seite die Konsumenten und Konsumentinnen, die Kreditnehmer, die PfandbestellerInnen, Hunderttausende Men­schen in Österreich; auf der anderen Seite ein paar Banken mit dem vorwiegenden Interesse an Gewinnmaximierung. Und jetzt sagen Sie mir: Wem fühlen Sie sich poli­tisch verpflichtet? Das ist die Frage! (Beifall bei den Grünen.)

13.32


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Es liegt inzwischen auch der Abänderungsantrag, den Sie vorgetragen haben, vor. Ich möchte ihn ganz kurz überprüfen. – Ja, der so­eben eingebrachte Abänderungsantrag ist ausreichend unterstützt, steht in einem in­haltlichen Zusammenhang und somit auch mit in Verhandlung; ebenso der vorgetrage­ne Entschließungsantrag, der damit auch mit in Verhandlung steht.

Die beiden Anträge haben folgenden Gesamtwortlaut:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Schatz, Kolleginnen und Kollegen betreffend konsumentenschutz­rechtlicher Nachbesserungen im Darlehens- und Kreditrechts-Änderungsgesetz – DaKRÄG) eingebracht im Zuge der Debatte über den Bericht des Justizausschusses über die Re­gierungsvorlage (650 d.B.): Bundesgesetz, mit dem das allgemeine bürgerliche Ge­setzbuch geändert, ein Bundesgesetz über Verbraucherkreditverträge und andere For­men der Kreditierung zu Gunsten von Verbrauchern (Verbraucherkreditgesetz – VKrG) erlassen sowie das Konsumentenschutzgesetz, das Bankwesengesetz, das Versiche­rungsaufsichtsgesetz, das Wertpapieraufsichtsgesetz 2007, das Investmentfondsge­setz, das Zahlungsdienstegesetz, die Gewerbeordnung 1994 und das Maklergesetz geändert werden (Darlehens- und Kreditrechts-Änderungsgesetz – DaKRÄG) (652 d.B.)

Das DaKRÄG ist ein wichtiger Schritt zur Verbesserung des Verbraucherschutzes bei Kreditverträgen. Nichtsdestotrotz erscheint der getroffene Konsens der Regierungspar­teien nur teilweise zufriedenstellend. Wie die Grünen bereits während der Debatte im Justizausschuss feststellten, gibt es in weiten Teilen erheblichen Nachbesserungsbedarf:

In der Regierungsvorlage wird in § 4 (1) VKrG an einer Untergrenze von EUR 200 für Verbraucherkreditverträge festgehalten. Dies ist insbesondere bedenklich, als von niedrigen Finanzierungsbeträgen häufig einkommensschwache Verbraucher sowie Ju­gendliche Gebrauch machen. Die Untergrenze ist deshalb keine „Bagatellgrenze“, son-


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dern macht für diese Bevölkerungsgruppen einen großen Teil ihrer monatlichen Res­sourcen aus. Aufgrund des Festhaltens an einer Untergrenze entsteht eine Schutz­lücke im Rechtschutzsystem des VKrG. Anzumerken ist weiters, dass die Argumen­tation, eine Regelung des Bereiches unter EUR 200 sei aufgrund der strengen Vor­gaben der betreffenden EU-Richtlinie (Vollharmonisierung) nicht möglich, unrichtig ist. Niemand hindert die österreichische Gesetzgebung daran, für Kreditverträge unter EUR 200 gleichlautende Regelungen, wie im VKrG, vorzusehen.

Des weiteren muss gesetzlich statuiert werden, dass die vorvertragliche Informations­pflicht in § 6 VKrG, die Information bei der Änderung des Sollzinssatzes (§ 11 VKrG) sowie die vierteljährliche Kontomitteilung (§ 11 VKrG) stets unentgeltlich zu erfolgen haben.

Gemäß § 2 (2) Z 2 VKrG sind Pfandleihverträge von der Anwendbarkeit des VKrG aus­genommen. Eine Erhebung der Arbeiterkammer Wien zeigt, dass der Effektivzinssatz bei Pfandleihverträgen besonders hoch sein kann. Gerade aus diesem Grund besteht ein besonderes Schutzbedürfnis. Die Argumentation, dass die spezielle Art der Kre­ditierung bei der Pfandleihe eine Subsumierung unter den Regelungsgehalt des VKrG verbietet, vermag nicht zu überzeugen, da auch im „speziellen“ Bereich des Leasings Sonderregelungen geschaffen wurden.

Bei § 24 (1) VKrG wäre es wünschenswert, dass die hier statuierte Informationspflicht bzgl. des Sollzinssatzes unabhängig vom Kontoeröffnungsvertrag bei Einräumung der Überschreitungsmöglichkeiten gewährt wird. So ist es durchaus üblich, dass zuerst ein Konto ohne Überziehungsrahmen eröffnet wird (zB bestimmte Studentenkonten), bei diesem Konto später aber ein Überziehungsrahmen gewährt wird. In diesen Fall würde anfänglich keine Informationspflicht entstehen, da ohnehin kein Kreditrahmen verein­bart wurde, und in weiterer Folge würde es auch zu keiner Information kommen, da das Konto bei der Kreditrahmensgewährung nicht neu eröffnet wird.

Es ist prinzipiell erfreulich, dass der gegenständliche Gesetzesentwurf erstmals zusätz­liche Informationsverpflichtungen des Kreditgebers bei der Vergabe von Fremdwäh­rungskrediten und von Krediten mit einem Tilgungsträger vorsieht und in den Erläute­rungen zu § 7 VbKG klargestellt wird, dass die bestehenden Risiken bei der Prüfung der Kreditwürdigkeit des Verbrauchers berücksichtigt werden müssen. Bedauerlicher­weise enthält der Entwurf jedoch keine Schutzbestimmungen für die Zeit nach Ver­tragsabschluss. Insbesondere fehlt es an einem Recht des Verbrauchers, einen Fremdwährungskredit jederzeit in Euro zu konvertieren und einen Kredit mit Tilgungs­träger jederzeit auf einen Ratenkredit umzustellen. Ohne diese Rechte kann der Ver­braucher das Wechselkurs- und das Tilgungsträgerrisiko während der Laufzeit des Kredites von vornherein nicht beherrschen. In Anbetracht der gewaltigen Umwürfe auf weltweiten Finanzmärkten eröffnen die vorgeschlagenen Regelungen bedauerlicher­weise keine Exitstrategie für bereits in Not geratene Fremdwährungskreditnehmer.

Gemäß § 12 (6) VKrG gilt das umseits verankerte Rücktrittsrecht nicht auch für Hypo­thekarkredite. Begründet wird das damit, dass Hypothekarkredite hauptsächlich für die Finanzierung von Sanierungsmaßnahmen und Liegenschaftskäufen verwendet werden würden. Hier liege aber regelmäßig eine Treuhandkonstruktion vor, deren Rückabwick­lung zu praktischen Problemen führen würde. Weiters wird darauf hingewiesen, dass das Erfordernis eines Übereilungsschutzes im weitaus geringerem Ausmaße bestehen würde.

Auch wenn man der Behauptung, dass Hypothekarkredite hauptsächlich für Sanie­rungsmaßnahmen und Liegenschaftskäufe verwendet werden, Glauben schenkt, mag die Argument der schwierigen Vertragsabwicklung dennoch nicht zu überzeugen, als das erhöhte Schutzniveau der Hypothekarkreditnehmer ja eindeutig höher wiegen würde!


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll60. Sitzung / Seite 120

Bzgl. der verminderten Übereilungsgefahr ist anzumerken, dass die Erfahrung zeigt, dass die vertragliche Vereinbarung eine hypothekarische Besicherung vorzunehmen, sehr schnell unterschrieben sein kann, da ein hypothekarisch gesicherter Kredit nicht erst bei Anmerkung der Hypothek im Grundbuch vorliegt. Dass im Vergleich zum Ver­braucherkreditvertrag eine geringere Übereilungsgefahr gegeben sei, scheint daher nicht stichhaltig.

Weiters besteht in § 16 (4) eine Schlechterstellung von Hypothekarkrediten in Bezug auf die vorzeitige Rückzahlung. Eine solche besteht insofern als 1. lange Kündigungs­fristen vereinbart werden können und 2. keine Ausnahmen von der Entschädigungsre­gel (Abs. 2) gelten sollen.

Abschließend ist hier noch anzumerken, dass die Einschränkungen für Hypothekarkre­dite nicht nur konsumentenpolitisch schmerzlich sind, sondern auch im Widerspruch zu dem Anliegen des VbKG, dem österreichischen Verbraucherkreditrecht einen möglichst einfachen und einheitlichen Rahmen zu geben, stehen.

Wenn § 12 VKrG das Rücktrittsrecht der Verbraucher vom Kreditvertrag regelt, wäre auch eine Regelung über ein Rücktrittsrecht von Interzedenten wünschenswert.

Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgenden

Entschließungsantrag:

Der Nationalrat wolle beschließen:

Die Bundesregierung und insbesondere die Bundesministerin für Justiz werden aufge­fordert, eine Regierungsvorlage zur Änderung des Verbraucherkreditgesetztes (VKrG) vorzulegen, die folgende Ziele verfolgt:

Ausweitung des vollen Anwendungsbereiches des VKrG auf Kleinkredite, Pfandleihver­träge, Hypothekarkredite und Interzedenten

Schaffung von Konvertierungs- und Umwandlungsrechten bei Fremdwährungskrediten und Krediten mit Tilgungsträgern

gesetzliche Verankerung der Unentgeltlichkeit der Informationspflichten und Kontomit­teilungen durch den Kreditgeber.

*****

Abänderungsantrag

der Abgeordneten Mag. Birgit Schatz, Kolleginnen und Kollegen zum Bericht des Jus­tizausschusses über die Regierungsvorlage (650 d.B.) betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das allgemeine bürgerliche Gesetzbuch geändert, ein Bundesgesetz über Ver­braucherkreditverträge und andere Formen der Kreditierung zu Gunsten von Verbrau­chern (Verbraucherkreditgesetz – VKrG) erlassen sowie das Konsumentenschutzge­setz, das Bankwesengesetz, das Versicherungsaufsichtsgesetz, das Wertpapierauf­sichtsgesetz 2007, das Investmentfondsgesetz, das Zahlungsdienstegesetz, die Ge­werbeordnung 1994 und das Maklergesetz geändert werden (Darlehens- und Kredit­rechts-Änderungsgesetz – DaKRÄG) (652 d.B.)

Antrag

Der Nationalrat wolle beschließen:

Die Regierungsvorlage (650 d.B.) betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das allgemei­ne bürgerliche Gesetzbuch geändert, ein Bundesgesetz über Verbraucherkreditverträ-


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll60. Sitzung / Seite 121

ge und andere Formen der Kreditierung zu Gunsten von Verbrauchern (Verbraucher­kreditgesetz – VKrG) erlassen sowie das Konsumentenschutzgesetz, das Bankwesen­gesetz, das Versicherungsaufsichtsgesetz, das Wertpapieraufsichtsgesetz 2007, das Investmentfondsgesetz, das Zahlungsdienstegesetz, die Gewerbeordnung 1994 und das Maklergesetz geändert werden (Darlehens- und Kreditrechts-Änderungsgesetz – DaKRÄG) in der Fassung des Berichts des Justizausschusses (652 d.B.) wird wie folgt geändert:

In Artikel 3 (Änderung des Konsumentenschutzgesetzes) wird folgende Z. 4a eingefügt:

4a. § 25c lautet:

„§ 25c. Tritt ein Verbraucher einer Verbindlichkeit als Mitschuldner, Bürge, Garant oder Pfandbesteller bei (Interzession), so hat ihn der Gläubiger auf die wirtschaftliche Lage des Schuldners hinzuweisen, wenn er erkennt oder erkennen muss, dass der Schuld­ner seine Verbindlichkeit voraussichtlich nicht oder nicht vollständig erfüllen wird. Un­terlässt der Unternehmer diese Information, so haftet der Interzedent nur dann, wenn er seine Verpflichtung trotz einer solchen Information übernommen hätte.“

Begründung

Der § 25c KSchG bezieht sich auf Rechtsgeschäfte, in denen ein Verbraucher als In­terzedent für eine Verbindlichkeit auftritt, wobei „Interzedent“ nach dem derzeitigen Ge­setzeswortlaut nur den Beitritt als Mitschuldner, Bürge oder Garant umfasst, während insbesondere Realschuldner qua Pfandbestellung nicht expressis verbis in der Aufzäh­lung genannt sind.

Im Schrifttum (vgl. die Nachweise bei Kathrein in KBB, § 25c KSchG, Rz 3) stieß diese Einschränkung auf heftige Kritik. Es wurde einhellig bzw. ganz überwiegend vertreten, es sei nicht nachvollziehbar, weshalb die Interessen von Pfandbestellern, eine umfas­sende wahrheitsgemäße Aufklärung über die wirtschaftliche Lage des Kreditnehmers zu erhalten, nicht genauso hoch zu bewerten sind wie jene der übrigen Interzedenten (vgl. Klang3, Rz 22 zu § 25c KSchG mwN). Mehrfach wurde auch eine Gesetzeslücke erblickt, die durch Analogie zu schließen sei (vgl. zuletzt P.Bydlinski, Anm zu 9 Ob 16/06b in ÖBA 2007, 651 mwN).

Nachdem die Rechtsprechung des OGH inzwischen klargestellt hat, dass § 25c KSchG nicht analog auf Pfandbesteller/Realschuldner anzuwenden ist (vgl. 9 Ob 85/02v, 9 Ob 16/06b), da der Gesetzgeber bewusst die Pfandbesteller nicht in den Wortlaut des § 25c KSchG aufgenommen habe und daher keine Regelungslücke vorliegt, ist nun der Gesetzgeber gefordert, eine Klarstellung durch entsprechende Änderung der Rechts­lage herbeizuführen.

Dies kann einfach durch Aufnahme des Wortes „Pfandbesteller“ in die Aufzählung vor dem Klammerausdruck der in Rede stehenden Gesetzesbestimmung geschehen und ist sachlich gerechtfertigt:

Die Regelung des § 25c KSchG enthält eine Warnfunktion, indem sie den Gläubiger verpflichtet, den Verbraucher, der als Interzedent für den Schuldner eintritt, auf die wirt­schaftliche Lage des Schuldners hinzuweisen, wenn er erkennt oder erkennen muss, dass der Schuldner seine Verbindlichkeit nicht oder nicht vollständig erfüllen werde. Durch diese Bestimmung soll das Risiko für das Einstehen müssen für eine fremde Schuld verringert werden. Diese Interessenlage stellt sich unterschiedslos auch für PfandbestellerInnen zu einer fremden Schuld:

Folge der mangelnden Aufklärung ist, dass die Haftung des Interzedenten entfällt, wenn er nicht darüber aufgeklärt wurde, dass der Hauptschuldner seine Verpflichtung


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voraussichtlich nicht oder nicht vollständig erfüllen werde und das dem Gläubiger be­kannt oder erkennbar war.

In der Praxis führt dies zu Fällen, wo meist die Ehegattin für Kredite ihres (früheren) Ehegatten mit ihrem Liegenschaftsvermögen haftet, das ihr nur allzu oft zur Befriedi­gung des dringenden Wohnbedürfnisses dient und daher in wirtschaftlicher Hinsicht keineswegs als Pfandsache disponibel war. Bei Inanspruchnahme der Haftungserklä­rung verliert sie nicht nur ihr oft mühsam und langjährig angespartes Liegenschafts­vermögen sondern auch die einzige Wohnmöglichkeit und ist – oft nach langjähriger Ehe – in ihrer Existenz bedroht.

Eine unterschiedliche Handhabung der Aufklärungspflicht bei Mitschuldnern, Bürgen oder Garanten einerseits und dem Drittpfandbesteller andererseits, die nach hL alle In­terzedenten sind (vgl. die Gleichbehandlung sämtlicher Sicherungseber durch die Rspr. Zu § 1364 Satz 2 ABGB), entbehrt nach Auffassung der Lehre jeder sachlichen Grundlage. Dieser Meinung schließen sich mittlerweile offenbar auch die Regierungs­parteien an, denn das Regierungsübereinkommen sieht eine Erweiterung der Aufklä­rungspflichten der Bank bei Pfandbestellungen in Analogie zu Bürgschaften vor.

Durch Aufnahme des Wortes „Pfandbesteller“ in den § 25c KSchG soll also aus­drücklich klar gestellt werden, dass der Anwendungsbereich des § 25c KSchG auch die Interzession durch bloße Pfandbestellung umfasst.

*****

 


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Mag. Stadler. 5 Minuten Redezeit. – Bitte.

 


13.33.14

Abgeordneter Mag. Ewald Stadler (BZÖ): Herr Präsident! Frau Bundesminister! Auch diese Materie ist nicht in dem Ausmaß ideologisch oder weltanschaulich oder politisch aufgeladen, wie man es vielleicht aus dem einen oder anderen Redebeitrag ableiten könnte. Es ist im Grunde eine ganz nüchterne Sachmaterie, die ein Regelungsdefizit schließt, das innerstaatlich vorhanden war und das bisher nur durch die Verbraucher­kreditrichtlinie der Europäischen Union geschlossen war. Jetzt wird sie auch im inner­staatlichen Recht, im Gesetz geschlossen.

Wir werden dieser Gesetzesmaterie zustimmen. Sie ist grundsätzlich vernünftig. Aber die Vorschläge – ich habe schon einmal gesagt, Frau Bundesministerin, nichts ist so gut, dass es nicht auch noch besser sein könnte –, die Kollege Maier gemacht hat oder Kollegin Schatzl, die Grünen (Abg. Mag. Schatz: Schatz!) – Schatz, Pardon; das ist der Hang des Vorarlbergers zum Diminutiv –, die Frau Kollegin Schatz gemacht hat, scheinen mir vernünftig zu sein.

Herr Kollege Maier, ich würde nur bitten, dass bei dem, was hier an Gesetz erarbeitet werden soll, auch die Frage der Datenherkunft berücksichtigt wird, das steht nämlich nicht drinnen. (Abg. Mag. Maier: Steht drinnen!) – Ach so, im Entschließungstext nicht, in der Präambel schon. – Gut. Das ist mir nämlich wichtig. Die Datenherkunft ist näm­lich nicht unerheblich: Woher stammen die Daten? Was dann damit geschieht, ist erst die nächste Konsequenz. Hier habe ich Grund zu der Annahme – ich will es nicht wie­derholen, die Frau Bundesministerin hat mich im Ausschuss extra gerügt, ich nehme das auch gerne zur Kenntnis, aber es ist mitunter sehr zweifelhaft, woher die Daten stammen, die dann über entsprechende Kreditinformationsfirmen weitergeleitet und mitunter auch missbraucht werden, was zulasten des Konsumenten gehen kann.

Was die Vorschläge der Grünen anlangt, insbesondere wie sie Frau Kollegin Schatz auch im Ausschuss vorgetragen hat, sind wir der Meinung, dass man sie unterstützen soll.


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll60. Sitzung / Seite 123

Frau Bundesministerin, es ist tatsächlich so, dass nicht einzusehen ist, dass man Kre­dite unter 200 € ausnimmt. Für viele Menschen in diesem Land, für leider immer mehr Menschen sind 200 € sehr viel Geld. Wenn man annimmt, dass in Krisenzeiten etwa das ganz Pfandleihwesen zunimmt, wo es nicht um große Beträge geht, dann sind 200 € nicht mehr unerheblich. Das sind jene Menschen, die von 200 € eine Zeit lang le­ben müssen. Ich kenne persönlich solche Leute, weil man sie dann in der Regel als Verfahrenshelfer zugewiesen bekommt, Leute, die sich einfach gar nichts mehr leisten können. Für diese Leute sind 200 € mitunter ein großer Betrag, aber es ist das Schutz­regime, das für alle anderen gilt, für sie nicht vorhanden. Das ist nicht einzusehen.

Nicht einzusehen ist auch, dass man nicht vorsieht, dass die Banken die Änderung des Sollzinssatzes – über die vierteljährliche Kontomitteilung könnten wir noch reden – dem Kunden auf jeden Fall unentgeltlich mitzuteilen haben. Auch was die Frage der Pfand­leihverträge anlangt, habe ich Ihnen schon gesagt, das wäre mit einzubeziehen. Wenn man Leasingverträge mit einbeziehen kann, wieso dann nicht Pfandleihverträge? Frau Bundesministerin, die Zahl der Pfandleihverträge – Sie werden das feststellen oder ha­ben es schon festgestellt – nimmt in Krisenzeiten zu.

Ich bin immer auch ein Vertreter der Einrichtung eines Pfandregisters gewesen. – Kol­lege Jarolim! Ich weiß, dein Berufsstand oder mein Berufsstand ist dagegen, ist mit einem Pfandregister nicht glücklich. (Abg. Dr. Jarolim: Ich bin dafür!) – Du bist dafür! Ich bin auch dafür, weil sich die Menschen mitunter nur so überhaupt noch Barmittel verschaffen können. Dafür leisten sie ein entsprechendes Pfand, und ich sehe nicht ein, warum man die Pfandleihverträge hier ausnimmt. Leasingverträge hat man ja auch nicht ausgenommen, obwohl sie eine ganz andere Natur haben als der Rest der Rege­lungsmaterien, wie es Frau Kollegin Schatz in der Begründung ihres Antrages richtig darstellt.

Auch was die Schieflage bei den Fremdwährungskrediten anlangt, muss ich sagen, diese ist nur zum Teil behoben. Der Kunde muss die Möglichkeit haben, jederzeit in den Euro zurückzukonvertieren. Das kann er derzeit nicht, während die Bank es jeder­zeit kann. Die kann sozusagen sofort wechseln, wenn es ihr passt.

Der Kunde muss auch die Möglichkeit haben, wenn sich zeigt, dass der Tilgungsträger invalid wird oder nicht das verspricht, was ihm die Bank vorher versprochen hat – denn das geht auch auf eine Beratung der Bank zurück –, das in einen Ratenkredit umzu­wandeln.

Was die Schieflagen beim Hypothekarkredit betrifft, erscheint es mir nicht plausibel ge­nug, warum hier ein Unterschied gemacht wird. Auch die Rückabwicklung bei Treu­handverträgen ist nichts Ungewöhnliches und findet in der rechtlichen Praxis und Ge­schäftspraxis ja statt.

Beim letzten Punkt habe ich eine Ergänzung zum Antrag der Grünen. Wenn in Zukunft eine Regelung dahin gehend vorgesehen werden soll, dass auch der Interzedent ein Rücktrittsrecht haben soll, dann müsste meiner Ansicht nach konsequenterweise die Folge damit verknüpft sein, dass das Kreditgeschäft als Ganzes damit untergeht, denn es kann nicht so sein, dass jemand einen Kredit aufnimmt, einen Interzedenten als Si­cherstellung nennt und der dann 14 Tage später sagt, jetzt habe ich es mir anders überlegt, aber das Kreditverhältnis ist immer noch aufrecht. Das kann nicht sein, son­dern es müsste die zwingende Rechtsfolge sein, dass dann das Kreditverhältnis als solches praktisch aufgelöst wird, sodass ihm praktisch ein Auflösungsrecht zukommt. Das erschiene mir recht und billig.

Ansonsten werden wir diesen Antrag insgesamt mit unterstützen. (Beifall beim BZÖ so­wie der Abg. Mag. Schatz.)

13.38



Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll60. Sitzung / Seite 124

Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Zu einer Stellungnahme hat sich Frau Bundesminis­terin Mag. Bandion-Ortner zu Wort gemeldet. – Bitte.

 


13.39.07

Bundesministerin für Justiz Mag. Claudia Bandion-Ortner: Sehr geehrter Herr Prä­sident! Sehr verehrte Damen und Herren Abgeordnete! Das Verbraucherkreditgesetz bedeutet mehr Rechte und mehr Informationen für Kreditnehmer. Das ist vor allem wich­tig für die jungen Damen und Herren wie etwa jene hier auf der Besuchergalerie, denn man muss wirklich gut informiert sein, bevor man einen Kredit aufnimmt.

Welche Signale sollen von diesem Gesetz ausgehen? – Einerseits das Signal, dass ein Kreditnehmer in diesem Bereich natürlich selbständig und eigenverantwortlich Entschei­dungen treffen muss und – auch dieses Signal soll davon ausgehen – dass Schulden grundsätzlich zurückzuzahlen sind.

Wichtig ist, dass jetzt erstmals einheitliche Regelungen über den Kreditvertrag existie­ren. Das ABGB – das wird übrigens nächstes Jahr 200 Jahre alt – enthält Bestimmun­gen über ein Darlehen. Da ist aber unter anderem noch von der sogenannten klingen­den Münze die Rede. Man merkt also, wie alt das Gesetz ist. Es bedarf jetzt nach und nach einer Erneuerung.

Wie gesagt, der Kreditvertrag ist jetzt erstmals einheitlich geregelt, und das meines Er­achtens transparent und sehr verständlich. Das Verbraucherkreditgesetz umfasst jetzt nicht nur Informationspflichten der Banken, sondern auch ein Rücktrittsrecht. Wir ha­ben es bereits gehört, es umfasst auch Vorschriften über die Art der Werbung Kredite betreffend – dass etwa repräsentative Beispiele genannt werden müssen. Das Gesetz sieht auch vor, dass man von der Bank jederzeit einen Tilgungsplan mit Rückzahlungs­raten beziehungsweise Informationen über Zinsen und Kosten des Kredites verlangen kann.

Auch eine Bonitätsprüfung ist vom Kreditgeber gefordert. Wenn der Kreditgeber Zwei­fel an der Bonität hat, muss er darauf hinweisen – bei sonstiger Verwaltungsstrafe. Der Rücktritt vom finanzierten Vertrag führt nun automatisch auch zum Rücktritt vom Kre­ditvertrag. Das heißt: Dieses Gesetz regelt auch die sogenannten verbundenen Verträ­ge, denn der Kreditnehmer, der sich etwa kreditfinanziert ein Auto kauft, hat natürlich ein Interesse daran, dass diese Verträge ein gleiches Schicksal erfahren.

Ganz kurz noch: Ein Gesetz basiert natürlich auf einem Kompromiss verschiedener In­teressen, das ist nun einmal so in der Gesetzgebung. Vor Überreglementierungen möch­te ich warnen, das bringt nämlich weder dem Verbraucher noch dem Unternehmer et­was. Ein übertriebener Verbraucherschutz wäre sehr teuer. Wer sollte das bezahlen? – Ich glaube, dass es hier zu einem sehr guten Kompromiss gekommen ist.

Den Vorwurf, ich würde nur das tun, was mir Banken angeblich vorschreiben, möchte ich vehement zurückweisen. Die Banken denken nämlich, was dieses Gesetz betrifft ganz anders.

Wie gesagt: Ich glaube, wir haben einen wirklich guten Mittelweg gefunden. Frau Abge­ordnete Schatz, Sie haben mich gefragt, wem ich mich politisch verpflichtet fühle. Ich kann es Ihnen verraten: Ich fühle mich politisch den Menschen dieses Landes ver­pflichtet! – Danke schön. (Beifall bei der ÖVP sowie bei Abgeordneten der SPÖ.)

13.42


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Mag. Ikrath. 3 Mi­nuten Redezeit. – Bitte.

 


13.42.51

Abgeordneter Mag. Peter Michael Ikrath (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Frau Bundesministerin! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Wenn man meinen Vorred-


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll60. Sitzung / Seite 125

nern so zugehört hat, der Kollegin Schatz, dem Kollegen Stadler, aber auch dem Kolle­gen Stefan, der das allerdings etwas differenzierter sieht, dann hat man den Grundtenor gehört, der im Bereich des Konsumentenschutzes überhaupt oft als Leitprinzip erscheint: Mehr ist jedenfalls besser – ein Mehr an Informationen, ein Mehr an Rechten.

Ich möchte das nun um einen wesentlichen Aspekt erweitern. Ein Mehr ist auch immer teurer – teurer für die Industrie, die als Normunterworfener Adressat dieser Gesetzge­bung ist und in der Folge dieses Mehr vollziehen muss.

Was mir in der den Konsumentenschutz betreffenden Gesetzgebung so schmerzhaft fehlt, sowohl auf europäischer wie auch auf nationaler Ebene – Sie waren jetzt sehr gu­te Beispiele dafür, geschätzte Kolleginnen und Kollegen –, ist die folgende Interessens­abwägung: Was ist für den Konsumenten ein sinnvolles Mehr? Was ist ein wenig sinn­volles, aber teures Mehr? Und: Was ist ein absolut kontraproduktives Mehr?

Ich bringe ein Beispiel: Wir haben letztes Jahr im Wertpapierrechtsänderungsgesetz eine Flut an Mehrinformationen für den Konsumenten verankert. Was war das Ergeb­nis? Der Konsument fühlt sich restlos überfordert. Und dieselben, die dieses Mehr damals vehement vertreten haben, unter anderem die Grünen, wollen jetzt sogenannte „Beipackzettel“ haben (Abg. Mag. Schatz: Er ist Vertreter einer Bank!), um den Konsu­menten in einfacher Form auf zwei Seiten die Informationen wieder verdaulich zu ma­chen. Das heißt, man hat zuerst enorme Mehrkosten erzeugt und ist dann draufgekom­men, dass das für den Konsumenten keinerlei Mehrwert bedeutet, ganz im Gegenteil.

Jetzt frage ich Sie noch etwas: Wer soll das bezahlen? Man könnte jetzt mit dem Lied fortsetzen: „Wer hat so viel Geld?“ – Bezahlen muss es letztlich der Kunde, also der Konsument. Daher glaube ich, sollten wir sehr genau unterscheiden, sehr genau abwä­gen. Kollegin Rudas ist jetzt nicht da, aber ich würde jetzt etwas kreativ ihren Sager von den Steuern adaptieren: Es gibt ein „gutes“ Mehr: nützt dem Konsumenten, und ein „böses“ Mehr: nützt ihm nichts und erzeugt nur Mehrkosten für ihn. (Abg. Mag. Schatz: Das beurteilen die Banken!)

Dieses Gesetz hat trotz „gold plating“ einen vertretbaren Interessensausgleich gefun­den, zwischen dem Mehrwert für den Konsumenten und den Kosten, die dadurch ver­ursacht werden (Abg. Mag. Schatz: Aus Ihrer Sicht sicher!) für die Kreditwirtschaft immerhin stolze 150 Millionen € per anno! Dazu gratuliere ich dem Justizministerium, es hat langer Verhandlungen bedurft.

Ich bin aber auch froh darüber, dass wir heute einen Abänderungsantrag beschließen werden, mit dem gewährleistet wird, dass die Normunterworfenen – also in diesem Fall vor allem die Kreditwirtschaft – in die Lage versetzt werden, durch entsprechende Über­gangsfristen das Gesetz, das wir beschließen, auch zu vollziehen. Auch das ist eine Auf­gabe des Parlaments, nämlich sicherzustellen, dass Normunterworfene in der Lage sind, Gesetze einzuhalten. (Beifall bei der ÖVP.)

13.46


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Zu Wort gelangt Frau Abgeordnete Mag. Becher. 3 Minuten Redezeit. – Bitte.

 


13.46.17

Abgeordnete Mag. Ruth Becher (SPÖ): Herr Präsident! Frau Ministerin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Diese Novelle stellt ganz sicherlich einen wichtigen Schritt im Bereich des Konsumentenschutzes dar. Es ist erfreulich, dass es auch auf europäischer Ebene möglich ist, konsumentenfreundliche Regelungen zu schaffen. Europäische Verbraucherschutzorganisationen haben Reformbedarf artikuliert. Die Or­gane der EU haben eine Regelung im Interesse der Menschen vorgelegt.


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll60. Sitzung / Seite 126

Ursprünglich war von der EU-Kommission eine reine Mindestharmonisierung vorge­sehen, doch hat sich bei der Evaluierung der Anwendungen und bei den Auswirkungen der Richtlinie herausgestellt, dass es durch strengere innerstaatliche Vorschriften zu Verzerrungen im Wettbewerb kommt. Deshalb ist nun von der EU aus Sicht der EU-Kommission eine vollständige Harmonisierung bei ausreichendem Konsumentenschutz erforderlich.

Dazu möchte ich sagen: Was eine vollständige Harmonisierung betrifft, so geht der An­trag der Grünen über diese Richtlinie hinaus. Deshalb kann meine Fraktion diesem Ent­schließungsantrag nicht zustimmen. Was wir aber doch für sehr sinnvoll halten, ist, dass es eine Evaluierung nach ein oder zwei Jahren geben soll. Das ist sicher notwendig, aber eine Gesetzesänderung ohne Erfahrungswerte halten wir für nicht sehr sinnvoll.

Erstmals kommt es in der österreichischen Rechtsordnung zu einer detaillierten Rege­lung bei Verbraucherkrediten. Es gibt eine Vielzahl an Regelungen, und wegen dieser Vielzahl kommt es auch zu verschiedenen korrespondierenden Anpassungen in ande­ren Gesetzen: Im Konsumentenschutzgesetz und auch im Maklergesetz muss eine Veränderung vorgenommen werden. Das ist auch ein Wermutstropfen bei dieser Re­gelung im neuen Verbraucherkreditgesetz.

Es besteht immer die Gefahr, dass ein so extrem komplexes Rechtskonstrukt für die Anwender nicht mehr durchschaubar ist. Der österreichischen Regelung ist aber zu kon­statieren, dass mit diesem neuen Verbraucherkreditgesetz im innerstaatlichen Bereich, also im innerstaatlichen Gestaltungsspielraum, ein halbwegs einheitliches und über­schaubares Gesetz geschaffen wurde.

Wichtig ist meines Erachtens auch, dass mit dieser Neuregelung zum Verbraucherkre­dit auch der Darlehensvertrag im ABGB verändert, erneuert wird. Auch das ist ein wich­tiger Schritt. Die Frau Ministerin hat es ja schon erwähnt, das ABGB feiert nächstes Jahr 200 Jahre. Das ist der erste Schritt zu einer Modernisierung dieses Projektes ABGB.

Wir werden diesem wichtigen Schritt im Verbraucherkreditschutz unsere Zustimmung geben. – Vielen Dank. (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der ÖVP.)

13.49


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Zu Wort gelangt Frau Abgeordnete Franz. 2 Minuten Redezeit. – Bitte.

 


13.49.44

Abgeordnete Anna Franz (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Frau Ministerin! Ho­hes Haus! Zum Verbraucherkredit gibt es bisher keine Regelungen. Heute setzen wir eine EU-Richtlinie um, durch deren Vorgaben, wie wir schon vielfach gehört haben, ein wesentlich besserer Schutz für den einzelnen Konsumenten im Bereich von Darlehen und Krediten gewährleistet wird.

Hervorheben möchte ich besonders das neu geschaffene Rücktrittsrecht. Dieses er­möglicht in Zukunft einem Verbraucher, innerhalb von 14 Tagen von einem Vertrag oh­ne Angabe von Gründen zurückzutreten. So kann zum Beispiel jemand, der unüberlegt einen Kredit aufgenommen hat, den Vertrag einfach widerrufen. Nach dem derzeitigen Gesetz ist das nicht möglich.

Bei Inanspruchnahme eines Darlehens war ein Kreditnehmer bisher mit sehr kom­plexen Vertragsgestaltungen der Banken konfrontiert. Sie kennen alle die allgemeinen Geschäftsbedingungen: oft irgendwo kleingedruckt vermerkt. Für einen unerfahrenen Verbraucher sind diese oft nicht zu durchschauen. Die professionelle Überlegenheit der Bank ist für die meisten Konsumenten dann zu groß.

Nun sieht dieses neue Gesetz vor, dass Banken ihren Kunden gegenüber bei Vertrags­abschluss ausführliche Informationspflichten haben. Es sind insgesamt 19 Punkte auf-


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll60. Sitzung / Seite 127

gelistet. Macht eine Bank das nicht, so kann der Vertrag jederzeit gekündigt werden. Der Kreditgeber muss den Rücktritt gegen sich gelten lassen, wenn die Rücktrittserklä­rung den Informationen entspricht, die er selbst dem Verbraucher gegeben hat. Weiters ist bei der Vergabe von Krediten an Kunden eine strenge Bonitätsprüfung vorgesehen.

Alles in allem ist es eine gute Regelung. Die Konsumenten profitieren davon. Es ist auch ein guter Interessensausgleich gefunden worden. (Beifall bei der ÖVP.)

13.51


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Fazekas. 2 Minu­ten Redezeit. – Bitte.

 


13.51.53

Abgeordneter Hannes Fazekas (SPÖ): Geschätzter Herr Präsident! Frau Bundesmi­nisterin! Hohes Haus! Mit dem Darlehens- und Kreditrechts-Änderungsgesetz ist ein ganz wesentlicher Schritt getan, die Konsumentinnen und Konsumenten zu schützen, wie heute schon mehrmals angesprochen wurde. Es ist dies ein Gesetz, das aufgrund der Richtlinie über Verbraucherkreditverträge umgesetzt wird. Damit kommt es auch zu einer europäischen Vereinheitlichung und Harmonisierung der Standards. Aus meiner Sicht ist das eine Maßnahme, die auch zeigt – heute Vormittag haben wir uns ja mit der Europäischen Union auseinandergesetzt –, dass diese Union sehr bürgernahe ar­beiten kann, weil sie mit dieser Maßnahme unmittelbar am Bürger und an der Bürgerin ist.

Ich möchte jetzt auch einen freudigen Aspekt anbringen. Sie werden sich alle noch an die Fernsehserie „Ein echter Wiener geht nicht unter“ erinnern können, als damals der junge „Karli Sackbauer“ für die Renovierung einer Wohnung einen Kredit brauchte. Da wurde sehr gut und plakativ aufgezeigt, welche Probleme damit verbunden sind. Das ist wirklich zu verwenden, auch wenn es nur eine Fernsehserie ist. Da hat man auch ge­sehen, wie wichtig die Information ist. Man weiß aber auch: Wenn man Informations­blätter in Hülle und Fülle bekommt und dringend etwas finanzieren möchte, ist es einem manchmal egal, was man da bekommt – dann nimmt man das oft in Anspruch, ohne es zu lesen.

Daher ist dieses Rücktrittsrecht, das auch mehrmals angesprochen wurde, ganz be­sonders wichtig – für den Fall, dass man dann draufkommt, dass das, was man unter­schrieben hat, der Sache nicht dienlich ist. Es gilt aber auch im Allgemeinen, dass im Bereich der Prävention zur Vermeidung von finanziellen Katastrophen vor allem der In­formation und dem Wissen über die Folgewirkung ganz besondere Bedeutung beige­messen wird.

Dabei fällt mir der Aspekt der jungen Menschen ein, denen Handyverträge, Internetver­träge, kostenpflichtige Downloads und vieles andere mehr angeboten wird. Ich begrü­ße auch die Initiative von Bundesminister Hundstorfer, im Bereich der Schulen diesbe­züglich informativ zu wirken. Ich denke aber, dass wir uns auch über eine Veränderung im Bereich des Privatkonkursrechtes unterhalten müssten. In diesem Sinne: ein sehr gu­tes Gesetz. – Danke. (Beifall bei der SPÖ sowie der Abg. Franz.)

13.54


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Mag. Schön­egger. 2 Minuten Redezeit. – Bitte.

 


13.54.07

Abgeordneter Mag. Bernd Schönegger (ÖVP): Herr Präsident! Sehr geehrte Frau Bundesminister! Hohes Haus! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Dieses neue Ver­braucherkreditgesetz, welches – das ist unbestritten und wurde auch von allen Vorred­nern bestätigt – für Konsumenten ganz weitreichende und wesentliche Verbesserun­gen, aber auch mehr Transparenz bringt, fasst bisherige Regelungen zusammen und setzt die betreffende EU-Richtlinie in österreichisches Recht um.


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll60. Sitzung / Seite 128

Die Richtlinie schafft europaweit, wie auch schon gesagt wurde, einheitliche Standards und Regelungen im Zusammenhang mit Verbraucherkreditgeschäften. Das Gesetz sieht umfangreiche Informationspflichten vor. Es sieht ein 14-tägiges Rücktrittsrecht für Kon­sumenten vor, Regelungen für vorzeitige Kreditrückzahlungen sowie für die im Verbrau­cherbereich üblichen Finanzierungsleasingverträge.

Unter anderem müssen bereits vor Abschluss eines Kreditvertrages Kreditgeber, aber auch Kreditvermittler den Konsumenten viel umfassendere, standardisierte Informa­tionen zukommen lassen, als das bisher der Fall war. All diese Maßnahmen – weil heu­te schon viel vom Interessenausgleich die Rede war – haben eine ganz klare Wertung vorgenommen, nämlich hin zum Konsumentenschutz, und das ist in diesem Fall auch gut, aber natürlich auch mit Augenmaß.

Insgesamt wird mit diesem Paket ein Mehr an Transparenz, Klarheit und Sicherheit für die Konsumentinnen und Konsumenten im Finanzierungsdschungel der Anbieter sicher­gestellt. Mehr Klarheit und mehr Transparenz, das veranlasst uns heute, dieses Ge­setz – wenn man nicht großer Wurf sagen möchte, würde ich aber trotzdem sagen – als durchaus gelungen zu bezeichnen, vor allem wenn man daran denkt, dass die Ver­handlungen nicht immer ganz friktionsfrei waren.

Daher besten Dank, Frau Minister, dafür. – Danke schön. (Beifall bei der ÖVP.)

13.56


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Als vorläufig letzter Redner hiezu zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Pendl. 2 Minuten Redezeit. – Bitte.

 


13.56.12

Abgeordneter Otto Pendl (SPÖ): Herr Präsident! Frau Bundesministerin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich glaube, inhaltlich ist diesbezüglich schon alles gesagt worden. Die Kollegen, von Donnerbauer bis Jacky Maier, haben ja die Inhalte heraus­gearbeitet. Es ist eben eine Konsensmaterie. Ich glaube, das ist auch gut, richtig und von allen so gesehen worden.

Zu den einzelnen Redebeiträgen: Kollege Stefan hat gesagt, die FPÖ trage diese No­velle mit – das freut mich wirklich –, er hat aber auch auf die fallweise Überregulierung hingewiesen. Kollegin Schatz hat gemeint, dass man da noch viel mehr regulieren soll­te. Kollege Ikrath hat natürlich den Bereich Kreditwirtschaft herausgearbeitet.

Da meine ich, dass es ein guter Kompromiss geworden ist – auch inhaltlich. Und ich glaube, zu einem guten Kompromiss soll man sich auch in aller Öffentlichkeit und in al­ler Klarheit bekennen! (Beifall bei SPÖ und ÖVP.) Das ist ein richtiger, wichtiger, not­wendiger Schritt für alle, würde ich einmal meinen. Das zeichnet diese Vorlage aus.

Ich glaube, Frau Bundesministerin, im Justizausschuss ist es eine lange Tradition, dass wir auch mit den Damen und Herren Ihres Hauses gut zusammenarbeiten. Ich darf mich bei Ihnen und Ihren Beamtinnen und Beamten sehr herzlich dafür bedanken. Ich freue mich und darf Sie alle einladen, dieser Novelle Ihre Zustimmung zu geben. (Beifall bei SPÖ und ÖVP.)

13.57


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Zu Wort ist dazu niemand mehr gemeldet. Ich schlie­ße daher die Debatte.

Da kurzfristig ein umfangreicher Abänderungsantrag eingebracht wurde und eine kurze Unterbrechung der Sitzung zur Vorbereitung der Abstimmung nicht ausreicht, verlege ich gemäß § 65 Abs. 1 Geschäftsordnungsgesetz die Abstimmung über Tagesordnungs­punkt 2. Sie wird im Anschluss an die Abstimmung über die Tagesordnungspunkte 3 und 4 stattfinden.

Wir setzen in der Erledigung der Tagesordnung fort.


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll60. Sitzung / Seite 129

13.58.233. Punkt

Bericht des Gesundheitsausschusses über die Regierungsvorlage (649 d.B.): Bun­desgesetz, mit dem das Lebensmittelsicherheits- und Verbraucherschutzgesetz geändert wird (663 d.B.)

4. Punkt

Bericht des Gesundheitsausschusses über den Antrag 1014/A der Abgeordne-
ten Gerald Grosz, Kolleginnen und Kollegen betreffend Ministeranklage gemäß Art. 143 i.V.m. Art. 142 Abs. 2 lit. b B-VG (664 d.B.)

 


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Wir gelangen nun zu den Punkten 3 und 4 der Ta­gesordnung, über welche die Debatte unter einem durchgeführt wird.

Auf eine mündliche Berichterstattung wurde verzichtet.

Zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Dr. Spadiut. 5 Minuten Redezeit. – Bitte.

 


13.58.24

Abgeordneter Dr. Wolfgang Spadiut (BZÖ): Herr Präsident! Frau Minister! Meine Da­men und Herren! Je länger die Debatte über den Listerienskandal dauert, umso ku­rioser werden die Aussagen verschiedener Kollegen. So hat zum Beispiel Kollege Ra­singer im Ausschuss gesagt: Zu Beginn einer Listeriose auftretende Symptome Durch­fall und Erbrechen sind ein Hinweis für eine Menge anderer Erkrankungen. – Das ist richtig.

Weiters hat Kollege Rasinger ausgeführt, dass es eine Art kriminologischer Erfolg ist, diesen Erreger überhaupt identifiziert zu haben.

Ich glaube, wir brauchen keine Kriminologen, um Erreger zu identifizieren!

Bei der Aussage über Durchfall und Erbrechen möchte ich noch sagen: Es muss doch bei Auftreten einer Krankheit differentialdiagnostisch abgeklärt werden, was die Ursa­che dieser Erkrankung ist. Danach ist wohl so vorzugehen, dass die gefährlichste Ur­sache zu Beginn abzuklären ist. Es wird doch in der Humanmedizin wohl nicht Usus sein, dass rein symptomatisch therapiert wird. Deswegen ist die Kritik vom Kollegen Ra­singer am Kollegen Grosz nicht gerechtfertigt. (Beifall beim BZÖ.)

Wir haben auch in der Veterinärmedizin Symptome, die einer Reihe von Erkrankungen zuzuordnen sind, zum Beispiel bei der MKS. MKS-Symptome kommen für eine Reihe von Erkrankungen in Frage. Würde ich hier nicht sofort auf MKS diagnostizieren, wäre ich für die Keulung von Tausenden von Rindern verantwortlich. Was das dann rechtlich nach sich ziehen würde, brauche ich Ihnen nicht zu sagen.

Ich nehme deshalb die Aussage des Kollegen Rasinger als missglückten Versuch, die­sen Skandal zu entschuldigen. (Abg. Amon: Nein! Er entschuldigte keinen Skandal!) Ich hoffe, es ist nicht Usus, dass in der Medizin so gehandelt wird, denn dann würde ich mir berechtigte Sorgen machen.

Zur Änderung des Lebensmittelsicherheits- und Verbraucherschutzgesetzes wäre zu sa­gen, dass es in erster Linie Anpassungen an die EU-Richtlinie sind und dass auch die Än­derung des § 43 nicht unbedingt notwendig gewesen wäre, um den Notfallplan in Be­trieb zu setzen.

Meine Damen und Herren, machen wir uns jetzt doch einmal ernsthaft an die Lösung des Problems, um die Gesundheit der Menschen nicht weiter durch gesundheitsschäd­liche Lebensmittel zu gefährden! (Beifall beim BZÖ.)

14.02



Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll60. Sitzung / Seite 130

Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Als nächster Redner zu Wort gelangt Herr Abgeord­neter Mag. Maier. 4 Minuten Redezeit sind eingestellt. – Bitte.

 


14.02.14

Abgeordneter Mag. Johann Maier (SPÖ): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Ho­hes Haus! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ja, es geht um die Bekämpfung gesundheitsschädlicher Lebensmittel, und für die Bekämpfung gesundheitsschädlicher Lebensmittel sind in erster Linie die Unternehmen verantwortlich, in denen Lebensmit­tel kontaminiert werden. Genau das war in der Steiermark bei der Firma Prolactal der Fall. Verantwortlich dafür waren nicht der Herr Bundesminister Alois Stöger, nicht die Beamten im Gesundheitsministerium und nicht die Mitarbeiter der AGES. Das sollte man bei aller Kritik ganz klar festhalten. (Beifall bei der SPÖ.)

Hohes Haus! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Die Novelle zum Lebensmittel­sicherheits- und Verbraucherschutzgesetz sieht mehrere absolut positive Regelungen vor. Ein Teil geht auf das Regierungsübereinkommen von SPÖ und ÖVP zurück, wie­der ein anderer Teil auf den Fünfparteienantrag, den wir hier in diesem Haus einstim­mig beschlossen haben. Wesentlich ist aus unserer Sicht die Neuregelung – so wie im Regierungsübereinkommen eben vorgesehen – hinsichtlich des Qualitätsmanagement-Systems im gesamten Bundesgebiet.

Hohes Haus! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Die Lebensmittelaufsicht ist nicht Angelegenheit des Gesundheitsministers, die Lebensmittelaufsicht ist Angelegen­heit der Länder, und die Länder sind dafür verantwortlich. Mit den neuen Regelungen im § 35 wollen wir die Voraussetzungen für eine koordinierte Vorgangsweise schaffen und auch dafür, dass es eben ein entsprechendes Qualitätsmanagement gibt.

Es wird nach dieser Gesetzesvorlage erstmals einen Bericht zur Lebensmittelsicherheit geben. Wir haben viele Berichte – es gibt beispielsweise einen Trinkwasserbericht –, aber es gab bis heute noch keinen Bericht zur Lebensmittelsicherheit, nämlich welche Maßnahmen in den Ländern durch die einzelnen Aufsichtsorgane tatsächlich vorge­nommen worden sind.

Der aus konsumentenpolitischer Sicht sicherlich wichtigste Teil enthält die erweiterten Informationsverpflichtungen des Bundesministers für Gesundheit, der unter bestimm­ten Voraussetzungen erstmals die Öffentlichkeit zu informieren hat.

Ich möchte festhalten: Die bisherigen Regelungen sind auf die Lebensmittelbasisver­ordnung der Europäischen Union zurückzuführen, und wir schaffen nun die Vorausset­zungen dafür, dass bei lebensmittelbedingten Krankheitsausbrüchen der Bundesminis­ter für Gesundheit die Öffentlichkeit zu informieren hat, wenn weitere Menschen ge­fährdet sind. Das geht über den strafrechtlichen Begriff der Gemeingefährdung bei wei­tem hinaus und gibt dem Bundesminister die Möglichkeit, in Zukunft selbständig die Öf­fentlichkeit zu informieren.

Ich halte an dieser Stelle auch fest, dass die Vorgangsweise, wie sie vom Bundesmi­nisterium durchgeführt worden ist, der Lebensmittelbasisverordnung und der österrei­chischen Rechtslage entsprochen hat. Die Rückrufaktion hat nach der Lebensmittelba­sisverordnung das Unternehmen durchzuführen, und nur dann, wenn das Unterneh­men die Rückrufaktion bei gefährlichen Lebensmitteln nicht durchführt, ist das Bundes­ministerium am Zug.

Hohes Haus! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Nachdem mit diesem Antrag dem Fünf-Parteien-Antrag auch entsprochen wird, lade ich Sie alle ein, diesem Antrag auch zuzustimmen. (Beifall bei der SPÖ sowie bei Abgeordneten der ÖVP.)


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll60. Sitzung / Seite 131

14.06


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Haubner. 4 Mi­nuten Redezeit. – Bitte.

 


14.06.20

Abgeordnete Ursula Haubner (BZÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Bundesmi­nister! Sehr geehrte Damen und Herren! Ich stimme sicher mit dem Kollegen Maier überein, dass wir gute Gesetze brauchen, die auch in Zukunft unsere Lebensmittel si­cher machen und daher auch den Konsumentinnen und Konsumenten den entspre­chenden Schutz gewähren. Ich sehe aber diese Vorlage, die Sie so hoch gelobt haben, ein bisschen anders. Ich sehe sie als eine verspätete Notaktion, um einen politisch Verantwortlichen – Herr Bundesminister, Sie waren und sind politisch verantwortlich für das, was in den letzten Monaten nicht passiert ist im Zusammenhang mit dem Liste­rienskandal – im Nachhinein reinzuwaschen und sozusagen auch zu implementieren, dass in Zukunft das Krisenmanagement und die Information der Bevölkerung besser sein könnten.

Wir glauben – und wir haben uns dieses alte Gesetz sehr genau angesehen –, man hätte mit dem alten Gesetzestext absolut auch dem entsprechen können. Ich denke, das, was uns jetzt vorliegt und was herausgekommen ist, ist einerseits eine Fülle von EU-Anpassungen, die wir sowieso überall haben, in jedem Gesetz, die sowieso hätten gemacht werden müssen. Herausgekommen sind neue Amtstitel – die Lebensmittel­aufsichtsorgane heißen in Zukunft Lebensmittelinspektoren –, es ist, wie wir schon ge­hört haben, eine Berichtspflicht des Bundesministers über die Sicherheit der Lebens­mittel herausgekommen, aber nicht aktueller Stand, sondern erst im Folgejahr, also für mich, für uns eher eine Schönwettergeschichte, und es ist ein sogenannter neuer Notfallplan herausgekommen, der sehr groß verkauft wird, der aber aus unserer Sicht schon bisher möglich gewesen wäre, denn bei jeder Risikobewertung der AGES, die arbeitsgemäß das Zoonosengesetz bedient hätte, hätte jederzeit gehandelt werden können. (Beifall beim BZÖ.)

Auch die neue Informationspflicht wäre mit dem geltenden Gesetz schon möglich ge­wesen, und wenn man sich den Gesetzestext genau anschaut, so sind nur einige Wor­te verschoben worden.

Es ist auch eine sogenannte Anpassung von Gebühren und Tarifen herausgekommen, es wird aber keine Auskunft gegeben, wie hoch diese Gebühren sind, wie hoch diese Tarife sind – ich habe im Ausschuss auch nachgefragt –, und es ist auch nicht heraus­gekommen, was der jährliche Trinkwasserbericht die Länder, die Gemeinden kostet und wie hoch der finanzielle Aufwand ist. Das ist das Negative, das herausgekommen ist, und ich sage: Viel Lärm um nichts!

Positiv ist – und das möchte ich hier auch festhalten –, dass es in Zukunft klarere Be­stimmungen für die Länder und für die Landeshauptleute gibt, dass man schneller han­deln kann bei begründetem Verdacht, dass Qualitätskriterien vereinheitlicht werden und dass vor allem auch die Aufsichtsorgane der Lebensmittelkontrolle besser von Fir­men unterstützt werden müssen und unterstützt werden können.

Wir haben aus diesem Grund auch eine getrennte Abstimmung verlangt, und wir wer­den dieser Gesetzesvorlage erst in dritter Lesung zustimmen.

Insgesamt möchte ich sagen, dass diese Gesetzesvorlage, die uns hier vorliegt, ein Versuch ist, das politische Versagen eines Bundesministers in einer sehr heiklen Pha­se, in einer sehr heiklen Situation reinzuwaschen, obwohl Sie aufgrund des bestehen­den Gesetzes jede Möglichkeit gehabt hätten, die Bevölkerung rechtzeitig und umfas­send zu informieren, und Sie auch jede Möglichkeit gehabt hätten, einen sogenannten Notfallplan zu vollziehen. Sie hätten dazu dieses Anlassgesetz nicht gebraucht. (Beifall beim BZÖ.)


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll60. Sitzung / Seite 132

14.10


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Als nächste Rednerin zu Wort gelangt Frau Abgeord­nete Tamandl. 4 Minuten Redezeit. – Bitte.

 


14.10.42

Abgeordnete Gabriele Tamandl (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Bundes­minister! Werte Kolleginnen und Kollegen! Frau Kollegin Haubner, wenn man bedenkt, dass es oft einmal Fünf-Parteien-Einigungen für Gesetzesänderungen gibt, und wenn man weiß, dass beispielsweise die heutige Novelle auf eine Fünf-Parteien-Einigung vom 24. Februar zurückgeht, dann muss man sagen, es wurde, im Gegensatz zu manch anderen Materien, sehr schnell darauf reagiert.

Wenn Sie jetzt sagen, der Herr Minister hat hier politische Verantwortung, dann stimmt das. Selbstverständlich hat er politische Verantwortung, aber dessen ist er sich bewusst, und genau aus diesem Grund liegt heute auch diese Gesetzesnovelle vor.

Der Herr Kollege Grosz hat uns im Ausschuss wieder einmal sehr eindrucksvoll bewie­sen, dass er am liebsten nicht nur den Herrn Gesundheitsminister, sondern gleich von mir aus die ganze Regierung, aber natürlich auch die Unternehmen kriminalisieren möchte. Das müssen wir entschieden zurückweisen.

Ich bin der Meinung, es geht nicht so, dass Unternehmen sich selbst kontrollieren und die Lebensmittelbehörden dann in einem Rhythmus von 480 Tagen diese eigene Kon­trolle überprüfen kommen, und das dann teilweise auch noch durch nicht geschultes Personal. Da wird gefragt: Wo sind die Ordner der Kontrolle?, und im Unternehmen wird auf diese vielen Ordner hingewiesen, die hier als Aufzeichnung dienen. Und der Lebensmittelkontrollor sagt: Ja, das passt. – Das können wir nicht hinnehmen! Es muss eine koordinierte Information geben, es muss eine koordinierte Kontrolle geben. Die Unternehmen müssen auch stärker kontrolliert werden und müssen die Eigenkon­trolle sicherlich auch viel ernster nehmen.

Ich meine, dass wir mit dieser Gesetzesnovelle jetzt tatsächlich Verbesserungen zu­stande bringen, auch was die stärkere oder die frühere Information der Bevölkerung betrifft. Und weil Kollege Rasinger heute ein paar Mal angesprochen wurde: Kollege Rasinger hat im Ausschuss gesagt – und ich glaube, dem kann man sich schon an­schließen –: Hätte das Gesundheitsministerium, bevor die Kenntnis darüber vorhanden war, um welches Produkt es sich handelt, bevor man bei den Krankheitsfällen heraus­finden konnte, was diese Menschen in den letzten drei Wochen gegessen haben und um welche Käseprodukte es sich hier handelt – denn wir wissen und wir haben einiges in diesen Wochen und Monaten darüber gelernt, wo überall Listerien vorhanden sein können, beispielsweise in rohem Fisch, in rohem Fleisch oder in Rohmilch; auch ich als Nichtexpertin habe sehr viel dazugelernt, muss ich sagen –, hätte das Gesundheitsmi­nisterium wesentlich vorher eine große und breite Informationskampagne gemacht und vielleicht eine Panikmache bei der Bevölkerung betrieben, dann hätten wir ein Unter­nehmen oder vielleicht auch mehrere Unternehmen, die solche Produkte auf den Markt bringen, zerstört, und das hätte überhaupt nichts gebracht.

Es ist besser, präventiv zu wirken und für die Zukunft zu schauen, dass, wenn wiede­rum solche lebensmittelbedingte Krankheitsausbrüche stattfinden, ganz einfach schnel­ler informiert werden kann, dass, wenn mehrere Bundesländer involviert sind, jetzt auch die AGES das von oben her regeln kann.

Für mich, Herr Gesundheitsminister, sind allerdings schon noch ein paar Fragen offen.

Das eine ist: Wir müssen – die Kodexkommission beschäftigt sich ja derzeit damit – ganz einfach danach trachten, dass der Konsument und die Konsumentin nicht mehr getäuscht werden können, also dass beispielsweise irgendwo „Bauernquargel“ drauf­steht, aber das, was draufsteht, weit entfernt von dem ist, was in dem Produkt wirklich drinnen ist.

Zweitens: Es muss die AGES auf organisatorisch bessere Beine gestellt werden, damit sie, wenn sie mit diesen Problemen konfrontiert ist, ihre Aufgaben auch bewältigen kann.


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll60. Sitzung / Seite 133

Das Letzte – das ist auch noch offen von unserer Fünfparteieneinigung – betrifft die Le­bensmittelqualitätskennzeichnungen. Es muss jetzt endlich auch eine Lösung dafür ge­funden werden, wie wir Lebensmittelqualitätskennzeichnungen zustande bringen, denn wir haben uns – Kollege Maier und ich – darauf geeinigt, dass wir die Einigung, die un­ter den fünf Fraktionen hier im Parlament erzielt wurde, auch durchziehen.

Ich ersuche Sie daher, dass Sie hier wirklich noch stärker Druck machen, damit das auch passiert. – Danke schön. (Beifall bei der ÖVP.)

14.15


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Grosz. 3 Minu­ten Redezeit. – Bitte.

 


14.15.24

Abgeordneter Gerald Grosz (BZÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Bundesminis­ter! Hohes Haus! Frau Abgeordnete Tamandl, es ist eh alles in Ordnung; es ist über­haupt kein Problem. Wir gehen ein wenig zur Tagesordnung über, wir ändern ein biss­chen ein Gesetz, wir fügen einen Passus ein, wonach der Minister ein wenig mehr in­formieren muss, als er ohnedies gemusst hätte, aber es nicht getan hat. Wir verges­sen, dass es seit dem 14. August 2009 30 Erkrankte und acht Todesopfer in Österreich gegeben hat.

Sie schieben locker zur Seite, dass der Bundesminister und seine Gesundheitsbehör­den, die AGES, seit 14. August 2009 von einem Listerienausbruch in Österreich in drei verschiedenen Fällen aufgrund eines Stammes gewusst haben. Sie schieben zur Sei­te, dass der Bundesminister und seine AGES und sein Ministerium seit dem 14. August bis 28. Oktober, also über den ganzen Sommer bis zum Spätherbst hinein, nicht in der Lage waren, diesen Ausbruch – obwohl wir dann schon neun Erkrankte und drei Tote hatten – als solchen zu erkennen und die Maßnahmen zu setzen!

Wir nehmen heute, wieder zur Tagesordnung übergehend, zur Kenntnis, dass der Bun­desminister dann am 29. Oktober 2009 bei drei Todesopfern und neun Erkrankten die erste Besprechung im Rahmen einer Arbeitsgruppe angeordnet hat. Die Arbeitsgruppe ist dann das Seelenheil der Österreicherinnen und Österreicher. Und wenn wir uns die internen Protokolle der AGES anschauen, die ja nicht mehr bestritten worden sind, auch nicht mehr im Ausschuss, haben es der Bundesminister und seine AGES und sein Ministerium zusammengebracht, de facto bis zum 13. Jänner – unter Einhaltung der Weihnachtsfeiertage, Heilige Drei Könige – nicht zu arbeiten. Er hat damit ein­drucksvoll und tragischerweise unter Beweis gestellt, dass ihm die Gesundheit der Be­völkerung eigentlich vollkommen egal war. (Beifall beim BZÖ.)

Das traurige Ergebnis haben wir manifestiert in der Ministeranklage, die das BZÖ ein­gebracht hat, manifestiert im Misstrauensantrag und manifestiert in den Todesopfern und den Kranken, die Österreich zu beklagen hat.

Herr Minister, ich mache Ihnen drei Vorwürfe, drei konkrete Vorwürfe, drei schwerwie­gende Vorwürfe, die allesamt zum Rücktritt führen sollten, nämlich auch zu einer Rück­trittskultur über die politische Verantwortung. (Zwischenruf der Abg. Hakel.) Zum Nach­lesen: Der Weinskandal hat zu Rücktritten geführt, aber kein Todesopfer war in dieser Republik zu beklagen. Das nur so nebenbei.

Erstens, Herr Bundesminister: Sie haben verschleppt. Seit 14. August bis 15. Februar. Das ist nachgewiesen.

Zweitens, Herr Bundesminister: Sie haben vertuscht. Sie wussten seit 13. Jänner 2010, um welchen Betrieb es sich handelt, und haben es als Ministerium sage und schreibe bis zum 15. Februar 2010 der Öffentlichkeit gegenüber verschwiegen, welche Gefahr davon ausgeht. Auf eine Frage der Austria Presse Agentur vor dem Ministerrat haben


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll60. Sitzung / Seite 134

Sie noch gesagt, ich weiß von nichts, um dann am 16. Februar zu sagen: Ja, seitdem ich etwas davon weiß, seit gestern, haben wir alle Maßnahmen im Ressort getroffen. Das ist Ihre Informationspolitik!

Auf meine Fragen im Ausschuss – viele Fragen, minutenlange Ausführungen – hat der Bundesminister einen Satz gesagt: Das, was Sie sagen, stimmt alles nicht. Ohne es näher erläutern zu können. Das nur so nebenbei und das auch zur Kultur, wie Sie mit dem Parlament umgehen.

Und drittens, Herr Bundesminister: Sie haben mehrmals die Unwahrheit gesagt, und zwar – dieses schwerwiegenden Vorwurfs konnten wir Sie auch überführen – auch im Bereich dessen, wie Ihr Ministerium gearbeitet hat, welche Aufzeichnungen geführt worden sind und wie die Kommunikation zwischen AGES und dem Gesundheitsminis­ter vonstattengegangen ist.

Aber der Höhepunkt, meine sehr geehrten Damen und Herren, ist das, was nach dem Gesundheitsausschuss vor zwei Wochen war. Im Gesundheitsausschuss erging an uns – und wir haben es nicht medienöffentlich gemacht, sondern im Ausschuss bera­ten – die Mitteilung, dass neben den damals sieben Toten, die der Minister bekanntge­geben hat, mittlerweile leider Gottes ein achtes Todesopfer zu beklagen ist: eine Da­me, die am 18. Jänner mit der Diagnose Listeriose ins SMZ-Ost eingeliefert worden und ins Koma verfallen ist.

Am 25. Jänner hat das Gesundheitsamt der Stadt Wien das gegenüber den Verwand­ten bestätigt. Aufgrund des Quargels sei die Mutter schwer erkrankt, liege im Koma. Man weiß nicht, ob sie das überleben wird. Am 4. Februar hat sich der Hygienebeauf­tragte des Spitals auch bei den Verwandten erkundigt, um, weil es eine anzeigepflichti­ge Krankheit ist, zu erforschen, wie es dazu gekommen ist. Am 5. Februar hat auch die AGES bei den Angehörigen angerufen, um sich über die Verzehrgewohnheiten zu er­kundigen.

Der Krankheitszustand der Dame hat sich nicht verbessert, sondern immer mehr ver­schlechtert – und aufgrund der Listerioseerkrankung und der Schwächung des Körpers ist diese Frau bedauerlicherweise am Ostermontag 2010 im SMZ-Ost verstorben.

Ich habe den Minister darauf aufmerksam gemacht und gesagt: Herr Minister, da se­hen Sie die Unkultur der Information zwischen Ihrer AGES und Ihnen selbst. Ich habe in dem Ausschuss nicht behauptet, dass diese Frau an Listeriose gestorben ist, son­dern an den Folgen der Listeriose, und gesagt, dass ich es für untragbar halte, dass die Kommunikation zwischen AGES und Gesundheitsministerium noch immer nicht funktioniert.

Gestern bekommen wir, die Abgeordneten des Hauses, einen Arztbrief dieser Dame, mit einer Mitteilung der AGES und des SMZ-Ost – ein absoluter Wahnsinn. Also Daten­schutz, Ärztegeheimnis vergessen wir, das ist alles vollkommen wurscht! (Abg. Amon: Das ist ein Skandal!) Das ist ein Skandal! (Zwischenrufe der Abgeordneten Mag. Stad­ler und Schönpass.)

Da heißt es: Sehr geehrter Herr Dr. Url! Sehr geehrter Herr Dr. Frühauf! Auf Ihr Er­suchen ...

Und die AGES leitet das dem Parlament weiter und das Parlament allen Abgeordne­ten! Da können Sie den Krankenakt dieser Dame, die verstorben und heute beerdigt worden ist, gleich in ganz Österreich plakatieren!

Also da heißt es: Auf Ihr Ersuchen bestätige ich Ihnen in meiner Funktion als ärztlicher Leiter des SMZO Donauspital, dass die am 18. Jänner 2010 mit Listeriose in unser Haus eingelieferte Patientin auf die Antibiotikatherapie gut angesprochen hat.


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll60. Sitzung / Seite 135

Er führt das dann weiter aus und kommt dann zum Schluss: Sie ist also nicht an Lis­teriose verstorben, denn das Krankheitsbild dürfte schon überstanden sein, sondern schlussendlich an Multiorganversagen. – Zitatende. (Abg. Mag. Stadler: Das ist ja dann ...! Unglaublich!  Abg. Ursula Haubner: Ungeheuerlich!)

Sehr geehrte Damen und Herren, liebe Ärzte, Herr Dr. Rasinger  nicht da –, Frau Dr. Oberhauser, es gibt in diesem Land wahrscheinlich nur wenige bis gar keinen Men­schen, der an HIV verstorben ist, sondern die Menschen sterben an den Folgen davon, und zwar an Lungenentzündung, an Grippe, an einem banalen Schnupfen, eben auf­grund des angegriffenen Immunsystems, aber nicht an HIV. (Abg. Mag. Stadler: Ja na­türlich!)

Heute zu behaupten, dass diese Dame nicht zu den Listerioseopfern gehört, obwohl das im Arztbrief klar festgestellt worden ist, Frau Dr. Oberhauser, Herr Gesundheits­minister, und damit den Verwandten auch die Möglichkeit zu nehmen, sich an der Fir­ma Prolactal – die in diesem Land mehrere Menschen vergiftet hat – schadlos zu hal­ten, und dieser Firma, sehr geehrte Damen und Herren von der Sozialdemokratie, noch die Räuberleiter zu machen, indem man sich in dieser Republik beim SMZ-Ost Arztbriefe bestellt (Abg. Mag. Stadler: Und dann ins Parlament verschickt!) – im Übri­gen über eine Dame, die bis zum heutigen Tag nicht obduziert worden ist, obwohl es eine anzeigepflichtige Krankheit ist, Frau Dr. Oberhauser, Herr Gesundheitsminister Stöger –, das sollte zu Ihrem sofortigen Rücktritt führen, und zwar heute noch!

Gehen Sie aus diesem Haus! Legen Sie Ihre Ämter zurück! Denn das, was Sie hier machen, ist menschenverachtende Politik in Reinkultur, sehr geehrte Damen und Her­ren! (Beifall beim BZÖ.  Ruf beim BZÖ: Skandal!)

Im Übrigen wird auch diese Gesetzesänderung, die der Herr Minister heute vorlegt, nichts bringen. Denn der Minister hat ja das Gesetz schon gebrochen, wie wir anhand dieses Vorfalls, anhand dieser Chronologie seit 14. August nachweisen konnten. Das heißt, wir können gar kein besseres Gesetz machen, wenn wir einen latenten Rechts­brecher auf der Regierungsbank haben, der sich an dieses Lebensmittelgesetz nicht hält.

Ich hätte mir von diesem Parlament, wenn es schon eine Gesetzesänderung macht, er­wartet, dass es in Österreich in Zukunft endlich nicht mehr möglich ist, dass holländi­sche Versandmilch, holländische Billigstmilch nur aus Gründen des Profits in Nieder­bayern in Topfen umgewandelt wird, aus dem dann in Hartberg in einer internationalen Firma auf einmal ein bäuerliches Produkt steirischer Provenienz wird, bei dem kein ein­ziger Bestandteil – vielleicht das Wasser – aus Hartberg kommt. Nicht einmal der Küm­mel, der in diesem Hartberger „Bauernquargel“ ist, kommt aus der Steiermark!

Das hätte ich mir erwartet, dass wir die Lebensmittelgesetze in Österreich endlich ver­schärfen – aber keine Gesetzesänderung, mit der man den Namen der Informations­politik des Ministers ein wenig abändert, obwohl wir wissen, dass es nicht nur die Infor­mationspolitik, sondern überhaupt ein latenter Rechtsbruch war, den der Minister seit 14. August bis heute zu verantworten hat.

Herr Minister, wir diskutieren heute die Ministeranklage: Zeigen Sie Anstand, treten Sie zurück, und übernehmen Sie tatsächlich die Konsequenzen! (Beifall beim BZÖ. Zwi­schenruf des Abg. Mag. Gaßner.)

14.25

14.25.10

 


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Für den Vorwurf in Richtung des Herrn Bundesminis­ters Stöger, dass er ein latenter Rechtsbrecher auf der Regierungsbank sei, erteile ich Herrn Abgeordnetem Grosz einen Ordnungsruf. (Abg. Grosz: Sehr gerne! – Abg. Mag. Stadler: Aber nur wegen der Regierungsbank! Weitere Zwischenrufe bei der SPÖ.)

*****


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll60. Sitzung / Seite 136

In weiterer Folge gelangt Frau Abgeordnete Dr. Belakowitsch-Jenewein zu Wort. 3 Mi­nuten Redezeit. – Bitte.

 


14.25.35

Abgeordnete Dr. Dagmar Belakowitsch-Jenewein (FPÖ): Herr Präsident! Herr Bun­desminister! Hohes Haus! Der Gesetzesänderung, die hier vorliegt – die eine Anlass­gesetzesänderung ist –, werden wir zustimmen, wenngleich ich schon anmerken möch­te, dass es in Wahrheit an diesem Fall überhaupt nichts geändert hätte.

Herr Bundesminister – und das hat heute auch der Kollege Maier wiederholt, als er ge­sagt hat, dass das Unternehmen gesetzlich verpflichtet ist –, Sie sind der oberste Be­amte, Sie hätten natürlich selbstverständlich bereits am 20. Jänner die Öffentlichkeit in­formieren können und müssen. Noch dazu, wo Sie gewusst haben, dass dieses Unter­nehmen auch schon in der Vergangenheit nicht immer ein Vorzeigeunternehmen ge­wesen ist. (Beifall bei der FPÖ.)

Da geht es nicht um Panikmache, denn es war bereits am 20. Jänner gesichert, wel­ches Lebensmittel die Ursache für diese Erkrankung ist. In dem Moment gibt es keine Panikmache mehr, sondern das ist reine Informationspolitik. Sie haben uns im Aus­schuss versucht klarzumachen, was nicht alles passiert ist, wo dieses Unternehmen nicht überall die Öffentlichkeit informiert hat. Das war aber alles sehr, sehr viel später.

Herr Bundesminister, wenn es so wäre, dass Sie es nicht machen dürften, dann hätten Sie auch am 16. Februar nach dem Ministerrat nicht sagen können: Ich habe die Öf­fentlichkeit informiert, sobald ich es gewusst habe! – Denn wenn es gar nicht Ihre Auf­gabe ist, hätten Sie es damals auch nicht machen müssen. Das ist also ein Widerspruch in sich.

Sie haben es verabsäumt, bereits im Jänner rechtzeitig die Bevölkerung zu informie­ren, und wir wissen heute sicher, dass sich nach diesem 20. Jänner noch Menschen angesteckt haben – und da nützt es nichts, darauf hinzuweisen und zu sagen, dass die ja den Quargel schon vor der Rückholaktion gekauft haben. No na net, nachher hätten sie ihn ja wohl schwer kaufen können.

Aber genau das ist ja der Vorwurf: Wären die Menschen ordentlich informiert gewesen, dann hätten sie vielleicht auch genauer geschaut im Kühlschrank und dann hätten sie vielleicht diesen Quargel, den sie in der Vergangenheit gekauft haben, nicht mehr ver­zehrt – und genau das ist das Problem.

Genau da haben Sie mit Ihrer Informationspolitik einen ganz, ganz großen Fehler ge­macht, und den können Sie nicht wegreden, da kommen Sie nicht davon los, auch wenn Ihnen jetzt der Regierungspartner die Mauer macht. Das ist Ihr Fehler gewesen, und diesen Fehler werden Sie mittragen müssen – egal, wie lange Sie dieses Amt noch innehaben; dieser Fehler haftet Ihnen auch in Zukunft an.

Wir werden dieser Gesetzesvorlage zustimmen, wenngleich ich schon auch noch da­rauf hinweisen möchte, dass dieses Gesetz sehr lückenhaft – sage ich jetzt einmal – ist. Wir wissen, dass es in diesem Gesetz dann eine Informationspflicht geben wird, wenn eine Gesundheitsgefährdung vorliegt. Wenn keine Gesundheitsgefährdung vorliegt, dann muss das Unternehmen, das ein Lebensmittel mit schlechter Kennzeichnung, mit fal­scher Kennzeichnung auf den Markt gebracht hat, auch nicht öffentlich genannt werden.

Ich halte das für einen ganz großen Fehler. Wir haben bereits vor einigen Jahren einen solchen Fall gehabt, da gab es diesen gentechnisch veränderten Reis. Die Folge da­von, dass das Unternehmen, das den gentechnisch veränderten Reis in Österreich auf den Markt gebracht hat, nicht genannt wurde, war, dass die gesamte Branche Einbußen hatte.


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll60. Sitzung / Seite 137

Ich halte das für eine schlechte Manier, die wir hier haben. Ich glaube, es macht kei­nen Sinn, hier ein Unternehmen zu schützen, das sich nicht ordentlich an Kennzeich­nungspflichten hält. Der Unternehmensschutz darf nicht vor dem Schutz der Bevölke­rung stehen; und letztendlich wird dann die ganze Branche in Mitleidenschaft gezogen. Wir hätten uns gewünscht, dass das noch reinkommt, vielleicht schaffen Sie es zu einem späteren Zeitpunkt.

Der Ministeranklage des BZÖ, diesem Antrag werden wir nicht unsere Zustimmung geben. Wir haben bereits am 19. Februar eine Sachverhaltsdarstellung an die Staats­anwaltschaft eingebracht. Ich denke, das ist ausreichend. Die Gerichte sind jetzt am Wort, die Gerichte haben jetzt die Schuld oder auch Unschuld festzustellen; und ich glaube, wir sollten erst einmal die Gerichte arbeiten lassen, und dann können wir schauen, was herausgekommen ist.

Sollte das Gericht zu der Erkenntnis kommen, dass sich der Bundesminister Stöger in irgendeiner Art und Weise nicht nur politisch, sondern auch rechtsrelevant schuldig ge­macht hat, dann ist es ohnehin klar, dass der Minister zurücktreten wird müssen. Es ist aber nicht unsere Aufgabe, das hier zu klären. (Abg. List: Freilich! Abg. Grosz: Das ist eine politische Frage!)

Herr Abgeordneter Grosz, ich glaube, wenn wir jetzt im April anfangen, eine Klage ein­zubringen, dann wären wir auch ein bisschen zu spät dran. Die Reaktion, dass man das sofort gemacht hat, zu dem Zeitpunkt, als es bekannt gemacht worden ist, war mit Si­cherheit die klügere. (Beifall bei der FPÖ.)

14.30


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Als nächster Redner gelangt Herr Abgeordneter Dr. Pirklhuber zu Wort. 5 Minuten Redezeit. – Bitte.

 


14.30.00

Abgeordneter Dipl.-Ing. Dr. Wolfgang Pirklhuber (Grüne): Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Werte BesucherInnen im Haus! Es geht um eine wichtige Frage, Lebensmittelsicherheit betrifft uns alle: Wir gehen tagtäglich einkaufen, wir essen Pro­dukte, die wir nicht immer selbst zurückverfolgen können, und dazu gibt es die Lebens­mittelkontrolle und Lebensmittelqualitätssicherung.

Bleiben wir bei den Fakten. Was sind denn wirklich die Fakten am Schluss dieses Pro­zesses, dieser Situation? Es stehen ja noch die strafrechtlichen Erhebungen in der Steiermark an, auf die sind wir natürlich sehr neugierig, aber Fakt ist: Es kam zu tragi­schen Todesfällen, das soll überhaupt nicht verschwiegen werden. Das ist wirklich ein ganz gefährlicher Keim, und es ist einfach ein Problem, dass es Kontaminationen gibt, die eben auch ganz gravierende Auswirkungen auf die Gesundheit, bis zum Todesfall, haben können.

Was ist zweitens Faktum? Es ist ein gravierender Etikettenschwindel – und das betrifft schon mehr die politische Verantwortung –, wenn ein Unternehmen „Hartberg“ und „Bau­ernquargel“ auf ein Produkt schreiben kann, und beides ist gelogen. Es hat mit Hartberg null zu tun, außer dass die Firma dort steht, und mit Bauern hat es auch nichts zu tun, denn es ist Versandmilch, die aus dem Import verarbeitet wurde.

Also dort gilt es primär die Verantwortung zu sehen, und da wären wir auch bei dem Punkt, wo wir sagen, dass wir vieles, was im gemeinsamen Fünf-Parteien-Antrag im Februar beschlossen wurde, mit dem Gesetz umgesetzt haben. Einige Dinge warten noch auf die Umsetzung, insbesondere die Herkunftskennzeichnung. Wir wissen, das ist ein europäisches Thema, aber auch ein österreichisches, und wir hoffen, in den nächsten Monaten da auch weiterzukommen.


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll60. Sitzung / Seite 138

Was ist noch Faktum? Faktum ist die Unkenntnis einer Geschäftsführung, was die ge­setzlichen Vorschriften betrifft, das ist offensichtlich. Diese Geschäftsführung von Pro­lactal hat vorsätzlich – würde ich vermuten, weil sie müsste es besser wissen – auch kontaminierte Produkte in den Verkehr gebracht. Ja, das ist unglaublich. Da bin ich sehr neugierig auf die strafrechtlichen Relevanzen, und wenn die nicht gegeben sind, dann müssen wir auch da das Gesetz ändern, denn das kann nicht sein, dass in so wirklich weitreichenden Unternehmungen Personen arbeiten, die keine Ahnung von den gesetzlichen Grundlagen haben.

Außerdem sind massive Hygienemängel und leider, und das muss man schon dazusa­gen, auch Kontrolldefizite in der Steiermark Fakten. Das ist sicher auch in der Steier­mark zu diskutieren. Da sehen wir wieder: Schnittstelle Lebensmittelkontrolle, eine Fra­ge der Länder, der mittelbaren Bundesverwaltung. Und ich gebe dem Kollegen Maier völlig recht, dass das einheitliche Qualitätsmanagement und die Bündelung der Infor­mation bei der AGES – und diese Aufgabe hat die AGES – ein ganz wichtiger und rich­tiger Schritt sind; und dann ist die Verantwortung auch klar. In Zukunft gibt es keine Ausreden mehr, wer jetzt wem was nicht oder schon gegeben hat. Dann ist es die AGES, die die Informationsbündelung zu vollziehen und auch umzusetzen hat.

Ja, und was ist auch noch klar? Das Unternehmen hat sogar Agrarexportsubventionen bekommen, 800 000 € im Jahr 2006/2007 – da muss man sich anschauen, ob auch dort irgendetwas erschwindelt wurde. Nach dem, wie dieses Unternehmen arbeitet, muss man ehrlich vermuten, dass mehreres schief liegt, was dort vorgegangen ist.

Jetzt aber zum Gesetz, zum vorliegenden Lebensmittelsicherheits- und Verbraucher­schutzgesetz: Wir werden ihm diesmal zustimmen. Es sind mehrere gute Punkte und Teilumsetzungen des gemeinsamen Fünf-Parteien-Antrages enthalten. Einige sind schon erwähnt worden, zum Beispiel die Informationspflicht des Gesundheitsministers bei Verdacht von Gemeingefährdung durch Lebensmittel auf Basis von Kontamination. Das ist ein ganz wichtiges Anliegen, denn dann können Sie viel früher eingreifen. Die Überprüfung im vorliegenden Fall hätte dann schon viel früher, nämlich eventuell schon im Jänner, stattgefunden. Dann hätten Sie vielleicht schon Mitte Jänner von der AGES die Mitteilung bekommen: Achtung, da ist etwas Gröberes im Anmarsch. Ist das ein re­levantes Problem, das wir auch schon der Öffentlichkeit mitteilen sollten? – Dann wä­ren Sie auf Basis des neuen Gesetzes in Ihrer politischen Verantwortung mehr oder weniger auch zu Handlungen verpflichtet gewesen.

Der jährliche Lebensmittelbericht ist ein wichtiger Schritt in die richtige Richtung. Wir haben jahrelang gemeinsam darum gestritten. Der Kollege Maier hat recht, es ist auch deshalb positiv, weil es eine Umsetzung aus dem Regierungsübereinkommen ist. Wir von der Opposition sind ja froh, wenn gearbeitet wird, wenn es in die Richtung geht, die wir Grüne auch für zukünftig notwendig und richtig halten.

Ein Aspekt, der noch nicht angesprochen worden ist: dass die Grenztierärzte neue Auf­gaben bekommen, sie werden jetzt verstärkt auch für die Importkontrolle bei tierischen Produkten und bei Lebensmitteln generell herangezogen. Das ist notwendig geworden, weil Tierärzte einfach nicht mehr in dem Ausmaß gebraucht werden, da in der Schweiz und in anderen Bereichen andere Vereinbarungen gelten.

Ganz wichtig sind die Meldungen der Labors. Man muss sich vorstellen: Prolactal be­auftragt ein Labor mit Untersuchungen zur Qualitätssicherung, das ist die Eigenkontrol­le. Wenn dieses Labor einen positiven Fund, einen Listerienfall findet, dann hat es nach dem neuen Gesetz die Verpflichtung, innerhalb von zwei Tagen das an die AGES weiterzumelden. Dann ist es nicht mehr möglich, so etwas unter den Teppich zu keh­ren oder, wie vermutet werden muss, diese kontaminierten Produkte eventuell sogar an Sozialeinrichtungen weiterzugeben. Auch das wird noch bei der Firma Prolactal zu klären sein.


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Summa summarum ist das Gesetz ein guter Schritt in die richtige Richtung, enthält es doch einige ganz wesentliche Punkte, die wir auch wirklich mittragen können. Ich hoffe, dass es so weitergeht, Herr Bundesminister, wir haben noch einiges zu tun in diesem Bereich. – Danke. (Beifall bei den Grünen.)

14.35


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Dr. Oberhau­ser. 4 Minuten Redezeit. – Bitte.

 


14.35.59

Abgeordnete Dr. Sabine Oberhauser, MAS (SPÖ): Herr Präsident! Herr Bundesmi­nister! Werte Kolleginnen und Kollegen! Ich bin sehr froh darüber, dass meine Vorred­ner – ich sage jetzt einmal: fast alle – sehr sachlich und sehr seriös einerseits die Fra­ge der Listerieninfektionen, andererseits auch die Frage der Novellierung dieses Ge­setzes – der vielen positiven Dinge, die mit dieser Einigung gelungen sind – hervorge­strichen haben.

Zum Abgeordneten Grosz – es tut mir leid, ich muss es Ihnen wieder sagen –: Es wer­den Unwahrheiten nicht wahrer, wenn Sie sie öfter darbringen. (Abg. Mag. Gaßner: Und schreien!) Ich bewundere Ihre rhetorischen Tricks, Kniffe oder wie auch immer Sie das nennen wollen, hier mit Halbwahrheiten und Unwahrheiten herumzuagieren und he­rumzujonglieren. Das ist wirklich bewundernswert.

Nur, wie gesagt, diese Diskussion, dieses Skandalisieren, es sei ein Arztbrief unter Verletzung der Geheimhaltung an alle versandt worden, wird dadurch um nichts wah­rer. (Abg. Grosz hält ein Schriftstück in die Höhe.) Ja, Sie können das hoch halten. Ich habe ihn mir jetzt noch einmal angeschaut. Das ist ein Brief an die AGES, wo keinerlei Patientendaten drinnen sind (Zwischenrufe der Abgeordneten Ursula Haubner und Grosz), kein Name einer Patientin drinnen ist, sondern wo eine Stellungnahme des-
sen drinnen ist, was auf Anfrage der ärztliche Direktor eines Hauses an eine Behörde mit ... (Abg. Grosz: Die schickt man an das Parlament?  Abg. Ursula Haubner: An die Präsidentin!) Ja, ja! Mit zur Weitergabe an die .... (Neuerliche Zwischenrufe des Abg. Grosz. – Abg. Ursula Haubner: Das kann aber nicht in Ordnung sein! Seien Sie mir nicht bös´!)

Um die Unwahrheiten und Unterstellungen, die Herr Abgeordneter Grosz im Ausschuss gemacht hat, klarzustellen, weil das in der Situation nicht klar war: Provozieren, he­rausfordern und dann irgendwie sagen, da kann man doch nicht wirklich wegsehen ... – das stimmt nicht.

Die zweite Sache – die auch nur eine Halbwahrheit ist, Herr Abgeordneter –, dass man jemandem jede rechtliche Möglichkeit nimmt, auf Schadenersatz zu klagen, wenn ein Angehöriger nicht verifiziert an Listerien verstirbt, stimmt auch nicht. Im Rahmen der Produkthaftung ist es so, dass bei einer nachgewiesenen Erkrankung oder einem Scha­den durch ein Produkt die Ansprüche genauso gewahrt sind.

Das heißt, noch einmal: Ich bin dafür, darüber zu reden, was man aus diesem Fall ler­nen kann – und ich glaube, wir haben das auch in ganz, ganz vielen Sitzungen hier zum Teil sehr sachlich, zum Teil sehr polemisch diskutiert, und ich glaube, die Lehren wurden gezogen (Abg. Grosz: Nein, noch nicht alle! Der Minister ist noch nicht gegan­gen!), das sieht man an der Einigung, die wir im Gesetz danach haben. So sollte man es machen.

Dass der Fall kein lustiger ist und dass er für die Betroffenen auch wirklich ein drama­tischer und tragischer ist, ist keine Frage. Nur, noch einmal: Politisches Kleingeld da­raus zu schlagen, dass man versucht, einen Minister als Lügner hinzustellen, ihn als potentiellen Rechtsbrecher hinzustellen – und das Ganze unter dem Deckmantel, et­was aufklären zu wollen –, das halte ich nicht für in Ordnung.


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Genau dasselbe vom Kollegen Spadiut, der der Erstredner war und den Kollegen Ra­singer in der Frage, ob der Humanmediziner nicht wirklich gleich auf das Gefährlichste schauen muss, so angegriffen hat. (Anhaltende Zwischenrufe der Abg. Ursula Haub­ner.) Ich habe jetzt noch einmal gegoogelt: Es ist eine Inzidenz von 0,25 auf 100 000, dass Listerien auftreten. Das heißt, wenn ich jetzt jemanden mit Durchfall und Erbre­chen habe, bin ich weder ein schlechter Arzt, noch verstoße ich gegen irgendetwas, wenn ich nicht gleich an Listerien denke.

Auch in der Humanmedizin ist das, was häufig ist, häufig, und auf das schaut man und behandelt zuerst, und wenn dann keine Besserung erfolgt, muss man weitersuchen. (Beifall bei den Grünen sowie bei Abgeordneten der SPÖ.)

Wir haben, glaube ich, einiges daraus gelernt. Ich hoffe, dass so ein Fall nie wieder auftritt, und ich würde mir wirklich eine sachliche Auseinandersetzung – wie es bei al­len anderen Fraktionen bei diesem Thema der Fall ist – hier weiter wünschen und nicht die Polemisierung, die vonseiten des BZÖ kommt. (Beifall bei der SPÖ.)

14.39


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Als nächster Redner gelangt Herr Abgeordneter Dr. Rasinger zu Wort. 3 Minuten Redezeit sind eingestellt. – Bitte.

 


14.40.02

Abgeordneter Dr. Erwin Rasinger (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehr­ter Herr Minister! Hohes Haus! Ich glaube, es ist heute in der Diskussion schon ziem­lich klar herausgekommen: Wenn jemand Durchfall und Erbrechen hat, dann ist wahr­scheinlich nicht der erste Reflex, dass man gleich alle österreichischen Supermärkte leer räumt und alles auf Listerien-Verdacht hin beschlagnahmt, wie es Herr Grosz gern hätte. (Abg. Grosz: Auch wenn drei Leute sterben an Durchfall!)

Es ist traurig, traurig, aber ... (Abg. Grosz: Das grenzt an Kurpfuscherei! Das ist rhe­torische Kurpfuscherei!)

Ich halte noch einmal fest, Herr Abgeordneter Grosz, ich werde Ihnen jetzt keine medi­zinische Belehrung geben – Sie sind nicht Arzt, ich bin Arzt –, aber: Bei Durchfall und Erbrechen, das ist ein Symptom, das von Hunderten Keimen verursacht werden kann, kann man nicht von Haus aus sagen, dass es Listerien sind. Meist kommt der Verdacht auf, wenn jemand auf der Intensivstation landet; man sucht und sucht – meist bei Ge­hirnhautentzündung –, und dann stellt man in einem mühsamen Procedere fest, dass es Listerien sind.

So viel dazu für diejenigen, die nicht Mediziner sind, damit klar ist, dass nicht bei jedem Durchfall plötzlich „Listerien“ geschrien wird.

Österreich hat es – das lassen Sie auch immer unter den Tisch fallen – im Gegensatz zu Deutschland geschafft, den Verursacher herauszufinden. Das ist ja die Schwierig­keit, herauszufinden, welche Firma verantwortlich ist. Angenommen, die Spitalsverwal­tung sagt, wir haben einen Listerien-Fall, dann können die Verursacher Tausende Pro­dukte sein. Wie wollen Sie in Österreich dann der Firma Billa oder der Firma Spar sa­gen: Bitte räumt jetzt alle Milchprodukte weg? – Die Folge wäre eine derartige Haf­tungsklage, wenn sich der Verdacht dann nicht bewahrheitete, die sich gewaschen hätte.

Deshalb sollte man auf dem Boden der Realität bleiben. Wir brauchen weder einen Hell­seher als Minister noch einen Panikmacher als Minister, so sehr es auch – wahrschein­lich – in Ihrem Interesse ist, Wirbel zu schlagen.

Ich muss bedauern – ich bin schon ziemlich lange im Parlament –, was Sie rund um die Ministeranklage aufgeführt haben – ich sage bewusst: aufgeführt – in der Wort­wahl – Lüge, Vertuschen und so weiter. Ich habe mir immer gedacht, wir sind das Ho-


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he Haus, ich habe mir gedacht, es gibt irgendwie einen Basiskonsens über eine Mini­malfairness. Dass Sie die Fairnesslatte unter die Knöchelhöhe legen, damit müssen Sie selber leben. Sie waren selbst einmal Teil eines Ministeriums und wissen, wie schwierig das ist.

Trotzdem, wir wollen nicht vertuschen, wir wollen verbessern. Die Information durch die Firma, bei dem konkreten Fall, war meiner Meinung nach überprüfenswert. Darum ma­chen wir eine Gesetzesänderung, der das Haus hoffentlich mit großer Mehrheit zustim­men wird.

Ich halte es auch für problematisch – was Herr Abgeordneter Pirklhuber gesagt hat –, dass eine Firma einen mit ausländischer Milch erzeugten Quargel als „österreichischen Quargel“ bezeichnen kann. Das ist zur Information des Konsumenten nicht gerade hilf­reich.

In Summe ist trotzdem zu sagen: So bedauerlich das alles ist, man sollte daraus ler­nen. Auch in der Medizin gilt: Panik kann krank machen, Herr Abgeordneter Grosz. Ich würde Ihnen raten, das ein bisschen zu berücksichtigen, denn es gibt auch einen Tag nach der steirischen Landtagswahl. (Beifall bei ÖVP und SPÖ.)

14.43


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Als nächster Redner zu Wort gelangt Herr Abgeord­neter Dr. Karlsböck. 3 Minuten Redezeit. – Bitte.

 


14.43.50

Abgeordneter Dr. Andreas Karlsböck (FPÖ): Herr Präsident! Herr Minister! Hohes Haus! Einverstanden, Herr Kollege Rasinger, es ist offensichtlich, dass wir täglich mit Lebensmitteln zu tun haben, die mit Bakterien in verschiedener Konzentration mit ver­schiedenem krankmachendem Potential konfrontiert werden. Als logische Folgerung daraus jedes Mal einen ganzen Industriezweig stillzulegen und die Bevölkerung in Angst und Schrecken zu versetzen, ist nicht durchführbar und wäre albern. Darüber besteht, glaube ich, hier im Haus weitgehend Konsens.

Es muss allerdings so sein, und hellhörig muss man als Verantwortlicher werden, wenn es in diesem Zusammenhang zu einer Konzentration von Krankheitsfällen kommt. Das werfen wir den handelnden Akteuren – dem Ministerium und auch der AGES – vor, dass dies nicht so passiert ist, wie es hätte sein sollen und wie wir das wahrscheinlich gemacht hätten.

Die Novelle des neuen Gesetzes sollte sicherstellen, dass es hier zu einer deutlichen Besserstellung kommt. Es ist gekommen, es kommt, es wird zu einer Besserstellung kommen, allerdings nicht in der Art und Weise, wie wir uns das vorgestellt hätten. Es kommt im konkreten Fall maximal zu einem zweitägigen Zeitgewinn im Falle eines be­gründeten Verdachtes, und das ist viel zu wenig.

Ich hätte mir vorgestellt, und das haben wir im Ausschuss auch artikuliert, dass es an­statt der momentanen verstärkten Eigenkontrolle zu einer verstärkten Kontrollfrequenz durch die Behörde kommt. Das ist leider nicht der Fall, wenn man sich diese Gesetzes­novelle durchliest.

Im gegenständlichen Fall wird man den Eindruck nicht los, dass die Koordination der Behörden und vor allem der handelnden Akteure wirklich im Argen liegt, und man wird das ungute Gefühl nicht los, dass hier wirklich inkompetent gehandelt wird. Daran sind die handelnden Beteiligten teilweise selber schuld, denn der Brief des SMZ-Ost, den uns Kollege Grosz vorgelesen hat, der gestern grassiert ist und an uns alle ver­schickt worden ist, ist keine Visitenkarte, und das sollte in dieser Art und Weise nicht erfolgen. Das hat einen negativen Beigeschmack, diesen negativen Beigeschmack des


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Intervenierens, des Unter-den-Tisch-Kehrens, des schlechten Gewissens. Die ganze Branche wird durch solche Aktionen nicht gerade in besserem Licht dargestellt.

Im Zusammenhang mit diesem Listerien-Skandal ergibt sich nämlich noch das Pro­blem, dass bei uns in Österreich offensichtlich manche Firmen dieses Gesetz so ausle­gen, wie sie es für richtig erachten. In dem konkreten Fall – wie wir es auch dargestellt und gesehen haben – ist es ja so, dass die Firma offensichtlich ganz bewusst die Lis­terien in ihrem Produkt belassen hat. Die Firma hat davon gewusst, dass ihr Produkt mit Listerien verseucht ist, sie hat sich auf einen ominösen Grenzwert berufen. Diesen Grenzwert habe ich versucht herauszufinden. Ich habe ihn nicht finden können. Das heißt, auf Deutsch gesagt, die haben ganz bewusst ein Produkt mit einem verseuchten Inhaltsstoff in den Handel gebracht mit der Argumentation, dies liegt ja unter dem omi­nösen Grenzwert.

Da stellen sich natürlich schon die Fragen: Wo war die Behörde? Wo waren die Kon­trolleure? Haben die das irgendwie dokumentiert? Haben die das irgendjemandem ge­sagt? – Wenn das so gewesen wäre, wäre das tatsächlich ein Skandal, der noch weit über das hinausgeht, was wir heute diskutieren.

Ein letzter Satz: Der Konsument muss, wenn er in Österreich in ein Geschäft geht, sich sicher sein, dass er die bestmögliche Qualität aufgrund einer bestmöglichen Kontrolle durch die Behörden bekommt. Wir hoffen, dass dieses Gesetz ein kleiner Schritt in die richtige Richtung ist. (Beifall bei der FPÖ.)

14.48


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Zu einer Stellungnahme hat sich Herr Bundesmi­nister Stöger zu Wort gemeldet. – Bitte.

 


14.48.09

Bundesminister für Gesundheit Alois Stöger, diplômé: Herr Präsident! Hohes Haus! Liebe Zuhörerinnen! Liebe Zuhörer! Ich denke, dass dieses neue Gesetz, das Lebensmittelsicherheits- und Verbraucherschutzgesetz, dazu dient, dass der österrei­chische Weg, gute Lebensmittel zu produzieren, diese zu kontrollieren und der Bevöl­kerung Lebensmittel auf höchstem Niveau zur Verfügung zu stellen, gestärkt wird. Wir müssen mit jeder Maßnahme lernen, wie wir die Situation insgesamt verbessern kön­nen, damit die Informationspflicht, damit die Lebensmittelsicherung in Österreich ver­bessert werden kann.

Ich sage dazu: Qualität von Lebensmitteln kann man nicht erprüfen, sondern die Quali­tät von Lebensmitteln muss in einem Unternehmen produziert werden. Jeder Unterneh­mer hat die Verpflichtung, das Lebensmittel, das er auf den Markt bringt, ständig zu kontrollieren und nur die beste Qualität auch anzubieten.

In diesem Sinne haben wir auch eine neue Regelung geschaffen, damit auch – Abge­ordneter Pirklhuber hat es angesprochen – die Labors, die diese Überprüfung vorneh­men, Meldung an die Behörden machen müssen, dass tatsächlich, wenn solche Liste­rien auftreten, das bekannt wird. Damit werden die Sicherung und die Information durch die Behörden gestärkt.

Wichtig ist auch, dass man als Behörde reagieren kann, wenn ein begründeter Ver­dacht vorliegt. Bisher war es so, dass eine Behörde nur dann reagieren konnte, wenn einwandfrei, klar nach Beweisregeln festgestellt worden ist, dass ein ungesundes Le­bensmittel, ein schädliches Lebensmittel vorliegt; dann haben wir handeln dürfen. Wir setzen das jetzt vor.

Ich sage auch, dass es ganz zentral und wichtig ist, dass wir diese guten Lebensmittel auch tatsächlich an den Mann, an die Frau bringen dürfen.


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Wie können wir warnen? – Es ist jetzt in der Novelle eine Regelung enthalten, wie eine Warnung zu erfolgen hat. Ich erinnere daran und möchte im Hohen Haus auch darauf hinweisen, dass spätestens am 23. Jänner über den Österreichischen Rundfunk, über viele Schienen in Österreich gewarnt worden ist, teilweise durch das Unternehmen, teil­weise durch den Rundfunk. Ich sage das nur ganz deutlich.

Eines ist mir noch besonders wichtig, nämlich darauf hinzuweisen, dass das Bundes­ministerium für Gesundheit mit dem Parlament über Ihre Präsidentin kommuniziert. Es wurde im Ausschuss etwas in den Raum gestellt, das man so nicht stehen lassen kann. Ich habe die Präsidentin ersucht, den Mitgliedern des Ausschusses diese Information zukommen zu lassen; das im Sinne einer klaren Transparenz.

Es ist angesprochen worden – und da ersuche ich das Parlament um Unterstützung –, dass bei Lebensmitteln der Inhalt bekannt sein soll, dass die Qualität auch ausgezeich­net wird.

Wir behandeln derzeit in den Regierungsberatungen das Thema „Gütezeichengesetz“, durch das besondere Qualitäten ausgezeichnet werden sollen; und ich ersuche darum, auch mitzuwirken, dass wir in Zukunft ein Gütezeichengesetz haben, in dem auch Le­bensmittelqualitäten vorkommen. – Danke. (Beifall bei SPÖ und ÖVP.)

14.52


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Klikovits. Frei­willige Redezeitbeschränkung: 2 Minuten. – Bitte.

 


14.52.26

Abgeordneter Oswald Klikovits (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Hohes Haus! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Herr Bundesminister! Ich schließe mich allen Vorrednern an, die gemeint haben, dass mit diesem Gesetz jetzt eine noch bessere Kontrolle möglich ist, damit solche Fälle, wie wir sie zu beklagen haben, in Zukunft ver­mieden werden können. Ob sie letztendlich ganz vermieden werden können, werden wir nie wissen. Wir haben zumindest, glaube ich, mit diesem Gesetz die Chance gege­ben, dass eben noch mehr Sicherheit für unsere Lebensmittel geboten wird.

Ich schließe mich natürlich nicht diesem Theater an, das Herr Kollege Grosz heute wie­der aufgeführt hat. Das hat er ja schon in der Generalprobe, im Ausschuss, gemacht, und wir, die wir im Ausschuss sind, haben das schon zum zweiten Mal gehört.

Ich schließe mich all jenen an, die meinen, dass Herr Kollege Grosz mit Halbwahr­heiten versucht die Bevölkerung zu verunsichern und sich dort in Szene zu setzen, wo es völlig unangebracht ist. Ich teile auch die Meinung des Kollegen Rasinger, Herr Kol­lege Grosz, dass es wirklich geschmacklos ist, sozusagen mit diesen tragischen Fällen jetzt auch noch politisches Kleingeld zu sammeln, das Sie so nicht bekommen werden. (Beifall bei ÖVP und SPÖ.)

Ich glaube, dass es jetzt wichtig ist, dass wir die Bevölkerung wissen lassen, dass sie Sicherheit hat, wenn sie Produkte kauft, und dass daraus keine Krankheitsfälle resul­tieren.

Ich bin nicht der Pflichtverteidiger des Herrn Bundesministers, und man kann sicherlich über viele Vorhaben oder Nichtvorhaben, die er leistet, diskutieren, aber wir von der Österreichischen Volkspartei werden dieser Inszenierung, die Sie hier gemacht haben und bei der Sie die Abberufung des Herrn Bundesministers verlangt haben, sicherlich nicht unsere Zustimmung geben. Wir werden ihn dort unterstützen, wo es notwendig ist, dass wir eben mehr Sicherheit haben und dass wir bessere Gesetze für die öster­reichische Bevölkerung machen. (Beifall bei ÖVP und SPÖ.)


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll60. Sitzung / Seite 144

14.54


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Als nächster Redner zu Wort gelangt Herr Abge­ordneter Keck. 3 Minuten Redezeit. – Bitte.

 


14.54.55

Abgeordneter Dietmar Keck (SPÖ): Herr Präsident! Herr Minister! Meine Damen und Herren! Mit der Regierungsvorlage zur Abänderung des Lebensmittelsicherheits- und Verbraucherschutzgesetzes wird der Fünf-Parteien-Entschließung vom 24. Februar 2010 Rechnung getragen, mit der eine Neuregelung der behördlichen Reaktion und der In­formation der Öffentlichkeit im Fall lebensmittelbedingter Krankheitsausbrüche gefor­dert wurde.

So soll es künftig auch dann möglich sein, Maßnahmen zur Information der Öffentlich­keit zu ergreifen, wenn der begründete Verdacht eines lebensmittelbedingten Krank­heitsausbruches besteht und ein Zusammenhang mit konkreten Lebensmitteln festge­stellt werden kann. Die Information erfolgt, sofern Personen erkranken und weitere Ge­fährdungen nicht auszuschließen sind.

Meine Damen und Herren, da die Österreichische Agentur für Gesundheit und Ernäh­rungssicherheit bereits für die fachliche Bewertung von Pflanzenschutzmitteln verant­wortlich zeichnet, soll ihr in dieser Vorlage auch die Zuständigkeit im Bereich der Fest­setzung von Rückstandshöchstwerten in Lebensmitteln zugesprochen werden.

Die Regierungsvorlage sieht außerdem vor, dass Importkontrollen von pflanzlichen Le­bensmitteln im Sinne der Effizienzsteigerung zukünftig von Organen des Bundes, zum Beispiel von Grenztierärzten, durchgeführt werden. Die Gebühren für amtliche Kontrol­len entfallen. Mit der Vorlage werden außerdem Anpassungen an das Gemeinschafts­recht und Anpassungen zur Vermeidung von Auslegungsschwierigkeiten vorgenommen.

Während manche versuchen, aus menschlichen Tragödien politisches Kleingeld zu schlagen, hat Gesundheitsminister Stöger Verantwortung übernommen und die Novel­le des Lebensmittelsicherheits- und Verbraucherschutzgesetzes hier vorgelegt. Gerade der aktuelle Listerien-Skandal zeigt, wie notwendig es ist, klare Regeln zu haben, wenn es zum Ausbruch von Krankheiten kommt, die auf Lebensmitteln basieren. Einerseits gibt es natürlich strikte Abläufe wie zum Beispiel Fristen für Kontrollen oder eindeutige Zuständigkeiten, andererseits aber gehört auch die richtige, maßvolle und vor allem verständliche Information der Öffentlichkeit dazu.

Anders als es im konkreten Fall leider Kollege Grosz macht, geht es bei einer solchen Katastrophe um seriöse Warnungen und Informationen, es geht nicht um Panikmache und haltlose Beschuldigungen.

Gesundheitsminister Stöger hat mit der hier vorliegenden Gesetzesnovelle nicht nur dem Wunsch des Parlamentes entsprochen, sondern hat mit seinem Ressort in Win­deseile auf ein brandaktuelles Problem reagiert. Er nimmt sein Amt sehr ernst und hat bewiesen, dass er ein Minister ist, der schnell und richtig zum Wohle der Österreicher­innen und Österreicher reagiert. (Beifall bei der SPÖ sowie bei Abgeordneten der ÖVP.)

14.57


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Als nächster Redner zu Wort gelangt Herr Abgeord­neter Dipl.-Ing. Deimek. Ich mache darauf aufmerksam, dass ich die Uhr auf 2 Minuten einstelle, weil wir dann zum Aufruf der Dringlichen Anfrage kommen. – Bitte.

 


14.57.59

Abgeordneter Dipl.-Ing. Gerhard Deimek (FPÖ): Herr Präsident! Herr Bundesminis­ter! Hohes Haus! Lebensmittelsicherheits- und Verbraucherschutzgesetz – ich meine, der Titel ist ja schon ein positiver Anfang. Schaut man sich jetzt den Inhalt an, so sind es durchaus erfolgreiche Punkte, die, abgeleitet von der Basis des Fünf-Parteien-Antra­ges, hier behandelt werden:

natürlich die obligaten Anpassungen an das Gemeinschaftsrecht;


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wichtig und interessant auch die Festsetzung von Rückstandshöchstwerten in den Le­bensmitteln, und zwar im Zusammenhang mit den Pflanzenschutzmitteln, und dass die AGES dazu in die Ziehung genommen wird für deren Festsetzung;

wichtig und interessant auch eine Importkontrolle der pflanzlichen Lebensmittel und die Streichung der Gebühren für die amtliche Kontrolle.

Leider nicht enthalten – aber Hoffnung ist durchaus auch ein politisches Prinzip – ist die freiheitliche Forderung nach Messung, Offenlegung und konsequenter Veröffentli­chung von Trinkwasserwerten. Da kann man aber natürlich streiten, ob das so in die­sem Gesetz der Fall sein soll. Wir sind der Meinung, es wäre notwendig und wichtig ge­wesen.

Der eigentliche und wichtigste Punkt ist die neue Festlegung der Vorgangsweise für In­formation bei Fällen wie dem Listerien-Fall.

Man kann jetzt darüber diskutieren, ob das eine Anlassgesetzgebung ist, wie es von­seiten des BZÖ einmal vorgeworfen wurde. Ein Gegenargument wäre: Wenn wir die­sen Fall nicht als Anlass für das Gesetz genommen hätten, ich glaube, dann wäre die Kritik umso heftiger gewesen; also lasse ich mir das in diesem Fall durchaus einreden.

Wichtig ist, dass entsprechende Vorsorgen getroffen werden. Mir ist schon bewusst, dass der ganze Fall für den zuständigen Minister immer eine Gratwanderung bedeu­tet – ist man mit den Veröffentlichungen zu früh dran, stehen natürlich die Klagen im Raum, ist man zu spät dran, steht berechtigte politische Kritik im Raum.

Herr Bundesminister, ich glaube aber, man wird in diesem Fall den Verdacht nicht ganz los, dass Sie etwas spät gehandelt haben. (Präsident Dr. Graf gibt das Glockenzei­chen.) – Gut, Rest danach. (Beifall bei der FPÖ.)

15.00


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Herr Kollege Deimek, wollen Sie nach Behandlung der Dringlichen Anfrage und nach der Kurzdebatte Ihre Ausführungen noch fortsetzen? – Ja, dann fahren wir so fort.

Ich unterbreche nunmehr die Verhandlung über die Punkte 3 und 4 der Tagesordnung, damit die verlangte Behandlung einer Dringlichen Anfrage gemäß der Geschäftsordnung um 15 Uhr stattfinden kann.

15.00.40Dringliche Anfrage

der Abgeordneten Josef Bucher, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminis­ter für Finanzen betreffend schwarze Steuerwolken über Österreich – Pröll­nocchio 2.0 (5077/J)

 


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Wir gelangen zur dringlichen Behandlung der schrift­lichen Anfrage 5077/J.

Da diese inzwischen allen Abgeordneten zugegangen ist, erübrigt sich eine Verlesung durch den Schriftführer.

Die Dringliche Anfrage hat folgenden Wortlaut:

„Keine neuen Steuern! Das war mein Ziel, und dazu stehe ich auch,“ so der Finanz­minister anlässlich der Aktuellen Stunde vom 24. März 2010 – zu einem Zeitpunkt, zu dem er schon längst der Unwahrheit überführt war.

Das sattsam bekannte „Keine-neuen-Steuern-Märchen“, das dem Vizekanzler völlig zurecht den Titel „Pröllnocchio“ einbrachte, wurde nunmehr mit gestrigem Tag durch einstimmigen Beschluss des Bundesfinanzrahmengesetzes 2011 bis 2014 sowie des


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entsprechenden Strategieberichts im Ministerrat sozusagen in Stein gemeißelt, und da­mit letztlich der „Steuerbelastungsalbtraum“ für die Österreicherinnen und Österreicher festgeschrieben!

Die schlimmsten Befürchtungen haben sich damit nicht nur bestätigt, sondern wurden noch dadurch übertroffen, dass nunmehr nicht mehr „nur“ von 1,7 Mrd. Euro aus Steu­ererhöhungen, sondern von jährlich 4,1 Mrd. Euro ab dem Jahr 2014 die Rede ist.

Wenn das Finanzministerium laut Standard vom 20. April 2010 behauptet, die Länder hätten sich verpflichtet, jene Summen, die sie via Steuern zusätzlich bekommen, durch Reformen und Ausgabenkürzungen wieder einzusparen, dann entbehrt dies jeder rea­listischen Grundlage.

So teilt die Wiener Vizebürgermeisterin Brauner im Kurier-Interview vom 18. April 2010 unmissverständlich mit, dass Wien „selbstverständlich“ auf dem vollen Drittelanteil für die Länder bestehen werde.

Angesichts dieses nunmehr evidenten Steuerbelastungsfrontalangriffs auf die österrei­chische Bevölkerung, gewährt folgende von Klubobmann Kopf noch vor wenigen Wo­chen im Rahmen der Debatte zu einer Dringlichen Anfrage des BZÖ getätigte Aussage besonders tiefe und erschreckende Einblicke in die wahre Geisteshaltung der ÖVP:

„Sie fantasieren von Steuererhöhungen und Abkassieren. Ich weiß nicht: Sind das Hal­luzinationen, oder worunter leiden Sie da?“

Die in den Medien kürzlich kolportierten Steuerbelastungsstrategien beider Regie­rungsparteien zusammen reichen nicht aus, um das Plansoll von 4,1 Mrd. Euro im Jahr 2014 zu erreichen. Rechnet man die Reichensteuerpläne der SPÖ in Höhe von 1,6 Mrd. Euro mit den zusätzlichen Ökosteuerplänen (Anhebung der Mineralölsteuer der ÖVP) zusammen, erhält man lediglich 3,6 Mrd. Euro. Diese Höchstsumme ist unter der Prämisse zu sehen, dass sich die angenommenen Konjunkturprognosen bewahr­heiten. Bis 2014 ergeben sich bei der Addierung der einnahmenseitigen Maßnahmen des Bundes unter Einrechnung des Finanzausgleiches mit Ländern und Gemeinden hochgerechnet ca. zwölf Mrd. Euro an Steuererhöhungen! Wie soll dieser Betrag auf­gebracht werden? Wer soll das bezahlen?

Denkbar wäre, die Mehrwertsteuer zu erhöhen, um das Plansoll zu erfüllen. Nachfol­gendes Indiz weist darauf hin:

Der Verdacht einer einnahmenseitigen Budgetsanierung durch eine insbesondere den Mittelstand belastende Mehrwertsteuererhöhung liegt spätestens seit Vorliegen des „Österreichischen Stabilitätsprogramms für die Jahre 2009 bis 2013“ mehr als nahe. Gegenüber dem Stabilitätsprogramm für die Jahre 2008 bis 2013 schraubte der Fi­nanzminister die Einnahmen aus dem Titel „Produktions- und Importabgaben“, sprich u. a. die Einnahmen aus Mehrwert- und Verbrauchssteuern, in den nächsten drei Jahren um in Summe 2,7 Mrd. Euro nach oben.

Selbst der Budgetexperte Gerhard Lehner kann sich nicht erklären, „warum sie inner­halb eines Jahres so deutlich nachkorrigiert wurden.“ Diese Anpassung im Stabilitäts­programm sei angesichts ihres Umfangs "nur mit implizierten Maßnahmen zu erklä­ren", meint dazu ein Wirtschaftsforscher.

Am 17. Februar 2010 war dazu im „Standard“ unter dem vielsagenden Titel „Wunder­same Einnahmenvermehrung“ zu lesen, dass die von Österreich im Stabilitätsprogramm deutlich nach oben korrigierte Einnahmen-Schätzung für die Mehrwert- und Verbrauchs­steuern „die Befürchtung nährt, dass höhere Steuern kommen.“

Ein Insider in Sachen Budgetpolitik der Bundesregierung, der SPÖ-Budgetsprecher Jan Krainer, warf dem Finanzminister in der Folge dieser Diskussion - und das wohl nicht grundlos - in der Tageszeitung "Österreich" vor, „die Folgen einer von 20 auf 22 Pro-


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zent erhöhten Mehrwertsteuer bereits intern durchrechnen zu lassen. „Das brächte ge­nau die zwei Milliarden Euro, die Pröll für seine Sparziele auf der Einnahmenseite auf­bringen muss", kritisierte Krainer.

Sparen muss nur der Bürger – Täuschen und Tarnen à la Pröll

Bei genauerer Betrachtung der Zahlen ergibt sich glasklar, dass gegenüber 2009 keine Einsparungen geplant sind, sondern diese nur auf dem Papier existieren und nur durch völlig unzulässige und nicht nachvollziehbare Zahlenvergleiche zustande kommen. An­gesichts dieser Tricks mutet der viel zitierte „Äpfel mit Birnen“-Vergleich als geradezu seriös an.

Die Fakten sprechen für sich:

Die geplanten Gesamtausgaben gemäß Bundesfinanzrahmengesetz aus dem Jahr 2009 waren für das Jahr 2011 mit utopischen 71,271 Mrd. Euro veranschlagt, um sie mit der jetzigen Regierungsvorlage werbewirksam auf lediglich 69,099 Mrd. Euro zu reduzie­ren und von eigenen Sparmaßnahmen sprechen zu können. Von diesen hypotheti­schen Traumzahlen aus gerechnet, hätte der Finanzminister wirklich gespart!

Hinter den Kulissen sieht es aber anders aus. So lagen die Ausgaben des Bundes im Jahr 2009 bei 69,456 Mrd. Euro. Im neuen Entwurf des Bundesfinanzrahmengesetzes sind hingegen für 2014 72,253 Mrd. Euro an Ausgaben vorgesehen.

Aus diesen Zahlen ergibt sich, dass der Finanzminister gegenüber 2009 also gar nicht vor hat zu sparen!

Anhand folgender Textaufgabe lässt sich der seitens des Finanzministers hier vollführ­te Trick eindrucksvoll erklären:

Herr J. P. hat für seinen Haushalt im Jahr 2009 69,456 Mrd. Euro ausgegeben. Im Jahr 2014 will er 72,253 Mrd. Euro ausgeben.

Wie viel hat er gespart?

Folge:

Am Ende des Tages bleibt im Jahr 2014 gegenüber 2009 tatsächlich allein eine Steu­ererhöhung in Höhe von 4,1 Mrd. Euro übrig, ohne dass die Regierung gegenüber 2009 sparen muss – man spart allein hypothetisch geplante Ausgaben ein. Demgegenüber gibt es aber spürbare Mehrbelastungen für den steuerzahlenden Mittelstand!

Aus dem von Pröll kolportierten Verhältnis Einsparungen zu Belastungen von „60 : 40“ wird somit „0 : 100“!

Die Steuerreform 2009/2010 (= 2,3 Mrd. Steuerreform + 500 Millionen Familienförde­rung) wird von den geplanten Steuererhöhungen in Höhe von 4,1 Mrd. Euro im Jahr 2014 mehr als aufgefressen.

Folge: Tatbestand der Irreführung erfüllt!

Ein weiteres Märchen –

Das ernsthafte Angehen der Verwaltungsreform im Sinne des Finanzministers

Das Thema der Verwaltungsreform erschreckt den interessierten Leser auch bei Be­trachtung des aktuellen Strategieberichtes. Hat man auf die konkreten Lösungsvor­schläge der Regierungs-Geheimwaffe „Arbeitskreise“ gewartet, so wird man ent­täuscht. Ein Zitat aus dem Strategiebericht charakterisiert die Ernsthaftigkeit des Wil­lens zur Verwaltungsreform nur zu treffend. Dort wird wörtlich angeführt: „Länder und


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Gemeinden sind eingeladen, ihre Konsolidierungsanstrengungen so auszurichten, dass die gesamtstaatlichen Ziele erreicht werden.“ Ob aber eine Einladung ausreichen wird, die Verwaltungsreform gegenüber den Ländern durchzusetzen, ist zu bezweifeln. Vielmehr drängt sich der Verdacht auf, dass der Finanzminister das versteckte Signal an seinen „Landadel“ aussendet, dass er alles unter Kontrolle hat, und eine Gefähr­dung der „schwarzen Festungen“ noch nicht einmal bevorsteht. Bestätigt wird dieser Eindruck weiters durch folgende Passage im Strategiebericht: „Die erforderlichen Ver­handlungen werden umgehend aufgenommen.“ In Anbetracht dessen fragt man sich, was bisher getan wurde. Wieder scheint die Devise: Auf Zeit spielen!

Österreich auf Strafzahlungskurs?

Wie schon mehrfach in die aktuelle Diskussion eingebracht, drängen sich nach wie vor noch immer die Fragen auf, ob mögliche EU-rechtliche Sanktionen sowie Schädigun­gen des Rufes des Finanzplatzes Österreich nicht bedacht werden. So wurde Öster­reich durch den Rat der Europäischen Union aufgrund des bereits gegen Österreich eingeleiteten Defizitverfahrens auferlegt, bis zum 2. Juni 2010 Konsolidierungsstrate­gien vorzulegen, wie das Defizit abgebaut werden soll. Entscheidend dabei ist, dass nach Aufforderung des Rates „bis zu einem gewissen Grad in die Einzelheiten gegan­gen werden sollte“. Im Stabilitätsprogramm 2009-2013 wurde sodann versprochen, dass die notwendigen Schritte im Zuge der Erstellung des neuen Bundesfinanzrah­mengesetzes gesetzt werden, so dass spätestens am 2. Juni 2010 ein Nachweis wirk­samer Maßnahmen vorgelegt werden könne.

Entscheidend ist nun, ob das vorliegende Bundesfinanzrahmengesetz bzw. der Strate­giebericht den Anforderungen der EU genügen. Erkennbar ist, dass die Warnung zu­mindest nicht ignoriert wurde, wie man anhand folgender Passage im aktuellen Strate­giebericht sehen kann: „Damit folgt die Bundesregierung den Empfehlungen des ECOFIN Rates mit dem Ziel, das jährliche Defizit um 0,75 Prozent bis 2013 zu reduzieren.“ Ob dieser Hinweis allein sowie die weiter völlig unkonkreten Hinweise zu strukturellen Maß­nahmen wie die angeblich kommende Verwaltungsreform ausreichen, ist jedoch zu hin­terfragen.

Aus gegebenem Anlass stellen daher die unterfertigten Abgeordneten an den Herrn Bundesminister für Finanzen folgende

Dringliche Anfrage:

1. Können Sie für die Erstellung der Budgets 2011 bis 2013 sicherstellen, dass keine Mehrbelastungen der Steuer- und Beitragszahler im Bereich

a. der Reduktion von Steuerbegünstigungen,

b. der Abgaben auf Grundeigentum,

c. der Besteuerung von Erbschaften und Schenkungen,

d. der Abgaben auf Vermögenszuwächse,

e. der Besteuerung von Tabak, Alkohol und Glücksspiel,

f. der Umsatzsteuer,

g. der Besteuerung des Energie- und Umweltverbrauchs oder

h. der Sozialversicherungsbeiträge

erfolgen?


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2. Planen Sie die Anhebung der Mineralölsteuer auf Benzin und Diesel?

3. Setzen Sie sich dafür ein, eine CO2-Steuer für alle anderen fossilen Energieträger einzuführen?

4. Werden Sie auf Regierungsebene eine Börsenumsatzsteuer verhindern?

5. Werden Sie auf Regierungsebene verhindern, dass die geplante Bankenabgabe an der Bilanzsumme als Bemessungsgrundlage anknüpft?

6. Mit welchen Mitteln wollen Sie verhindern, dass die Bankenabgabe auf die Konsu­menten überwälzt wird?

7. Werden Sie auf Regierungsebene eine Vermögenszuwachssteuer verhindern?

8. Werden Sie verhindern, dass es eine Reform der Stiftungssteuer gibt und höhere Abgaben für Stiftungen festgeschrieben werden?

9. Wenn alle kolportierten Steuerpläne von ÖVP und SPÖ zusammengerechnet werden, fehlen laut Medienberichten immer noch 600 Mio. Euro auf das Plansoll von 4,1 Mrd. Euro. Mit welchen zusätzlichen Belastungen wird diese Lücke geschlossen?

10. Mit welchem Betrag wird der durchschnittliche Österreicher vom Baby bis zum Greis pro Kopf im Jahr 2014 bei einem Plansoll von 4,1 Mrd. Euro zusätzlich belastet?

11. Mit welchem Betrag werden die ca. 1,9 Millionen Österreicher, die laut Industriellen Vereinigung Lohnsteuer bezahlen, aber nicht im öffentlichen Sektor tätig sind, im Jahr 2014 bei einem Plansoll von 4,1 Mrd. Euro zusätzlich belastet?

12. Werden Sie auf Regierungsebene verhindern, dass es zu Änderungen bei der Gruppenbesteuerung kommen wird, insbesondere bei der derzeit bestehenden Mög­lichkeit, im Ausland erlittene Verluste bei der Steuerbemessung im Inland anzurechnen?

13. Werden Sie eine Senkung der Lohnnebenkosten vornehmen?

14. Warum geht Ihr Strategiebericht von einer Erhöhung der Konsumausgaben „durch die Steuerreform und die Ausweitung der Transferleistungen“ aus, obwohl Sie massive Steuererhöhungen planen?

15. Welche Dämpfung der Konsumausgaben ist durch Ihre offenbar in die Prognose­daten nicht eingerechneten Mehrbelastungen der Bürger zu erwarten?

16. Wie werden Sie Länder und Gemeinden wirksam dazu veranlassen, nicht nur ihren Teil an der „Konsolidierung“ des Bundes mitzutragen, sondern tatsächlich Einsparun­gen zu gewährleisten, zumal die Wiener Finanzstadträtin Brauner schon dezidiert den Anteil der Länder an den Mehreinnahmen des Bundes eingefordert hat?

17. Haben Sie angesichts des vor kurzem ergangenen VfGH-Urteils betreffend die Ge­tränkesteuerrückzahlungen vor, den Finanzausgleich mit den Ländern und Gemeinden aufzuschnüren?

18. Gibt es bereits konkrete Verhandlungen mit den Ländern, oder wurde diesbe­züglich wieder ein Arbeitskreis eingerichtet?

19. Besteht auf der Basis des bis 2013 vereinbarten Finanzausgleichs ein Anrecht des Bundes, die Länder nicht zu einem Drittel an den Mehreinnahmen an Abgabenerhö­hungen partizipieren zu lassen?

20. Welchen Spielraum für Ermessensausgaben wird es im Bund bei unveränderter Gesetzeslage im Jahr 2014 angesichts der dramatisch auf 74 % des BIP steigenden Verschuldung des Gesamtstaats noch geben?

21. Halten Sie es gegenüber den künftigen Generationen für vertretbar, wenn der Ge­samtstaat so hoch verschuldet ist, dass drei Viertel der österreichischen Wirtschafts­leistung eines ganzen Jahres erforderlich wären, um die Schulden abzutragen?


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22. Wie hoch werden die Zinszahlungen für die Staatsschulden in absoluten Zahlen im Jahr 2014 sein?

23. Welche grundlegenden Strukturreformen liegen dem Bundesfinanzrahmengesetz zugrunde?

24. Teilen Sie unsere Ansicht, dass mit echten Einsparungen geringere Ausgaben im Vergleich zur Vergangenheit und nicht geringere Mehrausgaben als ursprünglich ge­plant gemeint sind?

25. In welchem Verhältnis stehen Mehreinnahmen zu Einsparungen im Jahr 2014, wenn man zur Berechnung der Einsparungen den vorläufigen Erfolg 2009 und nicht das ursprünglich geplante Bundesfinanzrahmengesetz zugrunde gelegt?

26. Wird die Bundesregierung ihrer verfassungsmäßigen Pflicht zur Vorlage eines Bun­desvoranschlagsentwurfs bis zehn Wochen vor Jahresende trotz der Landtagswahlen im Herbst termingerecht nachkommen? Wenn nein, wie begründen Sie dies gerade in einer Krise, die prompte Maßnahmen erfordert?

27. Werden Sie eine stärkere Belastung

a. von Manager-Boni,

b. von Finanztransaktionen oder

c. von spekulativen Finanzgeschäften

in Angriff nehmen? Wenn nein, warum nicht?

28. Werden Sie eine Entlastung

a. der Personenunternehmen,

b. des Faktors Arbeit generell oder

c. des Mittelstandes

umsetzen? Wenn nein, warum nicht?

29. Mit welchen Mitteln werden Sie gegen die Missstände im Bankenbereich vorgehen (z. B. in der Finanzmarktaufsicht, bei den dubiosen Rating-Agenturen, bei den Casino-Produkten, bei den notwendigen Eigenmitteln, bei der Beschränkung der Staatshaftung für Systembanken, bei den spekulationsanheizenden Boni, bei der Steuerminimierung durch Töchter in Steuerparadiesen oder bei der Kreditklemme und überhöhten Kosten für die Wirtschaft)?

30. Werden Sie die Steuerschlupflöcher für Banken durch Verlagerung von Gewinnen ins Ausland schließen? Gibt es ein Aus für die Steueroasen für Banken?

31. In welcher Höhe sind allfällige Staatshilfen beispielsweise für Griechenland im Bun­desfinanzrahmen berücksichtigt?

32. Werden Sie im Zuge der Übermittlung der Budgetdaten an die EU den europäi­schen Behörden umfangreicheres Zahlen- und Datenmaterial zur Verfügung stellen als dem österreichischen Parlament?

33. Warum benachteiligen Sie gerade die Zukunftsressorts wie Bildung, Jugend, Fami­lie, Arbeit und Infrastruktur?

34. Sind Sie für eine Null-Lohn-Runde bei den Beamten?

35. Werden Sie – wie vom BZÖ beantragt – eine Null-Lohn-Runde bei Politikern um­setzen?


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In formeller Hinsicht wird verlangt, diese Anfrage im Sinne des § 93 Abs. 2 GOG-NR zum frühest möglichen Zeitpunkt dringlich zu behandeln und dem Erstanfragesteller Gelegenheit zur mündlichen Begründung zu geben.

*****

Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Ich erteile Herrn Abgeordnetem Klubobmann Bucher als erstem Fragesteller zur Begründung der Anfrage, die gemäß § 93 Abs. 5 der Ge­schäftsordnung 20 Minuten nicht überschreiten darf, das Wort.

 


15.01.09

Abgeordneter Josef Bucher (BZÖ): Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Herzlich willkommen zur Besprechung einer Dringlichen Anfrage mit dem Herrn Finanzminister Josef Pröll. Herzlich willkommen, Herr Vizekanzler, ich hoffe, es geht Ih­nen gut und das Bein wird Sie nicht daran hindern, unsere Fragen zu beantworten. (Vi­zekanzler Dipl.-Ing. Pröll nickt. – Präsidentin Mag. Prammer übernimmt den Vorsitz.)

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Seit gestern steht ja bekanntlich fest, dass man sich im Ministerrat auf ein Finanzrahmengesetz geeinigt hat, das Anlass gibt, Sor­ge zu haben aufgrund von schwarzen Steuerwolken, die in den nächsten Monaten über Österreich drüberziehen werden. (Ruf bei der SPÖ: Vulkanwolken!)

Herr Bundesminister und Vizekanzler Josef Pröll, ich erspare Ihnen jetzt das Zitieren der Vielzahl von Aussagen, dessen, was Sie in den letzten Monaten alles von sich ge­geben haben, was ja in den unterschiedlichsten Medien abgedruckt wurde, was Sie nicht alles unternommen haben, um zu täuschen und zu tarnen, damit ja niemand drauf­kommt, mit welchen Steuerplänen Sie sich beschäftigen, was Sie sich alles einfallen lassen, um den Mittelstand, um die österreichische Bevölkerung, um die Steuerzahler zu schröpfen. Ich erinnere nur an eine Vielzahl von Ankündigungen, beispielsweise: Das Budget für das nächste Jahr soll erst im Jahr 2011 beschlossen werden. – Am besten wäre es für Sie ja gewesen, überhaupt erst am Ende des Jahres 2011 ein Bud­get zu beschließen. – Dann das ständige Leugnen von Steuererhöhungen und Plänen, die in diese Richtung abzielen. Dann ein Wetteifern um neue Steuern und Steuererhö­hungen, wie man sie tagtäglich in den Medien lesen darf.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Herr Vizekanzler Josef Pröll! Das Zitat wird Ihnen wahrscheinlich etwas sagen, und es wird Ihnen bekannt sein: „Wer einmal lügt, dem glaubt man nicht!“ (Beifall beim BZÖ.)

Herr Bundesminister Pröll, genau dieses Zitat trifft auf Sie zu! Nicht nur ich sage das, sondern das wird Ihnen auch mitgeteilt vom IHS-Chef Felderer, der Ihnen ja nicht un­bekannt sein kann, weil er ja jemand ist, den Sie auch mit finanzieren, weil er Ihnen auch die wirtschaftlichen Grunddaten für Ihre Budgeterhöhungen zur Verfügung stellt. Er lässt Ihnen nämlich Folgendes ausrichten, er sagt:

„Die Glaubwürdigkeit leidet aber, wenn man ständig über Steuern redet und nicht im­stande ist, die Ausgaben zu senken“. – Das sagt Ihnen IHS-Chef Felderer.

Das heißt übersetzt, Sie lügen. Sie lügen, wenn Sie von Steuerplänen sprechen. Sie sa­gen uns nicht die Wahrheit, was Sie tatsächlich vorhaben. Daher auch unsere heutige Dringliche Anfrage, um endlich einmal Licht ins Dunkel zu bringen und endlich einmal die Wahrheit zu erforschen, was denn alles tatsächlich in nächster Zeit auf uns zukom­men wird.

Ich nehme es mit Verantwortung schon etwas ernster als Sie, Herr Bundesminister. Denn was ist das für eine Verantwortung, das muss ich Sie ganz persönlich fragen, wenn Sie als Vizekanzler dieser Republik, als Vizekanzler der Regierung ständig über


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neue und höhere Steuern nachdenken? Wissen Sie nicht, welche Verantwortung Sie im Interesse der Steuerzahler, im Interesse der Wirtschaft haben?

Da gibt es doch einen Flügel innerhalb der ÖVP, den Wirtschaftsbund, der immer von sich aus vorgibt, die Wirtschaft zu vertreten. Wissen Sie, was die Wirtschaft will? – Die Wirtschaft möchte Planbarkeit, die Wirtschaft möchte Berechenbarkeit haben. Die Wirt­schaft möchte wissen, was in den nächsten Monaten auf sie wartet und auf sie zu­kommt, wenn es darum geht, Betriebe in Österreich anzusiedeln oder Arbeitsplätze zu schaffen. (Beifall beim BZÖ.)

Herr Finanzminister, genau das Gegenteil machen Sie, indem Sie ständig von neuen Steuern sprechen und sich an diesem Wetteifer um neue und erhöhte Steuern in Ös­terreich beteiligen. Sie sollten doch am besten wissen, wenn Sie jetzt diese Steuerplä­ne realisieren, dass wir in Österreich mit einer Steuer- und Abgabenquote von 43 Pro­zent den Plafond längst erreicht haben.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, wir sollten als Beispiel die Schweiz heranzie­hen, nicht nur weil es in den letzten Tagen so populär war, auch die Schweiz einmal ins Zentrum zu rücken, sondern weil wir und gerade wir vom BZÖ immer wieder bei der Schweiz Anleihe genommen haben, immer wieder als Vergleich.

Herr Bundesminister Pröll! (Zwischenbemerkung von Vizekanzler Dipl.-Ing. Pröll.) Ja, aber nehmen Sie die Schweiz als Beispiel und nicht Griechenland! Meine sehr geehrten Damen und Herren, die Schweiz ist das Vorbild für unsere Budget- und Steuerpolitik der Zukunft. (Beifall beim BZÖ.)

Die Schweiz kommt mit 27 Prozent Steuer- und Abgabenquote aus. Die Schweiz hat eine Steuerquote von 27 Prozent und eine Verschuldungsquote von 40 Prozent. Das sind Vorbilder, an denen wir uns orientieren und messen sollten, und nicht an Grie­chenland. Wir sollten uns nicht in Sicherheit wiegen, dass wir noch einmal gut davon­gekommen sind aufgrund dieser Finanzmarkt- und Wirtschaftskrise.

Nehmen Sie sich auch, weil wir gerade bei Vergleichen sind, ein Beispiel an der Bun­desrepublik Deutschland. Dort läuft nämlich eine völlig entgegengesetzte Diskussion. Dort gibt es auch ein Wetteifern, aber ein Wetteifern darum, wo man die Steuern sen­ken kann, welche Steuern man senken soll und was sinnvoll ist, um den Wirtschafts- und Wettbewerbsstandort Deutschland aufzuwerten. (Zwischenbemerkung von Vizekanz­ler Dipl.-Ing. Pröll.)

Herr Bundesminister! Herr Finanzminister! Ja, was ist Ihnen die Wirtschaft wert? Was sind Ihnen, meine sehr geehrten Damen und Herren, die Arbeitsplätze wert, wenn Sie in Österreich eine völlige negative, eine kontraproduktive Politik machen, die die Betrie­be absiedeln lässt, die die Betriebe verschmäht und verschreckt und dafür sorgt, dass immer weniger Arbeitsplätze in Österreich geschaffen werden? (Beifall beim BZÖ.)

Das alles ausschließlich vor dem Hintergrund, weil im Herbst zwei wichtige Landtags­wahlen bevorstehen, weil Sie den Menschen nicht reinen Wein einschenken wollen, weil Sie tarnen und täuschen und weil Sie nicht sagen, was Sie tatsächlich vorhaben. Ansonsten wäre diese Politik nicht zu erklären, wäre nicht zu erklären, warum Sie das Budget hinausschieben und warum Sie, SPÖ und ÖVP, einen Wettstreit über die Me­dien verursachen, welche Steuern jetzt eingeführt werden sollen.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Daher auch heute diese Dringliche Anfrage, die uns hoffentlich Aufschluss darüber geben wird, was diese Bundesregierung vorhat. Es ist nämlich unerträglich, wenn wir wochenlang in den Medien ausgerichtet bekom­men, welche Steuerpläne hier in Österreich tatsächlich von der Bundesregierung ange­dacht werden. Daher: Lassen Sie die Katze aus dem Sack! Heute haben Sie die Gele­genheit dazu. Geben Sie uns die Antworten auf die dringenden und wichtigen Fragen, damit die Wirtschaft in Österreich auch mehr Planbarkeit erhält!


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Sagen Sie uns, was Sie tatsächlich vorhaben! Wollen Sie Massensteuern? Wollen Sie eine Erhöhung der Mehrwertsteuer? Herr Finanzminister! Wollen Sie tatsächlich von 20 Prozent auf 22 Prozent gehen? Sagen Sie uns das heute, so wie man Ihnen das auch von der SPÖ vorhält! Das sagen ja einige in Ihren Reihen (in Richtung SPÖ bli­ckend), das kommt nicht von mir. Das richten Sie sich gegenseitig über die Medien aus. (Abg. Ing. Westenthaler: Jeden Tag etwas Neues!) Da muss man sich ganz offen fragen, ob das eine verantwortungsvolle Regierungspolitik ist oder reine Kampfrhetorik im Vorfeld wichtiger Landtagswahlen. (Beifall beim BZÖ.)

Als Zweites sagen Sie uns, ob Sie vermögensbezogene Steuern einführen wollen. Ge­ben Sie uns doch die Antworten darauf, ob Sie neuerlich die Erbschafts- und Schen­kungssteuer einführen wollen, ob Sie die Stiftungen stärker belangen wollen oder in Zukunft die Aktienbesitzer schröpfen wollen! Geben Sie uns Antwort darauf und sorgen Sie endlich für Klarheit, wie Sie diese 3 Milliarden € zusätzliches Steueraufkommen in den nächsten Jahren bis 2014 hereinbringen wollen! Denn das geht aus den Vorlagen hervor, die Sie gestern im Ministerrat beschlossen haben. Für jeden, der das noch nicht gelesen hat in den Reihen der ÖVP: Da steht drinnen, pro Jahr durchschnittlich 3 Milliarden € bis 2014. Jeder wird in der Lage sein, den Durchschnitt auszurechnen. Es würde uns interessieren, wie Sie das zustande bringen.

Klar ist auch – und das lässt sich schön rückverfolgen – immer wieder das Grundprin­zip der ÖVP: Vor den Wahlen werden die Steuern gesenkt, und nach den Wahlen wer­den die Steuern erhöht. Immer wieder dasselbe Prinzip! (Zwischenbemerkung von Vi­zekanzler Dipl.-Ing. Pröll.) Vor den Wahlen ist man immer großzügig, und hinterher gibt es die Steuerkeule.

Daher, meine sehr geehrten Damen und Herren, erfahren Sie wahrscheinlich heute „Pröllnocchio 2.0“. (Beifall beim BZÖ.) „Pröllnocchio 2.0“ wird heute aufgeführt vom Herrn Vizekanzler, der uns wieder einmal unter Beweis stellt, dass er es nicht ernst nimmt mit seiner Informationspolitik und dass er uns im Ungewissen lässt, dass er vor allem die Bevölkerung im Ungewissen lässt und es zulässt, dass wir hier wetteifern in Richtung neue und höhere Steuern.

Anders ist nicht zu erklären, dass Sie zuerst gemeint haben, es gibt überhaupt keine neuen Steuern, keine Steuerpläne, an denen Sie arbeiten. Eine Woche darauf haben Sie gesagt, wir machen das 50 : 50, 1,7 Milliarden über Einsparungen, 1,7 Milliarden über neue Steuern. Dann kam plötzlich ein neuer Verteilungsfaktor, wenn Sie sich erin­nern: 40 : 60, 40 Prozent Steuern, 60 Prozent Einsparungen. Wenn man jetzt dieses Finanzrahmengesetz anschaut, wenn man anschaut, was da herausgekommen ist, dann sieht man, dass der neue Verteilungsfaktor 80 : 20 ist, 80 Prozent über neue Steu­ern und erhöhte Steuern und 20 Prozent über Einsparungen. (Vizekanzler Dipl.-Ing. Pröll: Geh!) Das ist die Wahrheit! (Beifall beim BZÖ.)

Das haben Sie gestern im Ministerrat beschlossen. Sagen Sie das Ihren Abgeordneten gleich vorweg! Da hört man ja gar nichts, weil sie im Ungewissen bleiben, weil sie im Grunde genommen nicht wissen, welche Pläne im Ministerrat tatsächlich geschmiedet werden. (Zwischenruf des Abg. Kopf.)

Das ist eine verantwortungslose Regierungspolitik, Herr Vizekanzler! Das ist nicht red­lich, das ist nicht ehrlich und das ist auch der völlig falsche Weg!

Zuerst hätte ich mir gedacht, dass Sie auf alle Fälle die Reformpläne, die Ihnen seit Jahr und Tag vom Rechnungshof vorgelegt werden, ernst nehmen, dass Sie nicht zu­erst die Steuerschraube bedienen, sondern dass Sie den Weg über Reformen gehen, dass Sie einmal darüber nachdenken, wo Sie in dieser Republik ansetzen müssen, da­mit wir endlich einen modernen, einen leistungsstarken, leistungsfähigen und schlan-


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ken Staat installieren, der in den letzten Jahren Fett angesetzt hat, den wir in Zukunft nicht mehr finanzieren können und wo für die nächsten Generationen die finanziellen Spielräume immer enger werden. (Beifall beim BZÖ.)

Meine sehr geehrten Damen und Herren, daher ist es unerlässlich und notwendig, dass wir den Finanzausgleich mit den Ländern und mit den Gemeinden neu verhan­deln. Denn sie sind die wichtigen Partner für eine Staats- und Verwaltungsreform in Österreich. Nichts geht ohne die Länder, nichts geht ohne die Gemeinden, wenn man sieht, dass sie sich auf den Standpunkt zurückziehen: Ja, der Bund soll die Steuern einheben, der Bund soll gerade die Steuerschrauben fester anziehen, und wir bekom­men unsere Beträge monatlich überwiesen, damit wir unsere Ausgaben bedecken und unseren Aufgaben nachkommen können.

Das ist unverantwortlich den nächsten Generationen gegenüber, gerade wenn man das an Beispielen festmacht, wie gerade in der Gesundheitspolitik in Niederösterreich, wo man ein Krankenhaus in Mödling, ein Krankenhaus in Baden eröffnen will, wenige Kilometer vor Wien, meine sehr geehrten Damen und Herren. Das kann doch nicht der Ernst sein, das kann doch nicht eine vernünftige gesundheitspolitische Maßnahme sein, dass wir solche Investitionen gutheißen, wo es doch darum geht, jeden Euro um­zudrehen und dafür zu sorgen, dass die nächsten Generationen auch noch Spielräume haben und auch noch eine Republik vorfinden, wo sie ihre Kernaufgaben finanzieren können. (Beifall beim BZÖ.)

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Es geht nur über eine gesamthafte Struktur­reform mit den Ländern, den Gemeinden und mit allen Ressortverantwortlichen. Es ist doch unvernünftig, wenn Sie den einzelnen Ressorts und Ressortverantwortlichen, den Ministern vorschreiben, sie sollen ein oder zwei Prozent einsparen, wo Sie doch wis­sen, dass die einzelnen Ministerien kommunizierende Gefäße sind, wo es nur darum geht und darum gehen kann, dass es eine gesamthafte Reform der gesamten Bundes­regierung, ressortübergreifende Maßnahmen gibt, die endlich greifen müssen, beispiels­weise im Bereich der Verwaltung. Dieses System, das wir in Österreich implementiert haben, ist viel zu teuer und viel zu ineffizient, und das werden wir uns in Zukunft auch nicht leisten können.

Wir haben eine Vielzahl an politischen Gremien, die völlig unnötig sind, die wir reduzie­ren könnten. Das ist ja auch keine Maßnahme, Herr Finanzminister, oder kein Vor­schlag, der von uns kommt. (Vizekanzler Dipl.-Ing. Pröll: BZÖ!) Nein, nicht nur von uns. Das sagt ein Landeshauptmann auch der SPÖ, der offen davon spricht, dass er seine Landesregierung verkleinern will, dass er die Landtage verkleinern will. Das sind ja Vorschläge, die von SPÖ und ÖVP kommen, die immer populistisch hinausposaunt werden und wo man sich hinterher fragt, wo denn die Ernsthaftigkeit in der Überlegung bleibt. Wo folgen denn dann die Abgeordneten ihrem Landeshauptmann hier herinnen in dieser Denkaufgabe?

Da ziehen sich alle zurück und verschanzen sich in den letzten Reihen und stehen nicht zu den Vorgaben und zu den Vorschlägen, die der Landeshauptmann im jeweili­gen Land macht. Das ist unverantwortlich und das ist keine ehrliche Politik, meine sehr geehrten Damen und Herren! (Beifall beim BZÖ.)

Daher erwarten wir uns auch hier, dass, wenn solch exponierte Politiker Vorschläge machen, wie beispielsweise Verkleinerungen von politischen Gremien, auch hier herin­nen die Mandatsträger, die es diesen Spitzenkandidaten zu verdanken haben, zu die­sen Vorschlägen stehen oder zumindest einmal auch eine Rede dazu halten, wie sie gedenken diesem Vorschlag nachzukommen. Aber nicht sich verschanzen und nicht sich stumm in die hinteren Reihen begeben, sondern sich zu Wort melden und dafür einstehen, was im jeweiligen Land Sprache ist, meine sehr geehrten Damen und Herren!


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Wir fordern, dass wir zumindest einmal darüber nachdenken, wie wir das schon im Ös­terreich-Gespräch mehrfach gemacht haben, Herr Finanzminister, in diesen geselligen Kaffeehausrunden, wo wir einander treffen, gemeinsam mit dem Rechnungshofpräsi­denten, dass Sie ernsthaft über diese über 200 Maßnahmen, Vorschläge und Empfeh­lungen des Rechnungshofs, die Verkleinerung der politischen Gremien, die Verschlan­kung der Strukturen und der Verwaltung in Österreich nachdenken.

Nehmen Sie das doch endlich ernst und nehmen Sie auch die Bereitschaft auf, mit der Opposition darüber zu verhandeln und darüber zu reden, wie wir gemeinsam diese großen Brocken auch aus dem Weg räumen, damit wir in Richtung leistungsfähigen, zukunftsorientierten Staat kommen. Das ist eine Empfehlung des Rechnungshofs, eine Bereitschaft der Oppositionsparteien, die Sie ausschlagen. Das ist unverantwortlich, das wird Sie nicht weiterbringen! Sie sollten das aufgreifen und dafür sorgen, dass die­se wichtigen Empfehlungen in Zukunft auch umgesetzt werden. (Beifall beim BZÖ.)

Wir brauchen daher eine intelligente ausgabenseitige Budgetsanierung. Es kann nicht Ihr Ernst sein, dass Sie jedem Minister vorschreiben, er soll ein, zwei Prozent in sei­nem Bereich einsparen, ohne zu wissen, was in den übergreifenden Ressorts mach­bar, möglich und angedacht ist.

Wir sagen Ja zu Zukunftsinvestitionen, völlig klar. Es kann ja nicht Ihr Ernst sein, dass Sie jetzt die öffentlichen Investitionen zurückfahren, beispielsweise im Bereich der In­frastruktur, der thermischen Sanierung. Das kann nicht Ihr Ernst sein! Das ist doch der Tod für viele mittelständische Unternehmen in unserem Land, die davon leben, dass die öffentliche Hand Milliarden in die Hand nimmt, Jahr für Jahr, um auch die struktur­schwache mittelständische Wirtschaft in unserem Land zu fördern und wichtige Ar­beitsplätze auch am Land zu erhalten.

Es kann doch nicht Ihr Ernst sein, dass Sie den Gemeinden das Geld wegnehmen, die im ländlichen Raum ums Überleben kämpfen und auch die Verantwortung dafür tragen, dass dort die Betriebe in nächster Zukunft überleben, weil dies sonst zu einer Ausdün­nung des ländlichen Raumes führt.

Es kann nicht Ihr Ernst und Ihr Ziel sein, dass Sie auch im Bereich der Bildung, der Fa­milie und der Jugend sparen. Das ist die Zukunft unseres Landes, darauf bauen ja die nächsten Generationen, dass Sie hier nicht die Mittel kürzen, sondern dass Sie klare, zielgerichtete Zukunftsinvestitionen setzen, die das Land in einer wirtschaftlich schwie­rigen Zeit braucht, sodass wir nicht weiter zurückfallen, sondern mit Optimismus in die Zukunft blicken können, meine sehr geehrten Damen und Herren. (Beifall beim BZÖ.)

Sagen Sie uns endlich einmal – das wäre auch eine Bitte –, was mit den 70 Arbeits­kreisen ist, die Sie vonseiten der Bundesregierung installiert haben! Das liest man ja in Ihrem Regierungsprogramm. Ich weiß nicht, inwieweit die SPÖ- und die ÖVP-Abgeord­neten sich dieses Regierungsprogramm überhaupt jemals zu Gemüte geführt haben oder auch ständig darin blättern. Aber wenn sie das tun, dann werden sie sehen, dass die Regierungsmitglieder 70 Arbeitskreise eingesetzt haben.

Sagen Sie uns endlich einmal, welcher dieser 70 Arbeitskreise tatsächlich installiert ist, wer dort aller drinnen sitzt, welche Ergebnisse und welche Ausflüsse es aus diesen Denkfabriken gibt und ob in nächster Zukunft auch wirklich messbare Resultate zu er­warten sind! Wir hören nichts von all dem, wir hören immer nur, wenn ein Problem auf­tritt, dass ein Arbeitskreis installiert wird, aber darüber hinaus keine Berichte über irgend­welche Effizienz.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, das Grundprinzip muss eigentlich sein – und das geht dann wahrscheinlich am Ende der Beantwortung durch Herrn Vizekanzler Pröll hervor –: neue Steuern verhindern, diese Regierung behindern, damit sich die Kauf­kraft erhöht und nicht verringert wird. – Danke schön. (Beifall beim BZÖ.)

15.20



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Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Meine Damen und Herren! Herr Klubobmann Bucher, ich rufe dringend die Vereinbarungen, die wir in früheren Präsidialsitzungen ge­troffen haben, in Erinnerung! Vereinbarungen in Präsidialsitzungen gelten, auch wenn einzelne Mitglieder damals noch nicht dabei waren. Dort wurden schon mehrfach Über­einkommen getroffen, dass Namen von Politikerinnen und Politikern, aber auch von Menschen im öffentlichen Leben nicht verunglimpft werden. (Beifall bei SPÖ, ÖVP und Grünen. – Abg. Ing. Westenthaler: Die Schwarzen machen das pausenlos!)

Das haben wir schon einige Male diskutiert und Übereinkommen getroffen. Ich erspare Ihnen jetzt die Beispiele aus früheren Zeiten. Das gilt nach wie vor!

Ich ersuche Sie und appelliere dringend an Sie, sich an diese Vereinbarungen zu halten, sonst werde ich das bei der nächsten Präsidiale wieder auf die Tagesordnung bringen!

Zum Zweiten: Wir sind auch übereingekommen – und dazu gibt es auch einen Vermerk in der kommentierten Fassung der Geschäftsordnung –, dass die Unterstellung oder das Wort „Lüge“ hier in diesem Saal nicht vorkommt. (Abg. Ing. Westenthaler: Das ist ja bewiesen! Das ist eine Tatsache!)

Ich erteile jetzt keinen Ordnungsruf, weil es hier einen Appell von meiner Seite gibt, sich auch an diese Feststellung und Festlegung sogar in dieser kommentierten Fassung der Geschäftsordnung zu halten. Ansonsten wäre auch das ein Thema für die kommen­de Präsidialsitzung.

Ich ersuche nun Herrn Bundesminister und Vizekanzler Dipl.-Ing. Pröll um die Beant­wortung der Anfrage. – Bitte.

 


15.22.11

Bundesminister für Finanzen Vizekanzler Dipl.-Ing. Josef Pröll: Sehr geehrte Frau Präsidentin! Hohes Haus! Meine sehr geehrten Damen und Herren auf den Zuschauer­rängen! Zu den Anmerkungen und Vorabmeldungen des BZÖ – auch ausgedrückt durch Josef Bucher –, was die Verunglimpfung von Namen betrifft: Wissen Sie, wenn einem sonst nichts mehr einfällt, dann greift man zu solchen Stilmitteln! Das hat sich in der Re­de eindrucksvoll einmal mehr bewiesen. (Beifall bei ÖVP und SPÖ. – Die Abgeordne­ten des BZÖ halten Plakate in die Höhe, auf denen die Aufschrift „Pröllnocchio 2.0“ sowie ein Foto von Vizekanzler Dipl.-Ing. Pröll, versehen mit gezeichneten Attributen der Romanfigur „Pinocchio“ – Hut, Masche und eine nochmals verlängerte Nase –, zu sehen sind.)

Es ist meine Aufgabe heute, nachdem die Schilder das zweite Mal gezeigt werden (Zwi­schenrufe beim BZÖ), einfach Antworten zu geben.

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Herr Vizekanzler, einen Moment, bitte! – Wir kön­nen auch so weitertun und werden in der Öffentlichkeit nicht ernst genommen werden. Ich ersuche wirklich dringend, meinen Appell, den ich vor zwei Minuten hier an Sie ge­richtet habe, auch ernst zu nehmen!

Bitte, Herr Vizekanzler. (Abg. Dr. Jarolim – in Richtung BZÖ –: Sind die Tafeln im Bud­get überhaupt noch drinnen?)

 


Bundesminister für Finanzen Vizekanzler Dipl.-Ing. Josef Pröll (fortsetzend): Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich möchte sehr, sehr sachlich und klar die Fragen beantworten, die mir gestellt wurden.

Gestatten Sie mir aber eingangs vielleicht abseits der Show-Elemente hier im Parla­ment auch sehr ernste Worte! Ich denke, die Situation ist ernst genug, um sich mit The­men auseinanderzusetzen, die da lauten, wie wir Österreich in Balance halten, wie wir es schaffen, gemeinsam das Land in die Zukunft zu führen.

Es wird sich in den nächsten Monaten weisen, ob wir, Regierung und Opposition ge­meinsam – es wird dazu auch Zweidrittelmaterien brauchen – imstande sind, nachdem


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wir die Krise sehr gut und gemeinsam bewältigt haben, auch die richtigen Perspektiven für Österreich voranzubringen.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Herr Abgeordneter Buchner, eingangs, bevor ich auf die Fragen zu sprechen komme, noch ein paar Themen, die Sie angesprochen haben. (Rufe beim BZÖ: Bucher!) – Bucher, sorry! (Abg. Grosz: Schon wieder eine Verunglimpfung des Namens! – Abg. Ing. Westenthaler: Das ist genau dasselbe!)

Herr Abgeordneter Bucher, kein Grund zur Unruhe! Ich glaube, an Ihnen ist völlig spur­los vorbeigegangen, dass wir in Österreich, in der Europäischen Union und auch inter­national im Jahr 2009 die größte und schwerste Wirtschaftskrise seit den dreißiger Jah­ren zu bewältigen hatten.

Das, was wir heute aufzuräumen haben, ist nicht in diesem Land entstanden, haben wir nicht verursacht (Abg. Bucher: Habe ich das behauptet?), sondern wir haben in die­sem Hohen Haus mit vielen, auch gemeinsamen Beschlüssen dafür Sorge getragen, dass Folgendes umgesetzt wurde: eine Stabilisierungsmaßnahme für Österreichs Ban­kenlandschaft, die weit über die Banken hinaus Wirkung in der Wirtschaft gezeigt hat. Ohne die Stabilisierung hätten wir nicht nur einen Einbruch, sondern Zusammenbruch der Volkswirtschaft in Österreich erleben können.

Zweiter Punkt: Wir haben gemeinsam und bei einzelnen Themen auch zukunftweisen­de Schritte in der Frage der Steuerreform gesetzt. Wir haben in Österreich im Jahr 2009 die Menschen, die Betriebe und die Familien um 3 Milliarden € entlastet, eine Entlastung, über die Deutschland bis heute streitet. So viel zum Vergleich mit unserem Nachbar­land, wo noch nichts an Entlastung geschehen ist. (Beifall bei der ÖVP sowie des Abg. Dr. Matznetter.)

Meine sehr geehrten Damen und Herren, wir gehen jetzt daran, die Dinge aufzu­räumen, die aufgrund der Krise notwendig sind, um sehr zukunftsorientiert Antworten zu geben.

Herr Abgeordneter Bucher, Sie nehmen die Wörter „Wirtschaftskompetenz“ und „wirt­schaften“ so oft in den Mund! (Abg. Bucher: Ihr wart nie in der Wirtschaft, nicht eine Sekunde!) Andreas Schieder und ich hatten vor nicht allzu langer Zeit die größte BZÖ-Misswirtschaft dieses Landes in Kärnten aufzuräumen. (Beifall bei ÖVP und SPÖ so­wie des Abg. Mag. Steinhauser. – Abg. Bucher: Das ist ja unerhört! Ich war 20 Jahre Unternehmer! ... Versorgungsposten!)

Das ist das Thema! Wir haben jahrelang daran zu kiefeln, was Sie als Kärntner in Kärn­ten mitverantwortlich verursacht haben. Das ist die Wahrheit. Nehmen Sie den Mund nicht zu voll! Ich sage Ihnen das. Sie haben bewiesen, dass Sie nicht wirtschaften können, Sie, wie Sie hier sitzen, in Ihrer politischen Verantwortung in Kärnten. Und wir werden das Gegenteil gemeinsam machen. – So viel zur Realität. So viel zur Perspek­tive für die Zukunft. (Abg. Ing. Westenthaler: ... Gewichtsverlagerung, sonst reißt die zweite Achillessehne auch noch!)

Ich verstehe es schon, dass Sie nervös werden, angesichts der Daten, die sich in Kärn­ten abspielen.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, raus mit der Emotion, hinein in die Fakten und Daten!

Nun zu Ihren Fragen.

Die Fragen 1 bis 4, 7, 8, 9, 10, 11, 12, 13 und 21 beantworte ich wie folgt:

Dank des neuen Haushaltsrechts, im Parlament einstimmig von allen Fraktionen be­schlossen – auch ein wichtiger Punkt: einstimmig beschlossen! –, haben wir ein in Euro­pa einzigartiges und beachtliches Instrument der Budgetplanung zur Verfügung.


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Der Bundesfinanzrahmen gibt den Ressorts bis zum Jahr 2014 ihre Ausgabenober­grenzen vor – vom Parlament beschlossen –, und das als Gesetz. Damit machen wir auch gegenüber den Vorgaben der Europäischen Kommission auf gesetzlicher Basis transparent, in welchen Schritten und bis wann wir unser Budget gemeinsam sanieren werden.

Den Bundesfinanzrahmen werden Sie, wir alle – so denke ich – in den kommenden Wochen ja ausführlich hier im Parlament diskutieren.

Das Budget nach den Ausgaben für die Krise wieder zu sanieren, ist eine Mammut­aufgabe – sowohl auf der Ausgaben- als auch auf der Einnahmenseite –, wie wir sie in diesem Land noch nicht vor uns hatten.

Zur Sanierung unserer Schulden haben wir, der Bundeskanzler und ich, in der Bundes­regierung gemeinsam dafür gesorgt, dass 60 Prozent über die Senkung der Ausgaben, über Sparen zu bringen sind und nur 40 Prozent über die Erhöhung der Einnahmen. Kurz gesagt: Jedem Euro, den wir über Steuern einnehmen müssen, stehen 1,5 € ge­genüber, die wir einsparen müssen. Dieser Grundsatz gilt. Und an dem entlang werden wir die Diskussionen hier im Plenum und in der weiteren Folge auch mit den Ministe­rien zu führen haben.

Wir wollen die Sanierung aber vor allem auch mit besonderem Augenmerk auf die kon­junkturelle Situation erarbeiten, besonders im Interesse auch der nächsten Jahre.

Vergessen wir nicht: Die Krise wurde gut gemeinsam bewältigt, sie ist aber noch nicht vorüber. Sie hat nach der Finanzkrise die Realwirtschaft und mittlerweile in der dritten Welle ganze Volkswirtschaften betroffen. Sie ist noch nicht vorüber. Wir haben jetzt ge­genzusteuern.

Österreich hat einen riesigen Vorteil – auch das möchte ich hier sagen –: Aufgrund der guten wirtschaftlichen Daten, die in den letzten Jahren von den Vorgängerregierungen erkämpft wurden, vor allem ab dem Jahr 2000 (Abg. Ing. Westenthaler: Wer war denn da in der Regierung? Nur die ÖVP! ÖVP-Alleinregierung!), haben wir den Österreich­vorsprung auch in der Krise ins Ziel gebracht.

Wir haben die zweitbeste Situation Europas auf dem Arbeitsmarkt. Wir haben vergli­chen mit anderen Ländern eines der geringsten Defizite nach der Krise im Jahr 2010. Deswegen sage ich: Wenn wir frühzeitig und jetzt handeln, werden wir auch stärker die Sanierungsarbeiten für die Zukunft entsprechend angehen können. (Beifall bei der ÖVP.)

Die Budgetsanierung steht aus meiner Sicht unter drei Prämissen. So wollen wir auch vorgehen, und das zeigt auch die Dokumentation des Bundesfinanzrahmengesetzes, was das Sparen betrifft.

Erster Punkt: Zuerst sparen und Effizienz steigern. Zweiter Punkt: Wachstum sichern und neues Wachstum generieren und ausbauen. Und erst dann, meine sehr geehrten Damen und Herren – auch wenn Sie das leidenschaftlich gerne tun – über Steuern und Einnahmen diskutieren. (Abg. Bucher: Sie machen das täglich!)

Wer mehr spart, braucht weniger Steuern. Das ist unser Grundsatz, den wir in den nächsten Monaten verfolgen werden. (Beifall bei der ÖVP. – Abg. Ing. Westenthaler: Kommen Sie auch zu den Fragen?)

Zu den Fragen 5 und 6:

Eine allfällige Stabilitätsabgabe für Banken orientiert sich an folgenden Parametern: Die bisherige Diskussion für eine Bankensteuer zielt pauschal und ausschließlich auf die Bilanzsumme als Bemessungsgrundlage ab. Die Bilanzsumme mag eine entspre­chende quantitative Breite bringen, aus meiner Sicht die sinnvollste Variante ist sie aber


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nicht. Letztlich wird das klassische Bankgeschäft, nämlich Kredite und Einlagen, da­durch bestraft oder auch mit Steuern belegt.

Aus meiner Sicht sollte daher – da gibt es noch Diskussionsbedarf – eine etwaige Sta­bilitätsabgabe, auf die wir uns verständigt haben, Risikopositionen in der Bank als Be­messungsgrundlage in Betracht ziehen. (Beifall bei der ÖVP.) Der Steuersatz wird von den Lenkungseffekten abhängen. In diese Richtung sollten wir die Diskussion gemein­sam voranführen.

Wir müssen auch Augenmerk darauf legen, dass die Kreditvergabesituation gerade für die mittelständische Wirtschaft, die uns wie nichts anderes für die Konjunkturentwick­lung und für das neue Wachstum am Herzen liegen muss, in den Banken durch eine Bankenabgabe, auch durch eine Diskussion bezüglich Basel III nicht zusätzlich ver­schärft wird. Das ist ein ökonomischer Kernpunkt, weil wir dann zwar eine gute Neidde­batte haben können, aber auch einen ökonomischen Effekt, der uns in der mittelstän­dischen Wirtschaft, dort wo 60 Prozent der Arbeitsplätze zu Hause sind, mit Krediteng­pässen die nächste Krise bereits präjudiziert.

Das ist eine Herausforderung, die wir bei der Bankenabgabe zu diskutieren haben, die wir auch bezüglich Basel III entsprechend zu berücksichtigen haben. Deswegen stehe ich dieser Frage extrem kritisch gegenüber.

Was ich anrege und was wir in der Regierung tun sollten, ist im Gegenzug zur Abgabe bei den Banken die Abschaffung der Kreditvertragsgebühr. Das würde den Unterneh­men und auch den privaten Kreditnehmern helfen. (Abg. Ing. Westenthaler: Die ÖVP im Ausschuss abgelehnt! Stummvoll und Co im Ausschuss verhindert!)

Ich habe ein paar Zahlen hier, um in der Beantwortung Ihrer Fragen zu verdeutlichen, was das heißen würde. Das würde – als Richtwert – zum Beispiel bei Privatkunden bei einem Kredit von 100 000 € eine Ersparnis von 1 000 € bedeuten, bei einem Betriebs­mittelkredit bei 500 000 € Kredit in der Wirtschaft zirka 7 500 € und bei einem Einmal­kredit mit 5 Millionen € Investitionsvolumen bereits 34 400 € als Entlastung. Auch das müssen wir mitdenken.

Wenn wir steuern für die Zukunft, wenn wir sparen, dann mit Lenkungseffekten und auch mit Offensivmaßnahmen in allen Bereichen. (Beifall bei der ÖVP.)

Zur Frage 14: (Abg. Bucher: Gehen Sie nicht chronologisch vor?) – Herr Abgeordne­ter Bucher, Sie haben offensichtlich meine Anfragebeantwortung nicht nachvollzogen! Ich habe eine Reihe von Fragen bereits beantwortet.

Es ist wohl außer Zweifel, dass die Steuerreform 2009 und die Familienmaßnahmen eine Entlastung der Haushaltseinkommen im verfügbaren Einkommen um 3 Milliar­den € für Österreich gebracht haben. Das war wichtig für die Kaufkraftstützung. So se­hen wir, dass im Krisenjahr 2009 durch diese Maßnahmen der Entlastung der Familien, der Einkommen und des Mittelstandes die Umsatzsteuerentwicklung und der private Konsum entsprechend stabilisiert werden konnten.

Zudem liegt die private Sparquote mit 12,3 Prozent im Jahr 2009 laut WIFO-Frühjahrs­prognose deutlich über dem langjährigen Durchschnitt und dient auch für die Zukunft als entsprechender Konjunkturpuffer.

Zur Frage 15:

Das WIFO hat in seiner mittelfristigen Prognose bereits die absehbare Konsolidierung berücksichtigt. In der Mittelfristprognose von Jänner 2010 – Klammer auf: über die ich hier rede; Klammer zu – ist also bereits die absehbare Konsolidierung berücksichtigt.

Welche Schlüsse im konkreten Fall gezogen wurden, sehen Sie in der WIFO-Prognose selbst. Ich halte die Prognose für realistisch und erwarte aus den konkreten Maßnahmen keinen Änderungsbedarf der Prognose.


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Zur Frage 16:

Die Bundesregierung hat schon im Stabilitätsprogramm und seither immer wieder be­tont, dass sie auf die gemeinsame Budgetverantwortung aller Gebietskörperschaften achtet. Die konkreten Detailvereinbarungen dazu werden zeitnahe mit der Fixierung des Bundesanteiles an der Konsolidierung mit Ländern und Gemeinden verhandelt wer­den. Der Fokus bei diesen Gesprächen wird inhaltlich auf die Konsolidierungsmaßnah­men gelegt.

Ich setze hier auf Kooperation, auf gemeinsame Vorgangsweise in der Verantwortung für das Staatsganze aller politisch Verantwortlichen in den unterschiedlichen Gebiets­körperschaften.

Zu den Fragen 17 und 18:

Das Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes zum Getränkesteuerausgleich betrifft weder die Verteilung der Ertragsanteile zwischen Bund, Ländern und den Gemeinden noch die Bildung der neun Ländertöpfe, sondern lediglich die Verteilung eines Teiles der Ertragsanteile der Gemeinden an der Umsatzsteuer innerhalb der Gemeinden eines Bun­deslandes.

Da somit nur ein bestimmter Teilaspekt des Finanzausgleiches betroffen ist – nämlich die Aufteilung innerhalb der Gemeinden, wie von mir gesagt –, kann dieses Erkenntnis nicht als Argument für die Aufschnürung oder Neuverhandlung des Finanzausgleiches verwendet werden.

Zur Frage 19:

Nach der österreichischen Finanzverfassung hat der Bundesgesetzgeber die Möglich­keit, Abgaben zu ausschließlichen Bundesabgaben zu erklären oder die Teilungsverhält­nisse bei gemeinschaftlichen Bundesabgaben festzusetzen.

Diese weitreichenden Kompetenzen stehen unter dem Vorbehalt des finanzverfas­sungsrechtlichen Gleichheitsgebotes, § 4 Finanz-Verfassungsgesetz, wonach die Ver­teilung der Abgaben unter Bedachtnahme auf die Lasten der öffentlichen Verwaltung und die finanzielle Leistungsfähigkeit der Gebietskörperschaften zu erfolgen hat.

Zur Frage 20:

Die gestaltbaren Ermessensausgaben machen nur einen Bruchteil der gesamten Aus­gaben des Bundes aus. Angesichts der Höhe des Konsolidierungsbedarfs ist es erfor­derlich, dass alle großen Ausgabenbereiche einen wesentlichen Beitrag zur Konsolidie­rung leisten.

Zur Frage 22:

Für Zinszahlungen und sonstige Aufwendungen für die Finanzschulden, UG 58, sind 2014 rund 9,9 Milliarden € vorgesehen.

Zur Frage 23:

Das Bundesfinanzrahmengesetz legt erstmals gesetzliche verbindliche Ausgabenober­grenzen für die nächsten vier Finanzjahre fest.

Mir kommt vor, dass es in der Debatte oft untergeht, was hier im Parlament gemein­sam geschaffen wurde. Diese Rechtsqualität hat kein anderes europäisches Land in der Budgetplanung über vier Jahre hinweg. Und das ist für die Konsolidierung und für die Perspektive ein tatsächlich sehr entscheidender Punkt. (Abg. Ing. Westenthaler: Das Problem ist nur, am Ende muss es stimmen!) Es ist dies eine ganz entscheidende und auch hier im Parlament ja einstimmig beschlossene Unterstützung einer nachhalti­gen und vorausschauenden Politik.


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Herr Abgeordneter Westenthaler, Sie sagen: Am Ende muss es stimmen! – Ich erin­nere mich noch so gerne zurück, weil es bei einer meiner ersten Parlamentssitzungen als Finanzminister im Jahr 2008, Anfang 2009 mit der Budgetplanung für die Jah­re 2009 und 2010 war. (Abg. Grosz: Ein schwarzer Tag!) Da haben Sie genau dassel­be gesagt, Herr Abgeordneter Bucher, Sie und andere: Das ist alles nicht haltbar, was Sie hier in der Budgetplanung verkündigen! – Heute wissen wir, dass wir eine Punkt­landung hingelegt haben, weil wir es können, Herr Abgeordneter Westenthaler! Und das ist der Unterschied zu Ihnen. (Beifall bei der ÖVP. – Abg. Grosz: Bauchfleck!)

Eine Abänderung der Ausgabenobergrenze ist nur mehr mit Mehrheitsentscheid hier im Hause möglich. Und die entsprechenden Strukturreformen zur Einhaltung der Aus­gabenobergrenzen werden jetzt – das ist ein wichtiger Hinweis für Ihre Frage – in den Ministerien entsprechend ausgearbeitet. (Abg. Ing. Westenthaler: Da sind Sie genau mit dem linken Fuß aufgekommen! Punktlandung! Bleiben Sie lieber am Boden!)

Zur Frage 24:

Die Einsparungsvolumina je Untergliederung sind im Strategiebericht auf Seite 9 bezif­fert. Hierbei handelt es sich um Einsparungen gegenüber dem Status-quo-Szenario.

Zur Frage 25:

Eine seriöse Budgetplanung muss von einer Entwicklung ausgehen, die sich ohne Ge­gensteuerung für die Folgejahre ergeben würde. Darauf aufbauend hat sich die Bun­desregierung zum Ziel gesetzt, 60 Prozent ausgabenseitig, 40 Prozent einnahmensei­tig – ein kluger Mix angesichts der Größenordnung, die es zu bewegen gilt – vorzugehen.

Noch einmal im Übrigen: Was wir im Jahr 2009 publiziert und uns vorgenommen ha­ben, hat auf Punkt und Beistrich gehalten.

Zur Frage 26:

Das im Bundesfinanzrahmengesetz zum Ausdruck kommende Konsolidierungspro­gramm erstreckt sich auf mittlere Frist, mindestens also bis 2014. Die dafür erforderli­chen Maßnahmen, insbesondere die Änderung der materiellen Gesetze, betreffen so­mit nicht nur das Jahr 2011. Die Bundesregierung wird diese Maßnahme bis zum Herbst erarbeiten und sich bemühen, nach Durchführung der Begutachtungsverfahren die er­forderlichen Gesetzentwürfe dem Parlament rechtzeitig vorzulegen.

Es ist eine Riesenaufgabe, eine große Herausforderung, sparseitig, wo wir den ersten Schritt setzen, auch die richtigen Maßnahmen dann im Herbst gemeinsam mit der Ein­nahmenseite umzusetzen.

Zur Frage 27:

Grundsätzlich werden von meinen Experten alle möglichen Reformüberlegungen bei den Abgaben geprüft. Eine einseitige Belastung von Managergehältern durch zusätzli­che Steuern wird von mir eigentlich nicht befürwortet, weil Österreich als Wirtschafts­standort gerade auch hoch qualifizierte Führungskräfte im internationalen Wettbewerb nach Österreich bringen muss.

Wir brauchen den Anspruch, die Besten hierher zu bringen, die hier Geld verdienen können, um die Headquarter- und Standortfunktion für Österreich im Sinne Tausender und Abertausender Arbeitsplätze auszubauen und zu sichern. Das ist eine Aufgabe, die wir haben. (Beifall bei der ÖVP.)

Meine sehr geehrten Damen und Herren, zur Finanztransaktionssteuer: Diese macht aus meiner Sicht nur im europäischen Gleichklang Sinn. Wir sind hier mit dem Koali­tionspartner sehr weit, kämpfen in allen Ratsformationen der Europäischen Union für das Vorantreiben der Finanztransaktionssteuer als einer klugen und richtigen Idee im


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Portfolio auch der einnahmenseitigen Diskussion im Herbst. Ein Alleingang Österreichs in diesem Bereich erscheint mir allerdings nicht sinnvoll.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Spekulative Finanzgeschäfte unterliegen der­zeit schon der Spekulationssteuer nach dem Einkommensteuergesetz mit einem Steu­ersatz von 50 Prozent.

Zur Frage 28:

Wir haben bereits in der Steuerreform 2009 vor allem Personenunternehmen entlastet. Selbständige Klein- und Mittelunternehmen sind ohne Zweifel das Rückgrat der heimi­schen Wirtschaft; zwei Drittel der unselbständig Erwerbstätigen sind in diesen klein- und mittelständischen Betrieben situiert. Durch die Steuerreform profitieren sie bereits von der allgemeinen Tarifentlastung.

Zusätzlich wurde für sie noch folgende Maßnahme vorgenommen – Volumen zirka 250 Millionen € –: dass wir den Freibetrag von derzeit 10 auf 13 Prozent erhöht haben, und zwar auf alle betrieblichen Einkunfts- und Gewinnermittlungsarten. Im Interesse der kleinen und mittleren Einkommen bei den Selbständigen entfällt für Gewinne bis 30 000 € die Investitionsbedingung.

Das haben wir umgesetzt, das hat gewirkt und hilft den kleinen und mittelständischen Betrieben wie wenig anderes. Das war und ist, zusammengenommen mit der Lohn­steuersenkung, die bisher größte Entlastung im Tarifbereich in der Geschichte der Zwei­ten Republik.

Zur Frage 29:

Die Europäische Union hat eine Rating-Verordnung erlassen, die die Beaufsichtigung und Zulassung von Rating-Agenturen am europäischen Markt regelt. Mit dem Finanz­marktstabilitätsgesetz und dem Interbankmarktstärkungsgesetz hat Österreich wirksa­me Instrumente geschaffen, um das Ziel der Gewährleistung der Stabilität auf den Fi­nanzmärkten in Österreich zu erreichen. Auch das Unternehmensliquiditätsstärkungs­gesetz hat geholfen, die Kreditklemmen im Bereich der Unternehmen entsprechend zu überbrücken. (Abg. Mag. Kogler: Aber nur für die großen, das wissen Sie doch – wenn überhaupt!)

Zur Frage 30:

Das nationale Steuerrecht hat die europarechtlichen Vorgaben hinsichtlich der Grund­freiheiten und insbesondere auch der Kapitalverkehrsfreiheit zu beachten. Insofern kann eine Verlagerung von Gewinnen ins Ausland nicht pauschal verhindert und mit Strafsteuern belegt werden. Meine Experten im Haus sind aber dabei, Steuer­schlupflöcher zu schließen. (Abg. Bucher: Was zahlt die Bank Austria? Was zahlt die an KöSt?) Und auch alle Betrugsbekämpfungs- und Abgabensicherungspakete bewei­sen, dass wir hier deutlich im Vormarsch sind mit dem, was notwendig ist, nämlich nicht nur Sozial- und Transfermissbrauch, sondern auch Steuerhinterziehung und Be­trug entsprechend effizient zu bekämpfen.

Zur Frage 31:

Im BFG 2010 ist für Zahlungen an das Ausland in Höhe von 1 Milliarde € im Ansatz VA 1/45285 vorgesorgt.

Zur Frage 32:

Das österreichische Parlament erhält aufgrund des geltenden Haushaltsrechtes eine Vielzahl von Berichten über die Entwicklung des Bundeshaushalts. Die zuständigen EU-Organe erhalten nur jene Informationen, die aufgrund gemeinschaftsrechtlicher Re­gelungen vorzulegen sind. Aktuell sind dies das vom Nationalrat beschlossene Finanz­rahmengesetz und der Strategiebericht der Bundesregierung.


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Zur Frage 33:

Für Konsolidierung ist Sparen in allen Bereichen notwendig. Die so wichtigen Bereiche Sicherheit, Arbeit, Bildung und Wissenschaft sind von den Einsparungen, und Sie wis­sen das ganz genau, wenn Sie die Zahlen anschauen – falls Sie sie anschauen –, zum Teil ausgenommen. Wir sichern daher den Wirtschafts- und Arbeitsstandort Österreich mit einer klaren politischen Schwerpunktsetzung – innere Sicherheit, Arbeit, Bildung und Wissenschaft – und investieren trotz Sparkurs in die Zukunft des Landes.

Zur Frage 34:

Das derzeitige Gehaltsabkommen läuft bis 31. Dezember 2010. In der Vergangenheit wurde in der Regel im Oktober von der zuständigen Bundesministerin für öffentlichen Dienst über Aufforderung der Gewerkschaft öffentlicher Dienst zu Verhandlungen ein­geladen. Ich kann daher zum gegenwärtigen Zeitpunkt nur auf die bisher geübte Vor­gangsweise und die Zuständigkeiten verweisen. (Abg. Scheibner: Da steht ja, ob Sie dafür sind! – Abg. Ing. Westenthaler: Sie werden ja eine Meinung auch noch haben!)

Zur Frage 35:

Für Politiker gab es bereits – wie Sie besser wissen als ich – in den Jahren 2009 und 2010 eine Nulllohnrunde. Ich habe das wegen der Krise selbst vorgeschlagen. Aus meiner Sicht werden Politiker genauso wie alle anderen Gesellschaftsgruppen dieses Landes ihren Beitrag zur Budgetsanierung leisten müssen. Für die kommenden Jahre wird der Nationalrat wohl rechtzeitig entsprechende Beschlüsse zu fassen haben. – Herzlichen Dank. (Beifall bei ÖVP und SPÖ.)

15.44


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Wir gehen nunmehr in die Debatte ein.

Ich mache darauf aufmerksam, dass die Redezeit der Rednerinnen und Redner nicht mehr als 10 Minuten betragen darf. Gesamtredezeit pro Fraktion: 25 Minuten.

Als Erster gelangt Herr Abgeordneter Scheibner zu Wort. Ich stelle die Uhr wunschge­mäß auf 7 Minuten. – Bitte.

 


15.45.00

Abgeordneter Herbert Scheibner (BZÖ): Frau Präsidentin! Meine Damen und Her­ren! Herr Finanzminister! Ihre Beantwortung der letzten beiden Fragen ist symptoma­tisch für das Problem, das auch wir mit Ihnen haben. Sie haben einmal gesagt: Haben Sie bemerkt, dass eine Krise stattgefunden hat? – Na selbstverständlich! Deshalb sind wir ja hier auch heute wieder zusammengekommen, um gemeinsam mit Ihnen Wege aus dieser Krise zu diskutieren und zu verhindern, dass die Folgen dieser Krise auf dem Rücken der Bevölkerung ausgetragen werden. Das wollen wir verhindern, und das verlangen wir auch von Ihnen. (Beifall beim BZÖ.)

Wenn Sie bei der Frage 35 selbstverständlich sagen, für eine Nulllohnrunde für Politi­ker werden Sie sich einsetzen – gut. Aber bei der Frage 34, da ist ebenfalls Ihre Mei­nung gefragt, nicht das normale Verfahren. Bei den Politikergehältern besteht ja auch das normale Verfahren darin, hier im Parlament einen Beschluss zu fassen. Aber bei der Frage betreffend Nulllohnrunde bei den Beamten, da verabschieden Sie sich von der eigenen Meinung, denn die könnte unangenehm werden, vor allem deshalb, weil da die Beamtengewerkschaft unterwegs ist. Und daher sagen Sie, da können Sie eigent­lich jetzt nichts sagen, das sei nicht Ihre Kompetenz.

Genau das ist das Problem, Herr Vizekanzler! Jetzt geht es darum, auch unangeneh­me Punkte anzusprechen, Reformen umzusetzen auch gegen den Widerstand von Lobbys und Gruppen, die nur auf ihre eigenen Vorteile schauen! (Beifall beim BZÖ.) Das ist das, was wir von Ihnen verlangen. Und da hilft es nichts, mit Überheblichkeit


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und Lustigmachen zu versuchen, diese Themen hier wegzubekommen. (Vizekanzler Dipl.-Ing. Pröll: ... Kärnten!)

Genau, auf das habe ich wieder gewartet: Kärnten, Kärnten, Kärnten. – Herr Vizekanz­ler! Erstens bin ich Wiener, und zweitens: Fällt Ihnen als Vizekanzler und Finanzminis­ter der Republik Österreich nichts anderes ein, als in einer Dringlichen Anfrage, in der es darum geht, Steuererhöhungen für die Bevölkerung zu verhindern, immer „Kärnten“, „Hypo“, „Kärnten“, „Hypo“ zu sagen? (Vizekanzler Dipl.-Ing. Pröll: Ja weil uns das Geld kostet! Weil das ein Grund für die Steuererhöhung ist!) Das ist armselig, Herr Vize­kanzler! Das ist armselig! (Beifall beim BZÖ.)

Ich sage Ihnen, ich bewege mich nicht auf diesem Niveau und halte Ihnen entgegen: Hypo Niederösterreich, Kommunalkredit, Volksbanken und so weiter. – Auf dieses Ni­veau bewege ich mich nicht hinunter, denn es geht hier um etwas anderes. (Abg. Grosz: Hypo Niederösterreich! Erwin Pröll!)

Es geht hier auch um etwas anderes als um Waschmittel-Slogans wie: Effizienz stei­gern, Wachstum sichern, Einnahmen entsprechend lukrieren, bevor man über neue Steuern nachdenkt!, sondern es geht wirklich darum, diese Prinzipien auch umzuset­zen, Vertrauen bei der Bevölkerung zu erwirken und vor allem auch bei der Wirtschaft, dass man sie weiter unterstützen wird. Wir haben die Krise noch nicht überwunden! – Sie haben immer wieder bei den Fragen, wenn wir fragen: Was werden Sie noch ma­chen?, auf das schon Umgesetzte verwiesen. Das kennen wir schon! Wir wissen auch, dass es eine Steuersenkung gegeben hat, hinsichtlich derer wir auch gesagt haben, sie hätte stärker ausfallen müssen. Aber wenn Sie sagen, es wurden die Steuern jetzt um 2 bis 3 Milliarden € gesenkt, dann wollen wir jetzt über die Frage diskutieren: Wie verhindern wir, dass mittlerweile Pläne für Steuererhöhungen im Ausmaß von 4 Milliar­den € auf die Bevölkerung zukommen? (Vizekanzler Dipl.-Ing. Pröll: Das stimmt nicht!)

Ja, Sie sagen immer, es stimmt nicht. Was stimmt denn dann? – Eines stimmt jeden­falls, Herr Vizekanzler: dass Sie nicht bereit sind, heilige Kühe zu schlachten, nämlich in der Verwaltung – dort, wo die Milliarden liegen, die wir lukrieren wollen. (Beifall beim BZÖ.) Das wirft Ihnen Herr Felderer vor, das wirft Ihnen der Rechnungshof vor, und das sind die Realitäten!

Ich sage Ihnen jetzt wieder etwas Positives: Es gibt in dieser Bundesregierung bei den Bundesministern gute Ansätze und Ideen! Wir haben vor wenigen Tagen eine Unter­ausschusssitzung zur Verwaltungsreform gehabt. Da sind die zwei Ministerinnen Schmied und Karl anwesend gewesen, und es hat einen Bericht gegeben, in dem – zu meiner wirklichen Überraschung, auch zur Überraschung der ÖVP-Abgeordneten – Frau Ministerin Karl, auch einvernehmlich mit der Frau Unterrichtsministerin, dieses Konzept vorgestellt hat, eins zu eins unsere Ideen, auch die Ideen des Rechnungsho­fes umzusetzen und in der Schulverwaltung einzusparen: Ebenen einzusparen, einen überbordenden Föderalismus zu kürzen, den Schulen mehr Verantwortung zu geben. Auch richtige Analysen wurden dort gebracht – wunderbar! (Zwischenbemerkung von der Regierungsbank: Super!) – Ja, Sie sagen auch: Super! (Zwischenbemerkung von Staatssekretär Mag. Schieder.) – Na perfekt, wunderbar!

Dann habe ich gesagt: Frau Bundesministerin, Sie haben unsere volle Unterstützung; reden wir über die Umsetzung! – Dann war es leider aus, denn die Frau Unterrichtsmi­nisterin musste uns sagen, sie habe keine Kompetenz für die Verhandlungen mit den Ländern.

Herr Finanzminister, wer verhandelt denn das? Wann wird denn das umgesetzt? Sie selbst haben gesagt, man muss die Ausgabendynamik der Länder brechen. Wo ist denn die Initiative, das auch wirklich umzusetzen? Das würden wir von Ihnen verlan­gen (Abg. Ing. Westenthaler: Das kann er ja gar nicht, gegen den Onkel!) – nicht hier


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irgendwelche flapsigen Wahlkampfslogans zu bringen, sondern wirklich einmal die Ge­legenheit zu nutzen. Und: Wann, wenn nicht jetzt, Herr Finanzminister, kann man tief­greifende Reformen machen – bei den Kompetenzen, in der Schulverwaltung, in der Gesundheitsverwaltung, auch bei den politischen Strukturen, meine Damen und Herren?

Sie haben immer gesagt: Was bringt das schon? – Der Kollege Bucher, der, wie Sie meinen, nichts versteht (Vizekanzler Dipl.-Ing. Pröll: Das hab’ ich nicht gesagt!) – aber er war wirklich jahrzehntelang in der Wirtschaft –, hat es vorgerechnet: 300 Millionen € an Einsparungen im politischen System wären österreichweit möglich!

Schauen wir uns doch zum Beispiel nur Folgendes an: 100 Landtagsabgeordnete in Wien. Wenn ich das auf den Nationalrat, gemessen an der Bevölkerungsanzahl, umle­ge, dann würden hier über 900 Abgeordnete sitzen. (Abg. Ing. Westenthaler: Das ist ein Wahnsinn!) Sehr „sinnvoll“, meine Damen und Herren! Aber an dieser „heiligen Kuh“ wollen Sie nichts ändern. Und das ist nicht nur in Wien so, sondern auch in den anderen Bundesländern. (Zwischenbemerkung von der Regierungsbank.) – Na selbst­verständlich, das ist die Realität, meine Damen und Herren! (Staatssekretär Mag. Schie­der: 400, nicht 900!)

Das sind die Dinge, die wir diskutiert haben wollen! 1 000 Bezirksräte gibt es insge­samt, lieber Herr Kollege. Und die brauchen wir alle?! Na großartig! (Staatssekretär Mag. Schieder: 400, nicht 900!) – Nun, bei rund 1,6 Millionen Einwohnern in Wien und acht Millionen Einwohnern österreichweit können Sie das hoffentlich auch selbst aus­rechnen! (Staatssekretär Mag. Schieder: Vielleicht können Sie es ausrechnen!) – Aber daran sieht man ja wieder: Da hinten werden Scherzchen gemacht, anstatt Reformvor­schläge aufzunehmen und umzusetzen! Das wäre wichtig, meine Damen und Herren! Wo sind denn diese wirklichen Verhandlungen und das Durchsetzen der Forderungen?

Wenn die Landeshauptleute glauben, sie können das vom Bund eingehobene Steuer­geld dann nicht verteilen, kann ich nur sagen: Na gut, dann geben wir ihnen das Steu­ereinhebungsrecht, damit die Landeshauptleute Dinge, die sie selbst in ihrem eigenen Wirkungsbereich hergeben, selbst einheben und dafür die Verantwortung übernehmen. Das wären Ideen, meine Damen und Herren.

Herr Finanzminister, Sie haben von der Steuergerechtigkeit gesprochen und gesagt, Sie werden den Missbrauch entsprechend eindämmen. – Es gibt ja Untersuchungen, dass hunderte Millionen Euro, falsch deklariert, bei der Mehrwertsteuerrückvergütung sozusagen verschwinden und das nicht kontrolliert wird. Das sind alles Dinge, die wir hier besprochen haben wollen, wo man durch diese Einnahmen sowie durch Ausga­beneffizienz Steuererhöhungen vermeiden könnte.

Herr Finanzminister, Sie sagen, die Ministerien sparen ein. – Da frage ich Sie: Wie ist das denn zahlenmäßig? Die sparen vielleicht ein gemessen am Voranschlag 2009. Sie wissen aber, es gibt einen Erfolg 2009, also die tatsächlichen Zahlen, wo es um Ausgaben in Höhe von 69 Milliarden € geht, also genau jene 69 Milliarden €, die Sie jetzt als künftige Ausgaben hernehmen. – Daher: Nichts wird in Wirklichkeit einge­spart, sondern alles finanzieren Sie über Einnahmen- und Steuererhöhungen. Das ist nicht das Vertrauen, das wir von einem Finanzminister der Republik Österreich gerade in dieser Krisensituation erwarten. (Beifall beim BZÖ.)

15.52


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Krainer. Ich stelle die Uhr auf 4 Minuten. – Bitte.

 


15.52.51

Abgeordneter Kai Jan Krainer (SPÖ): Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Die Vorschläge des Kollegen Scheibner sind ja wirklich absurd. (Zwischenrufe beim BZÖ.)


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll60. Sitzung / Seite 166

Wenn Sie, Herr Scheibner, sich über 100 Landtagsabgeordnete in Wien beschweren, dann sagen Sie doch dazu, dass das in Wien auch gleichzeitig die einzigen 100 Ge­meinderäte sind! Zeigen Sie mir doch ein Bundesland, das mit so wenigen Politikern auskommt – und das ist selbst dann so, wenn man in Wien die Bezirksräte dazurech­net. Maximal gibt es in einem Bezirk 60 Bezirksräte, wobei wir da aber von Bezirken mit über 100 000 Einwohnern reden.

Wenn Sie das auf andere Bundesländer umlegen, dann müssen Sie feststellen: Dort wür­de das, so umgerechnet, 5 000, 6 000, 7 000, ja 8 000 Gemeinderäte bedeuten, eben im Vergleich zu Wien. (Abg. Mag. Stadler: Das beweist ja nur die Richtigkeit ...!) – Wenn wir hier über schlanke politische Strukturen reden, kann ich nur sagen: Wien ist geradezu ein Vorbild, was Schlankheit bei politischen Strukturen betrifft. (Beifall bei Abgeordneten der SPÖ. – Ironische Heiterkeit und Zwischenrufe beim BZÖ. – Abg. Mag. Stadler: Ungläubige Applausverweigerung bei der SPÖ!)

Wenn ich mir die Vorschläge in dieser Ihrer Dringlichen Anfrage ansehe und wenn das umgesetzt werden würde, was hier steht, dann bliebe am Ende des Tages nur eines: riesige Schulden, jedes Jahr mehr, und zwar in Rekordzeit.

Das Einzige, was Sie hier in Wirklichkeit vorschlagen, ist, dass die Politikergehälter nicht erhöht werden. Damit kann man vielleicht 1 Million und mit Glück 2 Millionen € im Jahr einsparen, aber es geht doch um einen Konsolidierungsbedarf von mehreren Mil­liarden. Dieser eine Vorschlag ist das Einzige, was Sie vom BZÖ dazu vorlegen. Das hingegen, was die Bundesregierung mit dem Bundesfinanzrahmengesetz vorlegt, orientiert sich klar an den Spielregeln, die wir hier mit dem neuen Bundeshaushalts­recht einstimmig beschlossen haben, nämlich dass es im Frühjahr den Rahmen gibt – und im Herbst die Details.

Die Bundesregierung sagt offen und ehrlich: Die Krise, die wir finanzieren müssen, ist das Geld, um das es geht, und daher: 40 Prozent auf der Einnahmenseite und 60 Pro­zent auf der Ausgabenseite. Die Details kommen dann im Herbst, wo es eben ver­schiedene Vorschläge von verschiedenen Fraktionen gibt – aber eben leider nicht von der Opposition, sondern ausschließlich von den Regierungsparteien. Löblich erwähnt wurden ja hier – ich tue das auch selbst – Vorschläge seitens der Ministerinnen Schmied und Karl, die klar vorgelegt haben, was sie in Bezug auf eine Verwaltungsre­form in ihrem Bereich machen wollen.

Das sind zukunftsweisende Schritte, gerade was die Schulverwaltung betrifft, und das hat jedenfalls die volle Unterstützung unserer Fraktion, diese Sachen auch umzuset­zen, weil die Ausgabenseite auch die größere Seite ist, jene Seite, mit der wir uns ebenso beschäftigen wie mit der Einnahmenseite. Aber da haben die genannten Bun­desministerinnen sicherlich unsere Unterstützung.

Es gibt aber – Finanzminister Pröll hat das in seinem Beitrag ohnehin auch gesagt – natürlich nicht nur die internationale Verursachung, sodass man eben nicht sagen kann, das war nur der „böse Onkel“ aus Amerika, der uns die Krise gebracht hat, son­dern das ist schon auch eine Systemkrise. Hinzuweisen ist da schon auf die Art und Weise, wie nicht nur in den USA – dort vielleicht für jeden deutlicher sichtbar als in Ös­terreich – durch eine Deregulierung der Finanzwelt, auch in Österreich, immer mehr Ri­siko eingegangen wurde, hingegen stets höhere Gewinne, höhere Gehälter bezahlt wurden und da wiederum immer höheres Risiko eingegangen wurde, sodass das alles insgesamt nicht mehr funktioniert hat. Perpetuiert wurde das – bis ins Extreme – in den USA.

Dennoch kann man nicht ganz einfach sagen, damit hätte Österreich nichts zu tun, denn: Österreich ist genauso ein Teil dieses politischen Systems und dieses Wirtschafts­systems, und auch in Österreich wurde die Deregulierung vorangetrieben – mit genau denselben Folgen, wie wir das ja zum Beispiel bei der Hypo in Kärnten gesehen haben.


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll60. Sitzung / Seite 167

Insofern ist es natürlich besonders eigenartig, wenn das BZÖ hier Maßnahmen vor­schlägt, wo es selbst die politische Verantwortung für die größte Pleite hat. Das ganze Bundesland Kärnten wäre doch an der Hypo pleite gegangen, wenn da der Staat Ös­terreich nicht eingesprungen wäre. Dabei ist es um eine Pleitesumme von 18 Milliar­den € gegangen, wo die Republik Österreich für Kärnten in die Bresche gesprungen ist.

Was wir einnahmenseitig vorgelegt haben, ist das Sieben-Punkte-Programm, wo wir klar sagen: Wir wollen, dass verursachergerecht – sprich: Bankenabgabe – bezahlt wird, dass sozial gerecht bezahlt wird. Das heißt, dass jene, die heute von ihrem Einkommen nichts oder viel weniger beitragen als jene, die arbeiten gehen, einen gerechten Beitrag leisten. Daher auch: die Frage von Vermögenszuwachsbesteuerung, aber auch Ände­rungen im Stiftungssteuerbereich, bei der Absetzbarkeit von Managergehältern. Wei­ters: die Finanztransaktionssteuer, auch andere Bereiche im Bereich der Gruppenbe­steuerung und der Verhinderung von Steuerhinterziehung sind in diesem Sieben-Punk­te-Programm enthalten, wo wir sagen: Da braucht es Änderungen, und zwar maßvolle Änderungen, klare Änderungen, die wir auch argumentieren, die wir berechnen können.

Wir von der SPÖ haben das auf den Tisch gelegt, der Koalitionspartner hat auch Vor­schläge auf den Tisch gelegt; beides ist also am Tisch. Wir werden uns das alles ge­nau anschauen und diskutieren, und zwar sowohl Ausgabenseitiges als auch Einnah­menseitiges. Morgen beginnen wir mit der parlamentarischen Behandlung des Bundes­finanzrahmens, und im Herbst gibt es die Details – genau so, wie es im Bundeshaus­haltsrecht vorgesehen ist. – Danke. (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der ÖVP. – Abg. Dolinschek: Und dann gibt’s frohe Weihnachten beim Budget!)

15.58


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Mag. Mol­terer. Ich stelle die Uhr wunschgemäß auf 5 Minuten. – Bitte.

 


15.58.09

Abgeordneter Mag. Wilhelm Molterer (ÖVP): Meine sehr geehrten Damen und Her­ren! – Kollege Bucher ist jetzt leider nicht im Saal. – Ich habe ja Verständnis für politi­sche Diskussionen in einer derartigen Situation, nur: Eine politische Diskussion erfor­dert ein Mindestmaß an Seriosität. Und im Gegensatz zu dem, wie ich den Kollegen Bucher an sich kenne, war das heute nicht der Fall. (Abg. Scheibner: Dann musst du einmal die Anfragebeantwortung beurteilen!)

Kollege Bucher hat offensichtlich Maß an Strache genommen. Das ist aber eigentlich nicht das Maß, das ich Josef Bucher zugestehe. (Abg. Neubauer: Das ist typisch! – Das sagen Sie ja nur, weil Sie keinen Versorgungsposten ...!) Dass nach einer derarti­gen Rede ein bestimmter Hinweis kommt, ist doch wohl klar, denn: Wer die Budgetsi­tuation in Kärnten kennt, wird auf die Verantwortung des BZÖ hinweisen müssen. (Bei­fall bei der ÖVP. – Abg. Neubauer: Eine Schande für Oberösterreich sind Sie!)

Was aber viel wichtiger ist in dieser Zeit und in der Seriosität einer Auseinanderset­zung, die wir zu führen haben: Ja, wir haben eine Krise, und zwar die größte seit den dreißiger Jahren des vergangenen Jahrhunderts, nur muss man schon auch dazusa­gen, was das bedeutet. Die Krise bewirkt, dass der Staat weniger einnimmt und mehr ausgibt. Logischerweise sinken die Steuern, wenn das Wachstum zurückgeht, und die Ausgaben steigen, wenn die Arbeitslosigkeit steigt. Das ist eine völlig klare Sache.

Klar wird allen hier in diesem Hause wohl auch sein – jedenfalls möchte ich alle daran erinnern –, dass es hier, und zwar parteiübergreifend, den Konsens gab, diese Krise mit allen uns zur Verfügung stehenden Mitteln zu bekämpfen, weil wir klarerweise die gemeinsame Verantwortung haben, diese Krise für Österreich so gering wie möglich zu halten. Daher einstimmiger Beschluss etwa im Bereich Bankenpaket, Bankenstabili­sierung.


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll60. Sitzung / Seite 168

Wir haben hier im Hohen Haus zwei Konjunkturprogramme beschlossen, und die Op­position hat die Konjunkturprogramme kritisiert, weil diese angeblich zu wenig seien. Aber was bedeuten Bankenpaket und Konjunkturprogramm? – Mehr Ausgaben des Staates. Und was ist davon das Resultat? – Ein höheres Defizit und Schulden.

Ja, wenn das nicht gesagt werden darf, liebe Freunde, die ihr hier herinnen seriös mit­diskutieren wollt?! – Diese Wahrheit muss ausgesprochen werden, denn nur wenn wir die Wahrheit aussprechen, können wir auch richtig reagieren. (Beifall bei der ÖVP. – Zwischenrufe beim BZÖ.)

Meine Damen und Herren, genauso ist es die Wahrheit, dass in diesem Haus auch das Haushaltsrecht einstimmig beschlossen worden ist – übrigens ein großer Wurf, dieser Meinung bin ich nach wie vor, und das Parlament sollte stolz sein auf diese gesetzliche Möglichkeit, die wir geschaffen haben, weil sie der Regierung jetzt eine Handhabe gibt, seriös langfristig zu planen.

Das sind die Rahmen, und daher ist völlig logisch, dass in dieser Situation unsere Prio­rität, die Priorität dieser Bundesregierung darauf gerichtet sein muss, diese Schulden so rasch wie möglich wieder abzubauen. (Zwischenruf des Abg. Scheibner.) Schulden sind meiner Meinung nach das große Problem, und zwar nicht nur für die Zukunftsbe­wältigung, sondern auch für die aktuelle Konjunktursituation. Gestern konnte man im IMF-Bericht ganz klar lesen, dass das wirkliche Risiko für die Konjunkturentwicklung die Verschuldung der Staaten ist, und daher müssen wir alles tun, um die Verschuldung wieder zurückzuführen, meine Damen und Herren. – Wir haben sie aus gutem Grund verantwortet, aber jetzt haben wir, hat die Bundesregierung die Verantwortung, den schwierigeren Teil der Übung zu machen, nämlich die Schulden wieder zurückzufüh­ren. Dazu gibt es keine Alternative!

Wer Staatsschulden verharmlost, meine Damen und Herren, verharmlost das Risiko, das darin steckt, und wer Staatsschulden als Lösung provoziert, hat nicht erkannt, dass Staatsschulden das wirkliche Problem sind.

Und jetzt ist die Frage: Wie? – Das ist eine legitime Diskussion. Für uns gibt es eine sehr klare Prioritätenreihung. Die erste Priorität heißt: so rasch wie möglich zurück zum Wachstum, weil Wachstum einerseits die Einnahmen auf natürliche Weise erhöht und die Ausgaben auf natürliche Weise senkt – zurück zum Wachstum! Jede Investition in die Zukunft, in den Export, in die Forschung: Das ist die richtige, wichtige Priorität Nummer eins. (Beifall bei der ÖVP.)

Priorität Nummer zwei ist auch klar: Diese heißt Ausgabensenkung. Aber, liebe Kolle­gen in diesem Haus, wir werden noch viele Diskussionen über diese Frage der Ausga­bensenkung haben, und ich kenne jetzt schon die jeweiligen Abgeordneten der Oppo­sition, die bei jedem einzelnen Punkt der Ausgabensenkung oder -kürzung herauskom­men und sagen werden: Nein, nein, nein!

Ich habe eine andere These: Ich glaube, dass wir uns noch viel mehr anstrengen müs­sen, das ist meine feste Überzeugung – auf allen Ebenen: Bund, Länder, Gemeinden –, und dass wir da wirklich in die Tiefe gehen müssen. (Zwischenrufe bei FPÖ, BZÖ und Grünen.)

Und, meine Damen und Herren, es ist selbstverständlich die Wahrheit, dass die Ultima Ratio letztendlich folgende ist: Wenn es nicht anders geht, wird auch in der Frage der Steuer – so schmerzhaft das ist, und ich teile die Einschätzung des Finanzministers, der alles getan hat, um diese Option zu verhindern oder so klein wie möglich zu hal­ten – die Ultima Ratio möglicherweise die sein, dass uns das nicht erspart bleibt.

Aber dann lege ich in der Steuerdebatte auch aus meiner Sicht durchaus wichtige Fra­gen auf den Tisch: Was ist der Wachstumseffekt von Steuern? – Wir haben bereits


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll60. Sitzung / Seite 169

jetzt eine extrem hohe Abgabenquote. Was ist der Verteilungseffekt von Steuern? Was ist der Lenkungseffekt von Steuern? Und was ist der Standorteffekt von Steuern? (Abg. Dr. Moser: Genau! Und so machen Sie es mit den Stiftungen!)

Ich möchte mich nicht an dem Wettbewerb und dem Wettlauf beteiligen, sondern ich möchte, dass wir diese ökonomischen Kriterien definieren und dann entscheiden. Ich bin sicher, dass diese ökonomischen Kriterien der Maßstab sind, nach denen unser Fi­nanzminister in dieser schwierigen Diskussion vorgeht.

Diese Kriterien sind es, die am Ende des Tages entscheiden werden. Wahrscheinlich wird uns dieser Weg nicht erspart bleiben. Mir wäre es lieber ohne – wie allen in die­sem Haus, nehme ich an –, aber wenn es nicht anders geht, dann nach wirtschaftli­chem Sachverstand und nicht nach Ideologie. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordne­ten der SPÖ.)

16.04


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Herr Abgeordneter Themessl gelangt nun zu Wort. Ich stelle die Uhr auf 7 Minuten. – Bitte.

 


16.04.35

Abgeordneter Bernhard Themessl (FPÖ): Frau Präsidentin! Herr Vizekanzler! Herr Staatssekretär! Werte Kolleginnen und Kollegen! Hohes Haus! Werte Besucherinnen und Besucher! Herr Magister Molterer, Sie haben vollkommen recht: Wir haben hier beschlossen, mit allen uns zur Verfügung stehenden Mitteln diese Krise zu bekämpfen. Und wenn Sie diesen Antrag heute hier stellen würden, dann wäre der Beschluss wie­der einstimmig, weil es im Interesse aller Parteien in diesem Hohen Haus ist, diese Kri­se zu bekämpfen und so schnell wie möglich zu einem gesunden Wachstum zurückzu­kehren und die Bevölkerung nicht zusätzlich belasten zu müssen. Es ist nur der Zu­gang der einzelnen Parteien zu diesen zur Verfügung stehenden Mitteln ein vollkom­men anderer, und diese Regierung hat bis vor einigen Wochen ja steif und stur hier be­hauptet, dass dieses Budget rein ausgabenseitig zu sanieren ist. – Ich erinnere an vie­le Aussagen des Herrn Vizekanzlers, aber auch des Herrn Bundeskanzlers.

Die Einzigen, die schon vor Monaten davor gewarnt haben, dass es ausgabenseitig nicht gehen kann, waren die Grünen. Ich erinnere an Kollegen Kogler, an Kollegen Van der Bellen, der schon vor Monaten gesagt hat, dass eine Sanierung dieses Budgets rein ausgabenseitig nicht machbar ist, und die Regierung hat damals diese zwei Her­ren ausgelacht. (Vizekanzler Dipl.-Ing. Pröll: Nein!) – Ja, selbstverständlich! Sie haben das verneint! Bis vor einigen Wochen haben Sie gesagt, das Budget ist rein ausgaben­seitig sanierbar und eine Steuererhöhung kommt nicht in Frage. (Vizekanzler Dipl.-Ing. Pröll: Nein!) Nur über meine Leiche!, haben Sie gesagt – aber Sie leben immer noch (neuerliche Zwischenbemerkung von Vizekanzler Dipl.-Ing. Pröll) und Sie reden jetzt nur von Steuerbelastungen.

Herr Bucher, Sie haben in sehr vielen Dingen recht. Das Einzige, mit dem Sie Unrecht haben, ist Folgendes: Sie haben gesagt, dass eine schwarze Steuerwolke über Öster­reich hinwegziehen wird. – Diese Einschätzung ist falsch, denn die schwarze Steuer­wolke bleibt über Österreich stehen, und nach den Wiener Wahlen und nach den Stei­ermark-Wahlen wird ein roter Blitz einschlagen und dann wird sich das Ganze als Dau­erregen über diese Bevölkerung ergießen, diese Steuerbelastung, die auf uns zukommt. Genau das ist der Fall! (Beifall bei der FPÖ. – Abg. Grosz – das Foto eines rauchen­den Vulkans in die Höhe haltend –: Hat eine gewisse Ähnlichkeit!)

Vor vier oder fünf Stunden hatten wir hier die sogenannte Aktuelle Europastunde, die aktuelle Stunde zur Europapolitik, und von den Regierungsparteien – sowohl von Rot als auch von Schwarz – ist immer gekommen: Ja, das Wirtschaftswachstum in Europa


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ist im Vergleich zu Indien, zu China und zu sonstigen Wirtschaften auf dieser Welt furcht­bar schlecht.

Wir reden von einem Wirtschaftswachstum in Europa von 1 Prozent, in Österreich re­den wir von 1,3 Prozent, und alle haben gesagt: Dieses zarte Pflänzchen muss jetzt er­halten werden, muss gegossen werden und muss weiter wachsen, weil erst ein Wirt­schaftswachstum ab 1,6 bis 2 Prozent dann wirklich wieder der Wirtschaft hilft und viel­leicht auch hilft, in Zukunft Steuern wieder zu senken.

Jetzt, fünf Stunden später, geht es nur darum, dass man Ihnen – und Sie selbst über­treffen sich da gegenseitig – das Finden von neuen Vorschlägen für neue Steuern vor­wirft. (Vizekanzler Dipl.-Ing. Pröll: Wann?) Wie könnten neue Steuern heißen? Wie hoch sollten sie sein? Was muss da hereinkommen? – Sie gefährden damit dieses Wirt­schaftswachstum!

Glauben Sie den Herren Felderer und Aiginger, Ihren eigenen Experten – dass Ein­zige, wo ich ihnen recht gebe –: Jede zusätzliche Diskussion über Steuererhöhungen gefährdet das Wirtschaftswachstum.

Jetzt ist das Wirtschaftswachstum einer der wichtigsten Parameter, um überhaupt die Strategie für die nächsten Jahre festzumachen: Um ein Budget für die nächsten Jahre zu erstellen, ist der wirklich wichtigste Punkt dieses Wirtschaftswachstum, weil von die­sem sehr viel abhängt. Und wenn Sie heute dieses Wirtschaftswachstum gefährden und Österreich im heurigen Jahr nicht 1,3 Prozent Wirtschaftswachstum hat, sondern unter 1 Prozent, dann können Sie Ihr Strategiepapier ohnehin einstampfen und neu for­mulieren beziehungsweise neu berechnen, weil Ihre ganzen Zahlen nicht mehr stim­men und es deswegen falsch ist.

Was ich kritisiere an Ihnen, ist, dass Sie 90 Prozent Ihrer Energie dafür aufwenden, neue Steuern zu erfinden (Vizekanzler Dipl.-Ing. Pröll: Stimmt ja nicht!), nachzuden­ken, wie diese Steuern heißen könnten, und nicht darüber nachzudenken, welches Ein­sparungspotenzial Sie wirklich nutzen könnten.

Ich geben Ihnen schon recht: Wenn Sie die Verwaltungsreform ansprechen – und wir haben in 14 detaillierten Punkten aufgegliedert, wo Einsparungsmöglichkeiten sind –, dann gebe ich Ihnen recht, dass bei dieser Verwaltungsreform in vielen Dingen diese Einsparungspotenziale nicht im ersten Jahr greifen. Aber dann müssen Sie, um die Wirtschaft nicht zu gefährden, die Güte haben, ein Jahr lang die höhere Verschuldung in Kauf zu nehmen, wenn in weiterer Folge ein Einsparungspotenzial von mehreren Milliarden Euro zur Verfügung steht. – Das erwarte ich von Ihnen als verantwortungs­voller Finanzminister, und nichts anderes. (Beifall bei der FPÖ.)

Ich kann Ihnen, weil Sie so schlau sind und Ihre ganze Energie dafür verwenden, neue Steuern zu erfinden, ein paar Sachen sagen – denn Sie verschanzen sich ja ausga­benseitig immer nur hinter dem Schlagwort „Verwaltungsreform“ (Abg. Amon: Davon haben Sie geredet!) –, was möglich ist: Reform des Gesundheitswesens, Reform des Sozial- und Pflegebereichs, Reduktion und Zusammenführung der Sozialversiche­rungsträger, Reform im Schulwesen – das wurde heute schon angesprochen –, Re­form im Förderungswesen.

Wissen Sie, dass in Österreich 5,6 Prozent des Bruttoinlandsproduktes an Förderun­gen ausgegeben werden? – Das sind aktuell 15,6 Milliarden €! Das ist ein Unding und hier gehört endlich das Transparenzkonto eingeführt (Zwischenruf des Abg. Amon), aber das Transparenzkonto auch für alle Förderungszahlungen: sowohl im Landwirt­schaftsbereich als auch im Industriebereich und im Gewerbebereich. (Beifall bei der FPÖ. – Vizekanzler Dipl.-Ing. Pröll: Unsere Idee! Unsere Idee) – Ja, wieso machen Sie es dann nicht? Sie sagen immer: Unsere Idee!, aber Sie machen es nicht. Das ist ja das Riesenproblem, das Sie haben. Genau das ist das Problem, das Sie haben!


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Thema 350 000 Arbeitslose: Ein Arbeitsloser kostet die Österreicher im Jahr 25 000 €. Da geht es nicht nur um die Arbeitslosenunterstützung, da geht es darum, dass die Pen­sionsbeiträge bezahlt werden müssen, die Krankenkassenbeiträge bezahlt werden müs­sen, der AMS-Anteil bezahlt werden muss. 400 000 Arbeitslose kosten den österreichi­schen Staat 10 Milliarden € pro Jahr. – Wenn Sie es schaffen, das Wirtschaftswachs­tum zu forcieren und die Arbeitslosenzahl um 100 000 zu verringern, dann haben Sie mit einem Schlag 2,5 Milliarden € eingespart. Wissen Sie, das bringt Ihnen die CO2-Steuer nicht, das bringt Ihnen die Mineralölsteuer nicht. (Zwischenbemerkung von Vi­zekanzler Dipl.-Ing. Pröll.)

Ein Wort noch zur CO2-Steuer: Sie wissen, dass – diese sind ganz akut gefährdet – 10 000 Arbeitsplätze in der Transportwirtschaft sofort fallen, wenn Sie die CO2-Steuer und die Mineralölsteuer einführen beziehungsweise erhöhen – das wissen Sie! –, und weitere 70 000 Arbeitsplätze, die direkt oder indirekt im Transportgewerbe beschäftigt sind, fallen damit mit. Wir laufen Gefahr, dass wir zusätzlich 100 000 Arbeitsplätze in Österreich verlieren, und nicht um 100 000 Arbeitslose in Österreich weniger haben.

Denken Sie endlich um! Gehen Sie mit Volldampf daran, das Einsparungspotenzial bei den Ausgaben zu nutzen und hören Sie endlich damit auf, über neue Steuern nachzu­denken! (Beifall bei der FPÖ.)

16.11


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Herr Abgeordneter Mag. Kogler gelangt nun zu Wort. 10 Minuten Redezeit. – Bitte. (Vizekanzler Dipl.-Ing. Pröll: Jetzt wird es wenigs­tens sachlich! – Abg. Grosz  in Richtung des sich zum Rednerpult begebenden Abg. Mag. Kogler –: Der Herr Spitzenkandidat!)

 


16.11.38

Abgeordneter Mag. Werner Kogler (Grüne): Frau Präsidentin! Herr Vizekanzler! Mei­ne Damen und Herren! Heute Morgen haben wir schon ein bisschen gehört, und mor­gen Vormittag wird es ähnlich sein – ich glaube, da wird man die Argumente ein biss­chen deutlicher voneinander unterscheiden können.

Aber man könnte doch auch diese Dringliche zum Anlass nehmen und einmal tatsäch­lich eine wirtschaftspolitische und nicht nur eine reine finanz- und steuerpolitische De­batte führen, denn die Dinge hängen ja zusammen. Sie (in Richtung Vizekanzler Dipl.-Ing. Pröll) haben es ja versucht zu erklären, Willi Molterer auch. Jetzt hat ja diese fi­nanzpolitische Seite zumindest ein paar Komponenten und nicht nur die Steuern – das war ja eben der Grund dafür, warum wir gesagt haben, irgendwann werden wir dort auch landen –, aber fangen wir durchaus einmal woanders an. Das war ja Ihr Vor­schlag.

Es geht ums Sparen, ja – ich will den Begriff jetzt gar nicht umdeuten –, um sinnvolles Sparen. Es geht aber mit Sicherheit, wenn wir schon bei der Ausgabenseite sind (Zwi­schenruf des Abg. Amon), auch um den Fokus, wo allenfalls sogar noch mehr auszu­geben ist, um später vielleicht besser dazustehen, auch jetzt noch. Und es geht drit­tens um eine Basislinie, falls ein gewisser Saldo gegeben ist; es geht ja immer nur um drei Größen: Ausgaben, Einnahmen und was übrig bleibt, ist in der Regel ein Defizit. Wenn das nicht zu hoch werden soll, weil die Zinszahlungen sonst den größten oder einen sehr großen Teil der zukünftigen Budgets auffressen – sie sind ja jetzt schon größer als viele Ministeriumsbudgets, das muss man auch anerkennen –, denn sonst müsste man das mit einer riesigen Inflationswelle vonseiten des Staates wegbringen, was man sich auch nicht so ohne Weiteres traut, wird es, wenn wir uns über eine be­stimmte Basislinie verständigen, auch darum gehen, darüber zu reden, wo wir das Geld hereinkriegen, das wir, weil ja nicht mit dem Rasenmäher gespart werden soll, anders nicht hereinkriegen können.


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Und jetzt darf ich schon kurz an der Stelle auf den Anfragesteller eingehen und ihm selbst eine Frage stellen, denn da unterscheidet uns schon etwas. Ich weiß schon, dass Sie in Richtung Ihrer Klientel blinken – mittlerweile gibt es das BZÖ ja schon lange ge­nug, dass man auch so etwas wie Zielgruppen identifizieren kann (Zwischenruf bei der ÖVP), und da ist es gut, wenn man sagen kann, ... (Vizekanzler Dipl.-Ing. Pröll: Mittler­weile schon nicht mehr!) – Seien Sie nicht so zynisch! Da ist es schon gut, wenn man dann sagen kann: Keine neue Steuern, nie mehr! – Und überhaupt, das klingt super.

Sie haben den Vergleich mit der Schweiz gebracht – viel niedrigere Abgabenquote. Okay, nämlich ernsthaft: Dann will man eben sozusagen solch ein Wirtschafts- und So­zialsystem, das dem der Schweiz entspricht. Das kann man ja haben wollen, aber ich sage Ihnen schon eines: In der Wirtschafts- und Sozialpolitik ist es auch gut, wenn man die Anpassungsgeschwindigkeiten anschaut, um die Verwerfungen zu sehen, die man erzeugt. Wie schnell wollen Sie denn dort sein?

Da müssen Sie einmal Folgendes erklären, meine Herren von BZÖ: Entweder das De­fizit muss massiv steigen dürfen – dann müssen Sie eben erklären, wie dieser Schul­dendienst abgebaut werden kann –, oder, weil neue Steuern dürfen ja nicht sein, Sie müssen erklären, wo Ausgabenkürzungen über das Ausmaß hinaus, das die Regie­rung vorschlagt, stattfinden sollen. (Abg. Amon: Und zwar konkret! Konkret!) Diese müssen ja eigentlich enorm sein, das müsste man seriöserweise dazusagen.

Ich meine, Sie brauchen meine anwaltschaftliche Hilfe nicht (Vizekanzler Dipl.-Ing. Pröll: Das ist präzise!), aber weil wir uns ja vorgenommen haben, dass wir in die­ser Dringlichen, dann im Protokoll nachzulesen, jetzt wirklich eine seriöse wirtschafts­politische Argumentation betreiben wollen, und die war nicht zu hören, Kollege Bucher (Abg. Bucher: Habe ich gesagt!), denn es war eher das Blinken an die kleinen und mittleren Unternehmer, die offensichtlich mit dem Lockruf geholt werden sollen: Kei-
ne neuen Steuern! Und genau das geht am Problem vorbei. (Abg. Bucher: Aber die Steuern ...!)

Beginnen wir also bei der Frage der Steuern: Es wird nicht ohne gehen. Und wer soll sie zahlen? Beziehungsweise – ökonomisch interessanter – welche Sektoren, denn das hat ja alles Auswirkungen. Herr Kollege Molterer hat es gesagt: Beschäftigungs- und Wachstumseffekte – ich fange eigentlich nicht mehr so an. Also: Konjunktur und Be­schäftigung, langfristiges Wachstum, aber natürlich auch Lenkungseffekte; darin ist die ökologische Frage inkludiert. Aber, und in dieser Situation sind wir schon dort, wo man sich normalerweise unter der Überschrift „soziale Gerechtigkeit“ versammelt, auch die Verteilungswirkungen sind anzuschauen.

Und da verstehe ich Sie eigentlich auch nicht, Kollege Bucher, und die Kollegen von der FPÖ mindestens genauso wenig. (Abg. Gradauer: Vorsicht!) Bei Ihnen ist es ja Ideologie, wenn Sie sagen, dort soll nichts passieren – nämlich bei denen, die ein sehr hohes Einkommen haben; da hat Kollege Kräuter heute wieder einen Vorschlag ge­macht. Ich sage Ihnen ehrlich: Diese Spitzensteuersatzdebatte ist aus meiner Sicht – bei der gegebenen Vermögensverteilung in Österreich – völlig irrelevant, denn dann kommt es, und da sind Sie ja schon gar nicht daheim, bei den vermögensbezogenen Steuern.

Österreich hat eine Schieflage in der Vermögensverteilung, wie man sie europaweit nur suchen kann. Sie sagen immer, wir haben eine relative Gleichverteilung und beziehen sich auf die Einkommensverteilung, aber alle Statistiken zeigen etwas anderes – wenn diese überhaupt verfügbar sind, denn es ist ja ein eigenes Politikum in diesem Land, dass es diese fast gar nicht gibt. Ich halte Ihnen das vor: Die Sozialdemokraten haben da jahrelange Versäumnisse zu verantworten, wodurch wir unsere Situation statistisch nur sehr schwer mit anderen Ländern vergleichen können. Aber das, was wir wissen, da jetzt endlich wieder einige anfangen zu forschen, findet sein Ergebnis dort, wo wir


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sagen dürfen, es gibt einen eklatanten Unterschied in fast allen Vermögensarten: bei den Immobilien, im Aktienbesitz, im klassischen Geldvermögen – überall gibt es sozu­sagen einen ganz großer Unterschied in der Verteilung.

Wenn man alle sozusagen aggregiert, kommt man zum Schluss, dass das oberste Pro­zent der Besitzenden in Österreich ein Drittel hat – das oberste Prozent! – und die nächsten 9 Prozent das nächste Drittel. Ja, was heißt denn das? – Eins und neun ist zehn. Die obersten 10 Prozent – nicht die obersten Zehntausend, sondern die obersten 10 Prozent! – verfügen über zwei Drittel des Vermögens und die restlichen 90 Prozent nur über ein Drittel. – Und wenn Sie sich das antun und das jetzt mit der Bundes­republik Deutschland vergleichen, dann werden Sie merken, dass das dort viel flacher ist.

Es ist schon die Frage, ob das ein wünschenswerter Zustand ist. Ich behaupte, dass es langfristig sogar wachstumspolitisch von Interesse ist, dass das ein bisschen gleicher ist, weil ich auch glaube, dass selbst in einem so kleinen Land wie Österreich die Inlands­nachfrage noch eine Rolle spielt. (Zwischenbemerkung von Vizekanzler Dipl.-Ing. Pröll.)

Jetzt sind wir genau beim Punkt: Wenn wir Steuern einheben müssen – müssen; das haben Sie ja bis vor Kurzem geleugnet, aber über diese Schmähs reden wir heute nicht mehr –, dann ist es doch auch sinnvoll (neuerliche Zwischenbemerkung von Vize­kanzler Dipl.-Ing. Pröll) – ja, taktische Lüge ist gut –, zu schauen, genau wie es Willi Molterer gesagt hat (weitere Zwischenbemerkung von Vizekanzler Dipl.-Ing. Pröll), wo es konjunktur- und beschäftigungspolitisch am vernünftigsten ist hinzugreifen. – Und das Blöde ist eben, dass wir dort landen, wo Sie offensichtlich irgendwelchen Kliente­len verpflichtet sind.

Jetzt einmal nur so, rein ökonomisch vernünftig gedacht, werden wir nicht umhinkom­men – auch wenn die Sozialdemokraten jetzt diesbezüglich den gleichen Text spre­chen, sie müssen es dann auch einmal durchsetzen –, dass wir bei den Vermögens­zuwachssteuern etwas machen müssen, dass wir möglicherweise bei der Börsenum­satzsteuer – die allein macht das Kraut natürlich auch nicht fett – etwas tun müssen. (Zwischenbemerkung von Vizekanzler Dipl.-Ing. Pröll.)

An dieser Stelle an die Sozialdemokraten gerichtet: Sie erklären uns immer, Sie sind da jetzt auch dabei, und Sie erklären uns dauernd, dass die Finanztransaktionssteuer eine so tolle Einnahmequelle ist. Die Finanztransaktionssteuer ist eine hoch wichtige Sache, muss aber mindestens europaweit eingeführt werden, sonst ist sie Humbug, sonst brauchen wir eben die Börsenumsatzsteuer. Nur eines sollte allen klar sein, vor allem den Genossen: Das geht dann ins EU-Budget, das wissen Sie ganz genau.

Vor erst eineinhalb Jahren haben wir hier in einem Fünf-Parteien-Antrag die österrei­chische Position zur Finanztransaktionssteuer beschlossen und der Bundesregierung mit auf den Weg gegeben. Sie soll kommen, die Einnahmen sollen im EU-Budget für dieses und jenes verwendet werden, unter anderem für Entwicklungszusammenarbeit. Und was machen Sie? – Sie annoncieren jeden Tag in der Zeitung – man weiß ja, wie das läuft; ein paar Inserate und daneben der Bericht –, dass die Finanztransaktions­steuer als österreichische Einnahme verbucht wird, und zwar mit 1,5 Milliarden, sozu­sagen schon die Hälfte vom Ganzen.

So werden wir nicht weiterkommen, in beide Richtungen gedacht, wenn wir einmal ver­nünftig argumentieren wollen. Also müssen wir präzise dorthin schauen, wo noch et­was geht. In unseren Vorschlägen – wir trauen uns da drüber – kommen wir auch auf ent­sprechende Einnahmen an dieser Stelle.

Nun zur Frage Ökologisierung, weil Sie das in Ihrer Kampagne, wie ich fast sagen muss, thematisiert haben. Zuerst ist zu den Steuern nicht ganz die Wahrheit gesagt wor­den, dann sind sie ökologisch begründet worden. Es ist schon richtig, dass eine Erhö-


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hung der Mineralölsteuer für sich genommen eine ökologische Maßnahme ist, gemes­sen an den Alternativen, aber die große ökologische Steuerreform wäre etwas ganz an­deres. (Zwischenbemerkung von Vizekanzler Dipl.-Ing. Pröll.)

Jetzt sage ich als Grüner und streite sogar mit dem einen oder anderen grünen Freund darüber, dass wir nicht ohne Weiteres bei allem, was Ressourcen- und Umweltzerstö­rung besteuert, in die Höhe fahren können, ohne anderswo herunterzufahren, weil das im Unterschied zu den vermögensbezogenen Steuern sehr wohl die Haushalte und die Unternehmen treffen würde. Diese Art von Reform würde voraussetzen, aus Arbeits­platz- und Beschäftigungsgründen, dass wir die Arbeitskosten an anderer Stelle unge­fähr in gleichem Ausmaß senken, sowohl für die Unternehmen als auch für die Haus­halte, soweit diese das zu tragen haben. Das wäre wirklich eine ökologische Umsteue­rung mit den entsprechenden Beschäftigungseffekten. Wir sollten also nicht zu früh – die Mineralölsteuer hat ja auch einen Massensteuereffekt, wenn auch mit einer ver­nünftigeren Lenkungswirkung als die Mehrwertsteuererhöhung, die ich Ihnen ja immer unterstelle –, sondern vernünftig ansetzen. (Präsidentin Mag. Prammer gibt das Glocken­zeichen.)

Das heißt, eine echte Ökosteuerreform ist notwendig, und wenn man sie richtig macht, hat sie Beschäftigungseffekte. Wir können damit aber nicht gleichzeitig das Budget sa­nieren, sondern das müssen wir dort machen, wo es Ihrer Klientel auch wehtut. – Lü­gen Sie wenigstens an dieser Stelle nicht weiter und sagen Sie die Wahrheit! Morgen haben Sie die Chance dazu. (Beifall bei den Grünen.)

16.22


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Herr Abgeordneter Kogler, auch für Sie gilt: Das Wort „lügen“, haben wir vereinbart, wird in diesem Saal nicht verwendet. (Abg. Mag. Kog­ler: Der Herr Minister hat es mir ja angetragen!) – Das gilt auch für den Herrn Vize­kanzler, wenn er es wirklich so geflüstert hat, wie Sie das gesagt haben. (Vizekanzler Dipl.-Ing. Pröll: Das ist eine Lüge! Ich habe es nicht angeboten!)

Herr Abgeordneter Ing. Lugar, Sie sind der Nächste. Ich stelle die Uhr wunschgemäß auf 6 Minuten. – Bitte.

 


16.22.33

Abgeordneter Ing. Robert Lugar (BZÖ): Frau Präsidentin! Herr Vizekanzler! Hohes Haus! Wenn ein Vulkan brodelt, kommt eine Aschewolke heraus. Das wissen wir seit un­gefähr einer Woche. (Vizekanzler Dipl.-Ing. Pröll: Wir wissen es schon länger! – Hei­terkeit und Beifall bei der ÖVP.) Wenn es im Budget brodelt, kommt eine Steuerwolke heraus. Das wissen wir schon länger, schon seit Jahrzehnten, dass immer dann, wenn es im Budget Probleme gibt, nach Steuererhöhungen gerufen wird. Der einzige Zusam­menhang, der hier besteht, denn es ist kein Naturgesetz, dass bei jedem Problem im Budget sofort eine Steuererhöhung kommen muss, ist die Reformverweigerung, die seit Jahrzehnten herrscht und die auch Sie betreiben, Herr Finanzminister. Sie betrei­ben Reformverweigerung und greifen nach dem einfachsten Mittel, nämlich der Steuer­erhöhung.

Herr Finanzminister, Sie haben gesagt, Sie haben die Krise nicht verursacht. – Ich ge­be Ihnen recht, Sie haben die Krise sicher nicht verursacht. Auch Österreich hat sie nicht verursacht. Wir haben sicher einiges dazu beigetragen, keine Frage, aber wir ha­ben sie nicht verursacht. Die Budgetkrise aber haben Sie sehr wohl verursacht; nicht nur Sie, sondern all Ihre Vorgänger.

Wenn Sie, Herr Molterer, sich hier herstellen und uns Einsichten gewähren, wie ein Budget sein soll, was die Einnahmen und die Ausgaben betrifft, und so weiter, dann kann ich Ihnen nur eines sagen: Sie haben es in einer Zeit vor der Krise, als die Einnahmen gesprudelt sind, als das Budgetwachstum sehr robust war, als die Party in vollem Gan-


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ge war, geschafft, trotz Mehreinnahmen von fast 10 Milliarden € ein Defizit zustande zu bringen. – Genau das ist das Problem, Herr Molterer, Herr Finanzminister Pröll.

Es könnte durchaus sein, dass uns diese Krise in diese Lage gebracht hat. Das könnte durchaus sein. Es könnte auch durchaus sein, dass wir jetzt in den sauren Apfel beißen müssen, weil das so unausweichlich war, wie viele hier behaupten. – Der Vergleich aber macht uns sicher. Schauen wir uns ein anderes Land an, schauen wir uns an, ob das wirklich so ist! (Abg. Amon: Jetzt bin ich gespannt!) Es gibt ein Land in Europa, das nicht Mitglied der EU und in Bezug auf die Größe etwa vergleichbar mit Österreich ist (Abg. Amon: Der Vatikan!), und das ist – das ist kein Geheimnis – die Schweiz; Kolle­ge Bucher hat das schon angesprochen.

Die Schweiz hatte in den neunziger Jahren ähnliche Probleme wie wir, und die Schweiz hat ihre Hausaufgaben gemacht. Die Schweiz hat die Ausgaben überdacht und hat nicht nur eine Verwaltungsreform, sondern generell eine Reform gemacht. Die Schweiz hat es geschafft, ab dem Jahr 2005 Überschüsse zu produzieren, und hat sogar im Krisen­jahr 2009 noch knapp 2 Milliarden Überschüsse budgetiert. (Abg. Mag. Molterer: Bud­getiert, aber nicht geschafft!) Die Schweiz hat das geschafft.

Jetzt frage ich mich: Warum schaffen wir das nicht? – Ich kann Ihnen die Antwort gleich mitliefern: weil in unserem Land eine Reformverweigerung herrscht, und zwar nicht erst, seit Herr Pröll Finanzminister ist oder Herr Molterer Finanzminister war, son­dern das geht viel weiter zurück. Damit muss jetzt Schluss sein! Es muss endgültig da­mit Schluss sein, dass immer dann, wenn das Budget aus dem Ruder läuft, in die Ta­schen der Steuerzahler gegriffen wird und die Probleme nicht angegangen werden. (Beifall beim BZÖ.)

Sie gehen den einfachen Weg. Was geschieht, wenn es in der Verwaltung Probleme gibt, wenn zu große Aufgaben anstehen, wenn Verwaltungsaufgaben delegiert werden, die nicht mehr zeitgemäß sind? – Es wird nicht reformiert, nein, sondern es wird in die Tasche des Steuerzahlers gegriffen.

Im Gesundheitssystem ist es genauso. Sie gehen die Probleme nicht an, weil Sie sich davor scheuen, die Landeskaiser, von denen ja auch einige aus Ihrer Partei sind, in die Pflicht zu nehmen. (Rufe bei der ÖVP: Geh hör auf!) Sie müssen endlich die Hausauf­gaben machen!

Ich bin ja grundsätzlich bereit, über Steuererhöhungen zu sprechen – aber als Notfall­programm. (Oh-Rufe bei der ÖVP.) Das heißt, wenn Sie Ihre Hausaufgaben machen, wenn Sie alle Reformschritte umsetzen, die Ihnen der Rechnungshof ans Herz legt, wenn Sie das endgültig gemacht haben, dann können wir auch über Steuererhöhungen spre­chen. Aber ich bin nicht bereit, den umgekehrten Weg zu gehen.

Vor einem Jahr hat es geheißen: Wir arbeiten fest an einer Verwaltungsreform, wir ver­suchen, ausgabenseitig einiges einzusparen. Das hat es vor einem Jahr geheißen. Jetzt heißt es: In einem Jahr werden wir darüber reden. Das heißt, wir haben schon zwei Jahre verloren. Wenn das so weitergeht, ändert sich nichts bis zur nächsten Na­tionalratswahl, und was dann umgesetzt wird, wissen wir schon jetzt. Man wird sich hü­ten, etwas Unangenehmes zu machen, denn als gelernter Österreicher weiß man, dass das nicht allzu beliebt ist.

Staatssekretär Lopatka hat zu mir gesagt: Wir gehen das jetzt endgültig an. Wir ma­chen das Schritt für Schritt. Zuerst ist die Bildung dran. – Wo sind die Reformen, und wa­rum kann man nicht alle Reformen gleichzeitig angehen? In Bezug auf Steuererhö­hungen höre ich jeden Tag kreative Ideen, jeden Tag, wie aus einem Maschinenge­wehr kommen neue Ideen. In Bezug auf die Verwaltungsreform, auf Einsparungen kommt überhaupt nichts.


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Ich kann mir schon vorstellen, dass Sie lieber den einfachen Weg gehen, dass Sie lie­ber den Weg des geringsten Widerstandes gehen, so nach dem Motto: Wir greifen den Steuerzahlern in die Tasche und hoffen, dass sie in drei oder vier Jahren alles verges­sen haben. Wenn dann ein kleines Steuerzuckerl gegeben wird, ist alles wieder in Ord­nung. Würden Sie sich mit Ihren Landeshäuptlingen anlegen, mit Ihren Interessenver­tretungen in Ihren Bünden und sonstigen Einflussbereichen, wäre das natürlich ein har­ter Weg, ein steiniger Weg, keine Frage, aber ich glaube, dass Sie genau dafür ge­wählt worden sind. Sie wurden nicht dafür gewählt, den leichten Weg zu gehen und die wirklichen Probleme außen vorzulassen. Die Schweiz hat das erkannt und ist diesen Weg gegangen. Das war auch nicht einfach. Es hat viele Probleme gegeben in der Schweiz, aber sie hat es geschafft.

Deshalb brauchen wir diese Reformen, auch wenn der Herr Bundeskanzler gesagt hat, wir haben keine Eile in diesem Bereich. – Keine Ahnung, warum er das glaubt. Ich je­denfalls glaube, in dieser Frage ist es nicht fünf vor zwölf, sondern fünf nach zwölf, und deshalb bitte ich Sie, gehen Sie nicht den einfachen Weg, sondern gehen Sie den rich­tigen Weg! – Danke. (Beifall beim BZÖ.)

16.29


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Frau Abgeordnete Mag. Rudas gelangt nun zu Wort. Ich stelle die Uhr wunschgemäß auf 4 Minuten. – Bitte. (Rufe bei der FPÖ – in Richtung der sich zum Rednerpult begebenden Abg. Mag. Rudas –: Die guten Steuern! Die bösen Steuern!)

 


16.29.28

Abgeordnete Mag. Laura Rudas (SPÖ): Es gibt auch gute und jenseitige Zwischen­rufe – Ihre werden immer jenseitiger.

Frau Präsidentin! Sehr geehrter Herr Vizekanzler! Liebe Kolleginnen! Liebe Kollegen! Liebe Zuseher und Besucher auf der Galerie, schön, dass noch Leute da sind und der Diskussion folgen! An sich ist es ja eine recht spannende Diskussion rund um die Fra­gen: Was ist nach der Krise? Wie konsolidieren wir das Budget? Wie leisten wir Repa­raturarbeit? Leider habe ich aber gerade von den Orangen – von den Blauen habe ich es gar nicht erwartet – keinen einzigen Vorschlag gehört. Ich habe gehört, wogegen sie sind, ein paar komische Slogans und Überschriften, aber ich habe keinen einzigen Vor­schlag gehört.

Ich hoffe schon, dass es unbestritten ist, dass wir das Budget konsolidieren, dass wir Reparaturarbeit leisten müssen, um die jungen Leute in unserem Land nicht mit Schul­den in die Zukunft gehen zu lassen. (Abg. Scheibner: Haben Sie schon einmal etwas von Verwaltungsreform gehört?)

Sehr geehrter Herr Westenthaler, was ist Ihr Vorschlag? Was ist Ihr Vorschlag, um das Budget zu konsolidieren? (Abg. Ing. Westenthaler: Keine bösen Steuern!) Nur Sparen ist unmöglich, es sei denn, Sie stellen sich hierher und sagen: Wir streichen die Fami­lienbeihilfe, wir sperren Schulen und Spitäler, wir streichen verschiedene Sozialtrans­fers. Dann seien Sie aber so ehrlich und sagen Sie, dass das Ihr Plan ist! – Plötzlich kein Zwischenruf? Also ist das nicht Ihr Plan. Erfreulich. Wir sind uns also einig: Nur Sparen allein ist zwar ein guter Spruch, ein guter Slogan, aber unrealistisch.

Die Geschichte lehrt uns und auch alle Wissenschaftler, Wirtschaftler, Experten bestä­tigen das: Es ist intelligent, das Budget einnahmenseitig und ausgabenseitig ausgegli­chen zu konsolidieren. Das bedeutet natürlich Sparen, Bürokratie abbauen, aber wir werden uns auch einnahmenseitige Maßnahmen überlegen müssen und dabei gerecht und wirtschaftlich sinnvoll vorgehen.

Zunächst ist zu berücksichtigen: Wovon lebt Österreich? – Österreichs Steuertopf lebt vom Konsum und von den Löhnen, aber – Herr Kollege Kogler hat das auch schon


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recht deutlich ausgeführt – nicht von vermögensbezogenen Steuern. Wir wollen daher auf der Einnahmenseite gerecht vorgehen. Ich verstehe aber nicht ganz, was das BZÖ dagegen hat, dass zum Beispiel Aktienspekulanten genauso viele Steuern zahlen wie eine Großmutter auf ihr Sparbuch. Wie lautet der Einwand? – Kein Zwischenruf, okay.

Wie lautet der Einwand dagegen, dass Banken eine Abgabe leisten? Sie machen jetzt ja wieder Gewinne, es geht ihnen wieder besser. Wie lautet der Einwand? (Zwischen­rufe beim BZÖ.) – Zwischenrufe, die ich leider nicht deuten kann.

Was ist ... (Abg. Ing. Westenthaler: Das zahlen die Bankkunden! „Böse Steuern“, weil das die Kunden zahlen!) – Moment! Ruhe, es kommt schon der nächste Vorschlag! Wie lautet Ihr Einwand dagegen, dass Managergehälter ab 500 000 € zumindest nicht mehr von den Steuerzahlern bezahlt werden, daher nicht steuerlich absetzbar sind? – Kein Einwand! Also haben wir uns darauf geeinigt: Es gibt auch – wie ich es vor Kur­zem genannt habe – gute, sprich gerechte Einnahmen und Steuern.

Genauso gerecht, wie wir bei den Einnahmen vorgehen, nämlich nach dem Verursa­cherprinzip, diejenigen, die diese Krise mitverursacht haben, sollen auch einen Beitrag zur Reparaturarbeit leisten, gehen wir auch beim Sparen vor. Ja zum Bürokratieabbau, ja zu einer Verwaltungsreform! Ich bin gespannt, ob das BZÖ, ob die FPÖ, ob die ge­samte Opposition mitgehen wird, wenn wir so weit sind. (Abg. Ursula Haubner: Wir ha­ben genug Vorschläge eingebracht!) Ich bin gespannt, ob Sie dann, wenn wir, die Re­gierung, dafür eintreten, dass man Bürokratie abbaut (Abg. Dr. Rosenkranz: Ja!), dass man den Verwaltungsapparat schlanker macht (Abg. Dr. Rosenkranz: Ja!), dass man den Verwaltungsapparat modernisiert (Abg. Dr. Rosenkranz: Ja!), alle dabei sind. (Abg. Dr. Rosenkranz: Ja!) Es wird enormen Widerstand geben, denn bis jetzt haben Sie die Regierung bei diesen Modernisierungsvorschlägen noch nie unterstützt. (Abg. Ursula Haubner: Stimmen Sie einmal unseren Anträgen zu!) Ich erinnere Sie dann da­ran; ich kann es mir noch nicht vorstellen.

Sehr geehrte Damen und Herren, ich halte das für eine interessante Diskussion, die wir jetzt führen (Abg. Scheibner: Machen! Machen!), es liegen unterschiedlichste Vor­schläge auf dem Tisch. Auch in der Regierung gibt es unterschiedliche Vorschläge. Der Bundeskanzler hat einen Echtheitstest verlangt, das halte ich für sinnvoll. Ich halte es auch für sinnvoll, dass sich die Opposition an der Diskussion beteiligt und Vorschläge macht (Abg. Ursula Haubner: Danke, dass wir diskutieren dürfen!) – ich habe keinen einzigen Vorschlag von Ihnen gehört – und wir uns dann gemeinsam auf etwas eini­gen. Nur dagegen sein, das ist in dieser Diskussion zu wenig. – Danke schön. (Beifall bei der SPÖ.)

16.34


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Herr Abgeordneter Dr. Stummvoll gelangt nun zu Wort. Ich stelle die Uhr wunschgemäß auf 5 Minuten. – Bitte.

 


16.34.24

Abgeordneter Dkfm. Dr. Günter Stummvoll (ÖVP): Frau Präsidentin! Herr Vizekanz­ler! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Beim Herausgehen hat mir Klubobmann Bucher zugeflüstert, dass er auf Unterstützung hofft. Ich greife das auf und möchte zunächst Folgendes sagen: Ich habe gewisses Verständnis für die Dringliche Anfrage des BZÖ, aber nicht deshalb, weil ein paar durchaus sympathische Kolleginnen und Kollegen im BZÖ sind, sondern deshalb, weil ich natürlich verstehe, weil ich Verständ­nis dafür habe, dass die kleinste Fraktion im Haus, die in den Umfragen so zwischen
2, 3 und 4 Prozent herumgrundelt (Rufe beim BZÖ: Na geh!), natürlich krampfhaft ver­sucht, durch parlamentarische Events ein gewisses mediales Interesse zu erzeugen. Sie glauben, dass das Szenario mit schwarzen Steuerbelastungswolken dafür geeignet ist. Ich sage Ihnen nur eines: Ich glaube, das Thema Konsolidierung der Staatsfinanzen,


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Stabilität der Staatsfinanzen ist viel zu ernst, um politisches Kleingeld damit zu wech­seln. Das, Kollege Bucher, muss ich leider sagen. (Beifall bei der ÖVP.)

Zur Sache selbst: Ich möchte nicht wie einige meiner Vorredner die morgige Debatte zum Bundesfinanzrahmengesetz vorwegnehmen, sondern mich wirklich ein bisschen auf die Steuerfragen konzentrieren und schließe an Frau Kollegin Rudas an – die in­zwischen den Saal verlassen hat –, die vor einiger Zeit gemeint hat, es gebe „gute“ und „böse“ Steuern. Ich möchte das ein bisschen ökonomischer formulieren. Ich sage, es gibt wachstums- und beschäftigungsschädliche Steuern, und es gibt wachstums- und beschäftigungsfördernde Steuern. Das klingt, Frau Kollegin Rudas, schon ein biss­chen nuancierter als Ihre Einteilung in gute und böse Steuern. (Abg. Mag. Wurm: Ob­jektiv ist das auch bei Ihnen nicht!)

Wenn ich mir jetzt einzelne Steuervorschläge der letzten Wochen anschaue, ohne Quellenangabe, so muss ich sagen, für mich eine wachstumsfreundliche Idee ist die Ökologisierung des Steuersystems, vor allem dann, wenn sie verbunden wird mit offen­siven Elementen wie: Mittel daraus zu verwenden für Forschung und Entwicklung, Mit­tel zu verwenden für Green Jobs, Mittel zu verwenden für Energieeffizienz und Wärme­dämmung. Das ist wachstumsfreundlich, das ist wachstums- und beschäftigungsfördernd.

Es gibt andere Steuern, die wachstumsschädlich und auch beschäftigungsschädlich sind, die Frage – wir haben gestern darüber diskutiert, ich habe selbst eingeladen zu einer informellen Aussprache – über steuerliche Regelungen für Stiftungen zum Beispiel. Wir haben festgestellt, es gibt steuerliche Vorteile der Stiftungen und es gibt steuerliche Nachteile der Stiftungen, aber über allem – und wir haben viele Details diskutiert – schwebt das, was der Stiftungsverband sagt. Für Stifter das Wichtigste sind nicht ein­zelne Steuerbestimmungen, sondern das Wichtigste ist: Welches Land garantiert Pla­nungssicherheit, Verlässlichkeit, Vertrauen? Es ist also gar keine Frage, dass jede Steuererhöhungsdiskussion bei Stiftungen (Zwischenruf des Abg. Bucher) – ich habe keine Quellenangaben gemacht; die Richtung wird wahrscheinlich stimmen, Herr Kolle­ge Bucher, aber noch einmal, ich nenne keine Quellen und keine Namen – natürlich schon standortschädlich ist. Und vergessen dabei dürfen wir nicht – ich habe das schon oft gesagt –: Wirtschaftsstandort heißt immer Arbeitsplätze, Einkommen und letztlich soziale Sicherheit.

In diesem Sinne wehre ich mich immer dagegen, wenn Steuervorschläge kommen, zu unterscheiden gleichsam zwischen Arbeitnehmern einerseits und Wirtschaft anderer­seits. Ich sage immer und bin fest davon überzeugt – noch niemand hat den Gegenbe­weis angetreten –: All das, was wir für die Wirtschaft tun, tun wir im Interesse der Ar­beitnehmer. Unsere Betriebe – und da gibt es viele, viele Beispiele – sind tüchtig ge­nug, ihre Gewinne auch im Ausland zu machen. All das, was wir tun, tun wir, damit die Arbeitsplätze in Österreich bleiben. Das, meine Damen und Herren, sollte man einmal zur Kenntnis nehmen.

Genauso verfehlt ist es meiner Meinung nach, zu sagen – was auch immer wieder ge­tan wird –, jetzt sollen diejenigen für die Krise zahlen, die die Krise verursacht haben. Erst gestern hat Ewald Nowotny, Gouverneur der Notenbank, vor Jahren mein Vor­gänger als Obmann des Finanzausschusses, gemeint, unsere Banken, die da immer wieder genannt werden, seien nicht die Täter, sondern eher die Opfer einer Krise.

Was hat die Krise ausgelöst? Seien wir ehrlich! – Es ist immer das Gleiche: Egal, ob in den USA oder in Griechenland, es geht auf Dauer nie gut, über seine Verhältnisse zu leben. Die exzessive private und öffentliche Verschuldung in den USA hat die globale Finanzkrise ausgelöst. Was sich in Griechenland abspielt, ist dadurch bedingt, dass die Griechen jahrelang über ihre Verhältnisse gelebt haben. Genau das wollen wir nicht, und genau deshalb bin ich froh darüber – das werden wir aber morgen diskutieren –,


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dass wir dieses Bundesfinanzrahmengesetz haben, in dem ein Deckel für die nächsten vier Jahre für die Ausgaben eingezogen ist. Ich glaube, ein unglaublicher Fortschritt!

Noch einmal: Bei Steuern bitte keine Unterscheidung zwischen gut und böse, sondern zwischen wachstums- und beschäftigungsschädlich und wachstums- und beschäfti­gungsfreundlich. In diesem Sinne freue ich mich schon auf die morgige Debatte über das Bundesfinanzrahmengesetz. (Beifall bei der ÖVP.)

16.39


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Herr Abgeordneter Gradauer gelangt nun zu Wort. – Bitte.

 


16.39.21

Abgeordneter Alois Gradauer (FPÖ): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Herr Bundes­minister! Sehr geehrte Damen und Herren! Ich glaube, mit Überheblichkeit kann man das Budget nicht sanieren. Ich denke, die Situation ist derart ernst, dass wir diese Pro­blematik wirklich nur mehr alle miteinander lösen können.

Herr Bundesminister Pröll, Sie sprechen immer davon, dass Sie die Steuerreform 2008 gemacht haben. Ich darf Sie schon daran erinnern, dass Sie bis zuletzt versucht ha­ben, diese Steuerreform zu verhindern. Die Österreichische Volkspartei wollte absolut nicht, und wie gut ist es, dass diese Steuerreform gemacht worden ist, weil damit der Inlandskonsum gerettet werden konnte und eine Säule im Wirtschaftsgeschehen ge­halten hat! (Abg. Mag. Gaßner: Da hat er recht!)

Herr Bundesminister, ich darf an die gestrige „ZiB“ erinnern (Vizekanzler Dipl.-Ing. Pröll: Haben Sie es angeschaut?) – natürlich! –, wo die Frau Thurnher zu Ihnen gesagt hat: Heute reden wir über die Steuern! – Sie haben kein einziges Wort über die neuen Steuern verloren, sondern Sie haben immer nur so getan, als würde die Bundesregie­rung in Zukunft nur mehr sparen. Sie haben den Leuten also eigentlich etwas Falsches gesagt beziehungsweise ihnen etwas vorgemacht.

Sie haben vor der Wirtschaftskammerwahl versprochen – das ist durch alle Medien ge­gangen –, Sie werden die 0,8 Prozent Kreditgebühr eliminieren, die würde auslaufen. Bis heute gibt es diese 0,8 Prozent Kreditgebühr. Wo ist die Erledigung? (Abg. Scheib­ner: Dagegen gestimmt haben sie im Ausschuss! – Abg. Kopf: Im Zusammenhang mit der Bankensteuer! War ganz klar! – Zwischenruf des Abg. Krainer.)

Herr Krainer, wenn – so wie Sie – jeder immer die eigene Klientel verteidigt und sagt: Da geht nichts, da können wir nicht sparen!, werden wir nicht zum Ziel kommen, diesen Staat wieder in ein vernünftiges Fahrwasser zu bekommen. Herr Molterer, ich erinnere Sie daran, als Sie Finanzminister waren, an die guten Jahre, die wir Gott sei Dank da­mals hatten: Sie haben die gesamten Überschüsse, die das Land produziert hat, ver­braucht! (Beifall bei der FPÖ.) Es ist keine einzige Reserve entstanden, Sie haben das ganze Geld wieder ausgegeben. (Abg. Dr. Matznetter: Das stimmt ja überhaupt nicht!)

Sie erinnern sich sicher: Ich habe Sie einmal gefragt, ob denn das notwendig ist. Sie haben gesagt: Ich habe meine 1,5 Prozent Defizit erreicht, und das ist es. Hätten Sie das nicht ... (Zwischenruf des Abg. Mag. Molterer.) – Herr Molterer, so war das. Ich kann mich genau erinnern, weil das ärgert mich bis heute noch. Wirklich! (Abg. Mag. Molterer – die Hände zusammenschlagend –: Eins plus eins ist eins, Herr Kolle­ge! – Heiterkeit.) Ja, ja, ist schon in Ordnung. Aber ich weiß, dass das so gewesen ist. Sie haben die Überschüsse, die der Staat Ihnen gegeben hat, alle wieder ausgegeben! (Abg. Mag. Molterer: Mein Gott! – Vizekanzler Dipl.-Ing. Pröll: Warum ist die Schul­denquote zurückgegangen?)

Eine Ergänzung noch zu den Mitteilungen, die mein Kollege Themessl gemacht hat, was die Förderungen betrifft. Er hat Ihnen ja erzählt, dass die Förderungen in Öster-


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reich 5,6 Prozent des BIP ausmachen und 15,6 Milliarden € betragen. Er hat aber ver­gessen zu sagen, dass der EU-Schnitt bei 2,6 Prozent liegt. Also alleine in dieser Posi­tion sind fast 7 Milliarden € Reserven drinnen. Meine Damen und Herren von der gro­ßen Koalition, warum gehen Sie die Dinge nicht an?

Frau Rudas, wenn Sie nie im Hause sind, wenn Sie hier nicht anwesend sind, können Sie nicht hören, wie unsere Vorschläge, das Budget zu verbessern, die wir laufend ge­macht haben, gelautet haben. Machen Sie doch endlich einmal eine Anpassung der Pensionen auf ASVG-Höhe und -Kondition, was die Gemeinde Wien, das Land Salz­burg und auch das Land Kärnten betrifft! (Abg. Dr. Matznetter: Was heißt das? Pen­sionskürzungen oder was?) Warum nicht auch die MitarbeiterInnen der Oesterreichi­schen Nationalbank auf diese ASVG-Pension bringen? Warum reden wir immer von einer Erhöhung des Pensionsantrittsalters – bei den Männern auf 67, bei den Frauen auch höher, auf 62 wahrscheinlich –, wenn wir in der Zwischenzeit nur ein Antrittsalter von 58, 59 Jahren haben? Versuchen wir doch endlich einmal, das Antrittsalter bei den Pensionen auf die gesetzlichen Höhen von 65 und 60 Jahren zu bringen! (Abg. Binder-Maier: Tosender Applaus! – Heiterkeit.) – Frau Kollegin! Sie können ja applaudieren, wenn Sie wollen.

Zu den Argumenten die Schweiz betreffend, die heute schon zweimal gebracht wur­den, möchte ich noch einige hinzufügen. Die Schweizer haben am BIP gemessen 45 Pro­zent Verschuldung. Wir liegen zurzeit bei 67 und nähern uns 77 Prozent, also wir lie­gen doppelt so hoch wie die Schweizer bei der Verschuldung. (Abg. Mag. Molterer: Was ist das Doppelte von 45?) Und das entspricht natürlich auch den Zinsendiensten, die wir leisten müssen, was bei den Schweizern nicht der Fall ist. Die Schweizer haben eine um 5 Prozent bessere Abgabenquote. Wir werden durch die neuen Steuern, die uns ins Haus stehen, wahrscheinlich wesentlich höhere Abgabenquoten haben.

Es ist schon erwähnt worden, dass die Schweizer durch sparsames Vorgehen im Kri­senjahr 2009 2,7 Milliarden Schweizer Franken Überschuss erwirtschaften konnten. Wir haben, was so gefeiert wird, beim Defizit eine Punktlandung von fast 8 Milliarden € jährlich gemacht. Hier stimmt einiges nicht zusammen. Vielleicht sollten wir einmal zur Schweiz fahren, um zu sehen, wie die das machen. (Beifall bei der FPÖ. – Abg. Wenin­ger: „Zur“ Schweiz?)

Herr Finanzminister, ich möchte noch einen Satz von Ihnen vom 23. Oktober 2009 zi­tieren: „Wenn die andere Seite die Ausgabendisziplin nicht wahren will, stellt sie damit Steuererhöhungen in den Raum. Irgendwoher muss das Geld ja kommen. Ich kann nur sagen: ohne mich. – Mehr Steuern, nicht mit diesem Finanzminister.“

Herr Finanzminister! Eigentlich müssten Sie ab sofort zurücktreten. – Danke schön. (Beifall bei der FPÖ.)

16.46


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Frau Abgeordnete Dr. Lichtenecker kommt nun zu Wort. 5 Minuten Redezeit. – Bitte.

 


16.46.06

Abgeordnete Dr. Ruperta Lichtenecker (Grüne): Frau Präsidentin! Herr Minister! Ge­schätzte Kolleginnen und Kollegen! Ohne Zweifel, die Diskussion ums Budget, um Steuersysteme ist eine ganz wichtige und spannende, denn es geht um das Thema Gerechtigkeit, es geht um die Zukunftsgestaltung, es geht auch um Lenkungseffekte, es geht um Effizienz und natürlich auch um Fairness. Insofern ist es auch gut, die sach­lichen Argumente und durchaus Pro und Kontra bei den jeweiligen Themen abzuwägen.

Kollegin Rudas ist gerade nicht im Hohen Haus anwesend. (Abg. Dr. Rosenkranz: Nicht nur „gerade nicht“, das ist ein Dauerzustand!) Frau Rudas hat immer von Gerech-


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tigkeit gesprochen. Die Frage ist, wie man Gerechtigkeit auch in anderen Zusammen­hängen versteht.

Ist es beispielsweise gerecht, dass Kinder, die in der Innenstadt aufwachsen, immer vom Verkehr belastet sind, Feinstaub einatmen und dadurch krank werden? Das ist ein negativer Effekt – in der Finanzwirtschaft nennt man das negativer externer Effekt des Verkehrs –, den man umweltpolitisch und gesundheitspolitisch in den Griff bekommen muss.

Oder: Ist es fair, dass die Industrieländer, unbestritten maßgeblich verantwortlich und zentral verantwortlich, die CO2-Emissionen und den Klimawandel weltweit vorantrei­ben, aber die Folgen nicht auszubaden haben? Auszubaden haben dies nämlich hauptsächlich Entwicklungsländer, Länder, die entlang des Äquators sind. – Das sind auch Gerechtigkeitsfragen, die man auch zu beantworten hat.

Herr Minister, wir befinden uns durchaus in einer bewegten, interessanten und span­nenden Zeit, in der man sich das genau anschauen muss. Ich glaube, gerade das The­ma ökosozialer Umbau des Steuersystems verdient hier wirklich zentrales Augenmerk. Was in der Diskussion aber jetzt passiert ist: Das, was Sie, jetzt nenne ich konkret die ÖVP, bezüglich Ökosteuern einbringen, ist eine schwere Drohung und macht das, was eigentlich an Chancen drinnen liegt, zur Farce. Mit diesem Öko-Schmäh in dieser Form spazieren zu gehen, ist einfach unredlich. (Beifall bei den Grünen.)

Letztendlich haben Sie drei wesentliche Aspekte im österreichischen Steuersystem, wo die Experten, auch die internationalen Experten sagen, es ist veraltet:

Wir haben zu niedrige Vermögenssteuern – darauf ist heute schon eingegangen wor­den –, wir haben zu niedrige Umweltsteuern – wir stellen auch da das Schlusslicht bei den OECD-Daten dar –, und wir haben zu hohe Arbeitskosten.

Also warum das nicht im Konkreten angehen und daran arbeiten? Dafür eignet sich eine ökosoziale Steuerreform, aber ganz klar mit dem Augenmerk, das, was über die Ökosteuer eingenommen wird, zur Entlastung der Haushalte und der Unternehmen zu verwenden. Genau das ist möglich, und dafür haben wir Grünen auch ein Konzept ent­wickelt – mit Unterstützung sehr maßgeblicher österreichischer Experten für Steuerfra­gen, für Finanzierungsfragen. Genau das, davon sind wir überzeugt, und die Daten und Zahlen zeigen es auch, ist der Ansatzpunkt auch für zukunftsorientiertes Wachstum.

Wenn Kollege Molterer immer vom Zurück zum Wachstum spricht, stellt sich auch die Frage: zu welchem Wachstum? (Vizekanzler Dipl.-Ing. Pröll: Zu einem qualitativen Wachstum!) Herr Minister! Zu qualitativem Wachstum? Dann definieren Sie das doch! Es kann ja nicht das Einzementieren sein, was Sie mit dem Konjunkturpaket gemacht haben, Beispiel Schrottprämie.

Das ist ein Einzementieren von alten Strukturen, das abzulehnen ist und das wir hier im neuen Budget und im Bundesfinanzrahmengesetz anders haben wollen: eine neue Qualität, eine ökosoziale Steuerreform mit der klaren Ausrichtung auf Schaffung von Arbeitsplätzen, gerechte Verteilung und ganz klare Orientierung auch an ökologischen Kriterien. Dazu braucht es natürlich Konsequenz, Klarheit, Teilnahme und Parteilich­keit, auch wenn das momentan nicht im Zentrum der Diskussion steht, nämlich nicht in Österreich, aber international sehr wohl. Daran gilt es jetzt in den nächsten Wochen und Monaten und auch morgen zu arbeiten. (Beifall bei den Grünen.)

16.50


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Herr Abgeordneter Mag. Widmann gelangt nun zu Wort. – Bitte.

 


16.50.54

Abgeordneter Mag. Rainer Widmann (BZÖ): Sehr geehrte Frau Präsident! Hohes Haus! Eines stört mich an dieser Debatte besonders: Das ist das Spiel zwischen Oppo-


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sition und Regierungsparteien, wonach die Regierungsparteien die Weisheit, sozusagen das Gelbe vom Ei – wie man im Mühlviertel sagt – gefressen haben, während bei der Opposition die Dummen angesiedelt sind, die ihre Vorschläge machen, ob es die Grü­nen, die Blauen oder auch die Orangen sind.

Und genau das, Herr Finanzminister, haben Sie heute zur Schau getragen, als unser Klubobmann Bucher seine Ideen vorgetragen hat, mit abfälligen Handbewegungen, mit Zwischenrufen und vielen anderen Dingen mehr. (Abg. Amon: Das war eine Dringliche Anfrage, nicht eine Präsentation von Ideen! Lauter Fragen!)

Herr Finanzminister, Sie sprechen von zukunftsorientierten Schritten, Sie sprechen von gemeinsam, Sie sprechen von Nachhaltigkeit, Sie sprechen von Konsolidierung, und, und, und. Lauter schöne Worte (Zwischenbemerkung von Vizekanzler Dipl.-Ing. Pröll hören Sie mir einmal zu! – aus dem Budgetbilderbuch der Uni Linz, mehr ist das nicht. (Beifall beim BZÖ. – Abg. Amon: Herr Kollege, dann hätten Sie einen Dringlichen An­trag einbringen müssen, nicht eine Dringliche Anfrage!)

Wissen Sie, Herr Kollege, worauf die Menschen warten? – Auf konkrete Antworten! Sie warten auf das Wie. Wie wird diese Steuerreform umgesetzt? Wie schauen diese Ein­sparungen aus, die Sie ansprechen? Das Gefährliche in den letzten Wochen war nicht diese schwarze Vulkanwolke über Österreich, denn diese hat keinem Menschen ge­schadet, sondern das Gefährliche ist die diffuse schwarze Steuerwolke über dieser Re­publik, die letztlich dem Mittelstand, den Unternehmern und den Familien Schaden zu­fügen wird. (Beifall beim BZÖ.)

Ich darf es vielleicht mit ganz sachlichen Worten probieren, Herr Finanzminister. Ich zi­tiere aus dem „Standard“ von heute: „,Der Bevölkerung wurde ständig vorgegaukelt, dass es keine Steuererhöhungen geben wird‘, kritisierte jüngst“ wer? – Ihr Onkel „Nie­derösterreichs Landeshauptmann Erwin Pröll“.

Ob Sie jetzt „vorgegaukelt“ oder „Lüge“ oder „Unwahrheit“ sagen, der Kern ist der, dass Sie den Menschen jahrelang oder seit Langem gesagt haben, es gibt keine Steuer­erhöhung. Jetzt wird es sie aber trotzdem geben, und das kritisieren wir. Und daher, denke ich, ist auch der Begriff „Pröllnocchio“ mehr als gerechtfertigt für Sie. (Vizekanz­ler Dipl.-Ing. Pröll: Da klatschen nicht einmal ...!) – Das kommt schon noch, Herr Fi­nanzminister. (Beifall beim BZÖ.)

Schauen Sie sich Ihre Regierungserklärung an! Schauen Sie sich die Redner zu den Konjunkturpaketen an! Da sprechen Sie von Schwerpunktbildungen, in der Forschung, in der Wissenschaft. Schauen Sie das Forschungsbudget gemeinsam mit der Wissen­schaft an! Es gibt schon kleine Lichtblicke, da gebe ich Ihnen recht. Es gibt aber in Summe auch dort ein Minus von 1,3 Prozent. Und da bin ich beim Kollegen Kogler und da bin ich bei den Grünen, dass man Schwerpunkte setzen muss, in der Bildungs­politik, in der Wissenschaft, in der Forschung, bei der Innovation, aber auch – und das wundert mich umso mehr bei der ÖVP – in der Familienpolitik. Denn die Familienpolitik mit dem größten Minus von 4,2 Prozent ist ja wirklich ein echtes Armutszeugnis für Ihre Art von Politik für die Familien – Sie versagen hier eindeutig! (Beifall beim BZÖ.)

Ich habe schon wirklich den Verdacht, Sie wollen sich als Finanzminister ein grünes Ökomäntelchen umhängen, indem Sie einfach sagen: Na dann machen wir die Öko­steuern! 100 Millionen, habe ich irgendwo gelesen, wollen Sie zurückgeben. 100 Millio­nen – das ist ein Tropfen auf den heißen Stein – für die erneuerbaren Energien. Und den Rest verwenden Sie einfach zum Stopfen von Budgetlöchern. Geben Sie das end­lich einmal zu!

Wenn Sie einmal bereit wären, auch in den Budgetausschuss zu kommen – ich habe Sie heuer noch kein einziges Mal im Budgetausschuss gesehen! (Abg. Ing. Westen­thaler: Im Finanzausschuss ist er auch nicht oft!) – Im Finanzausschuss ist er auch


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll60. Sitzung / Seite 183

nicht. Also ich weiß nicht, wo Sie sind. (Abg. Ing. Westenthaler: Er ist auf Mauritius, in den USA ...!) Aber ich bitte Sie, Herr Finanzminister, kommen Sie in die Ausschüsse! Reden Sie mit uns! Reden Sie mit der Opposition! Diskutieren Sie unsere Vorschläge, anstatt immer abwesend zu sein! (Beifall beim BZÖ.)

Denn eines ist klar: Die Rasenmäherpolitik à la Pröllnocchio – minus 3,5 Prozent, einfach drüberfahren – ist nicht Zukunftspolitik! Und hören Sie endlich vonseiten der ÖVP auf, der Opposition vorzuwerfen, wir hätten keine konkreten Ideen und keine kon­kreten Vorschläge! Diese Vorschläge liegen ja im Budgetausschuss, die liegen ja in sämtlichen Ausschüssen des Nationalrates, wo, wie Sie genau wissen, 700 Anträge der­zeit auf Eis liegen, auf schwarz-rotem Eis liegen und nicht behandelt werden.

Zuletzt noch ganz kurz zur SPÖ: Kollegin Rudas, die ja wiederum nicht anwesend ist, hat gemeint, es gibt keine Vorschläge seitens der Opposition. Ich kenne einen einzigen Vorschlag der SPÖ, das ist diese Neidsteuer, die Einführung der Reichensteuer: ab einem Einkommen von 300 000 € plus 5 Prozent. (Zwischenruf des Abg. Mag. Gaß­ner.) – Ja wissen Sie, was das bringt, Herr Kollege Gaßner? Wissen Sie, was das bringt? (Abg. Riepl: Weil’s wenig bringt, soll man es nicht tun? Das ist ein Akt der Soli­darität!) – Das ist eine Micky-Maus-Einnahme und überhaupt nicht geeignet, dieses Bud­get, das derartig desolat ist, nachhaltig zu sanieren. (Beifall beim BZÖ.)

Werfen Sie uns auch nicht vor, wir würden nicht über Steuerreformen nachdenken. Das BZÖ ist gegen Steuererhöhungen, das ist ganz klar. Aber in der Steuerstruktur selbst umzuschichten, umzubauen, dafür sind wir durchaus auch zu haben. Sie kennen das Schlagwort ... (Abg. Riepl: Warum haben Sie Kärnten in die Pleite getrieben mit Ihrer Politik?) – Fällt Ihnen außer Kärnten etwas Neues ein? Wenden Sie sich, bitte, an die Kollegen hinten in der letzten Reihe von der FPK, die Kärnten vertreten, aber, bitte, nicht an mich vom BZÖ! (Beifall beim BZÖ.)

Nehmen Sie das einmal zur Kenntnis: Dort sitzen die Vertreter von Kärnten, nicht hier.

Ich schließe mit einem Zitat des Herrn Sozialministers Hundstorfer, der heute leider nicht hier ist, obwohl es wichtig wäre. Kollege Hundstorfer hat nämlich gemeint, dieses Finanzrahmengesetz sei kein Klopapier, sondern ein Prognosepapier.

Ich möchte das Ganze ins Gegenteil verkehren: Solange die konkreten Inhalte bei die­sem Papier fehlen, ist es als Finanzrahmengesetz nur ein Klopapier und nicht einmal ein Prognosepapier. – Danke schön. (Beifall beim BZÖ. – Abg. Riepl: Pfui!)

16.56


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Dr. Kräu­ter. 4 Minuten gewünschte Redezeit. – Bitte.

 


16.56.48

Abgeordneter Dr. Günther Kräuter (SPÖ): Frau Präsidentin! Herr Bundesminister! Der Schlusssatz des Vorredners war ein bisschen unappetitlich, aber sei’s drum. (Abg. Ursula Haubner: Das hat der Herr Sozialminister gesagt!) Es geht um wichtigere Din­ge, nämlich nicht nur um Einnahmen, sondern auch um Ausgaben, und letztlich um die gesellschaftspolitische Balance und den sozialen Frieden, also durchaus Themen, die man ernst nehmen sollte.

Ich glaube, selten hat dieser Spruch so gegolten wie jetzt, dass letztlich das Budget eine in Zahlen gegossene Politik ist. Für die SPÖ, meine Damen und Herren, geht es natürlich auch um Gerechtigkeitsfragen und um Werte in der Gesellschaft, wie Soli­darität oder wie der Generationenvertrag beispielsweise. Und es ist ja klar, dass in Kri­senzeiten, in Zeiten einer Finanz- und Wirtschaftskrise eine ganz besondere Verant­wortung auf den Schultern der zuständigen politischen Verantwortlichen ruht. (Abg. Ing. Westenthaler: Was ist mit der Stiftung in der Steiermark?) – Ich komme gleich da­zu, Herr Kollege Westenthaler.


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll60. Sitzung / Seite 184

Daher braucht es erstens einen Plan und zweitens ein Ergebnis. Ich glaube, man kann nicht darüber streiten, ob das Procedere sinnvoll ist. Wir haben morgen eine erste Le­sung, heute eine Dringliche Anfrage – man kann darüber streiten, ob man das doppelt diskutieren soll –, dann eine parlamentarische Verhandlung, eine zweite Lesung. Alle fünf Parteien waren mit dem Procedere einverstanden. Das ist sehr vernünftig, und ich glaube, die formale Vorgangsweise ist ja nicht bestreitbar.

Inhaltlich aber, meine Damen und Herren, stellt sich für die SPÖ ganz grundsätzlich die Frage: Wer hat die Krise verursacht? Waren das die Arbeitnehmerinnen, die Arbeitneh­mer, die unselbständigen Beschäftigten? Nein!, werden Sie mir jetzt wahrscheinlich zu­rufen. Im Gegenteil, das sind ja längst die Betroffenen: durch Arbeitslosigkeit, durch Kurzarbeit, durch verstärkten Druck am Arbeitsplatz. (Abg. Grosz: Der Befehlsempfän­ger von der Rudas! – Wo ist die Chefin, Herr Kollege? Wo ist die Frau Rudas?)

Daher muss man sich natürlich bei den Einnahmen überlegen: Werden jetzt die Betrof­fenen zusätzlich belastet, die Arbeitnehmer, die Beschäftigten, die ohnehin armutsge­fährdet sind? Wird zusätzlich hier Kaufkraft weggenommen, um Konjunktur zu ersti­cken und abzuwürgen? Oder will man die Pendler belasten?

Das kann es natürlich alles nicht sein – und daher wird es keine Erhöhung von Mas­sensteuern geben, es wird mit der SPÖ keine Erhöhung der Mehrwertsteuer geben und keine Erhöhung der Mineralölsteuer. (Abg. Ursula Haubner: Das war einmal eine klare Aussage!)

Was ist also gerecht und sinnvoll und wo können wir mit einem Lenkungseffekt rech­nen? – Na, bei Spekulationen beispielsweise. (Oh-Rufe beim BZÖ.) Dort muss man ansetzen. Erstens kann man es dadurch eindämmen oder bestenfalls vermeiden und auf der anderen Seite natürlich Mittel lukrieren. Bei den Finanztransaktionssteuern soll­te auch auf europäischer Ebene – das muss man, glaube ich, jetzt immer dazu sagen – erstens einmal eine Regelung kommen, ob überhaupt, und wenn man auf europäischer Ebene sagt: Das Geld werden wir selbst verwenden!, braucht es natürlich eine Alter­native, ein Äquivalent bei uns in Österreich, und dann wird es eben eine Börsenum­satzsteuer-neu geben.

Oder Stiftungen: Selbstverständlich müssen die Stiftungsprivilegien – nur 12,5 Prozent Besteuerung – abgebaut werden, muss der Steuersatz erhöht werden. (Abg. Grosz: Ja, das ist in der Steiermark ...!) – Ja, ich habe es gehört, Herr Grosz. Mit Ihrer Polemik haben Sie längst überzogen in der Steiermark – das interessiert nicht einmal in der Steiermark jemanden, geschweige denn hier im Parlament. (Jö-Rufe beim BZÖ.)

Selbstverständlich, meine Damen und Herren, sind die Vermögenden und die Privile­gierten auch im Visier. (Abg. Grosz: Hat das die Frau Rudas genehmigt?) Der effektive Spitzensteuersatz ist bei uns ja nicht 50 Prozent, sondern – wenn man das 13. und 14. Gehalt berücksichtigt – 43,71 Prozent. (Abg. Ing. Westenthaler: Es gibt auch „gu­te“ und „böse“ Stiftungen!)

Frau Schratzenstaller-Altzinger vom Wifo rechnet vor, wenn man die alten EU 25 ver­gleicht, dann liegt der Spitzensteuersatz zwischen 40 und 59 Prozent. Die Deutschen haben 42 Prozent Spitzensteuersatz, 5,5 Prozent Solidaritätszuschlag und 3 Prozent Reichensteuer ab gewissen Größenordnungen. Deutschland ist einige Male erwähnt worden, also daran kann man sich durchaus in Zukunft orientieren. (Präsident Neuge­bauer übernimmt den Vorsitz.)

Was die Ausgaben betrifft, muss es natürlich Prioritäten geben. Wir setzen sie in erster Linie auf Beschäftigung und Arbeitsplätze. Man muss aber auch die Landwirtschaft sehr genau anschauen, und auch die Wirtschaftsförderung. (Abg. Dr. Lichtenecker: Was ist mit Bildung und Forschung?)


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll60. Sitzung / Seite 185

Ich bin sehr froh darüber, dass es diese Transparenzdiskussion jetzt wirklich gibt. Man muss mit den Ländern entsprechende Verhandlungen führen. Wer den Leitartikel im morgigen „Kurier“ liest, wird sehen, dass dort – das finde ich sehr interessant – die Ver­schuldung durchaus auch als Chance begriffen wird, was die Verwaltungsreform anbe­langt. (Abg. Ing. Westenthaler: Wenn eine Verschuldung einmal eine Chance ist!)

Also insgesamt wird es einen Kraftakt brauchen. Es wird nicht leicht. Es ist keine einfa­che Zeit. Leicht macht es sich die Opposition, und zur Dringlichen Anfrage der Restbe­stände der Orangen: Na ja, ob das sinnvoll war, wo wir doch morgen wieder über die­ses Thema reden, das sei dahingestellt. (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Ing. Westentha­ler: Wenn die Verschuldung einmal eine Chance ist!)

17.01


Präsident Fritz Neugebauer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Amon. – Bitte.

 


17.01.37

Abgeordneter Werner Amon, MBA (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Vize­kanzler und Finanzminister! Meine Damen und Herren! Herr Kollege Kräuter! Sie ha­ben gesagt, es geht in der Steuerdebatte um eine gesellschaftliche Balance und um den sozialen Frieden.

Ich möchte das unterstreichen. Ich glaube auch, dass das wichtige und hehre Ziele sind. Aber es geht in der Debatte auch um Leistungsgerechtigkeit, um Standortsiche­rung und um Ökologisierung, meine Damen und Herren! (Abg. Dr. Lichtenecker: Oh, jetzt schauen wir aber!) Das scheint mir entscheidend zu sein.

Herr Kollege Kräuter, wenn man die Tendenz hat, dass man Stiftungen per se immer so ein bisschen schief anschaut, und den Eindruck vermitteln möchte, dass das fast et­was Unanständiges ist (Abg. Ing. Westenthaler: Es gibt gute und böse Stiftungen!), und gleichzeitig einen Landeshauptmann in der Steiermark hat, dessen persönliches Modell eine solche Stiftung war, dann geht das nicht zusammen. (Abg. Binder-Maier: Oi, oi, oi!) Das muss ich Ihnen schon ins Stammbuch schreiben. (Beifall bei ÖVP und BZÖ.) So einfach kann man es sich nicht machen. (Abg. Ing. Westenthaler: Da sollte der Finanzminister ein bisschen hinschauen bei der Stiftung!)

Zur Dringlichen Anfrage, in der Herr Klubobmann Bucher am Beginn unseren Herrn Fi­nanzminister mit den Worten „Keine neuen Steuern! Das war mein Ziel, und dazu ste­he ich auch.“, zitiert (Abg. Binder-Maier: Oi, oi, oi! – Abg. Ing. Westenthaler: Er hat gesagt: Neue Steuern nicht mit mir! Abg. Grosz: Das Problem ist, dass er sich heu­te nicht mehr erinnern kann, was er gestern gesagt hat! – Abg. Mag. Stadler: So schießt man sich ins Knie!): Da weiß ich nicht, was daran zu kritisieren ist, meine Da­men und Herren!

„Das war mein Ziel, und dazu stehe ich auch.“ – Das bringt, glaube ich, in sehr klarer und deutlicher Weise zum Ausdruck (Abg. Ing. Westenthaler: Was macht ihr, wenn es die Krise nicht mehr gibt? Auf was redet ihr euch dann aus?), dass es uns von der ÖVP in erster Linie darum geht, ausgabenseitig das Budget wieder in Ordnung zu brin­gen, ausgabenseitig das Budget zu sanieren. (Zwischenruf des Abg. Grosz.)

Richtig ist, wir sind in einer gemeinsamen Koalition. Man kann – und diese Tendenz ist schon ein wenig bei der Opposition zu verspüren – so tun, als hätte es eine weltweite Finanzkrise mit angeschlossener Wirtschaftskrise nicht gegeben, als könnte man zur Tagesordnung übergehen und als wäre diese Form der Budgetkonsolidierung eine wie jede andere, wo man halt alle paar Jahre sozusagen sicherstellen muss, dass das Budget mit einer dynamischen Entwicklung nicht aus dem Ruder läuft. Das ist schon eine fundamentale Wirtschafts- und Finanzkrise, mit der wir es hier zu tun haben. Da­her ist es, glaube ich, auch richtig, dass die Bundesregierung insgesamt sehr verant­wortungsbewusst mit dieser krisenhaften Situation umgeht.


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll60. Sitzung / Seite 186

Es ist auch der Opposition zu danken, dass sie am Beginn dieser Krise sehr konstruk­tiv daran beteiligt war, diese zu bewältigen. Es ist kein Zufall, dass alle Parteien hier im Haus den Beschluss gefasst haben, das österreichische Banken- und Wirtschaftssys­tem zu stabilisieren. Das haben wir gemeinsam beschlossen. Dafür ist der Opposition natürlich auch zu danken. Sie war sich ihrer Verantwortung bewusst. Aber ich möchte Sie einladen weiterzumachen, meine Damen und Herren, denn mit dieser einen Be­schlussfassung ist es nicht getan.

Sie kritisieren bereits das Bundesfinanzrahmengesetz, das wir morgen in einer ersten Lesung hier debattieren werden. Auch das haben Sie mitbeschlossen! Das ist der ers­te wesentliche Schritt zur ausgabenseitigen Sanierung des Bundeshaushalts, denn da sind Obergrenzen definiert. Die sind klar geregelt. Sie haben ja mitbeschlossen, dass das stattfinden soll. Sie haben das mitbeschlossen, und dafür sage ich Ihnen herzli­chen Dank! (Beifall bei der ÖVP.)

Das ist eine verantwortungsbewusste Opposition, die solche Beschlüsse mitträgt (Abg. Jakob Auer: Wollen wir es nicht übertreiben!), und es ist ein verantwortungsvoller Fi­nanzminister, der hier Vorgaben macht, die vertretbar sind.

Auch da, meine Damen und Herren, weil Sie internationale Vergleiche anstrengen: Ich glaube, man kann sich international jedenfalls vergleichen, und der Vergleich macht uns eigentlich auch sicher. Schauen Sie sich die Daten an: Trotz dramatischer Einbrü­che im Bereich der Wirtschaft sind wir im internationalen Vergleich, was die Beschäfti­gungsquote anlangt, nach wie vor im Spitzenfeld.

Aufgrund der unterschiedlichen Entwicklungen in den verschiedenen Wirtschaftsregio­nen der Welt, die immer stärker vernetzt werden, gibt es Vermutungen, dass Asien wahrscheinlich früher aus der Krise kommt als Europa. Deshalb gibt es natürlich Über­legungen, in den Export in solche Länder zu investieren und Modelle in Richtung Ex­portförderung zu erwägen, damit wir an einem früheren Wachstum partizipieren kön­nen, denn ein verstärktes Wachstum bedingt natürlich auch geringere steuerliche Maß­nahmen. Das, meine Damen und Herren, muss unser Ziel bei der Sanierung des Bud­gets sein. (Beifall bei der ÖVP.)

Wir haben in der Tat – das ist angesprochen worden – so etwas wie einen Österreich-Vorsprung, weil wir in den vergangenen Jahren gut gewirtschaftet haben. Diesen Ös­terreich-Vorsprung sollten wir entsprechend ausspielen, mit neuen Ideen, mit Innova­tion, mit Investitionen in die Bildung, in die Wissenschaft, aber auch in die innere Si­cherheit, weil das auch ein Standortvorteil ist. So macht man Budgetpolitik! (Beifall bei der ÖVP.)

17.07


Präsident Fritz Neugebauer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Ing. Höbart. – Bitte.

 


17.07.06

Abgeordneter Ing. Christian Höbart (FPÖ): Herr Minister! Herr Präsident! Hohes Haus! Ein bisschen schmunzeln muss ich schon. Herr Kollege Amon, Sie tun ja gerade so, als sei alles in bester Ordnung. Mehrere Kollegen haben das schon eingeworfen: Von Einsparungen keine Rede mehr. (Vizekanzler Dipl.-Ing. Pröll: Stimmt nicht!) – Doch, es ist eine Tatsache, Herr Finanzminister. (Vizekanzler Dipl.-Ing. Pröll: Geh!) Eine regel­rechte Belastungswelle wird – man kann durchaus sagen, mit Donnergrollen – auf die Bevölkerung zurollen. (Vizekanzler Dipl.-Ing. Pröll: Sie hören die ganze Zeit nicht zu!) – Nein, wir hören uns das sehr wohl an, und wir haben uns das ja genau angesehen.

Letztendlich möchte ich nochmals die verschiedensten Redewendungen in Erinnerung rufen, die in den letzten Wochen und Monaten durch die Kehlen der diversesten Regie­rungsmitglieder gegangen sind, dass keine neuen Steuern in Sicht seien. Also an das


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll60. Sitzung / Seite 187

möchte ich Sie von den Regierungsfraktionen und Sie, Herr Finanzminister, auch noch­mals, zum x-ten Mal am heutigen Tag, erinnern – vielleicht setzt sich das Ganze ir­gendwann einmal. Das muss man festhalten. (Abg. Amon: Keine neuen Steuern oder Steuererhöhungen?)

„Pröllnocchio“, wie es ja seitens des BZÖ hier gebracht wird, dem können wir nur bei­pflichten. Das hat natürlich einen Unterhaltungswert (Vizekanzler Dipl.-Ing. Pröll: Er sagt es schon wieder! – Abg. Petzner: Das wird das Wort des Jahres!), aber es bringt diese Dinge auf den Punkt.

Ich möchte aber unseren Bundeskanzler – man nennt ihn ja Gerüchten zufolge auch „Baron Münchhausen“ – auch nicht ganz aus der Pflicht entlassen. Laura Rudas hat heute gesagt, die SPÖ hat immer schon gemeint, dass man nicht nur ausgabenseitig kürzen kann, natürlich muss man auch einnahmenseitig etwas tun. – Bundeskanzler Faymann hat da vor einigen Wochen auch noch andere Positionen vertreten.

Welche Grausamkeiten in Milliardenhöhe kommen jetzt definitiv auf uns zu? – Ich möchte nur ein paar Beispiele bringen: Es wird die Erhöhung der Mehrwertsteuer dis­kutiert. Man diskutiert natürlich alles. (Vizekanzler Dipl.-Ing. Pröll: Sie!  Abg. Wein­zinger: Schauen wir einmal!) – Schauen wir uns das an! Es wird die Erhöhung der Mi­neralölsteuer diskutiert. Damit belastet man Pendler. Wir wissen es ganz genau. (Abg. Weinzinger: ... ökologisch!) Es wird auch schon diskutiert, die 13. Familienbeihilfe wie­der zu streichen. Können Sie das am heutigen Tag ausschließen? (Abg. Weinzin­ger: ... können gar nichts ausschließen!)

Also ich bin gespannt, ob das wirklich so ist. Definitiv soll es so sein, dass man Fami­lien nicht weiter entlastet, sondern wieder belastet. (Vizekanzler Dipl.-Ing. Pröll: Nein!) Das kann es nicht sein, sehr geehrte Damen und Herren!

Die Regierung hat natürlich einen Erklärungsnotstand, um diesen Steueralbtraum letzt­lich auch den Müttern und Familienvätern klarzumachen, für die sich die Frage stellt, wie sie den Alltag in Zukunft meistern werden, wenn sie jetzt schon Probleme damit haben. Die Krise ist ja noch längst nicht ausgestanden, wie wir wissen. Das Jahr 2010 wird weitere schwierige Momente für die Wirtschaft, für die Familien und für die Arbeit­nehmer mit sich bringen.

Ich möchte Peter Gnam aus der „Kronen Zeitung“ ein wenig ins Rennen bringen. Er hat heute in einem Leitartikel geschrieben – und er bringt die Dinge auf den Punkt –: SPÖ und ÖVP haben längst die Realität zur Bevölkerung verloren, und sie sind regelrecht abgehoben, in einem luftleeren Raum unterwegs.

Da hat er schon recht, der Herr Gnam, wenn er das behauptet, denn das ist auch das, was wir von der Freiheitlichen Partei feststellen und was auch die Bevölkerung fest­stellt. Ich möchte nochmals Gnam zitieren, der in Richtung Sozialdemokratie meint, dass unser derzeitiger Bundespräsident Fischer zu all diesen Horrorsteuerplänen ge­nau nichts zu sagen hat. Also so viel zum so genannten volksnahen Bundespräsi­denten und dazu, dass er wie immer und wie so oft den Mut bewiesen habe, sich klar zu Wort zu melden. – Er tut es nicht, und das bedeutet für uns, dass der Stellenwert der Bevölkerung beim Bundespräsidenten ein sehr geringer ist.

Die Frage, die wir Freiheitlichen uns stellen, ist, warum die Regierung eigentlich so ha­nebüchen an diese Steuererhöhungsdebatte herangeht. Wir können uns diese Sache eigentlich nicht erklären, denn viele Experten – und auch wir – sind der Meinung, dass die Gefahr besteht, dass das zarte Konjunkturpflänzchen – wie auch Sie es immer ausdrücken – mit Steuererhöhungen sozusagen wieder dem Erdboden gleichgemacht wird. Davor warnen wir! Wir dürfen jetzt keine Maßnahmen setzen, die die leicht an­springende Konjunktur wieder dem Erdboden gleichmachen.


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll60. Sitzung / Seite 188

Die Regierung hat keinerlei Visionen, Reformen anzusetzen und umzusetzen. Ich möch­te in diesem Zusammenhang auf Effizienzsteigerungen und Einsparungspotenziale in der Verwaltung hinweisen, um endlich einmal unserer aufgeblasenen Verwaltung ent­gegenzutreten. Es gäbe Möglichkeiten, die beim Österreich-Konvent ausgear­beiteten Vorschläge einer Staats- und Verwaltungsreform umzusetzen. Sie sollten endlich ein­mal versuchen, die Landeskaiser in den Griff zu bekommen, denn wir wissen, es gibt Doppelgleisigkeiten – was heißt Doppelgleisigkeiten, X-fach-Gleisigkeiten! –, bei denen sicherlich Einsparungspotenzial besteht.

Wir sind der Meinung, dass man den Staat abschlanken kann. Wir können ihn straffen, wir können Verwaltungsprozesse vereinfachen und durchaus auch in vielen Bereichen automatisieren. Und, was uns besonders wichtig ist, Leistung muss sich endlich wieder lohnen. Daher ist es das Gebot der Stunde, die Leistungsträger unserer Gesellschaft zu entlasten und nicht wieder zu belasten. Sie sollen nicht permanent fürchten müs­sen – und da möchte ich natürlich auch die Familien einschließen –, dass sie weiter schamlos vom Finanzminister – diesen Vorwurf müssen Sie sich gefallen lassen! – aus­gesackelt werden. Das kann so nicht sein. (Beifall bei der FPÖ.)

Abschließend möchte ich noch sagen – es gibt noch ein paar Besucher auf der Galerie (Abg. Dr. Matznetter: Nur noch zwei!) –: Die Freiheitliche Partei wird mit Sicherheit wei­ter der Anwalt der Leistungsträger und der Familien in unserem Land sein. Da können Sie sicher sein! (Beifall bei der FPÖ.)

17.12


Präsident Fritz Neugebauer: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Mag. Brunner. – Bitte.

 


17.12.59

Abgeordnete Mag. Christiane Brunner (Grüne): Herr Präsident! Herr Finanzminister! Sehr geehrte Zuseherinnen und Zuseher! Hohes Haus! Ich stimme dem Kollegen Stumm­voll zu, wenn er sagt, wir können nicht auf Dauer über unsere Verhältnisse leben. Ge­nau das tun wir aber, wenn es um Klimafragen geht. (Abg. Weinzinger: Ja, dieser Vul­kan ...!) Die Klimakrise haben wir mitverursacht, und Österreich unternimmt leider kei­nerlei Anstrengungen, dieser Klimakrise zu begegnen. Österreich hat eine desaströse Klimabilanz. (Abg. Weinzinger: Den CO2-Ausstoß ...!) Es drohen uns Strafzahlungen in Milliardenhöhe, und da kann ich nur zurückgeben: Sie tun so, als ob es die Klimakri­se nicht gäbe! (Abg. Großruck: Wir sind ihr am Wochenende begegnet!)

Es ist daher jetzt an der Zeit, zu handeln, zu lenken und überhaupt an Systemänderun­gen zu denken und diese auch anzugehen. (Beifall bei den Grünen.)

Uns Grünen sind da Ihre Vorschläge viel zu wenig. Wir verstehen Aspekte beider Sei­ten, aber wir brauchen ganzheitliche Lösungen. Wir haben da auch ein sehr konkretes Modell vorgelegt, nämlich eine Ökologisierung des Steuersystems. Wir brauchen die Ökologisierung des Steuersystems, um CO2 zu reduzieren, um die Umwelt zu schüt­zen, um Arbeitsplätze zu schaffen, und auch, um Arbeit und Haushalte zu entlasten. (Abg. Weinzinger: Mit Mineralölsteuern!) Das Ganze ist auch sozial ausgewogen.

Ich finde es schön, wenn die ÖVP jetzt einzelne Öko-Aspekte herausgreift; das freut mich als Umweltsprecherin natürlich. Es ist zwar ein bisschen spät. (Abg. Weinzinger: Was glauben Sie, was da rauskommt aus den Vulkanen? CO2!) Sie hätten das schon längst tun sollen, zumindest vor der Klimakonferenz in Kopenhagen. Da hatten Sie kei­nerlei Interesse, das aufzugreifen. Ich sehe jetzt schon auch ein bisschen die Gefahr, dass das Ganze zu einem Öko-Schmäh verkommt, nämlich wenn es darum geht, Bud­getlöcher zu stopfen, aber nicht wirklich zu einer Änderung des Systems führt, und das finde ich gefährlich. Dieses tolle und wichtige Projekt der Ökologisierung des Steuer­systems, das so wichtig für den Klimaschutz ist und das wir so dringend brauchen, soll dadurch nicht gefährdet werden.


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll60. Sitzung / Seite 189

Ich lade Sie also ein, in diesem Bereich für Lenkungseffekte zu sorgen und noch ein­mal einen genaueren Blick in unser Konzept zu werfen.

Was die SPÖ betrifft, so muss ich sagen, dass ich ihr Blockieren, was Ökologisierung angeht, überhaupt nicht verstehe. Die Ökologisierung kann sozial sein, und ich würde es eigentlich genau als Ihre Aufgabe sehen, auch soziale Aspekte in einen gemeinsa­men Regierungsvorschlag einzubringen. Auch Sie können sich gerne unser Konzept anschauen, Sie werden da sehr viele soziale Aspekte finden, die Sie gerne aufgreifen können.

Folgendes finde ich unverantwortlich: Früher wurden Wirtschaft und Umwelt gegen­einander ausgespielt. – Das passiert jetzt nicht mehr. Es hat sich schon durchgesetzt, dass es vielleicht gar nicht so blöd ist, beides gemeinsam zu betrachten und Synergien zu nutzen. Getan wird immer noch zu wenig, aber es wird schon oft von „Wirtschaft und Umwelt“ gesprochen. Wenn Sie jetzt hingegen Umwelt und Soziales gegenein­ander ausspielen, halte ich das für unverantwortlich, weil das auch ein Miteinander ist.

Finden Sie es sozial verträglich, wenn wir Milliarden an Euro in den Autobahnausbau investieren und so die Menschen dazu verurteilen, mit dem Auto fahren zu müssen und weiterhin teure Energie- und Treibstoffpreise zu zahlen?

Ich finde es auch nicht sozial gerecht, wenn – wie meine Kollegin Lichtenecker schon angesprochen hat – andere Länder für unser klimaschädliches Handeln zahlen und die Folgen tragen müssen. Ich finde es auch nicht sozial gerecht, wenn in Österreich zu­künftige Generationen Umweltschäden in Kauf nehmen müssen und auch noch für die Klimakrise, für Strafzahlungen aufkommen müssen, nur weil heute nicht gehandelt wird.

Glauben Sie nicht – und stellen Sie es auch nicht so dar! –, dass es nicht jetzt schon sozial unfair ist, weil auch jetzt schon die Österreicherinnen und Österreicher für die verfehlte Klimapolitik der Regierung zahlen! 500 Millionen € müssen die Österreicherin­nen und Österreicher in den nächsten Jahren bereits zahlen – das ist schon budgetiert.

Die Frage, wer die Krise zahlt, ist heute schon öfter gestellt worden. Das Gleiche kann man hinsichtlich der Klimakrise sagen. Wer zahlt die Klimakrise? Ich sehe es nicht ein und finde es nicht sozial gerecht, wenn Konzerne Profite machen, die Allgemeinheit jetzt schon unter Umweltschäden zu leiden hat und dann auch noch für Klimastrafzah­lungen aufkommen muss.

Wir brauchen also eine Ökologisierung des Steuersystems, eine Systemänderung für mehr Umweltschutz, für CO2-Reduktion, für grüne Arbeitsplätze bei erneuerbaren Ener­gien – und in unserem Konzept, das wir allen gerne zur Verfügung stellen, ist das alles auch sozial gerecht.

Im Übrigen bin ich noch immer der Meinung, Österreich braucht ein eigenständiges, unabhängiges und engagiertes Umweltministerium. (Beifall bei den Grünen. Abg. Wein­zinger: Das ceterum censeo!)

17.17


Präsident Fritz Neugebauer: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Hagenhofer. – Bitte.

 


17.18.02

Abgeordnete Marianne Hagenhofer (SPÖ): Herr Präsident! Herr Vizekanzler und Fi­nanzminister! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Das, was wir wirtschaftlich, be­schäftigungspolitisch und finanzpolitisch seit dem Oktober 2008 erleben – nicht nur in Österreich, sondern europaweit und weltweit –, ist mehr als gravierend.

Dass die Realwirtschaft darunter massiv gelitten hat und noch immer leidet, ist Tatsa­che. Tatsache ist aber auch, dass die Beschäftigungssituation besorgniserregend ist –


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll60. Sitzung / Seite 190

europaweit beziehungsweise weltweit, aber natürlich auch in Österreich; zu Österreich sage ich dann noch mehr.

Warum? Europaweit – und ich glaube, das muss man sich schon einmal vor Augen führen – sind 24 Millionen Menschen arbeitslos. Das sind um 7 Millionen mehr als vor zwei Jahren, also als die Krise begonnen hat. Die durchschnittliche Arbeitslosenquo­te – und jetzt komme ich gleich auf Österreich zu sprechen, wo der Vergleich sicher machen kann – der EU-27 liegt bei 9,6 Prozent, wobei es Länder wie Lettland oder Spanien gibt, in denen die Arbeitslosigkeit 21,7 Prozent – Lettland – beziehungsweise 19 Prozent – Spanien – beträgt. Das sind schon Situationen, die enorm schwierig sind – auch für die Haushalte der Länder.

Die Situation auf dem heimischen Arbeitsmarkt ist im EU-Vergleich so, dass Öster­reich – und das muss man sich auch vor Augen führen – mit 5 Prozent Arbeitslosig­keit – unumstritten ist 5 Prozent hoch, aber es geht auch um den Vergleich zu den an­deren Ländern – auf dem zweiten Platz innerhalb des europäischen Rankings liegt. (Abg. Weinzinger: Dank dieser hervorragenden Regierung?!)

Nein, Herr Kollege Weinzinger, ich habe mir das sehr genau angeschaut und kann sa­gen: Diese Regierung hat es geschafft, sich mit den Konjunkturpaketen und den Ar­beitsmarktpaketen – dazu werde ich dann noch etwas sagen – in dieser Krise, die auch wir in Österreich massiv gespürt haben, im Ranking sogar noch zu verbessern. Nicht einmal in guten wirtschaftlichen Zeiten haben wir in Österreich im Vergleich so gute Werte gehabt, wie wir sie jetzt in der Krise haben, weil wir diese Situation eigentlich gut in den Griff bekommen haben. (Abg. Weinzinger: ..., dass wir nicht wissen, wie es wei­tergeht!) – Nein, wir wissen schon, wie es weitergeht! Ich sage Ihnen das dann auch noch, Herr Kollege. (Beifall bei der SPÖ.)

Es muss angesprochen werden, was alles diese Regierung geleistet hat, um derartige Zahlen auf den Tisch legen zu können. Und da möchte ich explizit anführen, dass im Rahmen der Arbeitsmarktpakete und der Konjunkturpakete – insbesondere der Ar­beitsmarktpakete – ganz besonders die Kurzarbeit eine hilfreiche Maßnahme war. Es konnten zahlreiche Maßnahmen gesetzt werden, darunter eine regionale Beschäfti­gungsoffensive, eine Lehrstellenförderung, Wiedereinstiegshilfen. Das hat auch dazu beigetragen, dass laut Berechnungen des Wifo für 65 000 Personen die Arbeitsplätze gesichert werden konnten. Und ich meine, das ist etwas, was ganz wichtig ist und wo­rauf man immer wieder hinweisen muss.

Dass eine Budgetsanierung stattfinden muss, ist unumstritten. Und es ist auch unum­stritten, dass 40 Prozent der Sanierung einnahmenseitig und 60 Prozent ausgabensei­tig zu geschehen haben. (Abg. Dr. Lichtenecker: Das ist nicht unumstritten, Frau Kol­legin!) Nur: Der Weg dorthin, das, was gemacht wird, ist noch strittig. Ich möchte aber schon sagen, dass es sich keine Regierung leisten kann, das Budget nur ausgabensei­tig zu sanieren, denn das wäre der Todesstoß für jede Regierung. Es muss aber schon so sein, dass die Budgetsanierung sozial ausgewogen erfolgt und dass Wachstum und Beschäftigung nicht darunter leiden, denn sonst wären die vorhergehenden Anstren­gungen alle vergeblich gewesen.

Wenn von sozialdemokratischer Seite her angeführt wird, dass man darüber reden kann, eine Finanztransaktionssteuer oder Börsenumsatzsteuer als Alternative dazu einzufüh­ren, dass es eine Reform der Stiftungsbesteuerung und auch eine Reform der Grup­penbesteuerung geben soll, dann muss ich sagen: Das alles sind Dinge, über die man wird verhandeln müssen.

Zur Kapitalflucht möchte ich Folgendes anbringen: Ich kenne Firmen, die gesagt ha­ben: Wenn nur irgendetwas in Österreich verändert wird, dann gehen wir ins Ausland! Sie sind auch tatsächlich ins Ausland gegangen, sind aber mittlerweile zum Großteil


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wieder zurückgekommen. Also ganz so ist es nicht, wenn irgendwelche Belastungen und irgendwelche steuerlichen Veränderungen auf die Unternehmen zukommen. Die Unternehmen schätzen schon die Qualität der Arbeitskräfte in Österreich. Auf diese können wir alle stolz sein. – Danke schön. (Beifall bei der SPÖ.)

17.23


Präsident Fritz Neugebauer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Mag. Haider. – Bitte, Herr Kollege.

 


17.23.37

Abgeordneter Mag. Roman Haider (FPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Hohes Haus! Herr Vizekanzler, Herr Finanzminister, ich halte es schon für den Gipfel der Un­verfrorenheit, wenn Sie sich hier hersetzen und von einer taktischen Lüge sprechen (Beifall bei der FPÖ), wenn Sie der Kollege Kogler an die zahlreichen Gelegenheiten erinnert, wo Sie ... (Vizekanzler Dipl.-Ing. Pröll: Wer hat das gesagt? Ich nicht!) – ich habe es genau gehört, ich bin dort oben gesessen! – ..., als Sie der Herr Kollege Kog­ler an die zahlreichen Gelegenheiten erinnert hat (Vizekanzler Dipl.-Ing. Pröll: Nein, das stimmt nicht!), wo Sie in Abrede gestellt haben, irgendwelche Steuern erhöhen zu wollen. Das ist der Gipfel der Unverfrorenheit, Herr Finanzminister! (Vizekanzler Dipl.-Ing. Pröll: Das stimmt nicht!)

Sie ist ja sehr lang, die Liste Ihrer taktischen Lügen. Die Zeitungen überschlagen sich ja von Zeit zu Zeit in der Auflistung. Aber wenn man sich den Strategiebericht an­schaut, dann sieht man: Es geht eigentlich ohnehin nur um eines, nämlich darum, den Österreichern das Geld aus der Tasche zu ziehen.

Herr Finanzminister! Ich erinnere Sie an einen US-amerikanischen Präsidenten, und zwar an George Bush senior, der hat einmal gesagt: „Read my lips: no new taxes!“ – und dann hat er die Steuern trotzdem erhöht. Aber der Wähler hat es sich gemerkt, und das war der einzige Präsident, der nicht wiedergewählt worden ist.

Wenn man sich diesen Strategiebericht ein bisschen anschaut – Stichwort: „No new taxes“, Herr Vizekanzler und Finanzminister –, dann stellt man fest, dass dieser Strate­giebericht nicht sehr übersichtlich dargestellt ist. Auf Seite 67 heißt es lapidar – ich zi­tiere –:

„Um das Konsolidierungsziel zu erreichen, sind Einnahmenerhöhungen geplant. Bis 2014 sollen sie auf 2,8 Mrd. € ansteigen. Die genaue Gestaltung dieser Einnahmen ist Ge­genstand von Verhandlungen der nächsten Monate.“

Dazu kommt noch der Pflichtteil für die Länder. Dann sprechen wir von Steuer­erhöhungen im Jahr 2014 von 4 Milliarden € pro Jahr. Und dazu benötigen Sie einen 86-seitigen Bericht. Und dann schreiben Sie in einem kurzen Absatz, was Sie eigent­lich wirklich vorhaben. Und die einzige Strategie, die hier erkennbar ist, ist die, die Steu­ern zu erhöhen, nämlich massiv zu erhöhen.

Wissen Sie, was wichtig gewesen wäre, Herr Vizekanzler? – Einen 86-seitigen Bericht darüber zu erstellen, wo Einsparungspotenzial vorhanden ist und wo man es wirklich nützen kann. Damit sollten Sie Ihre Beamten beschäftigen! (Beifall bei der FPÖ.)

Aber wie es aussieht, wenn Sie sich mit Verwaltungsvereinfachung beschäftigen, das sieht man an einem Verordnungsentwurf aus Ihrem Ministerium. Da geht es um Umsatz­steuervoranmeldungen. Die haben bisher nur Firmen, die im Jahr zuvor über 100 000 € Umsatz gemacht haben, abgeben müssen. Jetzt wollen Sie, dass das auch Firmen ab 30 000 € Umsatz machen.

Wissen Sie, was das heißt? Wissen Sie, was das kostet? – Das heißt, dass zukünftig 30 000 Unternehmen die UVA verpflichtend abgeben müssen, die sie bisher gar nicht abgegeben haben. Es sind rund 24 500 Unternehmen, die sie bisher unregelmäßig


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freiwillig abgegeben haben. Es sind durchschnittlich 30 000 Unternehmen, die sie bis­her nicht abgegeben haben und die zukünftig einen externen Dienstleister nutzen werden.

Wissen Sie, was das kostet? – Das kostet Millionen. Und das kommt heraus, wenn Sie sich mit Verwaltungsvereinfachung beschäftigen! Da kann ich nur sagen: Der Titel der Dringlichen Anfrage ist wirklich falsch, der müsste heißen: Sie haben Österreich schon längst im Regen stehen lassen. (Beifall bei der FPÖ.)

17.27


Präsident Fritz Neugebauer: Herr Abgeordneter Amon hat sich zu einer tatsächli­chen Berichtigung zu Wort gemeldet. – Bitte, Herr Kollege.

 


17.27.17

Abgeordneter Werner Amon, MBA (ÖVP): Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Herr Abgeordneter Haider hat hier behauptet, der Herr Finanzminister habe auf den Vor­halt des Kollegen Kogler, dass er sich für keine neuen Steuern einsetzt, zwischenge­rufen, das sei eine taktische Lüge. (Ruf bei der FPÖ: Hat er auch!)

Ich weise das zurück! Ich habe das vom Platz hier vorne aus deutlich gehört. Der Herr Bundesminister hat zwischengerufen: Das war taktisch! – Von Lüge war nicht die Re­de. (Beifall und Bravorufe bei der ÖVP.)

17.27


Präsident Fritz Neugebauer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Dr. Matznetter. – Bitte.

 


17.27.57

Abgeordneter Dr. Christoph Matznetter (SPÖ): Herr Präsident! Herr Vizekanzler! Meine geschätzten Damen und Herren! Weil gerade der Kollege Haider ... (Zwischen­ruf des Abg. Amon.) Herr Kollege Amon, Sie haben nur die Sache mit dem Zwischen­ruf berichtigt. – Der Kollege Haider sprach vorhin auch zu den Umsatzsteuervoranmel­dungen. Dazu muss ich der Ordnung halber eine Ergänzung machen: Es waren natür­lich alle verpflichtet, die Umsatzsteuervoranmeldung zu erstellen. Nur: Man hat früher, als es per Postversand war, eine Erleichterung für die Kleinen vorgesehen und gesagt, sie müssen es nicht wegschicken, es genüge die Einzahlung. Inzwischen wurde durch die Modernisierung des E-Government die Möglichkeit geschaffen, mittels FinanzOnline das ohne Mehrkosten im Wesentlichen für alle abwickelbar zu machen.

Jetzt gebe ich schon zu, es wird Unternehmer gegeben haben, die es, weil sie es nur zu den Akten legen mussten, erst am Jahresende gemacht haben, damit sie es nach­her haben. Aber irgendwann haben auch sie es machen müssen. Also, dieser Vorwurf ist wirklich etwas überbordend.

Aber zurück zu unserem Hauptthema hier! – Wenn ich den Kollegen Amon hier so sehe, muss ich ihm auch gratulieren: Ich hätte mir nicht gedacht, dass ein ÖVP-Abge­ordneter sich traut, die Probleme eines Landeshauptmannes mit seiner Stiftung hier anzuziehen, und zwar die wirklichen Probleme. Es sind nämlich 800 Millionen an Steu­ergeldern Richtung Irland geflossen. (Abg. Amon: Was ist dem Voves passiert?) Aber ich bitte Sie, dieses Problem der Niederösterreichischen Landesstiftung mit den Wohn­bauförderungsmitteln ist heute nicht Gegenstand! (Neuerlicher Zwischenruf des Abg. Amon.) Wir haben hier andere Probleme, nämlich das Budget. (Beifall bei der SPÖ.)

Zum Budget: Niemand, meine Damen und Herren von der Opposition, hat doch ernst­haft annehmen können, dass eine Budgetsanierung im Ausmaß von 0,75 Prozent des Bruttoinlandsproduktes ausschließlich – und das ab dem Jahr 2011 – auf der Ausga­benseite stattfinden kann. (Abg. Dr. Lichtenecker: Wir haben das nicht geglaubt!) Da­her wird es da einer Balance bedürfen. (Abg. Dr. Lichtenecker: Völlig richtig!) Und ich glaube, dass die Darstellung, die die Bundesregierung hier heute und morgen mit dem


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Gesetz gibt, eines zeigt: Wir versuchen mit dem Rahmen, 60 Prozent auf der Ausga­benseite, ein Maximum an Möglichem hereinzubekommen und 40 Prozent auf der Ein­nahmenseite zu erzielen, eine ganz gute Balance herzustellen, mit der man die Bud­getkonsolidierung vornehmen kann. (Abg. Dr. Lichtenecker: Das kann man gut disku­tieren!)

Jetzt komme ich zu den Ausgaben, weil wir vorhin sehr viel über Steuern gesprochen haben, und da stellt sich die Frage: Welche Ausgabe ist denn zumutbar? Es war ja dies­bezüglich wenig aus der Opposition herauszubekommen. Meine Kollegin Rudas hat versucht, ein bisschen Zustimmung zu erhalten, aber es war schwierig, Vorschläge zu bekommen. Bei der FPÖ konnte man aus den Ausführungen des Kollegen Gradauer immerhin herausarbeiten, was ihre Vorschläge wären.

Eine Pensionskürzung war der eine Vorschlag. So wurde vorgeschlagen, all jene, die eine höhere Pension haben als die ASVG-Versicherten, auch auf das ASVG-Niveau zu setzen. Da müssen Sie sich nur entscheiden, ab wann Sie das wollen. Wollen Sie Pen­sionen kürzen, die heute bestehen? Dann hätten Sie schon jetzt eine Wirkung. Wenn Sie aber Pensionen kürzen wollen, die in Zukunft entstehen, dann werden wir – tut mir leid! – bis zum Jahr 2013 aus diesem Bereich nichts bekommen.

Der zweite Vorschlag, den Abgeordneter Gradauer hier gebracht hat, war, sofern ich mich richtig erinnere, das Pensionsantrittsalter auf 67 Jahre anzuheben. (Zwischenrufe bei der FPÖ.) Auf wie viel Jahre? Auf 68? Nein, auf 70? Auf wie viel Jahre will er es an­heben? Auf 67, hat er gesagt. (Abg. Binder-Maier: 67!) Er will es auf 67 erhöhen. Wir können es im Protokoll nachlesen. (Neuerlicher Zwischenruf bei der FPÖ.) Hat er 67 gesagt? (Zwischenruf des Abg. Mag. Stadler.) Auf 83, sagt Kollege Stadler.

Herr Kollege Graudauer, was glauben Sie, dass passiert, wenn wir von heute auf mor­gen für zehntausende Menschen – noch dazu für Menschen, die sich auf ihren Pen­sionseintritt in den nächsten fünf Jahren eingestellt haben – das Pensionsantrittsalter ändern? Wir haben hier im Jahre 2008 gemeinsam einen Antrag gestellt, dass für jene, die schon 45 Versicherungsjahre haben, die Hacklerregelung gilt. Die Regierung be­müht sich jetzt, eine Nachfolgeregelung zu finden. Was glauben Sie, Herr Kollege, wann Ihr Vorschlag, das Pensionsantrittsalter auf 67 Jahre zu erhöhen, budgetär wirk­sam werden wird? Im Jahr 2023. Damit können wir jetzt keine Budgetsanierung vor­nehmen.

Und ich sage Ihnen, meine Damen und Herren von der FPÖ: Die Kosten der Krise den Pensionisten umzuhängen, das werden Sie nicht erreichen, solange wir als Sozial­demokratie irgendeine Möglichkeit haben, das zu verhindern. Das sind nämlich die Letzten, die die Krise verursacht haben, und die Letzten, die zur Kasse gebeten wer­den sollen. Das gilt übrigens auch für die Arbeitnehmer. Das sei an dieser Stelle ge­sagt. (Beifall bei der SPÖ.)

Nun komme ich zur Budgetsanierung auf der Einnahmenseite. – Wir haben im Bereich der Einnahmen bereits eine Einigung innerhalb der Bundesregierung, eine halbe Mil­liarde Euro im Bereich der Banken zu erzielen. Und ganz ehrlich: Unsere Bankinstitute haben sehr gut verdient. Ich glaube, darüber sind wir uns einig. Der Gewinn im letzten Jahr vor der Krise war zirka fünfmal so hoch wie im Jahr 1995. Fünfmal so hoch!

Jetzt raten Sie einmal, meine Damen und Herren, wie sich die Körperschaftsteuer in Österreich entwickelt hat! – Sie ist auf ein Drittel des Wertes von damals gefallen. Ganz ehrlich, da ist Platz für die 500 Millionen, und daher ist die Maßnahme, die die Bundesregierung setzt, die richtige. Erster Beitrag zur Krisenbewältigung: eine halbe Milliarde mit einer Bankensonderabgabe.

Auch die Stiftungen wurden heute schon angesprochen. Wir haben gestern auch eine hochinteressante Darstellung von den Experten gehört. Eines war in diesem Zusam-


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menhang klar: Es gibt eine Reihe von Sonderbestimmungen, die als solche eigentlich nicht mehr notwendig sind. Wir haben insbesondere eine Steuerfreiheit bei Grund­stücksverkäufen indiziert. Da war das Maximale an Verteidigung, dass jemand gesagt hat: Na, wenn es beim Stifter steuerfrei war, warum soll dann die Stiftung Steuer zah­len? Aber bei den Konstruktionen, die es massenhaft gibt, dass Kapitalgesellschaften Stiftungen gründen, um steuerfrei Grundstücke verkaufen zu können, können wir in Ruhe nachbessern. Da ist eine normale Steuerpflicht ein wichtiger Beitrag.

Ich beende an dieser Stelle meine Ausführungen und möchte der Bundesregierung meine Gratulation zu dem vernünftig ausgewogenen Budgetrahmenprogramm aus­sprechen. Wir werden morgen Gelegenheit haben, uns das im Detail anzuschauen. Wenn wir das in den nächsten vier Jahren ordentlich über die Bühne bringen, dann werden wir bei der Arbeitslosigkeit und auch beim Wachstum besser liegen als die an­deren europäischen Staaten. Ich glaube, dass die Regierung Faymann hier etwas Gu­tes vorgelegt hat. – Danke. (Beifall bei der SPÖ.)

17.34


Präsident Fritz Neugebauer: Eine tatsächliche Berichtigung erfolgt nun durch Herrn Abgeordneten Gradauer. – Bitte, Herr Kollege.

 


17.34.35

Abgeordneter Alois Gradauer (FPÖ): Sehr geehrte Damen und Herren! Herr Abge­ordneter Matznetter hat soeben behauptet, ich hätte in meiner Rede gesagt, ich wäre für die Anhebung der Pensionsgrenze von 65 auf 67 Jahre. – Das ist unrichtig, das stimmt nicht!

Ich habe gesagt, es sollte erreicht werden, das Antrittsalter der Pension, das jetzt bei 58 liegt, auf 65 heranzubringen. Und das ist eine Forderung, die sicher in Ordnung ist. (Beifall bei der FPÖ.)

Zweitens: Herr Matznetter hat weiters behauptet, ich hätte verlangt, die Pensionen zu reduzieren.

Das ist unrichtig, das habe ich überhaupt nicht behauptet, sondern ich habe verlangt, dass überall dort, wo die ASVG-Konditionen noch nicht ziehen, zumindest in Wien, in Salz­burg, in Kärnten und bei der Oesterreichischen Nationalbank, die Pensionen auf ASVG-Höhe neu angehoben werden. – Danke schön. (Beifall bei der FPÖ. – Abg. Dr. Matz­netter: Angehoben? – Gekürzt werden!)

17.35


Präsident Fritz Neugebauer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Linder. – Bitte.

 


17.36.00

Abgeordneter Maximilian Linder (ohne Klubzugehörigkeit): Herr Präsident! Herr Vi­zekanzler! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Es ist ganz interessant, was man al­les hört, wenn man genau zuhorcht und wenn man ein bisschen mitdenkt: Sparen ja, aber nicht bei mir, unbedingt immer beim anderen!

Es war der Kollege Krainer, der die Kosten der Gemeinderäte hier verglichen hat und darauf hingewiesen hat, wie viele Gemeinderäte wir draußen in den Bundesländern ha­ben – Hunderte, Tausende.

Ja, Herr Kollege, das stimmt schon! Aber ich bin überzeugt davon, dass wir in ganz Wien keinen Gemeinderat finden, der um das Geld arbeitet, um welches viele Gemein­deräte in den Ländern draußen arbeiten, nämlich wirklich zum Nulltarif, aus Freude am Arbeiten. Ich glaube, da sollte man schon aufpassen, was man vergleicht. (Beifall bei der FPÖ.)


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Und wenn ich mir die Effizienz in den kleinen Gemeinden anschaue, dann glaube ich, dass keine kleine Gemeinde den Vergleich mit Wien oder mit einer anderen großen Gemeinde zu scheuen braucht.

Interessant ist auch, dass Herr Abgeordneter Molterer davon spricht, dass bei Gemein­den, Ländern und Bund sehr wohl Einsparungspotenzial vorhanden sei, aber eben da­nach gesucht werden müsse. Ja, das stimmt, aber um wirklich feststellen zu können, wo in den Gemeinden Einsparungspotenzial vorhanden ist, braucht man Vergleichs­zahlen. Deshalb fordere ich ein weiteres Mal, endlich Rechnungshofkontrollen für die Gemeinden einzuführen, um wirklich die Gemeinden in den einzelnen Bundesländern miteinander vergleichen zu können, um Zahlen vorliegen zu haben und zu wissen, wo Potenzial vorhanden ist. Ich glaube, gerade in dieser Hinsicht wäre in den Reihen der ÖVP ein Nachdenken notwendig, damit sie sich endlich bereit erklärt, Kontrollen zu ermöglichen, um erfahren zu können, wo tatsächlich Potenzial vorhanden ist.

Vom Herrn Vizekanzler und Finanzminister könnten wir, glaube ich, endlich eines ver­langen: Verlässlichkeit. – Ich habe Ihnen, Herr Vizekanzler, schon einmal gesagt: Wir haben von Ihnen lange gehört, es werde keine neuen Steuern geben. Dann haben wir von Ihnen gehört, 1,8 Milliarden sollen hereingebracht werden, und jetzt sind Sie bei 4 Milliarden (Vizekanzler Dipl.-Ing. Pröll: Das ist ein anderes Jahr!), ohne dass wirklich Reformen angegangen werden. Ich glaube, man müsste mindestens gleich viel Kraft und gleich viel Energie zur Durchführung von Reformen und zum Sparen in den eige­nen Reihen einsetzen wie bei der Suche nach neuen Steuern.

Das Erste, was Sie gestern gesagt haben, Herr Vizekanzler, war: Es sind 4,1 Milliar­den, aber wenn die Länder sparen, dann wird es weniger werden. In Kärnten, Herr Vi­zekanzler, sind Budget und Schuldenstand gleich hoch. Im Bund haben wir dreimal so viel Schulden, wie Budget vorhanden ist. Deshalb würde ich nicht über ein Bundesland schimpfen, sondern im eigenen Bereich schauen, wo man Reformen durchführen kann. Damit geht man mit gutem Beispiel voran und hat dann wirklich das Recht, auch von den Bundesländern Reformen zu fordern.

Noch einmal: Zuerst bei sich selber schauen, wo man etwas tun kann, und es dann an­packen! Den Anfang machen in den eigenen Bereichen! Nicht, wenn die SPÖ einen Vorschlag für Einsparungen im Schulbereich bringt, sofort hergehen und sagen: Nein, da können wir nichts einsparen, das geht nicht! – Mit Mauern und Blockieren werden wir es nicht schaffen, das Budget in den Griff zu kriegen.

Eines zum Abschluss: Sehr geehrter Herr Kollege Krainer, wenn Sie sagen, dass von beiden Regierungsparteien Vorschläge vorliegen, wie die neuen Steuern ausschauen sollen, dann darf ich Ihnen sagen: Das stimmt schon, aber aus Erfahrung wissen wir, dass nicht die Vorschläge der SPÖ, sondern jene der ÖVP zum Zug kommen werden. (Beifall bei der FPÖ.)

17.39


Präsident Fritz Neugebauer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Öllinger. – Bitte.

 


17.39.48

Abgeordneter Karl Öllinger (Grüne): Meine sehr geehrten Damen und Herren! – Herr Vizekanzler, persönlich wünsche ich beziehungsweise wünscht unsere Fraktion Ihnen das Allerbeste für die Genesung Ihres Fußes. (Abg. Dr. Stummvoll: Das war die einzi­ge Freundlichkeit!)

Aber wenn ich nach dieser Debatte an die Genesung der Staatsfinanzen denke, dann bin ich mir nicht mehr so sicher, ob die erfolgen wird. Ich möchte jetzt aber gar nicht den einfachen Mechanismus in Gang setzen und sagen: Sie sind schuld!


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Jenseits der Frage, ob das taktisch, eine taktische Lüge oder was auch immer war, dass noch vor wenigen Wochen gesagt wurde, dass keine neuen Steuern eingeführt werden, obwohl auch damals – es wurde ja schon mehrfach darauf hingewiesen – klar war, dass es nicht ohne zusätzliche Steuereinnahmen gehen wird, irritiert mich an der Debatte – es liegt teilweise an Ihnen, aber nicht nur an Ihnen, um ehrlich zu sein – der Umstand, dass jetzt zwar darauf herumgeritten wird, ob das eine Lüge war oder nicht, dass aber wenig konkrete und brauchbare Vorschläge eingebracht wurden bezie­hungsweise wenig Bereitschaft dafür vorhanden ist, die Debatte anders zu führen als in der Vergangenheit.

Ich möchte nur darauf hinweisen, dass das BZÖ die Debatte damit begonnen hat, auf die Schweiz und die niedrige Steuer- beziehungsweise Abgabenquote in der Schweiz zu verweisen. Das mag sein oder ist auch so, sie ist niedriger, aber eine niedrige oder hohe Steuer- und Abgabenquote ist überhaupt kein Beleg für irgendetwas.

Die Länder mit den höchsten Abgabenquoten, nämlich die skandinavischen Länder, hal­ten sich in der Krise relativ gut. (Abg. Dr. Pirklhuber: Richtig!) Sie haben teilweise 50 Pro­zent Steuer- und Abgabenquote. (Abg. Dr. Pirklhuber: Sinnvolle Abgaben!) Dass die Schweiz eine niedrige Steuer- und Abgabenquote hat, ist historisch begründet, aber auch dadurch, dass neben dem Bund auch die Kantone und die Gemeinden sehr unter­schiedlich hohe Steuern einheben (Abg. Dr. Lichtenecker: Die Slowakei hat auch eine niedrige!), die nicht in diese Steuerquote eingerechnet werden können, die für den Bund verlautet wird, weil sie eben sehr unterschiedlich sind. (Abg. Scheibner: Das ist eh vernünftig!)

Weil es in der Schweiz im Sozialversicherungsbereich, dort, wo es bei uns ein Pflicht­versicherungssystem gibt, teilweise ein System der Versicherungspflicht mit privaten Versicherungen gibt, wird das ebenfalls nicht voll in die Steuer- und Abgabenquote ein­gerechnet.

Wenn in der Schweiz intern diskutiert wird, Herr Abgeordneter Bartenstein – und ich le­se die „Neue Zürcher Zeitung“ immer (Abg. Scheibner: Schön!) –, dann gibt es eine breite Debatte, in der die Schweizer zu der Erkenntnis kommen, dass ihre Steuer- und Abgabenquote, wenn man sie mit anderen Ländern wie beispielsweise Österreich ver­gleicht, annähernd gleich hoch wäre, wenn man alles hineinrechnen würde.

Noch immer sagt das nichts aus. Aber was wir, wie ich denke – und das ist nicht nur an die Adresse des BZÖ gerichtet –, von der Schweiz in dieser Debatte mitnehmen könn­ten, ist, dass die Schweizer, wenn sie eine Aufgabe vor sich haben – Sanierung der In­validitätsversicherung oder der Alters- und Hinterbliebenenversorgung, um zwei Bei­spiele aus dem Sozialbereich zu nennen –, das in aller Seriosität zwei Jahre lang dis­kutieren. Und das, was dann beschlossen wird, egal, ob nur parlamentarisch oder mit einer Volksabstimmung, hält in der Regel und ist gut gemacht.

Das ist der Unterschied zu der Art und Weise, wie wir hier in Österreich die Debatte führen – ich fürchte, auch bei dieser Budgetsanierung. (Zwischenruf des Abg. Dr. Bar­tenstein.) Es ist eine Debatte des Verschweigens, eine politische Kultur, bei der man sich gegenseitig nur den Dreck an den Schädel haut und bei der im Endeffekt überra­schend und überfallsartig Maßnahmen gesetzt werden.

Das hatten wir schon mehrere Male in dieser Republik. Ich erinnere nur an den Beginn von Schwarz-Blau: Ambulanzgebühren, Unfallrentenbesteuerung et cetera. Damals sind Maßnahmen gesetzt worden, die binnen kürzester Zeit wieder zurückgenommen wer­den mussten.

Mich würde eines interessieren – die Antwort darauf wird von Ihnen, Herr Vizekanzler, nicht mehr kommen –: Was ist im Sozialbereich geplant?


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Ich glaube, dass wir diese Debatte mit aller Seriosität führen sollten, nicht mit irgend­welchen Glaubensschwüren oder moralischen Bekenntnissen, aber ich fürchte, die Re­publik beziehungsweise die politischen Parteien sind dafür nicht reif.

Das, was ich Ihnen dabei vorwerfe – das habe ich auch schon gesagt –, ist, dass Sie diese unselige Debatte über das Transparenzkonto eingeführt haben, noch bevor wir über die Budgetsanierung zu sprechen begonnen haben. Das war eindeutig eine Neid­debatte. Das brauchen wir als Allerletztes. (Beifall bei den Grünen.)

17.45


Präsident Fritz Neugebauer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Mag. Stadler. – Bitte.

 


17.45.20

Abgeordneter Mag. Ewald Stadler (BZÖ): Herr Vizekanzler! Hohes Haus! Ich und meine Fraktion werfen Ihnen nicht vor, dass ein Politiker die Ankündigung tätigt: Ich ha­be die politische Auffassung, dass es mit mir keine Steuererhöhungen gibt! – Wenn man aber erkennt, dass diese Ankündigung nicht durchzuhalten ist, muss man auch die Größe haben und sagen: Ich kann es nicht durchhalten, ich hätte es gerne anders gehabt! – Wir alle hätten es gerne anders gehabt, wir hätten es nach wie vor gerne an­ders. (Abg. Amon: Das hat er gesagt! –Vizekanzler Dipl.-Ing. Pröll: Das habe ich so nie gesagt!) – Nein, nein, Sie versuchen herumzuflunkern: Das habe ich so nie gesagt! (Vizekanzler Dipl.-Ing. Pröll: Nein, das stimmt nicht!)

Wenn Sie sagen können: Ich kann das nicht durchhalten (Vizekanzler Dipl.-Ing. Pröll: So ist es!), aber ich bin bemüht, auf der Ausgabenseite alle Möglichkeiten (Zwischen­bemerkung von Vizekanzler Dipl.-Ing. Pröll – Abg. Kopf: Read his lips!) – nein, da beginnt es nämlich – wirklich zu nutzen, auch gegen Widerstände in meiner eigenen Partei!, ... (Abg. Kopf: Natürlich!) – Das schaue ich mir an. Natürlich, sagt Herr Kollege Kopf. (Abg. Kopf: Natürlich!) Dein eigener Landeshauptmann Sausgruber erteilt dir ein Einreiseverbot, wenn das gemacht wird, was notwendig wäre. (Beifall beim BZÖ. – Abg. Kopf: Dann bleib’ ich halt da!)

Das schaue ich mir an, wie „natürlich“ das dann sein wird. Ich bringe dir gleich ein paar Einsparungsvorschläge.

Wissen Sie, Herr Kollege Öllinger, in der Schweiz ist es nicht nur so, dass sie eine niedrige Abgabenquote und andere politische Strukturen hat. Sie hat auch eine andere Staatsquote. (Abg. Kopf: Jawohl!)

Wir haben aus der Donaumonarchie eine Staatsquote von einem 57-Millionen-Staat geerbt, und die Republik hat es bis heute nicht nur nicht fertig gebracht, diese Staats­quote herunterzufahren, sondern hat sie noch ausgeweitet. Das hat allerdings mit der Fraktion zu tun. Man hat den Staat noch weiter aufgebläht. Man hat jedem Bürger fast noch seinen eigenen Betreuer gegeben.

Das heißt, es wird nicht anders gehen, als mit der Staatsquote herunterzufahren. (Abg. Riepl: Jetzt übertreiben Sie wieder!) Genau damit kommt man dann tief in die ÖVP hi­nein, denn das geht nicht, ohne das Beamten-Dienstrecht anzugreifen. (Beifall beim BZÖ.)

Ja, das schaue ich mir an! – Kein akustisches Signal mehr. Ich halte nur für das Proto­koll fest: Kein akustisches Signal mehr von Klubobmann Kopf, sondern nur noch Deu­tungssignale. Warum? – Weil dort oben der Herr Präsident sitzt, der sagt: Ja, das schaue ich mir an, was meine Partei macht! (Heiterkeit und Beifall beim BZÖ.) Die da unten können diskutieren, was sie wollen, mit meiner Gewerkschaft niemals! Da stürze ich noch einen Kanzler und einen Vizekanzler und werde immer noch da sein! – Genau so ist es auch. (Heiterkeit beim BZÖ.)


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Das ist auch die Mentalität der Beamtenschaft, meine Damen und Herren: Regierun­gen kommen und gehen, wir pragmatisierten Beamten bleiben! Wir bleiben da, vor al­lem da, wo wir bleiben wollen. Wir lassen uns nicht versetzen – Versetzungsschutz, Prag­matisierung, Privilegierung!

Meine Damen und Herren, glauben Sie wirklich, dass eine Regierung irgendeine Staats­quote senken kann, ohne diesen Sektor wirklich tiefgreifend zu berühren? – Wirklich nicht. Alles Makulatur, alles scheinheilige Erklärung, wenn man das nicht wirklich an­geht!

Die Bevölkerung wird zunehmend weniger Verständnis für eine Gruppierung haben, die das Privileg hat, einen gesicherten Arbeitsplatz, ein gesichertes Einkommen und eine gesicherte Altersversorgung zu haben, aber keine Bereitschaft zeigt, auch nur ir­gendwie an der Reform dieses Staates und an der Senkung der Quote mitzuwirken – keine erkennbare Bereitschaft! Das wird auf Dauer nicht gehen. Ich werde Ihnen gleich ein paar Beispiele nennen, wie man die Quote senken kann.

Meine Damen und Herren von der ÖVP, die Lehrerproblematik war der Sündenfall. Dort hätten Sie Ihre parteipolitische Brille ablegen müssen und nicht sagen dürfen: Es trifft nur eine rote Ministerin, also lassen wir sie ausrutschen und Fritz Neugebauer und seine Lehrer machen! (Abg. Ing. Westenthaler: Der eigentliche Kanzler! – Vizekanzler Dipl.-Ing. Pröll: Das stimmt ja nicht!) – Aber natürlich war es so! Sie haben Frau Bun­desminister Schmied ausrutschen lassen. Das hat Ihnen Ihr eigener Kanzler, Ihr Regie­rungschef, gesagt. Die Frau Minister hat Ihnen das gesagt. (Abg. Ing. Westenthaler: Der eigentliche Kanzler sitzt da oben!)

Der eigentliche Kanzler in Beamtenfragen sitzt dort oben. Sie können sich jeden Staatssekretär sparen. Fritz Neugebauer beherrscht das System perfekt und seine Ge­werkschaftsfunktionäre von der Beamtengewerkschaft.

Wenn Sie das nicht zustande bringen, dann werden Sie nie zustande bringen, dass auch nur eine Behörde wie etwa die Finanzprokuratur, wie Kollege Fichtenbauer vorge­schlagen hat, aufgelöst wird. Da sitzen ausgebildete Richter, ausgebildete Staatsan­wälte, die man in der Justiz bräuchte, und spielen dort Anwaltstätigkeiten, die jede An­waltskanzlei, die unterm Strich billiger käme, mindestens genauso gut könnte. Nein, wir leisten uns eine Finanzprokuratur, denn der Kaiser hat das ja auch schon gehabt, also machen wir es weiter.

Nächstes Beispiel: Das Eich- und Vermessungswesen könnte man an private Dienst­leister auslagern.

Kontrolle, Gewerbeinspektoren, Arbeitsinspektoren, das könnte genauso gut ein belie­henes Organ machen, meine Damen und Herren, günstiger. Bei der Kfz-Prüfung geht es ja auch. Beim Kfz ist anscheinend nicht so viel Sicherheit notwendig wie in dem Be­reich, den das Arbeitsinspektorat prüft.

Man könnte die Sozialsysteme harmonisieren. (Zwischenruf bei der ÖVP.) – Nein, aber ich möchte die Kontrolltätigkeit vergleichen. Wenn es beim Auto geht, wieso geht es dann beim vom Gewerbeinspektor zu prüfenden Bereich nicht? Wenn es beim Eich- und Vermessungswesen nicht gehen soll, wieso geht es dann beim Auto? – Das kann man auslagern. Es gibt zivile Dienstleister, die das genauso gut können, und es kommt den Bürger unter dem Strich billiger, meine Damen und Herren! Das ist der Effekt, der dahinter steht. (Beifall beim BZÖ. – Zwischenruf des Abg. Dr. Matznetter.)

Ich möchte nicht wissen, was es an zusätzlichen Beamten kosten würde, wenn die ganze Kfz-Prüfung beim Staat angesiedelt wäre. Gott sei Dank hat man dort einen an­deren Weg beschritten. (Präsident Neugebauer gibt das Glockenzeichen.)

Herr Präsident, ich bin gleich fertig, nur noch ein letzter Punkt: tief in die ÖVP hinein, die Frage der Sanierung der Gemeindefinanzen. Sie werden über das Modell der Ro-


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ten aus dem Jahr 1920, die Gebietsgemeinden, noch nachdenken müssen. Die leeren Kassen der Gemeinden zwingen Sie dazu, nicht nur Verwaltungsgemeinschaften zu bil­den, sondern auch über die Gebietsgemeinde nachzudenken. (Beifall beim BZÖ.)

17.51


Präsident Fritz Neugebauer: Zu Wort ist dazu niemand mehr gemeldet. Die Debatte ist geschlossen.

17.51.19Kurze Debatte über einen Fristsetzungsantrag

 


Präsident Fritz Neugebauer: Wir kommen nun zur Durchführung einer kurzen De­batte. Sie betrifft den Antrag des Abgeordneten Öllinger, dem Ausschuss für Arbeit und Soziales zur Berichterstattung über den Antrag 11/A betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Arbeitslosenversicherungsgesetz 1977 geändert wird, eine Frist bis 12. Mai 2010 zu setzen.

Nach Schluss dieser Debatte wird die Abstimmung über den gegenständlichen Frist­setzungsantrag stattfinden.

Wir gehen in die Debatte ein.

Ich mache darauf aufmerksam, dass kein Redner länger als 5 Minuten sprechen darf, der Erstredner zur Begründung 10 Minuten, Mitglieder der Bundesregierung und Staats­sekretäre nicht länger als 10 Minuten.

Das Wort erhält zunächst Herr Abgeordneter Öllinger. – Bitte, Herr Kollege.

 


17.52.08

Abgeordneter Karl Öllinger (Grüne): Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Einen positiven Effekt dieser Fristsetzungsdebatte kann ich Ihnen jetzt schon präsentieren: So wie es ausschaut, wird ein Teil dessen, was wir mit diesem Fristset­zungsantrag erreichen wollten, tatsächlich stattfinden. Es wird, werte Kolleginnen und Kollegen des Sozialausschusses, am 12. Mai vermutlich eine Sitzung des Sozialaus­schusses geben. Das wäre dann die erste Sitzung des Sozialausschusses seit einem halben Jahr. Seit einem halben Jahr hat es keine Sitzung des Sozialausschusses ge­geben, nicht deshalb, weil wir in dieser Republik beziehungsweise im Sozialausschuss nichts zu diskutieren hätten, sondern weil es keine Gesetzesvorlagen dafür gibt.

Wir hätten genügend zu diskutieren, werte Kolleginnen und Kollegen, weil unter ande­rem etwa eine Debatte über die Erhöhung des Arbeitslosengeldes und der Notstands­hilfe seit zwei Jahren angesagt ist. Die verschiedensten Einrichtungen der Republik, von Parteien bis Gewerkschaften, und zwar quer durch das politische Spektrum, spre­chen sich für eine Erhöhung des Arbeitslosengeldes aus, nur: Sie kommt nicht!

Ich habe selbst an einer Debatte in Oberösterreich teilgenommen, im Rahmen derer Vertreter auch des BZÖ, was mich überrascht hat, sich für eine Erhöhung ausgespro­chen haben. Vertreter der FPÖ – von der weiß ich es ja – haben sich dort für eine Er­höhung ausgesprochen. Aber auch ein Vertreter der ÖVP, die sich bisher immer da­gegen ausgesprochen hat, war für die Erhöhung des Arbeitslosengeldes. Alle sind da­für, nur: Im Sozialausschuss, in dem darüber diskutiert und auch Beschlüsse gefasst werden sollten, in dem zum Beispiel auch klargelegt werden müsste, warum etwas in dieser oder jener Höhe geht oder nicht geht, aber auch, warum einige in diesem Haus der Meinung sind, dass man das nicht machen sollte, wird nicht darüber diskutiert.

Ein halbes Jahr lang keine Sitzung, keine Behandlung der Anträge. Es gibt zahlreiche Anträge, nicht nur von den Grünen, sondern selbstverständlich auch von den anderen Oppositionsparteien. Wir halten, glaube ich, bei 90 Anträgen, die nicht erledigt sind, die


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im Ausschuss „parken“ und über die nicht einmal diskutiert wird beziehungsweise die dann, wenn sie kurz diskutiert werden, wieder vertagt werden. Das ist ein Zustand, der unerträglich ist.

Kollege Brosz hat jetzt in der Präsidiale gesagt: Wenn dieser Zustand anhält, dann werden wir Fristsetzungsanträge einbringen, aber nicht die weiche Variante – dass wir so wie jetzt eine Fristsetzung diskutieren –, sondern mit namentlicher Abstimmung.

Ich muss Ihnen, werte Kolleginnen und Kollegen von den Regierungsparteien, schon sagen: So geht es nicht!

Ich denke überhaupt, dass sich das österreichische Parlament auf einem Holzweg be­findet, wenn es glaubt, dass es mit dieser Sitzungskultur und mit dieser Kultur des ge­genseitigen Umgangs – und damit meine ich nicht nur die Regierungsparteien – von vorvorgestern noch eine Zukunft hat. (Beifall bei den Grünen.)

Ich muss Ihnen ehrlich sagen, diese Zeiten sollten eigentlich vorbei sein. Ich weiß, welch große Arbeitsbelastung jeder von uns – auf unterschiedliche Art und Weise – hat, aber eigentlich sollten wir – verglichen mit ausländischen Parlamenten – jede Wo­che oder zumindest jede zweite Woche eine Sitzung des Sozialausschusses haben, denn die Zeit erfordert das. Ich könnte Ihnen jetzt auch die Parlamente aufzählen, in denen man sich auch tatsächlich jede Woche oder jede zweite Woche in einem Aus­schuss trifft. Und wenn es einmal keine Vorlage vonseiten der Regierung gibt, über die man reden kann, wird einfach miteinander diskutiert.

Es wäre ja auch nicht das Schlechteste und würde uns vielleicht auch ganz guttun, wenn wir uns Zeit zum Diskutieren nehmen würden (Beifall bei den Grünen): etwa über den Arbeitsmarkt; etwa über die Defizite, die es im Bereich Gesundheit gibt, von denen jeder weiß und die in keiner Debatte über das Gesundheitssystem tatsächlich aus­führlich behandelt werden können; etwa über soziale Ungleichheiten in dieser Repu­blik, wo sie stattfinden, was dagegen gemacht wird, was wir tun, um diese Zustände zu beenden; etwa über den Umstand, dass gerade in der Krise immer mehr prekäre Ar­beitsverhältnisse geschaffen werden, obwohl Konsens besteht zwischen den Parteien, dass wir eigentlich davon Abstand nehmen sollten – da schaue ich Sie an, Herr Kolle­ge Bartenstein, denn Sie haben ja durchaus, wenn auch nicht zu unserer Überzeu­gung, nachdem Sie einer der ärgsten Befürworter von prekären Arbeitsverhältnissen waren, ein paar Maßnahmen gesetzt, um das ein bisschen einzuschränken, jedenfalls Ihre Partei.

Ich denke, es würde uns guttun, uns in einer Sitzung des Sozialausschusses darüber auszutauschen, was Ihre Position betreffend Erhöhung des Arbeitslosengeldes ist und was meine ist. Wir müssen nicht unbedingt auf den gleichen Nenner kommen, aber es wäre eine spannende Debatte. (Abg. Dr. Bartenstein: Wie sieht Ihre Position aus?)

Meine Position zur Erhöhung des Arbeitslosengeldes ist ganz klar, und ich teile da die Ansicht der meisten Wirtschaftsforscher, die der Meinung sind, dass gerade in der Kri­se das extrem niedrige Arbeitslosengeld in Österreich auch aus konjunkturellen Grün­den erhöht werden sollte – auch aus konjunkturellen Gründen! (Beifall bei den Grünen.)

Dieser Tenor quer durch die Reihen der Wirtschaftsforscher ist eindeutig, und diese Po­sition wird auch in der OECD vertreten. Das heißt, wir Grüne liegen damit nicht irgend­wo einsam auf der Insel der Phantasten, sondern wir bewegen uns damit im Konsens.

Eines ist klar, Herr Abgeordneter Bartenstein: Wer zum Beispiel Langzeitarbeitsloser in dieser Republik ist und seit 2002 Arbeitslosengeld erhält – das sind, Sie wissen es, Zehntausende – und mit 500 € begonnen hat, erhält auch heute nur 500 € und keinen Cent mehr. Und ich brauche Ihnen nicht zu erzählen – wir haben diese Debatte irgend­wann einmal schon im Kleinen geführt –, dass man von 500 €, von 600 €, von 700 € nicht leben kann. Ich brauche Ihnen nicht zu sagen, dass eine Erhöhung im Ausmaß


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der Inflationsrate selbstverständlich auch für Arbeitslose gelten muss; diese Erhöhung hat es ja in den letzten Jahren auch für andere gegeben, für Pensionisten und für an­dere Berufsgruppen. Nur eine „Berufsgruppe“ – zwischen Anführungszeichen natür­lich –, eine Gruppe wurde völlig ausgeschlossen: die Arbeitslosen. Für sie hat es gar nichts gegeben: keine Heizkostenzuschüsse, wie sie an Pensionisten verteilt wurden, keine Abgeltung der Inflation, gar nichts.

Erklären Sie mir, welchen Sinn es haben soll, dass eine Person, die im Jahr 2002 etwa 600 € Arbeitslosengeld erhalten hat, auch im Jahr 2010 nur diese 600 € erhält und nicht einmal eine Inflationsabgeltung bekommt!

Sagen Sie mir einen Sinn, warum das Arbeitslosengeld in Österreich so extrem niedrig ist im Vergleich zu anderen Ländern! – Es gibt keinen! Es gibt keine Begründung, denn wenn wir schon einmal dabei sind: Vorhin haben wir bereits über die Schweiz gespro­chen, auch in der Schweiz wurde ausgiebig darüber diskutiert, und die Schweizer be­ziehungsweise die von mir gern zitierte „Neue Zürcher Zeitung“ kommt nach einem Expertenhearing zu dem Ergebnis – und das wurde in der Schweiz beforscht –: Ein ho­hes Arbeitslosengeld ist kein Hindernis für eine Arbeitsaufnahme!

Was also von konservativer Seite immer wieder gerne behauptet wird – Arbeitslosen­geld muss möglichst niedrig sein, sonst sind die Leute nicht zum Arbeiten motiviert –, stimmt nicht. Das stimmt nicht, die Praxis widerlegt es!

Daher sollten Sie, meine sehr geehrten Damen und Herren, die Konsequenz ziehen, nicht nur dieser Fristsetzung zuzustimmen, sondern auch andere Saiten im Sozialaus­schuss – aber nicht nur dort, sondern insgesamt im Parlament – aufzuziehen, die uns ein Arbeiten, und zwar auch ein gemeinsames Diskutieren, ermöglichen. (Beifall bei den Grünen.)

18.01


Präsident Fritz Neugebauer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Riepl. – Bitte.

 


18.01.11

Abgeordneter Franz Riepl (SPÖ): Herr Präsident! Kollege Öllinger, du hast es gesagt: Am 12. Mai haben wir einen Sozialausschuss, da wird es sicher Gelegenheit geben, genau über die Fragen, die jetzt in deinem Redebeitrag angesprochen wurden, aus­führlich zu diskutieren. Wir werden sehen, wie wir die Tagesordnung gestalten.

Ich möchte gleich am Beginn meiner Ausführungen sagen: Ich akzeptiere und auch meine Fraktion akzeptiert zu 100 Prozent die Fragestellung und auch die Problematik, dass man insbesondere für jene, die in unserem Land wenig haben – und das sind lei­der die Arbeitslosen –, auch entsprechend vorsorgen und vernünftige Lösungen su­chen muss. Ich widerspreche nur in einem: Es ist nicht so, dass nichts geschehen ist. Einiges ist geschehen, und ich werde ein paar Sachen in den fünf Minuten, die mir blei­ben, ganz kurz anführen. (Abg. Öllinger: Das bringst du leicht alles unter!)

Ich glaube, wir sind uns in einer Sache einig: Das Beste wären Arbeit und Beschäfti­gung, weil das auf jeden Fall jede Armut und jede Armutsgefährdung vermeidet. (Abg. Mag. Schatz: Leider auch nicht!) Arbeitslosigkeit zu vermeiden, haben wir voriges Jahr sehr stark durch Kurzarbeit versucht. Wir haben das Thema Kurzarbeit mehrmals dis­kutiert, wir haben Einkommenssicherung und natürlich auch Beschäftigungssicherung mit dem Instrument Kurzarbeit gemacht. Ich sage dazu nur: zwei Arbeitsmarktpakete! Es ist also nicht so, dass nichts geschehen ist.

Ich juble nicht, wenn ich jetzt sage, dass wir im März um 18 000 Beschäftigte mehr in unserem Land hatten als im März des vergangenen Jahres. Noch einmal: Ich juble nicht, es ist kein Grund zu großer Freude. Aber es ist auch ein Aspekt, den man viel­leicht in einer Diskussion, in der es um Arbeitslosigkeit geht, erwähnen soll, und des­halb tue ich es.


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Nun ein paar Fakten und ein paar Zahlen zur Nettoersatzrate: Was ist geschehen? – Zum Beispiel ist der Qualifikationsbonus erhöht worden. (Zwischenruf des Abg. Öllin­ger.) Ja, es ist nie genug; ich weiß schon, es ist den Grünen nie genug! (Abg. Öllin­ger: Nein! Er wird willkürlich verteilt!) Aber 100 € bei kurzer Qualifikation, 200 € bei län­gerer, das heißt umgerechnet auf die Nettoersatzrate jener, die das, nämlich Qualifika­tion, in Anspruch nehmen – umgerechnet auf die Nettoersatzrate, und darum geht es eigentlich in dem Antrag –: Diejenigen, die einen Kurs von drei bis sechs Monaten ha­ben, haben eine durchschnittliche Nettoersatzrate von 70 Prozent, und diejenigen, die länger als sechs Monate einen Kurs machen, haben eine durchschnittliche Nettoersatz­rate von 77 Prozent.

Jetzt kann man sagen: Na gut, das sind ein paar. Aber es sind bis März 2010 insge­samt 31 000 Personen gewesen, die davon profitieren. Sagen Sie also nicht, es sei nichts geschehen! Wir tun schon einiges, weil wir eigentlich das Gleiche wollen. Ich glaube jedenfalls, dass die Intentionen der grünen Fraktion und der sozialdemokrati­schen Fraktion, jedenfalls dem Grunde nach, das Gleiche anstreben, nämlich dafür zu sorgen, dass für die Menschen das, was sie bekommen – durch eigene Erwerbsarbeit oder durch eine Unterstützung des Staates –, zum Leben ausreicht.

Arbeitslosigkeit wollen wir, wenn wir sie nicht verhindern können, jedenfalls mit exis­tenzsichernder Unterstützung begleiten. Da gibt es die Ergänzungsbeträge, da gibt es die Familienzuschläge. Die durchschnittliche Nettoersatzrate beträgt derzeit 61 Pro­zent. Wenn man also schaut, was die Leute wirklich bekommen, dann sieht man, sie liegt bei 61 Prozent. Also ist es doch etwas mehr als das, was im Gesetz als Grund-Nettoersatzrate fixiert ist.

Drei Viertel aller Arbeitslosengeldbezieher haben eine Nettoersatzrate von über 60 Pro­zent. Also die große Mehrheit jener, die betroffen sind, hat über 60 Prozent. Ich glaube, das sollte man bei dieser Diskussion auch ein bisschen erwähnen, weil es doch Zahlen und Fakten sind, die ... (Abg. Öllinger: Auch nicht aufregend, oder?) Aufregend, aufre­gend – natürlich, mehr wäre immer gut! Aber es geht auch darum, dass man einfach die Fakten und Zahlen kennt.

Wenn wir jetzt an der bedarfsorientierten Mindestsicherung gearbeitet haben und wenn beispielsweise – Kollege Öllinger, ich darf dich noch einmal ansprechen – der Ergän­zungsbeitrag künftig auch für die Notstandshilfe gelten wird, so werden dann 75 Pro­zent der Notstandshilfebezieher – wenn wir die bedarfsorientierte Mindestsicherung haben, 75 Prozent der Notstandshilfebezieher – 100 € mehr im Monat bekommen. Das ist also auch nicht etwas, von dem man sagen kann, dass es nichts ist. Ich denke, auch das ist sozialdemokratische Handschrift in der Sozialpolitik, und das dient der Ar­mutsbekämpfung.

Zur Erinnerung: Arbeitsmarktreformpaket 2. Die Jahresbeitragsgrundlage für die Be­messung des Arbeitslosengeldes und der Notstandshilfe wurde erhöht. Das ist eine Er­höhung von 3 Prozent des Arbeitslosengeldes gewesen und ist schon voriges Jahr pas­siert. – Also auch hier einige Fakten und Zahlen.

Der internationale Vergleich – weil das im Antrag auch angeführt wird – ist da ein biss­chen schwierig. Teilweise wird Brutto mit Netto verglichen, teilweise sind Zuschläge da­bei und Zuschläge nicht dabei, Abzüge und Ähnliches mehr. Nur zwei Länder in der Europäischen Union haben, wie du ja weißt, eine Nettoersatzrate (Präsident Neuge­bauer gibt das Glockenzeichen), alle anderen haben eine andere Situation.

Das heißt, wir werden dem Fristsetzungsantrag wegen dieser Argumente nicht zustim­men. Aber ich freue mich schon auf die Diskussion zu diesem Thema im Ausschuss. – Danke schön. (Beifall bei der SPÖ.)

18.06



Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll60. Sitzung / Seite 203

Präsident Fritz Neugebauer: Zu Wort gelangt nun Herr Abgeordneter Dr. Bartenstein. – Bitte.

 


18.06.48

Abgeordneter Dr. Martin Bartenstein (ÖVP): Herr Präsident! Hohes Haus! Ich glau­be, wir kommen in Zeiten wie diesen und am Vorabend einer Debatte zum Finanzrah­mengesetz nicht umhin, bei allen Projekten, die Geld kosten, zumindest am Anfang auch einmal die Frage zu stellen: Was kostet das, und wer soll es bezahlen? (Abg. Öl­linger: Was nützt es?)

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Der Vorschlag von Öllinger und den Grünen, die Nettoersatzrate gesamthaft auf zumindest 60 Prozent zu erhöhen – Herr Kollege Riepl hat schon angeführt, dass das in vielen Fällen ohnehin der Fall ist –, würde einen Mehr­aufwand von rund 200 Millionen € pro Jahr bedeuten. 200 Millionen € pro Jahr für eine Arbeitslosenversicherung, die nicht etwa ausgeglichen gebart, sondern im Jahr 2010 geschätzt nicht weniger als 1,6 Milliarden € an Defizit schreiben wird! Das heißt, meine sehr verehrten Damen und Herren, man kann da schon mit Fug und Recht sagen: Selbst wenn wir es wollen, könnte man hier zu dem Schluss kommen, dass wir es uns nicht leisten können.

Jetzt aber zu dem Punkt, ob wir es uns leisten wollen: Stichwort Inaktivitätsfalle, sagen die Arbeitsmarktexperten.

Herr Kollege Riepl! Gerade Gewerkschafter sind ja auch Menschen, die wissen, es braucht einen ausreichenden Unterschied zwischen einem Arbeitslosengeld, einer Min­destsicherung, die jemand bekommt, und einem Aktivbezug, den jemand anderer be­kommt oder auch er oder sie selbst, wenn er oder sie wieder in den Erwerbsprozess eintritt. Meine sehr verehrten Damen und Herren, da ist dieser Abstand natürlich schon wesentlich!

Es geht nicht darum, Herr Öllinger, das irrsinnig zu beschränken, wie Sie das formuliert haben, sondern das richtige Augenmaß ist notwendig. (Abg. Mag. Schatz: Können Sie von 500 oder 600 € leben?) Ja, Frau Schatz, auch Sie werden es noch einmal in der Praxis sehen: Das richtige Augenmaß ist hier notwendig, und die Balance gilt es zu halten. (Beifall bei der ÖVP.)

Ich darf Ihnen hier einmal anführen, dass das maximale Arbeitslosengeld in Österreich immerhin bei 1 341 € netto liegt. Da muss jemand zuerst schon ganz gut verdient ha­ben, das weiß ich, aber es ist durchaus möglich. Anders als in anderen Ländern, anders als zum Beispiel auch in Deutschland, kann ein Arbeitsloser bei uns bis zur Geringfü­gigkeitsgrenze zirka 350 € dazuverdienen. Allein aus diesem Titel heraus haben Sie schon einmal das Thema, dass wir politisch auch den Mut haben müssen, zu sagen: Eine gewisse Differenz braucht es zwischen Arbeitslosengeld oder auch Notstandshilfe und dem, was er oder sie aktiv im Erwerbsleben verdienen kann.

Herr Kollege Riepl hat es angesprochen: Wir leben in der Phase der Einbringung und der Einführung der Mindestsicherung. Vom Prinzip her stehe ich dahinter, ich war ge­meinsam mit Buchinger durchaus einer der politischen Betreiber dieses Themas, aber es geht darum, wie das in der Praxis gemacht wird, ob jetzt wirklich die Anreize und auch manchmal der Druck erhöht wird, Arbeitsfähige schneller als bisher in den Er­werbsprozess zu integrieren oder zu reintegrieren.

Da habe ich Ihnen ein Beispiel mitgebracht, das mir schon zu denken gibt. Nämlich: Auf­grund der derzeit geltenden Regeln ist es so, dass zwei Menschen, die von der Min­destsicherung leben müssen – also nicht nur einer –, jeweils 75 Prozent der 750 €, al­so insgesamt 1 500 € bekommen. Wenn diese Eltern auch zwei Kinder haben, kom­men noch zweimal 18 Prozent dazu. Meine sehr verehrten Damen und Herren, auf dieser


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Basis kann ein Ehepaar mit zwei Kindern aus dem Titel Mindestsicherung etwa 1 500 € netto pro Monat beziehen. 1 500 € netto!

Das vergleichen Sie jetzt einmal mit Eltern, wo, sagen wir einmal, der Vater einen durch­schnittlich bezahlten Industriejob hat und die Mutter – weil zwei Kinder – vielleicht nur teilzeitbeschäftigt bei BILLA oder sonstwo ist. Da bin ich mir nicht so sicher, ob die so viel über den 1 500 € netto zu liegen kommen! (Abg. Riepl: Höhere Mindestlöhne brau­chen wir!)

Deswegen – so sehr das in der politischen Diskussion manchmal auch schwierig sein mag –: Die Inaktivitätsfalle muss uns immer eine Warnung sein! Wir brauchen sowohl im Arbeitslosenversicherungsbereich als auch beim Thema Mindestsicherung einen ausreichenden Abstand zwischen dem, was jemand, der erwerbstätig ist, verdient, und dem, was jemand, der das – aus welchen Gründen immer – eben nicht ist, aus dem Ti­tel Arbeitslosengeld oder Mindestsicherung bekommt. (Beifall bei der ÖVP.)

18.11


Präsident Fritz Neugebauer: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Dr. Winter. – Bitte.

 


18.11.34

Abgeordnete Dr. Susanne Winter (FPÖ): Herr Präsident! Werte Kollegen! Herr Dr. Bartenstein, Sie haben gesagt, bei einer Erhöhung der Arbeitslosenversicherung muss man nachfragen, ob das überhaupt leistbar ist. Und auf die Antwort von Herrn Kollegen Riepl, dass bereits viele der Arbeitslosen über 61 Prozent bekommen, hat Kollege Öllinger gesagt: „Was nützt es?“ – Ich möchte darauf sagen: Wem nützt es? Nützen soll es den Arbeitslosen, und dafür sollten wir als Volksvertreter hier stehen.

Ich möchte sagen, dass wir grundsätzlich sowohl dem Fristsetzungsantrag als auch dem Antrag der Grünen zustimmen, weil wir fest davon überzeugt sind, dass wir damit die Regierungstätigkeit anregen und die Regierung zwingen, von ihrem Schnecken­tempo abzugehen und endlich wirklich zu arbeiten. Denn: Wenn man sich diesen An­trag anschaut, der auf die Änderung des Arbeitslosenversicherungsgesetzes aus dem Jahre 1977 abzielt, so sieht man, dass dieser Antrag schon am 28. Oktober 2008 ein­gebracht wurde. Im Augenblick ist es eineinhalb Jahre später. Damals ging es noch um die richtige Gestaltung und die Erhaltung des Lebensstandards von Arbeitslosen. Heu­te, in der Zeit der Krise – und ich sage, wir sind nicht nach, nicht vor und nicht mitten, sondern wir sind in der Krise –, geht es eigentlich darum, das Leben vieler Arbeitsloser zu sichern und überhaupt noch zu ermöglichen.

Meine sehr geehrten Damen und Herren von den Regierungsparteien, Sie behaupten immer, Sie sind Volksvertreter. Für mich haben Sie als Vertreter des Volkes Ähnlichkeit mit einem Zitronenfalter: Der faltet auch keine Zitronen! Sonst kann es nämlich nicht sein (Abg. Steibl: Das war aber ein schlechter Vergleich!), dass solche Anträge einein­halb Jahre daniederliegen und noch weitere 700 Anträge daniederliegen und irgendwo verrotten.

Hier geht es wirklich um das Leben von nahezu 360 000 Arbeitslosen, meine sehr ge­ehrten Damen und Herren, mit steigender Tendenz! Es ist einfach unerhört, dass unser österreichisches Arbeitslosenversicherungsrecht praktisch die niedrigste Nettoersatzra­te im europäischen Raum hat. Was bedeutet das? – Die Arbeitslosen können keine existenzsichernden Leistungen aus der Arbeitslosenversicherung bekommen, und das führt ganz eindeutig zur Armutsgefährdung.

Dazu gibt es Studien der Arbeiterkammer, dass Menschen mit besonders niedrigem Einkommen eigentlich von zwei Seiten in eine Armutszange genommen werden: einer­seits durch die Inflation. Die extrem hohen Steigerungen der Lebensmittelpreise oder auch der Preise für lebenswichtige Güter, genauso wie für Heizung und Wohnung, das ist das eine große Problem. Das zweite Problem ist, dass sie eigentlich reale Einkom-


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mensverluste erleiden. Laut Statistik Österreich sind nahezu 12,6 Prozent der Bevöl­kerung armutsgefährdet. Das heißt, 1 Million Menschen in Österreich ist armutsgefähr­det. Da muss doch einfach etwas geschehen! Da kann man nicht einfach sagen: Das geht nicht, das ist zu hoch! und so weiter.

Außerdem, meine sehr geehrten Damen und Herren, ist es doch so, dass die Inflation nicht nur jetzt, in diesem Zustand der Krise, Menschen mit besonders niedrigem Ein­kommen gefährdet und deren Lebensstandard sehr drückt, sondern auch – und das ist das Schlimme daran – bereits auf den Mittelstand übergegriffen hat, denn die Haus­haltsausgaben dieser Menschen werden ungefähr zur Hälfte für Wohnung, Energie und Nahrungsmittel ausgegeben.

Die höchste Armutsgefährdungsrate weisen aber Arbeitslose auf: 33 Prozent aller Ar­beitslosen sind armutsgefährdet. Meine sehr geehrten Damen und Herren, eine Ar­beitslosenversicherung, ein Arbeitslosenrecht und -gesetz, das Armut nicht verhindert, muss ganz dringend geändert werden! (Beifall bei der FPÖ.)

18.15


Präsident Fritz Neugebauer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Brosz. – Bitte.

 


18.16.10

Abgeordneter Dieter Brosz (Grüne): Herr Präsident! „Inaktivitätsfalle“ hat der Herr ehemalige Bundesminister Bartenstein mehrfach gesagt und dann auch die Zahlenbei­spiele genannt. Wissen Sie, ich schätze an sich Ihren Kollegen Haubner als Sportspre­cher und von mehreren Debatten her. Was ich überhaupt nicht geschätzt habe, ist der Zahlenvergleich, den er, glaube ich, in der „Presse“ vor einigen Monaten angestellt hat, womit genau diese sogenannte Inaktivitätsfalle wieder einmal belegt werden sollte und dann herausgekommen ist, dass diejenigen, die nicht arbeiten oder arbeitslos sind, we­sentlich mehr bekommen als diejenigen, die in Erwerbsarbeit sind.

Da hat es kleine Rechenfehler gegeben. Unter anderem ist der Heizkostenzuschuss, der jährlich zusteht, jedes Mal für den ganzen Monat gerechnet worden; da gibt es also Leute, die nach dieser Berechnung 1 000 € Heizkostenzuschuss pro Jahr bekommen, im Winter, im Sommer, völlig egal. Wenn man so unseriöse Berechnungen aufstellt, glaubt man manchmal selbst die eigene Propaganda. Davor sollte man sich in der Poli­tik in Acht nehmen. (Beifall bei den Grünen.)

Aber ich ersuche jetzt wirklich alle Abgeordneten der Regierungsparteien, mir zumin­dest zu folgen, weil wir sonst die Konsequenzen im Haus relativ bald werden spüren müssen. Wir haben in der Präsidiale seit Monaten Debatten um Ausschüsse, die nicht stattfinden. Wir haben Debatten um Anträge, vor allem im Sozialausschuss, aber auch in vielen anderen Ausschüssen, die einfach nicht auf die Tagesordnung kommen. Wir haben vor einigen Wochen eine Aufstellung gemacht, da ging es um mehr als 700 An­träge der Oppositionsparteien, die in den Ausschüssen liegen, die nicht behandelt wor­den sind.

Die vielen Ersuchen, unter anderem des Kollegen Hofer, der das mehrfach und letzte Woche wieder thematisiert hat: Wann gibt es einen Sozialausschuss?, haben komi­scherweise heute zu einer Aktivität geführt, sodass jetzt ein Ausschuss einberufen wird. Aber bislang hat es eigentlich immer geheißen: Warten wir zu, wir wissen ja, wie die Praxis des Hauses ist, es gibt dann einen Ausschuss, wenn es eine Regierungsvor­lage gibt, dann kann man darüber diskutieren! Und wenn es keine Regierungsvorlage gibt, gibt es zum Teil Wochen, Monate, halbe Jahre lang keine Ausschüsse.

Ich finde, dass die Oppositionsparteien das bislang eigentlich „low level“ betrieben ha­ben – sagen wir es einmal so – und nicht wirklich ernst gemacht haben. Das Argument war dann im Übrigen auch immer mit den Vertagungen – Kollege Cap, jetzt wäre es gut, wenn wir zumindest klarmachen, worüber wir reden. (Nach einer Handbewegung des


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Redners fällt ein Mikrophonkopf aufs Rednerpult.) – Hoppla, jetzt ist es gleich herunter­gefallen, das Mikro, das hat sich auch schon geschreckt vor den Aktivitäten der nächs­ten Monate. (Abg. Riepl: Du hast es kaputt gemacht! – Weitere Zwischenrufe.)

Wir haben darüber gesprochen, dass wir wollen, dass unsere Anträge endlich einmal behandelt werden. Es gibt keinen Anspruch darauf, dass etwas umgesetzt wird. Wir werden auch bei Weitem nicht allen Anträgen der FPÖ und des BZÖ zustimmen, und umgekehrt auch nicht. Aber wir wollen, dass diese Anträge behandelt werden! Wenn das so weitergeht, dann zwingen Sie uns – und ich sage das bewusst vor allem an die Mitglieder, die das in der Präsidiale nicht mitbekommen haben –, dass wir jetzt auch unsere Rechte wahrnehmen. Das wird heißen, dass wir einfach laufend Fristsetzungen beantragen müssen. Sie können das in den Ausschüssen verhindern. Was Sie nicht verhindern können, ist, dass wir hier im Plenum laufend Fristsetzungsanträge machen.

Jetzt können Sie sagen: Okay, es gibt ohnehin nur eine Fristsetzungsdebatte pro Tag, dann stellen eben die Oppositionsparteien ein paar hundert Fristsetzungsanträge. Wenn man als Präsident schnell liest, geht das auch noch schnell. Rechnen wir das durch: Zwei, drei Fristsetzungen pro Minute können wir vielleicht abstimmen, bei ein paar hun­dert sind wir in zwei Stunden durch, da ist das Drohpotenzial vielleicht noch gering.

Wenn man es eskalieren lassen will, können wir auch hergehen und sagen: Wir bean­tragen aber namentliche Abstimmungen. (Ruf bei der SPÖ: Sehr gut!) Ja, „sehr gut“, genau. „Sehr gut“ wäre vielleicht ein Hinweis, wenn man endlich einmal anfängt, die Oppositionsanträge ernst zu nehmen. Ich sage hier, wir haben heute bewusst noch nicht damit begonnen. Wir haben jetzt einen symbolischen Fristsetzungsantrag, und wir sagen, heute stimmen wir den ab. Ich warne Sie jetzt, und sozusagen ersuche ich Sie gleichzeitig ... (Abg. Mag. Donnerbauer: ... das ist alles eine Geschäftsordnung!)

Genau, das ist eine Geschäftsordnung, das kennen Sie auch. Das ist genau wie die Geschäftsordnung, die Sie laufend in den Ausschüssen annehmen und sagen: Ja, Ge­schäftsordnung, da steht Vertagung; wenn die Regierung vertagt, kann man es verta­gen. Offenbar ist es der Sinn der Vertagung, dass man es so weit entsorgt, dass es nicht abgestimmt wird. Das ist Ihre Interpretation von Vertagungen. Vertagungen wären an sich dazu da, dass man vielleicht auch mit Zustimmung des Antragstellers sagt: Okay, da braucht es noch Informationen, dann kann man so damit umgehen, und viel­leicht braucht es mehr! Dann kann man zustimmen oder ablehnen. Genau! Wenn wir aber der Meinung sind, dass Sie genauso auch ablehnen könnten, was Ihnen zusteht, dann können wir in Zukunft sagen: Sie können vertagen, und Sie haben als Konse­quenz im nächsten Plenum eine namentliche Abstimmung über diesen Antrag! Dann können Sie einmal ausrechnen, wie viele namentliche Abstimmungen Sie pro Stunde durchbringen, und nachrechnen, wie groß das Wehklagen sein wird, wenn die Sitzun­gen um mehrere Stunden verlängert werden.

Es ist dies heute hier ein Ersuchen: Gehen wir anders damit um! Versuchen wir, die Ausschüsse so zu planen, dass die Oppositionsanträge abgearbeitet werden können! Lehnen Sie Anträge ab, wenn sie Ihnen nicht passen! Nehmen Sie aber die Oppo­sitionsanträge ernst! Ud beklagen Sie sich bei den nächsten Sitzungen nicht, wenn es hier dann – jetzt hätte ich fast gesagt, ums Nachsitzen geht, das ist es aber nicht – um das Recht der Opposition geht, sich gegen Ihre Vertagungen, die unsäglich sind, zu wehren! (Beifall bei den Grünen.)

18.21


Präsident Fritz Neugebauer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Dolinschek. – Bitte.

 


18.21.04

Abgeordneter Sigisbert Dolinschek (BZÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Bun­desminister! Sehr geehrte Damen und Herren! Ich kann diesem Fristsetzungsantrag, der die Erhöhung der Nettoersatzrate betrifft, einiges abgewinnen.


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Kollege Öllinger, wir haben schon des Öfteren darüber diskutiert, wie das ist. Das Ar­beitslosengeld zu erhöhen, stärkt natürlich die Kaufkraft und begünstigt die Inlands­nachfrage. Keine Frage!

Ich kann natürlich auch der Position einiges abgewinnen, die eigentlich immer auch meine Position war, die ich hier auch vertrete, dass es einen gewissen Unterschied ge­ben muss, eine gewisse Differenz zwischen Erwerbseinkommen und Arbeitslosen­unterstützung. Ich sage immer, 30 Prozent Unterschied muss gegeben sein zwischen Mindestlohn bei Vollbeschäftigung und Arbeitslosengeld.

Der ehemalige Wirtschaftsminister Bartenstein hat hier gesagt, wie hoch das höchste Arbeitslosengeld ist. Die Summe, die er genannt hat, ungefähr 1 300 € netto, dafür muss einer 3 000 € verdienen. Das ist im Verhältnis nicht sehr viel. Es ist netto gerade einmal die Hälfte. Wenn man jetzt über die Nettoersatzrate spricht, Kollege Riepl, ob das jetzt 61 Prozent sind oder wir noch bei 55 Prozent liegen, oder wie es genau ist, so braucht man dazu natürlich eine gewisse Transparenz, einen Überblick über alle Zu­schüsse, die von Ländern, Gemeinden und vom Bund bezahlt werden. Wenn ich das nicht habe, sehe ich das gar nicht. Im Prinzip muss jeder überall einen Antrag stellen, damit er überhaupt eine Unterstützung bekommt in irgendeinem Bereich. Das gehört einfach durchleuchtet. Dazu müssen alle Zuschüsse zentral erfasst werden, um über die tatsächliche Nettoersatzrate Bescheid zu wissen.

Ich bin aber auch dafür, dass jede Förderung durchleuchtet wird, dass auch das auf­liegt – egal, ob das einen Bauern betrifft oder sonst wen. (Abg. Grillitsch: Das ist alles öffentlich!) Diese EU-Förderungen sind ja eigentlich im Internet abrufbar. Das ist okay. Nach demselben Prinzip müsste das auch für jede Förderung gelten, die an die Wirt­schaft vergeben wird. Genauso!

Dann sieht man genau, was die Nettoersatzrate ist. Eine gewisse Differenz zum Min­destlohn muss gegeben sein. Arbeit und Beschäftigung sind das beste Mittel, um der Armut gegenzusteuern. Das ist immer das Beste, aber da sind wir ja wohl einer Mei­nung in diesem Haus.

Ich sage da noch etwas dazu: Im Mai läuft jetzt die Übergangsbestimmung zur Freiheit auf dem Arbeitsmarkt für EU-Bürger aus. Damit kommt dann das nächste Problem auf uns zu, weil wir durch die Finanz- und Wirtschaftskrise momentan eine relativ hohe Ar­beitslosenrate haben. Das ist das Nächste, wo man gegensteuern wird müssen. (Abg. Dr. Bartenstein: März 2011!)

Ja, das ist in einem Jahr. Aber dieses Jahr, Herr Kollege Bartenstein, ist ja gleich vorü­ber. Das wissen wir ja. Es ist nicht einfach! Die Lebenshaltungskosten in den Nachbar­ländern sind um die Hälfte niedriger als bei uns oder noch geringer. Das ist mit den Pendlern dann schon ein gewisses Problem. Das muss man auch wissen!

Jetzt aber einmal zur Vorgangsweise: Wir werden dieser Fristsetzung auf jeden Fall zustimmen. Dieser Antrag der Grünen wurde ja am 28. Oktober 2008 eingebracht und ist mittlerweile im Sozialausschuss dreimal vertagt worden. Eine solche Praxis ist ge­nau das, was nicht passt. Jetzt kann man sagen, dass die Geschäftsordnung das zu­lässt. Tatsache ist, dass im Sozialausschuss – das sage ich Ihnen einmal als Beispiel – zu Vorberatungen im Ausschuss, die noch nicht aufgenommen sind, drei Regierungs­vorlagen vorliegen und 67 Anträge der Opposition, denn von den Regierungsfraktionen gibt es ja keinen, weiters ein Bericht der Bundesregierung zur 95. Tagung der Arbeits­konferenz, und dann sind 25 Anträge bereits vertagt worden, die schon behandelt wor­den sind, manche zwei-, dreimal. Das ist eine Vorgangsweise, die inakzeptabel ist und so nicht sein darf.

Das ist aber jetzt einmal nur der Sozialausschuss, und dazu kommen dann noch die anderen Ausschüsse. Wenn ich gegen einen Antrag der Opposition bin, dann kann ich


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll60. Sitzung / Seite 208

ja dagegen stimmen, aber das wollen Sie nicht, weil man das dann eben im Plenum diskutiert und die Leute draußen dann vielleicht draufkommen würden, dass das eigent­lich vernünftig wäre, was Sie ablehnen. Bringen Sie doch wenigstens selber einen An­trag ein! Sie können ja Anträge der Opposition abschreiben und SPÖ und ÖVP drauf­schreiben! Bitte, dann werden wir dem auch noch zustimmen, denn dann haben wir es wenigstens umgesetzt. – Danke für die Aufmerksamkeit. (Beifall bei BZÖ und Grünen. – Abg. Mag. Kogler: Bravo!)

18.25

18.25.20

 


Präsident Fritz Neugebauer: Zu Wort ist dazu niemand mehr gemeldet.

Die Debatte ist geschlossen.

Wir kommen nun zur Abstimmung über den Antrag, dem Ausschuss für Arbeit und Soziales zur Berichterstattung über den Antrag 11/A betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Arbeitslosenversicherungsgesetz 1977 geändert wird, eine Frist bis 12. Mai zu setzen.

Wenn Sie für diesen Antrag sind, bitte ich um ein Zeichen der Zustimmung. – Der An­trag ist abgelehnt.

18.26.20Fortsetzung der Tagesordnung

 


Präsident Fritz Neugebauer: Ich nehme die Verhandlungen über die Punkte 3 und 4 der Tagesordnung wieder auf und weise darauf hin, dass nur noch drei Redner auf der Rednerliste sind und daher die Abstimmungen in etwa 7 bis 8 Minuten erfolgen werden.

Zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Dipl.-Ing. Deimek. – Bitte.

 


18.26.38

Abgeordneter Dipl.-Ing. Gerhard Deimek (FPÖ) (fortsetzend): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Werte Kolleginnen und Kollegen! Wir waren am Ende meiner Rede heute Nachmittag beim wichtigsten Punkt des Lebensmittelsicherheits- und Verbrau­cherschutzgesetzes, nämlich der neuen Festlegung der behördlichen Vorgangsweise und der Information der Öffentlichkeit, die ja wirklich der wichtigste Punkt ist. Da ist jetzt die erwähnte Gratwanderung: Ist man zu früh dran mit der Information, läuft man Gefahr, geklagt zu werden, schadenersatzpflichtig zu werden. Ist man zu spät dran, hat man den Schaden bei der Bevölkerung.

Da ist eben der große Unterschied in der Bewertung. Wir glauben, da gab es ein Infor­mationsdefizit. Den zweiten Unterschied gibt es in der Frage, wie man damit umgeht. Wir sind der Meinung, dass dort, wo es strafrechtlich relevant ist, eine Sachverhalts­darstellung, eingereicht von unserer Kollegin Belakowitsch-Jenewein, durchaus ausrei­chend ist. Und in Richtung BZÖ gesagt: Eine Ministeranklage halten wir in diesem Be­reich für absolut nicht verhältnismäßig und für etwas zu viel des Guten.

Es gibt aber noch einen weiteren Punkt, und der unterscheidet uns sehr wohl vom BZÖ, auch wenn der ehemalige Vizekanzler Molterer das nicht so sieht, nämlich die Diffe­renz zwischen einer Partei, die geradlinig vorgeht, auch in rechtlichen Dingen, und je­mandem, der populistische Schmuddelpolitik macht.

Ein letzter Punkt, und der ist besonders wichtig bei diesem Gesetz: Wir haben ja eine Bundesgesetzgebung, wir haben aber Landesräte für Konsumentenschutz, die für die Durchführung verantwortlich sind. Wir haben in der Realität Defizite in der Überwa­chung gehabt, die wir jetzt durch die Einführung eines Lebensmittelsicherheitsberichts ausgleichen wollen.

Wie schaut es denn in der Realität aus? – Wir haben Landesräte, und da nehme ich jetzt einmal Kollegen Anschober in Oberösterreich überhaupt nicht aus, der jederzeit mit allen


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll60. Sitzung / Seite 209

möglichen Forderungen an den Bund präsent ist. (Abg. Dr. Lichtenecker: Das ist ja auch nicht schlecht!) Dort jedoch, wo er selber Aktionspotential hätte, zum Beispiel bei den Rauchfangkehrern, bei der Preisauszeichnung und bei der Preiskontrolle, ist er ein biss­chen säumig. (Abg. Dr. Lichtenecker: Er ist ein ganz konsequenter Konsumenten­schutz-Landesrat!) Da erwähnt er überhaupt nichts, da hinkt er aktionsmäßig sehr hin­tennach. (Abg. Dr. Lichtenecker: Reden Sie keinen Unsinn!)

Da können Sie noch so viel herumschreien, das ist so. Er fordert dann, wenn es um den Bund geht. Wenn es darum geht, selber etwas zu tun, ist er ein bisschen aktions­schwach.

Mit diesem Punkt können wir das jetzt sehr wohl kontrollieren, da können wir ihm auf die Finger schauen. Das ist es, was wir brauchen. Was wir nicht brauchen, ist Populis­mus, auch von Landesräten. Was wir nicht brauchen, ist gegenseitig Schuld zuschie­ben oder ein Politspektakel. (Neuerlicher Zwischenruf der Abg. Dr. Lichtenecker.) – Da können Sie noch so viel schimpfen, es ändert sich dadurch leider nichts, da ist er halt ein bisschen aktionsschwach, der Herr Anschober.

Was wir aber sehr wohl brauchen, ist eine rasche, umfassende Information zur Siche­rung der Gesundheit der Bevölkerung. – Danke. (Beifall bei der FPÖ.)

18.29


Präsident Fritz Neugebauer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Hechtl. – Bitte.

 


18.29.50

Abgeordneter Johann Hechtl (SPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Bundesmi­nister! Geschätzte Damen und Herren des Hohen Hauses! Mit der Novelle des Lebens­mittelsicherheits- und Verbraucherschutzgesetzes werden wesentliche Verbesserun­gen in dem so wichtigen Lebensmittelbereich beschlossen.

Mit dieser Gesetzesänderung setzen wir das klare Zeichen, dass wir die Sicherheit von Lebensmitteln sehr ernst nehmen und diese Sicherheit uns sehr, sehr wichtig ist. Diese Änderung, geschätzte Damen und Herren, ist auch Ausdruck davon, dass wir bei Le­bensmitteln auf höchste Qualität bedacht sind und diese Lebensmittelqualität mit die­sem Gesetz gewährleisten beziehungsweise sicherstellen wollen.

Diese Änderung sichert somit auch den Konsumentinnen und Konsumenten ein ra­sches Eingreifen, und das bereits dann, wenn nur begründeter Verdacht auf lebensmit­telbedingten Krankheitsausbruch besteht. Dieses Gesetz sichert den Konsumentinnen und Konsumenten auch die Information, wenn es sich um gesundheitsschädliche Waren handelt.

Dieses Gesetz legt weiters fest, dass vom Bundesminister ein Lebensmittelsicherheits­bericht vorzulegen und zu veröffentlichen ist. Dadurch wird mehr Information für die Verbraucher gewährleistet, und damit ist nunmehr auch mehr Transparenz bei Lebens­mitteln gesetzlich festgelegt.

In diesem Zusammenhang bedauere ich auch sehr, dass bei einer für die Bevölkerung so wichtigen Materie von Seiten des BZÖ die Zustimmung zu dieser Gesetzesände­rung im Ausschuss nicht erteilt wurde. Ich hoffe, die Meinung des BZÖ ändert sich noch.

Weil wir heute auch einen BZÖ-Ministeranklage auf der Tagesordnung haben, muss ich klar zum Ausdruck bringen und möchte festhalten, dass unser Bundesminister Alois Stöger nach bestem Wissen und Gewissen und nach Punkt und Beistrich des Geset­zes gehandelt hat. (Abg. Grosz: Der „Beste“ ist!)

Die Warnung erfolgte zum frühestmöglichen Zeitpunkt. Er hat seine Kompetenzen be­ziehungsweise die Kompetenzen des Ministeriums und auch die Kompetenzverteilung im Gesundheitswesen im Ausschuss klar aufgezeigt und dargelegt. – Danke, Herr Mi-


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll60. Sitzung / Seite 210

nister! (Beifall bei Abgeordneten der SPÖ. – Abg. Grosz: Hat Ihnen das Frau Rudas so hingeschrieben?)

Bereits im Gesundheitsausschuss wurde die vom BZÖ-Abgeordneten Grosz – er mel­dete sich ja zu Wort – eingebrachte Ministeranklage mehrheitlich abgelehnt. Der Ge­sundheitsausschuss hat dem Bundesminister Alois Stöger sein Vertrauen ausführlich kundgetan und das Vertrauen in seine verantwortungsvolle Arbeit bestätigt.

Sehr geehrter Herr Bundesminister, ich danke dir für dein fachliches, kompetentes und verantwortungsbewusstes Handeln und wünsche dir viel Glück und Erfolg bei der wei­teren Arbeit. – Danke. (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Grosz: Vielleicht wäre auch noch ein Blumensträußchen angebracht, Vergissmeinnicht oder auch Gänseblümchen!)

18.32


Präsident Fritz Neugebauer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Öllinger. – Bitte.

 


18.32.52

Abgeordneter Karl Öllinger (Grüne): Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Es ist ja schon einigermaßen erschöpfend diskutiert worden: wird zu früh informiert, wird zu spät informiert. Beides birgt Probleme. Ich halte zur Regelung, die wir jetzt beschließen, fest: Wir unterstützen diese Regelung, wir halten sie auch für richtig, nur bedeutet das gleichzeitig auch mehr Verantwortung für den Minister und mehr Verantwortung für das Ministerium. Das ist richtig.

Herr Minister, mein Problem ist nicht, ob Sie zu früh oder zu spät informiert haben. Wir haben das im Ausschuss diskutiert. Meiner Ansicht nach ist Ihnen da auf Basis der bis­herigen Gesetzeslage kein Vorwurf zu machen. Das Problem, das ich mit Ihnen habe, Herr Bundesminister, entsteht dort, wo Sie, nachdem das Produkt vom Markt genom­men worden ist, nachdem die Firma Prolactal erklärt hat, dass es bei ihnen schon Lis­terien gibt, die aber nur in geringen Mengen drinnen waren, nachdem die Arbeiterkam­mer in der Steiermark mit zwei Mitarbeitern eine Musterklage gemacht hat, die sich da­rum dreht, dass das Unternehmen abgelaufene Zusatzstoffe, und zwar seit sieben Jahren abgelaufene Zusatzstoffe, sprich Enzyme, die die Listerien eigentlich unterdrü­cken sollten, dem Käse, dem Stinkkäse zusetzen hat lassen, sagen: Das ist jetzt alles Sache der Gerichte.

Was ich mir von Ihnen und von einer gut funktionierenden Verwaltung erwarte, ist, dass Sie, Herr Bundesminister, sagen: Was können wir besser machen? Es kann ja nicht so sein, dass ein Unternehmen in der Größe dieses Unternehmens mit über hun­dert Leuten über mehrere Monate hinweg ein Produkt auf den Markt bringen kann, ob­wohl es sagt: Ja, wir haben ohnehin durch Eigenkontrolle festgestellt, dass da Listerien drinnen sind, aber die Konzentration liegt immer noch unter dem Grenzwert. Dies, ob­wohl wir alle wissen, dass es keinen Grenzwert für Listerien gibt, weil Produkte selbst­verständlich listerienfrei auf den Markt gebracht werden müssen. Es hat also ein Unter­nehmen wissentlich rechtliche Vorschriften verletzt, und das über mehrere Monate hinweg.

Laut Bericht der „Salzburger Nachrichten“ wurden Arbeitnehmer im Betrieb in ihrer Ge­sundheit geschädigt. Und in dem Moment, in dem diese Arbeitnehmer dann mit der Ar­beiterkammer eine Klage überlegen, werden sie von Seiten des Unternehmens auch noch mit rechtlichen Konsequenzen bedroht.

Wenn das so ist, Herr Bundesminister – und ich entnehme das ja den Medien –, dann können Sie nicht sagen: Die Gerichte entscheiden. Dann ist Feuer auf dem Dach für die Politik, für die Ministerien, nicht unbedingt nur für Ihr Ministerium, denn dann möch­te ich schon wissen: Wie hat es über die Jahre hin ausgeschaut mit dem Arbeitnehmer­schutz in diesem Betrieb? Kollege Pirklhuber hat heute schon erklärt, dass es, was die Abwässer betrifft, offensichtlich auch nicht der beste Betrieb gewesen ist. Auch da möch-


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te ich wissen, wie das ausgesehen hat. Da kann man sich nicht sozusagen kompetenz­mäßig zurückhalten und sagen: Das geht uns als Gesundheitsministerium nichts an.

Ich möchte wissen: Wie war das mit den gesundheitlichen Beschwerden? Wurden die schon in früheren Monaten vorgebracht? Ich möchte wissen, ob das Unternehmen in den Eigenkontrollen, zu denen es ja verpflichtet war und die es offensichtlich auch durchgeführt hat, dokumentiert hat, dass es Listerienbefall gegeben hat, und zwar seit wann, wie viele Monate und in welcher Konzentration. Das alles möchte ich wissen, ich als Abgeordneter.

Wenn Sie mir dann sagen, Herr Bundesminister, dass das ohnehin die Gerichte prüfen, dann ist mir das zu wenig, denn hier ist Handlungsbedarf gegeben, wahrscheinlich noch am wenigsten für das Ministerium, aber auf alle Fälle für die Aufsichtsbehörde des Landes, die Lebensmittelaufsicht. Wir wissen ja auch, dass diese teilweise in einem katastrophalen Zustand ist, was die personelle Besetzung betrifft. Wir wissen auch, dass eine noch so gut ausgebaute Lebensmittelaufsicht alleine diesem Problem vermutlich nicht Herr werden kann.

Darüber müssen wir aber reden – und nicht sagen: Lassen wir die Gerichte arbeiten! Die Gerichte klären in diesem Fall nur die Frage der individuellen Schuld oder, wenn es um die Frage der Haftung geht, die Haftung der Firma. Sonst tun die nichts! Wir hinge­gen müssen uns anschauen, ob die Abläufe funktionieren. Und wenn Sie, Herr Minis­ter, da nur sagen, dass da ohnehin die Gerichte tätig sind, dann bezweifle ich, dass ge­nau diese Frage der Abläufe, der besser funktionierenden Abläufe in den besten Hän­den ist bei den Behörden, die eigentlich die Verantwortung dafür tragen. (Beifall bei den Grünen.)

18.38

18.38.20


Präsident Fritz Neugebauer: Zu Wort ist dazu niemand mehr gemeldet. Die Debatte ist geschlossen.

Ich komme zur Abstimmung, die ich über jeden Ausschussantrag getrennt vornehme.

Zunächst die Abstimmung über den Entwurf eines Bundesgesetzes, mit dem das Le­bensmittelsicherheits- und Verbraucherschutzgesetz geändert wird, in 663 der Beilagen.

Hiezu hat die Abgeordnete Ursula Haubner getrennte Abstimmung über mehrere Zif­fern des Entwurfes verlangt.

Ich werde zunächst über die von dem von mir erwähnten Verlangen betroffenen Teile, dann über die restlichen, noch nicht abgestimmten Teile des Gesetzentwurfes abstim­men lassen.

Wir kommen zur getrennten Abstimmung über die Ziffern 2, 25, 34, 35, 42 und 44 des Gesetzentwurfes in der Fassung des Ausschussberichtes.

Wenn Sie sich für diese Bestimmungen aussprechen, bitte ich um ein Zeichen. – Das ist mit Mehrheit angenommen.

Ich komme zur Abstimmung über die restlichen, noch nicht abgestimmten Teile des Entwurfes samt Titel und Eingang in der Fassung des Ausschussberichtes und bitte Sie, hiezu Ihre Zustimmung zu erteilen. – Das ist mit Mehrheit angenommen.

Wir kommen gleich zur dritten Lesung.

Meine Damen und Herren, wenn Sie auch in dritter Lesung für den vorliegenden Ge­setzentwurf sind, dann bitte ich um ein zustimmendes Zeichen. – Das ist einstimmig. Der Entwurf ist somit auch in dritter Lesung angenommen.

Wir kommen zur Abstimmung über den Antrag des Gesundheitsausschusses, seinen Bericht 664 der Beilagen zur Kenntnis zu nehmen.


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll60. Sitzung / Seite 212

Wenn Sie hiezu Ihre Zustimmung geben, bitte ich Sie um Ihr Zeichen. – Das ist mit Mehrheit angenommen.

18.39.45Abstimmung über den Tagesordnungspunkt 2

 


Präsident Fritz Neugebauer: Wir kommen nun zur verlegten Abstimmung zu Tages­ordnungspunkt 2 betreffend Darlehens- und Kreditrechts-Änderungsgesetz in 650 der Beilagen.

Hiezu haben die Abgeordneten Mag. Donnerbauer, Dr. Jarolim, Kolleginnen und Kolle­gen einen Zusatz- beziehungsweise Abänderungsantrag eingebracht.

Weiters haben die Abgeordneten Mag. Schatz, Kolleginnen und Kollegen einen Zu­satzantrag eingebracht.

Ich werde daher zunächst über die von den erwähnten Zusatzanträgen, dann über die vom erwähnten Abänderungsantrag betroffenen Teile und schließlich über die restli­chen, noch nicht abgestimmten Teile des Gesetzentwurfes abstimmen lassen.

Wir gelangen zur Abstimmung über den Zusatzantrag der Abgeordneten Mag. Schatz, Kolleginnen und Kollegen, der die Einfügung einer neuen Ziffer 4a in Artikel 3 zum In­halt hat.

Wer sich dafür ausspricht, den bitte ich um ein Zeichen. – Der Antrag findet keine Mehrheit und ist daher abgelehnt.

Weiters gelangen wir zur Abstimmung über den Zusatzantrag der Abgeordneten Mag. Donnerbauer, Dr. Jarolim, Kolleginnen und Kollegen betreffend Einfügung einer neuen Ziffer 1 sowie einer neuen Ziffer 6a in Artikel 3 sowie die sich daraus ergebende Änderung der Ziffernbezeichnung in Artikel 3. – Der Antrag ist einstimmig angenommen.

Nun gelangen wir zur Abstimmung über den Abänderungsantrag der Abgeordneten Mag. Donnerbauer, Dr. Jarolim, Kolleginnen und Kollegen, der folgende Änderungen zum Inhalt hat:

Artikel 2 §§ 7, 29 und 30 sowie Anhänge I, II und III,

Artikel 3 Ziffern 4, 5 und 7,

Artikel 4 Ziffer 20 sowie

Artikel 8 Ziffer 37.

Ich bitte jene Damen und Herren, die diesen Änderungen beitreten, um ein bejahendes Zeichen. – Das ist mit Mehrheit angenommen.

Schließlich komme ich zur Abstimmung über die restlichen, noch nicht abgestimmten Teile des Gesetzentwurfes samt Titel und Eingang in der Fassung der Regierungsvor­lage, und ich bitte jene Damen und Herren, die hiezu ihre Zustimmung erteilen, um ein diesbezügliches Zeichen. – Das ist einstimmig angenommen.

Wir kommen sogleich zur dritten Lesung.

Ich bitte jene Damen und Herren, die auch in dritter Lesung für den vorliegenden Ge­setzentwurf sind, um ein Zeichen der Zustimmung. – Der Entwurf ist auch in dritter Le­sung, und zwar einstimmig, angenommen.

Wir kommen nunmehr zur Abstimmung über den Entschließungsantrag der Abgeord­neten Mag. Maier, Mag. Donnerbauer, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Datenver­wendung durch Kreditauskunfteien sowie Qualitätsstandards für Informationsverbund­systeme und über Kreditscoring“.

Wenn Sie für diesen Entschließungsantrag sind, bitte ich Sie um Ihr Votum. – Das ist einstimmig angenommen. (E 90.)


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll60. Sitzung / Seite 213

Wir kommen zur Abstimmung über den Entschließungsantrag der Abgeordneten Mag. Schatz, Kolleginnen und Kollegen betreffend konsumentenschutzrechtliche Nach­besserungen im Darlehens- und Kreditrechts-Änderungsgesetz.

Wenn Sie für diesen Antrag sind, bitte ich Sie um ein Zeichen. – Der Antrag ist abge­lehnt.

18.42.535. Punkt

Bericht des Gesundheitsausschusses über den Antrag 865/A(E) der Abgeordne­ten Mag. Johann Maier, Dr. Erwin Rasinger, Kolleginnen und Kollegen betreffend Nationaler Aktionsplan Ernährung – NAP.E (665 d.B.)

Präsident Fritz Neugebauer: Wir kommen zum 5. Punkt der Tagesordnung.

Auf eine mündliche Berichterstattung wurde verzichtet.

Zu Wort gelangt Frau Abgeordnete Csörgits. – Bitte.

 


18.43.21

Abgeordnete Renate Csörgits (SPÖ): Herr Präsident! Sehr geschätzter Herr Bundes­minister! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ernährung und Bewegung sind ein wichtiger Eckpfeiler im Zusammenhang mit Gesundheitserhaltung und ‑förderung. Ernährungs­bedingte Erkrankungen sind weltweit und auch in Österreich im Steigen begriffen. Übergewicht und seine Folgen sind, wie die Weltgesundheitsorganisation festgehalten hat, bereits die „Epidemie“ des 21. Jahrhunderts.

Daher fordert die WHO in ihren globalen Strategien zu Ernährung, Bewegung und Ge­sundheit die Staaten auf, endlich Maßnahmen zu ergreifen. Auch die Europäische Kommission schlägt in ihrem Weißbuch über Ernährung konkrete Maßnahmen vor und fordert die Mitgliedsländer auf, Maßnahmen zu setzen, um dieser – unter Anführungs­zeichen – „Epidemie“ des 21. Jahrhunderts entsprechende Schritte entgegenzusetzen.

In einigen Ländern der Europäischen Union wurden bereits Maßnahmen gesetzt, so zum Beispiel auch in der Bundesrepublik Deutschland. Auch uns liegt heute der Natio­nale Aktionsplan zum Thema Ernährung vor. Ich glaube, dass das Betätigungsgebiet ein sehr breites ist, und möchte nur einige Blitzlichter auf die Themen Ernährung und Bewegung werfen.

Es gibt einerseits übergewichtige junge Menschen, Kinder und Erwachsene, weil uns vielleicht die Bewegung fehlt oder weil wir schlecht essen. Es gibt aber auf der anderen Seite auch sehr viele junge Menschen, insbesondere junge Mädchen, die aufgrund eines Schönheitsideales viel zu wenig essen und dann aufgrund von Unternährung auch nicht gerade gesund sind.

Es gibt MigrantInnen, die zu wenig informiert sind über die Wirkungen beziehungswei­se negativen Auswirkungen von Erkrankungen wie zum Beispiel Diabetes.

Weiters gibt es in den Betrieben Werksküchen, wo vielleicht nicht gut gekocht wird. Auch da muss man sich anschauen, wie das Ernährungsverhalten von Arbeitnehmerin­nen und Arbeitnehmern ist.

Es gibt alte Menschen, die eine Fehlernährung haben, weil sie zu wenig Obst und Ge­müse essen oder auch, wie wir es vielleicht von unseren Großeltern kennen, zu wenig trinken, was auch gesundheitliche Folgen hat.

Die allgemeinen Zielsetzungen dieses Nationalen Aktionsplans für Ernährung sollen vor allem in die Richtung gehen, dass es zu einer Reduktion von Krankheitsrisken so­wie von ernährungsbedingten Erkrankungen kommt, dass man Behinderungen vor­beugt und Verbesserungen schafft, damit man es im Alter besser hat.


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll60. Sitzung / Seite 214

Die Erhaltung der Arbeitsfähigkeit und damit die Verringerung der Frühverrentung ist ein wichtiger Punkt; gleichzeitig sind diese Maßnahmen natürlich auch deshalb wichtig, damit die Zahl früher, vorzeitiger Todesfälle nach Möglichkeit reduziert wird.

Sehr geschätzte Damen und Herren, das ist eine wichtige Maßnahme, weil man damit sehr viel persönliches Leid verringern kann; es ist aber auch eine ganz wichtige prä­ventive Maßnahme im Zusammenhang mit Kosteneinsparungen im Gesundheitssystem.

Ich möchte mich bei Bundesminister Stöger für diesen Aktionsplan ganz herzlich bedan­ken. Nicht nur dir gilt mein Dank, sondern auch den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern.

Ich freue mich, dass wir das heute hier im Plenum diskutieren können und damit auch einen Beitrag dazu leisten, dass wir es vielleicht gemeinsam schaffen, dass sich die Österreicherinnen und Österreicher in Zukunft gesünder ernähren. – Danke schön. (Beifall bei der SPÖ sowie bei Abgeordneten der ÖVP.)

18.47


Präsident Fritz Neugebauer: Zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Dr. Rasinger. – Bitte.

 


18.47.30

Abgeordneter Dr. Erwin Rasinger (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehr­ter Herr Minister! Hohes Haus! Anschließend an Ihre Worte, Frau Abgeordnete Csör­gits – also ich habe da meine Zweifel, ob wir uns sehr gesund ernähren, aber möge die­ser nationale Ernährungsplan ein Weg in die richtige Richtung sein!

Wir diskutieren ja immer wieder über Kosten im Gesundheitswesen – 27 Milliarden € Ge­samtkosten. Und wir diskutieren immer darüber, was man im Bereich der Spitäler tun kann.

Das Spital ist der letzte Punkt in der Kette. Jeder, der einmal im Spital war, weiß, dass er eigentlich nicht im Spital sein möchte. Ich habe noch nie einen Patienten gesehen, der gesagt hat, es ist super, im Spital zu sein. (Abg. Dr. Pirklhuber: Richtig!)

Die richtige Ernährung wäre eben ein Punkt, der dazu beiträgt, dass man gesund alt wird und Krankheiten vermeidet, und das ist gesundheitspolitisch nicht uninteressant.

Haben Sie gewusst, dass in Österreich wahrscheinlich mehr Leute an Übergewicht sterben als an den Folgen des Rauchens? Wenn wir die Zahlen aus Amerika auf Ös­terreich übertragen, und das ist sicher zulässig, dann sterben heute schon mehr Leute an übergewichtsbezogenen Krankheiten als an den Folgen des Rauchens!

Nur gibt es beim Rauchen einen Schuldigen – die Tabakindustrie. Beim Übergewicht sind wir oft ein bisschen selber schuld: Wir bewegen uns zu wenig und so weiter und so fort.

Die Kosten liegen mittlerweile bei etwa 8 Prozent der gesamten Gesundheitskosten. Solche Kosten muss man als enorm bezeichnen. Nur kümmert das den Einzelnen nicht, der Einzelne denkt ja nicht an Kassenbeiträge und Kosten, sondern fragt sich: Hilft es mir oder nicht?

Ganz einfaches Beispiel: In Österreich werden jährlich 4 000 Leute Bypass-operiert – also infolge von Verengung der Herzkranzgefäße. Wenn Sie zwei Gruppen bilden, kön­nen Sie nachweisen, dass bei jenen Menschen, die sich anschließend nach der soge­nannten französischen Diät oder Mittelmeerdiät ernährt hatten – viel Gemüse, Salat, Fisch und so weiter –, das Infarktrisiko um 50 Prozent geringer war als bei jenen, die anschließend nur medikamentös behandelt wurden.

Ein anderes Beispiel, Osteoporose: 600 000 Menschen, zu etwa 85 Prozent Frauen, haben Osteoporose im Alter. Das führt zu zirka 30 000 Wirbelkörperbrüchen, zu zirka 20 000 Schenkelhalsbrüchen – früher ein Todesurteil, heute Gott sei Dank rasch ope­rativ sanierbar.


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll60. Sitzung / Seite 215

Wäre es nicht gescheiter, wenn wir im Jugendalter mehr Milchprodukte zu uns nehmen würden? Das würde nämlich die Kalziummasse im Körper erhöhen. Der Fachausdruck heißt Big Bone Mass Index. Das wäre gescheiter, als 30 oder 40 Jahre später mit groß­artigen medizinischen Maßnahmen intervenieren zu müssen, die enorm viel Geld kos­ten und manchmal auch Leid mit sich bringen.

Ich glaube, es gibt genügend Gründe. Ich könnte jetzt stundenlang reden – gegen mei­ne eigene Profession, denn ich lebe ja von Kranken und weniger von Gesunden. Aber ich denke, Ziel einer modernen Gesundheitspolitik und einer Gesundheitspolitik mit Herz – und dafür stehen wir von der ÖVP – muss es sein, dass möglichst viele Men­schen gesund alt werden.

Deshalb ist der Nationale Aktionsplan ein sehr gutes Instrument. Er ist vielleicht un­spektakulär – wesentlich weniger spektakulär als ein Spital zu schließen oder über Bei­tragserhöhungen herumzustreiten. Aber ich glaube, das ist ganz, ganz wichtig. Denn wenn wir nichts tun, wird das Übergewicht laut Forschern noch einmal um 50 Prozent steigen – dabei ist es in den letzten Jahren schon um 50 Prozent gestiegen.

Das heißt, wir können es uns nicht leisten, eine sich nicht bewegende, zunehmend übergewichtige Nation zu werden! – Danke. (Beifall bei der SPÖ sowie bei Abgeordne­ten der ÖVP.)

18.51


Präsident Fritz Neugebauer: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Dr. Belakowitsch-Jenewein. – Bitte.

 


18.52.06

Abgeordnete Dr. Dagmar Belakowitsch-Jenewein (FPÖ): Herr Präsident! Herr Bun­desminister! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Zu diesem Nationalen Aktions­plan Ernährung ist ja schon sehr viel gesagt worden. Es wird keiner hier bestreiten, dass gesunde Ernährung wichtig und gut ist.

Mir drängt sich allerdings folgende Frage auf: Wenn ich so einen Ernährungsplan he­rausbringe – wer wird sich daran halten? Was bewirkt dieser Plan – allein, nur so, wenn er hier liegt? – In Wahrheit gar nichts, glaube ich, Herr Bundesminister.

Denn eines muss man sagen: Wir haben jetzt die dritte Generation von Kindern, die sich von Junkfood ernähren. Wir haben eine Generation von Kindern, die sich nur zwi­schen Fernsehapparat und Computer hin- und herbewegen. Und genau da liegen, glaube ich, die großen Probleme. (Beifall bei der FPÖ.)

Damit komme ich zu den Mankos dieses Ernährungsplans. Es wird überhaupt nicht auf Bewegung oder auf körperliche Ertüchtigung eingegangen. Ich glaube, Herr Bundes­minister, es wäre schon notwendig, dass Sie, wenn Sie das wirklich ernst nehmen und ernst meinen, mit Ihrer Kollegin Schmied darüber sprechen, dass man zum Beispiel eine tägliche Sportstunde in den Schulen einführt. Auch das wäre ein Schritt in die rich­tige Richtung.

Außerdem sollte in den Schulen verpflichtend eine gesunde Jause angeboten wer­den. Es gibt nämlich nach wie vor Schulen, wo die Kinder eigentlich nur zwischen Scho­koladeriegel und Leberkässemmel wählen können. Das wächst natürlich mit. Das sind alles Dinge, wo ich sagen muss: Der Ernährungsplan ist zwar gut gemeint, wird aber in dieser Hinsicht nichts bewirken.

Dazu kommt noch Folgendes: Gesunde Lebensmittel, das ist eben so eine Sache, Herr Bundesminister. Ich weiß, dass Sie sich da immer wieder bemüht haben, aber wir ha­ben nach wie vor ganz hohe Pestizidwerte im Gemüse, wir haben keine Grenzwerte für Acrylamid. All diese Dinge gehören in so einen Aktionsplan beziehungsweise gehören sie parallel dazu auch betrachtet und geregelt. Und da geschieht eigentlich überhaupt nichts!


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll60. Sitzung / Seite 216

Ein wichtiger Punkt ist die Tatsache, dass bei uns in Österreich sehr viele Lebensmittel angeboten werden, von denen wir nicht wissen, wo sie herkommen und ob sie gesund sind oder nicht.

Ein Beispiel dafür ist für mich die Tiroler Firma Handl Tyrol. Sie bekommt jetzt das AMA-Gütezeichen für den Verkauf. Und dann steht da drinnen: „Durch die Auszeich­nung des Specks mit dem AMA-Gütesiegel steigt der Anteil an österreichischem Fleisch auf bis zu 37 Prozent.“ – Das heißt ja im Umkehrschluss, dass 63 Prozent nicht aus Österreich stammen!

Herr Bundesminister, auch da sollten Sie einmal ansetzen, nämlich sicherstellen, dass die Leute überhaupt wissen, was sie kaufen. Denn die Leute kaufen diesen Speck im guten Glauben, dass diese Schweinderl in Österreich gesund aufgewachsen sind – und bekommen stattdessen vielleicht Fleisch von Dioxin-Schweinen aus Irland!

Auch all diese Punkte gehören in so einen Aktionsplan! Schöne Tabellen genügen da nicht! (Beifall bei der FPÖ.)

Nichtsdestotrotz werden wir diesem Aktionsplan natürlich unsere Zustimmung geben, wiewohl ich sagen möchte: Da gehört noch sehr, sehr viel gemacht, um die Menschen wirklich zu gesunder Ernährung zu führen, nämlich ihnen die Möglichkeit, die Chance zu geben, gesunde Nahrung zu erwerben, und auch die Sicherheit zu geben.

Aber gleichzeitig und parallel dazu sollte es schon einen Aktionsplan für den Sport be­ziehungsweise für die Körperbewegung geben. Dieser muss bei den Kleinsten begin­nen. Eigentlich ist es in den Schulen schon zu spät, das muss schon in den Kindergär­ten beginnen. (Beifall bei der FPÖ.)

18.55


Präsident Fritz Neugebauer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Dr. Grünewald. – Bitte.

 


18.55.21

Abgeordneter Dr. Kurt Grünewald (Grüne): Sehr geehrter Herr Präsident! Geschätz­ter Herr Bundesminister! Ihr Aktionsplan ist extrem ambitioniert, so ambitioniert, wie in etwa in vielen Bereichen die Gesundheitsreform vor Jahren war. Nur wenn man schaut, was von der Gesundheitsreform umgesetzt wurde, dann, muss ich sagen, wün­sche ich dem Ernährungsplan ein besseres Schicksal.

Sie dürfen also nicht rasch zurücktreten. Ich glaube, Sie müssen durchdienen, um Tei­le dieses Plans überhaupt umsetzen zu können.

Man sollte bescheiden sein. Wenn man immer sozusagen verliert, Pläne nicht verwirk­licht, macht man zum Schluss keine mehr – das wünsche ich mir auch nicht. Daher sa­ge ich: Es gibt Dinge, die man schon lange hätte tun können.

Ich habe vor zirka zwei Monaten eine mir sehr nahe stehende Person nach einer schwierigen Operation an einer Universitätsklinik besucht und habe mir gedacht: Ver­flixt, jetzt ist noch ein Schlaganfall dazugekommen. Er konnte nicht mehr sprechen.

Was war dann? – Die Zunge klebte am Gaumen. Neben ihm am Nachtkästchen stand ein Literkrug Wasser, der morgens gleich gefüllt war wie am Abend. Man hat nicht ge­merkt, dass er alleine nicht trinken kann! Dann kommt das Essen, es kommt jemand herein und sagt: Haben Sie schon genug? Da war nicht einmal das Besteck benutzt, und das Essen wurde hinausgetragen! Das sind Dinge, die man sich anschauen muss!

Wo ich weitere Zweifel habe: Es ist ja evident, dass Bildung einen massiven Einfluss auf Gesundheit und Ernährungsverhalten hat. Jetzt wird im Bildungssektor gespart. Sie


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll60. Sitzung / Seite 217

müssen jetzt aber aufklären. Das steht ja ganz gut drinnen, Aufklärung überall: Kinder­garten, Schule, Eltern, Stillpropaganda. Wir brauchen Notizen und Warnungen vor Mut­termilchersatzprodukten, die suggerieren: Je schneller das Baby ein Kilo zugenommen hat, desto besser ist es für das Kind – was natürlich völliger Unsinn ist, wo man ganze Stufen im Ernährungsplan überspringt, um mit der Konkurrenz der Nachbarkinder und anderer Säuglinge mithalten zu können.

Das alles kostet Geld. Ich wünsche Ihnen das Geld, aber dann brauchen wir auch noch einen Vizekanzler hier am Podium, der diesen Ernährungsplan ebenfalls unterstützt. Sonst passiert Folgendes: Sie appellieren, Gesundheit muss erschwinglich werden. Die Leute sind verantwortlich, wenn sie krank sind, weil sie so viel Kalorien zu sich ge­nommen haben; weil sie sich schlecht bewegt haben, sind sie selber schuld. Damit be­gründe ich dann Selbstbehalte: Sie sollen sich das selber finanzieren – und der Staat lehnt sich zurück und spart.

Aber die Ausgaben für gesunde Ernährung müssen getätigt werden! Es gibt jetzt schon Boutiquen für Essen, Boutiquen für Öle. Dann sagen Sie doch einer armen alleinerzie­henden Mutter: Kaufen Sie sich eben die teuren mehrfach ungesättigten Fettsäuren, das bringt Ihnen etwas. – Das wird schwierig werden!

Wo Sie viel tun können – es steht auch drinnen –: Deklarierung von Lebensmitteln. Aber schauen Sie sich das an, das schaffen ja nicht einmal AkademikerInnen, wenn ich mir da anschaue, auf welcher versteckten Seite das Kleingedruckte unter fünfmal Falten zu lesen ist. Und da stehen irgendwelche Abkürzungen, teilweise nur Nummern, unter de­nen sich kein Mensch etwas vorstellen kann. Da müssen Sie eben Pickerl in, sagen wir, Grün, Weiß, Orange und Schwarz machen und sagen: Grün ist gesund, das ande­re wird man noch aushalten, beim anderen wäre zumindest nicht anzuraten, es täglich zu nehmen.

Tun Sie etwas gegen irreführende Werbung! Wo wird denn jetzt geworben? Also ich höre nur mehr Darmgeräusche im Fernsehen: mein „Wohlfühlbauch“, keine Winde pla­gen mich mehr. Dann werden jetzt gelegentlich noch wüsteste Darmeinläufe empfoh­len, wo es zu wilden Elektrolytverlusten kommt. Viele wissen ja nicht mehr, wo Medizin aufhört und Analerotik anfängt! Es ist ein Wahnsinn, was da teilweise passiert!

Wenn man sich die Werbung von Activia oder Actimel oder wie die alle heißen an­schaut, dann sieht man schwer neurotische Männer, die sich vor Katzenhaaren, Bakte­rien und Staub fürchten, und dann sagt die Mutti halt: Trink das und du wirst nicht krank! Also das kostet verdammt viel Geld, und da könnte man schon etwas tun. Man könnte einmal die Reklame durchforsten oder vielleicht auch besteuern, wenn da Din­ge versprochen werden, die ein absoluter Unsinn sind. Ich würde empfehlen, das auch niederschwellig zu machen. Man muss dann in die Schulen, in die Betriebe gehen und Anreize schaffen. Mit Strafen und so weiter ist nicht viel gewonnen.

Noch etwas: Es gibt Gesundheitsberufe, da haben Menschen Ernährungswissenschaft studiert. Die bekommen gar keinen Job. Da müsste man etwas tun. In öffentlichen Kü­chen, in Mensen von Bundesheer, Spitälern, Schulen müssten diplomierte Pflegewis­senschaftlerInnen oder AssistentInnen, wie es früher geheißen hat, oder Ernährungs­wissenschaftler verpflichtend beschäftigt werden. Pro von mir aus 1 000 Krankenbetten muss jemand da sein, der die Küche auch berät.

Fangen Sie vielleicht klein an. Geben Sie nicht auf und suchen Sie sich Verbündete! Wir helfen gern, aber ich möchte auch etwas erleben von Plänen, und das wird ein breiter Weg. – Danke. (Beifall bei den Grünen.)

19.01


Präsident Fritz Neugebauer: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Haubner. – Bitte.

 



Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll60. Sitzung / Seite 218

19.01.14

Abgeordnete Ursula Haubner (BZÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Bundesmi­nister! Werte Kolleginnen und Kollegen! Es ist von meinen Vorrednern schon sehr viel gesagt worden, und ich kann für das BZÖ sagen, auch wir werden diesem Nationalen Aktionsplan für Ernährung zustimmen, wobei ich hier die Meinung vieler Vorredner tei­le, dass in diesem Ernährungsplan sehr viele Maßnahmen vorgeschlagen werden, sehr gut gemeinte Ratschläge vorgegeben werden, aber ich befürchte, wie bei vielen ande­ren nationalen Aktionsplänen, dass das Makulatur bleibt und dass in der Umsetzung dann die Tücken liegen.

Dabei wäre gerade Ernährung ein so wichtiger Teil der Gesundheitsvorsorge, und wir vom BZÖ verstärken ja immer unsere Bemühungen, dass mehr in die Prävention, mehr in die Gesundheitsförderung, mehr in die Erhaltung der Gesundheit investiert wird, denn das ist das Leitprinzip auch einer zukunftsfähigen Gesundheitspolitik. (Beifall beim BZÖ.)

Da gehört eben die Ernährung dazu. Man muss falschen Ernährungsgewohnheiten ge­gensteuern, dem Übergewicht gegensteuern und auch dem übermäßigen Raubbau an der Gesundheit durch Alkohol, durch Drogen, durch Medikamente gegensteuern. Also hier gibt es sehr, sehr viel zu tun, und gerade die Kinder und die Jugendlichen sind mir hier ein besonderes Anliegen, vor allem jene, die von ihrer Familie her wenig Ressour­cen bekommen, die ein soziales Umfeld haben, das sie negativ prägt, wodurch es auch zu Defiziten kommt – in der körperlichen, aber auch in der seelischen Gesundheit und Grundversorgung. (Präsident Dr. Graf übernimmt den Vorsitz.)

Gerade seitens des BZÖ haben wir schon in der Vergangenheit einige Anträge einge­bracht. Heute ist angesprochen worden, in der Schule muss man beginnen, im Kinder­garten. Wir vom BZÖ haben ein Schulgesundheitsprogramm eingebracht unter dem Motto „Gesund leben“, das vorsieht, dass gerade auch Schulärzte noch mehr in diese Vorsorge eingebunden werden. Wir haben auch einen Antrag bezüglich kostenfreier Therapien für Kinder und Jugendliche – auch ein wichtiges Anliegen – eingebracht. Das sind Anträge, die seit Wochen im Ausschuss liegen, und ich bin wirklich gespannt, ob vielleicht dieser Nationale Ernährungsplan jetzt ein Anreiz ist, dass man diese Anre­gungen aus den Anträgen hernimmt und sie auch mit einbaut.

Ich sage, der Nationale Aktionsplan für Ernährung ist gut gemeint, aber er greift ein­deutig zu kurz, weil gerade die Bewegung nur mit ein, zwei Sätzen erwähnt ist. Ich denke, Bewegung und Ernährungsverhalten sind so untrennbar miteinander verbun­den, und einer der Experten im letzten Ausschuss hat es ja auf den Punkt gebracht. Der hat gesagt: 30 Prozent weniger essen und 70 Prozent mehr bewegen. Das ist zwar sehr plakativ, aber sagt letztendlich sehr viel aus. (Abg. Dr. Pirklhuber: Das sollte auch für uns hier gelten!) – Genau, Herr Kollege Pirklhuber, für uns sicher auch.

Daher vermisse ich auch, dass Programme, die sich in den letzten Jahren gut bewährt haben, wie etwa das Programm „Fit für Österreich“ vom damaligen Staatssekretär Karl Schweitzer, nicht mehr eingebunden werden in diesen Nationalen Aktionsplan. Es war dies ein Programm, das in Kooperation mit den Sportvereinen, aber auch mit Ärzten sehr gut umgesetzt wurde.

Wir brauchen, um die Menschen in Zukunft gesund zu erhalten, Wissen über die richti­ge Ernährung, aber auch begleitende Maßnahmen. Wir brauchen mehr Bewegung – die Alltagsbewegung ist es auch, die jedem Einzelnen von uns fehlt –, wir brauchen aber auch Anreize dafür, dass ich Eigenverantwortung für meine Gesundheit, für mei­nen gesunden Körper übernehme. Die Konsumentinnen und Konsumenten müssen ein Wissen haben, müssen mündig sein, damit sie auch dementsprechend informiert ein­kaufen können.

Daher ist von Ihrer Seite, Herr Bundesminister, gezieltes Handeln absolut notwendig, denn wir wissen, gezieltes Handeln in der Gesundheitsvorsorge hat auch ökonomische


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll60. Sitzung / Seite 219

Folgewirkungen und ist ökonomisch sehr positiv. Ein Euro für die Vorsorge investiert spart drei Euro im Bereich der Reparaturmedizin. (Beifall beim BZÖ.)

Es sind also viele gute Ansätze, die in diesem Ernährungsplan drinnen sind, die dem gerecht werden würden, es gibt schon viele gute Projekte, die man, glaube ich, einfach auch mehr vernetzen muss, und – das ist schon angesprochen worden – Sie brauchen natürlich auch Geld dafür, Sie müssen etwas investieren, und das ist für mich jetzt das Problem. Wenn ich sehe, wo die Ministerien einsparen müssen – es ist nicht nur das Gesundheitsministerium, das Bildungsministerium, das Familienministerium –, dann beschleichen mich schon gewisse Bedenken, sodass ich mir sage: Gut gemeint, ein Appell an die Bevölkerung, aber es wird sich nichts ändern, weil man nichts investiert, weil man keine finanziellen Mittel zur Verfügung hat.

Ich hoffe aber, dass es trotzdem noch eine Möglichkeit gibt, dass es nicht nur dabei bleibt, dass schon wieder eine große Ernährungskommission eingerichtet wird, so wie es in diesem Plan vorgesehen ist. Von dieser Ernährungskommission wissen wir schon genau, wer da wieder aller drinnen sitzt, nicht aber, was dann letztendlich die Maßnah­men sind. Die bleiben hier etwas nebulos.

Ich bringe daher gerade auch im Zusammenhang mit der Bewegung einen Entschlie­ßungsantrag ein, und ich hoffe – dieser Nationale Aktionsplan bezeichnet sich ja noch als Konsultationsentwurf –, dass unser Antrag auch noch Eingang findet.

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Haubner, Dr. Spadiut, Kollegin und Kollegen betreffend „Mehr Be­wegung“ im Nationalen Aktionsplan für Ernährung

Die unterfertigten Abgeordneten stellen nachstehenden

Entschließungsantrag

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die zuständigen Bundesminister, insbesondere der Bundesminister für Gesundheit, werden ersucht,

den ,Nationalen Aktionsplan Ernährung‘ für eine nachhaltige Änderung des Lebensstils um den Bereich ,Sport und Bewegung‘ zu erweitern,

zur Nachhaltigkeit dieser Aktion diese mit einem Zeitplan von mindestens fünf oder mehr Jahren zu versehen,

monatlich Themenschwerpunkte wie zum Beispiel Wandern, Laufen, Gymnastik, Wir­belsäulentraining usw. zu setzen,

eine jährliche Evaluierung der Themenschwerpunkte der Aktion durchzuführen, sowie

alle Altersgruppen, im Sinne der Nachhaltigkeit im Besonderen das Kindergartenalter und Volksschulalter, gezielt über gesunde Ernährung, Sport und Bewegung als fixen Be­standteil des Lebens anzusprechen.“

*****

Danke schön. (Beifall beim BZÖ.)

19.08



Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll60. Sitzung / Seite 220

Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Der soeben eingebrachte Entschließungsantrag ist ausreichend unterstützt und steht mit in Verhandlung.

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Haubner, Dr. Spadiut, Kollegin und Kollegen betreffend „Mehr Be­wegung“ im Nationalen Aktionsplan für Ernährung

eingebracht im Zuge der Debatte über den Bericht des Gesundheitsausschusses (665 d.B.) über den Antrag 865/AE der Abgeordneten Mag. Johann Maier, Dr. Erwin Rasinger, Kolleginnen und Kollegen betreffend Nationaler Aktionsplan Ernährung – NAP.E

Bei der Diskussion im Ausschuss zur ersten Präsentation des „Nationalen Aktionspla­nes für Ernährung“ (NAP.E) wurden die anwesenden Abgeordneten aller Fraktionen vom Bundesminister für Gesundheit aufgerufen, aktiv daran mitzuarbeiten uns sich ein­zubringen. Konsens konnte im Zuge der gemeinsamen Beratung mit den anwesenden Fachexperten darüber erzielt werden, dass Ernährung und Bewegung im absoluten Zu­sammenhang stehen und auch gemeinsam thematisiert werden müssen. Die beiden Faktoren „weniger essen“ und „mehr Bewegung“ sind untrennbar miteinander verbun­den. Für eine nachhaltige Änderung des Lebensstils braucht es beides.

Anknüpfungspunkt ist dazu unter anderem eine der Kernaussage im Ernährungsbe­richt, dass der Trend zum Übergewicht in allen Altersgruppen und besonders mit zu­nehmendem Alter voranschreitet. Erst ab dem 65. Lebensjahr ist eine Trendumkehr er­kennbar, da übergewichtige Menschen viel früher, häufiger und schwerer erkranken und früher sterben als normalgewichtige – und dadurch körperlich aktivere – Menschen.

Gesunde Ernährung bzw. ein nachhaltiger gesunder Lebensstil sind daher insgesamt die wichtigste Voraussetzung für eine bessere Lebensqualität in allen Lebensabschni­tten, insbesondere im Alter.

Aus diesem Grund stellen die unterfertigten Abgeordneten nachstehenden

Entschließungsantrag

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die zuständigen Bundesminister, insbesondere der Bundesminister für Gesundheit, werden ersucht,

den „Nationalen Aktionsplan Ernährung“ für eine nachhaltige Änderung des Lebensstils um den Bereich „Sport und Bewegung“ zu erweitern,

zur Nachhaltigkeit dieser Aktion diese mit einem Zeitplan von mindestens fünf oder mehr Jahren zu versehen,

monatlich Themenschwerpunkte wie zum Beispiel Wandern, Laufen, Gymnastik, Wir­belsäulentraining usw. zu setzen,

eine jährliche Evaluierung der Themenschwerpunkte der Aktion durchzuführen, sowie

alle Altersgruppen, im Sinne der Nachhaltigkeit im Besonderen das Kindergartenalter und Volksschulalter, gezielt über gesunde Ernährung, Sport und Bewegung als fixen Bestandteil des Lebens anzusprechen.“

*****

 



Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll60. Sitzung / Seite 221

Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Ing. Kaipel. 3 Mi­nuten Redezeit. – Bitte.

 


19.08.43

Abgeordneter Ing. Erwin Kaipel (SPÖ): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine Damen und Herren! Ernährung und Bewegung bestimmen ganz wesentlich Dauer und Qualität unseres Lebens und definieren uns auch als Kostenfaktor für den Staat. Daher ist es wichtig, dass wir mit Ernährung, Bewegung sehr bewusst umgehen. Verschie­dene Länder in Europa haben bereits zur Korrektur diesbezüglich angesetzt. Auch der Österreichische Ernährungsbericht zeigt Handlungsbedarf in Österreich, und daher hat auch unser Herr Gesundheitsminister Stöger mit dem Nationalen Aktionsplan Ernäh­rung auf die österreichische Situation reagiert. Er will damit der österreichischen Bevöl­kerung das Problem bewusst machen.

Verbessern heißt aber zweifellos Änderung, Änderung des Lebensstils. Dies darf aber nicht am Einzelnen hängenbleiben, sondern wir brauchen dafür eine starke, breite un­terstützende Lobby. Wichtig wird sein, dass alle Teilbereiche, vom Kindergarten bis hin zum Pflegeheim, Teil des Bewusstseinsbildungsprozesses sind und dass vor allem al­le, die Lebensmittel herstellen, vom Bauern bis zur Lebensmittelindustrie, die Ware auch so anbieten, dass der Konsument weiß, was er kauft. Stichwort: Kennzeichnung.

Gesunde Ernährung heißt mehr Nutzen für die Volkswirtschaft, heißt vor allem auch mehr Wohlbefinden für den Einzelnen. Dass Bewusstseinsbildung auch Erfolg bringt, zeigt das Beispiel in meinem Bundesland, wo seit dem Jahr 2000 unter dem Titel „Ge­sundes Dorf“ die Gemeinden aktiv sind. Zwei Drittel aller Gemeinden beteiligen sich an diesem Projekt, und seit dem Vorjahr gibt es auch eine eigene Stelle, einen eigenen Verein, der die Arbeiten koordiniert, der Verein für prophylaktische Gesundheitsarbeit.

13 Themen stehen zur Auswahl, die die Gemeinden jeweils nach eigenen Bedürfnis­sen in Arbeitsgruppen festlegen. Das reicht von Ernährung über Bewegung bis hin zur medizinischen Vorsorge. Das Projekt zeigt, dass gemeinsames Bewegen, auch ge­meinsames Abnehmen und dergleichen mehr zum einen Spaß macht, aber zum ande­ren auch Erfolg bringt. Die Tatsache, dass die burgenländische Bevölkerung um 50 Pro­zent mehr an der Vorsorgeuntersuchung teilnimmt als der Durchschnitt Österreichs, ist, denke ich, ein Beweis für den Erfolg dieses Projekts.

Bewegung ist vorhin einige Male angesprochen worden. Ich darf nur darauf hinweisen, dass die beiden Ministerien für Sport und Unterricht bereits ein Fünf-Punkte-Programm für mehr Sport und Bewegung in Schule und Kindergarten vorgestellt haben, und das auch in Kooperation mit den Sportvereinen.

Schlechte Ernährung und keine oder mangelnde Bewegung sind der Steckbrief für den Herzinfarkt, den natürlich keiner von uns haben möchte. Ganz im Gegenteil: Alle wol­len gesund bleiben, und alle wollen möglichst lange leben. Der Nationale Aktionsplan Ernährung wird eine Anleitung dazu sein. Leben wird ihn natürlich jeder selber müssen. (Beifall bei der SPÖ.)

19.12


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Als nächster Redner zu Wort gelangt Herr Abgeord­neter Wöginger. 3 Minuten Redezeit. – Bitte.

 


19.12.31

Abgeordneter August Wöginger (ÖVP): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Als „Epidemie des 21. Jahrhunderts“ bezeichnet die WHO das Übergewicht und seine Folgeerscheinungen. Die Ursachen sind fast überall eine falsche Ernährung und zu wenig Bewegung. Die Bevölkerung ernährt sich zu fett, zu salzig und zu süß. Vor allem auch bei Kindern nimmt leider Gottes die Fettleibigkeit immer stärker zu.


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll60. Sitzung / Seite 222

Deshalb bedarf es meiner Meinung nach erstens einer Bewusstseinsbildung über die Folgen wie Herz-Kreislauf-Erkrankungen, Krebs oder Diabetes und darüber, dass Über­gewicht auf Dauer krank macht.

Neben der Aufklärungsarbeit bedarf es aber zweitens der Prävention. Es wurde schon viel darüber gesprochen, und genau in diese Richtung geht auch der Nationale Ak­tionsplan Ernährung. Eine gesunde, abwechslungsreiche Ernährung und im Zusam­menhang damit Bewegung sind die Antwort auf die vorhin genannten Erkrankungen.

Der Nationale Ernährungsplan beschäftigt sich mit Maßnahmen zur Gesundheitsför­derung und Prävention vor ernährungsabhängigen Krankheiten.

Ein paar Gedanken und Anregungen von meiner Seite zum Ernährungsplan. Das Wichtigste ist sicherlich einmal die Gewährleistung einer sicheren und gesunden Nah­rungsmittelproduktion, sind hochqualitative, gesunde Lebensmittel, die unsere Land­wirtschaft dankenswerterweise tagtäglich zur Verfügung stellt.

Dann geht es um die Umsetzung dieser Maßnahmen, zum Beispiel die gesunde Schul­jause (Abg. Dr. Pirklhuber: Ganz wichtig!), die angesprochen wurde. Es gibt auch hier bereits Programme vom Lebensministerium. Schulmilch-, Schulobstprogramme und zuckerarme Getränke sollten unbedingt in unseren Schulen angeboten werden. Das funktioniert zum Teil schon ganz gut in vielen Projekten.

Es gehört aber auch die Bewegung dazu. Und da, glaube ich, sollte man auch die Lehrpläne überdenken und hier zusätzliche Turnstunden anbieten. Wir sehen das ge­rade auch bei den Kindern, dass sie sich zu wenig bewegen, dass zu wenig Sport ge­macht wird. Deshalb wäre es, glaube ich, ganz wichtig, hier auch die Maßnahmen vor allem im Bereich von Schülern und Jugendlichen in den Schulen zu überdenken und neu auszurichten.

Ich möchte aber abschließend noch einen Punkt erwähnen, der mir auch als Betriebs­rat besonders am Herzen liegt, das ist die betriebliche Gesundheitsförderung. Die soll­te man hier auch mitdiskutieren.

Wir haben da draußen Trinkwasserbehälter. Ich meine, es gibt ja wenigstens ein paar positive Maßnahmen auch hier im Hohen Haus. Das Aufstellen von Trinkwasserbehäl­tern sollte man auch in den Betrieben umsetzen; mit dieser Thematik sollten wir uns in­tensiver auseinandersetzen. Zum Beispiel könnte man auch einmal Wasserkrüge als Geschenk hergeben, damit man anregt, genügend Flüssigkeit zu sich zu nehmen. Obstkörbe, gesundes Essen in den Kantinen sind ein Thema. Die Mitarbeiter gehen fast tagtäglich in die Kantinen, weil es dort kostengünstig ist, dort sollte auch eine ge­sunde Ernährung angeboten werden.

Bewegungs- und Fitnessprogramme sollten für die Mitarbeiter in den Betrieben ge­schaffen werden, und eine gute Ausstattung mit Büromöbeln ist heute auch ein Gebot der Stunde und muss eigentlich auch eingefordert werden.

Und da bin ich beim Thema. Meine sehr geehrten Damen und Herren, wir sollten uns schon wieder einmal Gedanken machen über die Ausstattung, die wir hier im Hohen Haus haben. Wenn wir jetzt zehn Stunden oder über zehn Stunden bereits auf diesen Sesseln sitzen – und einige Stunden wird es noch dauern –, ist es eigentlich schon eine Zumutung. (Beifall bei Abgeordneten der FPÖ.) Jeder Arbeitsinspektor würde die­sen Raum schließen, meine Damen und Herren. Jeder, der irgendwo einmal mit einem Arbeitsinspektor unterwegs war in einem Betrieb, weiß, dieser würde es nicht zulassen, dass auf solchen Plätzen gearbeitet werden muss.

Abschließend: Dieser Nationale Aktionsplan Ernährung, meine Damen und Herren, ist eine richtige und wichtige Maßnahme: Und nach dem Motto „so lange wie möglich ge­sund leben“ sollte dieser Aktionsplan auch weiterentwickelt werden. (Beifall bei der ÖVP.)

19.16



Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll60. Sitzung / Seite 223

Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Zu einer Stellungnahme hat sich Herr Bundesminis­ter Stöger zu Wort gemeldet. – Bitte.

 


19.16.25

Bundesminister für Gesundheit Alois Stöger, diplômé: Herr Präsident! Hohes Haus! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich habe zu Beginn meiner Tätigkeit als Ge­sundheitsminister gesagt, dass mir das Thema Ernährung ganz besonders wichtig ist, und zwar erstens deshalb, weil man mit kleinen Maßnahmen, die kostengünstig sind, auch viele gesundheitspolitische Maßnahmen setzen kann.

Ich habe in meiner Tätigkeit schon einige Maßnahmen gesetzt. Ich erinnere an die Re­duzierung der Transfettsäuren oder daran, dass ich die Position Österreichs in der EU im Umgang mit der Lebensmittelkennzeichnung geändert habe. Es geht mir um eine ver­pflichtende Nährwertkennzeichnung bei allen Lebensmitteln.

Es geht darum, auch die Datenbasis zu Lebensmitteln zu verbessern. Ich erinnere da­ran, dass wir den Österreichischen Ernährungsbericht, den noch meine Vorgängerin be­auftragt hat, herausgegeben haben. Es geht auch darum, dass wir einen neuen Ernäh­rungsbericht für 2012 in Auftrag gegeben haben.

Es geht darum, dass man das richtige Essen von Anfang an lernt, bei Kleinkindern schon tätig ist. Es geht darum, sich damit auseinanderzusetzen, wie Werbung bei Kin­dern wirkt. Wir haben auch hier einen Auftrag erteilt, um darüber nachzudenken, ob Wer­beeinschränkungen wichtig sind.

Es geht auch um Unterstützung von anderen Ministerien. Es geht darum, dass wir ge­rade, was die Ernährungsaufklärung und Ernährungsbildung betrifft, aktiv sind. Wir wol­len die Gastronomie einbinden – es ist schon der Bereich der Gemeinschaftsver­pflegung angesprochen worden –, und wir haben die Ernährungspyramide vorgestellt. Diese Ernährungspyramide soll sicherstellen, dass wir einfache Signale haben, was wir essen können, was gut ist. Das soll einfach dargestellt werden, damit auch klar wird, wie wir die Ernährung verbessern und umstellen können.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, ich brauche Sie! Sie sind Menschen, die Vertrauen in der Bevölkerung haben. Denken Sie selber nach, wo Sie Ihre Ernährung verbessern können! Und ich bin zutiefst davon überzeugt, auch in diesem Haus kann man etwas tun. Ich brauche Ihre Mitarbeit in den Organisationen, in denen Sie tätig sind. Wie funktioniert denn die richtige Ernährung? Halten Sie das auch selber immer ein? Und da wissen Sie, wie schwierig das ist.

Ich bin mir auch bewusst, der Nationale Aktionsplan Ernährung ist eine große Aufgabe. Wir müssen uns dieser großen Aufgabe aber stellen.

Es ist kritisiert worden – und nicht zu Unrecht –, zur Ernährung gehört auch Bewegung. Das weiß ich und das will ich auch umsetzen. Ich erinnere daran, morgen gibt es eine große Tagung des Fonds Gesundes Österreich zum Thema Bewegung. Wir wollen die Bewegung mit einbeziehen. Das ist aber so zentral und so wichtig, und damit wir auch die Sportvereinigungen ansprechen und dieses Thema gut aufarbeiten, werden wir pa­rallel zum Aktionsplan Ernährung auch mit Aktionen im Bereich der Bewegung tätig sein.

Beides ist wichtig, und es geht darum, Verhalten zu verändern. Es geht aber ganz zen­tral auch darum, die Verhältnisse zu verändern. Welche Bedingungen finden Kinder vor, um in ihrer Schule zur richtigen Ernährung zu kommen? Welche Informationen fin­den Mütter vor, um ihre Kinder richtig zu ernähren? Es wäre auch gut, wenn die Väter davon eine Ahnung hätten. Ich denke, dass es heute notwendig ist, dass man auch die entsprechenden Informationen bekommt, denn jeder muss sich selber versorgen, sel­ber verpflegen.


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll60. Sitzung / Seite 224

Ich lade Sie ein: Helfen Sie mit, dort, wo Sie tätig sind! Der Aktionsplan Ernährung ist ja mit Fachleuten diskutiert worden, wir haben die Diskussion im Ausschuss geführt. Er ist auch jetzt noch im Stadium der Konsultation. Sie können noch Beiträge einbringen! Es geht letztendlich darum, kostengünstige Maßnahmen zu setzen, damit wir gesünder bleiben, damit wir unsere Gesundheit erhalten. Wir müssen den Weg gehen, dass die gesündere Ernährung in allen Lebensbereichen die leichtere Wahl ist. Ich ersuche um Ihre Mitwirkung! (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der ÖVP.)

19.21


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Als nächster Redner gelangt Herr Abgeordneter Dr. Karlsböck zu Wort. 3 Minuten Redezeit. – Bitte.

 


19.21.57

Abgeordneter Dr. Andreas Karlsböck (FPÖ): Herr Präsident! Herr Minister! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Es ist positiv, dass eine wissenschaftlich fundierte, behördlich unterstützte Richtlinie für gesunde Ernährung endlich Realität wird.

Allerdings – und das ist unser Privileg als Opposition, wir haben natürlich ein Haar in der Suppe gefunden – muss ich kritisieren, und Sie haben es zum Glück schon abge­schwächt, dass der Faktor Sport so gering in diesem Nationalen Aktionsplan berück­sichtigt worden ist, denn gesunde Ernährung ohne Sport ist Unsinn, genauso wie Sport und falsche Ernährung albern sind und sich das Ergebnis für den Körper neutralisiert. Bewegung und Ernährung sind ein duales Prinzip.

Auch die Art und Weise – auch wenn Sie uns eingeladen haben und wir bis zum Mo­natsende mehr oder weniger noch etwas einbringen können – der Erstellung gefällt uns nicht wirklich. Herr Minister, Sie haben diesen Plan von hochkarätigen Experten er­stellen lassen, keine Frage. Dieser Plan wurde, glaube ich, im Jänner vorgestellt, als Rohbericht. Der Rohbericht, so scheint es mir, ist aber in weiten Kreisen bereits die end­gültige Fassung.

Wir bekommen diesen Plan dann im Parlament, im Ausschuss, ein paar Monate später vorgestellt. Experten werden eingeladen, wo ich mich jetzt im Nachhinein frage, welche Funktion diese Experten dort gehabt haben, weil, wie gesagt, das Ganze ja mehr oder weniger sowieso großteils schon finalisiert ist, und wir erfahren dann, dass möglicher­weise, wenn wir doch noch etwas finden sollten, das in irgendeiner Form eingearbeitet werden würde.

Ich frage mich dabei halt nur: Die Broschüren, die wir heute auch alle bekommen ha­ben, die sind ja alle fertig. Also, was sollen wir da noch großartig einarbeiten können? Es wäre eine enorme Geldverschwendung, diese Fakten dazu zu liefern. (Zwischenruf des Abg. Mag. Gaßner.)

Kurz: Stören tut mich persönlich auch – und anhand dieses Beispieles möchte ich das sagen –, dass das Rad immer neu erfunden werden muss. Ich glaube, wir sollten uns in Zukunft, bevor wir aktionistisch zur Tat schreiten, fragen, ob es irgendwo auf der Welt oder zumindest im benachbarten Europa schon Vorlagen und Beispiele gibt für die Ak­tion, die wir hier bewerten wollen.

Im konkreten Fall gibt es das natürlich, und vor allem Deutschland ist da wirklich ein Beispiel. Deutschland hat ja einen funktionierenden, seit langem bestehenden Nationa­len Gesundheitsplan, wo als Teilergebnis oder Teilziel ein Nationaler Ernährungsplan de­finiert wird. Diesen Plan, der ist hervorragend, hätten wir eins zu eins übernehmen können. Wir hätten gar nicht viel tun müssen, wir könnten ihn einfach so nehmen, wie er ist, und der Bevölkerung zugutekommen lassen.

Das hätte natürlich auch den Vorteil, dass man sich von ministerieller Seite die nega­tive Nachrede des Rechnungshofes ersparen würde, der ja immer wieder die sinnlo-


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll60. Sitzung / Seite 225

sen, teuren, nicht nachvollziehbaren Beratungshonorare, die im Rahmen solcher Pro­jekte dann leider gestellt werden, kritisiert.

Eine Kritik muss ich jetzt noch zum Schluss anbringen: Es stellt sich auch die Frage, ob es Sinn macht, einerseits einen Plan – der in seiner Kernaussage natürlich begrü­ßenswert ist – über richtige Ernährung zu erstellen, wenn auf der anderen Seite zum Beispiel Landesschulbehörden, die auch nicht im politischen Vakuum stehen, autonom, vollkommen entgegen den Empfehlungen Verträge zum Beispiel mit Büffetbetreibern oder Cola-Automatenaufstellern schließen, wo es eigentlich dann nur um eine Profit­maximierung und nicht um gesunde Ernährung geht.

Wenn wir alle diese Dinge kritisch beleuchten und das eine oder andere vielleicht, als Anregung von unserer Seite, in irgendeiner Form noch einarbeiten könnten, wäre das positiv. Wir werden diesen Antrag unterstützen. (Beifall bei der FPÖ. Zwischenruf des Abg. Mag. Gaßner.)

19.26


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Als nächster Redner gelangt Herr Abgeordneter Dr. Pirklhuber zu Wort. 3 Minuten Redezeit. – Bitte.

 


19.26.04

Abgeordneter Dipl.-Ing. Dr. Wolfgang Pirklhuber (Grüne): Ja, Herr Bundesminister, die Zeit schreitet voran! Der Nationale Ernährungsplan ist noch im Entwurfsstadium. Wir sind da sicher nicht federführend in Europa, aber wir haben jetzt sozusagen den Stier bei den Hörnern gepackt, und aus grüner Sicht ist es keine Frage, dass richtige Ernährung ein zentrales Thema ist. Das ist ein Kulturthema und letztlich auch eine Fra­ge unserer Lebensführung und Lebensgestaltung. Richtige Ernährung ist die beste Me­dizin, das ist eine uralte Weisheit. Paracelsus hat das in ähnlichen Worten schon be­schrieben, und das ist ein Grundwissen, mit dem man sich eigentlich immer wieder und jederzeit neu beschäftigen muss.

Die Probleme sind schon angesprochen worden: 17 bis 18 Prozent der Schulkinder, bei den Mädchen sind es etwas weniger als bei den Buben, haben Schwierigkeiten mit Adipositas. Die Verbesserung in diesem Bereich ist ein dringendes Gebot, wenn wir in die Zukunft schauen; und Sie haben von den kostengünstigen Maßnahmen, die wir brau­chen, gesprochen, Herr Bundesminister. Ja, sind wir dabei!

Jetzt komme ich zu unserem Antrag und erinnere daran, dass der Kollege Grünewald, der Kollege Walser und ich im Jänner 2009 einen Antrag zum Aktionsplan gesunde Er­nährung und Bewegung ins Haus gebracht haben. Wir haben den am 18. November hier im Plenum gehabt, und die Regierungsfraktionen haben ihn abgelehnt, meine Da­men und Herren.

Ich finde es auch schade – die Frau Kollegin Haubner hat heute einen kleinen Impuls mit ihrem Antrag hereingebracht –, dass wir bei so einer wichtigen Frage keine ge­meinsame Entschließung aus dem Parlament für diesen Aktionsplan beigesteuert ha­ben. Das ist sehr schade. Wir haben diese Chance vorbeigehen lassen. Wir werden uns aber natürlich mit unserem Antrag noch einmal bei der Konsultation beteiligen, Herr Bundesminister. Ich möchte nur zwei, drei Maßnahmen herausgreifen, wo Sie se­hen werden, dass diese punktgenau dort angesiedelt sind, wo Sie auch heute Ihre Ar­gumentation aufgebaut haben.

Punkt 1 in diesem Antrag: Unsere Forderung war es, gesetzliche Regelungen für die Werbung mit Kinderlebensmitteln, also Werbeeinschränkungen beim Marketing für zu kalorienhaltige beziehungsweise nährstoffarme Lebensmittel vorzusehen.

Das sind die Herausforderungen! Das kostet keinen Cent, und es geht einfach darum, die Verantwortung ernst zu nehmen. Die Politik hat Verantwortung. Wir haben inzwi­schen wenig Geld, um zu steuern, aber wir können über richtige Gesetze steuern.


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll60. Sitzung / Seite 226

Ich nenne Ihnen eine zweite Möglichkeit: das Verbot – und der Kollege Karlsböck hat das zu Recht auch schon angesprochen – von bestimmten Produkten in den Schulkan­tinen oder im Schulbereich überhaupt. Dort eine Produktwerbung für wirklich höchst bedenkliche Produkte aus dem Lebensmittelbereich zuzulassen halte ich aus mehre­ren Gründen für fahrlässig. Wie sollen wir die PädagogInnen bei einer Bildung für bes­sere Ernährung unterstützen, wenn gleichzeitig Produkte beworben werden, die dem entgegenstehen, etwa bestimmte Getränke, die ganz einfach vom Zuckergehalt her höchst problematisch sind?!

Dann kommen wir auch noch zu einem wichtigen Thema, nämlich der Frage der ge­schlechterunterschiedlichen Ernährungsgewohnheiten. Männer und Frauen, Burschen und Mädchen haben – und das ist erwiesen, ich habe eine Studie da, die von ExpertIn­nen in österreichischen Schulen durchgeführt wurde – ganz unterschiedliche Ernäh­rungsgewohnheiten und Erfahrungen, und auch da müssen wir zielgenau auf diese Mög­lichkeiten eingehen.

Wir müssen die jungen Menschen mitnehmen, sollten nicht über sie bestimmen, nicht besser wissen, was für sie gut ist, sondern mit ihnen gemeinsam die Kultur des Es­sens – und das ist etwas ganz Wesentliches, etwas, was uns täglich bewegt – entwi­ckeln beziehungsweise weiterentwickeln.

Wir leben heute in einer anderen Arbeitswelt als vor 50 Jahren. Fett war damals ein wichtiger Energiemotor. Wer in den Wald geht und dort einen ganzen Tag arbeiten muss, der hat auch mit fetthaltigen Nahrungsmitteln überhaupt kein Problem, weil der ganz einfach diese Lebensmittel bestens verarbeitet. Auch in Berufen wie im Bauge­werbe zum Beispiel ist eine andere Ernährung ratsam als für Menschen, die im Büro tätig sind. Das wissen wir natürlich, und das ist zu berücksichtigen.

Daher sind wir auch für diesen Antrag und würden uns freuen, wenn Sie einige unserer ganz konkreten Maßnahmen – vor allem, was die biologische Ernährung und die Le­bensmittelangebote in Schulen betrifft – unterstützen könnten. Das ist eine Unterstüt­zung für bäuerliche Produkte in den Regionen, eine Unterstützung für die Jugendli­chen, dass sie mit geschmackvollen und hochwertigen Lebensmitteln zusammenkom­men, und das ist auch Kulturarbeit für unsere Landschaft, für unser wissensbasiertes modernes System. Darum bin ich sehr neugierig, welche Maßnahmen Sie dann um­setzen werden. Wir werden uns aktiv daran beteiligen. – Danke schön. (Beifall bei den Grünen.)

19.31


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Als nächster Redner zu Wort gelangt Herr Abgeord­neter Huber. 3 Minuten Redezeit. – Bitte.

 


19.31.30

Abgeordneter Gerhard Huber (BZÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Bundesmi­nister! Hohes Haus! Übergewicht ist heute in allen Altersgruppen und mit zunehmen­dem Alter im Vormarsch. Erst ab dem Alter von 65 Jahren ist eine Trendumkehr er­kennbar. Warum ist das so? Ich glaube, da ist die Diagnose ganz einfach: weil es einen übergewichtigen Neunzigjährigen nicht gibt. Er wird viel, viel früher krank.

Diese häufigen frühen und schweren Erkrankungen kosten auch ein Vermögen, und darum ist es äußerst wichtig, dass dieser Nationale Aktionsplan für Ernährung nicht nur eine Überschrift bleibt, sondern dass man wirklich versucht, das Ganze so gut wie möglich umzusetzen. Das ist ein gutes Angebot und bringt eine Win-Win-Situation für den Bürger und für die Gesundheitspolitik.

Für den Bürger bringt es ein höheres Alter, mehr Wohlbefinden, mehr Lebensqualität. Die Konsumkosten würden gleichzeitig zurückgehen, und vor allem würde er auch bei


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Alkohol und bei Nikotin einsparen. Für die Gesundheitspolitik würden die Medikamen­tenkosten enorm sinken, die Krankenstände würden sinken und der Umfang der Repa­raturmedizin würde mittelfristig stagnieren. Die Arbeitsfähigkeit würde sich verbessern und die Zahl der Frühpensionisten könnte verringert werden.

Als Verlierer sollte da die Pharmalobby übrig bleiben, die Geschäfte mit der gesamten Werbung macht, die mit Fast-Food-Ketten zusammenarbeitet und dieses minderwerti­ge Lebensmittelangebot anpreist.

In der Praxis ist es, wie die Kollegin Haubner schon gesagt hat, ohne Bewegung nicht möglich, und deswegen würde ich meinen, dass es wichtig ist, dass wir auch alle die­sen Antrag unterstützen. Wir können uns dazu auch ein praktisches Beispiel anschau­en: die Krankenhäuser, die Schulen, die Mensen, die Heime, die Kasernen. In meiner Heimat, in Lienz, beziehen das Krankenhaus, das Bezirksaltenheim und die Kaserne das Fleisch aus Villach und die Milch aus Salzburg – nur weil es billiger ist, nur weil dieser enorme Spardruck, der auch verständlich ist, darauf wirkt. Auch da braucht es ein Umdenken.

Aber wo wir alle mit guten Beispiel vorangehen sollten, zum Beispiel im Tiroler Land­tag, wird deutsche Milch ausgeschenkt – wahrscheinlich aus Kostengründen, weil die Abgeordneten ja lieber zu einer Studienreise nach Amerika fahren. Niemand weiß, was sie da studieren, wahrscheinlich die Trinkkultur. (Ruf bei der ÖVP: Louis Vuitton!)

Das sind einfach Fakten, und da ist es wichtig – wie wir ja heute von allen schon gehört haben, es gibt da ja eine große Einigkeit –, dass man beim Cholesterin, beim Zucker, beim Alkohol, bei der Esskultur allgemein ein entsprechendes Bewusstsein entwickelt, beim Kochen und beim Einkaufen auf Vollwertkost, auf heimische Produkte umsteigt; und vor allem, dass da die Politik mit gutem Beispiel vorangeht.

Dann braucht es noch einen Laufmonat, einen Gymnastikmonat, einen Wirbelsäulen­monat. Das muss im Kindergarten beginnen und entsprechend umgesetzt werden. Außerdem ist es, glaube ich, ganz wichtig, Herr Bundesminister, eine Kampagne zu starten: Fit statt Fett – gleich wie Alkohol am Steuer. Das würde sehr, sehr viel bringen. Wie gesagt: Wichtig ist, dass man alle Altersgruppen anspricht, vom Kleinkind bis zum Pensionisten, dass Sport und Bewegung ein fixer Bestandteil in unserem Leben wird, und dann wird sich das Ganze auch für die gesamte Bevölkerung positiv auswirken. (Beifall beim BZÖ.)

19.35


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Als Nächste zu Wort gelangt Frau Abgeordnete Mag. Becher. 3 Minuten Redezeit. – Bitte.

 


19.35.52

Abgeordnete Mag. Ruth Becher (SPÖ): Herr Präsident! Herr Minister! Meine sehr ge­ehrten Damen und Herren! Meine Fraktion begrüßt die breite Zustimmung zu dem heu­tigen Entschließungsantrag betreffend den Aktionsplan gesunde Ernährung.

Die Bemühungen um eine bestmögliche Gesundheitsvorsorge und -versorgung für alle Bürgerinnen und Bürger waren immer ein konstruktives Element der Sozialdemokratie, seit ihrer Gründung. Zu Beginn – eigentlich bis nach dem Zweiten Weltkrieg – stand der Bekämpfung der tödlichen Krankheiten im Vordergrund. Daneben hat die Sozialde­mokratie in ihren Programmen auch immer auf gesunde Ernährung in Verbindung mit Sport und Bewegung gesetzt.

Die Bemühungen sind bis heute dieselben geblieben, es haben sich nur die Rahmen­bedingungen geändert. Der Grund für die Ernährungsprogramme der Zwischenkriegs­zeit und der Nachkriegszeit war die Unterversorgung mit gesunden Lebensmitteln. Wir haben es heute mit dem Gegenteil zu tun, wir haben eine Überversorgung mit Lebens-


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mitteln bei breiten Bevölkerungskreisen. Gleich geblieben ist die Tatsache, dass viele Bürgerinnen und Bürger heute häufig noch auf gesunde Lebensmittel verzichten.

Daher sehen wir die Notwendigkeit, die entsprechenden Schwerpunkte breiter und ganz­heitlicher zu setzen, nämlich in den Bereichen Gesundheitspolitik, Schulsport und So­zialpolitik. Es ist grundsätzlich wichtig, als strategisches Steuerungspapier, dass dieser Nationale Aktionsplan Ernährung rasch vorliegt und neue Maßnahmen rasch imple­mentiert werden können. Entscheidend wird sein, dass dieser Nationale Aktionsplan Ernährung nicht nur die Ziele definiert, Handlungsfelder identifiziert, verschiedene Maßnahmen und Projekte integriert werden können, sondern auch der Blick auf die praktische Anwendung nicht verloren geht.

Einen wichtigen Baustein in der Ernährungs- und Gesundheitsprävention stellt natürlich die Schulpolitik dar – das ist schon erwähnt worden –, denn Gesundheitskompetenz ist auch sehr eng mit der Bildungsfrage verknüpft. Die Schulfruchtprogramme sind bereits erwähnt worden, die durchaus auch auf den Kindergarten ausgedehnt werden könnten, und die kommende Ganztagsschule sollte dazu genützt werden, dass auch den Schü­lerinnen und Schülern vermehrt Sport und Bewegungsprogramme angeboten werden.

Aber vor allem stellt auch der Sozialbereich einen wichtigen Bereich dar, weil sich Per­sonen mit niederen Einkommen im Verhältnis zu den anderen ungesünder ernähren. Ich möchte eigentlich nicht die Situation, wie sie sich in Amerika darstellt, erleben, dass diese Fat-Pride-Bewegung total in ist und in keinster Weise darauf hingewiesen wird, welche gesundheitlichen Risiken damit verbunden sind.

Daher möchte ich unserem Sozialminister auch noch sehr herzlich danken, der in sei­nen Programmen beim AMS auch gezielt Sport und Ernährungsmaßnahmen fördert, wie zum Beispiel in einem Pilotprojekt in unserem Bezirk, „Step 2 Job“, wo dieser Be­reich einen wichtigen Platz einnimmt.

Zusammenfassend möchte ich feststellen, dass wir bald einen beachtenswerten Ak­tionsplan Ernährung haben werden und dass wir uns auf einem sehr guten Weg befin­den. – Vielen Dank. (Beifall bei der SPÖ.)

19.39


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Als nächste Rednerin zu Wort gelangt Frau Abge­ordnete Mag. Aubauer. 3 Minuten Redezeit sind eingestellt. – Bitte.

 


19.39.48

Abgeordnete Mag. Gertrude Aubauer (ÖVP): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Werte Kolleginnen und Kollegen! Wo sehen Sie sich in zehn, 20, 30 Jahren: am Ten­nisplatz? Am Schreibtisch arbeitend? Oder im Pflegeheim?

Wie fit Sie künftig sind, das können Sie zum Teil selbst beeinflussen, nämlich durch Be­wegung und Ernährung. Die Ärzte Grünewald und Rasinger haben uns das heute ein­drucksvoll geschildert.

Wie können wir Krankheiten vorbeugen? – Diese Frage stellt sich nicht nur für uns per­sönlich. Ich halte sie für eine ganz zentrale Frage. Politisch, meine ich, stehen wir an einem Scheideweg. Gelingt es uns, die Österreicherinnen und Österreicher zu einem gesunden Lebensstil zu bewegen – oder werden sich weiterhin zu viele zu fett, zu süß, zu salzig ernähren, und das mit gigantischen Auswirkungen?

Wir wissen, viele Menschen leben länger, das sind zehn, 20, 30 gewonnene Jahre. Und da lautet die Frage: Verbringen sie diese gewonnenen Jahre mit Hobbys, mit Ar­beit – oder nicht mehr mobil und auf fremde Hilfe angewiesen?

Da geht es um menschliches Leid und auch um enorme Kosten für die sozialen Syste­me und die Gesundheitssysteme. Frau Abgeordnete Haubner hat es gesagt: 1 €, der in


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Prävention investiert wird, erspart 3 € an Behandlungskosten. Das sind doch eindrucks­volle Zahlen!

Werte Kolleginnen und Kollegen! Es muss gelingen, die Arbeitsfähigkeit länger zu er­halten, es muss gelingen, die Mobilität im Alter zu verbessern. Möglichst viele Leute müssen länger gesund leben, und daher brauchen wir den Nationalen Aktionsplan. Wir brauchen mehr ernährungsbezogene Prävention, Frau Abgeordnete Csörgits hat es angeführt, nicht nur für die jungen, sondern vor allem für die älteren Menschen, denn die sind besonders gefährdet. Sie trinken zu wenig, essen zu wenig, und manche kön­nen sich – dass sollte man auch bedenken – gesunde Nahrung gar nicht leisten.

Da braucht es eine Vielzahl von Maßnahmen, nicht nur Beratung, diskutieren wir auch über Anreize für einen gesunden Lebensstil. Das Schöne daran: Erfolge werden mess­bar sein, nämlich weniger erkrankte Menschen, weniger Leid, weniger Kosten – das ist doch eine Motivation, und es lohnt sich, sich dafür zu engagieren. – Danke schön. (Bei­fall bei ÖVP und SPÖ.)

19.42


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Als nächster Redner zu Wort gelangt Herr Abge­ordneter Ing. Schultes. 2 Minuten Redezeit sind eingestellt. – Bitte.

 


19.42.42

Abgeordneter Ing. Hermann Schultes (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Bundesminister! Geschätztes Hohes Haus! Der Nationale Aktionsplan Ernährung zeigt uns, dass wir in Österreich von allem im Prinzip genug haben, von manchem zu viel essen und zu wenig Bewegung machen. Das ist richtig.

In einigen Punkten ist er allerdings auch aufschlussreich, weil er uns sagt, dass wir in der Versorgung mit Calcium, Vitamin D und Folsäure unterversorgt sind. Gerade die Folsäure- oder Folat- oder Vitamin B 9-Versorgung ist ein Thema, das für junge Frauen sehr wichtig ist, denn unterversorgte junge Frauen, die schwanger werden, haben das große Risiko, dass das heranwachsende Kind eine Fehlbildung hat, „Spina bifida“ oder Neuralrohrdefekt heißt das. Das Ergebnis kann sein, dass die Frau dann im dritten, vierten Monat der Schwangerschaft das Kind verliert oder auch das Kind mit Fehl­bildungen auf die Welt kommt, die lebenslang ein Leben im Rollstuhl bedeuten können.

Es gibt viele Länder dieser Welt, die diese ernährungsbedingte Situation – unsere Er­nährungsgewohnheiten haben sich geändert – zur Kenntnis nehmen und sagen: Ja­wohl, eine Anreicherung von Vitamin B 9 und B 12 in einem Grundnahrungsmittel wie Mehl kann die Situation deutlich verbessern. Viele Länder – auch die Vereinigten Staa­ten –, einige Länder auch verbindlich, haben diese Beimischung von Folsäure zu Mehl eingeführt. In all diesen Ländern hat sich diese traurige Situation deutlich verbessert. 70 bis 80 Prozent weniger Kinder kommen mit diesen Fehlbildungen auf die Welt, und das Leid, das dadurch verhindert wird, ist wohl die Anstrengung wert.

Sie müssen wissen, viele junge Frauen nehmen Folat ein, wenn sie wissen, dass sie schwanger sind, aber dann ist es zu spät, denn die ersten Tage der Schwangerschaft sind entscheidend. Trotzdem werden Tabletten eingenommen, und die Kosten für die­se Tabletten sind wesentlich höher, als die Kosten einer verpflichtenden Beimischung für das gesamte österreichische Mehl in der Mühle wären. Es wäre leicht möglich, das zu tun. Es gibt Länder, die das vorzeigen, und auch wir sollten darüber nachdenken. Ich er­suche Sie, Herr Bundesminister, in diesem Bereich etwas umzusetzen. – Danke schön. (Beifall bei der ÖVP.)


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll60. Sitzung / Seite 230

19.45


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Durchschlag. 2 Minuten Redezeit. – Bitte.

 


19.45.17

Abgeordnete Claudia Durchschlag (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Bun­desminister! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Zuerst einmal ein herzliches Dan­keschön an all diejenigen, die an der Ausarbeitung dieses Aktionsplans Ernährung mit­gearbeitet haben. Ein Aktionsplan, der nicht nur notwendig ist, sondern, wenn ich so sa­gen darf, für den es eigentlich eins vor zwölf ist.

Ich sehe es auch als Anzeichen dafür, dass das Thema „Prävention“ aus dem Winter­schlaf erwacht und mehr Bedeutung gewinnt. Da haben wir in Österreich durchaus et­was Nachholbedarf. Der OECD-Schnitt sagt aus, dass 3 Prozent der Gesamtgesund­heitskosten für Prävention ausgegeben werden, Österreich gibt 1,9 Prozent aus, da lässt sich durchaus noch etwas aufholen.

Lassen Sie mich noch zum Vorhaben selbst sprechen. Es ist unbestritten, dass das Thema Übergewicht, Adipositas und die assoziierten Erkrankungen leider zu einem Massenthema geworden sind, und der Bereich der Kinder und Jugendlichen muss uns besonders beschäftigen.

Es ist im Aktionsplan sehr allgemein von Ernährungsexperten die Rede, und da wird es auch um die Frage gehen: Haben wir genügend Experten, haben wir genügend Ärzte, Ernährungswissenschafter und auch Diätologinnen und Diätologen, die so ein langfris­tiges Projekt – und nur dieses macht wirklich Sinn – angehen können? – Das ist eine Frage, die beantwortet werden muss.

Ich darf in diesem Zusammenhang auch auf das Thema Registrierung kommen, ein Thema, das im Regierungsübereinkommen steht. Eine Entscheidung in diesem Be­reich steht noch aus, würde uns aber bei so einem Projekt gut weiterhelfen.

Ein weiterer wichtiger Punkt – und das ist schon mehrmals angeklungen –: Ich ersuche Sie noch einmal zu überdenken, das Thema Ernährung mit dem Thema Bewegung zu verbinden. Es gibt genug Studien, die belegen, dass eine Änderung des Ernäh­rungsverhaltens in Kombination mit der ausreichenden und richtigen Bewegung den größten Erfolg verspricht. Wir und Sie haben jetzt die Chance, diesen Nationalen Ak­tionsplan Ernährung zu einer umfassenden Verhältnis- und Verhaltensprävention zu nutzen.

Es gibt in Österreich viele Expertisen zu diesem Thema, es gibt viele engagierte und ambitionierte Projekte. Nutzen Sie diese im Sinne der Gesundheit der Österreicherin­nen und Österreicher! (Beifall bei der ÖVP.)

19.47


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Klikovits. 2 Mi­nuten freiwillige Redezeitbeschränkung. – Bitte.

 


19.47.43

Abgeordneter Oswald Klikovits (ÖVP): Herr Präsident! Hohes Haus! Herr Bundes­minister! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Mit diesem Nationalen Aktionsplan für Ernährung haben wir endlich jetzt auch ein amtliches Handbuch in Händen, wie wir bei Einhaltung auch tatsächlich ... (Abg. Dr. Pirklhuber: Fertig ist er noch nicht, es ist ein Entwurf!) Es ist noch nicht fertig, es ist der Entwurf, ja, aber wir haben ein Dokument in Händen, und wenn wir uns daran halten, dann wissen wir auch, dass wir ganz gesund sterben können.

Das ist vielleicht keine besonders optimistische Aussicht, aber es ist zumindest eine, die hoffen lässt, dass wir im Sinne der Volksgesundheit und der Sparziele, die wir uns auch immer setzen, mit dazu beitragen können, dass wir nicht nur gesünder werden, sondern dass wir mit diesem tollen Vorsorgeprogramm auch letztendlich die Bevöl­kerung dazu animieren können, nicht nur gesünder zu leben, sondern sich mit mehr Bewegung eine höhere Lebensqualität zu ermöglichen.


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll60. Sitzung / Seite 231

Und dass das möglich ist, darf ich anhand eines Beispiels aus dem Burgenland aufzei­gen. Kollege Kaipel hat es angesprochen, ich möchte ein anderes Beispiel nennen: Wir hatten noch im Jahr 1998 die höchste Anzahl an übergewichtigen Kindern und haben in den Schulen mit den Schulärzten und den Lehrern ein Programm umgesetzt, mit dem wir die Zahl von damals 11,6 Prozent schwer übergewichtigen Kindern auf heute 4,2 Prozent senken konnten.

Man sieht, wenn man gezielt Vorsorge betreibt, dann ist es möglich, dass man auch bei einer sehr schwierigen Gruppe wie 15-jährigen Kindern Erfolge erzielen kann.

In diesem Sinne darf ich Sie ermuntern, Herr Bundesminister, mit uns gemeinsam die­sen Entwurf, diesen Nationalen Aktionsplan Ernährung in die Tat umzusetzen. Gelingt es uns, auf Grund der vielen Raucherkampagnen weniger Raucher zu haben, so wird es uns vielleicht auch mit diesem Aktionsplan gelingen, gesündere Menschen in Öster­reich zu haben. Ich darf Sie bei diesem Aktionsplan unterstützen. (Beifall bei ÖVP und SPÖ.)

19.49


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Als hiezu vorläufig letzter Redner zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Jury. 2 Minuten freiwillige Redezeitbeschränkung. – Bitte.

 


19.50.22

Abgeordneter Josef Jury (ohne Klubzugehörigkeit): Herr Präsident! Sehr verehrter Herr Minister! Nach einem sehr intensiven Diskussionstag über Lebensmittelsicherheit, über Verbraucherschutz sind wir beim Nationalen Aktionsplan Ernährung angelangt, der sehr wichtig für die Zukunft unserer Kinder ist.

Ein Punkt geht mir allerdings in diesem Aktionsplan Ernährung ab, das ist die wissen­schaftliche Untersuchung von Geschmacksverstärkern, von chemischen Zusatzstoffen in Lebensmitteln.

Mir geht auch ab, dass sich heute Kollege Grillitsch als Bauernbundchef zu Wort mel­det, weil es um gesunde Lebensmittel geht. Und wenn ich höre, dass der Handels­speck, bei dem nur mehr 34 Prozent österreichisches Grundprodukt enthalten sind, das AMA-Gütesiegel bekommt, dann ist das ein Etikettenschwindel.

Herr Minister, ich fordere Sie auf, diesen Etikettenschwindel abzustellen! Es liegt auch in Ihrer Verantwortung, dass wir endlich die Ampel für die Lebensmittelkennzeichnung ein­führen. Dann werden auch unsere Kinder eine gute Zukunft haben! – Danke sehr. (Bei­fall bei der FPÖ.)

19.51

19.51.20

 


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Zu Wort ist dazu niemand mehr gemeldet. Ich schlie­ße daher die Debatte.

Wünscht der Herr Berichterstatter ein Schlusswort? – Das ist nicht der Fall.

Wir kommen jetzt zur Abstimmung über die dem Ausschussbericht 665 der Beilagen angeschlossene Entschließung.

Ich bitte jene Damen und Herren, die hiefür eintreten, um ein Zeichen der Zustim­mung. – Das ist einstimmig angenommen. (E 91.)

Wir gelangen nunmehr zur Abstimmung über den Entschließungsantrag der Abge­ordneten Ursula Haubner, Kollegin und Kollegen betreffend „Mehr Bewegung“ im Na­tionalen Aktionsplan für Ernährung.

Ich bitte jene Damen und Herren, die für diesen Entschließungsantrag sind, um ein Zei­chen der Zustimmung. – Das ist die Minderheit und somit abgelehnt.


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll60. Sitzung / Seite 232

19.52.466. Punkt

Bericht des Ausschusses für Wirtschaft und Industrie über die Regierungsvor­lage (474 d.B.): Bundesgesetz, mit dem das Energie-Regulierungsbehördengesetz geändert wird (524 d.B.)

Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Wir kommen nun zum 6. Punkt der Tagesordnung.

Auf eine mündliche Berichterstattung wurde verzichtet.

Zu Wort gemeldet hat sich Frau Abgeordnete Mag. Brunner. Freiwillige Redezeitbe­schränkung: 6 Minuten. – Bitte.

 


19.53.19

Abgeordnete Mag. Christiane Brunner (Grüne): Herr Präsident! Herr Minister! Hohes Haus! In dieser Gesetzesvorlage zum Energie-Regulierungsbehördengesetz geht es darum, dass dem Bundesministerium, dem Bundesminister ein Unterrichtungsrecht durch die Energie-Control zugesichert werden soll. Die Energie-Control ist ein an sich unabhängiges Gremium, das zum Beispiel über Energiesystemnutzungstarife ent­scheidet. Dieses Gesetz soll dazu dienen, dass der Bundesminister Unterrichtungs­rechte bekommt.

Ich denke, die Kontrolle dieses Gremiums ist wichtig, es darf aber nicht sein, dass die Entscheidungen dieses Gremiums beeinflusst werden. Da sehen wir in dieser Regie­rungsvorlage ein Problem, weil es nämlich im Einzelfall dazu kommen kann, dass durch dieses Unterrichtungsrecht Entscheidungen des Gremiums schon beeinflusst wer­den, weil ja der Staat auch Anteile an diversen Elektrizitätsgesellschaften hat.

Wir schlagen daher vor, dass es dieses Unterrichtungsrecht geben soll, aber aus­schließlich zum Zwecke der parlamentarischen Kontrolle.

Deswegen möchte ich folgenden Abänderungsantrag der Abgeordneten Mag. Brun­ner, Dr. Lichtenecker, Kolleginnen und Kollegen einbringen.

Der Nationalrat wolle beschließen:

Die Regierungsvorlage betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Energie-Regulie­rungsbehördengesetz geändert wird (474 d.B.), in der Fassung des Berichtes des Aus­schusses für Wirtschaft und Industrie (524 d.B.) wird geändert wie folgt:

Z 2 lautet wie folgt:

„2. Nach § 19 wird folgender § 19a samt Überschrift eingefügt:

,Unterrichtungsrecht des Bundesministers für Wirtschaft, Familie und Jugend

§ 19a. Der Bundesminister für Wirtschaft, Familie und Jugend hat zum Zwecke der par­lamentarischen Kontrolle das Recht, sich über alle Gegenstände der Geschäftsführung der Energie-Control Kommission zu unterrichten.‘“

*****

Soweit unser Antrag.

Was ich mich in dem Zusammenhang aber noch frage, ist, warum wir uns nur über einen kleinen Teil der Behördenstruktur unterhalten, wo wir doch wissen, dass im Zuge des dritten Liberalisierungspaketes auch weitere Umbauüberlegungen von solchen Be­hörden im Raum stehen und wir da auch noch viele weitere Überlegungen angehen müssen. Deswegen hätten wir das auch gleich in einem Aufwaschen machen können.

Es wird da um ganz wesentliche Entscheidungen gehen, was zum Beispiel die stärkere Entflechtung zwischen Energieerzeugern und Energieversorgern betrifft, um wirklich güns-


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll60. Sitzung / Seite 233

tigere und effizientere Energieversorgung gewährleisten zu können. Da gibt es ja schon verschiedene Vorschläge von der Kommission.

Unsere Erwartung wäre, dass wir die Lösung nehmen, dass es eine eigentumsrechtli­che Entflechtung zwischen Versorgern und Produzenten gibt, um wirklich effiziente und günstige Energieversorgung gewährleisten zu können. Auch die Kommission hat sich das so gewünscht. Aufgrund des Einflusses von großen Konzernen sind dann auch ab­schwächendere Optionen hineinreklamiert worden. – Wir erwarten uns, dass wir uns in Österreich an diese erste Option, nämlich die Entflechtung von Versorgern und Produ­zenten, halten.

Worum es auch gehen wird, ist die Frage, wie unsere Netzstruktur in Zukunft aus­schauen wird. Gehen wir in Richtung zentrale, große Netze, Pipelines – Stichwort „Na­bucco“ –, oder gehen wir doch eher in Richtung dezentrale Energieversorgung, erneuer­bare, ökologische Energieversorgung, „Smart Grids“ et cetera?

Eine wesentliche Frage betrifft auch die Verflechtung beziehungsweise Entflechtung zwischen Politik und Wirtschaft, wo es ja auch zu den Einflussnahmen kommt, wie ich sie oben schon angesprochen habe.

In diesem Zusammenhang ist zu sagen, dass sich die Menschen in Österreich wun­dern, warum bei den erneuerbaren Energien nichts weitergeht. Wenn wir dann einen ehemaligen Energieminister, einen ehemaligen Bundeskanzler haben, der in einen Atomkonzern geht, dann braucht man sich nicht zu wundern, warum bei den erneuer­baren Energien nichts weitergeht. – Ich bin der Meinung, Kollege Schüssel müsste sein Mandat im Haus zurücklegen, weil das einfach unvereinbar ist. (Zwischenruf des Abg. Jakob Auer.) Wir haben einen Anti-Atom-Konsens hier in diesem Haus, und den hat er gebrochen. (Zwischenruf des Abg. Grillitsch.) Das, finde ich, ist unvereinbar. Daher wäre es nur ehrlich, wenn er das Mandat zurücklegen würde. (Beifall bei den Grünen. – Neuerliche Zwischenrufe der Abgeordneten Grillitsch und Ing. Schultes.)

Ich finde, Energiepolitik ist ein wesentlicher Schlüssel für Klimapolitik. Deswegen muss Umweltpolitik eine viel größere Rolle in der Energiepolitik spielen. Ich bin daher der Meinung, dass diese auch unbedingt an die Umweltkompetenz gehen muss, und daher bin ich der Meinung: Österreich braucht ein eigenständiges, unabhängiges und enga­giertes Umweltministerium. (Beifall bei den Grünen.)

19.58


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Der vorhin eingebrachte Abänderungsantrag ist aus­reichend unterstützt und steht daher mit in Verhandlung.

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:

Abänderungsantrag

der Abg. Maga Christiane Brunner, Drin Ruperta Lichtenecker, Freunde und Freundin­nen zum Bericht des Ausschusses für Wirtschaft und Industrie über die Regierungs­vorlage (474 d.B.): Bundesgesetz, mit dem das Energie-Regulierungsbehördengesetz geändert wird (524 d.B.)

Antrag

Der Nationalrat wolle beschließen:

Die Regierungsvorlage betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Energie-Regulie­rungsbehördengesetz geändert wird (474dB), in der Fassung des Berichtes des Aus­schusses für Wirtschaft und Industrie (524dB) wird geändert wie folgt:

Zif 2 lautet wie folgt:


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll60. Sitzung / Seite 234

‚2. Nach § 19 wird folgender § 19a samt Überschrift eingefügt:

„Unterrichtungsrecht des Bundesministers für Wirtschaft, Familie und Jugend

§ 19a. Der Bundesminister für Wirtschaft, Familie und Jugend hat zum Zwecke der par­lamentarischen Kontrolle das Recht, sich über alle Gegenstände der Geschäftsführung der Energie-Control Kommission zu unterrichten.“‘

Begründung

Mit dem Abänderungsantrag soll das Unterrichtungsrecht des Bundesministers für Wirtschaft, Familie und Jugend ausschließlich in den Dienst der parlamentarischen Kontrolle gestellt werden. Ein unbegrenztes Unterrichtungsrecht würde nämlich der Un­abhängigkeit der Energie-Control Kommission zuwiderlaufen. Die parlamentarische Kontrolle nach Art 52 B-VG in der Ausgestaltung der Geschäftsordnung des National­rats einerseits und des Bundesrats andererseits erfolgt in Form schriftlicher Anfragen, welche der Öffentlichkeit zugänglich sind. Diese Transparenz gewährleistet, dass es nicht zu einer missbräuchlichen Verwendung dieses Unterrichtungsrechts in Richtung Beeinflussung der Entscheidungsfindung im Einzelfall kommt. Es ist nicht von der Hand zu weisen, dass der Staat, der selbst Anteile an Elektrizitätsgesellschaften hält, dieses Unterrichtungsrecht in eigenem Interesse nutzen könnte. Soweit es um den In­formationsbedarf für allgemeine energiepolitische Entscheidungen des Bundesminis­ters für Wirtschaft, Familie und Jugend geht, ist auf das Transparenzgebot nach § 22 Energie-Regulierungsbehördengesetz zu verweisen, wonach die Energie-Control Kom­mission alle Entscheidungen von grundsätzlicher Bedeutung zu veröffentlichen hat.

Eine solche Einschränkung steht im Einklang mit Art 20 Abs 2 B-VG, denn auch die konkrete Ausgestaltung der Unterrichtungspflicht muss dem jeweiligen weisungsfreien Organ angemessen sein. Schon der Textvorschlag Kostelka im Österreich-Konvent zu Art 20 B-VG (Bericht des Österreich-Konvents, Teil 4A, S 210) sah die Aufsichts- und Informationsrechte im Dienste der demokratischen Kontrolle.

Eine solche Einschränkung der Unterrichtungspflicht ist nach Ansicht der Antragstelle­rInnen auch im Lichte von Art 23 noch geltender Elektrizitätsbinnenmarkt-RL (2003/54/EG) geboten. Die Energieregulierungsbehörde muss völlig unabhängig von den Interessen der Elektrizitätswirtschaft sein. Nachdem der Bund auch Anteilseigner ist, muss die Be­hörde auch unbeeinflusst vom Minister entscheiden können, was durch ein nicht doku­mentiertes Unterrichtungsrecht gefährdet wäre.

Die parlamentarischen Informationsrechte werden gegenüber dem status quo ausge­weitet, denn die Befragung der LeiterInnen der weisungsfreie Organe nach Art 52 Abs 1a B-VG durch die Ausschüsse setzt einen Mehrheitsbeschluss voraus. Eine schriftliche parlamentarische Anfrage kann aber gemäß GOGNR bereits von fünf Ab­geordneten eingebracht werden.

Im übrigen ist darauf zu verweisen, dass die neue Elektrizitätsbinnenmarkt-RL die Un­abhängigkeit der Energieregulierungsbehörden noch verstärkt fordert.

*****

 


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Dr. Bartenstein. 4 Minuten freiwillige Redezeitbeschränkung. – Bitte.

 


19.59.06

Abgeordneter Dr. Martin Bartenstein (ÖVP): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Frau Kollegin Brunner hat uns jetzt ein brei­tes Bouquet an energiepolitischen und sonstigen Themen serviert:


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll60. Sitzung / Seite 235

die Frage der Unterrichtung des Herrn Ministers – entweder ein allgemeines Unter­richtungsthema oder nur zum Zwecke der parlamentarischen Kontrolle –,

als Nächstes hatten wir das Ownership Unbundling,

dann kamen wir zum Altbundeskanzler und einer Aufforderung seitens Frau Brunner an Dr. Schüssel, doch das Mandat zurückzulegen

und last but not least das Thema unabhängiges, eigenständiges Umweltministerium.

Ich werde versuchen, in der nächsten Stunde diese vier Themen kurz aufzuarbeiten.

Zum Ersten ist mir nicht nachvollziehbar, warum jetzt Ihr Abänderungsantrag in der Substanz etwas ändern sollte. Herr Bundesminister Mitterlehner ist seit zwei Jahren sogar verfassungsrechtlich gehalten – wenn schon weisungsfrei gestellte Behörde, wenn schon weisungsfrei gestelltes Kollegialorgan –, sich als Minimalaufsicht zumin­dest über die Geschäftsführung zu unterrichten. No na, möchte ich fast sagen, steht dann das, was Bundesminister Mitterlehner von dort bekommt, auch dem parlamen­tarischen Interpellationsrecht, also dem Anfragerecht, offen.

Also eigentlich müssten ja gerade die Grünen als dem Parlament besonders verpflich­tete Partei die Ersten sein, die diesem Gesetz zustimmen. – So viel zum einen.

Zum Zweiten: Ownership Unbundling – das wollten wir nicht, das wollen wir nicht, und wir haben in der Europäischen Union nicht alleine, aber gemeinsam mit den Deutschen und den Franzosen auch durchgesetzt, dass es in dieser Form, wie es die Kommission tatsächlich wollte, nicht umgesetzt wird, sondern als ein vernünftiges, unseren realen Gegebenheiten angepasstes Unbundling, und das ist gut so.

Was jetzt das Umweltressort anlangt: Als ehemaliger Umweltminister kann ich nur sa­gen, Umweltpolitik lässt sich durchaus betreiben, wenn man auch für andere Materien zuständig ist. Bei mir damals war es Jugend und Familie, bei Minister Berlakovich ist es jetzt die Landwirtschaft. Also das hat sich durchaus bewährt. Wir sind nun einmal ein Land, wo man nicht für jedes Thema ein eigenes Ressort hat. Wir sind ein kleines Land – andere Länder sind größer, haben mehr Ministerien und somit auch eine ande­re Ministerienverteilung.

Last but not least – ich bin nicht der Sprecher von Altbundeskanzler Schüssel, aber eines muss ich schon sagen –: Es ist eine Ehre für den Altbundeskanzler und es ist eine Ehre für unser Land, wenn einer unserer Spitzenleute in einem dieser wichtigsten Energiekonzerne Europas in den Aufsichtsrat berufen wird. – Nicht mehr und nicht we­niger dazu.

Und alles, was mit Atom und Ähnlichem zusammenhängt, das besprechen Sie, Frau Kollegin Brunner, dann am besten mit Ihren deutschen Kollegen. Die waren ja sogar eine Zeitlang in diesem schrecklichen Atomland Deutschland mit dieser schrecklichen RWE in einer Bundesregierung. (Beifall bei der ÖVP.)

20.02


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Als nächster Redner zu Wort gelangt Herr Abge­ordneter Mag. Widmann. 5 Minuten Redezeit. – Bitte.

 


20.02.13

Abgeordneter Mag. Rainer Widmann (BZÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Hohes Haus! Ich erlaube mir, das Thema doch etwas weiter zu beleuchten, weil das vorlie­gende Energie-Regulierungsbehördengesetz, ein wahrer Zungenbrecher, ja nur ein Notnagel dafür ist, dass das Wettbewerbsbeschleunigungsgesetz nicht in Kraft treten konnte und von dieser Bundesregierung aus Rot und Schwarz auf den Sankt-Nimmer­leins-Tag verschoben worden ist, entgegen den Empfehlungen und Unterstützungen


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll60. Sitzung / Seite 236

etwa von Wirtschaftskammerpräsidenten Leitl oder der Arbeiterkammer oder auch Stel­lungnahmen aus dem Sozialministerium, die gesagt haben, dass das Wettbewerbsbe­schleunigungsgesetz in vielen Bereichen den Stromkonsumenten Vorteile bringt, Trans­parenz bringt und letztlich auch eine günstigere Stromversorgung sicherstellt.

Aber dieses Gesetz ging am 6. Mai 2009 in Begutachtung. Die Begutachtungsfrist war Ende Juni 2009 zu Ende. Seitdem, also seit zehn Monaten, ist diesbezüglich eigentlich nichts mehr geschehen, und jetzt will man das in Form einer Verfassungsbestimmung machen. Auch das ist ja ein Novum heute in diesem Parlament, weil es, es kommt eben auf die Diskussion an, gemeinsam mit der ÖVP und SPÖ sein könnte, dass viel­leicht auch eine Zweidrittelmehrheit für die Verfassungsbestimmung möglich wird, wenn entsprechende Rahmenbedingungen geschaffen werden, die in diesem Wettbe­werbsbeschleunigungsgesetz grundsätzlich angedacht worden sind, weil sie sinnvoll sind.

Ich lade daher alle ein, mit uns diesen Weg zu gehen. Wir werden einen Entschlie­ßungsantrag einbringen, der auch schriftlich verteilt wird, der den Konsumenten mehr Rechte, mehr Transparenz und, wie ich bereits ausgeführt habe, auch günstigeren Strom und auch günstigeres Gas bringen soll.

Der Entschließungsantrag umfasst im Wesentlichen vier Kernpunkte.

Der erste Kernpunkt ist, dass der Anbieterwechsel beschleunigt vonstattengehen soll. Bisher dauerte es ja Monate, oft bis zu einem Jahr, bis man den Anbieter wechseln konnte. Angesichts dessen, dass große Energieversorger wie die LINZ AG, wie die Energie AG den Strompreis zu Jahresbeginn um 18, 19 Prozent angehoben haben, und ganz aktuell der Debatte mit dem Verbund, der auch den Strompreis wieder mas­siv angehoben hat, ist es notwendig, es den Konsumenten zu ermöglichen, rasch den Anbieter zu wechseln, denn das bringt im Vergleich lokaler Anbieter und Billigstbieter, der durchaus auch aus Österreich sein kann, bei einem Durchschnittshaushalt eine Strompreisersparnis von bis zu 200 € pro Jahr. Ich denke schon, dass das sehr viel Geld ist. – Also der Anbieterwechsel, der ja grundsätzlich auch im Wettbewerbsbe­schleunigungsgesetz stehen würde, das ja in den Ausschüssen irgendwo versandet ist, ist zu begrüßen, und es ist auch einzufordern, dass dies jetzt durchgeführt wird.

Der zweite Punkt: Es geht um mehr Transparenz, es geht um mehr Information für Strom- und Gaskunden. Das Problem ist leicht erläutert: Man kann als normaler Kunde in Österreich die Strom- und Gasrechnungen kaum oder nur sehr, sehr schwer ver­gleichen. Auch das kommt von der EU, ist letztlich durchzuführen, ist durchzusetzen und wir sollten es machen. Diesbezüglich sollten wir nicht bis zum Herbst warten, bis wir dann diese EU-Vorgaben endlich durchführen, sondern das sollten wir gleich ma­chen, denn das ist Geld, das der Konsument zahlen muss, das er zu viel zahlen muss, das er aber eigentlich einsparen könnte.

Daher glaube ich, dass man die Strom- und Gasrechnungen rasch anpassen muss, damit sie vergleichbar sind, damit Standards vorgegeben werden und auch die Tarifge­staltung des Strom- und Gaspreises nachvollziehbar wird. Interessant in diesem Zu­sammenhang ist ja, dass die Bundeswettbewerbsbehörde ganz klar sagt, dass diese Strom- und Gaspreisrechnungen der EVUs größtenteils sogar rechtswidrig sind. Also wir haben hier in Österreich bei den Abrechnungen einen Zustand, der rechtswidrig ist. – Ich denke, dass man hier rasch handeln sollte.

Der dritte Punkt ist die Weitergabe von Strompreissenkungen: Wir wissen, dass gera­de – und das hat auch der Chef der E-Control, Kollege Boltz, festgestellt – die KMUs einen deutlich überhöhten Strompreis bei uns in Österreich bezahlen. Präsident der Bundeswirtschaftskammer Leitl sagt, dass die Großhandelspreise massiv nicht an die KMUs weitergeben wurden. Das wirkt sich dahin gehend aus, dass etwa im Juli 2008 der Großhandelspreis einer Megawattstunde von 116 € auf 68 € pro Megawattstunde


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gesenkt wurde, das ist ja fast die Hälfte, wobei im Gegenzug dazu die KMUs überhaupt nichts davon hatten. Also ich denke, dass diese Vorgangsweise abzustellen ist und dass man die Haushalte und die KMUs von diesen Strompreistreibereien befreien sollte.

Es ist interessant, dass sogar die Arbeiterkammer festgestellt hat, dass trotz der Strom­preissenkungen auf dem Weltmarkt der Strompreis in Österreich um durchschnittlich 5 Prozent gestiegen ist. Das sind Dinge, mit denen man nicht einverstanden sein kann.

Letzter Punkt, vierter Punkt im Antrag: Da geht es um das Körberlgeld, das die Ener­gieversorger für die Weiterverrechnung des Ökostroms einstreifen – wir haben das be­reits einmal hier im Haus diskutiert. Das sind im Schnitt immerhin rund 77 Millionen € pro Jahr, das ist eine Milliarde Schilling in altem, echtem Geld, die man nur dafür ein­kassiert, dass man den Ökostrom weiterverrechnet. Dafür gibt es auch keine klaren gesetzlichen Regelungen. Also ich denke, dass man dieses Körberlgeld abstellen sollte und dass es auch gesetzlich abzustellen ist.

Zusammengefasst geht es in unserem Antrag darum, dass wir erstens den Wettbe­werb stärken, zu dem sich ja, so denke ich, in der EU alle bekennen, und dass wir eine Entlastung der Strom- und Gaskunden durch die Möglichkeit eines raschen, nachvoll­ziehbaren Anbieterwechsels und auch durch transparente Stromrechnungen ermögli­chen. – Das Ganze sollte ehestmöglich, also mit Frist 1. Juli 2010, in Kraft treten. Wir fordern den Wirtschaftsminister auf, die entsprechenden Schritte einzuleiten.

Eines zum Schluss: Wenn ÖVP und SPÖ darüber nachdenken, obwohl sie es nicht ge­nau wissen, wie sie Steuern erhöhen, aber sie haben es vor, dann sollten sie auch da­rüber nachdenken, wie man für die Haushalte und Betriebe das Gas und auch den Strom leistbarer, also günstiger machen kann. Daher lade ich Sie ein, diesen Antrag des BZÖ zu unterstützen. – Danke schön. (Beifall beim BZÖ.)

20.08


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Der soeben eingebrachte Entschließungsantrag ist ausreichend unterstützt, wurde in seinen Kernpunkten ausführlich erläutert, wird gemäß § 53 Abs. 4 der Geschäftsordnung im Saal verteilt und steht somit mit in Verhandlung.

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Bucher, Mag. Widmann, Kolleginnen und Kollegen betreffend Ener­giepreis senken, Transparenz erhöhen, Wettbewerb beschleunigen

eingebracht im Zuge der Debatte zum TOP 6: Bericht des Ausschusses für Wirtschaft und Industrie über die Regierungsvorlage (474 d.B.): Bundesgesetz, mit dem das Ener­gie-Regulierungsbehördengesetz geändert wird (524 d.B.) in der 60. Sitzung des Natio­nalrates vom 21. April 2010

Anbieterwechsel dauert zu lange!

Es ist evident, dass der Anbieterwechsel nach wie vor viel zu lange dauert, und daher nur ein äußerst geringer Teil der Strom- und Gaskunden davon Gebrauch macht. Dies obwohl – wie auch aus dem Energiepreis-Monitor des Wirtschaftsministeriums hervor­geht – bei einem Anbieterwechsel ein massives Einsparpotential gegeben wäre.

So liegt das Sparpotenzial beim Wechsel vom regionalen Standardanbieter zum Bil­ligstbieter von Strom und Gas je nach Region zwischen drei Euro und 232 Euro pro Jahr.

Vor dem Hintergrund der mit Jahreswechsel erfolgten Strompreiserhöhungen, wie bei­spielsweise durch die Energie AG oder die Linz AG um satte 18 bzw. 19 Prozent, bzw.


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll60. Sitzung / Seite 238

der nunmehr bekannt gewordenen Strompreiserhöhung seitens des Verbund ist es aus Sicht der Konsumenten von größter Bedeutung, einen möglichst reibungslosen und vor allem raschen Wechsel des Anbieters vornehmen zu können.

Mangelnde Transparenz und Information für die Strom- und Gaskunden

Die gegenwärtige Gesetzeslage im Energierecht ist offensichtlich nicht ausreichend, um die aus Sicht der Verbraucher und Konsumenten erforderliche Transparenz und Nachvollziehbarkeit der Tarifgestaltung der heimischen Energieversorgungsunterneh­men sowie die von diesen ausgestellten Strom- und Gasrechnungen zu gewährleisten. Die diesbezügliche Kritik ist mannigfaltig und kommt nicht nur von betroffenen Kunden, sondern beklagte unter anderem die Bundeswettbewerbsbehörde die von den EVUs versandten intransparenten und großteils sogar rechtswidrigen Abrechnungen.

„Die Abrechnungen würden vielfach so verwirrend und unverständlich gehalten, dass ein einfacher Vergleich mit billigeren Anbietern und damit ein Wechsel unmöglich wer­de,“ so die Bundeswettbewerbsbehörde in einer entsprechenden Mitteilung.

Auf der Strecke dabei bleiben die Konsumentinnen und Konsumenten, denen es nicht oder nur unter erschwerten Bedingungen möglich ist, die jeweiligen Tarifmodelle und Stromrechnungen entsprechend zu verstehen und zu interpretieren, um den für sie günstigsten Anbieter für Strom und Gas herauszufinden.

Keine Weitergabe von Strompreissenkungen an die Verbraucher

Ein weiteres Problem, unter dem die Stromkonsumenten zu leiden haben, liegt in der Tatsache der Nichtweitergabe von Strompreissenkungen durch die Energieversorger.

„Die Strompreise für KMU sollten deutlich niedriger sein als das, was wir derzeit haben,“ waren die klaren und unmissverständlichen Worte des Chefs der e-controll GmbH Wal­ter Boltz in einer entsprechenden Stellungnahme vom 15. Juni 2009 (OTS191/15.06.2009) und er führt weiter aus, dass es vor allem bei kleinen und mittleren Unternehmen mas­sive Benachteiligungen gebe. Das betrifft insbesondere die mangelnde Transparenz der Tarife ebenso wie die derzeitige asymmetrische Gestaltung der Preisgleitklauseln.

In dieselbe Kerbe schlägt der Präsident der Wirtschaftskammer Österreichs, wenn er in diesem Zusammenhang feststellt, dass zwar die Großhandelspreise massiv gesunken sind – und zwar von 116 Euro/MWh im Juli des 2008 auf 68 Euro/MWh im Juli 2009 – jedoch die KMU davon kaum etwas spüren.

Im Gegenteil. Die Arbeiterkammer kritisiert in einer Aussendung die unerfreuliche Tat­sache, dass die Strompreise nicht nur nicht gesunken sondern im vergangenen Jahr sogar um fünf Prozent gestiegen sind und fordert daher die Energieversorger auf, die sinkenden Preise auch an die Konsumenten weiterzugeben.

Ökostrom-Körberlgeld für Energieversorger

Das derzeitige System der Finanzierung des Ökostroms basiert zum einen auf einer di­rekt beim Konsumenten eingehobenen Zählpunktpauschale und zum anderen auf Ver­rechnungspreisen, die zunächst von den Stromlieferanten bezahlt und dann aber den Stromkonsumenten weiterverrechnet werden. Die Art der Weiterverrechnung der Auf­wendungen für die Verrechnungspreise ist jedoch gesetzlich nicht im Detail geregelt. Die Weiterverrechnung der Mehraufwendungen führte in den vergangenen Jahren da­zu, dass die Stromlieferanten – insbesondere die Landesenergieversorgungsunterneh­men aber auch andere – aus diesem Titel Mehreinnahmen zulasten der Stromkonsu­menten lukrierten. Nach Berechnungen der e-control erfolgt eine durchschnittlich um etwa 0,14 Cent/kWh überhöhte Weiterverrechnung der Ökostrom-Verrechnungspreis­kosten, was in Zahlen ausgedrückt bedeutet, dass die Stromlieferanten um nicht weni­ger als 77 Mio Euro pro Jahr mehr bei den Endkunden in Rechnung stellen als es ent­sprechend den tatsächlichen Aufwendungen gerechtfertigt wäre.


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll60. Sitzung / Seite 239

Dies bedeutet, dass allein jeder Privathaushalt mit einem Durchschnittsverbrauch von 3.500 kWh pro Jahr die Energieversorger mit sechs bis zu acht Euro jährlich „subven­tioniert“. Somit liefert der Stromkonsument – ohne sein Wissen – bis zu 24 % seines für Ökostrom zu leistenden Gesamtaufwandes in der Höhe von rund 34 Euro jährlich an die Energieversorger ab, ohne dafür eine Gegenleistung zu erhalten.

Gewerbetriebe werden sogar mit rund 150 Euro jährlich ungerechtfertigt unter dem Deckmäntelchen „Ökostrom“ belastet.

Ein kürzlich von der Bundeswettbewerbsbehörde verfasster und dem Nationalrat über­mittelter Bericht über die Praxis der Ausweisung von Ökostromaufschlägen durch Ener­gieversorgungsunternehmen bestätigt grundsätzlich die o. a. Praxis.

So kommt der Bericht zu dem Ergebnis, dass „es zutreffen dürfte, dass die Energiever­sorgungsunternehmen unter dem Titel Mehraufwendungen für Ökostrom in der Ver­gangenheit höhere Beträge ausgewiesen haben als aus tatsächlich angefallenen Kos­ten aus der Zuweisung von Ökostrom ergeben hätte.“

Das Abstellen dieser Vorgangsweise durch entsprechende gesetzliche Regelungen ist daher ein Gebot der Stunde.

Nicht zuletzt im Sinne der Stärkung des Wettbewerbs im liberalisierten Strom- und Gasmarkt und im Interesse der Entlastung der Strom- und Gaskunden wäre die Ver­besserung und Erleichterung der Möglichkeit eines raschen Reagierens auf Preisent­wicklungen durch das rasche Wechseln des Anbieters ein Gebot der Stunde.

Aus den genannten Gründen stellen die unterfertigten Abgeordneten nachstehenden

Entschließungsantrag

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Der Bundesminister für Wirtschaft, Familie und Jugend wird aufgefordert, nicht zuletzt im Sinne der Stärkung des Wettbewerbs im liberalisierten Strom- und Gasmarkt und damit im Interesse einer Entlastung der Konsumentinnen und Konsumenten dem Na­tionalrat einen Gesetzesentwurf, mit dem sichergestellt wird, dass die Dauer eines An­bieterwechsels bei Strom und Gas mit maximal drei Wochen beschränkt wird, so recht­zeitig zuzuleiten, dass diese Regelung mit 1. Juli 2010 in Kraft treten kann.

Darüber hinaus wird der Bundesminister für Wirtschaft, Familie und Jugend aufgefor­dert, einen Gesetzesentwurf, mit dem sichergestellt wird, dass von Energieversor­gungsunternehmen an Endkunden gerichtete Informationen, Informations- und Werbe­material sowie Rechnungen künftig transparent, nachvollziehbar und konsumenten­freundlich gestaltet werden, so rechtzeitig zuzuleiten, dass diese Regelung mit 1. Juli 2010 in Kraft treten kann.

Der Bundesminister für Wirtschaft, Familie und Jugend wird weiters ersucht, im Rah­men seiner Möglichkeiten entsprechende Maßnahmen zu setzen bzw. auf die heimi­schen Energieversorgungsunternehmen entsprechend einzuwirken, dass gesunkene Großhandelspreise im Sinne einer Entlastung der Konsumentinnen und Konsumenten und insbesondere der kleinen und mittleren Unternehmen von den Energieversor­gungsunternehmen auch umgehend an die Endverbraucher weitergegeben werden.

Letztlich wird der Bundesminister für Wirtschaft, Familie und Jugend im Sinne einer Entlastung der Stromkonsumentinnen und Stromkonsumenten aufgefordert, umge­hend, längstens jedoch bis 1. Juni 2010, dem Nationalrat einen Gesetzesentwurf vor­zulegen, der geeignet ist, künftig eine überhöhte und nicht den tatsächlichen Aufwen­dungen entsprechende Weiterverrechnung der Ökostrom-Verrechnungspreiskosten durch die Stromlieferanten – insbesondere vor dem Hintergrund der im entsprechen-


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll60. Sitzung / Seite 240

den Prüfbericht der Bundeswettbewerbsbehörde über die Praxis der Ausweisung von Ökostromaufschlägen durch Energieversorgungsunternehmen zum Ausdruck kom­menden Prüfergebnisse – zu verhindern.“

*****

 


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Dr. Matznetter. 3 Minuten Redezeit. – Bitte.

 


20.08.39

Abgeordneter Dr. Christoph Matznetter (SPÖ): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine Damen und Herren! – In aller Kürze.

Teil eins: Sie haben einen gewissen Rückstand mit Vorlagen, die einer Zweidrittel­mehrheit bedürfen. Ich erinnere daran, dass diese Fragen hier seitens der Oppositions­parteien ohne inhaltlichen Zusammenhang mit anderen Fragen junktimiert worden sind. Ich stehe daher nicht an, in diesem Zusammenhang der freiheitlichen Fraktion durchaus Dank dafür auszusprechen, das über Bord geworfen zu haben und eine not­wendige Anpassung, die noch dazu im Interesse der Kontrollrechte des Parlamentes ist, in diesem Bereich vorzunehmen.

Wir erfüllen damit jene Verpflichtung, die sich aus Artikel 20 Abs. 2 zweiter Satz B-VG ergibt. Wir haben bewusst nicht jene Teile vorweg geregelt – und das gleich als Replik auf die Ausführungen meines Vorredners –, die ohnehin im Herbst, wenn die dritte Richtlinie da ist, umzusetzen sein werden.

Meine Damen und Herren, es macht keinen Sinn, wenn wir jedes halbe Jahr in diesem Bereich neue Vorschriften erlassen, da wir ja mit dem umgekehrten Problem kämpfen, und zwar, dass das p. t. Publikum, nämlich der private Strombezieher, die private Strombezieherin sich heute noch zu wenig traut, die Möglichkeiten auszunützen, viel zu wenig wechselt. Wenn wir jetzt noch jedes halbe Jahr die Vorschriften und die Be­dingungen ändern, dann verbessern wir diesen Zustand nicht.

Ich halte den Vorgang, so wie wir ihn im Ausschuss besprochen haben, nämlich jetzt diese Änderung und danach, sobald wir die EU-rechtlichen Vorgaben haben – und der Herr Bundesminister hat ja zugesagt, dann sehr rasch mit einer entsprechenden Vorla­ge zu kommen –, diese umzusetzen, für die vernünftigere Form, das zu machen.

Zu den Strompreisen sei folgende Anmerkung erlaubt: Ja, natürlich sind Strommärkte sehr, sehr heikle Märkte. Und es ist keine Frage, dass bei allen Liberalisierungsbemü­hungen diese Märkte natürlich dazu tendieren, dass in einem gewissen Ausmaß auch Monopolgewinne erzielt werden. Und wir sehen auch eines heute – das hat ja der Chef der E-Control auch gesagt –: Er besitzt keine Handhabe, bei Preiserhöhungen, wie zum Beispiel vor kurzer Zeit beim Verbund, etwas zu tun. Dort muss die Verantwortung auch der Eigentümer in gewissem Ausmaß greifen.

Und mein Appell an Sie, Herr Bundesminister, in dieser Frage – Sie sind gleichzeitig die Generalversammlung des Verbundkonzerns; zumindest sind Sie Mehrheitsaktionär dort, mit im Regelfall 60 bis 70 Prozent der Stimmen –: Bitte darauf zu achten, dass nicht einfach mit Brieferln Erhöhungen im Bereich von zweistelligen Prozentsätzen kommen, deren Basis eine Fluktuation an der Leipziger Strombörse ist und die, wie richtigerweise ausgeführt wurde, nachhaltig bei den Primärenergieträgern eigentlich weder in der Wasserkraft- noch in der Erdgaspreisentwicklung Deckung finden, auch nicht beim Ökostrom.

Also es ist nicht ganz zu verstehen, wieso da die Erhöhung kommt. Dem sollten wir noch nachgehen. Und ich glaube, es ist eine durchaus ehrenvolle Aufgabe des Parla-


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll60. Sitzung / Seite 241

ments, hier durch deutliche Nachfragen, die ja jetzt möglich wären, vielleicht Licht ins Dunkel zu bringen. – Danke, meine Damen und Herren! (Beifall bei der SPÖ.)

20.11


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Als nächste Rednerin zu Wort gelangt Frau Abgeord­nete Dr. Lichtenecker. 6 Minuten Redezeit. – Bitte.

 


20.12.02

Abgeordnete Dr. Ruperta Lichtenecker (Grüne): Sehr geehrter Herr Minister! Ge­schätzte Kolleginnen und Kollegen! Wann immer es einen Tagesordnungspunkt betref­fend Energie gibt, ist es wieder an der Zeit, auch die österreichische und die europäi­sche Strategie anzuschauen. Und, Herr Minister, es ist auch wieder Zeit, darüber zu re­den, wie es mit der österreichischen Energiestrategie weitergeht.

Jetzt haben wir die Präsentation der Energiestrategie gehabt. Diese hat gezeigt, dass es eine Strategie ist, die unserer Meinung nach nicht wirklich zielführend sein wird, um Österreich auf den richtigen Energiepfad zu bringen. Es gibt zu wenig Verbindlichkei­ten. Die Finanzierung ist nicht geklärt. Die Maßnahmen sind offen.

Wir reden seit 2008 von einem Klimaschutzgesetz, aber bis heute haben wir noch nichts Konkretes vor uns liegen. Es gibt keine Gesetzesvorlage, keine Pläne, wie man das denn tatsächlich umsetzt. Zudem – ein ganz wesentlicher Aspekt, Herr Minister – spielen die fossilen Energieträger in dieser künftigen österreichischen Energiestrategie nach wie vor eine große Rolle.

Jetzt hat es im April in der „Süddeutschen“ eine sehr interessante Analyse der euro­päischen Energiepolitik und der Tatsache, dass verschiedene Gasleitungsprojekte, wie die Ostsee-Pipeline, „Nabucco“, „South Stream“, eine wichtige Rolle in dieser Strategie spielen, gegeben. Aber die Frage ist: Ist das der richtige Weg? Und der Artikel titelt mit „Energieversorgung – Russisches Roulette“. Ein hochriskantes Spiel, bei dem ganz stark bezweifelt wird, dass es in dieser Form zielführend sein wird, und es werden so­gar Begrifflichkeiten verwendet wie, dass diese Energieadern Europa und die europäi­sche Wirtschaft wirklich verwundbar machen, und zwar in dem Sinn, dass es macht- und politstrategisch und energiepolitisch sehr riskant ist und man sehr daran zweifelt, dass diese Milliardeninvestitionen zielführend sind.

Im Gegenteil: Es wird klargestellt, dass von den Prioritäten und Projekten her die Res­sourcen anstatt in diese Mammut-Pipelines viel besser in erneuerbare Energien, in Energieeffizienz fließen sollten. – Eine klare Analyse, eine klare Aussage, wo man die verschiedenen Aspekte mit berücksichtigt.

Diesbezüglich kommt eine Studie der Unternehmensberatungsfirma McKinsey ganz gelegen, die weit davon entfernt ist, besonders umwelt- oder klimaorientiert zu sein – nein, ganz im Gegenteil, das ist ein industrienaher und industriefreundlicher Think Tank –, die auch hier analysiert haben und wo ganz klar herauskommt – und es ist durchaus spannend, das hier zu erwähnen –, dass Europa seine Energieversorgung und im Speziellen seine Stromversorgung bis zum Jahr 2050 zu 100 Prozent auf er­neuerbare Energie umstellen kann, zu 100 Prozent auf erneuerbare Energie bei der Stromversorgung!

Ich denke, das sollte doch auch für Österreich eine maßgebliche Vorbildfunktion ha­ben, aber nicht bis 2050, Herr Minister. Wir wissen, dass wir in Österreich in Bezug auf erneuerbare Energien, natürliche Quellen durchaus in einer privilegierten Situation sind, und zwar dadurch, dass wir sehr viele Ressourcen nützen können: von der Bio­masse vor unserer Haustür, von der Wasserkraft bis zur Photovoltaik und selbstver­ständlich die Windanlagen.

Es stellt sich die Frage: Wird es genützt, und wie kann es am besten genutzt werden? Und: Kann sich das so, in dieser Form, auch rechnen? – Ich sage: Ja. Auch McKinsey


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll60. Sitzung / Seite 242

befindet, es ist nicht nur mit den heutigen Technologien und mit den absehbaren Tech­nologien – keine Traumtänzereien! – möglich, und das zu kostengünstigen Preisen.

Also, Herr Minister: Ich denke, es ist längst an der Zeit, auch in Österreich zu sagen, wir begeben uns auf den Weg. Und für Österreich ist es realistisch – das zeigen Stu­dien –, es bis 2030 zu erreichen, die Stromversorgung aus erneuerbaren Energien zu 100 Prozent sicherzustellen. Was man dazu braucht, ist selbstverständlich ein wesent­licher Punkt im Maßnahmenpaket in der Energiestrategie. Das ist momentan sehr un­zulänglich. Die Diskussionen laufen ja.

In jedem Fall ist einer der wesentlichen Schritte, hier auch in so zukunftsträchtige Be­reiche wie die Photovoltaik zu investieren. Es gibt ja Gegenden in Österreich, die euro­paweit schon Vorzeigeregionen sind, nämlich Oberösterreich mit einem sehr interes­santen Gebiet – Herr Minister, Sie kennen es sehr gut, unser sogenanntes Solar-Valley um Eberstalzell. Da werden wir demnächst, der Baubeginn war schon, die größte Pho­tovoltaikanlage in Oberösterreich haben. Und wir wollen bis 2015 10 000 Dächer zu­sätzlich mit Photovoltaikanlagen ausstatten. Daran sind so erfolgreiche Firmen von Fronius bis zu solar maßgeblich beteiligt, und sie treiben die Entwicklung voran.

Aber was es dazu braucht – und man muss jetzt ganz intensiv damit beginnen, darüber nachzudenken –, ist Folgendes: Wir brauchen ein neues Ökostromgesetz nach deut­schem Vorbild, um genau hier punkten und entsprechende Arbeitsplätze in Österreich schaffen zu können. (Beifall bei den Grünen.)

20.18


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Als nächster Redner zu Wort gelangt Herr Abgeord­neter Ing. Hofer. 3 Minuten Redezeit. – Bitte.

 


20.18.20

Abgeordneter Ing. Norbert Hofer (FPÖ): Herr Präsident! (Abg. Dr. Lichtenecker steht an der Regierungsbank und spricht mit Bundesminister Dr. Mitterlehner.) – Ich sehe, der Herr Bundesminister war schon ganz begeistert und hat bereits einen Beratervertrag vorbereitet; die letzten Verhandlungen laufen.

Tatsächlich ist es so, dass wir in den nächsten Jahren mit massiv steigenden Energie­kosten konfrontiert sein werden – nicht nur mit höheren Steuern und mit Einsparungen, die jeden Österreicher im Schnitt mit 100 € im Monat treffen werden; doch ein recht großer Betrag –, zusätzlich sind die Österreicher noch damit konfrontiert, dass es jetzt, nachdem die Wirtschaftskrise ein Ansteigen der Energiepreise vorübergehend gestoppt hatte, sie aber im Rahmen dieser Auswirkungen nicht mehr so spürbar sein wird, zu massiv steigenden Energiekosten kommen wird.

Der Privatkunde, der Privathaushalt kann sich am allerwenigsten dagegen wehren. Wenn Sie etwa daran denken, dass eine Familie vielleicht in den siebziger Jahren ein Haus gebaut hat und nun mit einer geringen Pension auskommen muss, dann ist klar, dass oft auch die finanziellen Mittel fehlen, um die thermische Sanierung durchzu­führen. Deswegen war es eine besonders wichtige Maßnahme, diese thermische Sa­nierung im Rahmen des Budgets auch massiv zu unterstützen.

Der Weltenergiebedarf wird in den nächsten zehn Jahren um 20 Prozent steigen. Auch das ist ein klarer Indikator dafür, dass fossile Energieträger teurer werden müssen. Und es hat eine interessante Umfrage der Wirtschaftskammer Österreich gegeben. Dort haben 30 Prozent der Unternehmer angegeben, dass sie in den nächsten 20 Jah­ren mit einer Verdreifachung der Energiekosten rechnen.

Und genau vor diesem Hintergrund hat die Regulierungsbehörde eine ganz, ganz wich­tige Rolle.

Die Änderung des Energie-Regulierungsbehördengesetzes ist eine Maßnahme, die wir unterstützen können und auch unterstützen werden. – Ich darf darauf hinweisen, dass


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll60. Sitzung / Seite 243

wir bisher diese Maßnahme nicht unterstützt haben, weil wir im Rahmen der Verein­barung mit den anderen Oppositionsparteien keine Zweidrittelmaterien unterstützt ha­ben. Wir sind auch hier pakttreu, aber nun geht es darum, eine sinnvolle Maßnahme, gegen die man wirklich nichts haben kann, auch tatsächlich mit der notwendigen Stim­menmehrheit auszustatten.

Das Informationsrecht ist letztendlich zwingend erforderlich. Das sieht auch die E-Con­trol selbst so. Natürlich muss es auch so sein, dass der Minister selbst ein Anfrage­recht hat, um zu sehen, was sich in der Behörde tut.

Die Regulierungsbehörde bleibt unparteiisch und transparent, das ist sichergestellt. Die Organe können vom Minister nicht ihres Amtes enthoben werden. – Es ist daher selbst­verständlich, dass wir dieser Vorlage auch zustimmen werden. (Beifall bei der FPÖ.)

20.21


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Haubner. 3 Mi­nuten Redezeit. – Bitte.

 


20.21.24

Abgeordneter Peter Haubner (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Minister! Natürlich ist es erfreulich, dass wir heute diese Änderungen im Energie-Regulierungsbehördengesetz beschließen können, auch dass wir die notwendige Zweidrittelmehrheit dafür bekommen. Bezüglich der Details kann ich mich nur Martin Bartenstein anschließen, der schon gesagt hat, dass wir die Vorgangsweise, die wir im Ausschuss besprochen haben, auch hier so umsetzen werden.

Die Debatte bietet sich natürlich auch dazu an, dass wir ganz kurz über die internatio­nale und über die nationale Energiesituation sprechen, denn Energiepolitik ist ja zwei­felsohne eine der großen Zukunftsfragen, wo wir Antworten auf die unterschiedlichen Ansprüche – einerseits der wirtschaftlichen Notwendigkeit und andererseits der um­weltpolitischen Gegebenheiten – geben müssen. Unbestritten steht diese Energiepolitik ganz oben auf der Agenda der Bundesregierung.

Die globalen Rahmenbedingungen zeigen uns, dass der Anteil der EU am weltweiten Energieverbrauch bei gerade einmal 15 Prozent liegt. China verbraucht zum Beispiel 17 Prozent, die USA 20 Prozent. Wenn man auf die EU genauer schaut, dann ist es bei den EU-27 so, dass sie natürlich hauptsächlich aus den fossilen Energieträgern die Energie beziehen.

Da ist Österreich auch eine Ausnahme. In Österreich ist es viel besser. Österreich hat einen großen Anteil an erneuerbarer Energie. Wir liegen damit an vierter Stelle in Europa.

Um unser Land weiter an der Spitzenposition halten zu können und dafür, dass wir uns energiepolitisch zukunftsfit halten, hat der Herr Minister die Energiestrategie Österreich vorgestellt, wobei einer der Schwerpunkte die Steigerung der Energieeffizienz ist.

Mein Vorredner hat es schon angesprochen: Es geht vor allem auch um die thermische Sanierung. Schon im Konjunkturpaket des letzten Jahres hat die Regierung 100 Millio­nen € für die thermische Sanierung in die Hand genommen und 660 Millionen € dafür in der Wirtschaft an Leistungen ausgelöst.

Ich denke, dass das der richtige Weg ist. Wenn wir weiter diesen Weg gehen, dass wir in die thermische Sanierung investieren – das entspricht einem Hebel von 1 : 6 –, dann können wir sowohl energiepolitische als auch wirtschaftspolitische richtige Maßnahmen setzen, ein absoluter Gewinn für die Wirtschaft und für die Energiepolitik in Österreich. (Beifall bei der ÖVP.)

20.23


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Ing. Gartlehner. 3 Minuten Redezeit. – Bitte.

 



Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll60. Sitzung / Seite 244

20.24.03

Abgeordneter Ing. Kurt Gartlehner (SPÖ): Herr Präsident! Geschätzter Herr Bundes­minister! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Die E-Control ist nicht nur eine Re­gulierungsbehörde, sondern auch eine Behörde, die die Sicherheit der österreichischen Stromversorgung im Auge haben muss. Es geht nicht nur um den Preis, sondern auch um die Qualität der Versorgung und um die Sicherheit der Versorgung. Auch darum, und darum ist es – wie ich meine – eine sehr wichtige politische Eigentümerrolle, die der Herr Bundesminister jetzt einnehmen wird ... (Abg. Weinzinger: Man hört ja nichts! Ein lauteres Organ!) – Ein lauteres Organ, Herr Kollege! Ich werde mich bemühen.

Ich habe gerade gesagt, dass es eine wichtige Eigentümerrolle ist, die der Herr Bun­desminister mit der E-Control-Funktion jetzt innehat, weil die E-Control ja nicht nur eine Stromregulierungs- und eine Preisregulierungsbehörde ist, sondern auch die politische Verantwortung dafür trägt, wie sich die Qualität des Stromnetzes, die Sicherheit der Versorgung in Österreich und die Qualität der Angebote entsprechend entwickeln sollen.

Wir wissen, dass neue technologische Herausforderungen für die Netzbetreiber beste­hen. Smart Grids, Smart Meters sind Themen, die heute intensiv diskutiert werden, die in wenigen Jahren in die Realisierungsphase zu bringen sind. Daher glaube ich, dass es eine sehr wichtige politische Eigentümerrolle des Herrn Ministers ist, weil er auch dafür sorgen muss, dass über die Preise die Refinanzierung dieser notwendigen Inves­titionen in diese neuen Technologien ermöglicht wird und auch der internationale Stromverbund, der bisher ungefähr so schlecht wie oder noch viel schlechter als der in­ternationale Eisenbahnverbund funktioniert, verbessert wird.

Dazu kommt – das wird in zwei, drei Jahren ein großes Thema sein –, dass dezentrale Energieeinspeisung mit kleinen Energiegewinnungsanlagen ein Thema werden wird. Das wird man politisch auch nicht verhindern können. Das heißt also, der Druck, die Netze zu modernisieren, wird größer werden und es muss das Geld dafür zur Verfü­gung stehen. Das ist auch eine Funktion, die die Regulierungsbehörde zu bewältigen hat.

In diesem Sinne wünsche ich Ihnen, Herr Bundesminister, eine gute, verantwortliche Tätigkeit in dieser Rolle als Eigentümer. Bitte berücksichtigen Sie die Herausforderun­gen, die im Energiebereich vor uns stehen! – Danke. (Beifall bei der SPÖ und bei Ab­geordneten der ÖVP.)

20.26


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Gradauer. 3 Minuten Redezeit. – Bitte.

 


20.27.08

Abgeordneter Alois Gradauer (FPÖ): Hohes Haus! Sehr geehrte Damen und Herren! Herr Minister! Herr Präsident! Mein Kollege Hofer hat ja schon erklärt, dass wir zustim­men werden, und auch den Inhalt dieses Gesetzes erläutert.

Ich möchte auf die Rede des Herrn Gartlehner eingehen. Die Sozialdemokraten, lieber Kurt, werden sich aber sehr freuen, wenn du hier für eine derartige Preiserhöhung im Strombereich votierst: beim Verbund um 16 Prozent mehr, und – der Herr Minister wur­de das letzte Mal sogar in der Zeitung zitiert – die Linz AG hat um 18,9 Prozent erhöht, die EAG, also die Energie AG hat um 19,5 Prozent und die Salzburg AG um 7,2 Pro­zent erhöht.

Ich sehe nicht ein, dass eine Firma wie der Verbund, der mehrheitlich dem öffentlichen Bereich gehört und 1 Milliarde € Reingewinn macht, diese eklatanten Preiserhöhungen durchzieht, und keiner sagt etwas. Das verstehe ich überhaupt nicht. (Beifall bei der FPÖ. – Ruf bei der FPÖ: Wir sagen was!)

Wir haben einen Index von zwischen 1 und 2 Prozent. Ich vermute, das ist eine indirek­te Besteuerung der Haushalte, die vor sich geht, denn die Energieversorger sind zum


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll60. Sitzung / Seite 245

Großteil im öffentlichen Eigentum, und da holt man sich von den Haushalten zusätzlich Geld, jede Menge Geld.

Wer schützt uns davor? – Die E-Control offensichtlich nicht und die Bundeswettbe­werbsbehörde wahrscheinlich auch nicht.

Da bin ich beim nächsten Thema. Die Energie AG und die Linz AG haben vor drei Jah­ren – wie ich glaube – einmal überlegt zusammenzugehen, zu verschmelzen, um im Bereich der Verwaltung kräftigst einzusparen. Das haben sie nicht gemacht, weil sie gesagt haben: Die einen gehören der ÖVP, und die anderen gehören der SPÖ. Wir machen aber eine gemeinsame Vertriebsfirma. – Das haben sie gemacht. Und damit haben sie die Preise voll unter Kontrolle im Raum Oberösterreich.

Es ist auch eine Gemeinheit, sage ich, dass der Verbund jahrelang gesagt hat: Wir sind die Billigsten, wir gehen mit 15 Prozent Preisvorteil hinaus. – Und jetzt reduzieren sie das auf null, und damit sind sie genauso teuer wie alle anderen.

Ich verstehe auch nicht, dass man wie jetzt wieder zu Ostern bezüglich der Mineral­ölpreise untätig ist. Bei Benzin, Diesel, Kraftstoffen generell gab es zwischen der Zeit vor Ostern und nach Ostern 20 Prozent Preisdifferenz. Niemand sagt etwas dazu. Ich vermisse regulierende Eingriffe, so wie es seinerzeit die Paritätische Kommission ein­mal gemacht hat. Da ist es nicht so leicht gegangen wie jetzt zu dieser Zeit. (Beifall bei der FPÖ.) Wenn wir nur diese zahnlosen Behörden haben, dann wäre es gescheiter, wir schaffen sie ab. Dann spart sich wenigstens der Staat diese Verwaltungsgelder. – Danke schön. (Beifall bei der FPÖ.)

20.29


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Zu einer Stellungnahme hat sich Herr Bundesminis­ter Dr. Mitterlehner zu Wort gemeldet. – Bitte.

 


20.30.16

Bundesminister für Wirtschaft, Familie und Jugend Dr. Reinhold Mitterlehner: Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Lieber Kollege Gradauer, weil ich gerade nach dir zu Wort komme – es gehört an sich nicht zum Tagesordnungs­punkt – und weil die Benzinpreise angesprochen worden sind: Ich bitte, auf die Kompe­tenzlage zu schauen! Die Kompetenzlage ist eben so, dass das Wirtschaftsministe­rium, aber auch kein sonstiges Ministerium eine Preisregulierungsmöglichkeit hat. Das gibt es nicht. (Abg. Gradauer: Leider! – Abg. Mag. Molterer: Die liberale FPÖ will Preis­regulierung?)

Wir haben das getan, was und möglich war. Wir bieten, was das Monitoring anbelangt, Transparenz. Auf der anderen Seite ist klar: In dem Augenblick, in dem die Nachfrage steigt, steigen offensichtlich auch die Preise. Wir sind da nicht die Einzigen, sondern das passiert auch in Deutschland.

Was wir im Rahmen unserer Möglichkeiten gemacht haben, nämlich die Änderung der Preise zumindest nur einmal täglich zu erlauben, ist seitens der Betroffenen mit Klage beim Verfassungsgerichtshof begegnet worden. Wir warten jetzt einmal ab, was die Entscheidung dort bringt, und dann werden wir weitersehen. Begeistert ist diesbezüg­lich auch bei uns niemand, aber ich bitte schon, die gesetzliche Lage zu sehen.

Das Zweite, was heute auf der Tagesordnung steht, ist das Energie-Regulierungsbe­hördengesetz. Es sind ein paar Themen angesprochen worden. Es ist zwar die Zeit schon etwas vorgeschritten, das Match beginnt auch demnächst, aber ich möchte trotzdem nicht versäumen, zu den wichtigsten Punkten hier Stellung zu nehmen.

Erstens zur Energiestrategie: Die Grundzüge der Energiestrategie wurden dargestellt. Frau Lichtenecker, Sie haben angesprochen, wir würden hier nicht umfassend genug


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll60. Sitzung / Seite 246

und nicht mit den entsprechenden Materiengesetzen vorgehen. Auch eine McKinsey-Studie wurde angesprochen.

Ich sage Ihnen nur: Was die Strategie anlangt, ist sie eigentlich alternativlos. Es gibt nur die Möglichkeit, effizienter zu arbeiten und auf der anderen Seite die erneuerbare Energie auszuweiten.

Nur, was Sie bezüglich des Stromes angesprochen haben, da sollten Sie dazu sagen, dass der Strom nur 20 Prozent des Energieverbrauchs ausmacht. Wir sind auf dem Weg, was erneuerbare Energie anbelangt, dank des Wassers – das muss man dazu sagen – ziemlich weit fortgeschritten. Wir sind am viertbesten innerhalb der gesamten EU, und das ist schwer zu toppen, denn sehr viel mehr an Wasser steht uns nicht zur Verfügung.

Und dass wir mit der Photovoltaik aufholen und das ersetzen, ist angesichts der tech­nologischen Situation nicht möglich. Selbst Ihr Modell aus Deutschland, das Sie stän­dig vorstellen, schaut so aus, dass dort 0,6 Prozent des Energieverbrauchs mit Photo­voltaik abgedeckt werden und dass man dort schwere Probleme hat, das zu finanzie­ren. Haben Sie die Diskussion nicht mitverfolgt, wie man dort die Förderumsetzungen macht oder nicht mehr finanzieren kann? – Das ist dieser Punkt.

Es ist auch die Frage gestellt worden – da kommen wir dem Thema schon etwas nä­her –, warum und wieso wir jetzt diese Regelung nicht mit dem 3. Energiemarkt-Libera­lisierungspaket machen. Das hat Frau Abgeordnete Brunner angesprochen. Das hat einen ganz einfachen Hintergrund: Weil dieses Gesetz erst jetzt umzusetzen ist. Und das wird meines Erachtens am Ende oder im zweiten Halbjahr dieses Jahres erfolgen.

Da sind aber genau die Punkte angesprochen, die den Verbund beispielsweise oder auch alle anderen Energie-Erzeuger betreffen. Wenn nämlich die Netze in der Weise von den Erzeugern in stärkerem Umfang als bisher getrennt werden, wenn man den Anbieterwechsel besser gestalten kann als bisher, dann sind genau diese Punkte re­alisiert, die in dem Wettbewerbsbeschleunigungsgesetz, das mehrere von Ihnen ange­sprochen haben, auch vorgesehen sind.

Das Zweite in diesem Zusammenhang ist, dass wir einige Regelungen, die dann die E-Control beispielsweise betreffen, auch umsetzen werden. Aber das, was wir heute be­schließen, hat den Hintergrund, dass wir eigentlich verpflichtet sind, das bis 31. De­zember des Jahres 2009 umzusetzen. Das war bekanntermaßen vor einigen Monaten, daher sind wir da schon säumig in der Umsetzung.

Der Hintergrund ist mehrfach angesprochen worden und leicht erklärbar. Wir haben aufgrund der Neufassung des Bundesverfassungsgesetzes die Verpflichtung, ein Auf­sichtsrecht des zuständigen obersten Organs über weisungsfreie Kollegialbehörden mit richterlichem Einschlag gesetzlich vorzusehen. Die E-Control-Kommission ist eine der­artige Regulierungsbehörde und daher ist es hier notwendig, auch die entsprechende aufsichtsrechtliche Regelung, nämlich dieses Informationsrecht von unserem Ministe­rium festzulegen. Das ist eine Verbesserung der Situation.

Wenn das eine Verbesserung der Situation ist, dann kann ich eigentlich nicht nachvoll­ziehen – das geht in Richtung der Grünen und auch des BZÖ –, warum man das nicht mitträgt. Denn im Endeffekt machen Sie dadurch mehr Sicherheit, wenn es um Ent­scheidungen der E-Control geht, nicht weniger, mehr Sicherheit! Würde jetzt etwas ver­fassungsrechtlich angefochten, dann hätten Sie möglicherweise Aufhebungen oder Un­sicherheit. Daher sage ich: Diese Verbesserung ist eine Verbesserung, die dem Bürger nützt. Ich bin daher sehr dankbar, dass die freiheitliche Fraktion das ebenfalls so sieht und mitträgt, weil eine qualitative Verbesserung vorgesehen wird und sonst in dem Zu­sammenhang nichts anderes.


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll60. Sitzung / Seite 247

Was den Ökostrom anlangt, sind wir dabei, das neu zu regeln. Wir werden da auch einige Verbesserungen gemeinsam durchsetzen. Ansonsten bin ich froh, dass nach einer Zeit, in der man Zweidrittelmehrheiten nicht gesehen hat, heute diese offensicht­lich zustande kommt, und würde mich freuen, wenn das auch bei anderen Materien in unserem Bereich wie beispielsweise bei der Umsetzung der Dienstleistungsrichtlinie stattfinden würde. Auch dort ist es qualitativ und sachlich angebracht. – Vielen Dank. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der SPÖ.)

20.36


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Ing. Schultes. 2 Minuten Redezeit. – Bitte.

 


20.36.27

Abgeordneter Ing. Hermann Schultes (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Ge­schätzter Herr Bundesminister! Das Bundesgesetz, mit dem das Energie-Regulie­rungsbehördengesetz geändert wird, ist eine sehr eine kurze Rechtsmaterie – zumin­dest das, was wir heute ändern – und trotzdem eine wichtige Geschichte, denn für uns geht es doch in der Zukunft darum, auf der einen Seite den Wettbewerb anzuregen und auf der anderen Seite einen zukunftsfähigen Energiemix zu haben.

Die entscheidende Frage ist: Wir wissen ganz genau, Öl und Gas sind preisbestim­mend. Die Gestaltung von Öl- und Gaspreis ist wirklich nicht in unserer Hand. Die da­raus abgeleiteten Preise, die wir alle zahlen müssen, können ganz schön hoch sein und uns wehtun.

Ziel wäre, dass die Gewinne, die damit erwirtschaftet werden, dazu dienen, um auf der einen Seite einen zukunftsfähigen Energiemix in der Produktion zu haben – das heißt entsprechende Investitionen –, und auf der anderen Seite sollten die Gewinne dazu dienen, ein leistungsfähiges Netz zu haben. Also, Mix und Netz müssen die Ziele sein.

Sie beklagen sich, dass die Mineralölkonzerne, die fossilen Lieferanten zu viel Geld an uns verdienen. Ich kann Ihnen nur eines sagen: Die beste Antwort darauf ist die Ener­gie aus Österreich. Und die beste Antwort ist, Energie zu verwenden, um innerösterrei­chische Energiequellen zu schaffen.

Nicht umsonst muss ich darauf hinweisen: Von der österreichischen Eigenenergieauf­bringung ist heute schon 44 Prozent Biomasse. Wir können viel. Wir können auf diesem Weg der Wasserkraft, des Windes, der Biomasse weitergehen. Erdöl und Gas wird nicht die Zukunft sein.

Ich sage Ihnen nur eine Zahl zum Schluss: Wenn das Barrel Öl um 1 US-Dollar teurer wird, dann belastet das unsere österreichische Energierechnung mit 150 Millionen €. Wenn das Barrel Öl um 1 US-Dollar teurer wird, gehen 150 Millionen € unserer Kauf­kraft weg nach Kasachstan, nach Russland, sonst wo hin und werden bei uns nicht wirtschaftswirksam. Das heißt, für dieselbe Leistung ist mehr Geld einfach fort. Und die beste Antwort darauf ist: mehr Effizienz, weniger Verbrauch, Inlandsaufbringung.

Das Energie-Regulierungsbehördengesetz wird ein wichtiger Baustein sein, dass wir da weiterkommen. Ich danke der FPÖ für die Lernbereitschaft, dass sie da wieder mit­gegangen ist. (Beifall bei der ÖVP. – Abg. Dr. Lichtenecker: Was hat denn die FPÖ da­für bekommen?)

20.39


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Hakel. 3 Minu­ten Redezeit. – Bitte.

 


20.39.23

Abgeordnete Elisabeth Hakel (SPÖ): Herr Präsident! Herr Minister! Hohes Haus! Die SPÖ wird dem eingebrachten Entschließungsantrag des BZÖ nicht zustimmen. Das be-


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll60. Sitzung / Seite 248

gründen wir folgendermaßen: Wir haben es ohnehin schon ein paar Mal gehört, aber es schadet ja nicht, das öfters zu hören.

Punkt eins: Anbieterwechsel in maximal drei Wochen. – Das ist einer der Punkte, der in der Binnenmarktrichtlinie diskutiert und umgesetzt werden wird. Und wir werden dann sehen, wenn es darum geht, es abzustimmen, wie wichtig der Konsumentenschutz der Opposition ist und ob sie mit der Zweidrittelmehrheit mitstimmen wird.

Punkt zwei: Transparenz der Rechnungen und des Werbematerials. – Das muss man sich anschauen. Für die einen ist das mehr transparent, für die anderen etwas anderes. Aber das ist auch einer der Punkte, die in der Binnenmarktrichtlinie umgesetzt werden.

Punkt drei: Strompreissenkung. – Da kann der Minister natürlich nicht direkt in den Preis eingreifen, aber er kann sich durch das Aufsichtsrecht, das wir jetzt beschließen werden, natürlich ein Bild davon machen, und er kann auf anderen Ebenen, zum Bei­spiel über den Verbund, dann andere Initiativen setzen und so eingreifen.

Und zu Punkt vier, Ökostromverrechnungskosten, ist so viel zu sagen, dass ja hier schon einmal ein Entschließungsantrag eingebracht wurde, der bis zum Herbst eine Novelle des Ökostromgesetzes vorsieht. Diese wird ja gerade verhandelt, und da werden wir dann ohnedies die Ergebnisse sehen und können dann darüber sprechen. – Danke. (Beifall bei der SPÖ.)

20.41


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Steindl. 2 Minu­ten Redezeit sind eingestellt. – Bitte.

 


20.41.13

Abgeordneter Konrad Steindl (ÖVP): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine Damen und Herren Kolleginnen und Kollegen! Energieversorgung, leistbare Energie­versorgung und sichere Energieversorgung ist eine der wichtigen Säulen jeder Volks­wirtschaft. Wir haben, glaube ich (Abg. Dr. Lichtenecker: ... so grün wie Ihre Krawat­te!), Frau Kollegin Lichtenecker, eine ökologisch sehr wettbewerbsfähige und vorbild­hafte Energieversorgung und -strategie in Österreich.

Dazu haben wir auch eine entsprechende Energie-Control-Behörde – Herr Boltz ist ja sehr dahinter, dass er die Untiefen, was Preise und andere Dinge anbelangt, immer wie­der aufzeigt. Es funktioniert auch: Es ist eine weisungsfreie Behörde, und das soll auch so bleiben, das kann keiner auflösen. Wir kommen nur einem verfassungsmäßigen Auf­trag nach: dass der Herr Bundesminister für Wirtschaft auch unterrichtet werden muss, was in dieser Behörde vorgeht, und damit dieser auch uns im Parlament darüber infor­mieren kann. – Das beschließen wir heute.

Wir haben, glaube ich, insgesamt eine sehr, sehr gute Energiesituation in Österreich, ge­rade was die Situation der erneuerbaren Energie anbelangt.

Abschließend möchte ich mich bei den Oppositionsparteien, vor allem bei den Freiheit­lichen, sehr herzlich bedanken, dass sie ihrer parlamentarischen Verantwortung wieder nachkommen und diese sehr logische Konsequenz mit uns mitbeschließen und den Beschluss der Zweidrittelmaterie möglich machen. Vielleicht gelingt das auch den Grü­nen und dem BZÖ. – Besten Dank. (Beifall bei der ÖVP.)

20.42


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Frau Abgeordnete Dr. Lichtenecker hat sich ein zwei­tes Mal zu Wort gemeldet. 1 Minute Redezeit. – Bitte.

 


20.43.01

Abgeordnete Dr. Ruperta Lichtenecker (Grüne): Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Eine Richtigstellung zum Antrag des BZÖ und auch zu den Ausführungen von Alois Gradauer:


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll60. Sitzung / Seite 249

Hier wurde festgehalten, dass die Strompreiserhöhung durch Energie AG und Linz AG 18 beziehungsweise 19 Prozent ausmacht.

Das ist in dieser Form nicht richtig. Die Strompreiserhöhung liegt bei 8,8 Prozent bezie­hungsweise bei 9,3 Prozent. – Danke.

20.43


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Zu Wort gemeldet hat sich Herr Abgeordneter Mag. Kuzdas. 3 Minuten Redezeit sind eingestellt. – Bitte.

 


20.43.41

Abgeordneter Ing. Mag. Hubert Kuzdas (SPÖ): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine Damen und Herren! Der Herr Bundesminister hat es schon erwähnt: Es ist eine notwendige und wichtige Materie, die wir heute beschließen, und sie stärkt auch die Rech­te des Parlaments, was die Auskunftspflicht betrifft.

Seit 2001 beziehungsweise 2002 können Strom- und Gaskunden die Anbieter wech­seln. Tatsache ist, dass davon bisher in sehr geringem Ausmaß Gebrauch gemacht wur­de. Die Ursachen sind, meine ich, vielfältig. Ein Grund mag sein, dass der Markt viel­leicht zu wenig transparent ist, ein anderer Grund, dass die Rechnungen kaum ver­gleichbar sind. Das war nicht nur in der Vergangenheit so, sondern ist auch heute noch so. Es handelt sich aber auch um einen komplexen Markt.

Ein anderer Grund mag darin liegen, dass das Produktportfolio der Anbieter unter­schiedlich ist – Gas/Strom in unterschiedlichen Kombinationen –, was auch unterschied­liche Kombinationstarife notwendig macht und einen Anbieterwechsel wiederum er­schwert. Unterschiedliche Rabattmodelle trüben ebenfalls die Transparenz – Gratista­ge, Zahlungsmodalitäten, papierlose Verrechnung und so weiter, all das erschwert den Wechsel.

Die E-Control hat auf ihrer Homepage einen Tarifkalkulator eingerichtet. Ich meine, das ist eine wesentliche Hilfe bei der Anbieterauswahl, aber natürlich wird man um das Ge­spräch mit dem zukünftigen Anbieter nicht herumkommen.

Trotzdem, meine ich, muss man sich gründlich überlegen, zu welchem Zeitpunkt man einen Anbieterwechsel vornimmt. Das beste oder vielmehr das schlechteste Beispiel ist der Verbund, der vor Kurzem eine riesige Kundenakquisition durchgeführt hat, 50 000 Neu­kunden gewonnen hat, mit einer Vertragsbindung von zwölf Monaten, und jetzt mit 1. Mai eine gewaltige Tariferhöhung durchführt. – Eine derartige Vorgangsweise ist zu unter­binden, und da gibt es auch eine gewisse Verantwortung des Eigentümers. Denn: Was hilft dem Kunden, dem Haushalt der Widerspruch? Er kann drei Monate lang Wider­spruch erheben, aber er muss sich dann wieder einen neuen Anbieter suchen.

Spannend finde ich aber auch einige Angebote von Anbietern, wenn es um Float-Tarife geht – Float-Tarife mit dem Hinweis, dass diese unmittelbar an Börsennotierungen ge­koppelt sind. Das bedeutet, dass sich die Haushalte, nachdem sie den Aktienspekula­tionen ausgeliefert waren, jetzt vielleicht auch den Energiepreisspekulanten ausliefern. Ob das Sinn und Zweck der Übung ist, darf hinterfragt werden.

Ich denke, es gibt nicht nur Bedarf nach mehr Transparenz auf dem Markt, um den Wettbewerb zu erhöhen, es gibt auch Bedarf, die Spielregeln festzulegen. – Danke. (Bei­fall bei der SPÖ.)

20.46


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Als hiezu vorläufig letzter Redner zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Riepl. 3 Minuten Redezeit. – Bitte.

 


20.46.48

Abgeordneter Franz Riepl (SPÖ): Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die Energie-Control Kommission – das ist ja schon gesagt worden – ist unabhängig tätig. Sie


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll60. Sitzung / Seite 250

legt Rahmenbedingungen und Tarife für die Strom- und Gasnetze fest, schlichtet Strei­tigkeiten der Marktteilnehmer – unter anderem –, erteilt Genehmigungen und vieles mehr.

Sehr geehrte Damen und Herren! Sie ist aber weisungsfrei und ohne Aufsicht, und das ist der Grund dafür, warum wir heute den Beschluss fassen, ein angemessenes Aufsichts­recht für den Wirtschaftsminister einzuführen, damit dieser seiner Auskunftspflicht ge­genüber dem Parlament nachkommen kann. Ich halte das für eine gute und vernünfti­ge Lösung.

Die Sorgen der Grünen teile ich nicht. Ich glaube, dass sich der Herr Wirtschaftsminister hüten wird, die Unabhängigkeit der E-Control Kommission anzuknabbern, sondern dass er sie arbeiten lassen wird, so wie sie bis jetzt gearbeitet hat. Damit ist die Sorge aus meiner Sicht eigentlich nicht gerechtfertigt.

Herr Wirtschaftsminister, aber eines, was ich Sie noch fragen wollte – wenn heute kei­ne Antwort darauf kommt, dann vielleicht in den nächsten Tagen einmal –, betrifft das, was vorher kritisiert wurde, betreffend Eigentümervertreter Verbundgesellschaft. Das bewegt die Leute schon: Zuerst versucht die Verbundgesellschaft, Kunden zu rekrutie­ren, und dann wird eigentlich unmotiviert doch eine Preisgestaltung vorgenommen, an­gesichts derer die meisten sagen, das ist reine Abzocke.

Jetzt gibt es die Möglichkeit, dass Sie ihnen das angeschafft haben, dass sie um so viel teurer werden – was ich nicht glaube. Eine andere Situation könnte die sein, dass Sie sich auch ein bisschen darüber ärgern – so wie ich beispielsweise –, dass das eben in dieser Art und Weise funktioniert. Oder, dritte Möglichkeit – was ich auch wie­der nicht glaube –: Ihnen ist das egal. Aber eine Eigentümervertretung ist schon gegeben, und daher sage ich: Irgendeine kleine Äußerung von Ihnen irgendwann in den nächsten Ta­gen wäre vielleicht angebracht. Ich glaube, dass das sehr viele Menschen erwarten wür­den. – Danke schön. (Beifall bei der SPÖ.)

20.48

20.48.20


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Zu Wort ist dazu niemand mehr gemeldet. Ich schlie­ße daher die Debatte.

Wünscht der Herr Berichterstatter ein Schlusswort? – Das ist nicht der Fall.

Wir gelangen nun zur Abstimmung über den Gesetzentwurf in 474 der Beilagen.

Da der vorliegende Gesetzentwurf eine Verfassungsbestimmung enthält, stelle ich zu­nächst im Sinne des § 82 Abs. 2 Z 1 der Geschäftsordnung die für die Abstimmung er­forderliche Anwesenheit der verfassungsmäßig vorgesehenen Anzahl der Abgeordne­ten fest.

Die Abgeordneten Mag. Brunner, Kolleginnen und Kollegen haben einen Abänderungs­antrag eingebracht.

Ich werde zunächst über den von diesem Abänderungsantrag betroffenen Teil, über die Verfassungsbestimmung und schließlich über die restlichen, noch nicht abgestimmten Teile des Gesetzentwurfs abstimmen lassen.

Wir kommen zur Abstimmung über den Abänderungsantrag der Abgeordneten Mag. Brun­ner, Kolleginnen und Kollegen, der sich auf Ziffer 2 bezieht.

Wer diesen Abänderungen beitritt, den bitte ich um ein Zeichen. – Das ist die Minder­heit und somit abgelehnt.

Wir kommen sogleich zur Abstimmung über diesen Teil des Gesetzentwurfes in der Fassung der Regierungsvorlage.


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll60. Sitzung / Seite 251

Ich ersuche jene Mitglieder des Hohen Hauses, die hiefür ihre Zustimmung erteilen, um ein diesbezügliches Zeichen. – Das ist mit Mehrheit angenommen.

Weiters gelangen wir zur Abstimmung über die Ziffer 1 in der Fassung der Regierungs­vorlage.

Bei Zustimmung bitte ich um ein Zeichen der Bejahung. – Auch das ist mehrheitlich an­genommen.

Ausdrücklich stelle ich die verfassungsmäßig erforderliche Zweidrittelmehrheit fest.

Schließlich kommen wir zur Abstimmung über die restlichen, noch nicht abgestimmten Teile des Gesetzentwurfs samt Titel und Eingang in der Fassung der Regierungsvorlage.

Ich bitte jene Damen und Herren, die hiefür ihre Zustimmung erteilen, um ein diesbe­zügliches Zeichen. – Das ist mit Mehrheit angenommen.

Wir kommen sogleich zur dritten Lesung.

Ich bitte jene Damen und Herren, die dem vorliegenden Gesetzentwurf auch in dritter Lesung ihre Zustimmung erteilen, um ein diesbezügliches Zeichen. – Das ist mehrheit­lich angenommen.

Ausdrücklich stelle ich wiederum die verfassungsmäßig erforderliche Zweidrittelmehr­heit fest. – Der Gesetzentwurf ist somit auch in dritter Lesung angenommen.

Wir gelangen nunmehr zur Abstimmung über den Entschließungsantrag der Abge­ordneten Bucher, Kolleginnen und Kollegen betreffend: Energiepreis senken, Transpa­renz erhöhen, Wettbewerb beschleunigen.

Ich bitte jene Damen und Herren, die für den Entschließungsantrag sind, um ein Zei­chen der Zustimmung. – Das ist die Minderheit und somit abgelehnt.

20.52.017. Punkt

Bericht des Ausschusses für Menschenrechte über den Antrag 1027/A(E) der Ab­geordneten Mag. Alev Korun, Kolleginnen und Kollegen betreffend erforderliche Waffenhandelskontrolle (659 d.B.)

 


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Wir gelangen nun zum 7. Punkt der Tagesordnung.

Auf eine mündliche Berichterstattung wurde verzichtet.

Zu Wort gemeldet hat sich Herr Abgeordneter Dr. Kurzmann. Eingestellte Redezeit: 3 Minuten. – Bitte.

 


20.52.36

Abgeordneter Dr. Gerhard Kurzmann (FPÖ): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Sehr geehrte Damen und Herren! Die Freiheitliche Partei wird diese Initiative nicht un­terstützen, und das hat im Wesentlichen zwei Gründe. Zum einen wollen wir die heimi­schen Wirtschaftsbetriebe – es sind ohnedies nicht sehr viele, die in diesem Sektor tä­tig sind – gegenüber der ausländischen Konkurrenz nicht weiter benachteiligen. Und der zweite Grund ist: Die derzeitigen gesetzlichen Regelungen – und davon sind wir über­zeugt – reichen völlig aus. Es gibt hier das Außenhandelsgesetz, aber auch das Waf­fengesetz 1996, die diese Materie ausreichend regeln.

Die Einführung eines zusätzlichen Zertifikates, wie das die Grünen fordern, meine Da­men und Herren, würde unserer Überzeugung nach nur zu einem weiteren, unverhält­nismäßigen Verwaltungsaufwand führen, und das genau in einer Zeit, in der immer wieder über die Straffung der Verwaltungsstrukturen, aber auch über einen Abbau der Verwaltung in allen Bereichen nachgedacht wird.


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll60. Sitzung / Seite 252

Wir haben uns überlegt: Was kann nun der Anlass für eine solche angestrebte Geset­zesnovelle sein? Wo sind dafür die objektiven Kriterien?

Wenn man sich die Statistiken anschaut, dann wird man die nicht finden, denn: Wenn man sich etwa die Rüstungsindustrie ansieht, dann bemerkt man, dass die Vereinigten Staaten von Amerika mit einem Volumen von über 547 Milliarden € diese Liste bei Wei­tem anführen; erst weit danach kommt Großbritannien mit einem Volumen von 59,7 Mil­liarden €, dann kommt China mit 58 Milliarden €, und dann geht die Liste weiter – da findet sich überhaupt nichts von Österreich.

Und wenn man sich eine andere Liste anschaut, nämlich die Liste der Unternehmen, die im Rüstungsgeschäft führend tätig sind, dann findet man mit Boeing und sechs wei­teren US-amerikanischen Unternehmen gleich einmal die Listenführer. Weit, weit da­hinter kommen dann französische oder englische Rüstungsunternehmen. Auch auf die­ser Liste ist Österreich unter „ferner liefen“ oder scheint dort überhaupt nicht auf.

Das heißt, diese Frage spielt eine sehr untergeordnete Rolle. Und wir Freiheitlichen wollen die paar Firmen, die in diesem Geschäft tätig sind, nicht gegenüber der auslän­dischen Konkurrenz schädigen. Für eine Gesetzesänderung fehlen unserer Überzeugung nach die notwendigen Bedingungen. (Beifall bei der FPÖ sowie des Abg. Scheibner.)

20.55


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Hagenhofer. Eingestellte Redezeit: 3 Minuten. – Bitte.

 


20.55.45

Abgeordnete Marianne Hagenhofer (SPÖ): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Ge­schätzte Kolleginnen und Kollegen! Bei dieser gegenüber dem ursprünglichen Antrag der grünen Kolleginnen und Kollegen abgeänderten Entschließung geht es um die Waffenhandelskontrolle. Wir fordern darin die Bundesregierung beziehungsweise den Wirtschaftsminister auf, dem Nationalrat eine Novelle des Außenhandelsgesetzes zu­zuleiten, die praktikabel ist. Wir wollen also niemanden benachteiligen, niemanden vom Wettbewerb ausschließen, weshalb auch die Endverbraucherzertifizierung auf EU-Standards abgestellt werden soll, sodass wirklich keine Wettbewerbsverzerrung gege­ben ist. Und die Novelle soll auch vorsehen, dass Randfeuerwaffen bewilligungspflich­tige Güter sind.

Mit dieser Novelle sollen – davon gehen wir aus – Bewilligungslücken im Außenhan­delsgesetz bestmöglich vermieden werden und eine effiziente Endverbraucherkontrolle geschaffen werden, um so den effektiven Schutz der Menschenrechte insbesondere auch in Krisengebieten sicherzustellen.

Geschätzte Kolleginnen und Kollegen, wir sind uns alle dessen bewusst, dass illegale Verwendungen auch durch Zertifizierungen nicht hintanzuhalten sind, aber es ist ein Weg, die Lücken immer mehr zu schließen. Ich ersuche daher, diesem unserem Abän­derungsantrag zuzustimmen. (Beifall bei der SPÖ.)

20.57


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Scheibner. 3 Minuten Redezeit. – Bitte.

 


20.57.39

Abgeordneter Herbert Scheibner (BZÖ): Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Es ist natürlich ein ernstes Thema, und niemand will, dass, auf welchem Schauplatz der Welt auch immer, Terroristen oder andere Kombattanten mit Waffen – egal, woher sie kommen, Frau Kollegin Hagenhofer – gegen Unschuldige vorgehen. Ich glaube, das ist ein allgemeiner Konsens. Die Frage ist: Wie macht man das? Und ich sage Ih-


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nen ganz ehrlich, da gibt es viele Möglichkeiten, vor allem auch auf internationaler Ebene: dass man schärfer kontrolliert, dass man auch verschiedene Firmen, die be­kannt sind, stärker unter die Lupe nimmt, dass man gegen Organisationen, die solche Dinge dann auch entsprechend verwenden, schärfer vorgeht und dass man nicht nur deshalb, weil vielleicht eine Großmacht meint, das sind Freunde, da schauen wir ein bisschen weniger hin, und bei den anderen schauen wir mehr hin, dann sagt, das passt schon alles, denn das ist international abgesegnet, dass man hier mit zweierlei Maß misst.

Aber dann hier, nur weil die Grünen einen Antrag eingebracht haben, zu sagen, man muss dem Mainstream folgen, und hier jetzt einen wirklich – entschuldigen Sie, Frau Kollegin Hagenhofer – unsinnigen Antrag zu verabschieden, damit Ruhe ist und man nicht argumentieren muss, das ist ein bisschen wenig, um diesem Problem zu begegnen.

Erstens – und ich gehe jetzt einmal vom Entschließungsantrag der Grünen aus –: Es geht hier um das Außenhandelsgesetz, also nicht um Kriegsmaterial – weil Sie ja ge­sagt haben: Waffen. Also es geht nicht um Sturmgewehre, Maschinengewehre, was auch immer, nicht um Kriegsmaterial, sondern es geht um Kleinwaffen, Pistolen, ande­res. Und – und das ist interessant – die Grünen wollen jetzt auch die sogenannten Randwaffen, also Kleinkalibergewehre – dazu gehören auch Sportwaffen – mit einbe­ziehen. Na großartig! Das stelle ich mir in der Praxis gut vor, dass dann nämlich jede Sportwaffe, die man ins Ausland bringen möchte, einer Genehmigungspflicht unterliegt.

Und wenn das in ein Land kommt, vielleicht zu einem Wettbewerb oder zu irgendeiner Messe, und zufällig so etwas eintritt, wie es einmal der Fall war – ich habe da ein Bei­spiel in Erinnerung mit Großbritannien, als die sich am Irak-Krieg beteiligt haben und die Frau Außenministerin damals den Neutralitätsfall ausgerufen hat; das ist noch nicht so lange her –, dann darf man dorthin keine Waffen verbringen. Das heißt, diese Sport­waffen bleiben dann in Österreich.

Jetzt kann man sagen, das ist auch egal und nicht so dramatisch, aber wie Sie damit verhindern wollen, dass irgendwo in Afrika, in Asien, in Lateinamerika oder sonst wo Terroristen und irgendwelche Banden Waffen missbräuchlich verwenden, ist mir ehrlich gesagt ein Rätsel. (Zwischenruf der Abg. Hagenhofer.)

Wenn die Grünen hier sagen, ein österreichischer Soldat könnte von einer Miliz mit einer österreichischen Waffe angeschossen werden, denke ich, meine Damen und Herren, dem österreichischen Soldat ist es dann im Ernstfall völlig egal, mit welcher Waffe er angeschossen wird. Wir hoffen nur, dass er ordentlich ausgerüstet ist, damit er sich selbst verteidigen kann. (Beifall beim BZÖ und bei Abgeordneten der FPÖ.)

Den Fall haben wir ja oft, und das wäre unsere Forderung: Es wäre eine sinnvolle Sa­che, dass man das endlich einmal auch europaweit anschaut, denn das ist dann auch eine Frage der wirtschaftlichen Konkurrenz, weil die Schweizer, die Schweden oder die Finnen da viel weniger Restriktionen haben als wir, vor allem auch in der Praxis. Sie machen dann die Geschäfte, während wir entsprechende Bürokratie produzieren – wo­bei ich sagen muss, dass sich sowohl das Außenministerium als auch das Wirtschafts­ministerium sehr bemühen, hier pragmatisch vorzugehen. Aber sie werden jetzt wieder mit zusätzlicher Bürokratie überfrachtet, obwohl wir heute Vormittag noch überlegt ha­ben, wie man die Bürokratie reduzieren kann.

Meine Damen und Herren! Es ist ja interessant zu sehen, was aus dieser Entschlie­ßung gemacht wurde. Übrigens möchten die Grünen ja noch, dass dann vor Ort über­prüft wird, ob das alles stimmt. Kennen Sie das Völkerrecht, Frau Abgeordnete Korun? (Abg. Mag. Kogler: Seien Sie nicht so schulmeisterhaft!) Glauben Sie, dass es in der Praxis möglich ist, dass ein österreichischer Beamter irgendwohin zur Polizeidienststel­le fährt – egal, wo das ist: Amerika, Großbritannien oder sonst wo – und sagt (Zwi­schenruf der Abg. Mag. Korun): So, Grüß Gott, ich komme vom österreichischen Außen-


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ministerium oder Innenministerium und ich möchte jetzt Ihre Dienstwaffen mitsamt den Nummern kontrollieren, ob das auch wirklich die sind (neuerlicher Zwischenruf der Abg. Mag. Korun), die wir entsprechend genehmigt haben, oder ob Sie mit denen etwas an­deres gemacht haben?! – Also, das ist ja wirklich merkwürdig!

Insofern ist diese Entschließung ein ganz netter Trick, denn da steht dann, „nach Mög­lichkeit“ wird das so gemacht – nach Möglichkeit! Man weiß, dass es nicht möglich ist, und deshalb ist es ein Placebo. Nur, ich sage Ihnen ehrlich, für Placebos sollten wir uns hier nicht hergeben, sondern wirklich sinnvolle Maßnahmen diskutieren und be­schließen, und derer gäbe es in diesem Bereich einige, die man diskutieren könnte. (Bei­fall bei BZÖ und FPÖ.)

21.02


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Großruck. 4 Mi­nuten Redezeit. – Bitte.

 


21.02.44

Abgeordneter Wolfgang Großruck (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Geschätzter Herr Bundesminister! Meine Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich glaube, man sollte bei der ganzen Diskussion die Kirche im Dorf lassen. Das Ganze ist keine Initiative gegen das bestehende Waffengesetz, keine Initiative gegen das Waf­fenbesitzrecht – das ist ein gutes österreichisches Gesetz, das wir haben. (Präsidentin Mag. Prammer übernimmt wieder den Vorsitz.)

Was ist ein Entschließungsantrag, der abgeschwächt worden ist? – Kollege Scheibner ist auf die Kontrollmöglichkeiten im Ausland eingegangen. Dieselbe völkerrechtliche Sicht haben wir auch, deshalb haben wir einen Abänderungsantrag eingebracht. Darin geht es darum, dass, wenn Waffen im Rahmen des Außenhandelsgesetzes exportiert werden, Möglichkeiten präzisiert werden, um zu kontrollieren, ob diese auch in die rich­tigen Hände kommen, denn ich glaube, wir alle sind der Meinung: Wenn Waffen in fal­sche Hände kommen, dann sind sie gefährlich.

Meine Damen und Herren, es gibt Statistiken, wonach jährlich 740 000 Todesopfer durch sogenannte illegale oder illegal exportierte Waffen – nicht von Österreich, son­dern weltweit – zu beklagen sind, weswegen auch die UNESCO und auch der ehema­lige UNO-Generalsekretär Annan darauf hingewiesen haben, dass da eine entspre­chende Kontrolle gemacht werden müsste.

Nun wird mit diesem Entschließungsantrag Herr Bundesminister Dr. Mitterlehner er­sucht, im Rahmen seines Ministeriums Kriterien auszuarbeiten, die möglichst verhin­dern können, dass Waffen illegal – das heißt, ohne Bekanntgabe des Besitzers, ohne Bekanntgabe des Käufers – exportiert werden. – Ich weiß nicht, wieso die Aufregung hier so groß ist, denn ich glaube, wir alle sind dafür, dass es keine illegalen Waffenex­porte gibt.

Wenn jemand legal Jagdwaffen an eine Jagdgesellschaft irgendwohin exportiert, dann ist das in Zukunft natürlich weiterhin erlaubt und gestattet. Wenn sich aber herausstellt, dass es hier gewisse Quellen gibt, gerade in Bürgerkriegsgegenden, die es in Afrika und woanders zuhauf gibt, dann, glaube ich, ist schon Vorsicht geboten, und da sollte uns allen, auch aus Sicht der Menschenrechte, etwas einfallen, damit wir das verhin­dern können. Ob wir es ganz verhindern können, das bezweifle auch ich, aber man sollte Maßnahmen setzen, die es eben extrem schwierig machen.

Weil vorhin Amerika und England erwähnt worden sind: Ja gut, das sind keine guten Beispiele. Wir haben hier auch – Sie erinnern sich sicher daran – die Initiative für die Eindämmung von Antipersonenminen gestartet. Jetzt sind viele Länder da aufgesprun­gen, und nun ist es plötzlich möglich, dass diese oder auch die Streuminen verboten wer-


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll60. Sitzung / Seite 255

den. Wir haben vor Kurzem auch eine Diskussion über das Atomwaffenverbot ge­habt. Jetzt gibt es erstmals Verhandlungen auch zwischen Amerika und Russland, um gene­rell auszusteigen. – Wir wissen, das ist ein langer Weg, ein dorniger Weg, aber einen An­fang muss man machen.

So sollte man, glaube ich, auch diese Initiative, diesen Antrag sehen: dass der Herr Bundesminister sich das alles anschaut. Er wird Vorschläge ausarbeiten, die natürlich in die Begutachtung gehen, und dort sind alle Betroffenen gefragt und alle Betroffenen eingeladen, mitzuarbeiten. Und dann werden wir hier herinnen im Parlament disku­tieren, ob wir dieser Vorlage zustimmen – ich nehme an, dass es so ist, dass wir alle zu­stimmen können.

Niemand – niemand, meine Damen und Herren! – möchte den österreichischen Waf­fenhandel diskriminieren oder ihm Prügel vor die Füße werfen, sondern da sind wir, glaube ich, einer Meinung, betreffend den illegalen Waffenexport – dorthin, wo er nicht hingehört – müssen wir, glaube ich, alle dagegen sein. Darum geht es!

Meine Damen und Herren, ich komme zum Schluss. Wir haben demnächst, am Sonn­tag, Wahlen, und die ÖVP wird ja dort und da gefragt: Was tut Ihr? (Abg. Mag. Kogler: Passend zum Thema!) – Das sind die Waffen des Wählers; damit bin ich beim Thema: Die Waffe des Wählers ist der Stimmzettel.

Ich bringe nun einen Vierzeiler. (Abg. Mag. Kogler: Für die Waffe braucht ihr aber einen Waffenschein!) Herr Kogler, passen Sie auf! –, damit Sie wissen, wie wir alle wählen werden.

Gutmenschen leiden große Qualen:

Wie wählen die Schwarzen bei den Wahlen?

Wir wollen sie länger nicht mehr quälen:

Wir werden sicher weise wählen.

(Heiterkeit und Beifall bei der ÖVP. – Abg. Mag. Kogler: Ja, aber genau daran besteht ja der große Zweifel!)

21.07


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Frau Abgeordnete Mag. Korun gelangt nun zu Wort. – Bitte.

 


21.07.21

Abgeordnete Mag. Alev Korun (Grüne): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehr­ter Herr Bundesminister! Verehrte Kolleginnen und Kollegen! Ich könnte jetzt natürlich meinen Vorredner bitten, das ein bisschen präziser auszudrücken, damit wir unter­scheiden können, ob „weise“ oder „weiße“ gesagt wurde (Abg. Großruck: Mit „rundem s“: weise!), aber das werde ich aber nicht tun. Auf jeden Fall wäre es sinnvoll, dass die ÖVP-Fraktion vor der kommenden Wahl noch einmal in sich geht. (Zwischenrufe bei der ÖVP.)

Zurück zu unserem Entschließungsantrag und dem Ausschussbericht des Menschen­rechtsausschusses: Es ist eine Tatsache, dass Österreich einer von acht Top-Expor­teuren von Kleinwaffen ist. Es steht auch fest, dass die Kleinwaffen eigentlich die wah­ren Vernichtungswaffen unserer Zeit sind. – Das sage nicht nur ich, sondern das hat im Jahr 2001 schon der damalige UN-Generalsekretär Kofi Annan gesagt.

Insofern ist es nicht ganz unwichtig – bei aller Statistik, die hier auch angemerkt wur­de –, dass Österreich eben einer von acht Top-Exporteuren im Bereich Kleinwaffen ist, und insofern kann es uns nicht egal sein – nicht dem Menschenrechtsausschuss und hoffentlich erst recht nicht dem österreichischen Nationalrat –, wo diese Waffen dann letztendlich landen und gegen wen sie gerichtet werden: ob sie in bewaffneten Konflik-


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll60. Sitzung / Seite 256

ten, in kriegsführenden Ländern durch bewaffnete Milizen zum Beispiel gegen die Zivil­bevölkerung eingesetzt werden.

Umso erfreulicher ist es, dass es gelungen ist, dass der Großteil, die Mehrheit der Ab­geordneten im Menschenrechtsausschuss sich unserem Vorstoß angeschlossen hat, dass die Mehrheit im Menschenrechtsausschuss gesagt hat: Ja, es gibt Lücken im der­zeitigen Außenhandelsgesetz, und diese Lücken sollten geschlossen werden!

Ich möchte nur ein Beispiel ein bisschen im Detail erwähnen, nämlich die Sache mit den sogenannten Randfeuerwaffen: Die technische Entwicklung macht auch bei den Waffen nicht Halt, wie Sie sich alle vorstellen können, und die sogenannten Randfeu­erwaffen, die noch vor ein paar Jahren als nicht lebensgefährlich eingestuft wurden und deshalb auch nicht als bewilligungspflichtige Güter im Außenhandelsgesetz ange­führt wurden, sind inzwischen technisch so weit entwickelt – leider, muss man sagen –, dass Sie beispielsweise kugelsichere Westen von Polizisten und Polizistinnen durch­stoßen und tödliche Folgen haben können.

Umso erfreulicher ist es, dass es mit diesem Antrag von uns Grünen – in leicht abge­änderter Form – gelingen wird, hoffentlich, dann eine Novelle im Nationalrat zu haben, mit der Randfeuerwaffen zu bewilligungspflichtigen Gütern erklärt werden. Umso wich­tiger ist es, dass jetzt endlich zwingend ein Endverbraucherzertifikat vorgesehen und auch festgelegt wird, was dieses Endverbraucherzertifikat an Kriterien beinhalten muss.

Genauso wichtig ist es, dass es so etwas wie eine Wareneingangsbescheinigung beim Endverbraucher gibt, dass sozusagen das bewilligende Ministerium herausbekommen kann, wo die Waffen wirklich gelandet sind. Und genauso wichtig wären auch Endver­braucherkontrollen vor Ort.

Es ist für uns ein Wermutstropfen, dass von den Regierungsfraktionen zwei wichtige Punkte in unserem Antrag mit einem Abänderungsantrag quasi gestrichen wurden. Das ist einmal die Übermittlung der Seriennummern der exportierten Waffen. Das wäre unserer Meinung nach notwendig, um eine effiziente Kontrolle zu haben, denn sonst muss sich das Ministerium im Verdachtsfall an den Waffenexporteur wenden und die­sen ersuchen, die Seriennummern mitzuteilen. – Ich brauche hier jetzt wahrscheinlich nicht weiter zu erläutern, was sich der Waffenexporteur dann denken wird: dass es eben einen begründeten Verdacht gibt, dass Nachforschungen angestellt werden – und das ist nicht unbedingt die beste Voraussetzung für Nachforschungen.

Zweiter Punkt, der jetzt nicht mehr dabei ist: stichprobenartige Kontrollen vor Ort. Ja, wir stehen dazu: Wenn es nicht nur die USA, sondern auch Schweden, das ja bekannt­lich keine große Weltmacht ist, schaffen, beim Waffenhandel vorzusehen, dass der Ex­porteur zu stichprobenartigen Kontrollen vor Ort verpflichtet wird, dann könnte, ja müsste das doch auch in Österreich zu schaffen sein.

Obwohl diese zwei Punkte, die im ursprünglichen Antrag von uns Grünen dabei waren, nicht mehr im Ausschussbericht enthalten sind, werden wir dennoch diesem Bericht zustimmen, weil wir finden, dass jene Änderungen, die kommen werden, trotzdem ein großer Schritt in die richtige Richtung sind, sodass eine effektive – und nicht nur mög­lichst, sondern hoffentlich auch wirklich gänzlich – lückenlose Kontrolle des Waffenhan­dels endlich umgesetzt wird.

In diesem Sinne ein Danke an die Abgeordneten, die dem Ausschussbericht zustim­men werden, ein Danke auch an Herrn Minister Mitterlehner, der offensichtlich auch die Notwendigkeit erkennt, das aktuelle Außenhandelsgesetz zu novellieren.

Und: Im Sinne der Verbesserung der Menschenrechte ist das ein großer Schritt. – Danke. (Beifall bei den Grünen.)

21.12



Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll60. Sitzung / Seite 257

Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Herr Bundesminister Dr. Mitterlehner hat sich zu Wort gemeldet. – Bitte, Herr Bundesminister. (Abg. Mag. Stadler: Diese Vereinnahmung ist nicht wirklich gut! – Zwischenruf des Abg. Scheibner.)

 


21.13.08

Bundesminister für Wirtschaft, Familie und Jugend Dr. Reinhold Mitterlehner: Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Es ist tatsächlich so, dass das Außenhandelsgesetz novelliert wird, allerdings bedurfte es dazu nicht dieses Ent­schließungsantrages, sondern es gibt ja auch die Verpflichtung seitens der Europäi­schen Union, EU-Rechtsakte umzusetzen. Und in diesem Zusammenhang ist ohnehin eine entsprechende Rechtsanpassung notwendig, wobei ich im Übrigen bemerken darf, dass sich unsere Praxis, was Waffenexporte anlangt, genauso im System bewegt, wie das auch bei den anderen EU-Ländern der Fall ist – und im Wesentlichen ist das auch gleich mit der neutralen Schweiz.

Was die jetzt mehrfach relevierte Frage anlangt, wie das mit den Randfeuerwaffen, ja überhaupt mit Waffenexporten ist, möchte ich darauf hinweisen, dass es immer nur da­rum gehen kann, den illegalen – und nicht den legalen Handel – mit Waffen zu unter­binden. (Beifall der Abg. Fürntrath-Moretti.) Hinzuweisen ist auch darauf, dass das ein wichtiger Bestandteil der Exporttätigkeit mehrerer österreichischer Firmen ist. Daher sind wir da angehalten – das Wort „möglichst“ finde ich da sehr gut –, eine entspre­chende Regelung umzusetzen, die sozusagen beide Elemente berücksichtigt.

Wenn es darum geht, Menschenrechtsverletzungen mit Waffen aus Österreich anzu­sprechen, muss ich sagen: Da hat die Statistik und das, was wir an Unterlagen dazu ha­ben, nie gezeigt, dass es entsprechende Übergriffe gegeben hätte. Und wenn es einmal eine Verwendung von Waffen aus Österreich gegeben hat, konnte man im Nachhinein feststellen, dass das schlichtweg kriminelle Handlungen waren. Das heißt also, es ist nicht daran gelegen, dass es bei uns Kontrolllücken oder eine laxe Bewilligungspraxis gege­ben hätte, sondern es war schlichtweg so, dass der Endverbraucher, und zwar infolge einer kriminellen Handlung, die Waffe nicht so verwendet hatte, wie das eigentlich vor­gesehen war.

Was die von Frau Abgeordneter Korun angesprochene lückenlose Endverbraucherkon­trolle anlangt, möchte ich nochmals auf Folgendes hinweisen: In Österreich haben wir, was die Endverbraucherkontrolle betrifft, jetzt schon relativ strenge Genehmigungs­kriterien. Mit dem geltenden Antragsformular auf Erteilung einer Ausfuhrgenehmigung wird bereits jetzt, und zwar im Original, eine Endverbleibserklärung verlangt. Die Frage mit den Kopien, die ja auch im Ausschuss angesprochen wurde, ist geklärt, denn das muss im Original festgehalten sein.

Zur diskutierten Frage einer verpflichtenden Kontrolle vor Ort ist zu sagen, dass das Territorialitätsprinzip, aber auch praktische Gründe, nämlich begrenzte personelle und finanzielle Kapazitäten, eine solche Endverbrauchskontrolle geradezu unmöglich ma­chen. Wir können uns da doch nicht mit den Vereinigten Staaten von Amerika verglei­chen, die diesbezüglich ganz andere Möglichkeiten haben. Wir haben uns das schwe­dische Modell angeschaut, das de facto ziemlich ähnlich dem ist, was wir nun in Öster­reich umsetzen.

Daher glaube ich, dass dieser Entschließungsantrag durchaus dazu dient, die bereits in die Wege geleiteten Bemühungen, eine zeitgemäße und notwendige Novellierung des Außenhandelsgesetzes vorzunehmen, zu unterstützen. – Danke schön. (Beifall bei der ÖVP sowie bei Abgeordneten der SPÖ.)


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll60. Sitzung / Seite 258

21.16


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Bayr. – Bitte.

 


21.16.49

Abgeordnete Petra Bayr (SPÖ): Frau Präsidentin! Herr Bundesminister! Sehr geehrte Damen und Herren! Ich möchte einen kleinen Aspekt der Rede der Abgeordneten Ko­run aufgreifen, nämlich die Frage der Kleinwaffen, die ja deswegen klein sind, weil sie so gebaut werden, dass sie auch Kinder verwenden können. Wir wissen, dass es je­des Jahr Tausende Kinder gibt, die verschleppt, die aus ihren Familien geraubt wer­den, die in Armeen an die Front gezwungen werden, und zwar gerade in ärmeren Län­dern – und wo diese Kinder dann sozusagen als Kanonenfutter dienen und auch als Sexsklavinnen missbraucht werden. Diesen Kindern wird in sehr, sehr jungen Jahren jegliche Zukunftsperspektive, ja überhaupt jede Zukunft genommen.

Im Norden Ugandas hatte ich einmal die Möglichkeit, mit einem Mädchen zu sprechen, dem es gelungen ist, aus einer Armee, aus der Lords Resistance Army zu flüchten. Die­ses Mädchen war 13 Jahre alt, war HIV positiv, hatte zwei Kinder – und im Großen und Ganzen hatte sie mit ihrem Leben schon abgeschlossen. Dieses Mädchen hatte eine Lebenseinstellung wie eine 50-Jährige. Und zu so einem persönlichen Schicksal kommt dann oft auch noch das Problem dazu, dass diese Kinder gezwungen werden, unheim­lich grausame Gewaltrituale an ihnen nahestehenden Personen durchzuführen – an Ver­wandten, an Freunden –, so zum Beispiel diesen Körperteile abzuschneiden und Ähnli­ches mehr.

Diese Kinder haben dann aufgrund dieser Folter, aufgrund dieser Behandlung einen dermaßen hohen Aggressionspegel, dass sich auch sehr viele Angehörige aus ihren Familien, aus ihren ehemaligen Gemeinschaften vor ihnen fürchten, sodass das eben nicht leicht für jene ist, denen es gelingt, da herauszukommen, je wieder familiären An­schluss zu bekommen. Diese Kinder haben es unendlich schwer, wieder in ihre ur­sprünglichen sozialen Strukturen zurückzufinden.

Wenn wir mit diesem Entschließungsantrag, allein was die Verhinderung des illegalen Kleinwaffenhandels betrifft, einen Schritt weiterkommen, dann halte ich das für einen enorm wichtigen Schritt.

Und: Jeder, der mit solchen kleinen oder anderen Waffen Geschäfte machen möchte, richtet sich ohnehin von selbst. – Danke. (Beifall bei der SPÖ sowie bei Abgeordneten der ÖVP.)

21.19


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Ing. Ka­peller. – Bitte.

 


21.19.14

Abgeordneter Ing. Norbert Kapeller (ÖVP): Frau Präsidentin! Herr Bundesminister! Werte Kolleginnen und Kollegen! Dass das Wirtschaftsministerium in diesem Fall schnel­ler handelt, als das unser Entschließungsantrag hier im Parlament eigentlich vorsieht, spricht für die Qualität unseres Wirtschaftsministers.

Nur eine Anmerkung zu den Randfeuerwaffen, zu den Kleinwaffen bis 5,6 Millimeter Kaliber beziehungsweise zum Endverbraucherzertifikat: Das ist im Prinzip eine Erwei­terung – der Herr Bundesminister hat das ja bereits gesagt –, eine moderne und zeit­gemäße Adaptierung des Außenhandelsgesetzes. Damit wird auch die Balance ge­wahrt, und die Befürchtung trifft nicht zu, dass die exportorientierte Waffenwirtschaft in Österreich entsprechende Schranken auferlegt bekommen würde. Das ist eben eine zeitgemäße Adaptierung und Ergänzung. – Danke. (Beifall bei der ÖVP.)

21.19


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Frau Abgeordnete Gessl-Ranftl gelangt nun zu Wort. – Bitte.

 



Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll60. Sitzung / Seite 259

21.20.12

Abgeordnete Andrea Gessl-Ranftl (SPÖ): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Herr Minis­ter! Hohes Haus! Der Feststellung vieler Expertinnen und Experten, dass der illegale Han­del mit Waffen einer der Hauptgründe für Menschenverletzungen und Verletzungen des internationalen Völkerrechts darstellt, muss meiner Meinung nach einer weit grö­ßeren Bedeutung beigemessen werden, als das bisher der Fall war.

Ein lückenloses System der Endverbraucherkontrolle, wie gefordert, ist dazu unum­gänglich.

Die Bewilligungspflicht für Randfeuerwaffen ist ebenso unabdingbar, denn diese oft ver­harmlosten Kleinwaffen – wir haben es heute schon mehrmals gehört – töten jährlich Tausende von Menschen.

Strenge Bewilligungskriterien und eine straffe Endverbraucherkontrolle sowie schwer­wiegende Sanktionen bei nicht widmungsgemäßer Verwendung sind unbedingt notwen­dig. Da Endverbraucherkontrollen in der Praxis sehr schwierig durchzuführen sind und auch finanzielle Aufwendungen darstellen, müssen diese zum effektiven Schutz der Men­schenrechte genauestens erfolgen.

Damit dem illegalen Waffenhandel noch effektiver entgegengetreten werden kann, soll­ten diese Endverbraucherkontrollen nicht nur durch ein nationales Gesetz, sondern auch durch internationale Abkommen bestätigt werden. – Danke. (Beifall bei der SPÖ.)

21.21


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Herr Abgeordneter Glaser gelangt nun zu Wort. – Bitte.

 


21.21.46

Abgeordneter Franz Glaser (ÖVP): Geschätzte Frau Präsidentin! Herr Bundesminis­ter! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Im Sinne des vorliegenden Antrages betref­fend eine bessere Kontrolle von Waffenhandel bekennen uns wir von der Österreichi­schen Volkspartei natürlich zu einer besseren Endverbraucherkontrolle. Ich möchte schon auch feststellen, dass es nicht nur um Waffen geht, sondern durchaus um Pro­dukte, die sowohl friedlich als auch militärisch verwendet werden können. Wie wir schon gehört haben, wird an einer entsprechenden Novelle des Außenhandelsgesetzes gear­beitet.

Generell möchte ich zu den Diskussionen im Menschenrechtsausschuss noch fest­stellen, dass dort doch sehr viel Ideologie und Fantasie mit schönen Worten diskutiert werden. Die hehren Absichten in Ehren, aber ich glaube, wir sollten doch auch versu­chen, Wunsch und Möglichkeit besser in Übereinstimmung zu bringen. – Danke. (Bei­fall bei der ÖVP.)

21.22


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Herr Abgeordneter Kirchgatterer gelangt nun zu Wort. – Bitte.

 


21.22.47

Abgeordneter Franz Kirchgatterer (SPÖ): Frau Präsidentin! Herr Bundesminister! Meine Damen und Herren! Hohes Haus! Mit dem Ende des Kalten Krieges ist weltweit die Zahl der kriegerischen Konflikte zurückgegangen. Eine negative Trendumkehr – ein deutlicher Anstieg – ist leider wieder seit dem Jahr 2005 zu verzeichnen. In mehr als zwei Dutzend Staaten herrschen höchstes Risiko für politische Instabilität und bewaff­nete Konflikte.

Viele Konflikte, die bereits seit Jahren oder Jahrzehnten schwelen, werden in Europa kaum wahrgenommen; es sind vielfach Dauerkrisen. Die Ursachen für diese Konflikte


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll60. Sitzung / Seite 260

sind vielfältig. Es geht auch um Ressourcen wie Diamanten, Öl oder Edelhölzer. Zu den Hauptleidtragenden – das wurde schon erwähnt – wird immer mehr die Zivilbevöl­kerung.

Was nun die demokratischsten Staaten tun, was nun die internationalen Organisationen tun, das fragen wir uns. Wesentlich sind wohl auch klare Regeln und klare Entschei­dungen und Kontrollen bei Waffenlieferungen.

Mit dem heutigen Antrag sollen die österreichischen Regelungen positiv weiterentwi­ckelt werden. Darüber hinaus gilt es auch, die Bestrebungen zu unterstützen, gemein­sam auf europäischer Ebene hohe Standards in allen demokratischen Ländern zu ver­wirklichen. – Danke. (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der ÖVP.)

21.24


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Nun gelangt Herr Abgeordneter Eßl zu Wort. – Bitte.

 


21.24.41

Abgeordneter Franz Eßl (ÖVP): Frau Präsidentin! Herr Bundesminister! Meine ge­schätzten Kolleginnen und Kollegen! Waffen sind ein brisantes Thema, Waffen sind ein ernstes Thema, und deshalb sollte man es auch mit der besonderen Sorgfalt diskutieren.

Es ist vorhin erwähnt worden, dass Österreich Waffenexporteur ist, und zwar einer der größten der Welt. Ich halte das grundsätzlich nicht für schlecht, denn schließlich und endlich bedeutet das auch Arbeitsplätze in Österreich. Allerdings haben wir da schon zu unterscheiden, nämlich:

Erstens: Von welchen Waffen sprechen wir, die exportiert werden? Sind das Jagdwaf­fen, sind das Gefechtswaffen?

Weiters: In welches Gebiet werden sie exportiert? Ist das ein Krisengebiet, oder sind die Käufer stabile Länder?

Letztendlich: Wer ist Empfänger? Zu welcher Verwendung wird die Waffe gekauft?

Das große Ziel ist natürlich, dass illegaler Handel entsprechend unterbunden wird. Diesbezüglich gibt es ein paar Problembereiche, die verbessert gehören.

Die Kontrolllücken können nicht gänzlich ausgeschlossen werden. Wir sind gut, aber wir können noch besser werden. Vor allem bei Missbrauch kann man die Kontrolllü­cken nicht ganz ausschließen.

Die kleinkalibrigen Randfeuerwaffen sind derzeit nicht erfasst. Ziel dieses Antrages ist, dass wir das Außenhandelsgesetz entsprechend anpassen, sodass ein wirksames und möglichst lückenloses System der Endverbraucherkontrolle erfolgen kann. (Beifall bei der ÖVP.)

21.26


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Plessl. – Bitte.

 


21.26.27

Abgeordneter Rudolf Plessl (SPÖ): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Geschätzter Herr Bundesminister! Werte Kolleginnen und Kollegen! Die Kontrolle des Waffenhandels ist wichtig. Österreich als neutraler Staat ist auf der einen Seite in den fünf wichtigsten multilateralen Exportkontrollgremien Mitglied, auf der anderen Seite sind wir auch im nationalen Bereich durch das bestehende Außenhandels- und das Kriegsmaterialien­gesetz bereits sehr gut aufgestellt.


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll60. Sitzung / Seite 261

Durch die Annahme des heutigen Antrages stellen wir sicher, dass die noch nicht er­fassten Randfeuerwaffen in das künftige Außenhandelsgesetz inkludiert werden. Die­ses Gesetz regelt und normiert im Speziellen die rechtlichen Rahmenbedingungen für die Einfuhr, Ausfuhr, Durchfuhr und Vermittlung von Waren, Software und Technologie, insbesondere in jenen Bereichen, die die nationale Regelkompetenz betreffen.

Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Bereits heute sind viele Kriterien vor einer Be­willigung für die Ausfuhr, Durchfuhr, Vermittlung und innerstaatliche Vereinbarung von Dual-Use-Waren oder Militärgütern zu prüfen. Unter anderem ist es notwendig, folgen­de Kriterien einzuhalten beziehungsweise zu berücksichtigen:

Erstens: Einhaltung völkerrechtlicher Verpflichtungen und Vereinbarungen,

weiters: allfällige Verwendung der Güter zur Herstellung von ABC-Waffen beziehungs­weise von internen Revisionen im Bestimmungsland,

die Lage im Bestimmungsland,

Konfliktspannung,

Aggression zwischen Bestimmungsland und anderen Staaten,

ebenso ist das Interesse der inneren und äußeren Sicherheit Österreichs zu berück­sichtigen.

Zusammenfassend wird festgehalten, dass die Bewilligung nur dann zu erteilen ist, wenn die Einhaltung der soeben genannten Kriterien allenfalls durch Fortschreiben von Auflagen sichergestellt ist. Der heute zum Beschluss vorliegende Antrag steht daher auf einem guten und tragfähigen Fundament. Gehen wir in die richtige Richtung, stim­men wir für diesen Antrag! – Danke. (Beifall bei der SPÖ.)

21.28


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Sacher. – Bitte.

 


21.28.37

Abgeordneter Ewald Sacher (SPÖ): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Herr Bundesmi­nister! Hohes Haus! Es wurde hier schon diskutiert und ausgeführt, dass Österreich im globalen Waffenhandel und in der Produktion von Waffen eine Rolle spielt. Das ist ein Wirtschaftsfaktor. Wir sind ein Rüstungsexporteur, wir produzieren Waffen. Das ist die Realität! Umso mehr ist es für uns auch eine Verpflichtung, die internationalen Spielre­geln einzuhalten und auch Regeln vorzugeben, gemeinsam mit EU und UNO, unsere Hausaufgaben zu machen und besonders vorbildlich zu sein. Mit dem nun vorliegenden Antrag des Ausschusses gehen wir einen Schritt in diese Richtung, um die Kontrolle des Waffenhandels zu verbessern, zu verschärfen.

Es wird auch die Kategorie der sogenannten Randfeuerwaffen miteinbezogen. In die­sem Zusammenhang möchte ich Herrn Abgeordnetem Scheibner antworten. – Herr Abgeordneter Scheibner, Sie haben hier kritisiert, dass das stattfindet. Wenn wir – wie von Frau Kollegin Bayr sehr drastisch ausgeführt – sehen, wie viele Menschen, vor al­lem Kindersoldaten, in der Dritten Welt gerade mit diesen Waffen ausgerüstet werden, wie viel Leid und wie viel Elend damit angerichtet wird, vor allem bei den Kindern, dann muss es uns ein Anliegen sein, dass wir auch diese Waffenkategorie, die mittlerweile, wie schon ausgeführt wurde, zu einer der größten Gruppe von Massenvernichtungs­waffen auf der Welt zählt, stark beschränken, um mit diesem Antrag als Republik Ös­terreich vielleicht einen kleinen Schritt zu setzen in Richtung einer Welt mit etwas weni­ger Waffen, in Richtung einer gerechteren Welt mit weniger Kinderleid, sehr geehrte Da­men und Herren! (Beifall bei der SPÖ.)

21.29



Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll60. Sitzung / Seite 262

Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Als vermutlich letzter Redner für heute gelangt Herr Abgeordneter Riepl zu Wort. – Bitte.

 


21.30.40

Abgeordneter Franz Riepl (SPÖ): Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Waf­fenhandel braucht Kontrolle: bei uns, in der Europäischen Union, ja überall auf der Welt. Wir haben eine Kontrolle. Ich glaube, wir können auch sagen, wir haben eine gu­te Kontrolle, aber selbst eine gute Kontrolle kann noch verbessert werden. Der Ent­schließungsantrag, über den wir jetzt abstimmen werden, geht genau in diese Richtung.

Ich glaube, es ist auch nicht falsch, wenn man noch einmal darauf hinweist, dass die Initiative zu diesem Tagesordnungspunkt von den Grünen ausgegangen ist und dass wir von den Regierungsparteien hiemit zeigen, dass vernünftige Themen, vernünftige Ini­tiativen mehrheitsfähig hier im Hause sind, auch wenn sie von der Opposition kommen.

Das Problem ist der illegale Waffenhandel – und den werden wir wahrscheinlich mit diesem Entschließungsantrag auch nicht wegbringen. Jedenfalls ist das ein Problem. (Beifall und Bravorufe beim BZÖ. – Die Abgeordneten Grosz und Hagen: Bravo, er hat es erkannt!)

Sehr verehrte Damen und Herren! Herr Abgeordneter Großruck hat mich mit seinem Vierzeiler herausgefordert, und daher möchte ich meine Rede mit folgenden Worten schließen:

Der Großruck ruft auf zum Weisewählen,

da braucht sich keiner mehr lange quälen –

denn weise ist, wer mit Verstand abstimmt,

und zwar so, dass Österreich weiter Ansehen gewinnt.

Und damit ist wohl alles klar. (Heiterkeit und Beifall bei der SPÖ. – Abg. Grosz: Sehr holprig!)

21.31

21.32.06

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Es ist niemand mehr zu Wort gemeldet.

Die Debatte ist geschlossen.

Ein Schlusswort von der Berichterstattung wird keines gewünscht.

Wir kommen nun zur Abstimmung über die dem Ausschussbericht 659 der Beilagen angeschlossene Entschließung.

Ich bitte jene Damen und Herren, die dafür eintreten, um ein Zeichen der Zustimmung. (Die SPÖ-Abgeordneten erheben sich nur vereinzelt von ihren Sitzen. – Abg. Grosz: Oje! Mager! Mager!)

Manches Mal würde es sich als nützlich erweisen, bei den Abstimmungen doch etwas höhere Aufmerksamkeit walten zu lassen. (Beifall und Bravorufe beim BZÖ.)

Ich stelle fest, die Entschließung ist angenommen. (E 92.)

Die Tagesordnung ist erschöpft.

21.33.05Einlauf

Ich gebe bekannt, dass in der heutigen Sitzung die Selbständigen Anträge 1084/A(E) bis 1096/A(E) eingebracht wurden.

Ferner sind die Anfragen 5077/J bis 5116/J eingelangt.

*****

 



Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll60. Sitzung / Seite 263

Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Die nächste Sitzung des Nationalrates, die ge­schäftsordnungsmäßige Mitteilungen und Zuweisungen betreffen wird, berufe ich für 21.34 Uhr – das ist gleich im Anschluss an diese Sitzung – ein.

Die Sitzung ist geschlossen.

21.33.38Schluss der Sitzung: 21.33 Uhr

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1017 Wien