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Stenographisches Protokoll

 

 

 

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123. Sitzung des Nationalrates der Republik Österreich

 

XXV. Gesetzgebungsperiode

 

Mittwoch, 27. April 2016

 

 


Stenographisches Protokoll

123. Sitzung des Nationalrates der Republik Österreich

XXV. Gesetzgebungsperiode                    Mittwoch, 27. April 2016

Dauer der Sitzung

Mittwoch, 27. April 2016: 9.05 – 21.45 Uhr

*****

Tagesordnung

1. Punkt: Erklärungen des Bundeskanzlers und des Vizekanzlers gemäß § 19 Ab­satz 2 der Geschäftsordnung des Nationalrates anlässlich der Ernennung eines neuen Mitgliedes der Bundesregierung

2. Punkt: Zweite Lesung: Bericht über den Antrag 1470/A der Abgeordneten Dr. Johannes Jarolim, Mag. Michaela Steinacker, Christoph Hagen, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG), das Bundesgesetz über die Geschäftsordnung des Nationalrates (Geschäftsord­nungsgesetz 1975), das Verfassungsgerichtshofgesetz 1953, die Strafprozeßord­nung 1975 (StPO), das Bundesgesetz über die Wahl des Nationalrates (Nationalrats-Wahlordnung 1992 – NRWO) und das Bundesgesetz über die Wahl der Mitglieder des Europäischen Parlaments (Europawahlordnung – EuWO) geändert werden

3. Punkt: Bericht und Antrag über den Entwurf eines Bundesgesetzes, mit dem das Bundespräsidentenwahlgesetz 1971 geändert wird

4. Punkt: Bundesgesetz, mit dem das Asylgesetz 2005, das Fremdenpolizei­ge­setz 2005 und das BFA-Verfahrensgesetz geändert werden

5. Punkt: Bericht über den Antrag 1531/A der Abgeordneten Otto Pendl, Werner Amon, MBA, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Grenzkontrollgesetz und das BFA-Verfahrensgesetz geändert werden

6. Punkt: Bericht über den Antrag 1429/A(E) der Abgeordneten Mag. Gernot Darmann, Kolleginnen und Kollegen betreffend: Asylmissbrauch abstellen – konsequent ab­schie­ben

7. Punkt: Bericht über den Antrag 1528/A(E) der Abgeordneten Mag. Gernot Darmann, Kolleginnen und Kollegen betreffend dringende Änderungen im Asylwesen

8. Punkt: Bericht über den Antrag 333/A(E) der Abgeordneten Mag. Alev Korun, Kolleginnen und Kollegen betreffend Schaffung einer nachhaltigen und solidarischen Flüchtlingspolitik in Europa

9. Punkt: Bericht über den Antrag 789/A(E) der Abgeordneten Dr. Nikolaus Scherak, Kolleginnen und Kollegen betreffend Statistik Asylverfahren


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll123. Sitzung / Seite 2

10. Punkt: Bericht über den Antrag 1020/A(E) der Abgeordneten Dr. Nikolaus Scherak, Kolleginnen und Kollegen betreffend Vereinfachung des nationalen Fremdenrechts

11. Punkt: Bericht über den Antrag 1522/A(E) der Abgeordneten Christoph Hagen, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Ausweisung des Migrationshintergrundes in der Kriminalitätsstatistik“

12. Punkt: Bericht über den Antrag 1583/A(E) der Abgeordneten Christoph Hagen, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Tagesaktuelle Flüchtlingsstatistik für Österreich“

13. Punkt: Erste Lesung: Regierungsvorlage: Bundesgesetz, mit dem das Bundes­finanzrahmengesetz 2017 bis 2020 erlassen wird sowie das Bundeshaushalts­ge­setz 2013, das Bundesfinanzrahmengesetz 2016 bis 2019 und das Bundesfinanzge­setz 2016 geändert werden

14. Punkt: Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz über das Herstellen und das Inverkehrbringen von Tabakerzeugnissen sowie die Werbung für Tabakerzeugnisse und den Nichtraucherschutz (Tabakgesetz) und das Bundesgesetz, mit dem die Österreichische Agentur für Gesundheit und Ernährungssicherheit GmbH errichtet und das Bundesamt für Ernährungssicherheit sowie das Bundesamt für Sicherheit im Gesundheitswesen eingerichtet werden (Gesundheits- und Ernährungssicherheits­ge­setz – GESG), geändert werden

15. Punkt: Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz über die Gesundheit Österreich GmbH geändert wird

16. Punkt: Rahmenabkommen zwischen der Republik Österreich und der Tschechi­schen Republik über grenzüberschreitende Zusammenarbeit im Rettungsdienst

17. Punkt: Bericht über den Antrag 1601/A der Abgeordneten Erwin Spindelberger, Hermann Gahr, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Apothekengesetz geändert wird

18. Punkt: Bericht über den Antrag 1593/A(E) der Abgeordneten Mag. Alev Korun, Kolleginnen und Kollegen betreffend rasche, unbürokratische Eingliederung syrischer ÄrztInnen und weiteren Gesundheitspersonals in das österreichische Gesundheits­system

19. Punkt: Bericht über den Antrag 1617/A der Abgeordneten Erwin Spindelberger, Dr. Erwin Rasinger, Kolleginnen und Kollegen betreffend Bundesgesetz über die Abwicklung des Krankenanstalten-Zusammenarbeitsfonds (KRAZAF-Abwicklungs­ge­setz)

20. Punkt: Bericht über den Antrag 1577/A(E) der Abgeordneten Dr. Dagmar Belakowitsch-Jenewein, Kolleginnen und Kollegen betreffend Stopp der Säuberungs­welle im Wiener Gesundheitswesen

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Inhalt

Personalien

Verhinderungen .............................................................................................................. 29

Ordnungsrufe ..........................................................................................................  69, 69


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll123. Sitzung / Seite 3

Geschäftsbehandlung

Antrag gemäß § 69 Abs. 3 der Geschäftsordnung, die Regierungs­vor­lage 1096 d.B. betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundesfinanzrah­men­gesetz 2017 bis 2020 erlassen wird sowie das Bundeshaushaltsgesetz 2013, das Bundesfinanzrahmengesetz 2016 bis 2019 und das Bundesfinanzgesetz 2016 geändert werden, in erste Lesung zu nehmen – Annahme  53, 53

Redezeitbeschränkung nach Beratung in der Präsidialkonferenz gemäß § 57 Abs. 3 Z 2 der Geschäftsordnung .......................................................................................................... 53

Verlangen auf Durchführung einer namentlichen Abstimmung ........................  212, 260

Unterbrechung der Sitzung ...............................................................................  213, 261

Antrag der Abgeordneten Peter Wurm, Kolleginnen und Kollegen, den Bericht 1088 d.B. des Gesundheitsausschusses über die Regierungsvorlage (1056 d.B.): Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz über das Herstellen und das Inver­kehrbringen von Tabakerzeugnissen sowie die Werbung für Tabakerzeugnisse und den Nichtraucherschutz (Tabakgesetz) und das Bundesgesetz, mit dem die Österreichische Agentur für Gesundheit und Ernährungssicherheit GmbH errich­tet und das Bundesamt für Ernährungssicherheit sowie das Bundesamt für Sicher­heit im Gesundheitswesen eingerichtet werden (Gesundheits- und Ernäh­rungs­sicherheitsgesetz – GESG), geändert werden, gemäß § 53 Abs. 6 Z 2 der Ge­schäftsordnung an den Gesundheitsausschuss rückzuverweisen – Ablehnung  259, 259

Aktuelle Stunde (34.)

Thema: „Investitionen in die Infrastruktur sichern Wachstum und Beschäftigung“                            29

Redner/Rednerinnen:

Mag. Andreas Schieder .......................................................................................... ..... 29

Bundesminister Mag. Gerald Klug ....................................................................... ..... 32

Anton Heinzl ............................................................................................................ ..... 34

Andreas Ottenschläger .......................................................................................... ..... 35

Dipl.-Ing. Gerhard Deimek ..................................................................................... ..... 36

Georg Willi ............................................................................................................... ..... 38

Michael Pock ........................................................................................................... ..... 39

Christoph Hagen ..................................................................................................... ..... 41

Wolfgang Katzian ................................................................................................... ..... 42

Dipl.-Kffr. (FH) Elisabeth Pfurtscheller ................................................................ ..... 43

Bernhard Themessl ................................................................................................ ..... 45

Dr. Harald Walser .................................................................................................... ..... 46

Mag. Nikolaus Alm .................................................................................................. ..... 48

Leopold Steinbichler .............................................................................................. ..... 49

Rupert Doppler ....................................................................................................... ..... 51

Bundesregierung

Schreiben des Bundeskanzlers Werner Faymann betreffend Enthebung der Bundesministerin für Inneres Mag. Johanna Mikl-Leitner vom Amt sowie Ernennung von Herrn Mag. Wolfgang Sobotka zum Bundesminister für Inneres durch den Bundespräsidenten ........................................... 29

Ausschüsse

Zuweisungen .........................................................................................................  51, 243


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll123. Sitzung / Seite 4

Verhandlungen

1. Punkt: Erklärungen des Bundeskanzlers und des Vizekanzlers gemäß § 19 Absatz 2 der Geschäftsordnung des Nationalrates anlässlich der Ernennung eines neuen Mitgliedes der Bundesregierung   ............................................................................................................................... 54

Bundeskanzler Werner Faymann ............................................................................... 54

Vizekanzler Dr. Reinhold Mitterlehner ....................................................................... 55

Verlangen auf Durchführung einer Debatte gemäß § 81 Abs. 1 der Geschäfts­ordnung                  54

Redner/Rednerinnen:

Heinz-Christian Strache ......................................................................................... ..... 58

Mag. Andreas Schieder .......................................................................................... ..... 62

Dr. Eva Glawischnig-Piesczek .............................................................................. ..... 64

Dr. Reinhold Lopatka ............................................................................................. ..... 66

Mag. Dr. Matthias Strolz ......................................................................................... ..... 69

Otto Pendl ..................................................................................................................... 72

Ing. Robert Lugar ......................................................................................................... 73

Bundesminister Mag. Wolfgang Sobotka ............................................................ ..... 75

Werner Amon, MBA ................................................................................................ ..... 77

Mag. Gernot Darmann ............................................................................................ ..... 78

Angela Lueger ......................................................................................................... ..... 81

Mag. Alev Korun ........................................................................................................... 82

Johann Rädler .............................................................................................................. 84

Mag. Nikolaus Alm .................................................................................................. ..... 85

Rudolf Plessl ................................................................................................................. 87

Christoph Hagen .......................................................................................................... 88

Eva-Maria Himmelbauer, BSc ..................................................................................... 90

Dr. Peter Pilz ........................................................................................................... ..... 91

Nikolaus Prinz ......................................................................................................... ..... 93

Dr. Nikolaus Scherak .............................................................................................. ..... 94

Rupert Doppler ............................................................................................................. 96

Gemeinsame Beratung über

2. Punkt: Zweite Lesung: Bericht des Justizausschusses über den Antrag 1470/A der Abgeordneten Dr. Johannes Jarolim, Mag. Michaela Steinacker, Christoph Hagen, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG), das Bundesgesetz über die Geschäfts­ord­nung des Nationalrates (Geschäftsordnungsgesetz 1975), das Verfassungs­gerichtshofgesetz 1953, die Strafprozeßordnung 1975 (StPO), das Bundesgesetz über die Wahl des Nationalrates (Nationalrats-Wahlordnung 1992 – NRWO) und das Bundesgesetz über die Wahl der Mitglieder des Europäischen Parlaments (Europawahlordnung – EuWO) geändert werden (1081 d.B.) ................... 97

3. Punkt: Bericht und Antrag des Justizausschusses über den Entwurf eines Bundesgesetzes, mit dem das Bundespräsidentenwahlgesetz 1971 geändert wird (1082 d.B.) .................................... 97

Redner/Rednerinnen:

Mag. Albert Steinhauser ........................................................................................ ..... 97

Mag. Michaela Steinacker ...................................................................................... ..... 99

Dr. Nikolaus Scherak .............................................................................................. ... 103

Dr. Johannes Jarolim ............................................................................................. ... 104

Mag. Harald Stefan ................................................................................................. ... 105


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll123. Sitzung / Seite 5

Christoph Hagen ..................................................................................................... ... 106

Dieter Brosz, MSc ................................................................................................... ... 107

Mag. Dr. Klaus Uwe Feichtinger ........................................................................... ... 108

Abgeordnete Mag. Daniela Musiol......................................................................... ... 109

Annahme des Gesetzentwurfes in 1081 d.B. in zweiter Lesung .................................. 112

Annahme des Gesetzentwurfes in 1082 d.B. ............................................................... 113

Gemeinsame Beratung über

4. Punkt: Bericht des Ausschusses für innere Angelegenheiten über die Regierungsvorlage (996 d.B.): Bundesgesetz, mit dem das Asylgesetz 2005, das Fremdenpolizeigesetz 2005 und das BFA-Verfahrensgesetz geändert werden (1097 d.B.) ........................................................................................ 113

5. Punkt: Bericht des Ausschusses für innere Angelegenheiten über den Antrag 1531/A der Abgeordneten Otto Pendl, Werner Amon, MBA, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Grenzkontrollgesetz und das BFA-Verfahrensgesetz geändert werden (1098 d.B.) .........              113

6. Punkt: Bericht des Ausschusses für innere Angelegenheiten über den An­trag 1429/A(E) der Abgeordneten Mag. Gernot Darmann, Kolleginnen und Kolle­gen betreffend: Asylmissbrauch abstellen – konsequent abschieben (1099 d.B.) ................................................................................................ 113

7. Punkt: Bericht des Ausschusses für innere Angelegenheiten über den Antrag 1528/A(E) der Abgeordneten Mag. Gernot Darmann, Kolleginnen und Kollegen betreffend dringende Änderungen im Asylwesen (1100 d.B.) ....................................................................................................................................... 113

8. Punkt: Bericht des Ausschusses für innere Angelegenheiten über den Antrag 333/A(E) der Abgeordneten Mag. Alev Korun, Kolleginnen und Kollegen betreffend Schaffung einer nachhaltigen und solidarischen Flüchtlingspolitik in Europa (1101 d.B.) ........................................................................ 114

9. Punkt: Bericht des Ausschusses für innere Angelegenheiten über den Antrag 789/A(E) der Abgeordneten Dr. Nikolaus Scherak, Kolleginnen und Kollegen betreffend Statistik Asylverfahren (1102 d.B.)               ............................................................................................................................. 114

10. Punkt: Bericht des Ausschusses für innere Angelegenheiten über den Antrag 1020/A(E) der Abgeordneten Dr. Nikolaus Scherak, Kolleginnen und Kollegen betreffend Vereinfachung des nationalen Fremdenrechts (1103 d.B.) .......................................................................................... 114

11. Punkt: Bericht des Ausschusses für innere Angelegenheiten über den Antrag 1522/A(E) der Abgeordneten Christoph Hagen, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Ausweisung des Migrationshintergrundes in der Kriminalitätsstatistik“ 7(1104 d.B.) .............................. 114

12. Punkt: Bericht des Ausschusses für innere Angelegenheiten über den Antrag 1583/A(E) der Abgeordneten Christoph Hagen, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Tagesaktuelle Flüchtlingsstatistik für Österreich“ (1105 d.B.) ................................................................................................. 114

Redner/Rednerinnen:

Mag. Gernot Darmann ............................................................................................ ... 114

Werner Amon, MBA ................................................................................................... 116

Dr. Eva Glawischnig-Piesczek .................................................................................. 168

Otto Pendl ................................................................................................................... 171

Dr. Nikolaus Scherak .............................................................................................. ... 173

Christoph Hagen ..................................................................................................... ... 176


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll123. Sitzung / Seite 6

Bundesminister Mag. Wolfgang Sobotka .......................................................  182, 208

Dr. Walter Rosenkranz ........................................................................................... ... 184

Gabriel Obernosterer ............................................................................................. ... 188

Mag. Alev Korun ..................................................................................................... ... 190

Angela Lueger ......................................................................................................... ... 191

Mag. Günther Kumpitsch ....................................................................................... ... 193

Martina Schenk ....................................................................................................... ... 195

Mag. Albert Steinhauser ........................................................................................ ... 197

Rouven Ertlschweiger, MSc .................................................................................. ... 199

Rupert Doppler ....................................................................................................... ... 200

Jürgen Schabhüttl .................................................................................................. ... 201

Gerhard Schmid ...................................................................................................... ... 202

Ing. Waltraud Dietrich ............................................................................................ ... 202

Hermann Gahr ......................................................................................................... ... 204

Hannes Fazekas ...................................................................................................... ... 205

Norbert Sieber ......................................................................................................... ... 206

Hannes Weninger ................................................................................................... ... 207

Rudolf Plessl ........................................................................................................... ... 209

Dr. Marcus Franz .................................................................................................... ... 209

Ing. Robert Lugar .................................................................................................... ... 210

Entschließungsantrag der Abgeordneten Otto Pendl, Werner Amon, MBA, Kolleginnen und Kollegen betreffend Begutachtung einer Verordnung gemäß § 36 Abs. 1 Asylgesetz 2005 – Annahme (E 137)    172, 214

Entschließungsantrag der Abgeordneten Christoph Hagen, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Höheres Strafausmaß für Schlepper“ – Ablehnung ..........................................................  180, 215

Entschließungsantrag der Abgeordneten Christoph Hagen, Kolleginnen und Kollegen betreffend „48 Stunden Asylverfahrensdauer laut Schweizer Modell“ – Ablehnung ...........  180, 215

Entschließungsantrag der Abgeordneten Christoph Hagen, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Errichtung von EU-Wartecamps in Nordafrika für Personen mit negativem Asylbescheid“ – Ablehnung            181, 215

Entschließungsantrag der Abgeordneten Martina Schenk, Kolleginnen und Kollegen betreffend „DNA-Fingerabdruck“ – Ablehnung ...............................................................................  196, 215

Annahme der beiden Gesetzentwürfe in 1097 und 1098 d.B. (namentliche Ab­stimmung)                            212

Kenntnisnahme der sieben Ausschussberichte 1099, 1100, 1101, 1102, 1103, 1104 und 1105 d.B.         ............................................................................................................................. 215

13. Punkt: Erste Lesung: Regierungsvorlage: Bundesgesetz, mit dem das Bun­desfinanzrahmengesetz 2017 bis 2020 erlassen wird sowie das Bundeshaus­haltsgesetz 2013, das Bundesfinanzrahmengesetz 2016 bis 2019 und das Bundes­finanzgesetz 2016 geändert werden (1096 d.B.) ................. 216

Redner/Rednerinnen:

Kai Jan Krainer ....................................................................................................... ... 216

Gabriele Tamandl .................................................................................................... ... 218

Mag. Roman Haider ................................................................................................ ... 220

Mag. Werner Kogler ................................................................................................ ... 222

Mag. Dr. Matthias Strolz ......................................................................................... ... 225

Ing. Robert Lugar .................................................................................................... ... 227

Bundesminister Dr. Johann Georg Schelling ................................................  228, 241


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll123. Sitzung / Seite 7

Ing. Markus Vogl ..................................................................................................... ... 231

Dr. Kathrin Nachbaur ............................................................................................. ... 233

MMag. DDr. Hubert Fuchs ..................................................................................... ... 235

Dr. Ruperta Lichtenecker ....................................................................................... ... 237

Mag. Gerald Loacker .............................................................................................. ... 238

Leopold Steinbichler .............................................................................................. ... 240

Rupert Doppler ....................................................................................................... ... 242

Zuweisung der Regierungsvorlage 1096 d.B. an den Budgetausschuss ..................... 243

14. Punkt: Bericht des Gesundheitsausschusses über die Regierungsvorlage (1056 d.B.): Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz über das Herstellen und das Inverkehrbringen von Tabakerzeugnissen sowie die Werbung für Tabak­erzeugnisse und den Nichtraucherschutz (Tabakgesetz) und das Bundesgesetz, mit dem die Österreichische Agentur für Gesundheit und Ernährungs­sicher­heit GmbH errichtet und das Bundesamt für Ernährungssicherheit sowie das Bundesamt für Sicherheit im Gesundheitswesen eingerichtet werden (Ge­sundheits- und Ernährungssicherheitsgesetz – GESG), geändert werden (1088 d.B.)                    243

Redner/Rednerinnen:

Peter Wurm ........................................................................................................  243, 258

Philip Kucher ........................................................................................................... ... 247

Mag. Gerald Loacker .............................................................................................. ... 249

Dr. Erwin Rasinger ................................................................................................. ... 252

Ing. Robert Lugar .................................................................................................... ... 253

Dr. Eva Mückstein ................................................................................................... ... 255

Rupert Doppler ....................................................................................................... ... 256

Dr. Franz-Joseph Huainigg ................................................................................... ... 256

Bundesministerin Dr. Sabine Oberhauser, MAS ................................................ ... 257

Entschließungsantrag der Abgeordneten Peter Wurm, Kolleginnen und Kollegen betreffend TabakgesetzNEU – Ablehnung ...........................................................................  246, 262

Annahme des Gesetzentwurfes in 1088 d.B. (namentliche Abstimmung) .................. 259

Annahme der dem schriftlichen Ausschussbericht 1088 d.B. beigedruckten Ent­schließung betreffend Beseitigung von Diskriminierungen bei Bildern und text­lichen Warnhinweisen (E 138)                    262

Annahme der dem schriftlichen Ausschussbericht 1088 d.B. beigedruckten Entschließung betreffend Rückverfolgungsregelungen gemäß § 7 Tabakgesetz (E 139) ................................... 262

Gemeinsame Beratung über

15. Punkt: Bericht des Gesundheitsausschusses über die Regierungsvorlage (1013 d.B.): Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz über die Gesundheit Österreich GmbH geändert wird (1087 d.B.)                         263

16. Punkt: Bericht des Gesundheitsausschusses über die Regierungsvorlage (1000 d.B.): Rahmenabkommen zwischen der Republik Österreich und der Tschechischen Republik über grenzüberschreitende Zusammenarbeit im Rettungsdienst (1086 d.B.) ..................... 263

Redner/Rednerinnen:

Walter Schopf .......................................................................................................... ... 263

Dorothea Schittenhelm .......................................................................................... ... 264


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll123. Sitzung / Seite 8

Dr. Dagmar Belakowitsch-Jenewein .................................................................... ... 265

Dr. Eva Mückstein ................................................................................................... ... 266

Bundesministerin Dr. Sabine Oberhauser, MAS ................................................ ... 267

Johann Hechtl ......................................................................................................... ... 268

Claudia Durchschlag .............................................................................................. ... 269

Johann Höfinger ..................................................................................................... ... 270

Rupert Doppler ....................................................................................................... ... 271

Martina Diesner-Wais ............................................................................................. ... 272

Johann Singer ......................................................................................................... ... 272

Gerhard Schmid ...................................................................................................... ... 273

Annahme des Gesetzentwurfes in 1087 d.B. ............................................................... 274

Genehmigung des Staatsvertrages in 1086 d.B. ......................................................... 274

Gemeinsame Beratung über

17. Punkt: Bericht des Gesundheitsausschusses über den Antrag 1601/A der Abgeordneten Erwin Spindelberger, Hermann Gahr, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Apothekengesetz geändert wird (1089 d.B.) ................................................................ 274

18. Punkt: Bericht des Gesundheitsausschusses über den Antrag 1593/A(E) der Abgeordneten Mag. Alev Korun, Kolleginnen und Kollegen betreffend rasche, unbürokratische Eingliederung syrischer ÄrztInnen und weiteren Gesundheits­personals in das österreichische Gesundheitssystem (1090 d.B.)                274

Redner/Rednerinnen:

Dr. Eva Mückstein ................................................................................................... ... 274

Erwin Spindelberger .............................................................................................. ... 276

Mag. Gerald Loacker .............................................................................................. ... 277

Dr. Erwin Rasinger ................................................................................................. ... 278

Dr. Dagmar Belakowitsch-Jenewein .................................................................... ... 280

Bundesministerin Dr. Sabine Oberhauser, MAS ................................................ ... 281

Dietmar Keck ........................................................................................................... ... 282

Martina Diesner-Wais ............................................................................................. ... 283

Dr. Andreas F. Karlsböck ...................................................................................... ... 284

Angela Fichtinger ................................................................................................... ... 285

Rupert Doppler ....................................................................................................... ... 286

Johann Singer ......................................................................................................... ... 287

Dr. Marcus Franz .................................................................................................... ... 287

Hermann Gahr ......................................................................................................... ... 288

Annahme des Gesetzentwurfes in 1089 d.B. ............................................................... 289

Kenntnisnahme des Ausschussberichtes 1090 d.B. .................................................... 289

Gemeinsame Beratung über

19. Punkt: Bericht des Gesundheitsausschusses über den Antrag 1617/A der Abgeordneten Erwin Spindelberger, Dr. Erwin Rasinger, Kolleginnen und Kollegen betreffend Bundesgesetz über die Abwicklung des Krankenanstalten-Zusammenarbeitsfonds (KRAZAF-Abwicklungsgesetz) (1091 d.B.)                         290

20. Punkt: Bericht des Gesundheitsausschusses über den Antrag 1577/A(E) der Ab­geordneten Dr. Dagmar Belakowitsch-Jenewein, Kolleginnen und Kolle­gen betreffend Stopp der Säuberungswelle im Wiener Gesundheitswesen (1092 d.B.) .................................................................................... 290


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll123. Sitzung / Seite 9

Redner/Rednerinnen:

Dr. Andreas F. Karlsböck ...................................................................................... ... 290

Ing. Markus Vogl ..................................................................................................... ... 293

Dr. Eva Mückstein ................................................................................................... ... 294

Mag. Gertrude Aubauer ......................................................................................... ... 295

Mag. Gerald Loacker .............................................................................................. ... 296

Bundesministerin Dr. Sabine Oberhauser, MAS ................................................ ... 296

Wolfgang Knes ........................................................................................................ ... 297

Rupert Doppler ....................................................................................................... ... 298

Dr. Franz-Joseph Huainigg ................................................................................... ... 299

Dr. Marcus Franz .................................................................................................... ... 299

Entschließungsantrag der Abgeordneten Dr. Andreas F. Karlsböck, Kollegin­nen und Kollegen betreffend „Mystery Shopping“ durch Sozialversicherung – Ablehnung ..............................  292, 302

Entschließungsantrag der Abgeordneten Dr. Marcus Franz, Ulrike Weigers­torfer, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Zusammenlegung aller öffentlich getragenen Krankenanstalten zu einem österreichischen Krankenhausverbund (ÖKHV)“ – Ablehnung ..........................  300, 302

Annahme des Gesetzentwurfes in 1091 d.B. ............................................................... 302

Annahme der dem schriftlichen Ausschussbericht 1091 d.B. beigedruckten Ent­schließung betreffend Verwendung der noch vorhandenen Mittel des Kran­kenanstalten-Zusammenarbeitsfonds für die Palliativ- und Hospizversorgung (E 140) ............................................................................................ 302

Kenntnisnahme des Ausschussberichtes 1092 d.B. .................................................... 302

Eingebracht wurden

Bürgerinitiative ............................................................................................................. 52

Bürgerinitiative betreffend „Stopp der Bundesheer-Zerstörung“ (Ordnungs­num­mer 100)

Regierungsvorlagen .................................................................................................... 51

1094: Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz über österreichische Beiträge an internationale Finanzinstitutionen (IFI-Beitragsgesetz 2014) geändert wird

1096: Bundesgesetz, mit dem das Bundesfinanzrahmengesetz 2017 bis 2020 erlassen wird sowie das Bundeshaushaltsgesetz 2013, das Bundesfinanzrah­mengesetz 2016 bis 2019 und das Bundesfinanzgesetz 2016 geändert werden

1106: Bundesgesetz, mit dem das Katastrophenfondsgesetz 1996 und das Hagelversicherungs-Förderungsgesetz geändert werden

1107: Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz über die Förderung von Hand­werkerleistungen geändert wird

1108: Bundesgesetz, mit dem eine Ermächtigung zur Verfügung über Bundes­vermögen erteilt wird

1109: Abschlussprüfungsrechts-Änderungsgesetz 2016 – APRÄG 2016


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll123. Sitzung / Seite 10

1110: Bundesgesetz, mit dem ein Gesetz über die Gewährung eines Bonus für Väter während der Familienzeit (Familienzeitbonusgesetz – FamZeitbG) erlassen wird sowie das Kinderbetreuungsgeldgesetz, das Allgemeine Sozialver­siche­rungsgesetz, das Gewerbliche Sozialversicherungsgesetz, das Bauern-Sozialver­siche­rungsgesetz, das Beamten-Kranken- und Unfallversicherungsgesetz, das Arbeitslosenversicherungsgesetz, das Familienlastenausgleichsgesetz 1967, das Einkommensteuergesetz 1988 und das Allgemeine Pensionsgesetz geändert werden

1111: Bundesgesetz, mit dem ein Gesetz zur Bekämpfung von Lohn- und Sozialdumping (Lohn- und Sozialdumping-Bekämpfungsgesetz – LSD-BG) erlas­sen wird und das Arbeitsvertragsrechts-Anpassungsgesetz, das Arbeitskräfte­überlassungsgesetz, das Landarbeitsgesetz 1984, das Arbeitsinspektionsge­setz 1993, das Heimarbeitsgesetz 1960, das Betriebliche Mitarbeiter- und Selb­ständigenvorsorgegesetz, das Betriebspensionsgesetz, das Arbeits- und Sozial­gerichtsgesetz, das Sozialbetrugsbekämpfungsgesetz und das Allgemeine Sozialversicherungsgesetz geändert werden

1112: Abkommen zwischen der Republik Österreich und den Vereinten Nationen, der Internationalen Atomenergie-Organisation (IAEO), der Organisation der Vereinten Nationen für Industrielle Entwicklung (UNIDO) und der Vorbereitenden Kommission für die Organisation des Vertrages über das umfassende Verbot von Nuklearversuchen (CTBTO)

Berichte ......................................................................................................................... 52

Vorlage 100 BA: Bericht gemäß § 4a Zahlungsbilanzstabilisierungsgesetz über die im 1. Quartal 2016 ergriffenen Maßnahmen; BM f. Finanzen

Vorlage 101 BA: Bericht gemäß Art. 50c Abs. 3 B-VG iVm § 6 der Anlage 2 zum GOG (ESM-Informationsordnung) über die im Rahmen des Europäischen Stabilitätsmechanismus getroffenen Maßnahmen im 1. Quartal 2016; BM f. Finanzen

III-255: Tätigkeitsbericht 2015 der Energie-Control Austria; BM f. Wissenschaft, Forschung und Wirtschaft

III-256: Bericht betreffend den Gesamtbericht über den Einsatz besonderer Ermittlungsmaßnahmen im Jahr 2014; BM f. Justiz

III-257: Gemeinwirtschaftlicher Leistungsbericht 2014; BM f. Verkehr, Innovation und Technologie

III-258: Jahresbericht 2015 der NADA Austria GmbH; BM f. Landesverteidigung und Sport

III-259: Bericht über das Österreichische Stabilitätsprogramm für die Jahre 2015 bis 2020; BM f. Finanzen

Anträge der Abgeordneten

Tanja Windbüchler-Souschill, Kolleginnen und Kollegen betreffend faire Arbeits­bedingungen für NäherInnen in Billigproduktionsländern (1625/A)(E)

Matthias Köchl, Kolleginnen und Kollegen betreffend Reduktion der Wirtschafts­kammerumlagen (1626/A)(E)


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll123. Sitzung / Seite 11

Dipl.-Ing. Dr. Wolfgang Pirklhuber, Kolleginnen und Kollegen betreffend Milchdialog (1627/A)(E)

Dr. Eva Mückstein, Kolleginnen und Kollegen betreffend Kinder und Jugendliche in der Erwachsenenpsychiatrie – umgehende Behebung der Mangelversorgung (1628/A)(E)

Mag. Judith Schwentner, Kolleginnen und Kollegen betreffend Valorisierung von Leistungen der Arbeitslosenversicherung (1629/A)

Mag. Albert Steinhauser, Kolleginnen und Kollegen betreffend generelles Verbot „privater“ Schusswaffen (1630/A)(E)

Sigrid Maurer, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz über die Gewährung von Studienbeihilfen und anderen Studienför­derungsmaßnahmen (Studienförderungsgesetz 1992), zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 47/2015, geändert wird (1631/A)

Mag. Judith Schwentner, Kolleginnen und Kollegen betreffend Krankenversicherung für pflegende Angehörige (1632/A)(E)

Mag. Christiane Brunner, Kolleginnen und Kollegen betreffend: Schritte für eine wirksame Klimapolitik setzen (1633/A)(E)

Mag. Albert Steinhauser, Kolleginnen und Kollegen betreffend die Schließung von Lücken im österreichischen WaffenG (1634/A)(E)

Dr. Harald Walser, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Schulpflichtgesetz 1985 geändert wird (1635/A)

Mag. Christiane Brunner, Kolleginnen und Kollegen betreffend: Ratifizierung des Klimavertrags von Paris einleiten (1636/A)(E)

Mag. Judith Schwentner, Kolleginnen und Kollegen betreffend die Verhandlungen zum Abschluss einer Vereinbarung zwischen dem Bund und den Ländern gemäß Art. 15a B-VG über eine bundesweite Bedarfsorientierte Mindestsicherung (BMS-Vereinbarung) (1637/A)(E)

Dr. Gabriela Moser, Kolleginnen und Kollegen betreffend Sanierungspflicht für die oberste Geschossdecke (1638/A)(E)

Dr. Gabriela Moser, Kolleginnen und Kollegen betreffend Bestellungsverfahren Rechnungshofpräsident (1639/A)(E)

Dr. Eva Mückstein, Kolleginnen und Kollegen betreffend kinder- und jugend­psychiatrische Mangelversorgung im ambulanten und teilstationären (tagesklinischen) Bereich (1640/A)(E)

Claudia Angela Gamon, MSc (WU), Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Allgemeine Sozialversicherungsgesetz – ASVG geändert wird (1641/A)

Mag. Christoph Vavrik, Kolleginnen und Kollegen betreffend die Kriterien der bi- und multilateralen Entwicklungszusammenarbeit (1642/A)(E)

Michael Pock, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Maßnahmenpaket Umwelt­technologie (1643/A)(E)

Josef Schellhorn, Kolleginnen und Kollegen betreffend Sicherung ausreichender Holzmobilisierung in Österreich (1644/A)(E)


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll123. Sitzung / Seite 12

Mag. Gerald Loacker, Kolleginnen und Kollegen betreffend 15a-Vereinbarung zu Sachleistungen beim Bezug der Bedarfsorientierten Mindestsicherung (1645/A)(E)

Mag. Gerald Loacker, Kolleginnen und Kollegen betreffend Residenzpflicht für aner­kannte Flüchtlinge und subsidiär Schutzberechtigte während Mindestsiche­rungsbezug (1646/A)(E)

Mag. Gerald Loacker, Kolleginnen und Kollegen betreffend Schaffung einer Trans­parenzdatenbank im Sozialbereich für auszahlende und beratende Stellen (1647/A)(E)

Mag. Gerald Loacker, Kolleginnen und Kollegen betreffend Verbesserung der Datenlage im Bereich der Bedarfsorientierten Mindestsicherung (1648/A)(E)

Mag. Gerald Loacker, Kolleginnen und Kollegen betreffend Zusammenführung der Bedarfsorientierten Mindestsicherung und Leistungen der Arbeitslosenversicherung bei längeren Bezugsdauern (1649/A)(E)

Dr. Nikolaus Scherak, Kolleginnen und Kollegen betreffend Bundeskompetenz bei Geldleistungen zur Bedarfsorientierten Mindestsicherung (1650/A)(E)

Mag. Christoph Vavrik, Kolleginnen und Kollegen betreffend die Wahl von Staaten oder deren Vertretern beziehungsweise deren Angehörigen in internationale Gremien (1651/A)(E)

Mag. Dr. Matthias Strolz, Kolleginnen und Kollegen betreffend Einbindung der Schulpartner_innen in Entscheidungsprozesse im Bildungsbereich (1652/A)(E)

Dr. Nikolaus Scherak, Kolleginnen und Kollegen betreffend vermehrtes Angebot an Wertekursen (1653/A)(E)

Mag. Christiane Brunner, Kolleginnen und Kollegen betreffend Maßnahmen zur Vermeidung und zum besseren Recycling von Kaffeekapseln (1654/A)(E)

Dr. Marcus Franz, Ulrike Weigerstorfer, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Zusammenlegung aller öffentlich getragenen Krankenanstalten zu einem öster­reichischen Krankenhausverbund (ÖKHV)“ (1655/A)(E)

Dr. Walter Rosenkranz, Kolleginnen und Kollegen betreffend Verbesserung der AHS-Versorgung im Süden Wiens durch eine Erweiterung des Schulstandortes GRg Wien 23/VBS in Wien-Inzersdorf, Draschestraße 90-92 (1656/A)(E)

Dr. Johannes Hübner, Kolleginnen und Kollegen betreffend keine EZA-Leistungen für bei der Rücknahme ihrer Staatsbürger unkooperative Entwicklungsländer (1657/A)(E)

Dr. Marcus Franz, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Anonyme statistische Erfassung von Schwangerschaftsabbrüchen in Österreich“ (1658/A)(E)

Mag. Nikolaus Alm, Kolleginnen und Kollegen betreffend Senkung der Körper­schaftsteuer auf 12,5 % auf nicht entnommene Gewinne (1659/A)(E)

Dr. Nikolaus Scherak, Kolleginnen und Kollegen betreffend Menschenrechtslage in der Türkei (1660/A)(E)

Dr. Nikolaus Scherak, Kolleginnen und Kollegen betreffend Menschenrechtslage in der Türkei (1661/A)(E)

Peter Wurm, Kolleginnen und Kollegen betreffend Verhinderung von Bankomat-Gebühren (1662/A)(E)


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll123. Sitzung / Seite 13

Dr. Andreas F. Karlsböck, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Mystery Shopping“ durch Sozialversicherung (1663/A)(E)

Peter Wurm, Kolleginnen und Kollegen betreffend Abschaffung der wettbewerbs­ver­zerrenden und konsumentenfeindlichen Schaumweinsteuer (1664/A)(E)

Peter Wurm, Kolleginnen und Kollegen betreffend TabakgesetzNEU (1665/A)(E)

Peter Wurm, Kolleginnen und Kollegen betreffend TabakgesetzNEU (1666/A)(E)

Anfragen der Abgeordneten

Johann Hechtl, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Wissenschaft, Forschung und Wirtschaft betreffend „Bildungsgerechtigkeit für Lehrlinge“ (8997/J)

Johann Hechtl, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Bildung und Frauen betreffend „Bildungsgerechtigkeit für Lehrlinge“ (8998/J)

Dr. Johannes Jarolim, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Justiz betreffend Vorgehensweise der Staatsanwaltschaft Wr. Neustadt in einem Pflege­skandal (8999/J)

Mag. Gerald Loacker, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Finanzen betreffend die Höhe von Beamtenpensionen (9000/J)

Kai Jan Krainer, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Inneres betreffend den „Verdacht der Geldwäsche im Zusammenhang mit Geschäften der Hypo Vorarlberg“ (9001/J)

Kai Jan Krainer, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Justiz betref­fend den „Verdacht der Geldwäsche im Zusammenhang mit Geschäften der Hypo Vorarlberg“ (9002/J)

Gerhard Schmid, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Europa, Integration und Äußeres betreffend EU-Türkei-Pakt (9003/J)

Petra Steger, Kolleginnen und Kollegen an den Bundeskanzler betreffend die Fußball Europameisterschaft 2016 in Frankreich (9004/J)

Petra Steger, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz betreffend die Fußball Europameisterschaft 2016 in Frank­reich (9005/J)

Petra Steger, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Bildung und Frauen betreffend die Fußball Europameisterschaft 2016 in Frankreich (9006/J)

Petra Steger, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Europa, Integration und Äußeres betreffend die Fußball Europameisterschaft 2016 in Frankreich (9007/J)

Petra Steger, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Finanzen betreffend die Fußball Europameisterschaft 2016 in Frankreich (9008/J)

Petra Steger, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Familien und Jugend betreffend die Fußball Europameisterschaft 2016 in Frankreich (9009/J)

Petra Steger, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Gesundheit betreffend die Fußball Europameisterschaft 2016 in Frankreich (9010/J)


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll123. Sitzung / Seite 14

Petra Steger, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Inneres betreffend die Fußball Europameisterschaft 2016 in Frankreich (9011/J)

Petra Steger, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Justiz betreffend die Fußball Europameisterschaft 2016 in Frankreich (9012/J)

Petra Steger, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Kunst und Kultur, Verfassung und Medien betreffend die Fußball Europameisterschaft 2016 in Frankreich (9013/J)

Petra Steger, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft betreffend die Fußball Europameis­terschaft 2016 in Frankreich (9014/J)

Petra Steger, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Landes­ver­teidigung und Sport betreffend die Fußball Europameisterschaft 2016 in Frankreich (9015/J)

Petra Steger, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Verkehr, Inno­vation und Technologie betreffend die Fußball Europameisterschaft 2016 in Frankreich (9016/J)

Petra Steger, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Wissenschaft, Forschung und Wirtschaft betreffend die Fußball Europameisterschaft 2016 in Frank­reich (9017/J)

Walter Rauch, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz betreffend Arbeitslosigkeit Steiermark – Bruck-Mürz­zu­schlag 2015 (9018/J)

Walter Rauch, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz betreffend Arbeitslosigkeit Steiermark – Deutschlands­berg 2015 (9019/J)

Walter Rauch, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz betreffend Arbeitslosigkeit Steiermark – Hartberg-Fürstenfeld 2015 (9020/J)

Walter Rauch, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz betreffend Arbeitslosigkeit Steiermark – Leoben 2015 (9021/J)

Walter Rauch, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz betreffend Arbeitslosigkeit Steiermark – Liezen 2015 (9022/J)

Walter Rauch, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz betreffend Arbeitslosigkeit Steiermark – Murau 2015 (9023/J)

Walter Rauch, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz betreffend Arbeitslosigkeit Steiermark – Südoststei­er­mark 2015 (9024/J)

Walter Rauch, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz betreffend Arbeitslosigkeit Steiermark – Voitsberg 2015 (9025/J)


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll123. Sitzung / Seite 15

Walter Rauch, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz betreffend Arbeitslosigkeit Steiermark – Weiz 2015 (9026/J)

Walter Rauch, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz betreffend Arbeitslosigkeit Steiermark – Graz 2015 (9027/J)

Walter Rauch, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz betreffend Arbeitslosigkeit Steiermark – Graz-Umge­bung 2015 (9028/J)

Walter Rauch, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz betreffend Arbeitslosigkeit Steiermark – Murtal 2015 (9029/J)

Walter Rauch, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz betreffend Arbeitslosigkeit Steiermark – Leibnitz 2015 (9030/J)

Josef A. Riemer, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz betreffend: 760 000 Tonnen Lebensmittel jährlich in Österreich weggeworfen (9031/J)

Josef A. Riemer, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Gesundheit betreffend Lebensmittelskandal (9032/J)

Dr. Walter Rosenkranz, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Landesverteidigung und Sport betreffend „Unser Heer“ – Inserat des BMLVS in der „Wiener Bezirkszeitung“ vom 11. April 2016 (9033/J)

Dr. Dagmar Belakowitsch-Jenewein, Kolleginnen und Kollegen an den Bundes­minister für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz betreffend AMS-Akquisi­tions­offensive 2016 (9034/J)

Dr. Walter Rosenkranz, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Verkehr, Innovation und Technologie betreffend „Impulse für Innovationen“ – Inserat des BMVIT in „Heute“ am 13. April 2016 (9035/J)

Dr. Walter Rosenkranz, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Landesverteidigung und Sport betreffend „Unser Heer“ – Inserat des BMLVS in „Österreich“ vom 13. April 2016 (9036/J)

Dr. Walter Rosenkranz, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Verkehr, Innovation und Technologie betreffend „Folge deinem Herzen“ – Inserat des BMVIT in „Österreich“ am 13. April 2016 (9037/J)

Dr. Walter Rosenkranz, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Landesverteidigung und Sport betreffend „Unser Heer“ – Inserat des BMLVS in „Heute“ vom 11. April 2016 (9038/J)

Dr. Walter Rosenkranz, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Verkehr, Innovation und Technologie betreffend „Folge deinem Herzen“ – Inserat des BMVIT in „Heute“ am 12. April 2016 (9039/J)

Wendelin Mölzer, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Justiz betreffend die Anzahl inhaftierter Asylwerber/Asylberechtigter (9040/J)

Wendelin Mölzer, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Bildung und Frauen betreffend das Tragen von religiöser Kopfbedeckung im Turnunterricht (9041/J)

Wendelin Mölzer, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Landes­verteidigung und Sport betreffend die angebotene Hilfe bei der Grenzsicherung in Mazedonien (9042/J)


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll123. Sitzung / Seite 16

Carmen Schimanek, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Bildung und Frauen betreffend Umgang von Muslimen mit weiblichem Lehrpersonal (9043/J)

Josef A. Riemer, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Gesundheit betreffend Spuren von Mineralöl in Schokohasen (9044/J)

Josef A. Riemer, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Wissenschaft, Forschung und Wirtschaft betreffend Tierversuchskriterienkatalog (9045/J)

Josef A. Riemer, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Gesundheit betreffend Babyfeuchttücher mit besorgniserregenden Inhaltsstoffen (9046/J)

Josef A. Riemer, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Inneres betreffend Wertekatalog des BMI (9047/J)

Dr. Ruperta Lichtenecker, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Wissenschaft, Forschung und Wirtschaft betreffend Food Coops – Lebensmittel­kooperativen: Regionales Wirtschaften ohne Gewinnabsicht (9048/J)

Mag. Gerald Loacker, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Ge­sundheit betreffend Kosten der Krankenversicherungsträger für Arzneimittel (9049/J)

Dr. Harald Walser, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Bildung und Frauen betreffend Leitungsbestellung an der HAK/HAS Hallein (9050/J)

Mag. Nikolaus Scherak, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Inneres betreffend vermisste unbegleitete Minderjährige (9051/J)

Dr. Harald Walser, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Inneres betreffend Gutachten für Waffenbesitzkarte (9052/J)

Mag. Gerald Loacker, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz betreffend Arbeiterkammerpensionen und Rückstel­lungen (9053/J)

Sigrid Maurer, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft betreffend Naherholungsraum Augarten (9054/J)

Sigrid Maurer, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Wissenschaft, Forschung und Wirtschaft betreffend Naherholungsraum Augarten (9055/J)

Petra Bayr, MA, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Inneres betreffend Einreise nach Österreich und Auftritt in Wien der PFLP-Aktivistin Leila Khaled (9056/J)

Petra Bayr, MA, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Justiz betreffend den Auftritt in Wien der PFLP-Aktivistin Leila Khaled (9057/J)

Mag. Christiane Brunner, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Finanzen betreffend Gefährdung von Bundesvermögen durch Kohlenstoffblase (9058/J)

Angela Lueger, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Finanzen betreffend Familienbeihilfe 2013, 2014 und 2015 für im Ausland wohnhafte Kinder (9059/J)

Mag. Gerald Loacker, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Ge­sundheit betreffend Regionale Leistungsunterschiede der AUVA (9060/J)


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll123. Sitzung / Seite 17

Mag. Gerald Loacker, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft betreffend Zukunft des Augartens (9061/J)

*****

Dr. Dagmar Belakowitsch-Jenewein, Kolleginnen und Kollegen an die Präsidentin des Nationalrates betreffend Weitergabe der Anwesenheitslisten des Sozialaus­schusses (26/JPR)

Zurückgezogen wurden die Anfragen der Abgeordneten

Petra Steger, Kolleginnen und Kollegen an den Bundeskanzler betreffend die Fußball Europameisterschaft 2016 in Frankreich (9004/J) (Zu 9004/J)

Petra Steger, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz betreffend die Fußball Europameisterschaft 2016 in Frankreich (9005/J) (Zu 9005/J)

Petra Steger, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Bildung und Frauen betreffend die Fußball Europameisterschaft 2016 in Frankreich (9006/J) (Zu 9006/J)

Petra Steger, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Europa, Integration und Äußeres betreffend die Fußball Europameisterschaft 2016 in Frankreich (9007/J) (Zu 9007/J)

Petra Steger, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Finanzen betreffend die Fußball Europameisterschaft 2016 in Frankreich (9008/J) (Zu 9008/J)

Petra Steger, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Familien und Jugend betreffend die Fußball Europameisterschaft 2016 in Frankreich (9009/J) (Zu 9009/J)

Petra Steger, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Gesundheit betreffend die Fußball Europameisterschaft 2016 in Frankreich (9010/J) (Zu 9010/J)

Petra Steger, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Inneres betreffend die Fußball Europameisterschaft 2016 in Frankreich (9011/J) (Zu 9011/J)

Petra Steger, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Justiz betreffend die Fußball Europameisterschaft 2016 in Frankreich (9012/J) (Zu 9012/J)

Petra Steger, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Kunst und Kultur, Verfassung und Medien betreffend die Fußball Europameisterschaft 2016 in Frankreich (9013/J) (Zu 9013/J)

Petra Steger, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft betreffend die Fußball Europameis­ter­schaft 2016 in Frankreich (9014/J) (Zu 9014/J)

Petra Steger, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Verkehr, Inno­vation und Technologie betreffend die Fußball Europameisterschaft 2016 in Frankreich (9016/J) (Zu 9016/J)

Petra Steger, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Wissenschaft, Forschung und Wirtschaft betreffend die Fußball Europameisterschaft 2016 in Frank­reich (9017/J) (Zu 9017/J)


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll123. Sitzung / Seite 18

Anfragebeantwortungen

des Bundesministers für Landesverteidigung und Sport auf die Anfrage der Abgeord­neten Dr. Nikolaus Scherak, Kolleginnen und Kollegen (7970/AB zu 8208/J)

des Bundesministers für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft auf die Anfrage der Abgeordneten Dipl.-Ing. Dr. Wolfgang Pirklhuber, Kolleginnen und Kollegen (7971/AB zu 8313/J)

des Bundesministers für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft auf die Anfrage der Abgeordneten Rupert Doppler, Kolleginnen und Kollegen (7972/AB zu 8307/J)

des Bundesministers für Finanzen auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Nikolaus Scherak, Kolleginnen und Kollegen (7973/AB zu 8202/J)

des Bundesministers für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft auf die Anfrage der Abgeordneten Marianne Gusenbauer-Jäger, Kolleginnen und Kol­legen (7974/AB zu 8472/J)

des Bundesministers für Verkehr, Innovation und Technologie auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Nikolaus Scherak, Kolleginnen und Kollegen (7975/AB zu 8209/J)

der Bundesministerin für Gesundheit auf die Anfrage der Abgeordneten Ulrike Weigerstorfer, Kolleginnen und Kollegen (7976/AB zu 8193/J)

der Bundesministerin für Gesundheit auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Nikolaus Scherak, Kolleginnen und Kollegen (7977/AB zu 8204/J)

des Bundesministers für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft auf die Anfrage der Abgeordneten Dipl.-Ing. Dr. Wolfgang Pirklhuber, Kolleginnen und Kollegen (7978/AB zu 8312/J)

des Bundesministers für Justiz auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Nikolaus Scherak, Kolleginnen und Kollegen (7979/AB zu 8197/J)

der Bundesministerin für Familien und Jugend auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Nikolaus Scherak, Kolleginnen und Kollegen (7980/AB zu 8203/J)

des Bundesministers für Kunst und Kultur, Verfassung und Medien auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Nikolaus Scherak, Kolleginnen und Kollegen (7981/AB zu 8206/J)

des Bundesministers für Wissenschaft, Forschung und Wirtschaft auf die Anfrage der Abgeordneten Tanja Windbüchler-Souschill, Kolleginnen und Kollegen (7982/AB zu 8196/J)

der Bundesministerin für Bildung und Frauen auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Dr. Matthias Strolz, Kolleginnen und Kollegen (7983/AB zu 8211/J)

der Bundesministerin für Bildung und Frauen auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Harald Walser, Kolleginnen und Kollegen (7984/AB zu 8194/J)

des Bundesministers für Wissenschaft, Forschung und Wirtschaft auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Nikolaus Scherak, Kolleginnen und Kollegen (7985/AB zu 8200/J)

des Bundeskanzlers auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Nikolaus Scherak, Kolleginnen und Kollegen (7986/AB zu 8199/J)


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll123. Sitzung / Seite 19

des Bundesministers für Europa, Integration und Äußeres auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Nikolaus Scherak, Kolleginnen und Kollegen (7987/AB zu 8201/J)

des Bundesministers für Europa, Integration und Äußeres auf die Anfrage der Abge­ordneten Tanja Windbüchler-Souschill, Kolleginnen und Kollegen (7988/AB zu 8195/J)

der Bundesministerin für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Dagmar Belakowitsch-Jenewein, Kolleginnen und Kollegen (7989/AB zu 8412/J)

der Bundesministerin für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Peter Wurm, Kolleginnen und Kollegen (7990/AB zu 8364/J)

der Bundesministerin für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Gernot Darmann, Kolleginnen und Kollegen (7991/AB zu 8477/J)

der Bundesministerin für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Christian Lausch, Kolleginnen und Kollegen (7992/AB zu 8571/J)

der Bundesministerin für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Nikolaus Scherak, Kolleginnen und Kollegen (7993/AB zu 8401/J)

des Bundesministers für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz auf die Anfrage der Abgeordneten Peter Wurm, Kolleginnen und Kollegen (7994/AB zu 8236/J)

des Bundesministers für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz auf die Anfrage der Abgeordneten Edith Mühlberghuber, Kolleginnen und Kollegen (7995/AB zu 8376/J)

des Bundesministers für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz auf die Anfrage der Abgeordneten Erwin Spindelberger, Kolleginnen und Kollegen (7996/AB zu 8321/J)

des Bundesministers für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Philipp Schrangl, Kolleginnen und Kollegen (7997/AB zu 8359/J)

des Bundesministers für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz auf die Anfrage der Abgeordneten Werner Neubauer, Kolleginnen und Kollegen (7998/AB zu 8246/J)

des Bundesministers für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Dagmar Belakowitsch-Jenewein, Kolleginnen und Kollegen (7999/AB zu 8251/J)

des Bundesministers für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Dagmar Belakowitsch-Jenewein, Kolleginnen und Kollegen (8000/AB zu 8263/J)

des Bundesministers für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz auf die Anfrage der Abgeordneten Rupert Doppler, Kolleginnen und Kollegen (8001/AB zu 8297/J)

des Bundesministers für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Gerald Loacker, Kolleginnen und Kollegen (8002/AB zu 8292/J)

des Bundesministers für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Dagmar Belakowitsch-Jenewein, Kolleginnen und Kollegen (8003/AB zu 8244/J)

des Bundesministers für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz auf die Anfrage der Abgeordneten Rupert Doppler, Kolleginnen und Kollegen (8004/AB zu 8330/J)

des Bundesministers für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft auf die Anfrage der Abgeordneten Rupert Doppler, Kolleginnen und Kollegen (8005/AB zu 8337/J)


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll123. Sitzung / Seite 20

des Bundesministers für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz auf die Anfrage der Abgeordneten Wolfgang Zanger, Kolleginnen und Kollegen (8006/AB zu 8218/J)

der Bundesministerin für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Günther Kumpitsch, Kolleginnen und Kollegen (8007/AB zu 8476/J)

des Bundesministers für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz auf die Anfrage der Abgeordneten Edith Mühlberghuber, Kolleginnen und Kollegen (8008/AB zu 8377/J)

des Bundesministers für Landesverteidigung und Sport auf die Anfrage der Abge­ordneten Petra Steger, Kolleginnen und Kollegen (8009/AB zu 8248/J)

des Bundesministers für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz auf die Anfrage der Abgeordneten Erwin Spindelberger, Kolleginnen und Kollegen (8010/AB zu 8322/J)

des Bundesministers für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz auf die Anfrage der Abgeordneten Peter Wurm, Kolleginnen und Kollegen (8011/AB zu 8277/J)

des Bundesministers für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz auf die Anfrage der Abgeordneten Peter Wurm, Kolleginnen und Kollegen (8011/AB zu 8277/J)

des Bundesministers für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz auf die Anfrage der Abgeordneten Peter Wurm, Kolleginnen und Kollegen (8011/AB zu 8277/J)

des Bundesministers für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz auf die Anfrage der Abgeordneten Peter Wurm, Kolleginnen und Kollegen (8011/AB zu 8277/J)

des Bundesministers für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz auf die Anfrage der Abgeordneten Peter Wurm, Kolleginnen und Kollegen (8011/AB zu 8277/J)

des Bundesministers für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz auf die Anfrage der Abgeordneten Peter Wurm, Kolleginnen und Kollegen (8011/AB zu 8277/J)

des Bundesministers für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz auf die Anfrage der Abgeordneten Peter Wurm, Kolleginnen und Kollegen (8011/AB zu 8277/J)

des Bundesministers für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz auf die Anfrage der Abgeordneten Peter Wurm, Kolleginnen und Kollegen (8011/AB zu 8277/J)

des Bundesministers für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz auf die Anfrage der Abgeordneten Peter Wurm, Kolleginnen und Kollegen (8011/AB zu 8277/J)

des Bundesministers für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz auf die Anfrage der Abgeordneten Herbert Kickl, Kolleginnen und Kollegen (8012/AB zu 8366/J)

des Bundesministers für Landesverteidigung und Sport auf die Anfrage der Abgeord-neten Gerhard Schmid, Kolleginnen und Kollegen (8013/AB zu 8327/J)

des Bundesministers für Landesverteidigung und Sport auf die Anfrage der Abgeord-neten Rupert Doppler, Kolleginnen und Kollegen (8014/AB zu 8305/J)

des Bundesministers für Landesverteidigung und Sport auf die Anfrage der Abgeord­neten Leopold Steinbichler, Kolleginnen und Kollegen (8015/AB zu 8363/J)

des Bundesministers für Landesverteidigung und Sport auf die Anfrage der Abgeord­neten Rupert Doppler, Kolleginnen und Kollegen (8016/AB zu 8339/J)

der Bundesministerin für Bildung und Frauen auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Dagmar Belakowitsch-Jenewein, Kolleginnen und Kollegen (8017/AB zu 8255/J)


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll123. Sitzung / Seite 21

des Bundesministers für Justiz auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Nikolaus Scherak, Kolleginnen und Kollegen (8018/AB zu 8212/J)

der Bundesministerin für Gesundheit auf die Anfrage der Abgeordneten Josef A. Riemer, Kolleginnen und Kollegen (8019/AB zu 8240/J)

der Bundesministerin für Gesundheit auf die Anfrage der Abgeordneten Josef A. Riemer, Kolleginnen und Kollegen (8020/AB zu 8247/J)

der Bundesministerin für Gesundheit auf die Anfrage der Abgeordneten Rupert Doppler, Kolleginnen und Kollegen (8021/AB zu 8303/J)

der Bundesministerin für Gesundheit auf die Anfrage der Abgeordneten Rupert Doppler, Kolleginnen und Kollegen (8022/AB zu 8333/J)

der Bundesministerin für Gesundheit auf die Anfrage der Abgeordneten Wolfgang Zanger, Kolleginnen und Kollegen (8023/AB zu 8223/J)

des Bundesministers für Justiz auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Nikolaus Scherak, Kolleginnen und Kollegen (8024/AB zu 8213/J)

der Bundesministerin für Gesundheit auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Eva Mückstein, Kolleginnen und Kollegen (8025/AB zu 8287/J)

der Bundesministerin für Gesundheit auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Dagmar Belakowitsch-Jenewein, Kolleginnen und Kollegen (8026/AB zu 8243/J)

des Bundesministers für Landesverteidigung und Sport auf die Anfrage der Abgeord­neten Tanja Windbüchler-Souschill, Kolleginnen und Kollegen (8027/AB zu 8286/J)

des Bundesministers für Finanzen auf die Anfrage der Abgeordneten Edith Mühl­berghuber, Kolleginnen und Kollegen (8028/AB zu 8375/J)

der Bundesministerin für Gesundheit auf die Anfrage der Abgeordneten Josef A. Riemer, Kolleginnen und Kollegen (8029/AB zu 8242/J)

des Bundesministers für Justiz auf die Anfrage der Abgeordneten Wolfgang Zanger, Kolleginnen und Kollegen (8030/AB zu 8225/J)

der Bundesministerin für Gesundheit auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Andreas F. Karlsböck, Kolleginnen und Kollegen (8031/AB zu 8361/J)

des Bundesministers für Justiz auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Philipp Schrangl, Kolleginnen und Kollegen (8032/AB zu 8252/J)

des Bundesministers für Finanzen auf die Anfrage der Abgeordneten Hermann Brückl, Kolleginnen und Kollegen (8033/AB zu 8372/J)

des Bundesministers für Finanzen auf die Anfrage der Abgeordneten Erwin Angerer, Kolleginnen und Kollegen (8034/AB zu 8365/J)

des Bundesministers für Finanzen auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Maximilian Unterrainer, Kolleginnen und Kollegen (8035/AB zu 8326/J)

des Bundesministers für Landesverteidigung und Sport auf die Anfrage der Abge­ordneten Wolfgang Zanger, Kolleginnen und Kollegen (8036/AB zu 8228/J)

des Bundesministers für Finanzen auf die Anfrage der Abgeordneten Tanja Windbüchler-Souschill, Kolleginnen und Kollegen (8037/AB zu 8315/J)


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll123. Sitzung / Seite 22

des Bundesministers für Finanzen auf die Anfrage der Abgeordneten Rupert Doppler, Kolleginnen und Kollegen (8038/AB zu 8295/J)

des Bundesministers für Finanzen auf die Anfrage der Abgeordneten Peter Wurm, Kolleginnen und Kollegen (8039/AB zu 8237/J)

des Bundesministers für Finanzen auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Walter Rosenkranz, Kolleginnen und Kollegen (8040/AB zu 8231/J)

des Bundesministers für Justiz auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Dagmar Belakowitsch-Jenewein, Kolleginnen und Kollegen (8041/AB zu 8260/J)

der Bundesministerin für Gesundheit auf die Anfrage der Abgeordneten Rupert Doppler, Kolleginnen und Kollegen (8042/AB zu 8302/J)

der Bundesministerin für Gesundheit auf die Anfrage der Abgeordneten Josef A. Riemer, Kolleginnen und Kollegen (8043/AB zu 8241/J)

der Bundesministerin für Gesundheit auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Dagmar Belakowitsch-Jenewein, Kolleginnen und Kollegen (8044/AB zu 8258/J)

der Bundesministerin für Gesundheit auf die Anfrage der Abgeordneten Josef A. Riemer, Kolleginnen und Kollegen (8045/AB zu 8245/J)

des Bundesministers für Finanzen auf die Anfrage der Abgeordneten Wolfgang Zanger, Kolleginnen und Kollegen (8046/AB zu 8221/J)

des Bundesministers für Justiz auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Nikolaus Scherak, Kolleginnen und Kollegen (8047/AB zu 8290/J)

des Bundesministers für Justiz auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Gerald Loacker, Kolleginnen und Kollegen (8048/AB zu 8291/J)

des Bundesministers für Verkehr, Innovation und Technologie auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Walter Rosenkranz, Kolleginnen und Kollegen (8049/AB zu 8233/J)

des Bundesministers für Justiz auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Albert Steinhauser, Kolleginnen und Kollegen (8050/AB zu 8288/J)

des Bundesministers für Verkehr, Innovation und Technologie auf die Anfrage der Abgeordneten Walter Rauch, Kolleginnen und Kollegen (8051/AB zu 8249/J)

des Bundesministers für Justiz auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Johannes Hübner, Kolleginnen und Kollegen (8052/AB zu 8378/J)

des Bundesministers für Verkehr, Innovation und Technologie auf die Anfrage der Abgeordneten Dipl.-Ing. Gerhard Deimek, Kolleginnen und Kollegen (8053/AB zu 8250/J)

des Bundesministers für Verkehr, Innovation und Technologie auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Dagmar Belakowitsch-Jenewein, Kolleginnen und Kollegen (8054/AB zu 8262/J)

des Bundesministers für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Gernot Darmann, Kolleginnen und Kollegen (8055/AB zu 8382/J)


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll123. Sitzung / Seite 23

des Bundesministers für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Gernot Darmann, Kolleginnen und Kollegen (8055/AB zu 8382/J)

des Bundesministers für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Gernot Darmann, Kolleginnen und Kollegen (8055/AB zu 8382/J)

des Bundesministers für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Gernot Darmann, Kolleginnen und Kollegen (8055/AB zu 8382/J)

des Bundesministers für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Gernot Darmann, Kolleginnen und Kollegen (8055/AB zu 8382/J)

des Bundesministers für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Gernot Darmann, Kolleginnen und Kollegen (8055/AB zu 8382/J)

des Bundesministers für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Gernot Darmann, Kolleginnen und Kollegen (8055/AB zu 8382/J)

des Bundesministers für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Gernot Darmann, Kolleginnen und Kollegen (8055/AB zu 8382/J)

des Bundesministers für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Gernot Darmann, Kolleginnen und Kollegen (8055/AB zu 8382/J)

des Bundesministers für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Gernot Darmann, Kolleginnen und Kollegen (8055/AB zu 8382/J)

der Bundesministerin für Gesundheit auf die Anfrage der Abgeordneten Josef A. Riemer, Kolleginnen und Kollegen (8056/AB zu 8239/J)

des Bundesministers für Verkehr, Innovation und Technologie auf die Anfrage der Abgeordneten Wolfgang Zanger, Kolleginnen und Kollegen (8057/AB zu 8229/J)

des Bundesministers für Finanzen auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Dagmar Belakowitsch-Jenewein, Kolleginnen und Kollegen (8058/AB zu 8257/J)

des Bundesministers für Finanzen auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Gerald Loacker, Kolleginnen und Kollegen (8059/AB zu 8323/J)

des Bundesministers für Finanzen auf die Anfrage der Abgeordneten Rupert Doppler, Kolleginnen und Kollegen (8060/AB zu 8332/J)

des Bundesministers für Justiz auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Harald Stefan, Kolleginnen und Kollegen (8061/AB zu 8370/J)

des Bundesministers für Justiz auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Harald Stefan, Kolleginnen und Kollegen (8062/AB zu 8369/J)

des Bundesministers für Justiz auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Philipp Schrangl, Kolleginnen und Kollegen (8063/AB zu 8354/J)

des Bundesministers für Justiz auf die Anfrage der Abgeordneten Rupert Doppler, Kolleginnen und Kollegen (8064/AB zu 8338/J)

des Bundesministers für Justiz auf die Anfrage der Abgeordneten Rupert Doppler, Kolleginnen und Kollegen (8065/AB zu 8306/J)

des Bundesministers für Justiz auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Harald Stefan, Kolleginnen und Kollegen (8066/AB zu 8371/J)

der Bundesministerin für Gesundheit auf die Anfrage der Abgeordneten Rupert Doppler, Kolleginnen und Kollegen (8067/AB zu 8294/J)


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll123. Sitzung / Seite 24

des Bundesministers für Verkehr, Innovation und Technologie auf die Anfrage der Abgeordneten Walter Rauch, Kolleginnen und Kollegen (8068/AB zu 8264/J)

des Bundesministers für Verkehr, Innovation und Technologie auf die Anfrage der Abgeordneten Walter Rauch, Kolleginnen und Kollegen (8069/AB zu 8265/J)

des Bundesministers für Verkehr, Innovation und Technologie auf die Anfrage der Abgeordneten Walter Rauch, Kolleginnen und Kollegen (8070/AB zu 8266/J)

des Bundesministers für Verkehr, Innovation und Technologie auf die Anfrage der Abgeordneten Walter Rauch, Kolleginnen und Kollegen (8071/AB zu 8267/J)

der Bundesministerin für Gesundheit auf die Anfrage der Abgeordneten Harry Buchmayr, Kolleginnen und Kollegen (8072/AB zu 8325/J)

des Bundesministers für Verkehr, Innovation und Technologie auf die Anfrage der Abgeordneten Walter Rauch, Kolleginnen und Kollegen (8073/AB zu 8268/J)

des Bundesministers für Verkehr, Innovation und Technologie auf die Anfrage der Abgeordneten Walter Rauch, Kolleginnen und Kollegen (8074/AB zu 8269/J)

des Bundesministers für Verkehr, Innovation und Technologie auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Aygül Berivan Aslan, Kolleginnen und Kollegen (8075/AB zu 8316/J)

des Bundesministers für Verkehr, Innovation und Technologie auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Walter Rosenkranz, Kolleginnen und Kollegen (8076/AB zu 8352/J)

des Bundesministers für Verkehr, Innovation und Technologie auf die Anfrage der Abgeordneten Rupert Doppler, Kolleginnen und Kollegen (8077/AB zu 8335/J)

des Bundesministers für Verkehr, Innovation und Technologie auf die Anfrage der Abgeordneten Rupert Doppler, Kolleginnen und Kollegen (8078/AB zu 8310/J)

der Bundesministerin für Familien und Jugend auf die Anfrage der Abgeordneten Wolf­gang Zanger, Kolleginnen und Kollegen (8079/AB zu 8222/J)

des Bundesministers für Wissenschaft, Forschung und Wirtschaft auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Dagmar Belakowitsch-Jenewein, Kolleginnen und Kollegen (8080/AB zu 8253/J)

des Bundesministers für Wissenschaft, Forschung und Wirtschaft auf die Anfrage der Abgeordneten MMMag. Dr. Axel Kassegger, Kolleginnen und Kollegen (8081/AB zu 8276/J)

des Bundesministers für Wissenschaft, Forschung und Wirtschaft auf die Anfrage der Abgeordneten MMMag. Dr. Axel Kassegger, Kolleginnen und Kollegen (8082/AB zu 8275/J)

des Bundesministers für Wissenschaft, Forschung und Wirtschaft auf die Anfrage der Abgeordneten Wolfgang Katzian, Kolleginnen und Kollegen (8083/AB zu 8289/J)

des Bundesministers für Wissenschaft, Forschung und Wirtschaft auf die Anfrage der Abgeordneten Dietmar Keck, Kolleginnen und Kollegen (8084/AB zu 8319/J)

des Bundesministers für Wissenschaft, Forschung und Wirtschaft auf die Anfrage der Abgeordneten Tanja Windbüchler-Souschill, Kolleginnen und Kollegen (8085/AB zu 8314/J)


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll123. Sitzung / Seite 25

des Bundesministers für Wissenschaft, Forschung und Wirtschaft auf die Anfrage der Abgeordneten MMMag. Dr. Axel Kassegger, Kolleginnen und Kollegen (8086/AB zu 8274/J)

des Bundesministers für Wissenschaft, Forschung und Wirtschaft auf die Anfrage der Abgeordneten MMMag. Dr. Axel Kassegger, Kolleginnen und Kollegen (8087/AB zu 8273/J)

des Bundesministers für Wissenschaft, Forschung und Wirtschaft auf die Anfrage der Abgeordneten MMMag. Dr. Axel Kassegger, Kolleginnen und Kollegen (8088/AB zu 8347/J)

des Bundesministers für Wissenschaft, Forschung und Wirtschaft auf die Anfrage der Abgeordneten Rupert Doppler, Kolleginnen und Kollegen (8089/AB zu 8334/J)

des Bundesministers für Wissenschaft, Forschung und Wirtschaft auf die Anfrage der Abgeordneten Rupert Doppler, Kolleginnen und Kollegen (8090/AB zu 8311/J)

des Bundesministers für Kunst und Kultur, Verfassung und Medien auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Susanne Winter, Kolleginnen und Kollegen (8091/AB zu 8342/J)

des Bundesministers für Wissenschaft, Forschung und Wirtschaft auf die Anfrage der Abgeordneten MMMag. Dr. Axel Kassegger, Kolleginnen und Kollegen (8092/AB zu 8272/J)

des Bundesministers für Kunst und Kultur, Verfassung und Medien auf die Anfrage der Abgeordneten Rupert Doppler, Kolleginnen und Kollegen (8093/AB zu 8331/J)

des Bundesministers für Wissenschaft, Forschung und Wirtschaft auf die Anfrage der Abgeordneten MMMag. Dr. Axel Kassegger, Kolleginnen und Kollegen (8094/AB zu 8271/J)

des Bundesministers für Wissenschaft, Forschung und Wirtschaft auf die Anfrage der Abgeordneten MMMag. Dr. Axel Kassegger, Kolleginnen und Kollegen (8095/AB zu 8270/J)

des Bundesministers für Kunst und Kultur, Verfassung und Medien auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Gabriela Moser, Kolleginnen und Kollegen (8096/AB zu 8318/J)

des Bundesministers für Kunst und Kultur, Verfassung und Medien auf die Anfrage der Abgeordneten Rupert Doppler, Kolleginnen und Kollegen (8097/AB zu 8296/J)

des Bundesministers für Wissenschaft, Forschung und Wirtschaft auf die Anfrage der Abgeordneten Wolfgang Zanger, Kolleginnen und Kollegen (8098/AB zu 8230/J)

des Bundesministers für Kunst und Kultur, Verfassung und Medien auf die Anfrage der Abgeordneten Wolfgang Zanger, Kolleginnen und Kollegen (8099/AB zu 8226/J)

der Bundesministerin für Bildung und Frauen auf die Anfrage der Abgeordneten Dipl.-Ing. Nikolaus Berlakovich, Kolleginnen und Kollegen (8100/AB zu 8324/J)

des Bundeskanzlers auf die Anfrage der Abgeordneten Wolfgang Zanger, Kolleginnen und Kollegen (8101/AB zu 8217/J)

des Bundeskanzlers auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Dagmar Belakowitsch-Jenewein, Kolleginnen und Kollegen (8102/AB zu 8254/J)


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll123. Sitzung / Seite 26

der Bundesministerin für Bildung und Frauen auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Walter Rosenkranz, Kolleginnen und Kollegen (8103/AB zu 8234/J)

des Bundeskanzlers auf die Anfrage der Abgeordneten Rupert Doppler, Kolleginnen und Kollegen (8104/AB zu 8299/J)

des Bundesministers für Landesverteidigung und Sport auf die Anfrage der Abge-ordneten Dr. Rainer Hable, Kolleginnen und Kollegen (8105/AB zu 8216/J)

der Bundesministerin für Bildung und Frauen auf die Anfrage der Abgeordneten Wolfgang Zanger, Kolleginnen und Kollegen (8106/AB zu 8219/J)

des Bundeskanzlers auf die Anfrage der Abgeordneten Rupert Doppler, Kolleginnen und Kollegen (8107/AB zu 8328/J)

der Bundesministerin für Familien und Jugend auf die Anfrage der Abgeordneten Rupert Doppler, Kolleginnen und Kollegen (8108/AB zu 8341/J)

der Bundesministerin für Bildung und Frauen auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Susanne Winter, Kolleginnen und Kollegen (8109/AB zu 8343/J)

der Bundesministerin für Familien und Jugend auf die Anfrage der Abgeordneten Rupert Doppler, Kolleginnen und Kollegen (8110/AB zu 8308/J)

der Bundesministerin für Bildung und Frauen auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Nikolaus Scherak, Kolleginnen und Kollegen (8111/AB zu 8214/J)

des Bundesministers für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz auf die Anfrage der Abgeordneten Peter Wurm, Kolleginnen und Kollegen (8112/AB zu 8402/J)

des Bundesministers für Europa, Integration und Äußeres auf die Anfrage der Abgeordneten Rupert Doppler, Kolleginnen und Kollegen (8113/AB zu 8329/J)

der Bundesministerin für Bildung und Frauen auf die Anfrage der Abgeordneten Rupert Doppler, Kolleginnen und Kollegen (8114/AB zu 8309/J)

der Bundesministerin für Bildung und Frauen auf die Anfrage der Abgeordneten Rupert Doppler, Kolleginnen und Kollegen (8115/AB zu 8336/J)

des Bundesministers für Europa, Integration und Äußeres auf die Anfrage der Abge­ordneten Rupert Doppler, Kolleginnen und Kollegen (8116/AB zu 8298/J)

der Bundesministerin für Bildung und Frauen auf die Anfrage der Abgeordneten Wendelin Mölzer, Kolleginnen und Kollegen (8117/AB zu 8235/J)

des Bundesministers für Europa, Integration und Äußeres auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Dagmar Belakowitsch-Jenewein, Kolleginnen und Kollegen (8118/AB zu 8256/J)

des Bundesministers für Europa, Integration und Äußeres auf die Anfrage der Abge­ordneten Wolfgang Zanger, Kolleginnen und Kollegen (8119/AB zu 8220/J)

des Bundesministers für Europa, Integration und Äußeres auf die Anfrage der Abge­ordneten Tanja Windbüchler-Souschill, Kolleginnen und Kollegen (8120/AB zu 8317/J)

des Bundesministers für Europa, Integration und Äußeres auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Johannes Hübner, Kolleginnen und Kollegen (8121/AB zu 8374/J)


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll123. Sitzung / Seite 27

des Bundesministers für Wissenschaft, Forschung und Wirtschaft auf die Anfrage der Abgeordneten MMMag. Dr. Axel Kassegger, Kolleginnen und Kollegen (8122/AB zu 8395/J)

des Bundesministers für Landesverteidigung und Sport auf die Anfrage der Abge­ordneten Petra Steger, Kolleginnen und Kollegen (8123/AB zu 8397/J)

des Bundesministers für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Roman Haider, Kolleginnen und Kollegen (8124/AB zu 8421/J)

des Bundesministers für Kunst und Kultur, Verfassung und Medien auf die Anfrage der Abgeordneten Petra Steger, Kolleginnen und Kollegen (8125/AB zu 8398/J)

des Bundesministers für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz auf die Anfrage der Abgeordneten Herbert Kickl, Kolleginnen und Kollegen (8126/AB zu 8404/J)

des Bundesministers für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz auf die Anfrage der Abgeordneten Christoph Hagen, Kolleginnen und Kollegen (8127/AB zu 8423/J)

der Bundesministerin für Gesundheit auf die Anfrage der Abgeordneten Edith Mühlberghuber, Kolleginnen und Kollegen (8128/AB zu 8379/J)

der Bundesministerin für Gesundheit auf die Anfrage der Abgeordneten Josef A. Riemer, Kolleginnen und Kollegen (8129/AB zu 8396/J)

des Bundesministers für Justiz auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Dagmar Belakowitsch-Jenewein, Kolleginnen und Kollegen (8130/AB zu 8394/J)

des Bundesministers für Landesverteidigung und Sport auf die Anfrage der Abge­ordneten Dr. Dagmar Belakowitsch-Jenewein, Kolleginnen und Kollegen (8131/AB zu 8410/J)

der Bundesministerin für Familien und Jugend auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Dagmar Belakowitsch-Jenewein, Kolleginnen und Kollegen (8132/AB zu 8411/J)

des Bundesministers für Kunst und Kultur, Verfassung und Medien auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Dagmar Belakowitsch-Jenewein, Kolleginnen und Kollegen (8133/AB zu 8409/J)

des Bundesministers für Justiz auf die Anfrage der Abgeordneten Christian Lausch, Kolleginnen und Kollegen (8134/AB zu 8419/J)

des Bundesministers für Finanzen auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Roman Haider, Kolleginnen und Kollegen (8135/AB zu 8417/J)

des Bundesministers für Finanzen auf die Anfrage der Abgeordneten Hermann Brückl, Kolleginnen und Kollegen (8136/AB zu 8407/J)

des Bundesministers für Wissenschaft, Forschung und Wirtschaft auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Roman Haider, Kolleginnen und Kollegen (8137/AB zu 8406/J)

des Bundesministers für Wissenschaft, Forschung und Wirtschaft auf die Anfrage der Abgeordneten Peter Wurm, Kolleginnen und Kollegen (8138/AB zu 8403/J)

des Bundesministers für Wissenschaft, Forschung und Wirtschaft auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Dagmar Belakowitsch-Jenewein, Kolleginnen und Kollegen (8139/AB zu 8413/J)


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll123. Sitzung / Seite 28

des Bundesministers für Wissenschaft, Forschung und Wirtschaft auf die Anfrage der Abgeordneten Hermann Brückl, Kolleginnen und Kollegen (8140/AB zu 8415/J)

der Bundesministerin für Bildung und Frauen auf die Anfrage der Abgeordneten Wolfgang Zanger, Kolleginnen und Kollegen (8141/AB zu 8408/J)

des Bundesministers für Europa, Integration und Äußeres auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Walter Rosenkranz, Kolleginnen und Kollegen (8142/AB zu 8420/J)


 


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll123. Sitzung / Seite 29

09.05.25Beginn der Sitzung: 9.05 Uhr

Vorsitzende: Präsidentin Doris Bures, Zweiter Präsident Karlheinz Kopf, Dritter Präsident Ing. Norbert Hofer.

*****

 


Präsidentin Doris Bures: Meine sehr geehrten Damen und Herren, einen schönen guten Morgen! Ich eröffne die 123. Sitzung des Nationalrates.

Die Amtlichen Protokolle der 121. und 122. Sitzung vom 18. April 2016 sind in der Parlamentsdirektion aufgelegen und wurden nicht beanstandet.

Als verhindert gemeldet sind die Abgeordneten Bacher, Mag. Greiner, Kirchgatterer, Krist, Auer, Mag. Schönegger, Hafenecker, MA, Kickl, Mag. Schrangl, Mag. Rossmann, Mag. Schatz, Schellhorn und Dr. Hable.

09.06.20Einlauf

 


Präsidentin Doris Bures: Vom Bundeskanzler ist folgendes Schreiben eingelangt:

„Sehr geehrter Frau Präsidentin!

Ich beehre mich (…) mitzuteilen, dass der Herr Bundespräsident mit Entschließung vom 21. April 2016 (…) gemäß Artikel 74 Absatz 3 Bundes-Verfassungsgesetz die Bundesministerin für Inneres Mag. Johanna Mikl-Leitner vom Amte enthoben hat.

Gleichzeitig hat der Herr Bundespräsident auf meinen Vorschlag gemäß Artikel 70 Absatz 1 Bundes-Verfassungsgesetz Mag. Wolfgang Sobotka zum Bundesminister für Inneres ernannt.“

*****

Ich nütze diese Gelegenheit, um mich bei der scheidenden Bundesministerin Mag. Mikl-Leitner zu bedanken und ihr alles Gute für ihre neue Aufgabe zu wünschen. (Beifall bei ÖVP und SPÖ sowie bei Abgeordneten der Grünen.)

Ich gebe bekannt, dass diese Sitzung von ORF 2 bis 13 Uhr übertragen wird; ORF III wird diese Sitzung in voller Länge live übertragen.

09.07.01Aktuelle Stunde

 


Präsidentin Doris Bures: Damit gelangen wir nun zur Aktuellen Stunde mit dem Thema:

„Investitionen in die Infrastruktur sichern Wachstum und Beschäftigung“

Ich begrüße Herrn Bundesminister Mag. Gerald Klug und erteile als erstem Redner Herrn Klubobmann Mag. Schieder das Wort. Ihre Redezeit soll 10 Minuten nicht überschreiten. – Bitte.

 


9.07.47

Abgeordneter Mag. Andreas Schieder (SPÖ): Schönen guten Morgen, Frau Prä­sidentin! Herr Minister, schönen guten Morgen! Es wird zurzeit ja klarerweise sehr viel


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über Innenpolitik diskutiert, weil am Sonntag der erste Wahlgang zur Präsident­schafts­wahl war. Es wird sehr viel über internationale Fragen diskutiert, die Krisen, den Bürgerkrieg in Syrien, Bürgerkriege in anderen Ländern, Flüchtlinge, Asyl. Alle diese Fragen werden in der Innenpolitik und in den Medien prominent diskutiert. 

Wir glauben aber, gerade als Sozialdemokraten, dass die Fragen des sozialen Zusam­menhalts, die Fragen Wirtschaft, Wachstum, Arbeitsplätze Themen sind, betreffend die es genauso notwendig ist, sie aus verschiedenen Gründen in den Fokus der politi­schen Diskussion zu stellen und zum Thema zu machen. Deswegen haben wir uns heute auch entschieden, diese Aktuelle Stunde zu diesem Thema hier abzuhalten, denn Arbeitsplätze, Wirtschaft, Wirtschaftswachstum sind zentrale Punkte für die Lebensumstände der Leute in unserem Land.

Infrastruktur, öffentliche Infrastruktur ist einer der zentralen Standortfaktoren in Öster­reich, und wir können froh, stolz und glücklich sein, dass wir in Österreich eine Infra­struktur haben, die gut ausgebaut ist. Sie dient damit auch als Grundlage für das wirtschaftliche Handeln und für den wirtschaftlichen Erfolg, den Privatunternehmen, Kleinunternehmen, größere Unternehmen, manchmal auch staatliche oder staatsnahe Unternehmen haben.

Ein Faktor in diesem Zusammenhang sei als Beispiel herausgegriffen: Betreffend Pünktlichkeit gehören die Österreichischen Bundesbahnen zu den pünktlichsten Eisenbahnen innerhalb Europas, und das ist nicht nur schön für die Fahrgäste, für das Management, für die Mitarbeiter, das ist auch für den Wirtschaftsstandort ein ent­scheidender Punkt, denn heutzutage geht es um Pünktlichkeit und um jede Minute, und es ist gut, dass wir so eine gute Infrastruktur haben.

Neben Straßen-, Bahn- und Energienetzen gehört natürlich auch Breitbandinfrastruktur zu den Kernaufgaben des Staates, und Österreich muss sich daher auch der Frage der Veränderung im Wirtschaftsleben, der Veränderung in der Grundstruktur annehmen. Das betrifft die Frage, Österreich als Innovationsland zu positionieren, die Frage, wie wir mit Industrie 4.0 umgehen – also der durch die Digitalisierung ausgelösten industri­ellen Revolution –, nämlich um die soziale Sicherheit, die Arbeitnehmerrechte in diesem Bereich zu bewahren und nicht über Industrie 4.0 zu verlieren, aber wir müssen gleichzeitig auch die Chancen, die damit entstehen, so für unser Land zu nutzen, dass es positiv ist.

Daher: Wenn wir das alles sehen und auf unsere Infrastruktur stolz sind, können wir uns nicht zurücklehnen, sondern müssen sagen, wir müssen sie weiter ausbauen, wir müssen sie weiter erneuern, wir müssen bei diesem Thema permanent dranbleiben, denn sonst drohen wir zurückzufallen. Wir wollen unseren Vorsprung, den wir haben, nicht verlieren, sondern ausbauen. (Beifall bei der SPÖ sowie der Abgeordneten Sieber und Pfurtscheller.)

Infrastrukturinvestitionen, wenn man so will, sind ja auch Therapiemaßnahmen gegen die Weltwirtschaftskrise, gegen diese Wirtschaftskrise, die wir seit Jahren bekämpfen, und das Infrastrukturministerium ist einer der Motoren für Wachstum und Beschäf­tigung in Österreich. Ich teile nur ein paar Zahlen mit Ihnen: Es werden 5 Milliarden € jedes Jahr – nicht über den Finanzrahmen – in die Infrastruktur Österreichs investiert. Das sind Zukunftsinvestitionen, die die Menschen untereinander verbinden, die die Wirtschaft und die Menschen, den Wirtschaftsstandort Österreich mit den anderen wirtschaftlichen Zentren auf der ganzen Welt optimal verbinden. Dadurch, alleine durch diese Investitionen, werden 80 000 Arbeitsplätze jedes Jahr durch den Wachstums­motor Infrastrukturinvestitionen gesichert.

Das Gute ist, dass das Ministerium auch für die laufende Legislaturperiode ein Inves­titionspaket geschnürt hat, das nachhaltige Investitionen, Investitionen in den Standort


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genauso berücksichtigt wie natürlich auch stabile Finanzen und einen vernünftigen Mitteleinsatz.

Es ist, glaube ich, auch notwendig, dass man die Investitionen dort einsetzt, wo sie am besten Beschäftigung generieren und absichern und Wachstum unterstützen und fördern. Zielgerichtete Investitionen sind die zentralen Herausforderungen der nächs­ten Jahre, und da haben wir einige Jahrhundertprojekte, die in der Infrastruktur- und Beschäftigungsoffensive der Zweiten Republik münden: eine leistungsfähige Verkehrs­infrastruktur – habe ich schon erwähnt –, effektiven Hochwasserschutz, Investitionen in die Straße Wasser, also in die Wasserstraße, unser Flüssenetz, das Hafennetz und intermodale Knoten, wo Lkw, Schiff, Straße und Flugverkehr optimal verbunden wer­den – und seit einigen Jahren ist die Breitbandinfrastruktur neu hinzugekommen, die eine immer zentralere Rolle spielt.

Daher ist auch diese Technologieförderung, die Stärkung der industriellen Produktion und die Stärkung der industriellen Produktion der Zukunft, nämlich der Creative Industries, ein wesentlicher Punkt, den wir aus der Forschungsförderung auch beson­ders unterstützen.

Ich sage nur noch zwei Dinge zum Bereich Straße und Schiene, denn unser Verkehrs­sprecher Abgeordneter Heinzl wird sowieso auch noch auf den Verkehrsbereich detailliert eingehen. Bis 2021 werden 7,3 Milliarden € in das Bauprogramm Straße und 14,6 Milliarden € in den Rahmenplan Schiene investiert, das sind über 21, fast 22 Milliarden €, die in den nächsten sechs Jahren als Gesamtinvestitionen verwendet werden. Da sieht man auch schon, welche Wirtschaftskraft, aber auch Arbeitsplatz­sicherung in diesem Bereich steckt.

Ich habe mich auch betreffend die Schieneninfrastruktur erkundigt, wie viel denn 1 Milliarde € Investition in die Schieneninfrastruktur an Arbeitsplätzen bringt, und die Wirtschaftsforschung sagt uns, dass das 15 000 Arbeitsplätze sind. Wenn wir das jetzt hochrechnen mit dem, was investiert wird, dann sehen wir schon, was da an Beschäf­tigungssicherung in unserem Land passiert. Einen ähnlichen Faktor gibt es im Straßen­bereich: Für 1 Milliarde € werden nämlich ungefähr 10 000 Arbeitsplätze geschaffen und vorangetrieben.

Die Straße, die Schiene interessieren uns als Staatsbürger besonders, denn jeder von uns fährt einmal auf Urlaub, fährt einmal in Österreich aus Wien heraus, viele Abgeordnete fahren aus den Bundesländern nach Wien herein, vor allem wenn Sitzungstag ist (Zwischenrufe der Abgeordneten Hagen und Lugar) – ich fahre dafür oft mit der U-Bahn –, und wir sehen eine wesentliche Veränderung gegenüber dem Zustand vor Jahren: Inzwischen ist die Schiene konkurrenzfähig, nämlich konkurrenz­fähig, was die Zeit betrifft. Wenn ich von Innsbruck nach Wien fahre, ist heute die Zeit, in der die ÖBB das schaffen, mit dem Auto oder mit einem anderen Verkehrsmittel nicht mehr sinnvoll unterbietbar. Daher ist das für die Umwelt, für die Arbeitsplätze und auch für die Menschen eine ganz gelungene und wichtige Investition, es bringt eine Zeitersparnis. (Beifall bei der SPÖ.)

Das Gleiche betrifft natürlich auch Salzburg–Linz, wo die Fahrzeiten verkürzt worden sind, und auch auf der Südstrecke wird inzwischen massiv investiert und auch die Fahrzeit verkürzt. Wir wissen auch, dass in der nächsten Zeit wieder in die Relationen mit den umliegenden Destinationen, Städtereisen nach Italien, Nachtzüge und all diese Dinge, investiert wird.

Ich sage noch zwei Punkte zum Schluss, erstens zum Aktionsprogramm Donau: Auch da werden 12 Millionen € für die Aufwertung von Österreichs Wasserstraße Nummer eins investiert, es gehört da aber genauso die halbe Milliarde Euro dazu, die wir in den Hochwasserschutz investieren, denn der Klimawandel ist leider Realität geworden, und


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daher gilt es einerseits, auch in den Hochwasserschutz, andererseits natürlich auch in den Klimaschutz zu investieren, und auch da ist der öffentliche Verkehr die beste Möglichkeit.

Abschließend noch zum Breitband, weil diese Zukunftsfrage sehr oft vergessen wird: 28 Prozent des Wirtschaftswachstums in Österreich ging direkt auf die IKT, also auf die Informationstechnologiebranche, zurück.

Wir dürfen auch nicht die andere kritische Infrastruktur vergessen, wenn wir diese Fragen diskutieren, wie zum Beispiel unsere staatsnahen Unternehmen. Ich greife da nur die OMV heraus und das Gasleitungsnetz mit 900 Kilometern Gasleitungen in Österreich, die für die Sicherung der Versorgung, die Sicherheit der gesamten Ener­gieversorgung in unserem Land zentral sind und daher auch eines besonderen Augen­merks und besonderen Schutzes bedürfen, gerade in Zeiten, wo all diese Dinge von manchen leider zu leichtfertig infrage gestellt werden.

Wir Sozialdemokraten stehen für den Schutz der Infrastruktur, wir stehen für den Ausbau der Infrastruktur, wir stehen für den Klimaschutz. Warum? – weil das alles letztlich dem Wirtschaftswachstum und den Arbeitsplätzen in unserem Land hilft und die Lebensqualität steigert. (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der ÖVP.)

9.17

Präsidentin Doris Bures: Zu einer einleitenden Stellungnahme hat sich der Bun­desminister für Verkehr, Innovation und Technologie Mag. Klug zu Wort gemeldet. Herr Bundesminister, Ihre Redezeit soll 10 Minuten nicht überschreiten. – Bitte.

 


9.18.04

Bundesminister für Verkehr, Innovation und Technologie Mag. Gerald Klug: Sehr geschätzte Frau Präsidentin! Werte Kolleginnen und Kollegen! Hohes Haus! (Abg. Pirklhuber: … Maschek!) Als ich vor rund drei Monaten bei meiner Amtsübernahme im Infrastrukturministerium von meinem Vorgänger Alois Stöger die ressortmäßige Leitung übernommen habe, hat Alois Stöger in diesem Zusammenhang etwas gesagt, an das ich heute und gerade auch in diesen Tagen noch sehr oft denke. Er war damals schon Sozialminister und hat daher gewusst, was auf ihn in den nächsten Monaten zukommt und welche Herausforderungen insbesondere auch betreffend den Arbeitsmarkt auf ihn zukommen. Er hat damals gesagt: Ich brauche euch in meiner neuen Funktion, ich verlasse mich auf euch, ich brauche auch euch als Infrastrukturressort!

Sehr geehrte Damen und Herren, damit hat mein Amtsvorgänger etwas zum Ausdruck gebracht, das ich mit einem gemeinsamen Amtsverständnis titulieren möchte. In Zeiten einer schwachen Konjunktur, in Zeiten einer steigenden Arbeitslosigkeit (Abg. Neubauer: Die SPÖ zu …!) und in Zeiten, in denen die Risiko- und Investitions­bereitschaft der Privaten enden wollend ist (Abg. Moser: Soll man Wohnungen bauen, Wohnungen sanieren!), hat die öffentliche Hand eine zentrale Aufgabe und eine zentrale Herausforderung. (Neuerlicher Zwischenruf des Abg. Neubauer.) Sie muss Impulse setzen durch intelligente und nachhaltige Investitionen in die Zukunft und hat damit auch für eine entsprechende Dynamik im Land zu sorgen.

Sehr geehrte Damen und Herren Abgeordnete, das ist auch, wenn Sie so wollen, das Selbstverständnis, mit dem ich das Infrastrukturministerium leiten möchte. In den kommenden Jahren investieren wir 25 Milliarden € in strategisch wichtige Netze, wie Straße, Schiene, Breitbandausbau und Forschung und Entwicklung. (Zwischenruf der Abg. Moser.) Geschätzte Abgeordnete, damit ist das Infrastrukturministerium der größte öffentliche Investor in dieser Republik.

Bei all diesen Investitionen haben wir immer mehrere Ziele gleichzeitig vor Augen. Ers­tens: Wir konzentrieren uns auf die Lebensqualität der österreichischen Bevölkerung:


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ein sicheres und gut ausgebautes Straßennetz für die individuelle Mobilität, verläss­liche, aber auch leistbare Bahnverbindungen, mit denen man sicher und bequem in die Arbeit, aber auch sicher und bequem in die Schule kommen kann, darüber hinaus ein schnelles und leistungsfähiges Breitbandinternet, und zwar sowohl in der Stadt als auch auf dem Land, damit möglichst viele an dieser neuen Technologie teilhaben können.

Zweitens: Wir schaffen mit diesen Investitionen auch die richtigen Rahmenbedin­gun­gen für die heimische Industrie. Leistungsfähige Infrastruktur, die von der öffentlichen Hand geplant und aufeinander abgestimmt ist (Abg. Moser: Wenn es das wäre!), ist der wichtigste Standortfaktor für den Industriestandort Österreich.

Ich möchte in diesem Zusammenhang auch deutlich sagen, dass das bei vielen meiner ersten Gespräche mit namhaften Industrievertretern in unserer Republik auch bestätigt wurde. Der Güterverkehr auf der Schiene, das Straßennetz, aber auch Luft- und Wasserwege müssen ineinander greifen wie Zahnräder, aufeinander abgestimmt sein. Nur in dieser Form können wir das Maximum herausholen. Darüber hinaus geht es um die neuen Technologien und Innovationen, die wir bewusst fördern, damit wir die Wertschöpfung im eigenen Land halten können. (Beifall bei der SPÖ.)

Drittens: Natürlich haben unsere Investitionen in den Industriestandort, in den Wirt­schaftsstandort Österreich einen direkten und indirekten Beschäftigungseffekt, wir schaffen und sichern Arbeitsplätze mit diesen Investitionen.

Gestatten Sie mir, dass ich an dieser Stelle ein Beispiel herausgreife, nämlich den Breitbandausbau. Wir haben uns in diesem Zusammenhang gemeinsam das klare Ziel gesetzt, bis 2020 mit einer Leistung von 100 Mbit nicht nur in den Städten, sondern die gesamte Fläche, Steiermark, Vorarlberg, Tirol, ganz Österreich mit einem schnellen und leistungsfähigen Breitband-Internet zu versorgen. Davon profitieren auf der einen Seite die privaten Haushalte, wenn man von zu Hause aus entweder den Urlaub buchen oder etwas bestellen möchte. Es profitieren davon unsere Kinder und unsere Jugend, da sie ein schnelles und leistungsfähiges Internet auch in der Schule benötigen. Früher war das Schulbuch das Wichtigste, aber heute wird es häufig durch Wikipedia und andere Unterstützungen im Internet ersetzt. Es profitiert aber auch unsere Industrie, weil die Abläufe in der Produktion, wenn Sie so wollen, die individuelle industrielle Versorgungskette vom KMU bis hin in die Industrie, über das Internet miteinander verbunden sind.

Sehr geehrte Damen und Herren! Geschätzte Abgeordnete! Mit diesen ganz gezielten Investitionen in die Infrastruktur, in den Industriestandort schaffen und sichern wir 80 000 Arbeitsplätze. (Beifall bei der SPÖ.)

Mit weiteren 500 Millionen € unterstützen wir die industrienahe und angewandte For­schung und schaffen, sichern und unterstützen weitere 15 000 Arbeitsplätze in der angewandten Forschung.

Unsere Investitionen im Schienenausbau schaffen in der Bauphase 40 000 Arbeits­plätze in Österreich. Unsere gezielten Investitionen in die Straße schaffen und sichern rund 12 000 Arbeitsplätze in dieser Republik.

Sehr geehrte Damen und Herren! Die öffentliche Hand ist in diesen Bereichen der wichtigste Faktor, gerade in schwierigen Zeiten. Wir nehmen Geld in die Hand und investieren in den kommenden Jahren 25 Milliarden € in eine leistungsfähige Infra­struktur, von der die Bevölkerung und der Wirtschafts- und Industriestandort Österreich gleichermaßen profitieren. Mit diesen Investitionen schaffen und sichern wir auch Jobs.

Hohes Haus, die öffentliche Hand braucht in diesem Zusammenhang den notwendigen finanziellen Handlungsspielraum, die notwendigen finanziellen Mittel. Und es wird Sie


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auch nicht überraschen, dass es mir vor diesem Hintergrund und aufgrund dieser hard facts, wenn Sie so wollen, besonders wichtig ist, dass diese strategischen Netze, wie Straße und Schiene, auch weiterhin in öffentlicher Hand bleiben. – Vielen herzlichen Dank. (Beifall bei der SPÖ.)

9.26


Präsidentin Doris Bures: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Heinzl. Ich mache Sie darauf aufmerksam, dass alle Redner ab jetzt eine Redezeit von 5 Minuten haben. – Bitte, Herr Abgeordneter.

 


9.26.42

Abgeordneter Anton Heinzl (SPÖ): Frau Präsidentin! Sehr geehrter Herr Bundes­mi­nister! Sehr geehrte Damen und Herren! Hohes Haus! Liebe Kolleginnen und Kolle­gen! In den letzten Jahren und Monaten hat Österreich im Bereich Verkehr und Infrastruktur einen wirklich riesigen Schritt nach vorne gemacht, insbesondere im Bereich des öffentlichen Verkehrs wurden wahrlich gewaltige Fortschritte gemacht. 2006 stammten 80 Prozent des österreichischen Schienennetzes noch aus der Zeit der Monarchie, und das, obwohl wir wissen, dass eine leistungsfähige, moderne Schiene das Rückgrat für eine gut funktionierende Infrastruktur ist und Hunderttausende Arbeitsplätze sichert.

Das wurde also geändert, und der weitere Fahrplan für die nächsten Jahre ist klar: Bis zum Jahr 2021 werden über 14 Milliarden € in den Ausbau der Bahn investiert. Aber investiert wird, sehr geehrte Damen und Herren, nicht nur in die großen Achsen und in große Projekte, wie zum Beispiel in den Ausbau der Südbahn oder der Westbahn, sondern auch in eine Vielzahl kleinerer Projekte wurde in den letzten Jahren oder wird investiert, sie wurden in Angriff genommen oder es wird bald damit begonnen. So werden zum Beispiel über 100 Bahnhöfe in ganz Österreich renoviert, revitalisiert, behindertengerecht gestaltet und vor allem modernisiert.

All diese Maßnahmen sorgen, wie unser Bundesminister Mag. Gerald Klug schon gesagt hat, für Wachstum und Beschäftigung. Laut Studien von WIFO und IHS werden durch diese Investitionen jährlich 30 000 Arbeitsplätze neu geschaffen, und jeder investierte Euro kommt – volkswirtschaftlich betrachtet – 2,1-fach zurück.

Sehr geehrte Damen und Herren! Hohes Haus! Welch positive Auswirkungen der Ausbau der Schiene auf eine Region hat, sieht man schon allein am Beispiel meiner Heimatstadt Sankt Pölten. Dank der neuen Westbahn beträgt die Fahrzeit von Sankt Pölten, Landeshauptstadt von Niederösterreich (Abg. Höbart: Wir wissen, dass es die Landeshauptstadt ist!), in die Mitte von Wien 23 Minuten. Es sind die beiden Städte also näher zusammengewachsen und profitieren voneinander.

Sehr geehrte Damen und Herren! Natürlich spielt auch der Aspekt des Umweltschutzes eine große Rolle. Allein im Vorjahr haben die Österreichischen Bundesbahnen 458 Millionen Passagiere befördert, Tendenz steigend, und damit wurden über 3 Mil­lionen Tonnen CO2 eingespart. Es ist alles klar ersichtlich. Der große Erfolg der Bahn gibt uns recht. Österreich ist – das hat unser Klubobmann Mag. Schieder schon angesprochen – bei der Nutzung der Bahn Europa-Spitze.

Natürlich kommt es, sehr geehrte Damen und Herren, auch zu Investitionen im Bereich der Straße. Bis zum Jahr 2021 wird der Bund rund 7 Milliarden € in das hochrangige Straßennetz investieren. Dabei steht natürlich – so wie überall im Bereich der Ver­kehrs­politik – die Sicherheit im Vordergrund. Allein in die Erhöhung der Tunnel­sicherheit investiert die ASFINAG heuer knapp 300 Millionen €.

Sehr geehrte Damen und Herren! Hohes Haus! Ein weiterer wichtiger Schritt ist die Modernisierung der Infrastruktur im Breitbandausbau. Das ist wirtschafts- und standort­politisch wie auch gesellschaftspolitisch ein Gebot der Stunde. Und bereits jetzt sind


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92 500 Personen im IKT-Bereich beschäftigt und erwirtschaften dort einen Gesamt­umsatz von 24 Milliarden €.

Das WIFO schätzt, dass die geplanten Investitionen von 1 Milliarde € in den Breitband­ausbau einen Beschäftigungseffekt von weiteren 40 000 Vollzeitarbeitsplätzen haben werden. Und laut einer aktuellen Studie der Weltbank führt ein 10-prozentiger Anstieg der Breitbanddurchdringung außerdem zu einem BIP-pro-Kopf-Wachstum von 1,2 Prozentpunkten.

Sehr geehrte Damen und Herren! Hohes Haus! Das Ministerium von Herrn Bundes­minister Mag. Gerald Klug investiert jedes Jahr rund 5 Milliarden € in die Infrastruktur Österreichs. Mit diesen Zukunftsinvestitionen verbinden wir die Menschen unter­einander, wir verbinden die Wirtschaft mit den Menschen und wir verbinden Österreich mit der ganzen Welt.

Sehr geehrte Damen und Herren! Wir investieren damit in Arbeit, wir investieren in die Zukunft und wir investieren nicht in Arbeitslosigkeit, und das ist gut so. – Danke schön. (Beifall bei der SPÖ.)

9.31


Präsidentin Doris Bures: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Ottenschläger. – Bitte.

 


9.32.05

Abgeordneter Andreas Ottenschläger (ÖVP): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Herr Bundesminister! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Sehr geehrte Zuseherinnen und Zuseher! Der Titel der heutigen Aktuellen Stunde lautet: „Investitionen in die Infrastruktur sichern Wachstum und Beschäftigung“. Ich denke, wahrscheinlich werden alle in diesem Plenarsaal diesen Satz unterschreiben können, wobei ich davon aus­gehe, dass wir durchaus unterschiedliche Zugänge zu diesem Thema haben werden.

Ich habe mich dafür entschieden, heute keine Zahlen zu nennen, da ich davon ausgegangen bin, dass meine Vorredner das schon tun werden, und deswegen möchte ich versuchen, diese Investitionen und deren Nutzen für unsere Bürgerinnen und Bürger in den Vordergrund zu stellen. Denn eines ist mir und vielen meiner Kolleginnen und Kollegen seit vergangenem Sonntag noch mehr bewusst geworden, neben vielen anderen Aspekten: dass wir Politiker im Allgemeinen, aber vor allem diejenigen, die in Regierungsverantwortung sind, unsere Ideen, unsere Ziele, unser Handeln noch mehr nach den Bedürfnissen der Bürger ausrichten müssen. (Zwischen­ruf der Abg. Moser.) Was meine ich damit konkret? – Jede Maßnahme, jede Investition muss nach dem Prinzip: Was hat der Bürger konkret davon?, überprüft werden.

Um nicht falsch verstanden zu werden: Ich möchte hier nicht populistisch werden und sozusagen zu allem Ja und Amen sagen, was auf dem Wunschzettel steht. Wenn etwas nicht finanzierbar oder volkswirtschaftlich nicht sinnvoll ist, dann muss man auch dazu stehen und es erklären, denn grundsätzlich wollen wir ja nicht mehr ausgeben, als wir einnehmen. (Beifall bei der ÖVP.)

Welche Zukunftsprojekte gibt es beispielsweise in diesem Bereich? – Etwa den Breitbandausbau, dieser ist sicher entscheidend für viele Regionen in Österreich – meine Kollegin aus Tirol, Elisabeth Pfurtscheller, wird darauf noch näher eingehen –, wichtige Straßenprojekte, wie zum Beispiel der Bau des Lobautunnels, damit die Wohn­bevölkerung vor Ort, also etliche Tausend Menschen, endlich entlastet werden. Außerdem wäre diese Verkehrsachse für die gesamte Ostregion und den Wirt­schaftsraum dort wichtig. Oder: der Linzer Westring, auch ein wichtiges Projekt (Zwischenruf der Abg. Brunner), und viele andere Ausbauprojekte in diesem Land.


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Und ja, diese Bauvorhaben sichern auch unmittelbar Arbeitsplätze, wenn sie um-gesetzt werden.

Bleiben wir noch bei der Straße! Der Ausbau der Infrastruktur für die Elektromobilität ist sehr wichtig für unsere Bürgerinnen und Bürger. Wir brauchen ein möglichst eng-maschiges Netz an Elektrotankstellen, damit es attraktiver wird, ein solches Fahrzeug zu verwenden. Herr Bundesminister, da haben wir noch viel zu tun, eine stringente Planung und Umsetzung sind gefragt. Finanziell haben wir mit der Steuerreform schon gute Anreize in diesem Bereich geschaffen.

Eine Chance für Österreich besteht auch in der Entwicklung von automatisierten Fahr­zeugen. Dazu brauchen wir Teststrecken – ich weiß, da ist schon vieles auf dem Weg, zum Beispiel in der Steiermark –, und dafür werden wir hier schon bald die gesetz­lichen Rahmenbedingungen schaffen. (Abg. Belakowitsch-Jenewein: „Bald“!) Diese Forschungsprojekte können hochwertige Arbeitsplätze sichern und vielleicht auch neue, zusätzliche schaffen. (Abg. Belakowitsch-Jenewein: „Können“!)

Eine Bitte in diesem Zusammenhang, weil es dazupasst: Herr Bundesminister, Sie bezeichnen sich als Industrieminister, daher gehe ich davon aus, dass Sie auch viel Verständnis für dieses Thema und für den Wirtschaftsstandort haben – ich höre das sehr gerne –, das, was wir nicht brauchen, sind neue Belastungen für den Standort. Daher bitte ich Sie, ein klares Nein zur flächendeckenden Lkw-Maut zu äußern! (Beifall bei der ÖVP.)

Ja, wir bekennen uns zum Ausbau beziehungsweise zur Verbesserung der Bahn­infrastruktur. Österreich ist ein Bahn-Land. Aber wir müssen auch immer dazusagen, dass wir sehr, sehr viel Steuergeld in diesen Bereich investieren. (Abg. Schieder: Aber in den Lkw-Verkehr auch!) Es wurde schon die Frage gestellt: Was haben die Bürger davon? – Neu sanierte Bahnhöfe, schnellere Zugverbindungen: Das bedeutet für Pendler, die jeden Tag zu ihrem Arbeitsplatz fahren, mehr an Lebensqualität, denn natürlich schätzt jeder eine kürzere Fahrzeit beziehungsweise einen attraktiven Bahn­hof. Und das ist das, was die Menschen auch wirklich brauchen, aber sagen wir auch dazu, dass das sehr viel Geld kostet. Wir müssen immer wieder auch die Finan­zierungssysteme in diesem Bereich überdenken.

Zusammenfassend: Investitionen in die Infrastruktur sind tatsächlich wichtig für den Wirtschaftsstandort und damit für Arbeitsplätze und dadurch zum Nutzen unserer Bürgerinnen und Bürger. Wir müssen gleichzeitig aber auch immer hinterfragen, ob und wie wir uns die einzelnen Dinge leisten können. Die Bürger verstehen es, wenn etwas aus finanziellen Gründen nicht geht, denn sie wollen wirtschaftlich sinnvolle Entscheidungen. (Beifall bei der ÖVP.)

9.37


Präsidentin Doris Bures: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Dipl.-Ing. Deimek. – Bitte.

 


9.37.23

Abgeordneter Dipl.-Ing. Gerhard Deimek (FPÖ): Guten Morgen, Frau Präsidentin! Herr Bundesminister! Meine Damen und Herren! Ja, auch wir können uns dem Titel dieser Aktuellen Stunde anschließen, allerdings mit einem kleinen Aber. Und da möchte ich an die Ausführungen meines Vorredners, Kollegen Ottenschläger, an­schließen: Das Bessere ist der Feind des Guten! Es geht nicht nur darum, Infrastruktur zu bauen – das zählte ja, wie schon gesagt, in der Vergangenheit nicht unbedingt zu den glorreichen Leistungen der derzeitigen Regierung –, sondern es geht auch darum, dass man etwas gut baut, intelligent baut und dass diese Infrastruktur auch intelligent genützt wird. (Beifall bei der FPÖ.)


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Schauen wir uns doch ein paar der erwähnten Projekte an, zum Beispiel den Lobautunnel oder den Westring! Vor einem oder zwei Jahren erfolgte in Linz am Hauptplatz der Spatenstich – man sieht derzeit nicht einmal noch Markierungen auf der Straße für Bauarbeiten. Mir kommt es manchmal eher so vor, als wären wir in einer Verhinderungs- und nicht in einer Bau-Republik. Es dauert wesentlich länger, die Projekte auf Schiene zu bringen und wirklich mit dem Baggern zu beginnen, als die anschließende Bauzeit beträgt.

Und da kommen wir zum zweiten Aspekt: Woher kommt das Geld für die Infra­struktur? – Nehmen wir nur die Straßen her! Wir haben heute gehört, es werden wichtige und auch teure Straßenprojekte im höherrangigen Straßennetz gemacht. Gleichzeitig wissen wir von den Bundesländern, dass sie vorne und hinten nicht das Geld haben, ihr Straßennetz zu erhalten. Ja, meine Damen und Herren, wir haben einen Riesenbrocken Mineralölsteuer, den wir irgendwo im Budget versickern lassen. Wenn wir da eine Zweckwidmung machen würden, dann hätten wir wesentlich mehr Geld, als die Bundesländern brauchen würden, um das Straßennetz auch wirklich vernünftig erhalten zu können, und wir könnten sogar noch etliches in das höher­rangige Netz der ASFINAG geben. (Beifall bei der FPÖ.) Aber das würde bedeuten, dass man dem Geld ein Mascherl gibt. Das wäre transparent und dem Bürger gegenüber ehrlich.

Kommen wir aber zu einigen Details, die heute angesprochen wurden! Klubobmann Schieder hat gesagt, die Schiene, der Zug ist schneller, als man auf der Straße fahren kann. Das stimmt grundsätzlich und sollte überall gelten, es gilt aber leider nur auf einigen Strecken des Fernverkehrs.

Wenn Sie von Graz nach Linz wollen, wenn Sie von Graz nach Salzburg, nach Innsbruck wollen, dann haben Sie ein Problem, da hängen Sie mit einem langsamen Auto den Zug locker ab. Und im Nahverkehr wird es noch dramatischer. Da hat sich nämlich aus welchen Gründen auch immer der große Netzbetreiber, die ÖBB Infrastruktur, etwas gescheut, in den Nahverkehr zu investieren. Wenn Sie sich etliche Brücken im Zentralraum Oberösterreich, rund um Wels beispielsweise, anschauen: Das ist eher ein Infrastruktur-Verhinderungsprojekt gewesen als ein -Ausbauprojekt. Daher sage ich: Ja, Infrastruktur bauen, aber intelligent bauen!

Oder in der Schifffahrt. – Wir brauchen eine Einbindung der Schifffahrt auf der Donau in den Generalverkehrsplan. Wir brauchen Häfen, die wirklich in der Lage sind, dieses trimodale System zu erfüllen. Und wir brauchen Anreize, dann auch wirklich sogenannte High&Heavy-Transporte auf das Schiff zu bringen. Wenn das nicht geschieht, ist das alles immer nur graue Theorie.

Ein Wort noch zum Breitband. Ja, wir stehen dahinter! Es ist wichtig, auch in etwas entfernter gelegenen Regionen unseres Bundesgebietes das Internet auf Breitband­qualität zu bringen. Was wir aber zusätzlich brauchen – und das ist eine Kernforderung von uns Freiheitlichen –, ist ein fairer Zugang zu dieser Infrastruktur für die alternativen Telekom-Anbieter, denn sonst schaffen wir bereits jetzt ein Monopol für eine Firma, die sich im Endeffekt österreichisch nennt, aber in mexikanischen Händen ist. Das wollen wir nicht! Wir wollen, dass das Ganze fair verteilt ist und dass auch Österreicher dazukommen. (Beifall bei der FPÖ.)

In Summe ein guter Vorhabensbericht, ein guter Plan, aber bitte noch etwas mehr Anstrengung bei der Ausarbeitung und bei den Details. Ich möchte von dieser Stelle aus als Erstes einmal den Verantwortlichen dafür danken, die in der Lage sind, das auch wirklich zustande zu bringen, das sind nämlich die Steuerzahler. Ohne ihre Gel-


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der, ohne ihre Steuern könnten wir das alles nicht errichten. – Danke. (Beifall bei der FPÖ.)

9.42


Präsidentin Doris Bures: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Willi. – Bitte.

 


9.42.39

Abgeordneter Georg Willi (Grüne): Frau Präsidentin! Herr Minister! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Wenn man den Titel der Aktuellen Stunde liest, nämlich „Investitionen in die Infrastruktur sichern Wachstum und Beschäftigung“, muss man sagen, da geht es unmittelbar um die Frage: Welche Infrastruktur ist gemeint?

Für uns Grüne ist die wichtigste Infrastruktur die Bildungsinfrastruktur. (Beifall bei den Grünen.)

Gute Bildung ist das Wichtigste, was ein Staat seinen jungen Menschen ins Leben mitgeben kann. Wenn man von Arbeitsplätzen redet, dann muss man sagen: Gut ausgebildete Menschen finden viel eher und leichter einen Arbeitsplatz! – Aber über dieses wichtige Thema wird dann mein Kollege Harald Walser sprechen.

Ich nehme hier – etwas zugespitzt formuliert – zwei Vorstellungen von Infrastruktur wahr. Die eine lautet: Bauen wir Autobahnen, schnelle Schiene, bauen wir Flughäfen, bauen wir große Infrastruktur! Wenn man große Infrastruktur baut, dann arbeiten vor allem Maschinen, aber weniger Menschen. Unsere grüne Vorstellung ist eine andere: Wir wollen, dass viele kleine und mittlere Unternehmen beschäftigt werden und Arbeitsplätze schaffen durch Investitionen in die Bereiche Nahverkehr, Ausbau der Schnellbahnen, Barrierefreiheit, Straßenrückbau, Errichtung von Begegnungszonen, durch Investitionen in den Wohnbau durch gute Wohnbauförderung, thermische Sanierung. All diese Dinge schaffen viel mehr Arbeitsplätze, und das hat das WIFO auch errechnet.

Nur zwei Zahlen: Im Autobahnbau gibt es pro investierter Milliarde 10 700 Ar­beits­plätze. Investiert man in den Ausbau des öffentlichen Verkehrs, der Barrierefreiheit der Schiene, investiert man in den Wohnbau, schafft man für dieselbe Milliarde zwei Drittel mehr an Arbeitsplätzen, nämlich rund 18 000. Meine Damen und Herren, das ist der Unterschied! Sie sehen immer das große Bauwerk, wo die großen Konzerne mit großen Maschinen tätig sind, aber die Arbeitsplatzeffekte sind im grünen Modell wesentlich höher. (Beifall bei den Grünen.)

Wenn Kollege Deimek davon redet, dass es da Verhinderer gibt, dann muss ich dem entgegenhalten: Wenn Bürgerinnen und Bürger gegen Großprojekte aufstehen, dann geht es primär um die Frage: Wie wird das Steuergeld von uns Bürgerinnen und Bürgern eingesetzt? In Wahrheit steckt hinter dem Konflikt, der oft beim Autobahnbau, beim Bau von großen Basistunnels und dergleichen mehr auftritt, der Wunsch der Bevölkerung, dass ihr Steuergeld sinnvoller eingesetzt wird, dass mehr Arbeitsplätze entstehen, dass Projekte verwirklicht werden, die der Lebensqualität und dem Fort­schritt dienen, die im Übrigen auch dem Kampf gegen den Klimawandel dienen müs­sen. Wenn wir heute Infrastruktur bauen, die man in 30 Jahren nicht mehr braucht, weil sich das Leben geändert hat, weil die Mobilität eine völlig andere geworden ist, dann ist das vergossene Milch und vergeudetes Geld. (Beifall bei den Grünen.)

Jetzt komme ich als Verkehrssprecher zum Schluss noch zu Folgendem: Es wurde schon von zwei Rednern angesprochen, dass es in Österreich eine Infrastruktur gibt, die ziemlich am Absandeln ist, und das sind unsere Gemeinde- und Landesstraßen. Die bröseln sozusagen, wie der Rechnungshof richtig geschrieben hat.


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Jetzt haben die Länder in einem zweijährigen Prozess ein sehr gutes Modell entwickelt, damit sie das Geld hereinbekommen, um die Gemeinde- und Landes­straßen zu erhalten und wieder auf Vordermann zu bringen: die flächendeckende Lkw-Maut. Und Ihnen fällt nichts Besseres ein, als die Länder auf ihrem Weg zu dieser flächendeckenden Lkw-Maut, die die Straßeninfrastruktur im ländlichen Raum erhalten soll, zu boykottieren!

Da macht die Wirtschaftskammer eine Riesenkampagne und torpediert einen ganz sinnvollen Vorschlag, nämlich über eine flächendeckende Lkw-Maut einerseits das ländliche Straßennetz zu erhalten und andererseits Geld für den Ausbau der Öffis zu bekommen. Das finde ich wirklich nicht akzeptabel. Ich finde, wir sollten den Ländern hier Unterstützung geben, damit die Infrastruktur erhalten werden kann, weil sie für den ländlichen Raum genauso wichtig ist wie der schnelle Ausbau des Internets. (Zwi­schenruf des Abg. Ottenschläger.) Herr Kollege Ottenschläger, ich ersuche darum, dass Sie Sie als Niederösterreicher mithelfen, dass das geschieht. (Zwischenruf bei der ÖVP.) – Er ist kein Niederösterreicher? – Dann ersuche ich ihn als Wiener, dass er mithilft, dass das geschieht. (Beifall bei den Grünen.)

9.47


Präsidentin Doris Bures: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Pock. – Bitte.

 


9.47.38

Abgeordneter Michael Pock (NEOS): Frau Präsidentin! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Geschätzte Zuseherinnen und Zuseher! Infrastrukturpolitik, die Beschäfti­gung schaffen soll: Ich muss gestehen, es ist selten so, dass es die Sozialdemokraten und -demokratinnen schaffen, dass mein Blutdruck schon um 9 Uhr in der Früh steigt, aber heute haben sie es tatsächlich geschafft. Klubobmann Schieder, Bundesminister Klug – übrigens herzlich willkommen, Herr Bundesminister Klug! – und alle Kolleginnen und Kollegen danach sprechen davon, dass wir in den nächsten fünf Jahren 25 Mil-liarden € in die Infrastruktur investieren, damit Beschäftigung erhalten und gleich­zeitig eine Investition in die Zukunft machen.

Wenn wir das Geld nicht haben – und wir haben das Geld ja nicht, wir verschulden uns, um diese Maßnahmen finanzieren zu können –, dann steht die Regierung vor der Frage: Ich verschulde mich, was wäre die wichtigste Investition in die Zukunft dieses Landes – ist es die Autobahn, ist es die Schiene, ist es der Flughafen, ist es die Schifffahrt, die auch erwähnt wurde? – Ich halte es – da gebe ich meinem Vorredner Kollegen Willi auch recht – für maßgeblich und für die einzig richtige Antwort, dass wir in Bildung, in Forschung und in Wissenschaft investieren.

Wir haben – und das sagen auch alle Wirtschaftsforscher – kurzfristig die größten Beschäftigungseffekte, wenn wir ganz klassisch in die Infrastruktur des Verkehrs investieren. Aber mit dieser Investition investieren wir nur in die Arbeitslosigkeit von morgen. Was geschieht, wenn ich diese baulichen Maßnahmen in Zukunft nicht mehr brauche, wenn sich, wie Kollege Willi auch gesagt hat, die Infrastruktur tatsächlich verändert, wenn wir die Straßen beispielsweise nicht mehr in diesem Ausmaß benötigen?

Es ist wichtig, dass wir in Bildung investieren. Wir hören in jeder Plenarsitzung, dass das Geld fehlt. Ministerin Heinisch-Hosek hat ja zuletzt mit einem Budgetloch von 400 Millionen € zu kämpfen gehabt. Bei der Wissenschaft fehlen über 3 Milliarden €, die tatsächlich zugesagt sind, weil ja 2 Prozent des BIP erreicht werden sollen, die aber nicht erreicht werden. Man weiß nicht, wie man da tatsächlich vorankommt. Selbst Minister Klug hat gesagt, dass er in der Forschung mit 500 Millionen € 15 000 Ar­beits-


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plätze sichern oder tatsächlich auch neu dazugewinnen kann. All diese Dinge sprechen dafür, dass wir in eine ganz andere Richtung gehen müssen.

Noch einmal: Sie haben dieses Geld nicht. Sie müssen Schulden dafür aufnehmen. Und deswegen ist die zentrale Frage: Was ist das wichtigste Element für die Absicherung der Zukunft? – Das sind unsere Kinder und nicht die Autobahnen, ganz klar. (Beifall bei NEOS und Grünen.)

Wenn ich höre, dass sich das Infrastrukturministerium als neues Wirtschafts- und Industrieministerium versteht, dann fallen mir noch zwei weitere Punkte ein. Das Erste ist, dass Sie Ihre Aufgaben nicht erfüllen. Damit meine ich jetzt nicht Sie persönlich, Herr Minister, sondern Ihre Vorgänger. Sie haben, und das ist ganz wichtig, Tunnel­bauprojekte entschieden, die sich volkswirtschaftlich nicht rechnen. Sie haben Beträge in Milliardenhöhe zumindest teilweise versenkt.

Sie haben aber auch Maßnahmen, die Sie setzen könnten, die direkt und ohne dass sie Geld kosten, zu einem Mehr an Arbeitsplätzen führen würden, einfach aus ideologischen Gründen nicht einmal durchdacht. Ich möchte hier drei Beispiele nen­nen.

Das Erste ist – und ich habe es im Ausschuss schon oft genug gesagt, ich hätte da etwas mehr Unterstützung vom Kollegen Ottenschläger erwartet –, dass Sie mehr Wettbewerb auf der Schiene zulassen, dass öffentliche Ausschreibungen für alle Unter­nehmen in Österreich entsprechend zur Verfügung stehen, dass sich jeder Bahnbetrieb nicht nur gründen, sondern auch an einer Ausschreibung teilnehmen kann. Derzeit erfolgt der Großteil der Ausschreibungen der geförderten Strecken über eine Direktvergabe. Das heißt, der Staat sagt, ich brauche A, und sagt, ich habe ein Unternehmen, das kenne ich ganz gut, ich bin zufrieden, ich nehme die ÖBB. Ich schaue nicht, wer diese Dienstleistung noch besser, günstiger, sicherer anbieten könnte. Großer Fehler!

Zweiter Punkt: Die Fernbusse, die in Deutschland zu einer großen Anzahl von Unter­nehmensgründungen geführt haben, sind in Österreich nicht möglich, wenn die Konzessionen einfach nicht vergeben werden. Jetzt kann man darüber streiten, ob ein Bus aus Umweltschutzsicht im Vergleich zur Bahn tatsächlich eine sinnvolle Maß­nahme ist. – Das ist er, wenn er voll besetzt ist. Das wissen wir. Wenn die Bahn nicht voll besetzt ist und der Bus schon, ist die Emission geringer.

Dritter Punkt – ganz anderer Bereich –: Telekommunikationsbranche. Sie haben – nicht Sie, aber Ihr Ressort – zugelassen, dass Sie eines der strategischen Netze, das Sie vorher angesprochen haben, nämlich das Telekomnetz, privatisiert haben. Zuerst privatisieren Sie das Netz, was strategisch ist und was aus unserer Sicht – einer aus Ihrer Sicht wahrscheinlich neoliberalen Partei – selbstverständlich ein strategisch wert­voller Bestand der Republik ist. Und nachdem Sie es privatisiert haben, investieren Sie Milliarden, die Sie dann irgendwelchen Unternehmen zur Verfügung stellen. Das geht völlig am Ziel vorbei!

Was Sie danach machen, ist, dass der politische Auftrag an den Regulator dahin gehend lautet, dass Sie von den 64 Telekom-Betrieben, die Sie in Österreich haben, durch neue Regulierungsmaßnahmen beziehungsweise durch Abschaffung alter 63 in ihrer Existenz gefährden. Das ist keine Wirtschaftspolitik, das ist keine Infra­struktur­politik und keine Zukunft für unser Land! – Danke. (Beifall bei den NEOS.)

9.53


Präsidentin Doris Bures: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Hagen. – Bitte.

 



Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll123. Sitzung / Seite 41

9.53.13

Abgeordneter Christoph Hagen (STRONACH): Frau Präsidentin! Herr Bundes­minis­ter! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ja, Klubobmann Schieder hat hier etwas Wahres gesagt, und ich bin froh, dass Sie das einmal in den Mund genommen und aus der Sicht der Regierung wirklich angesprochen haben. Wirtschaft, Arbeitsplätze und Wachstum, das sind ganz, ganz wichtige Motoren, die wir in Österreich brauchen und die von der Regierung bisher leider zu wenig berücksichtigt worden sind.

Nun, diesen Versuch finde ich positiv. Sie kennen die Forderungen von Frank Stronach. Frank Stronach ist mit dem Team Stronach angetreten, um diesen Wachstumsmotor beziehungsweise dieses Stiefkind der Regierung zu thematisieren und um Leben in die Wirtschaft beziehungsweise in Österreich hineinzupumpen.

Meine Damen und Herren! Wir feiern in ein paar Tagen den 1. Mai, den Tag der Arbeit. Ich denke, wir sollten ihn ein bisschen umbenennen, und zwar in den Tag der Unter­nehmer und der Industrie. Das sind nämlich genau jene, die die Arbeitsplätze schaffen, die dafür sorgen, dass unser Staat funktioniert. Und das ist das, was Frank Stronach immer angesprochen hat: Wenn die Wirtschaft nicht funktioniert, dann funktioniert nichts in diesem Staat. Dann gibt es keine Steuereinnahmen, dann gibt es keine Arbeitsplätze, dann gibt es keine Infrastruktur.

Meine Damen und Herren, ich finde es positiv, dass Sie von der Regierung das nun erkannt haben.

Ich darf Sie auf das „Grundsatzprogramm“ des Teams Stronach aufmerksam machen. Das (kurz eine Broschüre in die Höhe haltend) kann man im Internet herunterladen. Da gibt es ganz, ganz wichtige Hinweise und Unterstützungen in diesem Bereich für Unternehmer. Es gibt faire Steuern und klare Regeln. Es gibt für die Arbeitnehmer einen Steueranreiz bei Beteiligung von Mitarbeitern. Meine Damen und Herren! So müsste man die Politik richtig machen, sodass wir hier Arbeitsplätze haben, dass die Infrastruktur funktioniert, ja alles funktioniert. (Beifall beim Team Stronach.)

Ich möchte Ihnen, Herr Bundesminister Klug – Herr Minister, Sie sollten mir jetzt genau zuhören! –, etwas mitgeben. Ich habe Ihnen bei Ihrer Rede zugehört. Ich habe etwas vernommen, das mich nicht sehr gefreut hat. Herr Minister! Sie haben zwar positiv vom Breitbandausbau gesprochen. Aber der eine Satz hat mich dann doch etwas erschüt­tert, als Sie sagten, da können dann die Leute schneller und besser den Urlaub übers Internet buchen und etwas bestellen. Meine Damen und Herren! Ich denke, es ist notwendig, dass wir Arbeitsplätze hier im Lande schaffen und nicht Amazon und weiß ich was alles unterstützen. Herr Minister, das war etwas unklug gewählt. Ich würde Sie bitten, das vielleicht wieder richtigzustellen und zu sagen, dass es Ihre Absicht ist, dass Sie Arbeitsplätze in Österreich schaffen. (Beifall beim Team Stronach.)

Aber schauen wir uns einmal die Infrastrukturthemen an! Sie haben ja – und das ist hier auch schon angesprochen worden – im Verkehrsausschuss gesagt, Sie sind auch Industrieminister. Das war ein großes Vorhaben, und ich finde es positiv, dass Sie an die Industrie denken, an die Menschen, die Arbeitsplätze schaffen. Zur Industrie gehört natürlich auch ein funktionierender Transportweg. Da hapert es in Österreich aber doch immer wieder. In Ostösterreich wird jetzt in diesem Bereich einiges gemacht, dass die Transportwege über die Schiene, über die Straße entsprechend funktionieren.

Da gibt es aber das Stiefkind Westösterreich. Jetzt wissen wir, dass die Arlbergstrecke ein großes Problem ist. Ich habe es Ihnen aber auch schon im Ausschuss gesagt, wir stehen vor dem Problem, dass es in Westösterreich, speziell im westlichsten Bundes­land Vorarlberg, ziemlich hapert. Und das ist keine Erfindung von mir, sondern das schreiben die „St. Galler Nachrichten“, bei den Neat-Anschlüssen ist es so.


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll123. Sitzung / Seite 42

Wir wissen, dass zum Beispiel die Deutschen über den Bodensee jetzt die Bahn­strecke München-Lindau elektrifizieren, dass sie schauen, dass da mehr Kapazität auf die Schiene kommt, dass man da schneller fahren, schneller transportieren kann. Da gibt es aber dieses große Nadelöhr, das ist am Bodensee, das ist eingleisig. Ab 23 Uhr darf, wenn ich es richtig im Kopf habe, kein Zug mehr fahren. Der Güterverkehr ist über die Nacht also komplett gestoppt. Da gibt es viel zu tun.

Ich habe in diesem Schweizer Artikel gelesen, dass die Schweiz und Deutschland teilweise Zugstrecken mitfinanzieren, wenn sie von Vorteil für sie sind. Da geht es auch darum, dass das Netz zwischen München und Zürich verbessert wird, das geht ja dann weiter über den Gotthard nach Mailand hinunter. Da müsste man einmal mit den Schweizer Nachbarn über die Finanzierung sprechen, um eventuell einen Bahntunnel in Vorarlberg zwischen Lindau und Bregenz zu schaffen. Ich glaube, das wäre eine ver­nünftige Sache, eine gute Investition, um die Wirtschaft zu stärken und die Waren gut aus Vorarlberg hinauszubringen. Wir sind trotz eines guten Güterbahnhofs eine gute Lagerstätte, aber der Weitertransport ist ein Problem. Da sollten wir zugreifen.

Herr Minister, ich lade Sie ein, ich berate Sie gerne. Sie müssen nur auf mich zukommen. Ich helfe Ihnen gerne, damit wir da weiterkommen. Das wäre der richtige Weg. – Danke. (Beifall beim Team Stronach.)

9.58


Präsidentin Doris Bures: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Katzian. – Bitte.

 


9.58.56

Abgeordneter Wolfgang Katzian (SPÖ): Frau Präsidentin! Herr Bundesminister! Meine Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich glaube, das richtet sich ohnehin von selbst, wenn sich da jemand herstellt und sagt, wir sollten den 1. Mai in Tag der Unternehmer umbenennen. Sie können jeden Tag zum Tag der Unternehmer machen. Aber wenn Sie das beim 1. Mai sagen, ohne auf die besonderen Leistungen der österreichischen Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer hinzuweisen, wenn Sie das einfach da hinhauen, dann richtet sich das von selbst. Das haben sich die Arbeit­nehmerinnen und Arbeitnehmer nicht verdient! Der 1. Mai wird der Tag der Arbeit bleiben – egal, ob Ihnen das passt oder nicht! (Beifall bei der SPÖ.)

Liebe Kolleginnen und Kollegen, das Infrastrukturministerium hat auch heute eine Reihe von Investitionsprogrammen präsentiert. Ich glaube und bin überzeugt davon, dass damit wichtige Impulse für wesentliche Kernbereiche der Wirtschaft und der gesellschaftlichen Infrastruktur gesetzt werden, und zwar sowohl im Bereich des Transports als auch im Bereich von Telekommunikation und Kommunikation ins­gesamt.

Bei einigen Vorrednern habe ich ein bisschen den Eindruck gehabt, als wäre es ein Entweder-oder, wenn man sagt: Na ja, eigentlich wären andere Bereiche wichtiger, in die man investieren müsste, als die hier dargestellten Maßnahmen im Bereich der Infrastruktur. Ich glaube, ein Entweder-oder stellt sich bei all diesen Themen nicht, es muss ein Sowohl-als-auch sein. Daher geht es um alle diese Aktivitäten, die hier angesprochen wurden.

Ich denke, mit den Investitionen in die Infrastruktur werden zwei Ziele erreicht oder vorangetrieben: Das eine ist, wenn die Maßnahmen umgesetzt werden, wird Be­schäftigung generiert – Beschäftigung, die wir dringend brauchen und die durch diese Investitionen zustande kommt. Zum Zweiten werden mit dem Ausbau der Infrastruktur auch jene Grundlagen für den Wirtschaftsstandort und – der Herr Minister hat es ge­sagt – für den Industriestandort Österreich geschaffen, die uns garantieren, dass sich auch in Zukunft Unternehmen in Österreich ansiedeln und Menschen dort Be­schäf-


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll123. Sitzung / Seite 43

tigung finden. Beide Ziele muss man, glaube ich, sehen, wenn man über diese Inves­titionsprogramme diskutiert. Ich halte sie für sehr, sehr wichtig und auch für absolut notwendig.

Ein weiterer Bereich im Rahmen der Infrastruktur ist die Energieinfrastruktur. Wir werden bis 2020 in die Stromnetze 5,6 Milliarden € investieren – nicht weil es lustig ist und weil man halt irgendwohin investieren muss, sondern weil wir das auch dringend im Hinblick auf den weiteren Ausbau der erneuerbaren Energien brauchen. Das ist ein konkreter Nutzen für alle, das ist heimische Wertschöpfung, die hier generiert wird. Da gibt es eine Vielzahl an österreichischen Unternehmen, die in diesen Netzausbau investieren, die tätig werden können und wo wieder Arbeitsplätze generiert werden. Wir erreichen damit auch wichtige Lückenschlüsse im Netz. Wenn uns Versorgungs­sicher­heit wirklich ein Anliegen ist – Versorgungssicherheit und Infrastruktur hängen eng zusammen –, dann müssen wir diese Lückenschlüsse auch machen.

Wir haben das Energie-Infrastrukturgesetz beschlossen, wir haben Mindeststandards für zügige Verfahren geschaffen, um eine Beschleunigung zu erreichen, ohne die Mitwirkungs- und Mitbestimmungsmöglichkeiten der Bevölkerung einzuschränken.

Ich habe schon darauf hingewiesen, meine Damen und Herren, wesentlicher Treiber für den Netzausbau ist der massive Zuwachs an erneuerbarer Energie. Sowohl der Ausbau der Netze als auch der Ausbau der erneuerbaren Energie werden im Wesent­lichen von den Stromkunden bezahlt. Das ist auch okay. Der Unterschied ist, dass die Netze über Jahrzehnte genutzt werden können, während die Förderungen für Öko­strom­anlagen auslaufen. Ich glaube, da werden wir noch entsprechenden Diskussions­bedarf mit jenen haben, die meinen, das müsse in eine Dauersubvention übergehen.

Mir sind zwei Bemerkungen zum Schluss noch wichtig. Zum Ersten: Ich denke, Infrastruktur ist der Lebensnerv einer Gesellschaft und einer Wirtschaft. Daher ist es völlig klar, dass Infrastruktur in öffentlicher Hand bleiben und von öffentlicher Hand dominiert werden soll. Das ist heute so, und das soll auch in der Zukunft so sein. (Beifall bei der SPÖ.)

Und zweitens: Wenn es darum geht, mehr Geld zu generieren, um in weitere und in breitere Maßnahmen im Bereich der Bildung und Forschung investieren zu können, dann, glaube ich, braucht es auch jene Ausnahmen von den Fiskalregeln, die schon öfter andiskutiert wurden. Das heißt, dass Investitionen in die Zukunft – und da gehören Investitionen in die Infrastruktur, in die Bildung und in die sozialen Strukturen mit dazu – ausgenommen werden und der Staat auch entsprechend tätig werden kann. Das ist aus meiner Sicht eine unerlässliche Maßnahme, die man jetzt angehen und umsetzen muss. – Vielen Dank. (Beifall bei der SPÖ.)

10.04


Präsidentin Doris Bures: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Dipl.-Kffr. Pfurtscheller. – Bitte.

 


10.04.24

Abgeordnete Dipl.-Kffr. (FH) Elisabeth Pfurtscheller (ÖVP): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrter Herr Minister! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Liebe Zuseher auf den Rängen und an den Bildschirmen! Ich möchte zuerst ganz kurz auf die Redebeiträge von den Kollegen Willi und Deimek eingehen. Sie haben ja beide die flächendeckende Lkw-Maut gefordert und haben während ihrer Forderungen sehr intensiv auf die ÖVP-Seite geschaut.

Ich möchte aber schon ergänzen und ein bisschen richtigstellen, meine Herren: Sie wissen ganz genau, als der Bund das niederrangige Straßennetz an die Länder über­geben hat, hat er die finanziellen Aufwendungen, die die Länder dadurch zu erwarten


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll123. Sitzung / Seite 44

haben, mit einem Bonus oder mit einer Zusatzzahlung im Finanzausgleich aus­geglichen. Und wenn die Länder jetzt dieses Geld, das sie damals zugesagt bekom­men haben und jedes Jahr überwiesen bekommen, für das niederrangige Straßennetz nicht einsetzen, sondern damit etwas anderes machen und sich jetzt beschweren, dann ist es deren Problem und nicht das Problem des Bundes.

Zweitens schaden wir damit dem ländlichen Raum, wenn die flächendeckende Lkw-Maut eingesetzt wird. Davon bin ich überzeugt. Jedes Lebensmittelgeschäft, das 50 Kilometer von der Autobahn entfernt ist, wird das spüren, wenn der Lkw zu ihnen kommt und sie Maut zahlen müssen. Wenn sie nur für 500 € oder 700 € oder 800 € Lebensmittel einkaufen, dann müssen sie das ja auf den Preis draufschlagen. Das landet also dann wieder beim Konsumenten und schadet dem ländlichen Raum – ganz abgesehen von den Wirtschaftsbetrieben, die sich im ländlichen Raum immer noch angesiedelt haben und halten, die das natürlich auch verspüren werden.

Dem Kollegen Willi möchte ich noch gerne sagen: Vielleicht solltest du das einmal mit Kollegin Felipe diskutieren, denn wie du weißt, ist sie auch nicht die ganz große Anhängerin der flächendeckenden Lkw-Maut, wiewohl sie die zuständige Landesrätin in Tirol ist.

Jetzt zu meinem eigentlichen Beitrag, den ich bringen wollte: Infrastruktur ist natürlich total wichtig für uns. Das wissen wir alle. Wir stehen als Österreicher im europäischen Vergleich in dieser Frage ziemlich gut da. Jeder, der beruflich oder im Urlaub unter­wegs ist, kann feststellen, dass unser Infrastrukturnetz sehr gut ausgebaut ist. Ich bin überzeugt davon, dass es sehr wichtig ist, ein gutes Verkehrssystem zu haben, um innovative, dynamische, nachhaltige und funktionierende Wirtschafts- und Tourismus­standorte in Österreich garantieren zu können.

Als Beispiel möchte ich jetzt meine Region hernehmen, aus der ich komme, den Bezirk Reutte. Da gibt es die B179, die Fernpassstraße. Sie alle kennen sie aus dem Radio, denn die Staumeldungen die B179 betreffend sind fast tagtäglich zu hören; im Österreich-Ranking kommt sie noch vor der Südosttangente. Das heißt, unser kleiner Bezirk erstickt teilweise im Autoverkehr, weil wir nur eine einzige Straßenverbindung ins Inntal haben, wiewohl wir wissen, dass diese Straßenverbindung für das Inntal und speziell für das Tiroler Oberland wahnsinnig wichtig ist. Im Tiroler Oberland gibt es 130 000 Gästebetten, die jedes Wochenende sozusagen über diese unsere Straße gefüllt werden, und über diese Straße erfolgt auch wieder die Abreise.

Das heißt, es ist uns bewusst, dass, wenn wir am Samstag keinen Stau auf unserer Straße haben, dann der Tourismus im Oberland Probleme hat. Es ist uns daher natürlich sehr wichtig, dass die Straße offen ist, dass die Straße gut befahren werden kann, aber nichtsdestotrotz sollten auch wir Einheimischen am Wochenende die Möglichkeit haben, uns auf dieser Straße zu bewegen.

Ein weiterer Aspekt ist, dass es für unseren Bezirk unheimlich wichtig ist, eine schnelle Anbindung in den Tiroler Zentralraum zu haben. Speziell für junge Menschen, die zur Uni oder zur Schule pendeln, für Pendler, Arbeiter ist es total wichtig, dass sie schnell hin- und zurückkommen. Für uns ist es einfach lebensnotwendig, dass wir in unserem Bezirk weiterhin existieren können, dass die jungen Menschen nicht abwandern und nicht mehr zurückkommen und wir quasi eine Entvölkerung erleben, ganz abgesehen von dem Fachkräftemangel, den es bei uns auch gibt. Wir müssen also schauen, dass die Menschen zum Arbeiten zu uns kommen können, weil es doch einige große Betriebe bei uns gibt.

Das heißt abschließend und zusammenfassend: Herr Bundesminister, ich möchte Sie hier ganz offiziell im Namen der Bevölkerung des Tiroler Oberlandes und in meinem persönlichen Namen ganz herzlich darum bitten, dass Sie den Bau des Tschirgant-


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll123. Sitzung / Seite 45

tunnels in Ihren Fokus rücken. Ich weiß, das ist alles nicht so einfach, die Gelder sind nicht unendlich vorhanden, aber für uns wäre es wirklich sehr wichtig. Und wenn ich schon beim Bitten bin: Auch der zweigleisige Ausbau der Bahnstrecke Oberland wäre ganz super für uns. – Danke schön. (Beifall bei der ÖVP.)

10.09


Präsidentin Doris Bures: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Themessl. – Bitte.

 


10.10.00

Abgeordneter Bernhard Themessl (FPÖ): Frau Präsidentin! Herr Bundesminister! Werte Kolleginnen und Kollegen! Liebe Zuseher! Ja, den Titel dieser Aktuellen Stun­de – das hat schon Herr Kollege Ottenschläger gesagt – kann jeder unter­schreiben, das ist richtig. Infrastruktur ist wichtig, aber über eines dürfen wir uns nicht hinweg­täuschen lassen: Infrastrukturprojekte haben unheimlich lange Vorlaufzeiten und nützen in der aktuellen Situation, in der sich Österreichs Wirtschaft befindet, wahr­schein­lich nicht viel. Alle Infrastrukturprojekte, die Sie ansprechen, werden auch nur dann von Erfolg gekrönt sein, wenn Sie endlich die Rahmenbedingungen für die österreichische Wirtschaft ändern, und da sind Sie seit Jahren säumig! (Beifall bei der FPÖ.)

Noch ein bisschen Geschichtsunterricht für Herrn Klubobmann Schieder: Wenn er den Ausbau der Südbahnstrecke jetzt als Erfolg der Regierung bezeichnet, dann weiß ich nicht, wo er in den Jahren 2000 bis 2006 gewesen ist, denn der Ausbau der Süd­bahn­strecke mit dem Koralmtunnel et cetera war alles andere als ein Wunschprojekt der Sozialdemokraten. Im Gegenteil: Gusenbauer und Pröll von der ÖVP haben zum Beispiel den Semmeringtunnel jahrelang, wenn nicht jahrzehntelang verhindert. So viel zu den Vorlaufzeiten von Infrastrukturprojekten, liebe Kolleginnen und Kollegen der Regierungsparteien. Also ein bisschen Geschichtsunterricht würde Ihnen auch nicht schaden. (Beifall bei der FPÖ.)

Ich weiß nicht, was Sie mit diesem Thema heute wollen. Vielleicht ist das nach dem Erdbeben vom Sonntag der vielgerühmte Neubeginn, den Sie am Montag ausgerufen haben. Jetzt Infrastrukturprojekte als Allheilmittel für die Wirtschaft und für die Arbeits­platzsicherung hinzustellen, das ist ein bisschen weit hergeholt.

Ich glaube, Sie kennen die aktuelle Situation nicht. Bei der Erstellung des Bud­gets 2016 sind wir von einem Wirtschaftswachstum von 1,6 Prozent ausgegangen. In der Zwischenzeit wurde es bereits das zweite Mal nach unten korrigiert, und der aktuelle Stand liegt bei 1,2 Prozent. Welche Rahmenbedingungen die Wirtschaft vor­findet, das hören Sie tagtäglich in jedem Betrieb, den Sie besuchen, das ist in der Zwi­schenzeit auch in schriftlicher Form von der Wirtschaftskammer an die Bundes­regierung ergangen. Wir haben Riesenprobleme! Wir haben einen Rückfall in allen Rankings seit Jahren. Wir haben eine Investitionsbereitschaft, die drastisch sinkt. Die Wirtschaftskammer schreibt in ihrem Brief an die Bundesregierung, den übrigens auch der sozialdemokratische Wirtschaftssprecher Dr. Matznetter mit unterzeichnet hat: Innerhalb der letzten sechs Jahre ist die Nettoinvestitionsquote in Prozent des BIP von 10 Prozent auf 5 Prozent gesunken.

Meine Damen und Herren der Regierungsparteien, wenn das kein Alarmsignal ist, dann weiß ich nicht, wo Sie leben und wie Sie Wirtschaft sehen. Sie nehmen sehenden Auges zur Kenntnis, dass wir im europäischen Vergleich weit, weit hinten sind, und Sie tun absolut nichts, um die Rahmenbedingungen zu ändern. (Beifall bei der FPÖ.)

Wir haben nach wie vor das Problem der Kreditklemme. Es ist doch einfach absurd, wenn die Europäische Zentralbank vor eineinhalb Monaten den Zinssatz auf null senkt, mit der Begründung, damit die Investitionsbereitschaft der Klein- und Mittelbetriebe und auch der Privatpersonen anzukurbeln, um die Wirtschaftsleistung in Europa zu stei-


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gern – und 14 Tage später kommt vom EU-Parlament eine Richtlinie, die Kredit-vergaberichtlinien zu verschärfen. Das ist ja widersinnig bis zum Gehtnichtmehr! Und unsere Bundesregierung schreit hier nicht auf! Das versteht doch kein Mensch! (Beifall bei der FPÖ.)

Wir haben einen Bürokratiewahn, der in der Zwischenzeit nicht mehr zu überbieten ist. Jüngstes Beispiel: die Registrierkassenpflicht. Da gibt es ein Gesetz mit 11 Seiten im Bundesgesetzblatt, und dazu gibt es dann einen Erlass mit 67 Seiten, der festlegen soll, wie das Ganze auszuführen ist. Ja, glauben Sie wirklich allen Ernstes, dass ein kleiner oder mittlerer Unternehmer hier noch durchblickt? Sie finden ja kaum mehr einen Steuerberater in Österreich, der Ihnen genau sagen kann, was zu tun ist. Das ist der Bürokratiewahn, der in diesem Land vorherrscht! (Beifall bei der FPÖ.)

Dann kommen wir noch zu den berühmten Russland-Sanktionen: Wir haben im Wirtschaftsausschuss gefordert, die Russland-Sanktionen vonseiten Österreichs nicht mehr zu verlängern. Wir haben Zusagen von Herrn Dr. Matznetter gehabt, wir haben schon jahrelang Zusagen von Herrn Wirtschaftsminister Mitterlehner, dass man sich dafür einsetzen wird. In der Zwischenzeit sagt sogar Bürgermeister Häupl – gestern in „Wien heute“ –, dass die Abschaffung der Russland-Sanktionen eine Forderung der FPÖ sei, die man eigentlich mittragen sollte. (Beifall bei der FPÖ.)

Wir tun unserer Wirtschaft selbst weh, nur um den Amerikanern einen Gefallen zu machen. Ich weiß nicht, meine Damen und Herren der Regierungsparteien, wie lange Sie sich von den Amerikanern noch auf der Nase herumtanzen lassen werden. Wenn es eine Tatsache ist, dass in den letzten zwei Jahren die Exporte der USA nach Russland gestiegen sind, während die europäischen eingebrochen sind, na dann gratuliere ich zu Ihrem Weitblick und zu Ihrem Vermögen, wirtschaftspolitische Themen wirklich anzugreifen. (Beifall bei der FPÖ.)

Meine Damen und Herren, es gibt nichts Gutes, außer man tut es! Setzen Sie endlich einmal Ihren gestern wieder angekündigten Neubeginn in die Tat um, geben Sie sich einen Ruck und ändern Sie endlich die Rahmenbedingungen für die Wirtschaft in Österreich, und sie wird es Ihnen mit Arbeitsplätzen danken! – Danke. (Beifall bei der FPÖ.)

10.15


Präsidentin Doris Bures: Als Nächster ist Herr Abgeordneter Dr. Walser zu Wort gemeldet. – Bitte.

 


10.15.52

Abgeordneter Dr. Harald Walser (Grüne): Frau Präsidentin! Geschätzte Herren Minister auf der Regierungsbank! Hohes Haus! Ja, ich gratuliere der SPÖ; ich glaube, die Wahl des heutigen Themas war sehr gut. Das Thema ist wichtig, darin sind wir einer Meinung. Weniger überzeugt sind wir aber von den Maßnahmen, die Sie uns da vorstellen. Ich finde es ganz typisch heute: Das Wort Bildung ist im Zusammenhang mit Infrastruktur bisher nur von den Grünen und von den NEOS in den Mund genommen worden, obwohl wir alle in Sonntagsreden immer wieder darauf hinweisen, wie wichtig das ist.

Ich habe mir ein Zitat eines Gründervaters der Vereinigten Staaten von Amerika, nämlich von Benjamin Franklin, herausgesucht: „Eine Investition in Wissen bringt noch immer die besten Zinsen.“

Das, meine Damen und Herren, sollten wir uns zu Herzen nehmen, und da hätten wir eine ganze Reihe von Vorschlägen. Und weil ich weiß, grüne Vorschläge kommen bei den Regierungsparteien nicht gut an und werden immer erst dann akzeptiert, wenn sich nach Jahren herausstellt, dass sie richtig sind, lege ich Ihnen hier die Kurzfassung


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mehrerer Studien vor, die beschreiben, was Investitionen in die Bildung bringen. (Der Redner hält ein Konvolut von Schriftstücken in die Höhe.)

Ich zitiere ganz gerne und sehr bewusst zuerst einmal die Arbeiterkammer, die ein Investitionsprogramm vorgelegt hat, das etwa 100 Millionen Euro umfasst. Das ist ein Klacks im Vergleich zu dem, was Sie uns hier präsentieren und wofür bis heute die Finanzierung nicht gesichert ist – ein Klacks! Bedingung: Die Länder müssen jeweils kofinanzieren.

Ich sage jetzt nicht, dass Sie in den letzten Jahren nichts getan haben; Sie haben etwas getan, allein es ist zu wenig. Die Arbeiterkammer rechnet es Ihnen vor: Mit 100 Millionen € – 100 Millionen sind das nur, kofinanziert von den Ländern – schaffen Sie über einen Zeitraum von vier Jahren – und jetzt halten Sie sich bitte fest; das ist eine Studie von Fachleuten! – 35 000 neue Kindergartenplätze, die vor allem unsere Alleinerziehenden dringend benötigen, die unsere Familien dringend benötigen, die Ehepaare benötigen, wo beide arbeiten gehen müssen und die Kinder betreut werden sollten. Aus pädagogischer Sicht wissen wir, wie positiv sich das auswirkt. Noch bei den 15-Jährigen ist ein längerer Kindergartenbesuch positiv nachweisbar.

Was erreichen Sie noch damit? – Bessere Öffnungszeiten für 70 000 Kinder-garten­plätze. Auch das brauchen die betroffenen Mütter, die betroffenen Väter. Weiters: pro Kindergartengruppe zumindest zur Hälfte eine zusätzliche pädagogische Fachkraft. 14 000 neue Beschäftigungsverhältnisse, 14 000 Menschen, die einen Job bekommen, zusätzlich 2 300 in anderen Branchen. Für mindestens 14 000 Eltern wäre eine zu­sätzliche Erwerbsarbeit möglich, mindestens 30 000 Menschen insgesamt kämen zusätzlich in Lohn und Brot. Das sagt die Arbeiterkammer, meine Damen und Herren, und das sollten Sie bitte ernst nehmen.

Wenn die Kolleginnen und Kollegen der Volkspartei jetzt sagen, die Arbeiterkammer ist eher rot gebrandet – kein Problem, Sie können auch ein Papier der Industriellen­vereinigung hernehmen, das zu haargenau demselben Ergebnis kommt. (Beifall bei den Grünen.)

Jeder Euro, den wir in die Kindergartenpädagogik investieren – das rechnet Ihnen die Industriellenvereinigung vor, meine Damen und Herren –, hat eine achtfache Rendite.

Wir müssen diesbezüglich also gar nicht vom pädagogischen Standpunkt aus disku­tieren, wir müssen gar nicht darauf hinweisen, dass das frauenpolitisch wichtig wäre, wir müssen gar nicht darauf hinweisen, dass das familienpolitisch unbedingt notwendig ist – nein, ökonomisch rechnet sich das! Arbeiterkammer und Industriellenvereinigung gehen davon aus, dass sich diese Investition allein durch den Rückfluss bereits innerhalb weniger Jahre rentiert.

Wenn wir also von Infrastruktur reden, dann bitte in jenem Bereich, in dem wir es am dringendsten notwendig haben: bei den Kindern in der vorschulischen Betreuung und dann natürlich bei den Kindern in der schulischen Betreuung. Dazu sage ich nur ganz kurz Folgendes: Auch da haben Sie etwas gemacht. Der Schulentwicklungsplan war eine richtige Idee, nur: Er läuft aus. Und das zweite Problem: Er gilt nur für Bundes­schulen. Wir brauchen eine entsprechende Initiative auch im Bereich der Pflicht­schulen!

Meine Damen und Herren, ich komme zum Schluss: Statt Geld in sinnlose Tunnels zu verlochen, statt das Geld hinauszuhauen, in den Beton zu investieren, in Maschinen zu investieren, die Tunnels graben, gilt es, der Tatsache Rechnung zu tragen: Arbeits­plätze sichert das kleine Gewerbe! Da müssen wir den Hebel ansetzen! Das schafft Arbeitsplätze, und das sind nachhaltige Arbeitsplätze! (Beifall bei den Grünen.)

10.21



Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll123. Sitzung / Seite 48

Präsidentin Doris Bures: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Mag. Alm. – Bitte.

 


10.21.37

Abgeordneter Mag. Nikolaus Alm (NEOS): Frau Präsidentin! Sehr geehrter Herr Minister! Seit 2007 ist das Bundesministerium für Verkehr, Innovation und Technologie in sozialdemokratischer Hand. (Bundesminister Klug: Gott sei Dank!) Sei Dank, kann man sagen, ja. Das ist ja ein interessantes Launchpad, das war sozusagen der erste Job in der Bundesregierung für Herrn Bundeskanzler Faymann, und auch Frau Prä­sidentin Bures war zuvor in diesem Ressort tätig. Und auch unser Weltraumminister sieht es vielleicht als interessante Karriereoption, da weiterzumachen.

Aber es geht nicht um die persönliche Standortpolitik der SPÖ, es geht auch nicht um den speziellen Tunnelblick von manchen ÖVP-Landeshauptleuten. Wir haben ja jetzt schon wieder das flehentliche Bitten nach einem Tunnel gehört. Wir könnten natürlich beim Thema Infrastruktur auch über die vielen Skandale bei Infrastrukturgroßprojekten sprechen – da fällt mir Skylink ein, da fällt mir das Krankenhaus Nord oder der Hauptbahnhof Wien ein – oder über die vielleicht durchaus fragwürdige Vergabe von Breitbandförderungen, die zu einem großen Teil an nur einen Anbieter gehen. (Abg. Heinzl: Beim Hauptbahnhof, wo gibt’s da einen Skandal?)

Sie wollen über Standortpolitik und Beschäftigung sprechen (Abg. Heinzl: Wo gibt’s da einen Skandal beim Hauptbahnhof? Sagen Sie es! Nicht unter dem Schutz der Immunität hier …!), und Sie denken dabei nur an Investitionen in Bautätigkeit, an Bautätigkeit im engeren Sinn. Das ist aber bestenfalls die Grundlage, um Österreich als Wirtschaftsstandort zu positionieren. Wenn Sie mit dem Ziel Wachstum und Beschäftigung kommen, dann fehlt ein wesentlicher Erfolgsfaktor, und das sind natür­lich die Menschen: die Menschen und deren unternehmerisches Denken. Das sind die, die auch die Bereitschaft haben, etwas zu riskieren: die Unternehmerinnen und Unter­nehmer!

Und da zeigt sich der große Unterschied zwischen uns, den NEOS, und den Regierungsparteien – in dem Fall weniger der Unterschied zur ÖVP als jener zur SPÖ. Es ist nämlich nicht die Politik, die mit Hafennetz, Rahmenplan Schiene, Straßen und Breitband Arbeitsplätze schafft und nachhaltig Wachstum generiert, sondern es sind Unternehmerinnen und Unternehmer, die diese Arbeitsplätze schaffen.

Wenn Sie also Standortpolitik machen wollen, dann ändern Sie Österreich und machen Sie daraus einen unternehmer- und unternehmerinnenfreundlichen Standort! Redu­zieren Sie die Bürokratie! Senken Sie die Kosten, damit mehr Luft für Beschäftigung und tatsächliche Investition von unternehmerischer Seite bleibt! Schaffen Sie Mög-lichkeiten zur Finanzierung durch privates Risikokapital in Frühphasen, aber auch bei Anschlussfinanzierungen!

Ganz konkret zum Thema Bürokratie: Verringern Sie bürokratische Hürden! – Das sind alles Maßnahmen, die nichts kosten. – Modernisieren Sie endlich die Gewer­beordnung! Reden wir über Arbeitszeitflexibilisierung innerhalb der Grenzen einer Wochenhöchstarbeitszeit! Sprechen wir über die Einführung einer „One in, one out“-Regelung, wie es zum Beispiel auch im UK der Fall ist; die haben das sogar auf eine „One in, two out“-Regelung ausgedehnt, mit Sunset Clauses, sodass tatsächlich auch weniger Regulierungen bestehen!

Reden wir über die Kosten: Senken Sie endlich die Lohnnebenkosten, nämlich wirk­lich! Streichen Sie, reduzieren Sie, schichten Sie um! Dann haben wir ein Potenzial von mindestens 3 Milliarden € für ordentliche Lohnnebenkostensenkungen. Das sind ganzzahlige Prozentpunkte, die Unternehmen wirklich etwas bringen. Gerade Arbeit ist mit viel zu hohen Abgaben belastet. Da sind Beiträge zur Wohnbauförderung drinnen,


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zur Kommunalsteuer. Die Pflichtmitgliedschaften in Wirtschaftskammer und Arbeiter­kammer tragen auch dazu bei, dass der Faktor Arbeit teuer wird.

Und dritter und wichtigster Punkt: Finanzierung. Herr Minister, Sie haben gemeint, die Investitionsbereitschaft der Privaten ist enden wollend. – Die ist nicht enden wollend, sondern es ist schlicht und einfach nicht attraktiv genug. Sie müssen es attraktivieren, privates Wagniskapital in Unternehmen hineinzubringen. Maßnahmen wie das „MiFiG neu“ werden dazu nichts beitragen. Nehmen Sie sich lieber unseren Antrag vom letzten Jahr betreffend einen Realwirtschaftsinvestitionsfreibetrag her, der noch immer nicht im Ausschuss behandelt wurde! Technisch wäre es sehr einfach, auch für Private einen Sonderausgabenabzug für Investments in junge Unternehmen, in Start-ups zu ermöglichen. So ein Realwirtschaftsinvestitionsfreibetrag in der Höhe von – wie von uns vorgeschlagen – zum Beispiel 100 000 € wäre wirklich ein Meilenstein für die Wirtschaft.

Es geht da auch nicht um ein Entweder-oder, es geht um ein Sowohl-als-auch. Sie haben den Bildungsbereich angesprochen – ich glaube, Kollege Katzian war es –, aber dort passiert ja auch nichts. Also das Sowohl-als-auch funktioniert nicht, und das Entweder-oder gibt es in diesem Sinn auch nicht.

Uns geht es also nicht um Investitionen des Staates – für die sowieso das Geld fehlt –, sondern es geht darum, dass Unternehmerinnen und Unternehmer investieren können. Und diese 1 Milliarde, die angeblich 15 000 Arbeitsplätze im Straßenbau schaffen soll, ist natürlich nicht nachhaltig. Nachhaltige Maßnahmen, die wirklich Arbeitsplätze schaf­fen, die Wachstum generieren, sind solche zur Förderung von Innovation, sind solche für ein unternehmerisches, unternehmerfreundliches Österreich. – Danke. (Beifall bei den NEOS.)

10.26


Präsidentin Doris Bures: Als Nächster spricht Herr Abgeordneter Steinbichler. – Bitte.

 


10.26.50

Abgeordneter Leopold Steinbichler (STRONACH): Frau Präsident! Sehr geehrte Herren Minister! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Zuseherinnen und Zuseher auf der Galerie und vor den Fernsehgeräten! Herr Minister, vielleicht darf ich mir noch kurz eine Anmerkung erlauben, Bezug nehmend auf die jüngste Vergangenheit: Als du als Verteidigungsminister aktiv warst, hast du noch nicht so viel auf Infrastruktur gehalten. Ich darf an die Kasernenschließungen oder an die Kürzungen bei der Militärmusik erinnern, wo wichtigste Infrastruktur in Frage gestellt worden ist. Aber vielleicht hat der Ministeramtswechsel oder haben die neuesten Wahlergebnisse diesen positiven Wan­del beschleunigt, und wir sind ja begeistert davon. Allerdings ist mir einiges zu viel auf Schiene und Straße ausgelegt und, wie mein Vorredner gerade erwähnt hat, zu wenig für Menschen dabei gewesen.

Ich möchte gleich auf ein aktuelles Beispiel eingehen. Kollege Ottenschläger hat die Elektromobilität angesprochen, und Kollege Katzian hat den Ausbau der Strom­netzwerke erwähnt. Ich möchte diesbezüglich ein bisschen Realität hier hereinbringen und aufzeigen, wie das wirklich ausschaut. Wir gedenken gerade der tragischen Ereig­nisse in Tschernobyl und vergessen dabei, dass 435 Atomkraftwerke am Netz sind. Wir vergessen, dass China aktuell 20 neue Atomkraftwerke baut. Und die Realität schaut auch so aus, dass in Oberösterreich die Energie AG das Biomasseheizwerk in Timelkam, das 2005 eröffnet wurde, durch das 20 000 Haushalte mit Biostrom versorgt wurden, 6 000 Haushalte mit Biowärme versorgt wurden, seit Monaten stillgelegt hat. Das sind die Fakten, und über die müssen wir hier in diesem Haus reden, wenn wir sagen, wir sprechen die Ängste und Sorgen der Bürgerinnen und Bürger an. Da wer-


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den regionale Betriebe geschlossen, regionale Arbeitsplätze vernichtet, und es wird internationalen Spekulanten die Tür geöffnet. (Beifall beim Team Stronach.)

Genau dieselbe Entwicklung, Kolleginnen und Kollegen, findet im ländlichen Raum statt. Wir reden immer nur vom urbanen Raum, wir reden aber nicht von kleinen Landgemeinden, wo Postämter geschlossen werden. In der Gemeinde Regau – 6 000 Ein­wohner, 70 Betriebe – wird das Postamt geschlossen. Das ist die Infra­struktur, die man draußen den Bürgerinnen und Bürgern nimmt! Und ich denke, ein ganz weiser Ausspruch erfolgte in den letzten Tagen durch den Sprecher der Industrie in Oberösterreich, Peter Mitterbauer. Er hat im Zusammenhang mit der Bürokra­tisierung, mit den Hindernissen, die die Unternehmerinnen und Unternehmer, die Klein-KMUs auf sich nehmen müssen, mit dieser Überbürokratisierung, gesagt, während es früher geheißen hat, Österreich ist ein Industriestandort, werde es – so Peter Mitter­bauer – in Zukunft heißen, die „Industrie stand dort“.

Wir müssen unseren Betrieben wirklich geeignete Lösungen anbieten. Die Behörde hat zu unterstützen und nicht zu verhindern! Das ist das Hauptproblem, das wir heute haben, wie Sie feststellen können, wenn Sie mit Unternehmerinnen und Unternehmern vor Ort sprechen. (Beifall beim Team Stronach.)

Über die Bewilligung von Projekten, von nötigen Maßnahmen wird größtenteils am bürokratischen Tisch entschieden, in einer Art und Weise, die die reale Wirtschaft behindert.

Und auch da geht es um eine Frage der Struktur: Der Agrardiesel, der in Österreich den Bäuerinnen und Bauern im ländlichen Raum genommen wurde – 56 Milliarden €! , den die europäischen Mitbewerber hingegen bekommen, fehlt dem ländlichen Raum. (Abg. Höfinger: 56 Milliarden?!) Wir bluten den ländlichen Raum aus! Wir werden das hier in einigen Monaten beim Finanzausgleich wieder diskutieren. (Beifall beim Team Stronach. – Ruf bei der SPÖ: … 56 Milliarden?!) – 56 Millionen €, Herr Kollege.

Und weil du dazwischenfragst, Kollege, darf ich dich an den Standortunterschied zwischen Österreich und Deutschland erinnern – der ist ja ganz wesentlich. Kanzler Schröder wurde dafür abgewählt, dass er damals die „Agenda 2010“ eingeführt hat – die nötigen Maßnahmen, die unsere Bundesregierung seit Jahren auf die lange Bank schiebt! Nur vor Wahlen wird wieder darüber geredet und angekündigt: Jetzt kommt der Bürokratieabbau, jetzt kommen Strukturänderungen, jetzt werden die Kranken­versicherungen zusammengelegt! – Kaum sind die Wahlen vorbei, so wie jetzt – es beginnen schon wieder die gefährlichen Tage, drei Tage sind schon vergangen seit den Wahlen –, vergisst man schon wieder, wovon man gesprochen hat. Ich denke, das sind die Hauptprobleme, worüber jetzt auch die Bürger und Bürgerinnen verärgert sind und ihre Stimmungslage entsprechend kundtun.

Ich darf abschließend Folgendes sagen: Wir reden hier, Herr Minister, von wertvollstem Steuergeld. Die angesprochenen 25 Milliarden €, die in den nächsten Jahren investiert werden sollen, sind wertvollstes Steuergeld, mit dem sorgsamst umgegangen werden muss. Dieses Geld muss ganz gezielt in die aktive Wirtschaft, in die KMUs, in die Industrie, in die Bildung – wie angesprochen – investiert werden, damit es auch tat­sächlich für die Bevölkerung wirksam wird. Ich glaube, das ganz Entscheidende ist, dass wir alle diese Entscheidungen auf ihre Auswirkungen auf die Zukunft, auf unsere Kinder und unsere Enkerl hin prüfen, damit da positive Effekte entstehen. – Danke. (Beifall beim Team Stronach.)

10.32


Präsidentin Doris Bures: Als Nächster zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Doppler. – Bitte.

 



Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll123. Sitzung / Seite 51

10.32.30

Abgeordneter Rupert Doppler (ohne Klubzugehörigkeit): Frau Präsidentin! Herr Minister! Hohes Haus! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Die heutige Aktuelle Stunde ist dem Thema „Investitionen in die Infrastruktur sichern Wachstum und Beschäftigung“ gewidmet. Wir haben vom Herrn Minister gehört, 5 Milliarden € jährlich sollen in die Infrastruktur investiert werden. Herr Minister, das ist richtig und notwendig. Es ist auch richtig, wenn in den Ausbau oder in die Modernisierung der Schiene investiert wird, wenn bis zum Jahr 2021 jährlich 3 Milliarden € investiert werden. Und damit, haben Sie gesagt, werden 30 000 Arbeitsplätze gesichert.

Aber, meine sehr geehrten Damen und Herren, was wir in Österreich ebenfalls brauchen, sind neue Arbeitsplätze. Wir alle wissen, wie die Arbeitslosenzahlen in Österreich aussehen. Und was es für einen Menschen bedeutet, wenn er keine Arbeit hat, kann nur jemand nachvollziehen, den es ihn selbst betrifft, sonst niemand.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, deshalb ist es wichtig, dass neue Arbeits­plätze – das haben wir heute schon gehört – geschaffen werden, was Industrie betrifft, erneuerbare Energie, Forschung und so weiter. Und ganz, ganz wichtig ist, dass endlich die Sanktionen gegen Russland abgesetzt werden! (Beifall bei FPÖ und Team Stronach.)

Ich glaube, das ist wichtig für uns, denn diese Sanktionen verhindern, dass unsere Arbeitsplätze weiter ausgebaut werden.

Was wir dringend brauchen, ist auch – wie von Herrn Kollegen Themessl schon angesprochen – eine Unterstützung für unsere kleinen und mittleren Betriebe, denn diese Betriebe sind das Rückgrat der heimischen Wirtschaft, und sie gehören endlich entlastet und nicht ständig belastet! – Herzlichen Dank. (Beifall bei Abgeordneten des Teams Stronach sowie des Abg. Strache.)

10.34


Präsidentin Doris Bures: Zu Wort ist dazu niemand mehr gemeldet. Die Debatte ist geschlossen.

10.34.16Einlauf und Zuweisungen

 


Präsidentin Doris Bures: Hinsichtlich der eingelangten Verhandlungsgegenstände und deren Zuweisungen verweise ich gemäß § 23 Abs. 4 der Geschäftsordnung auf die im Sitzungssaal verteilte Mitteilung.

Die schriftliche Mitteilung hat folgenden Wortlaut:

A. Eingelangte Verhandlungsgegenstände:

1. Schriftliche Anfragen: 8997/J bis 9061/J

Zurückziehungen: 9004/J bis 9014/J, 9016/J und 9017/J

Schriftliche Anfrage an die Präsidentin des Nationalrates:

26/JPR

2. Anfragebeantwortungen: 7970/AB bis 8142/AB

3. Regierungsvorlagen:

Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz über österreichische Beiträge an inter­nationale Finanzinstitutionen (IFI-Beitragsgesetz 2014) geändert wird (1094 d.B.)


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll123. Sitzung / Seite 52

Bundesgesetz, mit dem das Bundesfinanzrahmengesetz 2017 bis 2020 erlassen wird sowie das Bundeshaushaltsgesetz 2013, das Bundesfinanzrahmengesetz 2016 bis 2019 und das Bundesfinanzgesetz 2016 geändert werden (1096 d.B.)

Bundesgesetz, mit dem das Katastrophenfondsgesetz 1996 und das Hagelver­siche­rungs-Förderungsgesetz geändert werden (1106 d.B.)

Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz über die Förderung von Handwerker­leistun­gen geändert wird (1107 d.B.)

Bundesgesetz, mit dem eine Ermächtigung zur Verfügung über Bundesvermögen erteilt wird (1108 d.B.)

Abschlussprüfungsrechts-Änderungsgesetz 2016 – APRÄG 2016 (1109 d.B.)

Bundesgesetz, mit dem ein Gesetz über die Gewährung eines Bonus für Väter während der Familienzeit (Familienzeitbonusgesetz – FamZeitbG) erlassen wird sowie das Kinderbetreuungsgeldgesetz, das Allgemeine Sozialversicherungsgesetz, das Gewerbliche Sozialversicherungsgesetz, das Bauern-Sozialversicherungsgesetz, das Beamten-Kranken- und Unfallversicherungsgesetz, das Arbeitslosenversicherungs­gesetz, das Familienlastenausgleichsgesetz 1967, das Einkommensteuergesetz 1988 und das Allgemeine Pensions-gesetz geändert werden (1110 d.B.)

Bundesgesetz, mit dem ein Gesetz zur Bekämpfung von Lohn- und Sozialdumping (Lohn- und Sozialdumping-Bekämpfungsgesetz – LSD-BG) erlassen wird und das Arbeitsvertragsrechts-Anpassungsgesetz, das Arbeitskräfteüberlassungsgesetz, das Landarbeitsgesetz 1984, das Arbeitsinspektionsgesetz 1993, das Heimarbeits­ge­setz 1960, das Betriebliche Mitarbeiter- und Selbständigenvorsorgegesetz, das Be­triebs­pensionsgesetz, das Arbeits- und Sozialgerichtsgesetz, das Sozialbetrugsbe­kämp­fungsgesetz und das Allgemeine Sozialversicherungsgesetz geändert werden (1111 d.B.)

B. Zuweisungen:

1. Zuweisungen seit der letzten Sitzung gemäß §§ 31d Abs. 5a, 32a Abs. 4, 74d Abs. 2, 74f Abs. 3, 80 Abs. 1, 100 Abs. 4, 100b Abs. 1 und 100c Abs. 1:

Budgetausschuss:

Bericht des Bundesministers für Finanzen gemäß § 4a Zahlungsbilanz­stabilisierungs­gesetz über die im 1. Quartal 2016 ergriffenen Maßnahmen (Vorlage 100 BA)

Bericht des Bundesministers für Finanzen gemäß Art. 50c Abs. 3 B-VG iVm § 6 der Anlage 2 zum GOG (ESM-Informationsordnung) über die im Rahmen des Euro­päischen Stabilitätsmechanismus getroffenen Maßnahmen im 1. Quartal 2016 (Vorlage 101 BA)

Ausschuss für Petitionen und Bürgerinitiativen:

Bürgerinitiative Nr. 100 betreffend „Stopp der Bundesheer-Zerstörung“

2. Zuweisungen in dieser Sitzung:

a) zur Vorberatung:

Außenpolitischer Ausschuss:

Abkommen zwischen der Republik Österreich und den Vereinten Nationen, der Inter­nationalen Atomenergie-Organisation (IAEO), der Organisation der Vereinten Nationen für Industrielle Entwicklung (UNIDO) und der Vorbereitenden Kommission für die Orga­nisation des Vertrages über das umfassende Verbot von Nuklearversuchen (CTBTO) (1112 d.B.)


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll123. Sitzung / Seite 53

b) zur Enderledigung im Sinne des § 28b GOG (vorbehaltlich der endgültigen Entscheidung des Ausschusses):

Budgetausschuss:

Bericht des Bundesministers für Finanzen über das Österreichische Stabilitäts­pro­gramm für die Jahre 2015 bis 2020 (III-259 d.B.)

Justizausschuss:

Bericht des Bundesministers für Justiz betreffend den Gesamtbericht über den Einsatz besonderer Ermittlungsmaßnahmen im Jahr 2014 (III-256 d.B.)

Ausschuss für Sportangelegenheiten:

Jahresbericht 2015 der NADA Austria GmbH, vorgelegt vom Bundesminister für Landesverteidigung und Sport (III-258 d.B.)

Verkehrsausschuss:

Gemeinwirtschaftlicher Leistungsbericht 2014, vorgelegt vom Bundesminister für Verkehr, Innovation und Technologie (III-257 d.B.)

Ausschuss für Wirtschaft und Industrie:

Tätigkeitsbericht 2015 der Energie-Control Austria, vorgelegt vom Bundesminister für Wissenschaft, Forschung und Wirtschaft (III-255 d.B.)

*****

Behandlung der Tagesordnung

 


Präsidentin Doris Bures: Es ist vorgeschlagen, die Debatte über die Punkte 2 und 3, 4 bis 12, 15 und 16, 17 und 18 sowie 19 und 20 der Tagesordnung jeweils zusammen­zufassen.

Wird dagegen ein Einwand erhoben? – Das ist nicht der Fall.

Antrag gemäß § 69 Abs. 3 GOG

 


Präsidentin Doris Bures: Es liegt mir der Antrag gemäß § 69 Abs. 3 der Geschäfts­ord­nung vor, das Bundesgesetz, mit dem das Bundesfinanzrahmengesetz 2017 bis 2020 erlassen wird sowie das Bundeshaushaltsgesetz, das Bundesfinanzrahmen­gesetz 2016 bis 2019 und das Bundesfinanzgesetz 2016 geändert werden, 1096 der Beilagen, in erste Lesung zu nehmen.

Ich bitte jene Damen und Herren, die diesem Antrag zustimmen, um ein ent­sprechen­des Zeichen. – Das ist einstimmig so angenommen.

*****

Wir gehen in die Tagesordnung ein.

Redezeitbeschränkung

 


Präsidentin Doris Bures: Zwischen den Mitgliedern der Präsidialkonferenz wurde Konsens über die Dauer der Debatten erzielt.


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Demgemäß wurde eine Tagesblockzeit von 9,5 „Wiener Stunden“ vereinbart, sodass sich folgende Redezeiten ergeben: SPÖ und ÖVP je 128, FPÖ 119, Grüne 100 sowie NEOS und STRONACH je 52 Minuten.

Gemäß § 57 Abs. 7 der Geschäftsordnung beträgt die Redezeit für die gesamte Tages­ordnung von jenen Abgeordneten, die keinem Klub angehören, im Rahmen dieses Beschlusses je 26 Minuten. Darüber hinaus wird die Redezeit von Abgeordneten, die keinem Klub angehören, auf 5 Minuten je Debatte beschränkt werden.

Zwischen den Fraktionen wurde vereinbart, zur ersten Lesung des Bundesgesetzes, mit dem das Bundesfinanzrahmengesetz 2017 bis 2020 erlassen wird sowie das Bun­deshaushaltsgesetz, das Bundesfinanzrahmengesetz 2016 bis 2019 und das Bundes­finanzgesetz 2016 geändert werden, zwei Rednerrunden nach Fraktionsgröße abzu­hal­ten.

Wir kommen sogleich zur Abstimmung über die eben dargestellten Redezeiten, und ich ersuche all jene Abgeordneten, die dem ihre Zustimmung geben, um ein ent­sprechendes Zeichen. – Auch das ist einstimmig so angenommen.

10.37.151. Punkt

Erklärungen des Bundeskanzlers und des Vizekanzlers gemäß § 19 Absatz 2 der Geschäftsordnung des Nationalrates anlässlich der Ernennung eines neuen Mitgliedes der Bundesregierung

 


Präsidentin Doris Bures: Wir kommen zum 1. Punkt der Tagesordnung.

Im Anschluss an diese Erklärung wird im Sinne des § 81 der Geschäftsordnung aufgrund eines ausreichend unterstützten Verlangens auch eine Debatte stattfinden.

Ich begrüße die Mitglieder der Bundesregierung und erteile das Wort als Erstem dem Herrn Bundeskanzler. – Bitte, Herr Bundeskanzler.

 


10.37.55

Bundeskanzler Werner Faymann: Sehr verehrte Frau Präsidentin! Herr Vizekanzler! Mitglieder der Bundesregierung! Sehr verehrte Abgeordnete! Meine Damen und Herren! Was die hier im Parlament zu präsentierende Änderung in der Bundesregie­rung betrifft, so möchte ich zuallererst jener Ministerin danken, die in wahrlich schwierigen Zeiten und unter großen Herausforderungen in Fragen von Asyl und der Sicherheit unseres Landes eine wichtige Arbeit für Österreich geleistet hat. Recht herzlichen Dank an Johanna Mikl-Leitner! (Beifall bei SPÖ und ÖVP.)

Natürlich ist dieser Dank gleich verbunden mit den allerbesten Wünschen für den neuen Innenminister, Wolfgang Sobotka. Die Zeit ist ja – nur durch einen Minister­wechsel – nicht einfacher geworden. Die Herausforderungen sind groß, die Aufgaben sind beachtlich. Also alles erdenklich Gute und auf eine gute Zusammenarbeit! (Beifall bei SPÖ und ÖVP sowie des Abg. Hagen.)

Sie haben heute hier im Parlament eine wichtige Diskussion – wir hatten sie in der Regierung und im Vorfeld – über den Bundesfinanzrahmen, das Bundesfinanzrah­mengesetz 2017 bis 2020 zu führen. Grundsätzlich können natürlich die Fragen der Sicherheit, aber auch des Asyls in Österreich nicht für die ganze Welt gelöst werden. Das wissen wir: Wer für Sicherheit, wer für nachhaltige Lösungen gerade im Asylbereich, im Flüchtlingsbereich Leistungen erbringen möchte, kann sich nicht darauf beschränken, über nationale und österreichische Maßnahmen zu reden, sondern er muss sich in der internationalen Politik engagieren und sich in der europäischen Politik als aktives Mitglied einbringen.


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll123. Sitzung / Seite 55

Nur wer Fluchtursachen bekämpft, ist stark genug, dauerhafte Lösungen zu erreichen. Nur wer in der Kriminalitätsbekämpfung, etwa im Schlepperwesen, und erst recht im Kampf gegen den Terror international und in Europa im Rahmen der Europäischen Union seine Stimme erhebt und daran mitwirkt, dass diese Arbeit gemeinsam geleistet wird, findet die richtigen Antworten in einer Zeit, in der die Bevölkerung zu Recht die Frage stellt: Wie geht es weiter mit unserer Sicherheit in Österreich und mit der Sicherheit in Europa?

Das ist eine Aufgabe des Innenministers, das ist auch eine Aufgabe der Bundes­regierung, und das ist auch meine Aufgabe als Bundeskanzler.

Im eigenen Land Rahmenbedingungen vorzufinden, die es einem ermöglichen, von der personellen und von der organisatorischen Ausstattung darauf vorbereitet zu sein, in Sicherheitsfragen entsprechend zu agieren, und zwar im engen Einvernehmen mit dem Verteidigungsressort, verlangt auch eine dementsprechende Vorsorge im Bundes­finanz­rahmengesetz. Daher ist der Schwerpunkt auf den Bereich der Sicherheit gesetzt worden, was klar erkennbar ist: Es gibt 1,2 Milliarden € mehr für das Bundesheer für den Zeitraum 2017 bis 2020 und 625 Millionen € zusätzlich für die Polizei.

Es ist aber gleichzeitig auch im Bereich der internationalen Hilfe, des Arbeitsmarktes, der Integration und des Sozialen mit einem Plus von 1,3 Milliarden € im Finanzrahmen Vorsorge getroffen worden, denn nur wer auf allen Ebenen aktiv wird, kann einen Beitrag in Europa und im internationalen Bereich leisten und die Aufgaben im eigenen Land ausreichend bewältigen.

Die Vorsorge für zusätzliches Personal in all diesen Bereichen ist in enger Absprache mit der Staatssekretärin Sonja Steßl getroffen worden. Die dafür notwendigen, im Bun­desfinanzrahmen vorzusehenden Beträge sind von den Ressortministern im engen Einvernehmen mit dem Finanzminister erarbeitet worden. Das war keine leichte Aufgabe in diesen schwierigen Zeiten. Während in anderen Ländern ununterbrochen mit dem Rotstift irgendetwas Notwendiges weggestrichen wird, haben wir in Österreich die Herausforderung geschafft, sowohl die Steuern für Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer zu senken als auch die für diese wichtigen Bereiche zusätzlich erfor­derlichen Mittel bereitzustellen und trotzdem das Budget stabil zu halten und das strukturelle Nulldefizit wieder zu erreichen.

Ich bedanke mich daher gleich jetzt bei all jenen, die für den Bundesfinanzrahmen die Vorarbeiten geleistet haben, ich bedanke mich auch bei all jenen, die in den Ministerien die dafür notwendigen Arbeiten geleistet haben, und wünsche dem, den ich heute vorzustellen habe, nämlich Wolfgang Sobotka, für seine Arbeit viel Erfolg. (Beifall bei SPÖ und ÖVP.)

10.43


Präsidentin Doris Bures: Danke, Herr Bundeskanzler.

Als nächster Redner zu Wort gelangt Herr Vizekanzler Dr. Mitterlehner. – Bitte.

 


10.43.43

Bundesminister für Wissenschaft, Forschung und Wirtschaft Vizekanzler Dr. Reinhold Mitterlehner: Sehr geehrte Frau Präsidentin! Herr Bundeskanzler! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen in der Regierung, allen voran: lieber Wolfgang Sobotka! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Die äußere und die innere Sicherheit zählen zu den wichtigsten Rechtsgütern in einem demokratischen Staat. Sie stehen nicht nur als Anspruch in der Verfassung und im Strafgesetzbuch, sondern spielen auch im täglichen Leben jedes einzelnen Bürgers eine ganz wichtige Rolle.

Wir haben in den letzten fünf Jahren als die für den Sicherheitsbereich politisch Ver­antwortliche die Innenministerin Hanni Mikl-Leitner erlebt, die – wir alle haben das ja


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mitverfolgen können – mit großen Herausforderungen konfrontiert gewesen ist, und zwar im Bereich der Sicherheit insgesamt. Ich denke da etwa an die international zunehmende Kriminalität, an Eigentumsdelikte, an Delikte gegen Leib und Leben, aber auch an die Gefahr des Terrorismus insgesamt. Es ist eine aus meiner Sicht hervor­ragende Leistung, dass es ihr gelungen ist, im Bereich der Sicherheit die Balance herzustellen, nämlich Ruhe, Ordnung und Sicherheit nicht in Form eines schran­kenlosen Überwachungsstaates – das Thema Vorratsdatenspeicherung kennen wir ja alle – zu schaffen, sondern die Sicherheitsorgane, allen voran die Polizei, als Freund und Helfer im Dienste der Bürger auszurichten. Das ist ein wichtiger Balanceakt, der ihr da gelungen ist.

Auch beim Flüchtlingsthema, das an Bedeutung und an Dramatik zugenommen hat, war die Herausforderung an sie eine ähnliche, nämlich auf der einen Seite asyl­berechtigte und auch wirklich Hilfestellung brauchende Flüchtlinge in Österreich aufzunehmen und auf der anderen Seite die Gefahr, dass das ohne Reglementierung, unkontrolliert und im europäischen Rahmen unsolidarisch abläuft, wie wir es das letzte Jahr erlebt haben, abzuwenden.

Ich glaube, es ist eines der größten Verdienste von Hanni Mikl-Leitner und der gesamten Bundesregierung, was ihre diesbezügliche Linie anbelangt, dass wir es zustande gebracht haben, im Sinne der Subsidiarität, wenn die EU nicht tätig wird, selbst für den Schutz der Außengrenzen zu sorgen und damit, insbesondere unter­stützt durch die Balkanstaaten, auf gesamteuropäischer Ebene ein Umdenken ein­zuleiten, das eine Wende gebracht hat, und zwar eine Wende in der Richtung, dass das Durchwinken jetzt nicht mehr stattfindet, dass wir aber mit unserer Hilfsbereitschaft die notwendige Hilfestellung dennoch nicht verweigern und dass wir zu einem solidarischen Vorgang innerhalb der EU gelangt sind. (Beifall bei der ÖVP.)

Hanni Mikl-Leitner – und wir alle kennen sie und haben sie hier herinnen erlebt – hat es verstanden, das auf der einen Seite mit Herz und auf der anderen Seite mit Verstand zu bewerkstelligen, und dafür darf ich ihr namens meiner Fraktion herzlich danken, ihr aber auch alles Gute für die neue Aufgabe in Niederösterreich wünschen. (Beifall bei der ÖVP sowie der Abgeordneten Cap, Königsberger-Ludwig und Schieder.)

Meine Damen und Herren, heute stellt sich Wolfgang Sobotka als neuer Innenminister vor, und normalerweise wird Ministern oder anderen politisch Verantwortlichen eine bestimmte Schonfrist eingeräumt. Sie haben es vielleicht gestern in der „Zeit im Bild“, aber auch bei anderen Auftritten bemerkt, das Thema ist so anspruchsvoll und ohne Pause, was die Umsetzungsnotwendigkeiten anbelangt, ausgerichtet, aber auch er ist von seiner Persönlichkeitsstruktur her so beschaffen, dass er eigentlich von der ersten Sekunde an voll in dem neuen Aufgabenfeld tätig ist.

Ich glaube, da kommt ihm auch zugute, dass er ein Dirigent ist. Die Sensibilität eines Dirigenten ist notwendig für den Teamerfolg. Die Polizei ist ein großes Team, und das im Sinne eines Orchesters entsprechend auszurichten, bedarf einer großen Sensi­bilität. Zweitens hat er sich durch seine langjährige Tätigkeit in Niederösterreich die Managementqualität, die er genau in dieser Rolle auch braucht, erworben. Und zum Dritten braucht man auch eines – und das hat er im Umgang mit den Kommunen und anderen Institutionen gehabt –, nämlich den Kontakt mit dem Bürger, um gegebene Notwendigkeiten richtig einzuschätzen, etwa im Rahmen des Grenzmanagements.

Ich meine daher, Wolfgang Sobotka hat die besten Voraussetzungen für den Erfolg in einem ganz, ganz schwierigen Aufgabenfeld. Dafür möchte ich dir, Wolfgang, alles Gute und beste Zusammenarbeit im Regierungsteam wünschen. (Beifall bei ÖVP und SPÖ.)


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Meine Damen und Herren, dass das Flüchtlingsthema jetzt natürlich nicht für alle Zeit zufriedenstellend erledigt ist, sondern dass wir jetzt maximal eine Pause haben, was die gesamte Thematik anbelangt, merken Sie, wenn Sie in Richtung Türkei schauen. Es besteht die Gefahr, dass das Abkommen mit der Türkei in der Umsetzung da und dort zu bröckeln beginnt. Man weiß nicht, wie sich die Gesamtausrichtung und die politische Stabilität dort insgesamt entwickeln werden. Auf der anderen Seite tun sich neue Gefahren auf, was die neue Route anbelangt, nämlich eine neue bezie­hungsweise aktivierte Route über Libyen und Italien in Richtung Norden. Das sind nur zwei Probleme, die ich hier anspreche. Ein weiteres ist die Schleppertätigkeit, die inzwischen wieder zugenommen hat.

Wir beschließen heute auch Änderungen im Asylgesetz. Als ich heute ins Parlament gefahren bin, habe ich im Radio eine Abgeordnete gehört, die gesagt hat, sie habe schwere Probleme mit diesem Gesetz. Ich verstehe, dass sich das jeder sehr gut überlegen muss, weil dadurch, dass das Problem auch wirklich relevant werden wird, dann auch Schwierigkeiten in der Umsetzung entstehen werden. Ich sage Ihnen, diese Abgeordnete hat recht. Sie hat recht, es wird schwierig werden, wenn wir die Obergrenze entsprechend etablieren müssen, aber ich sage Ihnen, wenn wir dieses Gesetz nicht haben, dann wird das Ganze ganz anders laufen, es wird nämlich unbeherrschbar sein. Daher ist in der Abwägung zwischen schwierig, schwieriger Umsetzung und dem Umstand, dass wir dann kein Instrument in der Hand hätten, ganz eindeutig zu entscheiden: Wir brauchen dieses neue Instrument, um Gefahren abzuwehren! (Beifall bei der ÖVP.)

Was meine ich mit dieser Gefahr oder Gefährdung, meine Damen und Herren? – Natürlich geht es um die innere Sicherheit. Natürlich geht es darum, dass wir nicht jedes Jahr 90 000 oder 100 000 Flüchtlinge in einer Reihe und eventuell sogar mit zunehmender Zahl bewältigen können. Das überfordert unsere Sozialleistungen, das überfordert vor allem auch die Integrationsfähigkeit.

In diesem Zusammenhang kommt aber auch ein dritter Punkt hinzu, nämlich dass wir damit auch Erwartungshaltungen aufbauen, denen wir nicht entsprechen können. Daher gilt es auch, mit dieser neuen Regelung Erwartungshaltungen zu brechen. Damit wollen wir beispielsweise den Schleppern ihre Geschäftsgrundlage entziehen, aber auch an Italien ein Signal senden – und das ist ein sensibles Thema –, was den Brenner betrifft. Glauben Sie nicht, dass wir nicht wissen, wie bedeutungsvoll die Diskussion in den letzten Jahren und Jahrzehnten war, was diese historische Grenze zwischen Österreich und Italien anbelangt und was die gesamte Südtirol-Problematik betrifft. Wir wissen das durchaus einzuordnen und kennen dieses Problem: Das ist eine sensible Angelegenheit!

Wir wissen aber auch, dass der Brenner ein wirklich neuralgischer Punkt ist, auch was die Freiheiten der EU im Warenverkehr und im Personenverkehr anbelangt. Aber ich sage Ihnen auch Folgendes, und das ist genau derselbe Succus, den wir jetzt im Gesetz haben: Wenn wir die Erwartungshaltungen nicht brechen, indem wir den Schleppern und allen anderen Beteiligten signalisieren, dass wir nicht tatenlos zu-schauen, dann wird in Italien und an den Außengrenzen nichts passieren. Also anders formuliert bedeutet das: Wenn wir nichts tun, dann werden alle anderen alles unter­lassen. Daher ist die Notwendigkeit, hier Vorbereitungsarbeiten zu treffen, eine drin­gende Notwendigkeit, um die anderen entsprechend zu veranlassen, etwas zu tun, und um letzten Endes zu gewährleisten, dass die Maßnahmen auch wirklich greifen. Das ist ein schwieriges Unterfangen, aber ein richtiges!

Jetzt brauchen Sie nur die Fortsetzung der Realität zu sehen: Italien hat schon begonnen, mit Libyen, mit den Herkunftsländern und auch mit den Transitländern entsprechende Vorkehrungen zu treffen. Dort muss man ansetzen! Würden wir aber


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nichts tun, würde der Innenminister oder würden andere Verantwortliche zuschauen, wäre das Problem da.

Dasselbe gilt für das Burgenland. Ich weiß, Grenzkontrollen und Grenzmanagement sind unangenehm, aber ich kann Kontrollen gar nicht fordern, wenn ich nicht die entsprechenden technischen und personellen Voraussetzungen dafür habe. (Beifall bei ÖVP und SPÖ.)

Damit ist, meine Damen und Herren, eigentlich das Aufgabenfeld beschrieben. Ich möchte gar nicht auf die sonstigen Themen im Bereich der inneren Sicherheit zu sprechen kommen, Sie werden sie heute ohnehin alle noch ansprechen. Aber ich glaube, es ist wichtig, eines festzustellen: Eine solidarische Flüchtlingspolitik erledigt sich nicht einfach dadurch, dass wir in Europa die Wende in der Diskussion und teilweise auch bei den Maßnahmen eingeleitet haben, das ist alles nicht selbstredend, vor allem nicht selbstregulierend. Wenn wir wirklich eine europäische solidarische Flüchtlingspolitik haben wollen, dann müssen wir sie monatlich, wöchentlich, de facto täglich gemeinsam erarbeiten. Auf diesem Weg bitte ich darum, den neuen Innen­minister kräftig zu unterstützen. (Beifall bei der ÖVP sowie der Abgeordneten Cap, Pendl und Schieder.)

10.54

 


Präsidentin Doris Bures: Danke, Herr Vizekanzler.

Wir gehen in die Debatte über die Erklärungen ein.

Als Erster zu Wort gelangt Herr Klubobmann Strache. – Bitte, Herr Abgeordneter.

 


10.54.21

Abgeordneter Heinz-Christian Strache (FPÖ): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren auf der Regierungsbank, im Hohen Haus und vor den Fernsehgeräten! Es war wieder einmal bezeichnend, dass mitten im Bundes­präsidentschaftswahlkampf vonseiten der Regierung eine Regierungsumbildung erfolgt ist, bei welcher offensichtlich der Herr Landeshauptmann von Niederösterreich wieder einmal den Parteichef der ÖVP, in diesem Fall Herrn Vizekanzler Mitterlehner, düpiert hat – anders kann man das nicht bezeichnen; so ist es zumindest auch in der Öffent­lichkeit wahrgenommen worden – und bei welcher er offensichtlich, auch aufgrund von Meinungsumfragen, die er gekannt hat, rechtzeitig Frau Mikl-Leitner nach Niederöster­reich abgezogen hat, damit sie als seine mögliche Nachfolgerin nicht beschädigt wird. Anders kann man das gar nicht deuten, und so hat man es auch in der Öffentlichkeit wahrgenommen.

Natürlich möchte ich nicht anstehen, auch festzuhalten, dass die geschiedene Innenministerin, Frau Mikl-Leitner, durchaus mit der Materie vertraut war und sich auch wirklich bemüht hat, keine Frage. (Abg. Schieder: Sie ist verheiratet – die ausge­schiedene!) – Aus dem Amt geschieden! Bei aller Wertschätzung: Ich hoffe, Sie verstehen Deutsch. (Abg. Schieder: Okay!) Aus dem Amt geschieden und ausge­schieden. Sie werden die deutsche Sprache hoffentlich verstehen, Herr Klubobmann Schieder. (Abg. Schieder: Ja, ja!)

Frau Mikl-Leitner war bemüht, keine Frage, hat in ihrem Amt auch durchaus Erfahrung gehabt; jetzt aber dieses Amt mit einer neuen, unerfahrenen Persönlichkeit – bei aller Wertschätzung, Herr Sobotka, aber Sie müssen sich erst einarbeiten – zu besetzen, ist gerade in Zeiten wie diesen, in dieser schwierigen Situation nicht unbedingt optimal in Anbetracht dessen, was wir im letzten Jahr erleben und erleiden mussten. (Abg. Wöginger: Das ist eine Grabrede jetzt, ja?!) – Ich weiß nicht, für die Regierung wahrscheinlich. Die Grabrede ist schon am Sonntag von Herrn Faymann gehalten worden. (Beifall bei der FPÖ.)


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Aber ich frage mich, wie lange der Herr Parteichef der ÖVP, Vizekanzler Mitterlehner, es sich gefallen lässt, dass er von einem Landeshauptmann so düpiert wird. Wahr­scheinlich hat er sich eh schon aufgegeben und versucht nur mehr, die Periode irgend­wie abzudienen.

Ich meine, ein neues Gesicht wird diese Krise nicht lösen. Das, was wir endlich brauchen, sind entsprechende konkrete Taten und Handlungen. Damit sind wir bei dem Thema angelangt, das uns seit dem letzten Sommer begleitet hat, wodurch letztlich die öffentliche Ordnung und die Sicherheit unseres Landes gefährdet wurden, wodurch letztlich auch ein Notstand entstanden ist, verursacht durch diese Regierung.

Dass man heute von einem Notstand spricht, ist ja schon beachtlich – aber diese Regierung hat ihn verursacht. Man hat nämlich von letztem Sommer bis in den Februar dieses Jahres eine moderne Völkerwanderung erlebt, bei der man nicht bereit war, die Grenzen zu schützen und zu sichern, wie das in unserem Nachbarland Ungarn Minis­terpräsident Orbán richtigerweise getan hat. Er hat sich dafür noch Beschimpfungen von unserem Bundeskanzler Faymann anhören müssen.

Man war in Österreich nicht bereit, die Grenzen zu sichern und zu kontrollieren, man war nicht bereit, Gesetze einzuhalten. Man hat laufend Gesetze gebrochen und – ohne Passkontrollen und Registrierungen vorzunehmen und Fotos zu machen – über eine Million Menschen rechtswidrig nach Österreich hereingelassen und sich dann auch noch als staatliche Schlepperorganisation betätigt, indem man diese Menschen zum Teil in Richtung deutsche Grenze transferiert hat. Das ist unverantwortlich gewesen, und wir sind froh darüber, dass Mazedonien als Nicht-EU-Land dann in der Folge begonnen hat, die Grenzen zu sichern und zu schützen. (Beifall bei der FPÖ.)

Dieser moderne Völkerwanderungsstrom war in der Masse ausdrücklich nicht beseelt von Menschen, die im Sinne der Genfer Flüchtlingskonvention kommen, denn diese Menschen haben sich überwiegend bereits in Schutz, in einem sicheren Drittstaat befunden und haben auch schon den internationalen Schutz des UNHCR genossen und sind daher auch nicht mehr verfolgt gewesen. Diese Menschen haben sich aus sozialen und wirtschaftlichen Überlegungen – was man niemandem verdenken kann – gesagt: Da werde ich weiter durch sichere Länder reisen, bis ich zu meiner Wunsch­destination komme, Österreich, Deutschland oder Schweden, weil dort die Sozialleis­tungen und die Mindestsicherung einfach für mich so gut sind, dass ich diese Desti­nation unbedingt erreichen will. – Das ist aber nicht im Sinne der Genfer Konvention. (Beifall bei der FPÖ.)

Da wird aber immer mit falschen Begriffen operiert, von Flüchtlingen gesprochen, obwohl das ausdrücklich keine Flüchtlinge im Sinne der Genfer Konvention waren. Aktuell wissen wir, dass die meisten dieser Menschen nicht aus dem Raum Syrien und der Kriegsregion kommen, sondern aus Pakistan, Afghanistan oder aus Nordafrika, und dass gerade dort Hunderttausende darauf warten, aus sozialen und wirtschaft­lichen Gründen Richtung Europa aufzubrechen.

Natürlich ist es auch notwendig, die Verantwortung jener Länder anzusprechen, die in der Vergangenheit versagt haben oder die vielleicht demnächst vor der Situation stehen zu versagen. Das war auf der einen Seite Griechenland, und auf der anderen Seite kann es demnächst Italien sein. Da muss man natürlich schon die Verantwortung Italiens beziehungsweise Roms beim Namen nennen. Es ist ja nicht unsere Verant­wortung, wenn die Italiener nicht fähig oder nicht bereit sind, ihre Außengrenzen zu schützen, und dann glauben – so wie die Griechen am Ende –, rechtswidrig nach Europa gekommene Personen Richtung Österreich weiterleiten zu können.

In so einer Ausnahmesituation, wenn Rom und Italien scheitern und die Verantwortung nicht leben, haben wir selbstverständlich eine Verantwortung, auch unsere staat-


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lichen Grenzen zu schützen – wiewohl wir nicht froh darüber sind, wenn es gerade um die Brennergrenze geht. (Beifall bei der FPÖ.)

So gesehen ist es wichtig, wie Sie, Herr Kanzler Faymann, gesagt haben, die Ur­sachen zu bekämpfen. Ja, wir müssen die Ursachen vor Ort bekämpfen, keine Frage. Man hätte auch bei den Flüchtlingslagern darauf schauen müssen, dass diese ent­sprechend medizinisch und auch mit Nahrungsmitteln versorgt werden. Das war ein Manko der Europäischen Union, ein dramatisches Versagen, das es diesbezüglich gab. Natürlich muss man in den Regionen Afrikas auch in Projekte investieren und darf nicht die Finanzüberweisungsebene beibehalten, bei der dann Gelder in die Beschaf­fung irgendwelcher Waffen und Panzer verschwinden, sondern in Projekte vor Ort investieren, damit das Leben für die Menschen vor Ort auch in diesen Bereichen eine Zukunftsperspektive bekommt. (Beifall bei der FPÖ.)

Natürlich muss man in diesem Bereich auch die Ursachenbekämpfungen in Angriff nehmen, denn selbstverständlich lässt es keinen kalt, wenn es Menschen in dieser Region schlecht geht und sie keine Zukunfts- und Arbeitsmarktperspektiven haben, aber wir tragen umgekehrt auch Verantwortung gegenüber der eigenen Bevölkerung hier in Österreich. (Präsident Kopf übernimmt den Vorsitz.)

Diesbezüglich haben wir ja nicht nur die Notstandssituation vom letzten Sommer bis in den Februar dieses Jahres erlebt, sondern wir haben viele Notstandssituationen: Wir haben eine Rekordarbeitslosigkeit in Österreich. Wir haben eine Wirtschaftsflaute in Österreich. Wir haben eine Situation, in der weiter Rekordschulden gemacht werden. Das alles sind ja Notstandsentwicklungen, bei denen wir mit der Entwicklung im letzten Jahr und dem Versagen dieser Regierung und den Gesetzesbrüchen jetzt mit zusätz­lichen Milliardenkosten konfrontiert sind, aber die Europäische Union keine Anstalten macht, uns das Geld zurückzuerstatten.

Und wenn der Herr Faymann meint, dass er noch immer der Ansicht ist und darauf hofft, dass es in der Europäischen Union eine Solidargemeinschaft geben wird, die die Lasten gerecht verteilt, dann, muss ich sagen, ist das naiv und dann leiden Sie unter Realitätsverlust, Herr Bundeskanzler, denn Sie können Länder der Europäischen Union ja nicht zwingen, Maßnahmen zu setzen. (Beifall bei der FPÖ.)

Sie haben im letzten Jahr eine unverantwortliche sozialromantische Einladungspolitik der Frau Merkel unterstützt und haben uns kritisiert und auch entsprechend als Hetzer beschimpft, weil wir zu Recht Ihre Vorgangsweise kritisiert haben. Erst dann, am Ende, als der Schaden schon angerichtet war, haben Sie versucht, die Kurve zu kratzen.

Eines muss ich schon sagen: Frau Mikl-Leitner ist in vielen Bereichen auch von der Sozialdemokratischen Partei, vom Koalitionspartner, konterkariert worden. Ich kann mich erinnern, als Frau Mikl-Leitner gesagt hat: Da gehören die Grenzen gesichert, da gehört notfalls auch ein Grenzzaun aufgestellt!, ist dann auf einmal gesagt worden: Nein, Grenzzaun kann man nicht sagen, das muss ein Türl mit Seitenteilen sein.

Ein Konterkarieren haben wir auch bei den sogenannten Obergrenzen erlebt, die überhaupt keiner braucht, die widersinnig sind. Man müsste sich ja nur an die auf­rechten Gesetze halten. Da braucht es keine Obergrenzen! Darf jemand legitim einreisen oder nicht? – Da brauche ich keine Obergrenzen! (Beifall bei der FPÖ.)

Ich rufe auch noch die Obergrenzen-Pseudodebatte in Erinnerung mit 83 Anträgen pro Tag, die dann damals auch wieder vom neuen Verteidigungsminister konterkariert worden sind, der gesagt hat: Na ja, das gilt nicht pro Tag für Österreich, sondern pro Grenzübergang, und wenn man nach Österreich hereinkommt und den Antrag im Land stellt, dann zählt das gar nicht dazu, und die 200, 300 Personen, die täglich von Deutschland zurückgeschickt werden, na, die zählen wir auch nicht dazu! – Wenn das


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täglich so weitergeht, sind das eh „nur“ 90 000 Menschen im Jahr 2016. Das ist einfach unredlich.

Ich sage, genau das stört viele Menschen, weil sie daran erkennen, dass gegen diese Fehlentwicklung nicht glaubhaft und ernsthaft etwas unternommen wird. Das sind Placebo-Debatten, bei denen wir befürchten müssen, dass dann, wenn Italien die nächste Welle aus Nordafrika erlebt – und scheitern wird –, an unserer Grenze nicht die notwendigen und konsequent und entschlossen durchgeführten Vorbereitungs­maß­nahmen gesetzt worden sind.

Ich hoffe nicht, dass wir in die Situation kommen werden, das dann in der Realität zu erleben. Das wünsche ich mir nicht. Ich hoffe, dass Sie, Herr Innenminister – ich sage, das haben Sie sich als neuer Innenminister auch verdient –, die nächsten 100 Tage auch wirklich einmal alles unternehmen, damit Sie selbst im Falle einer solchen Situation dann auch alles entsprechend vorbereitet haben, um unser Heimatland vor negativen Entwicklungen zu bewahren. Das haben Sie sich verdient, aber in Wirk­lichkeit gibt es keine Schonfrist für die Regierung. Die Regierung ist seit Jahren im Amt und hat über ein Dreivierteljahr lang kläglich versagt. Das hat natürlich bis heute einen Schaden verursacht, der nun vorhanden und evident ist. (Beifall bei der FPÖ.)

Natürlich muss man da auch differenzieren: Da gibt es Schutzsuchende, die selbst­verständlich ein Recht auf eine Prüfung ihres Asylantrags und dann auch selbst­ver­ständlich Recht auf Schutz auf Zeit haben – das ist auch im Sinne der Menschen­rechtskonvention –, aber wenn diese Schutznotwendigkeit wegfällt, dann hat man letztlich auch zu unterstützen, dass diese Menschen wieder in ihr Heimatland gehen, um den Wiederaufbau im Land zu sichern. Sie werden ja dort benötigt, so wie das unsere Großeltern in Österreich gemacht haben, die zum Glück das Land nicht verlassen haben, sondern nach dem Krieg wieder angepackt und das Land aufgebaut haben. (Beifall bei der FPÖ.)

Davon muss man auch wirklich jene Menschen unterscheiden, die aus wirtschaftlichen und sozialpolitischen Gründen zuwandern wollen, und das ist im letzten Jahr großteils der Fall gewesen. So gesehen ist es notwendig, endlich ehrlich damit umzugehen.

Wir müssen dafür sorgen, dass auch vonseiten dieser Regierung – hoffentlich ernst­haft – letztlich eine Umkehr und ein inhaltliches Umdenken gelebt werden. Wenn die Regierung so weitermacht wie bisher, dann werden wir eher eine Zuspitzung der unterschiedlichsten Problemlagen erleben, und das ist genau das, was die Bevöl­ke­rung mit Sicherheit nicht wünscht.

Ich würde mir wünschen, dass wir eine Regierung haben, die endlich eine gute Arbeit für das Land macht, aber mir fehlt bis dato leider absolut der Glaube, und das ist leider Gottes aus der Erfahrung heraus begründet und nicht, weil ich als Oppositionsobmann automatisch gegen alles bin, was diese Regierung macht. Nein, denn dort, wo ver­nünftige Sachen gemacht werden, werden Sie auch unsere Unterstützung erfahren, aber dort, wo Sie unverantwortlich handeln, werden Sie unsere heftige Kritik und auch Gegenwehr erleben, und in dem Fall ist das so. (Vizekanzler Mitterlehner: Und was vernünftig ist, Herr Strache, das bestimmen …!) – Na ja, das entscheiden schon die Wähler! Hoffentlich haben Sie die Botschaft vom Sonntag verstanden – aber ich sehe, Sie haben sie wieder nicht verstanden. (Beifall bei der FPÖ.)

Sie gehen wieder zur Normalität über: Alles bestens! Die Wähler sind zu dumm, die haben nur unsere gute Arbeit nicht verstanden. – Nein, Herr Mitterlehner, halten Sie die Wähler nicht für dumm! Ich glaube, Sie sollten eher selbstreflexiv über sich selbst nachdenken und etwas ändern und nicht immer den Wählern die Schuld geben, dass sie Ihre angeblich so gute Politik nicht verstehen. (Vizekanzler Mitterlehner: Den Wähler habe ich eh nicht …!) Damit liegen Sie wirklich völlig falsch. Das ist genau das,


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was zu befürchten war und zu befürchten ist, nämlich dass Sie jetzt weitermachen, sich wieder zusammenketten und weiterwurschteln und bis Ende 2018 das Land dann noch weiter in den Graben gefahren wurde.

Ich sage: Die Leute haben kein Verständnis mehr und auch keine Geduld mehr dafür, und ich kann nur hoffen, dass Sie wirklich einmal selbstreflexiv bereit sind, Ihre eige­nen Fehler einzugestehen und abzuändern. Die Hoffnung stirbt ja bekanntlich zuletzt. (Beifall bei der FPÖ. – Abg. Wöginger: Österreich-Verunglimpfer!)

11.07


Präsident Karlheinz Kopf: Nun gelangt Herr Klubobmann Mag. Schieder zu Wort. – Bitte.

 


11.07.50

Abgeordneter Mag. Andreas Schieder (SPÖ): Herr Präsident! Werte Bundesregie­rung! Sehr geehrte Damen und Herren! Politische Veränderungen kommen zu den unterschiedlichsten Zeiten. Manchmal kann man es sich mehr, manchmal weniger aussuchen, es ist aber auch insofern egal, als ich Wolfgang Sobotka jedenfalls hier in der Bundespolitik, im Hohen Haus und in der Bundesregierung willkommen heißen möchte.

Ich kenne Wolfgang Sobotka und kenne, wenn ich das so offen sagen darf, beide Seiten des Wolfgang Sobotka: sowohl die als Landeshauptmann-Stellvertreter und Landesrat für Finanzen aus der Zeit, als ich selbst noch Finanzstaatssekretär war – sehr kämpferisch, sehr laut, sehr intensiv –, ich kenne aber auch den anderen Wolf­gang Sobotka: feinsinnig, an Kultur nicht nur interessiert weil Dirigent, Musiker, nachdenklich, Philosophen lesender Gärtner, Koch. (Abg. Pilz: Groß im …! – Abg. Rädler – in Richtung des Abg. Pilz –: Herr Pilz!)

Und ich kenne von beiden Seiten – und das ist das Entscheidende, das in der Politik von Bedeutung ist –, dass das Sachargument zählt, dass das Sachargument im Zentrum des politischen Diskurses ist, auch wenn dieser hart geführt wird, und vor allem, dass, wenn man den Diskurs zu Ende geführt hat, auch diese Handschlag­qualität gegeben ist und man sagt: Das, was ausgestritten ist, pickt und zählt. (Beifall bei SPÖ und ÖVP.)

Das Thema Sicherheit ist für uns ein breites Thema. Soziale Sicherheit, innere Sicher­heit und äußere Sicherheit hängen ganz eng zusammen und bedingen einander in den unterschiedlichsten Formen. Gerade in Zeiten wie diesen sehen wir auch, wie sehr das alles zusammenhängt. Ohne soziale Sicherheit in einem Land ist innere Sicherheit mit noch so vielen Polizisten nicht organisierbar. Gleichzeitig ist uns auch klar: Selbst das höchste Niveau an sozialer Sicherheit wird uns trotzdem nicht vor Kriminalität und derartigen Auswüchsen schützen. Und wir wissen auch: Egal, wie viel wir in Österreich weiterbringen, es gibt auch die internationale Situation, die uns natürlich immer wieder vor Herausforderungen stellt und mit der alles sehr eng zusammenhängt.

Etwas später am heutigen Tag, wenn wir die erste Lesung betreffend den Bundes­finanzrahmen haben, ist dabei auch eine Aufstockung der Personenzahl für die innere Sicherheit, für Polizistinnen und Polizisten, vorgesehen. Das halte ich für gut, richtig, wichtig und notwendig. Ich habe diesbezüglich aber einen Wunsch, nämlich dass die zusätzlichen Polizistinnen und Polizisten gerade in den Ballungszentren Österreichs, den Städten, die besonders darunter leiden, dass diese natürlich – wie immer – nicht nur Ballungszentren des Lebens, des kulturellen Lebens, der Freiheit und all dieser Dinge sind, sondern natürlich oft auch Ballungszentren der kriminellen Energie oder der Fokus von Kriminellen sind, schwerpunktmäßig eingesetzt und zur Verfügung gestellt werden.


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Ich möchte auch auf die Herausforderung Asyl eingehen: Österreich hat in diesem Zusammenhang in der Geschichte, im letzten Jahr viel geleistet. Österreich leistet noch immer sehr viel, was die Unterbringung, die Integration, aber auch die Aufnahme von Neuankömmlingen betrifft, und Österreich muss und wird auch in der Zukunft seinen Beitrag leisten und seine Leistung in diesem Zusammenhang erbringen.

Um das alles zu gewährleisten, sind mehrere Dinge notwendig. Das eine ist, dass das Innenministerium besonders gefordert ist beim Personal, bei der Belastung durch die Arbeit – wobei diese Fragen oft gemeinsam mit den Ländern gelöst werden müssen –, bei den finanziellen Mitteln für Integration, Unterbringung und all diese Fragen und natürlich auch im Zusammenspiel mit den NGOs, so wie das Österreich auch in der Vergangenheit sehr oft gezeigt hat. Die andere Dimension in diesem Zusammenhang sind natürlich die legistischen, die rechtlichen Rahmenbedingungen.

Die Asylgesetznovelle, die wir heute auch noch länger diskutieren werden, ist bereits im Vorfeld sehr heftig und intensiv diskutiert worden, und das halte ich in einer Demokratie gerade bei solchen Fragen, bei denen es um sehr viel geht, nämlich um die Fragen des Zusammenlebens, der Sicherheit, der Menschenrechte und all dieser Themen, für wichtig. Es ist wichtig, dass man nicht leichtfertig einfach irgendetwas beschließt, sondern dass man intensiv diskutiert und sich entscheidet, welchen Weg man gehen will.

Wir haben auf diesem Weg zwei Stränge: ein Gesetz, das die Vorsorge trifft für die Situationen, in denen außerordentliche Belastungen auf Österreich zukommen und Österreich das Gefühl hat, dass es diese Belastungen allein nicht mehr stemmen kann, weil nämlich vielleicht – hoffentlich schon, aber vermutlich eben nicht zwingend (Abg. Darmann: Das versteht keiner!) – die europäischen Regelungen nicht so greifen, dass es eine faire Aufteilung in Europa gibt, sondern Österreich da gewissermaßen ganz auf sich allein oder gemeinsam mit einigen Staaten auf sich allein gestellt ist. Das andere ist nach der gesetzlichen Vorsorge die Frage, wann diese Situation eintritt, und für diese Situation ist Vorsorge getroffen, dass dann unter bestimmten Prämissen auch eine Verordnung erlassen werden kann beziehungsweise erlassen werden muss.

Gerade die intensive Diskussion der letzten Wochen hat dazu geführt, dass wir heute hier auch zwei wesentliche Abänderungs- beziehungsweise Entschließungsanträge einbringen, die eine Weiterentwicklung und Verbesserung dieses Weges mit sich bringen, nämlich dass der Schutz des Kindeswohls, wie es in vielen Stellungnahmen formuliert worden ist, jetzt auch im Gesetz so verankert wird, dass darauf Rücksicht genommen wird, weil für uns Kinder und Jugendliche – oft allein reisende Kinder und Jugendliche – in dieser Gruppe besonders schwach sind und wir sie nicht aus­schließen wollen.

Zweitens ist eine etwaige Verordnung befristet, sie muss begründet werden, und es gibt auch eine Begutachtung, womit klargestellt ist: Es gibt kein Drüberfahren in dieser Republik, es gibt den Diskurs und die Möglichkeit, dass NGOs, Länder, alle Betroffe­nen, die in diesem Zusammenhang etwas zu sagen haben und einen Beitrag leisten können, diesen dann auch geben können. Das ist gut, das ist demokratische Kultur, aber es ist auf der anderen Seite auch notwendig, hier diese legistische Möglichkeit zu schaffen.

Sehr geehrte Damen und Herren, wir müssen uns aber auch über eines im Klaren sein: Wovon wir hier reden, sind internationale Konflikte. Das sind Konflikte von nicht nur internationalem Format, sondern solche, die in der Welt passieren, und für uns ist klar: Wenn man eine wirkliche Lösung will, muss man diese Konflikte vor Ort entschärfen oder auch lösen.


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Das, was wir in Syrien erleben – wir werden das morgen noch mit dem UNO-General­sekretär hier diskutieren können –, ist leider keine Entschärfung und keine Lösung. Hier ist die Außenpolitik, die Weltpolitik, es sind die Vereinten Nationen, es ist aber auch die österreichische Außenpolitik gefordert, und diesbezüglich möchte ich schon eine kleine Bitte hier vom Rednerpult hinzufügen: Da können wir in der Außenpolitik durchaus noch einen Zahn zulegen. (Beifall bei SPÖ und NEOS.)

Herr Innenminister, alles Gute für die zukünftigen Aufgaben! (Beifall bei SPÖ und ÖVP.)

11.15


Präsident Karlheinz Kopf: Nun gelangt Klubobfrau Dr. Glawischnig-Piesczek zu Wort. – Bitte. (Abg. Rädler – in Richtung der sich zum Rednerpult begebenden Abg. Glawischnig-Piesczek –: Grenzen auf!)

 


11.15.42

Abgeordnete Dr. Eva Glawischnig-Piesczek (Grüne): Herr Bundeskanzler! Herr Vizekanzler! Meine Damen und Herren auf der Regierungsbank! Geschätzte Kolle­ginnen und Kollegen Abgeordnete! Wir haben heute ein neues Regierungsmitglied vorgestellt bekommen. Ich habe auch über eine historische Lücke meinerseits Auskunft erhalten: Ich weiß jetzt, dass sich Philippi auf der österreichischen Regierungsbank zwischen Herrn Brandstetter und Herrn Mahrer befindet. (Abg. Rädler: Lustig, lustig!)

Sie haben heute ein neues Regierungsmitglied vorgestellt. Es ist aber trotzdem lohnend – gerade an Kollegen Rädler aus Niederösterreich gerichtet –, denn wir haben uns in Österreich schon so an gewisse Dinge gewöhnt, noch einmal über den Bestel-lungsvorgang zu sprechen, weil es in Österreich offensichtlich traditionellerweise keine Rolle spielt, welche politischen Zielsetzungen, welche Kompetenz, welche Erfahrung, welches politische Wollen ein Ministeranwärter hat, sondern ausschließlich Parteien­proporz – insbesondere niederösterreichischer Parteienproporz – darüber bestimmt, wer neuer Innenminister wird. Das ist schon etwas, was wir so nicht wollen, das braucht man sich auch nicht schönzureden. (Beifall bei den Grünen sowie des Abg. Strolz.)

Der niederösterreichische Landeshauptmann braucht ein Wartehäuschen für seine Nachfolge, und offensichtlich gibt es dann so etwas wie eine Erbpacht auf das Innenministerium. (Abg. Rädler: Märchentante! Gutenachtgeschichten!)

Ich finde das bedauerlich, weil es in Österreich um sehr viele offene Punkte geht. Es geht um sehr viele Projekte, die im Moment stillstehen, allen voran auch die Bildungs­reform, und wir sollten auch bei solchen Bestellvorgängen anders agieren. Das sagt jetzt nichts über Ihre Qualität oder Nichtqualität aus, aber bei solchen Bestellungen ausschließlich Parteienproporz und Parteienkalkül mitanschauen zu müssen, schmerzt und ist auch der österreichischen Bevölkerung nicht angemessen angesichts der ernsten Probleme, vor denen wir hier stehen. (Beifall bei den Grünen. – Abg. Rädler… Vassilakou …!)

Ich finde es auch bedauerlich, Herr Kollege Rädler – ich weiß nicht, ob Sie das auch so empfinden –, dass der Frauenanteil in der Bundesregierung weiter gesunken ist. Ich bin der Meinung, dass es immer noch Behutsamkeit braucht, hier darauf zu schauen, dass eine große Bevölkerungsgruppe nach wie vor eine entsprechende Repräsentation auch auf der Regierungsbank der Republik Österreich finden kann. (Beifall bei den Grünen. – Abg. Rädler: Dann fragen Sie bei Herrn Pilz …! – Zwischenruf des Abg. Wöginger.)

Ich hätte mir erhofft, dass es heute eine ausführlichere Diskussion auch über die Projekte, die Vorhaben der österreichischen Bundesregierung für die nächsten Monate


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geht. Es war doch ein einschneidender Sonntag, den wir miterlebt haben. Es gab einige Ankündigungen vonseiten des Bundeskanzlers, von „Neustart“ war die Rede. Heute kommt auch der Bundesfinanzrahmen ins Haus, und unser Befund – bezie­hungsweise mein Befund – ist schon, dass bei ganz wesentlichen Fragen nach wie vor Stillstand herrscht und viele Projekte einfach nicht in Angriff genommen werden.

Jetzt haben wir beim neuen Finanzrahmen eine sehr, sehr große Lücke ausgewiesen, nach wie vor, nämlich eine strukturelle Lücke im Bildungsbudget von fast einer halben Milliarde Euro, die auch durch dieses neu vorgelegte Werk nicht ausgemerzt wird, und wir warten seit dem 17. November des letzten Jahres auf die Bildungsreform – mittlerweile sehnsüchtig. Bis jetzt hat noch kein einziges Blatt Papier das Parlament erreicht, nachdem bereits Monate und Jahre an diesem Thema herumgedoktert wird und die Kinder und Jugendlichen in Österreich auf den Schulbänken nach wie vor auf Verbesserungen warten.

Das ist bedauerlich, und das ist sicher etwas, worüber wir noch ausführlich reden soll­ten, und nicht nur – so wichtig das auch ist – über den Umgang mit der Flüchtlingsfrage und mit der Flüchtlingskrise. Auch die anderen Themen dürfen nicht ständig in den Hintergrund rücken und einfach sozusagen abgemeldet werden. Das wollen wir nicht, sondern wir wollen Tempo in der Bildungsreform. Bitte legen Sie uns endlich die entsprechenden Vorarbeiten vor, Herr Bundeskanzler! (Beifall bei den Grünen sowie des Abg. Strolz. – Abg. Rädler: Wir reden aber über den Innenminister und nicht über die Bildungsministerin! – Abg. Kogler: Ihr redet ja dauernd vom Neustart!)

Jetzt möchte ich kurz auf diesen Zwischenruf eingehen – er belegt auch wieder einmal, in welchem Zustand sich diese Bundesregierung befindet. Der Zwischenruf kam von Kollegen Rädler aus Niederösterreich, der sagt, da ist die Bildungsministerin zuständig. Die ist heute nicht da. Ich sage Ihnen nur eines: Also wenn Sie irgendwie mit dem Proporz in der Bundesregierung weitermachen – da ist die rote Reichshälfte, da ist die schwarze Reichshälfte – und nicht fähig sind, Projekte gemeinsam in Angriff zu nehmen, dann wird das einfach nichts werden. (Beifall bei den Grünen.)

Das ist genau das, was den Menschen in Österreich so unendlich auf die Nerven geht: nur gegeneinander, überhaupt keine Fähigkeit, zu gemeinsamen Lösungen zu finden, und das vor allem auf dem Rücken der Kinder und Jugendlichen in Österreich. Das finde ich sehr schade. (Beifall bei den Grünen.)

Ein weiterer Bereich, der uns sehr am Herzen liegt: Wir haben alle die Ergebnisse des Klimagipfels in Paris mitgefeiert, und wir waren alle unendlich froh, dass es so etwas wie einen weltweiten Klimavertrag gibt. Das werden wir morgen vielleicht auch mit dem UN-Generalsekretär diskutieren, es war auch ein enormer Erfolg für die Vereinten Nationen. Nur: In Österreich ist seit Dezember, seit dem Abschluss des Abkommens, kein einziger Beistrich passiert, während andere Länder ganz schwerwiegende Ent­scheidungen treffen, zum Beispiel Norwegen: Dort wurde beschlossen, den gesamten Staatsfonds aus den fossilen Energien herauszuziehen, das heißt, dort werden wirklich Strukturentscheidungen getroffen. Bei uns hingegen wird auch mit diesem neuen Finanzrahmen in diesem so wichtigen und relevanten Zukunftsbereich, im Umwelt­bereich weiter gekürzt.

Das finde ich nicht nur bedauerlich, sondern auch verantwortungslos, denn es geht um Tausende Arbeitsplätze in Österreich. Wir alle waren bei der Zielpunkt-Pleite – unter Anführungszeichen – „höchst besorgt“ um die vielen Frauen, die in diesem Bereich keinen Arbeitsplatz mehr haben. – Da geht es auch um Arbeitsplätze. Und es sind vielleicht auch Menschen vor den Fernsehgeräten, die keinen Arbeitsplatz haben und die jetzt mitansehen müssen, wie weiter wirklich strukturell Arbeitsplätze vernichtet werden. (Abg. Lopatka: Na geh! Also bitte!) – Ja, das ist auch in Ihren eigenen


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Budgetunterlagen nachzulesen gewesen: Die Einsparungen im Bereich Klima- und Energiefonds haben unterm Strich 7 000 Arbeitsplätze, kumuliert auf den Finanzrah­men gerechnet, vernichtet. Das sind Budgetunterlagen, das haben nicht wir unter­stellt, das ist nachzulesen.

Ich würde mir wünschen, dass Sie das Thema endlich ernst nehmen, dass das in irgendeiner Form Ausdruck findet, auch im Finanzrahmen und im Budget. Bei der Rückfahrt, Herr Bundeskanzler, hat es von Ihnen eine große Ankündigung gegeben, nämlich das im Bereich der erneuerbaren Energien, in der Stromerzeugung – und wer gegen Atomkraft ist, muss für Ökostrom sein – bis 2030 zu 100 Prozent zu schaffen; nur, es gibt bis zum heutigen Tag keinen einzigen Beistrich in diesem Bereich. Das ist auch einmal ein Diskussionspunkt, der im Rahmen so einer Regierungsumbildung erwähnenswert wäre. (Beifall bei den Grünen.)

Ich kann Ihnen jetzt leider … (Zwischenbemerkung von Vizekanzler Mitterlehner.– Ach so, Sie reden dazwischen, okay. Der Stillstand, den wir auf der Regierungsbank leider beobachten, setzt sich auch im Parlament fort. Es ist sehr bedauerlich, dass es nicht einmal möglich ist, einen Fahrplan, ein Prozedere für die Bestellung des Rechnungshofpräsidenten zustande zu bringen, da Sie sich gegenseitig blockieren (Abg. Kogler: Ein Wahnsinn, ja!) und sich im Parteienproporz nicht einig sind. Das ist wirklich schade! (Abg. Kogler: Das ist doch wirklich eine Sauerei!) Überlassen Sie dem Haus einfach mehr Freiheiten, geben Sie uns auch mehr inhaltliche Möglichkeiten, Probleme in Angriff zu nehmen! Lassen Sie zum Beispiel die Bildungsreform auch einmal hier im Parlament zur Verhandlung zu! Das wäre einmal ein konstruktiver Beitrag.

Aber dieses gegenseitige Hickhack, dieser Streit, dieser Proporz, dieser Stillstand setzt sich auch im Parlament fort. Ich meine, der Termin der Bestellung des Rechnungs-hofpräsidenten ist seit zwölf Jahren bekannt und nicht schlagartig vom Himmel gefal­len. (Abg. Lopatka: Was hat das mit der Regierungsumbildung zu tun?) – Ich rede vom Stillstand, Herr Kollege Lopatka! Ich würde mir wünschen, dass Sie … (Abg. Lopatka: Was hat die Regierungsumbildung mit dem Rechnungshof zu tun?) – Sie können ja noch reden! Es ist nicht möglich, das wichtigste Organ … (Abg. Lopatka: Der Rechnungshof ist unsere Sache, das hat mit der Regierungsumbildung nichts zu tun!) – Ja, und der Stillstand der Regierung führt dazu, dass Sie nicht einmal fähig sind, sich jetzt, drei Wochen vor dem Termin, über ein Prozedere zu verständigen. Das ist schon eine Leistung! (Beifall bei Grünen und NEOS.)

Die Frage ist nur, ob die Situation jetzt ernst oder hoffnungslos ist. Ich hätte mir gewünscht, dass der heutige Tag auch eine Debatte darüber gebracht hätte, welche Projekte jetzt noch mit viel Energie in Angriff genommen werden, allen voran die Bildungsreform, aber ich bin leider eines Schlechteren belehrt worden. – Danke. (Bei­fall bei den Grünen.)

11.23


Präsident Karlheinz Kopf: Als Nächster zu Wort gelangt Herr Klubobmann Dr. Lopatka. (Abg. Kogler: Die Aussage hat im Übrigen gelautet: Der Stillstand setzt sich im Parlament fort! – Sie haben nicht zugehört!)

 


11.23.37

Abgeordneter Dr. Reinhold Lopatka (ÖVP): Herr Bundeskanzler! Herr Vizekanzler! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Bevor ich zur Regierungsumbildung komme, einige Sätze zu Aussagen von Vorrednern: Der Klubobmann der Freiheitlichen Partei hat gemeint, wenn gute Initiativen der Bundesregierung vorgelegt werden, dann werden diese unterstützt. Heute Nachmittag hätten Sie diese Möglichkeit beim Sicher­heitspaket. (Beifall bei der ÖVP.)


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Verschärfung des Familiennachzugs, Asyl auf Zeit: Das waren immer Punkte, die auch Sie vertreten haben. (Abg. Strache: Das ist ja schon aufrechtes Gesetz!) – Herr Klub­obmann, Sie sind groß und stark beim Reden, klein und schwach beim Umsetzen! Das ist das, was ich schade finde! (Beifall bei der ÖVP. – Zwischenruf des Abg. Pirklhuber.) Groß und stark am Wirtshaustisch oder hier beim Reden, aber klein und schwach beim Umsetzen – das ist das Dilemma. (Abg. Darmann: Das aus Ihrem Munde! – Weitere Zwischenrufe bei der FPÖ.)

Das Zweite, was ich Ihnen von den Grünen sagen möchte: Es war ganz interessant, wir haben heute eine Regierungsumbildung, die das Innenressort betrifft. (Abg. Kogler: Der Stillstand setzt sich fort!) Das haben Sie anscheinend nicht bemerkt. Sie sprachen zu parlamentarischen Aufgaben, wie der Wahl des Rechnungshof­präsi­denten. Das hat nichts mit der Bundesregierung zu tun! Das ist unsere Sache, wer Präsident des Rechnungshofes wird. Das werden wir hier in geheimer Abstimmung entscheiden. (Zwischenrufe bei den Grünen.) Das hat nichts mit der heutigen Erklärung der Bundesregierung zu tun. Ich frage mich wirklich, was Ihre Vorbereitung hier war – nämlich gar keine!

Aber ich sage Ihnen, warum: Wenn es um Sicherheit und Ordnung geht, stehen die Grünen prinzipiell auf der falschen Seite (Beifall bei der ÖVP), nämlich bei denen, die daran kein Interesse haben. Wenn Europa es nicht schafft, die Außengrenzen ent­sprechend zu sichern (Abg. Kogler: Sie haben ja alles getan, dass alles scheitert!), und wir dann an unseren Grenzen etwas machen müssen, dann stehen Sie auf der falschen Seite!

Bengalen flogen durch die Luft, Polizisten wurden attackiert, „insgesamt wurden drei Polizisten verletzt und 15 Beamte durch Pfefferspray beeinträchtigt“, und mittendrin: grüne Spitzenpolitiker – in diesem Fall Ihre Stellvertreterin Felipe. (Beifall bei der ÖVP. – Zwischenruf bei den Grünen.) Ich könnte Ihnen von Idomeni berichten, aber Abgeordnete Alev Korun kann das besser, sie war mittendrin. (Abg. Glawischnig-Piesczek: Das ist eine Lüge!) Sie stehen hier prinzipiell auf der falschen Seite, sage ich Ihnen, das ist Ihr Problem! (Beifall bei der ÖVP. – Abg. Kogler: Diese Schein­heiligkeit kann sich nur der Lopatka da herinnen erlauben! – Abg. Glawischnig-Piesczek: Das ist eine glatte Lüge! – Zwischenrufe bei der ÖVP.)

Das ist keine „glatte Lüge“, lesen Sie in der APA nach, und lesen Sie auch nach, was der Ermittler Gerhard Niederwieser gesagt hat, was am Brenner passiert ist! Am 5. April war das nachzulesen. Sie konnten in den österreichischen Tageszeitungen auch nachlesen, was am Brenner und in Idomeni vorgefallen ist. (Zwischenruf des Abg. Walser.)

Uns geht es darum, alles zu tun, damit Österreich ein sicheres Land bleibt, und Wolfgang Sobotka wird dafür ein Garant sein. (Beifall bei der ÖVP. – Zwischenruf bei der FPÖ.)

Mit Wolfgang Sobotka bekommt die österreichische Bundesregierung einen starken Innenminister – das ist schon von Kollegen Schieder angesprochen worden –, der Durchsetzungskraft hat, das wird er brauchen, gerade auf europäischer Ebene, denn das Gute ist, dass er große politische Erfahrung mitbringt und diesen Kurs, den Hanni Mikl-Leitner eingeschlagen hat, nahtlos fortsetzen wird. Und bevor er eine erste Erklärung im Hohen Haus abgibt, war er schon vor Ort unterwegs, nämlich in Tirol und im Burgenland. Er ist einer, der signalisiert, dass er sofort die Arbeit aufnehmen kann, und er hat sie bereits aufgenommen, auch im Innenausschuss.

Das ist wichtig, auch was das Innenverhältnis in Österreich betrifft. Sie haben schon die Bundesländer angesprochen. Es ist ein Vorteil, dass Wolfgang Sobotka alle Landeshauptleute gut kennt und dass ihm die Landeshauptleute vertrauen. (Abg.


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Kogler: Deshalb hat die niederösterreichische Hypo der Haider-Hypo 225 Millionen nachgeschoben!) Diese haben ihn schon mehrfach beauftragt, die Länder zu vertreten; und genauso stark wird er jetzt den Bund bei den Ländern vertreten. (Zwischenruf der Abg. Glawischnig-Piesczek.) – Es ist gut, diese Achse zwischen Bundesregierung und den Landeshauptleuten zu haben, wenn es um Sicherheitsfragen geht. Das ist ein Vorteil und kein Nachteil, Kollegin Glawischnig! (Beifall bei der ÖVP. – Zwischenruf bei den Grünen.)

Wir stehen tatsächlich vor großen Herausforderungen, vor sehr großen Heraus­forde­rungen! Einerseits ist die islamistische Bedrohung zu sehen, die konsequentes Han­deln verlangt – das haben wir mit dem Staatsschutzgesetz gemacht –, andererseits gibt es natürlich die riesengroße Herausforderung betreffend die Flüchtlingsströme. Wolfgang Sobotka bringt diese Eigenschaften mit, die ein Innenminister braucht. Man darf hier nicht immer hinten nachhinken. Wir waren in einer Situation, in der wir nicht vorausschauend agieren konnten, weil die europäische Lösung leider nicht umgesetzt werden konnte.

Wolfgang Sobotka ist einer, der vorausschauend denkt, der Sachkompetenz mitbringt und sehr, sehr hohes Engagement. Das wird hier notwendig sein, um auf europäischer Ebene – und das ist nach wie vor unser Ziel – endlich zu Lösungen zu kommen.

Ich darf Hanni Mikl-Leitner danken – und es war ja interessant, dass sie heute auch von freiheitlicher Seite her durchaus positiv für ihre Arbeit beurteilt worden ist. Ich habe genau hingehört. Diesen Dank verdient sich Hanni Mikl-Leitner von uns allen. Sie hat Immenses geleistet und versucht, auf europäischer Ebene zu Lösungen zu kommen, die die richtigen gewesen wären, die aber leider bisher nicht möglich waren. Sie hat immer schon von den Hotspots in den Krisengebieten gesprochen, sie hat schon immer davon gesprochen, an der Peripherie etwas zu machen, gemeinsam mit dem UNHCR vor Ort aktiv zu werden und nicht die Menschen einfach per Zufall nach Europa hereinzulassen. (Abg. Strache: Da ist sie aber vom Regierungspartner im Stich gelassen worden!)

Die Europäische Union ist nach wie vor gefordert, auch unter der Führung der deutschen Bundeskanzlerin, hier zu Ergebnissen zu kommen. Und es war ja ganz interessant, was auch von Deutschland in der letzten Zeit betreffend die Sicherung der Brenner-Grenze oder auch betreffend die Sicherung der EU-Außengrenzen zu hören war.

Da haben wir uns mit dem Konzept, das Hanni Mikl-Leitner vorgegeben hat, als österreichische Bundesregierung ganz sicherlich richtig positioniert. Und mit der Beschlussfassung heute Nachmittag haben wir auch die Balance gewahrt, einerseits die Sicherheit betreffend alles zu tun, und auf der anderen Seite den rechtsstaatlichen Rahmenbedingungen gerecht zu werden. Das Entscheidende diesbezüglich ist eine gute legistische Grundlage, aber auf der anderen Seite auch die finanzielle Aus­stattung. Der neue Innenminister wird – der Bundesfinanzrahmen beschäftigt uns ja auch – eine Sicherheitsmilliarde zusätzlich haben. Es wird bis 2020 – es ist notwendig, und daher ist es auch richtig – diese zusätzlichen Mittel für EDV und Kommuni­kationstechnologie, aber auch für 2 000 Neuaufnahmen bei der Polizei geben. Geld wird in die Hand genommen, gesetzliche Bestimmungen werden entsprechend ver­schärft. Das ist der richtige Weg, den wir brauchen, um die öffentliche Ordnung in Österreich, die innere Sicherheit, die den Menschen so wichtig ist, entsprechend sicherzustellen.

Ich bin mir ganz sicher, und ich bin davon überzeugt, dass Wolfgang Sobotka diesen großen Herausforderungen, die heute schon bestehen und die auch in den nächsten Jahren auf uns zukommen, gerecht werden wird. Da bin ich mir ganz sicher! Das Amt


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des Innenministers gehört zu den schwierigsten, und der Innenminister hat innerhalb der Regierungsriege eine ganz entscheidende Aufgabe zu erfüllen. Wolfgang Sobotka kommt nicht unvorbereitet in diese Aufgabe. Er bringt große politische Erfahrung mit und, wie schon gesagt, auch die Durchsetzungskraft, um die Sicherheit in Österreich auch in den nächsten Jahren entsprechend zu gewährleisten.

Daher: Wolfgang Sobotka, wir freuen uns auf eine gute Zusammenarbeit mit dir. Ich hoffe, dass diese Zusammenarbeit auch eine sehr breite im Haus sein wird. (Beifall bei der ÖVP sowie des Abg. Jarolim.)

11.32

11.32.10

 


Präsident Karlheinz Kopf: Frau Klubobfrau Glawischnig, Sie haben sich vorher sichtbar nicht einverstanden erklärt mit einer Aussage des Herrn Klubobmanns Lopatka, sich indirekt an mich wendend. (Abg. Glawischnig-Piesczek: Außerhalb des Parlaments ist das klagbar!) Für die Korrektur von Behauptungen, die vom Rednerpult aus gemacht werden, gibt es das Instrument der tatsächlichen Berichtigung. Das heißt, wenn Sie etwas berichtigen wollen, dann würde ich Sie bitten, dieses Instrument anzuwenden.

*****

Für Ihren Zwischenruf, Frau Klubobfrau Glawischnig-Piesczek, den Vorwurf der „Lüge“ an Herrn Abgeordneten Lopatka, erteile ich Ihnen einen Ordnungsruf,

ebenso Herrn Abgeordnetem Kogler für den Zwischenruf „Scheinheiligkeit“. (Beifall bei der ÖVP. – Abg. Kogler: Das Ganze zeigt nur die Absurdität dieser Ordnungs­ruf­praxis!)

*****

Nächster Redner: Herr Abgeordneter Klubobmann Dr. Strolz. – Bitte. (Abg. Strolz begibt sich zum Rednerpult und stellt dort eine kleine Tischflagge der Europäischen Union auf.)

 


11.33.27

Abgeordneter Mag. Dr. Matthias Strolz (NEOS): Herr Präsident! Geschätzte Regie­rungsmitglieder! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Liebe Bürgerinnen und Bürger, zahlreich auf der Galerie, zu Hause vor den Bildschirmen! Wir haben heute ein neues Regierungsmitglied zur Angelobung, zum Erstantritt hier im Parlament. Ich glaube, es ist eine Frage der Höflichkeit, Ihnen alles Gute für Ihre Arbeit zu wünschen, Herr Sobotka.

Sie sind Minister, das ist ein Diener des Volkes. Auch wenn dieses Amtsverständnis möglicherweise in der Region, der Sie entstammen, nicht weit verbreitet ist (Abg. Rädler: Na hallo! Wir sind nicht beim Haselsteiner!), Dienerschaft, sondern Herrschaft, wünsche ich doch, dass Sie das mit all Ihren Ihnen zur Verfügung stehenden Kräften gut ausfüllen können.

Es geht um die Frage des Innenministers, die Frage der Sicherheit ist eine wichtige. Ich habe die europäische Flagge mitgebracht, Herr Minister, da gerade auch die ehemalige Europapartei ÖVP die Europaflagge schon längst abgehängt hat. Diese findet sich nicht mehr in Ihren Köpfen, nicht in Ihren Herzen, nicht in Ihrer Politik. Und wir werden Sie, Herr Innenminister, auch ein Stück weit vor allem daran messen, ob Sie sich in dieser Frage für europäische Lösungen einsetzen. (Zwischenruf des Abg. Wöginger.)


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Für uns steht außer Streit: Wir können nicht so weitermachen wie im letzten Jahr. Das war völliges Chaos, die Menschen konnten sich auf den Staat nicht verlassen. Natür­lich brauchen wir geordnete Registrierung, natürlich brauchen wir auch Notlösungen, wenn es welche braucht, aber davor sind Sie in der Pflicht, für europäische Lösungen zu sorgen! (Beifall bei den NEOS.)

Und das haben Sie zu keinem Zeitpunkt getan! (Abg. Wöginger: Das ist ja nicht wahr! Das stimmt nicht!) Als Italien Probleme mit den Flüchtlingen hatte, haben Sie sich weg­gedreht. Es waren die österreichischen Innenminister, die sich über Jahre weggedreht und gesagt haben: Das geht uns alles nichts an! Als Griechenland Probleme hatte, haben Sie sich weggedreht, haben gesagt: Das geht uns nichts an! – Aber es geht uns etwas an! Verstanden haben Sie es erst, als diese Krise mit 71 Toten per Klein-Lkw nach Österreich kam; und das ist das Tragische! Was war dann Ihr Reflex? – Sie haben die europäische Flagge abgehängt und haben begonnen, nationale Lösungen zu stricken; und das ist erbärmlich! Das ist erbärmlich! (Beifall bei den NEOS. – Neuerlicher Zwischenruf des Abg. Wöginger.)

Ich bin sehr für manche Notmaßnahmen zu haben. Natürlich, wenn es kurzfristig etwas braucht, machen wir es, nur, Sie sind in der Pflicht, europäische Initiativen voran-zutreiben. Das Bild, das Sie, die ÖVP, im Kopf haben, ähnelt sehr dem der FPÖ. Sie wollen 28 Schrebergärten mit Stacheldrahtzaun rundherum machen. Das wird nicht gutgehen! (Abg. Strache: Das Scheitern der Europäischen Union tatenlos hinneh­men?) Das wird unsere Lebensqualität auf diesem Kontinent zerfressen! Das wird unseren Wohlstand einengen, denn nach dem Stacheldraht an der Grenze kommt natürlich wirtschaftlich Protektionismus, und die Basis unseres Wohlstands war eine europäische Einigungsbewegung. (Zwischenruf des Abg. Darmann.)

In der Europäischen Union ist vieles nicht gut, da müssen wir vieles besser machen, aber wer sich von der europäischen Einigungsbewegung verabschiedet, der verab­schiedet sich von Lebensqualität, Wohlstand und Frieden, und da werden wir nicht mitmachen! (Beifall bei NEOS und Grünen sowie der Abg. Königsberger-Ludwig. – Abg. Walter Rosenkranz: Um das geht es nicht!)

Deswegen werden wir bei jeder Gelegenheit die europäische Flagge aufziehen, denn Europa ist unser Schicksal. (Abg. Darmann: Zieh einmal die österreichische Flagge auf, das wäre gescheiter!) Wir sind so ein kleiner Tropfen Zeit auf dieser Erde, ein kleiner Tropfen Zeit, wir sind eine Schicksalsgemeinschaft. Wenn auf diesem Kontinent eine Hütte brennt, dann brennt am nächsten Tag die Nachbarhütte; das können wir gar nicht verhindern. Wir sind eine Schicksalsgemeinschaft. (Zwischenruf des Abg. Walter Rosenkranz.) Es ist unsere Pflicht – und die Europapartei, die ehemalige Europapartei und ehemalige Wirtschaftspartei ÖVP nehme ich in die Pflicht –, Europa nicht als Schicksalsfrage zu begreifen, denn da haben wir keine Wahl, sondern Europa als Chancengemeinschaft zu begreifen. – Und da kommt zu wenig. (Zwischenrufe des Abg. Wöginger.)

Herr Minister, Sie können mich ja eines Besseren belehren. (Abg. Walter Rosenkranz: Nein, das wird schwierig!) Herr Minister Kurz, der Minister für Integration, Europa und Äußeres, braucht ja auch dringend einen Schrittmacher, denn alleine bringt er wenig zusammen. Sebastian Kurz gondelt ganz eindrucksvoll durch die Weltgeschichte, das ist ganz beeindruckend, finde ich (Abg. Lopatka: Das ist beeindruckend, ja!), aber in Sachen Integration und in Sachen Europa kommt nicht wirklich etwas; deswegen braucht er diesbezüglich einen Schrittmacher, einen Taktgeber, und, Herr Innen­minister, das können und sollen Sie sein. Dirigieren können Sie ja, also schreiten Sie voran! Geben Sie da den Takt vor!


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Wenn Sie sagen, Herr Lopatka, Europa bringe nichts zusammen, dann erinnere ich Sie: Wer ist Europa? – Sie alle, die Sie hier sitzen, sitzen in europäischen Räten. Wenn Sie sagen, Europa bringe nichts zusammen und versage, dann versagen Sie! Wenn Sie sagen, Europa brauche einen Plan, dann sollten Sie in Österreich beginnen, diesen Plan mitzuschreiben. All die Dinge haben Sie nicht gemacht! (Zwischenruf des Abg. Lopatka.) Sie haben ausgelassen! (Beifall bei den NEOS.)

Europa findet sich nicht mehr in Ihren Köpfen, in Ihren Herzen, das ist das Problem. (Abg. Wöginger: Wir sind Vorreiter in Europa! – Abg. Lopatka: Sind Sie zufrieden? –Weitere Zwischenrufe bei der ÖVP.)

Ich möchte zum Themenblock, wie Sie ins Amt kamen, wechseln. Ich bin da bei Kollegin Glawischnig: So kann das nicht gehen. Wir können nicht Ministerwechsel so machen, dass ein Landesfürst, ein Landeshauptmann sagt: Ich stelle meine macht­politischen Überlegungen vor das Wohl und das Ach und Weh der Republik! – So geht das einfach nicht! (Beifall bei den NEOS.)

Das Drehbuch für Ministerwechsel kann man nicht rein machtpolitisch schreiben. (Abg. Kogler: Das ist ein Regierungskommissär aus St. Pölten! Jetzt sagen Sie endlich, was Sache ist!) Sie sind ein Diener des Volkes, so haben Sie sich zu verstehen; und jene, die Sie nominieren, haben auch in dieser Haltung zu agieren. Das ist nicht passiert. (Zwischenruf des Abg. Rädler.)

Herr Rädler, das ist nicht passiert, und deswegen, Herr Rädler, haben Sie und Ihre Kolleginnen und Kollegen weitere Chancen. Wir werden einen Rechnungshof­präsi­denten, eine -präsidentin bestellen, und diesbezüglich gibt es den dringenden Wunsch der Opposition, von uns vier Fraktionen: Machen wir ein öffentliches Hearing! Beken­nen Sie sich zu einem öffentlichen Hearing der Kandidatinnen und Kandidaten für das Amt des Rechnungshofpräsidenten! Das ist eine wichtige Funktion, auf zwölf Jahre bestellt. Wenn Sie nicht irgendwo in Hinterzimmern mauscheln wollen, sondern sagen: Wir sind dem Volk verantwortlich, wir sind gewählte Volksvertreter, das ist ein offenes Haus!, dann machen Sie öffentliche Hearings! Sie können sich entscheiden. (Beifall bei NEOS und Grünen. – Zwischenruf des Abg. Darmann.)

Ich gehe einen Schritt weiter: Der Stiftungsrat mit seinen Freundeskreisen – partei­politisch ausgestattet – wird im Juni einen neuen Generaldirektor, eine neue General­direktorin des ORF bestellen. Ja, wem gehört denn der ORF? – Uns gehört er, den Menschen, die auf der Galerie sitzen, ORF-Gebühren zahlen, uns allen! Es ist unser öffentlicher Rundfunk. (Zwischenruf des Abg. Rädler.)

Es ist nicht okay, Herr Rädler, dass Sie auch in dieser Frage in Hinterzimmern mauscheln! (Beifall bei NEOS und Grünen.) Es ist nicht okay, und das verstehen die Menschen auch nicht mehr. Sie haben die Nase gestrichen voll. Gestrichen voll haben die Menschen die Nase von diesen Sachen. (Abg. Walter Rosenkranz: … im ORF! – Zwischenruf des Abg. Darmann.) Diese Art der Politik wurde letzten Sonntag abgewählt, und sie wird bei jeder nächsten Wahl abgewählt. Die Menschen haben die Nase gestrichen voll von dieser Politik.

Wenn Sie wollen, können Sie ein öffentliches Hearing für den öffentlichen Rundfunk machen. Die Kandidatinnen und Kandidaten sollen ihre Pläne für einen öffentlichen Rundfunk als Unternehmenspläne präsentieren (Abg. Wöginger: … Pläne!), und wir machen ein öffentliches Hearing, und wir streamen das in jeden Haushalt auf ORF III. Wir zahlen diesen Sender, wir wollen wissen, was dort passiert. (Beifall bei NEOS und Grünen. – Abg. Kogler: 80 Prozent der Posten …!)

Das ist die Herrschaft des Volkes, nicht der Parteisekretariate. (Vizekanzler Mitter­lehner: Ich würde überhaupt sagen, die Seher sollen abstimmen!) – Die Seher sollen


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abstimmen, auch das ist ein Vorschlag, Herr Vizekanzler. Wir können uns neue Vor­schläge überlegen. Wir brauchen insgesamt einen neuen Ansatz beim Regieren, aber das ist eine andere Geschichte, dazu fehlt mir heute die Zeit. (Abg. Belakowitsch-Jenewein: Oje, da ist ihm nichts eingefallen!)

Wenn Sie wollen, können wir Transparenz in dieses Haus bringen. Wenn Sie weiter in Hinterzimmern mauscheln wollen, wenn Sie so weitermachen wie bisher, dann werden Sie das erleben, was Sie letzten Sonntag erlebt haben: Sie werden abgewählt. (Beifall bei NEOS und Grünen. – Abg. Walter Rosenkranz: Bravo, Hofer!)

11.42


Präsident Karlheinz Kopf: Zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Pendl. – Bitte.

 


11.42.13

Abgeordneter Otto Pendl (SPÖ): Herr Präsident! Herr Bundeskanzler! Herr Vize­kanzler! Meine Damen und Herren auf der Regierungsbank! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Hohes Haus! Meine Damen und Herren auf der Galerie und vor den Bild­schir­men! Nur eine ganz kurze Bemerkung zu meinem Vorredner: Ich habe ja nicht gewusst, dass man sich für die Nachmittagsdebatte schon vorher einstimmen muss. Ich glaube, wir sind hier zusammengekommen, weil ein neues Regierungsmitglied vorgestellt wird. Das könnten wir eigentlich unaufgeregt diskutieren, nicht? – So würde ich das zumindest sehen und meinen. (Abg. Kogler: In Niederösterreich bist halt schon einiges gewohnt!)

Gestatten Sie mir als Sicherheitssprecher meiner Partei – ich habe schon mehrere Innenminister erlebt –, mich noch bei der Vorgängerin – ich sage jetzt auch absichtlich Hanni, ist lieb und nicht böse gemeint – für die fünf Jahre der Zusammenarbeit sehr herzlich zu bedanken. (Beifall bei der ÖVP.) Wir haben nicht immer leichte Themen gehabt, aber ich glaube, wichtig ist, dass wir in der Sache hart diskutieren können, aber uns ganz einfach auch korrekt begegnen.

Ich darf auch sagen: Den jetzigen Innenminister kenne ich seit ungefähr 20 Jahren. Wir haben auch nicht immer Sonne und Wonne gehabt, sondern harte Diskussionen in der Sache, wenn ich zurückdenke, lieber Wolfgang Sobotka; aber ich glaube, das Wichtige ist, dass man ein gemeinsames Ziel definiert und dass man sich ganz einfach menschlich begegnet. So sehe ich das. Ich wünsche dir bei deiner neuen Arbeit auch viel Glück. Wir werden schon die eine oder andere harte Diskussion zu führen haben, aber das ist eben so – auch im Leben von politischen Mandataren.

Oft bekomme ich den Eindruck, dass einige mit Sicherheit nicht von Österreich reden, wenn sie sagen, was bei uns alles schlecht sei und wie unsicher alles sei. Ich gehöre zu jenen, die immer sagen: Jede einzelne Straftat ist mir persönlich eine zu viel!, aber dass wir im internationalen Vergleich eines der sichersten Länder sind, das ist, bitte, ein Faktum. Das ist ein Faktum. (Beifall bei SPÖ und ÖVP.)

Das ist die Leistung der österreichischen Bundesregierung, aber auch dieses Hauses, mit den Beschlüssen, die wir hier vornehmen, und – nicht zu vergessen – unserer Polizistinnen und Polizisten, denen wir auch ganz einfach Danke schön sagen sollten, auch bei so einer Diskussion, meine sehr geehrten Damen und Herren. (Beifall bei SPÖ und ÖVP sowie des Abg. Hagen. – Abg. Rädler: Ja!)

Es war diese Bundesregierung, die beim Auslaufen der letzten Gesetzgebungsperiode schon Vorsorge getroffen hat, was Planstellen betrifft, was Ausrüstung betrifft – und jetzt schon wieder. Ich habe die Oppositionsmandatare immer eingeladen, mitzugehen, mitzustimmen. Schaut euch die Abstimmungsergebnisse an! Da wird immer von Planstellen, von Personal, von Ausrüstung geredet. – Die Stunde der Wahrheit ist immer hier bei der Beschlussfassung; da habe ich oft den Eindruck: Was ihr vorher


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fordert, wisst ihr bei der Abstimmung schon nicht mehr. So kann es ja nicht gehen, meine sehr geehrten Damen und Herren!

Ich bin froh, dass diese Bundesregierung, unsere Bundesregierung erkannt hat, wo die Schwerpunkte – das werden wir heute auch noch zu diskutieren haben – zu setzen sind, was den Arbeitsmarkt betrifft, was die Bildung betrifft, aber auch die Sicherheit – in jedem Bereich. (Abg. Darmann: Seit wann seid ihr nochmal in der Regierung?) – Wir zwei haben ja auch das Vergnügen, an und für sich schon viel diskutiert zu haben, lieber Freund, aber das gilt auch für dich, und du weißt genau, was hier schon geleistet worden ist.

Ich gehe davon aus, wenn wir das, was wir heute noch im Zuge der Debatte zum Bundesfinanzrahmengesetz hören und sehen werden – wir kennen es ja alle –, umsetzen, dann wird für die Polizei – ich darf auch sagen, gleichzeitig für das öster­reichische Bundesheer bis zur Justizwache, oder, wenn ihr wollt, bis zu den Lehrern, damit wir ja niemanden vergessen – ausreichend Vorsorge getroffen werden, damit die Aufgaben, die zugegebenermaßen keine leichten sind, von den einzelnen Ressorts im Interesse unserer Bürgerinnen und Bürger ordentlich abgearbeitet werden.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, unsere gemeinsame Aufgabe wäre es, den Österreicherinnen und Österreichern Sicherheit zu vermitteln. Wenn ich da manchen zuhöre, glaube ich, dass die Leute verunsichert werden – und das ist auf gar keinen Fall unsere Aufgabe.

Ich kann nur sagen: Eine wichtige Aufgabe ist der Sicherheitsbereich, und der neue Innenminister hat es schwer genug – versuchen wir gemeinsam, so breit wie nur möglich aufgestellt, diese wichtige Aufgabe für unsere Bürgerinnen und Bürger ganz einfach zu erledigen! Versuchen wir gemeinsam, unseren Beamtinnen und Beamten, egal, ob im Innenministerium, im Verteidigungsministerium oder bei der Justiz, den Rücken zu stärken und ihnen zu helfen, denn sie setzen sich gemeinsam für die Österreicherinnen und Österreicher ein! Dazu lade ich Sie herzlich ein.

Herr Minister, alles Gute für die Zukunft! (Beifall bei SPÖ und ÖVP.)

11.47


Präsident Karlheinz Kopf: Zu Wort gelangt Herr Klubobmann Ing. Lugar. – Bitte.

 


11.47.31

Abgeordneter Ing. Robert Lugar (STRONACH): Herr Präsident! Hohes Haus! Herr Pendl hat leider etwas falsch verstanden. Sobald sich Herr Pendl hingesetzt hat, werde ich gern darauf eingehen, was er heute hier gesagt hat. (Zwischenruf des Abg. Pendl.)

Herr Pendl hat behauptet, dass die Regierung und er dafür da sind, um den Öster­reichern Sicherheit zu vermitteln. Ich sage Ihnen: Sie sind dazu da, um für Sicherheit zu sorgen und nicht um Sicherheit zu vermitteln – denn genau darum geht es. Es geht darum, dass Sie hier herauskommen und permanent erzählen: Österreich ist ein so sicheres Land, alles ist gut, und die Menschen haben nur ein subjektives Sicherheits­gefühl, das etwas abnimmt, aber in Wirklichkeit ist alles gut. Aber das stimmt eben nicht.

Wenn man sich aktuelle Beispiele ansieht, dann sieht man, dass nicht nur die Sicher­heit – speziell von Frauen – in Österreich massiv gefährdet ist, sondern dass in unse­rem System etwas absolut schiefläuft. Dazu gebe ich Ihnen jetzt ein Beispiel.

Letztes Jahr im Sommer gab es eine Vergewaltigung in Traiskirchen. Da hat ein 17-jähriger Afghane … (Abg. Walter Rosenkranz: Angeblich!) – Nicht angeblich, er ist geständig. (Abg. Walter Rosenkranz: Angeblich 17 Jahre! Das ist wichtig wegen dem Jugendstrafrecht!) – Angeblich 17, okay; aber gehen wir davon aus, dass das stimmt.


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Er hat eine 72-Jährige brutalst vergewaltigt, hat sie geschlagen, hat sie anal verge­waltigt, und dann hat er die Unterhose als Trophäe in die Unterkunft mitgenommen.

Erst drei Monate später ist man seiner habhaft geworden, weil die Polizei das Ganze als Verschlussakt gehalten hat, um die Bevölkerung nicht zu verunsichern. Dann wurde dieser Afghane mittels einer DNA-Analyse überführt. Dann hat er sage und schreibe 20 Monate Haft ausgefasst. (Abg. Kogler: Sagen Sie Ihre Quelle! Wenn man so etwas erzählt, sollte man die Quelle angeben!) – Schau, du kennst die Geschichte, und du weißt, dass er rechtskräftig verurteilt wurde – zu 20 Monaten Haft.

Jetzt ist die Frage, ob diese 72-Jährige, die mittlerweile in der Psychiatrie gelandet ist, weil sie mit diesem Erlebten nicht fertig wird, diesem Afghanen jemals wieder über den Weg läuft. Ich sage Ihnen: Die Chancen sind hoch. Die Chancen sind sogar sehr hoch. Wissen Sie warum? – Weil es in Österreich gelebte Praxis ist, dass es für jemanden, der weniger als drei Jahre ausfasst – das heißt, praktisch für jede Vergewaltigung –, keinen Ausschließungsgrund für Asyl gibt. Das muss man sich einmal vorstellen!

Das heißt, jeder, der in Österreich nicht einen Mord begeht, sondern „nur“ vergewaltigt, wird nicht vom Asylverfahren ausgeschlossen. Das heißt, dieser Afghane kann Asyl bekommen und könnte dieser 72-Jährigen begegnen. Auch wenn er möglicherweise keinen Asylstatus bekommt, weil er keinen Asylgrund hat – praktisch alle Afghanen haben keinen Asylgrund in Österreich, und das wissen Sie auch –, und er einen negativen Asylbescheid bekommt, kann diese Frau nicht sicher sein, ob sie diesem Vergewaltiger nicht trotzdem in Österreich wieder begegnet.

Wissen Sie, warum? – Weil er, wenn er nicht abgeschoben werden kann, und es gibt eine ganze Latte von Gründen, warum er nicht abgeschoben werden kann, einfach hier geduldet wird. (Abg. Walter Rosenkranz: Genau!) Er bekommt keine Aufenthaltsge­neh­migung, er bekommt keine Arbeitserlaubnis, aber er wird in Österreich geduldet. Er bleibt in Österreich als sogenanntes U-Boot und kann tun, was er will – in Österreich. Das muss man sich einmal auf der Zunge zergehen lassen.

Sie müssen sich das einmal vorstellen, auch bei dem aktuellen Fall, in dem einer einen Zehnjährigen vergewaltigt und angegeben hat: Man muss Verständnis haben, er hatte mehrere Monate keinen Sex. Auch bei ihm könnte es sein, dass er dann, wenn er weniger als drei Jahre bekommt, so wie es in Österreich üblich ist, einen Asylstatus bekommt, dann auch seine Familie nachholt und hier in Österreich lebt. Das muss man sich einmal auf der Zunge zergehen lassen.

Ein guter Freund von mir, einer meiner ältesten Freunde, ist ein Libanese, der vor 15 Jahren nach Österreich geflohen ist und mittlerweile hier eine Familie hat – bei ihm kann man sicher von einer erfolgreichen Integration sprechen –, und er bekommt einen steifen Hals vor lauter Kopfschütteln, was hier in diesem Land abgeht. Immer wenn ich ihn treffe, fragt er mich, ob wir irgendwo angerannt sind, dass wir so etwas in unserem Land dulden. In den Ländern, aus denen die Flüchtlinge kommen, wird das alles nicht geduldet, aber wir sind so blöd – ich hoffe, dafür bekomme ich keinen Ordnungsruf –, das hier zu akzeptieren, und die Frage ist: Warum? Warum akzeptieren wird das? – Es gibt keinen Grund dafür, außer möglicherweise eine um sich greifende Blödheit.

Deshalb sage ich: Das Gesetz, das wir heute beschließen, ist ein erster Schritt. Dieses Gesetz ist nicht optimal, da könnte man noch viel mehr machen, denn letztlich hat praktisch niemand einen Asylgrund hier in Österreich, und schon gar nicht die Afghanen und Pakistani und wie sie alle heißen, von denen wir wissen, dass sie Probleme machen. Deshalb könnten wir noch viel mehr machen, aber dieses Gesetz – und deswegen werden wir vom Team Stronach heute auch zustimmen – ist ein erster Schritt.


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll123. Sitzung / Seite 75

Die Frage ist nicht, ob dieses Gesetz perfekt ist und ob da nicht noch etwas geht. Die Frage ist: Was ist die Alternative? Nichts zu tun? – Das ist keine Alternative, und deshalb gehen wir heute mit.

Um auch noch auf Sie zurückzukommen, Herr Innenminister: Ich hoffe inständig, dass Sie nicht nur von Erwin Pröll in dieses Amt entsorgt wurden (Abg. Wöginger: Na hallo! – Abg. Lopatka: Aufpassen!), um Probleme in Niederösterreich loszuwerden. Ich hoffe, dass Sie ein guter Innenminister sein werden. Ich hoffe, dass Sie Ihre Beamten aus den Wachstuben auf die Straße treiben, wo sie dafür sorgen, dass die Frauen in unserem schönen Land nicht vergewaltigt werden, dass Sie dafür sorgen, dass all jene eingesperrt werden, und ich hoffe – leider ist der Justizminister nicht mehr da –, dass wir endlich diese schwachsinnigen Gesetze ändern, damit wir jene, die hier tatsächlich kriminell werden, auch tatsächlich wieder loswerden und nicht wieder auf die unschuldigen Frauen in Österreich loslassen.

Ich glaube, das sind wir den Bürgerinnen und Bürgern schuldig, und ich hoffe, Sie als Innenminister leisten einen Beitrag dazu. – Danke. (Beifall beim Team Stronach sowie bei Abgeordneten der FPÖ.)

11.53


Präsident Karlheinz Kopf: Herr Bundesminister Mag. Sobotka hat sich zu Wort gemeldet. – Bitte, Herr Bundesminister.

 


11.53.42

Bundesminister für Inneres Mag. Wolfgang Sobotka: Hohes Haus! Herr Bun­deskanzler! Herr Vizekanzler! Herr Präsident! Werte Abgeordnete! Meine Damen und Herren auf der Galerie! Werte Regierungskollegen! Werte Damen und Herren vor den Fernsehgeräten! Ich freue mich, dass ich Ihnen hier meine zukünftige Arbeit, die ich in einem großen, exzellenten Team erledigen darf, ganz kurz skizzieren darf und kann.

Ich nehme das, was mir hier von den einzelnen Rednern der Fraktionen und von den Klubobleuten mitgegeben wurde, sehr ernst, Kritik ist immer dazu da, um seine eigenen Standpunkte zu überprüfen und zu sehen: Was kann man in der zukünftigen Entwicklung verbessern?

Es geht dabei nicht um meine Person, es geht auch nicht um die Regierung allein, meine Damen und Herren, sondern es geht vor allem um die Sicherheit der Österreicherinnen und Österreicher. Es geht darum, was sich die Menschen von uns erwarten, dass wir alles unternehmen, dass auf der einen Seite der hohe Standard der Sicherheit in Österreich, aber auf der anderen Seite auch ihre Sorgen, ihre Ängste und ihre Nöte sehr ernst genommen werden. (Abg. Höbart: Das sagen Sie eh immer!) Da ist es, glaube ich, ganz entscheidend, dass man sich immer wieder vor Ort ein Bild macht. Ich war sehr bald draußen, um zu sehen, wie die Arbeit eigentlich vor Ort vor sich geht.

Natürlich hat man schon als Regierungsmitglied einer Landesregierung viel Erfahrung und viel Kontakt mit der Polizei draußen vor Ort. Was ich aber jetzt erlebe, zeigt ein Haus, von der Herrengasse ausgehend bis in die letzten Dienststellen hinein, das hervorragend geführt wurde, das exzellente Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter hat und das – das darf ich hier zum Ausdruck bringen, es ist auch von den Vorrednern schon erwähnt worden – durch meine Vorgängerin, Frau Bundesminister a. D. und die nun­mehrige Landeshauptmannstellvertreterin in Niederösterreich, Johanna Mikl-Leitner, ganz exzellent geführt worden ist. (Beifall bei der ÖVP.)

Ich darf ihr auch an dieser Stelle ein herzliches Dankeschön entbieten, ein Danke­schön in zweifacher Hinsicht: dafür, dass sie sich auch in schwierigen Zeiten immer wieder vor ihre Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter gestellt hat, und dafür, dass sie die


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Sicherheitsinteressen Österreichs gewahrt hat und nie die europäische Dimension außer Acht gelassen hat. In diesem Sinne möchte ich ihren Kurs auch weiterent-wickeln.

Ich bin jetzt in der neuen Funktion auch zu einer sehr positiven Zeit in das Amt gekommen, da ein Budgetrahmen verabschiedet wird, der auch sehr klar der Sicher-heitspolitik ein besonderes Augenmerk widmet. Mit meinem Regierungskollegen Hans Peter Doskozil in der Ausrichtung – gerade wenn es um die sicherheitspolitischen Anliegen im Gesamten geht – auch eines Sinnes, ist es für uns ganz wesentlich, dass wir ebenso den finanziellen Rahmen dergestalt haben, dass wir diese Aufgaben erfüllen können.

Daher sage ich dem Finanzminister und seinem Team ein herzliches Dankeschön, dass das in dieser Form als Sicherheitspaket auch gewürdigt wird, dass wir das auch in der Perspektive bis 2020 umsetzen können, denn es ist auf der einen Seite so, dass gerade in der Struktur unserer Exekutive einige Pensionierungen anstehen, und auf der anderen Seite sollten wir uns darüber im Klaren sein, dass uns die Fragen der Integration fordern werden, dass wir auch jetzt schon mit einzelnen Anstiegszahlen der Kriminalität zu kämpfen haben und dass wir alles unternehmen müssen – nicht nur mit einer gut ausgerüsteten, sondern auch personell gut ausgestatteten Exekutive –, um dem zu begegnen.

Daher werden diese Investitionsmittel vor allem in die Personalausstattung gehen, aber nicht nur in die Personalausstattung, sondern auch in die Personalentwicklung, weil die internationale Kriminalität, gerade, was ihre Machenschaften in der Wirtschafts­krimi­nalität, in der Internetkriminalität betrifft, nicht stehen bleibt. Dahin gehend auszubilden ist etwas ganz Wesentliches für uns, die Ausrüstung ist auf den letzten Stand zu bringen, um damit klar zu signalisieren, dass wir für die kommenden Aufgaben auch gerüstet sind.

Es wird heute noch im Hohen Haus ein Gesetz diskutiert und verabschiedet, das für uns ganz wesentlich ist, um diese Aufgaben auch erfüllen zu können. Da sei auch eines gesagt: Es ist nicht aus Jux und Tollerei, weil man vielleicht in einen nicht adä­quaten Nationalismus zurückfällt, sondern es ist deshalb notwendig, weil die Euro­päische Union und einzelne Mitgliedstaaten ihre Aufgaben nicht erfüllen können oder auch erfüllen wollen.

Wenn Österreich heute 10,5 Asylwerber pro 1 000 Einwohner hat, und Italien 1,4, und Italien bislang nicht bereit ist – da hoffe ich, dass ich in den nächsten Tagen auch die Mitglieder der italienischen Regierung überzeugen kann –, Maßnahmen zu setzen, dann ist es nicht zuerst ein österreichisches Problem, sondern ein europäisches. Wenn neun Vertragsverletzungsverfahren gegen Italien eingeleitet wurden und keines zu einer Verurteilung führt, dann, meine Damen und Herren, werden wir auf europäischer Ebene agieren müssen – da nehme ich gerne alle Mithilfe an, die Sie uns anbieten, um Europa zu überzeugen, zu einem gemeinsamen Entwurf zu kommen. Aber auf der anderen Seite ist klar: Die Sicherheitsinteressen unserer Landsleute gehen vor – dem muss sich ein Innenminister als Erstes verpflichtet fühlen. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der SPÖ.)

Ministerpräsident Wilson hat einmal gemeint: „Regieren besteht im Festsetzen von Prioritäten“ – und das wollen wir. Wir wollen in unserem Ministerium Prioritäten setzen: bei der Bekämpfung der Kriminalität, der Schlepperkriminalität, bei der Bekämpfung der Rauschgiftkriminalität und vor allem auch bei der Bekämpfung des Terrors.

Das hat für uns die oberste Priorität, weil gerade diese Kriminalitätsakte erstens Men­schen, die nichts dafür können, in eine ganz besondere Lage bringen und weil sie zwei­tens auch das Sicherheitsgefühl dieses Landes auf das Schwerste beeinträchtigen.


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Genauso wollen wir aber mit der Aktion „Gemeinsam sicher“, die meine Vorgängerin gestartet hat, ganz dezidiert in die Gemeinden hinausgehen. Es ist ganz wesentlich, dass Sicherheit auch ein Anliegen der Bevölkerung sein muss, dass jeder in seiner Eigenverantwortung sein Haus zu schützen und auch etwas wahrzunehmen hat. Wir wollen keine Gesellschaft des Wegsehens, wir wollen eine Gesellschaft des Hin­sehens, dorthin, wo kriminelle Akte vorbereitet oder gesetzt werden. Das ist etwas, wozu wir uns verpflichtet fühlen. (Beifall bei der ÖVP.)

Meine Damen und Herren, lassen Sie mich zum Ende kommen. Ich bitte um Ihre Diskussion. Masaryk, der erste Präsident der Tschechoslowakei, hat einmal gesagt, dass Demokratie Diskutieren ist. Es wird aber nicht nur um das Diskutieren gehen, es wird auch darum gehen, zu handeln. Dem fühle ich mich verpflichtet.

Daher stelle ich auch hier an den Schluss meiner Ausführungen ein herzliches Dan­keschön für jene Damen und Herren, die tagtäglich an der Grenze zwischen Burgen­land und Ungarn, wo ein Grenzmanagement aufgezogen wurde, handeln, dass die Leute – ich war dort und habe mich mit ihnen unterhalten – es auch verstehen und akzeptieren, wenn sie etwas langsamer über die Grenze kommen, für die Polizisten in Tirol, die dort sorgsam mit den Demonstranten umgegangen sind, aber auch klar die Rechtsstaatlichkeit verteidigt haben – und der Rechtsstaatlichkeit fühlen wir uns wohl alle verpflichtet. – Danke schön. (Anhaltender Beifall bei der ÖVP, Beifall bei Abgeord­neten der SPÖ und des Abg. Steinbichler.)

12.01


Präsident Karlheinz Kopf: Als Nächster ist Herr Abgeordneter Amon zu Wort gemel­det. – Bitte.

 


12.01.56

Abgeordneter Werner Amon, MBA (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehr­ter Herr Bundeskanzler! Herr Vizekanzler! Geschätzte Mitglieder der Bundesregierung! Der neue Innenminister hat den ersten tschechoslowakischen Präsidenten Masaryk erwähnt, der seine ersten – wenn man so sagen darf – demokratischen Gehversuche hier im Haus gemacht hat. Er war während der Monarchie Abgeordneter im Reichsrat, insofern ist das ein schöner Bogen, Herr Bundesminister, den Sie da gespannt haben. (Zwischenruf der Abg. Moser.)

Ich möchte einleitend die Gelegenheit nützen, um unserer ehemaligen Bundesminis­terin für Inneres Mag. Johanna Mikl-Leitner sehr herzlich zu danken. Ich glaube, sie hat in einer ganz, ganz schwierigen Zeit wirklich einen großartigen Job gemacht. (Beifall bei der ÖVP.) Und sie hat das mit großem Engagement, mit der notwendigen Härte, aber auch mit der notwendigen Sensibilität getan.

Das sind Eigenschaften, die, wie ich meine, auch der neue Bundesminister für Inneres mitbringt (Abg. Moser: … Sensibilität!) – ich glaube, dass Herr Klubobmann Schieder das in seinen Ausführungen sehr schön getroffen hat –, nämlich auf der einen Seite eine umfassende politische Erfahrung – das sieht man, wenn man einen neuen Minister erlebt, sei es bei medialen Auftritten, sei es im Ausschuss oder sei es auch hier im Plenum; es ist schön, einen Profi in dieser Funktion zu haben, sehr geehrter Herr Bundesminister –, und auf der anderen Seite gibt es aber nicht nur diese raue Schale, die, so glaube ich, für die Frage der inneren Sicherheit auch notwendig ist, sondern man kann auch von der notwendigen Sensibilität in vielen Fragen, die die Sicherheit betreffen, ausgehen. Und ich glaube, dass unser neuer Innenminister beide Voraussetzungen mitbringt. Ich wünsche Ihnen für Ihre Arbeit alles erdenkliche Gute. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der SPÖ.)


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Die Debatte ist einmal mehr insofern interessant, wenn man sich anhört, was hier insbesondere vonseiten der Freiheitlichen zum Besten gegeben wird. Ich möchte in einer Sache wirklich schon sehr widersprechen. Sie versuchen jetzt seit Tagen, seit wir die Verschärfungen im Asylrecht, im Fremdenrecht debattieren, den Österreicherinnen und Österreichern weiszumachen, das wären nur Placebomaßnahmen. (Abg. Darmann: Richtig! Bravo! – Beifall bei der FPÖ.) – Herr Kollege Darmann, dieser Zwischenapplaus ist sehr billig, aber wir nehmen das zur Kenntnis. (Zwischenrufe der Abgeordneten Belakowitsch-Jenewein und Darmann.) – Das macht nichts.

Wissen Sie, ich möchte Ihnen eines sagen, Herr Kollege Darmann: Ich wollte Ihnen eben recht geben, denn mit der Kritik der Freiheitlichen, dass wir mit manchen Maßnahmen zu spät kommen, dass Europa nicht das tut, was es machen sollte (Ruf bei der FPÖ: Das ist auch richtig!), haben Sie einen Punkt, aber ich sage Ihnen, dass die gesetzlichen Maßnahmen, die wir jetzt setzen – und viele tun sich mit diesen harten Maßnahmen, die da jetzt gesetzt werden, die notwendig sind, gar nicht leicht –, keine Placebomaßnahmen sind. Wenn Sie jetzt davon reden, dass das Placebomaßnahmen seien, wenn wir beispielsweise bei subsidiär Schutzberechtigten den Familiennachzug aussetzen, wenn wir die Möglichkeit schaffen, an der Grenze zurückzuweisen, wenn nicht erkennbar ist, dass ein Asylgrund vorliegt, dann sage ich Ihnen, Herr Kollege Darmann, das sind keine Placebomaßnahmen. (Abg. Belakowitsch-Jenewein: Das haben wir schon! Das ist alles machbar! – Abg. Walter Rosenkranz: Das geht ja jetzt schon! – Zwischenrufe der Abgeordneten Darmann und Scherak.)

Das sind notwendige Maßnahmen, die letztlich eine Kapazitätsobergrenze definieren, die wir erreichen; und es ist den Österreicherinnen und Österreichern einfach in gewissen Bereichen nicht mehr zumutbar, dass die überschritten wird. Ich sage Ihnen das in aller Deutlichkeit, und es wäre eigentlich angebracht, dass die Freiheitlichen auch anerkennen, dass wir da notwendige Maßnahmen setzen. (Beifall bei der ÖVP.)

Wir haben in der anschließenden Sicherheitsdebatte noch mehr Zeit, im Detail darauf einzugehen, aber eines möchte ich noch sagen: Frau Klubobfrau Glawischnig, Sie haben hier die Zusammensetzung der Bundesregierung und uns kritisiert, weil wir keine Frau nachnominiert haben. Na ja, möglicherweise hätten Sie auch einen weiblichen Präsidentschaftskandidaten aufstellen können. Sie haben sich für einen Mann entschieden. Es hat in dieser Frage vielleicht auch etwas mit der Qualität zu tun. (Abg. Glawischnig-Piesczek: Das ist falsch! Er hat sich selbst entschieden! – Zwischenrufe bei der FPÖ.) Ich weiß es nicht.

Wir haben uns für einen qualitativ hochwertigen Innenminister entschieden – und ich wünsche ihm noch einmal alles Gute und eine glückliche Hand. (Beifall bei der ÖVP. – Ruf bei der FPÖ: Schlechtester Redner des …! – Rufe und Gegenrufe zwischen Abgeordneten von ÖVP und FPÖ.)

12.07


Präsident Karlheinz Kopf: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Mag. Darmann. – Bitte.

 


12.07.18

Abgeordneter Mag. Gernot Darmann (FPÖ): Herr Präsident! Werte Mitglieder der Bundesregierung! Hohes Haus! Geschätzte Damen und Herren! Da ich mehrfach angesprochen wurde, gilt es, zu Beginn einige Repliken zu geben. Kollege Amon, bei allem persönlichen Respekt, muss ich dir schon einiges auf den Weg auch in Richtung kommender Debatte zum Asylgesetz mitgeben. Wir haben derzeit alle rechtlichen Möglichkeiten, um jeden Fremden, der kein Recht hat, nach Österreich zu kommen, an der österreichischen Staatsgrenze zurückzuweisen. (Beifall bei der FPÖ.)


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Nur wurden die Instrumente, die uns bisher gegeben sind – geltendes nationales wie internationales Recht –, von eurer SPÖ-ÖVP-Regierung nicht zur Anwendung ge­bracht. Das ist Faktum; an dem kommen wir nicht vorbei. Deswegen gibt es auch unsere klare Meinung zu diesem Placeboasylgesetz, das nichts anderes sein wird – da wir es heute auch im Detail debattieren – als ein Flickwerk des Asylrechts, das halbjährlich aufs Neue auf die österreichische Bevölkerung losgelassen wird, schluss­endlich aber dazu führt, dass alle Regeln, die gegeben sind, niemals durch euch zur Anwendung gebracht werden. Darüber werden wir uns aber noch etwas später im Detail unterhalten.

Des Weiteren darf ich gleich eingangs den Herrn Bundesminister für Inneres direkt ansprechen und mich auch dafür bedanken, wie geradlinig Sie das auf den Punkt gebracht haben, dass es prioritär sein wird, den Schutz des Eigenheims auch in Ihrer Tätigkeit hervorzustreichen. Das verstehe ich aber auch in der Form – und wir nehmen Sie dabei beim Wort –, dass es keine Verschärfung des österreichischen Waffenrechts geben wird, Herr Bundesminister. (Beifall bei der FPÖ sowie des Abg. Franz.)

Nunmehr ist es wieder einmal so, dass wir hier im Hohen Haus eine nicht so un­wichtige Debatte zu einer Regierungsumbildung haben. Und wer fehlt hinter mir auf der Regierungsbank? – Der Bundeskanzler. (Abg. Belakowitsch-Jenewein: Hat keine Zeit! – Abg. Höbart: Diskutiert gerade mit …!) Es wundert ja niemanden, dass er wieder einmal gegangen ist, wenn es darum geht, die Geschicke des Landes zu gestalten und hier Personen ins Amt einzuführen, die eine wesentliche Verantwortung für die Sicherheit in unserem Land haben werden.

Ich bin derzeit noch zuversichtlich, dass Sie die Chance auch nutzen werden, diese Verantwortung im Sinne unserer Bevölkerung, im Sinne unserer Heimat, im Sinne der Bediensteten der Sicherheitsexekutive in Taten umzusetzen. Herr Bundesminister, Sie haben diese Chance, die sollen Sie auch haben, und ich hoffe wirklich – auch als Staatsbürger –, dass Sie sie nutzen werden.

Ich möchte ein Zitat bringen, das in den letzten Tagen einen sehr interessanten Weg durch die österreichische Medienlandschaft genommen hat und sehr gut beschreibt, in welchem Zustand die österreichische Bundesregierung sich befindet. Ich zitiere – und das passt auch gut zur Abwesenheit des Herrn Bundeskanzlers –: „Er ist der Meister des Verdrängens, des Verschleppens, des Verzögerns und des Wegduckens.“

Sie alle wissen, dass da von Herrn Bundeskanzler Faymann die Rede war, als der niederösterreichische Landeshauptmann Erwin Pröll seine Definition vom Herrn Bundeskanzler und dessen Amtsverständnis gebracht hat. (Zwischenruf bei der ÖVP.) Ich glaube, es ist eine sehr richtige Definition. Es ist normalerweise nicht meine Art, in Abwesenheit sehr kritische Worte über Personen zu verlieren, aber wenn er gegangen ist, kann ich nichts machen, dann werde ich es ihm halt hier über das Rednerpult ausrichten (Abg. Belakowitsch-Jenewein: Geht ja nicht anders! Er ist ja nie da!): Sie, Herr Bundeskanzler Faymann, sind in Wirklichkeit das eigentliche Problem dieser österreichischen Bundesregierung. (Beifall bei der FPÖ.)

Ich weiß nicht, ob Sie es getan haben – Sie hätten es auch in den letzten Tagen tun können –, aber hätten Sie in die Augen Ihrer Genossen, die auch hier im Hohen Haus sitzen, gesehen, dann hätten Sie auch genau das erkannt, Herr Bundeskanzler, denn ich glaube, viele der Genossen hier im Hohen Haus sehen das auch so, dass Sie das eigentliche Problem in dieser Regierung sind (Zwischenruf des Abg. Keck), dass deswegen in Österreich seit Jahren ein Stillstand gelebt wird und dass die eigene Bevölkerung dabei auf der Strecke bleibt. (Zwischenrufe der Abgeordneten Keck und Plessl.) Die Ruhe in den Reihen der SPÖ bestätigt mich hier in einer gewissen Art und Weise.


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Dass sich die österreichische Bevölkerung durch die realitätsferne Willkom­mens­unkultur heute wohl eher eine Regierungsumbildung in der Art gewünscht hätte, dass Bundeskanzler Faymann seinen Rücktritt erklärt, ist damit selbstredend. In dieser Erklärung, die er heute von sich gegeben hat, hätte er sich auch gleichzeitig dafür entschuldigen können, welche politischen Fehlleistungen er in den letzten Jahren getätigt hat – von A wie Arbeitslosigkeit bis hin zu Z wie Zuwanderung.

Diese unkontrollierte und damit illegale Massenzuwanderung unter dem Deckmantel des Asyls ist es auch, hinter der sich zumindest der Bundeskanzler im letzten Jahr in seiner höchstpersönlichen Stillstandspolitik selbst versteckt hat, aber womit er gleich­zeitig auch allen noch anwesenden und auch den nicht mehr anwesenden Regie­rungsmitgliedern die Handschellen angelegt hat. Es wäre auch gleichzeitig an Ihnen gewesen, werte Damen und Herren der Regierung, sich von diesen Handschellen selbst zu befreien und aktiv zu werden, sich nicht von einem Bundeskanzler ohne Volk reglementieren zu lassen und endlich auch etwas für die Republik Österreich weiterzubringen.

Wir Freiheitliche wissen es, ich glaube, der Großteil der Abgeordneten hier im Hohen Haus inklusive der Abgeordneten der SPÖ weiß es, die Regierungsmitglieder wissen es, und natürlich weiß es auch das österreichische Volk, dass sich der Herr Bun­des­kanzler in eine Merkel’sche Einladungspolitik an Immigranten aus aller Herren Länder verrannt hat, dass er nach wie vor auf eine Hilfe, auf eine Unterstützung der Europä­ischen Union hofft und dabei immer wieder vergisst, dass er selbst mit seinen Regie­rungskollegen und als Regierungschef die Verantwortung hätte, seinen Worten endlich Taten folgen zu lassen.

Wenn wir eines aus den letzten Jahren wohl gelernt haben, dann, dass wir, wenn wir uns auf die EU verlassen, selbst verlassen sind (Beifall bei der FPÖ sowie des Abg. Franz), dass wir die Zügel nur selbst in die Hand nehmen können und dass wir uns natürlich eines vor Augen führen müssen, nämlich dass es auch dieser Bundeskanzler war, der seine Regierung dazu angehalten hat, mittlerweile rund eine Million Menschen nach Österreich zu bringen – unkontrolliert, unregistriert – und dann, als sie da waren, zum Großteil durch Österreich durchzuschleppen – und das rechtswidrig –, und dass mit dieser einen Million Migranten Terroristen und Schwerstverbrecher den Weg nach Österreich gefunden haben. (Zwischenruf der Abg. Korun.)

Wie wir jeden Tag aufs Neue aus den Medien entnehmen können, müssen es die Opfer mittlerweile tagtäglich am eigenen Leib verspüren, dass diese Regierung unter Bundeskanzler Faymann in der gleichen Zeit Polizeiposten zugesperrt und gegenüber Asylquartiere aufgemacht hat (Abg. Rädler: Jetzt wird’s fad! – Abg. Lueger: Ganz falsch! Zusammenlegung! – Ruf bei der SPÖ: Zusammenlegung!), dass an allen Ecken und Enden, quer von der Polizei bis hin zum österreichischen Bundesheer, der Spar­stift angesetzt wurde, um der Sicherheit der österreichischen Bevölkerung in den Rücken zu fallen. Ich unterstreiche es noch einmal, Herr Kollege Pendl – ich habe das schon beim letzten Mal in der Debatte zur Sicherheitspolitik gesagt –: Es geht wirklich nicht darum, ein Sicherheitsgefühl zu vermitteln, sondern es geht darum, mit der Politik Sicherheit in Österreich zu gewährleisten. Und das ist ein riesiger Unterschied, wenn man sein politisches Verständnis hier auf den Punkt bringen will. (Beifall bei der FPÖ sowie des Abg. Franz.)

Aus diesem Grund sage ich Ihnen: Es gibt eine Vielzahl an Notwendigkeiten, die umzusetzen sind, Herr Bundesminister Sobotka, eine Vielzahl an Notwendigkeiten, Herr Finanzminister (Abg. Walter Rosenkranz: Die sind gerade in …!), eine Vielzahl an Notwendigkeiten, auf die die österreichische Bevölkerung schon sehr lange und zu Recht wartet. Wenn wir von Grenzkontrollen und von Grenzsicherung sprechen, dann sollten diese Worte natürlich auch in Fakten abgebildet sein, dann hat es auch an der


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Grenze notwendige Maßnahmen zu geben und dann hat auch in Absprache mit dem Landesverteidigungsminister die grüne Grenze gesichert zu werden, damit es, so wie es notwendig wäre, auch einen absoluten Asyl- und Zuwanderungsstopp innerhalb der geltenden rechtlichen Rahmenbedingungen gibt.

Herr Bundesminister, dieser EU-Schlepperei und dieser verantwortungslosen Zuwan­derungspolitik der Europäischen Union, wie sie nach wie vor vorangetrieben wird, muss man durch ein selbstbewusstes Auftreten der Republik Österreich im Bereich des Asyl- und Zuwanderungsrechts entschieden entgegentreten. Es darf nicht so sein, wie es bisher oft der Fall war, dass man sich im Normalfall von der Europäischen Union alles ausrichten ließ, bis hin zu dem unseligen EU-Türkei-Deal – Sie wissen, was ich anspreche –, der dazu führen wird, dass der österreichische Steuerzahler in Zukunft mit österreichischem Steuergeld dafür Sorge zu tragen hat (Zwischenruf des Abg. Rädler), dass beispielsweise portugiesische Beamte entscheiden werden, wann wie viele weitere Migranten den Weg nach Österreich finden werden, um auch wieder auf der Schulter der österreichischen Bevölkerung abgeladen zu werden.

Das heißt, da steht eine Vielzahl von Aufgaben an, die Sie zu bewältigen haben. Ich wünsche Ihnen, wie eingangs gesagt, dass Sie diese Chance ergreifen und nutzen, die österreichische Sicherheitspolitik zu einer selbstbewussten Sicherheitspolitik zu machen, im Sinne der österreichischen Bevölkerung, im Sinne Ihrer Bediensteten, der Sicherheitsexekutive, Handschlagqualität zu zeigen und auch die notwendigen Maßnahmen umzusetzen. – Alles Gute. (Beifall bei der FPÖ.)

12.17


Präsident Karlheinz Kopf: Frau Abgeordnete Lueger ist als Nächste zu Wort ge­mel­det. – Bitte.

 


12.18.03

Abgeordnete Angela Lueger (SPÖ): Herr Präsident! Meine Damen und Herren auf der Regierungsbank! Werte Kolleginnen und Kollegen! Hohes Haus! Werte Zusehe­rinnen und Zuseher! Herr Minister, die Erwartungshaltung ist sehr hoch. Mutig, menschlich und miteinander, das sollte die offene Zusammenarbeit sein, die wir für unser Land gemeinsam leisten. Dazu lade ich Sie herzlich ein und biete natürlich auch von uns die Unterstützung dazu an.

Wenn ich mir jetzt anschaue, dass wir in der Debatte um den Bundesfinanzrahmen bereits gehört haben, dass da zusätzliches Geld kommt – Geld für das Innen­minis­terium, Geld für die Landesverteidigung –, dann halte ich das für sehr positiv, denn es gibt genug Herausforderungen, die damit zu finanzieren sind, aber bitte – und Sie haben es auch in Ihren eigenen Ausführungen noch einmal gesagt – vergessen Sie die Exekutivbeamten, die draußen sind, nicht. Vergessen Sie nicht, so wie Sie es selbst gesagt haben, diese personell aufzustocken, diese mit einer zeitgemäßen Ausrüstung auszustatten und dass man vor allen Dingen – das ist das, was auch an mich herangetragen wurde – den Fuhrpark der Exekutive auch einmal ein bisschen überdenken müsste! Ich bitte Sie, das auch als Anregung mitzunehmen.

Ich wünsche mir weiterhin eine gute Zusammenarbeit zwischen Ihnen und dem Herrn Landesverteidigungsminister. Ich glaube, dass wir das gerade beim jetzigen Grenz­management sehr, sehr nötig haben. Das muss aber immer auf der Basis der Men­schenrechte, Grundrechte und Asylrechte stattfinden.

Ich nehme noch einmal die Sicherheit her. Die Ängste der Bevölkerung muss man ernst nehmen. – Das ist ein Satz, der sehr, sehr oft gefallen ist, den wir auch hier sehr oft in den Mund nehmen. Helfen Sie mit, gegen jene aufzutreten, die damit spielen,


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Ängste schüren und versuchen, das negative subjektive Sicherheitsgefühl aufrecht­zuerhalten. (Beifall bei der SPÖ. – Zwischenruf des Abg. Hübner.)

Wir wissen, dass sich das subjektive Sicherheitsgefühl der Bevölkerung oft nicht mit den objektiven Sicherheitsgefühlen deckt, das geht oft sogar konträr auseinander. Helfen Sie mit, Strategien zu entwickeln, damit das subjektive Sicherheitsgefühl mit dem objektiven Sicherheitsgefühl wieder auf einer Linie ist und dass das für die Menschen eine Richtung ist, mit der sie gut leben können! (Abg. Walter Rosenkranz: Ein objektives Sicherheitsgefühl? Sind wir im Philosophicum, wo ein Zaun …!) Helfen Sie da bitte aktiv mit!

Sie haben ein sehr großes Ressort, und in Ihrem Ressort ist auch das Personen­standsgesetz angesiedelt. Sie haben viele große, schwierige Herausforderungen. Ich möchte mit einer ganz kleinen beginnen und nehme Sie sehr beim Wort: Sie haben gesagt, dass Sie Anregungen sehr ernst nehmen. Es gibt seit 22. Oktober 2014 einen gemeinsamen Antrag aller sechs Fraktionen hier im Haus, in dem es um sogenannte Sternenkinder geht. Sternenkinder sind Kinder, die mit einem Geburtsgewicht von unter 500 Gramm auf die Welt kommen – zum Teil lebend, zum Teil nicht lebend.

Für diese Sternenkinder gibt es im Augenblick keine Möglichkeit, keine Variante, als Personen anerkannt und gemäß dem Personenstandsgesetz registriert zu werden. Ich weiß, dass das ein kleines Thema ist, aber ich denke, dass es für jene Eltern, die von so einem tragischen Vorfall betroffen sind, eine gute Hilfe ist. Meines Wissens liegt bei Ihnen im Ressort ein diesbezüglicher Entwurf bereits auf, und ich würde Sie ersuchen: Vielleicht schaffen wir es, ihn auch heuer noch umzusetzen! – Vielen Dank. (Beifall bei der SPÖ, bei Abgeordneten der ÖVP sowie des Abg. Walter Rosenkranz.)

12.21


Präsident Karlheinz Kopf: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Mag. Korun. – Bitte.

 


12.22.07

Abgeordnete Mag. Alev Korun (Grüne): Sehr geehrter Herr Präsident! Geschätzte Damen und Herren auf der Regierungsbank! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Geschätzte Gäste auf der Galerie! Ich möchte vor allem unsere jungen Gäste ganz herzlich begrüßen, die uns heute zuhören und zuschauen! Es ist schön, dass Sie da sind! (Allgemeiner Beifall.)

Sehr geehrte Damen und Herren! Ich wünsche mir ein Europa mit einem gemeinsamen und gemeinschaftlich finanzierten Asylsystem, ein Europa, in dem jene Länder, die zu den derzeit viel bemühten europäischen Werten stehen – wie zum Beispiel Solidarität, Hilfe für Schwache, Schutzgewährung für Verfolgte –, die zu ihrer Verantwortung stehen, unterstützt werden, und zwar aus dem gemeinsamen EU-Budget.

Wenn es nach den Vorstellungen der Grünen geht, soll es pro aufgenommenem Schutzsuchenden pro Jahr 1 600 € aus dem gemeinsamen europäischen Budget geben. (Ruf bei der FPÖ: Schutzsuchende!) Für jene Länder, die die fixe Quote, die wir unbedingt für eine gerechte Aufteilung von Schutzsuchenden in Europa brauchen, erfüllen und darüber hinausgehen, soll es vollen Kostenersatz geben. Davon würde Österreich zum Beispiel profitieren, weil wir letztes Jahr mehr Schutzsuchende aufgenommen haben, als es viele andere EU-Länder getan haben.

Ein anderes Europa ist möglich, und wir sind Teil dieses anderen Europas, für das wir kämpfen. Wir sind ein Achtundzwanzigstel dieses Europas. Heute war immer wieder von der EU die Rede: Die EU soll tun, die EU habe nicht getan und die EU habe behindert. Unser Bundeskanzler sitzt gemeinsam mit 27 anderen Staats- und Regie­rungschefs und -chefinnen im Europäischen Rat. Er hat dort die Möglichkeit, Dinge zu


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forcieren, die genau in Richtung jenes Europas gehen, das ich mit ein paar Worten zu skizzieren versucht habe.

Stattdessen steckt diese Bundesregierung leider die gesamte Kraft und auch Millionen an Steuergeld in Grenzzäune und Abschottung. (Abg. Hagen: Das ist die falsche Rede, das ist der übernächste Tagesordnungspunkt! – Abg. Walter Rosenkranz: Nein, das ist in der Fernsehzeit!) Wir bekommen zusätzlich einen neuen Innenminister von Prölls Gnaden (Ruf bei der FPÖ: Nur weiter so! – neuerlicher Zwischenruf des Abg. Hagen) – einen Innenminister, dem ich für das Wohl des Landes nur alles Gute und viel Erfolg wünschen kann und es hiermit auch tue. Dass er gute Arbeit leistet, ist für uns alle, für unser Land, notwendig und sinnvoll und wünschenswert.

Gleichzeitig können wir die politische Vergangenheit einer Person – die zugegebener­maßen seit vielen Jahren in der Politik ist und politisch sehr erfahren ist – nicht aus­blenden. Herr Innenminister Wolfgang Sobotka war als Finanzlandesrat (Abg. Rädler: Jetzt kommt das wieder!) lange Jahre für die niederösterreichischen Landesfinanzen zuständig. In seiner Amtszeit wurden ungefähr 1 Milliarde € Wohnbaugelder in Speku­la­tionen gesteckt beziehungsweise durch Spekulationen an Börsen verspielt. (Zwi­schenrufe bei der ÖVP. – Abg. Kogler: Mehr, nämlich über eineinhalb!)

Hier habe ich einen Artikel aus „Die Presse“ vom Dezember 2012 mit dem Titel: „Das niederösterreichische Wohnbaugeld-Voodoo“. (Zwischenruf des Abg. Schmucken­schlager.) Ich zitiere:

„Wie in Salzburg wurden in St. Pölten Millionen verloren, auch wenn die Politik das nicht wahrhaben will. Eine Analyse.“ – Das ist der Untertitel des Artikels. – Das Land Niederösterreich ist „bereits 2002 mit Mitteln der Wohnbauförderung an die Finanz­märkte“ gegangen. (Zwischenrufe bei der ÖVP.)

Noch einmal zur Erinnerung: Die Wohnbaumittel sind Gelder, die dafür da sind, um leistbares Wohnen zu ermöglichen, damit Menschen – AlleinerzieherInnen mit Kindern, Familien mit einem kleinen Einkommen – sich das Wohnen leisten können. Diese Gelder wurden in Niederösterreich leider Gottes für Spekulationen eingesetzt – mit dem „Erfolg“ – unter Anführungszeichen – von zirka 1 Milliarde € Verlust, was auch der Rechnungshof bestätigt hat. (Abg. Höfinger: Falsch …!)

Jetzt kann man natürlich sagen, dass wir Herrn Wolfgang Sobotka, unserem neuen Innenminister, viel Erfolg beziehungsweise eine erfolgreichere Arbeit in seiner neuen Funktion wünschen.

Wir alle wünschen uns eine geordnete Aufnahme von Menschen, die Schutzsuchende sind. Ja, es soll eine geordnete Registrierung stattfinden – nicht nur in Österreich, sondern überall in der EU. Es soll eine faire Aufteilung auf alle EU-Länder geben.

Wir wünschen uns, dass er seine gesamte Energie in gemeinsame europäische und gemeinsam finanzierte Lösungen statt in Grenzzäune, die Millionen an Steuergeld kosten, in Abschottung, die nicht funktioniert, und in einen Abschied von den Men­schenrechten steckt. (Abg. Matznetter steht an der Regierungsbank und spricht mit den Bundesministern Schelling und Sobotka.) – Es freut mich sehr, dass männliche Kollegen sich während der Rede von Kolleginnen so gut amüsieren können (Beifall bei den Grünen) – so viel auch zum wertschätzenden Umgang im Parlament. (Zwischen­rufe der Abgeordneten Rädler und Walter Rosenkranz. – Abg. Höfinger: Irgendwann war die Spannung weg!)

Sehr geehrter Herr Innenminister, ich hoffe, dass Ihr erster politischer Akt nicht die Unterstützung von Notstandsverordnungen sein wird. Dieser Punkt steht als über­nächster auf der Tagesordnung. Es soll ein Notstand mit Verordnungsrecht eingeführt werden. Dazu werde ich später auch im Detail etwas sagen, aber wenn das so kommt,


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wäre das der Anfang vom Ende des Rechtsstaates. Wenn man sich traut, mit Notstandsverordnungen (Ruf bei der ÖVP: Stimmt nicht!) verbriefte Menschenrechte auszusetzen (Ruf bei der ÖVP: Stimmt nicht!), dann haben wir überhaupt keine Garantie, dass diese Bundesregierung übermorgen nicht sagt: Das Briefgeheimnis steht uns im Weg, es gibt Terrorgefahr, deshalb werden wir das Briefgeheimnis mit einer Notstandsverordnung abschaffen, wir werden den Datenschutz abschaffen. (Ruf bei der ÖVP: Stimmt nicht!)

Das heißt: Wer glaubt, die Verschärfung von heute würde nur Schutzsuchende treffen, der irrt sich gewaltig. Es geht um Grund- und Menschenrechte von uns allen. (Ruf bei der FPÖ: Die meisten sind keine Schutzsuchenden, und um die geht es!) In diesem Sinne: Lasst uns unsere Grundrechte gemeinsam verteidigen! – Danke schön. (Beifall bei den Grünen.)

12.29


Präsident Karlheinz Kopf: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Rädler. – Bitte.

 


12.29.41

Abgeordneter Johann Rädler (ÖVP): Herr Präsident! Meine Herren Bundesminister! Frau Abgeordnete Korun – nein, später, nicht jetzt.

Liebe Kolleginnen! Liebe Kollegen! Liebe Zuhörer! Ein Zaun hat einen Namen, nämlich Zaun. (Abg. Matznetter spricht mit Abg. Glawischnig-Piesczek.)

 


Präsident Karlheinz Kopf: Einen Moment bitte, Herr Abgeordneter Rädler!

Herr Kollege Matznetter, ich wollte Sie vorher schon bitten, dieses lange Gespräch bei der Regierungsbank zu beenden, aber wenn Sie jetzt dem Redner in der Mitte direkt den Rücken zudrehen, dann muss ich doch einschreiten! – Bitte, Herr Abgeordneter Rädler. (Abg. Moser: Das hätten Sie ruhig früher machen können! – Weitere Zwi­schen­rufe bei den Grünen.)

 


Abgeordneter Johann Rädler (fortsetzend): Ein Zaun hat einen Namen, nämlich Zaun. (Abg. Kogler: Dann seid ihr Zaunkönige!) Eine Obergrenze hat auch einen Namen, nämlich Obergrenze. Sie werden in wenigen Tagen bemerken, dass auch Sicherheit einen Namen hat, nämlich Sobotka. (Beifall bei der ÖVP. – Neuerlicher Zwischenruf des Abg. Kogler.) Wer ihn kennt und ihn nicht so betrachtet wie Frau Abgeordnete Korun, nämlich seine Tätigkeiten … (Zwischenrufe bei den Grünen.) – Herr Kogler ist ja der Spezialist für alle Aufdeckungen. (Ruf bei der FPÖ: Der will noch etwas werden in Niederösterreich!) Bei der Hypo in Kärnten und wo immer auch etwas ist, tritt Herr Kogler auf.

Da gibt es eine Kultserie im deutschen Fernsehen: „Familie Heinz Becker“. So kom­men mir die Grünen jetzt nämlich vor: Herr Becker ist der Abgeordnete Pilz, der im Ruderleiberl im Gemeindebau sitzt, wohl ausgestattet, und alle vernadert, die er da im Neidkomplex herumrennen sieht. Herr Abgeordneter Kogler kommt mit alten Phrasen, die die Abgeordnete Korun noch verstärkt hat.

Wissen Sie, wie die Landtagswahl in Niederösterreich ausgegangen ist? (Zwischenruf der Abg. Korun.) – Sie haben „Die Presse“ aus dem Jahr 2012 zitiert: Wir haben einen Ziffernsturz mit 1 Milliarde € drinnen! Da ist nicht 1 Milliarde € investiert worden, son­dern 1 Milliarde € konnte dem Budget in Niederösterreich trotz Krisenzeiten zugeführt werden. Das haben Sie nicht gehört! (Beifall bei der ÖVP. – Zwischenruf der Abg. Korun. – Abg. Kogler: Wovon sprechen Sie?)

Und wenn Sie noch so weit aus der Vergangenheit trommeln (Zwischenruf der Abg. Korun) und aus dem Jahr 2012 zitieren: Sie haben die Antwort in Niederösterreich bereits 2013 bei der Landtagswahl bekommen. Die Grünen haben verloren, Herr


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Kogler, und Sie können da – Frau Abgeordnete Korun, Sie kennen sich in Nieder­österreich nicht aus – noch so weitertrommeln. (Zwischenruf des Abg. Loacker. – Abg. Kogler: Ist ja schon wieder falsch!)

Ich möchte jetzt aber zur Regierungsumbildung kommen: Ich erinnere mich an das Jahr 2004 … (Zwischenruf des Abg. Matznetter.) – Herr Kollege von der linken Reichshälfte, hören Sie einmal zu! (Abg. Matznetter: Ich habe Niederösterreich gerade gelobt!) – Hoffentlich! (Abg. Loacker: Von „Hälfte“ kann keine Rede sein!)

2004 sind wir hier in diesen Plenarsaal hereingekommen, als die schwarz-blaue Bundesregierung erstmals Änderungen beim Asylgesetz beschlossen hat, wie zum Beispiel, dass man im Berufungsverfahren, wenn man um Asyl ansucht, nicht wieder einen neuen Grund angeben kann und so weiter. Ich erinnere mich, ich bin dort oben gestanden, und die linke Reichshälfte ist dagesessen – Grün und Rot (Abg. Loacker: Was heißt Hälfte?!) – mit schwarzen T-Shirts, auf denen gestanden ist: Auch Kreisky war Asylant. (Zwischenruf der Abg. Glawischnig-Piesczek.) Ich bin schon gespannt, wie sich dieses Verhältnis in der SPÖ bei den Abstimmungen auswirken wird – mit großer Unterstützung der Grünen, die ja natürlich dagegen sind. (Zwischenruf des Abg. Loacker.) – Bitte, Herr Kollege von den NEOS!

Ein Wort dazu: Wir leben nicht mehr – so wie man es uns vielleicht vermitteln will – unter der Kreisky-Doktrin, auf der Insel der Seligen. Alle Debatten, die von abtrünnigen SPÖ-Mandataren geführt werden – wie heute auch von der Frau Kollegin da oben – und diese schändliche Aktion der Sozialistischen Jugend … (Abg. Weninger: Jetzt reiß dich einmal ein bisschen zusammen!)

Diese schändliche Aktion der Sozialistischen Jugend, die auch vor deine Tür einen Karton mit einer Kinderleiche gelegt haben, die den Herrn Bundeskanzler zum Rücktritt auffordern – das müsst ihr einmal in den eigenen Reihen klären, und nicht eine Spaltung Österreichs zwischen links und rechts herbeiführen, angeführt von links, von Van der Bellen, Korun und wie sie alle heißen, bis herüber zu den Kolleginnen, die auf der roten Seite gegen den eigenen Bundeskanzler auftreten! (Beifall bei der ÖVP sowie bei Abgeordneten der FPÖ.)

1 500 Polizisten werden heuer neu eingestellt, 750 kommen an die Grenze, 500 Beamte kommen in das BFA, und noch immer ist alles zu wenig. Wo lebt denn dieses linke Reichshälfte? Was ist denn los in diesem Land? (Zwischenruf des Abg. Loacker.)

Kehrt doch zurück auf den Boden der Realität! Unser neuer Innenminister wird am Boden der Realität bleiben, so wie er es in Niederösterreich erfolgreich getan hat. (Beifall bei der ÖVP. – Ruf bei der SPÖ: Wenn das der Boden der Realität ist, dann …! – Abg. Kogler: Was war denn jetzt eigentlich die …! – Zwischenruf der Abg. Moser.)

12.34


Präsident Karlheinz Kopf: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Mag. Alm. – Bitte.

 


12.34.44

Abgeordneter Mag. Nikolaus Alm (NEOS): Herr Präsident! Ich begrüße Sie, Herr Minister! Das musikalische Talent unseres Ministers ist noch gar nicht ausreichend gelobt worden. Ich werde ihn deswegen gleich mit einem musikalischen Zitat begrüßen, ich lese vor:

„We’re all excited, but we don’t know why, maybe it’s ‘cause we’re all gonna die“.

Sie haben es natürlich längst erkannt, es handelt sich um eine Textzeile des jüngst verstorbenen amerikanischen Popsängers mit dem Namen „The Artist Formerly Known as the Symbol Formerly Known as Prince“ aus dem Song „Let’s Go Crazy“. – Das ist ja


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so etwas wie das Motto des BMI angesichts der zu beschließenden Asylnovelle. Kollege Scherak wird später noch erklären, warum diese Novelle als menschen­rechtswidrig, europarechtswidrig und verfassungswidrig einzuordnen ist.

Ich appelliere an Sie, Ihre Funktion, Ihr Amt dazu zu nützen, um die Sorgen, Ängste und Nöte – wie versprochen – auch wahrzunehmen, auch die Sorgen, Ängste und Nöte von Organisationen wie dem Roten Kreuz, Amnesty International und der Volkshilfe. Diesen Brief haben Sie sicher bekommen.

Ich gebe Ihnen auch einen zweiten Wunsch mit auf den Weg, der das Polizeiliche Staatsschutzgesetz betrifft. Auch bei diesem Gesetz ist es notwendig, einige Repa­raturen anzubringen. Wie Sie wissen, ermöglicht das Staatsschutzgesetz das Ein­greifen vor der Tat. Das ist ein Bündel an Präventionsmaßnahmen, und das berührt zwangsläufig Grundrechte. Es werden Befugnisse geschaffen und erweitert, und Überwachung wird auf Verdacht basieren, Daten werden gesammelt.

Wo liegt die Gefahr? – Gefahr besteht, wenn der Deliktskatalog, wenn diese Befug­nisse nicht eng und präzise gefasst sind, sondern ausufern, schwammig und nicht ordentlich beschrieben sind, und wenn das nicht kontrolliert werden kann. Es sind heikle Instrumente, ohne die Prävention nicht möglich wäre. Das heißt aber, dass sie umso besser geschützt werden müssen.

Das geschieht auf zweierlei Art und Weise: Erstens geschieht das natürlich bei der Genehmigung. Wir fordern eine richterliche Genehmigung, die jetzt nicht vorgesehen ist. Zweitens hätten wir bei der Nachbetrachtung gerne eine bessere parlamentarische Kontrolle dieser Maßnahmen.

Setzen Sie sich für fokussierte grundrechtsschonende Präventionsmaßnahmen ein, bauen Sie entsprechendes Personal auf! Interessieren Sie sich in dieser Hinsicht auch für die Auseinandersetzung mit neuen Technologien, und stellen Sie eine Über­wachungs­gesamtrechnung an, um zu evaluieren, welche Maßnahmen überhaupt effektiv, verhältnismäßig und notwendig sind!

Sie haben gesagt, dass die Sicherheitsinteressen der Landsleute vorgehen. Schützen Sie also bitte auch die Landleute und ihre Privatsphäre vor dem Eingriff in diese Privatsphäre! (Beifall bei NEOS und Grünen. – Abg. Walter Rosenkranz: Vor allem die Einsichtnahme in …!)

Ein dritter Punkt, der vielleicht noch ganz wichtig ist: Die Kooperation zwischen Verteidigungsministerium und Innenministerium muss natürlich gut funktionieren; die Verfassung regelt aber ganz klar, welche Aufgaben im Innenministerium und welche im Verteidigungsministerium zu erfüllen sind. Herr Minister, Sie bestimmen, welche Assistenz Sie vom Bundesheer benötigen, und fordern sie an. Lassen Sie sich bitte vom Verteidigungsminister nichts aufschwatzen, insbesondere keine Militärtransport­maschinen zur Abschiebung! Bleiben Sie bei der zivilen Variante! Sie ist kosten­günstiger, flexibler und auch rechtlich einwandfrei.

Damit das alles nicht so negativ klingt, möchte ich Ihnen abschließend noch eine kleine Freude machen. Meine Freunde von der niederösterreichischen ÖVP haben mir zugetragen, dass Sie ein Faible für Glücksspiel haben. Wenn Sie also gerne zocken, dann möchte ich mit Ihnen eine Wette eingehen: Es handelt sich um so etwas wie eine Fremdwährungsspekulation. Ich habe 1 000 italienische Lire mitgebracht. (Der Redner hält einen Geldschein in die Höhe.) Die werden Sie vielleicht auch ausgeben können, jetzt, da Sie versuchen, Italien wieder aus der EU auszusperren. Ich wette, dass Sie 2018 nicht mehr Innenminister sind. Hier ist der Wetteinsatz. Wenn ich gewinne,


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können Sie es mir einfach zurückgeben. (Beifall bei den NEOS. – Abg. Alm überreicht Bundesminister Sobotka den Geldschein.)

12.38


Präsident Karlheinz Kopf: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Plessl. – Bitte. (Zwischenruf des Abg. Matznetter.)

 


12.38.55

Abgeordneter Rudolf Plessl (SPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Geschätzte Mit­glieder der Bundesregierung! Sehr geehrte Kollegen! Geschätzte Damen und Herren auf der Zuschauergalerie und vor den Fernsehschirmen! Ich denke, es gibt kaum ein anderes Thema als jenes, das uns in den letzten Monaten beschäftigt hat, bei dem speziell das Innenministerium in der Auslage gestanden ist: Welche gesetzlichen Maßnahmen sind zum Thema Zuwanderung von Fremden, zum Thema Asylwerber und Kriegsflüchtlinge zu setzen?

Das Thema ist eine Querschnittmaterie, die uns sehr fordert. Wir haben heute aber die Möglichkeit, etwas Positives zu machen, etwas umzusetzen, das leider notwendig ist, weil es derzeit keine bessere Alternative gibt.

Wir haben heute schon gehört, dass es unterschiedliche Ansichten gibt. Es gibt Abgeordnete, die hier fordern, dass wir alle aufnehmen. Mich freut es, dass Kollegin Korun im Ausschuss bereits gesagt hat, dass es nicht mehr möglich ist, alle aufzu­nehmen, weil – und das hat der Innenminister im letzten Innenausschuss berichtet – die Solidarität in der Europäischen Union nicht vorhanden ist.

Heute haben Kollegen hier behauptet, es gebe seitens dieser Bundesregierung keine Bestrebungen auf europäischer Ebene. – Ich glaube, der Einzige, der wirklich viel unterwegs war, gemeinsam mit der damaligen Innenministerin, war unser Bundes­kanzler. Er hat versucht, mit den anderen Mitgliedstaaten eine Vereinbarung zu treffen. Bis heute ist es uns aber nicht gelungen, eine vernünftige Lösung zu finden (Zwi­schenruf bei der FPÖ), deswegen müssen Maßnahmen gesetzt werden. Diese sind nicht immer einfach, aber notwendig.

Herr Kollege Rädler, weil du dich so mokiert hast, möchte ich eines in Erinnerung rufen: Jetzt sind Polizeiinspektionen zusammengelegt worden. Du hast erzählt (Zwi­schen­ruf des Abg. Rädler), von 2000 bis 2006 – du warst so stolz – sind aber über 3 000 Polizeiplanstellen reduziert worden. – Das ist der Grund, warum wir als Sozial­demokraten geschaut haben, dass 2008 wieder mehr Polizisten für Österreich tätig sind. (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Neubauer: … zehn Jahre dafür gebraucht! – Abg. Matznetter: Wo ist der Minister Strasser?)

Es gibt ein Spannungsfeld, das verstehen wir, und ich begrüße daher die Aussagen des neuen Innenministers Mag. Sobotka, der von Grenzmanagement gesprochen hat und nicht vom Aufstellen kilometerlanger Zäune. Er hat auch die große Hilfs­bereitschaft der Österreicher und die mangelnde Solidarität in der Europäischen Union erwähnt. Wenn es diese Solidarität gäbe, dann hätten wir heute keine Diskussion (Zwischenruf des Abg. Neubauer), dann wäre auch kein Bedarf, weitere Maßnahmen zu beschließen, um unseren sozialen Standard weiter aufrechterhalten zu können.

Herr Innenminister Sobotka hat von einer Sonderbestimmung gesprochen und nicht von einem Notverordnungsrecht, wie es manche Abgeordneten genannt haben. Er hat die Befürchtungen und Ängsten angesprochen, die wir ernst nehmen müssen. (Zwischenruf des Abg. Scherak.) Wir müssen daher auch unseren Außenminister in die Verantwortung nehmen, der nebenbei auch Integrationsminister ist; da wären schon noch die einen oder anderen Maßnahmen notwendig, um ein besseres Miteinander zu gewährleisten. Die Bundesregierung hat noch nie so viel in den Bereich


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Sicherheit investiert, in das Bundesministerium für Inneres, aber auch in die Landes­verteidigung.

Weil es immer wieder angesprochen wird, Kollegen Darmann sehe ich jetzt nicht (Zwischenrufe bei der FPÖ) – ah, da ist er ja –: Auf europäischer Ebene gibt es genug Beispiele – Kollege Vilimsky hat sich ja dagegen ausgesprochen, als Mitglied des Euro­päischen Parlaments im Nationalrat zu sprechen; jetzt kommt er immer vorbei und erklärt, was in der Europäischen Union Thema ist (Zwischenrufe der Abgeordneten Neubauer und Darmann) –, und ich sehe mir die einzelnen Punkte an, die auf europäischer Ebene von der FPÖ nicht mitgetragen werden und gegen die gestimmt worden ist, zum Beispiel: Einsetzung eines Untersuchungsausschusses zu den Pana­ma Papers, für mehr Transparenz – da haben Ihre FPÖ-Abgeordneten dagegen­gestimmt –; oder Schutz der Whistleblower, jener Menschen, die sich heraustrauen und Missstände mitteilen und die dann Verfolgungen ausgesetzt sind – da haben Sie auch dagegengestimmt (Abg. Neubauer: Wie oft habt ihr gegen den Unter­suchungs­ausschuss gestimmt? – 24 Mal!) –; oder schändlichen Steuerpraktiken einen Riegel vorzuschieben, auch da haben Sie auf europäischer Ebene dagegengestimmt. (Abg. Darmann: … gegen den Hypo-Untersuchungsausschuss gestimmt!)

Bitte koordinieren Sie einmal intern, damit wir in den genannten Bereichen ordentliche Ergebnisse erreichen. Wir wollen Gerechtigkeit für alle Menschen in unserem Öster­reich gewährleisten! – Danke. (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der ÖVP. – Abg. Neubauer: Schwache Rede!)

12.43


Präsident Karlheinz Kopf: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Hagen. – Bitte. (Bundesminister Schelling: Aber er hat wenigstens eine Niederösterreich-Krawatte!)

 


12.43.59

Abgeordneter Christoph Hagen (STRONACH): Herr Präsident! Meine Herren auf der Regierungsbank! Meine Damen und Herren! Herr Bundesminister Sobotka, Sie sind Chef der Polizei, der Exekutive (Ruf bei der FPÖ: Also auch deiner!), das ist eine wichtige Position, würde ich einmal sagen. Noch als meinen künftigen Chef habe ich Sie gestern in der „ZIB 2“ beobachtet, ich habe mir Ihre Ausführungen angehört, und da ist mir einiges aufgefallen.

Ich habe Ihrer Vorgängerin öfter hier vom Rednerpult aus Tipps gegeben (Zwischenruf bei den Grünen), und ich nehme an, Sie haben einige dieser Tipps, die ich gegeben habe, bereits aufgenommen, denn ich kann mir Folgendes nur so erklären: Herr Bundesminister, Sie haben dort wortwörtlich gesagt, dass lediglich 40 Prozent der Flüchtlinge beziehungsweise der Asylwerber Asyl in Österreich bekommen, um die 60 Prozent haben also keinen Anspruch auf Asyl.

Herr Minister, Sie haben dort auch gesagt, dass sehr viele Wirtschaftsflüchtlinge dabei sind, dass in Libyen jetzt über 2 Millionen Flüchtlinge warten, die nach Italien übersetzen wollen, und dass der Großteil von ihnen Wirtschaftsflüchtlinge sind; das haben Sie dort wortwörtlich gesagt. Sie haben auch das Beispiel gebracht – und vorhin haben Sie es auch angesprochen –, dass in Österreich auf 1 000 Einwohner 10,5 Asyl­werber kommen; in Italien sind es lediglich 1,4, und in Griechenland, das haben Sie im Ausschuss gesagt, sind es 1,2 pro 1 000 Einwohner. Das ist eine gute Sache, dass Sie das erkannt haben, dass wir hier ein großes Problem haben. Wir werden dann beim übernächsten Tagesordnungspunkt intensiver darüber diskutieren, aber ich kann es mir nicht ganz verkneifen, das Ganze hier kurz anzusprechen.

Sie haben auch die Kriminalität angesprochen, nämlich dass die Kriminalität in Öster­reich speziell durch Asylwerber, aber auch allgemein zugenommen hat. Es wird heute


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von mir und von meiner Fraktion einige Anträge mit guten Tipps, wie wir dem Ganzen entgegentreten können, geben. Kollege Lugar hat es schon angesprochen, dass wir viele nicht wegbringen; Sie haben gestern in der „ZIB“ selbst gesagt, dass wir viele nicht abschieben können, die eigentlich nicht in unser Land gehören. Da gibt es einen tollen Antrag von mir, der kommt nachher, betreffend EU-Wartecamps in Nordafrika (Zwischenruf bei den Grünen), in die man genau diese Leute, die hier kein Asyl bekommen haben, die hier nichts mehr zu suchen haben, die hier straffällig geworden sind, einstweilen zum Warten hinschicken kann, bis sie dann wieder von ihrem Heimatstaat aufgenommen werden. Das ist ein wichtiger Schritt. (Beifall beim Team Stronach.)

Eines ist mir auch im Gedächtnis geblieben: Ich habe in den letzten Tagen die Zeitun­gen angesehen, am Wochenende hat es im Prater eine schlimme Vergewaltigung durch Asylwerber gegeben, da waren drei Afghanen dabei. In Graz wurde eine Studentin in letzter Minute durch – wie soll man sagen? – beherztes Eingreifen von anderen Studenten vor einer Vergewaltigung, auch durch einen afghanischen Asylwerber, gerettet. In Salzburg hat es eine Vergewaltigung bei einem Zeltfest gegeben, ebenfalls durch einen afghanischen Asylwerber. Und interessant ist: alle 17 Jahre.

Meine Damen und Herren, da läuft einiges falsch! Ich glaube, dass die vermutlich älter gewesen sind, und es gibt jeder an, dass er 17 Jahre alt ist, damit er ins Jugend­strafrecht hineinkommt, wenn man ihn erwischt. Das ist schon etwas, was wir uns einmal genauer anschauen müssen, Herr Minister, da gibt es viel zu tun. (Beifall beim Team Stronach, bei Abgeordneten der FPÖ sowie des Abg. Doppler.)

Ich möchte auf einen weiteren Punkt aufmerksam machen, da Sie ja der Chef der Polizei, der Exekutive sind: Ich habe vor Kurzem eine Anfragebeantwortung von Ihrer Vorgängerin bekommen, dass es bei der Polizei sehr viele Burn-outs gibt, weil die Leute überlastet sind, aber wir haben auch sehr viele verletzte Polizisten, durch Fremd­einwirkung, und das nimmt massiv zu. Der Skrupel – das höre ich von Kollegen – von Zugewanderten, gegen die Polizei körperlich und massiv mit Gewalt vorzugehen, nimmt ab, und im Speziellen leiden Polizistinnen darunter. Meine Damen und Herren! Herr Bundesminister! Da sind wir sehr gefordert, um dem Ganzen einen Riegel vorzuschieben.

Ich möchte auch andere Probleme bei der Polizei ansprechen, und zwar die Per­sonalknappheit. Mittlerweile sind sehr viele Frauen bei der Polizei, das ist ja auch etwas Positives, aber man hat damals nicht auf mich gehört, dass wir Überhang­planstellen für diese Frauenplanstellen brauchen, da natürlich irgendwann einmal der Kinderwunsch kommt und viele dieser Frauen dann Teilzeit arbeiten oder in Karenz sind. (Abg. Maurer: Bei den Männern gibt es das nicht …!) – Na ja, allgemein ge­sprochen! Frau Kollegin, Sie können sich nachher selbst zu Wort melden; beim Drein­quatschen sind Sie immer groß, das weiß ich.

Ich sage Ihnen eines: Da gibt es natürlich schon Probleme, dass die, die übrig bleiben, die Beamtinnen und Beamten – das sind nicht nur Männer –, Überstunden machen müssen, die ganzen Nachtdienste übernehmen müssen, und das ist ein großes Prob­lem, denn das geht auf die körperliche Gesundheit.

Da gibt es von mir auch einen Antrag zum „50 plus“-Modell. Dieses „50 plus“-Modell bedeutet, dass Exekutivbeamte, die über 50 sind, sich aussuchen können, ob sie noch so viele Nachtdienste oder so viele Überstunden machen, wie man ihnen vorschreibt. Bei uns ist das Problem: Wenn das Personal knapp ist, dann bekommt man das vorgeschrieben und dann muss man Überstunden machen, ob man will oder nicht. Das


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geht auf die körperliche Gesundheit, weil einem dann die Ruhephasen fehlen. Es wäre ein wichtiger Schritt, dass man auch da irgendetwas macht, Herr Minister.

Ich habe viele, viele Anträge eingebracht, und es werden noch welche kommen. Ich reiche Ihnen die Hand, wir sprechen gerne miteinander. Ich habe Sie kennengelernt, und es hat mich gestern schon gefreut, als ich in der Straßenbahn eine Beamtin des Innenministeriums, die ich gut kenne, getroffen habe, die gesagt hat: Na, der ist ja gar nicht so schlimm, wie man gesagt hat! (Heiterkeit des Abg. Scherak.)

Das ist ein positiver Schritt, Herr Minister, ich glaube, man kann mit Ihnen sprechen; ich werde das auch in Anspruch nehmen. Ich glaube, Sie können auch meine Hilfe in Anspruch nehmen, da ich Ihnen viele, viele Anträge mitbringe und Ihnen den rechten Weg zeige, wo wir vieles machen können, das der Exekutive und der Bevölkerung zugutekommt. Herr Minister, dazu möchte ich Sie einladen, ich glaube, das wäre der richtige Schritt.

Es gibt viel zu tun. Sie haben gesagt, es gilt, zu handeln. Fangen wir an, Herr Minister, fangen Sie schnell an! Ich wünsche Ihnen viel Glück bei Ihren Regierungsspitzen, denn die werden Sie wirklich brauchen. – Danke. (Beifall beim Team Stronach sowie der Abgeordneten Doppler und Franz.)

12.50


Präsident Karlheinz Kopf: Herr Abgeordneter Hagen, die Replik „Dreinquatschen“ auf einen Zwischenruf einer Abgeordneten steht zwar nicht auf der Liste der ordnungs­ruf­würdigen Aussagen, und ich erteile Ihnen auch keinen, aber ich wundere mich schon nicht mehr, wenn ich – wie vorhin gerade wieder – ein Mail eines Fernseh­zuschauers bekomme, der sich über den in dieser Debatte – und gemeint ist wahr­scheinlich nicht nur diese – generell wenig wertschätzenden Umgang der Abgeord­neten miteinander sehr aufregt. Ich kann die Aufregung dieses Fernsehzuschauers nachvollziehen, er wird nicht der Einzige sein.

Ich bitte alle Damen und Herren um etwas sorgfältigere Wortwahl und wert­schät­zenderen Umgang miteinander. (Beifall bei Abgeordneten von ÖVP, SPÖ, Grünen und NEOS sowie des Abg. Doppler. – Zwischenruf des Abg. Weninger.)

Als nächste Rednerin zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Himmelbauer. – Bitte.

 


12.51.53

Abgeordnete Eva-Maria Himmelbauer, BSc (ÖVP): Herr Präsident! Werte Regie­rungs­mitglieder! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Wolfgang Sobotka hat ja seine Feuerprobe hier im Parlament bereits am Montag gehabt, nämlich im Innen­ausschuss, und er hat deutlich gemacht, dass er die Linie, die Johanna Mikl-Leitner eingeschlagen hat, konsequent weiterführen wird, denn die Flüchtlingskrise ist noch lange nicht vorbei und ein Zurücklehnen heute würde uns wieder in jene Situation, die wir vor einem Dreivierteljahr hatten, zurückkatapultieren.

Es geht dabei immer noch um eine gemeinsame europäische Linie und eine gemeinsame Unterstützung in den Fluchtländern. Die europäische Unentschlossenheit, die wir heute vorfinden, ist sicherlich nicht Österreich anzulasten, sondern zeigt die Schwächen der europäischen Solidarität, wenn einer mehr und der andere weniger bis gar nicht betroffen ist – das sogenannte Floriani-Prinzip –, und dass die Vorstellungen über Asylfragen immer noch weit auseinanderklaffen.

Es ist also kein Wunder, dass Österreich da seinen eigenen Weg geht, etwa bei der Sicherung der Grenzen, wo wir uns nicht abschotten, aber eine geregelte Einreise sicherstellen wollen (Ruf bei der SPÖ: Grenzmanagement!); oder nennen wir es eine Selbstbestimmtheit dahin gehend, wer einreisen darf und wer nicht. Auch die Einführung der Obergrenze zeigt, dass wir uns nicht vor der Verantwortung drücken,


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sondern dass wir Menschen, die Hilfe brauchen, Hilfe anbieten – in einem Ausmaß, in dem wir es selbst stemmen können.

Heute werden wir noch das neue Asyl- und Sicherheitspaket behandeln, das ein weiterer wichtiger Schritt in der österreichischen Sicherheitspolitik ist. Darüber hinaus gibt es natürlich auch viele andere sicherheitspolitisch relevante Themen. Wolfgang Sobotka hat eines davon schon angesprochen, nämlich die Bekämpfung von Internet­kriminalität. Wir sehen uns da mit einer steigenden Zahl an Straftaten konfrontiert, sei es bei Phishing, sei es bei Hacking, sei es bei Social Engineering oder vielen anderen Dingen.

Es geht genauso auch um die Gewährleistung von IT-Sicherheit und den Schutz kritischer Infrastruktur – ein Thema, das uns alle betrifft, sei es als Privatperson, sei es als Unternehmen, sei es als Behörde oder auch in der Politik. Daher ist es auch wichtig, dass die Maßnahmen, die von Johanna Mikl-Leitner eingeführt worden sind beziehungsweise sich bereits in Umsetzung befinden, weitergeführt werden. Ein wichtiges Gespräch beziehungsweise eine Gesprächsrunde zwischen Behörden, Wirtschaft und Wissenschaft hat schon stattgefunden, um die Grundlage beispiels­weise für ein Cybersicherheitsgesetz zu schaffen. Es ist wichtig, auch weiterhin genau da anzusetzen.

Sicher ist, bei allen derzeitigen und zukünftigen Vorhaben, die die Sicherheit dieses Landes betreffen, die unsere Bürgerinnen und Bürger betreffen, braucht es einen starken und kompetenten Vertreter in dieser Rolle. Wolfgang Sobotka hat 18 Jahre Erfahrung in der Regierungsarbeit in Niederösterreich, hat selbst Erfahrung gesammelt und Durchsetzungsfähigkeit bewiesen. Und so energisch, wie er auch für die Inter­essen Niederösterreichs eingestanden ist, so energisch – davon bin ich über­zeugt – wird er auch für die Interessen hinsichtlich der Themen Sicherheit und Migration in Österreich, aber auch auf europäischer Ebene eintreten. Deswegen wünsche ich ihm in seiner Funktion als Innenminister natürlich alles Gute und viel Kraft für die vor ihm und uns allen stehenden Herausforderungen.

Ich möchte unserer ehemaligen Innenministerin und nunmehrigen Landeshauptmann-Stellvertreterin in Niederösterreich Johanna Mikl-Leitner für ihre jahrelange Arbeit ganz herzlich Danke sagen. Sie hatte in der Vergangenheit viele große Herausforderungen – vielleicht die größten Herausforderungen in der Zweiten Republik – zu verantworten und hat diese im Sinne der Österreicherinnen und Österreicher auf einen guten Weg gebracht. – Danke schön. (Beifall bei der ÖVP.)

12.55


Präsident Karlheinz Kopf: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Dr. Pilz. – Bitte.

 


12.56.02

Abgeordneter Dr. Peter Pilz (Grüne): Werte Kolleginnen und Kollegen! Ein bisschen mehr Offenheit täte uns ganz gut. Ich kann mich noch gut daran erinnern, als der jetzige Innenminister dem jetzigen Finanzminister öffentlich zugerufen hat: „Bei Philippi sehen wir uns wieder“. (Zwischenruf des Abg. Rädler. – Zwischenbemerkung von Bundesminister Schelling.) Sie haben offensichtlich nicht mit Erwin Pröll gerechnet, denn Erwin Pröll hat Sie nicht nach Philippi, sondern nach Wien geschickt, und wir sind gerne bereit, Ihnen hier politisches Asyl zu geben, denn wer als Fluchtgrund Erwin Pröll angeben kann, hat sich politisches Asyl in Wien verdient. (Heiterkeit und Beifall bei Abgeordneten von Grünen, SPÖ und NEOS sowie Heiterkeit bei den Bundes­ministern Schelling und Sobotka.)

Herr Präsident, ich sage das in aller Wertschätzung (Zwischenruf des Abg. Rädler), damit es da kein Missverständnis gibt.


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Über Ihre fachlichen Qualifikationen in der Sicherheitspolitik, Herr Innenminister, können wir nur mutmaßen. Sie haben sich als Finanzexperte und Wohnbauexperte in Niederösterreich einen Namen gemacht. (Abg. Rädler: Der Altvordere …!) Sie haben nicht mehr als 1 Milliarde € an Steuergeldern verspekuliert. (Zwischenruf des Abg. Matznetter.) Das hat nichts mit Sicherheitspolitik zu tun, deswegen werde ich darauf jetzt nicht im Detail eingehen. Wer Näheres über die Qualifikationen in dieser Hinsicht wissen will, muss ja nur einschlägige Tageszeitungen und Magazine und so weiter lesen. (Neuerlicher Zwischenruf des Abg. Rädler.)

Ich komme jetzt aber zur Sicherheitspolitik: Ich habe nie verstanden, warum Mitglieder der Bundesregierung der FPÖ in einem Punkt folgen, nämlich dass sich Menschlichkeit und Vernunft in der Bewältigung der Flüchtlingskrise gegenseitig ausschließen. Bei allem, was ich über Strategien in der Flüchtlingskrise weiß, weiß ich, dass es nur durch eine enge Kombination von Menschlichkeit und Vernunft geht. Das hat einen sehr einfachen Grund, und ich beginne mit den Vergewaltigungsfällen in Wien.

Das sind wichtige und immer wichtiger werdende Fragen der österreichischen Sicher­heitspolitik: Wie schützen wir potenzielle Opfer, Frauen, nicht nur in Wien, vor Vergewaltigungen, bei denen eines klar ist: dass sie nicht nur, aber auch mit den Problemen der Flüchtlingskrise und der Flüchtlingsbewegungen, mit großen Inte-grationsproblemen und großen Integrationsversäumnissen zu tun haben?

Ich war in Jordanien. Ich empfehle Ihnen etwas – nicht aus Eigeninteresse –: Der „Falter“ veröffentlicht in seiner heutigen Ausgabe meinen Reisebericht mit einem Versuch, über jordanische Lektionen zu reden. (Ruf bei der FPÖ: Warum wundert mich das nicht, dass er im „Falter“ …?!) Eine wichtige jordanische Lektion ist: Auf illegalem Weg kommen zu uns die Stärksten, das sind aber nicht unbedingt die, die wir am besten integrieren können.

Die Frauen mit den kleinen Kindern sitzen nicht nur in den jordanischen Lagern fest – und wer einmal in diesen Lagern war, weiß das; in Zaatari sitzen 79 500 Flüchtlinge fest, mit viel zu wenig Geld aus Europa, viel zu wenig Unterstützung von der inter­nationalen Gemeinschaft –, sondern die Mütter dort sagen uns auch: Unsere Kinder setzen wir nicht in Boote und stecken wir nicht in Kühlwagen! Dieses Risiko nehmen am ehesten junge Männer auf sich.

Die erste Lektion lautet: Wer keine legalen Fluchtwege eröffnet, wird damit leben müssen, dass es illegale Fluchtwege gibt. Es gibt nur zwei Gruppen, die von illegalen Fluchtwegen profitieren: die organisierte Schlepperkriminalität und rechtsextreme Parteien. Das sind die beiden Profiteure von illegalen Fluchtwegen. Deswegen ist das oberste Gebot der Sicherheitspolitik, legale Fluchtwege zu eröffnen, so wie es Kanada in vorbildlicher Art und Weise in Jordanien getan hat. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ.)

Ich verstehe bis heute nicht, warum Österreich sagt, damit wir hier einen eminenten sicherheits-, integrationspolitischen Fortschritt erzielen, warten wir auf die tschechi-sche, auf die polnische und auf die ungarische Regierung. Das ist doch absurd! Dann werden wir Probleme schlicht und einfach nicht lösen. (Präsident Hofer übernimmt den Vorsitz.)

Deswegen fordere ich nicht nur Sie, Herr Innenminister, sondern die gesamte Bundesregierung auf, das endlich einmal ernst zu nehmen. Das ist die erste große Lektion der Sicherheitspolitik.

Die zweite große Lektion hat wenig mit innerer Sicherheit zu tun. Sie heißt einfach, in Integration zu investieren. Wenn ÖVP-Politiker, und nicht nur sie, aufstehen und sagen, wir werden die Asylwerber und Asylwerberinnen zum Deutsch-Lernen zwingen,


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aber nicht dazusagen, dass sie nicht einmal die Kurse dazu anbieten, dass es schlicht und einfach an Angeboten fehlt – ja wie soll man Menschen motivieren, etwas zu tun, wenn man nicht investiert?

Und das ist die dritte Lektion: Jeder Euro und jeder Cent in Hubschrauber, in gepanzerte Fahrzeuge, in noch mehr Soldaten und Polizisten an der Grenze ist eine Fehlinvestition, wenn wir die Fragen der Integration und die Fragen der legalen Fluchtmöglichkeiten nach Europa nicht positiv beantworten können. (Beifall bei den Grünen.)

Auch Sie, Herr Innenminister, sind im Lizitationswettstreit: Wer präsentiert das unmensch­lichere Programm?, Wer eskaliert weiter in der Flüchtlingsbekämpfung?, mitten in der freiheitlichen Falle. – Wenn Sie glauben, dass das irgendetwas bringt, dann werden Sie beim nächsten großen Schleppungsversuch, der hoffentlich nicht so tragisch endet wie einige in der Vergangenheit, draufkommen, dass das einfach nicht geht.

Deswegen wäre es toll, wenn Sie als neuer Innenminister eines täten, nämlich sagen würden: Fangen wir neu an! Reden wir offen darüber, wie wir auf eine legale, vernünftige und menschliche Art und Weise diese Probleme lösen! Bilden wir mit Deutschland, Schweden und einigen anderen Staaten Koalitionen der Willigen, dann haben wir eine Chance in der Europäischen Union! Probieren wir etwas Neues! Mit der Übernahme der freiheitlichen Rezepte sind Sie und sind alle Ihre anderen Mitglieder der Bundesregierung gescheitert.

Deswegen wünsche ich Ihnen Erfolg beim Überdenken. Wir stehen als Gesprächs­partner zur Verfügung. Aber wir stehen nicht zur Übernahme der freiheitlichen Politik ins Regierungsprogramm zur Verfügung. Dafür können Sie von uns eine parlamen­tarische Garantie haben. – Danke schön. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeord­neten der SPÖ.)

13.03


Präsident Ing. Norbert Hofer: Zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Prinz. – Bitte.

 


13.03.58

Abgeordneter Nikolaus Prinz (ÖVP): Herr Präsident! Frau Staatssekretärin! Ge-schätzte Herren Bundesminister! Meine Damen und Herren! Was braucht ein Innen­minister? – Er braucht Durchsetzungskraft, er braucht den Mut, auch Maßnahmen einzufordern, die bei manchen auf Widerstand stoßen und gleichzeitig ein hohes Verantwortungsbewusstsein erfordern. Und er braucht dieses Verantwortungsbewusst­sein auch, um die Sicherheit Österreichs entsprechend umfassend zu gewährleisten. Mit Wolfgang Sobotka haben wir einen neuen Innenminister, der diese Voraus­setzungen und diese Qualifikation auf jeden Fall mitbringt. (Beifall bei der ÖVP.)

Meine Damen und Herren, in der österreichischen Bevölkerung steigt trotz der hohen Lebensqualität, die wir haben, eigentlich das Unsicherheitsempfinden. Genau hier gilt es anzusetzen. Wir müssen die Ängste der Menschen ernst nehmen und darauf regieren. Wir müssen mit Maßnahmen dagegenwirken – sei es beim Grenzschutz auf der einen Seite, sei es bei der Kriminalitätsbekämpfung auf der anderen Seite. Wir müssen gemeinsam dafür sorgen, dass Rechtsstaatlichkeit, Stabilität und auch die öffentliche Ordnung durch gezielte Kontrolle gewährleistet sind. Das ist unser gemein­samer Auftrag und bei diesem werden wir Wolfgang Sobotka gerne unterstützen.

Wir müssen die Sorgen der Menschen betreffend Überfremdung durch zum Beispiel die Flüchtlingskrise auf der einen Seite, aber auch die Frage, ob wir das auf der an­deren Seite finanzieren können, durchaus ernst nehmen. Hier gilt es mit Hausverstand, mit Anstand und mit Zusammenhalt zu reagieren. (Beifall der Abg. Nachbaur.)


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Es hilft uns nicht, wenn wir, anstatt zu handeln, versuchen, Öl ins Feuer zu gießen. Das bringt nichts. Wir müssen aber schon bedenken, dass es einerseits Arbeit nach innen braucht, beispielsweise den Grenzschutz, und andererseits Arbeit nach außen, zum Beispiel Stichwort europäische Lösung. Aber es geht nicht nur um eine euro­päische Lösung.

Ich möchte schon klar sagen, es kann keine Rosinen-Picken-Theorie bei den Flücht­lingen geben. Wenn man in Europa Asyl will, dann kann man sich nicht aussuchen, wo, und es muss unabhängig davon sein, ob das Schweden, Österreich, die Slowakei oder Polen ist. Es ist in Wirklichkeit ein weltweites Thema. Die UNO ist gefordert. Es ist auch die Frage berechtigt: Was leisten die arabischen Staaten, die eigentlich in der Region vor Ort zu Hause sind?

Meine Damen und Herren! Mit dem neuen Innenminister haben wir eine Persönlichkeit, die einerseits politische Erfahrung hat. Ich glaube, eine ganz wesentliche Voraus­setzung ist seine Erfahrung in der kommunalen Tätigkeit. Es sei mir durchaus die Bemerkung erlaubt: Vielen in diesem Hause würde es wahrscheinlich gut tun, wenn sie Erfahrung in der Kommunalpolitik hätten, denn wer in der Kommunalpolitik Erfahrung gesammelt hat oder dort zu Hause ist, weiß, was die Mehrheit der Menschen denkt (Zwischenruf des Abg. Loacker), wie das Realitätsempfinden der Menschen ist, welche Sorgen und Ängste sie haben, auch welche Befindlichkeiten. Darauf müssen wir reagieren.

Persönlich kenne ich Wolfgang Sobotka schon sehr lange. Ich weiß, dass er wirklich Handschlagqualität hat und dass die Zusammenarbeit für ihn im Vordergrund steht – allein wenn ich an das Projekt Machland Nord, den Machland-Hochwasserschutz denke, die Gemeinden Mauthausen bis St. Nikola, an die Zusammenarbeit Oberöster­reich und Niederösterreich, wo wirklich menschliche Qualität, Handschlagqualität zu sehen war. Und genau das brauchen wir.

Wenn es um Sicherheit geht, brauchen wir auch einen Innenminister, der gezielt Maß­nahmen für die innere Sicherheit setzt und dafür sorgt, dass dabei natürlich auch die Menschenrechte eingehalten werden.

Mit der Sicherheitspolitik in den letzten Jahren sind wir immer den richtigen Mittelweg gegangen. Nicht zuletzt dank des unermüdlichen Einsatzes unserer ehemaligen Innen­ministerin Johanna Mikl-Leitner gehört Österreich nach wie vor zu den sichersten Ländern der Welt.

Ich glaube und ich bin mir sicher, dass Wolfgang Sobotka diesen Weg der Stabilität, des Augenmaßes und des Hausverstandes auch fortsetzen wird. Wir brauchen weder Übertreibungen auf der einen Seite, noch Träumereien auf der anderen Seite. Wir brauchen im Innenministerium konsequente Arbeit im Sinne der österreichischen Bevöl­kerung.

Lieber Herr Innenminister Sobotka, ich wünsche dir dabei viel Erfolg. Unsere Unter­stützung hast du. (Beifall bei der ÖVP.)

13.08


Präsident Ing. Norbert Hofer: Zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Dr. Scherak. – Bitte.

 


13.08.07

Abgeordneter Dr. Nikolaus Scherak (NEOS): Herr Präsident! Frau Staatssekretärin! Sehr geehrte Herren Minister! Herr Bundesminister Sobotka, Sie haben jetzt ein großes Paket an Wünschen von den diversen Fraktionen mitbekommen. Ich gebe Ihnen noch ein weiteres zum Abschluss mit. Sie kommen ja aus der Landespolitik und Sie wissen insbesondere deswegen, dass es gerade in Österreich ja leider Gottes die


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Bundesländer waren, die bei der Unterbringung von Flüchtlingen jahrelang die Quoten nicht eingehalten haben.

Ihre Amtsvorgängerin hat das immer wieder eingemahnt, auch zu Recht. Momentan ist es so, dass es nur Wien schafft, die Quote zu erfüllen. Wenn man sich die Bun­desländer ansieht, die betreffend Quotenerfüllung auf den letzten vier Plätzen liegen, dann sind drei davon mit grünen Landesflüchtlingsreferenten, was, finde ich, auch sehr bezeichnend ist. Sie wissen, dass Niederösterreich immer mit einem Trick, indem es Traiskirchen miteinberechnet hat, die Quoten erfüllt hat. Das heißt, vielleicht schaffen Sie es ja, mit Ihrer Erfahrung aus der Landespolitik, sie auch entsprechend durchzu­setzen.

Das, was wir in der Flüchtlingspolitik brauchen, sind einerseits europäische Lösungen, die langfristig und solidarisch sind, aber wir brauchen auch innerhalb von Österreich solidarische und vor allem langfristige Lösungen.

Wir haben im letzten Jahr und auch davor immer wieder gesehen, wie die Bundes­regierung ein wenig der Herausforderung hinten nachhechelt. Wir hatten im Mai letzten Jahres erstmals die Situation, dass wir Zelte aufbauen mussten, um Flüchtlinge unter­zubringen. Wir hatten im Sommer die Schande von Traiskirchen, wo über Wochen junge Menschen, Kinder und Frauen in der Wiese übernachten mussten, weil es nicht möglich war, die entsprechenden Unterbringungsmöglichkeiten zur Verfügung zu stellen. Ich glaube, dass wir daraus lernen müssen, dass wir langfristige Lösungen brauchen.

Ich habe auch die Debatte, ob wir jetzt einen Zaun, ein Türl mit Seitenteilen und so weiter brauchen, nicht verstanden. Ich glaube, Nickelsdorf hat damals schon gezeigt, wie ein geordnetes Grenzmanagement funktionieren kann.

Wir hatten dann die Diskussion über eine Obergrenze, wo die Regierungsspitzen als Erste der Meinung waren, man brauche nicht zu prüfen, ob das rechtlich möglich ist, weil es zuerst einmal eine politische Einigung ist. Nachher hat man es rechtlich geprüft. Die Gutachten haben beide besagt, dass es eine fixe Obergrenze nicht geben kann.

Ich glaube, dass uns so eine Kurzsichtigkeit und dieses undurchdachte Vorgehen im Zusammenhang mit der Asylpolitik in Österreich nicht weiterhelfen werden. Ich halte es für sinnvoll und würde es für sehr angebracht halten, wenn wir hier gemeinsam mit allen Bundesländern Lösungen schaffen, denn das wird nicht anders funktionieren. Ich denke, wir haben in vielen Bereichen gezeigt, was Nationale Aktionspläne bringen können. Und ich halte es für sinnvoll, wenn wir auch einen solchen in Österreich umsetzen.

Herr Bundesminister, es gibt noch andere Punkte, die ganz relevant waren und zu denen Sie, Ihre Amtsvorgängerin und auch die ÖVP – in vielen Bereichen auch die SPÖ – gesagt haben, dass Sie sie umsetzen wollen. Es geht um die Schaffung legaler Einreisemöglichkeiten. Das muss selbstverständlich auf europäischer Ebene funktionieren.

Es geht aber auch um Dinge, die wir in Österreich selbst vorantreiben könnten. Da geht es einerseits um die Frage des Resettlements. Sie wissen: Wir haben in Öster­reich bis jetzt nur 1 500 Syrer über ein Resettlement-Programm mit dem UNHCR aufgenommen. Dann braucht man sich nicht zu wundern, dass sich viele aus den Flüchtlingslagern von dort auf den Weg machen. Ich glaube, wir müssen hier viel schneller vorangehen, damit wir eben – der Kollege Pilz hat es angesprochen – genau jene aus den Lagern holen können, aus Syrien und aus Jordanien, die es nicht schaffen, sich selbst auf den Weg zu machen. (Zwischenruf des Abg. Plessl.) Das heißt: Wir müssen hier bei Resettlement vorangehen.


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll123. Sitzung / Seite 96

Wir müssen auch vorangehen, wenn es um die Rückführungsübereinkommen geht. Wir brauchen da ganz klare und schnelle Lösungen, damit es mit Staaten, wo Men­schen herkommen, die offensichtlich keinen Asylgrund haben, solche Übereinkommen gibt, und wir diese Menschen auch entsprechend schnell zurückführen können. Da hat die Europäische Union in vielen Bereichen leider nicht so schnell agiert, wie sie sollte. Sie wissen, wir sind alle die Europäische Union, aber auch da könnte Österreich voran­gehen. Ich höre diese Dinge immer wieder auch vonseiten der ÖVP, aber ich merke, es passiert nichts.

Was ich mir wünschen würde, ist, dass es hier nicht bei Lippenbekenntnissen, sondern bei diesen langfristigen Lösungen bleibt, dass wir bei denen ansetzen und gemeinsam mit den Bundesländern – denn um diese geht es bei der Unterbringung – entsprechend vorangehen.

Ich wünsche mir, dass wir in Zukunft rationalere und langfristig durchdachtere Maß­nahmen in der Asylpolitik haben. Sie bekommen wie jeder, der als Minister hier in dieses Haus kommt, einen entsprechenden Vertrauensvorschuss. Ich hoffe, dass Sie ihn nützen werden und dass wir in Zukunft nicht immer nur Klein-Klein und schnell versuchen, mit irgendwelchen undurchdachten Maßnahmen Lösungen zu finden, sondern dass wir langfristige und gute Maßnahmen haben, sodass wir die Heraus­forderung, die zweifelsohne besteht, auch in den Griff bekommen. (Beifall bei den NEOS und bei Abgeordneten der Grünen.)

13.12


Präsident Ing. Norbert Hofer: Zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Doppler. – Bitte.

 


13.12.27

Abgeordneter Rupert Doppler (ohne Klubzugehörigkeit): Herr Präsident! Liebe Mitglieder der Bundesregierung! Hohes Haus! Ernennung eines neuen Regierungsmit­gliedes – in diesem Ministerium sicher keine leichte Aufgabe, in der jetzigen Form schon überhaupt nicht. Ich wünsche dem neuen Minister viel Kraft (Bundesminister Sobotka spricht mit Bundesminister Schelling), vor allem dass er dem Redner zuhört, bitte, wenn das möglich ist. (Abg. Rädler: Kommt auf die Rede an!) Ich wünsche Ihnen viel Kraft für Ihr Handeln und für Ihre Arbeit.

Herr Minister, wir haben hier ein großes Problem – heute schon des Öfteren ange­sprochen worden –, vor allem was die Flüchtlingsproblematik betrifft. Es ist eine sehr schwierige Lage. Es gibt in diesem Bereich eine Fehlentwicklung. Die Gesetze und Bestimmungen wurden von dieser Bundesregierung außer Kraft gesetzt, aber auch von der EU.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, es ist ganz, ganz wichtig – auch heute schon des Öfteren angesprochen worden –, dass die innere Sicherheit in unserem schönen Land Österreich aufrechterhalten wird, denn sonst geht es schief mit unserer Republik.

Der Klubobmann der FPÖ hat es heute bereits gesagt – und auch ich habe es hier von dieser Stelle aus schon angesprochen –, Ministerpräsident Orbán wurde von allen Staaten heftigst kritisiert, weil er die Gesetze und Bestimmungen eingehalten hat. Herr Minister Sobotka, diese Einhaltung der Gesetze und Bestimmungen wünschen wir uns auch von Ihnen.

Ich habe auch noch einen Wunsch. Sie wissen ja selbst am besten, Herr Minister, die Tatsachen sind so, dass unsere Polizei auch entsprechenden Schutz braucht, denn die Polizei ist natürlich so manchen Angriffen ausgesetzt. Da braucht man einen besseren Schutz für unsere Sicherheit. – Herzlichen Dank. (Beifall beim Team Stronach und bei Abgeordneten der FPÖ.)

13.14



Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll123. Sitzung / Seite 97

Präsident Ing. Norbert Hofer: Zu Wort ist dazu niemand mehr gemeldet. Die Debatte ist geschlossen.

Ich wünsche dem neuen Bundesminister für Inneres Mag. Wolfgang Sobotka den besten Erfolg für seine Arbeit im Dienste und im Interesse der Republik Österreich. Alles Gute! (Allgemeiner Beifall.)

13.14.47 2. Punkt

Zweite Lesung: Bericht des Justizausschusses über den Antrag 1470/A der Abgeordneten Dr. Johannes Jarolim, Mag. Michaela Steinacker, Christoph Hagen, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG), das Bundesgesetz über die Geschäfts­ordnung des Nationalrates (Geschäftsordnungsgesetz 1975), das Verfassungs­gerichtshofgesetz 1953, die Strafprozeßordnung 1975 (StPO), das Bundesgesetz über die Wahl des Nationalrates (Nationalrats-Wahlordnung 1992 – NRWO) und das Bundesgesetz über die Wahl der Mitglieder des Europäischen Parlaments (Europawahlordnung – EuWO) geändert werden (1081 d.B.)

3. Punkt

Bericht und Antrag des Justizausschusses über den Entwurf eines Bun­desgesetzes, mit dem das Bundespräsidentenwahlgesetz 1971 geändert wird (1082 d.B.)

 


Präsident Ing. Norbert Hofer: Wir gelangen nun zu den Punkten 2 und 3 der Tages­ordnung, über welche die Debatte unter einem durchgeführt wird.

Auf eine mündliche Berichterstattung wurde verzichtet.

Zu Wort gemeldet hat sich Herr Abgeordneter Mag. Steinhauser. – Bitte.

 


13.15.40

Abgeordneter Mag. Albert Steinhauser (Grüne): Sehr geehrte Damen und Herren! Wir diskutieren unter diesem Tagesordnungspunkt den Amtsverlust. Dabei geht es um die Frage, wann ein Politiker, eine Politikerin nach einer strafrechtlichen Verurteilung das Amt verlieren soll. Bisher war die Regelung relativ zahm. Wer zu einer Haftstrafe von über zwölf Monaten verurteilt wurde und ins Gefängnis musste, hat sein Amt verloren. Wer zu einer geringeren Haftstrafe verurteilt wurde oder wer nur eine be­dingte Haftstrafe bekommen hat, durfte sein Amt behalten. Es ist kein Wunder, dass diese Regelung, die niemand verstanden hat, bei jedem Fall, bei dem ein Politiker vor Gericht gestanden ist, diskutiert worden ist.

Daher war es eine Initiative der Grünen und der ÖVP, Parteiengespräche über die Verschärfung dieser zahmen Bestimmungen zu beginnen, denn bei dieser Frage geht es schlicht darum, wie es um das Vertrauen in die Demokratie und in den Parla­mentarismus bestellt ist, weil Bürgerinnen und Bürger einfach nicht nachvollziehen können, dass Politiker, die verurteilt worden sind, nachher noch über Gesetze abstim­men dürfen.

Ich muss durchaus sagen, die Kollegin Steinacker, Justizsprecherin der ÖVP, hat sich bemüht, eine Lösung über die Parteigrenzen hinweg zustande zu bringen. Ich muss aber aus unserer Sicht dazusagen, sie ist mit diesem Anliegen, für das sie sehr enga­giert argumentiert hat, gescheitert, weil die PartnerInnen für eine Zweidrittelmehrheit nicht vorhanden waren.


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll123. Sitzung / Seite 98

Unsere Position war relativ klar: Wer eine unbedingte Haftstrafe bekommt, wer ins Gefängnis muss, soll sein Amt jedenfalls verlieren.

Zweiter Punkt: Wer eine bedingte Haftstrafe bekommt, soll sein Amt dann verlieren, wenn die Haftstrafe über sechs Monate beträgt. Damit hätte man sozusagen kleinere Verurteilungen für Ersttäter ausgenommen.

Wir haben aber auch gesagt, es gibt bestimmte Deliktsgruppen, die das Vertrauen in die Politik derartig erschüttern, dass jede Verurteilung mit einem Amtsverlust enden muss. Man denke an Korruption, man denke an Wiederbetätigung, man denke an Amtsmissbrauch, auch an Wahlfälschung. Das sind alles Delikte, bei denen niemand versteht, dass ein verurteilter Politiker nachher hier noch im Parlament sitzt.

Wir haben verhandelt. Der SPÖ war unser Vorschlag zu scharf. Die SPÖ hat gesagt: Nein, das verstehen wir nicht. Wir finden, bei einer Haftstrafe von bis zu sechs Mona­ten, also einer Gefängnisstrafe, soll man schon noch Politiker bleiben dürfen. Und bei einer bedingten Haftstrafe, na ja, sagen wir, wäre die Grenze zwölf Monate. Was wir einsehen, es gibt gewisse Delikte wie Wiederbetätigung und Korruption, da wird das Vertrauen erschüttert. Da sollte bei einer Haftstrafe dann jedenfalls der Amtsverlust eintreten. – Okay. Damit waren wir nicht glücklich.

Dann ist die FPÖ gekommen. Die FPÖ hat gesagt: Nein, also das geht nicht. Bei Wiederbetätigung, bei Amtsmissbrauch, bei Korruption jedenfalls ein Amtsverlust: Nicht mit uns! Wir gehen dann mit, wenn bei einer Haftstrafe von über sechs Monaten und bei einer bedingten Gefängnisstrafe von zwölf Monaten das Amt verloren geht. – So, damit waren sich SPÖ und FPÖ schnell einig.

Der ÖVP ist dann nichts anderes übrig geblieben, damit es überhaupt zu einer Änderung kommt, das mit Zweidrittelmehrheit mitzutragen. Aber im Ergebnis bedeutet das: Wenn ein Politiker zu einer Gefängnisstrafe verurteilt wird und diese Gefängnis­strafe unter sechs Monaten ist, dann darf er weiter sein Amt ausüben. Das heißt, dann darf er aus dem Gefängnis mit Fußfesseln, Freigang, hier ins Hohe Haus spazieren und über Gesetze abstimmen. Wiederbetätiger, Korruptionisten, Amtsmissbraucher, Wahlfälscher – sie alle können, wenn die Rücktrittskultur nicht funktionieren wird, hier weiter Platz nehmen, weil FPÖ und SPÖ nicht einsehen wollen, dass das das Ver­trauen in die Demokratie und in die Politik schädigt.

Ja, es stimmt schon: Die Rücktrittskultur sollte früher greifen – keine Frage. Wir machen hier aber Gesetze für den Fall, dass die Rücktrittskultur nicht greift und irgendjemand glaubt, er kann trotz einer strafrechtlichen Verurteilung weiter hier im Parlament sitzen.

Was wird das Ergebnis sein? – Jede Partei, die ein Mindestmaß an Anstand hat, wird sich von solchen Personen trennen – mit dem Ergebnis, dass wir hier dann „wilde“ Abgeordnete sitzen haben, die möglicherweise wegen Wahlfälschung, Wiederbetäti­gung oder sonst etwas verurteilt oder möglicherweise sogar, wenn es besonders skurril wird, in Haft sind und die BürgerInnen draußen den Respekt vor dem Parlament verlieren, weil sie das nicht nachvollziehen können.

Sie werden hier am Rednerpult noch die interessantesten Beispiele dafür hören, warum das alles nicht geht. Die FPÖ argumentiert: Ja, früher war Homosexualität verboten, und jetzt sieht man das anders, und solche Leute hätten nicht in der Politik sein dürfen! – Also erstens: Wenn die FPÖ ein Beispiel bringt, in dem Homosexuelle vorkommen, dann ist das schon einmal ungewöhnlich; wenn dann mit einem Delikt argumentiert wird, das schon abgeschafft wurde, wird es aber besonders skurril, und das zeigt, dass das äußerst konstruiert ist.


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll123. Sitzung / Seite 99

Wenn Kollege Jarolim sagt – er wird es selber formulieren –, er vertraut der Justiz nicht und schließt nicht aus, dass diese politisch agieren könnte, dann muss ich erstens sagen: In den letzten Jahren war es so, dass Politikerinnen und Politiker von der Justiz eher vorsichtig angegriffen worden sind. Wo sind denn die zahlreichen Anklagen gegen Politikerinnen und Politiker – vor allem die politisch motivierten? Ich sehe sie nicht. Zweitens: Kollege Jarolim (Abg. Jarolim: Sachlich bleiben!), wenn Sie ernsthaft solche Sorgen haben – Sie sind Mitglied einer Regierungspartei –, dann sollten Sie aktiv werden! Wenn Sie hier tatsächlich die Meinung vertreten, dass die Justiz politisch motiviert Abgeordnete verurteilen würde, damit sie ihr Amt verlieren, dann haben Sie dringenden Handlungsbedarf und müssten eigentlich längst eine Initiative setzen, um diesen Missstand, wenn es tatsächlich so ist, zu beheben.

Sehr geehrte Damen und Herren, als Justizpolitiker bin ich ein Freund der Reso­zialisierung, aber ob das Parlament der richtige Ort für die Resozialisierung von straf­fälligen Politikern ist, bezweifle ich. Daher werden wir nicht zustimmen. Für irgend­welche Scheinlösungen, die mit Zielsicherheit bei der nächsten Verurteilung zu einer neuen Debatte führen werden, weil es niemand versteht, stehen wir nicht zur Ver­fügung. – Danke schön. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der NEOS. Abg. Jarolim: Eine erschreckende Rede!)

13.22


Präsident Ing. Norbert Hofer: Zu Wort gelangt nun Frau Abgeordnete Mag. Steinacker. – Bitte.

 


13.22.19

Abgeordnete Mag. Michaela Steinacker (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Hohes Haus! Geschätzte Mitbürgerinnen und Mitbürger! Lassen Sie mich wie immer mit einem Zitat beginnen:

„Die größte Ehre, die man einem Menschen antun kann, ist die, dass man zu ihm Vertrauen hat.“

Das hat der deutsche Dichter Matthias Claudius gesagt, und ich glaube, dass genau das Recht die wesentliche Aufgaben hat, Vertrauen und Verlässlichkeit zu schaffen.

Das Ziel unseres Antrages ist ganz klar: Wir wollen verschärfte Bestimmungen für den Amts- und Mandatsverlust von Funktionsträgern und Abgeordneten. Die österreichi­schen Bürgerinnen und Bürger haben – und zwar völlig zu Recht – eine klare Erwar­tungshaltung an uns, an ihre gewählten Vertreter. Wir wurden gewählt, um Österreichs Zukunft positiv zu gestalten. Das Vertrauen dieser Bürgerinnen und Bürger, unserer Wählerschaft, darf nicht enttäuscht werden. Wir müssen als Teil der Gesetzgebung ganz besonders darauf achten, Recht und Gesetz zu respektieren, aber insbesondere auch als Vorbild zu wirken.

Eines der wichtigsten Anliegen der Justizpolitik ist es daher, das Vertrauen der Bürger in die Justiz, in die unabhängigen Justizbehörden weiter zu stärken. Daher meine ich: Mit der heutigen Regelung schaffen wir – auch wenn sie nicht im vollen Umfang vorliegt, in dem wir sie diskutiert haben und der für uns vorstellbar gewesen wäre – ganz klare Regelungen. Es wird nachvollziehbar, wann und in welcher Form ein Amt oder Mandat verloren geht.

Es hat mehrere Anläufe gebraucht, aber heute schaffen wir einen Durchbruch und aus meiner Sicht einen wesentlichen ersten Schritt. Wir setzen gemeinsam mit der SPÖ, der FPÖ und dem Team Stronach strengere Regelungen um. Das ist eine breite Basis, und das ist kein Scheitern, sondern ein breiter gemeinsamer Konsens, auch wenn es mir sehr recht gewesen wäre, in den Verhandlungen eine Lösung zu finden, bei der alle Parteien mitgegangen wären.


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll123. Sitzung / Seite 100

Es ist eine gute Lösung auf breiter Basis mit klaren Konsequenzen und in Abwägung zweier demokratiepolitischer Aspekte: auf der einen Seite das Recht jedes Bürgers, zu wählen und gewählt zu werden, und auf der anderen Seite klare und nachvollziehbare Konsequenzen, die uns eine unabhängige Justiz im Rahmen einer allfälligen Verur­teilung vorgibt.

Im Überblick möchte ich Ihnen, sehr geehrte Damen und Herren, und insbesondere den Bürgerinnen und Bürgern zu Hause, kurz die wesentlichen Punkte erläutern, denn der Entwurf ist auch deswegen sehr gut gelungen, weil wir den Kreis derer, die gegebenenfalls ein Amt oder Mandat verlieren, ganz wesentlich ausgedehnt haben: Nicht nur Abgeordnete des Nationalrates, sondern auch EU-Parlamentarier, Landtags­abge­ordnete, Mitglieder der Bundesregierung, Mitglieder der Landesregierungen, Rech­nungshofpräsidenten oder Volksanwälte unterliegen diesen nunmehr viel strengeren Bedingungen. Das ist also ein einheitlicher und strikter Standard für alle Spitzenpolitiker, und das ist mir ganz wichtig.

Wir haben das Verfahren geregelt. Es wird im Endeffekt immer der Verfas­sungs­gerichtshof die Letztentscheidung treffen, und die entsprechenden Anträge sind je nachdem, wer sein Amt verliert, vom Nationalrat, vom Landtag oder – im Falle des Bundespräsidenten – von der Bundesversammlung einzubringen. Das Ganze ist so gestaltet, dass es in Zukunft auch ein viel schnelleres Verfahren geben wird.

Auch die Möglichkeit, das passive Wahlrecht von vornherein zu verlieren, wurde geregelt. Wir haben die Möglichkeit geschaffen, dass die Wahlbehörde bereits im Vorfeld abfragen kann, ob aufgrund einer Verurteilung zu mehr als sechs Monaten unbedingter Freiheitsstrafe oder mehr als einem Jahr bedingter Freiheitsstrafe für einen Kandidaten ein Ausschlussgrund vorliegt.

Ich möchte auch einen Abänderungsantrag der Kollegen Jarolim, Steinacker und Hagen zum Bericht des Justizausschusses in 1081 der Beilagen einbringen.

In diesem doch sehr umfangreichen Abänderungsantrag geht es ausschließlich um legistische Verbesserungen und redaktionelle Klarstellungen. Ich ersuche darum, dass dieser verteilt wird.

Meine Damen und Herren, diese Verhandlungen, die wir gemeinsam geführt haben, waren von demokratiepolitischer Bedeutung. Ich möchte mich bei meinen Kollegen Justizsprechern, bei euch allen, für diese ganz offene Diskussion bedanken, auch zu dem Thema der Einzeldelikte – Kollege Steinhauser hat es schon angesprochen, andere werden dies nach mir noch tun. Auch darüber haben wir intensiv diskutiert. Wir haben uns gemeinsam dafür entschieden, nicht einzelne Tatbestände aus dem großen Strafrechtskatalog herauszunehmen. Auf dieser Basis haben wir die breite Einigung geschafft.

Ich glaube aber, ganz wesentlich ist, dass es uns nach so vielen Jahren der Diskussion gelungen ist, eine parlamentarische Initiative mit den Mitarbeitern des Hauses zu­stande zu bringen – das ist gelebter Parlamentarismus. Danke euch allen für eure große Gesprächsbereitschaft und diese wirklich außergewöhnliche Gesprächskultur!

Meine sehr geehrten Damen und Herren, die Bürgerinnen und Bürger haben hohe Erwartungen an uns, an unsere Ämter. Ich glaube, mit der Gesetzesvorlage, die wir heute beschließen werden, ist uns ein großer Schritt gelungen, um das Vertrauen der Bürger in die Politik ein Stück zu stärken. – Danke schön. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der SPÖ.)

13.28


Präsident Ing. Norbert Hofer: Der Abänderungsantrag wurde in seinen Eckpunkten erläutert, nämlich hinsichtlich der redaktionellen Änderungen und des Entfalls von


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll123. Sitzung / Seite 101

Bestimmungen. Er ist ausreichend unterstützt, ordnungsgemäß eingebracht und steht daher mit in Verhandlung.

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:

Abänderungsantrag

der Abgeordneten Dr. Hannes Jarolim, Mag. Michaela Steinacker und Christoph Hagen, Kolleginnen und Kollegen

zum Bericht des Verfassungsausschusses in 1081 d.B. betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundes-Verfassungsgesetz, das Geschäftsordnungsgesetz 1975, das Verfassungsgerichtshofgesetz 1953, die Nationalrats-Wahlordnung 1992 und die Europawahlordnung geändert werden

Der Nationalrat wolle in 2. Lesung beschließen:

Der dem Ausschussbericht angeschlossene Gesetzestext wird wie folgt geändert:

In Art. 1 wird im Einleitungssatz die Wortfolge „Bundesverfassungsgesetz BGBl. I Nr. XXXX/201X,“ durch die Wortfolge „Bundesgesetz BGBl. I Nr. 102/2014“ ersetzt.

In Art. 1 Z 2 lautet Art. 68 Abs. 4:

„(4) Auf das Verfahren gemäß Art. 141 Abs. 1 lit. d sind die Abs. 2 und 3 sinngemäß anzuwenden.“

In Art. 1 Z 3 lautet Art. 70 Abs. 2:

„(2) Die Mitglieder der Bundesregierung müssen nicht dem Nationalrat angehören, aber zum Nationalrat wählbar sein.“

Art. 1 Z 6 lautet:

„6. Art. 101 Abs. 2 lautet:

„(2) Die Mitglieder der Landesregierung müssen nicht dem Landtag angehören, aber zum Landtag wählbar sein.““

In Art. 1 Z 7 wird in Art. 122 Abs. 5 das Wort „Rechnungshofs“ durch das Wort „Rechnungshofes“ ersetzt.

In Art. 1 Z 8 wird in Art. 141 Abs. 1 lit. c die Wortfolge „auf Antrag des Vorsitzenden des jeweiligen Vertretungskörpers oder von einem Drittel der Mitglieder des Vertretungs­körpers“ durch die Wortfolge „auf Antrag des Vorsitzenden oder eines Drittels der Mitglieder des Vertretungskörpers“ ersetzt.

Art. 1 Z 10 lautet:

„10. In Art. 141 Abs. 1 lit. j neu wird die Wortfolge „lit. a bis f“ durch die Wortfolge „lit. a bis c und g bis i“ ersetzt.“

In Art. 1 Z 11 lautet die Novellierungsanordnung:

„11. Art. 141 Abs. 1 zweiter Satz lautet:“

In Art. 1 Z 11 wird in Art. 141 Abs. 1 zweiter Satz die Wortfolge „lit. c, und j“ durch die Wortfolge „lit. c und g“ ersetzt.

In Art. 1 Z 15 lautet Art. 151 Abs. 59:

„(59) Art. 142 Abs. 2 lit. i in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. XXXX/201X tritt mit 1. Jänner 2014 in Kraft. Art. 61 Abs. 1, Art. 68 Abs. 4, Art. 70 Abs. 2, Art. 78 Abs. 2, Art. 101 Abs. 2, Art. 122 Abs. 5, Art. 141 Abs. 1, Art. 142 Abs. 2 lit. b und Art.


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll123. Sitzung / Seite 102

148g Abs. 6 in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. XXXX/201X treten mit 1. Jänner 2017 in Kraft. Art. 95 Abs. 2 in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. XXXX/201X tritt mit 1. Jänner 2018 in Kraft.“

In Art. 2 wird im Einleitungssatz der Ausdruck „BGBl. I Nr. XXXX/201X“ durch den Ausdruck „BGBl. I Nr. 62/2015“ ersetzt.

Art. 2 Z 1 lautet:

„1. In § 2 Abs. 2 wird die Wortfolge „bis 3“ durch die Wortfolge „und 2“ ersetzt.“

In Art. 2 Z 2 werden in Abs. 2a die Wortfolge „zweiten und dritten“ durch die Wortfolge „Zweiten und Dritten“ sowie in Abs. 2b die Wortfolge „zweite oder dritte“ durch die Wortfolge „Zweite oder Dritte“ ersetzt.

In Art. 2 entfällt die vierte Novellierungsanordnung (§ 5 Abs. 4).

In Art. 2 entfällt die fünfte Novellierungsanordnung (§ 6 Abs. 1).

In Art. 2 erhalten die sechste und die siebente Novellierungsanordnung die Ziffern­bezeichnungen „4.“ und „5.“.

Art. 2 Z 4 neu lautet:

„4. In § 8 Abs. 3 wird in Z 4 das Wort „sowie“ durch einen Punkt ersetzt und entfällt die Z 5.“

In Art. 2 Z 5 neu lautet § 109 Abs. 9:

„(9) § 2 Abs. 2 bis 2c und 8 bis 10 sowie § 8 Abs. 3 in der Fassung des Bun­desgesetzes BGBl. I Nr. XXXX/201X treten mit 1. Jänner 2017 in Kraft.“

In Art. 3 wird im Einleitungssatz der Ausdruck „zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. XXXX/201X“ durch den Ausdruck „zuletzt in der Fassung der Kundmachung BGBl. I Nr. 15/2016“ ersetzt.

In Art. 3 Z 3 wird in § 71 Abs. 1 erster Satz die Wortfolge „der Vorsitzende des jeweili­gen Vertretungskörpers oder ein Drittel der Mitglieder des Vertretungskörpers“ durch die Wortfolge „der Vorsitzende oder ein Drittel der Mitglieder des Vertretungskörpers“ ersetzt.

In Art. 3 Z 5 lautet § 94 Abs. 31:

„(31) § 19 Abs. 4, § 24 Abs. 4 und § 71 Abs. 1, 5 und 6 in der Fassung des Bundes­gesetzes BGBl. I Nr. XXXX/201X treten mit 1. Jänner 2017 in Kraft.“

In Art. 4 wird im Einleitungssatz der Ausdruck „Bundesgesetz BGBl. I Nr. XXXX/201X“ durch den Ausdruck „Wahlrechtsänderungsgesetz 2015, BGBl. I Nr. 158/2015“ ersetzt.

In Art. 4 Z 4 und Z 6 entfällt jeweils die Wortfolge „in der geltenden Fassung“.

In Art. 4 Z 8 lautet § 129 Abs. 9:

„(9) § 41 Abs. 1 und 2 in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. 43/2011 ist auf bis zum Ablauf des 31. Dezember 2016 mit Vorsatz begangene und von Amts wegen zu verfolgende gerichtlich strafbare Handlungen anzuwenden. § 41 Abs. 1 und 2 in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. XXXX/201X tritt mit 1. Jänner 2017 in Kraft und ist nur auf nach dem 31. Dezember 2016 mit Vorsatz begangene und von Amts wegen zu verfolgende gerichtlich strafbare Handlungen anzuwenden. § 43 Abs. 1 Z 2, § 46 Abs. 1, § 49 Abs. 6 und § 106 Abs. 5 und 6 in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. XXXX/201X treten mit 1. Jänner 2017 in Kraft.“

In Art. 5 wird im Einleitungssatz der Ausdruck „BGBl. I Nr. XXXX/201X“ durch den Ausdruck „das Bundesgesetz BGBl. I Nr. 9/2014“ ersetzt.


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll123. Sitzung / Seite 103

In Art. 5 Z 4 entfällt die Wortfolge „in der geltenden Fassung“.

In Art. 5 Z 6 lautet § 91 Abs. 12:

„(12) § 29 Abs. 1 und 2 in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. 12/2012 ist auf bis zum Ablauf des 31. Dezember 2016 mit Vorsatz begangene und von Amts wegen zu verfolgende gerichtlich strafbare Handlungen anzuwenden. § 29 Abs. 1 und 2 in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. XXXX/201X tritt mit 1. Jänner 2017 in Kraft und ist nur auf nach dem 31. Dezember 2016 mit Vorsatz begangene und von Amts wegen zu verfolgende gerichtlich strafbare Handlungen anzuwenden. § 31 Abs. 1 Z 2, § 34 Abs. 1 und § 36 Abs. 1 in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. XXXX/201X treten mit 1. Jänner 2017 in Kraft.“

Begründung

Zu Z 1 bis 13 und 16 bis 27: Es werden rein redaktionelle Änderungen vorgenommen. Vor dem Hintergrund der §§ 127a NRWO und 88 EuWO ist eine gesonderte Erwäh­nung der (jeweils) geltenden Fassung von Bundesgesetzen nicht erforderlich.

Zu Z 14 und 15 (§ 5 Abs. 4 und § 6 Abs. 1 Geschäftsordnungsgesetz 1975): Diese Bestimmungen haben sich als nicht notwendig erwiesen und können entfallen, weil völlig unbestritten ist, dass ein Mitglied des Nationalrates, das ein besonderes Amt bekleidet (z.B. Präsident, Ordner, Schriftführer), dieses Amt verliert, wenn es aufgrund des Wegfalls der Wählbarkeit sein Mandat im Nationalrat verliert.

*****

 


Präsident Ing. Norbert Hofer:  Nächster Redner: Herr Abgeordneter Dr. Scherak. – Bitte.

 


13.28.37

Abgeordneter Dr. Nikolaus Scherak (NEOS): Herr Präsident! Womit Kollegin Steinacker sicherlich recht hat, ist, dass das hier zustande Gekommene ein positives Beispiel für gelebten Parlamentarismus ist. Meiner Meinung nach könnte sich das Parlament auch in Zukunft selbstbewusster zeigen und in anderen Bereichen ebenfalls versuchen, entsprechende Lösungen zu finden.

Ich glaube, dass die Intention dieses Antrags grundsätzlich in eine richtige Richtung geht: Es ist wichtig, dass Politiker, wenn sie straffällig und auch entsprechend verurteilt werden, die Konsequenzen dann auch spüren. Wir haben als Politiker eine ent­sprechende Vorbildfunktion, die ganz besonders wichtig ist, und es geht nicht nur um unsere Vorbildfunktion, es geht auch um die Würde des Hauses, in dem wir arbeiten. Dementsprechend glaube ich, dass die Zielrichtung eine richtige ist.

Der Antrag ist, so wie er jetzt vorliegt, ein Kompromiss. Darin sind, wie ich meine, positive Dinge enthalten, etwa wenn es um die Ausdehnung der Regelung auf Regie­rungsmitglieder oder auf Politiker auf Landesebene geht. Es ist absolut nicht nach­vollziehbar, wieso es da unterschiedliche Regelungen geben sollte. Wenn es in Österreich entsprechende Regelungen für einen Amts- und Mandatsverlust gibt, sollten diese für alle gelten.

Was zumindest fraglich gewesen wäre und worüber wir auch diskutiert haben, ist die Frage, ob es bei jeder unbedingten Verurteilung die Möglichkeit geben soll, dass jemand sein Mandat verliert, weil man sich schon auch die Frage auch stellen muss, wie das funktionieren soll, dass jemand, der aufgrund seiner Verurteilung im Gefängnis sitzt, zu den Sitzungen kommt, ob er etwa in Begleitung der Justizwache kommt oder


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mit Fußfessel; das stelle ich mir ganz spannend vor, wie das dann entsprechend funktionieren soll. Ich verstehe aber, dass es hier keine Einigung gab, das ist auch zu akzeptieren. (Abg. Walter Rosenkranz: Da müssen Sie das Justizvollzugsgesetz ein bisschen anschauen, wie das geht!) Gut, Herr Kollege Rosenkranz, Sie werden es mir dann nachher erklären, wie das genau funktioniert. Mich irritiert es trotzdem. Es geht darum, was geschieht, wenn man mehr darüber ist. (Abg. Walter Rosenkranz: Bei sechs Monaten Freiheitsstrafe …!) – Egal; Herr Kollege Rosenkranz, erklären Sie es mir nachher!

Ich denke, der wesentliche Punkt ist – und das ist auch der Grund dafür, dass wir nicht zustimmen werden –, dass wir es nicht geschafft haben, diese speziellen Deliktgrup­pen hineinzubringen. Ich halte es für in keinster Art und Weise nachvollziehbar, dass jemand, der aufgrund der Tatsache verurteilt wird, dass er eine Wahl gefälscht hat oder sogar Geld genommen hat, um ein Gesetz zu beschließen, weiterhin hier in diesem Hohen Haus sitzt. Das ist absolut nicht nachvollziehbar. Das sind Delikte, die quasi ursächlich im Zusammenhang mit der Tätigkeit eines Abgeordneten stehen, und da hätten wir weitaus mehr schaffen können. Ich hätte das für sehr wichtig gehalten.

Es ist schade, dass das nicht drinnen ist, und das ist auch der Grund dafür, wieso wir am Schluss nicht zustimmen werden, obwohl ich klar der Meinung bin, dass es in die richtige Richtung geht. Es wird am Schluss aber zu wenig gewesen sein. Herr Kollege Steinhauser hat es schon gesagt: Bei der nächsten Verurteilung werden wir eine Debatte haben, in der es genau darum geht, dass plötzlich jemand, der eine Wahl gefälscht hat, der Geld genommen hat, um ein Gesetz zu beschließen, weiterhin hier im Hohen Haus sitzen kann. Das wird niemand verstehen, und deswegen hätten wir auf jeden Fall weiter gehen müssen. (Beifall bei NEOS und Grünen.)

13.31


Präsident Ing. Norbert Hofer: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Dr. Jarolim. – Bitte.

 


13.31.25

Abgeordneter Dr. Johannes Jarolim (SPÖ): Herr Präsident! Kolleginnen und Kollegen! Ich darf direkt an die Ausführungen des Kollegen Scherak anschließen. Es war eine längere Diskussion, und wir waren, glaube ich, wirklich alle sehr bemüht, einen guten Kompromiss zu finden – und meiner Meinung nach haben wir diesen auch gefunden.

Wie Kollegin Steinacker schon ausgeführt hat: Es gibt eine massive Erweiterung auf unterschiedlichste öffentliche Bereiche – Regierungen, verschiedene Einrichtungen, Landtage et cetera –, und das ist tatsächlich ein sehr großer Schritt.

Es ist auch eine Diskussion darüber geführt worden, was gerecht sein kann, und da verstehe ich die Rede des Kollegen Steinhauser überhaupt nicht. Ich bin es auch nicht gewohnt, in einer derartigen Art und Weise völlig falsch dargestellt zu werden. Ich glaube, es gibt wenige Abgeordnete hier im Parlament – wahrscheinlich auch aufgrund der langen Zeit, die ich bereits Abgeordneter bin –, die sich so vehement wie ich im Sinne der Gewaltentrennung vor die Justiz stellen. Daher verstehe ich das schlicht und einfach nicht; ich habe diese Erklärungen auch nicht abgegeben.

Ich glaube nur, dass es wichtig ist, dass man die Gewaltentrennung fortsetzt und schaut, dass wir da eine eigene Lösung finden. Ich kann nur für meine Partei sagen: Es ist ja nicht oft vorgekommen, dass es Strafverfahren gab, aber jedenfalls war ab der Erhebung der Anklage keiner dieser mehr hier im Parlament und auch nicht mehr in der Gruppe selbst; insofern habe ich auch kein allzu schlechtes Gewissen.


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Wir haben uns da jedenfalls nach dem Beamtendienstrecht gerichtet, das aus meiner Sicht eine gute, ausdiskutierte Lösung vorsieht, und die haben wir analog angewendet. Von dort kommen ja auch die Zeiträume – sechs Monate unbedingt, zwölf Monate bedingt. Das ist eine Verkürzung auf die Hälfte dessen, was wir vorher hatten, und ich denke, dass das eine gute Lösung ist.

Wie das dann im Einzelnen tatsächlich erfolgt, wenn es Diskussionen gibt – welche politische oder moralische Komponente da zählt und welcher Maßstab da angelegt wird –, das wird natürlich zusätzlich von jedem einzelnen Klub beziehungsweise jeder einzelnen Fraktion zu regeln sein. Das wird dann natürlich auch im Rahmen der Wahlvorgänge und der diesbezüglichen Entscheidungen die Öffentlichkeit zu berück­sichtigen haben, wie dann nach großen Ankündigungen im Einzelfall umgegangen wird. Da ist der Parameter, der für uns alle gilt: der Wähler, die Wählerin, und das, meine ich, ist ein sehr gutes Kalkül. Daher denke ich, dass wir da einen sehr großen Fortschritt gemacht haben. – Danke schön. (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der ÖVP.)

13.33


Präsident Ing. Norbert Hofer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Mag. Stefan. – Bitte.

 


13.34.02

Abgeordneter Mag. Harald Stefan (FPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Von meinen Vorrednern wurde schon erläutert, worum es da im Detail geht, nämlich um eine Änderung der Regelung des Amtsverlustes für Abgeordnete und darüber hinaus jetzt auch für einen viel weiteren Kreis an Personen. Mir geht es nun darum, noch einmal klarzustellen, warum es da überhaupt eine Regelung gibt, die über das hinausgeht, was der Herr Kollege Steinhauser gefordert hat, nämlich: Jede Verurteilung muss dazu führen, dass man das Amt verliert.

Man muss einmal damit beginnen, dass es ein Spannungsverhältnis zwischen dem, was die Justiz macht, und dem, was wir hier machen, gibt; das nennt man auch Gewal­tentrennung. Es ist ganz bewusst von den Schöpfern der Demokratie immer klargestellt worden, dass Abgeordnete – und vor allem auch Oppositionsabgeordnete – einen gewissen Schutz brauchen. Dieser Schutz spiegelt sich in der sogenannten Immunität wider, aber er spiegelt sich eben auch darin wider, dass man sagt: Nicht jede Verurtei­lung führt automatisch zu einem Amtsverlust.

Erstens einmal kann es durchaus Fehler in der Justiz geben; davor ist niemand gefeit. Bei allem Respekt, den ich sehr wohl vor der Justiz habe – auch vor unserer natürlich, in sehr hohem Ausmaß –, gibt es doch Fehler.

Zweitens ist es, wie die historische Erfahrung zeigt, möglich, dass es auch politisch motivierte Entscheidungen gibt, und es gibt auch Delikte, die Meinungsdelikte sind. Unter der Voraussetzung, man würde zum Beispiel einen Kandidaten kurz vor einer Wahl zu einem Monat bedingter – oder auch unbedingter – Strafe verurteilen, wäre er ein halbes Jahr lang gesperrt und könnte nicht zur Wahl antreten. Man könnte also mit diesem Instrument sehr stark in das eingreifen, was der Wähler will. Der Wähler will unter Umständen genau diesen Kandidaten wählen und denkt sich vielleicht: Das, was da jetzt als Straftatbestand gewertet wird, ist meines Erachtens in Wirklichkeit so etwas wie freie Meinungsäußerung. Das ist durchaus denkbar, und genau vor diesem Hintergrund, vor diesem Spannungsverhältnis ist es wichtig, dass man ein Regulativ einzieht. Wenn man sagt, sechs Monate Haft und zwölf Monate bedingte Strafe, dann hat man diesen Mittelweg gefunden.


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Zu den Deliktgruppen, denn das klingt ja sehr schön: Wenn man Wahlen fälscht oder Amtsmissbrauch begeht, soll man bei jeder Verurteilung unabhängig vom Strafausmaß nicht mehr hier im Hohen Haus sitzen dürfen. Was sagt aber jetzt das Opfer einer Sexualstraftat? Das sagt: Aha, mein Täter darf hier sitzen, aber wenn er jetzt Geld veruntreut oder Amtsmissbrauch begangen hätte, dürfte er nicht hier sitzen?! – Das versteht kein Mensch, also dieses Auseinanderdividieren der Deliktgruppen ist sehr heikel, da kann man nur danebengreifen. Daher ist die jetzt erarbeitete Regelung viel sinnvoller.

Herr Kollege Steinhauser hat ausgeführt, wie absurd das sei, dass die FPÖ als Beispiel den Homosexualitätsparagraphen zitiert. Ich habe in den Diskussionen nur gesagt: Bitte vergessen Sie nicht, liebe Kolleginnen und Kollegen, dass sich die Welt weiter­dreht und dass sich Wertungen verändern! Es ist nicht völlig undenkbar, dass jemand, nachdem er verurteilt wurde und vielleicht sogar in Haft gesessen ist, wieder hier im Parlament sitzt. Und da habe ich eben gesagt: Denken Sie daran, was vor etlichen Jahren möglich gewesen wäre! Da gab es eben ein Gesetz, das Homosexualität unter Strafe gestellt hat. In diesem Zusammenhang habe ich gesagt: Ich bin sicher, dass dieser, wenn es da zu einer Verurteilung eines Abgeordneten gekommen wäre, dann wieder hier gesessen wäre, vielleicht sogar noch als Vorreiter der Öffnung, als Held.

Ich habe das gesagt, damit man einfach daran denkt, dass sich die Welt weiterdreht und dass sich Wertungen verändern. Vielleicht sind auch Dinge, die wir heute hier regeln, in ein paar Jahren anders zu sehen; das ist nicht so undenkbar. Es ist immer dieses Denken im Hier und Jetzt, das sehr verengt ist; und das wollte ich damit klarmachen. Daher muss man auch immer daran denken, dass es möglich ist, dass es eine Verurteilung gibt, die eine Fraktion – das kann aber jede betreffen! – anders wertet und daher sagt: Diesen Abgeordneten lassen wir jetzt nicht für immer fallen, sondern der kommt wieder zurück. – Also so undenkbar ist es nicht.

Im Übrigen regelt ja das meiste sowieso auch die öffentliche Diskussion, der Druck, der ausgeübt wird. Jede Fraktion wird ja wohl, wenn jemand verurteilt wird, für sich entscheiden: Das können wir uns nicht leisten; wenn die Verurteilung unter den sechs Monaten liegt, verliert er zwar nicht sein Amt, aber wir werden ihn zumindest aus dem Klub werfen. – Also das ist sowieso die Verantwortung jedes Klubs, und daher ist noch einmal klarzustellen: Es ist ja letztlich die Entscheidung des Wählers, wen er wählen will, und daher muss man da ein gewisses Korrektiv einziehen – und das, so meine ich, haben wir sehr maßvoll getan. (Beifall bei der FPÖ sowie bei Abgeordneten der ÖVP.)

13.38


Präsident Ing. Norbert Hofer: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Hagen. – Bitte.


13.38.50

Abgeordneter Christoph Hagen (STRONACH): Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich werde es kurz machen und die Redezeit ein bisschen für den nächsten Tagesordnungspunkt sparen. Ja, Politiker sollten Vorbilder sein, und das erwartet man auch von den Beamten. Deswegen sind wir bei diesem Antrag mitgegangen. Es ist, wie von meinen Kollegen vorher schon angesprochen wurde, ein Kompromiss, es ist ein Gesetzentwurf, der auch meinen Namen trägt, weil ich ganz klar dahinterstehe.

Ich glaube, es ist ein richtiger Schritt in die richtige Richtung. Wie es auch der Kollege vor mir angesprochen hat, müssen wir alles differenziert sehen. Man darf keine Momentaufnahme machen, die dann zu einer schnellen Anlassgesetzgebung führen würde, sondern muss sich das gut überlegen und gut durchdenken. Ich war in diesen Prozess schon in der letzten Legislaturperiode eingebunden, ich kenne also die Geschichte dieser Veränderung. Ich glaube, es ist nun ein guter Kompromiss, der von


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einer großen Mehrheit getragen wird, und deswegen wird meine Fraktion dem auch zustimmen. Danke schön. (Beifall beim Team Stronach.)

13.39


Präsident Ing. Norbert Hofer: Zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Brosz. – Bitte, Herr Abgeordneter.

 


13.40.03

Abgeordneter Dieter Brosz, MSc (Grüne): Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Es geht bei dieser Änderung ja zweifellos darum, dass einmal grundsätzlich etwas in eine Richtung bewegt werden soll, wodurch ein großes Unverständnis der Bevölkerung über die jetzige Lage reduziert werden soll. Die jetzige Lage – ein Jahr Gefängnis­aufenthalt, grundsätzliche Möglichkeit, das Mandat zu behalten – versteht niemand. Die Debatte ging weiter und hat als Ergebnis herbeigeführt, dass offenbar das Ver­ständnis der Bevölkerung bei einem halben Jahr Gefängnisaufenthalt möglicherweise doppelt so groß ist – mit Blick auf die Zahlenrelationen –, was ich allerdings zu bezwei­feln wage.

Ich wäre davon ausgegangen, als Kollege Steinhauser von den Verhandlungen berichtet hat, dass man über mögliche Ansatzpunkte, die darüber hinausgehen, intensiv diskutiert. Wann geht es noch um einen Amtsverlust, auch wenn man keine unbedingte Gefängnisstrafe zu verbüßen hat? Da, habe ich mir gedacht, könnte es haken. Ich bin davon ausgegangen, dass der Punkt, dass jemand, der aufgrund einer unbedingten Haftstrafe im Gefängnis sitzt, nicht mehr Nationalratsabgeordneter sein kann, eigentlich unumstritten sein sollte, und war dann relativ überrascht, dass die Debatte offenbar anders gelaufen ist.

Das ist aus meiner Sicht ein Fall, der in der Praxis völlig undenkbar ist: dass jemand, der zu einer unbedingten Haftstrafe gerichtlich verurteilt wird – ich bin kein Jurist, habe mich aber auch so weit informiert, dass das ja nicht bei kleinen Delikten geschieht, dass man sofort eine unbedingte Haftstrafe bekommt; da muss schon etwas Gröberes vorgefallen sein –, sein Mandat behalten kann.

Auch in der Frage der bedingten Strafe gehen wir in eine andere Richtung. Also auch die Korruptionsfälle des Herrn Scheuch in Kärnten hätten zum Beispiel nicht dazu geführt, dass er – mit dem Fall, der geliefert worden ist – nach der jetzigen Regelung sein Mandat verliert. Da kann man schon sagen, das Verständnis dafür wird wahr­scheinlich gering sein.

Aber es kommt noch wesentlich interessanter. Wir beschließen heute eine Regelung – wir nicht, Sie! –, dass man bei einer Gefängnisstrafe von bis zu sechs Monaten offenbar sein Amt behalten kann. Es sind dann Zwischenrufe von der FPÖ-Fraktion gekommen, mit der Fußfessel könne man sicher nicht kommen. – Ja sicher kann man mit der Fußfessel kommen, weil in dem Fall klar ist, dass man, wenn man hier ist, auch wenn man mit Fußfessel erscheint, sein Mandat ausüben kann. Das ist noch inter­essanter, denn dann könnte man wahrscheinlich gar nicht eingreifen.

Es gibt aber eine Bestimmung in der Geschäftsordnung, die ziemlich originell ist in dem Zusammenhang; sie steht weit vorne, nämlich schon in § 2, über den Verlust des Mandats. Ich darf das kurz vortragen:

㤠2

[Verlust des Mandates]

(1) Ein Abgeordneter wird seines Mandates verlustig:

1. (…)


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll123. Sitzung / Seite 108

2. wenn er durch 30 Tage den Eintritt in den Nationalrat verzögert hat“ – davon reden wir jetzt nicht –„ oder 30 Tage ohne einen vom Nationalrat anerkannten triftigen Grund (…) von den Sitzungen des Nationalrates ausgeblieben ist und der nach Ablauf der 30 Tage an ihn öffentlich und im Nationalrat gerichteten Aufforderung des Präsidenten, binnen weiterer 30 Tage zu erscheinen oder seine Abwesenheit zu rechtfertigen, nicht Folge geleistet hat;“

Also, um den Fall jetzt zu replizieren: Jetzt sitzt jemand im Gefängnis, er kann offenbar nicht kommen und wird dem Präsidenten oder der Präsidentin mitteilen müssen: Ich kann nicht kommen, weil ich gerade im Gefängnis sitze. Dann würde die Präsidentin feststellen, nach § 11 Abs. 4 GOG ist ein Verhinderungsgrund ein medizinischer Notfall und im Gefängnis einzusitzen ist kein medizinischer Notfall, also kein triftiger Grund – ich nehme an, der Präsident würde das genauso sehen –, und sie hat dann die Aufgabe, dem Nationalrat die Frage zu stellen, ob dieser Grund triftig ist.

Es geht also zwangsläufig mit der Variante weiter: Präsident/Präsidentin stellt fest, Mandatar sitzt im Gefängnis, kann gerade nicht kommen, ist leider verhindert, und muss dem Nationalrat die Frage stellen: Kolleginnen und Kollegen, wir haben einen Kollegen/eine Kollegin, die sitzt gerade für fünf Monate im Gefängnis und kann nicht kommen – finden Sie, dass das ein triftiger Grund für eine Entschuldigung ist?

Jetzt stelle ich Ihnen die Frage: Wie würde diese Abstimmung ausgehen? Wer würde sagen: Das ist ein triftiger Grund, er/sie braucht nicht zu kommen, wegen fünf Monaten brauchen wir nicht herumzutun!? – Also viel Zustimmung erkenne ich jetzt nicht.

Das würde dann wohl heißen, wir gehen davon aus, dass wir dann wahrscheinlich eine Situation haben, dass man das erst recht machen kann, auch zwangsläufig. – Absurd!

Bei der Frage von unbedingten Haftstrafen gehe ich davon aus, dass wir das selbst so lösen können. Weniger lustig ist es bei den bedingten Strafen, denn da sitzt man nicht ein – man kommt auch mit einer bedingten Haftstrafe –, oder im Fall, dass man eine Fußfessel hat, und da kommen wir wieder zurück, denn da kann man auch unbedingt verurteilt sein, ohne dass diese Möglichkeit dann gegeben ist, und dann haben Sie auch keine Form der Eingriffsmöglichkeit. (Abg. Walter Rosenkranz: Das ist doch falsch! Die Fußfessel ist …!) – Wie falsch das ist, das können Sie sicher erklären, Sie brauchen nur die Geschäftsordnung zu lesen. (Abg. Walter Rosenkranz: Sie müssen sich einmal über das System ein bisschen klarer werden!)

Herr Kollege Rosenkranz, in der Geschäftsordnung steht, er ist bei der Sitzung entschuldigt. Ist er deshalb für die Sitzung entschuldigt, wenn er mit einer Fußfessel einmarschiert und spricht? Das andere ist dafür irrelevant für die Geschäftsordnung. Nicht ich kenne mich nicht aus – Sie kennen sich nicht aus! Mit einer Fußfessel kann man hierher kommen und sprechen. (Beifall bei den Grünen sowie des Abg. Scherak.)

Ich hoffe, die Bevölkerung teilt Ihre Auffassung: ein halbes Jahr ist besser, bei fünf Monaten geht es sich aus – ich teile sie nicht! Ich halte die Regelung, dass jemand, der im Gefängnis sitzt und parallel Abgeordneter oder Abgeordnete sein kann, für eine Zumutung, und ich hoffe, dass es in kürzester Zeit zu einer Änderung kommen wird. (Beifall bei den Grünen. – Abg. Walter Rosenkranz: Das ist so etwas von falsch! Sie haben keine Ahnung vom Strafvollzugsrecht!)

13.45


Präsident Ing. Norbert Hofer: Zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Dr. Feichtinger. – Bitte.

 


13.45.03

Abgeordneter Mag. Dr. Klaus Uwe Feichtinger (SPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Hohes Haus! Wer die Ausführungen jetzt mitverfolgt hat, sieht, dass wir bei allem


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll123. Sitzung / Seite 109

Versuch, eine Kompromisslösung zu erzielen, nicht auf einen gemeinsamen grünen Zweig kommen, wenn ich das jetzt einmal so sagen darf. Es ist aber wohl unbestritten, dass die Abgeordneten politisch primär den Wählerinnen und Wählern verantwortlich sind.

In bestimmten gesetzlich determinierten Fällen – haben wir ja schon gehört – hatte aber auch schon bisher der Verfassungsgerichtshof die Möglichkeit, einem Abgeord­neten das Mandat abzuerkennen, etwa dann, wenn die Wählbarkeit aufgrund einer mehr als einjährigen Freiheitsstrafe verloren ging. Bei aller Diskussion, die wir zu diesem Thema geführt haben: Das ist jetzt geltendes Recht. Würde jetzt jemand zu neun Monaten unbedingt verurteilt werden, der ein Mandat im Haus innehat, dann wäre damit nicht automatisch der Amtsverlust verbunden. – Das gebe ich auch zu bedenken.

Wir ändern diese Regelung, wir passen sie an. Es ist bereits gesagt worden, wir ver­schärfen die Regelung im Hinblick darauf, dass man in Hinkunft bei einer Verur­teilung zu mehr als einer sechsmonatigen Freiheitsstrafe oder einer zwölfmonatigen bedingten Freiheitsstrafe den Amtsverlust zu gewärtigen hat. Das ist eine gegenüber den bisher bestehenden Regelungen deutliche Verschärfung, allerdings eine doch maßvolle.

Wenn nun von einigen Seiten der Wunsch nach noch schärferen Regelungen geäußert wird, dann mündet das eben in die Frage, für welche Delikte oder Deliktsgruppen das der Fall sein soll. Es ist – das gebe ich unumwunden zu – eine heikle Frage der Balance zwischen dem Faktum, dass in erster Linie eben eine politische Verant­wortlichkeit im Hinblick auf die Entscheidung der Wählerinnen und Wähler, und nicht der Justiz, bestehen soll, wer hier im Hohen Haus sitzt, und der Frage nach dem Grad des Unwertes der gegen unser Rechtssystem verstoßenden Handlung, die einen Mandatsverlust nach sich ziehen kann. Wir haben das im Ausschuss breit diskutiert, die Standpunkte wurden hier klargelegt – und wir kommen offensichtlich nicht zu einer einstimmigen Lösung.

Wir sind aber auch der Ansicht, dass es eben wenig Sinn macht, einzelne Delikte oder Deliktsgruppen herauszugreifen; zum einen – und da gebe ich dem Kollegen Stefan recht –, weil eine derartige Differenzierung im Ergebnis in der Öffentlichkeit auf noch größeres Unverständnis stoßen könnte, als wenn sie nicht vorgenommen würde, zum anderen, weil gerichtliche Verurteilungen in der Regel ohnehin schon durch die öffent­liche Debatte zu Konsequenzen führen sollten. Ich sage ganz bewusst „sollten“, da wir ja bei einigen Beispielen in der Vergangenheit erlebt haben, dass es mit der Rücktritts­kultur bei Vorliegen einer rechtskräftigen gerichtlichen Verurteilung nicht immer allzu weit her ist.

Wir halten die zur Beschlussfassung vorliegende Regelung im Ergebnis für einen aus­gewogenen und gelungenen Kompromiss und ersuchen daher um breite Zustim­mung. – Danke. (Beifall bei der SPÖ.)

13.48


Präsident Ing. Norbert Hofer: Zu Wort gelangt nun Frau Abgeordnete Mag. Musiol. – Bitte. (Zwischenruf des Abg. Lopatka in Richtung der sich zum Rednerpult begeben­den Abg. Musiol.)

13.48.47

 


Abgeordnete Mag. Daniela Musiol (Grüne): Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Ich habe gerade von Klubobmann Lopatka das Versprechen bekommen, dass er – Klammer auf – (ausnahmsweise) – Klammer zu – einmal nett ist, weil das meine Abschiedsrede ist.


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Es geht jetzt um den Amtsverlust – ich habe mein Amt aber nicht verloren, ich habe es freiwillig aufgegeben. Mit dem heutigen Tag endet meine Zeit als Mandatarin in der Berufspolitik. An den Reaktionen, die ich von vielen Menschen, seit das bekannt geworden ist, bekommen habe, war abzulesen, dass das ein sehr ungewöhnlicher Schritt ist. Anscheinend gibt es das nicht häufig oder gar nicht, dass PolitikerInnen mittendrin sagen: Passt! Ich habe viel geschafft, ich habe viel gemacht, ich gehe jetzt weiter, ich mache jetzt etwas anderes!

Weil es meine Abschiedsrede ist, möchte ich mir aber auch die Zeit nehmen (in Richtung Galerie), manche Menschen besonders zu begrüßen: allen voran meinen Sohn Jan, meinen Partner Thomas (allgemeiner Beifall), meine Mitarbeiterinnen Marlies, Stella, Anja, die jetzt nicht da sein kann, meine Begleiter Georg und Georg, die mich in den politischen Jahren begleitet haben, und meinen ganz wichtigen Begleiter Christian, der mir immer mit Rat und Tat zur Seite gestanden ist; aber natürlich auch alle Kolleginnen und Kollegen, die hier sitzen, und alle, die hier nicht sitzen können, meine Familie, meine Freunde und Freundinnen.

Ich habe in den 15 Jahren – siebeneinhalb Jahre als Klubdirektorin in Wien und siebeneinhalb Jahre hier im Parlament – viel erlebt, viel gelernt, mich über vieles freuen können, mich auch über sehr vieles ärgern können. Ich habe als Verfassungs­sprecherin, vor allem Demokratiesprecherin sehr viele konstruktive Verhandlungen erlebt und ich glaube, wir haben in dieser Zeit auch viel auf die Beine gestellt. Ich erinnere in diesem Zusammenhang an die Verwaltungsgerichtsbarkeit, die wir neu aufgesetzt haben.

Nicht geschafft haben wir die Weiterentwicklung der Demokratie; ich schaue den Kollegen Cap an, mit dem ich 2013 das Vergnügen hatte, das gemeinsam mit dem damaligen Klubobmann Kopf zu verhandeln. Ich weiß gar nicht, ob wir überhaupt in der Zielgeraden waren, aber wir haben es auf jeden Fall nicht über die Zielgerade geschafft. Ich wünsche meinem Nachfolger als Verfassungs- und Demokratiesprecher, Albert Steinhauser, dass er es noch in dieser Periode schafft, das in die Zielgerade zu bringen, weil ich es als ein wichtiges Anliegen erachte, Menschen auch über Wahlen hinaus die Möglichkeit zu geben, sich zu beteiligen. (Allgemeiner Beifall.)

Im Rahmen der Verhandlungen zu diesem Thema hat es aber auch ungewöhnliche Koalitionen gegeben: mit Kollegen Stefan aus der FPÖ – wir sind uns ja in anderen Fragen oft nicht sehr einig, aber in dieser Frage waren wir uns einig –, mit Kollegen Scherak von den NEOS, und wir haben, finde ich, unser Möglichstes getan, das Thema öffentlich zu machen, weiterzubringen. Es ist halt leider auch an manch starrer Struktur noch gehangen, dass es umgesetzt wird. Aber so viel kann ich versprechen, auch wenn ich nicht mehr Politikerin bin: Ich werde mich weiter dafür einsetzen, dass hier etwas passiert.

Was mir teilweise im Großen wichtig war, werde ich jetzt auch im Kleinen, wenn Sie so wollen, weiterführen. Ich war ja immer schon als Mediatorin tätig, als Supervisorin, als Beraterin, und werde das jetzt hauptberuflich weiterführen, das heißt, Menschen, die in Krisen sind, in Veränderungssituationen, dabei unterstützen, dass diese Krisen und Veränderungen für sie gut ausgehen, ob im Privaten oder Beruflichen. Es gibt vielleicht sogar einige Menschen hier im Raum, die das brauchen könnten, da bin ich aber vielleicht die Falsche, um gebucht zu werden.

Ich bin davon überzeugt, dass sozusagen der Friede im Kleinen beginnt, und des­wegen bin ich seit 20 Jahren in Familien bei Erbschaftsangelegenheiten, bei Tren­nungs­angelegenheiten tätig, um die Menschen dabei zu unterstützen, diese neuen Herausforderungen, die auf sie zukommen, auch gut zu meistern. Darüber hinaus habe ich in den letzten Jahren eine neue Leidenschaft entdeckt, die Sie vielleicht ein bisschen


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wundern wird, das ist die Trauerarbeit; nicht zuletzt auch deshalb, weil ich auch im Rahmen meiner grünen Tätigkeit vieles in diesem Zusammenhang erlebt habe.

Trauer, Tod – das sind Dinge, die uns alle betreffen, mit denen wir uns ja auch politisch beschäftigt haben, mit denen ich mich auch politisch beschäftigt habe, wo noch viel zu tun ist. Und das werde ich auch tun, einerseits eben in der konkreten Unterstützung von trauernden Menschen – gemeinsam mit der Gewerkschaft findet am 9. Mai eine Konferenz dazu statt; also wer auch immer sich für dieses Thema interessiert ist herzlich eingeladen –, aber auch im politischen Bereich. Ich werde Ihnen vielleicht auch in Zukunft den einen oder anderen Vorschlag übermitteln, weil ich es für wichtig erachte, dass das eben nicht nur als individuelles Thema angesehen wird, sondern dass die Gesellschaft sich auch überlegt, wie wir mit Trauer und Trauernden umgehen, und zwar egal, warum die Menschen trauern. Trauern sie, weil sie einen nahen Ange­hörigen verloren haben, weil sie ihre Heimat verlassen mussten, auf der Flucht Men­schen verloren haben und nicht wissen, wie es weitergeht, weil sie den Arbeitsplatz verloren haben? Das alles sind Trauersituationen.

Der direkten Demokratie – ich habe es schon angedeutet –, dem Thema Beteiligung über Wahlen hinaus werde ich natürlich auch weiter treu bleiben, indem ich auch Beteiligungsprozesse unterstütze.

Es gibt zwei Großereignisse in den nächsten Monaten, die ich eben nicht hier im Parlament beobachten werde, sondern von außen. Das eine Großereignis findet am 22. Mai statt, nämlich die endgültige Wahl des Bundespräsidenten; jetzt kann man bei der männlichen Form bleiben, denn es gibt nur mehr zwei männliche Kandidaten.

Herr Präsident Hofer, ich hoffe, dass Sie Präsident bleiben – aber hier in diesem Haus! (Beifall bei den Grünen.) Ich hoffe, dass Sie für die restliche Zeit der Legislaturperiode diesem Haus als Präsident, als Dritter Präsident zur Verfügung stehen. Ich finde, das machen Sie gar nicht so schlecht.

Als Bundespräsidenten – und das wird jetzt keine weitere Überraschung sein – wünsche ich mir jemanden anderen; nicht nur, weil wir uns inhaltlich mehr einig sind, als ich glaube, dass ich das mit Ihnen bin. Ich glaube aber auch, dass diese inhaltliche Übereinstimmung nur ein Teil für Wahlentscheidungen ist, denn ich glaube, dass in Zeiten, die heute schon bei der Regierungserklärung angesprochen worden sind und die wir wahrscheinlich auch beim nächsten Tagesordnungspunkt besprechen werden, in Zeiten, in denen Menschen verunsichert sind, in denen Gräben durch unser Land, durch unsere Gesellschaft gehen, dieses Amt besonders wichtig ist. Und es ist nicht nur wichtig, klare Positionen zu beziehen, sondern vor allem, Einigkeit zu zeigen, die Fähigkeit zu haben, verschiedene Positionen unter ein Dach zu bringen und Menschen wieder zusammenzubringen.

Ich kenne im Moment niemanden, der dafür besser geeignet ist als Alexander Van der Bellen. Ich habe ihn sozusagen als Chef erlebt; er war ja Klubvorsitzender, als ich in den Nationalrat kam. Wir waren uns nicht in allen Punkten einig, aber was ich immer geschätzt habe, war, dass er durchaus zugibt, wenn er wozu noch keine Meinung hat, dass er über etwas noch nachdenken muss – das kennen Sie alle aus diversen Interviews –, und dann aber auch durchaus mit Bedacht auf alle zugeht, egal, ob sie seiner Meinung sind oder nicht.

Das zweite Großereignis ist die Fußball-Europameisterschaft Anfang Juli. Ich werde dann mehr Zeit haben, mir die Spiele anzuschauen, als Sie, aber das ist, wenn man so will, die bittere Pille, die ich jetzt schlucken muss. Ein kleiner Wermutstropfen: Ich weiß nicht, wie viele das von Ihnen wissen, es gibt im Parlament seit Jahren eine aufrechte Panini-Pickerl-Tauschbörse, an der ich als aktives Mitglied regelmäßig teilgenommen habe, und ich verlasse jetzt dieses Parlament, obwohl mein Heft noch nicht voll ist.


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll123. Sitzung / Seite 112

Aber ich hoffe, dass die Kollegen und Kolleginnen aus den verschiedenen Parteien mir weiterhin wohl gewogen sind und weiter für mich sammeln werden, so könnte es sich ausgehen. (Beifall bei den Grünen.)

Zum Abschied lassen Sie mich noch sagen: Ich bin diejenige, die hier am Rednerpult steht und spricht, all die vielen Reden, die ich gehalten habe, aber all das wäre natürlich nicht möglich, ohne die MitarbeiterInnen, die im Hintergrund arbeiten, und da möchte ich jetzt noch einmal Marlies Meyer, Anja Fellerer und Stella Jabloner, die mich im Klub unterstützt haben, unsere Presseabteilung natürlich, Robert Luschnik als Klubdirektor, aber vor allem auch die Beamten hier im Haus, die Parlamentsdirektion, mit denen ich durchaus viele konstruktive Situationen erlebt habe, erwähnen. (Beifall bei den Grünen sowie bei Abgeordneten der SPÖ.)

Jetzt möchte ich Ihnen als allerletzten Satz – das wissen auch die meisten nicht, ich bin auch Musikerin, wir haben vor Jahren eine Band gegründet; ich wollte eigentlich immer singen, doch mein Sohn hat mich gebeten, es zu unterlassen, und ich folge natürlich seinem Rat – eine Textzeile, die ich bei unserem Konzert, das wir letzte Woche aus Anlass meines Abschieds gesungen haben, zitieren und mit auf den Weg geben; Wolfgang Ambros kennen vielleicht einige von Ihnen:

„I glaub, i geh jetzt, weil i waaß genau

Wann i no länger bleib

Geht ma der Schmäh aus

Und des wüll i net!“

In diesem Sinne wünsche ich Ihnen, dass Ihnen nicht der Schmäh ausgeht. – Danke schön. (Anhaltender allgemeiner Beifall.)

13.59

13.59.14

 


Präsident Ing. Norbert Hofer: Sehr geehrte Frau Abgeordnete Musiol, ich bedanke mich für Ihre Tätigkeit im Hohen Haus und wünsche Ihnen für Ihren privaten, beruflichen und künstlerischen Lebensweg alles Gute. (Allgemeiner Beifall.)

Zu Wort ist dazu niemand mehr gemeldet. Die Debatte ist geschlossen.

Ich sehe keinen Wunsch des Herrn Berichterstatters auf ein Schlusswort.

Wir kommen zur Abstimmung, die ich über jeden Ausschussantrag getrennt vor­nehme.

Wir gelangen nun zur Abstimmung über Tagesordnungspunkt 2: Entwurf betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG), das Bundesgesetz über die Geschäftsordnung des Nationalrates, das Verfassungsgerichtshofgesetz sowie weitere Gesetze geändert werden, in 1081 der Beilagen.

Hiezu haben die Abgeordneten Dr. Jarolim, Mag. Steinacker, Hagen, Kolleginnen und Kollegen einen Abänderungsantrag eingebracht.

Ich lasse daher zunächst über die vom erwähnten Abänderungsantrag betroffenen Teile und schließlich über die restlichen, noch nicht abgestimmten Teile des Gesetz­entwurfes abstimmen.

Da der vorliegende Gesetzentwurf sowie der erwähnte Abänderungsantrag Änderun­gen des Bundes-Verfassungsgesetzes sowie des Geschäftsordnungsgesetzes enthal­ten, stelle ich zunächst im Sinne des § 89 Abs. 2 Z 1 und 2 der Geschäftsordnung die für die Abstimmung erforderliche Anwesenheit der verfassungsmäßig vorgesehenen Anzahl der Abgeordneten fest.

Die Abgeordneten Dr. Jarolim, Mag. Steinacker, Hagen, Kolleginnen und Kollegen haben einen Abänderungsantrag betreffend Art. 1 bis 5 eingebracht.


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll123. Sitzung / Seite 113

Ich bitte nun jene Damen und Herren, die dem ihre Zustimmung erteilen, um ein beja­hendes Zeichen. – Das ist mehrheitlich angenommen.

Ausdrücklich stelle ich die verfassungsmäßig erforderliche Zweidrittelmehrheit fest.

Schließlich komme ich zur Abstimmung über die restlichen, noch nicht abgestimmten Teile des Gesetzentwurfes samt Titel und Eingang in der Fassung des Ausschuss­berichtes.

Ich bitte jene Damen und Herren, die hiefür ihre Zustimmung erteilen, um ein beja­hendes Zeichen. – Das ist mehrheitlich angenommen.

Ausdrücklich stelle ich auch hier die verfassungsmäßig erforderliche Zweidrittelmehr­heit fest.

Wir gelangen zur Abstimmung über Tagesordnungspunkt 3: Entwurf eines Bundes­gesetzes, mit dem das Bundespräsidentenwahlgesetz geändert wird, samt Titel und Eingang in 1082 der Beilagen.

Ich ersuche jene Damen und Herren, die für diesen Gesetzentwurf sind, um ein Zeichen der Zustimmung. – Das ist mehrheitlich angenommen.

Wir kommen sogleich zur dritten Lesung.

Ich bitte jene Damen und Herren, die dem vorliegenden Gesetzentwurf auch in dritter Lesung ihre Zustimmung erteilen, um ein diesbezügliches Zeichen. – Auch das ist die Mehrheit. Der Gesetzentwurf ist somit auch in dritter Lesung angenommen.

14.02.094. Punkt

Bericht des Ausschusses für innere Angelegenheiten über die Regierungs­vor­lage (996 d.B.): Bundesgesetz, mit dem das Asylgesetz 2005, das Fremden­polizei­gesetz 2005 und das BFA-Verfahrensgesetz geändert werden (1097 d.B.)

5. Punkt

Bericht des Ausschusses für innere Angelegenheiten über den Antrag 1531/A der Abgeordneten Otto Pendl, Werner Amon, MBA, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Grenzkontrollgesetz und das BFA-Verfahrensgesetz geändert werden (1098 d.B.)

6. Punkt

Bericht des Ausschusses für innere Angelegenheiten über den Antrag 1429/A(E) der Abgeordneten Mag. Gernot Darmann, Kolleginnen und Kollegen betreffend: Asylmissbrauch abstellen – konsequent Abschieben (1099 d.B.)

7. Punkt

Bericht des Ausschusses für innere Angelegenheiten über den Antrag 1528/A(E) der Abgeordneten Mag. Gernot Darmann, Kolleginnen und Kollegen betreffend dringende Änderungen im Asylwesen (1100 d.B.)


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll123. Sitzung / Seite 114

8. Punkt

Bericht des Ausschusses für innere Angelegenheiten über den Antrag 333/A(E) der Abgeordneten Mag. Alev Korun, Kolleginnen und Kollegen betreffend Schaf­fung einer nachhaltigen und solidarischen Flüchtlingspolitik in Europa (1101 d.B.)

9. Punkt

Bericht des Ausschusses für innere Angelegenheiten über den Antrag 789/A(E) der Abgeordneten Dr. Nikolaus Scherak, Kolleginnen und Kollegen betreffend Statistik Asylverfahren (1102 d.B.)

10. Punkt

Bericht des Ausschusses für innere Angelegenheiten über den Antrag 1020/A(E) der Abgeordneten Dr. Nikolaus Scherak, Kolleginnen und Kollegen betreffend Vereinfachung des nationalen Fremdenrechts (1103 d.B.)

11. Punkt

Bericht des Ausschusses für innere Angelegenheiten über den Antrag 1522/A(E) der Abgeordneten Christoph Hagen, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Aus­weisung des Migrationshintergrundes in der Kriminalitätsstatistik“ (1104 d.B.)

12. Punkt

Bericht des Ausschusses für innere Angelegenheiten über den Antrag 1583/A(E) der Abgeordneten Christoph Hagen, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Tages­aktuelle Flüchtlingsstatistik für Österreich“ (1105 d.B.)

 


Präsident Ing. Norbert Hofer: Wir gelangen nun zu den Punkten 4 bis 12 der Tagesordnung, über welche die Debatte unter einem durchgeführt wird. Es handelt sich hierbei um Berichte des Ausschusses für innere Angelegenheiten.

Hinsichtlich der einzelnen Ausschussberichte verweise ich auf die Tagesordnung.

Auf eine mündliche Berichterstattung wurde verzichtet.

Zu Wort gemeldet hat sich Herr Abgeordneter Darmann. – Bitte.

 


14.02.36

Abgeordneter Mag. Gernot Darmann (FPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Werter Herr Bundesminister Sobotka! Hohes Haus! Geschätzte Damen und Herren! Zum vorliegenden Tagesordnungspunkt des Asylgesetzes auf der einen Seite, aber auch zu den anderen Tagesordnungspunkten bleibt mir, einleitend festzuhalten, dass es Ihnen, werte Kolleginnen und Kollegen von SPÖ und ÖVP, nicht gelingen wird, diese Minimal­ständerungen im Asylwesen als absolute Verschärfung des Asylrechts darzustellen, wie Sie es in den letzten Wochen versucht haben, über die Medien zu kommunizieren. (Zwischenruf des Abg. Amon.)

Fakt ist, wir haben hier im Wesentlichen ein neues Mascherl für geltendes Recht, denn hätten Sie in den letzten Monaten, im letzten Jahr davon Gebrauch gemacht, auf nationale und internationale Regelwerke zurückzugreifen, hätte die österreichische Bevölkerung derzeit nicht mit den massiven Problemen des Ausflusses aus der modernen Völkerwanderung zu kämpfen. (Beifall bei der FPÖ.)


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Es ist allein an Ihnen gelegen zu handeln, es war allein Ihre Schuld, nicht gehandelt zu haben. Werte Kolleginnen und Kollegen, mit der vorliegenden Gesetzesmaterie haben Sie eines klar, und das schwarz auf weiß, aufgezeigt: Sie wollen bestehende Miss­stände einfach besser verwalten, und da stehen Sie im kompletten Unterschied zu den Freiheitlichen, denn wir Freiheitliche sagen: Die Missstände gehören nicht besser verwaltet, sondern abgestellt. (Beifall bei der FPÖ.)

Das ist mit dem vorliegenden Regelwerk nicht möglich. In Wahrheit brauchten Sie einfach aufgrund der landläufig bekannten Untätigkeiten im Fremden- und Asylwesen seitens der österreichischen Bundesregierung einen medialen Aufhänger, um von vielerlei Problemstellungen in Österreich abzulenken.

Wir erinnern uns an das in wenigen Wochen durchgepeitschte Durchgriffsrecht gegen die Interessen der Bevölkerung quer durch Österreich, an die fehlende Grenzsicherung in ganz Österreich, die auch tatsächlich diesen Namen verdient. (Abg. Plessl: … Bundesgesetz! – Zwischenruf des Abg. Amon.)

Wir erinnern uns an die staatliche Schlepperei im letzten Herbst, die bis dato rund eine Million Menschen nach Österreich und durch Österreich in Richtung Deutschland ge­bracht hat. Wir erinnern uns an die horrenden, durch die Regierung selbst ver­schuldeten Kosten, die nunmehr den Steuerzahler treffen. Wir sind eingedenk der Bildungsproblematik, die mit dieser verfehlten Zuwanderungspolitik verbunden ist, der Arbeitsmarktüberforderung genauso wie der Gefährdung der Sicherheit unserer Bürger, die wohl hoffentlich nicht von Ihrer Seite zu leugnen sein werden.

Geschätzte Damen und Herren, die innere Ordnung und die öffentliche Sicherheit sind mit nationalem und internationalem Recht aufrechtzuerhalten. Dazu brauchen wir keine Formen einer Gesetzgebung, die tatsächlich nichts anderes sind als ein Placebo-Gesetz.

Werte Kolleginnen und Kollegen der SPÖ und ÖVP, Sie wissen das auch alle. Sie haben, als wir uns damit im Innenausschuss auseinandergesetzt haben, mehrfach selbst von dieser Situation in Österreich gesprochen. Das war ganz interessant, weil Sie damit ja kleinlaut zugeben mussten, was wir Freiheitliche über Monate, ja Jahre hinweg immer gesagt haben, worauf wir hingewiesen haben, wovor wir gewarnt haben und dafür auch mit dem Großteil der österreichischen Bevölkerung durch Ihre Frak­tionen als Hetzer verschrien waren. Sie haben dort tatsächlich festgehalten, wort­wörtlich: Österreich ist von sicheren Drittstaaten umgeben. – Das ist richtig, jawohl, das hätten wir von Ihnen auch schon gerne vor wenigen Monaten gehört.

Die Grenze der Aufnahmefähigkeit ist erreicht. – Jawohl, die Grenze der Aufnah­me­fähigkeit ist aber schon im September letzten Jahres erreicht gewesen. Das Land würde die Zahl aus 2015, nämlich die 90 000 Asylanträge, nicht noch einmal ver­kraften. – Auch das war ein Zitat aus dem Ausschuss aus den Reihen von SPÖ und ÖVP. Auch das ist richtig, nur treiben die nunmehrigen Vorgaben seitens der Regierung Faymann die Republik Österreich gerade dazu hin, dass es auch heuer wieder 90 000 weitere Asylanträge geben wird, und in den nächsten Jahren weitere Hunderttausende – und da ist der Familiennachzug noch gar nicht eingerechnet, den Sie nunmehr auch sehr halbherzig reglementieren wollen. (Zwischenruf bei der ÖVP.)

Geschätzte Damen und Herren, somit ist dieses Asylgesetz, wie es von Ihnen medial in den Raum gestellt wird, eine absolute Themenverfehlung. Sie hätten sich vielmehr über folgende Fragen Gedanken machen müssen: Wie schaffe ich illegal in Österreich aufhältige Migranten schnellstmöglich außer Landes? Und wie schaffe ich es, dass illegal nach Österreich strömende Migranten außer Landes gehalten werden?


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll123. Sitzung / Seite 116

Was haben Sie getan? – Sie haben sich damit auseinandergesetzt, wie man weiter auf einem anderen Weg Migranten nach Österreich bringt. Damit ändert sich aber für die österreichische Bevölkerung gar nichts. Die Probleme bleiben die gleichen, die Belas­tung für die Bevölkerung bleibt die gleiche, quer durch alle Politikfelder, vom Arbeits­markt über Bildung bis hin zur Sicherheit.

Damit hätten Sie sich auseinandersetzen müssen und können, das wäre Ihre Verant­wortung gewesen, dies auch in der Politik als Volksvertreter so zu leben!

Wir werden in den nächsten Tagesordnungspunkten noch zwei weitere Anträge der Freiheitlichen Fraktion zur Abstimmung vorliegen haben, die sich insbesondere mit der Themenstellung einer konsequenten Abschiebung von Wirtschaftsmigranten befassen, und auf der anderen Seite spezielle Maßnahmen gegen straffällige Asylwerber oder massive Verfahrensverkürzungen für rasche Rechtssicherheit fordern. (Beifall bei der FPÖ.)

Das wären Punkte gewesen, die sich Herr und Frau Österreicher von der Regierung, von den Regierungsvertretern, von den Vertretern der Regierungsfraktionen im Hohen Haus als Gesetzesinitiativen erwartet hätten, erwarten hätten müssen, wenn wir den derzeitigen Entwicklungen in Österreich Herr werden wollen! Zu viel Zeit wurde durch Ihre Untätigkeit vergeudet, und ein Placebo-Gesetz wird natürlich keine Verbesserung bei diesen Problemstellungen herbeiführen.

Somit ist es auch für mich sehr einfach nachvollziehbar, dass es sehr große Unstim­migkeiten in den Reihen der Regierungsfraktionen zu dem vorliegenden Gesetzent­wurf, zum Gesamtändernden Abänderungsantrag gibt, denn Sie selber sind sich nicht schlüssig, ob das alles rechtens und vor allem sinnvoll ist, was hier in Umsetzung gelangen soll.

Deshalb wäre es grundvernünftig gewesen, der Forderung der Freiheitlichen Partei nachzukommen, mit diesem Flickwerk endlich aufzuräumen, nicht alle halben Jahre – oder wie in den letzten Wochen alle paar Wochen – neue Varianten dieses Asylge­set­zes aufs Tapet zu bringen, sondern grundlegend das Asylwesen und das Fremden­wesen neu aufzuziehen, einen Neustart zu schaffen mit ganz glasklaren, konsequen­ten Regelungen im Sinne unserer Heimat Österreich. Das wäre eine Notwendigkeit, die nach wie vor gegeben ist. (Beifall bei der FPÖ.)

Es hält Sie niemand davon ab, diesen Neustart zu wagen. Wichtig wäre es aber, als vorherigen Schritt auch zuzugeben, dass man mit diesem Flickwerk nicht im Sinne unseres Landes weiterkommen wird. – Danke für Ihre Aufmerksamkeit. (Beifall bei der FPÖ.)

14.09


Präsident Ing. Norbert Hofer: Zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Amon. – Bitte, Herr Abgeordneter.

 


14.10.23

Abgeordneter Werner Amon, MBA (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Bundesminister Sobotka! Meine Damen und Herren! Ich bringe zunächst folgenden Antrag ein:

Gesamtändernder Abänderungsantrag

der Abgeordneten Schabhüttl und Amon, Kolleginnen und Kollegen zum Bericht des Ausschusses für innere Angelegenheiten über die Regierungsvorlage 996 der Beilagen: Bundesgesetz, mit dem das Asylgesetz 2005, das Fremdenpolizeigesetz 2005, das BFA-Verfahrensgesetz geändert werden in 1097 der Beilagen.


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Der Nationalrat wolle in zweiter Lesung beschließen:

Bundesgesetz, mit dem das Asylgesetz 2005, das Fremdenpolizeigesetz 2005 und das BFA-Verfahrensgesetz geändert werden.

*****

Der Antrag ist verteilt, ich darf ihn in den Grundzügen erläutern: Er hat die Möglichkeit der Verordnung der Bundesregierung zum Inhalt. Es geht um das Stellen von Anträgen auf internationalen Schutz, es geht um die Hinderung an der Einreise, Zurückweisung und Zurückschiebung und um eine Reihe von Änderungen im Asylverfahren.

Ich möchte in dem Zusammenhang sehr gerne auf meinen Vorredner, Herrn Kollegen Darmann, eingehen, der einmal mehr von einem Placebo-Gesetz gesprochen hat. Das ist bemerkenswert, wir werden nunmehr seit Wochen, seit dieses Gesetz in Diskussion ist, mit E-Mails bombardiert, es gibt heftigste Proteste.

All diese Herrschaften haben offenbar das Gesetz nicht gelesen, denn es steht ihren Ausführungen zufolge nichts drinnen, es ist ein reines Placebo-Gesetz. Ich sage Ihnen, Herr Kollege Darmann, ich finde es ein bisschen schade, denn die FPÖ hätte hier einmal die Chance – da das eines ihrer Kernthemen ist, wie Sie auch immer sagen –, sich ein bisschen konstruktiv zu beteiligen. Aber wo ist denn Ihr Gesetzesvorschlag zu dieser Thematik? (Zwischenruf des Abg. Darmann.)

Sie werfen uns vor, wir betrieben ein Stückwerk, weil wir in den letzten Jahren immer wieder im Asyl- und im Fremdenrecht Maßnahmen gesetzt haben, Verschärfungen vorgenommen haben. Sie unterstellen uns, ein Stückwerk zu betreiben (Abg. Darmann: Stimmen Sie zu?), aber wo ist Ihr gesamthafter Vorschlag zu dieser Thematik? (Abg. Darmann: Zig Anträge!) Das Einzige, was Sie zusammenbringen, sind an und ab ein paar Entschließungsanträge mit vielleicht populär klingenden Überschriften, aber wo ist denn Ihr Abänderungsantrag zu dieser Gesetzesvorlage, Herr Kollege Darmann? (Beifall bei der ÖVP.)

Sie haben zu dem Thema nichts vorgelegt! Was Sie zustande bringen, sind ein paar giftige Plakate. Ich gratuliere herzlich, aber wo sind Ihre inhaltlichen Vorlagen? Wo ist der harte Kern der Arbeit, Herr Kollege Darmann? Wo ist Ihre parlamentarische Arbeit, wo legen Sie Gesetzesinitiativen vor, wie denn dem Problem und dieser Heraus­forderung zu begegnen wäre? Da kommt nichts, und das ist eigentlich sehr ent­täuschend, Herr Kollege Darmann. (Abg. Darmann: Schauen Sie die zig Anträge an, die im Ausschuss liegen und von Ihnen vertagt werden oder nicht behandelt werden!)

Niemand hat gesagt, dass diese ganz massive Migrationsbewegung, die wir seit Mona­ten erleben, eine einfache Sache ist. Sie sagen im Übrigen auch, dass alle Maßnah­men, die diese Bundesregierung gesetzt hat, nicht helfen. Auch da möchte ich Ihnen entgegentreten, Herr Kollege Darmann. Sie wissen, mein Wahlkreis umfasst die süd­westliche Steiermark, die Bezirke Leibnitz, Deutschlandsberg und Voitsberg, und ich kann Ihnen sagen, es ist ein gewaltiger Unterschied zwischen dem, was sich noch vor wenigen Wochen abgespielt hat und heute. Ich lade Sie ein, fahren wir gemeinsam nach Spielfeld, schauen wir uns das an, die Unterschiede sind beträchtlich! (Abg. Darmann: Hören Sie doch auf mit Spielfeld, wenn ganz andere Wunden offen sind!)

Es ist selbstverständlich das Verdienst dieser Bundesregierung, dass sie gesagt hat: Wir treffen uns mit den Balkanstaaten, wir setzen Maßnahmen, dass diese Migrations­bewegungen auf der Balkan-Route beendet werden. (Abg. Belakowitsch-Jenewein: Das ist ja nicht das Thema!) Und selbstverständlich ist das ein Ergebnis, das ein Erfolg dieser Bundesregierung ist, Herr Kollege Darmann! Einfach zu sagen, das ist alles


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nichts, was wir tun, ist ein bisschen zu einfach. (Abg. Darmann: … Dublin und Schengen!)

Das Zweite, was ich Ihnen sagen möchte: Ihrem ständigen Vorwurf des permanenten Rechtsbruchs möchte ich auch entgegentreten. (Abg. Darmann: Bitte!) Es ist keine Frage, dass das Dublin-Verfahren nicht funktioniert hat, da sind wir uns einig. Wo wir uns aber nicht einig sind, ist, dass es, wenn jemand aus einem Schengen-Nachbar­staat kommt, wie etwa Slowenien, dann an sich einen freien Grenzübertritt gibt. Und die Bundesregierung musste – das tragen wir doch alle mit – zu einem Zeitpunkt, als ganz einfach Kapazitätsgrenzen erreicht worden sind, als es einfach nicht mehr akzep­tabel war, auch mengenmäßig, quantitativ nicht mehr machbar war, ent­sprechende Maßnahmen setzen.

Herr Kollege Darmann, es wäre langsam an der Zeit – ich weiß schon, es ist noch immer ein wenig Wahlkampf –, auch die FPÖ dazu zu bringen, dass sie sich einmal konstruktiv an der Problemlösung beteiligt. (Abg. Belakowitsch-Jenewein: Das tun wir ja wohl eh!) Sie sind Weltmeister im Aufzeigen von Problemen, wunderbar, das ist auch in Ordnung und das ist auch Ihr Job als Oppositionspartei, aber es wäre auch Ihr Job als Oppositionspartei, sich konstruktiv an der Problemlösung zu beteiligen. (Abg. Belakowitsch-Jenewein: Das tun wir ja laufend! – Abg. Darmann: Sie können ja unseren Anträgen zustimmen!) Dazu möchte ich Sie sehr, sehr herzlich einladen, vielleicht bringen Sie noch bis zum Ende der Debatte Vorschläge in Hinblick auf die gesetzliche Novelle ein. (Beifall bei der ÖVP sowie bei Abgeordneten der SPÖ.)

14.16


Präsident Ing. Norbert Hofer: Der gesamtändernde Abänderungsantrag wurde an die Abgeordneten verteilt, er ist ausreichend unterstützt, ordnungsgemäß eingebracht und steht mit in Verhandlung.

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:

Gesamtändernder Abänderungsantrag

der Abgeordneten Jürgen Schabhüttl und Werner Amon, MBA, Kolleginnen und Kollegen

Zum Bericht des Ausschusses für innere Angelegenheiten über die Regierungsvorlage (996 d.B.): Bundesgesetz, mit dem das Asylgesetz 2005, das Fremdenpolizeigesetz 2005 und das BFA-Verfahrensgesetz geändert werden (1097 d.B.)

Der Nationalrat wolle in 2. Lesung beschließen:

Bundesgesetz, mit dem das Asylgesetz 2005, das Fremdenpolizeigesetz 2005 und das BFA-Verfahrensgesetz geändert werden

Der Nationalrat hat beschlossen:

Artikel 1

Änderung des Asylgesetzes 2005

Das Asylgesetz 2005 (AsylG 2005), BGBl. I Nr. 100/2005, zuletzt geändert durch das Bundesgesetz BGBl. I Nr. 70/2015 und die Kundmachung BGBl. I Nr. 10/2016, wird wie folgt geändert:

1. Im Inhaltsverzeichnis werden nach dem Eintrag zu § 35 folgende Einträge eingefügt:


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„5. Abschnitt: Sonderbestimmungen zur Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung und des Schutzes der inneren Sicherheit während der Durchführung von Grenzkon­trollen

§ 36.    Verordnung der Bundesregierung

§ 37.    Registrierstellen

§ 38.    Stellung von Anträgen auf internationalen Schutz

§ 39.    Faktischer Abschiebeschutz

§ 40.    Hinderung an der Einreise, Zurückweisung und Zurückschiebung

§ 41.    Asylverfahren“

2. Im Inhaltsverzeichnis lautet der Eintrag zum 6. Hauptstück:

„6. Hauptstück: Karten für Asylwerber, Asylberechtigte und subsidiär Schutzbe­rechtigte“

3. Im Inhaltsverzeichnis wird nach dem Eintrag zu § 51 folgender Eintrag eingefügt:

„§ 51a. Karte für Asylberechtigte“

4. Im Inhaltsverzeichnis wird vor dem Eintrag zu § 68 folgender Eintrag eingefügt:

„§ 67.   Integration von Asylberechtigen und subsidiär Schutzberechtigten“

5. In § 2 Abs. 1 Z 15 wird vor dem Wort „dauernde“ die Wortfolge „zunächst befristete und schließlich“ eingefügt.

6. In § 3 werden nach Abs. 3 folgende Abs. 4 bis 4b eingefügt:

„(4) Einem Fremden, dem der Status des Asylberechtigten zuerkannt wird, kommt eine befristete Aufenthaltsberechtigung als Asylberechtigter zu. Die Aufenthaltsberechtigung gilt drei Jahre und verlängert sich um eine unbefristete Gültigkeitsdauer, sofern die Voraussetzungen für eine Einleitung eines Verfahrens zur Aberkennung des Status des Asylberechtigten nicht vorliegen oder das Aberkennungsverfahren eingestellt wird. Bis zur rechtskräftigen Aberkennung des Status des Asylberechtigten gilt die Aufent­haltsberechtigung weiter. Mit Rechtskraft der Aberkennung des Status des Asylberech­tigten erlischt die Aufenthaltsberechtigung.

(4a) Im Rahmen der Staatendokumentation (§ 5 BFA-G) hat das Bundesamt zumindest einmal im Kalenderjahr eine Analyse zu erstellen, inwieweit es in jenen Herkunfts­staaten, denen im Hinblick auf die Anzahl der in den letzten fünf Kalenderjahren erfolgten Zuerkennungen des Status des Asylberechtigten eine besondere Bedeutung zukommt, zu einer wesentlichen, dauerhaften Veränderung der spezifischen, insbeson­dere politischen, Verhältnisse, die für die Furcht vor Verfolgung maßgeblich sind, gekommen ist.

(4b) In einem Familienverfahren gemäß § 34 Abs. 1 Z 1 gilt Abs. 4 mit der Maßgabe, dass sich die Gültigkeitsdauer der befristeten Aufenthaltsberechtigung nach der Gültig­keitsdauer der Aufenthaltsberechtigung des Familienangehörigen, von dem das Recht abgeleitet wird, richtet.“

7. In § 7 wird nach Abs. 2 folgender Abs. 2a eingefügt:

„(2a) Unbeachtlich der in § 3 Abs. 4 genannten Gültigkeitsdauer der Aufenthalts­berechtigung ist ein Verfahren zur Aberkennung des Status des Asylberechtigten jedenfalls einzuleiten, wenn sich aus der Analyse gemäß § 3 Abs. 4a ergibt, dass es im Herkunftsstaat des Asylberechtigten zu einer wesentlichen, dauerhaften Veränderung der spezifischen, insbesondere politischen, Verhältnisse, die für die Furcht vor Verfol-


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gung maßgeblich sind, gekommen ist. Das Bundesamt hat von Amts wegen dem Asylberechtigten die Einleitung des Verfahrens zur Aberkennung des Status des Asylberechtigten formlos mitzuteilen.“

8. Dem § 17 Abs. 6 wird folgender letzter Satz angefügt:

„Die 20-Tages-Frist nach § 28 Abs. 2 beginnt diesfalls mit der Setzung einer Verfah­renshandlung durch das Bundesamt.“

9. Dem § 19 wird folgender Abs. 6 angefügt:

„(6) Das Bundesverwaltungsgericht kann in einem Verfahren wegen Verletzung der Entscheidungspflicht gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 3 B-VG (Säumnisbeschwerde) das Bundesamt mit der Einvernahme des Asylwerbers beauftragen.“

10. In § 22 wird folgender Abs. 1 eingefügt:

„(1) Abweichend von § 73 Abs. 1 AVG ist über einen Antrag auf internationalen Schutz längstens binnen 15 Monaten zu entscheiden.“

11. In § 33 Abs. 2 entfällt die Wortfolge „oder in einem sicheren EWR-Staat oder der Schweiz (§ 4a)“.

12. In § 35 Abs. 1 entfällt die Wortfolge „oder des subsidiär Schutzberechtigten“ und wird das Zitat „§ 34 Abs. 1“ durch das Zitat „§ 34 Abs. 1 Z 1“ ersetzt sowie folgender letzter Satz angefügt:

„Erfolgt die Antragstellung auf Erteilung eines Einreisetitels mehr als drei Monate nach rechtskräftiger Zuerkennung des Status des Asylberechtigten, sind die Vorausset­zun­gen gemäß § 60 Abs. 2 Z 1 bis 3 zu erfüllen.“

13. § 35 Abs. 2 lautet:

„(2) Der Familienangehörige gemäß Abs. 5 eines Fremden, dem der Status des subsidiär Schutzberechtigten zuerkannt wurde und der sich im Ausland befindet, kann zwecks Stellung eines Antrages auf internationalen Schutz gemäß § 34 Abs. 1 Z 2 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 frühestens drei Jahre nach rechtskräftiger Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten einen Antrag auf Erteilung eines Einreisetitels bei der Vertretungsbehörde stellen, sofern die Voraussetzungen gemäß § 60 Abs. 2 Z 1 bis 3 erfüllt sind. Diesfalls ist die Einreise zu gewähren, es sei denn, es wäre auf Grund bestimmter Tatsachen anzunehmen, dass die Voraussetzungen für die Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten nicht mehr vorliegen oder in drei Monaten nicht mehr vorliegen werden. Darüber hinaus gilt Abs. 4.“

14. In § 35 wird nach Abs. 2 folgender Abs. 2a eingefügt:

„(2a) Handelt es sich beim Antragsteller um den Elternteil eines unbegleiteten Min­derjährigen, dem der Status des Asylberechtigten oder des subsidiär Schutz­berech­tigten zuerkannt wurde, gelten die Voraussetzungen gemäß § 60 Abs. 2 Z 1 bis 3 als erfüllt.“

15. In § 35 Abs. 3 wird das Zitat „Abs. 1 und Abs. 2“ durch das Zitat „Abs. 1 oder Abs. 2“ ersetzt und nach der Wortfolge „Außerdem hat die Vertretungsbehörde“ die Wort­folge „auf die Vollständigkeit des Antrages im Hinblick auf den Nachweis der Voraus­setzungen gemäß § 60 Abs. 2 Z 1 bis 3 hinzuwirken und“ eingefügt.

16. In § 35 Abs. 4 wird nach dem Wort „Fremden“ die Wortfolge „aufgrund eines Antrags auf Erteilung eines Einreisetitels“ eingefügt, in Z 1 das Wort „und“ durch einen Beistrich sowie in Z 2 der Punkt am Ende des Satzes durch das Wort „und“ ersetzt und folgende Z 3 angefügt:


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„3. im Falle eines Antrages nach Abs. 1 letzter Satz oder Abs. 2 die Voraussetzungen des § 60 Abs. 2 Z 1 bis 3 erfüllt sind, es sei denn, die Stattgebung des Antrages ist gemäß § 9 Abs. 2 BFA-VG zur Aufrechterhaltung des Privat- und Familienlebens im Sinne des Art. 8 EMRK geboten.“

17. Nach dem § 35 wird der 5. Abschnitt samt Überschrift eingefügt:

„5. Abschnitt

Sonderbestimmungen zur Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung und des Schutzes der inneren Sicherheit während der Durchführung von Grenzkontrollen

Verordnung der Bundesregierung

§ 36. (1) Stellt die Bundesregierung im Einvernehmen mit dem Hauptausschuss des Nationalrates mit Verordnung fest, dass die Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung und der Schutz der inneren Sicherheit gefährdet sind, sind die Bestimmungen dieses Abschnittes während der Gültigkeitsdauer dieser Verordnung und der Durchführung von Grenzkontrollen an den Binnengrenzen (§ 10 Abs. 2 des Bundesgesetzes über die Durchführung von Personenkontrollen aus Anlass des Grenzübertrittes (Grenzkontroll­gesetzes – GrekoG), BGBl. Nr. 435/1996) anzuwenden. §§ 17 und 18 Bundeshaus­haltsgesetz 2013 (BHG 2013), BGBl. I Nr. 139/2009, sind in Bezug auf die Erlassung und Verlängerung dieser Verordnung und jener nach § 37 nicht anwendbar. Die Sonderbestimmungen für das Flughafenverfahren (3. Abschnitt) bleiben von diesem Abschnitt unberührt.

(2) Die Feststellung, dass die Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung und der Schutz der inneren Sicherheit gefährdet sind, hat die Bundesregierung gegenüber dem Hauptausschuss des Nationalrates schriftlich zu begründen. Dabei ist besonders auf die Anzahl von Fremden, die einen Antrag auf internationalen Schutz stellen, und auf jene staatlichen Systeme einzugehen, deren Funktionieren durch die aktuellen Migrationsbewegungen beeinträchtigt wird.

(3) Die Verordnung nach Abs. 1 kann für eine Gültigkeitsdauer von bis zu sechs Monaten erlassen  und höchstens drei Mal um jeweils bis zu sechs Monate verlängert werden.

Registrierstellen

§ 37. Der Bundesminister für Inneres ist ermächtigt, mit Verordnung Dienststellen für die Registrierung (Registrierstellen) einzurichten. Diese sind Teil der jeweils örtlich zuständigen Landespolizeidirektion.

Stellung von Anträgen auf internationalen Schutz

§ 38. (1) Anträge auf internationalen Schutz von Fremden, die nicht zur Einreise und zum Aufenthalt im Bundesgebiet berechtigt sind, sind beim Grenzübertritt an der Bin­nengrenze persönlich bei einem Organ des öffentlichen Sicherheitsdienstes zu stellen. Anträge auf internationalen Schutz von Fremden, die unter Umgehung der Grenzkon­trolle unrechtmäßig eingereist und nicht zum Aufenthalt im Bundesgebiet berechtigt sind, sind persönlich vor einem Organ des öffentlichen Sicherheitsdienstes in einer Registrier­stelle (§ 37) zu stellen.

(2) Äußert ein Fremder, der unter Umgehung der Grenzkontrolle unrechtmäßig ein­gereist und nicht zum Aufenthalt im Bundesgebiet berechtigt ist, vor einem Organ des öffentlichen Sicherheitsdienstes außerhalb einer Registrierstelle (§ 37) oder bei einer Behörde im Inland, die keine Registrierstelle gemäß § 37 ist, die Absicht einen Antrag auf internationalen Schutz stellen zu wollen, ist er von den Organen des öffentlichen Sicherheitsdienstes zur Sicherung einer Zurückschiebung einer Registrierstelle


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll123. Sitzung / Seite 122

vorzuführen. Erfolgt die Vorführung des Fremden in die Registrierstelle einer Landes­polizeidirektion, die nicht gemäß § 6 FPG für das 3. bis 6. und 12. bis 15. Hauptstück des FPG zuständig ist, geht die Zuständigkeit mit der Vorführung auf diese Landes­polizeidirektion über.

(3) Nach Stellung des Antrages auf internationalen Schutz gemäß Abs. 1 ist vor einer Befragung gemäß § 19 Abs. 1 die Zulässigkeit einer Hinderung an der Einreise, einer Zurückweisung (§ 41 FPG) oder einer Zurückschiebung (§ 45 FPG) zu prüfen und gegebenenfalls die Hinderung an der Einreise, die Zurückweisung oder die Zurück­schie­bung zu vollziehen.

Faktischer Abschiebeschutz

§ 39. Abweichend von § 12 und § 12a kommt einem Fremden, der gemäß § 38 in Österreich einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt hat, erst mit Einbringung des Antrages (§ 17 Abs. 2) ein faktischer Abschiebeschutz zu.

Hinderung an der Einreise, Zurückweisung und Zurückschiebung

§ 40. (1) Auf Fremde, die einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt haben und denen gemäß § 39 kein faktischer Abschiebeschutz zukommt, ist das 6. Hauptstück des FPG anwendbar.

(2) Eine Hinderung an der Einreise, eine Zurückweisung (§ 41 FPG) oder eine Zurückschiebung (§ 45 FPG) eines Fremden, der einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt hat und dem gemäß § 39 kein faktischer Abschiebeschutz zukommt, ist jedoch unzulässig, sofern die Einreise in das Bundesgebiet oder der weitere Aufenthalt im Bundesgebiet des Fremden gemäß § 9 Abs. 2 BFA-VG zur Aufrechterhaltung des Privat- und Familienlebens im Sinne des Art. 8 EMRK geboten ist. Das Kindeswohl ist dabei besonders zu berücksichtigen.

Asylverfahren

§ 41. (1) Erweist sich eine Hinderung an der Einreise, eine Zurückweisung oder eine Zurückschiebung gemäß § 40 iVm §§ 41 oder 45 FPG als unmöglich oder aus Gründen von Art. 2, 3 und 8 EMRK als unzulässig, erfolgt die Behandlung des Antrages auf internationalen Schutz.

(2) Wird gegen eine Hinderung an der Einreise, eine Zurückweisung oder eine Zurückschiebung gemäß § 40 iVm §§ 41 oder 45 FPG Beschwerde gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 2 B-VG an das jeweils zuständige Landesverwaltungsgericht (§ 9 Abs. 1 FPG) erhoben und die Beschwerde durch das Landesverwaltungsgericht zurück- oder abge­wiesen, gilt der Antrag auf internationalen Schutz als nicht eingebracht. Wird die Hinderung an der Einreise, die Zurückweisung oder die Zurückschiebung durch das Landesverwaltungsgericht als rechtswidrig erkannt, ist die Einreise des Beschwerde­führers zu gestatten und erfolgt die Behandlung des Antrages auf internationalen Schutz.

(3) Wird gegen eine Hinderung an der Einreise, eine Zurückweisung oder eine Zurück­schiebung gemäß § 40 iVm §§ 41 oder 45 FPG nicht fristgerecht Beschwerde gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 2 B-VG an das jeweils zuständige Landesverwaltungsgericht erho­ben, gilt der Antrag auf internationalen Schutz als nicht eingebracht.“

18. Die Überschrift des 6. Hauptstückes lautet:

„Karten für Asylwerber, Asylberechtigte und subsidiär Schutzberechtigte“

19. Nach § 51 wird folgender § 51a samt Überschrift eingefügt:

„Karte für Asylberechtigte


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§ 51a. (1) Einem Fremden, dem der Status des Asylberechtigten zuerkannt wurde, ist eine Karte für Asylberechtigte auszustellen. Diese Karte dient dem Nachweis der Identität und der Rechtmäßigkeit des Aufenthaltes im Bundesgebiet. Die Karte ist nach Aberkennung des Status des Asylberechtigten dem Bundesamt zurückzustellen.

(2) Die nähere Gestaltung der Karte für Asylberechtigte hat der Bundesminister für Inneres durch Verordnung zu regeln. Die Karte für Asylberechtigte hat insbesondere zu enthalten: Die Bezeichnung „Republik Österreich“ und „Karte für Asylberechtigte“, Namen, Geschlecht, Geburtsdatum, Staatsangehörigkeit, Lichtbild und Unterschrift des Asylberechtigten sowie Bezeichnung der Behörde, Datum der Ausstellung und Unterschrift des Genehmigenden.“

20. Vor § 68 wird folgender § 67 samt Überschrift eingefügt:

„Integration von Asylberechtigen und subsidiär Schutzberechtigten

§ 67. (1) Fremde, denen der Status des Asylberechtigten oder subsidiär Schutz­berechtigten zuerkannt wurde, haben unverzüglich nach Zuerkennung des Status zum Zwecke der Integrationsförderung bei dem für das jeweilige Bundesland zuständigen Integrationszentrum des Österreichischen Integrationsfonds persönlich zu erscheinen. Diese Pflicht ist dem Fremden zugleich mit Zuerkennung des Status zur Kenntnis zu bringen.

(2) Wird ein Verfahren zur Erlassung einer Rückkehrentscheidung gemäß § 10 Abs. 1 Z 4 oder 5 eingeleitet, können das Bundesamt und das Bundesverwaltungsgericht beim Österreichischen Integrationsfonds Auskunft über die Teilnahme des Fremden an Maßnahmen im Rahmen der Integrationsförderung des Österreichischen Integrations­fonds, insbesondere an Sprachkursen und Kursen über die Grundkenntnisse der demokratischen Ordnung der Republik Österreich und der sich daraus ableitbaren Grundprinzipien, sowie über allfällige Kursergebnisse verlangen. Die Auskunft kann bei der Beurteilung des Grades der Integration im Rahmen der Beurteilung des Privat- und Familienlebens im Sinne des Art. 8 EMRK (§ 9 Abs. 2 Z 4 BFA-VG) entsprechend berücksichtigt werden.“

21. Dem § 68 Abs. 1 werden folgende Sätze angefügt:

„Maßnahmen der Integrationshilfe gemäß Abs. 2 sind nach Maßgabe vorhandener finanzieller und organisatorischer Ressourcen auch Asylwerbern zu gewähren, bei denen die Zuerkennung des internationalen Schutzes unter Berücksichtigung vorlie­gen­der Erfahrungswerte sehr wahrscheinlich ist. Darüber sind Asylwerber mit Zulas­sung des Verfahrens in Kenntnis zu setzen.“

22. In § 72 wird in Z 4 nach dem Wort „Bundesminister“ die Wortfolge „, hingegen hinsichtlich § 68 Abs. 1 dritter und vierter Satz der Bundesminister für Inneres“ ein­gefügt und in Z 5 der Verweis „§ 35 Abs. 1“ durch den Verweis „§ 35 Abs. 1 und 2“ ersetzt.

23. Dem § 73 wird nach Abs. 14 folgender Abs. 15 angefügt:

„(15) Die §§ 2 Abs. 1 Z 15, 3 Abs. 4 bis 4b, 7 Abs. 2a, 17 Abs. 6, 19 Abs. 6, 22 Abs. 1, 33 Abs. 2, 35 Abs. 1 bis 4, die Überschrift des 6. Hauptstückes, § 51a samt Überschrift, § 67 samt Überschrift, §§ 68 Abs. 1, 72 Z 4 und 5, 75 Abs. 24 bis 26 sowie die Einträge im Inhaltsverzeichnis zur Überschrift des 6. Hauptstückes und zu §§ 51a und 67 in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. XX/2016 treten mit 1. Juni 2016 in Kraft. § 22 Abs. 1 in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. XX/2016 tritt mit Ablauf des 31. Mai 2018 außer Kraft. Der 5. Abschnitt des 4. Hauptstückes samt Überschrift und


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der Eintrag im Inhaltsverzeichnis zum 5. Abschnitt des 4. Hauptstückes in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. XX/2016 treten mit Ablauf des auf die Kundmachung des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. XX/2016 folgenden Tages in Kraft.“

24. Dem § 75 werden nach Abs. 23 folgende Abs. 24 bis 26 angefügt:

„(24) Auf Fremde, denen der Status des Asylberechtigten bereits vor Inkrafttreten des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. XX/2016 zuerkannt wurde und auf Fremde, die einen Antrag auf internationalen Schutz vor dem 15. November 2015 gestellt haben, sind die §§ 2 Abs. 1 Z 15, 3 Abs. 4 bis 4b, 7 Abs. 2a und 51a in der Fassung des Bundes­gesetzes BGBl. I Nr. XX/2016 nicht anzuwenden. Für diese Fremden gilt weiter § 2 Abs. 1 Z 15 in der Fassung vor Inkrafttreten des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. XX/2016. §§ 17 Abs. 6 und 35 Abs. 1 bis 4 in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. XX/2016 sind auf Verfahren, die bereits vor dem 1. Juni 2016 anhängig waren, nicht anzuwenden. Auf Verfahren gemäß § 35, die bereits vor dem 1. Juni 2016 anhängig waren, ist § 35 Abs. 1 bis 4 in der Fassung vor Inkrafttreten des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. XX/2016 weiter anzuwenden. Handelt es sich bei einem Antragsteller auf Erteilung des Einreisetitels gemäß § 35 Abs. 1 um den Familienangehörigen eines Fremden, dem der Status des Asylberechtigten bereits vor Inkrafttreten des Bundes­gesetzes BGBl. I Nr. XX/2016 rechtskräftig zuerkannt wurde, sind die Voraussetzungen gemäß § 60 Abs. 2 Z 1 bis 3 nicht zu erfüllen, wenn der Antrag auf Erteilung des Einreisetitels innerhalb von drei Monaten nach Inkrafttreten des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. XX/2016 gestellt wurde. § 22 Abs. 1 gilt für Verfahren, die mit Ablauf des 31. Mai 2018 bereits anhängig waren, auch noch nach dem 31. Mai 2018 weiter.

(25) Liegen bei Inkrafttreten dieses Bundesgesetzes die technischen Voraussetzungen für eine Ausstellung der Karte für Asylberechtigte noch nicht vor, ist diese nach Wegfall des Hinderungsgrundes auszufolgen.

(26) Für Beschwerden gegen eine Hinderung an der Einreise, eine Zurückweisung oder eine Zurückschiebung gemäß § 40 iVm §§ 41 oder 45 FPG und die Rechtsfolgen in Bezug auf den Antrag auf internationalen Schutz (§ 41 Abs. 2 und 3) gelten die Bestimmungen des 5. Abschnittes des 4. Hauptstückes auch nach Ende seiner Anwendbarkeit (§ 36 Abs. 1) weiter.“

Artikel 2

Änderung des Fremdenpolizeigesetzes 2005

Das Fremdenpolizeigesetz 2005 (FPG), BGBl. I Nr. 100/2005, zuletzt geändert durch das Bundesgesetz BGBl. I Nr. 121/2015, wird wie folgt geändert:

1. In §§ 39 Abs. 3 Z 1 bis 3 und 45 Abs. 1 Z 1 bis 3 wird jeweils die Wortfolge „sieben Tagen“ durch die Wortfolge „14 Tagen“ ersetzt.

2. In § 39 Abs. 5a wird die Wortfolge „maximal 120 Stunden nur“ durch die Wortfolge „insgesamt 14 Tagen“ ersetzt und nach dem Wort „anordnet“ die Wortfolge „und die Zurückschiebung innerhalb der Dauer der Anhaltung wahrscheinlich ist. Dies gilt auch, wenn der Fremde seinen Verpflichtungen aus einem angeordneten gelinderen Mittel gemäß Abs. 7 nicht nachkommt“ eingefügt.

3. In § 39 wird nach Abs. 5a folgender Abs. 5b eingefügt:

„(5b) Die zuständige Landespolizeidirektion kann die Festnahme eines Fremden anordnen (Festnahmeauftrag), wenn die Zustimmung zur Rückübernahme des Frem­den vorliegt und die Vorführung zur Sicherung der Zurückschiebung erforderlich ist. Die Anhaltung ist diesfalls bis zu 72 Stunden zulässig.“

4. In § 39 wird nach Abs. 6 folgende Abs. 7 und 8 angefügt:


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„(7) In den Fällen der Abs. 5 bis 5b hat die Landespolizeidirektion gelindere Mittel anzuordnen, wenn Grund zur Annahme besteht, dass die Zurückschiebung durch Anwendung eines gelinderen Mittels gesichert ist. § 76 Abs. 1 letzter Satz und § 77 Abs. 2, 3 und 5 bis 9, gelten sinngemäß, mit der Maßgabe, dass anstelle des Bun­desamtes die jeweils zuständige Landespolizeidirektion, anstelle der Anordnung einer Schubhaft die Anordnung der Anhaltung zur Sicherung der Zurückschiebung und anstelle der Durchsetzung der Abschiebung die Durchführung der Zurückschiebung tritt.

(8) Die Anhaltung gemäß Abs. 5a oder 5b ist formlos durch Freilassung des Fremden oder das gelindere Mittel gemäß Abs. 7 durch formlose Mitteilung aufzuheben, wenn

              1.          sie nicht mehr länger aufrechterhalten werden dürfen oder

              2.          das Landesverwaltungsgericht festgestellt hat, dass die Voraus­setzungen für ihre Fortsetzung nicht vorliegen.

§ 81 Abs. 2, 3 und 4 letzter Satz gelten sinngemäß mit der Maßgabe, dass anstelle des Bundesamtes die jeweils zuständige Landespolizeidirektion tritt.“

5. § 61 Abs. 5 entfällt.

6. Der bisherige Inhalt des § 82 erhält die Absatzbezeichnung „(1)“ und werden folgende Abs. 2 und 3 angefügt:

„(2) Für die Entscheidung des Landesverwaltungsgerichtes über die Fortsetzung der Anhaltung gemäß §§ 39 Abs. 5 bis 5b gilt § 22a Abs. 2 BFA-VG sinngemäß mit der Maßgabe, dass anstelle des Bundesverwaltungsgerichtes das jeweils zuständige Landesverwaltungsgericht und anstelle der Schubhaft die Anhaltung zur Sicherung der Zurückschiebung  tritt.

(3) Gegen die Anordnung der Anhaltung gemäß §§ 39 Abs. 5 bis 5b ist eine Vorstellung nicht zulässig.“

7. In § 94a entfällt Abs. 1 und erhalten die Abs. 2 bis 7 die Absatzbezeichnungen „(1), (2), (3), (4), (5) und (6)“.

8. Dem § 125 wird folgender Abs. 29 angefügt:

„(29) Auf einen Fremden, dem der Status des Asylberechtigten gemäß § 3 AsylG 2005 in der Fassung vor Inkrafttreten des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. XX/2016 zuerkannt wurde, sind die §§ 94 Abs. 5 und 94a in der Fassung vor Inkrafttreten des Bun­des­gesetzes BGBl. I Nr. XX/2016 anzuwenden.“

9. Dem § 126 wird folgender Abs. 17 angefügt:

„(17) Die §§ 39 Abs. 3 Z 1 bis 3, 5a, 5b, 7 und 8, 45 Abs. 1 Z 1 bis 3, 61 Abs. 5, 82, 94a und 125 Abs. 29 in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. XX/2016 treten mit 1. Juni 2016 in Kraft.“

Artikel 3

Änderung des BFA-Verfahrensgesetzes

Das BFA-Verfahrensgesetz (BFA-VG), BGBl. I Nr. 87/2012, zuletzt geändert durch das Bundesgesetz BGBl. I Nr. 70/2015 und die Kundmachungen BGBl. I Nr. 84/2015 und BGBl. I Nr. 17/2016, wird wie folgt geändert:

1. Im Inhaltsverzeichnis wird nach dem Eintrag zu § 12 folgender Eintrag eingefügt:

„§ 12a. Dolmetschleistungen unter Verwendung technischer Einrichtungen“

2. Nach § 12 wird folgender § 12a samt Überschrift eingefügt:


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„Dolmetschleistungen unter Verwendung technischer Einrichtungen

§ 12a. Wenn einer Einvernahme oder Befragung ein Dolmetscher beizuziehen ist (§ 39a AVG), die Dolmetschleistung am Ort der Einvernahme aber nicht binnen ange­messener Zeit zur Verfügung gestellt werden kann, so kann die Dolmetschleistung unter Verwendung technischer Einrichtungen zur Wort- und Bildübertragung erbracht und dokumentiert werden.“

3. In § 16 Abs. 1 wird nach Satz 1 folgender Satz eingefügt:

„Dies gilt auch in den Fällen des § 3 Abs. 2 Z 1, sofern die Entscheidung mit der Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme verbunden ist.“

4. In § 29 Abs. 1 wird in Z 17 der Punkt durch einen Beistrich ersetzt und folgende Z 18 eingefügt:

              „18.       den Dolmetschern für Zwecke der Erbringung einer Dolmetschleistung nach § 12a.“

5. In § 29 Abs. 2 entfällt in Z 3 nach dem Beistrich das Wort „und“, in Z 4 wird der Punkt durch die Wendung „, und“ ersetzt sowie wird folgende Z 5 angefügt:

              „5.         dem Österreichischen Integrationsfonds.“

6. In § 30 Abs. 3 wird der Verweis „§ 35 Abs. 1“ durch den Verweis „§ 35 Abs. 1 und 2“ ersetzt.

7. In § 30 Abs. 4 wird nach der Bezeichnung „Arbeitsmarktservice“ die Wendung „, der Österreichische Integrationsfonds“ und nach Satz 1 folgender Satz eingefügt:

„Dies gilt auch für die Übermittlung von den in § 27 Abs. 1 Z 1 bis 6 und Z 19 genannten Datenarten an den Österreichischen Integrationsfonds, sofern dieser sie für die Durchführung von Maßnahmen der Integrationshilfe (§ 68 AsylG 2005) benötigt.“

8. In § 52 Abs. 1 wird Satz eins durch folgenden Satz ersetzt:

„Das Bundesamt hat den Fremden oder Asylwerber bei Erlassung einer Entscheidung, ausgenommen Entscheidungen nach § 53 BFA-VG und §§ 76 bis 78 AVG, oder einer Aktenvorlage gemäß § 16 Abs. 2 VwGVG mittels Verfahrensanordnung darüber zu informieren, dass ihm kostenlos ein Rechtsberater amtswegig zur Seite gestellt wird.“

9. § 52 Abs. 2 lautet:

„(2) Rechtsberater unterstützen und beraten Fremde oder Asylwerber jedenfalls beim Einbringen einer Beschwerde und im Beschwerdeverfahren gemäß Abs. 1 vor dem Bundesverwaltungsgericht, sowie bei der Beischaffung eines Dolmetschers. Rechtsberater haben den Beratenen die Erfolgsaussicht ihrer Beschwerde darzulegen. Auf deren Ersuchen haben sie die betreffenden Fremden oder Asylwerber auch im Verfahren, einschließlich einer mündlichen Verhandlung, zu vertreten.“

10. Dem § 56 wird folgender Abs. 8 angefügt:

„(8) Die §§ 12a samt Überschrift, 29 Abs. 1 und Abs. 2 Z 3 bis 5, 30 Abs. 3 und 4 sowie der Eintrag im Inhaltsverzeichnis zu § 12a in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. XX/2016 treten mit 1. Juni 2016 in Kraft. § 52 Abs. 1 und 2 in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. XX/2016 treten mit 1. Oktober 2016 in Kraft.“

Erläuterungen

Allgemeiner Teil

Gemäß Art. 24 der Richtlinie 2011/95/EU über Normen für die Anerkennung von Drittstaatsangehörigen oder Staatenlosen als Personen mit Anspruch auf interna-


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tionalen Schutz, für einen einheitlichen Status für Flüchtlinge oder für Personen mit Anrecht auf subsidiären Schutz und für den Inhalt des zu gewährenden Schutzes (Neufassung; Status-Richtlinie) ABl. Nr. L 337 vom 20.12.2011 S. 9, können die Mitgliedstaaten vorsehen, dass Personen, denen der Flüchtlingsstatus zuerkannt wor­den ist, einen Aufenthaltstitel erhalten, der mindestens drei Jahre gültig und verlän­gerbar sein muss.

Nach geltender Rechtslage erhalten Personen, denen der Status des Asylberechtigten zuerkannt wird, sofort ein dauerhaftes Aufenthaltsrecht. Mit Bescheid ist der Status des Asylberechtigten jedoch abzuerkennen (§ 7 AsylG 2005), wenn Gründe für die Aberkennung vorliegen (z.B. Gefahr für die Sicherheit, Endigungsgründe nach Art. 1 Abschnitt C Genfer Flüchtlingskonvention von 1951 (GFK). Zu den Endigungsgründen nach Art. 1 Abschnitt C GFK zählt u.a. der Wegfall der Umstände, aufgrund derer die Flücht­lingseigenschaft zuerkannt worden ist, sofern der Betroffene es nicht mehr ablehnen kann, den Schutz des Landes in Anspruch zu nehmen, dessen Staatsange­hörigkeit er besitzt. Vor dem Hintergrund der seit 2015 stark gestiegenen Anzahl von Schutzsuchenden und einreisenden Fremden und der hieraus resultierenden Herausforderungen im Bereich Asyl und Migration ist eine Adaptierung der Rechtslage im Rahmen der europarechtlichen und völkerrechtlichen Vorgaben im Hinblick auf eine systematische Prüfung des weiteren Vorliegens der Voraussetzungen für die Asylzuerkennung sachgerecht und erforderlich.

Es soll nunmehr zumindest einmal im Kalenderjahr geprüft werden, ob es in den Herkunftsstaaten, aus denen die meisten Asylberechtigten kommen, zu einer wesentlichen, dauerhaften Veränderung der spezifischen, insbesondere politischen, Verhältnisse gekommen ist. Im Sinne der oben genannten unionsrechtlichen Vorgaben soll zugleich normiert werden, dass Fremde, denen der Status des Asylberechtigten rechtskräftig zuerkannt wird, ex lege mit der Zuerkennung eine auf drei Jahre befristete Aufenthaltsberechtigung erhalten. Diese Aufenthaltsberechtigung verlängert sich nach Ablauf ihrer Gültigkeitsdauer ex lege um einen unbefristeten Zeitraum, sofern nicht ein Aberkennungsverfahren eingeleitet wird. Durch diese Vorgangsweise wird ein zusätz­licher Verwaltungsaufwand vermieden.

Im Falle des Vorliegens eines Aberkennungsgrundes ist ein Aberkennungsverfahren einzuleiten und erfolgt gegebenenfalls die Aberkennung des Status mit Bescheid, der im Rechtsweg bekämpfbar ist. Mit der Aberkennungsentscheidung ist im Rahmen des § 10 Abs. 1 AsylG 2005 eine Rückkehrentscheidung zu verbinden (sofern es nicht zu einer Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten oder der Erteilung eines Aufenthaltstitels nach dem 7. Hauptstück kommt oder der Fremde geduldet wird) und erfolgt gegebenenfalls als ultima ratio eine Außerlandesbringung des Betroffenen.

Ändert sich hingegen an den relevanten Umständen im Herkunftsstaat nichts bzw. liegen keine sonstigen Aberkennungsgründe vor, erfolgt ex lege eine Verlängerung der Aufenthaltsberechtigung auf unbefristete Dauer. Es ist aber auch nach einer erfolgten Verlängerung der Aufenthaltsberechtigung eine Aberkennung des Status nach Maßgabe des § 7 AsylG 2005, insbesondere des § 7 Abs. 3 AsylG 2005, weiterhin möglich.

Aufgrund der Neuregelung muss somit in jedem Einzelfall geprüft werden, ob die Asylvor­aussetzungen weiterhin vorliegen, wenn seitens des Bundesamtes für Frem­denwesen und Asyl (das „Bundesamt“) ein Aberkennungsverfahren eingeleitet wird. Andernfalls verlängert sich das Aufenthaltsrecht ex lege.

Zum Zwecke der Entscheidung des Bundesamtes, ein Aberkennungsverfahren einzu­leiten, wird seitens der Staatendokumentation des Bundesamtes zumindest einmal im Kalenderjahr eine Analyse betreffend die Situation in den relevanten Herkunftsstaaten


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der Asylberechtigten erstellt und geprüft, ob in diesen Staaten eine nachhaltige und wesentliche Änderung der spezifischen, insbesondere politischen, Verhältnisse ein­getreten ist. Ergibt sich aus der Analyse, dass es in einem Herkunftsstaat zu einer solchen wesentlichen, dauerhaften Veränderung der spezifischen, insbesondere politi­schen, Verhältnisse gekommen ist, die für die Furcht vor Verfolgung maßgeblich sind, ist im Hinblick auf die betroffenen Asylberechtigten im Rahmen des § 7 AsylG 2005 jedenfalls ein Verfahren zur Aberkennung des Status des Asylberechtigten einzuleiten.

Wird ein solches Aberkennungsverfahren aufgrund des Ergebnisses einer Analyse eingeleitet, ist dies dem Fremden formlos mitzuteilen und tritt somit noch keine ex lege Verlängerung seines Aufenthaltsrechts ein. Daher ist für den Fremden nach Ablauf seiner befristeten Aufenthaltsberechtigung klar erkennbar, ob sein Aufenthaltsrecht in Zukunft unbefristet ist.

Im Hinblick auf die Familienzusammenführung kann im Rahmen des Unionsrechts vom zuziehenden Familienangehörigen verlangt werden, eine Unterkunft, eine Kranken­versicherung sowie feste und regelmäßige Einkünfte iSd § 11 Abs. 5 NAG nachzu­weisen, wenn der Antrag auf internationalen Schutz durch den zuziehenden Familien­an­gehörigen nicht binnen drei Monaten nach Zuerkennung des Asylberechtigtenstatus der Bezugsperson gestellt wird. Diese Option wird nun in § 35 AsylG 2005 aufge­nommen. Bei Antragstellung innerhalb von drei Monaten nach Zuerkennung des Asyl­berechtigtenstatus an den Zusammenführenden bleiben die Voraussetzungen für den Familiennachzug zu Asylberechtigten wie bisher.

Familienangehörige von subsidiär Schutzberechtigten müssen künftig unabhängig vom Antragszeitpunkt diese Zusatzvoraussetzungen (Unterkunftsnachweis, Krankenver­siche­rung und feste und regelmäßige Einkünfte iSd § 11 Abs. 5 NAG) erfüllen.

Bei Nichterfüllung dieser zusätzlichen Voraussetzungen erfolgt jedoch keine auto­matische Ablehnung, sondern ist im Einzelfall zu prüfen, ob sich ein Anspruch auf Familienzusammenführung im Lichte des Art. 8 der Europäische Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (EMRK) entsprechend der höchst­gerichtlichen Judikatur ergibt und ist gegebenenfalls der Nachzug zu gewähren.

Für unbegleitete minderjährige Asylberechtigte oder subsidiär Schutzberechtigte, die ihre Eltern nachholen wollen, gelten die Zusatzvoraussetzungen (Unterkunftsnachweis, die Krankenversicherung und feste und regelmäßige Einkünfte im Sinne des § 11 Abs. 5 NAG) aus Gründen der Verhältnismäßigkeit von vornherein nicht.

Zudem wird die Wartefrist für Familienangehörige von subsidiär Schutzberechtigten von bisher einem auf nunmehr drei Jahre erstreckt.

In § 67 AsylG 2005 wird verankert, dass Asylberechtigte und subsidiär Schutz­berechtigte künftig unverzüglich nach Zuerkennung des Status zum Zwecke der Inte­grationsförderung beim zuständigen Integrationszentrum des Österreichischen Integra­tionsfonds (ÖIF) persönlich zu erscheinen haben. Der ÖIF führt insbesondere Orientie­rungsgespräche, definiert Integrationserfordernisse und informiert über Integrationsleis­tungen. Über diese Verpflichtung sind die Betroffenen zugleich mit Statuszuerkennung zu informieren. Im Falle eines im Zuge eines Aberkennungsverfahrens eingeleiteten Rückkehrentscheidungsverfahren kann die Teilnahme an den Integrationsangeboten des ÖIF entsprechend bei der Art. 8 EMRK Abwägung im Zuge der Prüfung des Grades der Integration gemäß § 9 Abs. 2 Z 4 BFA-VG berücksichtigt werden. In § 68 AsylG 2005 wird klargestellt, dass Maßnahmen der Integrationshilfe nach Maßgabe finanzieller und organisatorischer Ressourcen auch Asylwerbern, denen mit sehr hoher Wahrscheinlichkeit ein Schutzstatus zuerkannt wird, zu gewähren sind.


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Außerdem wird im AsylG 2005 ein 5. Abschnitt im 4. Hauptstück mit Sonderbe­stimmungen zur Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung und zum Schutz der inneren Sicherheit während der Durchführung von Grenzkontrollen eingeführt, welcher basierend auf Art. 72 des Vertrages über die Arbeitsweise der Europäischen Union (AEUV) von einzelnen Bestimmungen des Unions-Sekundärrecht abweicht. Die abge­leitete Befugnis der Abweichung von Sekundärrecht wurde in von der Bundesregierung eingeholten Rechtsgutachten zur Einhaltung des verfassungsrechtlichen Rahmens (em. Univ.-Prof. Dr. Bernd-Christian Funk, Universität Wien) und zur Einhaltung des europarechtlichen Rahmens (Univ.-Prof. Dr. Walter Obwexer, Universität Innsbruck), bestätigt

Die Kompetenz des Bundes zur Erlassung dieses Bundesgesetzes gründet sich bezüglich des Art. 1 auf Art. 10 Abs. 1 Z 3 B-VG (Asyl), bezüglich des Art. 2 auf Art. 10 Abs. 1 Z 3 B-VG (Regelung und Überwachung des Eintrittes in das Bundesgebiet und des Austrittes aus ihm, Aufenthaltsverbot, Ausweisung und Abschiebung) und Art. 10 Abs. 1 Z 7 B-VG (Fremdenpolizei), bezüglich des Art. 3 auf Art. 10 Abs. 1 Z 3 B-VG (Ein- und Auswanderungswesen einschließlich des Aufenthaltsrechtes aus berück­sichtigungswürdigen Gründen, Aufenthaltsverbot, Ausweisung und Abschiebung, Asyl) und bezüglich des Art. 4 auf Art. 10 Abs. 1 Z 3 B-VG (Regelung und Überwachung des Eintrittes in das Bundesgebiet und des Austrittes aus ihm).

Besonderer Teil

Zu Artikel 1 (Änderung des Asylgesetzes 2005)

Zu Z 1 bis 4 (Inhaltsverzeichnis):

Dabei handelt es sich um die notwendigen Adaptierungen des Inhaltsverzeichnisses.

Zu Z 5 (§ 2 Abs. 1 Z 15):

Aufgrund der Einführung eines zunächst befristeten Aufenthaltsrechts für Asylbe­rech­tigte ist eine entsprechende Adaptierung der Begriffsbestimmung erforderlich. Im Unter­schied zum Status des subsidiär Schutzberechtigten ist mit dem Status des Asylberechtigten nach der ersten Verlängerung – sofern keine Aberkennung des Status erfolgt – weiterhin ein dauerhaftes Aufenthaltsrecht verbunden.

Zu Z 6 (§ 3 Abs. 4 bis 4b):

Nach Vorbild des Art. 24 Abs. 1 der Status-Richtlinie wird eine befristete Aufent­haltsberechtigung für Personen, die den Status des Asylberechtigten erhalten, einge­führt. Im Falle der Zuerkennung dieses Status erhalten Asylberechtigte ex lege eine Aufenthaltsberechtigung, die zunächst auf drei Jahre befristet ist.

Nach Ablauf der Gültigkeitsdauer der Aufenthaltsberechtigung erfolgt ex lege eine Verlän­gerung der Gültigkeitsdauer der Aufenthaltsberechtigung, sofern nicht die Vor­aussetzungen für die Einleitung eines Verfahrens zur Aberkennung des Status des Asylberechtigten vorliegen. Zu den Aberkennungsgründen zählen etwa die Begehung eines besonders schweren Verbrechens oder auch der Wegfall von Umständen, aufgrund derer die Flüchtlingseigenschaft zuerkannt worden ist, sofern der Betroffene es nicht mehr ablehnen kann, den Schutz des Landes in Anspruch zu nehmen, dessen Staatsangehörigkeit er besitzt.

Mit Rechtskraft einer Aberkennung des Status des Asylberechtigten erlischt das Aufenthaltsrecht ex lege und ist die Karte für Asylberechtigte abzugeben. Im Falle der Aberkennung des Status des Asylberechtigten erfolgt zugleich auch im Rahmen des § 10 Abs. 1 die Erlassung einer Rückkehrentscheidung. Bis zur Rechtskraft der Aber­kennung gilt die Aufenthaltsberechtigung weiter.


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Es wird nunmehr vorgesehen (Abs. 4a), dass seitens der Staatendokumentation des Bundesamtes zumindest einmal im Kalenderjahr in Form einer Analyse geprüft wird, ob es in jenen Ländern, aus denen in den letzten fünf Jahren die meisten Asylberechtigten gekommen sind, zu einer wesentlichen, dauerhaften Veränderung der spezifischen, insbesondere politischen Verhältnisse gekommen ist, die für die Furcht der Betroffenen vor Verfolgung mitbestimmend sind. Ergibt sich aus der Analyse, dass es zu solchen Veränderungen im Sinne einer Verbesserung der Lage gekommen ist, ist bei den Asylberechtigten aus diesen Herkunftsstaaten im Rahmen des § 7 Abs. 2 iVm Abs. 3 ein Verfahren zur Aberkennung des Status einzuleiten. Dem Wortlaut des Abs. 4a entsprechend, muss die Staatendokumentation des Bundesamtes mindestens einmal jährlich eine Analyse erstellen. Abhängig von geopolitischen Entwicklungen kann die Erstellung einer Analyse jedoch auch mehrmals im Jahr geboten sein.

Die Aberkennung des Status von Asylberechtigten aus Herkunftsstaaten, die nicht von der Analyse erfasst sind, bleibt davon unberührt und erfolgt im Rahmen des § 7. Liegen entsprechende Informationen zu geänderten, wesentlichen und dauerhaften Umständen der Verhältnisse in solchen Herkunftsstaaten vor, ist auf Basis dieser Informationen in gleicher Weise ein Aberkennungsverfahren einzuleiten.

Diese Neuregelungen bedeuten, dass vom Bundesamt systematisch zu prüfen ist, ob im Einzelfall Gründe für die Aberkennung des Status vorliegen, da gegebenenfalls ein Aberkennungsverfahren einzuleiten ist und diesfalls eine Mitteilung an den Betroffenen über die Einleitung des Verfahrens zu ergehen hat (siehe § 7 Abs. 2a neu).

Unabhängig von diesen Neuregelungen gelten aber die allgemeinen Regelungen zur Aberkennung unverändert weiter. Bei Vorliegen von Aberkennungsgründen ist ein Aberkennungsverfahren wie bisher jederzeit einzuleiten, d.h. auch vor Ablauf der dreijährigen Befristung oder im Rahmen des § 7, wenn bereits ein unbefristetes Aufenthaltsrecht vorliegt, aber die zeitlichen Grenzen des § 7 Abs. 3 noch nicht erreicht sind.

In Abs. 4b wird in sachgerechter Weise nach dem Vorbild des geltenden § 8 Abs. 5 normiert, dass im Falle eines Familiennachzuges der nachziehende Familien­ange­hörige eine Aufenthaltsberechtigung bekommt, die die gleiche Befristung wie die der Bezugsperson aufweist. Dies steht im Einklang mit Art. 24 zweiter Unterabsatz Status-Richtlinie. Somit ist gewährleistet, dass die Verfahren von Familienangehörigen „unter einem“ bzw. gleichzeitig geführt werden. Zur unbefristeten Verlängerung der Aufent­halts­berechtigung ist ebenso wie bei der Bezugsperson auch bei den Familien­angehörigen zu prüfen, ob keine Voraussetzungen für die Einleitung eines Aberken­nungsverfahrens vorliegen. Wird der Asylberechtigtenstatus der Bezugsperson aber­kannt (z.B. wegen Straffälligkeit), führt dies jedoch nicht automatisch zu einer Aber­kennung des Status der Familienangehörigen; der Status jedes Familien­ange­hörigen muss gesondert überprüft werden.

Zu Z 7 (§ 7 Abs. 2a):

In sachgerechter Weise wird normiert, dass ein Verfahren zur Aberkennung des Status jener Asylberechtigten jedenfalls einzuleiten ist, wenn sich bezüglich deren Herkunfts-staaten aus einer Analyse des Bundesamtes nach § 3 Abs. 4a ergibt, dass es dort zu einer wesentlichen, dauerhaften Veränderung der spezifischen, insbesondere politi­schen Verhältnisse gekommen ist, die für die Furcht vor Verfolgung mitbestimmend sind. Nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes (z.B. VwGH vom 24.6.1999, Zl. 98/20/0246 oder vom 01.04.2004, Zl. 2001/20/0286) können „grundlegende politische Veränderungen in dem Staat, aus dem der Asylwerber aus wohlbegründeter Furcht vor asylrelevanter Verfolgung geflüchtet zu sein behauptet, die Annahme begründen, dass der Anlass für die Furcht vor Verfolgung nicht (mehr) länger bestehe“, woraus sich der


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Verlust der zunächst gegebenen Flüchtlingseigenschaft ergeben kann. Die Annahme einer grundlegenden politischen Veränderung im Herkunftsstaat, aus der sich der Verlust der Flüchtlingseigenschaft ergeben soll, setzt nach der Judikatur eine „gewisse Konsolidierung der Verhältnisse voraus, für deren Beurteilung es in der Regel eines längeren Beobachtungzeitraumes bedarf“ (vgl. VwGH vom 19.10.2006, Zl. 2006/19/0372). Dabei ist weiterhin § 7 Abs. 3 entsprechend zu beachten, d.h. eine Aberkennung ist bei nicht straffälligen Asylberechtigten grundsätzlich innerhalb von fünf Jahren nach Zuer­kennung möglich. Diese Verpflichtung zur Einleitung eines Aberkennungsverfahrens ist unabhängig von der dreijährigen Gültigkeitsdauer der Aufenthaltsberechtigung zu sehen. Beispielsweise kann ein Aberkennungsverfahren bereits ein Jahr nach Aus­stellung der Aufenthaltsberechtigung verpflichtend einzuleiten sein, wenn sich schon zu diesem Zeitpunkt eine der o.a. Judikatur entsprechende Situationsänderung aus der Analyse ergibt. Wird ein solches Aberkennungsverfahren wegen einer wesentlichen, dauerhaften Veränderung der spezifischen, insbesondere politischen Verhältnisse eingeleitet, hat dies das Bundesamt dem betroffenen Fremden formlos schriftlich mitzuteilen.

An den Aberkennungsgründen bzw. der notwendigen Prüfung des Wegfalls der individuellen Verfolgungsgründe ändern die Regelungen zur Analyse klarerweise nichts. D.h. ob eine tatsächliche Aberkennung erfolgt, richtet sich nach wie vor nach § 7 Abs. 1 iVm mit den dort genannten Rechtsgrundlagen. Der Analyse kommt für die Fest­stellung des maßgeblichen Sachverhaltes und der Bewertung, ob und inwieweit die individuellen Fluchtgründe weggefallen sind, keine andere Rolle oder kein anderer Beweiswert als bisher die Informationen der Staatendokumentation zu. Die Fest­stellung des maßgeblichen Sachverhaltes im erstinstanzlichen Verfahren bleibt weiter­hin zentrale Aufgabe der verfahrensführenden Stelle des Bundesamtes. Die Einleitung eines Aberkennungsverfahrens bedeutet somit klarerweise nicht zwangsläufig auch eine tatsächliche Aberkennung und Außerlandesbringung. Je nach den Umständen und dem Sachverhalt des Einzelfalls kann das Aberkennungsverfahren von Amts wegen eingestellt werden (wenn etwa das Vorliegen eines Aberkennungsgrundes nicht festgestellt werden kann) oder das Verfahren auch mit der Zuerkennung von subsi­diärem Schutz, der Erteilung eines humanitären Aufenthaltstitels oder einer Duldung enden.

Zu Z 8 (§ 17 Abs. 6):

Unterbleibt eine Anordnung des Bundesamtes gemäß § 43 Abs. 2 BFA-VG (wenn sich der Asylwerber in Haft befindet oder wenn keine Versorgung in einer Betreuungs­einrichtung des Bundes möglich ist) gilt nach geltender Rechtslage der Antrag nach Durchführung der Befragung, Durchsuchung und erkennungsdienstlichen Behandlung als eingebracht. Die Regelung des § 43 Abs. 2 Z 2 BFA-VG zielt dabei auf die Bewältigung von großen Fluchtbewegungen ab, welche zu nicht vorhersehbaren Unter­brin­gungsengpässen in den Betreuungseinrichtungen des Bundes führen. Mit Antragseinbringung ist der Beginn des Fristenlaufs nach § 28 Abs. 2 verbunden; der Antrag ist demnach jedenfalls zuzulassen, sofern das Bundesamt nicht binnen 20 Tagen ab Antragseinbringung über die Zurückweisung des Antrages entscheidet.

Dieser letzte Satz war bereits in § 17 Abs. 6 idF vor dem Fremdenrechts­änderungs­gesetzes 2015 (FrÄG 2015) enthalten und entfiel aufgrund eines Redaktionsversehens im Zuge des FrÄG 2015. Zukünftig wird daher in den (Ausnahme-)Fällen des § 43 Abs. 2 BFA-VG der Fristenlauf des § 28 Abs. 2 (Zulassung zum Asylverfahren, wenn nicht binnen 20 Tagen nach Antragseinbringung der Antrag auf internationalen Schutz zurück­gewiesen wird) dann beginnen, wenn das Bundesamt eine erste Verfahrens­handlung gesetzt hat. Somit wird die Rechtslage gemäß der Stammfassung des § 17 Abs. 6 wiederhergestellt.


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Zu Z 9, 10, 24 und 25 (§ 19 Abs. 6, 22 Abs. 1, 73 Abs. 15 und 75 Abs. 24):

§ 19 Abs. 6:

Ist ein Verfahren wegen Verletzung der Entscheidungspflicht des Bundesamtes beim Bundesverwaltungsgericht (BVwG) anhängig, ist es vor dem Hintergrund der Zweck­mäßigkeit und Wirtschaftlichkeit der Verwaltung sowie den entsprechend dem aktu­ellen Migrationsgeschehen bestehenden quantitativen Herausforderungen für das BVwG gerechtfertigt, dass das BVwG bei Säumnisbeschwerden das Bundesamt mit gewissen Ermittlungsschritten betrauen kann. Gemäß dem neuen Abs. 6 ist daher vorgesehen, dass das BVwG - im Rahmen des Säumnisverfahrens - das Bundesamt mit der Einvernahme des Asylwerbers beauftragen kann, um zu vermeiden, dass das Gericht im Säumnisfalle Verfahren ohne einer Einvernahme des Bundesamtes gem. § 19 Abs. 2 zu führen hat.

§§ 22 Abs. 1, 73 Abs. 15 und 75 Abs. 24:

Verfahren über Anträge auf internationalen Schutz sind entsprechend allgemeinen verwaltungsrechtlichen Vorschriften grundsätzlich binnen sechs Monaten abzu­schließen (§ 73 Abs. 1 AVG). Gemäß § 73 Abs. 1 AVG kann in den Verwaltungs­vorschriften anderes bestimmt werden. Art. 31 der Richtlinie 2013/32/EU zu gemein­samen Verfahren für die Zuerkennung und Aberkennung des internationalen Schutzes (Neufassung) (Verfahrens-RL) sieht für bestimmte Fälle bzw. bei Vorliegen besonderer Umstände die Möglichkeit vor, eine deutlich längere Entscheidungsfrist vorzusehen.

Gemäß Art. 31 Abs. 3, 2. Unterabsatz b der Verfahrens-RL können die Mitgliedstaaten die Sechsmonatsfrist um höchstens neun weitere Monate verlängern, wenn eine große Anzahl von Drittstaatsangehörigen oder Staatenlosen gleichzeitig internationalen Schutz beantragt, so dass es in der Praxis sehr schwierig ist, das Verfahren innerhalb der Frist von sechs Monaten abzuschließen. Im Jahr 2015 hat sich die Anzahl an Anträgen auf internationalen Schutz im Vergleich zum Vorjahr mit rund 90.000 Anträ­gen verdreifacht. Insbesondere im zweiten Halbjahr 2015 hat die Anzahl der Anträge pro Monat oftmals deutlich über 10.000 betragen; im Jahr 2014 schwankten die monatlichen Antragszahlen hingegen zwischen 1.500 bis - zu Jahresende - maximal rund 4.200.

Im Jahr 2015 traf das Bundesamt mit 36.227 Statusentscheidungen nach dem Asylgesetz bereits doppelt so viele Entscheidungen wie im Jahr 2014. Dies konnte insbesondere durch eine Personalaufstockung von 206 neuen Mitarbeitern ermöglicht werden. Unbeschadet dieser Personalaufstockung hat sich aufgrund des starken Zu­stroms Schutzsuchender im Jahr 2015 die Anzahl an offenen Verfahren mehr als verdoppelt (31.000 offene Asylverfahren zu Beginn des Jahres 2015 im Vergleich zu 80.000 offene Asylverfahren Ende Februar 2016). Die Abarbeitung dieser Verfahren bedarf daher trotz der erfolgten Personalaufstockung bereits aus derzeitiger Sicht jahrelanger Arbeit, weshalb ein erneuter Zustrom Schutzsuchender in einem vergleich­baren Ausmaß den bestehenden „Rückstau“ an Asylverfahren weiter verstärken würde. Vor diesem Hintergrund und den allgemeinen organisatorischen Rahmenbedingungen wie etwa die Personalausstattung und die zur Verfügung stehenden nichtamtlichen Dolmetscher kann daher eine Entscheidung innerhalb von sechs Monaten nicht gewährleistet werden.

Somit liegt derzeit ein Anwendungsfall des Art. 31 Abs. 3, 2. Unterabsatz b der Verfahrens-RL vor und wird vorübergehend die maximale Entscheidungsfrist auf insgesamt 15 Monate verlängert. Es handelt sich hierbei aber um eine Entscheidung im Einzelfall, so dass auch im Sinne des Erwägungsgrunds Nr. 19 der Verfahrens-RL die Flexibilität besteht, bestimmte Verfahren prioritär zu führen. Eine solche prioritäre – schnellere – Verfahrensführung wird in der Praxis vor allem auch bei vulnerablen


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Personengruppen, wie insbesondere unbegleiteten Minderjährigen, anzustreben sein. Von der Ermächtigung durch Art. 31 Abs. 3, 3. Unterabsatz der Verfahrens-RL, in begründeten Einzelfällen eine Fristverlängerung um weitere drei Monate vorzusehen, wird nicht Gebrauch gemacht.

Die Regelung wird befristet für zwei Jahre eingeführt; die Belastung für das Bundesamt wird entsprechend den Prognosen für 2016 und der Erledigung der bis dahin anfal­lenden Verfahren für diesen Zeitraum jedenfalls den angeführten Voraussetzungen des Art. 31 Abs. 3, 2. Unterabsatz b Verfahrens-RL entsprechen.

Durch die Verlängerung der Entscheidungsfrist wird auch sichergestellt, dass der Rechtschutz vollumfänglich gewährleistet werden kann, während im Fall der Säumnis und der Entscheidung durch ein Verwaltungsgericht eine Entscheidungsebene des Verfahrens entfällt. Die Verpflichtung der Behörden, entsprechend ihren Möglichkeiten rasch, d.h. ohne unnötigen Aufschub, zu entscheiden, wird davon nicht berührt.

Zu Z 11 (§ 33 Abs. 2):

Der Verweis auf die Fälle der Zurückweisung eines Antrages auf internationalen Schutz wegen bestehenden Schutzes in einem sicheren EWR-Staat oder der Schweiz (§ 4a) in § 33 Abs. 2 kann entfallen. Anders als in den Fällen der Drittstaatensicherheit, bei denen der Fremde in einem Drittstaat Schutz vor Verfolgung finden kann – d.h. ihm dort ein Asylverfahren „nur“ offen steht – hat er in den Fällen des § 4a bereits von einem Mitgliedstaat oder der Schweiz einen internationalen Schutzstatus erhalten. Die Einbindung des UNHCR vor Zurückweisung des Antrages im Flughafenverfahren ist vor diesem Hintergrund in diesen Fällen nicht zweckmäßig.

Zu Z 12 bis 16 (§ 35):

Abs. 1:

In Abs. 1 Satz 1 entfällt der Bezug zu den subsidiär Schutzberechtigten, da sich zur leichteren Lesbarkeit die Regelungen für Familienangehörige von subsidiär Schutz­berechtigten nunmehr in Abs. 2 befinden und Abs. 1 ausschließlich für Familien­angehörige von Asylberechtigten gilt.

Für Anträge von Familienangehörigen eines Asylberechtigten gilt in Hinkunft, dass bei jenen Anträgen auf Erteilung eines Einreisetitels, die mehr als drei Monate nach Zuerkennung des Asylberechtigtenstatus der familienzusammenführenden Bezugsper­son eingebracht wurden, die Voraussetzungen gemäß § 60 Abs. 2 Z 1 bis 3 zusätzlich nachzuweisen sind. Dies entspricht Art. 12 Abs. 1, 3. Unterabsatz der Richtlinie 2003/86/EG betreffend das Recht auf Familienzusammenführung (Familienzusam­menführungs-RL). Diese Voraussetzungen umfassen die Erbringung von Nachweisen einer adäquaten Unterkunft, einer Krankenversicherung sowie fester und regelmäßiger Einkünfte im Sinne des § 11 Abs. 5 NAG.

Bei jenen Anträgen auf Erteilung eines Einreisetitels, die innerhalb von drei Monaten nach Zuerkennung des Asylberechtigtenstatus der Bezugsperson eingebracht werden, sind diese Zusatzvoraussetzungen entsprechend Art. 12 Abs. 1, erster Unterabsatz nicht zu erbringen; es gilt daher für diese Anträge weiterhin die bisherige Rechtslage. Bei Antragsstellung eines Asylberechtigten, der als gesetzlicher Vertreter für seine Kinder oder als Bevollmächtigter für einen anderen Familienangehörigen im Inland einen Antrag einbringt, wäre dieser Antrag von der unzuständigen Behörde gemäß § 6 AVG an die zuständige Behörde (Berufsvertretungsbehörde im Ausland) weiterzu­leiten.


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Abs. 2:

Die Stattgebung eines Antrags auf Erteilung eines Einreisetitels ist für Familien­angehörige eines subsidiär Schutzberechtigten in Hinkunft erst dann möglich, wenn der Bezugsperson der Status als subsidiär Schutzberechtigter bereits seit drei Jahren zukommt und die zusätzlichen Voraussetzungen gemäß § 60 Abs. 2 Z 1 bis 3 nachge­wiesen werden. Die Familienzusammenführungs-RL findet auf Familienangehörige der subsidiär Schutzberechtigten keine Anwendung.

Abs. 2a:

Handelt es sich bei der Bezugsperson um einen unbegleiteten minderjährigen Frem­den, dem internationaler Schutz zuerkannt wurde, sollen im Falle des Familiennach­zuges der Eltern des Minderjährigen die zusätzlichen Voraussetzungen gemäß § 60 Abs. 2 Z 1 bis 3 (Unterkunftsnachweis, Krankenversicherung sowie feste und regel­mäßige Einkünfte im Sinne des § 11 Abs. 5 NAG) jedoch nicht erfüllt werden müssen. Daher ist vorgesehen, dass in solchen Fällen die Voraussetzungen gemäß § 60 Abs. 2 Z 1 bis 3 als erfüllt gelten. Die Minderjährigkeit des zusammenführenden Fremden muss dabei im Zeitpunkt der Antragstellung des Familiennachzugs der Eltern vorlie­gen.

Abs. 3:

Diese Ergänzung dient der besseren Verständlichkeit. Hinzu kommt, dass die öster­reichischen Vertretungsbehörden gegebenenfalls auf die Vollständigkeit des Antrages im Hinblick auf die Nachweise zur Erfüllung der Voraussetzungen gemäß § 60 Abs. 2 Z 1 bis 3 hinzuwirken haben, d.h., dass sie den Antragsteller auf möglicher­weise fehlende Unterlagen aufmerksam zu machen und ihn zur Vorlage der notwen­digen Unterlagen aufzufordern haben. Es handelt sich dabei um eine objektiv-recht­liche Verpflichtung der Vertretungsbehörden (vgl. auch § 23 Abs. 1 NAG), die der Verfah­rensmaxime einer raschen und effizienten Verfahrensführung dient; die Regelung des § 13 Abs. 3 AVG bleibt davon unberührt.

Abs. 4:

Z 3 stellt klar, dass im Falle einer später als drei Monate nach Statuszuerkennung erfolgten Antragsstellung des Familienangehörigen eines Asylberechtigten oder im Falle des Antrages des Familienangehörigen eines subsidiär Schutzberechtigten eine positive Mitteilung durch das Bundesamt nur erfolgen darf, wenn die Voraussetzungen nach § 60 Abs. 2 Z 1 bis 3 erfüllt sind, wobei aber vor einer negativen Mitteilung zu prüfen ist, ob sich ein Anspruch auf Familienzusammenführung im Lichte des Art. 8 EMRK entsprechend der höchstgerichtlichen Judikatur ergibt. Nach der Judikatur (vgl. z.B. VwGH vom 11.11.2013, Zl 2013/22/0224) ist etwa bei der Beurteilung, ob ein Eingriff nach Art. 8 EMRK zulässig ist, zu beachten, ob eine Fortsetzung des Familienlebens außerhalb Österreichs möglich ist und ob eine aus Asylgründen bedingte Trennung der Familie, den Eingriff in das Familienleben als unzulässig werten lassen könnte.

Zu Z 17 (5. Abschnitt samt Überschrift):

Die nachstehend dargestellte aus Art. 72 AEUV abgeleitete Befugnis der Abweichung von Sekundärrecht, die der Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung und dem Schutz der inneren Sicherheit dient, wurde in von der Bundesregierung eingeholten Rechtsgutachten zur Einhaltung des verfassungsrechtlichen Rahmens (em. Univ.-Prof. Dr. Bernd-Christian Funk, Universität Wien) und zur Einhaltung des europarechtlichen Rahmens (Univ.-Prof. Dr. Walter Obwexer, Universität Innsbruck), bestätigt. So ist in den „Gemeinsamen Schlussfolgerungen der Gutachter“ unter Punkt 7. festgehalten: „Aus alledem folgt, dass Österreich sowohl völkerrechtlich als auch unionsrechtlich


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eine Reihe von Maßnahmen ergreifen kann, um den Zustrom von Drittstaats­ange­hörigen und Staatenlosen zahlenmäßig zu beschränken. So könnte Österreich – in Übereinstimmung mit den völker- und unionsrechtlich garantierten Grundrechten – nur noch jene Anträge auf internationalen Schutz behandeln, deren Antragsteller andern­falls Gefahr liefen, in einem der einschlägigen Grundrechte verletzt zu werden. Dazu gehören in erster Linie das Folterverbot (Art 3 EMRK/Art 4 GRC), das Recht auf Ach­tung des Privat- und Familienlebens (Art 8 EMRK/Art 7 GRC) sowie das Recht auf effektiven gerichtlichen Rechtsschutz (Art 13 EMRK/Art 47 GRC). Alle anderen Antragsteller könnten in sichere (Dritt-)Staaten aus- oder zurückgewiesen werden. Von der unionsrechtlichen Pflicht zur Prüfung jedes Antrags auf internationalen Schutz, den Drittstaatsangehörige oder Staatenlose im Hoheitsgebiet Österreichs einschließlich an der Grenze und in Transitzonen stellen, kann Österreich gemäß Art 72 AEUV (…) nur abweichen, sofern und soweit dies aus Gründen der Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung und/oder des Schutzes der inneren Sicherheit erforderlich ist. (…).“

Unionsrechtliche Grundlagen der Asyl- und Einwanderungspolitik

Nach Art. 77 ff. AEUV zählt die Asyl- und Einwanderungspolitik zum Raum der Freiheit, der Sicherheit und des Rechts (RFSR), dessen Errichtung Aufgabe der Europäischen Union (EU) ist. Es handelt sich hierbei um einen Bereich, in welchem sich die Union die Zuständigkeit gemäß  Art. 4 Abs. 2 lit. j AEUV mit den Mitgliedsstaaten teilt. Bei der geteilten Zuständigkeit ist es sowohl der Union als auch den Mitgliedstaaten gestattet, gesetzgeberisch tätig zu werden und verbindliche Rechtsakte zu erlassen. Allerdings sieht Art. 2 Abs. 2 AEUV vor, dass die Mitgliedstaaten nur dann aktiv werden können, sofern und soweit die Union in diesem Bereich nicht tätig wird. Der Union kommt hinsichtlich des RFSR demnach eine vorrangige Gesetzgebungskompetenz zu. Da die Union von der geteilten Zuständigkeit – wie nachstehend erörtert – Gebrauch gemacht hat, tritt für die Mitgliedstaaten eine Sperrwirkung ein. Diese gilt jedoch dann nicht, wenn die Union die ihr zustehende Kompetenz nicht ausreichend wahrnimmt (siehe vgl. z.B. Dougan, European Law Review [2003], „The Convention’s Draft Constitutional Treaty: Bringing Europe closer to its lawyers?“, 763, 769).

Zentrale Kompetenznorm im Hinblick auf die Asylpolitik ist Art. 78 AEUV, wonach die Union „eine gemeinsame Politik im Bereich Asyl, subsidiärer Schutz und vorüber­gehender Schutz, mit der jedem Drittstaatsangehörigen, der internationalen Schutz benötigt, ein angemessener Status angeboten und die Einhaltung des Grundsatzes der Nicht-Zurückweisung gewährleistet werden soll,“ entwickelt. Explizit festgehalten ist, dass diese gemeinsame Politik mit der GFK, dem Protokoll von 1967 sowie anderen einschlägigen Verträgen im Einklang stehen muss. Die konkrete Ausgestaltung einer gemeinsamen Asylpolitik obliegt dem Europäischen Parlament und dem Rat der Europäischen Union (im Folgenden „der Rat“), welche „gemäß dem ordentlichen Gesetzgebungsverfahren Maßnahmen in Bezug auf ein gemeinsames europäisches Asylsystem“ erlassen (Art. 78 Abs. 2 AEUV). Im Rahmen dieser Gesetzge­bungs­tätigkeit wurden somit die für den Asylbereich einschlägigen sekundärrechtlichen Rechtsakte (Verordnungen und Richtlinien wie etwa die Verordnung (EU) Nr. 604/2013 zur Festlegung der Kriterien und Verfahren zur Bestimmung des Mitgliedstaats, der für die Prüfung eines von einem Drittstaatsangehörigen oder Staatenlosen in einem Mitgliedstaat gestellten Antrags auf internationalen Schutz zuständig ist (Neufassung), ABl. Nr. L 180 vom 29. Juni 2013 S. 31 (nachfolgend „Dublin-III-VO“), die Richtlinie 2011/95/EU über Normen für die Anerkennung von Drittstaatsangehörigen oder Staa­tenlosen als Personen mit Anspruch auf internationalen Schutz, für einen einheitlichen Status für Flüchtlinge oder für Personen mit Anrecht auf subsidiären Schutz und für den Inhalt des zu gewährenden Schutzes (Neufassung) (nachfolgend „Status-RL“), die Richtlinie 2013/33/EU zur Festlegung von Normen für die Aufnahme von Personen, die


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internationalen Schutz beantragen (Neufassung), ABl. Nr. L 180 vom 29. Juni 2013 S. 96 (nachfolgend „Aufnahme-RL“) oder die Verfahrens-RL erlassen.

Gemäß den Bestimmungen des Art. 78 Abs. 3 AEUV kann der Rat bei Vorliegen der entsprechenden Voraussetzungen im Falle eines plötzlichen Zustroms von Drittstaats­angehörigen, auf Vorschlag der Europäischen Kommission und nach Anhörung des Europäischen Parlaments vorläufige Maßnahmen zugunsten des betroffenen Mitglied­staates erlassen. Auf der Grundlage von Art. 78 Abs. 3 AEUV nahm der Rat am 14. bzw. 22. September 2015 zwei Beschlüsse zur Einführung von vorläufigen Maßnah­men im Bereich des internationalen Schutzes zugunsten von Italien und Griechenland an. Dem Beschluss (EU) 2015/1523 des Rates zufolge sollen 40.000 Personen, die einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt haben, von Italien und Griechenland aus auf andere Mitgliedstaaten umverteilt werden. Der Beschluss (EU) 2015/1601 des Rates sieht vor, dass 120.000 Personen, die einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt haben, aus Italien und Griechenland sowie aus anderen Mitgliedstaaten, die mit einer Notlage konfrontiert sind, auf andere Länder umverteilt werden.

Ermächtigung zur Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung und inneren Sicherheit durch die Mitgliedstaaten gemäß Art. 72 AEUV

Gemäß Art. 72 AEUV berühren die Vorschriften des RFSR nicht die Wahrnehmung der Zuständigkeit der Mitgliedstaaten für die Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung und den Schutz der inneren Sicherheit.

Diese Bestimmung dient überwiegend der Begrenzung der unionsrechtlichen Kompe­tenzen im Bereich des RFSR, sowie der Ermächtigung der Mitgliedstaaten, von dem in diesem Bereich erlassenen Sekundärrecht (Verordnungen und Richtlinien) aus Grün­den der öffentlichen Ordnung und der inneren Sicherheit abzuweichen (etwa Breiten­moser/Weyeneth, in von der Groeben/Schwarze/Hatje [Hrsg.], Europäisches Unions­recht, Art. 72 AEUV Rn. 20; Herrnfeld, in Schwarze [Hrsg.], EU-Kommentar3 [2012], Art. 72 AEUV Rn. 3; Weiß, in Streinz [Hrsg], EUV/AEUV. Kommentar2 [2012], Art. 72 AEUV Rn. 4; ähnlich, wenngleich auf Abweichungen von den Grundfreiheiten be­schränkt, Röben, in Grabitz/Hilf/Nettesheim, Das Recht der Europäischen Union. Kommentar [Loseblattausgabe], Art. 72 AEUV Rn. 17). Von einer derartigen Befugnis zur Abweichung von Sekundärrecht können die Mitgliedstaaten aber lediglich in Ausnahmefällen und im Rahmen der Verhältnismäßigkeit Gebrauch machen.

Art. 72 AEUV ist dabei im Kontext mit Art. 4 Abs. 2 des Vertrages über die Europäische Union (EUV) zu lesen, der die Union verpflichtet, ganz allgemein und in allen Kompetenzbereichen die grundlegenden Funktionen des Staates, insbesondere die Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung und den Schutz der nationalen Sicherheit, welche „weiterhin in die alleinige Verantwortung der einzelnen Mitgliedstaaten“ fällt, zu wahren. Daraus erschließt sich, dass Art. 72 AEUV für den RFSR nicht nur die Reichweite der Kompetenzen der Union begrenzt, sondern einen darüber hinaus­gehenden Inhalt normiert, der nur dahingehend interpretiert werden kann, dass die Mitgliedstaaten von den unionsrechtlichen Vorgaben aus Titel V des AEUV abweichen dürfen. Andernfalls würde sich Art. 72 AEUV als eine reine inhaltliche Wiederholung der in Art. 4 Abs. 2 EUV dargelegten und für alle Kompetenzbereiche der Union geltende Regelung erweisen. Eine derartige sinnentleerte „Verdoppelung“ für den RFSR kann aber dem Unionsgesetzgeber nicht unterstellt werden.

Das Ziel des Art. 72 AEUV besteht somit darin, die Angelegenheiten der Aufrecht­erhaltung der öffentlichen Ordnung und des Schutzes der inneren Sicherheit grund­sätzlich in der Verantwortung der Mitgliedstaaten zu belassen (siehe auch Herrnfeld, in Schwarze [Hrsg.], EU-Kommentar3 [2012], Art. 72 AEUV Rn. 1 ff.). Dieses Ziel kann


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jedoch nur dann erreicht werden, wenn die Mitgliedstaaten von den sekundär­rechtlichen Vorgaben betreffend den RFSR abweichen dürfen.

Hinsichtlich der tatbestandlichen Voraussetzungen des Art. 72 AEUV ist es erforder­lich, diese einerseits anhand des Wortlauts des Art. 72 AEUV und andererseits im Lichte der Rechtsprechung des Gerichtshofes der EU (EuGH) zu vergleichbaren Abweichungserlaubnissen im Primärrecht, insbesondere im Rahmen der „ordre public“-Klauseln der Grundfreiheiten des Binnenmarkts sowie in Art. 346 und Art. 347 AEUV, zu bestimmen. Daraus ergibt sich, dass die Begriffe der öffentlichen Ordnung und der inneren Sicherheit als autonome, unionsrechtliche Begriffe zu qualifizieren sind.

Der Begriff der öffentlichen Ordnung setzt nach ständiger Rechtsprechung des EuGH voraus, „dass außer der sozialen Störung, die jeder Gesetzesverstoß darstellt, eine tatsächliche, gegenwärtige und erhebliche Gefahr vorliegt, die ein Grundinteresse der Gesellschaft berührt“ (EuGH 17.11.2011, Rs. C-434/10, Aladzhov, Rn. 35). Dabei „können die konkreten Umstände, die möglicherweise die Berufung auf den Begriff der öffentlichen Ordnung rechtfertigen, von Land zu Land und im zeitlichen Wechsel ver­schieden sein“, wodurch den Mitgliedstaaten ein „Beurteilungsspielraum innerhalb der durch [die Verträge] gesetzten Grenzen zuzubilligen“ ist (EuGH 14.10.2004, Rs. C-36/02, Omega Spielhallen, Rn. 31). Der Begriff der inneren Sicherheit umfasst nach ständiger Rechtsprechung des EuGH „die Beeinträchtigung des Funktionierens der Einrichtungen des Staates und seiner wichtigen öffentlichen Dienste sowie das Überleben der Bevölkerung“ (u.a. EuGH 23.11.2010, Rs. C-145/09, Tsakouridis, Rn. 44).

„[D]en Mitgliedstaaten [steht es] im Wesentlichen weiterhin [frei], nach ihren nationalen Bedürfnissen, die je nach Mitgliedstaat und Zeitpunkt unterschiedlich sein können, zu bestimmen, was die öffentliche Ordnung und Sicherheit erfordern, dass jedoch diese Anforderungen im Kontext der [Union], insbesondere wenn sie eine Ausnahme […] rechtfertigen sollen, eng zu verstehen sind, so dass ihre Tragweite nicht von jedem Mitgliedstaat einseitig ohne Kontrolle durch die Organe der Union bestimmt werden kann“ (EuGH 10.07.2008, Jipa, Rn 23). Bei Inanspruchnahme der aus Art. 72 AEUV abgeleiteten Befugnis zur Abweichung von Sekundärrecht ist die Erforderlichkeit der gesetzten Maßnahmen im Hinblick auf die Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung und/oder des Schutzes der inneren Sicherheit nachzuweisen (EuGH 4.3.2010, Rs. C-38/06, Kommission/Portugal, Rn. 62 ff; EuGH 15.12.2009, Rs. C-409/05, Kom­mission/Griechenland, Rn. 50 ff.). Das Kriterium der Erforderlichkeit impliziert die Verhältnismäßigkeit der getroffenen Maßnahmen. Siehe dazu auch die jüngste Rechtsprechung des EuGH, wonach der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit „zu den allgemeinen Grundsätzen des Unionsrechts gehört“ (EuGH 2.9.2015, Rs C-309/14, CGIL, Rn. 24), und demnach im gesamten Anwendungsbereich des Unionsrechts zu beachten ist. Maßnahmen, die innerstaatlich aufgrund Art. 72 AEUV eingeführt werden, müssen somit zur Zweckerreichung (Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung und/oder des Schutzes der inneren Sicherheit) erforderlich und verhältnismäßig sein.

Gänzliche Einhaltung primär-, völker- und verfassungsrechtlicher Vorgaben

Trotz einer aus Art. 72 AEUV abgeleiteten Kompetenzermächtigung für die Mitglied­staaten, womit die Befugnis zur Abweichung von Sekundärrecht einhergeht, sind weiterhin alle primär- bzw. völkerrechtlichen Garantien, wie insbesondere die Grund­rechte-Charta der Union (GRC) und insofern auch die EMRK und die GFK, einzu­halten.

Gemäß Art. 6 Abs. 1 EUV ist die GRC mit den Verträgen (EUV und AEUV) rechtlich gleichrangig und somit Teil des primärrechtlichen Unionsrechts. Art. 51 Abs. 1 GRC bestimmt, dass die GRC nicht nur die „Organe, Einrichtungen und sonstigen Stellen


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der Union“ bindet, sondern auch die Mitgliedstaaten „ausschließlich bei der Durch­führung des Rechts der Union“ die GRC zu beachten haben. Aus der ständigen EuGH-Rechtsprechung ergibt sich eine Bindung der Mitgliedstaaten an die in der GRC garantierten Rechte, sofern „eine nationale Rechtsvorschrift in den Geltungsbereich des Unionsrechts fällt“. Es sind daher „keine Fallgestaltungen denkbar, die vom Unionsrecht erfasst würden, ohne dass diese Grundrechte anwendbar wären“. Entsprechend ergibt sich, dass „die Anwendbarkeit des Unionsrechts“ stets auch „die Anwendbarkeit der durch die Charta garantierten Grundrechte [umfasst]“ (EuGH 26.02.2013, Rs. C-617/10, Åkerberg Fransson, Rn. 21). Nach der Judikatur des Verfassungsgerichtshofes (VfGH) wird im Bereich von Asylverfahren jedenfalls in „Durchführung des Unionsrechts“ gehandelt. Asylverfahren fallen daher in den Anwen­dungsbereich der GRC.

Nach der in Art. 52 Abs. 3 GRC enthaltenen Schutzniveausicherungsklausel sind die in der GRC verankerten Rechte und Freiheiten derart auszulegen wie die identen in der EMRK garantierten Rechte in ihrer Auslegung durch den Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR) (z.B. EuGH 16.7.2015, Rs C-237/15 PPU, Lanigan, Rn. 56).

Maßnahmen im Bereich des Asylrechts müssen zudem gemäß  Art. 18 GRC und Art. 78 AEUV im Einklang mit der GFK und dem Protokoll von 1967 gesetzt werden. Art. 18 GRC gewährleistet das „Recht auf Asyl“ nach Maßgabe der GFK und des Protokolls von 1967 sowie nach Maßgabe der Verträge (EUV und AEUV) und ist somit lediglich als Verweisnorm ausgestaltet. Ein primärrechtlich garantiertes Recht auf Asylge­währung ist aus Art. 18 GRC hingegen nicht abzuleiten. Art. 33 GFK untersagt die Rückführung von Fremden in (Dritt-)Staaten, in denen ihnen Folter oder eine un­mensch­liche oder erniedrigende Strafe oder Behandlung droht. Im Umkehrschluss ergibt sich jedoch daraus, dass die Aus- oder Zurückweisung eines Drittstaats­ange­hörigen, der einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt hat, zulässig ist, sofern keine Verletzung des Non-Refoulement-Gebots vorliegt.

Aus innerstaatlicher Sicht bilden sowohl die einschlägigen Vorschriften des öster­reichischen Verfassungsrechts, zu dem auch die EMRK sowie die meisten ihrer Zu­satz­protokolle zählen, als auch jene auf den Asylbereich anwendbaren Verbürgungen der GRC, aus denen subjektive Rechte ableitbar sind, die Maßstäbe bei der verfas­sungsrechtlichen Ausgestaltung der in Umsetzung der auf Art. 72 AEUV basierenden Maßnahmen.

Dem VfGH zufolge sichert die GRC „für den Bereich der Anwendung europäischen Rechts Rechte, wie sie die österreichische Verfassungsordnung in gleicher Weise als verfassungsgesetzlich gewährleistete Rechte garantiert“ (VfGH 14.03.2012, U 466/11 u.a.). Die in der GRC statuierten Gewährleistungen sind den Grundrechten des öster­reichischen Bundesverfassungsrechts demnach grundsätzlich gleichgestellt. Sie kön­nen vor dem VfGH als verfassungsgesetzlich gewährleistete Rechte geltend gemacht werden und bilden in nationalen Verfahren der Normenkontrolle einen verfassungs­rechtlichen Prüfungsmaßstab, vorausgesetzt, dass die betreffende Garantie der GRC in ihrer Formulierung und Bestimmtheit den verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechten der österreichischen Bundesverfassung gleicht.

Durch die Rechtsprechung des VfGH werden die vergleichbaren Garantien der GRC und der EMRK als Quellen grundrechtlicher Gewährleistungen einander gleichgestellt. Sie bilden mit der dazu entwickelten Rechtsprechung des EuGH, des EGMR und des VfGH Maßstäbe für die Beurteilung verfassungsrechtlicher Fragen. Auf das Verhältnis der maßgebenden Rechtsquellen finden Regeln, die auf kumulativer Geltung und dem Günstigkeitsprinzip beruhen, Anwendung (etwa Grabenwarter/Pabel, Europäische Menschenrechtskonvention, [20125], § 4 Rn. 7-13; Grabenwarter, Verfassungsrecht, Völkerrecht und Unionsrecht als Grundrechtsquellen, Rn. 35). Der individuelle Rechts-


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schutz in Form des Beschwerderechts vor den Verwaltungsgerichten und dem VwGH sowie dem VfGH zur Geltendmachung verfassungsgesetzlich gewährleisteter Rechte sowie der Zugang zur Normenkontrolle müssen in vollem Umfang gewährt werden.

Bei einer auf Art. 72 AEUV gestützten Befugnis zur Abweichung von Sekundärrecht ist die Einhaltung insbesondere folgender Grundrechte jeweils in der Ausprägung der dazu ergangenen höchstgerichtlichen Judikatur zu beachten: Aus dem Verbot der Folter oder unmenschlicher oder erniedrigender Strafe oder Behandlung (Art. 4 GRC bzw. Art. 3 EMRK) ergibt sich das Verbot der Aus- oder Zurückweisung von Fremden in einen Staat, in dem eine unmenschliche oder erniedrigende Behandlung oder die Gefahr einer Kettenabschiebung (d.h. Gefahr, dass der Schutzsuchende von dort aus [weiter] abgeschoben wird) in den Herkunftsstaat ohne Prüfung der damit verbundenen Gefahren droht. Dieses Abschiebungsverbot gilt, sofern stichhaltige Gründe einer realen Gefahr einer Verletzung von Art. 3 EMRK vorliegen (EGMR 3.4.2014, A.A.M./Schweden, Nr. 68519/10, Rn. 58 ff.). Gemäß Art. 18 GRC bzw. Art. 33 GFK darf ein Fremder nicht in einen Staat aus- oder zurückgewiesen werden, in dem ihm Verfolgung droht (Non-Refoulement). Das Verbot der Aus- und Zurückweisung in einen sicheren Staat ergibt sich daraus jedoch nicht. Als „sicher“ im Sinne der GFK gilt ein Staat, sofern einerseits von ihm selbst keine Verfolgung ausgeht, sowie andererseits auch nicht die Gefahr besteht, dass der Schutzsuchende von dort aus (weiter) in den Verfolgerstaat verbracht wird (Kettenabschiebung). Des Weiteren verlangt das Verbot der Kollektivausweisung eine Individualprüfung der Schutzsuchenden, insbesondere die Feststellung der Personenidentität (Art. 19 Abs. 1 GRC bzw. Art. 4 ZP Nr. 4 EMRK), wodurch grundrechtskonform nur einzelfallbezogene Aus- oder Zurückwei­sungen erfolgen (EGMR 23.2.2012, Hirsi-Jamaa u.a./Italien, Nr. 27765/09, Rn. 183 ff.).

Das Recht auf einen effektiven gerichtlichen Rechtsschutz (Art. 47 GRC bzw. Art. 13 EMRK) umfasst das Recht auf einen wirksamen Rechtsbehelf, das Recht auf Behandlung der Sache vor einem unabhängigen, unparteiischen und durch Gesetz errichteten Gericht in einem fairen, öffentlichen Verfahren innerhalb angemessener Frist sowie das Recht auf Prozesskostenhilfe. Dabei genügt nicht die bloße Behaup­tung einer Verletzung der EMRK, sondern diese muss vertretbar begründet sein (EGMR 28.10.1999, Wille/Liechtenstein, Nr. 28396/95). Das Recht auf einen wirk­samen Rechtsbehelf ist insbesondere bei einer Abschiebung, die gegen das Folter­verbot in Art. 3 EMRK verstoßen würde, zu berücksichtigen. In einem solchen Fall, muss im Rahmen der Beschwerde eine unabhängige und gründliche Prüfung des Vorbringens über das Risiko einer Art. 3 EMRK zuwiderlaufenden Behandlung gewährleistet sein (Breuer, in Karpenstein/Mayer [Hrsg], EMRK. Kommentar2 [2015], Art. 13 EMRK Rn. 51). Dem Rechtsbehelf muss daher eine aufschiebende Wirkung zukommen. Im Umkehrschluss bedeutet dies, dass im Falle einer Aus- oder Zurück­weisung in einen Staat, in dem keine Verletzung von Art. 3 EMRK droht, dem Rechts­behelf nicht zwingend aufschiebende Wirkung zukommen muss. Dem Betroffenen muss lediglich das Recht eingeräumt werden, gegen die Aus- oder Zurückweisung eine wirksame Beschwerde erheben zu können.

Das Recht auf eine gute Verwaltung erfordert insbesondere, dass jeder Fremde, bevor ihm gegenüber eine für ihn nachteilige individuelle Maßnahme getroffen wird, die Möglichkeit erhält, sachdienlich und wirksam seinen Standpunkt vorzutragen (Art. 41 GRC). Ebenso muss auch das Recht auf Achtung des Privat- und Familienlebens (Art. 7 GRC bzw. Art. 8 EMRK) – unter besonderer Berücksichtigung des Kindeswohles – sichergestellt sein.

Eine aus Art. 72 AEUV abgeleitete Befugnis zur Abweichung von Sekundärrecht lässt die Geltung einschlägiger innerstaatlicher Normen, die Sekundärrecht umsetzen, unbe­rührt. Ist die Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung und der Schutz der inneren


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Sicherheit im Sinne des Art. 72 AEUV gefährdet, ist der betroffene Mitgliedstaat daher im Rahmen der Verhältnismäßigkeit und unter Beachtung der Grundrechte, von seiner Durchführungs- und Umsetzungspflicht des Sekundärrechts befreit. Somit ist eine innerstaatliche Änderung der sekundärrechtlich erlassenen Normen zur praktischen Umsetzung der sich aus dieser Befugnis zur Abweichung von Sekundärrecht erge­benden Maßnahmen erforderlich.

Zusammengefasst bedeutet dies, dass Österreich zur Aufrechterhaltung der öffent­lichen Ordnung und des Schutzes der inneren Sicherheit von der sekundärrechtlich vorgegebenen Pflicht, sämtliche Anträge auf internationalen Schutz zu behandeln, abweichen kann, sofern die Einhaltung von völker- und unionsrechtlichen Grundrech­ten und des Prinzips der Verhältnismäßigkeit vollinhaltlich gewahrt werden. Dies be­deutet, dass jene Anträge auf internationalen Schutz jedenfalls zu behandeln sind, in denen dem Antragsteller andernfalls eine Verletzung der einschlägigen Grundrechte drohen würde.

Vorliegen einer Bedrohung für die öffentliche Ordnung und innere Sicherheit

Der Zustrom an Schutzsuchenden (rund 89.000 Asylantragsteller) im Jahr 2015 hat das österreichische Aufnahmesystem vor gewaltige Herausforderungen gestellt. Insbe­sondere das gesamte Asylsystem und der Bereich der Grundversorgung sind unter Druck geraten. Der Erhalt der Funktionsfähigkeit der entsprechenden Systeme ist derzeit nur unter einer beträchtlichen Anspannung und Belastung aller Beteiligten möglich. Steigende Asylantragzahlen führen zudem zu einer zusätzlichen Belastung des Arbeitsmarktes und bergen ein weiteres Risiko für die künftige Gewährleistung der öffentlichen Ordnung und inneren Sicherheit. Insbesondere werden die Auswirkungen des Zustroms an Schutzsuchenden des Jahres 2015 auch Folgen in den kommenden Jahren nach sich ziehen, da nicht mit einer raschen Entlastung der Einrichtungen der öffentlichen Ordnung gerechnet werden kann. Für den Fall eines Zustroms an Schutzsuchenden im Jahr 2016 in einer vergleichbar hohen Zahl wie im Jahr 2015 erscheint aus derzeitiger Sicht die Beeinträchtigung der Funktionsfähigkeit der staat­lichen Einrichtungen und öffentlichen Dienste sehr wahrscheinlich. Aufgrund dieser Prognose stellt der im Jahr 2015 begonnene außergewöhnlich hohe Zustrom an Schutz­suchenden und dessen Auswirkung auf die öffentlichen Einrichtungen der Republik eine schwerwiegende Bedrohung der öffentlichen Ordnung und der inneren Sicherheit dar, weshalb unter Berufung auf Art. 72 AEUV die Erlassung von Son­dernormen im Asylbereich, die von sekundärrechtlichen Vorgaben abweichen, erfor­der­lich ist. Bereits im vergangenen Jahr wurde es angesichts der Zunahme an Schutzsuchenden und den damit entstandenen plötzlichen und außergewöhnlichen Belastungen für die Mitgliedstaaten sowie starken Sekundärmigrationsbewegungen innerhalb des Schengen-Raums erforderlich, sofortige Maßnahmen zu ergreifen. So sind im Zeitraum vom 5. September 2015 bis 31. März 2016 rund 790.000 Fremde nach Österreich eingereist, welche unter Anstrengung und Mobilisierung aller zur Verfügung stehender Unterbringungskapazitäten ausreichend versorgt wurden. Zum einen konnten gemäß § 11 Abs. 2 des Grundversorgungsgesetzes-Bund 2005 (GVG-B 2005) im Einvernehmen mit dem Bundesminister für Landesverteidigung und Sport diverse Kasernen zur Unterbringung genutzt werden. Zum anderen wurde dem BMI mit Inkrafttreten des Bundesverfassungsgesetz über die Unterbringung und Aufteilung von hilfs- und schutzbedürftigen Fremden, BGBl. I 120/2015, am 1. Oktober 2015 die rasche Bereitstellung von Unterbringungsplätzen ermöglicht, wovon bereits dreizehn­mal Mal (Stand: 1. April 2016) Gebrauch gemacht wurde.

Letztendlich entschloss sich Österreich (zusammen mit anderen EU-Mitgliedstaaten) zur vorübergehenden Wiedereinführung bzw. Verlängerung von Binnengrenz­kontrol­len. Eine solche Maßnahme ist nach der Verordnung (EU) 2016/399 über einen Ge-


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meinschaftskodex für das Überschreiten der Grenzen durch Personen (Schengener Grenzkodex) (Kodifizierter Text), ABl. L 77/1 vom 23.3.2016, S. 1, vormals Verordnung (EG) Nr. 562/2006 über einen Gemeinschaftskodex für das Überschreiten der Grenzen durch Personen (Schengener Grenzkodex), ABl. L 105 vom 13.4.2006, S. 1, (SGK) ausdrücklich als letztes Mittel vorgesehen, das im Falle einer schwerwiegenden Bedro­hung der öffentlichen Ordnung oder inneren Sicherheit ergriffen werden kann. Insbe­sondere muss dabei dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit Rechnung getragen werden.

Beachtlich ist in diesem Zusammenhang, dass die Europäische Kommission in der Migrationskrise des Jahres 2015 bereits ein Gefährdungspotential für die öffentliche Ordnung und Sicherheit erkannt hat. In ihrer Stellungnahme zur Notwendigkeit und Verhältnismäßigkeit der von Deutschland und Österreich wiedereingeführten Binnen­grenz­kontrollen wurde festgestellt, dass „der massive Zustrom von Personen, die in das Hoheitsgebiet der Republik Österreich mit dem Ziel einreisen, dort um internatio­nalen Schutz nachzusuchen oder in andere EU-Staaten weiterzureisen […] tatsächlich zu einer Gefährdung der öffentlichen Ordnung und der inneren Sicherheit [hätte] führen können“. Die Wiedereinführung der Grenzkontrollen stellte daher eine „angemessene Antwort auf die Gefährdung dar, die für die innere Sicherheit und die öffentliche Ordnung festgestellt wurde und die sich aus dem ungeordneten Zustrom einer außergewöhnlich hohen Zahl von Personen […] ergab“ (vgl. Stellungnahme der Kom­mission vom 23.10.2015 zur Notwendigkeit und Verhältnismäßigkeit der von Deutsch­land und Österreich wiedereingeführten Binnengrenzkontrollen gemäß Artikel 24 Absatz 4 der Verordnung (EG) Nr. 562/2006 (Schengener Grenzkodex), C(2015) 7100 endg. vom 23.10.2015, 9).

Auch in der Rechtslage der Bundesrepublik Deutschland finden sich das Recht auf Asyl einschränkende Bestimmungen. Gemäß Art. 16a des Grundgesetzes für die Bundesrepublik Deutschland genießen politisch Verfolgte Asylrecht. Jedoch kann sich darauf nicht berufen, wer aus einem Mitgliedstaat der Europäischen Union oder aus einem anderen Drittstaat einreist, in dem die Anwendung der GFK und der EMRK sichergestellt ist. In gleicher Weise besagt das deutsche Asylgesetz (§ 26a), dass ein Ausländer, der aus einem sicheren Drittstaat eingereist ist, sich nicht auf Artikel 16a des Grundgesetzes berufen kann. Er wird nicht als Asylberechtigter anerkannt und kann in einem solchen Fall an der Grenze auch abgewiesen werden (§ 18 AsylG). Neben den Mitgliedstaaten der Europäischen Union gelten Norwegen und die Schweiz als sichere Drittstaaten im Sinne dieser Regelungen.

Insofern weicht auch die deutsche Rechtslage, ungeachtet der Frage, ob sie von entgegenstehenden Unionsrecht überlagert wird, von unionsrechtlichen Bestimmungen ab.

In Hinblick auf die durch Verordnung der Bundesregierung festzustellende Gefährdung der öffentliche Ordnung und inneren Sicherheit , scheint es angebracht im Zusam­menhang mit diesem Bundesgesetz auf das Vorliegen einer Beeinträchtigung des Funktionierens der Einrichtungen des Staates und seiner wichtigen öffentlichen Dienste in nachstehenden Bereiche einzugehen:

Asylbereich

Die Krisen und Bürgerkriege in unmittelbarer Nachbarschaft Europas führen dazu, dass sich hunderttausende Menschen auf der Flucht befinden und sich in der Hoffnung auf ein besseres Leben auf den Weg nach Europa machen. Insbesondere im Jahr 2015 kam es zu einem hohen Anstieg der Zahl an Schutzsuchenden, die aus der Türkei kommend über Griechenland und die Westbalkanstaaten nach Mittel- und Westeuropa einreisten. Unter den Schutzsuchenden befanden sich auch Antragsteller


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aus Staaten, in denen keine Verfolgungshandlungen im Sinne der GFK zu erwarten sind. Österreich kommt in dieser Entwicklung eine entscheidende Rolle zu, da es auf Grund seiner wirtschaftlichen Attraktivität und geographischen Lage zu den Top-Destinationsländern der EU zählt. Interne Aufzeichnungen des Bundesministeriums für Inneres (BMI) zeigen, dass alleine im Zeitraum vom 5. September 2015 bis 31. März  2016 rund 790.000 Fremde nach Österreich eingereist sind.

Es ist davon auszugehen, dass die Migrationsbewegungen nach Europa – und somit potentiell auch nach Österreich – auch in naher Zukunft nicht abreißen werden. Rund 3,5 Millionen Schutzsuchende sind derzeit (Stand: Ende Februar 2016) in Zentral-, Ost- und Westafrika registriert (Quelle: UNHCR). Schätzungen zufolge warten aktuell in Libyen zwischen 200.000 und 800.000 Personen auf eine Überfahrt nach Europa, weshalb nicht auszuschließen ist, dass in den nächsten Monaten mit der Einreise einer weiterhin hohen Anzahl an Schutzsuchenden nach Europa zu rechnen ist. Aufgrund der starken Einreise im Jahr 2015 sind zentrale Einrichtungen der öffentlichen Ordnung bereits zum jetzigen Zeitpunkt angespannt. Diese Lage wird sich selbst bei einem Rückgang an Asylanträgen in den kommenden Monaten nicht innerhalb kurzer Zeit stabilisieren, weshalb auch in Hinkunft mit weiteren Auswirkungen auf die öffentlichen Einrichtungen zu rechnen ist.

Die starken Migrationsbewegungen des Jahres 2015 hat deutlich gezeigt, dass sich Österreich mit einer in der Zweiten Republik noch nie dagewesenen Anspannung aller seiner öffentlichen Einrichtungen zur Gewährleistung einer ordnungsgemäßen Auf­nahme und Integration Fremder konfrontiert sieht. Der hohe Anstieg an Asylver­fahren sowie die Versorgung und Unterbringung der Schutzsuchenden stellte Öster­reich angesichts der Unvorhersehbarkeit und Unkontrollierbarkeit der Ereignisse vor enorme Herausforderungen. Unter Einsatz größter Anstrengungen und auf Grund der Bereit­schaft zu Solidarität war Österreich einer der wenigen EU-Mitgliedstaaten, welche dazu beitrugen, eine humanitäre Katastrophe zu verhindern. So zeigte sich außer Österreich nur Deutschland und Schweden in vergleichbarer Weise aufnah­mebereit. Seitens Schweden wurden jedoch aufgrund der besonderen Belastung schon im Dezember 2015 Maßnahmen ergriffen, um eine massive Reduktion der Zahl an Schutzsuchenden zu erwirken, was begünstigt durch die geographische Lage Schwedens auch deutlich Wirkung zeigte. So wurden in Schweden Anfang 2016 nur etwa halb so viele Asylanträge registriert wie in Österreich. Auch in Deutschland wurden Maßnahmen ergriffen, wie die Einführung von Tageskontingenten bei der Übernahme von Schutz­suchenden, die eine Reduktion der Zahl an Asylanträgen erwir­ken sollten und eine steigende Zahl von Asylanträgen in Österreich zumindest mit bewirkt haben.

Aufgrund der mit dieser Krise verbundenen Belastungen ist das österreichische Asyl- und Aufnahmesystem an seine Grenzen gestoßen. Die Auswirkungen der Migrations­krise des Jahres 2015 werden noch über viele Jahre hinweg zu spüren sein. Aus der Asylstatistik des BMI ergibt sich, dass im Jahr 2015 in Österreich rund 89.000 Anträge auf internationalen Schutz registriert wurden. Dies entspricht einem Anstieg von 214% oder mehr als einer Verdreifachung gegenüber dem Jahr 2014. Ein überdurch­schnittlicher Zuwachs bei den Asylantragszahlen zeichnete sich bereits im Jahr 2014 ab, als mit 28.000 Asylanträgen um 60% mehr als im Jahr 2013 gestellt wurden.

Der EU-Vergleich zeigt, dass Österreich in den letzten zehn Jahren nicht nur bei der Pro-Kopf-Quote einer der meist belasteten Mitgliedstaaten war, sondern nun auch bei den absoluten Zahlen im europäischen Spitzenfeld liegt. Während sich Österreich bei den Gesamtasylantragszahlen im Jahr 2015 hinter Deutschland, Schweden und Ungarn – und vor Ländern wie Großbritannien, Frankreich, Italien oder Griechenland – an vierter Stelle befand, belegte es bei der Pro-Kopf-Quote pro 100.000 Einwohner nach Ungarn und Schweden sogar den dritten Platz (Quelle: Eurostat-Statistik). Allein


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bis Ende September 2015 wurden in Österreich mit 8,5 Millionen Einwohnern mehr Asylanträge gestellt als in 17 anderen EU-Mitgliedstaaten zusammen mit insgesamt 160 Millionen – und damit 20 Mal so vielen – Einwohnern.

Rund 72% (63.651) der Asylanträge wurden im Jahr 2015 von Staatsangehörigen aus Afghanistan, Syrien und dem Irak gestellt (Quelle: Asylstatistik des BMI). Der Großteil der Asylantragsteller kommt somit aus Bürgerkriegsgebieten. Dies ist mit Blick auf zukünftige Entwicklungen nicht unerheblich, da es sich hierbei um Herkunftsstaaten mit einer verhältnismäßig hohen Asylanerkennungswahrscheinlichkeit handelt. Da der Zustrom aus den Bürgerkriegsgebieten ungebrochen ist, muss davon ausgegangen werden, dass die Asylantragszahlen auch im Jahr 2016 nicht rückläufig sein werden. Selbst wenn zu Beginn des Jahres 2016 ein wetterbedingter Rückgang an Asyl­antragszahlen im Vergleich zu den Monaten davor zu verzeichnen war, zeigt der Vergleich der Zahlen der Anfangsmonate der Jahre 2015 und 2016, dass diese heuer deutlich höher liegen. Während im Jänner und Februar 2015 4.129 bzw. 3.283 Asylanträge gestellt wurden, waren es im selben Zeitraum des Jahres 2016 bereits 5.928 bzw. 5.055 (Quelle: Asylstatistik des BMI). Aus diesem Blickwinkel ist daher die Prognose einer gleichbleibenden oder sogar noch stärkeren Zuwanderung wie der des Jahres 2015 für das Jahr 2016 gerechtfertigt.

Eine realistische Einschätzung der künftigen Entwicklungen lässt erwarten, dass Öster­reich nicht zuletzt auf Grund der mangelnden Solidarität in Asylangelegenheiten und des schwachen Bekenntnisses zu den gemeinsamen Werten der EU von Seiten vieler EU-Mitgliedstaaten auch weiterhin einen unverhältnismäßigen Anteil an der Last der Asylkrise zu tragen hätte. Aus derzeitiger Sicht erschiene bei fortlaufender Entwicklung (wie der des Jahres 2015) eine Beeinträchtigung der Funktionsfähigkeit der staatlichen Einrichtungen sehr wahrscheinlich und bestünde daher die Gefahr, dass der öster­reichi­sche Staat vor nicht zu bewältigende Herausforderungen gestellt wird. Betroffen wären in erster Linie das gesamte Asylsystem und der Bereich der Grundversorgung, wobei ersteres einer besonders kritischen Betrachtung unterzogen werden muss. Denn ein erneuter Zustrom an Schutzsuchenden in einem mit jenem des Jahres 2015 vergleichbaren Ausmaß würde den bereits bestehenden „Rückstau“ an Asylverfahren erheblich verstärken. Seit Beginn des Jahres 2015, als bereits 31.000 offene Asylver­fahren verzeichnet wurden, hat sich die Anzahl der offenen Verfahren im Laufe des Jahres noch mehr als verdoppelt. Aktuell (Stand: Ende Februar 2016) zählt man in beiden Instanzen rund 80.000 offene Asylverfahren. Dies entspricht einem Anstieg von 160% (Quelle: Asylstatistik des BMI). Eine Abarbeitung der Verfahren würde daher selbst bei unverzüglicher und weit darüber hinausgehender Personalaufstockung über Jahre hinaus nicht mehr möglich sein.

Eine kontinuierliche Stellung von 90.000 bis 100.000 – oder mehr – Asylanträgen pro Jahr würde unweigerlich zu großen systemischen Auswirkungen im gesamten Asyl­bereich selbst führen. Damit würde auch die aktuell für das Bundesamt geplante Aufstockung auf 1.426 Mitarbeiter bei weitem nicht ausreichend sein. Erfahrungen der jüngsten Zeit haben gezeigt, dass selbst bei besten Prozessen von der Entscheidung zur Aufnahme zusätzlichen Personals bis zu dessen effektivem Einsatz in Verfahren vier Monate für die Auswahl und vier Monate für die Ausbildung, gesamt also acht Monate, vergehen. In dieser Zeit muss das Entstehen weiterer Rückstände in Kauf genommen werden, sodass keine Behörde – es sei denn, man stattet sie auf bloßen Verdacht (und sohin wider jeglicher haushaltsrechtlicher Grundsätze) mit mehr Personal aus, als an sich (aus einer konventionellen Trendanalyse angenommen) nötig – in der Abarbeitung der Rückstände jemals ihr Ziel erreichen kann. Gleiches gilt für nachfolgende gerichtliche Prüfinstanzen.


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Analog dem Bereich der befassten Behörden und Gerichte sind insgesamt all jene Ressourcen im Asylsystem nicht ad hoc unendlich vermehrbar – nicht einmal rasch einer Verdreifachung und jährlichen Steigerung zuführbar – , welche der Erreichung einer bestimmten Qualität im Verfahren dienen. Dies gilt für das tätige Personal und auch etwa für Dolmetscher (alleine das Bundesamt hatte bereits 2015 973 unter­schiedliche Dolmetscher im Einsatz), besondere Sachverständige (man denke etwa an den spezialisierten Bereich der Altersfeststellung, wo im Jahre 2015 in 5.322 Fällen die Beauftragung einer Röntgenaufnahme der linken Hand und in weiterer Folge in 2.826 Fällen eines multifaktorielles Gesamtgutachtens erforderlich wurde) oder auch Vertrau­ens­anwälte und Mitarbeiter bei österreichischen Vertretungsbehörden gleichermaßen (Quelle: Aufzeichnungen des Bundesamtes). Damit kommt es in allen Bereichen zu Engpässen, welche sich in ihrer Summe in besonders überlangen Verfahren auswir­ken. Die Option einer qualitativen Minimierung in all diesen Bereichen ist keine vertret­bare Lösung.

Besonders überlange Verfahren haben nach einhelliger Judikatur der Höchstgerichte jedoch die Tendenz in – mit Fortdauer der Zeit – emergierenden und erstarkenden Bleiberechten zu münden. Damit würde aber jegliches asylrechtliches Prüfsystem, welches im positiven Fall zu einer Integration, im negativen Fall zur Verpflichtung der Auseise aus dem Bundesgebiet führen muss, seine Glaubwürdigkeit in der Bevölkerung und bei den Schutzsuchenden und letztendlich auch seine Funktion verlieren.

Grundversorgung

Die Aufnahme, Unterbringung und Versorgung der hohen Anzahl an hilfs- und schutz­bedürftigen Fremden im Jahr 2015 führte dazu, dass das Grundversorgungssystem unter großen Druck geraten ist und die Aufrechterhaltung des Systems aus derzeitiger Sicht nur unter beträchtlicher Anspannung und Belastung aller Beteiligten möglich ist.

Einer statistischen Auswertung des BMI zufolge, werden derzeit (Stand: Ende Februar 2016) fast 87.000 Personen im Rahmen der Grundversorgung von Bund und Ländern betreut und versorgt. Damit hat sich der Stand gegenüber Anfang 2015 auf 278% fast verdreifacht und wurden seither über 50.000 Grundversorgungsplätze geschaffen. In diesem Zusammenhang ist außerdem besonders darauf hinzuweisen, dass im Jahr 2015 9.331 unbegleitete minderjährige Fremde einen Asylantrag gestellt haben (Quelle: Asylstatistik des BMI aus Dezember 2015) und in Betreuungsstellen unterzu­bringen sind. Die besonderen Bedürfnisse dieser Gruppe in Bezug auf deren Unter­bringung und Betreuung stellt die Betreuungseinrichtungen zusätzlich vor große Herausforderungen.

Bereits in der zweiten Hälfte des Jahres 2015 waren die ordentlichen Unterbringungs­kapazitäten fast durchgehend erschöpft, wodurch nicht alle Neuasylantragsteller zeitnahe einem Unterbringungsplatz zugewiesen werden konnten. Dieser Engpass bei der Unterbringung war unter anderem darauf zurückzuführen, dass seitens der Bundesländer nicht genügend Unterbringungsplätze geschaffen werden konnten, um Personen unmittelbar aus den Betreuungseinrichtungen des Bundes zu übernehmen. Dies betrifft insbesondere auch die besonders vulnerable Gruppe der unbegleiteten minderjährigen Fremden, welche mangels entsprechender Plätze nicht im ausreichen­den Ausmaß von den Ländern aus den Bundesbetreuungsstellen übernommen wurden.

Der akute Handlungsbedarf und die Überforderung der Bundesländer führten schließ­lich sogar dazu, dem Bund eine Ermächtigung zur Schaffung neuer Unterbringungs­möglichkeiten auf verfassungsrechtlicher Ebene einzuräumen. Durch das am 1. Oktober 2015 in Kraft getretene Bundesverfassungsgesetz über die Unterbringung und


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Aufteilung von hilfs- und schutzbedürftigen Fremden, BGBl. I 120/2015, wurde dem BMI das sogenannte Durchgriffsrecht eingeräumt. Das Durchgriffsrecht sieht die Möglichkeit vor, die Nutzung und den Umbau von bestehenden Bauwerken oder die Aufstellung beweglicher Wohneinheiten auf Grundstücken, die im Eigentum des Bun­des oder diesem zur Verfügung stehen, ohne vorheriges Verfahren mit Bescheid vorläufig anzuordnen. Es soll daher insbesondere der Schaffung von dringend erforder­lichen und angemessenen Wohnraum für hilfs- und schutzbedürftige Fremde dienen, zumal der Bescheid auch die nach bundes- und landesrechtlichen Vorschriften vorge­sehenen Bewilligungen, Genehmigungen oder Anzeigen ersetzt. In Anbetracht der dadurch bewirkten erheblichen Eingriffe in die Gemeindeautonomie sowie Nachbar­rechte bzw. des Entfalls von Beschwerdemöglichkeiten erfolgte die Erlassung des BVG – welches mit Ende des Jahres 2018 außer Kraft treten wird – unter der weitest gehenden Ausreizung des verfassungsrechtlichen Spielraums.

Selbst wenn das Durchgriffsrecht die Schaffung neuer Betreuungseinrichtungen des Bundes unterstützt, darf jedoch nicht außer Acht gelassen werden, dass vor dem Hintergrund der Zuständigkeiten der Grundversorgungsvereinbarung gem. Art. 15a B-VG insbesondere auch die Länder gefordert sind eine entsprechende Anzahl von Unterbringungsplätzen bereitzustellen. Die letzten herausfordernden Monate haben allerdings gezeigt, dass die Bundesländer dieser Aufgabe nicht immer ausreichend gewachsen waren und auch die von ihnen beauftragten humanitären, kirchlichen und privaten Einrichtungen an ihre Grenzen stießen. Die daraus resultierenden man­gelnden Übernahmen aus den Betreuungsplätzen des Bundes führten dazu, dass der Bund wiederholt – bislang insgesamt 13 Mal (Stand: 1. April 2016) – von dem soge­nannten Durchgriffsrechts Gebrauch machen musste. Die gänzliche Verhinderung einer temporären Obdachlosigkeit der Asylantragsteller ist trotzdem nicht gelungen.

Eine weitere Herausforderung bei der Schaffung von Unterbringungsmöglichkeiten stellt der Mangel an adäquaten und angemessenen Quartierangeboten dar. Im Som­mer 2015 wurde im Hinblick auf die angespannte Unterbringungssituation und auf Grund der enormen Migrationsbewegungen im BMI eine 24-Stunden-„Quartierhotline“ eingerichtet, über die dem BMI bis dato mehr als 1.500 Objekte und Liegenschaften zur Unterbringung von hilfs- und schutzbedürftigen Fremden angeboten wurden. Mehr als 2/3 der Quartierangebote mussten nach eingehender Prüfung jedoch negativ bewertet werden. Die Gründe dafür waren einerseits auf den desolaten Zustand vieler angebotener Objekte sowie finanzielle Rahmenbedingungen und andererseits auf die (zu geringe) Größe der Quartiere zurückzuführen. Ebenso spielte die mangelnde Eignung eines Großteils der Objekte für die beabsichtigten Zwecke, beispielsweise für die Einrichtung als Sonderbetreuungsstelle für unbegleitete minderjährige Fremde bzw. Personen mit besonderen Bedürfnissen, eine tragende Rolle, weshalb die ange­botenen Quartiere seitens des BMI abgelehnt werden mussten. Die Quartierangebote, die über die „Quartierhotline“ des BMI einlangten, gingen bereits gegen Ende des Jahres 2015 drastisch zurück. Es ist daher davon auszugehen, dass das Angebot an leerstehenden Objekten im Eigentum von Privatanbietern nahezu erschöpft ist.

Berücksichtigt werden muss auch, dass die Schaffung von angemessenem Wohnraum einer entsprechenden Vorlaufzeit bedarf und vor dem Hintergrund schwankender Asylantragszahlen schwer planbar ist. Bei einem erneuten gewaltigen Zustrom an Schutzsuchenden wie dem des Jahres 2015 müsste daher primär auf Notunterkünfte – wie beispielsweise Zelte – zurückgegriffen werden. Für die Beschaffung von Zelten und Containern in übermäßiger Anzahl ist jedoch eine Vorlaufzeit von mehreren Monaten einzuplanen. Denn bereits das Jahr 2015 hat im Hinblick auf die Beschaffung von Con­tainern gezeigt, dass diese auf Grund der europaweiten Herausforderungen im Unter­bringungsbereich auf dem Markt nur erschwert verfügbar sind, zumal es europaweit nur eine begrenzte Anzahl von Anbietern gibt, die über ein großes Kontingent von


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Containern verfügen bzw. diese innerhalb kurzer Zeit liefern können. Ein anhaltend hoher Zustrom an Schutzsuchenden würde daher die Gefahr in sich bergen, dass entsprechende Unterbringungsmöglichkeiten nicht zeitgerecht zur Verfügung gestellt werden könnten. Dies hätte zur Folge, dass einer großen Anzahl von hilfs- und schutz­bedürftigen Fremden – darunter auch besonders vulnerable Gruppen wie unbegleitete minderjährige Fremde, allein reisende Frauen und Familien mit Kindern – erneut die Obdachlosigkeit drohen würde. Die Erfahrungen haben zudem gezeigt, dass derartige Notunterkünfte nicht immer witterungsbeständig und insbesondere in der kalten Jahreszeit zur Unterbringung der Menschen nicht geeignet sind.

Mangels geordneter und strukturierter Unterbringungsabläufe für obdachlose hilfs- und schutzbedürftige Fremde könnte deren medizinische Versorgung nicht oder nicht durchgehend sichergestellt werden. Dies hätte unmittelbare Auswirkungen auf das öffentliche Gesundheitssystem zur Folge, da eine nicht unbeachtliche Anzahl an kranken und obdachlosen Schutzsuchenden österreichweit in öffentlichen Kranken­anstalten behandelt werden müsste. Im Gegensatz dazu erfolgt aktuell eine struk­turierte und organisierte medizinische Erstbetreuung von Schutzsuchenden grund­sätzlich über die Betreuungseinrichtungen des Bundes.

Bedacht werden muss in diesem Zusammenhang auch, dass Menschen, die in die Obdachlosigkeit getrieben werden, häufig auch weitere fundamentale Bedürfnisse – wie Verpflegung und Bekleidung – nicht sicherstellen können. Mittellose Menschen, die gezwungen sind, ihren Lebensunterhalt auf der Straße zu bestreiten, stellen eine Herausforderung für das geordnete Zusammenleben in der Aufnahmegesellschaft dar. Eine derartige Entwicklung würde daher nicht ohne nachhaltige Auswirkungen auf die öffentliche Ordnung und Sicherheit in Österreich bleiben. Signifikant hohe Zahlen von obdachlosen Fremden könnte zu Unruhe und Missmut in der Bevölkerung führen und sowohl die generelle Akzeptanz gegenüber hilfs- und schutzbedürftigen Fremden als auch das subjektive Sicherheitsempfinden der Bevölkerung in weiterer Folge senken.

Gerade die Akzeptanz der Bevölkerung spielt jedoch bei der Aufnahme hilfs- und schutzbedürftiger Personen eine besondere Rolle. Diese wird in erster Linie nur dann gegeben sein, wenn Einrichtungen mit einer verhältnismäßig geringen Belagsober­grenze geschaffen werden. Die Einrichtung von Quartieren mit geringen Aufnahme­kapazitäten stellt jedoch den Ausnahmefall dar, da dafür eine beträchtliche Anzahl von Liegenschaften zur Nutzung benötigt wird, deren Beschaffung die Republik vor große Herausforderungen stellt, aus welchem Grund bereits ein eigenes Bundesverfas­sungs­gesetz über die Unterbringung und Aufteilung von hilfs- und schutzbedürftigen Frem­den, BGBl. I Nr. 120/2015, geschaffen werden musste. Die Schaffung von Großquar­tieren, also Orten an denen es vermehrt zu ethnisch-kulturellen bzw. sozialen Konflik­ten und Anspannungen kommen kann, wäre daher aus derzeitiger Sicht bei einem weiterhin anhaltenden Zustrom an Schutzsuchenden unausweichlich. Dabei gilt es jedoch zu berücksichtigen, dass die Bevölkerung Großquartieren skeptisch gegenüber steht, weshalb bei vermehrter Inanspruchnahme von Großquartieren auch Risiken von vermehrten Protesten, einer gesteigerten Fremdenfeindlichkeit oder tätlicher Angriffe bestehen.

Die Grundversorgung von hilfs- und schutzbedürftigen Fremden umfasst aber nicht nur die Zurverfügungstellung von Unterbringungsplätzen sondern auch eine entsprechende Betreuung durch qualifiziertes Personal. Auch in diesem Bereich haben die Heraus­forderungen der letzten Jahre die Grenzen des Möglichen aufgezeigt. Mit zunehmen­dem Anstieg der Asylantragszahlen war es sowohl privaten Betreuungsfirmen als auch Nicht-Regierungs-Organisationen auf Grund der mangelnden Verfügbarkeit nur mehr erschwert möglich entsprechend qualifiziertes Personal am Arbeitsmarkt zu rekru­tieren. Dabei besteht vor allem für die Gruppe der unbegleiteten minderjährigen Frem-


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den ein dringender Bedarf nach einer umfassenden professionellen Betreuung. Es bedarf insbesondere einer angemessen Begleitung, der Wahrnehmung der beson­deren Interessen sowie der Unterstützung der unbegleiteten minderjährigen Fremden in persönlichen Belangen. In der Betreuungsstelle Ost, in welcher derzeit (Stand: Ende Februar 2016) nach Aufzeichnungen des BMI rund 658 unbegleitete minderjährige Fremde untergebracht sind, ist im Rahmen des Betreuungskonzepts vor allem eine 24-Stunden-Betreuung, psychologische Betreuung, die Vermittlung von Sozialkompetenz und Konfliktprävention vorgesehen. Ein sogenannter „Bezugsbetreuer“ fungiert dabei als umfassende Anlaufstelle der unbegleiteten minderjährigen Fremden. Zudem wird auch bei der Tagesstrukturierung auf die speziellen Bedürfnisse der unbegleiteten min­derjährigen Fremden Bedacht genommen. Dieses spezielle Betreuungskonzept zeigt, dass eine bestmögliche Betreuung der unbegleiteten minderjährigen Fremden nur durch qualifiziertes, speziell geschultes Personal wahrgenommen werden kann. Die Rekrutierung von geeignetem, pädagogisch und psychologisch besonders versiertem Personal, stellt dabei eine große Herausforderung dar. Der Mehrbedarf an Betreuungs­personal könnte daher im Falle eines abermals gewaltigen Zustroms an Schutz­suchenden, vergleichbar mit jenem des Jahres 2015, nicht mehr bzw. nur mit erheb­lichen zeitlichen Verzögerungen gedeckt werden.

Vor dem Hintergrund der Bestimmungen der Aufnahme-RL müssen bei der Versor­gung von hilfs- und schutzbedürftigen Menschen selbst in Ausnahmefällen unter allen Umständen die Grundbedürfnisse gedeckt werden. Eine über ein absolutes Mindest­maß hinausgehende Sicherstellung der Unterbringung, Verpflegung und Betreuung ist in Ausnahmesituationen insbesondere für besonders vulnerable Gruppen wie unbegleitete minderjährige Fremde, allein reisende Frauen, Familien und Kranke erfor­derlich. Würde die Zahl der zu versorgenden Personen im Jahr 2016 nicht deutlich sinken, sondern auch nur annähernd jener des Jahres 2015 gleichen, wäre allerdings nicht nur die Deckung der Grundbedürfnisse, sondern die Funktionsfähigkeit des Grund­versorgungssystems insgesamt gefährdet.

Integration

Eine rasche und nachhaltige Integration der Schutzsuchenden ist unabdingbar für ein friedliches und solidarisches Miteinander in der Aufnahmegesellschaft. Derzeit steuern jedoch auf Grund der hohen Anzahl an Schutzsuchenden sämtliche gesellschaftlichen Systeme, die einer erfolgreichen Integration dienen – insbesondere der Bildungs­bereich, der Arbeitsmarkt und die Wohnversorgung - auf eine langfristige äußerst starke Belastung zu.

Den Bildungseinrichtungen – allen voran Schulen – kommt im Bereich der Integra­tionsarbeit eine Schlüsselrolle zu. Die überdurchschnittlich hohen Zahlen an Schutz­suchenden des Jahres 2015 bergen das Risiko, dass diese ihre Aufgabe nicht mehr adäquat erfüllen können. Bereits jetzt stellt die wachsende Zahl der Schüler mit Migrationshintergrund die Schulen vor große Herausforderungen. Darüber hinaus weist die Zielgruppe der schutzsuchenden Minderjährigen eine besondere Vulnerabilität (Traumatisierung) auf, weshalb ein besonderer Betreuungsbedarf erforderlich ist. Auch die durch die Flucht entstandenen langjährigen Lücken im Bildungsverlauf erschweren einen nahtlosen Eintritt in unser Schulsystem sowie einen für den erfolgreichen Eintritt in den Arbeitsmarkt erforderlichen Bildungsabschluss. Der Bedarf an Lehrpersonal für nicht-deutschsprachige Schüler ist in den letzten Jahren bereits enorm gestiegen und könnte angesichts steigender Zahlen an schulpflichtigen Schutzsuchenden und der Dauer des Erwerbs spezieller Qualifikationen nicht zeitnah gedeckt werden. Hinzu kommt, dass in Anbetracht steigender Schülerzahlen infrastrukturelle Maßnahmen getroffen werden müssten. So wären unter anderem auch bauliche Maßnahmen


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(Ausbau- und Umbauarbeiten in Schulen) erforderlich, die allerdings nur mit einer jahrelangen Vorlaufzeit und nicht kurzfristig umsetzbar wären.

Die Ausweitung des Angebotes an Integrations- und insbesondere Deutschkursen betrifft jedoch nicht nur Schutzsuchende im schulpflichtigen Alter, sondern ist auch für erwachsene Schutzsuchende – mit Blick auf deren Integration am Arbeitsmarkt sowie der Teilhabe am gesellschaftlichen, wirtschaftlichen und politischen Leben - von größter Bedeutung. Das Angebot an Deutschkursen, aber auch Alphabetisierungs- und Basisbildungskursen, müsste daher ausgeweitet werden, sodass flächendeckend der zeitnahe Zugang zu diesen gewährleistet werden kann. Betrachtet man die erfor-derliche Menge an Kursplätzen, qualifizierten Lehrkräften und die notwendige Qualität des Unterrichts, wird das System – bei wachsender Belastung - an seine Grenzen stoßen.

Ein weiterer wesentlicher Faktor im Hinblick auf eine gelungene Integration ist die sozial-integrative Wohnpolitik auf lokaler Ebene. Hierunter ist nicht nur die Schaffung von Wohnraum durch die Gemeinden an sich zu verstehen, vielmehr soll eine aus­gewogene Verteilung der Schutzsuchenden auf die einheimische Bevölkerung sicher­gestellt werden. Dieser Aufgabe steht derzeit jedoch der akute Mangel an leistbarem Wohnraum, insbesondere in den Ballungsräumen, im Weg. Wohnungsengpässe sind im Hinblick auf die sozial-integrative Funktion jedoch nicht kurzfristig behebbar, son­dern bedürfen einer langfristigen Planung und Umsetzung. Bei einem anhaltenden Zustrom an Schutzsuchenden ist die Errichtung von Großquartieren die einzige Möglich­keit, die Unterbringung einer derartigen Vielzahl an Menschen zu garantieren und Obdachlosigkeit zu vermeiden. Die Bereitstellung von Großunterkünften würde dem Ziel einer nachhaltigen Integration in die Aufnahmegesellschaft jedoch geradezu widerlaufen, Segregationstendenzen verstärken und das Risiko der Bildung von Parallel­gesellschaften deutlich erhöhen.

Bei einem neuerlichen Zustrom an Schutzsuchenden in einem auch nur annähernd vergleichbaren Ausmaß wie im Jahr 2015 könnte angesichts der absehbaren Kapazitätsgrenzen eine erfolgreiche und nachhaltige Integration der Schutzsuchenden aus derzeitiger Sicht nicht gewährleistet werden.

Arbeitsmarkt

Ein enormer Zustrom an Schutzsuchenden hinterlässt auch am Arbeitsmarkt, der mit seinen hohen Lohn- und Sozialstandards als einer der attraktivsten europäischen Arbeitsmärkte gilt, deutliche Spuren. Der österreichische Arbeitsmarkt, als einer der attraktivsten europäischen Arbeitsmärkte, mit hohen Lohnstandards und Arbeitnehmer­schutzbestimmungen gerät aufgrund der starken Arbeitskräfteangebotsausweitung zunehmend unter Druck, auch durch den Zustrom von Arbeitskräften aus den EU-Mitgliedsstaaten. Die hohe Anzahl an Schutzsuchenden im Jahr 2015 stellt in dieser Situation eine enorme zusätzliche Belastung für den Arbeitsmarkt dar; eine weitere, vergleichbare hohe Anzahl an Asylantragstellungen wie jene des Jahres 2015 wäre somit aus arbeitsmarktpolitischer Sicht nicht verkraftbar.

Die starke Zunahme an Schutzberechtigten – die meisten Asylantragsteller stammen aus Herkunftsstaaten mit einer hohen Asylanerkennungswahrscheinlichkeit – bedeutet einen weiteren Anstieg der Arbeitslosigkeit in Österreich. Es ist davon auszugehen, dass von den rund 89.000 im Jahr 2015 gestellten Asylanträgen der überwiegende Teil den Status eines Asylberechtigten oder zumindest den Status eines subsidiär Schutz­berechtigten - und damit einen unbeschränkten Arbeitsmarktzugang - erhalten werden. Die hohe Anzahl an Schutzberechtigten schlägt sich bereits jetzt in der Arbeitslosen­statistik nieder: Derzeit (Stand: Ende Februar 2016) sind beim Arbeitsmarktservice (AMS) rund 23.000 Asylberechtigte bzw. subsidiär Schutzberechtigte vorgemerkt.


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Dabei handelt es sich um einen Anstieg von 51% im Vergleich zum Jahr 2015. Laut Prognosen werden im Laufe des Jahres 2016 weitere 30.000 Schutzberechtigte vom AMS zu betreuen sein.

Eine rasche Integration der Schutzberechtigten in den Arbeitsmarkt scheitert häufig daran, dass ein relativ großer Anteil dieser Betroffenen zwar über eine weiterführende schulische Ausbildung, nicht jedoch über Qualifikationen verfügt, die unmittelbar am österreichischen Arbeitsmarkt verwertbar sind. Die zeitliche Verzögerung der Integra­tion resultiert somit daraus, dass diese Personen mit Sprachkursen, Kompetenzchecks und weiterführenden Integrations- und Qualifizierungsmaßnahmen erst für den öster­reichischen Arbeitsmarkt „jobfit“ gemacht werden müssen. Für diese Maßnahmen bedarf es beträchtlicher zusätzlicher Mittel für die  vor dem Hintergrund steigender Zahlen der Schutzberechtigten  erforderliche Ausweitung des Angebotes an Qualifika­tionsmaßnahmen.

Die Erfahrung hat gezeigt, dass selbst wenn sämtliche Möglichkeiten ausgeschöpft und Anerkennungsverfahren hinsichtlich vorhandener Berufsqualifikationen beschleunigt und verbessert werden, die meisten Schutzberechtigten mittelfristig - wenn überhaupt - lediglich im Segment der unqualifizierten Beschäftigung Anstellungsmöglichkeiten finden werden. Damit treten sie in direkte Konkurrenz zu der beträchtlichen Anzahl an unqualifizierten inländischen und am Arbeitsmarkt bereits integrierten ausländischen Arbeitskräften. Ein im Niedriglohnbereich konzentriertes zusätzliches Angebot von Arbeits­kräften würde wiederum zu einem weiteren Anstieg und der Verfestigung der Arbeitslosigkeit in einem ohnehin schwierigen Arbeitsmarktsegment führen. Eine dadurch entstehende gesteigerte Arbeitslosigkeit hätte das Potential, soziale Span­nungen und Unruhen in der Bevölkerung hervorzurufen. Die prognostizierten Entwick­lungen stellen somit aus derzeitiger Sicht eine Bedrohung für die Sicherheit, öffentliche Ordnung und den sozialen Frieden in Österreich dar.

Sicherheitsbereich

Unter Berücksichtigung kriminalstatistischer Auswertungen und operativ gesicherter Ermittlungserkenntnisse des BMI kann mit sehr hoher Wahrscheinlichkeit davon ausgegangen werden, dass ein gleichbleibend starker Migrationsdruck im Jahr 2016 einen Anstieg der Kriminalität sowie eine Verschlechterung der Sicherheitslage insge­samt verursachen würde.

Aus derzeitiger Sicht ist als weitere Begleiterscheinung eines kontinuierlichen Zustroms Schutzsuchender, in einem mit dem Jahr 2015 vergleichbaren Ausmaß, die Entste­hung interreligiöser und interethnischer Spannungen und Konflikte wahrscheinlich: Die überwiegende Mehrheit der einreisenden Schutzsuchenden gehört unterschiedlichen Konfessionen an. Aus bisherigen Erfahrungen ist dadurch mit einer Zersplitterung in diverse Strömungen in der Aufnahmegesellschaft zu rechnen, was wiederum insbe­sondere zu intrareligiösen Spannungen führen könnte, weshalb diese Fälle aus der­zeitiger Sicht ein ernstes Sicherheitsrisiko darstellen würden.

Darüber hinaus hat sich in den letzten Jahren die Anzahl an interethnischen Konflikten erhöht: In der Vergangenheit wurde ein verstärktes Aufkommen von „Revierkonflikten“ verzeichnet, wobei sich den bisherigen Erfahrungen entsprechend, die an derartigen Konflikten teilnehmenden Personengruppen stetig vergrößern und in verbesserter bzw. hierarchisch gegliederter Struktur in Erscheinung treten. Aus derzeitiger Sicht besteht vor diesem Hintergrund, bei einem Zustrom an Schutzsuchenden, der mit dem Jahr 2015 vergleichbar ist, eine hohe Wahrscheinlichkeit, dass interethnisch-kulturelle Kon­flikte weiterhin ansteigen. Dies könnte eine erhebliche Gefahr für die österreichische Aufnahmegesellschaft darstellen, da bei interethnisch-kulturellen Konflikten unaus-


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weich­lich insbesondere auch bereits langjährig niedergelassene Personen mit Migra­tions­hintergrund involviert werden könnten.

Zugleich ist zu befürchten, dass bei derartig großen Migrationsbewegungen wie jenen des Jahres 2015 jene Konfliktszenarien, die sich in den Herkunftsregionen entwickelt haben, mit den Migrationsströmen auch nach Österreich „importiert“ werden. Hervor­zuheben ist hier insbesondere das Konfliktpotential zwischen der Terrororganisation Islamischer Staat (IS) und anderen Gruppierungen bzw. Organisationen. Ebenso wenig kann ausgeschlossen werden, dass sich unter den in Österreich einreisenden Fremden ehemalige Angehörige bzw. Sympathisanten der in den Konfliktregionen agierenden terroristischen Gruppierungen befinden. Die mit diesen Personengruppen verbundene Gefährdung der nationalen Sicherheit potenziert sich naturgemäß je größer die Anzahl der Zugewanderten ist.

Aus derzeitiger Sicht und entsprechend bisheriger Erfahrungen könnten sich bei einem anhaltend hohen Zustrom an Schutzsuchenden aus dem Nahen Osten, auch zwischen der autochthonen Bevölkerung und den potentiellen Fremden Konflikte manifestieren: Aufgrund der hohen Anzahl an Fremden, die aus Herkunftsregionen stammen, in denen oftmals „archaische“ Vorstellungen von Staat, Religion und Gesellschaft vorherr­schen, besteht aus derzeitiger Sicht die Gefahr, dass das Leben dieser Fremden, trotz einer Niederlassung in Österreich, ohne rasche und umfassende Integrations­maß­nahmen weiterhin von denselben Wertvorstellungen geprägt sein wird. Unter dem Aspekt der für alle in Österreich lebenden Personen bestehenden Religions- und Weltanschauungsfreiheit, muss jedoch berücksichtigt werden, dass Spannungen zwi­schen Personen unterschiedlicher Weltanschauung, insbesondere wenn diese mit der demokratischen Grundordnung eines modernen Rechtsstaates wie Österreich, der Achtung von Menschenrechten oder der Gleichberechtigung unvereinbar ist, sehr wahrscheinlich sind. Entsprechend bisheriger Erfahrungswerte besteht der Bedarf, einer daraus resultierenden Folge, und zwar der Konstituierung von abgeschotteten Milieus, von welchen eine integrationshemmende Wirkung ausgehen würde, wodurch wiederum jegliche Form der Radikalisierung in der österreichischen Bevölkerung begünstigt und gefördert werden könnte, mit intensiven Integrationsmaßnahmen entge­gen­zuwirken.

Es gilt als erwiesen, dass die mit dem enormen Zustrom an Schutzsuchenden verbun­denen Folgeerscheinungen und Herausforderungen insbesondere vom rechtsorien­tierten bzw. -extremen Klientel benutzt werden, um bestehende Ängste in der Bevöl­kerung zu schüren und das gestörte subjektive Sicherheitsgefühl in der Bevölkerung nachhaltig aufrecht zu erhalten. Gerade das subjektive Sicherheitsempfinden ist einer Manipulation zugänglich: Die subjektive Wahrnehmung von Sicherheit bzw. Unsicher­heit hängt nur bedingt von objektiv nachweisbaren Sicherheitsrisiken oder tatsächlich erlebten Verbrechenssituationen ab, teilweise entwickelt sie sich sogar konträr zu tatsächlichen objektiven Sicherheitslagen.

Das im Sinken begriffene Sicherheitsgefühl hängt auch damit zusammen, dass im Verlauf des Jahres 2015 eine außergewöhnlich hohe Anzahl an Fremden in Österreich Asyl beantragte. Bei gleichbleibendem Migrationsdruck wäre es somit wahrscheinlich, dass es zu einer noch stärkeren Gewichtung der Themen „Kriminalität“ und „soziale Sicherheit“ im Hinblick auf die Radikalisierung und Entsolidarisierung der Gesellschaft, aber auch hinsichtlich des Sozialsystems kommen würde. Denn Ängste um den Wertekonsens innerhalb der österreichischen Gesellschaft, sozialen Abstieg, Arbeitslosigkeit und die Gefährdung von Wohlstand und Sozialleistungen würden im Falle einer unkontrollierten und ungesteuerten Zuwanderung neben der Furcht vor Kriminalität im Allgemeinen jedenfalls vermehrt in den Vordergrund rücken.


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Aus den vorangegangenen Ausführungen geht hervor, dass eine auch nur annähernd gleichbleibende Zuwanderung auf dem Rekordniveau des Jahres 2015 nicht nur die innere Sicherheit in einem starken Ausmaß gefährden und zu einem Anstieg der Kriminalität führen könnte; vielmehr würden auch im Inneren der Gesellschaft Ver­hältnisse geschaffen werden, die eine steigende Beeinträchtigung der Aufrechterhal­tung der Sicherheit und Ordnung herbeiführen könnten. Selbst bei Aufstockung der personellen Ressourcen zur Erfüllung der exekutiven Tätigkeiten – vor allem vor dem Hintergrund der langen Dauer der Grundausbildung für den Polizeidienst – kann eine effektive Kriminalitätsbekämpfung angesichts der Vielfalt der skizzierten Gefahren nicht mehr lückenlos sichergestellt werden.

Belastung des Staatshaushaltes

Der Zustrom an Schutzsuchenden im Jahr 2015 zieht erhebliche finanzielle Belas­tun­gen des öffentlichen Haushaltes nach sich, die bei einem neuerlichen, vergleichbaren Zustrom im Jahr 2016 vom österreichischen Staat nicht mehr getragen werden können. Die im Zusammenhang mit Asylantragstellern entstehenden Kosten betreffen drei unterschiedliche Bereiche, die bereits in der Vergangenheit auf Grund der hohen Asylantragszahlen in eine finanzielle Schieflage gerieten und die bei anhaltend hohen Zahlen angesichts der finanziellen Herausforderungen vollständig zum Erliegen kom­men werden. Es handelt sich hier zum einen um den Bereich der humanitären Unter­bringung und Versorgung, d.h. um Kosten für Unterkunft und Versorgung mit Lebens­mitteln sowie Gesundheitsversorgung. Die Kostensätze entsprechend der Grundver­sor­gungsvereinbarung gem. Art. 15a B-VG wurden um etwa 12 % angehoben, um der zunehmenden Knappheit an Unterkünften Rechnung zu tragen. Geeignete Quartiere und Quartiergeber sind nur noch zu weiter steigenden Kosten verfügbar. Zum anderen betrifft dies den Bereich unmittelbarer Integrationsmaßnahmen für Schutzberechtigte (Arbeitsmarkt und Eingliederung in die Gesellschaft etc.) sowie den Bereich der Aufrechterhaltung einer ordnungsgemäßen Verwaltung, d.h. der damit verbundenen Verwaltungskosten des BMI, der Verwaltungsgerichte und der Kosten für Mindest­sicherung von Schutzberechtigten. Die Zahlen des Jahres 2015 zeigen im Vergleich zu den Jahren davor, dass es in all diesen Bereichen zu einem Anstieg der finanziellen Ausgaben kam, welcher in unmittelbarem Zusammenhang mit den stark gestiegenen Asylantragszahlen gesetzt werden kann. Asylberechtigte haben bis vier Monate nach Zuerkennung des Schutzstatus Anspruch auf Mittel aus der Grundversorgung. Danach steht Asylberechtigten und Subsidiär Schutzberechtigten der unbeschränkte Zugang zum Arbeitsmarkt zu bzw. haben sie - in Ermangelung eines Arbeitslosengeldes - Anspruch auf Mindestsicherung. Die Kosten betreffend die Grundversorgung werden entsprechend dem Verhältnis der Grundversorgungsvereinbarung gem. Art. 15a B-VG von Bund und Bundesländern getragen. Die finanziellen Kosten betreffend die Mindestsicherung wird von den Bundesländern getragen.

Gerade die Grundversorgung der Asylwerber ist jener Bereich, der den Großteil der finanziellen Kosten verursacht. Laut Statistik des BMF stiegen die Gesamtausgaben für Schutzsuchende in Österreich beträchtlich an. Ein anhaltend hohen Zustrom an Schutz­suchenden, wie jener des Jahres 2015 würde somit weiterhin hohe finanzielle Zuwendungen im Rahmen der Grundversorgung und somit eine enorme Belastung des Staatshaushaltes bedeuten.

Aus den Aufzeichnungen des AMS lässt sich ableiten, dass sich seit 2014 der Großteil aller Asylberechtigten arbeitslos melden. Die gesetzliche Pflicht zur Auszahlung des Schulungs- und des Arbeitslosengeldes durch das AMS an die Anspruchsberechtigten zieht naturgemäß erhebliche budgetäre Belastungen des Staatshaushaltes nach sich, die sich umso mehr verstärken werden, je höher die Anzahl der Schutzberechtigten ist. Generell liegt die Erwerbsquote von Drittstaatsangehörigen mit Asylhintergrund – nicht


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zuletzt aufgrund sprachlicher Barrieren – erheblich unter dem Vergleichsniveau anderer Fremder aus EU-Ländern. Dementsprechend  ist der Beitrag zur Finanzierung des Staatshaushaltes durch Schutzberechtigte zumeist geringer, hingegen  die Inan­spruchnahme von Sozialleistungen oft erforderlich. Dies trägt somit nicht positiv zum Rückgang der Staatsverschuldung bei. Die Abgabenquote Österreichs war im Jahr 2015 bereits weltweit eine der höchsten, was auch die Wettbewerbsfähigkeit der öster­reichischen Wirtschaft belastet.

Bei fortlaufender Entwicklung wird Österreich die Einhaltung der EU-Fiskaldisziplin und damit eine gemeinsame Schuldenbewirtschaftung in Zukunft nicht mehr garantieren können. Aufgrund der EU-Bestimmungen betreffend die Fiskaldisziplin können nur 2015 und 2016 die Mehrkosten für Asyl gegenüber 2014 berücksichtigt werden. Ab 2017 müssen die dann noch bestehenden Mehrkosten durch höhere Abgaben oder Einsparungen (auch in anderen Bereichen) kompensiert werden, andernfalls drohen auf EU-Ebene Sanktionen bzw. Budgetstrafen.

Regelungsinhalt des 5. Abschnittes

Der 5. Abschnitt des 4. Hauptstückes räumt der Bundesregierung die Möglichkeit ein, auf einen anhaltenden Zustrom an Schutzsuchenden und einer damit verbundenen drohenden Krisensituation, die das Funktionieren der innerstaatlichen Einrichtungen und öffentlichen Dienste beeinträchtigt, dahingehend zu reagieren, dass durch Erlas­sung einer Verordnung, Sonderbestimmungen in Bezug auf Antragsteller auf internatio­nalen Schutz, die nicht zum Aufenthalt im Bundesgebiet berechtigt sind, anzuwenden sind. Die Sonderbestimmungen weichen in diesem Ausnahmefall und im Rahmen der Verhältnismäßigkeit teilweise von unionsrechtlichen Sekundärrecht und den ansonsten geltenden innerstaatlichen asyl- und fremdenrechtlichen Regelungen ab.

Im Hinblick auf die - auch im Rahmen von Art. 72 AEUV - zu wahrende Ver­hält­nismäßigkeit, gelten die Sonderbestimmungen nicht unbeschränkt, sondern wird deren Anwendbarkeit einerseits durch die Geltungsdauer der Verordnung der Bundes­regierung sowie andererseits durch die Voraussetzung einer in Geltung stehenden Verordnung der Bundesministerin für Inneres über die vorübergehende Wiederein­führung von Grenzkontrollen an den Binnengrenzen gemäß § 10 Abs. 2 Bundesgesetz über die Durchführung von Personenkontrollen aus Anlass des Grenzübertrittes (Grenz­kontrollgesetzes – GrekoG), BGBl. Nr. 435/1996), zeitlich limitiert. Die Geltungs­dauer der Verordnung der Bundesregierung ist – abgesehen von der in § 36 Abs. 3 ohne­hin vorgesehenen Befristung – vor dem Hintergrund der notwendigen Wahrung der Verhältnismäßigkeit bei Abweichungen von Unionsrecht möglichst kurz zu bemes­sen und soll dabei nur den Zeitraum erfassen, der zur Verhinderung der Beein­trächtigung der staatlichen Einrichtungen und der öffentlichen Dienste jedenfalls not­wendig erscheint. Sollte sich vor Ablauf der Gültigkeitsdauer der Verordnung der Bundesregierung herausstellen, dass eine längere Geltungsdauer erforderlich ist, ist eine Verlängerung dieser Verordnung zulässig.

Im Wesentlichen sieht der 5. Abschnitt vor, dass – die Erlassung der genannten Verordnung der Bundesregierung und einer Verordnung zur Wiedereinführung von Grenzkontrollen vorausgesetzt – Drittstaatsangehörige, die nicht zur Einreise und zum Aufenthalt berechtigt sind, ihren Antrag auf internationalen Schutz bereits im Rahmen der – angestrebten –  Einreise nach Österreich stellen müssen. Diese Antragstellung räumt für sich allein genommen noch keinen faktischen Abschiebeschutz ein. Vor einer formalen Behandlung des Antrages ist der Vollzug einer Hinderung der Einreise, einer Zurückweisung oder einer Zurückschiebung zu prüfen und bei Vorliegen der Voraus­setzungen vorzunehmen. Neben dem in § 45a FPG festgelegten Refoulementverbot (Verbot der Hinderung an der Einreise, der Zurückweisung und der Zurückschiebung aus Gründen von Art. 2 oder 3 EMRK oder Art. 33 Z 1 GFK) wird vor Vollzug der


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Hinderung an der Einreise, der Zurückweisung oder der Zurückschiebung eine Prüfung nach Art. 8 EMRK vorgenommen. Im Falle des Vollzugs erfolgt keine weitere Be­handlung des Antrages auf internationalen Schutz, sondern nur wenn sich eine Hin­derung an der Einreise, eine Zurückweisung oder eine Zurückschiebung als unzulässig oder de facto unmöglich erweist. Diesfalls ist ein „reguläres“ Asylverfahren zu führen, welches mit der Befragung des Antragstellers gemäß § 19 Abs. 1 beginnt.

Abgewichen wird in diesem Abschnitt von einzelnen Bestimmungen des unionsrecht­lichen Sekundärrechts, vor allem von einzelnen Bestimmungen der Verfahrens-RL, nicht aber von unionsrechtlichem Primärrecht, der Grundrechtecharta, verfassungs­recht­lich zu gewährleistenden Grundrechten oder der GFK. Insbesondere beachten die Sonderbestimmungen dieses Abschnittes den Grundsatz der Nichtzurückweisung (Refoulementverbot) nach Art. 18 GRC bzw. Art. 33 GFK, das Folterverbot gemäß Art. 4 GRC bzw. Art. 3 EMRK, das Verbot der Kollektivausweisung nach Art. 19 GRC bzw. Art. 4 ZP Nr. 4 EMRK, das Recht auf Achtung des Privat- und Familienlebens gemäß Art. 7 GRC bzw. Art. 8 EMRK und das Recht auf einen effektiven gerichtlichen Rechts­schutz gemäß Art. 47 GRC und Art. 13 EMRK.

Zurückweisungen und Zurückschiebungen sind bereits nach geltender Rechtslage nur unter Berücksichtigung des Refoulementverbotes, d.h. der Art. 18 GRC bzw. Art. 33 GFK, Art. 4 GRC bzw. Art. 3 EMRK, entsprechend der höchstgerichtlichen Judikatur zulässig und ist gemäß den Sonderbestimmungen zusätzlich eine Prüfung gemäß Art. 7 GRC bzw. Art. 8 EMRK vorgesehen. Das Verbot der Kollektivausweisung nach Art. 19 GRC bzw. Art. 4 ZP Nr. 4 EMRK kann von Vornherein nicht verletzt werden, da es sich bei der Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangs­gewalt in Form einer Zurückweisung und Zurückschiebung immer um Entscheidungen im Einzelfall nach individueller Prüfung der Voraussetzungen handelt. Der notwendige effektive gerichtliche Rechtsschutz ist aufgrund der Möglichkeit der Erhebung einer Maßnahmenbeschwerde gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 2 B-VG bei den Verwal­tungs­gerichten der Länder sichergestellt.

Die Sonderbestimmungen des 5. Abschnittes weichen von Regelungen der Verfah­rens-RL ab, im Wesentlichen von der in Art. 9 dieser Richtlinie vorgesehenen Berech­tigung zum Verbleib im Hoheitsgebiet des betroffenen Mitgliedstaates während der Prüfung des Antrages und dem in Art. 6 verankerten Zugang zum Verfahren sowie der in Art. 31 festgelegten Bearbeitung von Anträgen auf internationalen Schutz.

Die unmittelbar anwendbare Dublin-III-VO ist insofern betroffen, als in jenen Fällen, in denen ein Antragsteller auf internationalen Schutz gemäß den Bestimmungen dieses Abschnittes zurückgewiesen oder zurückgeschoben wird und es daher nicht zur Be­handlung des Asylantrages kommt, folglich auch kein Verfahren zur Bestimmung des zuständigen Mitgliedstaates gemäß  Art. 20 Abs. 1 Dublin-III-VO eingeleitet wird. Ein solches Verfahren wäre gemäß  Art. 20 Abs. 1 Dublin-III-VO bei Stellung eines Antra­ges auf internationalen Schutzes einzuleiten, wobei gemäß  Art. 20 Abs. 2 leg. cit. ein Antrag als gestellt gilt, wenn den zuständigen Behörden ein vom Antragsteller eingereichtes Formblatt oder behördliches Protokoll zugegangen ist. Nach geltender innerstaatlicher Rechtslage tritt dieser Zeitpunkt ein, wenn dem Bundesamt als zuständiger Behörde von den Organen des öffentlichen Sicherheitsdienstes nach § 42 Abs. 2 BFA-VG das Protokoll der Befragung und der Bericht übermittelt werden. Wird der Antragsteller – abweichend von Art. 9 Verfahrens-RL – jedoch entsprechend den Sonderbestimmungen dieses Abschnittes zurückgewiesen oder zurückgeschoben, geht dem Bundesamt als zuständiger Behörde ein Protokoll oder Formblatt im Sinne des Art. 20 Abs. 2 Dublin-III-VO erst im Falle, dass das Landesverwaltungsgericht die Zurückweisung oder Zurückschiebung als rechtswidrig erkannt oder wenn sich eine Hinderung an der Einreise, eine Zurückweisung oder eine Zurückschiebung als un-


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möglich oder aus Gründen von Art. 2, 3 und 8 EMRK als unzulässig erweist. Ein Verfahren gemäß  Art. 20 Abs. 1 Dublin-III-VO findet in diesem Fall somit erst zu einem späteren Zeitpunkt statt.

§ 36:

Abs. 1:

Diese Bestimmung sieht eine Verordnungsermächtigung für die Bundesregierung im Einvernehmen mit dem Hauptausschuss des Nationalrates vor. Mit Erlassung einer solchen Verordnung wird durch die Bundesregierung die Gefährdung der Aufrecht­erhaltung der öffentlichen Ordnung und des Schutzes der inneren Sicherheit fest­gestellt. Die Bestimmungen dieses Abschnittes kommen dann zur Anwendung, wenn eine solche Verordnung der Bundesregierung in Geltung steht und gleichzeitig auch Grenzkontrollen an den Binnengrenzen gemäß einer Verordnung nach § 10 Abs. 2 GrekoG durchgeführt werden.

Die Verordnungsermächtigung fußt darauf, dass bei Vorliegen entsprechender Gründe gemäß Art. 72 AEUV eine Rechtfertigung zur Abweichung von sekundärrechtlichen Bestimmungen des Unionsrechts besteht. Gemäß Art. 72 AEUV berührt Titel V des Vertrags betreffend den RFSR (Art. 67 bis Art. 89 AEUV) „nicht die Wahrnehmung der Zuständigkeiten der Mitgliedstaaten für die Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung und den Schutz der inneren Sicherheit“, woraus abzuleiten ist, dass Abweichungen vom Sekundärrecht möglich sind, sofern diese der Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung und des Schutzes der inneren Sicherheit des betroffenen Mitgliedstaates dienen (siehe Erläuterungen zum 5. Abschnitt).

Ist aufgrund einer dringenden Situation die Erforderlichkeit der Anwendung der Son­derbestimmungen dieses Abschnittes gegeben, um die Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung und den Schutz der inneren Sicherheit zu gewährleisten, ist die Abweichung von einzelnen Bestimmungen des Unionsrecht und den darauf basie­renden innerstaatlichen Regelungen gerechtfertigt. Die Bundesregierung hat eine solche dringende Situation mittels Verordnung festzustellen.

Da das Vorliegen einer Gefährdungssituation eine rasche Reaktion erfordert, ist konsequenterweise aus zeitlichen Gründen von der Einhaltung der Vorgaben der § 17 und 18 BHG abzusehen. Daher entfällt die Notwendigkeit zur Erstellung einer wir­kungsorientierten Folgenabschätzung im Zusammenhang mit dieser Verordnung. Dies gilt in weiterer Folge auch für die Erlassung einer Verordnung nach § 37.

Die gewählten Begriffe der „gefährdeten“ „Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung und der Schutz der inneren Sicherheit„ bringen zum Ausdruck, dass die Erlassung der Verordnung der Bundesregierung nicht erst dann gerechtfertigt ist, wenn zum Erlas­sungszeitpunkt bereits die öffentliche Ordnung oder der Schutz der inneren Sicherheit nicht mehr gewährleistet ist, sondern bereits dann, wenn auf Basis der Prognosen zur Entwicklung der Antragszahlen auf internationalen Schutz in Kombination mit den Erfahrungswerten der Vergangenheit und aktueller internationaler Entwicklungen damit gerechnet werden kann, dass ohne Anwendung der Sonderbestimmungen eine Gefährdung der Funktionsfähigkeit der staatlichen Einrichtungen und Systeme zu erwarten ist. Die Verordnung ist zeitgerecht zu erlassen, sodass das Eintreten von Funktionsstörungen der staatlichen Einrichtungen und öffentlichen Dienste, etwa das tatsächliche Überschreiten der maximalen Kapazitäten für eine menschenwürdige Unterbringung, verhindert werden kann.

Die Anwendung der Sonderbestimmungen dieses Abschnittes setzt neben der Erlassung der Verordnung nach § 36 Abs. 1 auch die Geltung einer Verordnung zur vorübergehenden Wiedereinführung von Grenzkontrollen an den Binnengrenzen


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gemäß § 10 Abs. 2 GrekoG voraus. Dies vor dem Hintergrund, dass die Bestim­mungen dieses Abschnittes auf der Durchführung von Grenzkontrollen aufbauen und die Regelungen ohne tatsächliche Grenzkontrollen an den Binnengrenzen großteils ins Leere gehen würden. Zudem werden bei Vorliegen einer Situation, die die Anwendung von Sonderbestimmungen zur Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung und des Schutzes der inneren Sicherheit gebietet, Binnengrenzkontrollen gleichermaßen erfor­derlich sein. Schließlich sieht § 10 Abs. 2 GrekoG die vorübergehende Wieder­ein­führung von Grenzkontrollen an den Binnengrenzen durch Verordnung nur dann vor, wenn dies zur Aufrechterhaltung der öffentlichen Ruhe, Ordnung und Sicherheit geboten ist.

Der letzte Satz stellt klar, dass die Sonderbestimmungen im Flughafenverfahren (§§ 31ff) von den Bestimmungen dieses Abschnittes unberührt bleiben.

Abs. 2:

Wie oben dargestellt hat die Bundesregierung das Vorliegen einer Gefährdung der öffentlichen Sicherheit und des Schutzes der inneren Sicherheit mittels Verordnung festzustellen. Diese Feststellung, dass die Gefährdung der Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung und des Schutzes der inneren Sicherheit aktuell vorliegt, bedarf klarerweise einer Begründung der Bundesregierung, welche nach der ausdrücklichen Regelung des Abs. 2 dem Hauptausschuss des Nationalrats schriftlich zu übermitteln ist. In der schriftlichen Begründung hat insbesondere zum Ausdruck zu kommen, wes­halb vor dem Hintergrund der Migrationsbewegungen mit Blick auf den Erlassungs­zeitpunkt und die nahe Zukunft eine solche Situation vorliegt, die eine Gefährdung der Funktionsfähigkeit der öffentlichen Einrichtungen (beispielsweise des Asyl-, Gesund­heits-, Sozial-, Bildungs- und Sicherheitsbereichs, sowie betreffend der Gewährleistung von Grundversorgung, Integration, Unterbringungsplätzen und Wohnraum sowie Arbeitsmarktchancen) im Sinne der Erläuterungen zum 5. Abschnitt darstellt.

Abs. 3:

Angelehnt an die Regelung des Art. 29 Abs. 1 SGK und die darin vorgesehene Dauer der Wiedereinführung von Grenzkontrollen, beträgt die Höchstdauer der Verordnung nach Abs. 1 sechs Monate. Die Verordnung kann, sofern eine entsprechende Situation weiterhin vorliegt, höchstens drei Mal um jeweils maximal sechs Monate verlängert werden.

§§ 37 und 38:

Die Regelung des § 37 enthält eine weitere Verordnungsermächtigung, wonach der Bundesminister für Inneres Registrierstellen einrichten kann (vgl. § 4 BFA-G). Eine Registrierstelle ist Teil der jeweils örtlich zuständigen Landespolizeidirektion. In diesen können Anträge auf internationalen Schutz, insbesondere von Personen, die unter Umgehung der Grenzkontrolle unrechtmäßig eingereist sind, gestellt und die Prüfung von Zurückschiebungen durchgeführt werden; darunter fällt auch die Prüfung ob eine Anhaltung zwecks Sicherung der Zurückschiebung zulässig ist.

Nach der geltenden Rechtslage können Anträge auf internationalen Schutz vor jedem Organ des öffentlichen Sicherheitsdienstes gestellt werden (vgl. § 17 Abs. 1). Aus den §§ 37 und 38 ergibt sich im Wesentlichen, dass im Rahmen der Anwendbarkeit dieses 5. Abschnitts, d.h. während der Grenzkontrollpflicht, in der die Binnengrenzen nur an Grenzübergangsstellen überschritten werden dürfen, Anträge auf internationalen Schutz bereits anlässlich der Grenzkontrolle bei der (angestrebten) Einreise nach Österreich zu stellen sind. Dies gilt für Fremde, die nicht zum Aufenthalt im Bundes­gebiet berechtigt sind. Während vorübergehender Grenzkontrollen ist es systemim-


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manent, dass nicht aufenthaltsberechtigte Fremde, den Antrag auf internationalen Schutz bereits im Rahmen der Grenzkontrolle zu stellen haben, dies insbesondere um eine Einreise- bzw. Aufenthaltserlaubnis zu erhalten (vgl. in diesem Zusammenhang auch Art. 32 SGK, nach dem bei Wiedereinführung von Grenzkontrollen an den Binnengrenzen die ansonsten im Hinblick auf die Außengrenzen geltenden Bestim­mungen Anwendung finden und daher der Fremde den Zweck und die Umstände seines beabsichtigten Aufenthalts in Österreich zu belegen hat). Diese Regelung steht im Einklang mit Art. 6 Abs. 2 der Verfahrens-RL, wonach die Mitgliedstaaten verlangen können, dass Anträge auf internationalen Schutz persönlich und/oder an einem be­stimmten Ort zu stellen sind.

Fremde, die bereits über ein Aufenthaltsrecht in Österreich verfügen – etwa aufgrund eines gültigen Aufenthaltstitels oder aufgrund eines im Rahmen des § 35 an Familienangehörige erteilten Einreisetitels – sind in sachgerechter Weise davon nicht erfasst und ist das Asylverfahren solcher Personen nicht nach den Sonderbestim­mungen dieses Abschnittes zu führen.

Abweichend von § 17 Abs. 1 gilt im Rahmen dieses 5. Abschnittes, dass Anträge auf internationalen Schutz nicht vor jedem Organ des öffentlichen Sicherheitsdienstes ge­stellt werden können, sondern primär nur vor jenen Organen des öffentlichen Sicher­heitsdienstes im Rahmen der beabsichtigten Einreise bei der Grenzkontrolle. Reist ein Fremder hingegen – trotz in Geltung stehender Verordnung nach § 10 Abs. 2 GrekoG – unter Umgehung der Grenzkontrolle unrechtmäßig (vgl. § 15 Abs. 3 FPG) in das Bundesgebiet ein, ist der Antrag auf internationalen Schutz ausschließlich bei Organen des öffentlichen Sicherheitsdienstes in einer Registrierstelle zu stellen.

Zu diesem Zweck ist in § 38 Abs. 2 weiters vorgesehen, dass Fremde, die  – nach Umgehung der Grenzkontrollen – andernorts einen Antrag auf internationalen Schutz stellen wollen, diesfalls einer Registrierstelle – zwecks Prüfung einer Zurückschiebung – vorzuführen sind. Dies bezweckt u.a. einer Einreise unter Umgehung der Grenz­kontrolle entgegenzuwirken, da der Antrag auch in diesem Fall nur in einer Registrier­stelle gestellt werden kann, sodass der Betroffene, wenn er vorbringt, einen Antrag auf internationalen Schutz stellen zu wollen – zum Zweck der Prüfung einer Zurück­schiebung – einer Registrierstelle vorzuführen ist.

Nach Stellung des Antrages auf internationalen Schutz ist nach § 38 Abs. 3 von den Organen des öffentlichen Sicherheitsdienstes zunächst zu prüfen, ob die Hinderung einer Einreise oder die Zurückweisung gemäß  § 41 FPG oder – wenn der Fremde unter Umgehung der Grenzkontrolle eingereist ist – eine Zurückschiebung gemäß  § 45 FPG jeweils iVm § 40 in Betracht kommt. Die Organe des öffentlichen Sicher­heits­dienstes ermitteln den notwendigen Sachverhalt dabei iSd § 39 Abs. 2 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 – AVG, BGBl. Nr. 51/1991, von Amts wegen. Insbesondere ist gemäß § 41 Abs. 3 FPG bei Prüfung der Zulässigkeit einer Einreise der Fremde zu befragen und die Entscheidung darüber aufgrund des glaubhaft ge­machten oder sonst bekannten Sachverhalts zu treffen. Gemäß § 45a Abs. 5 FPG ergibt sich ferner, dass den Betroffenen unter Beachtung des Refoulementverbotes Gelegenheit zur Stellungnahme von Gründen zu geben ist, die der Maßnahme der Hinderung der Einreise, der Zurückweisung oder der Zurückschiebung aus Gründen des Art. 2 und 3 EMRK sowie Art. 33 Z 1 GFK, entgegenstehen. Im Ergebnis wird somit jeder Fremde einer individuellen Prüfung unterzogen, weshalb das Verbot der Kollektivausweisungen jedenfalls gewahrt wird. Insbesondere wird auch der Judikatur des EGMR betreffend des Verbots von Kollektivausweisungen entsprochen, da jeder Betroffene vor den zuständigen Behörden seine individuellen Argumente vortragen kann, die gegen seine Ausweisung sprechen (siehe u.a. EGMR 20.12.2007, Sultani/Frankreich, Nr. 45223/05) und ihm im Rahmen dieser individuellen Prüfung die


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Möglichkeit eröffnet wird, die persönliche Situation darzulegen oder einen Asylantrag zu stellen (siehe u.a. EGMR 21.10.2014, Sharifi ua/Italien und Frankreich, Nr. 16643/09).

Liegen die Voraussetzungen der Maßnahme einer Hinderung der Einreise, einer Zurück­weisung oder einer Zurückschiebung vor, ist die entsprechende Maßnahme somit vorzunehmen. Die Befragung des Antragsstellers gemäß § 19 Abs. 1 und die weitere Vorgangsweise nach §§ 42 ff BFA-VG erfolgt demnach erst, wenn die Prüfung ergeben hat, dass eine Hinderung der Einreise, eine Zurückweisung bzw. eine Zurück­schiebung des Fremden unzulässig oder unmöglich ist (siehe Erläuterungen zu § 41). Durch diesen in Abs. 3 vorgesehen zeitlichen Ablauf kann es zur Nichteinhaltung der in Art. 6 und 31 Verfahrens-RL festgelegten Fristen zur Registrierung und förmlichen Stellung der Anträge sowie der Nichteinhaltung des Art. 3 Dublin-III-VO kommen, da die individuelle Prüfung der Anträge erst bei Feststellung der Unzulässigkeit oder Unmöglichkeit der Hinderung der Einreise, der Zurückweisung oder der Zurückschie­bung erfolgen kann.

§ 39:

Die von §§ 12 und 12a abweichende Regelung des § 39 stellt eine der Kern­bestimmungen dieses Abschnittes dar. Gemäß § 12 kommt einem Fremden mit Stellung des Antrages auf internationalen Schutz – ausgenommen die Fälle des § 12a – ein faktischer Abschiebeschutz zu und ist daher eine Zurückweisung, Zurück­schiebung oder Abschiebung dieser Person unzulässig. Bei Anwendung dieses Ab­schnittes kommt einem Antragsteller auf internationalen Schutz ein faktischer Abschie­beschutz gemäß § 39 erst mit Einbringung des Antrages gemäß § 17 Abs. 2 zu. Es wird daher durch diese Norm von der unionsrechtlichen Bestimmung des Art. 9 Ver­fahrens-RL abgewichen, wonach bis zur Entscheidung über einen Antrag auf inter­nationalen Schutz eine Berechtigung des Antragstellers zum Verbleib im Hoheitsgebiet des betroffenen Mitgliedstaates besteht. Diese Maßnahme ist im Falle der Feststellung der Bundesregierung, dass die Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung und der Schutz der inneren Sicherheit gefährdet sind (vgl. § 36), erforderlich und verhält­nismäßig, da das Refoulementverbot jedenfalls einzuhalten ist (vgl. § 40).

Fremde, die bereits über ein Aufenthaltsrecht in Österreich verfügen, sind davon inso­fern nicht betroffen, als sie ohnehin keines faktischen Abschiebeschutzes bedürfen. Dies ergibt sich insbesondere auch aus dem gewählten Wortlaut betreffend der An­wen­dung des § 39 auf Fremde, die „gemäß § 38 in Österreich einen Antrag […] gestellt“ haben. Von § 38 sind nämlich nur jene Fremden erfasst, die weder zur Einreise noch zum Aufenthalt berechtigt sind. Ein Antrag auf internationalen Schutz gilt gemäß § 17 Abs. 2 in der Regel („soweit sich aus diesem Bundesgesetz […] nichts anderes ergibt“) mit Anordnung des Bundesamtes gemäß § 43 BFA-VG, der eine Befragung gemäß § 19 Abs. 1 und die erkennungsdienstliche Behandlung zuvor zu gehen hat (§ 42 Abs. 2 BFA-VG), als eingebracht. Wie in den Erläuterungen zu § 38 Abs. 3 festgehalten, hat vor der Vornahme der Befragung nach § 19 Abs. 1 die Prüfung und gegebenenfalls Durchführung der Hinderung der Einreise, der Zurückweisung oder der Zurückschiebung des Fremden zu erfolgen.

Von der Bestimmung des § 17 Abs. 3 wird nicht abgewichen, d.h. der Antrag eines nachgeborenen Kindes eines Asylwerbers oder international Schutzberechtigten kann weiterhin bei einer Regionaldirektion oder Außenstelle einer Regionaldirektion einge­bracht werden. Mit Einbringung des Antrages nach § 17 Abs. 3 besteht ein faktischer Abschiebeschutz, wodurch eine Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung unzulässig ist und gemäß § 41 Abs. 1 ein reguläres Asylverfahren zu führen ist.


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Dies bedeutet, dass die Stellung eines Antrages auf internationalen Schutz, eine Hinderung an der Einreise, eine Zurückweisung oder eine Zurückschiebung – ausge­nommen es liegen entsprechende Gründe gemäß Art. 2, 3 oder 8 EMRK bzw. Art. 33 Z 1 GFK (siehe § 4) vor – nicht hindert. Nur wenn eine Hinderung an der Einreise, eine Zurückweisung oder eine Zurückschiebung gemäß dem 6. Hauptstück FPG iVm § 40 unzulässig oder unmöglich ist, erfolgt die Befragung nach § 19 Abs. 1 und in weiterer Folge eine Anordnung des Bundesamtes gemäß § 43 BFA-VG, wodurch der Antrag als eingebracht gilt und dem Fremden ein faktischer Abschiebeschutz zukommt. Eine Säumnis im Hinblick auf eine Entscheidung betreffend des Antrags auf internationalen Schutz kann während der Prüfung einer Hinderung an der Einreise, einer Zurück­weisung oder einer Zurückschiebung nicht entstehen, da die Entscheidungsfrist mit dem Zeitpunkt der Einbringung des Antrages – d.h. mit der Anordnung des Bundes­amtes gemäß § 43 BFA-VG – beginnt. Gemäß § 8 Abs. 1 VwGVG kann eine Säum­nisbeschwerde erhoben werden, wenn die Behörde die Sache nicht innerhalb von sechs Monaten, wenn gesetzlich eine kürzere oder längere Entscheidungsfrist vorge­sehen ist, innerhalb dieser, entschieden hat. Die Entscheidungsfrist beginnt dabei mit dem Zeitpunkt, in dem der Antrag auf Sachentscheidung bei der Stelle eingelangt ist, bei der er einzubringen ist; dies ist in diesem Fall das Bundesamt.

Durch § 39 wird von der in Art. 9 Verfahrens-RL vorgesehenen Berechtigung zum Verbleib im Hoheitsgebiet des betroffenen Mitgliedstaates für den Zeitraum bis zur Einbringung des Antrages abgewichen.

§ 40:

§ 39 normiert, dass bei Anwendbarkeit dieses Abschnittes der Fremde aufgrund der Stellung des Antrages auf internationalen Schutz noch keinen faktischen Abschie­beschutz genießt. Folglich ergibt sich daraus, dass eine Hinderung an der Einreise, eine Zurückweisung oder eine Zurückschiebung des Antragstellers nach Maßgabe des 6. Hauptstück des FPG – insbesondere bei Beachtung des Refoulementverbotes gemäß § 45a FPG und Art. 2 und 3 EMRK sowie Art. 33 Z 1 GFK – grundsätzlich zulässig ist.

§ 40 Abs. 2 sieht – in Ergänzung zu § 45a FPG – als zusätzliches Kriterium die Prü­fung des Art. 8 EMRK vor: Die Hinderung an der Einreise, der Zurückweisung bzw. der Zurückschiebung ist dann unzulässig, wenn sich im Zuge der Prüfung einer Hinderung an der Einreise oder einer Zurückweisung bzw. im Zuge der Prüfung einer Zurück­schiebung ergibt, dass eine Einreise des Fremden in das Bundesgebiet bzw. ein weiterer Aufenthalt des Fremden im Bundesgebiet gemäß Art. 8 EMRK geboten ist. Darunter sind jene Fälle zu subsumieren, in denen Familienangehörige des Fremden über einen internationalen Schutzstatus in Österreich verfügen oder sich in einem Asylverfahren in Österreich befinden und daher die Abwicklung des Asylverfahrens des Fremden durch Österreich im Lichte des Art. 8 EMRK geboten ist. Dies vor dem Hinter­grund, dass diesen Fremden gleichfalls auch die Antragstellung im Ausland ent­sprechend dem Familienverfahren gemäß § 35 offen stünde. Da es sich bei Kindern um eine besonders vulnerable Personengruppe handelt, wird vor dem Hintergrund des im Verfassungsrang stehenden Schutzes des Kindeswohls (Bundesverfassungsgesetz über die Rechte von Kindern) in Abs. 2 letzter Satz ausdrücklich normiert, dass im Zuge der Art. 8 EMRK Prüfung das Kindeswohl als leitender Grundsatz besonders zu berücksichtigen ist.

Ebenso wie nach geltender Rechtslage handelt es sich bei der Ausübung von verwal­tungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt in Form einer Hinderung an der Einreise, einer Zurückweisung oder einer Zurückschiebung immer um eine individuelle Entscheidung unter Berücksichtigung des jeweiligen Einzelfalles. Zur Geltendmachung des Refoulementverbotes kann der Fremde, Gründe darlegen, die der Hinderung an


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der Einreise, der Zurückweisung oder Zurückschiebung entgegenstehen (vgl. § 45a Abs. 5 FPG).

Bei der Maßnahme der Zurückweisung handelt es nicht um eine Behördenbefugnis, sondern um eine Organbefugnis; trotzdem ist – auch schon nach geltender Rechtlage – jede von den Organen des öffentlichen Sicherheitsdienstes vorgenommene Zurück­weisung der zuständigen Behörde – d.h. der zuständigen LPD – zuzurechnen. Auch im praktischen Vollzug werden klarerweise Handlungsanleitungen etwa in Form von Erläs­sen den einschreitenden – weisungsgebundenen – Organen des öffentlichen Sicher­heitsdienstes seitens der Behörde zur Verfügung zu stellen sein und wird für jene Fälle, bei denen die Beurteilung, ob die Voraussetzungen für eine Zurückweisung vorliegen, komplex bzw. nicht eindeutig sind, zusätzlich immer die Möglichkeit der Weisungs­einholung bei der übergeordneten Organisationseinheit der jeweiligen LPD für das einschreitende Organ bestehen.

§ 41:

Nach Stellung eines Antrages auf internationalen Schutz ist von den Organen des öffentlichen Sicherheitsdienstes zunächst die Zulässigkeit einer Hinderung an der Einreise, einer Zurückweisung oder einer Zurückschiebung zu prüfen und bei Vorliegen der Voraussetzungen durchzuführen. Die Unzulässigkeit einer Hinderung an der Ein­reise, einer Zurückweisung oder einer Zurückschiebung kann sich aus den Gründen von Art. 2, 3 oder 8 EMRK ergeben, die Unmöglichkeit der tatsächlichen Vornahme einer Zurückweisung oder Zurückschiebung hängt von faktischen Gegebenheiten ab (z.B. fehlende Zustimmung der Rückübernahme durch den Staat, in den zurück­geschoben werden soll). Der Antrag auf internationalen Schutz ist erst zu behandeln, wenn sich eine Hinderung an der Einreise, eine Zurückweisung oder eine Zurückschie­bung nach Maßgabe der § 40 iVm §§ 41 oder 45 FPG als unzulässig oder unmöglich erweist. In diesen Fällen ist der Antragsteller gemäß § 19 Abs. 1 zu befragen. In weiterer Folge erfolgt die Einholung der Anordnung des Bundesamtes zur weiteren Vorgangsweise gemäß §§ 42 ff BFA-VG und das Zulassungsverfahren gemäß §§ 28 ff.

Erfolgt eine Hinderung an der Einreise, eine Zurückweisung oder eine Zurückschie­bung des Antragstellers durch die Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes, steht dem Betroffenen entsprechend der geltenden Rechtslage die Möglichkeit der Ergrei­fung einer Maßnahmenbeschwerde bei den Verwaltungsgerichten der Länder offen. Für den Fall, dass eine solche Beschwerde erhoben und die Beschwerde zurück­gewiesen oder die Hinderung an der Einreise, die Zurückweisung oder die Zurück­schie­bung vom Landesverwaltungsgericht als rechtmäßig erkannt wird, gilt der Antrag auf internationalen Schutz gemäß § 41 Abs. 2 als nicht eingebracht, weshalb auch keine Befragung gemäß § 19 Abs. 1 stattfindet. Maßstab für die Beurteilung der Recht­mäßigkeit der Maßnahme der Hinderung an der Einreise, der Zurückweisung oder der Zurückschiebung sind die Voraussetzungen des § 40 iVm §§ 41 oder § 45 FPG. Ob der Fremde die Voraussetzungen für die Zuerkennung eines internationalen Schutz­status erfüllt, ist hingegen nicht Gegenstand des Beschwerdeverfahrens. Stellt das Landesverwaltungsgericht die Rechtswidrigkeit der Maßnahme fest, ist die Einreise des (zurückgewiesenen oder zurückgeschobenen) Beschwerdeführers zu gestatten und hat die Behandlung des Antrags auf internationalen Schutz, beginnend mit der Befragung nach § 19 Abs. 1, der Einholung der Anordnung des Bundesamtes zur weiteren Vorgangsweise gemäß  §§ 42 ff BFA-VG und dem Zulassungsverfahren (§§ 28 ff) statt zu finden.

Wird seitens des an der Einreise gehinderten, des zurückgewiesenen oder des zurück­geschobenen Antragstellers innerhalb offener Beschwerdefrist keine Maßnahmenbe­schwerde ergriffen, gilt der Antrag auf internationalen Schutz als nicht eingebracht,


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weshalb keine Befragung nach § 19 Abs. 1 und daher in weiterer Folge keine Behand­lung des Antrages auf internationalen Schutz stattfindet.

Aus dieser Systematik geht hervor, dass jene Fremde, die nach erfolgter Hinderung an der Einreise, Zurückweisung oder Zurückschiebung erneut versuchen einzureisen oder erneut im Bundesgebiet unter Umgehung der Grenzkontrolle aufgegriffen werden und im Zuge dessen einen Antrag auf internationalen Schutz stellen, einer erneuten Prü­fung der Hinderung an der Einreise, der Zurückweisung oder der Zurückschiebung gemäß § 40 iVm §§ 41 oder 45 FPG unterliegen und somit auch deren Antrag auf internationalen Schutz erneut den Rechtfolgen des § 41 unterliegt.

Zu Z 18 und 19 (Überschrift des 6. Hauptstückes sowie § 51a samt Überschrift):

§ 51a bildet im Wesentlichen die Regelung des für subsidiär Schutzberechtigte geltenden § 52 für Asylberechtigte nach. Die Karte für Asylberechtigte dient dem Nachweis der Identität sowie der Rechtmäßigkeit des Aufenthaltes im Bundesgebiet und ist nach Aberkennung des Status des Asylberechtigten dem Bundesamt zurück­zustellen. Die Karte selbst hat bloß deklaratorischen Charakter, da sich die Aufent­haltsberechtigung bereits ex lege aus der Zuerkennung des Status des Asylberech­tigten ergibt (vgl. § 3 Abs. 4 neu).

Ebenso wie in § 52 Abs. 2 ist eine Verordnungsermächtigung für die Bundesministerin für Inneres betreffend die Gestaltung der Karte vorgesehen.

Zu Z 20 (§ 67 samt Überschrift):

Abs. 1:

Fremde, denen der Status des Asylberechtigten oder subsidiär Schutzberechtigten zuerkannt wird, sind künftig ex lege verpflichtet, zum Zwecke der Integrationsförderung unverzüglich bei dem für das jeweilige Bundesland zuständigen Integrationszentrum des ÖIF persönlich zu erscheinen. Der ÖIF führt insbesondere Orientierungs­ge­spräche, definiert Integrationserfordernisse und informiert über Integrationsleistungen. Diese Pflicht hat das Bundesamt dem Fremden zugleich mit Statuszuerkennung – etwa mittels Informationsblatt – zur Kenntnis zu bringen. Durch den Termin beim ÖIF soll der Asylberechtigte bereits zu einem sehr frühen Zeitpunkt über die Notwendigkeit von Integrationsfortschritten, insbesondere des raschen Erlernens der deutschen Sprache sowie der Grundkenntnisse der demokratischen Ordnung der Republik Österreich und der sich daraus ableitbaren Grundprinzipien, in Kenntnis gesetzt werden. Ziel ist die Stärkung der Eigenverantwortung im Integrationsprozess und die Sichtbarmachung der Folgen eines fehlenden Integrationsfortschrittes, der zu einer Rückkehrentscheidung und letztlich auch zu einer Abschiebung führen kann.

Abs. 2:

Wird im Zuge eines Aberkennungsverfahrens ein Verfahren zur Erlassung einer Rückkehrentscheidung eingeleitet, kann gemäß Abs. 2 das Bundesamt und auch das BVwG beim ÖIF Auskunft über die Teilnahme des Fremden an Maßnahmen zur Integrationsförderung des ÖIF, insbesondere an Sprachkursen und Kursen über die Grundkenntnisse der demokratischen Ordnung der Republik Österreich und der sich daraus ableitbaren Grundprinzipien, verlangen. Allfällige (Prüfungs-)Ergebnisse dieser Kurse sind ebenfalls mitzuteilen (siehe auch Erläuterungen zu § 30 Abs. 4 BFA-VG). Die Auskunft kann bei der Beurteilung des Grades der Integration gemäß § 9 Abs. 2 Z 4 BFA-VG im Rahmen der Beurteilung des Privat- und Familienlebens im Sinne des Art. 8 EMRK mitberücksichtigt werden. So wie bisher kann, wenn der Fremde keine bzw. nur mangelhafte Integrationsfortschritte vorzuweisen hat, dies letztendlich auch zu einer Rückkehrentscheidung und letztlich zu einer Abschiebung führen. Ob der Fremde die Integrationsangebote des ÖIF in Anspruch nimmt oder nicht, ist ent-


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sprechend der Judikatur im Rahmen der Prüfung gemäß § 9 Abs. 2 Z 4 BFA-VG (Grad der Integration) neben den sonstigen Umständen des Einzelfalles, die den Grad der Integration des Betroffenen bestimmen lassen, zu berücksichtigen. Eine Nichtinan­spruchnahme, Nichtteilnahme oder erfolgreiche Teilnahme an den Integrationsange­boten ist dabei, so wie bisher, nur eines der Kriterien bei der Abwägung nach Art. 8 EMRK. Die weiteren Kriterien der Art. 8 EMRK Prüfung, wie z.B. die Art und Dauer des bisherigen Aufenthalts und die Frage, ob der bisherige Aufenthalt des Fremden rechtswidrig war; das tatsächliche Bestehen eines Familienlebens oder Verstöße gegen die öffentliche Ordnung, insbesondere im Bereich des Asyl-, Fremdenpolizei- oder Einwanderungsrechts sind naturgemäß weiterhin zu prüfen und zu berück­sichtigen. Ob eine Rückkehrentscheidung letztendlich einen unzulässigen Eingriff in das Privat- oder Familienleben darstellt, hängt von den Gesamtumständen des Einzelfalles ab.

Zu 21 (§ 68 Abs. 1):

Durch diese Einfügung wird klargestellt, dass Leistungen der Integrationshilfe gemäß Abs. 2 auch Asylwerbern gewährt werden sollen. In Zusammenschau mit Satz 1 des geltenden Abs. 1 handelt es sich um eine Ermessensentscheidung der jeweils zuständigen Gebietskörperschaft oder der jeweils zuständigen privaten Einrichtung. Ein Rechtsanspruch auf Integrationshilfe wird wie auch bei Asylberechtigten nicht eingeräumt. Die Wendung „nach Maßgabe vorhandener finanzieller und organisato­rischer Ressourcen“ verdeutlicht, dass die Entscheidung nach den vorhandenen Budgetmittel bzw. verfügbaren Kursplätzen auszurichten ist. Zielgruppe sind Asylwer-ber aus Herkunftsstaaten mit einer sehr hohen Anerkennungsquote, nicht aber Asyl-werber aus sicheren Herkunftsstaaten. Mit der Wendung „unter Berücksichtigung vorliegender Erfahrungswerte“ wird zum Ausdruck gebracht, dass jene Gruppe von Asylwerbern gemeint ist, denen insbesondere entsprechend vorliegenden öffentlich abrufbaren Statistiken des Bundesministeriums für Inneres, mit sehr hoher Wahr­scheinlichkeit der Schutzstatus zuerkannt wird. Über diese Möglichkeit betreffend Inte-grationshilfe sind die Asylwerber mit Zulassung  des Verfahrens mittels Informations­blatt in Kenntnis zu setzen.

Zu Z 22 (§ 72 Z 4 und 5):

Dabei handelt es sich um eine Verweisanpassung aufgrund der Neufassung des § 35 Abs. 2 sowie um eine Adaptierung der Vollzugsklausel aufgrund der Ergänzung des § 68 Abs. 1.

Zu Z 23 (§ 73 Abs. 15):

Diese Bestimmung regelt das Inkrafttreten.

Die Erlassung der Verordnungen gemäß §§ 36 Abs. 1 und 37 sind bereits ab Kund­machung dieses Bundesgesetzes zulässig, wobei sie jedenfalls erst frühestens mit dem In-Kraft-Treten dieses Bundesgesetzes in Kraft treten können.

Zu Z 24 (§ 75 Abs. 24 bis 26):

Abs. 24:

Fremde, die bereits vor dem 15. November 2015 einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt haben, sollen in sachgerechter Weise nicht von den Änderungen betroffen sein, zumal sie – nach Statuszuerkennung - von einem dauerhaften Aufent­haltsrecht ausgehen konnten. Jene Fremden, die ihren Antrag hingegen ab dem 15. November 2015 stellen und denen bis zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bun­desgesetzes nicht der Status des Asylberechtigten zuerkannt wurde, sind von den Änderungen betroffen und es wird diesen Fremden nach Statuszuerkennung eine


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Karte für Asylberechtigte ausgestellt. Der 15. November 2015 ist vor dem Hintergrund des Inkrafttretens dieser Regelung ein sachgerechter Stichtag, da bei Anträgen ab diesem Datum in der Regel das Verfahren bei Inkrafttreten dieses Bundesgesetzes noch nicht abgeschlossen ist. Die Verschärfungen beim Familiennachzug sollen in sachgerechter Weise nicht für bereits zum Inkrafttreten dieses Bundesgesetzes anhängige Verfahren nach § 35 gelten. Zudem ist für Familienangehörige von jenen Asylberechtigten, denen der Status bereits vor Inkrafttreten dieses Bundesgesetzes zuerkannt wurde, vorgesehen, dass diesfalls die drei Monats „Frist“ des § 35 Abs. 1 letzter Satz mit Inkrafttreten dieses Bundesgesetzes zu laufen beginnt.

Abs. 25:

Die Einführung der Karte für Asylberechtigte bedingt technische Adaptierungen, die eine zeitliche Vorlaufzeit erfordern. Sollten diese Adaptierungen zum Zeitpunkt des zeitlich nahen Inkrafttretens noch nicht abgeschlossen sein, wird normiert, dass diesfalls die – deklarative – Karte für Asylberechtigte erst ausgefolgt wird, sobald die technischen Voraussetzungen dafür vorliegen. Das Aufenthaltsrecht der Betroffenen, das sich ex lege bereits aus der Zuerkennung des Status ergibt, kann bis dahin wie bisher mit dem Bescheid nachgewiesen werden.

Abs. 26:

Für Beschwerden, die bereits vor Ende der Anwendbarkeit der Sonderbestimmungen des 5. Abschnittes des 4. Hauptstückes, d.h. vor Ablauf der Gültigkeitsdauer sowohl der Verordnung nach § 36 Abs. 1 als auch der Verordnung nach § 10 Abs. 2, anhängig sind, sind weiterhin die Bestimmungen des 5. Abschnittes anzuwenden. Dies bedeutet, dass sich die Beurteilung der Rechtmäßigkeit der Hinderung an der Einreise, der Zurückweisung bzw. der Zurückschiebung durch das Landesverwaltungsgericht nach den Bestimmungen des 5. Abschnittes richtet. Dasselbe gilt auch für die Rechtsfolgen in Bezug auf den Antrag auf internationalen Schutz (§ 41 Abs. 2 und 3). Wird daher nach Ende der Anwendbarkeit des 5. Abschnittes die Maßnahmenbeschwerde betref-fend einer vor Ende der Anwendbarkeit des 5. Abschnittes erfolgten Hinderung an der Einreise, Zurückweisung oder Zurückschiebung zurückgewiesen oder vom Landesver­waltungsgericht als rechtmäßig erkannt wird, gilt der Antrag auf internationalen Schutz als nicht eingebracht. Sollte die Hinderung an der Einreise, die Zurückweisung oder die Zurückschiebung als rechtswidrig erkannt werden, ist die Einreise zu gestatten und das Asylverfahren „regulär“ zu führen.

Zu Artikel 2 (Änderung des Fremdenpolizeigesetzes 2005)

Zu Z 1 (§§ 39 Abs. 3 Z 1 bis 3 und 45 Abs. 1 Z 1 bis 3):

Auf dem Asylgipfel vom 20. Jänner 2016 hat die österreichische Bundesregierung ein Bekenntnis zur Forcierung der Außerlandesbringung von unrechtmäßig aufhältigen Drittstaatsangehörigen abgegeben. Dies betrifft auch die Zurückschiebungen in Nachbarstaaten und erscheint gerechtfertigt, da Österreich lediglich über seine Schengen-Außengrenze auf den sechs internationalen Flughäfen direkt aus einem Drittstaat erreicht werden kann, hingegen ist die Erreichbarkeit am Landweg immer nur über einen anderen Schengen-Mitgliedstaat gegeben. Diese Schengen-Mitgliedstaaten hät­ten in den meisten Fällen die Möglichkeit die unrechtmäßige Weiterreise nach Öster­reich (Sekundärmigration) zu verhindern und sind daher auf Basis von bilateralen Rückübernahmeabkommen verpflichtet, die betroffenen Drittstaatsangehörigen zurück-zu­neh­men.

Aufgrund veränderter rechtlicher Rahmenbedingungen (so besteht grundsätzlich keine Kontrolle an den Grenzen und sind solche nur im Rahmen des § 10 Abs. 2 Bun­desgesetz über die Durchführung von Personenkontrollen aus Anlaß des Grenzüber-


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tritts (Grenzkontrollgesetz - GrekoG), BGBl. Nr. 435/1996, iVm Art. 23 ff Verordnung (EG) Nr. 562/2006 über einen Gemeinschaftskodex für das Überschreiten der Grenzen durch Personen (Schengener Grenzkodex) durchzuführen) sowie aufgrund Erfah-rungen des Vollzugs, hat sich in der Praxis gezeigt, dass die Frist von sieben Tagen sehr kurz bemessen ist und dem Umstand nicht Rechnung trägt, dass viele unrecht­mäßig Einreisende im Bundesgebiet untertauchen, weshalb sie oft erst nach Ablauf der sieben Tage betreten werden können.

Die Frist von sieben Tagen wurde erstmals in § 10 Abs. 1 Fremdenpolizeigesetz, BGBl. Nr. 75/1954, gesetzlich normiert und bezweckte die Zurückschiebung auch nach Ablauf mehrerer Stunden nach dem Grenzübertritt zu ermöglichen. Davor waren Zurück­schie­bungen nur zulässig, wenn der Fremde unmittelbar nach dem (illegalen) Grenzübertritt im Grenzgebiet angetroffen wurde; diese Maßnahme entsprach daher vielmehr der heutigen Zurückweisung (§§ 41 ff).

Nun soll das FPG dahingehend angepasst werden, dass die Anzahl jener Fälle, welche für eine Zurückschiebung in Frage kommen, durch die Verlängerung der Frist, innerhalb welcher nach erfolgter unrechtmäßiger Einreise bzw. nach Ablauf des rechtmäßigen Aufenthaltes im Bundesgebiet eine Zurückschiebung gesetzlich zulässig ist, von sieben auf 14 Tage ausgedehnt wird. Dies hat den entscheidenden Vorteil, dass in einer potentiell größeren Anzahl von Fällen ein fremdenpolizeiliches Verfahren auf Basis bilateraler Rückübernahmeabkommen gewählt werden kann. Durch die Verlängerung der Frist auf 14 Tage erscheint die Nähe zu dem vermuteten unrecht­mäßigen Grenzübertritt weiterhin gegeben und wird dadurch die Verhältnismäßigkeit gewahrt. Eine europarechtliche oder völkerrechtliche Vorgabe für die Dauer dieser Frist gibt es nicht.

Die Verlängerung der Frist auf 14 Tage soll – insbesondere im Zusammenhang mit der Wiedereinführung von Grenzkontrollen (gemäß § 10 Abs. 2 GrekoG) – der Gleichbe­handlung von unrechtmäßig eingereisten Fremden dienen: Während der Durchführung von Grenzkontrollen sind die Binnengrenzen nur an Grenzübergangsstellen zu über­schreiten, weshalb all jene Fremde, die an der Grenzübergangsstelle keine Einreise- oder Aufenthaltsberechtigung nachweisen können, gemäß § 41 an der Einreise gehindert oder zurückgewiesen werden können. Durch die Verlängerung der Frist auf 14 Tage können insgesamt mehr im Bundesgebiet aufgegriffene Fremde, die unter Umgehung der Grenzkontrollen eingereist sind, (nach Prüfung der Zulässigkeit) zurück­geschoben werden. Durch diese Gleichstellung mit jenen Fremden, die sich der Grenzkontrolle stellen, soll auch die Gefahr, Opfer von Schlepperkriminalität zu werden bzw. der Anreiz, die Grenzkontrollen zu umgehen, hintangehalten werden.

Korrespondierend zu der sieben-Tages-Frist in § 45 muss auch die sieben-Tages-Frist betreffend die Festnahmetatbestände in § 39 angepasst werden, weshalb künftig auch hier eine Frist von 14 Tagen zur Anwendung gelangt.

Zu Z 2 (§ 39 Abs. 5a):

Es hat sich in der Praxis gezeigt, dass die bisher geltende maximale Anhaltedauer von 120 Stunden (d.h. 5 Tage) ab Festnahme, zur faktischen Durchführung einer Zurück-schiebung, aufgrund der im Rückübernahmeverfahren geltenden Fristen schwer einzu­halten ist, weshalb die Übergabe an den betroffenen Nachbarstaat Österreichs zumeist nicht innerhalb dieser Frist durchführbar ist. So ist entsprechend den bilateralen Rückübernahmeabkommen mit den Nachbarstaaten Österreichs, für die Beantwortung eines österreichischen Ersuchens um Rückübernahme zumeist eine Frist von einer Woche vorgesehen und muss zusätzlich – nach Zustimmung zur Rückübernahme – die Übergabe 5 Tage vor der Durchführung angekündigt werden. Dementsprechend


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konnten bisher Zurückschiebungen oft nur in jenen Fällen effektiv durchgeführt werden, in welchen die betroffenen Nachbarstaaten unverzüglich auf ein Rückübernahme­ersuchen Österreichs antworteten und die ihnen zustehenden Fristen nicht aus­schöpften. Diese Fälle sind jedoch die Ausnahme, weshalb in vielen Fällen eine rechtlich zulässige Zurückschiebung daran scheitert, dass der Betroffene aufgrund Überschreitens der bisher festgelegten Anhaltedauer zu enthaften ist, auch wenn weiterhin zur Sicherung der Zurückschiebung ein Anhaltebedarf bestünde. Auch eine dem Betroffenen ausgestellte Ladung zum Wiedererscheinen, stellt keine Alternative dar, da solchen Ladungen in der Praxis nicht Folge geleistet wird. Aus diesem Grund ist die  maximale Anhaltedauer zu verlängern. Für alle Fremden gilt grundsätzlich, dass die Anhaltedauer so gering wie möglich sein soll; die maximale Anhaltedauer wird hingegen nur ausgeschöpft, wenn die Sicherung der Zurückschiebung nicht auf andere Weise (z.B. gelindere Mittel gemäß Abs. 7) gewährleistet werden kann. Die Frist von 14 Tagen wurde deshalb gewählt, da innerhalb dieser Frist eine faktische Durch­führung, unter Berücksichtigung der Rückübernahmefristen und des praktischen Voll­zugs einer Rückübernahme, möglich ist.

Eine Anhaltung bis zu 14 Tagen kann auch dann angeordnet werden, wenn der Betroffene seiner Verpflichtung aus einem gelinderen Mittel (siehe Abs. 7) nicht nach­kommt.

Zu Z 3 (§ 39 Abs. 5b):

Bisher bestand keine Möglichkeit im Falle, dass die maximale Anhaltedauer ausge­schöpft wurde und der Betroffene zu enthaften war, bei einem späteren Eintreffen der Zustimmung zur Rückübernahme den Betroffenen zur Sicherung der Zurückschiebung kurzfristig neuerlich anzuhalten. Nun soll eine Festnahme auch dann ermöglicht werden, wenn die Zustimmung zur Rückübernahme einlangt und die Vorführung zur Sicherung der Zurückschiebung erforderlich ist. Die Durchführung der Zurückschie­bung muss in diesem Fall innerhalb von maximal 72 Stunden erfolgen, widrigenfalls der Betroffene zu enthaften ist. Vor einer Anhaltung ist grundsätzlich die Anwend­barkeit eines gelinderen Mittels zu prüfen (siehe Abs. 7).

Zu Z 4 (§ 39 Abs. 7 und 8):

Korrespondierend zu den Bestimmungen der Schubhaft nach §§ 76 f FPG und zur Wahrung der Verhältnismäßigkeit von Anhaltungen zur Sicherung der Zurück­schie­bung, wird künftig in allen Fällen einer Anhaltung nach § 39 Abs. 5, 5a und 5b die Anwendung eines gelinderen Mittels ermöglicht, sofern mit einem solchen gelinderen Mittel der Zweck der Sicherung der Zurückschiebung erreicht werden kann.

Die Anwendung gelinderer Mittel dient insbesondere dem Schutz vulnerabler bzw. besonders schützenswerter Personengruppen, wie Familien und Minderjährige. Ebenso wie bei der Anwendung eines gelinderen Mittels anstatt der Verhängung von Schubhaft, gilt auch hier, dass unmündige Minderjährige nicht angehalten werden dürfen (siehe § 76 Abs. 1 letzter Satz). Gegen mündige Minderjährige ist jedenfalls ein gelinderes Mittel anzuwenden, es sei denn bestimmte Tatsachen rechtfertigen die Annahme, dass der Zweck der Sicherung der Zurückschiebung damit nicht erreicht werden kann.

Ebenfalls korrespondierend zu den Bestimmungen über die Aufhebung der Schubhaft und des gelinderen Mittels nach § 81 FPG wird künftig in Abs. 8 die Aufhebung der Anhaltung nach § 39 Abs. 5, 5a und 5b geregelt. Da § 81 Abs. 2, 3 und 4 letzter Satz sinngemäß gelten, gilt bei formloser Aufhebung der Anhaltung oder des gelinderen Mittels der zugrundliegende Bescheid als widerrufen.


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Zu Z 5 (§ 61 Abs. 5):

Der Entfall der einwöchigen Beschwerdefrist scheint im Lichte des Erkenntnisses des Verfassungsgerichtshofes vom 23. Februar 2016 im Verfahren G 574/2015 u.a. geboten. Diese Fälle sind nunmehr von § 16 Abs. 1 BFA-VG erfasst.

Zu Z 6 (§ 82 Abs. 2 und 3):

Für die Fälle der Anhaltung nach § 39 Abs. 5, 5a und 5b wird korrespondierend zur Bestimmung des § 22a BFA-VG auch für die Fälle der Anhaltung zur Sicherung einer Zurückschiebung ein entsprechender Rechtsschutz geschaffen. Demnach hat das angerufene Landesverwaltungsgericht binnen einer Woche über die Fortsetzung der Anhaltung zur Sicherung der Zurückschiebung zu entscheiden, es sei denn, die Anhaltung hätte früher geendet (z.B. Anhaltung nach Abs. 5).

Zu Z 7 und 8 (§ 94a und 125 Abs. 29):

Aufgrund der Einführung einer Karte für Asylberechtigte hat der bisherige Abs. 1 zu entfallen, da Asylberechtigte somit künftig ohnehin ein Identitätsdokument bekommen. Hintergrund der Identitätskarte für Fremde ist schließlich, für Fremde, die ansonsten über kein Identitätsdokument verfügen, ein solches zur Verfügung zu stellen, damit sie nicht ohne Identitätsdokument von der Fremdenpolizeibehörde im Bundesgebiet aufgegriffen werden (vgl. ErläutRV 330 BlgNR 24 GP zu § 94a FPG). Für jene Asylberechtigte, die aufgrund der Übergangsbestimmung bzw. Inkrafttretensbe­stim­mung im AsylG 2005 nicht unter die Befristung des Aufenthaltsrecht fallen und daher keine Karte für Asylberechtigte erhalten (haben), ist in sachgerechter Weise gemäß § 125 Abs. 29 die Ausstellung der Identitätskarte weiterhin vorgesehen.

Zu Z 9 (§ 126 Abs. 16):

Diese Bestimmung regelt das Inkrafttreten.

Zu Artikel 3 (Änderung des BFA-Verfahrensgesetzes)

Zu Z 1, 2 und 4 (§ 12a und 29 Abs. 1 Z 18):

Der außergewöhnlich hohe Anstieg der Zahl der Personen, die in Österreich im vergangenen Jahr um internationalen Schutz angesucht haben führte zu einem er­höhten Bedarf an Dolmetschern für die Sprachen der Herkunftsstaaten dieser Per­sonen, die den Einvernahmen im Asylverfahren und fremdenrechtlichen Verfahren beigezogen werden können. Ein faires Asylverfahren setzt voraus, dass der Fremde an den Einvernahmen in einer Art partizipieren kann als wären keine sprachlichen Barrieren vorhanden. Die Überwindung sprachlicher Barrieren ist insbesondere des­halb von elementarer Bedeutung, als die Gesprächsinhalte der Einvernahmen den Behörden als unmittelbare Entscheidungsgrundlage dienen. Mit Blick auf rechtsstaat­liche Gesichtspunkte haben die Behörden daher dafür Gewähr zu leisten, dass eine zu vernehmende Person, die der Amtssprache nicht kundig ist, ihre Rechte wahren und ein faires Verfahren erhalten kann (§ 39a AVG). Dem Allgemeinen Verwaltungs­verfah­rensgesetz – AVG liegt der Gedanke zu Grunde, dass die Heranziehung von (nichtamt­lichen) Dolmetschern eine Ausnahme darstellt. Für den Bereich des Fremden- und Asylrechts ist dagegen praktisch immer eine Dolmetschleistung notwendig, da die einvernommenen Personen (insb. Asylwerber) nur selten der Amtssprache mächtig sind, weshalb auch im Interesse der Verfahrensökonomie gewisse genauere Rege­lungen unerlässlich sind: Vor dem Hintergrund, dass für die Sprachen jener Her­kunftsstaaten der Personen, die in Österreich einen Antrag auf internationalen Schutz stellen oder bei denen kurzfristig eine Einvernahme (etwa nach einer Festnahme) notwendig ist, oftmals ad hoc keine Dolmetscher zur Verfügung stehen bzw. keine flächendeckende Verfügbarkeit von Dolmetschern gewährleistet ist und somit lange


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Anreisen erforderlich sind, soll in Verfahren des Bundesamtes verstärkt Dolmetsch­leistungen unter Verwendung technischer Einrichtungen zur Wort- und Bildübertragung („Videodolmetschen“) genutzt werden können. Da in diesem Falle die persönliche Anwesenheit des Dolmetschers bei der Einvernahme nicht erforderlich ist, kann die Dolmetschleistung selbst für seltenere Arbeitssprachen rascher zur Verfügung gestellt werden. Wartezeiten auf eine Einvernahme bzw. lange Transportwege – wenn der einzig zur Verfügung stehende geeignete Dolmetscher etwa örtlich weiter entfernt ist – können so mitunter entfallen. In Berücksichtigung der jeweiligen individuellen Situation ist danach zu trachten, gerade bei genderspezifischen Verfolgungsgründen bzw. wenn die Furcht vor Verfolgung auf Eingriffe in die sexuelle Selbstbestimmung gegründet wird, einen Dolmetscher gleichen Geschlechts beizuziehen. Eine derartige Maßnahme liegt daher insbesondere im Interesse des Fremden, da auf diese Weise die Durch­führung eines zügigen und effizienten Verfahrens gewährleistet wird. In Anlehnung an die strafprozessrechtlichen Bestimmungen über die Übersetzungshilfe für Beschuldigte (insb. § 56 Abs. 2 StPO) sowie Ton- und Bildaufnahmen (§ 97 Abs. 1 StPO) wird in § 12a nunmehr eine ausdrückliche gesetzliche Grundlage für audiovisuelle Aufzeich­nungen im Rahmen von Dolmetschleistungen in Einvernahmen in Verfahren des Bun­desamtes geschaffen. Anstelle der Unterschrift der Niederschrift durch den Dolmet­scher als beigezogene Person (§ 14 Abs. 5 1. Halbsatz AVG) ist diesfalls seine mündliche Zustimmung zu protokollieren. An der Notwendigkeit, die Niederschrift dem Fremden rückzuübersetzen (Verlesung iSd § 14 Abs. 3 AVG), ändert dies nichts. Die Bestimmung ist durch die Richtlinie 2013/32/EU zu gemeinsamen Verfahren für die Zuerkennung und Aberkennung des internationalen Schutzes (Neufassung der Verfah­rensrichtlinie) gedeckt, welche ebenfalls die Möglichkeit einer audiovisuellen Aufzeich­nung der persönlichen Anhörung vorsieht. Die Regelung des § 29 Abs. 1 Z 18 korrespondiert zur Einführung des § 12a.

Zu Z 3 (§ 16 Abs. 1):

Der Verfassungsgerichtshof leitete auf Antrag des BVwG gemäß Art. 140 Abs. 1 Z 1 lit a iVm Art. 89 Abs. 2 B-VG ein Gesetzesprüfungsverfahren (G 589/2015) zur Verfas­sungskonformität von § 16 Abs. 1 BFA-VG idF BGBl. I 70/2015 ein. § 16 Abs. 1 BFA-VG sieht eine zweiwöchige Beschwerdefrist in allen Verfahren gemäß § 3 Abs. 2 Z 1, 2, 4 und 7 BFA-VG vor. § 3 Abs. 2 Z 1 BFA-VG erfasst dabei alle Verfahren zur Zuerkennung oder Aberkennung des Asylberechtigtenstatus und des subsidiär Schutz-berechtigtenstatus. Diese vorgesehene Abweichung von der generellen vierwöchigen Beschwerdefrist gemäß § 7 Abs. 4 VwGVG sei nicht verfassungskonform, da die „Unerlässlichkeit“ dieser Abweichung in Bezug auf Verfahren betreffend die Zuer­kennung oder Aberkennung des Asylberechtigtenstatus und des subsidiär Schutzbe­rechtigtenstatus, iSd Art. 136 Abs. 2 B-VG nicht gegeben sei. Aus den Erläuterungen zur Einführung des § 16 Abs. 1 BFA-VG idF BGBl. I Nr. 70/2015 im Zuge des FrÄG 2015 geht hervor, dass die verkürzte Beschwerdefrist für Fälle erforderlich sei, in denen „über das Aufenthaltsrecht des Fremden entschieden wird und damit insbe­sondere aufenthaltsbeendende oder andere Maßnahmen zur Außerlandesbringung unmittelbar einhergingen“. Es komme ferner zu einer „beschleunigten Entscheidung, die dem besonderen öffentlichen Interesse der Aufrechterhaltung des geordneten Vollzugs im Asyl- und Fremdenwesen im Zusammenhang mit aufenthaltsbeenden Maßnahmen, anderen Maßnahmen zur Außerlandesbringung oder sonstigen Rück­kehr­entscheidungen gerecht werde“.

Im Anlassfall, in welchem der Status des Asylberechtigten nicht zuerkannt, aber dafür der Status des subsidiär Schutzberechtigten gewährt wurde, ginge jedoch weder eine aufenthaltsbeendende oder andere Maßnahme zur Außerlandesbringung einher, noch war in diesem Fall das besondere öffentliche Interesse der Aufrechterhaltung des geordneten Vollzugs im Asyl- und Fremdenwesen betroffen, da der Beschwerdeführer


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durch die Gewährung des subsidiären Schutzstatus ohnehin über ein befristetes Aufenthaltsrecht verfügte.

Mit Erkenntnis vom mit 23. Februar 2016 im Verfahren G 589/2015 hob der VfGH schließlich in § 16 Abs. 1 idF BGBl. I Nr. 70/2015 den Ausdruck „1,“ als verfassungs­widrig auf. Vor diesem Hintergrund wird nun § 16 Abs. 1 dahingehend adaptiert, dass nur jene Entscheidungen über die Gewährung, Nichtgewährung oder Aberkennung von internationalen Schutz von der zweiwöchigen Beschwerdefrist erfasst sind, die mit einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme einhergehen (zur Erforderlichkeit sowie zum effizienten Rechtsschutz siehe Erläuterungen zum Abänderungsantrag 9372 betreffend RV 582 BlgNR 25. GP zu § 16 Abs. 1). Die Einschränkung des Satz 1 („sofern nichts anderes bestimmt ist“) gilt dabei gleichermaßen. Im Hinblick auf den Entfall des § 22 Abs. 12 AsylG 2005 durch das Erkenntnis des VfGH im Verfahren G-Verfahren G 447-449/2015 ist festzuhalten, dass naturgemäß auch zurückweisende Entscheidungen etwa nach § 5 AsylG 2005 Entscheidungen sind, die unter § 3 Abs. 2 Z 1 fallen, da diesfalls entschieden wird, dass es zu keiner Zuerkennung eines Status wegen Zustän­digkeit eines anderen Mitgliedstaates kommt.

Zu Z 5 und 7 (§ 29 Abs. 2 und 30 Abs. 4):

Dies stellt eine korrespondierende Ergänzung zur Neuregelung der Integration von Asylberechtigten und subsidiär Schutzberechtigten gemäß § 67 dar. Es wird damit eine Rechtsgrundlage für die Datenübermittlung im Zuge der Auskunftserteilung zwischen ÖIF und Bundesamt gemäß § 67 AsylG 2005 sowie für die Datenübermittlung im Zuge der Integrationshilfe nach § 68 AsylG 2005 geschaffen.

Eine – auf nur bestimmte Datenarten eingeschränkte – Datenübermittlung etwa vom AMS oder auch von Landesbehörden an den ÖIF sind für Kooperationen im Bereich der Integrationshilfe erforderlich, wenn etwa im Anschluss an einen Kurs für Asylbe­rechtigte am AMS ein Wertekurs durch den ÖIF abgehalten werden soll. Im Rahmen der Neuregelung des § 30 Abs. 4 besteht in verhältnismäßiger Weise nur hinsichtlich jener Datenarten eine Übermittlungsbefugnis, die in § 27 Abs. 1 Z 1 bis 6 und 19 genannt werden (Name, Geschlecht, frühere Namen, Geburtsdatum und –ort, Wohn­anschrift und Staatsangehörigkeit sowie Sozialversicherungsnummer). Umge­kehrt können nach geltender Rechtslage Daten an das AMS gemäß § 29 Abs. 2 Z 2 BFA-VG übermittelt werden.

Zu Z 6 (§ 30 Abs. 3):

Dabei handelt es sich um eine Verweisanpassung aufgrund der Neufassung des § 35 Abs. 2 AsylG 2005.

Zu Z 8 und 9 (§ 52 Abs. 1 und 2)

Gemäß § 52 Abs. 2 BFA-VG haben Rechtsberater Fremde oder Asylwerber beim Einbringen einer Beschwerde und im Beschwerdeverfahren vor dem BVwG bei einer Rückkehrentscheidung, der Erlassung einer Entscheidung gemäß § 2 Abs. 4 bis 5 oder § 3 GVG-B 2005, der Anordnung zur Außerlandesbringung, der Anordnung der Schubhaft sowie bei zurück- oder abweisenden Entscheidungen über Anträge auf internationalen Schutz – zu unterstützen und zu beraten. Nur in Beschwerdeverfahren gegen eine Rückkehrentscheidung, eine Anordnung zur Außerlandesbringung sowie die Einschränkung oder den Entzug von Grundversorgungsleistungen haben Rechts­berater Fremde auf deren Ersuchen „auch“ zu vertreten. In Verfahren über inter­nationalen Schutz sowie über die Anordnung von Schubhaft haben Rechtsberater auf Ersuchen des Fremden an der mündlichen Verhandlung teilzunehmen. Der Verfas­sungs­gerichtshof hat mit Erkenntnis vom 9. März 2016 im Verfahren G 447-449/2015 u.a. die Wortfolge "gegen eine Rückkehrentscheidung, eine Entscheidung gemäß § 2


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Abs. 4 bis 5 oder § 3 GVG-B 2005 oder eine Anordnung zur Außerlandesbringung" in § 52 Abs. 2 BFA-VG idF BGBl. I Nr. 70/2015 als verfassungswidrig aufgehoben hat. Die Aufhebung tritt mit Ablauf des 31. Dezember 2016 in Kraft. Der Verfassungsgerichtshof erkannte eine unsachgemäße Differenzierung darin, dass nur in den die angefochtene Wortfolge erfassten Fällen ein Rechtsberater zur Vertretung des Fremden auf dessen Ersuchen verpflichtet ist. Es ergäben sich nämlich keine sachlichen Rechtfertigungs­gründe dafür, dass Fälle der Verhängung von Schubhaft anders behandelt werden als jene Verfahren, in denen der Rechtsberater auf Ersuchen des Fremden auch zu einer Vertretung verpflichtet ist. Die im Sinne dieses Judikates vorgesehenen Adaptierungen des § 52 Abs. 1 und 2 sehen nunmehr, auch im Sinne einer Verfahrensvereinfachung und Effizienzsteigerung, Rechtsberatung, als unionsrechtlich gebotene Sonderform der rechtlichen Unterstützung von Antragstellern auf internationalen Schutz oder Antrag­stellern, die sonst in den Schutzbereich der nachfolgend genannten Regelungen des Unionsrechts fallen, in allen Beschwerdeverfahren gegen Entscheidungen des Bundes­amtes (außer solchen, die rein kostenrechtliche Fragen zum Inhalt haben) vor. Dabei handelt es sich um Rechtsberatung im Sinne von Art. 20 der Verfahrens-RL, Art. 27 Abs. 5 und 6 der Dublin-III-VO, Art. 9 Abs. 6 der Aufnahme-RL und Art. 13 Abs. 4 der Richtlinie 2008/115/EG über gemeinsame Normen und Verfahren in den Mitglied-staaten zur Rückführung illegal aufhältiger Drittstaatsangehöriger. Im Hinblick auf die erforderlichen Umsetzungsmaßnahmen wird der 1. Oktober 2016 als Zeitpunkt für das Inkrafttreten festgelegt.

Zu Z 10 (§ 56 Abs. 8):

Diese Bestimmung regelt das Inkrafttreten.

*****

 


Präsident Ing. Norbert Hofer: Nächste Rednerin: Frau Klubobfrau Dr. Glawischnig-Piesczek. – Bitte.

14.16.40

 


Abgeordnete Dr. Eva Glawischnig-Piesczek (Grüne): Herr Präsident! Herr Bundes­minister! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen Abgeordnete! Von einem „Placebo“ kann ich bei dieser Novelle wirklich nichts entdecken. Wir haben in den letzten Jahren schon einige Asylgesetz-Novellen erlebt – das war teilweise schon auch ein Sport der damaligen Innenministerin Fekter, so im Monatsabstand irgendwie Novellen vorzu­legen –, aber das, was jetzt tatsächlich im Kern vorgelegt worden ist, ist schon die Abschaffung des Rechtes auf Asyl in Österreich. Das kann man nicht anders bezeich­nen. (Abg. Darmann: Nur, wenn man sich nicht auskennt!) – Nein, man kann das ganz präzise bestimmen, wenn man sich das Gesetz noch einmal ganz in Ruhe durchliest. (Abg. Belakowitsch-Jenewein: In Ruhe durchlesen ist das eine!)

Unter den Herrschaften, von denen Herr Amon gesprochen hat, die sich in den letzten Tagen mit Widerstand zu diesem Gesetz geäußert haben, war unter anderem auch der Herr Kardinal, das wollte ich Ihnen auch sagen. (Die Abgeordneten Darmann und Belakowitsch-Jenewein: Ja, ja!) Ich finde es nicht angebracht, diese Zivilgesellschaft, diese Bürgerinnen und Bürger, die in diesem Bereich sehr viel geleistet haben, die durch diese Leistungen auch die Republik unterstützt haben, die in Sorge sind, so abwertend darzustellen. (Abg. Belakowitsch-Jenewein: Wenn die Grünen sogar den Kardinal bemühen …!)

Ich finde das nicht gut, denn in einem Punkt sind wir uns einig: Österreich hat in den letzten Monaten tatsächlich viel geleistet was die Fragen der Flüchtlingsversorgung, der Flüchtlingsunterbringung und so weiter betrifft. Da waren auch sehr viele Men-


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schen der Zivilgesellschaft, aber auch der Freiwilligen-Organisationen, der Polizei und des Innenministeriums dabei, es ist keine Frage, dass viele daran beteiligt waren. Aber ich finde es nicht schön, jetzt die Einwände der Menschen, die in Sorge sind, dass das Asylrecht komplett ausgehebelt wird, so darzustellen: Die Herrschaften regen sich halt auf. – Das nur vorneweg. (Beifall bei den Grünen.)

Zum Inhaltlichen selbst: Es ist schon eine abenteuerliche Konstruktion, auf die Sie hier zurückgreifen. Das gilt auch für den Weg, den die Bundesregierung, insbesondere die Spitze der Regierung, Bundeskanzler und Vizekanzler, die letzten Monate gegangen ist. Letztes Jahr war die Vorgangsweise noch sehr vernünftig (Abg. Belakowitsch-Jenewein: Letztes Jahr war noch nicht vernünftig! Was war da so vernünftig?), als man versucht hat, auf europäischer Ebene auf eine Lösung zu drängen.

Es wird nur eine Lösung auf europäischer Ebene geben (Abg. Darmann: Ihr glaubt das auch noch immer!), denn das Problem ist ja nicht, dass Menschen an der Grenze stehen, sondern das Problem ist, dass in Syrien die Friedensverhandlungen wieder dramatisch ins Stocken geraten sind. (Abg. Darmann: Ihr redet immer nur von Syrern!) Ich denke auch, dass der Generalsekretär der Vereinten Nationen morgen noch einmal ausdrücklich darauf hinweisen wird, dass das Flüchtlingshilfswerk der UNO chronisch unterfinanziert ist, und dass es auch deutlich mehr Mittel in der internationalen Arbeit brauchen wird.

Sie reduzieren jetzt das Problem darauf, dass man die Grenzen dichtmachen muss, und das ist aus unserer Sicht nicht zielführend, sondern Sie sollten das Problem schon ein bisschen gesamthafter angehen. (Abg. Darmann: In der Region soll geholfen werden!) Das heißt: Friedensverhandlungen fortsetzen, auch eine deutliche Dotierung des UNHCR – da waren Sie immer dagegen. Sie waren auch immer dagegen, die Entwicklungszusammenarbeit aufzustocken, es gibt keinen einzigen Antrag im Parla­ment zu diesem Thema, dem Sie jemals zugestimmt haben. Deswegen ist das schon ein bisschen – unter Anführungszeichen – „nicht ganz ehrlich“. (Abg. Belakowitsch-Jenewein: Es war einstimmig! Aber erzählen Sie, was Sie wollen!)

Zum Kern des Gesetzes: Die Fiktion ist, dass wir uns in einem Notzustand befinden, das heißt, der Bestand des Staates muss gefährdet sein – so heißt es in den erläu­ternden Bemerkungen zum europäischen Vertrag, zum Unionsvertrag. Mit dieser Fiktion hebeln Sie Sekundärrechte der Europäischen Union aus.

Das wäre ungefähr so – ich sage es ein bisschen einfacher –: Ganz viele Menschen, die eine Gesundheitsversorgung brauchen, sind in den österreichischen Kranken­häusern. Deswegen ruft man den Notstand aus und sperrt die Krankenhäuser einfach zu. (Zwischenruf des Abg. Hammer.– Ja, das ist genau dasselbe, das ist genau die Fiktion, die Sie hier aufzeigen! (Beifall bei den Grünen.)

Oder es sind zu viele Kinder für den Kindergarten oder für die Volksschule: Da es zu viele sind, rufen wir den Notstand aus und sperren die Volksschule oder den Kinder­garten. Diese Fiktion ist schon sehr abenteuerlich. (Zwischenrufe bei der ÖVP.) Nein, das ist juristisch zu 100 Prozent wasserdicht! Befassen Sie sich einmal mit dem, was Sie da tatsächlich beschließen! (Beifall bei den Grünen.)

Sie hebeln mit dieser Notverordnung das Asylrecht komplett aus. Es gibt im Wesent­lichen kein Recht mehr auf ein Asylverfahren.

Ich weiß nicht, wie das in der Praxis funktionieren wird. An der Grenze werden Polizisten, Polizistinnen ein kurzes Gespräch mit den jeweiligen schutzsuchenden Menschen führen, egal ob das Kinder oder Jugendliche oder Erwachsene sind. Es stimmt nämlich nicht, was in den Medien berichtet worden ist, dass minderjährige unbegleitete Flüchtlinge vom Notfallregime ausgenommen sind. Das stimmt nicht! Sie


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werden nur bevorzugt behandelt. (Zwischenruf des Abg. Weninger.) Das heißt, dass man sie nicht zwei Wochen festhalten darf, sondern dass sie bevorzugt behandelt werden. Das heißt, dass sie bevorzugt abgeschoben werden, weil an der Grenze kein Asylverfahren mehr durchgeführt wird. Sorry, das ist die Wahrheit! Setzen Sie sich mit dem einmal ernsthaft auseinander!

Das ist der alte Schmäh in der Bundesregierung: Man präsentiert 100 Verschärfungen, die SPÖ ist unter Druck, hat eine parteiinterne Diskussion. (Abg. Darmann: … vielleicht gar nie gehabt?) Dann werden zwei minimale Entschärfungen, von denen man gar nicht sagen kann, dass man sie ohne Lupe überhaupt erkennen kann, durchgeführt. Und dann stimmt man de facto der Aushebelung des Asylrechts in Österreich zu. Das tun Sie heute, es tut mir leid.

Die Verordnung – okay, ja, die darf jetzt dreimal verlängert werden – gilt nur mehr sechs Monate, darf dreimal verlängert werden, sie ist de facto ein Blankoscheck für zwei Jahre. Ja, das ist die Wahrheit. Was hilft das?

Das echte Problem ist die Aushebelung der Verfassung, von Grundrechten. Und ich meine: Lesen Sie sich die Stellungnahmen durch, die kommen nicht nur vom UNHCR oder vom Ludwig Boltzmann Institut für Menschenrechte, es sind über 50 Stellung­nahmen. In fast allen kommt ein Punkt vor, nämlich der Verstoß gegen Unionsrecht und gegen die Bundesverfassung. Das sagen die Richtervereinigung, der Österreichi­sche Rechtsanwaltsverein der österreichischen Rechtsanwältinnen und Rechtsan­wälte, aber auch die Stadt Wien.

Die Stadt Wien sagt in aller Deutlichkeit in ihrer Stellungnahme, dass mangelndes Engagement in vielen Bereichen noch keine Ausrufung des Notstands rechtfertigt. Das ist genau mein Beispiel: Mangelndes Engagement bei der Gesundheitsversorgung rechtfertigt nicht, dass man die Krankenhäuser zusperrt. Genau das sagt die Stadt Wien: Das widerspricht dem Sachlichkeitsgebot des Gleichheitssatzes, unions-recht­lichen Vorgaben et cetera, et cetera. – Sie haben das sicher alles gelesen.

Sie übernehmen heute mit diesem Beschluss schon eine große Verantwortung. Dieses Gesetz wird mit Sicherheit nicht halten, das sage ich Ihnen auch. Es wird Menschen geben, die sich beschweren werden. Der Verfassungsgerichtshof wird Teile dieses Gesetzes wieder aufheben – dieser Gesetzesänderung, um präzise zu sein.

Ich weiß nicht, wozu das eigentlich notwendig ist. Machen wir gemeinsam einen Vorstoß auf europäischer Ebene, anstatt: Grenzen dicht, Schotten runter, Grenzbalken runter, dann ist das Problem schon gelöst. So wird das Problem nicht lösbar sein! (Beifall bei den Grünen.)

Denken wir ein bisschen europäischer, auch wieder in Richtung Sozialdemokratie, und machen wir es vor allem nicht auf dem Rücken von Schutzsuchenden!

Noch einen letzten Satz: Mich hat das mit den Kindern und Jugendlichen schon sehr geärgert. Nur hineinzuschreiben, das Kindeswohl muss berücksichtigt sein, heißt nicht, dass es einem einzigen Jugendlichen oder Kind an irgendeiner Grenze in irgendeiner Form besser geht. Die werden rückgeschoben, egal, ob sie eine Begleitung haben oder nicht. Ich sage Ihnen auch als Mutter von zwei Kindern: Das finde ich echt schlimm! (Beifall bei den Grünen.)

14.23


Präsident Ing. Norbert Hofer: Als Nächster gelangt Herr Abgeordneter Pendl zu Wort. – Bitte. (Ruf bei der ÖVP: Otto, da musst was aufklären! – Abg. Pendl – auf dem Weg zum Rednerpult –: Es ist nicht immer leicht! – Abg. Glawischnig-Piesczek: Stimmt, ist nicht leicht, so einem Gesetz zuzustimmen, ein wahres Wort!)

 



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14.23.46

Abgeordneter Otto Pendl (SPÖ): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Wenn ich jetzt nur kurz – denn ich habe die Zeit nicht – auf die zwei Oppositionsredner repliziere, dann frage ich mich, ob irgendwer vergisst, dass wir auch geltendes Recht haben. Das kann man ja nicht ausblenden! (Zwi­schenruf des Abg. Walter Rosenkranz.) – Ich habe jetzt nur nicht die Zeit, das hier auszuführen, das können wir aber auch bei einem Kaffee machen.

Das Gespräch mit dem Polizisten ist geltendes Recht, bitte, und das seit Jahren. (Abg. Glawischnig-Piesczek: Als Ersatz für Asylverfahren?) Da werden immer Sachen vermischt. Es ist sehr schwierig, bei einer so heiklen, sensiblen Materie, zu probieren, das sachlich zu diskutieren.

Es hätte mich zum Beispiel gefreut – und das seit Wochen –, wenn sich einer, Frau Klubobfrau, hingestellt und gesagt hätte: Was die Republik Österreich, deren Bürger, NGOs und staatliche Organisationen leisten, ist hervorragend. (Abg. Korun: … hat sie gerade gesagt!) 24 EU-Länder tun nichts, und keiner sagt das. (Zwischenruf des Abg. Walter Rosenkranz.) Wir diskutieren ununterbrochen, was bei uns schlecht ist. Öster­reich leistet Hervorragendes, bitte! Wir leisten Hervorragendes. (Beifall bei SPÖ und ÖVP.)

Es war eine gesamtstaatliche Vereinbarung beim Asylgipfel im Jänner, wo Bundes­regierung, Länder, Städte, Gemeindebund sich auf eine Zahl festgelegt haben. Wenn wir vier Jahre – das ist das Paktum – diese Zahl an Flüchtlingen hier aufnehmen, ordentlich betreuen können, haben wir mit den 90 000 Personen vom letzten Jahr in Wirklichkeit 2,5 Prozent der österreichischen Bevölkerung aufs Beste versorgt und sind innerhalb der Europäischen Union Erster. Und dafür, dass wir Erster sind, Frau Dr. Glawischnig, kritisieren wir uns nur. Das zeigt ja das Spannungsfeld, das Kollege Darmann gesagt hat, und was Sie gerade vor mir gesagt haben, ich weiß es schon. (Abg. Glawischnig-Piesczek: Sie machen es sich schon leicht!)

Was schaffen wir? – Wir versuchen auch, diese Frage zu lösen und zu diskutieren, denn es nützt uns ja nichts, ich kenne ja das alles auch von der anderen Seite. Wenn Sie mir aber einreden wollen, es ist normal, dass man Flüchtlinge in Not in einem Radstadion, in einem Fußballstadion, in einer Fabrik unterbringt, dann haben wir unterschiedliche Ansichten, denn das ist für mich keine normale Unterbringung. Das ist eine Notsituation, die wir gemeinsam nicht mehr erleben wollen, weil das auch nicht im Interesse jener Menschen ist, die unsere Hilfe erwarten. Da sieht man auch unsere Grenzen, sieht, was wir noch leisten können. Ich glaube, dass wir so fair sein müssen.

Unser Bundeskanzler hat sich monatelang bemüht, zu einer europäischen Lösung zu kommen. Ich habe nie etwas anderes gesagt: Es geht nur mit einer europäischen Lösung. Aber wenn wir auf Europa warten – bei aller Wertschätzung für die Euro­päische Union –, warten wir noch lange, bis wir zu einer Lösung kommen. (Abg. Korun: Wir sind Europa!) Daher müssen wir das vorziehen und versuchen, es national zu lösen.

Ich glaube, wir sollten uns erstens bei allen, die uns bis jetzt geholfen haben, be­danken, vor allem bei den NGOs – ich will nicht müde werden, das immer wieder zu betonen – und bei der österreichischen Bevölkerung, denn da wurde ja Hervorra­gen­des, teilweise Übermenschliches geleistet.

Ich denke, für diese Zahl an Personen, die wir uns für die nächsten vier Jahre vor­genommen haben, ordentlich, human, mit allen Mitteln, die uns zur Verfügung stehen, zu betreuen, brauchen wir uns nicht zu genieren. Niemand in Europa macht uns das nach, wir selbst reden es aber ununterbrochen schlecht. (Beifall bei SPÖ und ÖVP.)


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Also ich glaube, wir haben versucht, hier Rechtsstaatlichkeit hineinzulegen, ich habe jetzt wirklich nicht die Zeit, jeder kennt das Gesetz und auch die Verordnungser­mächtigung. Dass wir eine Grenzsicherung nach Schengen brauchen (Abg. Walter Rosenkranz: …, dass der Klubobmannstellvertreter so wenig Redezeit hat?!), die nur sechs Monate greifen kann, dass der Rat in Wirklichkeit dann entscheiden muss, ob es weitergeht oder nicht, dass am Ende des Tages, wenn man eine Verordnung macht, der Hauptausschuss vom Parlament mittut – wir werden jetzt noch eine Begutachtung einlegen, ich werde gleich einen Antrag dazu einbringen –: Also hier kann man nicht sagen, das ist alles gegen das Gesetz, das ist nicht rechtsstaatlich. Das ist nicht sachlich, wenn wir es auf dieser Ebene diskutieren!

Ich wäre glücklich, wenn die europäischen Außengrenzen dicht wären, die Hotspots funktionieren würden, denn dann würden wir es uns ersparen, an der nationalen Grenze etwas zu machen, überhaupt keine Frage. So ist es aber nicht! (Abg. Walter Rosenkranz: Hätti wari!) Darum haben wir die Verpflichtung im Interesse unserer Heimat und unserer Bürger, dass wir es machen.

Ich bringe daher folgenden Antrag ein:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Otto Pendl, Werner Amon, MBA, Kolleginnen und Kollegen betref­fend Begutachtung einer Verordnung gemäß § 36 Abs. 1 Asylgesetz 2005

Der Nationalrat wolle beschließen:

Die Bundesregierung wird aufgefordert, eine Verordnung gemäß § 36 Abs. 1 Asyl-gesetz 2005 einer Begutachtung zu unterziehen.“

*****

Ich sage es noch einmal: Es wird national entschieden, nach sechs Monaten muss der Rat entscheiden, ob es weitergeht, der Hauptausschuss muss gemeinsam mit der Bundesregierung entscheiden, und wir werden diesen Verordnungstext einer Begut­achtung zuführen. (Abg. Glawischnig-Piesczek: … Stellungnahme!)

Also wenn man hier jetzt wirklich sagt, das ist alles nicht rechtsstaatlich, oder das ist – will ich gar nicht sagen – unmenschlich, was manche uns vorhalten, dann lade ich Sie ein, nachzudenken oder einen Vorschlag zu machen, wie wir diese Frage im Interesse unseres Staates, unserer Bürgerinnen und Bürger einer Lösung zuführen können. Dazu sind Sie ja herzlichst eingeladen.

Ich lade Sie aber auch dazu ein: Versuchen wir, dieses Thema, wo es ja um Menschen geht, menschlich und sachlich zu diskutieren, und nicht ununterbrochen alle Rechts­materien miteinander zu vermischen. (Beifall bei SPÖ und ÖVP.)

14.29


Präsident Ing. Norbert Hofer: Der soeben ordnungsgemäß eingebrachte Ent­schließungs­antrag steht mit in Verhandlung.

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Otto Pendl und Werner Amon, MBA und Kolleginnen

betreffend Begutachtung einer Verordnung gemäß § 36 Abs. 1 Asylgesetz 2005


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eingebracht im Zuge der Verhandlungen des Nationalrates über den Bericht des Ausschusses für innere Angelegenheiten über die Regierungsvorlage (996 d.B.): Bundesgesetz, mit dem das Asylgesetz 2005, das Fremdenpolizeigesetz 2005 und das BFA-Verfahrensgesetz geändert werden (1097 d.B.)

Begründung:

§ 36 Abs. 1 des Asylgesetzes 2005 in der Fassung des gesamtändernden Abände­rungsantrags sieht vor, dass die Bundesregierung  im Einvernehmen mit dem Haupt­ausschuss des Nationalrates durch Verordnung festzustellen hat, dass die Auf­rechterhaltung der öffentlichen Ordnung und der Schutz der inneren Sicherheit gefähr­det sind, sodass die Sonderbestimmungen des neuen 5. Abschnitts zur Anwendung gelangen.

Die Bedeutung der Angelegenheit für die gesamte Republik legt nahe, alle wesent­lichen Einrichtungen der Republik Österreich in den Entstehungsprozess dieser Verordnung einzubinden und den Entstehungsprozess für die Bevölkerung transparent zu gestalten. Auch wenn die Erlassung der Verordnung von besonderer Dringlichkeit sein sollte, scheint es angezeigt, eine Begutachtung vorzusehen.

Die unterfertigenden Abgeordneten stellen daher folgenden

Entschließungsantrag:

Der Nationalrat wolle beschließen:

Die Bundesregierung wird aufgefordert, eine Verordnung gemäß § 36 Abs. 1 Asyl­gesetz 2005 einer Begutachtung zu unterziehen.

*****

 


Präsident Ing. Norbert Hofer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Dr. Scherak. – Bitte.

 


14.30.20

Abgeordneter Dr. Nikolaus Scherak (NEOS): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Am 28. Juli 1951 hat die UN auf einer Sonderkonferenz in Genf die Genfer Flücht­lingskonvention beschlossen. Der Grund dafür war, dass es vor dem Inkraft­treten der Genfer Flüchtlingskonvention nur zwischenstaatliche Verträge oder einsei­tige Absichts­erklärungen gab, wer wie viel im Einzelfall an Flüchtlingen aufnimmt.

Die Kraft der Genfer Flüchtlingskonvention ist ihr Bekenntnis zum umfassenden Schutz von Flüchtlingen als solchen. Flüchtling ist jemand, der aus seinem Heimatland aus wohlbegründeter Furcht, aus Gründen der Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder der politischen Gesinnung, fliehen musste.

Mit diesem Beschluss hat die Weltgemeinschaft damals, sechs Jahre nach den Gräuel des Zweiten Weltkrieges, die richtige Antwort – nämlich insbesondere auf die fehlende Aufnahmebereitschaft der von den Nationalsozialisten verfolgten Juden innerhalb von Europa – gefunden und klargestellt, dass jeder Mensch, der aus den eben genannten Gründen aus seinem Heimatland fliehen muss, auch die Möglichkeit hat, einen Antrag auf Asyl zu stellen.

Was Sie hier heute machen wollen, ist, dass Sie mit einem Beschluss der Bundes­regierung, mit einer Verordnung eben dieses grundsätzliche Recht – einen Antrag auf Schutz, einen Antrag auf Asyl zu stellen – de facto aushebeln und de facto abschaffen.


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Das Recht, mittels Verordnung überhaupt Gesetze außer Kraft zu setzen, nennt man Notverordnungsrecht. Gerade die Sozialdemokraten sollten wissen, wann das letzte Mal so in Österreich regiert wurde, es war nämlich zwischen 1932 und 1934, und was danach auf uns zugekommen ist, sollte Ihnen eigentlich noch in entsprechender Erinnerung sein. Das heißt, es sollte Ihnen klar sein, dass es nie sinnvoll ist, mittels Notverordnungen zu regieren und dass es auch in dem Zusammenhang nicht sinnvoll ist, Gesetze auszuhebeln. (Beifall bei NEOS und Grünen.)

Das Notverordnungsrecht steht ja prinzipiell in Österreich nur dem Bundespräsidenten zu, nämlich im Einvernehmen mit dem Hauptausschuss auf Vorschlag der Bundes­regierung. Wenn man sich genauer anschaut, welche Verordnungen der Bundesprä­sident erlassen und welche Gesetze er aushebeln kann, dann sieht man auch, dass er Verfassungsrecht nicht aushebeln kann. Was Sie hier machen wollen, ist aber genau das. Das Recht, einen Asylantrag zu stellen, ist in Österreich verfassungsgesetzlich gewährleistet. Dieses Recht dürfte nicht einmal der Bundespräsident in einer Verord­nung aushebeln.

Die Genfer Flüchtlingskonvention ist aufgrund der Tatsache, dass sie in der Grund­rechtecharta der Europäischen Union verankert ist, eben österreichisches Verfas­sungs­recht, das hat der Verfassungsgerichtshof auch entsprechend festgestellt. Genau dieses Grundrecht, eben einen Asylantrag zu stellen, regelt die Grundrechtecharta mit der Genfer Flüchtlingskonvention.

Dementsprechend ist, weil es die Grundrechtecharta auch klar regelt, Ihr Vorschlag klar europarechtswidrig. Wir werden dementsprechend auch eine Beschwerde bei der Kommission einbringen, denn der Artikel 72 AEUV, den Sie in Ihrer Begründung mitliefern, sieht nur vor, dass man vom europäischen Sekundärrecht abweichen kann. Sie wollen aber von der Grundrechtecharta, die europäisches Primärrecht ist, ab­weichen und den Menschen die Möglichkeit nehmen, einen Asylantrag zu stellen.

Sie wollen jetzt mit diesen letzten Änderungen ein wenig den Schein wahren und davon ablenken, dass es massiv bedenklich ist, was Sie hier machen. Sie wollen kleine Änderungen – die Notstandsverordnungen sollen jetzt zeitlich befristet sein, es kommt das Kindeswohl hinein, es soll schnellere Verfahren für besonders schutzwürdige Personen geben – und täuschen darüber hinweg, dass Sie in Wirklichkeit einen mas­siven Anschlag auf den Rechtsstaat vorhaben.

Sie wollen zu guter Letzt – das ist jetzt mit dem Entschließungsantrag gekommen – eine entsprechende Begutachtung, falls dann eine Notverordnung kommen soll. Wir werden dem zustimmen, da es sinnvoll ist, eine Begutachtung zu haben. (Zwischenruf des Abg. Rädler.) Aber das ist aus zwei Gründen besonders pikant: Erstens wollten Sie diese Änderung mit einem Abänderungsantrag über die Hintertüre in dieses Parlament bringen. Der Abänderungsantrag ist angeblich von zwei Abgeordneten geschrieben worden. Ich bezweifle das stark, ich bin mir sicher, dass er aus einem Ministerium kommt. Sie wollten gar keine Begutachtung dazu machen und ein grundlegendes Recht einfach mit einem Abänderungsantrag über die Hintertür in dieses Parlament bringen, und es auch beschließen.

Das Zweite, wieso das so pikant ist: Sie haben zahlreiche Begutachtungen zu diesem umfassenden Abänderungsantrag bekommen, nämlich knapp 50, und Sie haben offensichtlich keine ernst genommen. Es gab zwei entsprechende Stellungnahmen, die positiv waren, überraschenderweise vom ÖGB und von der Arbeiterkammer, was mich doch sehr verwundert. Nichtsdestotrotz haben Sie fast alles, was in diesen Stellung­nahmen geäußert wurde, einfach ignoriert.

Das wundert mich aus mehrerlei Gründen nicht: Erstens, weil es de facto unmöglich war, aus dieser Husch-Pfusch-Aktion, die Sie da geliefert haben, noch irgendetwas


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Sinnvolles rauszuholen das ist nachvollziehbar –, und zweitens, weil es auch klar war, dass all diese Stellungnahmen diametral gegen das vorgegangen sind, was Sie hier heute machen wollen.

Insofern ist es kein Wunder, dass nichts geschehen ist, da all denen, die Stellung­nahmen geschrieben haben, Grund- und Menschenrechte offensichtlich noch etwas wert und entsprechend viel wert sind. Das ist das, was Sie hier heute aushebeln wollen.

Ich will nur aus ein paar Stellungnahmen zitieren, Sie können sich dann selbst ein Bild machen, ob Sie diesem Vorhaben hier heute noch zustimmen wollen.

Die Evangelische Kirche sagt, dass zur Feststellung der Gefährdung der Aufrecht­erhaltung der öffentlichen Ordnung und dem Schutz der inneren Sicherheit ent­sprechende gesetzliche Kriterien vorliegen müssen, und die fehlen in diesem Abände­rungsantrag, den Sie machen.

Der Österreichische Rechtsanwaltskammertag kritisiert zu Recht, dass es mangelnde Zeit zur Begutachtung gegeben hat und sagt, dass die Herleitung der grundsätzlichen unionsrechtlichen Zulässigkeit dieser Sonderbestimmungen, die Sie da machen wollen, durch das Gutachten von Obwexer und Funk nicht belegt und nicht gedeckt sind. (Abg. Glawischnig-Piesczek: Richtig! Zwischenruf des Abg. Rädler.)

Das Ludwig Boltzmann Institut für Menschenrechte sagt, dass das, was Sie hier machen wollen, eine formalgesetzliche Delegation ist. Herr Kollege Rädler, vielleicht kennen Sie dieses Instrument einer formalgesetzlichen Delegation nicht? – Da geht es darum, dass sich der Gesetzgeber der Aufgaben, die ihm die Verfassung zuschreibt, nicht einfach entledigen und sie an die Vollziehung weitergeben kann, so wie es hier ist. (Neuerlicher Zwischenruf des Abg. Rädler.)

Die Diakonie sagt, dass der Artikel 72 AEUV, auf den Sie sich beziehen, zu Recht nur Sekundärrecht aushebeln kann, aber nicht Primärrecht, um das es sich hier handelt.

Das UNHCR kritisiert, dass es keine Beschwerdemöglichkeiten gegen die Nichtprüfung eines Asylantrages geben wird und betont, dass es eine Verpflichtung gibt, Asyl­suchenden Zugang zu fairen und wirksamen Verfahren zu geben.

Herr Kollege Rädler, ich verstehe, dass Ihnen Grundrechte, Menschenrechte und Ver­fassungsrechte offensichtlich nichts wert sind, das ist ja in Ordnung. Das ist in Wirklichkeit beschämend und das ist absurd! (Abg. Walter Rosenkranz: Wieso ver­stehen Sie das?) – Na ja, weil das in der ÖVP offensichtlich so der Fall ist. (Beifall bei NEOS und Grünen.)

Die Vereinigung der österreichischen Richterinnen und Richter übt auch scharfe Kritik an der kurzen Begutachtungsfrist und sagt, dass ohne Präzisierung der vorgesehenen unbestimmten Gesetzesbegriffe die Ermächtigung der Bundesregierung, dass die Bundesregierung hier eine Verordnung erlassen soll, klar verfassungswidrig ist. Sie schreibt auch, dass offensichtlich übersehen wurde, dass die Genfer Flüchtlings­kon­vention zum Teil identische Bestimmungen – wie eben diese sekundärrechtlichen Normen, die Sie hier außer Kraft setzen wollen – enthält und Österreich sich auch aufgrund von völkerrechtlichen Normen außerhalb des Europarechts verpflichtet hat, diese Vorgaben einzuhalten, und dass die Genfer Flüchtlingskonvention einen ent­sprechenden Flüchtlingsschutz vorsieht.

Die Asylkoordination sagt, dass es nach Artikel 18 der Grundrechtecharta ein Recht darauf gibt, einen Asylantrag zu stellen. (Zwischenruf des Abg. Rädler.) Amnesty International sagt genau das Gleiche: Artikel 18 der Grundrechtecharta implementiert


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die Genfer Flüchtlingskonvention in das europäische Primärrecht und sieht ein Recht darauf vor, dass man einen Asylantrag stellen darf.

Die Karl-Franzens-Universität Graz stellt ebenso fest, dass das subjektiv rechtliche Gehalt des Konzepts von Asyl zumindest das Recht um Asyl anzusuchen beinhaltet. (Neuerlicher Zwischenruf des Abg. Rädler.)  Ich muss es Ihnen vorlesen, da Sie es offensichtlich nicht gelesen haben und diese Begutachtung in keiner Art und Weise ernstgenommen haben! (Beifall bei NEOS und Grünen.)

Herr Kollege Rädler! Haben Sie eine einzige Stellungnahme gelesen? Dann wüssten Sie, wieso das, was Sie vorhaben, grundrechtswidrig, menschenrechtswidrig, verfas-sungs­widrig und europarechtswidrig ist. (Abg. Rädler: Obergscheiter!) Sie wollen nach diesen Stellungnahmen dem immer noch zustimmen, das wundert mich bei der ÖVP, die sich einmal auf die christliche Nächstenliebe bezogen hat, nicht mehr. (Abg. Rädler: NEOS sind links!)

Dass aber die Sozialdemokratie, die irgendwann einmal Grund- und Menschenrechte in ihren Vordergrund gestellt hat, dem auch noch zustimmen will und jetzt versucht, grundlegende Grund- und Menschenrechte auf dem Altar des Populismus zu opfern, das schlägt im Grunde genommen dem Fass nur den Boden aus. (Abg. Rädler: … sollten gleich einen Parteiwechsel machen!)

Was Sie machen: Sie machen das Geschäft der FPÖ! Sie machen den Menschen draußen genauso Angst wie die FPÖ das macht. (Abg. Rädler: Sie spalten das Land!) Das wundert mich so sehr, da Sie nach dem letzten Sonntag eigentlich auch sehen sollten, dass die Bevölkerung lieber den Schmied als den Schmiedl wählt, in dem Fall: Präsident Hofer. (Ruf bei der FPÖ: Bravo Hofer!) Spätestens seitdem sollten Sie wissen, dass Sie mit dieser Politik in keiner Art und Weise weiterkommen werden. (Abg. Rädler: Linke Hetze!)

Es ist Ihnen offensichtlich immer noch nicht klar, dass Sie in einer unglaublichen Art und Weise versuchen, das uneingeschränkte Recht, um Schutz anzusuchen, auszu­hebeln und ein Grundrecht abzuschaffen. Ich wundere mich jetzt schon und habe auch Angst davor, welches Grundrecht Sie als Nächstes abschaffen wollen.

Ich sage Ihnen aber auch eines klar: Wer ein so offensichtlich geringes Geschichts­bewusstsein hat, wer sich nicht daran erinnern kann, wieso wir uns nach dem Zweiten Weltkrieg auf grundlegende Grund- und Menschenrechte verständigt haben und uns darauf verständigt haben, dass wir diese Grund- und Menschenrechte auch einhalten, wer dieses mangelnde Geschichtsbewusstsein hat, der wird in einigen Jahren auf-wachen und draufkommen, dass all diese Grund- und Menschenrechte, auf die wir uns geeinigt haben, die wir uns als Bürgerinnen und Bürger erstritten haben (Abg. Rädler: Hellseher!), dass der Rechtsstaat, dass die Verfassung in Österreich nichts mehr wert sind.

Das Problem ist nur: Dann wird es leider Gottes schon viel zu spät sein. (Beifall bei NEOS und Grünen.)

14.39


Präsident Ing. Norbert Hofer: Als Nächster gelangt Herr Abgeordneter Hagen zu Wort. – Bitte.

 


14.40.07

Abgeordneter Christoph Hagen (STRONACH): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Hohes Haus! Lieber Herr Kollege Scherak, zeigen Sie mir, wo in der Genfer Flücht­lingskonvention steht, dass ich mir mein Asylland selbst aussuchen darf! Das auch an die Kolleginnen und Kollegen der „GrünInnen“: Wo steht das drinnen? – Nir­gends!


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll123. Sitzung / Seite 177

Deswegen können wir das Ganze, was Sie da gesagt haben, gleich einmal vergessen. Gehen wir zur Sache.

Meine Damen und Herren, ich glaube, dieses Gesetz ist ein Schritt in die richtige Richtung, weshalb wir zustimmen werden. Es ist aber nur ein erster Schritt, es müssen weitere folgen. Das habe ich Ihnen im Ausschuss ohnehin schon gesagt, Herr Bundes­minister.

Ich glaube, es ist ein deutliches Signal an die EU, dass man mit uns so nicht umgehen kann, dass man uns nicht im Regen stehen lassen kann, dass man nicht einfach in Griechenland und Italien die Türen aufmachen und alle nach Österreich bezie-hungs­weise nach Deutschland schicken kann. Das geht nicht, meine Damen und Herren! Und dieses Signal wollen wir hier mittragen, damit dem ein Riegel vorgeschoben wird.

Ich glaube, der Herr Minister hat es ohnehin schon gesagt. Es sind sehr viele, die Wirtschaftsflüchtlinge sind und nicht wirklich subsidiär Schutzbedürftige, die vor Krieg flüchten, meine Damen und Herren. Da stehen die wirtschaftlichen Interessen – ich habe das vor zwei Stunden hier schon angesprochen – im Vordergrund.

Es wundert mich daher auch nicht, dass der türkische EU-Minister, als er vor eineinhalb Wochen hier im Parlament zu Besuch war – ich war bei diesem Gespräch dabei –, gesagt hat, es müsse von der Europäischen Union und speziell von Österreich und Deutschland klare Signale an die Wirtschaftsflüchtlinge geben, dass sie hier keine Chance haben.

Meine Damen und Herren, mit diesem Gesetz wird ein solches Signal gesetzt. Deshalb wird man klar dahinterstehen müssen, auch wenn es nicht der Weisheit letzter Schluss ist. Da müssen natürlich Schritte folgen.

Der türkische EU-Minister hat noch etwas gesagt, nämlich: Wenn ihr solche Signale setzt, entzieht ihr den Schleppern die Geschäftsgrundlage. Und darum geht es, denn wenn die nicht mehr Erfolg haben, werden sie auch keine Menschen mehr anwerben können.

Es wird nämlich aktiv geworben in diesen Ländern, indem man sagt: Wir bringen dich in eine bessere Welt! – Wir wissen aus vielen Berichten im Fernsehen und in anderen Medien, dass Menschen, die wieder zurückgehen, weil sie hier nicht das gelobte Land vorfinden, das sie hier vorzufinden erwartet hatten, dann sehr enttäuscht sind und ihre wirklichen Gründe nennen, warum sie hierher gekommen sind. Meine Damen und Herren, da müssen klare Signale gesetzt werden, dass sich Wirtschaftsflucht nicht lohnt, damit diese Menschen zu Hause bleiben. (Beifall beim Team Stronach.)

Abschreckung ist wichtig, in jeder Hinsicht, und zwar speziell für die Schlepper, die hier ihre schmutzigen Geschäfte machen.

Ich bringe daher folgenden Antrag ein:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Christoph Hagen, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Höheres Strafausmaß für Schlepper“

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesregierung wird dazu aufgefordert, sich verstärkt im Kampf gegen die Schlepperkriminalität einzusetzen und dem Nationalrat einen Gesetzesvorschlag vor-


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll123. Sitzung / Seite 178

zu­legen, durch welchen für den Tatbestand der Schlepperei Mindeststrafen einge-führt werden und der Strafrahmen deutlich über zehn Jahre hinausgeht.“

*****

Meine Damen und Herren, wir müssen ein klares Signal setzen, damit sich solche Tragödien wie vor knapp einem Jahr im Burgenland nicht wiederholen! (Beifall beim Team Stronach sowie des Abg. Franz.)

Meine Damen und Herren, ich möchte Ihnen noch etwas präsentieren. Sie sollten nämlich auch wissen, dass es auch Völkerrechtsexperten gibt, die den Ernst der Lage erfasst haben.

Am 29. Jänner 2016 habe ich in der „Neuen Vorarlberger Tageszeitung“ ein Interview mit dem Völkerrechtsprofessor und Experten Michael Geistlinger gelesen, der ganz klar sagt: Der Großteil hat kein Recht auf Asyl. – Er spricht da ganz klar diese Wirt­schaftsflüchtlinge und auch die Situation an, dass der Asylantrag im ersten euro­päischen Land, das man betritt, gestellt werden muss. Ich glaube, das ist ein klares Signal, dass wir genauer prüfen müssen, wer wirklich Recht auf Asyl hat und wer nicht (Ruf bei den Grünen: Recht auf Verfahren!) beziehungsweise wer Recht auf subsi­diären Schutz hat und wer nicht.

Auch Deutschland schaut sich schon von der Schweiz dieses 48-Stunden-Modell für die Erstprüfung ab, das von mir schon mehrfach gefordert worden ist. Dabei geht es darum, klar festzustellen, ob es sich um einen Fall von Wirtschaftsflucht handelt oder ob derjenige einen anderen Grund hat, dass er hier um Asyl ansucht.

Ich habe Ihnen auch schon im Ausschuss gesagt, Herr Minister, dass es einen guten Vorschlag von mir gibt, nämlich einen Entschließungsantrag. Er wurde hier zwar schon einmal abgelehnt, aber ich bringe ihn trotzdem noch einmal ein, sodass wir noch einmal darüber abstimmen können:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Christoph Hagen, Kolleginnen und Kollegen betreffend „48 Stunden Asylverfahrensdauer laut Schweizer Modell“

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesregierung wird aufgefordert, ehestmöglich beschleunigte Asylverfahren mit einer maximalen Erledigungsdauer von 48 Stunden – laut Schweizer Modell – einzu­führen.“

*****

Also wenn die Deutschen sich das schon abschauen, dann könnten wir das auch machen.

Herr Minister, ich habe Ihnen heute schon versprochen, Sie bekommen von uns noch mehrere Tipps und Anträge, meine Kolleginnen werden auch noch einige einbringen.

Ich habe auch noch einen auf Lager, aber dazu möchte ich noch kurz etwas sagen. Und zwar hat mich etwas leicht erschreckt: Gestern habe ich im ORF online im Bereich Burgenland gelesen: „Grenzkontrollen: Abschiebung schwierig.“


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll123. Sitzung / Seite 179

Meine Damen und Herren, darin steht: „Polizei rechnet mit mehr Asylanträgen. Aber: Wer sagt, dass er in Österreich Asyl will oder einen Asylantrag in Ungarn gestellt hat, darf weder abgeschoben, noch an der Grenze zurückgewiesen werden (…).“

Da geht es darum, dass es einen Verwaltungsgerichtshofsentscheid vom letzten Jahr gibt. Es ist ja bekannt, wie damals die Zustände in Ungarn in den Flüchtlingslagern waren, wie es dort ausgeschaut hat und dass eben eine Massenflucht im Gange war. Damals hat man dieses Urteil getroffen. Das ist aber mittlerweile überholt, und ich würde mir erwarten, Herr Minister, dass Sie an den Verwaltungsgerichtshof heran­treten, um diese Zustände wieder aufzuheben, damit wirklich wieder nur diejenigen an unserer Grenze Asyl beantragen können, die wirklich einen Anspruch darauf haben. Aber, wie gesagt, normalerweise wäre das niemand. (Zwischenruf des Abg. Scherak.)

Jetzt werde ich dazu noch einen Entschließungsantrag einbringen. Mir geht es nämlich auch darum, dass man diejenigen, die hier kein Recht auf Aufenthalt haben, die hier schon einen Asylantrag gestellt haben, welcher aber abgelehnt worden ist, und die hier straffällig geworden sind, dass man diese Menschen auch außer Landes bringen kann. Ich bringe folgenden Antrag ein:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Christoph Hagen, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Errichtung von EU-Wartecamps in Nordafrika für Personen mit negativem Asylbescheid“

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesregierung wird aufgefordert, sich auf internationaler Ebene für die Errich­tung von EU-Wartecamps in Nordafrika für Personen mit negativem Asylbe­scheid einzusetzen.“

*****

Es geht darum, dass diese Menschen, die von den eigenen Ländern nicht mehr zurückgenommen wurden, weil sie oft Verbrecher oder etwas anderes sind, in diesen Wartecamps zwischengeparkt werden können, bis sie vom Heimatstaat wieder aufgenommen werden.

Das wäre ein wichtiger Schritt und ein richtiges Signal für die österreichische Bevöl­kerung. (Beifall beim Team Stronach.)

Meine Damen und Herren, last but not least, wir haben hier ja mehrere Tagesord­nungspunkte: Es gibt von mir unter TOP 11 einen Antrag betreffend Ausweisung des Migrationshintergrundes in der Kriminalstatistik. Ich glaube, das ist auch sehr not­wendig, dem sollte man zustimmen.

Es gibt ja das Buch der deutschen Polizistin Tania Kambouri, die ganz klar gesagt hat: Wir können auf die Probleme der misslungenen Integration nicht eingehen – weil sehr viele ehemalige Ausländer und jetzt Migranten mit deutscher Staatsbürgerschaft beziehungsweise, wenn wir das auf Österreich umlegen, mit österreichischer Staats­bürgerschaft straffällig werden. Das scheint in der Kriminalstatistik jedoch nicht auf, dass sie nicht richtig integriert worden sind. Das verfälscht das Bild. Es schaut dann so aus, als würden mehr Österreicher straffällig, in Wirklichkeit sind es Menschen mit Migrationshintergrund. (Abg. Scherak: Österreicher!) Auch das muss man einmal ansprechen. Es wäre daher gut, wenn man das anführen würde.

Unter TOP 12 – meine Redezeit rennt mir langsam davon – steht noch ein Antrag von mir zur Debatte, nämlich betreffend Tagesaktuelle Flüchtlingsstatistik für Österreich.


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Das gibt es bereits in Slowenien und das soll es auch in Österreich geben, damit jeder österreichische Staatsbürger nachschauen kann, wie viele Flüchtlinge wir jetzt wirklich in Österreich haben, wie viele von denen, die nicht hier sein dürfen, schon ausge­wiesen wurden und wie viele trotzdem noch hier sind. Das wäre ein Schritt in die richtige Richtung. – Danke. (Beifall beim Team Stronach.)

14.49


Präsident Ing. Norbert Hofer: Die drei Entschließungsanträge sind ordnungsgemäß eingebracht und stehen daher mit in Verhandlung.

Die drei Anträge haben folgenden Gesamtwortlaut:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Hagen, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Höheres Strafausmaß für Schlepper“

eingebracht im Zuge der Debatte zu TOP 4: Bericht des Ausschusses für innere Angelegenheiten über die Regierungsvorlage (996 d.B.): Bundesgesetz, mit dem das Asylgesetz 2005, das Fremdenpolizeigesetz 2005 und das BFA-Verfahrensgesetz geändert werden (1097 d.B.)

Schlepper sind gnadenlose Ausbeuter, die den Menschen unter Vorspiegelung falscher Tatsachen ihre letzten Habseligkeiten abnehmen und sie dann oft völlig ungeschützt und desorientiert aussetzen. Für diese Verbrecher sind die derzeitigen Strafrahmen laut Fremdenpolizeigesetz viel zu niedrig.

Schlepper spielen eine der Schlüsselrollen der Flüchtlingsdramen. Mit maroden Booten – die dann teilweise gezielt versenkt werden – oder in anderen Transportmitteln auf engstem Raum zusammengepfercht, versuchen Flüchtlinge nach Europa zu gelangen. Dabei bezahlen sie Unsummen – in den meisten Fällen ihr gesamtes Vermögen – an die Schlepper. Somit haben Schlepper(banden) für den Tod tausender Flüchtlinge die Verantwortung mitzutragen.

Für all die verlorenen Menschenleben sind die Strafausmaße des Tatbestandes der Schlepperei im Fremdenpolizeigesetz nicht annähernd im richtigen Verhältnis fest­gelegt. Es müssen daher Mindeststrafen eingeführt werden und der Strafrahmen muss deutlich über zehn Jahre hinausgehen.

Die unterfertigenden Abgeordneten stellen daher folgenden

Entschließungsantrag:

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesregierung wird dazu aufgefordert, sich verstärkt im Kampf gegen Schlep­perkriminalität einzusetzen und dem Nationalrat einen Gesetzesvorschlag vorzulegen, durch welchen für den Tatbestand der Schlepperei Mindeststrafen eingeführt werden und der Straf-rahmen deutlich über zehn Jahre hinausgeht.“

*****

Entschließungsantrag

des Abgeordneten Hagen, Kolleginnen und Kollegen betreffend „48 Stunden Asyl­verfahrensdauer laut Schweizer Modell“


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eingebracht im Zuge der Debatte zu TOP 4: Bericht des Ausschusses für innere Angelegenheiten über die Regierungsvorlage (996 d.B.): Bundesgesetz, mit dem das Asylgesetz 2005, das Fremdenpolizeigesetz 2005 und das BFA-Verfahrensgesetz geändert werden (1097 d.B.)

Wie man anhand der momentanen Flüchtlingssituation in Österreich sehen kann, ist das Innenministerium mit der Anzahl der einlangenden Asylanträge vollkommen über­fordert. Aufgrund der Lage in Syrien und anderen Krisenherden bzw. der Zunahme der Bedrohung durch den IS werden weitere Flüchtlingswellen jedoch nicht ausbleiben.

In dieser Situation muss schnell gehandelt werden. Besonderes Augenmerk muss dabei auf die Dauer der Asylverfahren gelenkt werden, um rasch feststellen zu können, ob es sich bei den betroffenen Antragsstellern um Personen mit tatsächlichem Asyl­grund oder nur um Wirtschaftsflüchtlinge handelt.

Aufgrund der weiterhin zu erwartenden Menge an Flüchtlingen müssen die bereits gestellten Asylanträge so schnell wie möglich abgearbeitet werden können, um Personen, die keinen Asylgrund vorweisen (wie z.B. reine Wirtschaftsflüchtlinge, die die Gunst der Stunde nutzen wollen), möglichst schnell wieder außer Landes zu bringen und dadurch Platz für nachkommende Flüchtlinge zu schaffen, die tatsächlich vor Krieg und Elend fliehen mussten.

In der Schweiz oder auch in Norwegen gibt es bereits Modelle beschleunigter Asyl­verfahren, im Rahmen derer über die Anträge binnen 48 Stunden entschieden wird.

Die unterfertigenden Abgeordneten stellen daher folgenden

Entschließungsantrag:

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesregierung wird aufgefordert, ehestmöglich beschleunigte Asylverfahren mit einer maximalen Erledigungsdauer von 48 Stunden – laut Schweizer Modell – einzu­führen.“

*****

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Hagen, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Errichtung von EU-Wartecamps in Nordafrika für Personen mit negativem Asylbescheid“

eingebracht im Zuge der Debatte zu TOP 4: Bericht des Ausschusses für innere Ange­legenheiten über die Regierungsvorlage (996 d.B.): Bundesgesetz, mit dem das Asyl­gesetz 2005, das Fremdenpolizeigesetz 2005 und das BFA-Verfahrensgesetz geändert werden (1097 d.B.)

Die Asylfrage ist weiterhin ein schwieriges und umfangreiches Thema, da sich, aufgrund aktueller Entwicklungen in benachbarten und auch entfernteren Staaten, neue Situationen und Zusammensetzungen von Flüchtlingsströmen ergeben. Nicht nur jene Flüchtlinge, die aktuell aus den Krisengebieten nach Europa kommen, sondern auch jene Flüchtlinge, die zum „regelmäßigen Betrieb“ an den europäischen Grenzen gehören, mehren sich.

Es ist fraglich, wie man diesen Flüchtlingsstrom in den Griff bekommen kann. Derzeit werden insbesondere mehrere kurzfristig wirkende Maßnahmen gesetzt, jedoch fehlen nachhaltige Lösungen.


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In dieser Situation muss schnell gehandelt werden. Besonderes Augenmerk muss dabei auf die Dauer der Asylverfahren und auf die Abschiebung von Personen gelenkt werden, die einen negativen Asylbescheid erhalten.

Aufgrund der weiterhin zu erwartenden Menge an Flüchtlingen müssen Personen, die keinen Asylgrund vorweisen (wie z.B. reine Wirtschaftsflüchtlinge), möglichst schnell wieder außer Landes gebracht werden können, um dadurch Platz für nachkommende Flüchtlinge zu schaffen, die tatsächlich vor Krieg und Elend fliehen mussten.

Ein großes Problem im Bereich der Abschiebungen besteht u.a. darin, dass z.B. Länder wie Marokko, Algerien oder Tunesien abgeschobene Flüchtlinge nicht zurück­nehmen. Die Menschen, die – aus welchen formalen Gründen auch immer – nicht von ihrem Heimatland aufgenommen werden, belasten entweder unser Sozialbudget, oder sie tauchen in die Illegalität ab. Aus diesem Grund ist es notwendig, EU-Wartecamps – ähnlich Schutzzonen – in Nordafrika einzurichten, bis bilaterale Abkommen die regu­läre Rücknahme garantieren.

Die unterfertigenden Abgeordneten stellen daher folgenden

Entschließungsantrag:

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesregierung wird aufgefordert, sich auf internationaler Ebene für die Errichtung von EU-Wartecamps in Nordafrika für Personen mit negativem Asylbe­scheid einzusetzen.“

*****

 


Präsident Ing. Norbert Hofer: Zu einer Stellungnahme hat sich Herr Bundesminister Sobotka zu Wort gemeldet. – Bitte, Herr Bundesminister.

 


14.49.37

Bundesminister für Inneres Mag. Wolfgang Sobotka: Hohes Haus! Herr Präsident! Werte Mitglieder der Bundesregierung! Sehr geehrte Damen und Herren! Ich darf mich zuerst für die engagierte Debatte schon im Ausschuss und jetzt im Plenum herzlich bedanken. Sie zeigt, dass sich Österreich in den letzten zwei Jahren, von 2014 bis zum heutigen Tag, geändert hat.

Diese Änderung, die in Österreich Platz gegriffen hat, ist eigentlich eine europäische Änderung. Wir merken das, was Europa sich vorgenommen hat, nämlich eine sichere Schengen-Außengrenze, ein solidarisches Handeln, dass man, wenn Krisen auftre­ten – wir erinnern uns noch an die Finanzkrisen der Jahre 2008 bis 2012 –, gemeinsam und verteilt die Lasten trägt.

Es hat sich gezeigt, dass das Jahr 2015 für Österreich eine ungeheuer große Heraus­forderung dargestellt hat, bei der die Vorbereitungsmaßnahmen polizeilicher- und infrastrukturellerseits nicht im entsprechenden Maße getroffen werden konnten, weil man völlig überrascht war, sodass die Rechtsstaatlichkeit auf eine schwere Probe gestellt wurde.

Aufgrund dieser Tatsache haben sich in den letzten Monaten sehr viele den Kopf darüber zerbrochen, wie man damit umgehen könnte. Es gab sehr viele diplomatische Bemühungen. Ich werde morgen nach Rom und am Freitag nach Deutschland reisen, um klarzumachen, was eigentlich die Herausforderungen in Österreich sind.


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll123. Sitzung / Seite 183

Unbestritten und eigentlich von allen sehr klar erkannt ist, dass die österreichische Bevölkerung, die Polizei, die Politik und alle Engagierten im Jahr 2015 ungeheuer viel geleistet haben – im Sinne der Humanität, des Einsatzes für die Nächsten, die in dieser Notsituation in ganz besonderer Art und Weise unserer Hilfe bedurften. Ich denke, darauf darf Österreich, dürfen die Leute, die sich da besonders eingesetzt haben, durchaus stolz sein.

Gleichzeitig hat sich aber, glaube ich, die Frage herauskristallisiert: Schafft das Öster­reich alles in dieser Form? Diese Diskussion findet ja nicht nur in Österreich statt, sondern in fast allen europäischen Staaten, und jeder versucht eine europäische Lösung. Trotzdem müssen wir aber immer zur Kenntnis nehmen: Sie ist nicht in dem Maße da, wie wir es uns wünschen würden.

Natürlich, es wäre das Beste, wenn wir ein klares Commitment darüber hätten, dass die Wege, die illegal oder nicht wirklich gesetzeskonform beschritten werden, geschlos­sen werden, dass es nur ein geregeltes, dem Gesetz entsprechendes Hereinnehmen dieser besonders schutzwürdigen Personen gibt. Österreich hat am Resettlement-Management teilgenommen.

Die Europäische Union hat sich verpflichtet, im Rahmen dieses Resettlement-Pro­gramms über 22 500 Personen aufzunehmen; Österreich hat 1 900 dieser Flüchtlinge als Kontingent genommen. Zum heutigen Zeitpunkt haben wir 1 425 auch erfüllt, nämlich von einer Gesamtmenge von etwa 5 600. Sie sehen, dass Österreich seinen Beitrag auch in diesen internationalen Programmen erfüllt.

Auch bei den Relocation-Programmen sind wir vorne mit dabei. Selbstverständlich wäre dieser Weg jedem von uns wesentlich lieber.

Ich konnte gestern, insbesondere was den Abänderungsantrag anlangt, mit dem Flüchtlingshochkommissar der UNO ein Gespräch führen und unsere Position erläu­tern, wobei er noch vom grundsätzlichen Gesetzesantrag und nicht von jener in der Fassung des Abänderungsantrages ausgegangen ist.

Er hat auf der einen Seite Österreich ungeheuer gelobt für das, was Österreich getan hat, für seine Bereitschaft, zu helfen, er hat aber auch seine Sorge darüber ausge­drückt, wie es letzten Endes um die Frage des Instanzenzuges steht.

Dazu konnten ihm unsere Juristen des Hauses sehr klar darlegen, dass dieses Asyl­recht ein sehr, sehr individuelles Recht ist und bleibt, dass uns dieses Men­schenrecht besonders wichtig ist – egal, aus welcher Ecke wir zu dieser unserer Haltung kommen, ob aus einer christlichen, aus einer humanistischen oder aus einer anderen Ecke – und dass es sehr wesentlich ist, dass dieses Menschenrecht nicht ausgehebelt wird. Es ist mir wichtig, festzustellen: Das Asylrecht ist ein individuelles Recht und wird als solches auch in dieser Folge weiter bestehen.

Und das ist insbesondere durch die Abänderungsanträge auch gutachterlich unter­stützt, nämlich durch die Professoren Funk und Obwexer. Die beiden haben klar fest­gestellt, dass die Maßnahmen, die da gesetzt werden, den Zuzug zu beschränken beziehungsweise auch darauf Rücksicht zu nehmen, wie es sich im Innengefüge des Landes abspielt, möglich sind.

Laut Europäischer Menschenrechtskonvention gibt es auch ein Recht auf Sicherheit und Freiheit, nämlich auch für unsere Leute, die hier sind. Und ich glaube, dem sind wir genauso verpflichtet wie dem Gesamten. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der SPÖ.)

Aus dieser Situation hat es sich ergeben, dass einerseits die Regierungsvorlage eingebracht wurde, mit der wir Asyl auf Zeit einführen, mit der wir den Familiennachzug


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll123. Sitzung / Seite 184

neu regeln, mit der wir erstmals den Menschen, die Asylberechtigung erhalten, auch eine klare Ausweiskarte ausstellen, um ihre Identität rechtlich klar abzusichern.

Und im Abänderungsantrag geht es darum, dass es notwendig ist, auch das innere Gefüge zu berücksichtigen und beim Grenzmanagement und Grenzregime auch darauf abzustellen. Es ist eine Sonderbestimmung und kein Notverordnungsrecht. Glauben Sie mir, als Historiker weiß ich über die Zeit der Ersten Republik genau Bescheid; daher ist mir auch in diesem Konnex klar, dass es einen parlamentarischen Prozess nie auszuhebeln gilt.

Die Tatsache, dass diese Sonderbestimmung, die nur zwei Jahre gilt, begründet wer­den muss, dass sie alle sechs Monate vom Hauptausschuss und der Regierung gemeinsam verabschiedet werden muss, ist eigentlich ein sehr, sehr strenger Schutz, damit kein Missbrauch entsteht.

Aber eines ist klar: Wie können Sie bei einer Arbeitslosigkeit von 10,5 Prozent diesen Menschen Arbeit und Arbeitsintegration anbieten, sodass sie ein gesichertes Leben führen können? Wie können Sie diesen Menschen in dieser Geschwindigkeit Woh­nungen bereitstellen? Wie können Sie die letzten Endes für uns ganz wesentliche Integration in die Gesellschaft sicherstellen?

Hier ist ja von vielen einzelnen Fällen berichtet worden. Wenn es gilt, unbegleitete Minderjährige in der Freizeit zu begleiten, wir aber zu wenig Sozialarbeiter haben, weil es sie auf dem Markt ganz einfach nicht gibt, dann muss es eine Möglichkeit geben, diesen Zuzug auch zu regulieren. Ich denke, diese Kapazitätsgrenzen orientieren sich an den Möglichkeiten der Österreicherinnen und Österreicher.

Wie das Grenzmanagement funktioniert, das konnte ich am Vormittag schon begrün­den, davon habe ich mich auch vor Ort überzeugen können, meine Damen und Herren. Es ist eine Vielzahl von Maßnahmen, die von den Menschen, die hereinkommen, und jenen, die das handhaben, auch akzeptiert werden.

Ich sage Ihnen ganz ehrlich, es ist für die Leute, die an der Grenze oder etwa in Traiskirchen wohnen und daher mit diesem Thema wirklich offensiv konfrontiert sind, eine ganz große Herausforderung. Ich habe große Hochachtung vor diesen Menschen und diesen Gemeinden, die alles dazu beitragen, zu deeskalieren.

Es gibt unterschiedliche Standpunkte, unterschiedliche Arten, wie man sich dem Thema nähert, zweifelsohne, aber wir sollten doch das gemeinsame Ganze nicht verlassen; nämlich zum Schutze jener, die bei uns Asyl suchen, aber vor allem auch, um die Sicherheitsinteressen unserer Landsleute nicht aus den Augen zu verlieren. Und dem – und nur dem – gelten diese Verordnung und der Gesetzesantrag. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der SPÖ.)

14.58


Präsident Ing. Norbert Hofer: Zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Dr. Rosenkranz. – Bitte.

 


14.58.59

Abgeordneter Dr. Walter Rosenkranz (FPÖ): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Hohes Haus! Die Asylkatastrophe hat uns jetzt hier bei einer legistischen Maßnahme wieder einmal zu beschäftigen, wobei mich eines wundert – ich habe nachgeschaut –: Die SPÖ hat als Klub eine noch offene, nicht gemeldete Redezeit von insgesamt 40 Minuten, und dennoch hat Fraktionsvorsitzender-Stellvertreter Otto Pendl, wie er gesagt hat, zu wenig Zeit bekommen, um hier erschöpfend über dieses wichtige Thema zu diskutieren. Stattdessen lädt er lieber ein, das Ganze bei einem Kaffee zu besprechen. Da weiß man wenigstens, wo die Prioritäten sind. (Beifall bei der FPÖ.)


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Verfassungsänderungen, Asylgesetzänderungen – hier im Nationalrat ist keine Zeit, aber bei einem Kaffee können wir das alles dann in aller Klarheit und in aller Deut­lichkeit und in allem Einvernehmen im Detail besprechen. (Zwischenrufe bei SPÖ und ÖVP.) Das ist der falsche Zugang zu einer derart komplexen und vor allem überlebens­wichtigen Materie in dieser Republik!

Ein Detail möchte ich als Beispiel herausgreifen. In diesem Paket wird jetzt die Asyl­verfahrensdauer wieder auf bis zu 15 Monate ausgeweitet. Dazu schreibt das Land Wien:

„Eine längere Verfahrensdauer führt auch zu einem längeren Verbleib in der Grund­versorgung. Eine Verlängerung der Verfahren ist eine Abkehr von der bisher – auch in der Art. 15a Vereinbarung – festgelegten Strategie der zu beschleunigenden Verfahren und wird dezidiert abgelehnt.“

Wiener Landesregierung. – Ja warum? Vielleicht zahlen Sie, vielleicht haben Sie zu viel Geld im Budget. Ich bin ja schon gespannt, wie unsere neue Finanzlandesrätin in Niederösterreich, Johanna Mikl-Leitner, das im Rahmen ihres Budgets wird ausbaden können, wenn das in der Grundversorgung mehr kostet. – Das ist also auch eine sehr interessante Konstellation. (Präsidentin Bures übernimmt wieder den Vorsitz.)

Kommen wir aber jetzt zu den Punkten, die die Vorredner immer angesprochen haben. Sie haben gesagt: Ja, die Europäische Union, die EU, wir müssen gemeinsam an Lösungen arbeiten, da muss man endlich einmal Durchsetzung zeigen und so weiter. – Wir haben Vereinbarungen mit dieser Europäischen Union. Wir haben das Dublin-Übereinkommen, wir haben den Schengen-Vertrag. Man will immer die große Lösung haben. Aber was tut sich in Wirklichkeit auf europäischer Ebene? – Gar nichts. Und dann kommt Herr Kollege Pilz mit dem Vorschlag, wir als Österreicher sollten eigentlich Vorbild sein, wir sollten etwas vorzeigen und das machen, was alle anderen Staaten rundherum nicht machen: Wir nehmen noch mehr Flüchtlinge auf.

Und wissen Sie, welche Konsequenz das laut Kollegen Pilz haben wird? – Diese anderen Staaten – Ungarn, Slowakei, Tschechien, Polen – sind dadurch beschämt. (Abg. Darmann: Bravo! – Abg. Neubauer: Bumm!) – Ich sage Ihnen eines: Die werden lachen! Das tun sie bereits seit Langem, sie lachen über uns. (Beifall bei der FPÖ.) Sie werden sagen: Endlich haben wir wieder jemanden gefunden, der uns das alles abnimmt, und wir brauchen gar nichts zu tun! Wir erfreuen uns unserer eigenen Lösun­gen, da es offensichtlich Volksvertreter gibt, die für ihr eigenes Volks gewählt sind, es aber manche gibt, die für alle Völker im Land gewählt sind. (Neuerlicher Beifall bei der FPÖ.)

Aber zum Beispiel auch Frau Kollegin Korun: Sie ist ja mittlerweile schon ungeduldig mit der Europäischen Union. Wir hatten ja das Vergnügen bei einer Diskussion am 14. April in der ZiB 24, wo ich sie mehrmals fragen musste, wie lange sie denn noch Geduld mit der EU hat, bis endlich einmal diese große gemeinsame Lösung kommt. Darauf hat sie gesagt: einen Monat. Jetzt haben wir bereits den 27. April, fast zwei Wochen sind um, ich bin gespannt, wann diese Lösung jetzt endlich in Sicht kommen wird, ich glaube es nämlich seit den letzten Monaten nicht mehr. Aber ich werde sicher nicht vergessen, Sie nach Ablauf des Monats zu fragen, wann Sie in den freiheitlichen Klub übertreten werden, damit Sie dann endlich einmal die Lösungen bekommen, die Sie von der EU nicht bekommen werden. (Beifall bei der FPÖ.)

Sie von den Grünen haben auch gemeint: Wir wollen mit dieser Flüchtlingspolitik eigentlich auch ein anderes Europa haben. – Ja, dieses andere Europa möchte ich mir, wie Sie das sagen, einmal vorstellen können, damit man einmal weiß, wie ein anderes Europa aussieht. Ich weiß nur eines, die Titanic hat beim Stapellauf anders ausge-


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sehen als sie jetzt aussieht, und es war mir die Titanic beim Stapellauf wesentlich lieber.

Meine Damen und Herren, es gibt jetzt eine Situation, über die die Bevölkerung zu Recht beunruhigt ist. – Ich habe jetzt etwas von einem subjektiven Sicherheitsgefühl und von einem objektiven Sicherheitsgefühl gehört und meine, die objektiven Gefühle interessieren mich genauso wie das Philosophikum darüber, ob ein Zaun ein Zaun ist. Darüber ließe sich sicher, vielleicht auch bei einem Kaffee, wieder einmal trefflich dis­ku­tieren. – Man sollte sich einmal die Tätergruppen genauer ansehen, die es bei uns gibt.

Die Grünen haben die Vergewaltigung am Praterstern in Wien verurteilt und haben zutreffenderweise gesagt, es darf in Österreich keine Gewalt gegen Frauen geben. Das ist richtig. – Ich sage Ihnen aber dazu: Es darf auch keine Gewalt gegen Männer geben. Es darf keine Gewalt gegen Kinder geben. Es darf in Österreich überhaupt keine Gewalt geben (Beifall bei der FPÖ), daher greift auch das wieder ein wenig zu kurz.

Wichtig ist auch, dass es keine Gewalttäter und Gewalttäterinnen gibt – damit das, wenn ich mit Ihnen spreche, auch gegendert ist –, ich möchte überhaupt keine Gewalttäter in Österreich haben. Und jetzt sind wir vor der Situation, dass wir leider Gottes sehr viele Österreicherinnen und Österreicher haben, die straffällig werden – mit denen müssen wir uns selbst auseinandersetzen –, aber importieren brauchen wir die Gewalt mit Sicherheit nicht. Das brauchen wir nicht. (Beifall bei der FPÖ.)

Wenn Kollege Pilz meint – wo ist er denn jetzt?; meine erste Einlassung hat ihn bereits zum Verlassen des Plenarsaals bewogen; auch nicht schlecht, ich habe ihn an sich für ein bisschen stabiler gehalten –, wenn Kollege Pilz also meint: Schaffen wir doch legale Routen!, dann ist seine Conclusio daraus, dass durch diese legalen Routen diese starken jungen Männer dann nicht mehr nach Österreich kommen werden. – Die kommen legal oder illegal, da sie kommen wollen, da sie es so haben wollen, da sie zu uns kommen wollen. Und egal, über welche legale oder illegale Route, sie werden jede Route nützen. Das, was Kollege Pilz uns hier erzählen und wahrhaben möchte, ist doch eine soziale Utopie. (Beifall bei der FPÖ.)

Neben diesen Gewalttätigkeiten an Frauen – erst heute wieder in Zeitungsartikeln zu lesen – gibt es Auseinandersetzungen aufgrund von ethnischer Gruppenzugehörigkeit. Das ist die vornehme Umschreibung, die jetzt gemacht wird: ethnische Auseinan­dersetzungen. Das geht vielleicht ein bisschen in den Folklorebereich hinein, oder was immer das sein soll – mit Messern, mit Samurai-Schwertern, mit Metallstangen, mit Eisenrohren und so weiter. Meine Damen und Herren, wir Freiheitlichen wollen das nicht in Österreich haben! (Beifall bei der FPÖ.)

Und wenn wir jetzt schon bei diesen Fragen der Täterschaft sind: Haben eigentlich die 17-jährigen Afghanen – es dürfte ein guter Geburtsjahrgang in Afghanistan gewesen sein, da alle 17 Jahre alt sind, ich habe auch diesbezüglich bereits eine Anfrage an den Herrn Bundesminister eingebracht –, haben all diese Personen, derer man hier habhaft geworden ist, auch ihre echten Ausweisdokumente mit? Das interessiert mich bren­nend, denn sonst erübrigt sich jede Frage, ob man einen straffälligen Ausländer abschieben kann oder nicht. (Abg. Rädler – auf den soeben seinen Sitzplatz einneh­menden Abg. Pilz weisend –: Jetzt ist er da!) – Ja, jetzt ist Kollege Pilz Gott sei Dank wieder hier.

Es ist nämlich die Frage interessant, ob diese 17-jährigen Afghanen über echte Aus­weisdokumente aus ihrer Heimat verfügen, da man sie sonst nämlich nicht abschieben kann. Denn was würde eine afghanische Botschaft sagen? Kollege Hagen hat ja auch schon darauf hingewiesen, als er gesagt hat, dass wir ja gar nicht wissen, ob das ein


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Pakistani oder ein Afghane ist. Da sie alles sein könnten, nehmen die den dann nicht zurück. Das heißt, es gibt hier nur eines: Grenzen dicht! Es darf einfach keiner kom­men. Und warum nicht? – Weil wir international dazu auch gar nicht verpflichtet sind. Das müssen andere Staaten rund um uns herum machen! (Beifall bei der FPÖ.)

Etwas kann ich mir jetzt auch nicht verkneifen: Kollege Scherak hat gemeint, es sei nur ein Trick, dass Traiskirchen in der Statistik von Niederösterreich enthalten sei. Dazu muss ich Ihnen eines sagen: Das ist keine Frage des Tricks, sondern eine Frage der Geographie. Traiskirchen liegt in Niederösterreich, und rund um Traiskirchen wohnen Niederösterreicherinnen und Niederösterreicher, deren Häuser, deren Wohnungen nichts mehr wert sind. Und Sie wollen anscheinend, dass auch noch in anderen Gegenden in Niederösterreich eine ähnliche Situation eintritt. Sie haben anscheinend zu wenige Personen in Niederösterreich, das muss man halt sagen. (Beifall bei der FPÖ.)

So schaut es aus. Aber wenn wir jetzt schon zum Thema Landesgrenzen kommen, interessiert mich auch das Selbstverständnis der Republik Österreich. Mittlerweile ist es so, dass über unsere Staatsgrenzen derjenige bestimmt, der einen Weingarten hat, der einen Pfarrgarten hat. Mittlerweile sind das die Kriterien, ob wir eine Staatsgrenze schützen dürfen oder nicht. Wohin wird denn das in diesem Land noch führen? Geben wir unsere Souveränität und Autonomie komplett auf? Das kann doch wirklich nicht wahr sein für einen selbstbewussten Staat, trotz aller internationaler Übereinkommen wie Schengen und Dublin.

Man sieht daran, dass diese Frage der Asylkatastrophe und deren Bewältigung natür­lich unterschiedliche Meinungen hervorbringt. Die Freiheitlichen haben eine klare Meinung, die Grünen haben eine klare Meinung, die Neos haben eine klare Meinung, bei der SPÖ bin ich mir momentan nicht so sicher, bei der ÖVP gibt es Hoffnungs­schimmer. Aber deswegen zu sagen, dass es eine Spaltung gibt! – Nein, es gibt nur unterschiedliche Meinungen. Von Spaltung sprechen interessanterweise diejenigen – und werfen es den anderen vor –, die sie selbst am meisten betreiben. Dazu muss ich Ihnen sagen, wo wir Freiheitlichen stehen: Wir stehen für einen Verfassungs- und Rechtsstaat und gegen Chaos und Anarchie. Das ist unsere Meinung. (Beifall bei der FPÖ. – Abg. Kogler: Das ist auch alle Tage anders! Das ist auch nicht konsistent!)

Lieber Herr Kollege von den Grünen, ich lasse Ihnen Ihre Meinung, denn wir gehen auf alle zu. Und da ich zuvor diese Rede von Frau Kollegin Musiol gehört habe, welcher Kandidat verbindend ist oder nicht, muss ich eines sagen: Verbindend sind nicht diejenigen, die 1,5 Millionen Menschen – denn Wähler in Österreich sind Menschen – als dumm bezeichnen. (Abg. Kogler: Richtig! Wer tut das?!) – Da gibt es aber einige, ein SPÖ-Chef hat einiges gemacht. Natürlich gibt es sie, und die haben gesagt, es sind die „wenig Gebildeten“.

Dazu kann ich Ihnen nur eines sagen: Alle, die hier im Saal glauben, über Bildung zu verfügen, und das ausspielen wollen, müssen aufpassen, dass am Schluss nicht nur Einbildung übrig bleibt. (Beifall bei der FPÖ. – Abg. Kogler: Da haben Sie recht!)

Herr Kollege Hagen … (Abg. Steinhauser: Mit Ihrer Überheblichkeit sind Sie erster Kandidat!) – Nein, ich bin nicht der erste Kandidat. (Rufe und Gegenrufe zwischen Abgeordneten von FPÖ und Grünen.)

Präsidentin Doris Bures: Am Wort ist Herr Abgeordneter Rosenkranz!

 


Abgeordneter Dr. Walter Rosenkranz (fortsetzend): Kollege Hagen hat von einer Begegnung in der Straßenbahn mit einer Beamtin aus dem Innenressort gesprochen, die gemeint hat, dass Herr Bundesminister Sobotka ja gar nicht so schlimm ist, wie alle immer tun. Das kann ich an sich nur bestätigen, da wir Niederösterreicher nämlich


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generell nicht so sind, auch wenn das jetzt Kollege Steinhauser zum Beispiel so gar nicht glauben möchte; das ist eine Eigenart.

Da Niederösterreich angesprochen wurde, darf ich ein kleines E-Mail aus dem Jahr 2002 zitieren, das auch im „Standard“ nachzulesen ist. Es hat einmal einen Innen­minister gegeben, von dem diverse E-Mails an die Öffentlichkeit gekommen sind, und ein E-Mail lautet:

„Sehr geehrter Herr Minister, Lieber Ernst, Bad Schönau ist eine wunderschöne Touris­musgemeinde und die soll es auch bleiben. Ich möchte hier keinen Wirbel bis zur LTW.“ – Landtagswahl. – „Es geht die Diskussion um, dass die Pension Hofstätter (abge­wirtschaftete Pension) Flüchtlinge aufnehmen soll. Ich ersuche Dich, einer Zu­weisung nicht zuzustimmen. Abg. z. NR Mag. Johanna Mikl-Leitner, Landesgeschäfts­führerin der VP NÖ.“

Ich möchte das in die Jetztzeit übersetzen: Sehr geehrter Herr Minister – ich spare mir das andere, da der Vorname nicht passt und wir nicht per Du sind –, Niederösterreich und Österreich sind wunderschöne Länder, und die sollen sie auch bleiben. Ich möchte hier keinen Wirbel, unabhängig von irgendeiner Wahl. Es geht die Diskussion um, dass noch mehr Flüchtlinge nach Österreich kommen sollen. Ich ersuche Sie, einer Zuweisung nicht zuzustimmen. Abg. z. NR Dr. Walter Rosenkranz, Landespartei­ob­mann der FPÖ Niederösterreich. (Beifall bei der FPÖ.)

Meine Damen und Herren, in der Frage der Auseinandersetzung mit diesem Gesetz haben wir auch von diesem unselbständigen Entschließungsantrag gehört. Und damit jetzt klar wird, welche Kritik man an diesem Gesetz insgesamt anbringen kann, was es hier an Abänderungen geben müsste: Man macht diese Verordnung mit allen Prob­lemen – soll sein –, öffentliche Ordnung, Sicherheit und so weiter, alles gefährdet. Und jetzt können diese Regierung und der Hauptausschuss nicht von sich aus sagen: Diese Situation ist eingetreten, wir brauchen das! Nein, die Regierungsparteien haben gesagt, das müssen sie noch einmal begutachten. – Wenn es so weit ist, dann hören Sie mit dem Regieren auf und bestellen ein paar Gutachter, das ist vielleicht sogar billiger! (Beifall bei der FPÖ.)

15.13


Präsidentin Doris Bures: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Obernosterer. – Bitte.

 


15.14.02

Abgeordneter Gabriel Obernosterer (ÖVP): Frau Präsidentin! Herr Bundesminister! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Meine sehr verehrten Damen und Herren auf der Galerie und zu Hause vor den Fernsehschirmen! Ich glaube, dem, was von Herrn Kollegen Pendl, unserem Sicherheitssprecher Amon sowie dem Herrn Bundesminister über den Inhalt des jetzt zu diskutierenden Entwurfes zum neuen Asylgesetz gesagt wurde, ist eigentlich inhaltlich nicht viel hinzuzufügen.

Folgendes wissen wir genau: Dieses Gesetz, das jetzt diskutiert und anschließend auch beschlossen wird, ist eines der härtesten Gesetze in Europa überhaupt. Das hat uns viel Kritik eingebracht; jeder liest Zeitungen, jeder weiß, was geschrieben wird. Ihr wisst, dass ich Touristiker bin. Unsere deutschen Gäste, mit denen ich am Wochen­ende, wenn ich zu Hause bin, rede, sagen: Herr Obernosterer, jetzt ist wieder etwas in Bewegung, dafür, was ihr Österreicher macht, können wir Deutschen eigentlich dank­bar sein!

Mit diesem Vorgehen der Innenministerin – die ja jetzt nicht mehr hier ist – und des zuständigen Ausschusses ist aber auch Bewegung hineingekommen, damit wir das Problem Asyl in den Griff bekommen. Das hat man vor drei, vier Jahren noch nicht


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gekannt, und wir wissen, wie lange es uns hier eigentlich schon beschäftigt. Ich glaube, darüber brauchen wir nicht einmal zu diskutieren, ob Österreich oder die ÖVP unsozial sind, denn damit die anderen europäischen Länder das erfüllen, was Österreich bis jetzt schon erfüllt hat, müssen sie noch einiges aufholen. Aber jedes Land kann nur so viel an Sozialleistungen erfüllen, wie es auch möglich ist, sie zu leisten.

Zur Meinung der Grünen zu diesem Gesetz, die wir kennen, sage ich ganz klar, dass das nicht unsere Meinung ist. Ich glaube auch, sagen zu können: Sozial sein und geben und helfen kann man nur so lange, solange man selbst auch der Herr im Haus ist – und was privat gilt, gilt auch für diesen Staat. Sie wissen, was ich damit meine.

Zu diesem Meinungsschwenk der Freiheitlichen: Ich weiß, was am Höhepunkt der Debatte diskutiert wurde, was von den Freiheitlichen verlangt wurde, was vom Partei­obmann, vom Klubobmann verlangt wurde. Ich lese Ihnen jetzt etwas vor:

„Was wir brauchen, sind strenge Kontrollen unserer Grenzen und (Abg. Belakowitsch-Jenewein: Ja! – Abg. Darmann: Richtig!), wenn es notwendig ist, deren Schließung. Wer keinen Asylgrund hat, dem muss klar sein, dass er umgehend abgeschoben wird (…). Und wir brauchen eine festgesetzte absolute Höchstzahl an Asylanten (Abg. Belakowitsch-Jenewein: Ja, richtig!), die wir aufnehmen, und keine Prozentquoten von Zahlen, die nach oben offen sind.“

Dieses neue Asylgesetz beinhaltet das. (Abg. Lugar: Wer hat das gesagt?!) – Das hat am Höhepunkt dieser Diskussion der Parteiobmann der Freiheitlichen, Herr Klubob­mann Strache, gesagt. Im letzten Jahr war auch die Rede von einem Volksbegehren. Und wisst ihr, was ein Teil dieses Volksbegehrens war und so auch immer verkündet worden ist? – Ich habe es aus dem Archiv der APA herausgeholt. (Abg. Lugar: Wann hat er das gesagt?) – Wer das gesagt hat? – Klubobmann Strache hat das am 22. Sep­tember 2015 und am 19. August 2015 gesagt, als auch bei diesem Volksbegehren im Grunde genommen das verlangt wurde, was im neuen Asylgesetz steht.

Deshalb würde ich mir auch von einer Oppositionspartei wünschen, dass man, wenn es um das oberste Wohl einer Republik geht, um die Sicherheit bei solchen Fragen, um eine Regierungspartei, die in der Lage ist, europaweit in diesem Bereich ein Vorbild zu sein und nur das umsetzt, was vor einem halben Jahr hier öffentlich diskutiert wurde, was noch nicht rechtskräftig war, jetzt in ein Gesetz gegossen wird, in das auch die Ideen der Oppositionsparteien aufgenommen worden sind, auch den Mut hat, da jetzt zuzustimmen. Sie könnte auch sagen, dass die Regierung mit einem guten Beispiel vorangeht; und die Österreicherinnen und Österreicher wissen, dass man dieses große Problem Asyl und die Ängste, die die Leute davor haben, in den Griff bekommt. Man weiß, dass es das, was es das letzte Jahr gegeben hat, nicht mehr geben darf; und dafür braucht es dieses Gesetz.

Herr Innenminister, ich kenne dich noch nicht so lange, aber dein Auftritt und deine zwei Reden heute haben nicht vermittelt, dass du mit diesem Amt und dem Innen­ministerium eigentlich noch nichts zu tun gehabt hast. Das hat gezeigt, dass du weißt, was den Leuten wehtut und wovor sie Angst haben. Du hast dich schon lange mit diesem Inhalt auseinandergesetzt, denn sonst ist es eigentlich nicht möglich, dass jemand inhaltlich – und da können sich einige von uns etwas abschneiden – schon so in der Materie drinnen ist. (Abg. Lugar: Geht miteinander auf einen Kaffee!) Ich wünsche dir alles Gute, ich wünsche dir viel Kraft. Etwas möchte ich noch dazusagen. Bleib so, wie dein Ruf ist: konsequent, hart, auch wenn es manchmal jemandem nicht passt. Alles, alles Gute! (Beifall bei der ÖVP.)

15.20



Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll123. Sitzung / Seite 190

Präsidentin Doris Bures: Als Nächste zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Mag. Korun. – Bitte. (Rufe und Gegenrufe zwischen Abgeordneten von ÖVP und FPÖ.)

 


15.20.19

Abgeordnete Mag. Alev Korun (Grüne): Frau Präsidentin! Sehr geehrter Herr Bundesminister! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Geschätzte Damen und Herren! Geschätzte Gäste auf der Galerie und auch Zuschauerinnen und Zuschauer, die unserer Debatte folgen! Ich möchte mich zuerst bei der ÖVP für den Offen­barungseid bedanken. Ich denke, klarer hätte man es nicht sagen können, dass man sich hier zum Erfüllungsgehilfen der FPÖ degradiert hat.

Kollege Obernosterer hat ja Sätze von Klubobmann Strache zitiert und gesagt: Herr Klubobmann Strache hat das 2015 gesagt, und wir setzen das jetzt um. Bitte, seid so nett und lobt uns dafür, dass wir eure Politik jetzt umsetzen! – Und dann wundern Sie sich über das Wahlergebnis zum Beispiel vom letzten Sonntag? Dann wundern Sie sich, dass die Leute zum Schmied und nicht zum Schmiedl gehen? (Abg. Belakowitsch-Jenewein: Sie wundern sich ja auch über das Ergebnis! – Rufe und Gegenrufe zwischen Abgeordneten von FPÖ und Grünen.)

Etwas Prinzipielles und zur Erinnerung: Seit ungefähr 25 Jahren verschärfen die Bun­desregierungen, die meistens auf den Namen SPÖ und ÖVP gehört haben – mit einer kurzen Unterbrechung in der schwarz-blauen Ära –, die Asylgesetze. Seit zirka 25 Jah­ren werden die Asylgesetze fast im Halbjahrestakt verschärft. Bei jeder Ver­schär­fung wurde uns von der Bundesregierung bisher gesagt: Das ist jetzt dringend notwendig, dann werden die Asylverfahren schneller und qualitativ besser, der Rucksack an Anträgen wird abgebaut, die Rechtsstaatlichkeit bleibt bestehen, und es wird alles ganz toll und super. (Abg. Rädler: Was wollen Sie damit sagen, Frau Kollegin?) – Herr Rädler, ich will damit sagen: Hätte das etwas gebracht, dann hätte es das zumindest in den letzten 24 Jahren tun müssen, weil Sie dasselbe seit 25 Jahren tun! (Zwischenrufe bei ÖVP und FPÖ.)

Sie tun das mit dem Ergebnis und mit dem Erfolg, dass Sie inzwischen bei der Asyl­abschaffung angekommen sind. Es geht heute um nichts weniger als die Abschaffung des Rechts auf Stellung eines Asylantrages. (Abg. Rädler: Das ist Ihre Interpre­tation!) – Danke, Herr Rädler! Das greife ich sehr gerne auf, dass Sie gesagt haben: „Das ist Ihre Interpretation!“, und lese Ihnen ein paar Sätze aus der Stellungnahme der Vereinigung der österreichischen Richterinnen und Richter vor. Ich glaube, die österreichischen Richterinnen und Richter und deren Vereinigung stehen nicht gerade im Verdacht, sehr grünaffin oder extrem links zu sein. (Abg. Belakowitsch-Jenewein: Na ja!)

Zur verkürzten Begutachtungsfrist schreiben die Richterinnen und Richter: „Die Vor­gangs­weise, – wie allzu oft in den vergangenen Jahren – lediglich ein stark verkürztes, oder, wie ursprünglich geplant, gar kein Begutachtungsverfahren durchzuführen, wird abgelehnt und in aller Schärfe kritisiert. Eine seriöse Begutachtung ist im gewährten Zeitraum nicht möglich“. (Abg. Walter Rosenkranz: Was hat das jetzt mit der Antrag­stellung zu tun?) – Das sagen österreichische Richterinnen und Richter.

Weiter geht es damit: „Die Argumentation der Erläuterungen, dass durch die Verord­nung“ – nämlich die Notstandsverordnung, auch wenn Sie sie nicht so bezeichnen wollen, faktisch wird das eine Notstandsverordnung sein – „nur sekundäres Unions­recht zurückgedrängt werden soll, ist nicht nachvollziehbar und wegen des unbeding­ten Anwendungsvorranges primären wie sekundären Unionsrechts irrelevant.“


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Das heißt, die österreichischen Richterinnen und Richter sagen, die Bundesregierung versucht hier, mit einfacher Mehrheit Notstandsverordnungsrecht einzuführen, und be­hauptet, damit primäres und sekundäres EU-Recht aushebeln zu können. Abgesehen davon, dass sie das nicht darf, weil das rechtlich gar nicht geht, kann die Regierung auch primäres EU-Recht nicht aufheben. Deshalb ist das, was die Bundesregierung hier tut, rechtswidrig, aber nichtsdestoweniger irrelevant.

Sehr geehrte Damen und Herren, klarer kann man es nicht sagen, glaube ich. Da hier mehrere ÖVP- und SPÖ-Kollegen vom Rechtsstaat gesprochen haben und davon, dass sie diesen hochhalten und respektieren würden: Wenn Sie das tun, hätten Sie die 50 Stellungnahmen, die zum Großteil extrem kritisch waren – in mehreren Stellung­nahmen steht, das ist unionsrechtswidrig, das ist verfassungsrechtswidrig, das ist grundrechtswidrig –, beachten müssen, wenn Sie wirklich auf den Rechtsstaat achten, wenn dieser Bundesregierung der Rechtsstaat ein Anliegen ist, hätten Sie diese Regie­rungsvorlage beziehungsweise diesen Abänderungsantrag in gesamtändernder Form nicht einbringen dürfen! Wenn Ihnen der Rechtsstaat wirklich etwas bedeutet, dann dürfen Sie dem Regierungsantrag, dem Abänderungsantrag auch nicht zustimmen.

Aber damit niemand nachher sagen kann, er oder sie hätte nicht gewusst, wozu er oder sie zustimmt, haben wir eine namentliche Abstimmung beantragt. Das heißt, alle frei gewählten Mandatarinnen und Mandatare, alle Mandatarinnen und Mandatare, die auf die Verfassung vereidigt sind – und das sind wir alle 183 –, haben die Möglichkeit, auf ihr Gewissen zu hören und ernst zu nehmen, was SPÖ und ÖVP gesagt haben, nämlich: Rechtsstaat ernst nehmen, Rechtsstaat hochhalten. Alle diese Abgeordneten werden dem vorliegenden Entwurf widersprechen müssen.

Ich möchte mit zwei Zitaten abschließen. In der Stellungnahme von Amnesty Inter­national heißt es wortwörtlich: „Durch die beabsichtigte Gesetzgebung wird massiv und unverhältnismäßig in grundlegende Rechte von Asylsuchenden eingegriffen. Die mit diesem Entwurf geplanten Änderungen ermöglichen die Aussetzung von EU-Vor­schriften und bedeuten de facto die Abschaffung des Asylrechts. Der (…) Entwurf plant, umgehend einen Notstand zu konstruieren, der in der Realität so nicht existiert.“

Die Stellungnahme des Ludwig Boltzmann Instituts für Menschenrechte: „Ein Notver­ordnungsrecht der Bundesregierung, wenn auch im Einvernehmen mit dem Hauptaus­schuss des Nationalrats, in einem grundrechtlich sensiblen Bereich, in dem es um das Recht auf Asyl bzw. um das Recht auf internationalen Schutz geht, ist aus demokratie­politischer und rechtsstaatlicher Sicht höchst bedenklich.“

Sehr geehrte Damen und Herren, nehmen Sie bitte Ihr Mandat ernst, nehmen Sie die österreichische Verfassung ernst! Stimmen Sie dieser Vorlage nicht zu, denn sonst höhlen Sie damit das Asylrecht aus, und Sie schaffen das Asylrecht faktisch ab! Überlegen Sie sich das bitte noch einmal! – Danke für die Aufmerksamkeit. (Beifall bei den Grünen.)

15.27


Präsidentin Doris Bures: Als Nächste zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Lueger. – Bitte.

 


15.27.58

Abgeordnete Angela Lueger (SPÖ): Frau Präsidentin! Herr Minister! Werte Kolle­ginnen und Kollegen! Liebe Besucher! Frau Kollegin Korun, wie passt das zusam­men, dass Sie sagen: Wir haben die strengsten Auslegungen des Asylgesetzes!, aber in Wirklichkeit haben wir von ganz Europa die meisten Asylanträge, die wir jetzt haben, in Österreich? (Abg. Korun: Das hat mein Vorredner gesagt!) – Das passt nicht zusam­men. Das passt überhaupt nicht zusammen! (Beifall bei SPÖ und ÖVP.)


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Herr Kollege Rosenkranz, das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl wurde geschaf­fen, um die Asylanträge abzuhandeln. Wir wissen auch ganz genau, dass es damals, als wir es geschaffen haben, auf 20 000 Fälle pro Jahr ausgerichtet war. Wir haben damals, 2014, mit fast 700 Bediensteten begonnen. 2015 waren es dann schon fast 900 Bedienstete.

Wir wissen aber ganz genau – und das ist ja auch die Problematik, die wir hier herin­nen haben –, dass das so eine schwierige Materie ist, die in so viele andere Rechte eingreift, dass es sehr lange dauert – sprich acht Monate –, bis ein neu rekrutierter Bediensteter solche Fälle selbst und eigenständig beurteilen kann. Von der Aufnahme bis zum Abschluss der Ausbildung vergehen acht Monate. Das ist ganz einfach der Grund – weil Sie vorhin nachgefragt haben, warum wir von sechs Monaten auf fünf­zehn Monate ausdehnen –: Wir sind realpolitisch so weit, dass wir wissen, dass es eine Verdreifachung der Asylfälle gegeben hat. (Abg. Darmann: Warum denn?)  Weil diese 90 000 Asylfälle da sind! Und die gehören bearbeitet! (Abg. Darmann: Wieso sind sie denn da?) – Oder wollen Sie jetzt ganz einfach sagen: Lassen wir sie liegen, bearbeiten wir sie nicht, das machen wir nicht!? (Abg. Darmann: Sie sind da, weil Sie sie hereingelassen haben!) Es ist ein rechtsstaatliches Verfahren (Abg. Walter Rosenkranz: Sie sind da, weil Sie sie rechtswidrig hereingelassen haben!), und weil es ein rechtsstaatliches Verfahren ist, soll das dort auch ordentlich abgehandelt werden. Daher dauert es ganz einfach länger. (Beifall bei der SPÖ.)

Wenn Sie sich darüber lustig machen (Abg. Walter Rosenkranz: Wer lacht denn?), dass wir jetzt einen unselbständigen Entschließungsantrag einbringen (Abg. Walter Rosenkranz: Das ist nicht lustig! Das ist eine Tatsache!), wenn Sie sich darüber jetzt amüsieren, dann weiß ich auch nicht, wie Sie es gerne hätten. Es interessiert mich eigentlich auch nicht. (Abg. Belakowitsch-Jenewein: Aber wollen Sie …?) Tatsache ist aber: Warum wollen wir im Vorfeld dieser Verordnung noch einmal eine Begut­achtung einführen? – Das wollen wir, damit wir die Länder, die Gemeinden, den Ge­meindebund ganz einfach auch mit im Boot haben, um es gesetzlich so abzusichern, weil wir wissen, dass es eine heikle Materie ist. Damit wir die alle im Boot haben, damit wir nicht wieder im Nachhinein darüber diskutieren, halte ich es für gut und für positiv, dass wir das machen. (Beifall bei SPÖ und ÖVP. – Zwischenrufe bei der FPÖ.)

Ich darf einen Juristen, einen Verfassungsrechtler zitieren. Bernd-Christian Funk hat in seinem Interview, das er dem „Standard“ am 20. April gegeben hat, Folgendes gesagt: „In der Kritik“ – zu diesem Gesetz – „geht einiges durcheinander. Oft mischen sich die juristische Argumentation, rechtspolitische Beurteilung samt ideologischen Kommen­taren sowie manches an Polemik.“

Das, sehr geehrte Damen und Herren, liebe Kolleginnen und Kollegen, sollten wir uns alle hinter die Ohren schreiben! Und das, werte KollegInnen, ist der Grund, warum wir dieses Gesetz so heftig diskutieren.

Wenn wir jetzt darüber diskutieren – um auch noch einmal auf Frau Kollegin Korun zurückzukommen –, dass wir Grundrechte aushebeln, dass wir Asylrechte aushebeln, dass wir Europarechte aushebeln, dann – und ich schätze Sie als Wissende dieser Materie sehr – haben Sie sicherlich auch die Erläuterungen gelesen. Sie wissen genau, dass das Grundgesetz von Deutschland in etwa dem entspricht, was unsere Bundesverfassung in Österreich ist, und dass im Grundgesetz von Deutschland Mög­lichkeiten vorgesehen sind, dass Asylsuchende, die aus einem sicheren Drittstaat kommen, auch innerhalb von Europa, auch abgewiesen werden können. Ich glaube nicht, dass dieses Verfassungsrecht von Deutschland … (Abg. Steinhauser: Aber das ist ja Verfassungsrecht!) – Das ist in Deutschland Verfassungsrecht, stimmt! (Abg. Steinhauser: Ja, eben! Und Sie machen einfachgesetzlich …!) Jetzt machen wir es in Österreich – und ich meine das ja an dem Beispiel, dass das Verfassungsrecht ist –


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ganz einfach so, dass wir es in unserer Verordnung so umsetzen. Daher gehe ich nicht davon aus (Abg. Steinhauser: … Verordnung verfassungswidrig!), dass es europa­rechts­widrig ist, verfassungswidrig ist und menschenrechtswidrig ist.

Abschließend darf ich noch aus den Erläuterungen zitieren: „Zusammengefasst be­deutet dies, dass Österreich zur Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung und des Schutzes der inneren Sicherheit von der sekundärrechtlich vorgegebenen Pflicht, sämt­liche Anträge auf internationalen Schutz zu behandeln, abweichen kann, sofern die Einhaltung von völker- und unionsrechtlichen Grundrechten und des Prinzips der Ver­hält­nismäßigkeit vollinhaltlich gewahrt werden. Dies bedeutet, dass jene Anträge auf internationalen Schutz jedenfalls zu behandeln sind, in denen dem Antragsteller andernfalls eine Verletzung der einschlägigen Grundrechte drohen würde.“ (Zwischen­ruf der Abg. Korun.)

Aus diesem Grund bin ich der Überzeugung, dass man sich da sehr stark den Kopf zerbrochen hat, wie man sich dieser Situation nähern kann, und daher werde ich dem auch zustimmen. (Beifall bei SPÖ und ÖVP.)

15.33


Präsidentin Doris Bures: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Mag. Kumpitsch. – Bitte.

 


15.34.14

Abgeordneter Mag. Günther Kumpitsch (FPÖ): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Herr Minister! Kolleginnen und Kollegen! Hohes Haus! Die starke Zunahme an Schutz­berechtigten führt zu steigender Arbeitslosigkeit. Es ist davon auszugehen, dass von den 89 000 im vorigen Jahr gestellten Asylanträgen der überwiegende Teil den Status eines Asylberechtigten oder zumindest subsidiär Schutzberechtigten und damit freien Zugang zum Arbeitsmarkt erhalten wird!

Es ist auch mit hoher Wahrscheinlichkeit davon auszugehen, dass bei bleibendem Migrationsdruck die Kriminalität steigen wird und es zu einer Verschlechterung der Sicherheitslage kommt. Und: Interreligiöse und interethnische Konflikte (Abg. Loacker: Es gibt keine Belege dafür …! – Abg. Darmann: Mach die Augen auf!) sind sehr wahrscheinlich, wenn der Zustrom weiter anhält. Es besteht ein ernstes Sicherheits­risiko.

Meine Damen und Herren! Ich weiß schon, dass Sie das nicht hören wollen. Es kommt Ihnen auch sicherlich bekannt vor, aber nicht deswegen, weil wir Freiheitliche das schon seit einem halben Jahr predigen, sondern weil es in dem gegenständlichen Gesetzesantrag in den Erläuterungen steht – deshalb!

Nun frage ich mich: Hat die Bundesregierung jetzt diese Erkenntnisse gewonnen und die richtigen Schlüsse daraus gezogen? Und ist sie vor allem dazu bereit, die dement­sprechenden Maßnahmen zu setzen? – Leider hat sie diese Hoffnung nicht erfüllt!

Wenn sich Kollege Amon darüber beklagt, dass die FPÖ grundsätzlich gegen alles ist und sich nicht einbringt, dann weiß er ganz genau, dass das nicht so ist und dass wir beim Grenzkontrollgesetz, beim Tagesordnungspunkt 5, auch zustimmen werden, und zwar deshalb, weil wir diese Maßnahme als vernünftig empfinden. Aber eines ist klar: Wir brauchen kein Gesetz, das Bestimmungen enthält, die sowieso an sich schon klar sind! (Beifall bei der FPÖ.)

Sie brauchen nicht Asyl auf Zeit neu zu erfinden. Was wir wollen, ist, dass Sie einfach zurückfinden in das geltende Recht, in die Genfer Flüchtlingskonvention, und danach ist Asyl sowieso nur auf Zeit zu gewähren! (Abg. Amon: Was ist bei Familiennachzug, zum Beispiel bei den subsidiär Schutzberechtigten?)


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Na ja, Sie müssen schon verstehen, dass Sie uns diese Misere eingebrockt haben! (Beifall bei der FPÖ.) Dass man einfach nicht bereit war, bestehendes Recht – nämlich EU-Recht, die Schengener Verträge, Dublin-Abkommen und, und, und – einzuhalten und auch zum Kern des Asylrechts zurückzukehren. Dann hätte nämlich fast niemand das Recht gehabt, überhaupt in Österreich den Asylantrag zu stellen! Das ist der Grund. (Beifall bei der FPÖ.)

Deshalb lehnen wir dieses Gesetz ab. Natürlich hat es einige Bestimmungen, die wir befürworten würden, aber dem Grunde nach ist es nichts anderes als der Versuch (Abg. Amon: Warum dann die Abänderungsanträge?), wie schon gesagt, das vorher­gehende Versagen zuzudecken und sich einen Grund zu verschaffen, damit man jetzt erst vielleicht einmal in der Lage sein wird, Asylanträge von Flüchtlingen nicht in Öster­reich zu führen, sondern die anderen, angrenzenden Staaten in die Verantwortung zu nehmen.

Was uns damit eingebrockt wurde, auch in sicherheitspolitischer Hinsicht, hat Kollege Lugar heute schon gesagt: dass man laufend in den Medien, in der Berichterstattung lesen kann, dass junge und alte Frauen von uns von jungen und alten Migranten belästigt werden, vergewaltigt werden und, und, und. Darüber brauchen wir gar nicht zu reden, da gibt es nichts zu deuten!

Eines hat der Herr Vizekanzler schon gesagt, und zwar: Man müsse endlich die Erwar­tungshaltung brechen. – Ja, ich gebe ihm vollkommen recht: Die Erwartungshaltung ist zu brechen, einerseits bei den Staaten, die glauben, sie könnten weiterhin, auch in Zukunft noch, die Migranten oder die scheinbaren Asylwerber zu uns weiterschicken, damit wir etwas machen. Man sieht es ja deutlich an Italien, wo die Quote 1,5 ist, im Gegensatz zu Österreich mit einer Aufnahmequote von über 10 Prozent. Das wird nicht gehen, da hat der Herr Vizekanzler recht. Aber wir müssen auch gegenüber den poten-ziellen Asylwerbern klarmachen, dass in Österreich niemand aufhältig bleiben kann, wenn er sich illegal in unser Sozialsystem einzuschleichen versucht! (Beifall bei der FPÖ.)

Wohin der Zug in Wirklichkeit fährt, sieht man aus einer Anfragebeantwortung an Kolle-gin Belakowitsch-Jenewein. Sie hat nämlich gefragt, wie viele Asylwerber im vorigen Jahr zwangsweise zurückgebracht wurden. Man sehe und staune: Von den insgesamt 90 000 Asylwerbern wurden 3 278 Personen wieder zwangsweise rückgeführt! Und noch 5 000 haben mit finanzieller Unterstützung Österreichs freiwillig das Land verlas-sen.

Eines noch: Rechnet man die dazu, die man jetzt von anderen Staaten, zum Beispiel aus Deutschland, zurückgeführt bekommt – im Jänner allein waren es 3 987 Per­sonen –, dann kann man sich ausrechnen, wohin wir dieses Jahr und in den nächsten Jahren wandern werden. All diese Prognosen, die Sie treffen, sind richtig: dass die Kriminalität steigen wird und dass wir interethnische Konflikte haben werden. Deshalb sage ich Ihnen: Drängen Sie darauf, international, in Europa und auch selber, die bestehenden Gesetze einzuhalten. (Beifall bei der FPÖ.)

Ich fasse kurz zusammen: Der Nationalrat soll heute das Scheinmedikament für die Bundesregierung bereitstellen, um den Patienten zu heilen, aber ich sage Ihnen jetzt eines: Dieses Placeborezept wird keine Wirkung zeigen. – Danke. (Beifall bei der FPÖ. – Zwischenruf des Abg. Pendl.)

15.40


Präsidentin Doris Bures: Als Nächste zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Schenk. – Bitte.

 



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15.40.59

Abgeordnete Martina Schenk (STRONACH): Frau Präsidentin! Herr Bundesminister! Hohes Haus! Sehr geehrte Damen und Herren! Wir werden dieser Gesetzesänderung heute zustimmen, mein Kollege Christoph Hagen hat das in seinem Redebeitrag auch schon begründet. Ich möchte an dieser Stelle auch noch einmal festhalten, dass es für uns nach wie vor nur ein erster Schritt in die richtige Richtung ist, dem noch viele weitere folgen müssen. (Beifall beim Team Stronach.)

Wenn man sich vor Augen hält, dass hier eine Verordnung in der Möglichkeitsform geschrieben worden ist, dann kann man das schon als zahnlos bezeichnen. Die Probleme sind evident, die Probleme sind da, und vor allem die Damen und Herren von den Grünen und von den NEOS verschließen gerne ihre Augen vor diesen Prob­lemen und der Realität. Sie verschließen auch die Augen vor den Ängsten der Bevöl­kerung, sie gehen darauf überhaupt nicht ein und sie lassen die Bevölkerung hier quasi außen vor. (Abg. Pendl: Genau!)

Wenn Sie schon so viele Flüchtlinge aufnehmen wollen und die Grenzen offen sein sollen und die Leute kommen, kommen, kommen sollen, wenn Sie Willkommenspolitik machen wollen, dann mache ich Ihnen einen Vorschlag: Öffnen Sie alle Ihre Woh­nungen, Ihre Häuser, und nehmen Sie so viele Flüchtlinge auf, bis Sie wahrscheinlich keinen Platz mehr in Ihrem Haus oder in Ihrer Wohnung haben.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, es wurden schon einige Punkte ange­sprochen: Es gibt massive Probleme, und wir sind hier noch am Anfang. Es wird noch sehr viel auf uns zukommen. Wir haben jetzt einen neuen Innenminister, und ich habe gestern Ihr Interview (in Richtung Bundesminister Sobotka) in der „ZiB 2“ verfolgt. Ich konnte mit Erstaunen feststellen, dass Sie zugegeben haben, dass die Kriminalität auch unter den Asylwerbern in der Vergangenheit gestiegen ist. Das ist gleichfalls ein Punkt, der hier angesprochen werden muss, der evident ist und der auch behandelt werden muss.

Mein Kollege Hagen hat in seiner Rede schon einige Anträge eingebracht, denn es heißt ja immer – und heute in der Debatte wurde es auch wieder erwähnt –, dass von den Oppositionsparteien keine Anträge, keine Vorschläge kommen et cetera. Er hat Anträge eingebracht, und auch ich werde hier einen Antrag einbringen, und zwar einen betreffend DNA-Fingerabdruck. Wenn man die Medien verfolgt, und ich hoffe auch die Grüninnen und Grünen und die NEOS machen das, liest man darin nämlich Folgen­des – und diesbezüglich möchte ich Ihnen nur ein paar Auszüge aus der jüngs­ten Vergangenheit geben –:

„Schülerin in Zug von jungem Flüchtling bedrängt“; „Studentin von jungen Asylwerbern vergewaltigt“; „Mutiger Helfer von Sextätern brutal verprügelt“ und in Wiener Schwimm­bädern gibt es ein 10-Punkte-Programm für mehr Sicherheit.

Wo sind wir denn?! Haben wir nicht bereits den Notstand, meine sehr geehrten Damen und Herren? Wie viele müssen noch vergewaltigt werden, was muss noch passieren, dass hier endlich etwas geschieht und dass vielleicht auch die Damen und Herren von den Grünen und den NEOS dazu kommen umdenken? (Beifall beim Team Stronach sowie des Abg. Franz.)

Ich möchte auf meinen Antrag zurückkommen, den ich schon angekündigt habe. Darin geht es darum, einen DNA-Fingerabdruck zu nehmen. Die momentane Schwierigkeit im Bereich der klassischen Abnahme des Fingerabdruckes bei Asylwerbern besteht ja darin, dass sich Personen, wenn sie bereits abgeschoben wurden und wenn sie wieder zurückkommen wollen, die Fingerkuppen verätzen oder mit Messern ritzen, denn so sind sie beim klassischen Fingerabdruck nicht mehr zu identifizieren. Mit diesem Vorschlag des DNA-Fingerabdruckes könnten diese Personen identifiziert werden und


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könnten auch, wenn eine strafrechtliche Tat erfolgt, eine Vergewaltigung, ein sexueller Übergriff et cetera, leichter identifiziert werden und auch dingfest gemacht werden. Man könnte sie ermitteln.

In diesem Zusammenhang bringe ich folgenden Antrag ein:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Martina Schenk, Kolleginnen und Kollegen betreffend „DNA-Finger­abdruck“

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Der Bundesminister für Inneres wird aufgefordert, ehestmöglich einen Gesetzes­ent­wurf vorzulegen, der die Abnahme von DNA-Fingerabdrücken an der Grenze bei der Einreise nach Österreich von allen männlichen Asylwerbern ab 14 Jahren vorsieht.“

*****

(Beifall beim Team Stronach.)

Ich bitte um Zustimmung zu diesem Antrag und möchte abschließend noch ein paar Worte an den neuen Innenminister richten.

Herr Bundesminister Sobotka, Sie haben ein großes, sehr wichtiges Ressort über­nom­men und auch eine große Verantwortung. Ich möchte da auch das Waffengesetz ansprechen, das ja auch in Ihren Bereich fällt, und ich hoffe, dass Sie sich in diesem Bereich beweglicher zeigen als Ihre Vorgängerin. Mit einer Verschärfung des Waffen­gesetzes würden wir hier ins Leere gehen. Wir wissen, Verbrecher und Terroristen halten sich an keine Gesetze, bewaffneter Selbstschutz ist die beste Lö­sung gegen Terroristen und andere Kriminelle.

Meine Forderung: Selbstverteidigung muss ein Bedarfsgrund werden und einen Rechts­anspruch auf einen Waffenpass begründen. Dies muss für jeden unbe­scholtenen Bürger ohne behördliches Ermessen gelten, und dieser Forderung, so hoffe ich, sehr geehrter Herr Minister, werden Sie auch nähertreten können.

Wir werden demnächst auch wieder Initiativen in dieser Richtung einbringen und an diesem Thema auch dranbleiben. – Vielen Dank. (Beifall beim Team Stronach.)

15.46

 


Präsidentin Doris Bures: Der Entschließungsantrag ist ordnungsgemäß eingebracht, ausreichend unterstützt und steht daher mit in Verhandlung.

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Schenk, Kolleginnen und Kollegen betreffend „DNA-Fingerabdruck“

eingebracht im Zuge der Debatte zu TOP 5: Bericht des Ausschusses für innere Ange­legenheiten über den Antrag 1531/A der Abgeordneten Otto Pendl, Werner Amon, MBA, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Grenz­kontrollgesetz und das BFA-Verfahrensgesetz geändert werden (1098 d.B.)

Mittlerweile vergeht fast kein Tag mehr, ohne neuerliche Meldungen in den Medien von Vergewaltigungen junger Frauen durch Asylwerber oder Schlägereien an öffentlichen Plätzen, in die wiederum Asylwerber involviert sind. Das subjektive Sicherheitsgefühl


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der österreichischen Bevölkerung ist im Sinken. Viele Österreicher und Österreicherin­nen fühlen sich vom Staat alleine gelassen bzw. haben den Eindruck ihre Ängste und Befürchtungen werden nicht ernst genommen. Auch der Anstieg der Personen, welche eine Waffenbesitzkarte beantragt oder sich einen Pfefferspray zugelegt haben, lässt darauf schließen, dass sich die Österreicher und Österreicherinnen nicht mehr sicher fühlen und sich darauf vorbereiten, sich im Notfall verteidigen zu müssen.

Gerade Vergewaltigungen hinterlassen bei den Betroffenen nicht nur körperliche Be-einträchtigungen, sondern schwere psychische Verletzungen, die nicht wiedergut-zu-machen sind. Die Täter gehören auf das Härteste bestraft. Es müssen präventive Maßnahmen zur Verbrechensbekämpfung gesetzt werden, was aufgrund des hohen Anteils ausländischer Täter für schärfere Kontrollen bei der Einreise nach Österreich spricht. Jeder männliche Asylwerber ab 14 Jahren soll schon an der Grenze einen DNA-Fingerabdruck abgeben. Dieses Vorgehen hätte abschreckende Wirkung und würde in weiterer Folge im Falle eines Verbrechens auch dazu dienen, die jeweiligen Täter rasch und vor allem präzise ermitteln zu können.

Die momentane Schwierigkeit im Bereich der „klassischen“ Fingerabdruckabnahme bei Asylwerbern besteht u.a. darin, dass Personen, die bereits abgeschoben wurden, sich z.B. die Fingerkuppen verätzen oder mit einem Messer ritzen und dadurch die Finger-abdrücke nicht mehr mit vorhandenen Daten verglichen werden können und die Per­son nicht identifiziert werden kann. Dies ist im Fall eines DNA-Fingerabdrucks nicht möglich, die Person bleibt identifizierbar.

In Österreich gibt es seit Oktober 1997 eine zentrale DNA-Datenbank, in der gene-tische Fingerabdrücke von Straftätern (ab Einbruchsdelikten bis hin zu Mord) ge-speichert werden. Durch die Abgabe eines DNA-Fingerabdrucks ist es möglich, eine Person eindeutiger festzustellen als bei einem „klassischen“ Fingerabdruck, jedoch ist es aufgrund dieser DNA-Analyse nicht möglich, auf Krankheiten, Krankheitsdis-posi-tionen, Erbleiden, Infektionen, Persönlichkeitsmerkmale wie Aussehen, Intelligenz, sexuelle oder sonstige Neigungen der Person Rückschlüsse zu ziehen, da sie aus-schließlich nicht-codierte Bereiche typisiert.

Die unterfertigenden Abgeordneten stellen daher folgenden

Entschließungsantrag:

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Der Bundesminister für Inneres wird aufgefordert, ehestmöglich einen Gesetzes-ent-wurf vorzulegen, der die Abnahme von DNA-Fingerabdrücken an der Grenze bei der Einreise nach Österreich von allen männlichen Asylwerbern ab 14 Jahren vorsieht.“

*****

 


Präsidentin Doris Bures|: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Mag. Steinhauser. – Bitte.

 


15.46.37

Abgeordneter Mag. Albert Steinhauser (Grüne): Sehr geehrte Damen und Herren! Bisher hat in unserer Demokratie und in unserer Verfassung ein einfacher Grundsatz gegolten: Gesetze werden vom Parlament erlassen, Gesetze werden vom Parlament geändert.

Die Regierung kann auf Basis von Gesetzen Verordnungen erlassen, aber sie kann eines nicht: Sie kann nicht durch Verordnungen Gesetze ändern. Das wird mit dem


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heutigen Gesetzesbeschluss anders, weil das Notverordnungsrecht – beispiellos in der österreichischen Verfassung – die Bundesregierung ermächtigt, Gesetze, die Sache des Parlaments sind, abzuändern.

Das ist ein Dammbruch, der beispiellos ist, und der unsere Verfassung in der Struktur, wie wir sie kennen, verwüstet, möchte ich fast sagen, weil es ein Grundprinzip ist, dass die Legislative für Gesetze zuständig ist und nicht die österreichische Bundes­regie-rung. Das ist ein Sündenfall, der die Büchse der Pandora – so sagt man in der histo-rischen Sage – öffnet, die weitere Beispiele wird folgen lassen.

Was ist, wenn wir in einer Wirtschaftskrise sind? Was spricht dann gegen ein Notver-ordnungsrecht, das möglicherweise Arbeiterrechte aussetzt, liebe Sozialdemo-kratIn­nen? (Zwischenruf des Abg. Pendl.– Das kann man mit der gleichen Argumentation befürworten. Einen Ausnahmezustand, der Verfahrensgarantien, wie wir sie aus unse-ren Verfassungen kennen, aushebelt, all das ist in dieser Logik, die die österreichische Sozialdemokratie heute mitbeschließt, möglich.

Dass das ein einzigartiger Sündenfall ist, der rechtsstaatlich hochproblematisch ist, sagt fast jede Stellungnahme im Begutachtungsverfahren:

Die Rechtsanwaltskammer: Es werden „Mindestgarantien moderner Rechtsstaaten für eine ganze Gruppe von Menschen außer Kraft gesetzt“.

Die Richtervereinigung: „Durch den vorliegenden Entwurf wird der Zugang zum Recht, also das zentrale Grundrecht eines Rechtsstaates erschwert, wenn nicht sogar einge­schränkt.“

Ludwig Boltzmann Institut für Menschenrechte: „(…) ist aus demokratiepolitischer und rechtsstaatlicher Sicht höchst bedenklich.“

Ich könnte weitere Kommentare vorlesen; Sie kennen das und ignorieren das. Eines sei Ihnen gesagt: Wer am Rechtsstaat zu schrauben beginnt, der schraubt auch an der Demokratie. Der Rechtsstaat ist die andere Seite der Demokratie. (Abg. Rädler: Das wissen Sie ganz genau!) Wenn Sie den Rechtsstaat nicht ernst nehmen, dann nehmen Sie die Demokratie nicht ernst.

Kollegin Lueger – die ich eigentlich sehr schätze; wir haben in vielen Punkten auch immer wieder gemeinsam Diskussionen geführt – hat hier am Rednerpult im Grunde fast ein Geständnis darüber abgelegt, wie es eine österreichische Politikerin mit der Verfassung hält. Sie sagt, im deutschen Grundrecht, im Grundgesetz, ist die Möglich­keit festgeschrieben, dass das Asylrecht eingeschränkt wird, und sie sagt dann, dass es dann nicht falsch sein kann, wenn wir das Gleiche in einer Verordnung tun. – Das zeigt genau, wie wenig Sensibilität es gibt. Eine Verordnung ist eben verfassungs-widrig, wenn sie etwas vorsieht, was die Verfassung nicht deckt, und das ist genau Ihr Problem, dass Sie jede Sensibilität vermissen lassen. (Zwischenrufe der Abgeordneten Lueger und Weninger.)

Zweiter Punkt: 100 000 Menschen sind nach Österreich gekommen. Das ist eine große Herausforderung, das ist keine Frage, und das habe ich immer wieder gesagt, und das haben viele andere gesagt. 100 000 Menschen in Österreich zu integrieren, das ist die große Aufgabe, die jetzt auf uns wartet.

Aber ich verstehe nicht, warum man mit diesem Gesetz und Asyl auf Zeit genau das Gegenteil macht. Nach drei Jahren könnte der Asylstatus verloren gehen. (Abg. Hübner: Na und!) Das Ganze erschwert in Wirklichkeit bei einer Gruppe von syrischen Flüchtlingen, die mit einer hohen Wahrscheinlichkeit von 99,9 Prozent in drei Jahren nicht nach Syrien werden zurückgehen können, nur die Integration.


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Jeder weiß: Ein Unternehmen bildet keinen jungen Syrer aus oder stellt keine junge Syrerin ein, wenn nicht klar ist, dass diese Person auch in drei Jahren, nachdem sie ausgebildet oder eingestellt wurde, dem Unternehmen noch zur Verfügung steht.

Die Industriellenvereinigung hat das im Begutachtungsverfahren auf den Punkt ge­bracht. Sie sagt Folgendes:

„Wir (…) müssen (…) mit Bedauern feststellen, dass unserem Vorbringen nicht ent­sprochen wurde. Wir möchten daher nochmals auf unsere Stellungnahme (…) ver­weisen, wo wir bereits erläutert haben, dass wir Asyl auf Zeit aus arbeitsmarkt- und integrationspolitischen Gründen ablehnen.“ – Die österreichischen Betriebe müssen Planbarkeit vorfinden. – Zitatende.

Dort hat man es auf den Punkt gebracht. Sie erschweren Integration, und Integration ist die große Herausforderung für die Flüchtlinge selbst, aber auch für die Menschen, die hier leben. Wenn wir das schaffen wollen, dann ist Asyl auf Zeit zu schaffen, das Integration erschwert, hinderlich und gefährlich. Danke schön. (Beifall bei den Grünen.)

15.51


Präsidentin Doris Bures: Als Nächster ist Herr Abgeordneter Ertlschweiger zu Wort gemeldet. – Bitte.

 


15.51.32

Abgeordneter Rouven Ertlschweiger, MSc (ÖVP): Frau Präsidentin! Werter Herr Bun­desminister Sobotka! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Herr Kollege Steinhauser, ich wollte Sie nur fragen: Auf welchem Planeten leben Sie eigentlich? Sind Sie noch in der Realität hier oder sind Sie, wie der Kollege Scherak, auch schon in einer anderen Sphäre gelandet? (Abg. Steinhauser: Ich bin immer hier …!)

Ich glaube, meine Damen und Herren, Österreich muss sich punkto Humanität in der Flüchtlingsfrage wahrlich nicht verstecken, ganz sicher nicht. Wir haben uns, im Gegensatz zu vielen anderen europäischen Ländern, bis dato sehr weltoffen und solidarisch in der Flüchtlingsfrage verhalten. Das kann und wird in diesem Rahmen wohl niemand leugnen, aber ich sage Ihnen auch ganz offen und ehrlich: Wir dürfen die österreichische Bevölkerung nicht überfordern. Jeder Mensch weiß, dass wir in der Flüchtlingsfrage an unsere Grenzen gestoßen sind, in vielen Bereichen. Österreich braucht endlich eine Atempause, und dieses Asylgesetz trägt dazu bei, dass wir diese Atempause bekommen.

Es sind harte Maßnahmen, das ist uns durchaus bewusst, und das ist heute auch schon des Öfteren artikuliert worden: Asyl auf Zeit, Beschränkung beim Familien­nachzug, die kapazitätsorientierte Obergrenze und die sogenannte Notverordnung. Das sind aber alles logische Maßnahmen der Regierung, um den ungebremsten Flücht­lingsstrom nach Österreich zu reduzieren, denn durch diese massive Zuwan­derung ist natürlich der Arbeitsmarkt massiv belastet, es ist das Sozialsystem massiv belastet – Stichwort Mindestsicherung. Das sind Tatsachen, meine Damen und Herren, und deswegen würde ich Sie bitten, endlich aufzuwachen und sich der Realität zu stellen.

Es kommen nicht nur Ärzte und Ingenieure zu uns. Im Gegenteil: In erster Linie kommen unqualifizierte Menschen zu uns. (Abg. Belakowitsch-Jenewein: Das haben wir aber schon vor Monaten gewusst!) Das ist die Realität, und diese Menschen gilt es zu integrieren.

Neben dem Arbeitsmarkt und dem Sozialsystem ist auch das Bildungs- und Schul­system schon jetzt mit der Integration heillos überfordert und überlastet. Es gibt kein Menschenrecht auf ein Leben in Deutschland, Österreich oder Schweden, es gibt aber


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sehr wohl ein Recht der österreichischen Bevölkerung, dass die Lebensqualität und die innere Sicherheit geschützt wird, und dieses Asylgesetz trägt dazu bei.

Da heute die europäische Solidarität angesprochen wurde: Wenn der lettische Men­schenrechtskommissar des Europarates Nils Muižnieks Österreich wegen der geplan­ten Änderungen des Asylrechts in den Medien kritisiert und sagt, dass ein faires und individuelles Verfahren nicht mehr gewährleistet wird und unterlaufen wird und eine europäische Lösung notwendig ist, dann hat er vollkommen recht. Es stimmt, dass eine europäische Lösung notwendig ist, aber: Wo ist diese europäische Lösung? – Solange es diese europäische Lösung nicht gibt, muss sich Österreich selbst helfen.

Der Herr Kommissar kommt selbst aus Lettland, wo 70 Prozent der Bevölkerung Flücht­­linge generell ablehnen, wo jetzt gerade mit dem Bau eines drei Meter hohen Stachel­drahtzaunes über 92 Kilometer begonnen wurde, um sich vor illegaler Ein­wanderung zu schützen. Lettland will in den nächsten zwei Jahren 776 Flüchtlinge aufnehmen. 2015 hat Lettland nach dem EU-Statistikamt Eurostat 30 Asylanträge po­si­tiv beschie­den, Österreich 17 750. Herr Kommissar, europäische Solidarität sieht anders aus!

Österreich kann nicht noch einmal, wie im vergangenen Jahr, 90 000 Flüchtlinge aufnehmen. Das hat nichts mit Parteipolitik zu tun, das ist Hausverstand, meine Damen und Herren. Wir steuern jetzt schon auf einen Kampf der Kulturen hin, Stichwort: kein Händedruck für Lehrerinnen oder die Infragestellung christlicher Werte, Feiertage und Riten.

Unser Land wird in Zukunft nicht mehr so sein, wie es einmal war, davon können wir uns verabschieden. Das ist für die Politik eine ungeheure Herausforderung, aber die Richtung der ÖVP ist richtig. Mit der Schließung der Balkanroute auf Initiative der ÖVP und dem Beginn der Grenzsicherung wurden richtige Maßnahmen ergriffen, die auch auf breite Zustimmung in der Bevölkerung gestoßen sind. Maßnahmen, die gezeigt haben, dass die ÖVP eine problemlösende Politik im Rahmen der EU auch umsetzen kann. Solange der Prozess der Sicherung der EU-Außengrenze nicht abgeschlossen ist, muss Österreich die Grenze unter nationaler Kontrolle halten, das geht ja gar nicht anders.

Ich habe es heute schon angesprochen: Ob Arbeitsmarkt, soziale Versorgung, Kin­dergartenplätze, schulisches Angebot, Wohnbau, es bedarf schon jetzt eines personel­len wie finanziellen Kraftaktes der Republik, die Zigtausenden Flüchtlinge zu integrie­ren. Deshalb appelliere ich an Sie: Muten wir uns bitte nicht mehr zu als wir stemmen können. Schnaufen wir in der Flüchtlingsfrage durch und lösen wir lieber die Probleme, die wir jetzt schon haben. Gönnen wir Österreich eine Atempause! – Danke. (Beifall bei der ÖVP.)

15.56


Präsidentin Doris Bures: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Doppler. – Bitte.

 


15.56.14

Abgeordneter Rupert Doppler (ohne Klubzugehörigkeit): Frau Präsidentin! Herr Minis­ter! Hohes Haus! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Tagesordnungspunkte 4 bis 12: Diese Punkte befassen sich alle mit dem Thema Asyl, auch in unterschiedlicher Form, und dazu ein Gesetz zum Schein.

Asyl, meine sehr geehrten Damen und Herren, ist und bleibt Schutz auf Zeit und ist nicht unbefristet, Herr Kollege Steinhauser, das ist so. Ich stehe dazu, dass politisch Verfolgten geholfen werden muss, das habe ich hier, von dieser Stelle aus, schon oft gesagt.


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Meine sehr verehrten Damen und Herren, es ist aber auch wichtig und richtig, dass Österreich schon oft Hilfe geleistet hat, egal bei welcher Krise. Ich stehe aber auch dazu, dass Österreich und wenige Länder in der EU, wie Deutschland und Schweden, nicht die ganze Welt retten können. Wenn diese Bundesregierung von Rot und Schwarz und vor allem diese EU, die in der Flüchtlingsfrage total versagt hat, die bereits vorhandenen Bestimmungen und Gesetze eingehalten hätten, würden wir dieses Gesetz heute gar nicht brauchen. Die Regierung selbst rechnet heuer mit 2 Milliarden € Flüchtlingskosten, 1,6 Milliarden € davon für Sozialleistungen, und das kann sich Österreich in Zukunft sicher nicht mehr in dieser Form leisten.

Da ich gerade den Klubobmann der ÖVP sehe, der mir das letzte Mal gesagt hat: Ja, jetzt haben wir den Schuldigen, der dieses Flüchtlingsproblem ausgelöst hat. Herr Prä­sident Obama war ja in Deutschland, Herr Klubobmann, und er hat eine wunderbare Aussage getätigt – ich habe es genau gehört –: Er hat gesagt, Europa soll in der Flüchtlingsfrage viel mehr tun. Ich sage ihm, er soll einmal schauen, wer die Haupt­schuld an dieser massiven Flüchtlingsproblematik trägt. – Herzlichen Dank. (Beifall bei Abgeordneten des Teams Stronach. Abg. Lopatka: Er muss sich an Kennedy orientieren!)

15.58


Präsidentin Doris Bures: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Schabhüttl. – Bitte.

 


15.58.30

Abgeordneter Jürgen Schabhüttl (SPÖ): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Herr Bun­desminister! Hohes Haus! Sehr geehrte Zuseher auf der Galerie und zu Hause vor den Fernsehapparaten! Die heutige Änderung des Asylgesetzes, diese Novelle, steht für mich unter der Überschrift: Ordnung und Sicherheit wahren.

Lassen Sie mich kurz zurückblicken: Wir haben im letzten Jahr, 2015, 90 000 Flücht­linge aufgenommen, das sind, umgerechnet auf die Einwohnerzahl, die meisten in ganz Europa. Wir haben uns massiv für die europäische Lösung eingesetzt, für die Grenzsicherung der Schengen-Grenze, für die Hotspots, und wir setzen uns nach wie vor massiv dafür ein, aber – und jetzt kommt das große Aber –: Wir müssen zur Kennt­nis nehmen, dass diese europäische Lösung nicht in Sicht ist.

Der Flüchtlingsstrom wird auch in Zukunft nicht abreißen (Abg. Belakowitsch-Jenewein: Und was macht der Herr Bundeskanzler?), und wir können nicht noch einmal 90 000 Flüchtlinge in einem Jahr aufnehmen. Wir müssen innerstaatliche Maßnahmen setzen, damit wir den sozialen Frieden in Österreich nicht gefährden.

Aufgrund dessen hat es dann diesen Asylgipfel gegeben, bei dem gemeinsam – die Bundesregierung mit den Ländern und den Gemeinden – ein Richtwert von 37 500 für dieses Jahr festgesetzt wurde. Und wenn wir diesen Richtwert ernst nehmen und einhalten wollen, dann brauchen wir auch die entsprechenden Rahmenbedingungen dazu.

Ich sage ganz offen: Ja, es sollen durch dieses Gesetz der Zugang und die Migration nach Österreich erschwert und reduziert werden. Ja, ich sage auch das offen, es soll auch der Familiennachzug erschwert beziehungsweise erst nach Erfüllung bestimmter Kriterien ermöglicht werden. Und ja, für den Fall, dass Ordnung und Sicherheit in Gefahr sind, weil der Flüchtlingsstrom zu groß ist oder dies zu erwarten ist, soll es Sonderbestimmungen geben, nach denen per Verordnung die Bundesregierung im Einvernehmen mit dem Hauptausschuss des Nationalrates dies beschließen kann.

Ich bin überzeugt davon, dass dies ein verantwortungsbewusster und guter Zugang ist. Warum sage ich das? – Weil wir nicht alle, die zu uns kommen, aufnehmen können.


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Interessanterweise hat das sogar Frau Kollegin Korun im Innenausschuss so gesagt: Wir können nicht alle aufnehmen! – Weil wir nicht für alle Wohnungen, für alle Volks­schul- oder Kindergartenplätze und schon gar nicht für alle Arbeitsplätze haben. (Zwi­schenruf der Abg. Korun.)

Und weil Sie vom Gewissen reden: Wir alle hier haben ein Gewissen, und es wäre verantwortungslos, wenn wir nichts dagegen unternehmen würden.

Das verantwortungsbewusste Handeln mit der Fassung dieses Beschlusses, nämlich mit dieser Gesetzesänderung, sind wir in erster Linie unserer Bevölkerung, in weiterer Folge unseren Sicherheitsbehörden, der Polizei, dem Bundesheer, die diese Gesetze vollziehen, und nicht zuletzt denen, die zu uns nach Österreich kommen und deren Integration, schuldig. (Beifall bei SPÖ und ÖVP sowie bei Abgeordneten der FPÖ.)

16.02


Präsidentin Doris Bures: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Schmid. – Bitte.

 


16.02.14

Abgeordneter Gerhard Schmid (ohne Klubzugehörigkeit): Frau Präsidentin! Sehr geehrter Herr Bundesminister! Ebenfalls zum Asylwesen: Die Thematik rund um das Asylwesen wird die österreichische Politik auch im laufenden Jahr nachhaltig beschäf­tigen und den Steuerzahler zunehmend belasten.

Nunmehr ist festzustellen, dass es wieder zu einem Aufleben der Schlepperrouten über Ungarn kommt. Es ist somit unerlässlich, einen entsprechenden Grenzschutz zu instal­lieren. Es ist ebenso unerlässlich, im Rahmen dieser Grenzsicherung entsprechende Datenerfassungen vorzunehmen und die Daten einer entsprechenden Prüfung zuzuführen.

Für bereits im Lande befindliche Asylwerber ist eine zielführende Verfah­rens­verkür­zung mit Rechtssicherheit unerlässlich.

Festzustellen ist leider auch, dass Asylwerber und Fremde zunehmend straffällig wer­den. Diese straffälligen Asylwerber und Fremden sind nach Verbüßung entsprechender Strafen unverzüglich auszuweisen beziehungsweise abzuschieben.

Zu hinterfragen ist die Tätigkeit privater Organisationen, welche auf der Flucht befind­liche Personen mit unrichtigen Angaben auf abenteuerlichen Wegen in Richtung Öster­reich leiten. Dieser Vorgang kommt dem Schlepperwesen gleich.

Die Bewältigung des Asylwesens ist überwiegend durch das Innenministerium, im Be­reich der Grenzsicherung auch durch das Verteidigungsministerium im Assistenzein­satz sicherzustellen. Aufgrund der steigenden Kriminalitätsrate hinsichtlich der illegal eingereisten und einen Asylantrag stellenden Fremden ist auch die Kriminalitätsstatistik zu adaptieren. Asylwerbende und illegale Fremde sind in dieser Statistik dezidiert auszuweisen.

Die Bevölkerung hat ein Recht auf Schutz und Sicherheit. – Danke. (Beifall beim Team Stronach.)

16.04


Präsidentin Doris Bures: Als Nächste zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Dietrich. – Bitte.

 


16.04.32

Abgeordnete Ing. Waltraud Dietrich (STRONACH): Geschätzte Frau Präsidentin! Geschätzter Herr Minister! Hohes Haus! Meine Damen und Herren! Wir diskutieren heute eine Novelle zum Asylgesetz mit einer möglichen Notstandsverordnung. Ich sage Ihnen, wir werden das unterstützen, weil das – unsere Kollegin Martina Schenk


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hat bereits darauf hingewiesen – der richtige Schritt in die richtige Richtung ist, wenngleich der bisherige Weg, so, wie er hinter uns liegt, nicht so ausgesehen hat, wie wir uns das vorgestellt hätten.

Wir haben eine Innenministerin gehabt, die gekämpft hat wie eine Löwin gegen ihre eigene Fraktion, gegen die Regierungsparteien, der es letztendlich aber doch gelungen ist, die richtige Richtung zumindest anzudeuten.

Deshalb von meiner Seite aus vollen Respekt für die Frau Innenministerin außer Dienst. Ich wünsche ihr alles Gute für die Zukunft in Niederösterreich!

Meine geschätzten Damen und Herren! Es ist das ein schwieriges Thema, weil es Gräben aufgerissen hat. Auf der einen Seite gibt es Mandatare, die glauben, wir kön­nen jeden, der zu uns kommen will, bestens versorgen, integrieren – alles ist möglich. Und auf der anderen Seite gibt es Realisten, die sagen, dass das angesichts der Zahl von 60 Millionen, die unterwegs sind, einfach nicht möglich ist. In dieser Diskussion befinden wir uns, in diesem Zwiespalt stehen wir. Da geht es nicht darum, dass der eine den anderen verurteilt, sondern darum, dass wir Verständnis füreinander aufbrin­gen und dass wir als gewählte Mandatare der Österreicherinnen und Österreicher auch diese Verantwortung der österreichischen Bevölkerung gegenüber wahrnehmen. (Beifall beim Team Stronach.)

Gerade seit der letzten Wahl haben wir wieder mehr Gräben, Gräben, die aufgerissen werden, wenn über dieses Thema diskutiert wird.

Ich möchte an dieser Stelle wirklich alle ersuchen, maßvoll miteinander umzugehen und nicht Hetze und Hass in den Vordergrund zu stellen, sondern Respekt füreinander, Respekt für die Position des Einzelnen, denn es gibt nicht nur Schwarz-Weiß, sondern es gibt viele Grautöne im Leben. Und ich glaube, keinem Einzigen hier herinnen ist es egal, wenn er Flüchtlingskinder sieht, wenn er Flüchtlingsfamilien sieht, und jeder Ein­zelne möchte helfen, aber der Rahmen der Möglichkeiten ist ein beschränkter, wenn wir nicht die eigene Bevölkerung gefährden wollen, wenn wir nicht unseren Wohlstand riskieren wollen. (Beifall beim Team Stronach.)

Deshalb ersuche ich noch einmal, zu schauen, was möglich ist. Wir werden diesen Schritt mittragen.

Was mir auch aufgefallen ist: dass in dieser ganzen Diskussion ein Grundrecht der Demokratie, nämlich die Meinungsfreiheit, in vielen Bereichen beschnitten wird. Schau­en wir nach Deutschland, wo zum Beispiel Jan Böhmermann ein Schmähgedicht verfasst hat, dessen Inhalt ich auch nicht in Ordnung finde, aber dass sich die deut­sche Bundeskanzlerin dann sofort bei Präsident Erdoğan entschuldigt und sagt: Um Himmels willen, was macht dieser Schmähkritiker?!, das finde ich absolut überzogen! Solch ein Vorgehen gefährdet die Meinungsfreiheit in Europa. Wir dürfen sie nicht am türkischen Altar opfern!

Meine geschätzten Damen und Herren! Es ist unmöglich, dass wir dieses Grundrecht der Meinungsfreiheit, das in der Verfassung niedergeschrieben wurde und auf dem dann die künstlerische Freiheit, die Religionsfreiheit und vieles andere beruht, durch unser Verhalten gefährden, und zwar nur deshalb, weil man glaubt, plötzlich den türki­schen Präsidenten salonfähig machen zu müssen – jemanden, der ein Land vertritt, wo Frauenrechte nicht gewürdigt werden, wo Religionsfreiheit nicht besteht, wo Kurden verfolgt werden und vieles andere mehr –, nur, weil man ihn als Deckmantel braucht, damit man das eigene Versagen der EU im Bereich Schengen zudecken kann.

Wenn die Europäische Union nicht in der Lage ist, endlich selbst die Grenzen zu schließen, selbst Verantwortung zu übernehmen für ihre Bevölkerung, dann sehe ich die Zukunft mehr als gefährdet.


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll123. Sitzung / Seite 204

Meine geschätzten Damen und Herren! Wir haben viele Probleme in diesem Bereich. Wir haben Probleme, die wir nur gemeinsam und mit gegenseitigem Verständnis lösen können. Es hilft niemandem, zu polarisieren, rhetorisch aufeinander einzuschlagen, son­dern wir müssen uns am Diskussionstisch finden und eine Lösung für die öster­reichische Bevölkerung treffen, denn die österreichische Bevölkerung sind die Men­schen, die wir hier vertreten und die uns am Herzen liegen sollten. – Danke. (Beifall beim Team Stronach.)

16.10


Präsidentin Doris Bures: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Gahr. – Bitte.

 


16.10.22

Abgeordneter Hermann Gahr (ÖVP): Frau Präsident! Herr Bundesminister! Ge­schätzte Damen und Herren! Besucher auf der Galerie! Besonders begrüßen darf ich die katholischen Couleurstudenten der Austria Wien heute hier im Parlament. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der SPÖ.)

Die aktuelle Situation macht es notwendig, dass wir Änderungen im Asylgesetz vornehmen, um die Gefahren abzuwenden und die innere Sicherheit in Österreich nicht zu gefährden.

Fakt ist, Österreich hat seine Hausaufgaben gemacht, was die Flüchtlingspolitik betrifft. Wir haben nach Schweden die meisten Flüchtlinge aufgenommen, und mehr als ein Prozent der Bevölkerung ist der Beweis dafür, dass Österreich da seine Hausaufgaben gemacht hat.

Die Asylfrage ist, das wurde heute schon öfters betont, ein europäisches Problem und nur gemeinsam lösbar. Aus meiner Sicht braucht es drei Dinge: erstens ein System, das die Sicherheit der Bevölkerung gewährleistet; zweitens eine Strategie, welche im Ernstfall greift und wo kurzfristig Maßnahmen gesetzt werden können; und drittens – das ist, glaube ich, das Wichtigste – Solidarität, denn das Projekt Europa steht auf dem Prüfstand, und wir brauchen ein koordiniertes Vorgehen der europäischen Staaten.

Die Thematik Brenner wurde heute schon einige Male erwähnt, es handelt sich dabei um ein äußerst sensibles und emotionales Thema. Der Brenner ist in den Mittelpunkt der europäischen Flüchtlingspolitik gerückt: Viele reden mit, viele mischen sich ein, viele geben Ratschläge. Faktum ist, wenn wir nichts tun, dann wachen die anderen nicht auf. Wir müssen also Maßnahmen ergreifen. Österreich als kleines Land schaut nicht zu, sondern wird selbst aktiv. Es gibt laufend Gespräche und politischen Aus­tausch.

Ich möchte mich besonders bedanken bei unserer Bundesministerin außer Dienst und unserem neuen Bundesminister Sobotka Danke dafür sagen, dass er sich sofort nach Dienstantritt ein Bild in Tirol direkt vor Ort gemacht hat, sodass er, glaube ich, die aktuelle Lage auch einschätzen kann.

Ich habe heute einen Auftrag. Die Gemeinde Gries am Brenner – man redet immer nur vom Brenner, es geht aber auch um die Gemeinde Gries am Brenner – und ihr Bür­ger­meister Karl Mühlsteiger, ein persönlicher Freund von mir, der tagtäglich im Mittelpunkt der Flüchtlingspolitik steht, haben mir mitgegeben: Je schneller und je besser die Grenzsicherung installiert wird, desto sicherer ist es für seine Bevölkerung, für die Bürger von Gries am Brenner. (Beifall bei Abgeordneten der ÖVP.)

Es gibt tagtäglich Übertritte. Und ich glaube, es ist wichtig, dass wir den Menschen die Sorge und die Angst nehmen.


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll123. Sitzung / Seite 205

Er zollt außerordentlichen Respekt und Anerkennung den Sicherheitskräften. Gerade jetzt bei der Demo wurden wieder nur die negativen Bilder transportiert, aber ohne Sicherheitskräfte und deren Engagement würden wir hier kläglich scheitern.

Am Brenner wird keine neue Grenze eingezogen, es wird ein geordnetes Grenzmana­gement eingerichtet. Es wird Vorsorge für den Ernstfall getroffen. Heuer wurden bereits über 5 000 Illegale aufgegriffen. (Zwischenruf des Abg. Loacker.) Solange die EU-Außengrenzen nicht ausreichend gesichert sind, müssen wir nationale Maßnahmen setzen, um für den Eventualfall vorbereitet zu sein.

Mit dem heutigen Beschluss setzen wir Rahmenbedingungen, welche uns Hand­lungs­spielraum geben, welche Verfahren beschleunigen, Asyl auf Zeit, Familiennachzug. Für mich ist ganz wichtig, dass wir uns gemeinsam des Themas Integration annehmen und somit, sage ich, da eine Spaltung der Bevölkerung vermeiden. Integration sollte unser Auftrag für die Zukunft sein. – Danke. (Beifall bei der ÖVP.)

16.13


Präsidentin Doris Bures: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Fazekas. – Bitte.

 


16.14.00

Abgeordneter Hannes Fazekas (SPÖ): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrter Herr Bundesminister! Hohes Haus! Wir haben uns im Rahmen dieser heutigen Dis­kussion und auch so schon oft mit dem Begriff der Verantwortung auseinandergesetzt. Ich möchte diesen Begriff nicht überstrapazieren, aber letztlich hat das auch mein Vorredner soeben angesprochen.

In der schwierigen Situation des vergangenen Jahres, in der wir gehofft hatten, dass seitens der Solidargemeinschaft Europa rasch Entscheidungen in unserem Sinne und im Sinne der flüchtenden Menschen getroffen werden, mussten wir zur Kenntnis neh­men, dass das nicht funktioniert. Es war daher ganz klar, dass die Bundesregierung und auch wir als Parlament, als Abgeordnete, Politikerinnen und Politiker nicht zur Tagesordnung übergehen konnten, sondern darüber zu diskutieren hatten und haben, wie wir in Zukunft mit weiteren Entwicklungen umgehen.

Wir müssen auch zur Kenntnis nehmen, dass es eine sehr große Solidargemeinschaft in Österreich gegeben hat, dass aber in den letzten Monaten und vor allem Wochen diese Solidargemeinschaft am Bröckeln ist. Was aber nicht passieren soll und darf, ist, dass diese Solidargemeinschaft zerbricht. Das wäre für die Gesellschaft in unserem Lande völlig schlecht, negativ und wäre auch zum Schaden nicht nur jener, die schon hier bei uns sind und hier leben und die wir vernünftig integrieren wollen, sondern auch jener, die noch zu uns kommen werden.

In diesem Zusammenhang möchte ich folgende Botschaft mitgeben: Es wird hier bei der Diskussion manchmal zum Ausdruck gebracht, dass in unserem Land fortan keine Menschen, die flüchten, mehr aufgenommen werden. Das stimmt nicht! Wir werden weiterhin Menschen Asyl gewähren, wir werden weiterhin Menschen in unserem Lande integrieren, weil wir uns dazu auch verpflichtet fühlen – das machen wir. Wir haben jedoch keine andere Möglichkeit, als Maßnahmen zu beschließen, die im schlimmsten Fall gewisse Regeln einziehen, damit wir in unserem Land nicht wieder in die Situation kommen, in der wir schon waren.

Es ist für mich auch eine Gewissensfrage: Welche Verantwortung trage ich mit meinem Stimmverhalten für unser Land? – Meine sehr geehrten Damen und Herren, daher stimme ich aus Vernunftgründen, für mich sind es Vernunftgründe, für dieses Gesetz. Verantwortung zu zeigen heißt manchmal auch, über seinen ideologischen Schatten zu springen. Aber ich verlasse meine ideologische Einstellung nicht, wenn ich hier zustimme, damit auch Europa wachgerüttelt wird. Ich verlasse meine Ideologie nicht,


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll123. Sitzung / Seite 206

wenn ich erkenne, dass die Stimmung in unserem Land kippt. Und ich verlasse meine Ideologie nicht, weil wir trotzdem Menschen aufnehmen und integrieren werden.

Ich finde es auch fair gegenüber jenen, die noch zu uns kommen, dass wir ihnen Per­spektiven geben können. Perspektiven können wir ihnen aber nur dann geben, wenn – und das wurde heute schon oft erwähnt – genügend Kinderbetreuungsplätze, genü­gend Wohnraum, genügend Arbeitsplätze und vieles andere mehr geschaffen werden.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Daher ist es unsere Verantwortung, diesem Gesetz in dieser Form heute zuzustimmen. – Ich danke Ihnen. (Beifall bei SPÖ und ÖVP.)

16.17


Präsidentin Doris Bures: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Sieber. – Bitte.

 


16.17.30

Abgeordneter Norbert Sieber (ÖVP): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Herr Minister! Hohes Haus! Geschätzte Damen und Herren! Eines vornweg: Solch eine Situation, wie wir sie im Jahr 2015 erlebt haben, als Hunderttausende unkontrolliert und unregistriert in und durch unser Land geströmt sind, wird es mit diesem Gesetz nicht mehr geben. Dabei ist es in keiner Weise so, dass wir mit den gesetzten Grenzmanage­mentmaß­nahmen eine Abschottung vornehmen, aber wenn unsere südlichen Nachbarn durch eine zu befürchtende Zunahme der Fluchtbewegungen ihren Aufgaben nicht mehr nachkommen können oder wollen und wiederum ein Durchwinken beginnt, dann müssen wir auf diese Situation vorbereitet sein. (Beifall bei der ÖVP.)

Erstaunlich ist ja, dass Deutschland offiziell bei seiner Willkommenskultur bleibt, Kanzlerin Merkel jedoch auf die Frage nach den Maßnahmen bei einem erneuten Anschwellen der Fluchtbewegung über die Mittelmeerroute sagt: Dann wird Österreich den Brenner dichtmachen. – Offensichtlich verlässt man sich da sehr gerne auf Österreich. Aber, meine Damen und Herren, europäische Zusammenarbeit schaut eben anders aus.

Deswegen sind die Maßnahmen dieses Asyl- und Sicherheitspakets so wichtig. Es ändert sich mit diesem Gesetz nichts an unserer Bereitschaft, all jenen Asyl zu gewäh­ren, die es brauchen, solange wir in der Lage sind, das auch zu bewältigen. Aber richtig ist auch, dass wir als Staat und Asylgeber nach drei Jahren automatisch prüfen, ob die Verfolgungs- beziehungsweise Fluchtgründe noch bestehen. Damit wird klar­gestellt, dass Asyl eben nicht automatisch eine zeitlich unbegrenzte Einwanderung bedeutet.

Wichtig ist auch das beschleunigte Prüfverfahren. Nach dem Beispiel der Schweiz soll in Zukunft mehr, rasch und direkt an der Grenze vorentschieden werden, ob Asyl­anträge eine Chance auf eine positive Erledigung haben. Damit werden, wenn von vornherein klar ist, dass die Person in Österreich kein Asyl bekommen wird, den Flücht­lingen monatelanges Warten und Unklarheit erspart. Auch die Praxis vieler Flüchtlinge ohne entsprechenden Asylgrund, zunächst unterzutauchen, um so wegen Überschreitung der Frist – das waren bisher sieben Tage – der Zurückschiebung zu entgehen, wird mit diesem Gesetz unterbunden.

Meine Damen und Herren, wir haben in Österreich derzeit keinen Notstand. Dieses Asyl- und Sicherheitspaket ist aber die Vorsorge dafür, dass wir, wenn Europa nicht zu einer gemeinsamen Vorgehensweise findet und unsere südlichen Nachbarn ihre Auf­gaben nicht erfüllen können oder wollen, dann auch die entsprechenden Möglichkeiten zur Sicherung und Durchsetzung des Rechtsstaates haben. Zustände wie 2015 wird es mit dem Beschluss dieses Gesetzes nicht mehr geben. (Beifall bei der ÖVP.)

16.20



Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll123. Sitzung / Seite 207

Präsidentin Doris Bures: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Weninger. – Bitte.

 


16.20.37

Abgeordneter Hannes Weninger (SPÖ): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Herr Minister! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Es ist halt sehr leicht, Ängste zu schüren und vor Fremden Angst zu haben, aber es ist auch sehr leicht, jemandem Un­mensch­lichkeit und mangelndes Demokratieverständnis vorzuwerfen. Es ist viel schwieriger, einen Prozess herbeizuführen, der einerseits an die humanitäre Tradition Österreichs anschließt, und gleichzeitig ein Regelwerk zu schaffen, mit dem wir nicht nur für die österreichische Bevölkerung, sondern für all diejenigen, die in den nächsten Jahren, ja wahrscheinlich Jahrzehnten Schutz und Hilfe in Österreich suchen werden, einen Rahmen setzen, innerhalb dessen wir auch tatsächlich Hilfe geben können.

Ich halte es durchwegs mit dem Kollegen Pilz, der heute am Vormittag gesagt hat, dass Menschlichkeit und Vernunft kein Gegensatz sind, sondern einander in der Politik vielmehr gegenseitig ergänzen.

Deshalb kann ich es wirklich nicht verstehen, warum die Grünen nicht mitstimmen können, wenn zum Beispiel im Grenzkontrollgesetz normiert wird, dass von Asylwer­berInnen an der österreichischen Grenze Fingerabdrücke genommen und diese mit Foto registriert werden. Es werden alle anderen Parteien, von den NEOS über das Team Stronach bis zur FPÖ, diesem Gesetz zustimmen, weil es eine Selbst­ver­ständlichkeit sein muss, und ich halte das auch nicht für menschenverachtend, dass jemand, der die österreichische Grenze überschreitet, auch registriert wird. Dafür muss Vorsorge getroffen werden.

Dies war im vorigen Jahr nicht möglich, als 800 000 Menschen nach Österreich kamen, durch Österreich zogen und 90 000 davon in Österreich um Asyl angesucht haben. Es war eine Situation, die knapp an der Rechtsstaatlichkeit war. Deshalb brauchen wir gesetzliche Materien, um einerseits die innere Sicherheit und die öffentliche Ordnung zu garantieren, andererseits auch denjenigen, die bei uns Schutz und Hilfe suchen, diese auch in der Zukunft geben zu können. Und wir werden auch in Zukunft min­destens diesen berühmten 37 500 Menschen jährlich Schutz und Hilfe gewähren und Integration in entsprechender Qualität ermöglichen. Das bedeutet aber auch, dass wir keine Massenlager, keine Zeltstädte oder irgendwelche Quartiere in Fußballstadien oder sonst irgendwo haben, sondern dass diese Menschen menschenwürdig unter­gebracht werden, dass es Plätze in den Kinderbetreuungseinrichtungen und in den Schulen gibt und dass sie auch auf dem Arbeitsmarkt eine Möglichkeit finden, um ihren Lebensunterhalt selbst zu finanzieren.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, wir haben es uns gerade in der Sozialdemokratie nicht leicht gemacht, diese Debatte zu führen. Aber im Gegensatz zu anderen haben wir einen Begutachtungsprozess herbeigeführt, wir haben viele Einwendungen auch sehr ernst genommen und in einen Abänderungsantrag mit aufgenommen.

Ich habe jetzt leider nicht die Zeit, es so zu machen wie Kollegin Korun, die aus unter­schiedlichen Stellungnahmen den einen oder anderen Satz herausgenommen hat. Das könnte ich auch machen. Wenn zum Beispiel die Stellungnahme der Ge­meinde Wien zitiert wurde, dann zitiere ich ebenfalls: Vonseiten des Landes Wien wird festgehalten, dass gegen diese Regelung „keine generellen Vorbehalte bestehen“. (Ah-Rufe bei der SPÖ.)

Meine sehr geehrten Damen und Herren, wir haben den Prozess sehr ernst genom­men und werden die Gesetze auch in der Hoffnung beschließen, dass wir nie in die Verlegenheit kommen werden, all diese Paragraphen auch tatsächlich anwenden zu müssen zum Wohl der Österreicherinnen und Österreicher und zum Wohle derjenigen,


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll123. Sitzung / Seite 208

die bei uns Schutz und Hilfe suchen. (Beifall bei der SPÖ sowie bei Abgeordneten der ÖVP.)

16.25


Präsidentin Doris Bures: Herr Bundesminister Mag. Sobotka hat sich zu Wort ge­meldet. – Bitte.

 


16.25.11

Bundesminister für Inneres Mag. Wolfgang Sobotka: Hohes Haus! Frau Präsi­den­tin! Meine sehr geehrten Damen und Herren Abgeordnete! Ich möchte nur zahlenmäßig ein paar Dinge noch einmal in Erinnerung rufen.

Der Grund dafür, dass die Verfahrensdauer derzeit im Schnitt siebeneinhalb Monate beträgt, liegt ganz einfach darin, dass wir derzeit 65 000 nicht erledigte Verfahren haben. 2014 war die Verfahrensdauer drei Monate. Da haben wir die entsprechenden Bestimmungen auch erfüllt. Damit es zu keiner Säumnisbeschwerde kommt, ist nun dieser Puffer notwendig.

Kanada hat bereits 25 000 syrische Flüchtlinge aufgenommen, 10 000 kommen noch dazu. In Österreich sind es allein mehr als 32 000 Syrer, die hier den Asylstatus haben. Kanada hat 35 Millionen Einwohner, und wir haben über 8 Millionen Einwohner.

Wenn man die Situation ansieht, wie viele Asylwerber wir im Vergleich zu anderen Staaten haben, dann, muss ich sagen, gibt es in Österreich so viele Ansuchen wie in 17 anderen europäischen Staaten zusammen, darunter sind Spanien, Frankreich und viele andere.

Aufgrund der Kooperation mit dem Verteidigungsministerium sind wir in der Lage, die Grenzen wirksam zu schützen. Da spielt es keine Rolle, wenn Grundeigentümer ihren Grund nicht zur Verfügung stellen, denn der Grenzschutz, der durch die Assistenz­leistung des Bundesheeres gegeben ist, stellt auch in diesem Fall die lückenlose Überwachung sicher.

Warum das notwendig ist, darf ich noch durch eine Zahl begründen. Wir haben in den ersten drei Monaten, von 1. Jänner 2016 bis Ende März, eine Steigerung der Zahl der Asylanträge um 38 Prozent. Würden wir so weitermachen, dann würden wir nicht 90 000 Anträge, sondern wesentlich mehr erwarten. Und wenn vor allem Italien nicht bereit ist, sein Management entscheidend zu ändern, dann ist es notwendig – und das hat der Kollege mit seinem Beispiel von Gries am Brenner schon sehr deutlich gemacht –, dass das Grenzmanagement klar eingreift. Es wird die Grenze am Brenner nicht dichtgemacht!

Der Finanzminister stellt hundert Zollbeamte zur Verfügung, um vor allem die wirtschaftliche Durchlässigkeit zu gewährleisten. Klar ist natürlich auch, dass dort im Zaunmanagement erst dann eingehängt wird, wenn es wirklich zu dieser unkontrol­lierten Wanderung kommt, denn derzeit haben wir sicherlich keine Veranlassung, diese Sonderbestimmungen anzuwenden. Und ich lege Wert darauf, dass man bei der kor­rekten textlichen Gestaltung bleibt und nicht immer etwas insinuiert, was der Gesetz­geber nicht auch darstellen will.

Gleichzeitig gibt es sehr viele Verordnungen, die immer wieder in Akkordanz mit dem Hauptausschuss erlassen werden. So sehe ich auch hier keinen Bruch der Verfassung, was die Gutachter auch entsprechend feststellen.

Zum Schluss: Die Integrationsprüfung ist ein Einzelverfahren. Wenn nach drei Jahren oder nach einer bestimmten Zahl von Jahren festgestellt wird, dass der Asylgrund nicht mehr vorliegt, dann muss ein Einzelprüfungsverfahren stattfinden. Das macht das Bun­desamt für Fremdenwesen und Asyl in der Form, dass es auch beim Österreichischen


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Integrationsfonds nachfragt: Sind die Maßnahmen, die man jemandem vorgeschlagen hat, auch durchgeführt worden? Sind die Zeugnisse da? Das heißt, nur wenn keine Integration vorliegt, wenn eine dementsprechende Abschottung aus der österreichi­schen Kultur und Gemeinschaft vorliegt, dann droht die Abschiebung. Das ist eine Einzelfallprüfung, und da wird das Asylrecht in allen Formen auch gewährleistet. (Bei­fall bei der ÖVP.)

16.28


Präsidentin Doris Bures: Herr Abgeordneter Plessl ist als Nächster zu Wort gemel­det. – Bitte.

 


16.29.06

Abgeordneter Rudolf Plessl (SPÖ): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Herr Innenmi­nister! Geschätzte Kollegen! Sehr geehrte Damen und Herren! Ich habe heute schon mehr­mals die Aussage gehört, das Waffengesetz sollte liberalisiert werden. Dazu wurde der Innenminister von der FPÖ, aber auch vom Team Stronach aufgefordert. Ich möchte ganz klar festhalten, noch nie haben mehr Waffen auch mehr Frieden gebracht. (Zwischenruf des Abg. Lugar.)

Das Hauptproblem dieser Flüchtlingsbewegungen, die wir heute diskutieren, ist, dass es in der Europäischen Union viele Firmen gibt, die noch immer viel Geld damit verdienen, dass sie Kriegsmaterial an alle Parteien verkaufen. Das ist auch eine Ur­sache, warum wir heute eine gesetzliche Grundlage schaffen.

Ich habe heute von den Abgeordneten viele unterschiedliche Meinungen gehört, und es wurde bereits mitgeteilt, dass es künftig die Möglichkeit einer Sonderverordnung geben wird. Ich möchte dazu noch einmal kurz skizzieren, um welche Verordnung es sich da handelt.

Diese Sonderverordnung wird nur in Kraft treten, wenn die Schengen-Grenzen nicht gesichert sind, wenn unsere Nachbarstaaten bei ihren Aufgaben säumig sind. Dann wird ein eigenes Grenzmanagement aufgezogen, und die Europäische Kommission wird informiert. Das dauert sechs Monate. Dann gibt es Verlängerungsmöglichkeiten, sofern der Europäische Rat zustimmt.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, wir wollen dieses Sonderverordnungsrecht nicht einsetzen! Wir müssen aber Vorkehrungen treffen, damit wir nicht so wie voriges Jahr überrascht werden. Wir brauchen ein Regelwerk, um kurzfristig tätig werden zu können. Weil du, Kollege Darmann, von einem Placebo-Effekt gesprochen hast: Ich finde es in Ordnung, wenn das Bundesamt mehr Zeit bekommt, um die rechtlichen Belange, Einwendungen et cetera rechtskonform bearbeiten zu können.

Eines möchte ich noch der FPÖ mitgeben: Wir hatten von 2000 bis 2006 einen hohen Rückstand bei den Asylverfahren und wir mussten zahlreiche gesetzliche Adaptie­rungen durchführen, um den Rückstand abzuarbeiten.

Zum Schluss noch eines: Herr Innenminister, setzen Sie sich künftig auf europäischer Ebene verstärkt gegen den Verkauf von Kriegsmaterial ein! Eine Anmerkung: Auf europäischer Ebene hat die FPÖ-Fraktion die Vorschläge der Kommission, zum Beispiel stärkere Kontrolle in Bezug auf Kriegsmaterial und so weiter, abgelehnt. – Danke. (Beifall bei der SPÖ.)

16.31


Präsidentin Doris Bures: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Dr. Franz. – Bitte.

 


16.31.44

Abgeordneter Dr. Marcus Franz (ohne Klubzugehörigkeit): Frau Präsident! Herr Minister! Hohes Haus! Meine Damen und Herren! Zur sogenannten Flüchtlingsdebatte


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll123. Sitzung / Seite 210

passt ein Zitat von Papst Benedikt sehr gut. Dieser hat gesagt: Ohne Wahrheit gibt es keine Gerechtigkeit.

Warum zitiere ich hier den Papst? – Wir haben in der sogenannten Flüchtlingsdebatte wirklich ein Problem mit der Wahrheit, denn die allermeisten Menschen, die zu uns kommen, das ist heute schon einige Male angeklungen, sind keine echten Flüchtlinge, sondern Migranten. Ich glaube, wir sollten daher in dieser ganzen Debatte auch ein neues Wording finden, wir sollten von einer „Migrationskrise“ und nicht von einer „Flücht­lingskrise“ und von einer „Migrationsdebatte“ und nicht von einer „Flüchtlings­debatte“ sprechen. (Beifall bei FPÖ und Team Stronach.)

Das ist auch gegenüber den echten Flüchtlingen, die zu uns kommen, nicht wirklich wertschätzend, wenn wir da alle in einen Topf werfen und immer von den Flüchtlingen in toto sprechen und ein Pars pro toto hier in der Debatte verwenden. Das ist nicht seriös und grundsätzlich nicht in Ordnung.

Ich glaube, dass es Politikern jeder Couleur zumutbar ist, dass sie die korrekten Begriffe verwenden. Der Überbegriff Flüchtling/Refugee ist in dieser Debatte nicht korrekt.

Im eigentlichen Wortsinn gibt es, wie wir wissen – Dublin-Abkommen, Schengen et cetera – den Refugee ja nur an der Grenze, an der EU-Außengrenze beziehungsweise im Erstland, dort, wo er seinen Antrag stellt.

Wir haben – wenn wir noch einmal zu den Zahlen kommen –, wie der Herr Minister heute schon angedeutet hat, ja nur 40 Prozent rechtskräftige Zuerkennungen im Asyl­bereich. Das heißt, wir haben nur 40 Prozent erfolgreiche Asylwerber, der Rest sind Wirtschaftsflüchtlinge, wie es etwas nonchalant bezeichnet wird, oder eben illegale Migranten.

Wir müssen uns durchringen, da wirklich klare Diagnosen zu treffen, denn nur mit klaren Diagnosen kommen wir auch zu klaren Therapien.

Als Arzt stellt es mir immer ein bisschen die Haare auf, wenn in dieser Debatte immer Euphemismen eingeführt werden und euphemistisch argumentiert wird, als ob alle, die zu uns kommen, so fürchterlich arm wären, dass sie unsere sofortige Hilfe brauchen. Das ist nicht korrekt und denen gegenüber, die wirklich Hilfe brauchen, unseriös, meine Damen und Herren. Wir sollten also wirklich ein neues Wording einführen.

Mein Vorschlag und mein Appell an Sie alle inklusive Bundesregierung ist daher, dass wir die Worte „Flüchtlingskrise“ und „Flüchtlingsdebatte“ aus unserem Sprachgebrauch verbannen und von einer Migrationskrise und einer Migrationsdebatte sprechen, denn nur dann werden wir der Sache gerecht und nur dann können wir wirklich ordentliche, neue Gesetze, so wie das, welches wir heute beschließen, einführen und umsetzen. – Danke schön. (Beifall bei Abgeordneten von ÖVP und FPÖ.)

16.34


Präsidentin Doris Bures: Nächster Redner: Herr Klubobmann Lugar. – Bitte.

 


16.34.18

Abgeordneter Ing. Robert Lugar (STRONACH): Frau Präsidentin! Hohes Haus! Viele haben mich gefragt, vor allem von der Opposition, warum wir diesem Gesetz heute zustimmen. Wir wären ja in der glücklichen Lage, die Regierung ausrutschen zu lassen, denn die Regierung braucht heute unsere Zustimmung, da sie in den eigenen Reihen anscheinend nicht alle überzeugen konnte.

Jetzt gebe ich natürlich zu, dass das eine charmante Idee ist, aber ich glaube, dass wir einfach hier in diesem Hohen Haus zu viel Verantwortung haben, als dass wir so ein


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll123. Sitzung / Seite 211

wichtiges Gesetz nicht durch das Parlament bringen, wo wir es doch so dringend brauchen wie einen Bissen Brot.

Wir haben eine Situation, wo jetzt praktisch ein Jahr lang nichts getan wurde gegen eine Entwicklung, die so etwas von negativ war und wo wir immer wieder gefragt wurden – und vor allem die Grünen fragen das immer wieder –, wo die Rechte der Zuwanderer und der Migranten sind, sich leider aber bisher niemand die Frage gestellt hat: Wo sind denn die Rechte der Österreicher? (Beifall bei Team Stronach und FPÖ.)

Niemand hat sich die Frage gestellt: Wo ist denn das Selbstbestimmungsrecht eines Staates? Können wir als Volk, können wir als Staat nicht entscheiden, wer zu uns kommen soll und wer nicht? – Sie sagen, es ist gegen die Menschenrechte. Aber: Auch wir haben Menschenrechte! Wir haben das Recht, uns auszusuchen, wer kommt und wer nicht!

Es gibt zwei Gründe, warum wir heute hier so viel Widerstand erleben – und wir haben ja alle möglichen Diskussionen auch vor der Türe draußen erlebt –, warum hier gegen dieses Gesetz gearbeitet wird.

Erstens ist es die Asylindustrie, die unglaublich viel Geld verdient mit jenen, die hier um Asyl ansuchen, und zweitens ist es die EU, wo der oberste Migrationskommissar zwischen 17 und 70 Millionen Menschen – da ist er sich selbst noch nicht ganz sicher – ins Land holen will, weil er glaubt, damit die demographischen Probleme lösen zu können. Das ist der Hintergrund!

Das ist auch der Grund, und da sind auch die Grünen fest dabei, warum Sie hier unkontrolliert auch und vor allem Muslime ins Land lassen.

Jetzt habe ich grundsätzlich nichts gegen Muslime, wir haben selber auch im Klub welche angestellt, überhaupt kein Problem. Das sind bosnische Muslime, kein Thema.

Aber mit den Muslimen, die Sie ins Land lassen, kommt auch der sogenannte poli­tische Islam mit. Der politische Islam ist wahrscheinlich das Gefährlichste für den Welt­frieden, das wir seit dem Zweiten Weltkrieg, seit dem Naziregime erlebt haben.

Sie als überzeugte Antifaschisten sollten erkennen, dass der politische Islam sehr, sehr viele faschistische Züge hat. Deshalb sollten Sie als Antifaschisten da auch einmal dagegen kämpfen, dass hier eine Ideologie Einzug hält. Ich rede nicht von einer Religion. Religion ist Privatsache. Religion kann jeder so leben, wie er will, ob er Buddhist ist, ob er Hinduist ist, ob er Christ ist, ganz egal. Das Problem ist, dass es einen politischen Islam gibt, und der greift gerade in der ganzen Welt um sich, und vor dem müssen wir uns wirklich fürchten.

Ich glaube, dass dieses Gesetz auch dazu da ist, zu verhindern, dass mehr von jenen radikalen Islamisten ins Land kommen, die letztlich dann uns alle destabilisieren, so wie sie es in ihren Ländern auch schon gemacht haben. Denn es passiert ja nichts anderes: Wir importieren ja diese Konfliktregionen, wir importieren die Probleme, die vor Ort sind, in unser Land. Das sehen wir schon bei den Türken und den Kurden, die einander hier in Österreich regelmäßig die Schädel einschlagen. Da sehen wir, dass wir diesen Konflikt schon ins Land importiert haben.

Jetzt wollen Sie weiterhin den politischen Islam ins Land lassen. Und dieses Gesetz ist dazu da, das zu verhindern.

Deshalb ist dieses Gesetz gut. Deshalb stimmen wir diesem Gesetz zu, auch wenn es nur ein erster Schritt in die richtige Richtung ist.


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Sie sollten das auch tun, wenn Sie noch eine gewisse Verantwortung für dieses Land leben wollen und wenn Sie nicht weiter in Ihrer utopischen Scheinwelt verharren wol­len, denn das ist das Problem der Grünen. (Beifall beim Team Stronach sowie bei Abgeordneten der FPÖ.)

16.38

16.38.10

 


Präsidentin Doris Bures: Zu Wort ist dazu niemand mehr gemeldet. Die Debatte ist geschlossen.

Wünscht einer der Berichterstatter oder eine der Berichterstatterinnen ein Schluss­wort? – Das ist nicht der Fall.

Damit kommen wir zur Abstimmung, die ich über jeden Ausschussantrag getrennt vornehme.

Wir gelangen nun zur Abstimmung über Tagesordnungspunkt 4: Entwurf betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Asylgesetz, das Fremdenpolizeigesetz und das BFA-Verfahrensgesetz geändert werden, in 1097 der Beilagen.

Hiezu haben die Abgeordneten Schabhüttl, Amon, Kolleginnen und Kollegen einen gesamtändernden Abänderungsantrag eingebracht.

Ich werde daher sogleich über den vorliegenden Gesetzentwurf in der Fassung des gesamtändernden Abänderungsantrages abstimmen lassen.

Ich bitte jene Damen und Herren, die sich für den vorliegenden Gesetzentwurf samt Titel und Eingang in 1097 der Beilagen in der Fassung des gesamtändernden Abände­rungsantrages der Abgeordneten Schabhüttl, Amon, Kolleginnen und Kollegen aus­sprechen, um ein zustimmendes Zeichen. – Das ist mit Mehrheit so angenommen.

Wir kommen sogleich zur dritten Lesung. (Unter lauten Rufen werden Flugzettel von der Galerie geworfen.)

Ich ersuche, die Galerie zu räumen – und setze mit der Abstimmung fort. (Rufe bei der FPÖ: Auf Wiedersehen! Auf Wiedersehen! – Abg. Strache: Das ist sicher die Sozialistische Jugend gewesen!)

Wir kommen sogleich zur dritten Lesung.

Es ist namentliche Abstimmung verlangt worden.

Da dieses Verlangen von 20 Abgeordneten gestellt wurde, ist die namentliche Abstim­mung durchzuführen. Ich gehe daher so vor.

Die Stimmzettel, die zu benützen sind, befinden sich in den Laden der Abgeord­netenpulte und tragen den Namen der Abgeordneten sowie die Bezeichnung „Ja“ – das sind die grauen Stimmzettel – beziehungsweise „Nein“ – das sind die rosafar­be­nen. Für die Abstimmung können ausschließlich diese amtlichen Stimmzettel verwendet werden.

Gemäß der Geschäftsordnung werden die Abgeordneten namentlich aufgerufen, ihren Stimmzettel in die bereitgestellte Urne zu werfen.

Ich ersuche jene Damen und Herren, die in dritter Lesung ihre Zustimmung geben, „Ja“-Stimmzettel, jene, die dagegen stimmen, „Nein“-Stimmzettel in die Urne einzu­werfen.


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll123. Sitzung / Seite 213

Ich bitte nun die Schriftführerin, Frau Abgeordnete Lueger, mit dem Namensaufruf zu beginnen; Herr Abgeordneter Gahr wird sie später dabei ablösen.

*****

(Über Namensaufruf durch die Schriftführerin Lueger beziehungsweise den Schrift­führer Gahr werfen die Abgeordneten ihren Stimmzettel in die Wahlurne.)

*****

 


Präsidentin Doris Bures: Die Stimmabgabe ist beendet.

Die damit beauftragten Bediensteten des Hauses werden nunmehr unter Aufsicht der Schriftführer und Schriftführerinnen die Stimmenzählung vornehmen. Die Sitzung wird zu diesem Zweck für einige Minuten unterbrochen.

Die Sitzung ist unterbrochen.

*****

(Die zuständigen Bediensteten nehmen die Stimmenzählung vor. – Die Sitzung wird um 16.45 Uhr unterbrochen und um 16.49 Uhr wieder aufgenommen.)

*****

 


Präsidentin Doris Bures: Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich nehme die unterbrochene Sitzung wieder auf und gebe das Abstimmungsergebnis bekannt:

Abgegebene Stimmen: 165; davon „Ja“-Stimmen: 98, „Nein“-Stimmen: 67.

Der vorliegende Gesetzentwurf ist somit in dritter Lesung angenommen.

Gemäß § 66 Abs. 8 der Geschäftsordnung werden die Namen der Abgeordneten unter Angabe ihres Abstimmungsverhaltens in das Stenographische Protokoll aufgenom­men.

Mit „Ja“ stimmten die Abgeordneten:

Amon Werner, Antoni, Aubauer;

Bayr, Becher Ruth, Berlakovich, Buchmayr, Bures;

Cap;

Diesner-Wais, Dietrich, Durchschlag;

Ecker, Ehmann, El Habbassi, Ertlschweiger, Eßl;

Fazekas, Feichtinger Klaus Uwe, Fekter, Fichtinger Angela, Franz;

Gahr, Gerstl, Gessl-Ranftl, Grillitsch, Groiß, Grossmann, Gusenbauer-Jäger;

Hagen, Hakel Elisabeth, Hammer Michael, Hanger Andreas, Haubner, Hechtl, Heinzl, Hell, Himmelbauer, Hofinger Manfred, Höfinger Johann, Huainigg;

Jank, Jarolim;

Karl, Katzian, Keck, Knes, Kopf, Krainer Kai Jan, Kucher, Kuntzl;

Lettenbichler, Lipitsch, Lopatka, Lueger Angela, Lugar Robert;


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll123. Sitzung / Seite 214

Matznetter, Mayer, Muchitsch, Muttonen;

Nachbaur Kathrin;

Obernosterer, Ofenauer, Ottenschläger;

Pendl, Pfurtscheller, Plessl, Preiner, Prinz;

Rasinger, Rauch Johannes;

Schabhüttl, Schenk, Schieder, Schittenhelm, Schmuckenschlager, Schopf, Schultes, Sieber Norbert, Singer Johann, Spindelberger, Steinacker, Steinbichler, Strasser;

Tamandl, Töchterle, Troch;

Unterrainer;

Vetter, Vogl;

Weigerstorfer, Weninger, Wimmer, Winzig, Wittmann, Wöginger, Wurm Gisela;

Zakostelsky.

Mit „Nein“ stimmten die Abgeordneten:

Alm, Angerer, Aslan;

Belakowitsch-Jenewein, Bösch, Brosz, Brückl, Brunner;

Darmann, Deimek, Doppler;

Gamon Claudia Angela, Glawischnig-Piesczek;

Fuchs;

Hackl Heinz-Peter, Haider, Hauser, Höbart, Holzinger-Vogtenhuber, Hübner;

Jannach, Jarmer;

Karlsböck, Kassegger, Kitzmüller, Köchl, Kogler, Königsberger-Ludwig, Korun, Kucharowits, Kumpitsch;

Lausch, Lichtenecker, Lintl, Loacker;

Maurer, Mölzer, Moser, Mückstein, Mühlberghuber, Musiol;

Neubauer Werner;

Pilz, Pirklhuber, Pock;

Rauch Walter, Rosenkranz Barbara, Rosenkranz Walter;

Schellenbacher, Scherak, Schimanek, Schmid Gerhard, Schmid Julian, Schwentner, Steger, Steinhauser, Strache, Strolz;

Themessl;

Vavrik;

Walser, Willi, Windbüchler-Souschill, Wurm Peter;

Yilmaz;

Zanger, Zinggl.

*****

 


Präsidentin Doris Bures: Wir gelangen nun zu weiteren Abstimmungen, nämlich zur Abstimmung über den Entschließungsantrag der Abgeordneten Pendl, Amon, Kolle-


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll123. Sitzung / Seite 215

ginnen und Kollegen betreffend Begutachtung einer Verordnung gemäß § 36 Abs. 1 Asylgesetz 2005.

Ich bitte jene Damen und Herren, die für den Entschließungsantrag eintreten, um ein zustimmendes Zeichen. – Das ist mit Mehrheit angenommen. (E 137.)

Wir gelangen nunmehr zur Abstimmung über den Entschließungsantrag der Abge­ordneten Hagen, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Höheres Strafausmaß für Schlepper“.

Ich bitte jene Damen und Herren, die sich hierfür aussprechen, um ein zustimmendes Zeichen. – Das ist die Minderheit. Abgelehnt.

Wir gelangen nunmehr zur Abstimmung über den Entschließungsantrag der Abge­ordneten Hagen, Kolleginnen und Kollegen betreffend „48 Stunden Asylverfahrens­dauer laut Schweizer Modell“.

Wer hierfür eintritt, den bitte ich um ein entsprechendes Zeichen. – Das ist die Min­derheit. Abgelehnt.

Wir gelangen nunmehr zur Abstimmung über den Entschließungsantrag der Abge­ordneten Hagen, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Errichtung von EU-Wartecamps in Nordafrika für Personen mit negativem Asylbescheid“.

Wer sich hierfür ausspricht, den bitte ich um ein Zeichen. – Das ist die Minderheit. Abgelehnt.

Wir gelangen jetzt zur Abstimmung über den Tagesordnungspunkt 5: Entwurf betref­fend ein Bundesgesetz, mit dem das Grenzkontrollgesetz und das BFA-Verfahrens­gesetz geändert werden, samt Titel und Eingang in 1098 der Beilagen.

Wer hierfür stimmt, den bitte ich um ein Zeichen. – Das ist mit Mehrheit angenommen.

Wir gelangen sogleich zur dritten Lesung.

Wer auch in dritter Lesung seine Zustimmung gibt, den ersuche ich um ein diesbe­zügliches Zeichen. – Der Gesetzentwurf ist auch in dritter Lesung mit Mehrheit ange­nommen.

Wir gelangen nunmehr zur Abstimmung über den Entschließungsantrag der Abge­ordneten Schenk, Kolleginnen und Kollegen betreffend „DNA-Fingerabdruck“.

Ich bitte jene Damen und Herren, die für den Entschließungsantrag sind, um ein Zeichen. – Das ist die Minderheit. Der Entschließungsantrag ist abgelehnt.

Damit gelangen wir zur Abstimmung über den Tagesordnungspunkt 6: Antrag des Ausschusses für innere Angelegenheiten, seinen Bericht 1099 der Beilagen zur Kenntnis zu nehmen.

Wer für die Kenntnisnahme stimmt, den bitte ich um ein Zeichen. – Das ist mit Mehr­heit angenommen.

Weiters kommen wir zur Abstimmung über den Tagesordnungspunkt 7: Antrag des Ausschusses für innere Angelegenheiten, seinen Bericht 1100 der Beilagen zur Kennt­nis zu nehmen.

Wer hierfür stimmt, den bitte ich um ein Zeichen. – Das ist mit Mehrheit angenom­men.

Wir gelangen zur Abstimmung über den Tagesordnungspunkt 8: Antrag des Aus­schusses für innere Angelegenheiten, seinen Bericht 1101 der Beilagen zur Kenntnis zu nehmen.


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll123. Sitzung / Seite 216

Wer hierfür stimmt, den bitte ich um ein Zeichen. – Das ist mit Mehrheit ange­nom­men.

Damit gelangen wir zur Abstimmung über den Tagesordnungspunkt 9: Antrag des Ausschusses für innere Angelegenheiten, seinen Bericht 1102 der Beilagen zur Kenntnis zu nehmen.

Ich bitte um ein Zeichen der Zustimmung. – Das ist mit Mehrheit angenommen.

Damit gelangen wir zur Abstimmung über den Tagesordnungspunkt 10: Antrag des Ausschusses für innere Angelegenheiten, seinen Bericht 1103 der Beilagen zur Kenntnis zu nehmen.

Wer für diese Kenntnisnahme ist, den bitte ich um ein Zeichen. – Das ist mit Mehrheit angenommen.

Ferner gelangen wir zur Abstimmung über den Tagesordnungspunkt 11: Antrag des Ausschusses für innere Angelegenheiten, seinen Bericht 1104 der Beilagen zur Kennt­nis zu nehmen.

Wer sich dafür ausspricht, den bitte ich um ein Zeichen. – Das ist mit Mehrheit ange­nommen.

Schließlich kommen wir zur Abstimmung über den Tagesordnungspunkt 12: Antrag des Ausschusses für innere Angelegenheiten, seinen Bericht 1105 der Beilagen zur Kenntnis zu nehmen.

Wer sich dafür ausspricht, den bitte ich um ein Zeichen. – Das ist mit Mehrheit ange­nommen.

16.54.2113. Punkt

Erste Lesung: Regierungsvorlage: Bundesgesetz, mit dem das Bundesfinanz­rahmengesetz 2017 bis 2020 erlassen wird sowie das Bundeshaushaltsgesetz 2013, das Bundesfinanzrahmengesetz 2016 bis 2019 und das Bundesfinanz­gesetz 2016 geändert werden (1096 d.B.)

 


Präsidentin Doris Bures: Damit gelangen wir zum 13. Punkt der Tagesordnung. – Ich begrüße Herrn Bundesminister Dr. Schelling.

Wir gehen sogleich in die Debatte ein.

Zu Wort gemeldet hat sich Herr Abgeordneter Krainer. – Bitte.

 


16.55.02

Abgeordneter Kai Jan Krainer (SPÖ): Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Wir nehmen heute das Bundesfinanzrahmengesetz für die Jahre 2017 bis 2020 in eine erste Lesung, es ist gestern im Ministerrat beschlossen worden. Wie der Name schon sagt, ist es klar, dass es hier um Rahmenbedingungen geht, einerseits um den Rahmen, in dem die Budgetvorschau und die Budgetplanung für die nächsten vier Jahre vorgenommen werden, und andererseits natürlich um den Rahmen für die einzelnen Ressorts.

Wenn wir uns ansehen, wie sich der Finanzrahmen und die Rahmenbedingungen entwickeln, so ist, wie in den letzten Jahren, klar, dass eine der wesentlichen Rahmen­bedingungen noch immer die Auswirkungen der Finanzkrise seit dem Jahr 2008 und damit einhergehend Bankenkrise und Wirtschaftskrise in den darauf folgenden Jahren sind. Das ist mit hohen Kosten fürs Budget verbunden, vor allem was die Banken­sanierung, die Bankenrettung und die Abwicklung von Banken betrifft. Man sieht hier


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll123. Sitzung / Seite 217

nicht nur die hohen sozialen Kosten der Arbeitslosigkeit, sondern natürlich auch die monetären Kosten der Arbeitslosigkeit sehr deutlich, und ich halte es für absolut richtig, dass zusätzliche Mittel in die Hand genommen werden, um Menschen, die von Lang­zeitarbeitslosigkeit betroffen sind, durch Qualifizierung, durch Schulung eine Chance zu geben, wieder einen Job zu bekommen und in den Arbeitsmarkt eintreten zu können.

Der dritte Punkt, der als Rahmenbedingung im Bundesfinanzrahmen in den nächsten Jahren spürbar ist, sind die Herausforderungen im Zusammenhang mit Flüchtlingen. Wir waren nicht nur letztes Jahr vor eine große Herausforderung gestellt, sondern das wird auch in den nächsten Jahren so sein. Wir werden heuer, wir werden nächstes Jahr die Aufgabe und die Herausforderung haben, Zehntausende Flüchtlinge, Kriegs­flüchtlinge aufzunehmen, hier ordentlich unterzubringen, ihnen Integrationsmöglich­keiten zu bieten, ihnen Deutsch beizubringen, die Kinder in den Schulen aufzunehmen und ihnen auch eine Perspektive zu bieten.

Das sind die drei wesentlichen Rahmenbedingungen, die den Bundesfinanzrahmen in den nächsten Jahren prägen.

Das, was man im Bundesfinanzrahmen noch sieht, ist die Politik der letzten Jahre. Man sieht zum Beispiel im Bereich Pensionen, dass die Reformen, die hier gemacht wurden, damit die Menschen länger in Arbeit sind, länger arbeiten können und später in Pension gehen, wirken. Über den Finanzrahmen sehen wir, wie diese Reform wirkt und dass es hier um mehrere Milliarden geht. Also nicht jedes Jahr um mehrere Milliarden, aber doch im Schnitt jedes Jahr um eine Milliarde, die wir weniger ausgeben müssen, als wir gedacht haben, weil eben diese Reformen wirken. Und das ist gut, dass wir es schaffen, dass Menschen länger in Beschäftigung sind, das heißt, dass das faktische Pensionsalter steigt. Und man sieht im Finanzrahmen, dass diese Reformen auch gewirkt haben.

Was man noch sieht, ist die Zinsentwicklung als Positivum – nicht, weil wir dadurch weniger Schulden haben, sondern, weil die Zinsen einfach sehr niedrig sind, und das spürt man auch ganz, ganz stark im Budget. Man sieht, dass wir dadurch Spielräume für die wichtigen Aufgaben wie Arbeitslosenbekämpfung, Pflege und so weiter haben und diese auch genützt werden.

Was man auch sieht, ist, dass sich die Einnahmenstruktur verändert hat, nicht zuletzt auch durch die Steuerreform, die heuer in Kraft getreten ist, mit der wir die Steuern und Abgaben auf Arbeit um circa 6 Milliarden € gesenkt haben. Das heißt, wir haben die Steuern auf Arbeit gesenkt, während wir im Gegenzug eine Gegenfinanzierung mit kapital- und vermögensbezogenen Steuern vorgenommen haben. Das finden wir sehr positiv. Das ist ein Weg, der seit 2008 gegangen wird: Steuern und Abgaben auf Arbeit zu senken und dafür gerechtere Steuern auf Kapital und Vermögen.

Das sind Punkte, an denen man sieht, dass die Politik, die in den letzten Jahren ge­macht wurde, auch wirkt.

Es gibt noch eine sehr positive Sache, die ich sehe, und das ist – weil das Parlament hier ja schon öfters beschlossen hat, dass wir mehr für die Entwicklungs­zusam­men­arbeit machen müssen –, dass die Kürzungen, die in diesem Bereich vor einigen Jahren gemacht wurden und die, glaube ich, ein Fehler waren, zurückgenommen werden und hier wieder steigende Ausgaben, mehr Geld vorgesehen werden.

Man muss nur klar sagen, es geht nicht allein um die Frage, wie viel Geld gebe ich aus, sondern vor allem, wie gebe ich es aus – also darum, dass dieses Geld auch wirklich für Armutsbekämpfung ausgegeben wird und dafür, dass Menschen eine Perspektive haben in Ländern, in denen sie heute wenig oder keine Perspektive


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll123. Sitzung / Seite 218

haben, und dass das einen positiven Beitrag dazu liefert, jetzt sage ich einmal, Armutsbekämpfung global zu gestalten und nicht nur Symptombekämpfung zu betrei­ben. Ein Symptom von Armut weltweit sind zum Beispiel Migrationsentwicklungen, und diese zu stoppen ist eine Symptombekämpfung. Und es geht darum, dieses Geld auch wirklich auszugeben, um die Ursache, nämlich die Armut und die Perspektivenlosigkeit vor Ort, zu bekämpfen. (Präsident Kopf übernimmt den Vorsitz.)

Was ich halb positiv sehe, ist, dass das, was wir in den letzten Jahren hatten, nämlich eine strukturelle Unterbudgetierung im Bildungsbereich, zumindest indirekt behoben ist; nicht direkt – es wäre richtig, das zu machen –, aber zumindest indirekt über den Strategiebericht.

Was ich auch sehr positiv finde, ist, dass wir Geld für Integration in die Hand nehmen, wo es um den Bildungsbereich geht, wo es natürlich auch um den Sicherheitsbereich geht, aber vor allem auch um Bildungs- und Integrationsmaßnahmen.

Ich finde es positiv, dass wir mehrere Maßnahmen gesetzt haben, um die Steuer­ehr­lichkeit zu erhöhen. Wir haben Maßnahmen gesetzt, die quer durch die Gesellschaft gehen, also sowohl große Steuerzahler als auch kleine Steuerzahler betreffen. Ich glaube aber, dass wir vor allem bei den sehr großen Einkommensbeziehern – die, wie wir aus Panama Leaks und dergleichen sehen, noch immer Schlupflöcher nutzen, um nicht ehrlich ihre Steuer zu zahlen – mehr machen müssen. Ich glaube, dass es richtig ist, eine Registrierkassenpflicht zu haben, ich glaube, dass die Belegerteilungspflicht richtig ist, ich glaube nur, dass das Verständnis dafür ein höheres wäre, wenn man sehen würde, dass man auch gegen die Oberen Zehntausend und deren „Tricks“ – unter Anführungszeichen –, um nicht ihren gerechten Steuerbeitrag zu leisten, effek­tiver vorgeht.

Es gibt eine Reihe von nationalen Maßnahmen, die wir noch setzen könnten. Wir hatten ja vor wenigen Tagen eine Sondersitzung, da haben wir von der SPÖ eine Reihe von Vorschlägen gemacht, wie zum Beispiel – zur Erinnerung – eine Verpflich­tung, Briefkastenfirmen offenzulegen, sich als Steuerzahler in Österreich zu deklarieren und die eben nicht heimlich zu machen, sondern sie zu deklarieren. Oder: eine nationale Liste von Steuersümpfen – das heißt, dass einfach die Beziehungen mit Steuersümpfen eingeschränkt werden und es die Möglichkeit gibt, Teile der Welt, die einfach nicht kooperieren, von Zahlungsströmen und Zahlungsflüssen unsererseits abzuschneiden.

Ich würde mich freuen, wenn wir, auch als Signal gerade an die breite Masse – die ein hohes Verständnis hat, Steuern zu zahlen, wenn alle ihre Steuern zahlen –, eine breitere Mehrheit hier im Haus fänden, auch effektiver gegen die großen schwarzen Schafe vorzugehen. Ich lade alle dazu ein, mit uns gemeinsam in den nächsten Wochen im Budgetausschuss sehr sachorientiert den Bundesfinanzrahmen zu disku­tieren, aber natürlich auch Maßnahmen, die darüber hinausgehen, vor allem wenn es um die Frage geht, was wir machen können, damit auch die großen Firmen und die sehr reichen Einzelpersonen ihre Steuern ehrlich zahlen. – Danke schön. (Beifall bei der SPÖ sowie der Abg. Tamandl.)

17.03


Präsident Karlheinz Kopf: Nun gelangt Frau Abgeordnete Tamandl zu Wort. – Bitte.

 


17.03.42

Abgeordnete Gabriele Tamandl (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Finanzminister! Sehr geehrte Damen und Herren! Werte Kolleginnen und Kolle­gen! Ja, es hat Tradition in diesem Haus und es ist auch diesmal so, dass wir das Bun­des­finanzrahmengesetz, nämlich den Rahmen, mit dem wir die Ausgabenober­gren-


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll123. Sitzung / Seite 219

zen – für das Jahr 2017 bis 2020 diesmal – festlegen, in einer ersten Lesung vor­beraten. Nächste Woche, am 4. Mai, werden wir im Budgetausschuss im Rahmen eines öffentlichen Expertenhearings dann noch intensiv Gelegenheit haben, über den Bundesfinanzrahmen für die Jahre 2017 bis 2020 zu beraten.

Es sind sehr schwierige Voraussetzungen, die der Finanzminister vorgefunden hat – auch dieses Jahr wieder –, den Finanzrahmen für diese vier Jahre zu erstellen, denn wir kämpfen immer noch mit einer hohen Arbeitslosigkeit, wir wollen weiterhin unseren Konsolidierungs- und Wachstumskurs fortsetzen, und wir wollen selbstverständlich keine EU-Verfahren riskieren. Daher wollen wir weiterhin daran arbeiten, das struk­turelle Nulldefizit zu halten – denn schon 2015 haben wir erstmals einen positiven Saldo erwirtschaftet. Das heißt, viele Kritiker, auch aufseiten der Opposition und aufseiten der Experten, die immer wieder sagen, das Budget hält nicht, werden immer wieder eines Besseren belehrt, weil das Budget dann jedes Jahr doch wieder sehr positiv in den Bundesrechnungsabschluss mündet.

Welche Voraussetzungen haben wir mit diesem Rahmenplan zu erfüllen? – Wir wollen weiterhin in der öffentlichen Verwaltung Strukturreformen durchführen. Wir wollen bei den Pensionen und beim Arbeitsmarkt bessere Maßnahmen finden. Beim Arbeitsmarkt ist das ja leider Gottes noch nicht so gut gelungen, obwohl wir da sehr viel Geld in die Hand nehmen. So wird beispielsweise die Arbeitslosigkeit in den nächsten Jahren noch steigen, nämlich bis zum Jahr 2020 auf 6,3 Prozent. Derzeit, beziehungsweise im Jahr 2015, liegen wir bei 5,7 Prozent. Das heißt, hier gibt es überhaupt nichts zu be­schö­nigen.

Es wird mit diesem Finanzrahmen und mit diesen Ausgabenobergrenzen versucht, die öffentliche Verschuldung zu drücken. Wir sollten ja eigentlich im Jahr 2020 bereits auf 60 Prozent sein, aber wir nehmen uns zumindest vor, von einem Ergebnis des Jahres 2015, wo wir eine öffentliche Verschuldung von 86,2 Prozent haben, auf 76,6 Prozent zurückzugehen, weil es ganz einfach auch wichtig ist, dass wir Gelder für die Zukunfts­themen in diesem Land und auch für die Jugend lockermachen. Das ist uns ganz, ganz wichtig.

Der Finanzminister ist ja derjenige, der das Geld der Steuerzahlerinnen und Steuer­zahler sorgsam verwaltet. Und er hat auch gerade für jene Ressorts, die besondere Herausforderungen zu bewältigen haben, beispielsweise was die Flüchtlingsströme oder die Integration der anerkannten Flüchtlinge betrifft, frisches Geld in die Hand ge­nom­men. Dafür ist ihm sehr zu danken. Was beispielsweise das Thema Integration betrifft, so war es eine halbe Milliarde Euro – wobei da in Österreich natürlich schon eine gewisse Zersplitterung festzustellen ist, weil mehrere Ministerien Geld für Inte­grationsmaßnahmen, für Deutschkurse bekommen. Das heißt, eine Evaluierung, ob diese Maßnahmen und diese Gelder effizient eingesetzt sind, sollten wir uns, glaube ich, durchaus einmal überlegen. (Beifall bei der ÖVP.)

Was die Landesverteidigung betrifft, so ist der Ruf nach mehr Mitteln ja schon lange zu vernehmen. Wir haben uns im Jänner 2014 ja selbst für die allgemeine Wehrpflicht ausgesprochen. Und jetzt werden hier auch noch circa 900 Millionen € in die Hand genommen werden, damit eben das Bundesheer, auch was die Flüchtlingsströme betrifft, was den Grenzschutz betrifft, ordentlich finanziert ist.

Und natürlich auch im Bereich der inneren Sicherheit, was die Polizistinnen und Polizisten betrifft, gibt es bis zum Jahr 2020 2 000 neue Polizisten, und jetzt kurzfristig 750 neue Polizistinnen und Polizisten nach einer sechsmonatigen Ausbildung für den Grenzeinsatz. Auch das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl wird um 250 Mitar­beiter aufgestockt. Ich glaube, das ist ein sehr wesentlicher Punkt.


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll123. Sitzung / Seite 220

Nicht zu vergessen: die Familien. Gestern wurde im Ministerrat das Kinderbetreuungs­geldkonto auf die Reise gebracht. Das ist sehr zu begrüßen: eine Flexibilisierung der Kinderbetreuungsgeldvarianten für die Familien, ein Bonus, wenn sich Mutter und Vater die Betreuungspflichten mit je 50 Prozent, oder auch 60 : 40 Prozent, teilen. Das wird uns auch noch einmal 150 Millionen € kosten. Und, nicht zu vergessen, die zwei­malige Anhebung der Familienbeihilfe mit 1. Jänner 2016 und 2018 um jeweils 1,9 Prozent – auch 180 Millionen € für Familien.

Ich möchte abschließend noch die Steuerreform hervorheben, die uns ja jährlich 5 Milliarden € kostet. Das ist auch gut so, denn die Österreicherinnen und Österreicher, die Steuerzahlerinnen und Steuerzahler haben sich das verdient. Die Lohnneben­kostensenkung in der Höhe von 1 Milliarde € ist auch ein wesentlicher Punkt zur Schaf­fung und Erhaltung von Arbeitsplätzen.

Ich glaube, auch hier ist dem Vorstoß oder den Vorstößen des Finanzministers durch­aus Unterstützung zuzusagen, einerseits was die Beseitigung der kalten Progression betrifft – das ist ein Punkt, den man noch an die Steuerreform anhängen muss – und, als zweiter Punkt, auch was die Weiterführung der Steuerbetrugsbekämpfung betrifft. Herr Finanzminister, da danke ich sehr für den neuerlichen Vorstoß, das Reverse-Charge-System umzusetzen, dass nämlich in Zukunft der Rechnungsempfänger die Steuer schulden soll. Ich glaube, das ist ein wesentlicher Punkt, und da hast du meine volle Unterstützung.

Wie gesagt, wir werden nächste Woche intensive Beratungen im Budgetausschuss führen, was den Bundesfinanzrahmen 2017 bis 2020 betrifft. (Beifall bei der ÖVP.)

17.09


Präsident Karlheinz Kopf: Nun gelangt Herr Abgeordneter Mag. Haider zu Wort. – Bitte.

 


17.10.18

Abgeordneter Mag. Roman Haider (FPÖ): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Hohes Haus! Jetzt liegt er also vor, der Finanzrahmen für die nächsten vier Jahre, sogar einen Tag früher als ursprünglich geplant – denn eigentlich wäre er ja erst morgen auf der Tagesordnung gestanden. Aber in Griechenland bahnt sich schon wieder die nächste Schuldenkrise an, darum wollte man morgen ein Sondertreffen der Euro-Gruppe abhalten, an dem der Finanzminister hätte teilnehmen sollen. Dieses Sondertreffen ist aber ohnehin schon wieder abgesagt, weil die Probleme in Griechenland viel größer sind, als man geglaubt hat, und jetzt drängt Athen sogar auf einen EU-Notgipfel der Regierungschefs. Griechenland steht also wieder einmal vor der Zahlungsunfähigkeit, und es stellt sich schon die Frage, was uns diese permanente Rettungspolitik wieder kosten wird, meine Damen und Herren.

Da mutiert so ein Finanzrahmen zu einem Machwerk mit vielen hehren Absichts­erklärungen. Die Absichten sind ja auch durchaus lobenswert: Es soll bis 2020 das Budgetdefizit auf 0,4 Prozent des BIP sinken und der enorme Staatsschuldenberg um knapp 8 Prozentpunkte von 84,3 jetzt auf 76,6 Prozent des BIP im Jahr 2020. – So weit, so schön. Das wären ja gar nicht so schlechte Nachrichten. Aber leider wird das so nicht passieren.

Denn: Um so schöne Zahlen aus dem Hut zu zaubern, hat der Herr Finanzminister wieder einmal ein bisschen getrickst. Und die Taube, die er da aus dem Hut gezaubert hat, nennt sich strukturelles Defizit (Abg. Kogler: Das ist eine Vorgabe! Das sind Unionsvorgaben!) – also jenes, das sich ergibt, wenn man Einmaleffekte und Unvor­hergesehenes herausrechnet.


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll123. Sitzung / Seite 221

Die Idee an sich wäre ja gar nicht so schlecht, dass man unvorhergesehene und unabwendbare Ereignisse, die einmalige Kosten verursachen, gesondert betrachtet. Da kann man dann sehen, ob die budgetäre Richtung grundlegend stimmt oder ob es eben strukturelle Probleme gibt. In unserem Fall wird aber das strukturelle Defizit leider dazu verwendet, die Regierungsarbeit und ihre Auswirkungen auf das Budget zu verschleiern. (Beifall bei der FPÖ sowie des Abg. Loacker.)

Nehmen wir als Beispiel dafür einfach die Kosten für den Migrantenansturm. Da haben wir in der letzten Zeit immer gehört, das wird 1,2 Milliarden € kosten. Wenn man sich jetzt die Zahlen anschaut, den Stabilitätsbericht, den der Herr Finanzminister gestern vorgelegt hat, und vor allem auch die Zahlen, die er nach Brüssel gemeldet hat, so ist da auf einmal von knapp 2 Milliarden € an Kosten die Rede! Das sind die Zahlen, die nach Brüssel gemeldet worden sind, und das ist Steuergeld, und darüber müssen wir sprechen! – Also 2 Milliarden! Aber die versucht er natürlich herauszurechnen und als Einmaleffekte darzustellen.

Erklärt wird das dann im Strategiebericht so:

„Der Mehrbedarf für Grenzkontrollen und -management wird daher nur für die Jahre 2016 und 2017 budgetiert, da zum derzeitigen Zeitpunkt davon auszugehen ist, dass mittelfristig die europäischen Lösungen greifen werden und müssen. Aus budgetärer Sicht handelt es sich daher um temporäre Maßnahmen, die als Einmaleffekte zu definieren sind.“

Temporäre Maßnahmen? Einmaleffekte? – Die EU verharrt seit mehr als einem Jahr in völliger Agonie, und dann hoffen Sie, Herr Finanzminister, dass sich da jetzt endlich irgendetwas tun wird? Das glauben Sie doch selbst nicht, dass diese Kosten Einmal­effekte sind! Die werden wir noch viele Jahre zu tragen haben, und auch aus diesem Grund wird dieser Finanzrahmen nicht halten. (Beifall bei der FPÖ. – Zwischen­bemer­kung von Bundesminister Schelling.)

Aber auch aus Gründen, die in anderen Bereichen liegen. Schauen wir uns etwa nur die Gegenfinanzierung an, von der Sie voriges Jahr bei Ihrer Belastungsreform, wie auch immer, gesprochen haben: Da wackeln Ihre Zahlen ganz gewaltig! Und das sagen Ihnen nicht nur wir, das sagen Ihnen auch alle Experten, vor allem auch Ihre eigenen, Herr Finanzminister. Sie sagen – das sind Ihre Zahlen –, dass unter dem Titel „Kampf gegen den Steuerbetrug“, inklusive der inzwischen berühmt-berüchtigten Registrierkassenpflicht, 1,9 Milliarden € an Gegenfinanzierung ins Budget fließen werden. Wir Freiheitlichen haben diese Zahlen von Anfang an in Zweifel gezogen, und inzwischen bezweifeln das auch Ihre eigenen Experten. So sagte etwa der Vorsitzende des Fiskalrates diese Woche – ich zitiere ihn wörtlich –:

„Diese Summe in das Budget 2016 zu stellen war schon recht mutig. […] Wenn man die Hälfte erreicht, kann man schon zufrieden sein. […] Es wird am Ende des Jahres auf jeden Fall ein ordentlicher Betrag fehlen.“ – Zitat des Vorsitzenden des Fiskalrates Felderer.

Da fehlt also in Zukunft in diesem Budget einiges. Auch die 1,1 Milliarden, die Sie als Gegenfinanzierung aus Verwaltungsreformen – wir sehen überhaupt keine Reformen, die diese Regierung in der letzten Zeit gemacht hat – budgetieren, werden nicht hereinkommen. Dazu sagt der Fiskalrat auch:

„Wir glauben auch bei diesem Posten nicht, dass der Staat an das gesetzte Ziel herankommen wird.“

Also keine Einsparung bei den Förderungen, die Transparenzdatenbank ist ein schlechter Witz, von einer Staatsreform ist nichts zu sehen, die Kosten für das Gesundheitswesen und für Soziales explodieren, bei der Mindestsicherung wird nichts


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll123. Sitzung / Seite 222

getan – außer in Oberösterreich, wo glücklicherweise die Freiheitlichen mitregieren. (Abg. Vogl: Ob das ein Glück ist, …!) Das Einzige, was dieses Budget rettet, sind die niedrigen Zinsen und ist die kalte Progression, und die gehen zulasten der Sparer und zulasten der Lohnsteuerzahler. Und das ist etwas, wogegen Sie nichts machen, und genau das nehmen Ihnen die Menschen auch übel – das sieht man auch an den Wahlergebnissen. (Beifall bei der FPÖ.)

Dass es auch anders geht, das zeigen ja unsere Nachbarländer Deutschland und die Schweiz. Die erwirtschaften Überschüsse, die reduzieren ihre Defizite. In der Schweiz ist von 2006 bis 2015 – in der gleichen Zeit, in der in Österreich die rot-schwarze Regierung am Werk ist – die Schuldenquote von 43 auf 34 Prozent gesunken. (Abg. Kogler: Da hat man aber auch schon lang von stinkendem fremdem Kapital gelebt, in der Schweiz! Von stinkendem Fremdkapital!) In Österreich ist sie unter Rot-Schwarz in genau der gleichen Zeit um mehr als 20 Prozent gestiegen. Das sind die Auswirkungen Ihrer Politik!

Dieser Finanzrahmen ist also die in Zahlen festgeschriebene Reformverweigerung und Untätigkeit dieser Bundesregierung. Er ist – und ich kann es leider nicht anders sagen – ein Dokument des Versagens. Offensichtlich wollen Sie die Probleme in Österreich nicht sehen. Offenbar sind Sie auch nicht bereit, die notwendigen Reformen durchzuführen. Offensichtlich sind Sie nicht in der Lage, dieses Land zu regieren und in die Zukunft zu führen. Dieser Finanzrahmen ist ein Dokument des Scheiterns. Ziehen Sie die Konsequenzen und machen Sie den Weg frei für eine echte Reform­regierung! (Beifall bei der FPÖ.)

17.17


Präsident Karlheinz Kopf: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Mag. Kogler. – Bitte.

 


17.17.54

Abgeordneter Mag. Werner Kogler (Grüne): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Ich glaube, die Thematik wird vermutlich – da schließe ich mich der Frau Kollegin Tamandl an – vertiefend rund um das Hearing diskutiert werden. Das ist jetzt doch in gewisser Weise zur Tradition geworden. Das muss man teilweise wenigstens loben, auch die Arbeit hier im Haus, dass wir das auch rund um den Finanzrahmen zustande bringen. Deshalb ist jetzt die Debatte vielleicht etwas mau, denn wie eine wirkliche Rück­trittsaufforderungsrede an die Regierung hat das jetzt ja nicht ganz geklungen.

Ich will selber heute noch auf ein paar Sachfragen eingehen, was den Budgetpfad und die Berechnungsmethoden betrifft.

Eine letzte Bezugnahme noch auf den Vorredner: Man muss schon immer schauen, wen man haut, wenn man jemanden hauen will. Ich kann nämlich jetzt nicht erkennen, dass der Herr Bundesminister – denn sonst hätte ich jetzt etwas lernen müssen; wenn das so ist, habe ich es aber nicht verstanden – für diese Berechnungsmethoden zuständig ist. Ich entnehme den Medien, was jetzt nur das strukturelle Defizit betrifft – wir wissen ja: strukturelles Defizit, alte Maastricht-Regel noch, und das klassische administrative –, dass sich ja der Herr Bundesminister, entlang welcher Kriterien auch immer – das habe ich nicht verfolgt, aber es ist den entsprechenden Meldungen zu entnehmen – selber darum bemüht, ausgesprochenerweise, dass man diese Berech­nung des strukturellen Defizits, die ja volkswirtschaftlich komplett haarig ist – das wissen wir ja eh –, zumindest vereinfacht.

Theoretisch machte es ja Sinn, wenn man von einer Wirtschaftsphilosophie ausgeht, dass zumindest dann, wenn alle privaten Investitionen zurückgehen und der Staat mit Einmal-Investitionen zum Beispiel gegensteuern will oder wenn bestimmte Sachen einmalig aufschlagen, das aus den an sich – das wird ja von dieser Seite ohnehin


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immer stärker gefordert – strengen Budgetregeln quasi indirekt oder auch direkt formuliert ausgenommen ist. Die Praxis ist halt sehr, sehr schwierig. Aber ich glaube, es wäre wirklich die falsche Adresse, würde man da jetzt am Herrn Finanzminister herumnörgeln.

Ich frage mich, wie das weitergehen wird. Wir haben selber mehrere Kritikpunkte. Aber man sieht ja auch, dass wir uns vor der Debatte nicht davonstehlen können, und da kann jeder bald einmal sagen: So ein Blödsinn, das strukturelle Budgetdefizit! Unsere Fraktion würde andere Vorschläge für die Neuberechnung haben als wahrscheinlich diese Fraktion (in Richtung ÖVP weisend), denn da ist ja auch immer ein Schuss Wirtschaftsideologie mit dabei.

Wie dem auch sei, kommen wir nun zu jenen Dingen, die man einfacher erkennen kann! – Wie weit der Budgetpfad halten wird, konkret die Defizitentwicklung, wenn man bis 2020 schaut, kann ich nicht sagen. Für heuer muss man sagen: Es wird, wie mein Kollege Rossmann sagt, die systematische strukturelle Unterfinanzierung des Bil­dungsbereichs da oder dort zu einem Nachtrag führen müssen. Ich kann es noch nicht endgültig beurteilen, aber die Gefahr, dass dies geschieht, steht ja eminent im Raum, und zwar wird diese lauter formuliert von der heute auf der Regierungsbank fehlenden Kollegin, die für die Bildungspolitik zuständig ist. Wie dem auch sei, diese Gefahr kann man nicht ganz übersehen.

Nun zu den Schwerpunkten. – Ihr redet immer davon, wo zusätzlich etwas passiert. Es ist in den sogenannten Sicherheitskapiteln etwas erkennbar, aber darauf lasse ich mich jetzt weniger ein, aber wo es wirklich um Zukunftsbereiche gehen würde, hat sich nicht viel verändert. Dazu gibt es aber auch fortlaufende Kritik, diese werde ich jetzt an dieser Stelle anbringen.

Diese Kritik betrifft einerseits die Investitionen in den Bereichen der Bildung – das wurde heute schon gesagt, das wiederhole ich nicht mehr –, obwohl es dort bekannt­lich nicht immer nur ums Geld geht, und andererseits Bereiche, wo es sehr wohl ums Geld geht, und das sind die Förderungen. Wir brauchen Förderungen, die sich sehr positiv auf die Volkswirtschaft und vor allem auf die Beschäftigungssituation auswirken, und die sind eben im Umweltbereich, im Bereich der modernen Technologien, der Energiewirtschaft, der Umweltwirtschaft notwendig. Da wäre viel mehr möglich, aber da ist jetzt zusätzlich nichts Großartiges geschehen, aber es ist anders als beim letzten Budgetrahmen, wo massiv gekürzt worden ist.

Wenn wir uns da an das erinnern, was bei den thermischen Sanierungen und bei den Klimafondsdotierungen herausgekommen ist, so muss man sagen: Das sind Effekte, die auf etwas anderes hinweisen als auf das, was offensichtlich mit dem Willen, der bei solchen Konferenzen wie in Paris, bei Klimagipfeln oder im Weltklimavertrag zum Aus­druck kommt, erreicht werden könnte. Also dieser Wille schlägt sich in den einzelnen Ländern – da sind wir vielleicht gar nicht die Einzigen – dann nicht unmittelbar nieder. Ich habe auch keine Investitions- oder Unterstützungslinie gesehen, jedenfalls keine budgetäre, die mit diesen Zielen zu tun hätte. Ganz im Gegenteil: Voriges Jahr war die Konferenz, und voriges Jahr ist für den Finanzrahmen dieser Bereich hinuntergekürzt worden. Jetzt ist inzwischen die Klimakonferenz in Paris gewesen, und man könnte meinen, da geht der Betrag hinauf, aber nein.

Ähnlich ist es bei anderen Positionen. Ich werde noch kurz dazu kommen, das lasse ich an sich nie aus: dass wir schon auch der Meinung sind, dass es bei einer Steuer- und Abgabenquote von 43, 44 Prozent nicht immer darum geht, nur zusätzlich Aus­gaben zu fordern, sondern schon auch darum, ein paar Stellen zu identifizieren, wo etwas gehen könnte. Das mache ich dann noch, ich leiste mir nur einmal, kurz das Fenster UG 46 einzuschieben: Finanzmarktstabilität.


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Was es immer für Euphemismen gibt! Wir haben damals das Gesetz so getauft, in Wirklichkeit geht es um Bankenhilfe beziehungsweise im besten Sinne um das, was mit der Stabilisierung verbunden ist: dass halt die vom Finanzsektor ausgehenden Schäden für die Volkswirtschaft nicht so groß sind. Das hat ja da oder dort auch etwas Positives zur Folge. Aber wir alle wissen, was für Hintergründe das in Österreich hat. Sie, Herr Finanzminister, sind da in keiner Weise schuld, das ist ja völlig klar. Nur: Man darf nie unerwähnt lassen, was uns das schon gekostet hat, nämlich viele, viele Milliarden. Und wer jetzt genau hingeschaut hat, der hat entdeckt, dass es für diesen Titel mit den heurigen Mitteln, plus den vierjährigen, noch einmal über 2,5 Milliarden bis 2020 sind. Ich will mich heute nicht so aufregen wie sonst an dieser Stelle.

Es gibt im Übrigen da auch etwas zu loben, muss ich sagen. Wir hatten neulich bei den Untersuchungen wieder ganz klar vor uns liegen, dass speziell im Jahr 2013 – zufällig ein Wahljahr – systematisch und verfassungswidrig, wie wir meinen, unterbudgetiert wurde. Da hat man längst schon gewusst, dass es etwa bei der – das kann bald keiner mehr hören – doch noch Hypo Alpe-Adria um mehrere Milliarden gehen wird, was sich auch voll auswirken wird, egal, mit welcher Lösung, es sei denn, wir hätten damals schon Zahlungsstopp und Schuldenschnitt organisiert, und zwar auf einer anderen Basis als der von damals, wo das mit 130 Millionen eingestellt war, zum Teil mit einer Unterdotierung um mehr als das Zehnfache, und zwar mit Anlauf und voller Absicht.

Da muss ich sagen: Da scheint mir die jetzige Variante realistischer zu sein. Das ist zwar kein Grund zur Freude, aber ein Lob für ein bisschen mehr Transparenz und mehr an Wahrheit ist da am Platze. Genau auf die Million kann es bekanntlich bei diesen Dingen eh keiner sagen.

Also ein lachendes, aber vor allem auch ein weinendes Auge, wenn man weiß, wie viel wir da schon hineingesteckt haben – da kann jetzt jede Fraktion nach ihrer Fasson einmal nachrechnen –, und wenn man bedenkt, dass wir eh schon 10 oder 15 unter­gehen gesehen haben. Und jetzt kommen noch welche dazu. Andere Banken haben auch noch etwas gehabt. Da kommt man schon in einen Bereich von etwa 20 Milliar­den.

Der Herr Krainer führt dann an dieser Stelle immer die Bankenabgabe an. – Soll sein. Ihre Fraktion wird vielleicht das Verteidigungsbudget hernehmen und schauen, wie viele Verteidigungsbudgets da schon versenkt worden sind. Andere mögen andere Vorlieben haben. Fest steht aber: Diese Dinge sollte man nie ganz vergessen!

Jetzt aber zu den Reformen! – Diese bilden sich im Finanzrahmen nicht unmittelbar ab, aber man kann schon laufend beobachten, wie parallel dazu die Verhandlungen zum Finanzausgleich laufen. Vielleicht können Sie uns, Herr Finanzminister, im Finanz­ausschuss dann einmal etwas Erfreulicheres berichten, als wir den Medien entnehmen können. Es sind ja die Grünen von diesen Verhandlungen systematisch ausgeschlos­sen. Selbst dort, wo wir regieren, ist die ÖVP nicht bereit, Transparenz oder auch nur eine korrekte Verhandlungsbasis walten zu lassen. Das werden wir uns aber eh nicht mehr lange gefallen lassen.

Aber ich kann nicht erkennen, dass da irgendein Effizienzgewinn bis jetzt stattfindet. Bald ist das Ganze vorbei, und ich sehe uns schon wieder dasitzen und verhandeln. Und dann gibt es eine Verlängerung, mit all den damit verbundenen Zusatz­kompli­kationen, die das dann nach sich zieht, etwa in den Bereichen Pflege und Kranken­häuser, wo dann zahlreiche Artikel-15a-Vereinbarungen getroffen werden.

Apropos: In den Bereichen der Gesundheit, der Krankenhäuser, der Schulen und vor allem der Förderungen, wo es um einen überzogenen Föderalismus geht, wäre, muss ich schon sagen, wirklich viel, viel mehr drinnen.


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Dass die Bundesländer bis heute nicht bereit sind, die Transparenzdatenbank auch nur mit irgendetwas annähernd Sinnvollem zu befüllen, zeigt ja nur, was das für ein harter Kampf wird – toi, toi, toi! – oder immer noch ist, nur kann uns keiner einreden, dass es in diesem Staat nicht auch irgendwo etwas sinnvoll zu sparen gibt. Wir wissen bis heute nicht, wer wo wen wirtschaftlich fördert, ich weiß nur, dass in meinem Bundes­land jene Betriebe, die eh schon die meisten Gewinne machen, die größten Förderun­gen bekommen. Ob das gescheit ist, sollten wir auch einmal hinterfragen. Insofern hätten wir noch genug zu tun. Wir werden das Ganze dann beim Hearing besprechen

Eine nächste Steuerreform muss anders aussehen als die alte. Wir hoffen, dass wir nicht zu viele Verluste an der Stelle haben, wo wir die Gegenfinanzierung eingepreist haben, denn die wird, fürchte ich, nicht so gut funktionieren, wie angenommen wurde. Seis drum! Wir werden ohnehin eine neue, eine echte, eine ökologisch-soziale brauchen. (Beifall bei den Grünen.)

17.27


Präsident Karlheinz Kopf: Herr Klubobmann Dr. Strolz kommt als Nächster zu Wort. – Bitte.

 


17.28.08

Abgeordneter Mag. Dr. Matthias Strolz (NEOS): Herr Präsident! Herr Minister! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Liebe Bürgerinnen und Bürger! Wir diskutieren heute den neuen Bundesfinanzrahmen. Das ist jenes Gesetzeswerk, mit dem wir finanziell den Ausblick auf die nächsten Jahre vornehmen. Das ist natürlich, wenn man so will, ein wichtiger Boxenstopp für die finanzielle Verfasstheit unseres Landes.

Der Ausblick ist so, wie er eigentlich das letzte halbe Jahrhundert immer war: Wir haben jetzt mehr oder minder Klarheit darüber, dass wir bis 2020 das fortsetzen, was wir die letzten 53 Jahre gemacht haben, nämlich jedes Jahr neue Schulden – das heißt, auch unter Finanzminister Schelling.

Hans-Jörg Schelling, du weißt, ich schätze vieles von dem, was du hier anzustoßen versucht hast. Vieles ist auch einfach nicht möglich mit den zwei Regierungsparteien zusammen, deswegen braucht es da einen Wechsel und eine Veränderung. Aber es ist natürlich schon heftig, dass wir es selbst in Jahren einer Niederzinsphase, wie sie diese Republik noch nie erlebt hat, nicht schaffen, ein ausgeglichenes Budget zu erstellen.

Jetzt kommt man mit der Behelfskonstruktion daher, dass man sagt: Wir haben kein strukturelles Defizit! Das heißt, Einmaleffekte rechnet man heraus. Aber seien wir doch ehrlich! Natürlich ist das auch eine interessante Berechnung, dass man sagt: Wie schaut es strukturell aus, wie schaut es insgesamt aus? Aber es ist einfach nicht aufrichtig, damit den Menschen Sand in die Augen zu streuen und zu sagen: Wir machen eh keine neuen Schulden, denn es gibt ein strukturelles Nulldefizit.

Wir machen jedes Jahr verlässlich neue Schulden, auch in den nächsten vier Jahren. Das heißt, 2020 wird es dann das 58. Jahr in Folge sein, in dem wir der nächsten Generation neue Steine in einen bereits wirklich schweren Schuldenrucksack legen. Das ist nicht okay, das ist nicht generationengerecht, das ist nicht zukunftsfit, das ist nicht enkelfit, das ist für eine Generation, die jetzt mit dem Ausblick in ihr Erwerbsleben hineingeht, die höchste Arbeitslosigkeit seit dem Zweiten Weltkrieg zu erleben, die in eine Überschuldung hineingeht, die in die Perspektive von nicht generationengerecht aufgestellten Sozialsystemen hineingeht, eine Belastung. Das ist nicht fair gegenüber den jungen Menschen.

Herr Finanzminister, das geht besser. Und wenn jetzt jemand sagt, das sind Natur­gesetze, wir haben eine Wirtschaftskrise und eine Finanzkrise et cetera, dann muss ich


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sagen: Nein, es geht besser, wenn man will! Es gibt natürlich Staaten, die ähnliche Schicksale wie wir haben, das stimmt, aber Schweden zum Beispiel zeigt, dass sin­kende Steuerabgabenquoten und eine sinkende Staatsverschuldung gleichzeitig mög­lich sind. Schweden – ganz offensichtlich ein Sozialstaat! Die Schweiz erarbeitet sogar Überschüsse während der Wirtschaft- und Finanzkrise. Anzuführen ist in dieser Reihe auch Deutschland, das in den letzten Jahren mit ausgeglichenen Budgets bilanziert. Das heißt, das sind keine Naturgesetze.

Wenn man das Ganze dann mit dem wirtschaftlichen Ausblick für Österreich, den uns internationale Institutionen mit auf den Weg geben, kombiniert, dann wird es düster. Warum? – Weil beispielsweise der IWF die Prognosen so ausschildert, dass wir im Jahre 2021 gemeinsam mit Italien das Schlusslicht in der Europäischen Union sind. Das ist ein Punkt, der in Österreich natürlich vieles zum Rutschen bringen wird. (Beifall bei den NEOS.)

Wenn wir glauben, dass das alles Statistiken sind und dass das alles mit dem echten Leben nichts zu tun hat, dann haben wir uns sehr getäuscht. Und wir werden auch getäuscht, wenn uns etwas anderes vorgegaukelt wird. Da frisst sich nämlich eine echte Schieflage in das österreichische Gesellschaftssystem hinein, und das wird sich in jeden Haushalt, in jede Familie hineinfressen. Wir werden an Lebensqualität verlieren, wir werden an Wohlstand verlieren, vor allem die jungen Generationen wer­den an Chancen verlieren, und das eklatant. Der Wirtschaftsstandort verliert eklatant an Attraktivität. Das hat damit zu tun, Herr Minister, dass diese Regierung keine substanziellen Reformen zustande bringt. Da kommt einfach nichts daher.

Es war am 17. November 2015, dem Tag der Ankündigung einer Bildungsreform, als es nach einem Jahr des Verhandelns geheißen hat: Jetzt kommt die Bildungsreform, und die bringen wir bis Juni 2016 über die Kante! Was wir in Wirklichkeit über die Kante bringen, ist mehr oder minder ein Überführen von jahrzehntelang erprobten Schulversuchen ins Regelschulwesen. Das ist keine Raketen-Wissenschaft, das sind nicht einmal kleine Brötchen. „Bildungsreform“ darüberschreiben darf man da nicht.

Was wir auch nicht über die Kante bringen, ist eine Pensionsreform. Diese Regierung bringt offensichtlich auch die Transparenzdatenbank nicht über die Kante, die wird seit sechs Jahren von den sogenannten Landesfürsten blockiert. Ich habe auch große Bedenken, dass der Finanzausgleich wirklich etwas bringen wird, weil sich auch da die ÖVP und die SPÖ selbst Fesseln angelegt haben. Denn: De facto haben doch die Landesfürsten ein Vetorecht. Das heißt, wenn sie nicht bessergestellt werden – und sie wurden sukzessive jedes Jahr auch durch den „grauen“ Finanzausgleich, die Artikel-15a-Vereinbarungen, bessergestellt –, wenn sie nicht noch mehr Geld bekommen für ihre Steuergeld-Verbrennungsmaschine, genannt organisierte Verantwortungslosigkeit, Marke Föderalismus Österreich, dann werden sie ein Veto einlegen.

Das ist das Schicksal dieses Landes: Wir sind in Geiselhaft von Landesfürsten, Fürsten der Finsternis, die nicht offenlegen, wie sie das Geld verbrennen. Solange diese zwei Parteien in der Regierungsverantwortung sind, wird sich daran nichts ändern – auch wenn Menschen guten Willens in einzelnen Ämtern sind, so wie Herr Schelling, denn sie sind mehrfach gebunden, gefesselt, geknebelt von diesen Herrschaften!

Deswegen braucht es einen neuen strukturellen Machtaufbau. Das wird die große Auseinandersetzung der nächsten Monate und Jahre sein. Es ist eine Variante der Veränderung ersichtlich, und ich glaube, es sind andere Kräfte jetzt in der Pflicht, ein Kräftefeld so zu entwickeln, dass die Bevölkerung begreift, dass es noch eine zweite Option für Veränderung gibt. Daran werden wir arbeiten! (Beifall bei den NEOS sowie der Abg. Lichtenecker.)

17.35



Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll123. Sitzung / Seite 227

Präsident Karlheinz Kopf: Herr Klubobmann Ing. Lugar gelangt als Nächster zu Wort. – Bitte.

 


17.35.07

Abgeordneter Ing. Robert Lugar (STRONACH): Hohes Haus! Herr Finanzminister, ich möchte mit Ihnen nicht tauschen, Sie haben keinen leichten Job in dieser Republik, und ich gestehe Ihnen auch zu, dass Sie guten Mutes waren, als Sie angefangen haben. Ich kann mir auch gut vorstellen, dass es für Sie nicht einfach ist in einer Situ­ation, in der die faktischen Umstände einen dazu zwingen, letztlich alle Reformprojekte über Bord zu werfen. Da Sie auf mich schon einen etwas abgekämpften Eindruck machen, kann ich mir auch gut vorstellen, warum das so ist, und ich würde das auch gerne an einem Beispiel festmachen.

Wir haben, seit Sie im Amt sind und natürlich auch schon vorher, darüber diskutiert, dass es ein Problem bei der Bildung gibt. Die Bildungsministerin hat das auch immer wieder wortreich erklärt, und auch der Rechnungshof hat gesagt, dass bei der Bildung unglaublich viel Geld fehlt. Konkret waren das bis vor Kurzem 300 Millionen €, jetzt sind es 550 Millionen €. Sie haben immer gesagt, es sei kein Geld da, Sie wollen Reformen sehen, und so weiter.

Jetzt haben wir das Flüchtlingsproblem, das natürlich nicht Sie verursacht haben, das ist mir schon klar, aber da sind dann plötzlich 2 Milliarden € da. Da wird dann ganz locker Geld aufgetrieben, um eben die Flüchtlinge zu versorgen, die Sie zwar nicht ins Land geholt haben, aber in Bezug auf welche Sie sich anscheinend unglaublich bemüßigt fühlen, diese vorrangig zu behandeln. Da wird dann Geld hineingesteckt. Aber bei der Bildung heißt es einfach: Warten bis zum Ende des Jahres! Da geht man dann im Finanzrahmen so vor, dass man sagt: Bei der Bildung warten wir bis zum Ende des Jahres, und dann wird uns hoffentlich etwas einfallen! – Das ist aber nicht der richtige Weg, Herr Minister! (Beifall beim Team Stronach.)

Ich glaube, dass Sie das auch so sehen, denn die Bildung ist das ureigene Substrat eines Volkes, eines Landes, um die Zukunft abzusichern. Das sind die Flüchtlinge nicht, ganz im Gegenteil, die meisten Flüchtlinge, die zu uns kommen, machen eher Probleme, als dass sie uns in irgendeiner Form gegen irgendetwas absichern. Das wis­sen Sie auch, und deshalb kann ich Sie gut verstehen und deshalb sind Sie wahr­scheinlich auch nicht davon begeistert, dass Sie in die falsche Richtung investieren müssen.

Ich weiß auch, wem das geschuldet ist – nämlich den Strukturen, die Sie im Hinter­grund bremsen! Aber wenn Sie tatsächlich als Minister etwas hinterlassen wollen – denn wie man hört, gibt es Sie als Minister nicht mehr so lange, weil an Ihrem Ast schon fest gesägt wird, was ich sehr bedauere, weil ich glaube, dass Sie ein Minister wären, der einiges bewegen könnte –, dann hätten Sie bis Ende des Jahres die Chance, auch tatsächlich etwas zu hinterlassen, worauf dann vielleicht meine Kinder und auch meine Enkelkinder stolz sein könnten. Nämlich: Sie könnten sich beim Finanzausgleich so weit querlegen, dass wir endlich eine substanzielle Reform in diesem Land zustande brächten.

Das hat Kollege Strolz schon vorhin gesagt: Wir haben ein Problem mit dem Föde-ralismus, mit den Landesfürsten. Wir haben das Problem, dass sich die Landesfürsten eine Regierung halten und auch einen Finanzminister. Nur beim Finanzausgleich haben Sie die Möglichkeit, da Stopp zu sagen. Sie haben auch die Möglichkeit, all die verkorksten Strukturen in den Ländern endlich aufzubrechen, um die 30 Milliarden €, die jedes Jahr in die Länder fließen, wo keiner weiß, was die Landesfürsten damit machen, endlich für sinnvolle Zwecke einzusetzen. (Beifall beim Team Stronach.)


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll123. Sitzung / Seite 228

Das wäre einmal ein gutes Konzept! Da könnten Sie auch etwas hinterlassen. Aber politisch überleben werden Sie natürlich nicht, wenn Sie sich gegen die Landes­häupt­linge stellen, denn wir haben das Problem, dass beide Parteien in sich demokratisch legitimiert sind und die Landesfürsten die jeweiligen Parteiobleute bestimmen. Die werden natürlich ein Problem damit haben, wenn Sie endlich das tun, was in diesem Land notwendig ist.

Wie gesagt, politisch überleben werden Sie ohnehin nicht, aber dann wäre es doch gescheit, sich für etwas zu opfern, das vielleicht meinen Kindern und vielleicht auch meinen Enkeln etwas Gutes bringt, nämlich endlich mit diesem Föderalismus abzu­fahren und endlich einmal den Ländern so weit die Daumenschrauben anzusetzen, dass das Geld, das sie sinnlos verschwenden, endlich dorthin fließt, wo wir es brauchen.

Die Möglichkeit dazu hätten Sie, ich traue Ihnen das auch zu, ich traue Ihnen diesen Mut zu. Sie sind nicht abhängig von der Politik, Gott sei Dank, Sie sind der erste Minister, der von der Politik nicht abhängig ist. Also geben Sie sich einen Ruck und opfern Sie sich für die gute Sache! Versuchen Sie endlich beim Finanzausgleich etwas weiterzubringen! – Vielen Dank. (Beifall beim Team Stronach.)

17.39


Präsident Karlheinz Kopf: Herr Bundesminister Dr. Schelling hat sich zu Wort gemeldet. – Bitte, Herr Bundesminister.

 


17.39.46

Bundesminister für Finanzen Dr. Johann Georg Schelling: Herr Präsident! Hohes Haus! Geschätzte Damen und Herren! Ein paar Anmerkungen seien mir gestattet. Ich werde nicht auf Details dieses Bundesfinanzrahmens eingehen, weil es noch Gelegenheit geben wird, das im Budgetausschuss ausführlich zu besprechen.

Die Rahmenbedingungen waren nicht günstig, denn es sind aus meiner Sicht Bereiche zu finanzieren, die wir finanzieren müssen, aber dieses Geld hätte ich gerne – sogar liebend gerne, das habe ich auch gesagt –, anders eingesetzt. Da bin ich durchaus dabei, dass wir andere wichtige Themen haben.

Herr Abgeordneter Lugar, wir könnten jetzt eine Wette eingehen: Ich behaupte hier, dass ich länger Finanzminister bin als Sie Klubobmann. (Heiterkeit und Beifall der Abg. Lichtenecker sowie Beifall der Abgeordneten Lopatka und Vogl.) – Zur Not werden wir abwarten.

Aber weil Sie die Bildung ansprechen, möchte ich schon dazusagen, warum ich diese Vorgangsweise gewählt habe: Hätte man jetzt, mitten in den Verhandlungen zum Finanzausgleich, mitten in der Diskussion über eine Bildungsreform dotiert – und Sie wissen, Bildung ist auch Länderangelegenheit –, dann wäre nichts mehr passiert. Daher habe ich mich entschlossen, zu sagen, wir nehmen das in den Strategiebericht auf, aber ich möchte jetzt gerne geliefert bekommen, was zugesagt ist.

Warum ist das wichtig? – Wir haben eines der teuersten Bildungssysteme mit einem, wie wir alle wissen, relativ schlechten Output. Sie alle verlangen zu Recht – ich ver-lange das auch –, dass wir nicht nur immer mehr Geld in die Systeme pulvern, sondern auch einmal schauen: Was kommt mit diesem Geld aus dem System heraus? Da haben wir in vielen Bereichen, wie Sie durchaus zu Recht sagen, Nachholbedarf. Dazu stehe ich auch.

Schauen wir uns Folgendes an – Kollege Strolz ist, glaube ich, gerade nicht da, aber trotzdem –: Um diese Transparenz, die er angesprochen hat, herzustellen, habe ich ja die VRV erlassen, um sicherzustellen, dass wir in Zukunft nachvollziehen können, wie


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das Geld auf der föderalen Ebene verwendet wird. Diese Verordnung umzusetzen war ein ziemlicher Kraftakt, aber sie ist in Kraft und sie wird entsprechend vorbereitet.

Da von der Transparenzdatenbank die Rede war: Diese wird jetzt verbindlich in zwei Feldern befüllt, und zwar in den Feldern Energie und Umwelt, und anhand dieser Daten, die die Länder jetzt einliefern, wird es detaillierte Analysen geben, ob diese Daten dazu geeignet sind, dass wir die Förderungen aufgrund der Erkenntnisse aus der Transparenzdatenbank steuern können.

Kollege Kogler hat von der Energie, von der Umwelt gesprochen: Diesbezüglich wäre es für mich zum Beispiel spannend, die Frage mithilfe der Transparenzdatenbank zu beantworten, in welchem Land beispielsweise Alternativenergie – bleiben wir beim Beispiel Solar – gefördert wird. Dabei müsste ja herauskommen, dass in dem Land, wo es die größten Förderungen gibt, auch die meisten Solaranlagen sind. Sollte das nicht herauskommen, dann können wir mit dieser Erkenntnis zu steuern beginnen. – Daher habe ich die Länder davon überzeugt, dass sie im Bereich Umwelt und Energie alle Daten einliefern und wir den nächsten Schritt für die Befüllung der Transparenz­datenbank gehen.

Nun können Sie natürlich sagen: Na ja, gut, das ist jetzt einmal ein Beginn. – Das stimmt auch, es ist ein Beginn, aber bisher haben wir den Beginn nicht geschafft, und ich sage immer: Wenn du am Ziel ankommen willst, musst du auch den ersten Schritt tun. Den haben wir dort gemacht. – Es war auch dieser nicht einfach, aber immerhin ist das jetzt gelungen.

Herr Abgeordneter Haider, ganz ehrlich: Sie haben gesagt, Sie regieren in Ober­österreich mit, und darum ist es dort besser. (Heiterkeit der Abg. Winzig.) – Sie haben auch in Kärnten regiert, dort war es nicht ganz so gut. In Oberösterreich kann aber nichts geschehen, weil Pühringer darauf aufpasst, dass da nicht zu viel passiert. (Beifall bei der ÖVP. – Abg. Schimanek: Na, na, na! Nicht lustig!)

Jetzt möchte ich Ihnen Folgendes sagen, wenn Sie so schön den von mir sehr geschätzten Vorsitzenden des Staatsschuldenausschusses zitieren: Ich darf in Erin-nerung rufen – die Journalisten sagen mir immer, die Rache der Journalisten ist das Archiv; meine auch – und darauf hinweisen, was zum Budget 2015 gesagt wurde, und komme dann auf den Staatsschuldenausschuss. Es wurde Folgendes gesagt:

Das schafft ihr nie. „Dieses Budget wird nicht halten.“ Das Budget ist „auf Sand gebaut“. Das Budget ist eine „Budgetlüge“. Das sind unrichtige Budgetzahlen.

Der Fiskalrat unter dem Vorsitzenden Felderer hat im Mai 2014 für das Budget 2015 vorhergesagt, dass wir ein strukturelles Defizit von minus 0,9 haben, in der Prognose vom Juli 2014 minus 0,9 und in der Prognose vom Mai 2015 minus 0,6.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, alle lagen falsch, denn wenn ich mir das Ergebnis des Budgetvollzugs 2015 anschaue, so liegen wir nicht bei minus 0,9, nicht bei minus 0,6, sondern wir liegen laut Statistik Austria bei null, und das Maastricht-Defizit liegt statt bei 1,8 bei 1,2.

Beim nächsten Finanzrahmen, der übrigens kein Budget ist – und das möchte ich noch einmal in aller Deutlichkeit festhalten (Zwischenruf des Abg. Peter Wurm – Abg. Lopatka: Noch nicht, aber wir sind am Weg!) –, wird es natürlich wieder dieselbe Kritik geben. Was soll man denn sonst machen, als zu behaupten, es hält nicht? – Aber schauen Sie doch bitte selbst einmal in Ihre Archive, was Sie immer betreffend die Budgets behauptet haben und was am Schluss eingetreten ist! Vielleicht können wir uns dann darauf verständigen, in eine sachliche Diskussion dazu einzutreten.


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Ich sage Ihnen auch eines sehr klar: Die Budgetzahlen 2015, die besser sind als geplant, sind überhaupt kein Grund zum Jubeln – überhaupt kein Grund! Es gibt auch niemanden, der jetzt über wahnsinnig viel mehr Geld jubeln dürfte (Ruf bei der FPÖ: Warum sind die Zahlen besser?), denn eines muss klar sein: Wenn sich die Rahmen­bedingungen verändern, indem zum Beispiel das Wirtschaftswachstum nicht hält, wie es jetzt prognostiziert ist – übrigens und nur so am Rande haben auch die IWF-Zahlen noch nie gestimmt –, wenn sich bei der Arbeitslosigkeit etwas tut, wenn die Flücht­lingsströme nicht einzudämmen sind, dann wird das Budget anders aufzusetzen sein, als der Budgetrahmen das jetzt vorsieht. Daher muss ich am Schluss … (Abg. Steinbichler: Das ist ein Geständnis! – Zwischenruf der Abg. Tamandl.) – Mein Gott, wenn du von einem „Geständnis“ redest, das ist ja fast eine Selbstanzeige! (Neuer­licher Zwischenruf des Abg. Steinbichler.)

Was will ich damit sagen? – Wir setzen diesen Budgetrahmen unter schwierigsten Rahmenbedingungen auf.

Ich darf zum Budget 2015 und dessen Abschluss noch sagen, dass wir uns wirklich geirrt haben. Es war nämlich im Budget 2015 ein Wachstum von 1,5 geplant, wir haben aber nur 0,9 geschafft und trotzdem wesentlich bessere Budgetzahlen geliefert.

Das heißt, wir werden alle Anstrengungen unternehmen müssen, in der Konso­li­dierungsvorbereitung für den Budgetvollzug aller Folgejahre so strikt wie in der Vergan­genheit vorzugehen, sonst wird es eindeutig so sein, dass wir in einzelnen Bereichen nachjustieren müssten. Ich bin davon überzeugt, dass dieser Finanzrahmen seriös aufgesetzt wurde.

Sie werden auch eine Unterlage für eine sehr langfristige Prognose, nämlich eine bis ins Jahr 2060, bekommen. Mir persönlich gefällt es besonders, dass jemand bis 2060 etwas vorhersagen kann – wir tun uns schon schwer, 2020 vorherzusagen, aber soll es so sein –, weil man daraus ja keine detaillierten Zahlen ablesen kann, sondern mögliche Trends. Auch diese vom WIFO erstellte Langzeitprognose zeigt eindeutig, dass wir Bedarf an strukturellen Reformen haben. Das zeigt das ganz eindeutig!

Wir befinden uns jetzt in einer Situation, in der ich noch einmal betonen möchte, dass es auch mir lieber gewesen wäre, die 1,5 Milliarden €, die wir in die Sicherheit stecken – übrigens ein Teil davon mittels Sechs-Parteien-Antrag des Parlaments, darauf mache ich aufmerksam –, in Investitionen zu stecken, in verbessertes Wirtschaftswachstum zu stecken, in sinkende Arbeitslosigkeit zu stecken. Aber es wird im Moment einfach nicht anders gehen, und deshalb sage ich, es ist richtig, diese Maßnahmen jetzt zu setzen.

Schauen Sie sich die Gegenfinanzierungsmaßnahmen an! Ich meine, viele hätten sich darüber gefreut, wenn der Verfassungsgerichtshof einzelne Bestimmungen aufge­hoben hätte – hat er aber nicht. Er hat bestätigt, dass verhältnismäßig ist, was im Bereich der Registrierkasse gemacht wird. Vielleicht haben sich manche nicht darüber gefreut, manche hätten sich darüber gefreut.

Was wir noch einmal positiv einstellen, weil es auch um den Standort geht, ist die beschlossene Lohnnebenkostensenkung. Diese ist für den Standort ein wichtiges Signal, da wir dort tatsächlich investieren, um Arbeitskosten so attraktiv zu machen, dass die Wettbewerbsfähigkeit gegeben ist.

Ich darf Ihnen schließlich noch ganz kurz und im Überblick darstellen, auf welchen Zahlen der Finanzrahmen basiert: Er basiert im Wesentlichen auf einem Wachstum der nächsten Jahre, das vom WIFO im Ausmaß zwischen 1,5 Prozent und 1,6 Prozent prognostiziert wird, er basiert darauf, dass die Arbeitslosigkeit laut Eurostat ziemlich konstant bei etwa 6,3 Prozent zu liegen kommen wird, obwohl viele Vorhersagen,


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wenn Sie sich ans letzte Jahr zurückerinnern, darauf aufgebaut haben, dass die Arbeitslosigkeit 2018 eine Kehrtwende machen und wieder nach unten gehen wird. Wir gehen nicht davon aus, dass das eintritt.

Betreffend das strukturelle Defizit kann ich sagen, wir sind bezüglich des Finanz­rahmens so vorgegangen, dass wir die 0,5 durchgerechnet in den Finanzrahmen einstellen, ich darf Ihnen aber auch berichten, dass ich am Wochenende – Freitag, Samstag – in Amsterdam beim informellen ECOFIN war und dort ein neues Berech­nungsmodell vorgelegt wurde, das jetzt in eine tiefere Analyse geht. Ich darf Sie daran erinnern, dass es Österreich war, das diese Diskussion ausgelöst hat. Ich bin vollkom­men bei Ihnen bezüglich der Haltung, dass die Dinge transparent dargestellt werden sollen.

Natürlich ist es richtig, dass wir es unter diesen Voraussetzungen mit dem Maastricht-Defizit noch nicht schaffen, auf null zu kommen – und das Maastricht-Defizit ist unver­fänglich, weil das eine ganz einfache Berechnungsbasis durch die Statistik Austria und Eurostat hat, während das strukturelle Defizit sehr schwer zu berechnen und darzustellen ist. Deswegen haben wir die Planung so aufgesetzt, dass wir im Jahr 2020 mit 0,4 durchkommen, das heißt, mit einer klaren Tendenz nach unten. Wenn sich die Situation und die Rahmenbedingungen halten, bin ich überzeugt davon, dass wir so wie im Jahr 2015 ein besseres Ergebnis schaffen und die Null erreichen werden.

Dies wird uns aber nicht davon abhalten, wenn man die Langzeitprognose anschaut, diese zusätzlichen Reformschritte setzen zu müssen, und zwar in einigen Bereichen.

Den Pessimismus, den Sie bezüglich des Finanzausgleichs haben, teile ich nicht. Es ist einiges in Bewegung gekommen. Wir werden jetzt sehen, wie die nächsten Ver­handlungsrunden laufen, aber ein Beispiel, das aus den Verhandlungen betreffend den Finanzausgleich kommt, habe ich Ihnen dargestellt. In den genannten zwei Segmenten wird nun die Transparenzdatenbank befüllt. Das ist ein erstes Verhandlungsergebnis in diesem Bereich. Sie alle haben das zu Recht gefordert, und ein erster Schritt ist gesetzt.

Ich glaube, dass wir in der Diskussion im Budgetausschuss sehen werden, dass dieser Bundesfinanzrahmen solide aufgesetzt ist und wir alle Anstrengungen unternehmen werden, durch die entsprechenden Konsolidierungsmaßnahmen den Rahmen auch halten zu können. – Vielen herzlichen Dank. (Beifall bei ÖVP und SPÖ.)

17.51


Präsident Karlheinz Kopf: Nun gelangt Herr Abgeordneter Ing. Vogl zu Wort. – Bitte.

 


17.52.03

Abgeordneter Ing. Markus Vogl (SPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Minister! Hohes Haus! Als ich vor zweieinhalb Jahren in dieses Haus gekommen bin, hatten wir eine Diskussion über das vor uns klaffende Budgetloch. Damals war jeder sozusagen begierig, neue Zahlen zu bringen, und wir hatten auf einmal ein Budgetloch von 18 bis 40 Milliarden € vor uns. Geworden ist es in den letzten beiden Jahren – im Jahr 2014 und im Jahr 2015 – ein strukturelles Nulldefizit, und geworden ist es trotz aller Anspannungen auch eine Lohnsteuerreform mit einem Entlas­tungs­volumen von 5 Milliarden € für die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer in unserem Land. (Abg. Peter Wurm: Das spürt nur keiner, Herr Kollege! – Zwischenruf der Abg. Tamandl.)

Jetzt haben die Vorrednerinnen und Vorredner schon richtigerweise darauf hinge­wiesen, dass in diesem Finanzrahmen vieles noch nicht berücksichtigt ist, was uns allen persönlich, glaube ich, wichtig wäre, weil es klarerweise noch viele wichtige, sinn-


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volle Projekte gibt, die wir mit diesem engen Finanzrahmen nicht berücksichtigen können.

Als Oberösterreicher zum Beispiel würde ich mir selbstverständlich wünschen, dass die Pyhrnstrecke zweigleisig ausgebaut wird. Als begeisterter Zugfahrer ist das natürlich etwas, worauf man Wert legt. (Zwischenruf des Abg. Peter Wurm. – Abg. Kogler: Deswegen ja immer die Frage: Wo investieren wir?) Aber wir wissen natürlich auch, dass dem ein Rekordschuldenstand gegenübersteht und wir heute eine Staatsschul­denquote von über 86 Prozent haben, die alleine im letzten Jahr um 10 Milliarden € angestiegen ist, weil wir das gesamte Risiko der Banken endlich einmal sozusagen eingepreist haben. Das heißt, wir haben Transparenz geschaffen, und das ist etwas, was nicht angenehm ist, aber das ist zu akzeptieren.

Was mich zuversichtlich stimmt, dass wir in die richtige Richtung unterwegs sind, ist, dass wir diese Staatsschulden in den nächsten Jahren – bis ins Jahr 2020 – um zirka 10 Prozent abbauen werden. Im Gegensatz zu meinen Vorrednern glaube ich auch, dass diese Prognose eingehalten wird, weil wir in den letzten sieben Jahren immer bewiesen haben, dass das, was wir geplant haben, in der Realität auch übertroffen worden ist.

Das macht uns auch zuversichtlich, dass wir zusätzliche Freiräume schaffen können, um auch wieder Akzente zu setzen, die wichtig sind. So sind es über vierein­halb­tausend Planstellen zusätzlich, die wir jetzt gegenüber unserem ersten Voranschlag mit diesem Rahmen genehmigen werden, weil es wichtige Akzente in der Bildung, wo wir 950 zusätzliche Lehrerinnen und Lehrer einsetzen werden, im Bereich der Sicher­heit, wo wir zusätzliche PolizistInnen einsetzen werden, und auch im Bereich des Bundesheeres zu setzen gilt.

Was uns von der Sozialdemokratie besonders wichtig ist, ist, dass endlich auch die Trendwende im Bereich der Entwicklungszusammenarbeit eingeläutet worden ist. Natürlich ist es nur ein erster Schritt in die richtige Richtung. Ich weiß auch, dass man sehr gut und trefflich darüber streiten kann, wie groß dieser Schritt ist. Auch aus meiner Sicht ist es nur ein kleiner Schritt, aber dieser Finanzrahmen gibt zumindest endlich einmal vor, dass wir da mehr Mittel zur Verfügung haben.

Dieser Rahmen bietet, wie schon richtigerweise gesagt wurde, auch die Möglichkeit, die Inhalte zu gestalten. Da wird es dann auch wichtig sein, zu bestimmen, was wir mit diesen Mitteln machen. Wo setzen wir diese Mittel in der Entwicklungszusammenarbeit ein? Wenn wir darüber reden, Migrationsbewegungen zu verhindern, wo ist das Geld dann richtig eingesetzt? – Meines Erachtens ist das vor Ort, bei den Menschen, um die Lebensumstände dort besser zu gestalten, sodass diese Menschen auch eine Perspektive vor Ort vorfinden. (Beifall bei der SPÖ.)

Dann haben wir natürlich weitere große Herausforderungen im Bereich von Arbeits­markt und Pflege, auf die wir gleichfalls reagieren.

Wir werden 580 Millionen € mehr für Langzeitarbeitslose ausgeben, weil es wichtig ist, dass man sich um diese Menschen kümmert, dass man sie nicht einfach in der Arbeitslosigkeit verharren lässt. Wir wissen auch, dass wir riesige Herausforderungen haben, weil fast jeder zehnte mittelständische und Großbetrieb in diesem Land keine Arbeitnehmerin und keinen Arbeitnehmer über 55 beschäftigt. Das ist eine riesige Herausforderung, die vor uns liegt, wo wir zusätzliche Mittel freigeben, damit diese Menschen eine Chance bekommen.

Wir werden in die Qualifikation von Lehrlingen 117 Millionen € investieren, weil wir natürlich wissen, dass Jugendliche Bildungsschwächen haben, dass Jugendliche heute nach Erfüllung der Schulpflicht oft nicht in der Lage sind, eine Lehrausbildung zu absol-


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vieren (Abg. Peter Wurm: Und wer ist schuld daran?) und zusätzliche Unterstützung brauchen.

Wir werden im Bereich der Pflege – ebenfalls ein Thema, das uns allen, denke ich, am Herzen liegt – 325 Millionen € mehr investieren.

Da muss man auch darauf hinweisen, woher diese Spielräume kommen. Wir haben uns aufgrund einer restriktiven Budgetpolitik und aufgrund von zahlreichen Reformen im Pensionssystem einen Spielraum von 4,2 Milliarden € erwirtschaftet, den die Men­schen in diesem Land aber selbst zahlen. Kollege Loacker, das sind die Menschen, die später in Pension gehen, mit niedrigeren Pensionen als früher, und weniger Möglich­keiten haben. (Zwischenruf des Abg. Loacker.) Ja, das geschieht in diesem Land! Diese 4,2 Milliarden € kommen bei den Menschen an, und es ist, meine ich, auch wichtig für uns, dass diese Mittel bei den Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern an­kom­men.

Als Beleg dafür, dass das, was wir in Österreich tun, inzwischen auch international anerkannt wird, möchte ich ein Zitat bringen, das aus der „tagesschau“ aus Deutsch­land kommt. Florian Blank hat dort Folgendes gesagt:

„Was wir vor allem lernen können, ist, dass Österreich einen Weg gegangen ist, bei dem die öffentliche Rentenversicherung im Mittelpunkt steht. Wo ganz klar gesagt wird, es ist die Aufgabe des öffentlichen Systems, den Lebensstandard im Alter zu sichern. (…) Was sich im Vergleich mit Österreich zeigt – aber auch mit Blick auf die Vergan­genheit des deutschen Systems – ist, dass die Sozialversicherung ein unglaublich flexibles System ist, um Lebensläufe, die Familienarbeit oder Arbeitslosigkeit bein­halten, abzusichern. Das ist etwas, das andere Säulen (Riester-Rente und Betriebs­rente (…)) nicht können. Und das ist es, was wir von Österreich lernen können: Ein öffentliches System kann leistungsstark und finanzierbar sein.“ – Zitatende. (Beifall bei der SPÖ.)

17.58


Präsident Karlheinz Kopf: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Dr. Nachbaur. – Bitte.

 


17.58.13

Abgeordnete Dr. Kathrin Nachbaur (ÖVP): Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Minister! Sehr geehrte Kollegen im Hohen Haus! Sehr geehrte Steuerzahler! Als Aller­erstes möchte ich die besonders sympathischen Bürgermeister aus Lannach, St. Josef, Lieboch und Dobl-Zwaring herzlich bei uns begrüßen. (Allgemeiner Beifall.)

Ich begrüße auch sehr herzlich die Besuchergruppe aus Hartberg: einige Super-Unternehmer, die mit der Zeitung „die Woche“ hier sind. Herzlich willkommen! (Allge­meiner Beifall.)

Minister Schellings Diagnose war von Anfang an richtig: Wir haben ein Ausgaben­problem und nicht ein Einnahmenproblem. (Abg. Lichtenecker: Klar haben wir ein Ein­nahmenproblem auch!) – Dennoch geben wir mehr aus als wir einnehmen. Aber manche Ausgaben sind in der heutigen Zeit dringend notwendig, und zwar begrüße ich die Investitionen in Bundesheer und Polizei. Für die Sicherheit der Bürger zu sorgen, muss die allererste Aufgabe des Staates sein. (Beifall bei der ÖVP.)

Ich begrüße auch, dass wir die Entwicklungszusammenarbeit und die Hilfe vor Ort erhöhen, das ist ein Gebot der Menschlichkeit. Auch erfreulich ist die Senkung der Lohnnebenkosten ab 2017 um 1 Milliarde €.


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Was aber schlecht ist, sind verschleppte Reformen und die damit zusammen­hän­genden Kosten. Unser Finanzminister mahnt zu Recht: Ohne Strukturreformen wird es so nicht weitergehen.

So ist es beispielsweise höchst unverantwortlich, dass unsere sozialistischen Kollegen bei der Pensionsreform blockieren (Abg. Lichtenecker: Sozialdemokratischen!), oder dass sowohl Rote als auch Grüne – nachdem Sie mich da regelmäßig ansprechen – in den Ländern die Neugestaltung der Mindestsicherung blockieren. Sie wollen keinen Unterschied zwischen Asylanten und Österreichern machen (Abg. Lichtenecker: Das ist eine Frage des Anstands und der Menschlichkeit, Frau Kollegin!), da ist aber ein Unterschied! (Beifall bei der ÖVP.)

Oder im Sozialressort: Wir wenden die höchsten Mittel in ganz Europa für den Arbeitsmarkt auf und haben dennoch eine halbe Million Menschen in Arbeitslosigkeit. Jetzt frage ich mich: Was geschieht denn eigentlich mit dem ganzen Geld? Wird da womöglich in die Schikane von Unternehmern investiert? – Regelmäßig rückt nämlich das Arbeitsinspektorat aus und kommt (Abg. Lichtenecker: Wie viele Jahrzehnte stellt die ÖVP die Wirtschaftsminister?), um vor allem die KMU mit diversen Vorschriften, die völlig weltfremd sind, zu belästigen.

So hat mir kürzlich ein Bäcker erzählt, dass er in seinem Mehllager Mausefallen aufgestellt hat. Dann kommt tatsächlich ein Arbeitsinspektor und fragt ihn, wer in welchen Abständen diese Mausefallen kontrolliert. Er hat gesagt: Das mache ich selber in der Früh. – Nein, das darf er nicht, zuerst ist ein Kurs in Schädlingsmonitoring zu belegen. (Zwischenruf des Abg. Katzian.)

Ein anderer Unternehmer bekam eine saftige Strafe, weil sein Mitarbeiter, der von der Montage aus Deutschland zurückgekommen ist, 30 Minuten, bevor er zu Hause war, nicht noch einmal in einem Hotel übernachtet hat. Er ist gleich heimgefahren, hat jetzt aber die Arbeitszeit überschritten. – Wie absurd ist das, bitte? (Beifall bei der ÖVP. –Zwischenrufe bei Grünen und NEOS.)

Unser steirischer Landeshauptmann Schützenhöfer sagte gestern in einem Interview völlig zu Recht: Die Regulierungswut muss beendet werden, die treibt den Unter­neh­mern die Zornesröte ins Gesicht. – Und so ist es, sehr geehrte Damen und Herren! (Beifall bei ÖVP und FPÖ.)

Die meisten Unternehmer brauchen eigentlich nicht viel vom Staat. Die meisten brauchen auch keine Förderungen, sie wollen einfach in Ruhe gelassen werden und arbeiten und damit Arbeitsplätze schaffen. Also lassen wir sie doch, bitte, einfach arbeiten! (Zwischenrufe bei den NEOS.)

Die hohe Arbeitslosigkeit belastet natürlich auch das Budget. Aber nicht nur die Kosten sind ein Problem, sondern langsam bekommen wir auch ein anderes Problem, nämlich: der alles regeln wollende Staat verändert die Mentalität. So beginnen bei­spielsweise die großzügigen Sozialleistungen an Fremde die Moral der eigenen Bevöl­kerung zu korrumpieren. Man hört immer wieder, dass jetzt Leute sagen: Jetzt gehe ich auch einmal auf Kur. Oder: Jetzt will ich auch einmal eine Zeit lang Sozialleistungen kassieren.

Es ist tatsächlich so, dass immer mehr Leute das Gefühl haben wollen, sie wollen dem Staat auch einmal etwas wert sein, nachdem auch andere, die noch keinen einzigen Euro einbezahlt haben, dem Staat ja auch so viel wert sind. (Zwischenruf des Abg. Loacker.Da kommt Missgunst auf, und dann braucht sich niemand darüber zu wundern, dass Wahlergebnisse so sind, wie sie sind. (Beifall bei der FPÖ.)

Jetzt muss diese Regierung ihre Arbeit verbessern, und wie Reinhold Mitterlehner richtig sagte, werden wir nicht zur Tagesordnung übergehen, denn wir wissen, sehr


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll123. Sitzung / Seite 235

geehrte Kolleginnen und Kollegen, es geht auch ganz anders. (Zwischenruf des Abg. Hagen.– Unsere linken Freunde und auch manche Medien hören das nicht so gerne, aber die wirtschaftspolitisch erfolgreichste Ära erlebten wir unter Kanzler Schüs­sel mit der damaligen Konstellation. (Beifall bei ÖVP und FPÖ.)

Wir hatten ein Wirtschaftswachstum von über 2 Prozent und die besten Arbeits­marktdaten innerhalb der EU mit nur 4,5 Prozent Arbeitslosigkeit. Seit Bundeskanzler Faymann ist die Arbeitslosigkeit derartig gestiegen, dass wir schon bald bei 10 Prozent sind! (Abg. Lichtenecker: Inklusive des Beginns des ganzen Hypodebakels in Kärnten! – Zwischenrufe bei der SPÖ.)

Die Nettoinvestitionsquote – ganz interessante Daten von der Nationalbank zeigen das – ist in den letzten 15 Jahren um 60 Prozent eingebrochen. Das ist keine momen­tane konjunkturelle Schwäche, sehr geehrter Kollege Krainer, sondern das ist ein Zeichen, dass Österreichs Wirtschaftsstandort ganz stark an Attraktivität eingebüßt hat.

Und nicht einmal die künftig niedrigen Zinsen helfen, da ja die Banken durch die Baseler Abkommen keine Kredite an die Realwirtschaft vergeben dürfen. (Zwischenruf des Abg. Hagen.) Dafür raubt diese Zinspolitik den fleißigen Sparern ihr Geld und begünstigt Schuldenmacherei und Fehlinvestitionen. (Zwischenrufe der Abgeordneten Loacker und Scherak.)

Die Aufregung zeigt: Wir stehen in diesem Land gerade vor einem Lagerkampf zwi­schen Rechts und Links, der die Gesellschaft spaltet. (Abg. Lichtenecker: Das ist völliger Unsinn! – Neuerlicher Zwischenruf des Abg. Scherak.) – Gerade in Anbetracht dessen bitte ich alle: Kehren wir zurück zu den Prinzipien der sozialen Marktwirtschaft, dann geht es mit der Wirtschaft wieder bergauf, dann gibt es wieder Arbeitsplätze, die Menschen kommen in Beschäftigung! Stärken wir doch die Mitte der Gesellschaft! – Herzlichen Dank. (Beifall bei ÖVP und FPÖ.)

18.05


Präsident Karlheinz Kopf: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Dr. Fuchs. – Bitte. (Abg. Lopatka: Jetzt ist Dr. Fuchs sprachlos!)

 


18.05.21

Abgeordneter MMag. DDr. Hubert Fuchs (FPÖ): Genau, jetzt bin ich sprachlos. Wir haben soeben den Neustart der Regierungsparteien erlebt. Ich glaube, dem ist nichts mehr hinzuzufügen. (Beifall bei der FPÖ sowie des Abg. Loacker.)

Unser Finanzminister scheint ein Problem mit der Bundesverfassung zu haben, insbe­sondere mit Artikel 9a B-VG, in dem sich Österreich zur umfassenden Landesver­teidigung bekennt.

Als Darabos oder Klug noch Verteidigungsminister waren, hat man sich gefragt: Wie schützt man das Bundesheer vor diesem Minister? – Heute muss man sich fragen: Wie schützt man das Bundesheer vor diesem Finanzminister?

Der Herr Finanzminister scheint kein Problem damit zu haben, dass hunderte Millionen Euro jährlich im Förderungsdschungel versickern und dem Fiskus durch die uferlose Gruppenbesteuerung jährlich mindestens eine halbe Milliarde Euro an Steuern entgehen. Wenn es aber um die Sicherheit der Republik Österreich geht, dann übt der Herr Finanzminister Kritik am Sicherheitspaket für das Bundesheer.

Ich zitiere: „Es war der Wunsch des Parlaments, es war der Wunsch der Regierung. Wenn mich wer gefragt hätte, hätte ich das Geld (…) anders eingesetzt.“ (Bundes­minister Schelling: Wenigstens richtig zitiert, Herr Fuchs!)

Herr Finanzminister, es geht hier nicht um die Wünsche des Parlaments oder der Regierung, es geht um die Sicherheit in unserer Heimat! Die Bevölkerung hat ein


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Recht auf Sicherheit, und das ist auch eine Kernaufgabe des Staates. (Beifall bei der FPÖ.)

Die Politik trägt die Verantwortung dafür, dass das Bundesheer entsprechend finanziell ausgestattet ist, um ihrem verfassungsmäßigen Auftrag – insbesondere die militärische Landesverteidigung – nachkommen zu können. Es geht aber auch um den Schutz unserer Soldaten, der durch die Beschaffung einer adäquaten Ausrüstung sicher­zustellen ist, Herr Finanzminister. (Zwischenbemerkung von Bundesminis­ter Schelling.) Herr Finanzminister, Sie als Sohn eines Oberst der Miliz sollten dafür eigentlich mehr Verständnis haben! (Bundesminister Schelling: Sie sind der Registrierkassenfuchs! – Heiterkeit des Abg. Scherak.)

Uns muss aber auch bewusst sein, dass die 896 Millionen € frisches Geld für die Landesverteidigung für die Periode 2016 bis 2020 nur ein erster Schritt in die richtige Richtung sein können. Vergessen wir nicht, dass das Bundesheer – insbesondere unter Darabos und Klug – kaputtgespart wurde. Diese 896 Millionen € sind lediglich eine Infusion, um den Patienten Bundesheer am Leben zu erhalten. Ziel muss es aber sein, dass das Landesverteidigungsbudget schrittweise auf 1 Prozent des BIP erhöht wird, wie es auch unser Präsidentschaftskandidat Hofer fordert.

Die FPÖ wird sich das ganz genau anschauen, ob dem Bundesheer im Herbst 2016 nicht unter einem anderen Titel wieder ein Teil des Budgets weggenommen wird.

Ich darf noch auf Ihren Strategiebericht 2017-2020 Bezug nehmen. Laut dem Strate­giebericht zielt die Steuerreform 2015/2016 auf eine spürbare Entlastung der Lohn- und Einkommensteuerpflichtigen, eine Vereinfachung des österreichischen Steuer­rechts und auf eine Konjunkturbelebung durch zusätzliche Impulse für Wachstum und Beschäftigung ab. Und der Schutz der redlichen Wirtschaftstreibenden wird im Strategiebericht als eine der Herausforderungen festgelegt. (Bundesminister Schelling: Genau!) Herr Finanzminister, das glaubt Ihnen ja kein Mensch mehr! (Beifall bei der FPÖ. – Bundesminister Schelling: Sie sind ja dagegen!)

Die sogenannte Steuerreform hat in der Gesamtbetrachtung zu keiner spürbaren Entlastung der Steuerzahler geführt; und daran können auch die vielen Millionen Euro, die Sie in die Bewerbung dieser Steuerreform gesteckt haben, nichts ändern.

Das Steuerrecht ist durch Ihre missglückte Steuerreform auch nicht vereinfacht wor­den. Und angesichts des überdurchschnittlichen Anstiegs der Arbeitskosten und der Rekordarbeitslosigkeit hat Ihre Steuerreform auch zu keinen Impulsen für Wachs­tum und Beschäftigung geführt. (Beifall bei der FPÖ. – Bundesminister Schelling: Sind Sie jetzt Wehrsprecher?)

Und was Sie, Herr Finanzminister, als Schutz der redlichen Wirtschaftstreibenden betrachten, ist in Wirklichkeit eine Pflanzerei der Unternehmer mit einer Registrier­kassen-, Einzelaufzeichnungs- und Belegerteilungspflicht, die man komplizierter wohl nicht mehr hätte regeln können.

Nicht umsonst hat Wirtschaftskammerpräsident Leitl diese Woche gemeint: Acht Jahre keine Führung, acht Jahre keine ernsthafte Reform, dafür vier Belastungspakete für die Bevölkerung. – Leider hat der Herr Wirtschaftskammerpräsident recht. (Abg. Loacker: Und mitverhandelt!)

Im Übrigen ist das Bundesfinanzrahmengesetz lückenhaft: Die Mehrausgaben für die Migrantenwelle sind beispielsweise nur bis 2017 berücksichtigt, und man tut so, als ob das Problem dann einfach verschwinden würde. Und bei den Lehrergehältern gibt es für 2016 eine strukturelle Lücke von 550 Millionen €, die man einfach ignoriert.


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Herr Finanzminister, dieser Strategiebericht zum BFRG ist in Wirklichkeit ein Märchen­bericht, und die Gegenfinanzierung Ihrer Steuerreform ist eines dieser Märchen. (Beifall bei der FPÖ. – Bundesminister Schelling: Fuchs als Märchenonkel, das gefällt mir!)

18.10


Präsident Karlheinz Kopf: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Dr. Lichtenecker. – Bitte.

 


18.10.42

Abgeordnete Dr. Ruperta Lichtenecker (Grüne): Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Minister! Werte Kolleginnen und Kollegen! Es ist heute eine interessante Verfasstheit der Kolleginnen und Kollegen der ÖVP festzustellen: seit Jahrzehnten stellt die ÖVP den Wirtschaftsminister, die Frau Kollegin Nachbaur geißelt in dieser Form die Wirtschaftspolitik, die Abgeordneten der ÖVP klatschen frenetisch – also eines muss man sagen, hohe Leidensfähigkeit haben Sie tatsächlich. (Beifall bei Grünen und NEOS. – Abg. Kogler: Und auch das Motto: Uns ist alles wurscht!)

Zurück zu unserem Budget, zum Bundesfinanzrahmen der nächsten Jahre: Wenn man vom Budget und von den Budgets der nächsten Jahre redet, muss man natürlich zuerst einmal den Fokus darauf haben, was denn die großen Herausforderungen sind.

Die großen Herausforderungen, die wir in Österreich und auch in Europa haben, das sind natürlich die steigende Arbeitslosigkeit, der Verlust an Innovationskraft des Wissens- und Wirtschaftsstandorts, aber natürlich auch der Klimawandel und seine Folgen. Insofern ist genau auf diese Aspekte zu schauen und zu achten, wenn man das Budget in dieser Form erstellt.

Aber zuerst einmal zum anderen Bereich, nämlich zum Bereich der Einnahmen: Kolle­gin Tamandl hat heute die Senkung der Lohnnebenkosten in Etappen, und jetzt zu Beginn einmal um 1 Milliarde €, in den Vordergrund gestellt. – Ja, Frau Kollegin, das ist ein wichtiger Schritt, nur, ich bin davon überzeugt, dass es zu wenig ist. (Bundes­minister Schelling: War zu erwarten!) – Wir haben ein veraltetes Steuersystem, die Steuerstruktur ist zu verändern. Schön, dass Sie auch meiner Meinung sind, Herr Minister! (Bundesminister Schelling: Genau, aber nicht in Ihre Richtung!) – Na ja, Sie sagen ja auch: Hohe Lohnkosten, wir müssen eine Senkung der Lohnnebenkosten erreichen.

Gleichzeitig haben wir eine Umweltbelastung und Umweltverschmutzung, die in dieser Form viel zu günstig ist, und die Vermögen sind ungleich verteilt. Also ist es längst an der Zeit, eine aufkommensneutrale, soziale und ökologische Steuerreform umzusetzen und damit tatsächlich auch eine Entlastung der niedrigen und mittleren Einkommen zu erreichen und damit auch Arbeitsplätze anzuregen. (Beifall bei den Grünen.)

Der zweite Bereich ist natürlich ein faires Steuersystem in dem Sinn, dass verant­wortungsvolles Wirtschaften der kleinen und mittelständischen Unternehmen belohnt wird und nicht die großen Konzerne wie Amazon, Google, Starbucks, die sich jede Strategie suchen und aneignen, um Steuern zu vermeiden, den Vorteil haben. Genau hier muss darauf geachtet werden.

Der Bundesfinanzrahmen hat auch positive Entwicklungen. Ja, es sind beispielsweise 500 Millionen € für die Integration von Asylberechtigten vorgesehen; ein guter Schritt, ein notwendiger Schritt, keine Frage. Nichtsdestotrotz wird klar sein, dass diese Mittel wesentlich längerfristiger angesetzt werden müssen. Das wird sich dann auch bei den nächsten Budgets zeigen, aber auch jetzt muss man es mitbedenken.

Die nächste Frage betrifft die Entwicklungszusammenarbeit und die Mittel für die Entwicklungszusammenarbeit. Wir wissen, dass Österreich weit abgeschlagen ist, das


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0,7 Prozent-Ziel weit entfernt ist. Jetzt gibt es Mittel, aber die Frage wird sein, wofür diese Mittel tatsächlich verwendet werden. Wie schaut die Strategie aus? Welche Länder werden tatsächlich in dieser Form im Fokus der Förderungen stehen? Wie wird Armut tatsächlich bekämpft? – Das alles werden konkrete Fragen sein, die wir auch nächste Woche beim Budgethearing genauer diskutieren werden.

Es ist mit Sicherheit auch so, dass für den Arbeitsmarkt wesentlich mehr Mittel erfor­derlich sind, genauso für eine moderne Infrastruktur – für den Ausbau der schnellen Datenübertragungsnetze, aber natürlich auch für den öffentlichen Verkehr. Da Kollege Vogl den Ausbau der Pyhrnbahn angesprochen hat: Ja, keine Frage, es kann nicht sein, dass die Verbindung zwischen Graz, der zweitgrößten Stadt, und Linz, der drittgrößten Stadt, so miserabel ist; auch diesbezüglich muss es Schwerpunkte geben.

Aber, Herr Minister, tatsächlich schwere Mängel gibt es in den Investitionsbereichen in die Zukunft: das ist die Bildung, das sind vor allem die Universitäten. Das 2 Prozent-Ziel bis 2020 für tertiäre Bildung ist in dieser Form nie erreichbar. Und eines ist auch klar: Der ganz zentrale Bereich einer Wissensgesellschaft, die Grundlagenforschung, wird mit diesem Bundesfinanzrahmen ausgehungert. Das kann in dieser Form nicht sein! (Beifall bei den Grünen.)

Aber genauso ist im Forschungsbereich, hier Forschung und Innovation, ein absoluter Stillstand, keinerlei Dynamik. Wir wissen, die Forschung von heute sind die Arbeits­plätze von morgen, und genau da braucht es die Investitionen. Das große Ziel, Innovation Leader zu werden, das die Bundesregierung vor Jahren beschlossen hat, rückt jedes Jahr weiter in die Ferne. Daher wird es auch diesbezüglich einer gewaltigen Anstrengung benötigen, um tatsächlich weiterzukommen.

Umwelt- und Klimaschutz ist etwas, das in dieser Form derart niedrig dotiert ist, dass es de facto schändlich ist und nicht den Beschlüssen von Paris gerecht wird. Da braucht es mehr, denn das sind einerseits wichtige Beiträge für Klima- und Umwelt­schutz, aber selbstverständlich auch interessante, spannende und zukunftsorientierte Arbeitsplätze.

Keine Frage, wir brauchen ein kluges, verantwortungsvolles Budget. Derzeit glauben wir, dass es diesbezüglich noch massiven Verbesserungsbedarf gibt. (Beifall bei den Grünen.)

18.17


Präsident Karlheinz Kopf: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Mag. Loacker. – Bitte.

 


18.17.14

Abgeordneter Mag. Gerald Loacker (NEOS): Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Bundesminister! Hohes Haus! Kollegin Nachbaur ist sicherheitshalber geflüchtet, da sie wahrscheinlich schon geahnt hat, dass sie auf diese Rede mehrere Repliken bekommen wird.

Ich meine, wenn sie als ÖVP-Abgeordnete sich beklatschterweise da herausstellt und sich darüber aufregt, dass Unternehmer vom Arbeitsinspektorat schikaniert werden, dann muss ich Ihnen schon sagen, so Kreativitäten wie Evaluierung psychischer Belastungen am Arbeitsplatz und solche Dinge sind immer mit ÖVP-Stimmen be­schlos­sen worden.

Wenn die Lohnverrechnung jedes Jahr noch komplizierter wird, dann ist das seit 30 Jahren immer mit ÖVP-Stimmen beschlossen worden. Wenn wir jetzt ein Lohn- und Sozialdumpinggesetz machen, aufgrund dessen man auf jeder Baustelle immer alle Unterlagen dabei haben muss, dann ist das immer mit ÖVP-Stimmen beschlossen


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worden. Die Bürokratisierung der Unternehmen, das machen Sie, die Sie da in den leeren Reihen sitzen sollten!

Kollege Vogl hat versucht, den Zuhörerinnen und Zuhörern weiszumachen, dass die „Tagesschau“ das österreichische Pensionssystem gelobt habe. Tatsächlich war das der Herr Florian Blank vom gewerkschaftsnahen Institut für soziale Sicherungs­sys­teme. Wahrscheinlich hat er sich vorher ohnehin bei Kollegen Vogl erkundigt, was er sagen soll.

Wenn man wissen will, was die Deutschen zum österreichischen Pensionssystem wirk­lich sagen, kann man einmal in die „Frankfurter Allgemeine Zeitung“ hinein­schauen, die schreibt: Österreich ist ein gefährliches Rentenvorbild.

Jetzt zum Finanzrahmen: Das, was uns da vorgelegt wird, ist Ergebnis dessen, was der Finanzminister selber ein gekonntes Zahlen-Feng Shui nennen würde. (Zwischen­bemerkung von Bundesminister Schelling.) Man hat einfach die Zahlen so lange hingedreht, bis man sich damit wohlgefühlt hat, bis es schön ausgeschaut hat.

Drei Beispiele dazu: Beispiel eins, die Pensionen: Angeblich entwickeln sich da die Zahlen so erfreulich, dass wir mediale Jubelmeldungen vernehmen, aber in Wirklichkeit ist es eben so, dass Sie jetzt von einer niedrigeren Inflation ausgehen und die Pen­sionserhöhung sich immer nach der Inflationsrate richtet. Natürlich, bei niedrigerer Inflation steigen die Pensionen nicht so stark, und ich habe nicht so hohe Ausgaben.

Dass uns aber die Pensionskosten davonlaufen, sieht man daran, wie viele Prozent der Gesamtausgaben der Pensionsblock ausmacht. Das waren bei Regierungsantritt 23,4 Prozent und werden nach Ihrem Finanzrahmenplan 2020 28,5 Prozent sein. Das läuft Ihnen aus dem Ruder, und im Griff haben Sie gar nichts.

Was interessanterweise nicht drin ist bei den Pensionen, ist dieser grausige Bank-Austria-Deal, der da eingefädelt worden ist. Da müssten ja noch 730 Millionen € zu­sätz­liche Einnahmen irgendwo budgetiert sein, aber die Regierung glaubt offen­sichtlich selbst nicht, dass das rechtlich hält und muss Zweifel haben. (Zwischenbemerkung von Bundesminister Schelling.) Und deswegen, nach Vorsichtsprinzip, haben Sie es nicht hineingenommen, weil es juristisch nicht in Ordnung war, was Ihre Regierung da fabriziert hat.

Zweites Beispiel: Arbeitsmarktfinanzierung. Da steigen die sogenannten variablen Ausgaben um 12 Prozent, die fixen Ausgaben sinken um 3,3 Prozent. Das heißt auf gut Deutsch, das, was wir für die Arbeitslosen an Leistungen ausgeben, nämlich Arbeits­losengeld und Notstandshilfe, das steigt. Und das, was wir für die Wieder­inte­gration, für die Qualifizierung machen, das sinkt. Bei 60 000 Arbeitslosen mehr von 2015 auf 2020 heißt das ganz eindeutig, wir geben weniger Geld für den einzelnen Arbeitslosen aus, um die Arbeitslosen zu qualifizieren.

Was nicht getan wird – das wurde schon andiskutiert –: Transparenzdatenbank. Da kommt gar nichts!

Bei den Sozialeinrichtungen weiß die linke Hand nicht, was die rechte tut. Auch das Nebeneinander von Notstandshilfe und Mindestsicherung, was der Rechnungshof schon oft kritisiert hat, bleibt unangetastet.

Dritter Punkt: Familien. Wenn man in Ihre Zahlen hineinschaut, dann gehen die Aus­gaben für Familienleistungen zurück. Das hat mich stutzig gemacht, weil ja die Familienbeihilfe erhöht wird. Was tatsächlich der Fall ist, ist, dass der Reservefonds nichts mehr an den überschuldeten FLAF zahlt und dadurch scheinbar die Ausgaben zurückgehen. Man lässt einfach den FLAF verschuldet. Jetzt haben Sie Minder­aus­gaben bei den Familienleistungen. Das drückt Ihnen die Dynamik bei den Sozial-


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ausgaben, die Ihnen völlig aus dem Ruder laufen; da haben Sie nur optisch etwas schön hingedreht.

Sie haben selbst gesagt – und Sie haben zu Recht gesagt –: Dieses Land hat ein Ausgabenproblem, kein Einnahmenproblem. Wenn Sie jetzt ein strukturelles oder wie immer schön gefärbtes Nulldefizit oder Beinahe-0,5-Prozent-Defizit darstellen, dann nur deswegen, weil die Einnahmen so steigen, weil die Lohnsteuer von 2016 auf 2020 um über 21 Prozent steigen wird. Wir haben ein Ausgabenproblem, aber die Einnah­men steigen viel stärker, weil Sie, weil Ihre Regierung die Steuerzahler auspresst wie eine Zitrone, bis der letzte Tropfen herauskommt. Und das wäre wirklich nicht notwendig. (Beifall bei den NEOS.)

18.22


Präsident Karlheinz Kopf: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Steinbichler. – Bitte.

 


18.22.36

Abgeordneter Leopold Steinbichler (STRONACH): Sehr geehrter Herr Präsident! Geschätzter Herr Minister! Kolleginnen und Kollegen! Zuseher auf der Besuchergalerie und vor den Fernsehgeräten!

Betreffend Bundesfinanzrahmengesetz, das zurzeit diskutiert wird, wissen wir, dass es sich eigentlich um eine Absichtserklärung für die nächsten vier Jahre handelt, weil es nicht gehandhabt werden muss. Bei wesentlichen Änderungen kann man natürlich jederzeit, Herr Minister, die Zahlen ändern. Und deshalb habe ich das dann auch ganz laut gesagt. Mir hat ja gefallen, dass du auch sofort auf meinen Einwurf mit dem Ge­ständnis reagiert hast, etwas dünnhäutig (Bundesminister Schelling: Na ja!), aber ich werde dann beweisen, dass Ansätze drinnen sind, die es gar nicht ermöglichen, wie du gesagt hast, dass hier sogar bis 2060 geplant wurde. Ich wäre glücklich, wenn wir das Jahr 2020 auf einem planbaren Fundament hätten.

Der wesentliche Ansatz oder die Entwicklung, wenn wir das positiv nennen wollen, ist ja der optimale Zinssatz, weil wir statt diesen 6,8 Milliarden € Zinsen tatsächlich 4 Milliarden € Zinsen zu bezahlen haben. Die 800 Millionen €, die sich durch die günstigere Gestaltung bei den Pensionsleistungen einsparen haben lassen, kommen da ebenfalls positiv zum Tragen.

Die heutige „Presse“ – ich darf zitieren – titelt mit „Finanzierung des Stillstands und der Bedürfnisse verschiedener Klientelgruppen“. Es gibt schon wesentliche Leute in diesem Land, die diese ganze Entwicklung und Planung nicht so positiv sehen und darstellen wollen, wie die Regierung es zu tun versucht. Ich will es hier gar nicht kommentieren, wenn jemand seine eigene Arbeit so kritisiert. Kollege Loacker hat ja gerade gefragt: Wer war denn die letzten Jahrzehnte am Ruder, bitte sehr? – Das ist ja das Großartigste. Und deshalb habe ich gesagt, das Wort „Geständnis“ passt schon, denn so habe ich es gesehen. Ich glaube, das ist auch ganz fair, wenn man die Fakten zitiert und diskutiert.

Aber das Wesentliche, was die „Presse“ heute schreibt, ist, es wird viel zu wenig in Bildung, in Forschung, in die Schulen, in die Unis investiert. Ein Beispiel: Kollege Vogl hat gesagt, 4 000 neue Jobs in der Verwaltung. – Das ist ja genau der falsche Weg! Anstatt dort bei Doppelgleisigkeiten einzusparen, anstatt Umbesetzungen vorzu­neh­men, die Leute qualifizierter einzusetzen, wieder neue Planstellen zu schaffen – das verstehe ich überhaupt nicht, dass hier die Zustimmung der Wirtschaftspartei ÖVP kommt, die immer von der Attraktivierung des Wirtschaftsstandortes Österreich redet, und dann solchen Maßnahmen zustimmt.

Ebenso gehen mehr Mittel in die Arbeitsmarktverwaltung. – Das heißt, mehr Mittel in die Verwaltung der Arbeitslosen. Ich glaube, das ist genau der verkehrte Weg. Das


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Geld müsste in die KMUs für neue Arbeitsplätze, in die regionalen Unternehmen, in die Familien fließen.

Ein weiteres Beispiel – ich habe es am Vormittag schon genannt; das trifft aber den Kollegen Landwirtschaftsminister –: Durch die letzte Kürzung bei der Dieselrückver­gütung beziehungsweise bei der Mutterkuhprämie fehlen im ländlichen Raum 100 Mil­lionen €. Diese 100 Millionen € fehlen nicht den Bauern direkt, sondern indirekt der Landmaschinenindustrie und der ganzen Futtermittelindustrie. Da fehlt das Geld vor Ort. Das ist das Geld, das wirksam wird, das die Konzerne wegpacken. (Beifall beim Team Stronach.)

Zu den Ansätzen, zu den Planungsansätzen – deshalb vorhin mein Zwischenruf –: Ja wenn man die Flüchtlingsthematik mit 1,7 Milliarden € nur bis 2017 budgetiert, dann weiß ich nicht, wer hier so positiv denkt und sagt, nach 2018 haben wir diesen Bud­getansatz nicht mehr. Oder zum Beispiel diese bereits zitierten 550 Millionen €, die bei den Lehrerbudgets fehlen und unbedeckt sind und dann wahrscheinlich ins Nachtrags­budget einfließen und versteckt werden.

Ganz entscheidend – ich habe es heute schon einmal gesagt – ist: Das Problem dieser Regierung ist, dass die angekündigten Reformen nie stattfinden, und zwar das Zusam­menlegen der Sozialversicherungsträger, der Abbau dieser übertriebenen Bürokratie. Und deshalb diese Tafel (auf eine vor ihm auf dem Rednerpult platzierte Tafel weisend, auf der Bayern mit Oberösterreich verglichen wird):

Es gibt einen Unterschied zu Deutschland durch diese Schröder-Maßnahmen, die damals wirklich zeitgerecht mit der „Agenda 2010“ ergriffen wurden und jetzt Früchte tragen.

Oder der Vergleich Oberösterreich – Bayern: Bayern siebenfache Fläche, neunfache Einwohnerzahl von Oberösterreich, aber statt 15 Bezirke nur sieben Bezirke und statt 56 Landtagsabgeordnete 153. (Abg. Belakowitsch-Jenewein: Da steht 187!) Das sind Fakten. Da brauchen wir nichts dazusagen. Das spricht für sich.

Abschließend: Zur McKinsey-Studie, die unlängst präsentiert wurde, die die großarti­gen Chancen Österreichs zeigt, wenn diese Reformen seitens der Wirtschaft umge­setzt werden, unterstützt von der Politik, ist zu sagen: Dann können wir dieses Öster­reich in den Mittelpunkt stellen. Dann kann dieses Österreich wirklich das oft zitierte Musterland für Europa, vielleicht sogar für die ganze Welt werden, wenn wieder Ethik und Moral in den Mittelpunkt gestellt und die Handels- und Wirtschaftskreisläufe regio­nalisiert anstatt ausgelagert werden. – Danke. (Beifall beim Team Stronach.)

18.28


Präsident Karlheinz Kopf: Nun hat sich Herr Bundesminister Dr. Schelling noch einmal zu Wort gemeldet. – Bitte, Herr Bundesminister.

 


18.28.06

Bundesminister für Finanzen Dr. Johann Georg Schelling: Herr Präsident! Hohes Haus! Ich muss doch ein paar Klarstellungen machen.

Herr Abgeordneter Fuchs, ich weiß zwar nicht, was Ihr Vater von Beruf war, aber dass die Bundesverfassung eingehalten wird, steht ja außer Zweifel.

Sie behaupten, man hätte das Bundesheer kaputtgespart. Dann – ich glaube, Sie sind jetzt Wehrsprecher; also früher waren Sie etwas anderes, glaube ich, jetzt sind Sie Wehrsprecher – hätten Sie wissen müssen, dass zwischen 2011 und 2014 in das Bun­desheer 1 Milliarde € investiert wurde. 1 Milliarde €! Und das nennen Sie „kaputt­sparen“.


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll123. Sitzung / Seite 242

Sie können jetzt kritisieren, dass das falsch investiert wurde, aber diesen Vorwurf richten Sie bitte nicht an mich!

Das Zweite ist: Ich habe Sie offensichtlich falsch verstanden, indem Sie sagten, die Redlichen zu schützen sei kein Ziel. Dann habe ich Sie missverstanden. Aber es kam hier so heraus, dass Sie gesagt haben, es könne doch kein Ziel sein, in den Strate­giebericht hineinzuschreiben, die Redlichen zu schützen.

Da Sie mir den Vorwurf machen, ich hätte ein Problem mit der Verfassung, so sage ich Ihnen: Sie haben ein Problem mit dem Verfassungsgerichtshof, denn die von Ihnen zitierten Registrierkassen können Sie gerne im Erkenntnis des Verfassungs­gerichts­hofs nachlesen. Dieser hat nämlich eine etwas andere Meinung als Sie dazu. Er hält sie nämlich für verhältnismäßig und in Ordnung. Und daher ist das durchaus okay.

Herr Kollege Loacker, es hat auch niemand bestritten, dass die Pensionen zwar gedämpft sind, aber weiterhin um 3 Milliarden € steigen. Das ist ja einer meiner Sor­gen­punkte, dass wir sie zwar dämpfen können, aber sie nicht wirklich dorthin bekom­men, wo sie hinmüssen. Daher steht ja auch im Bericht drinnen, dass das nicht ein Absenken ist, sondern dass das tatsächlich eine 3-Milliarden-€-Steigerung über den Finanzrahmen sein wird.

Zur von Ihnen zitierten Frage, wo der Bank-Austria-Deal ankommt: natürlich in der Pen­sionsversicherungsanstalt, und zwar zu dem Zeitpunkt, zu dem er bezahlt ist. Und daher hat das nichts damit zu tun. Ich kann ja nicht etwas budgetieren, wovon ich nicht weiß, wann es tatsächlich eintrifft.

Ich bitte Sie noch einmal – vielleicht haben Sie es auch nicht mitbekommen –: Bei der Transparenzdatenbank ist der erste Schritt gesetzt, die ersten zwei Felder werden zu 100 Prozent von allen Ländern geliefert. Wir werden das auswerten. Ich werde Ihnen gerne berichten, ob die Daten geeignet sind, in Zukunft eine bessere Steuerung der Förderungen durchzuführen oder nicht. Wer aber den ersten Schritt nicht setzt, kommt halt auch nicht ans Ziel. Daher ist mir dieser erste Schritt wichtiger als die Kritik, dass bei der Transparenzdatenbank nichts geschehen sei.

Daher, glaube ich, ist es wichtig, dass wir auch zur Kenntnis nehmen, dass wir uns Schritt für Schritt dorthin bewegen. Warten Sie am Ende des Tages ab, wie weit wir gekommen sind! Dann ist es durchaus berechtigt, wenn Sie Ihre Kritik wiederholen. (Beifall bei der ÖVP.)

18.30


Präsident Karlheinz Kopf: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Doppler. – Bitte.

 


18.31.04

Abgeordneter Rupert Doppler (ohne Klubzugehörigkeit): Herr Präsident! Herr Minis­ter! Hohes Haus! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Bundesfinanzrahmen­gesetz 2017 bis 2020. – Schade, dass Frau Kollegin Nachbaur jetzt nicht da ist. Ich glaube, sie hat schon recht. Die Belastungen und die Bestimmungen für unsere Firmen sind enorm, die gehören dringend geändert. Aber, Frau Kollegin Nachbaur, wenn Sie wieder da sind, erinnern Sie vielleicht Ihre Parteikollegen und auch den Herrn Finanzminister daran, dass diese Belastungen für unsere heimischen und kleinen Firmen abgeschafft werden sollen – dringendst!

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Es ist schon ein bisschen komisch: Am Dienstag war Ministerrat, am selben Tag wird der Finanzrahmen präsentiert. Zuvor hatte der Herr Finanzminister noch Kritik geübt. Der Herr Bundeskanzler verwies auf besondere Schwerpunkte, wie zum Beispiel Sicherheit, Polizei, Landesverteidigung und Arbeitsmarkt. Auch der Herr Vizekanzler sprach von einer sicherheitspolitischen Maßnahme und Weichenstellung, die eine zusätzliche Finanzierung notwendig mache.


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll123. Sitzung / Seite 243

Es sei zirka eine Milliarde Euro zusätzlich in Wissenschaft und Forschung investiert worden, sagte der Herr Vizekanzler.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, ein großer Brocken in diesem Finanzrahmen bis 2020 sind die Flüchtlinge und die Integration. Dieser Finanzrahmen ist deutlich durch die Ereignisse der letzten Monate und der letzten Zeit geprägt. Auch die Mittel für die Arbeitsmarktpolitik sind deutlich aufgestockt worden. Die Frage ist nur: Für wen? Die Mittel für den Sondertopf für die Integration, die hier berücksichtigt werden, wären dringend für folgende Bereiche notwendig: für unsere Sicherheit, für unsere Gesundheit, für unsere Infrastruktur, für unsere Pensionen, für unsere Bauern, für unsere Betriebe und vor allem auch für unsere Familien. Dann wäre das ein richtiger Finanzrahmen für die richtige Zukunft. – Herzlichen Dank. (Beifall bei Abgeordneten des Teams Stronach sowie des Abg. Gerhard Schmid.)

18.33


Präsident Karlheinz Kopf: Zu Wort ist dazu niemand mehr gemeldet. Die Debatte ist geschlossen.

Gemäß § 69 Abs. 6 der Geschäftsordnung weise ich die Regierungsvorlage 1096 der Beilagen dem Budgetausschuss zu.

18.33.2414. Punkt

Bericht des Gesundheitsausschusses über die Regierungsvorlage (1056 d.B.): Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz über das Herstellen und das Inver­kehrbringen von Tabakerzeugnissen sowie die Werbung für Tabakerzeugnisse und den Nichtraucherschutz (Tabakgesetz) und das Bundesgesetz, mit dem die Österreichische Agentur für Gesundheit und Ernährungssicherheit GmbH errich­tet und das Bundesamt für Ernährungssicherheit sowie das Bundesamt für Sicherheit im Gesundheitswesen eingerichtet werden (Gesundheits- und Ernäh­rungssicherheitsgesetz – GESG), geändert werden (1088 d.B.)

 


Präsident Karlheinz Kopf: Wir kommen zum 14. Punkt der Tagesordnung.

Auf eine mündliche Berichterstattung wurde verzichtet.

Als Erster zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Wurm. – Bitte.

 


18.33.49

Abgeordneter Peter Wurm (FPÖ): Herr Präsident! Frau Minister! Hohes Haus! Sehr geehrte Zuseher zu Hause! Zuerst darf ich die Besuchergruppe aus Hollabrunn recht herzlich hier im Hohen Haus begrüßen. (Beifall bei FPÖ und Grünen.)

Ja, wir schreiben Tag drei nach der Bundespräsidentenwahl, und ich muss leider sagen, wir sind in der Realität angekommen: Die drei alten Systemparteien Schwarz, Rot und Grün haben leider aus dem Wahlsonntag nichts gelernt.

Wir diskutieren heute die Änderung des Tabakgesetzes. Ich habe es hier mit (ein Exemplar des Tabakgesetzes in die Höhe haltend): 61 Seiten neuer Gesetzestext. – So viel zu Bürgernähe und Bürokratieabbau.

Vielleicht ganz kurz noch einmal zur Erinnerung, ich glaube, ich muss es ganz klar sagen: Die Österreicher haben mittlerweile die Nase wirklich gestrichen voll. Ich betone das noch einmal, das war am Sonntag auch deutlich erkennbar. Die Österreicher haben genug von diesem Überwachungsstaat, von dieser Verbotskultur, von diesem Bürokratiewahnsinn, von dieser Kontrollsystematik des Staates. Die Österreicher wol­len endlich wieder mehr Freiraum. Vor allem haben wir in Österreich genug von der


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll123. Sitzung / Seite 244

Zerstörung von Kleinbetrieben und der mutwilligen Vernichtung von Arbeitsplätzen, die dieses Tabakgesetz auch wieder mit sich bringen wird.

Was wollen die Österreicher? – Die Österreicher wollen wieder mehr Freiheit, mehr Selbstbestimmung. Die Österreicher wollen wieder selbst entscheiden können, wie sie ihr Leben leben, wie sie unternehmerisch tätig sind. Ich sage es noch einmal ganz deutlich: Die Österreicher wollen sich auch nicht länger von weltfremden Politikern unterdrücken lassen. Ich werde gleich ausführen, was das mit diesem Tabakgesetz zu tun hat.

Kurz zu den Fakten: Wir sprechen hier vom TPD II, Änderung des Tabakgesetzes. Das ist eigentlich eine EU-Richtlinie, die, wie gewohnt, von der österreichischen Bundes­regierung, von der Frau Minister, übererfüllt wird – zum Schaden der Bevölkerung und zum Schaden der Wirtschaft.

Das Interessante dabei oder eben das Fahrlässige ist meiner Meinung nach Folgen­des: Die Frau Minister hat es geschafft, in dieses Gesetz die klassische Zigarette hineinzupacken, die E-Zigarette, das sogenannte Dampfen, und den Kautabak hineinzupacken. Sie stellt alles auf eine Ebene; das ist fachlich einmal grundsätzlich falsch. Das zeigen zahlreiche Studien.

Vielleicht ganz kurz zur Erklärung, Frau Minister – Sie wissen es, wir haben es im Ausschuss ja länger diskutiert –: Es gibt nach wie vor keinen wissenschaftlichen Nachweis – Herr Rasinger weiß das in Wirklichkeit auch –, dass Dampfen, also die E-Zigarette, gesundheitsgefährdend ist. Mit Sicherheit hat sie nichts mit Passivrauchen zu tun.

Ähnliche Studien gibt es zum Kautabak, dem berühmten Snus. Der wird jetzt in Österreich auch verboten; auch dazu gibt es keine wissenschaftlichen Studien, die ihn mit der klassischen Zigarette gleichsetzen. Wir haben in Österreich mittlerweile rund 250 000 Dampfer, wie es so schön heißt. Dazu muss man auch ganz klar sagen, der Umstieg auf die E-Zigarette ist bei sehr vielen Rauchern ein wichtiger Schritt, um gesünder zu leben.

Die Erfolgsquote beim Umstieg liegt bei 50 Prozent, im Gegensatz zu Produkten aus der Apotheke, bei welchen die Erfolgsquote bei 2 bis 3 Prozent liegt. Da kann man natürlich auch annehmen – das wird der wahre Hintergrund sein, warum das alles in ein Gesetz gepackt wird –, dass die Frau Minister die 1,7 Milliarden € Steuerein­nah­men aus der Tabaksteuer nicht riskieren will und deshalb lieber in Kauf nimmt, dass die Leute vom E-Dampfen abgehalten werden. Oder die Pharmaindustrie will sich da auch noch mehr oder weniger ein bisschen ein Zubrot verdienen.

Auch interessant, aber ganz bedenklich – das finde ich fahrlässig –: Sie verbieten in diesem Gesetz für österreichische Unternehmen den Versandhandel mit diesen Pro­dukten, und zwar national und international. Das macht natürlich überhaupt keinen Sinn, wenn man weiß, dass die ganze Welt im Internet einkauft. Auch die Österreicher werden weiterhin diese Produkte kaufen, dann allerdings im Ausland, ohne Steuer­gelder in Österreich abzuliefern.

Sie haben jetzt die Schockbilder eingeführt, dafür gibt es aber keine Angaben zu Inhaltsstoffen mehr, was Teer betrifft. Sie machen ein Werbeverbot, Sponsoringverbot, Verkaufsförderungsverbot für Trafikanten und E-Händler, eine Zigarettenautomaten­reduktion, eine Gewinnspannenreduktion für Trafikanten von 18 auf 13 Prozent. Da muss man sagen, wir hatten vor knapp 30 Jahren noch 11 000 Trafikanten, mittlerweile sind es 2 600 Trafikanten. Das ist meiner Meinung ein weiterer Anschlag auf die Nahversorgung.


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll123. Sitzung / Seite 245

Sie haben es bei der Post geschafft, die Nahversorgung mehr oder weniger abzu­schaffen. Und Sie werden es wahrscheinlich auch im Trafikantenbereich noch schaf­fen, wenn Sie so weitermachen.

Es gibt Beipackzettelverordnungen, aufwendige Datensammlungen, Zulassungsan­träge, und, und, und; und Sie haben in Zukunft die Möglichkeit der Verordnungs­ermäch­tigung, also am Parlament vorbei eine Verordnung zu erlassen, bei der wir nicht mehr mitreden dürfen. Das Allerschlimmste finde ich – und das ist mein Riesen­vorwurf –: Es steht in diesen 61 Seiten nicht ein Wort vom Jugendschutz – nicht ein Wort, nicht ein Satz! Da hätten Sie mit uns Freiheitlichen ohne Weiteres eine Basis gefunden, wenn es um den Jugendschutz geht, aber was Sie machen, ist, Sie wollen den Österreichern, erwachsenen Menschen vorschreiben, wie sie ihr Leben zu leben haben. (Beifall bei der FPÖ.)

Meiner Ansicht nach ist dieser Krieg gegen Raucher, den Sie hier führen, mehr oder weniger fast schon ein Glaubenskrieg. Ich finde, das ist der falsche Weg. Sie machen genau das, was Sie uns aktuell auch immer wieder vorwerfen, Sie spalten in Wirk­lichkeit die Gesellschaft in Raucher und Nichtraucher. Das ist mit Sicherheit der ganz, ganz falsche Weg.

Was werden wir Freiheitlichen machen? – Wir werden eine Front gegen diese Diktatur bilden – und da gibt es die ersten Initiativen –, und zwar eine Front sowohl aus Rauchern, Trafikanten, E-Zigarettenhändlern als auch aus Gastronomen, die unter diesen Entwicklungen sehr stark zu leiden haben. Wir werden vor allem auch die ÖVP da einmal in die Pflicht nehmen, denn das Gleiche machen Sie im Übrigen bei der Registrierkassenpflicht zwischen Vereinen und Gastronomen, bei der Sie die Leute gegeneinander ausspielen. (Zwischenruf des Abg. Loacker.)

Ich möchte schon erwähnen, dass wir hier im Parlament 14 Abgeordnete haben, die beim Wirtschaftsbund sind – zusätzlich zwei von der roten Seite, der Herr Matznetter ist nicht da –, die immer dann ganz toll für die Wirtschaft und die Unternehmer sprechen, wenn sie in der Wirtschaftskammer oder beim Wirtschaftsbund sind, und hier dann genau diese Gesetze beschließen, die der Wirtschaft ganz massiv schaden.

Wir werden auch so etwas wie einen elektronischen Pranger einführen, mit dessen Hilfe Unternehmen in Österreich diese Namen auch einmal nachlesen können und sehen, wie Sie hier im Parlament abstimmen und was Sie draußen erzählen. Ich darf nur erwähnen, wenn ein Gewerkschafter hier im Parlament für die 60-Stunden-Woche votiert, dass sie ihn dann normalerweise bei der Gewerkschaft wahrscheinlich hoch­kantig hinausschmeißen würden. Die Abgeordneten vom Wirtschaftsbund dürfen hier im Parlament aber andauernd Gesetze gegen die Wirtschaft machen, und das muss irgendwann einmal aufhören. (Beifall bei der FPÖ.)

Ganz kurz zum Schluss: Wir Freiheitlichen stehen eindeutig für die Wahlfreiheit der erwachsenen Bürger hier in Österreich und eine aktive Wirtschaftspolitik für Klein- und Mittelbetriebe. Aufgrund dessen darf ich hier ganz kurz noch – ich zeige es auch her (der Redner stellt eine Zeitschrift mit dem Titel „Flagge zeigen“ und dem Abbild Norbert Hofers auf das Rednerpult) – Flagge zeigen für Unternehmer und für die Freiheit in Österreich.

In diesem Sinne darf ich folgenden Antrag einbringen:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Peter Wurm, Kolleginnen und Kollegen betreffend TabakgesetzNEU

Der Nationalrat wolle beschließen:


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll123. Sitzung / Seite 246

Die Bundesregierung, insbesondere die Gesundheitsministerin, wird aufgefordert, dem Nationalrat eine Regierungsvorlage zuzuleiten, die eine Rücknahme der Tabakgesetz­novellen 2015 und 2016 zum Inhalt hat.“

*****

Danke. (Beifall bei der FPÖ.)

18.42


Präsident Karlheinz Kopf: Der von Herrn Abgeordnetem Wurm eingebrachte Ent­schließungsantrag ist ausreichend unterstützt und steht mit in Verhandlung.

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Peter Wurm und weiterer Abgeordneter betreffend TabakgesetzNEU

eingebracht in der 123.Sitzung des Nationalrates am 27.04.2016  im Zuge der Debatte über den Tagesordnungspunkt 14: Bericht des Gesundheitsausschusses über die Regie­rungsvorlage (1056 d.B.): Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz über das Herstellen und das Inverkehrbringen von Tabakerzeugnissen sowie die Werbung für Tabakerzeugnisse und den Nichtraucherschutz (Tabakgesetz) und das Bundesgesetz, mit dem die Österreichische Agentur für Gesundheit und Ernährungssicherheit GmbH errichtet und das Bundesamt für Ernährungssicherheit sowie das Bundesamt für Sicherheit im Gesundheitswesen eingerichtet werden (Gesundheits- und Ernährungs­sicher­heitsgesetz - GESG) geändert werden (1088 d.B.)

Die Tabakgesetznovellen 2015 und 2016 haben für die österreichischen Raucher, aber auch die Gastronomen, Trafikanten und die E-Zigarettenhändler sachpolitisch nicht zu rechtfertigende massive Einschränkungen gebracht. Das absolute Rauchverbot in der Gastronomie,  aber auch die weitergehende Einschränkungen der Berufsausübung für Trafikanten und E-Zigarettenhändler gefährden und vernichten Arbeitsplätze, bringen aber im Hinblick auf den Gesundheits- und Jugendschutz tatsächlich keine Verbes­serungen. Vor diesem Hintergrund sollten diese Novellen wieder zurückgenommen werden, um der österreichischen Rauchkultur und damit den betroffenen Konsumen­ten- und Berufsgruppe einen in einer westlichen Demokratie und Gesellschaftsordnung Freiraum zu schaffen. Der bisher eingeschlagene Weg einer fortgesetzten Verbots­kultur muss umgehend gestoppt und revidiert werden.

Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgenden

Entschließungsantrag

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesregierung, insbesondere die Gesundheitsministerin, wird aufgefordert, dem Nationalrat eine Regierungsvorlage zuzuleiten, die eine Rücknahme der Tabakgesetz­novellen 2015 und 2016 zum Inhalt hat.“

*****

 


Präsident Karlheinz Kopf: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Kucher. – Bitte.

 



Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll123. Sitzung / Seite 247

18.42.23

Abgeordneter Philip Kucher (SPÖ): Herr Präsident! Geschätzte Frau Ministerin! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Kollege Wurm (Abg. Peter Wurm: Ja!), diese Ausführungen, in denen Sie soeben von einem Glaubenskrieg gesprochen haben, reihen sich nahtlos in die Debatte im Gesundheitsausschuss ein. Im Gesundheitsausschuss haben Sie uns alle noch mit dem sogenannten Islamischen Staat verglichen. Heute geht es weiter, heute ist die Rede vom elektronischen Pranger. Ich glaube, der Einzige, der hier sozusagen als Wanderprediger der Tabakindustrie unterwegs ist, sind heute Sie gewesen. (Abg. Peter Wurm: Der Freiheit! Wir heißen Freiheitliche Partei! Wahlfreiheit!) Sie sprechen immer wieder von der Wirtschaft, aber ein Wort, nämlich Verantwortung, ist Ihnen per­sönlich heute nicht über die Lippen gekommen. Sie wissen, dass in Österreich jede Stunde ein Mensch an den Folgen des Rauchens stirbt. Sie wissen, dass alle acht Stunden ein Mensch an den Folgen des Passivrauchens stirbt.

Jetzt gibt es zwei Möglichkeiten, wie die Politik darauf reagieren kann. Es gibt den Weg, den Sie als Wanderprediger der Tabakindustrie (Abg. Peter Wurm: Der Freiheit!) vorschlagen würden, nämlich zu sagen, dass man gar nichts macht, dass es keine Richtlinien geben soll, dass jeder es so, wie er möchte, machen soll und dass wir uns völlig heraushalten. Der zweite Weg ist aber jener, zu sagen: Als Politiker haben wir auch eine Verantwortung! Ja, es ist jedem Menschen auch in Zukunft selbst überlas­sen, ob er rauchen möchte oder nicht, ob er damit aufhört oder wie er mit seinem Leben umgeht, aber wir haben als Politik auch die Verantwortung, die Menschen, die mit dem Rauchen aufhören wollen, zu unterstützen.

Wir haben auch die Verantwortung, die Schadstoffe, die Inhaltsstoffe der Zigaretten zu kontrollieren. Und wir haben vor allem auch die Verantwortung, zu informieren und auf die Risiken hinzuweisen. Gar nichts zu tun, ist in dieser Frage einfach nur feig und keine Lösung. (Abg. Peter Wurm: Kein Wort zum Jugendschutz!) Es ist auch unsere Aufgabe in der Politik, Maßnahmen zu setzen, damit die Menschen, die mit dem Rauchen aufhören wollen, auch die Möglichkeit dazu haben. (Beifall bei der SPÖ. – Zwischenrufe bei der FPÖ.)

Das ist genau das, was wir heute hier im Parlament mit der Umsetzung der Richtlinie für Tabakerzeugnisse in österreichisches Recht auch vornehmen, nämlich einmal zu sagen: Schauen wir uns die Inhalts- und Zusatzstoffe an! Ich glaube, es ist Wahnsinn – und das können Sie persönlich doch nicht gutheißen –, dass auf Zigaretten­verpackun­gen Vitaminzusatz steht. Vitamine – was suggeriert denn das? Das sind Dinge, wie auch Menthol, mit denen man vielleicht noch eine Gesundheitsförderung attestiert. (Abg. Peter Wurm: Nicht einmal der Teergehalt ist angegeben! Haben Sie es gele­sen?!)

Ich glaube, dass es ganz wichtig ist, dass man auch im Bereich der Beschriftung mit einer Kennzeichnung arbeitet, dass man auf die Gefahren hinweist, dass man auch die Telefonnummer für die Raucherentwöhnung bekannt gibt, dass man durchaus auch Schockbilder einsetzt. Schließlich sollten wir alle hier uns nicht vorwerfen lassen müssen, dass wir nicht alles tun, um die Bevölkerung zu informieren.

Die Möglichkeit zur Entscheidung, ob er rauchen möchte oder nicht, hat jeder Mensch in Österreich weiterhin. Es ist aber unsere Aufgabe, in der Politik alles zu tun, sodass die Information vorhanden ist und wir die Menschen, die mit dem Rauchen aufhören wollen, dabei auch unterstützen. Ich glaube, das ist gerade ein ganz wesentlicher Punkt der Gesundheitspolitik – Sie haben ja heute immer nur von der Wirtschaftspolitik gesprochen.


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll123. Sitzung / Seite 248

Ich darf abschließend noch einen Antrag einbringen, in dem wir den Wortlaut der Richt­linienbestimmungen übernehmen, damit wir mögliche Unklarheiten bei der Auslegung und der Umsetzung verhindern können:

Abänderungsantrag

der Abgeordneten Spindelberger, Dr. Rasinger, Kolleginnen und Kollegen

Der Nationalrat wolle in zweiter Lesung beschließen:

Das Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz über das Herstellen und das Inver­kehrbringen von Tabakerzeugnissen sowie die Werbung für Tabakerzeugnisse und den Nichtraucherschutz (Tabakgesetz) und das Bundesgesetz, mit dem die Öster­reichische Agentur für Gesundheit und Ernährungssicherheit GmbH errichtet und das Bundesamt für Ernährungssicherheit sowie das Bundesamt für Sicherheit im Gesund­heits­wesen eingerichtet werden (Gesundheits- und Ernährungssicherheitsgesetz – GESG) werden wie folgt geändert:

„Artikel 1 wird wie folgt geändert:

1. Nach Z 12 wird folgende Z 12a eingefügt:

12a. § 2 Abs. 2 lautet:

‚(2) Eine Zigarettenpackung muss mindestens 20 Zigaretten enthalten.‘

2. In Z 21 lautet § 5e Abs. 2 wie folgt:

‚(2) Eine Zigarettenpackung hat den Vorgaben des § 2 Abs. 2 zu entsprechen. Eine Packung von Tabak zum Selbstdrehen darf nicht weniger als 30 g Tabak enthalten.‘

3. In Z 40 lautet § 17 Abs. 9 wie folgt:

‚(9) § 2 Abs. 2 und § 2a, §§ 4 bis 6, § 7 Abs. 12, § 7a Abs. 2, § 8 Abs. 1, 1a, 2, 4 bis 4c, 7 bis 10, §§ 8a bis 11, § 14 Abs. 1 bis 3, § 14b, § 19 sowie der Anhang dieses Bun­desgesetzes in der Fassung BGBl. I Nr. x/2016 treten mit 20. Mai 2016 in Kraft. Die § 2 Abs. 4, § 3, § 4a und § 8 Abs. 5 in der Fassung vor der Novelle BGBl. I Nr. x/2016 treten mit Ablauf des 19. Mai 2016 außer Kraft. § 2 Abs. 1 in der Fassung BGBl. I Nr. x/2016 tritt mit 20. Mai 2017 in Kraft. Auf Sachverhalte, die den Tatbestand einer Verwaltungsübertretung erfüllen, ist dieses Bundesgesetz erst ab dem seiner Kundmachung folgenden Tag anzuwenden.‘“

*****

Dieser Gesetzestext ist etwas lang. Wir haben das ordnungsgemäß eingebracht. Herr Präsident, Sie können das hoffentlich bestätigen. (Bundesministerin Oberhauser: Er hat mitgelesen! – Beifall bei der SPÖ.)

Abschließend weise ich noch einmal darauf hin, dass ich glaube, dass der heute eingeschlagene Weg ein sehr guter Weg ist. Ich darf Sie alle wirklich um Zustimmung bitten, denn, wie gesagt: Die Freiheit des Menschen bleibt weiterhin bestehen, aber es geht heute vor allem um eine Verantwortung der Politik, der wir, glaube ich, alle gemeinsam auch nachkommen sollten. (Beifall bei der SPÖ.)

18.47


Präsident Karlheinz Kopf: Der von Herrn Abgeordnetem Kucher eingebrachte Abän­derungsantrag ist ausreichend unterstützt, wurde völlig korrekt vorgetragen und steht somit mit in Verhandlung.


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll123. Sitzung / Seite 249

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:

Abänderungsantrag

der Abgeordneten Erwin Spindelberger, Dr. Erwin Rasinger, Kolleginnen und Kollegen

zum Bericht des Gesundheitsausschusses (1088 dB) betreffend die Regierungsvorlage 1056 der Beilagen betreffend ein Bundesgesetzes, mit dem das Bundesgesetz über das Herstellen und das Inverkehrbringen von Tabakerzeugnissen sowie die Werbung für Tabakerzeugnisse und den Nichtraucherschutz (Tabakgesetz) und das Bundes­gesetz, mit dem die Österreichische Agentur für Gesundheit und Ernährungssicherheit GmbH errichtet und das Bundesamt für Ernährungssicherheit sowie das Bundesamt für Sicherheit im Gesundheitswesen eingerichtet werden (Gesundheits- und Ernährungs­sicher­heitsgesetz – GESG) geändert werden

Der Nationalrat wolle in zweiter Lesung beschließen:

Die eingangs bezeichnete Gesetzesvorlage wird wie folgt geändert:

Artikel 1 wird wie folgt geändert:

1. Nach Z 12 wird folgende Z 12a eingefügt:

12a. § 2 Abs. 2 lautet:

„(2) Eine Zigarettenpackung muss mindestens 20 Zigaretten enthalten.“

2. In Z 21 lautet § 5e Abs. 2 wie folgt:

„(2) Eine Zigarettenpackung hat den Vorgaben des § 2 Abs. 2 zu entsprechen. Eine Packung von Tabak zum Selbstdrehen darf nicht weniger als 30 g Tabak enthalten.“

3. In Z 40 lautet § 17 Abs. 9 wie folgt:

„(9) § 2 Abs. 2 und § 2a, §§ 4 bis 6, § 7 Abs. 12, § 7a Abs. 2, § 8 Abs. 1, 1a, 2, 4 bis 4c, 7 bis 10, §§ 8a bis 11, § 14 Abs. 1 bis 3, § 14b, § 19 sowie der Anhang dieses Bundesgesetzes in der Fassung BGBl. I Nr. x/2016 treten mit 20. Mai 2016 in Kraft. Die § 2 Abs. 4, § 3, § 4a und § 8 Abs. 5 in der Fassung vor der Novelle BGBl. I Nr. x/2016 treten mit Ablauf des 19. Mai 2016 außer Kraft. § 2 Abs. 1 in der Fassung BGBl. I Nr. x/2016 tritt mit 20. Mai 2017 in Kraft. Auf Sachverhalte, die den Tatbestand einer Verwaltungsübertretung erfüllen, ist dieses Bundesgesetz erst ab dem seiner Kundmachung folgenden Tag anzuwenden.“

Begründung:

Zur Hintanhaltung möglicher Unklarheiten bei der Auslegung und Umsetzung des Art. 14 Abs.1 der Richtlinie (EU) 2014/40/EU, wird der Wortlaut dieser Richtlinien­bestim­mung übernommen.

*****

 


Präsident Karlheinz Kopf: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Mag. Loacker. – Bitte.

 


18.47.46

Abgeordneter Mag. Gerald Loacker (NEOS): Herr Präsident! Sehr geehrte Frau Bundesministerin! Hohes Haus! So ähnlich, wie Kollege Kucher das vorgetragen hat, lesen sich die ganzen 60 Seiten, die Kollege Wurm Ihnen vorhin gezeigt hat. Dieses


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll123. Sitzung / Seite 250

Gesetz ist wirklich unglaublich. Da muss man sich auch noch vor Augen führen, in welchem Schneckentempo diese Bundesregierung diese Richtlinie für Tabakerzeug­nisse zur Umsetzung gebracht hat. Die wissen nämlich schon seit zwei Jahren, dass das umgesetzt werden muss, und jetzt ist der letzte Sitzungstermin, in dem man das noch termingerecht unter Dach und Fach bringen kann. In allerletzter Minute werden noch Abänderungsanträge eingebracht. Die Begutachtungsfrist wurde auf 26 Tage verkürzt, 511 Stellungnahmen sind in der kurzen Zeit eingelangt, und in der Aus­schusssitzung war noch nicht einmal klar, auf welche Verpackungsseite die Warnhin­weise eigentlich hinkommen sollen, weil das so hudriwudri hingeschludert war.

Ein Beispiel sind auch die Verpackungen von Tabakprodukten. Die dürfen künftig nur noch Zylinderform, Quaderform oder Beutelform haben. Damit sind nicht nur Kugeln oder pyramidenförmige Verpackungen verboten, es sind jetzt auch  diese Round Corners – Sie kennen die mit den abgerundeten Ecken –, die Curved Boxes und die Slide Boxes verboten. Warum? – Das weiß kein Mensch. Das ist einfach nur dieses echt geile Gesetz, das Sie da fabriziert haben.

Das Gesetz schreibt auch Schriftgröße und Schriftart der Warnhinweise vor und verlangt da die Schriftart „Helvetika“ – allerdings mit K –, „Helvetika“ mit K gibt es unter all den Zehntausenden Schriftarten, die existieren, nicht. Das schreibt man korrek­terweise mit C.

Deshalb bringe ich folgenden Antrag ein:

Abänderungsantrag

der Abgeordneten Loacker, Kollegin und Kollegen

Der Nationalrat wolle in zweiter Lesung beschließen:

„Der dem Bericht des Gesundheitsausschusses (1088 d.B.) über die Regierungs­vor­lage (1056 der Beilagen): Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz über das Herstellen und das Inverkehrbringen von Tabakerzeugnissen sowie die Werbung für Tabakerzeugnisse und den Nichtraucherschutz (Tabakgesetz) und das Bundesgesetz, mit dem die Österreichische Agentur für Gesundheit und Ernährungssicherheit GmbH errichtet und das Bundesamt für Ernährungssicherheit sowie das Bundesamt für Sicherheit im Gesundheitswesen ein gerichtet werden (Gesundheits- und Ernährungs­sicher­heitsgesetz – GESG) geändert werden, angeschlossene Gesetzesentwurf wird wie folgt geändert:

Artikel 1: Z 20 § 5 Abs. 7 Z 1 lautet wie folgt:

‚1. in Helvetica fett schwarz auf weißem Hintergrund zu drucken,‘“

*****

Jetzt komme ich aber zum eigentlichen Problem dieses Gesetzes. Dieses Gesetz kann für Ihr Kleinunternehmen tödlich sein. (Der Redner stellt eine Tafel auf das Rednerpult mit der Aufschrift: „Dieses Gesetz kann für ihr Kleinunternehmen tödlich sein.“) Das Gesetz wird alle E-Zigaretten und deren Liquids, ob sie Nikotin enthalten oder nicht, diesem Tabakgesetz unterwerfen, also auch Nicht-Tabakprodukte. Jetzt werden Hun­derte Geräte und Hunderte Liquids, die kleine Unternehmen produzieren, diesem Gesetz unterworfen.

Damit wird den kleinen Unternehmen die Geschäftsgrundlage auf verschiedene Weise entzogen. Erstens, Kollege Wurm hat es schon ausgeführt, wird der Versandhandel für diese Produkte untersagt.


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll123. Sitzung / Seite 251

Die arbeiten schon seit vielen Jahren im Versandhandel, und jetzt kommt der Gesetzgeber und sagt: Ende der Debatte, das machst du mir nicht mehr! (Abg. Peter Wurm: Nur in Österreich, Herr Kollege!) Wir führen damit auch den europäischen Warenverkehr ad absurdum, abgesehen davon, dass der österreichische Kunde, der das konsumiert und gewohnt ist, online zu bestellen, es auch weiterhin online bestellen wird, nur eben nicht in Österreich, sondern im Ausland. Das ist Wirtschaftspolitik, wie diese Bundesregierung sie macht. So werden in diesem Land Arbeitsplätze vernichtet. (Beifall bei den NEOS sowie des Abg. Peter Wurm.)

Das Zweite sind die Zulassungsverfahren. Jedes dieser elektronischen Dampfgeräte und jedes Liquid muss immer national zugelassen werden. Das wichtigste Element so einer E-Zigarette ist der Akku. Wenn Sie ein neues Gerät auf den Markt bringen, müssen Sie auch jedes Mal von einer Gesundheitsbehörde diesen Akku genehmigen lassen. So irre ist dieses Gesetz. Das gilt dann auch nicht für ganz Europa, sondern wenn man in einem Land eine Zulassung hat, gilt sie dort, und man muss sie dann in jedem Land wieder separat beantragen.

Im Ausschuss wurde argumentiert, dass es um den Jugendschutz geht. Wir dürfen die jungen Menschen nicht zum Rauchen verführen. Wenn das Ihr Anliegen gewesen wäre, liebe Kolleginnen und Kollegen von Rot und Schwarz, dann hätten Sie ein Rauchverbot bis 18 Jahre eingeführt. Das wäre Jugendschutz gewesen. Das haben Sie nicht. Österreich ist immer noch ein Raucherparadies, wo man im Alter von 16 Jahren Tschick kaufen kann; das kann man in anderen Ländern nicht.

Andere Länder scheren auch nicht Tabakprodukte und Nicht-Tabakprodukte über einen Kamm, so wie Sie das fabriziert haben. Im Vereinigten Königreich muss der Trafikant den Zigarettenkunden darauf aufmerksam machen, dass es als Alternative E-Zigaretten gäbe, die nämlich 90 Prozent weniger schädlich sind. In Österreich haben Sie dieser E-Zigarettenbranche jetzt die Geschäftsgrundlage abgedreht, und geholfen haben Sie damit nur den großen, fetten Tabakkonzernen, die von der kleinen Kon­kurrenz genervt sind. Das haben Sie jetzt gemacht: Sie haben den Konzernen geholfen und den kleinen Unternehmen geschadet. (Beifall bei den NEOS.)

18.52


Präsident Karlheinz Kopf: Herr Abgeordneter Loacker, wollten Sie nicht einen Abänderungsantrag einbringen? (Abg. Loacker: Habe ich vorgelesen!) – Haben Sie vorgelesen? (Bundesministerin Oberhauser: Hat er ganz am Anfang gemacht!) – Sorry, dann war ich gerade mit der Änderung im Croquis beschäftigt. – Danke. In die­sem Falle und da dies von meinen Mitlesenden bestätigt wird, bestätige ich die ord­nungsgemäße Einbringung, und damit steht der Antrag mit in Verhandlung.

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:

Abänderungsantrag

der Abgeordneten Gerald Loacker, Kollegin und Kollegen

zum Bericht des Gesundheitsausschusses (1088 d.B.) über die Regierungsvor-lage (1056 der Beilagen): Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz über das Herstellen und das Inverkehrbringen von Tabakerzeugnissen sowie die Werbung für Tabaker­zeugnisse und den Nichtraucherschutz (Tabakgesetz) und das Bundesgesetz, mit dem die Österreichische Agentur für Gesundheit und Ernährungssicherheit GmbH errichtet und das Bundesamt für Ernährungssicherheit sowie das Bundesamt für Sicherheit im Gesundheitswesen ein gerichtet werden (Gesundheits- und Ernährungssicher­heits­gesetz – GESG) geändert werden


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll123. Sitzung / Seite 252

Der Nationalrat wolle in zweiter Lesung beschließen:

Der dem Bericht des Gesundheitsausschusses (1088 d.B.) über die Regierungsvorlage (1056 der Beilagen): Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz über das Herstellen und das Inverkehrbringen von Tabakerzeugnissen sowie die Werbung für Tabak­erzeug­nisse und den Nichtraucherschutz (Tabakgesetz) und das Bundesgesetz, mit dem die Österreichische Agentur für Gesundheit und Ernährungssicherheit GmbH errichtet und das Bundesamt für Ernährungssicherheit sowie das Bundesamt für Sicherheit im Gesundheitswesen ein gerichtet werden (Gesundheits- und Ernährungs­sicherheitsgesetz – GESG) geändert werden, angeschlossene Gesetzesentwurf wird wie folgt geändert:

Artikel 1: Z 20 § 5 Abs. 7 Z 1  lautet wie folgt:

„1. in Helvetica fett schwarz auf weißem Hintergrund zu drucken,"

Begründung

Paragraph 5 des vorliegenden Gesetzestexes legt in enormer Regelungstiefe die exakten Gestaltungsvorgaben fest, mit denen Warnhinweise und Informationsbot­schaften auf Rauchtabakerzeugnissen anzubringen sind. Die hierbei verwendete Schrift­artbezeichnung "Helvetika" ist nicht existent und lässt bei einer Auswahl von mehreren zehntausend Schriftartfamilien keine verlässliche Zuordnung zu. Im Sinne der Rechtssicherheit für Produzenten von Rauchtabakerzeugnissen ist die Schrift­artbezeichnung eindeutig an eine gültige Schriftart anzupassen.

*****

 


Präsident Karlheinz Kopf: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Dr. Rasinger. – Bitte.

 


18.52.54

Abgeordneter Dr. Erwin Rasinger (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Frau Ministerin! Hohes Haus! Irgendwie fühle ich mich in der Debatte als Arzt überhaupt nicht wohl, das muss ich ganz ehrlich sagen – ich bin irgendwie entsetzt, aber ein Gefühl darf man mir wohl zubilligen –: Ich bin in einer Art Kleinunternehmer- oder – weiß Gott was – Glaubenskrieg-Debatte. Wenn im ersten Satz von Herrn Wurm weltfremde Politik vorkommt, dann muss ich ihn fragen: Ist Ihnen klar, dass seit 50 Jahren gestritten wird, wie man den Raucheranteil senken kann? Das ist ja der entscheidende Punkt. Da kann man über vieles streiten, aber nicht sagen, dass es weltfremd ist. Wenn sich nach Jahren ein bisschen etwas bewegt und man die Aufschrift ein bisschen größer macht – jetzt sind es 65 Prozent –, dann ist das genau das, was Sie fordern, nämlich ein Schritt zur Eigenverantwortung, denn wenn jetzt jemand etwas in die Hand nimmt, kann er zumindest nicht sagen, er wurde nicht gewarnt.

Mich als Arzt verwundert es immer wieder – gestern in der Ordination –, wie sich Menschen im Laufe der Zeit ändern. Wenn wir annehmen, dass Elfjährige – das ist keine Annahme – und 15-Jährige schon massiv rauchen: Warum soll ich ein Gesetz dann auf 18 Jahre ändern, wenn nicht einmal das Jugendschutzgesetz, das Länder­sache ist, eingehalten wird? (Abg. Peter Wurm: Genau das wäre Ihre Aufgabe, nämlich Maßnahmen zu setzen, damit Elfjährige nicht mehr rauchen! – Abg. Korun: Lassen Sie ihn …!) – Herr Wurm, welches Bild ergeben Sie, wenn Sie da gegen ein Gesetz wettern, das eigentlich ein bisschen mehr Eigenverantwortung fordert, und nur ein bisschen mehr, das ist kein Verbotsgesetz im großen Stil?


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll123. Sitzung / Seite 253

Zum Thema Verbotsgesetz nenne ich Ihnen andere Demokratien. In den USA überlegt man ein Rauchverbot ab 21 Jahren. (Abg. Lugar: Bis 21! – Abg. Belakowitsch-Jenewein: Bis 21!) Das ist ein Gesetz, das jetzt ein Gouverneur – ich habe den Bun­desstaat vergessen – verhindert hat, weil er verweigert hat, das schon beschlos­sene Gesetz, dass man überhaupt erst ab 21 Jahren Tabakwaren kaufen darf, zu unter­zeichnen. Der Trend in den USA sind nicht 18 Jahre, sondern 21 Jahre. Warum? – Dort traut sich die Tabakindustrie nicht einmal einen Mucks zu machen, weil sie genau wissen, sie werden von den Verbraucherschützern geklagt.

Ich wollte aber auf meine Ordination zurückkommen. Mich erschüttert es immer wieder – zuletzt gestern –, wenn ein Patient mit Lungenmetastasen, einem schweren Lungenkarzinom zu mir sagt: Herr Doktor, ich will nicht sterben. Warum habe ich Trottel das angefangen? Warum hat mir keiner, als ich klein und jung war, die Zigarette ausgeredet? Warum habe ich angefangen?

Genau dieses Warum bewegt mich als Arzt, bewegt, glaube ich, die meisten Ärzte, sodass sie fragen: Warum schauen wir zu, wenn vermeidbare Krankheiten entstehen? Es sind 14 000 vorzeitige Tote. Sie sind im Gesundheitsausschuss, ich glaube, das ist eine gewisse Verantwortung, die Sie da haben. Und ich glaube, es sollte sich bis hierher herumgesprochen haben: Rauchen ist der größte einzelne Schadfaktor, den wir in der Gesundheit kennen. Das hat schon Robert Kennedy drei Monate, bevor er erschossen worden ist, er war nämlich Gesundheitsminister, gesagt, dass es der größte Einzelfaktor ist – und es hat sich überhaupt nichts geändert.

Geändert hat sich die Einstellung der meisten europäischen Länder. In England werden Sie in Kürze nur mehr giftgrüne Packungen kaufen können – unter der Budel –, genauso wie in Australien. In Frankreich denkt man darüber nach, ob im Auto nicht mehr geraucht werden darf.

Ich glaube, es gibt eine prinzipielle Grenze, über die wir uns quer über alle Grenzen  hinweg einig sein sollten. Diese lautet, dass Kinder nicht rauchen sollten und dass Menschen, die rauchen, andere nicht mit dem Rauchen belästigen sollten. Vieles davon stellen Sie jedoch in Frage; und ich würde mir wirklich wünschen, dass wir da fraktionsübergreifend vielleicht ärztlicher denken, dass wir vielleicht so denken wie die Frau Ministerin oder ich. (Abg. Belakowitsch-Jenewein: Aber sie ist Kinderärztin!) Wir sind Ärzte, und uns tut es jedes Mal weh, wenn wir jemandem sagen müssen: Leider, es war zu spät; vor 40 Jahren hättest du das machen müssen. (Beifall bei der ÖVP sowie der Abgeordneten Kucher und Vavrik. – Abg. Vavrik: Solidarität! – Abg. Loacker: Wir sind gleich viele wie ihr!)

18.57


Präsident Karlheinz Kopf: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Klubobmann Ing. Lugar. – Bitte.

 


18.57.46

Abgeordneter Ing. Robert Lugar (STRONACH): Hohes Haus! Herr Rasinger hat etwas Interessantes gesagt, nämlich, dass seit 50 Jahren versucht wird, den Men­schen das Rauchen abzugewöhnen, mit mäßigem Erfolg – und ich glaube, da sind wir beide uns einig. Der Grund, warum das nicht funktioniert, ist ein ganz einfacher, näm­lich weil Rauchen eben süchtig macht und weil man unglaublich schwer davon los­kommt. Wenn wir von dem Krebskranken sprechen, der gefragt hat, warum er nicht damals damit aufgehört hat, und jetzt kurz vor dem Sterben ist, und das 14 000 Men­schen betrifft, dann erkennt man, dass das wirklich ein Problem ist.

Jetzt gäbe es eine Möglichkeit, um dieses Problem wirksam zu bekämpfen, und zwar nachweislich. Es gibt ganz viele Fälle, die uns zeigen, wie wir den Menschen nach-


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll123. Sitzung / Seite 254

haltig wirksam das Rauchen abgewöhnen können. Und was geschieht? – Man verbietet diese Möglichkeit.

Man verbietet diesen Menschen die Möglichkeit, diese Alternative zu wählen, indem man ihnen alle möglichen Fallstricke vor die Füße wirft, um zu verhindern, dass sie umsteigen. In Wirklichkeit ist das unterlassene Hilfeleistung. (Abg. Maurer: Arg!) Es ist unterlassene Hilfeleistung, wenn wir es den Menschen erschweren, zum E-Dampfer zu werden, die E-Zigarette zu benützen. Ich bin selbst mit so einem E-Dampfgerät von der Zigarre losgekommen, und ich kann Ihnen eines sagen (neuerlicher Zwischenruf der Abg. Maurer): Am Anfang verwendet man möglicherweise noch Nikotin, aber mit der Zeit braucht man es gar nicht mehr; irgendwann lässt man es dann komplett weg. Genau das ist der Punkt. In Deutschland gibt es bereits 3 Millionen Menschen, die dieses Gerät nützen; und viele von denen haben nur positive Erfahrungen gemacht.

Wenn man sich auch die gesundheitlichen Aspekte ansieht, dann sieht man, dass man in Wahrheit einen Stoff – ich habe es mir aufgeschrieben –, der Propylenglykol heißt, einatmet. (Abg. Belakowitsch-Jenewein: Klingt sehr gesund!) Dieser Stoff ist ein Feuchtmittel, das in fast allen Lebensmitteln verwendet wird. Er ist zugelassen und wird in großem Umfang eingesetzt. Dieser Stoff wird auch seit 40 Jahren in allen Nebelmaschinen eingesetzt, die in Theatern, Diskotheken und sonstigen Orten einge­setzt werden. Das heißt, man hat Langzeiterfahrungen und man weiß, dass dieser Stoff absolut harmlos ist.

Sie sagen dann, dass da aber noch Duftstoffe reinkommen: Ja, aber die gleichen Duft­stoffe verwenden wir in Zimmerlampen, in Parfums und bei allen möglichen Dingen, und auch da werden sie eingeatmet. Sie sagen: Das Problem ist das Einatmen, denn alles, das eingeatmet wird, ist ja gefährlich oder ist möglicherweise gefährlich! – Ich kann Ihnen nur eines sagen: Wenn Sie ins Spital gehen – und das werden Sie wahrscheinlich öfter tun –, dann atmen Sie dort auch Liquids ein. Dort gibt es sogenannte Luftwäscher, die für die ausreichende Luftfeuchtigkeit in der Klimaanlage sorgen, und das sind die größten Dreckschleudern, die Sie sich vorstellen können. Ich weiß, wovon ich spreche, weil ich solche Anlagen betreut habe, als ich noch selbst­ständig war. Ich weiß, wie es dort ausschaut. Da haben Sie fingerdick den Schimmel drin, und das in Spitälern. So schaut es dann aus. (Präsidentin Bures übernimmt wieder den Vorsitz.)

Das heißt: Wenn es darum geht, dass wir bei allem, das eingeatmet wird – da sprechen wir jetzt nicht vom Straßenverkehr, von den Industrieabgasen und so weiter –, streng kontrollieren müssen, dann fangen wir doch bei den wirklich gefährlichen Dingen an!

Es geht aber darum, dass man sich mit einem Gerät das Rauchen abgewöhnen kann und 4 000 Stoffe nicht mehr einatmet. 4 000 Stoffe atmen Sie ein, wenn Sie rauchen, und davon sind ganz viele nachweislich krebserregend! Wir kennen die Langzeitfolgen des Rauchens. Es gibt eine Alternative, nämlich das E-Dampfgerät, und dann wird diesem E-Dampfgerät ein Prügel vor die Füße geworfen! Da kann ich nur vermuten, dass die Tabakindustrie dahintersteckt, denn das sind die einzigen, die ein Interesse daran haben, dass die Leute nicht aufhören zu rauchen, sondern gefälligst weiter­rauchen.

Sie können ja kein Interesse daran haben! Erklären Sie mir, warum Sie das machen? Warum beziehen Sie diese E-Dampfgeräte mit ein? Sie bringen die kleinen Betriebe, die das erfolgreich vermarkten, sozusagen um, statt die Entwicklung dieser E-Dampfgeräte so zu fördern, wie sie gefördert gehört. Diese Geräte können tatsächlich Leben retten. E-Dampf kann Leben retten, und dazu gibt es genug Studien. Deshalb: Geben Sie den Menschen die Möglichkeit, legal zu so einem Gerät zu kommen!


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Man kann sie ohnehin über das Internet von überallher besorgen. Nur haben wir dann wieder das Problem, dass man nicht weiß, wie die Liquids zusammengesetzt sind und wie das E-Dampfgerät generell gebaut ist. Da kann es zu Problemen kommen.

Deshalb: Schmeißen Sie das wieder aus dem Tabakgesetz raus! Da hat es nichts verloren, das ist kein Tabakprodukt. Damit wird nicht einmal etwas verbrannt. Die Tem­peratur in diesem E-Dampfgerät beträgt maximal 70 Grad. In diesem Gerät verdampft nicht einmal Wasser, so gering ist die Temperatur.

Es gibt eine einzige Studie, die nachgewiesen hat, dass angeblich schädliche Stoffe entstehen. Man hat aber im Nachhinein festgestellt, dass dieses E-Dampfgerät über­hitzt war und mit einer viel zu hohen Temperatur betrieben wurde.

In allen anderen Studien – und da gibt es mittlerweile fast 100 – wurde nachgewiesen, dass E-Dampf praktisch keine gesundheitlichen Nebenwirkungen hat, außer dann, wenn man es mit Nikotin verwendet. In dem Fall ist natürlich das Nikotin das Problem, aber in reiner Form und nicht in der Zigarette. Es kann auch sein, dass man Zusatz­stoffe verwendet, die nicht in Ordnung und nicht geprüft sind, aber davon wollen wir jetzt nicht ausgehen.

Überlegen Sie sich das noch einmal, und ermöglichen Sie den Umstieg auf E-Dampfgeräte, denn sie retten Leben! – Vielen Dank. (Beifall der Abg. Schenk.)

19.03


Präsidentin Doris Bures: Als Nächste ist Frau Abgeordnete Dr. Mückstein zu Wort gemeldet. – Bitte.

 


19.03.20

Abgeordnete Dr. Eva Mückstein (Grüne): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Frau Ministerin! Sehr geehrte Zuhörer und Zuhörerinnen! Zu diesem Glau­benskrieg: Ich finde eigentlich, dass wir hier im Hohen Haus schon ein bisschen mehr Fähigkeit zur Güterabwägung haben sollten. Es ist natürlich eine Güterabwägung zwischen Selbstbestimmung und einer vernünftigen gesundheitspolitischen Maßnah­me, aber ich denke, es gibt eine große Einigkeit darüber, dass es gilt, das Rauchen zurückzudrängen, das Rauchen nach Möglichkeit nicht mehr salonfähig zu machen. Vor allem für Kinder und Jugendliche soll das Rauchen uncool werden. (Zwischenruf des Abg. Peter Wurm.) Das ist das Thema, und ich werde Ihnen jetzt gleich erklären, warum. (Abg. Peter Wurm: Ja, bitte!)

Sie sagen, dass das mit Jugendschutz gar nichts zu tun hat. Das hat sehr wohl etwas mit Jugendschutz zu tun, denn es geht um eine Sensibilisierung und darum, dass die Abgabe von E-Zigaretten nicht so unreguliert ist, dass nicht jeder und jede dann, wenn es zum Trend wird, E-Zigaretten ganz leicht bekommen kann. (Abg. Peter Wurm: Internet!)

Wir wissen, dass Österreich ein großes Problem mit suchtgefährdeten Jugendlichen und mit rauchenden Buben und Mädchen hat. Speziell bei Mädchen gibt es ein Prob­lem, 29 Prozent der österreichischen Mädchen bis 19 Jahre rauchen. Wir wissen auch – ich glaube, diese Studie ist aus England –, dass 6 Prozent der Zehn- bis Elfjährigen dampfen und dass immer mehr Jugendliche es lässig finden, E-Zigaretten zu rauchen und das auch vermehrt machen.

Die Verwendung von E-Zigaretten zur Substitution macht nur einen ganz kleinen Teil aus. Es geht jetzt um das Dampfen, das zur Imitation des Rauchens dienen kann und sozusagen ein Ersatz für das Rauchen ist, aber ebenso gesundheitsschädliche Stoffe enthält oder zum Rauchen animiert. Es gibt zum Teil auch einen Zusammenhang mit dem Kiffen, wie man aus England weiß. Das sollte man speziell für junge Menschen


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nicht so leicht zugänglich machen. Ich denke, das kann man jetzt ruhig einmal am Boden der Tatsachen lassen. Da sollte man sachlich argumentieren.

Mir ist auch ganz wichtig, zu sagen, dass ich in Ihrer Wortwahl von Tag zu Tag oder von Sitzung zu Sitzung eine Zuspitzung bemerke. Diese Wortwahl ist für so ein Thema völlig unangemessen. (Beifall bei den Grünen sowie bei Abgeordneten der ÖVP.) Das ist eine absolut aggressive Zuspitzung in einer Sache, bei der es eigentlich darum ginge, dass wir als Erwachsene als Vorbilder für Kinder und Jugendliche dienen und entsprechende Maßnahmen ergreifen, die verhindern, dass Kinder und Jugendliche allzu leicht zur Zigarette greifen. Insofern werden wir diesem Antrag von Herrn Wurm natürlich nicht zustimmen. (Beifall bei den Grünen.)

19.06


Präsidentin Doris Bures: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Doppler. – Bitte.

 


19.06.39

Abgeordneter Rupert Doppler (ohne Klubzugehörigkeit): Frau Präsidentin! Frau Minister! Meine sehr geehrte Damen und Herren! Abschreckende Bilder und Warnhin­weise auf Zigarettenpackungen: Die EU schreibt vor, dass diese EU-Richtlinie bis 20. Mai 2016 in nationales Recht umgesetzt werden muss, es muss ab 20. Mai 2017 gesundheitsbezogene Warnhinweise auf allen Tabakprodukten geben. Erzeuger von Tabakprodukten müssen zudem regelmäßig Berichte über die Inhaltsstoffe vorlegen. Das ist in Ordnung. Die fachliche Kontrolle erfolgt von der Agentur für Gesundheit und Ernährungssicherheit AGES.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, in der Praxis sieht es so aus: Die EU schreibt etwas vor, das von der Bundesregierung dann umgesetzt werden muss. Unsere Bun­desregierung macht das sofort und sagt, was Bestimmungen und Bevormundungen angeht: Darf es ein bisschen mehr sein?

Herr Dr. Rasinger, dass Rauchen nicht gesund ist, wissen wir alle. Der Mensch, der Staatsbürger, der Wirt hat aber die Nase voll von der ständigen Bevormundung. Meine sehr geehrten Damen und Herren, eine wirtschaftliche Frage ist damit auch verbunden: Was ist mit den Trafikanten und Trafikantinnen? Sollen die alle ausgehungert werden?

Die Wahlfreiheit, ob jemand raucht oder nicht, muss erhalten bleiben. Dass es nicht gesund ist, wissen wir, Herr Dr. Rasinger, aber der Mensch muss selbst entscheiden dürfen. – Herzlichen Dank. (Beifall bei Abgeordneten der FPÖ.)

19.08


Präsidentin Doris Bures: Als Nächster ist Herr Abgeordneter Dr. Huainigg zu Wort gemeldet. – Bitte.

 


19.08.22

Abgeordneter Dr. Franz-Joseph Huainigg (ÖVP): Frau Präsidentin! Frau Ministerin! Hohes Haus! Rauchen gefährdet die Gesundheit, das ist richtig. Aufgrund meiner Behinderung und Erkrankung war ich im Krankenhaus auf der Lungenstation und habe viele Menschen kennengelernt, die aufgrund ihrer Rauchsucht ein Beatmungsgerät benötigen.

Mir wurde auch gesagt, dass mein großer Vorteil darin besteht, dass ich nie geraucht habe.

Ich bin auch dezidiert gegen Rauchen und begrüße die neue Antiraucher-Kampagne mit den Abschreckungsbildern auf den Zigarettenpackungen. Nur eine Abschreckungs­bilder-Serie stößt mir sehr auf, und da bin ich vehement dagegen. Da sieht man eine Rollstuhlfahrerin, die lethargisch im Rollstuhl sitzt und nicht mehr ansprechbar ist, oder


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einen Mann, der mit Beatmungsgerät im Bett liegt, und darunter steht: Rauchen verur­sacht Behinderung.

Das ist etwas, das gar nicht geht. Behinderung als Abschreckung ist kontraproduktiv. Behinderte Menschen kämpfen um Anerkennung, um Chancengleichheit in der Gesellschaft, und auch die UN-Konvention plädiert dafür, dass das Positive, die Fähig­keiten und nicht die Defizite dargestellt werden. Solche Abschreckungskampagnen sind schlecht für die Inklusion in der Gesellschaft.

In „Die Zeit“ hat auch eine Rollstuhlfahrerin geschrieben, Christiane Link, dass sie ein Plakat in Deutschland gesehen und sich gefreut hat, dass ein behinderter Mensch im Rollstuhl in der Werbung ist. Sie ist begeistert hingerollt, und darunter ist gestanden: Er hatte einen sitzen, und jetzt muss er sitzen bleiben. Auch das war eine Kampagne, in dem Fall gegen Alkohol, aber: Behinderung als Abschreckung ist nicht das, was wir wollen.

Deshalb wird auch ein Entschließungsantrag verabschiedet, in dem die Gesundheits­ministerin aufgefordert wird, bei der EU-Kommission Meinungs- und Bewusstseins­bildung zu betreiben, damit solche Werbungen in Zukunft unterlassen und auch vorab mit dem European Disability Forum abgeklärt werden.

Die Darstellung behinderter Menschen ist eine Sache der Menschenwürde, und wie Sie wissen bin ich dafür, dass die Menschenwürde auch endlich in der Verfassung verankert wird. – Danke. (Beifall bei der ÖVP.)

19.13


Präsidentin Doris Bures: Frau Bundesministerin Dr. Oberhauser hat sich zu Wort gemeldet. – Bitte, Frau Ministerin.

 


19.13.19

Bundesministerin für Gesundheit Dr. Sabine Oberhauser, MAS: Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen! Liebe Kollegen! Was Franz-Joseph Huainigg als letzte Stellung­nahme eingebracht hat, haben wir mehr als zur Kenntnis genommen. Du weißt, wir haben es dir gesagt: Das ist eine Vorschrift, die wir von der EU bekommen haben. Wir werden aber bei der EU-Kommission genau darauf hindrängen, dass man Behinderte nicht als Schockbild verwenden soll, weil es in der Art und Weise weder etwas nützt noch irgendeinen Benefit bringt. Ganz im Gegenteil bringt es eine ganze Gruppe von Menschen in eine Situation, in der wir sie nicht haben wollen. Das heißt, ich verspreche dir, dass wir uns in der Kommission genau dafür einsetzen werden, weil ich nicht denke, dass das irgendetwas bringt, sondern dass es einer Gruppe schadet, und das will ich gar nicht. (Beifall bei SPÖ und ÖVP.)

Zur Frage des Tabakgesetzes: Viele haben schon gesagt, dass sich die Diskussion, die wir im Ausschuss geführt haben, eindeutig fortsetzt. Manchmal ist man nicht ganz sicher, ob es der Wirtschaftsausschuss oder der Gesundheitsausschuss ist, in dem man debattiert. Das hat sich heute in den Redebeiträgen auch sehr deutlich wider­gespiegelt.

Ich denke, als Gesundheitspolitikerin und -politiker ist man manchmal eine Spaß­bremse. Ich sage das sehr bewusst, denn viele Dinge erscheinen jemandem, der es von außen anschaut, als bevormundend oder unangenehm. Das gehört aber – wie gesagt – dazu, um zu vermeiden, dass man solche Geschichten, wie Erwin Rasinger sie erzählt hat, erlebt. Leute sagen dann: Warum habe ich angefangen, warum hat es mir keiner erschwert, zu rauchen zu beginnen? – Diesen Dingen gegenüber hat man Verantwortung, genau darum machen wir diese Dinge.

Wenn man sich den Abänderungsantrag, den Abgeordneter Kucher mit Akribie vorge­lesen hat, ein bisschen angesehen hat, dann sieht man, dass in diesem Abänderungs-


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll123. Sitzung / Seite 258

antrag ganz wenige gesundheitspolitische Sachen drinnen sind, sondern viele wirt­schaftlich-technische Sachen: die Frage, wie viele Stück da drinnen sein dürfen; die Frage des Sponsoringverbotes, die Sie auch angesprochen haben. Das Sponsoring­verbot gibt es seit eh und je. Es gibt ein Werbeverbot für Tabakwaren, und es gibt auch ein Sponsoringverbot für Tabakwaren. Das heißt, es ist nichts Neues, was wir hier machen. Es ist eine technische Novelle mit vielen Aspekten.

Sie haben den Jugendschutz genannt. Sie wissen es besser, aber ich sage es Ihnen noch einmal: Jugendschutz ist Ländersache. Da können wir uns ganz viele Dinge wünschen, und das tun wir auch. (Zwischenruf des Abg. Peter Wurm.) Sie hören die Diskussionen, die Frau Ministerin Karmasin zu verschiedenen Fragen führt. Wollen wir das Verkaufsalter für Tabakwaren hinaufsetzen oder nicht? – Die Länder sagen: Das ist unsere Sache, unsere Gesetzgebung. Wir haben es geschafft, dass wir den Tier­schutz in die Verfassung bringen. Man soll darüber nachdenken, ob es uns viel­leicht auch gelingt, den Jugendschutz in die Verfassung zu bringen. Dann hätten wir viele dieser Dinge, die Sie ansprechen, auch in diesen 61 Seiten geregelt. Das geht leider nicht.

Zur Klarstellung in der Frage der E-Zigaretten: Das klingt ja so, als hätte man das Dampfen von E-Zigaretten in Österreich völlig verboten. Nein, wir haben sie den Tabakwaren gleichgestellt, wir haben den Versandhandel verboten (Abg. Lugar: Warum?!), aus dem einfachen Grund, dass im Versand der Jugendschutz nicht nachweisbar ist. Sie können das nach wie vor ganz normal in den Geschäften kaufen, Sie können das in der Trafik kaufen. Das heißt, wenn jemand darauf ausweichen will, kann er das. Über die Frage der Schädlichkeit von E-Zigaretten, Dampfen und Liquids werden wir uns wahrscheinlich, so wie wir uns jetzt über den Tabak unterhalten, zig Jahre, wenn nicht Jahrzehnte, später unterhalten. (Abg. Lugar: Das ist ein Blödsinn!)

Wie Sie wissen, war Tabak früher etwas, das sehr restriktiv medizinisch verwendet wurde. Er wurde dann als süchtig machendes und profitables Instrument sehr weit verbreitet. Sie wissen, wie schwierig es ist, aufzuhören.

Wie gesagt, wir haben uns entschieden, zu sagen: Wir setzen alles, was raucht, in der Frage gleich. Auch Snus ist in ganz Europa verboten. Das ist nur in Schweden zuge­lassen, wie Sie wissen. Viele, die nach Schweden fahren, werden gebeten, Snus mitzu­bringen. Wir haben das auch im Ausschuss gehört. Sie bekommen das in ganz Europa nicht. Und die Frage der Schädlichkeit von Kautabak wissen wir auch. Den inhalieren Sie zwar nicht, aber zu den Mundhöhlenerkrankungen fragen Sie den Zahn­arzt in Ihren Reihen. Er wird wissen, dass Kautabak zwar keinen Lungenkrebs, aber durchaus Krebsarten in der Mundhöhle verursacht, die wir auch nicht haben wollen.

Alles in allem bin ich froh, dass wir dieses Gesetz so durchgesetzt haben und bedanke mich bei allen, die mitgearbeitet haben. Ich bedanke mich bei denen, die dieses Gesetz mittragen, und hoffe, dass wir damit in Zukunft vielleicht einiges an Leid verhindern können. (Beifall bei SPÖ und ÖVP.)

19.17


Präsidentin Doris Bures: Zweite Wortmeldung: Herr Abgeordneter Wurm. – Bitte. (Abg. Jarolim: Ist das notwendig?!)

 


19.17.55

Abgeordneter Peter Wurm (FPÖ): Frau Präsidentin! Frau Minister! Ja, es ist not­wendig, ich muss mich ganz kurz zur Erklärung noch einmal zu Wort melden.

Ich denke, ich habe – wenn man unaufgeregt zugehört hätte – technisch sehr gut erklärt, warum dieses Gesetz nicht gut ist. Auch Kollege Loacker von den NEOS, die sicher nicht auf FPÖ-Linie sind, hat das noch einmal ganz klar erklärt. Technisch ist


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das Gesetz ganz schwach. Dann habe ich auch eindeutig erklärt, warum es wirt­schaftlich ganz schlecht und vor allem schwach gemacht ist. Das ist, wenn man unaufgeregt zuhört, ganz klar.

Es gibt im FPÖ-Klub genauso viele und genauso wenige Raucher wie im SPÖ-Klub, im ÖVP-Klub und bei den Grünen. Es ist keine ideologische Frage, ob ich rauche oder nicht rauche, ob ich dampfe oder Kautabak zu mir nehme. Das ist keine ideologische Frage.

Wozu wir Freiheitliche allerdings schon – und das sollte klar verstanden werden – offensichtlich einen vollkommen anderen ideologischen Zugang haben als alle anderen Parteien hier im Haus, ist der Begriff der Freiheit und der persönlichen Entschei­dungs­macht. (Beifall bei der FPÖ sowie des Abg. Lugar.) Das ist für uns ein ganz ele­mentarer Bereich, ich sage das noch einmal. Das heißt, wir stehen für Freiheit, für Entscheidungsfreiheit, für Wahlmöglichkeit der erwachsenen Menschen. Das ist für uns unabdingbarer Teil einer Demokratie, einer freien Gesellschaft.

Wir brauchen nicht anzufangen zu diskutieren, ob zu viel Sport oder zu wenig Sport mein Leben verkürzt, ob das tägliche Wiener Schnitzel mein Leben verkürzt oder ob die täglichen drei Achtel Wein mein Leben verkürzen oder verlängern. (Abg. Schmuckenschlager: Verlängern!)

Grundsätzlich, glaube ich, können wir über viele Dinge diskutieren, die einen früher ins Grab bringen. Ich sage es noch einmal – ich habe es letztes Jahr bei der ersten Novelle erklärt –, Herr Gansterer hat es im „trend“ ganz schön formuliert: Wir alle müssen leider Gottes irgendwann den letzten Weg antreten.

Wir Freiheitlichen stehen – ich sage es noch einmal – für eine demokratische Wahl­freiheit; diese schaffen Sie mit diesem Gesetz zum Teil wiederum ein Stückchen ab, und das machen Sie bei vielen, vielen Dingen in Österreich. (Zwischenruf bei den Grünen.) Und deshalb sind so viele Österreicher auf diese Regierung, aber auch auf die Europäische Union so sauer: weil die Menschen spüren, dass ihr persönlicher Freiheitsbegriff immer kleiner wird. (Abg. Darmann: An allen Ecken und Enden!) Das wollte ich hier noch einmal klarstellen. – Danke. (Beifall bei der FPÖ.)

19.20

19.20.45

 


Präsidentin Doris Bures: Zu Wort ist dazu niemand mehr gemeldet. Die Debatte ist geschlossen.

Wünscht die Frau Berichterstatterin ein Schlusswort? – Das ist nicht der Fall.

Damit kommen wir nun zu den Abstimmungen über Tagesordnungspunkt 14.

Zu Tagesordnungspunkt 14 liegt ein Rückverweisungsantrag des Abgeordneten Peter Wurm vor.

Ich lasse daher sogleich darüber abstimmen, den Entwurf betreffend ein Bundes­gesetz, mit dem das Tabakgesetz und das Gesundheits- und Ernährungssicher­heits­gesetz geän­dert werden, in 1088 der Beilagen nochmals an den Gesundheits­aus­schuss zu verweisen.

Ich ersuche jene Mitglieder des Hohen Hauses, die dafür eintreten, um ein Zeichen. – Das ist die Minderheit und daher abgelehnt.

Damit gelangen wir zur Abstimmung über den Gesetzentwurf in 1088 der Beilagen.

Hiezu liegen ein Zusatz- beziehungsweise Abänderungsantrag der Abgeordneten Spindelberger, Dr. Rasinger, Kolleginnen und Kollegen sowie ein Abänderungsantrag der Abgeordneten Mag. Loacker, Kolleginnen und Kollegen vor.

Ich werde daher zunächst über die von den erwähnten Zusatz- beziehungsweise Abänderungsanträgen betroffenen Teile – der Systematik des Gesetzentwurfes fol-


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gend – und schließlich über die restlichen, noch nicht abgestimmten Teile des Gesetz­entwurfes abstimmen lassen.

Die Abgeordneten Spindelberger, Dr. Rasinger, Kolleginnen und Kollegen haben einen Zusatzantrag betreffend Einfügung einer neuen Z 12a in Art. 1 eingebracht.

Ich ersuche jene Damen und Herren, die hiezu ihre Zustimmung geben, um ein entsprechendes Zeichen. – Das ist mit Mehrheit angenommen.

Die Abgeordneten Mag. Loacker, Kolleginnen und Kollegen haben einen Abände­rungs­antrag betreffend Art. 1 Z 20 eingebracht.

Wer dafür ist, den bitte ich um ein Zeichen. – Das ist die Minderheit. Abgelehnt.

Wir kommen sogleich zur Abstimmung über diesen Teil des Gesetzentwurfes in der Fassung des Ausschussberichts.

Ich bitte jene Damen und Herren, die dem die Zustimmung geben, um ein ent­sprechendes Zeichen. – Das ist mit Mehrheit angenommen.

Die Abgeordneten Spindelberger, Dr. Rasinger, Kolleginnen und Kollegen haben einen Abänderungsantrag betreffend Art. 1 Z 21 und Z 40 eingebracht.

Wer dazu seine Zustimmung gibt, den ersuche ich um ein Zeichen. – Das ist mit Mehr­heit angenommen.

Schließlich komme ich zur Abstimmung über die restlichen, noch nicht abgestimmten Teile des Gesetzentwurfes samt Titel und Eingang in der Fassung des Ausschuss­berichts.

Ich bitte jene Damen und Herren, die dafür sind, um ein Zeichen. – Das ist mit Mehrheit angenommen.

Damit gelangen wir sogleich zur dritten Lesung.

Es ist namentliche Abstimmung verlangt worden.

Da dieses Verlangen von 20 Abgeordneten gestellt wurde, ist die namentliche Ab­stimmung durchzuführen, und daher gehe ich auch so vor.

Die Stimmzettel, die zu benützen sind, befinden sich in den Laden der Abgeord­neten­pulte, tragen den Namen der Abgeordneten sowie die Bezeichnung „Ja“ – das sind die grauen Stimmzettel – beziehungsweise „Nein“ – das sind die rosafarbenen Stimm­zettel.

Gemäß der Geschäftsordnung werden die Abgeordneten namentlich aufgerufen, den Stimmzettel in die bereitgestellte Urne zu werfen.

Wer für den vorliegenden Gesetzentwurf ist, den ersuche ich, den „Ja“-Stimmzettel, wer dagegen ist, den „Nein“-Stimmzettel in die Urne zu werfen.

Ich bitte die Schriftführerin, Frau Abgeordnete Lueger, mit dem Namensaufruf zu beginnen; Herr Abgeordneter Gahr wird sie später dabei ablösen.

*****

(Über Namensaufruf durch die Schriftführerin Lueger beziehungsweise den Schrift­führer Gahr werfen die Abgeordneten ihren Stimmzettel in die Wahlurne.)

*****

 


Präsidentin Doris Bures: Die Stimmabgabe ist beendet.


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll123. Sitzung / Seite 261

Die damit beauftragten Bediensteten des Hauses werden nunmehr unter Aufsicht der Schriftführer die Stimmenzählung vornehmen.

Die Sitzung wird zu diesem Zweck für einige Minuten unterbrochen.

*****

(Die zuständigen Bediensteten nehmen die Stimmenzählung vor. – Die Sitzung wird um 19.28 Uhr unterbrochen und um 19.32 Uhr wieder aufgenommen.)

*****

 


Präsidentin Doris Bures: Meine Damen und Herren! Ich nehme die unterbrochene Sitzung wieder auf und gebe das Abstimmungsergebnis bekannt.

Abgegebene Stimmen: 146; davon „Ja“-Stimmen: 110, „Nein“-Stimmen: 36.

Mit „Ja“ stimmten die Abgeordneten:

Antoni, Aslan, Aubauer;

Bayr, Becher Ruth, Berlakovich, Brosz, Brunner, Buchmayr, Bures;

Cap;

Diesner-Wais, Durchschlag;

Ecker, Ehmann, El Habbassi, Ertlschweiger, Eßl;

Fazekas, Feichtinger Klaus Uwe, Fekter, Fichtinger Angela;

Gahr, Gerstl, Gessl-Ranftl, Grillitsch, Groiß, Grossmann, Gusenbauer-Jäger;

Hakel Elisabeth, Hammer Michael, Hanger Andreas, Haubner, Hechtl, Heinzl, Hell, Himmelbauer, Hofinger Manfred, Holzinger-Vogtenhuber, Huainigg;

Jank, Jarmer, Jarolim;

Karl, Katzian, Keck, Knes, Köchl, Königsberger-Ludwig, Korun, Krainer Kai Jan, Kucharowits, Kucher, Kuntzl;

Lettenbichler, Lichtenecker, Lipitsch, Lopatka, Lueger Angela;

Matznetter, Maurer, Mayer, Moser, Muchitsch, Mückstein, Musiol, Muttonen;

Nachbaur Kathrin;

Obernosterer, Ofenauer, Ottenschläger;

Pendl, Pfurtscheller, Pirklhuber, Plessl, Preiner, Prinz;

Rasinger, Rauch Johannes;

Schabhüttl, Schieder, Schittenhelm, Schmid Julian, Schmuckenschlager, Schopf, Schultes, Schwentner, Sieber Norbert, Singer Johann, Spindelberger, Steinacker, Steinhauser, Strasser;

Tamandl, Töchterle, Troch;

Unterrainer;

Vetter, Vogl;

Walser, Weninger, Willi, Wimmer, Windbüchler-Souschill, Winzig, Wittmann, Wöginger, Wurm Gisela;


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll123. Sitzung / Seite 262

Yilmaz;

Zakostelsky.

Mit „Nein“ stimmten die Abgeordneten:

Alm, Angerer;

Belakowitsch-Jenewein, Bösch, Brückl;

Darmann, Deimek;

Fuchs;

Gamon Claudia Angela;

Hagen, Haider, Höbart;

Jannach;

Karlsböck, Kassegger, Kitzmüller, Kumpitsch;

Lausch, Lintl, Loacker, Lugar Robert;

Mühlberghuber;

Neubauer Werner;

Pock;

Rauch Walter, Rosenkranz Barbara;

Schellhorn, Schenk, Scherak, Schimanek, Schmid Gerhard, Strache;

Themessl;

Vavrik;

Weigerstorfer, Wurm Peter.

*****

 


Präsidentin Doris Bures: Der vorliegende Gesetzentwurf ist somit in dritter Lesung angenommen.

Weiters gelangen wir nun zur Abstimmung über die dem Ausschussbericht 1088 der Beilagen angeschlossene Entschließung betreffend Beseitigung von Diskriminierun­gen bei Bildern und textlichen Warnhinweisen.

Ich bitte jene Damen und Herren, die hiefür sind, um ein entsprechendes Zeichen. – Das ist mit Mehrheit angenommen. (E 138.)

Schließlich kommen wir zur Abstimmung über die dem Ausschussbericht 1088 der Beilagen angeschlossene Entschließung betreffend Rückverfolgungsregelungen gemäß § 7 Tabakgesetz.

Ich bitte jene Damen und Herren, die hiefür eintreten, um ein entsprechendes Zeichen. – Das ist mit Mehrheit angenommen. (E 139.)

Wir gelangen nunmehr zur Abstimmung über den Entschließungsantrag der Abge­ordneten Peter Wurm, Kolleginnen und Kollegen betreffend TabakgesetzNEU.

Ich bitte jene Damen und Herren, die hiefür eintreten, um ein entsprechendes Zeichen. – Das ist die Minderheit. Abgelehnt.


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll123. Sitzung / Seite 263

19.33.5615. Punkt

Bericht des Gesundheitsausschusses über die Regierungsvorlage (1013 d.B.): Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz über die Gesundheit Österreich GmbH geändert wird (1087 d.B.)

16. Punkt

Bericht des Gesundheitsausschusses über die Regierungsvorlage (1000 d.B.): Rahmenabkommen zwischen der Republik Österreich und der Tschechischen Republik über grenzüberschreitende Zusammenarbeit im Rettungsdienst (1086 d.B.)

 


Präsidentin Doris Bures: Damit gelangen wir zu den Punkten 15 und 16 der Tagesordnung, über welche die Debatte unter einem durchgeführt wird.

Auf eine mündliche Berichterstattung wurde verzichtet.

Als Erster zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Schopf. – Bitte.

 


19.34.38

Abgeordneter Walter Schopf (SPÖ): Frau Präsidentin! Frau Ministerin! Liebe Kolle­ginnen! Liebe Kollegen! Das vorliegende Rahmenabkommen zwischen der Republik Österreich und der Tschechischen Republik über grenzüberschreitende Zusammen­arbeit im Rettungsdienst wurde ja bereits im Gesundheitsausschuss sehr ausführlich diskutiert. Ich hoffe, dass es aufgrund dieser Diskussion diesbezüglich heute einen ein­stimmigen Beschluss gibt. Es war nur der Kollege oder die Kollegin vom Team Stronach im Ausschuss nicht anwesend, ich hoffe trotzdem, dass es hier vonseiten des Teams Stronach eine Zustimmung gibt. Dieses Abkommen ist absolut sinnvoll. Es ermöglicht den Landeshauptmännern von Ober- und Niederösterreich, mit ihren Kolle­gen in den angrenzenden tschechischen Kreisen regionale Kooperationsabkommen zu schließen.

Worum geht es eigentlich? – Es geht darum, dass es die gleichen Sonder- und Wegerechte für Rettungsfahrzeuge auf beiden Seiten der Grenze, in der Republik Österreich, aber auch auf tschechischer Seite gibt. Es geht darum, die Verwendung der jeweiligen Licht- und akustischen Signale zu ermöglichen, sowie um die Gleich­behandlung, was die Maut beziehungsweise die Mautbefreiung betrifft. Die Frage der Reisedokumente, Haftpflichtversicherung, Abrechnung, Vergütung – eine Menge von Punkten ist diesbezüglich zwischen den Verantwortlichen der Republik Österreich und der Tschechischen Republik zu klären.

Ich komme bekanntlich selbst aus einer Grenzregion, aus dem Bezirk Freistadt, und unsere Nachbarregion ist Südböhmen, so bin ich aufgrund von einigen Vorfällen immer wieder mit dieser Problematik beschäftigt. Wir haben natürlich Kontakt mit den Einsatzkräften, wir haben Kontakt mit dem Bezirksrettungskommandanten, der dieses Abkommen natürlich ebenfalls sehr begrüßt.

Wir haben auf oberösterreichischer Seite, das muss man erwähnen, einen hervor­ragend funktionierenden Rettungsdienst, aber auch der südböhmische Rettungsdienst ist gut aufgestellt und organisatorisch ganz sicher in Ordnung. Wir haben aber eine zunehmende Mobilität zwischen Österreich und Tschechien, und daher ist es sinnvoll, im Grenzgebiet eine zeitnahe medizinische Versorgung unabhängig von den Staats­grenzen sicherzustellen und diese Zuständigkeitsgrenzen auch im Sinne einer grenz­über­schreitenden Zusammenarbeit aufzuweichen.

Es gibt leider immer wieder Situationen, in denen derartige Abkommen wichtig wären. Ich erinnere an den schweren Busunfall vor wenigen Jahren, konkret im Oktober 2011,


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll123. Sitzung / Seite 264

kurz nach dem Grenzübergang Wullowitz mit 36 Verletzten. Natürlich hat dort aufgrund dieser konkreten Notsituation die Zusammenarbeit gut funktioniert, aber einiges davon hat, wenn man es streng nimmt, wahrscheinlich in einer rechtlichen Grauzone stattge­funden. Genau diese rechtlichen Grauzonen bei grenzüberschreitenden Rettungsein­sätzen sollen mit diesem Gesetz beseitigt werden – im Interesse der Patienten, im Interesse der Rettungskräfte und vor allem im Interesse unserer Bevölkerung. – Danke. (Beifall bei der SPÖ sowie der Abg. Diesner-Wais.)

19.37


Präsidentin Doris Bures: Als nächste Rednerin zu Wort gemeldet ist Frau Abge­ordnete Schittenhelm. – Bitte.

 


19.38.03

Abgeordnete Dorothea Schittenhelm (ÖVP): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Geschätzte Frau Bundesministerin! Meine Damen und Herren! Mit den vorliegenden Änderungen im Bundesgesetz über die Gesundheit Österreich GmbH werden wichtige Schritte zur Verbesserung auf dem Gebiet der Stammzellenspende sowie beim Brustkrebs-Früherkennungsprogramm gesetzt.

Künftig wird nämlich die Koordination und Suche nach passenden Stammzellen­spen­derinnen und -spendern in die Verantwortung der GÖG gelegt, um die Versorgung der betroffenen Personen mit lebensnotwendigen Stammzellen sicherzustellen und diese nachhaltig zu versorgen. Das ist eine begrüßenswerte Neuerung, da die Stamm­zellentransplantation für Menschen, die an bestimmten Erkrankungen des Blutes leiden, zum Beispiel Leukämie, oft die einzig wirkungsvolle Therapie ist.

Ich möchte aber in erster Linie auf die Fortschritte beim Brustkrebs-Früherken­nungsprogramm eingehen und freue mich, dass die langjährige Forderung der ÖVP-Frauen hier endlich in Angriff genommen wird. Seit der Einführung des Brustkrebs-Früh­erkennungsprogramms im Jahre 2014 hat es sowohl Aufholbedarf bei der Qualitätssicherung als auch bei der Evaluierung gegeben. Und auch der Prob­lem­analyse in den Beilagen zur Regierungsvorlage ist zu entnehmen, dass bei Beibe­haltung des jetzigen Zustands die Evaluierung und Qualitätssicherung des österreichi­schen Brustkrebs-Vorsorgeprogramms nicht beziehungsweise nur unzureichend erfol­gen könnte und somit keine soliden Entscheidungsgrundlagen vorliegen würden.

Jetzt werden die datenschutzrechtlichen Grundlagen geschaffen, um die für die Durch­führung essenziellen Daten entsprechend verschlüsseln zu können. Dass dies eine wichtige Entwicklung ist, zeigen die aktuellen Zahlen und Daten. 

Jährlich erkranken rund 39 000 Personen in unserem Land an Krebs, bei rund 9 000 Frauen und 10 000 Männern führt diese Erkrankung auch zum Tod. So ist Brustkrebs die häufigste Krebserkrankung von Frauen weltweit mit rund 1,7 Millionen Betroffenen pro Jahr, und auch bei uns in Österreich erkranken pro Jahr an die 5 000 Frauen an dieser furchtbaren Erkrankung. Circa jede achte Frau erkrankt statis­tisch gesehen im Laufe ihres Lebens an Brustkrebs. Daher ist es unumgänglich, ja ein Muss, weiter am Ausbau und der Effizienz des Brustkrebs-Früherken­nungs­programms zu arbeiten.

Geschätzte Damen und Herren, obwohl sich Österreich – und darauf können wir stolz sein – bei der Versorgung von Krebspatientinnen und -patienten im internationalen Vergleich im Spitzenfeld befindet, besteht hinsichtlich der Früherkennungsprogramme Weiterentwicklungsbedarf. Gerade da dürfen wir nicht nachlässig sein und auch nicht nachlassen. Es geht um die Gesundheit der Frauen – gleich welchen Alters.

Ein vermehrtes Screening führt auch dazu, dass Brustkrebs in immer früheren Stadien erkannt wird und dass es dadurch zu einem deutlichen Anstieg der Überlebens­chan-


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cen kommt. Auch die Daten zeigen, dass in den letzten zehn Jahren die Brustkrebs­sterberate um 15 Prozent zurückgegangen ist. Das ist ein bemerkenswerter Anteil, ein sehr positiver Ansatz.

Wie schaut es denn zurzeit aus? Wie läuft das Ganze ab? – Im Rahmen des Brustkrebs-Früherkennungsprogramms können Frauen im Alter zwischen 45 und 69 Jahren alle zwei Jahre ohne Einladung oder Zuweisung mit ihrer e-card zur Mammographie gehen. Das ist begrüßenswert. Auch Frauen im Alter von 40 bis 44 Jahren sowie ab 70 Jahren können am Programm teilnehmen, dies ist jedoch nach wie vor nur nach Anmeldung bei der entsprechenden Plattform möglich. Das ist eine unnötige bürokratische Hürde, die noch immer vorhanden ist.

Auch Frauen unter 40 Jahren haben überhaupt erst die Möglichkeit einer Teilnahme an diesem Vorsorgeprogramm, wenn sie laut Indikationsliste überwiesen werden dürfen. Es ist schon richtig, dass das mittlere Erkrankungsalter in der Hauptzielgruppe des Brustkrebs-Früherkennungsprogramms liegt und dass die Wahrscheinlichkeit, an Brustkrebs zu erkranken, bei Frauen bis 40 Jahren eine deutlich geringere ist – das muss man auch sagen. Dennoch ist eine Schlechterstellung bei den Vorsorgeunter­suchungen von Frauen unter 40 Jahren nicht zu akzeptieren. Gerade bei den jüngeren Patientinnen ist es wichtig, Brustkrebs möglichst früh zu erkennen, um möglichst rasch handeln zu können.

Hohes Haus! Es ist daher erforderlich, dass Haus- und Frauenärztinnen und -ärzte wieder wie vor der Einführung des Brustkrebs-Früherkennungsprogramms eigen­ständig Überweisungen für Frauen jeden Alters ausstellen können und nicht auf eine Indikationsliste angewiesen sind. Alle Frauen, unabhängig ihres Alters, müssen uneingeschränkten Zugang zum Mammographie-Screening haben.

Vorsorge ist nun einmal der wichtigste Aspekt im Kampf gegen den Krebs, und allen Frauen muss dieselbe Chance gegeben werden. Dem hat die Frau Bundesministerin auch zugestimmt. Darüber bin ich sehr froh. – Herzlichen Dank. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Grünen.)

19.43


Präsidentin Doris Bures: Als Nächste zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Dr. Belakowitsch-Jenewein. – Bitte.

 


19.43.06

Abgeordnete Dr. Dagmar Belakowitsch-Jenewein (FPÖ): Frau Präsident! Frau Bundesminister! Werte Kolleginnen und Kollegen! Ich möchte zunächst ganz kurz auf die Geschichte mit der Screening-Verbesserung eingehen. Ja, es ist wichtig, dass wir diesbezüglich immer weiter verbessern, immer weiter evaluieren, da bin ich ganz bei Ihnen. Als dieses Screening-Programm gekommen ist, haben uns wir von der Frei­heitlichen Partei sehr dafür eingesetzt, dass diese Verbesserungen Stück für Stück vorangetrieben werden, und daher begrüßen wir das jetzt.

Was die Stammzellentherapie betrifft, ist mir schon etwas ganz wichtig: Wir haben eine Situation, in der beispielsweise werdende Eltern oftmals Hunderte von Euro dafür inves­tieren, dass Nabelschnurblut-Stammzellen eingelagert werden. Ich glaube, da be­stünde – vielleicht mittelfristig – auch eine größere Verantwortung, einmal darüber nachzudenken, ob das wirklich sein muss, dass es für Eltern so eine enorme finanzielle Belastung gibt. Das leisten sich natürlich nur ganz wenige. Das wäre vielleicht schon auch ein Ansatz, bei dem man in die Richtung weiterdenken könnte, ob es da nicht auch eine staatliche Aufgabe gäbe.

Der zweite Antrag betrifft die grenzüberschreitende Zusammenarbeit des Rettungs­dienstes. Das ist eine großartige Sache, die wir begrüßen. Ich muss jetzt aber schon


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll123. Sitzung / Seite 266

eines sagen, Herr Kollege Schopf: Sie stellen sich hierher und reden, als wäre das das Top-Thema. Das ist ein Rahmenvertrag, und ja, der ist schön, gut, wichtig und richtig, aber das Top-Thema ist das meines Erachtens nicht. Ich frage mich schon manchmal, ob hier die Wertigkeiten nicht ein bisschen überschätzt werden.

Sollte das wirklich gelingen, könnte man sich das vielleicht auch innerösterreichisch einmal zum Vorbild nehmen, dass es möglicherweise auch zwischen den österreichi­schen Bundesländern funktioniert, grenzüberschreitend, denn nicht nur – wie im Aus­schuss erwähnt – in Wien und Niederösterreich gibt es Probleme; die gibt es beispiels­weise auch an der Salzburger-steirischen Grenze und wahrscheinlich auch noch an vielen anderen österreichischen Landesgrenzen. (Beifall bei der FPÖ.)

19.45


Präsidentin Doris Bures: Frau Abgeordnete Dr. Mückstein ist als Nächste zu Wort gemeldet. – Bitte.

 


19.45.16

Abgeordnete Dr. Eva Mückstein (Grüne): Frau Präsidentin! Wir begrüßen dieses Gesundheit-Österreich-GmbH-Gesetz. Es ist sicher sehr gut, dass das Stammzell-Register jetzt zu GÖG/ÖBIG kommt. Damit wird die Suche nach passenden Stamm­zel­lenspendern von GÖG/ÖBIG sehr geordnet übernommen. Das ist eine ganz wichtige und qualitätsgesicherte Aufgabe, die mit Sicherheit für viele Menschen, speziell jene, die an Leukämie erkrankt sind, von großer Bedeutung ist.

Zum Brustkrebs-Screening: Auch diese Maßnahme und die Tatsache, dass GÖG/ÖBIG jetzt die Aufgabe bekommt, das Brustkrebs-Screening, das 2014 eingeführt wurde, zu evaluieren, finden wir sehr gut. Uns wäre aber wichtig gewesen, dass in dem Gesetz genauer beschrieben wird, was überhaupt evaluiert wird, und das schon aus gutem Grund, denn in der Anfangsphase des Brustkrebs-Screenings hat es so ausgesehen, als würde es gar nicht so gut auf die Beine kommen. Es hat viele Beschwerden von Patientinnen, Frauen und ÄrztInnen gegeben.

Insofern wäre es wichtig zu wissen: Wie viele Frauen nehmen das Brustkrebs-Screening überhaupt in Anspruch? Was passiert in diesen langen Intervallen von zwei Jahren, in denen Vorsorge nicht in Anspruch genommen werden kann? Was ist mit Frauen, die keine Indikation und trotzdem das Bedürfnis haben, ein Brustkrebs-Screening zu machen? Wie wirkt es sich aus, dass Frauen direkt angesprochen werden und oft gar nicht in Verbindung mit ihrem behandelnden Arzt oder ihrer behandelnden Ärztin stehen? – Das zum Beispiel, glaube ich, ist eigentlich keine besonders gute Entwicklung.

Aber Evaluierung heißt eben, die Qualität einer Maßnahme zu überprüfen und genau hinzuschauen. Deshalb wäre es gut, wenn im Gesetz stehen würde, dass diese Prob­lempunkte jedenfalls evaluiert werden.

Ein zweiter Punkt, den wir auch gerne im Gesetz und nicht auf Verordnungsebene verankert hätten, ist die Frage des Datenschutzes. Es werden nämlich persönliche Daten pseudonymisiert von der Sozialversicherung an GÖG/ÖBIG transportiert und übermittelt. Da wird aber auch nicht so klar gesagt: Welche Daten sind das? In welcher Ausführlichkeit? Wie schaut der Datenschutz aus? – Das sind die kleinen Kritikpunkte. Aber insgesamt eine sehr gute Maßnahme.

In Bezug auf den Rettungsdienst schließe ich mich meinem Vorredner an, möchte an dieser Stelle aber auch die Gelegenheit nützen zu sagen, dass ich die Arbeit im Gesundheitsausschuss manchmal schon als sehr unbefriedigend empfinde, weil im Gesundheitssystem momentan große Umbrüche anstehen – große offene Fragen und all diese großen Themen wie Landärztemangel, Diskussion über Systemänderungen in


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Bezug auf die Primärversorgung, Spitalsselbstbehalt, Zusammenlegung der Kranken­kassen. Diese Themen werden ständig vertagt, und wir kommen nicht dazu, das in der Öffentlichkeit ausführlich zu diskutieren.

Ich denke, wir sind alle einer Meinung, dass das große und wichtige Themen sind und dass es im Moment auch Riesenprobleme im Gesundheitssystem und eine immer stärker werdende Tendenz zur Zweiklassenmedizin gibt. Das wären eigentlich die Themen, die auch hierher ins Plenum gehören. (Beifall bei den Grünen.)

19.49


Präsidentin Doris Bures: Nun hat sich Frau Bundesministerin Dr. Oberhauser zu Wort gemeldet. – Bitte.

 


19.49.03

Bundesministerin für Gesundheit Dr. Sabine Oberhauser, MAS: Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen! Liebe Kollegen! Was die Frage der Zusammenlegung der Kranken­kassen angeht – ich weiß nicht, wie oft und wie viele Male wir sie hier schon in der Öffentlichkeit, vor allen, diskutiert haben. (Abg. Mückstein: Ja, aber es geht nichts weiter!) Letztes Mal war es, glaube ich, was die Zusammenlegung der Krankenkassen betrifft, ein Antrag, der vertagt worden ist.

Ich garantiere, wir werden das noch in vielen Sitzungen immer wieder diskutieren, denn selbst wenn wir das heute hier diskutiert hätten, garantiere ich, dass am nächsten Tag der gleiche Antrag, ein bisschen abgeändert, wieder im Ausschuss gewesen wäre, und wir hätten das Ganze wieder im Ausschuss.

Diejenigen, die hier, sage ich jetzt einmal, „Insider“ sind, Abgeordnete sind, wissen, wie das funktioniert: Man macht einen Antrag, man lässt ihn ablehnen, man diskutiert ihn im Plenum, man stellt ihn wieder, und dann schaut man, ob er wieder abgelehnt wird. Das ist das Spiel, das es gibt. Ich glaube, wir haben das oft genug diskutiert. (Abg. Pirklhuber: Das ist gar nicht so oft!) – Ach, ganz oft! Ganz oft!

Ich glaube, dass wir im Gesundheitswesen derzeit große Probleme – du hast sie benannt – in den verschiedensten Bereichen haben. Im Ausschuss haben wir sehr viele Themen auch wirklich gut diskutiert, und ich denke, dass wir mit diesem Gesetz in einer Sache, die sehr wichtig ist, nämlich in der Frage der Qualitätssicherung, der Evaluierung des Mammographie-Screenings, das mit einigem Holpern, aber jetzt ganz gut gestartet ist, einen wichtigen Schritt vorwärts gekommen sind.

Die pseudonymisierten Daten, die die Sozialversicherung liefert, sind deswegen pseudonymisiert, damit wirklich sehr sorgfältig damit umgegangen wird. Deswegen haben wir es auch zur GÖG gegeben und sonst nirgendwohin, weil wir wissen, dass in dieser Organisation sehr sorgfältig damit umgegangen wird.

Wir evaluieren ganz einfache Dinge damit. Was uns derzeit fehlt, ist, wenn ein nieder­gelassener Radiologe eine Frau mit der Verdachtsdiagnose Brustkrebs in ein Spital überweist oder sie in ein Zentrum kommt, dann wissen wir nicht und der diagnos­tizierende Arzt weiß in der Rückmeldung nicht: Stimmt das, oder stimmt das nicht? – Das heißt, was uns fehlt, ist einfach die Qualitätssicherung zwischen Diagnose und Nachkontrolle im Spital: War das wirklich eine Diagnose, oder war es keine?

Was gefragt worden ist, waren die Zahlen. Ich möchte es hier noch einmal sagen, ich glaube, ich habe es im Ausschuss auch gesagt: Bei den 40- bis 44-Jährigen, die Kolle­gin Schittenhelm genannt hat, sind es derzeit 40 800 Frauen, die dieses Programm zusätzlich in Anspruch genommen haben, und bei den Frauen, die 70 Jahre und älter sind, sind es knapp 62 000 Frauen, die sich mit dem Anruf bei dieser Telefonnummer oder durch ein Telefonat des Arztes in dieses Programm haben miteintragen lassen.


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Ich glaube, wobei man aufpassen muss, ist, dass man die Mammographie als „Vor­sorge“ bezeichnet. Das ist ein Früherkennungsprogramm. Vorsorgen kann man damit nicht, man kann es früh erkennen. Ich denke, das ist etwas, was in Österreich wirklich gut ist und bei dem wir natürlich auch ständig versuchen, es weiterzuentwickeln.

Dasselbe gilt für das Stammzell-Register. Ich halte es für eine gute Sache, dass wir das mehr oder weniger in die Öffentlichkeit, aus einem Fonds heraus in den öffent­lichen Raum gebracht haben. Wir wissen, dass mit Stammzellen vielen Menschen das Leben gerettet werden kann. Dieses Register ist jetzt in guten Händen, und ich hoffe, dass wir damit viele Menschenleben auch weiterhin durch eine gute Führung retten können. – Ich danke. (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der ÖVP.)

19.52


Präsidentin Doris Bures: Zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Hechtl. – Bitte.

 


19.52.26

Abgeordneter Johann Hechtl (SPÖ): Frau Präsidentin! Sehr geehrte Frau Minister! Geschätztes Hohes Haus! Auch auf die Gefahr hin, dass man sich hier wiederholt, glaube ich, ist diese Materie und sind diese zwei Gesetzesbestimmungen von ganz besonderer Bedeutung für die Bevölkerung und ein wichtiger Meilenstein im Gesund­heitswesen.

Zum ersten Punkt, dem TOP 15, in dem das Bundesgesetz über die Gesundheit Österreich GmbH geändert wird, wurde schon sehr viel gesagt, aber ich möchte noch einmal konkret herausstreichen, worum es da geht. Es geht darum, den betroffenen Patientinnen und Patienten ein rascheres Finden von geeigneten Stammzellenpart­nerinnen und -partnern und eine gesicherte Versorgung in Abstimmung mit den Stammzelltransplantationszentren zu gewährleisten. Damit wird diese Tätigkeit in die öffentliche Hand übertragen, und die GÖG übernimmt diese wichtige Funktion des österreichischen Stammzell-Registers.

Ein weiterer Punkt dieses Gesetzes, ein gesundheitspolitischer Aspekt dieser Geset­zesmaterie, ist natürlich auch die datenschutzrechtliche Absicherung sowie die Mitwir­kung bei der Evaluierung und der Qualitätssicherung. Ein wichtiger Teil ist – wie schon von der Frau Bundesministerin angesprochen worden ist – ein ausreichender Daten­schutz, und dieser ist gewährleistet.

Man kann sagen: Das seit 2014 bestehende österreichische Brustkrebs-Früherken­nungsprogramm – die Frau Ministerin hat richtigerweise darauf hingewiesen, dass das keine Prävention, sondern eine Früherkennung ist – ist ein sehr gutes Programm.

Ich glaube, Kollege Rasinger hat schon mehrmals darauf hingewiesen, auch im Aus­schuss, dass wir in Österreich eines der besten Screening-Programme haben, auf das wir sehr, sehr stolz sind. Ich weiß auch – und das ist auch angesprochen worden –: Als das Mamma-Screening eingeführt worden ist, hat es sehr heftige Diskussionen gegeben. Frau Bundesministerin, Sie haben Standfestigkeit bewiesen, bei diesem Programm in weiterer Folge auch nicht lockergelassen und haben es durchgezogen, auch wenn es große Diskussionen gegeben hat.

Das zeigt, dass wir heute sehr stolz sein können, auch darauf, dass jene Frauen, die zwischen 40 und 44 oder über 70 sind – darum ist es ja gegangen –, dieses Programm nutzen können, wenn eine medizinische Indikation vorliegt.

Ein weiterer Punkt, den ich gerade auch im Hinblick auf Niederösterreich ansprechen möchte, ist das Abkommen bezüglich der grenzüberschreitenden Zusammenarbeit der Rettungsdienste zwischen den Bundesländern Niederösterreich, Oberösterreich und der Tschechischen Republik, das wir hier ermöglichen.


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Mit dieser Gesetzesänderung – das ist ein bilateraler Staatsvertrag – wird es den Landeshauptleuten ermöglicht, ein Kooperationsabkommen abzuschließen, damit eine bestmögliche rettungsdienstliche Versorgung zwischen den Grenzen für die Bürgerin­nen und Bürger möglich ist, eine enge grenzüberschreitende Zusammenarbeit im Rettungsdienst möglich wird und der Zugang zum Rettungsdienst im Grenzbereich auch erleichtert wird. Ich denke, das ist ein wichtiger Punkt, damit wir die Gesund­heits­versorgung optimal und effizienter gestalten können. Damit gewährleisten wir auch eine rasche, unbürokratische Gesundheitsversorgung.

Wir vonseiten der sozialdemokratischen Fraktion stellen im Gesundheitswesen sowie­so immer den Patienten in den Vordergrund, er ist der Mittelpunkt der Gesundheits­versorgung. (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der ÖVP.)

19.56


Präsidentin Doris Bures: Zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Durchschlag. – Bitte.

 


19.56.05

Abgeordnete Claudia Durchschlag (ÖVP): Frau Präsidentin! Frau Ministerin! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Die GÖG, also die Gesundheit Österreich GmbH, wird mit neuen Aufgaben betraut. Über das Stammzell-Register ist schon einiges gesagt worden.

Es betrifft ja eigentlich gar nicht so wenige Menschen: Im Jahr 2015 waren es immerhin 515 Menschen, für die die entsprechenden Spenderinnen und Spender ver­mittelt wurden. Da sprechen wir von einer 80-prozentigen Erfolgsrate. Wenn man bedenkt, dass ungefähr nur 30 Prozent der Spenderinnen und Spender aus dem Verwandtenkreis kommen, sind diese 80 Prozent eine sehr große Chance, die diesen Menschen eine hohe Überlebensrate sichert. Man kann also sagen: 515 Menschen im Jahr 2015, die eine sehr gute Aussicht auf ein normal langes Leben haben.

Auf der anderen Seite, und das ist auch schon gesagt worden, übernimmt die GÖG jetzt die Qualitätssicherung und laufende Evaluierung des Brustkrebs-Früherken­nungsprogramms. Dieses ist ja im Jahr 2014 gestartet, im Ablauf des Screenings gibt es trotz vieler Verbesserungen doch noch ein bisschen Handlungsbedarf.

Laut der Regionalstellenleiter hat sich gegenüber der Zeit vor dem Screening-Pro­gramm beispielsweise die Standardisierung der Untersuchungsprotokolle verbessert, die apparative und personelle Infrastruktur und auch – was ganz wichtig ist – die Qualifikation der Screening-Standorte. Es ist wichtig, dass die Qualität an den Stand­orten, an denen die Untersuchungen stattfinden, wirklich hervorragend ist.

Was aber leider doch noch immer zu beklagen ist, ist, dass die Zahl der Frauen, die die Untersuchungen in Anspruch nehmen, leider weiter gesunken ist. Im Jahr 2014, also im ersten Jahr des Programms, ist die Zahl der Untersuchungen gegenüber dem Jahr 2011 – das ist das letzte Jahr, für das Zahlen vorliegen – um 100 000 Frauen zurückgegangen. Im Jahr 2015 gab es einen weiteren Rückgang um 5,5 Prozent. Das heißt, in exakten Zahlen ausgedrückt waren es 710 000 Frauen im Jahr 2011, und das ist dann auf 582 000 Frauen im Jahr 2015 zurückgegangen.

Das bedeutet nicht nur, dass die Werbemaßnahmen, die gestartet wurden und die auch durchaus anzuerkennen sind, und auch das hohe Engagement, das die Verant­wortlichen an den Tag gelegt haben, vielleicht nicht ganz ausreichend Wirkung gezeigt haben. Es bedeutet aber auch – und ich denke, das ist wirklich ein Thema, auf das wir aufpassen müssen –, dass die Gefahr, dass mehr Brustkrebserkrankungen erst zu einem späteren Zeitpunkt diagnostiziert werden, natürlich vermehrt gegeben ist.


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Ich sage auch ganz klar dazu, dass man das noch nicht exakt beurteilen kann, weil keine validen Zahlen vorliegen. Aber es gibt durchaus Aussagen von einigen Ärzten, die die Vermutung nahelegen, dass wir es mit einem Problemfeld zu tun haben, auf das man genau aufpassen muss, denn wenn in einem Spital über Jahre hinweg die Zahl der Neuerkrankungen pro Jahr einigermaßen gleich bleibt und im ersten Screening-Jahr aber deutlich abfällt, und auch im zweiten, dann kann man durchaus den Schluss ziehen, dass das ein Problemfeld ist – dass vielleicht doch einige Erkrankungen im Frühstadium nicht erkannt wurden.

Wie auch immer: Das Screening-Programm hat durchaus sehr positive Aspekte, wird sich auch noch sicher sehr gut weiterentwickeln, braucht aber vielleicht einfach noch ein bisschen Begleitung.

Die Daten – das wurde auch schon gesagt –, die zur Durchführung benötigt werden, werden pseudonymisiert. Es handelt sich um Gesundheitsdaten, also um besonders sensible Daten. Daher ist besondere Sorgfalt geboten, und die datenschutzrechtlichen Grundlagen, die wir brauchen, werden mit diesem Gesetz ebenfalls geschaffen. 

Klar ist aber auch, dass aus den Ergebnissen, die aus diesen Daten herauszulesen sind, dann auch die richtigen Schlüsse gezogen und die entsprechenden Maßnahmen getroffen und auch eingeleitet werden müssen, aber ich bin mir ganz sicher, dass das auch voll im Interesse der Frau Bundesministerin ist und dass sie ganz besonders darauf schauen wird. – Danke. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der SPÖ.)

20.00


Präsidentin Doris Bures: Als Nächster gelangt Herr Abgeordneter Höfinger zu Wort. – Bitte.

 


20.00.21

Abgeordneter Johann Höfinger (ÖVP): Herr Präsident! Frau Präsidentin! – Momen­tan sind beide am Präsidium. Geschätzte Frau Bundesminister! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Wie ja schon im Ausschuss bemerkbar war, gibt es eine einmütige Diskussion, was die Inhalte dieser beiden Gesetzesmaterien betrifft, denn sie sind wahrlich wichtig. (Präsident Kopf übernimmt den Vorsitz.)

Stellen Sie sich vor, bei Ihnen oder einem Ihrer Familienmitglieder ist eine schwere Bluterkrankung diagnostiziert worden, vielleicht sogar Leukämie – und dann warten Sie! Da wird jede Sekunde zu einer Ewigkeit und ein einzelner Tag zu einer unendlich langen Zeit. Man wartet und wartet. Man wartet nämlich auf eine Stammzellenspende. Man wartet, dass endlich übereinstimmende Daten gefunden werden und dass auch das Material zur Verfügung steht, um dann einen vielleicht lebensrettenden Eingriff vornehmen zu können.

Daher ist es umso wichtiger, dass da ein neuer Schritt gesetzt wird, dass diese Daten­bank erweitert wird, dass sie gemeinsam verwaltet wird und dass damit hoffentlich rasch vielen, vielen Menschen geholfen werden kann – daher wohl auch diese ein­hellige Zustimmung, natürlich auch zu den anderen Gesetzesinhalten, die im Aus­schuss oder auch jetzt hier diskutiert wurden. Es ist schon die grenzüberschrei­tende Zusammenarbeit angeklungen, die heutzutage selbstverständlich erfolgen sollte, oder auch die Mammographie, deren Intervalle so ausgelegt werden, dass wirklich eine gute Vorsorge erfolgen kann.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, lassen Sie mich aber ganz kurz ein Thema ansprechen, das nicht in diesem Gesetz verpackt ist, hinsichtlich dessen ich aber selbst noch keinen Schluss ziehen konnte, warum das so ist. Da geht es um die MRT- und teilweise auch CT-Untersuchungen, also Magnetresonanztomographien oder


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Com­putertomographien. Patienten warten, wie Sie wissen, heute zwei, drei oder vier Monate auf eine Untersuchung.

Es gibt Fälle, in denen eine Verletzung nach einem Unfall oder eine schwere Erkran­kung diagnostiziert wird, dann meldet sich der Patient an – und wartet teils drei bis vier Monate, bis er einen Termin bekommt. Und da klafft für mich eine Riesenlücke auf, denn da gibt es die Kassen, die sagen, die Ärzte verschreiben diese Untersuchungen zu oft, das ist gar nicht notwendig. Die Ärzte selbst sagen jedoch, es ist sehr wohl not­wendig, sie brauchen die Untersuchungen. Und wer steht in der Mitte? – Der Patient!

Wir sind ein hochentwickeltes Land. Wir sind im Gesundheitswesen führend, andere Nationen schauen auf uns. Da kann mir so etwas in der heutigen Zeit nicht egal sein, und ich verstehe auch nicht, warum es da keine Einigung gibt, um diesen Zustand zu verbessern. (Beifall bei der ÖVP.)

Entweder sagt man dem Patienten als Arzt: Okay, du brauchst es nicht wirklich, ich habe es nur zur Sicherheit verschrieben. Dann hat der Patient wahrscheinlich auch eine gewisse Sicherheit. Oder man sagt auf der anderen Seite: Wenn es schon notwendig ist, dann müssen wir es auch finanzieren, dann muss es Umschichtungen geben.

Ich würde wirklich darum bitten, Frau Bundesminister, dass Sie sich dieser Sache verstärkt annehmen. Ich weiß, es gibt bereits Diskussionen. Das ist eine Lücke, die meiner Meinung nach in Zukunft geschlossen werden muss. – Vielen Dank. (Beifall bei der ÖVP.)

20.03


Präsident Karlheinz Kopf: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Doppler. – Bitte.

 


20.03.27

Abgeordneter Rupert Doppler (ohne Klubzugehörigkeit): Herr Präsident! Frau Minis­ter! Hohes Haus! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Es geht um die Regie­rungsvorlage: Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz über die Gesundheit Österreich GmbH geändert wird.

Die Gesundheit Österreich GmbH soll, wie wir bereits gehört haben, neue Aufgaben dazubekommen, mit neuen Aufgaben betraut werden. Das ist gut und richtig. Ganz wichtig ist, wie wir gehört haben, auch der Ausbau, Frau Minister, was das Mamma-Screening betrifft; das steht außer Frage. Ganz wichtig sind auch die Regelungen, die die Stammzellenspender betreffen, meine sehr verehrten Damen und Herren. Herr Kollege Höfinger hat es ja angesprochen: Man muss sich schon vorstellen, was Menschen oft mitmachen, wenn sie zum Beispiel plötzlich an Leukämie erkranken. Für diese leidgeprüften Menschen ist eine sogenannte Stammzellenverpflanzung oft die einzige vielversprechende Therapie. Um eine optimale Behandlung der betroffenen Patienten zu gewährleisten, müssen so rasch wie möglich passenden Spenderinnen und Spender gefunden werden.

Zu dem, was Herr Kollege Höfinger angesprochen hat – Frau Minister, wir haben ja schon des Öfteren darüber diskutiert –: Ich glaube, dass wir uns alle – und Sie auch, ich bitte Sie darum! – ins Zeug legen sollten, was die MRI-Untersuchungen betrifft, vor allem auch auf dem Land. Es stimmt vollkommen, was mein Vorredner gesagt hat: dass Leute zwei, drei, vier, fünf, sechs Monate warten müssen. Der Arzt/die Ärztin braucht diese Untersuchung! Sie wissen es selbst am besten, Frau Bundesminister, Sie sind selber Ärztin. Ich glaube, da müssen wir uns ins Zeug legen, sodass wir das in Zukunft in dieser Form abstellen, damit die Patienten entsprechend versorgt werden. – Herzlichen Dank.

20.05



Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll123. Sitzung / Seite 272

Präsident Karlheinz Kopf: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Diesner-Wais. – Bitte.

 


20.05.07

Abgeordnete Martina Diesner-Wais (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Frau Bun­desminister! Meine Damen und Herren im Plenum! Frau Kollegin Belakowitsch, Sie haben es schon gesagt: Die grenzüberschreitende Zusammenarbeit ist wichtig, sowohl, was die Bundesländergrenzen betrifft, als auch – im Besonderen, wenn man in Grenznähe ist – über die Staatsgrenzen hinaus.

So beschließen wir mit diesem Staatsvertrag keine Arbeitsvereinbarung, die nur zwi­schen Beamten erfolgt, sondern eine schnelle medizinische Notfallversorgung für un­sere Bürger und Bürgerinnen, die jetzt in diesem Sinne keine staatlichen Grenzen mehr kennt.

Ich selbst komme aus einem Grenzbezirk. Meine Bezirkshauptstadt Gmünd ist sehr nahe an der Nachbarstadt Ceské Velenice gelegen. Die Rettung von Gmünd hat es eigentlich wesentlicher näher nach Velenice als die tschechische Rettung von ihrem Standort aus. Mit diesem Staatsvertrag ist es nun möglich, dass die Bürgerinnen und Bürger, wenn sie einen Besuch in der Nachbarumgebung machen, schnellste Betreu­ung finden, wenn sie einen medizinischen Notfall haben, und das auch von Gesichtern, die sie kennen. Das ist schon etwas ganz Besonderes, und darum kann man da auch ein bisschen darüber reden.

Dieses Rahmengesetz, das da geschaffen wird, war ein langjähriges Bestreben und ist wirklich eine Verbesserung für den Notfalleinsatz im tschechischen Grenzgebiet. Seit 1987 haben da schon Verhandlungen und eine intensive Zusammenarbeit stattge­funden, und so gibt es auch ganz tolle Projekte. Besonders möchte ich das Projekt healthacross hervorheben, im Rahmen dessen Patienten aus Tschechien auch nach Gmünd ins Spital kommen und dort ambulant behandelt werden können; in Zukunft wird auch eine stationäre Behandlung möglich sein.

Und auch in diesem Projekt waren die Rettungen immer miteingebunden. Dass das jetzt möglich ist, ist wirklich eine besondere Sache. Die Minister der beiden Länder haben im Jänner das Abkommen in Znaim unterzeichnet, und jetzt können die Landes­haupt­leute mit Kooperationsverträgen diese Versorgung für die Zukunft ermöglichen. Das ist eine Garantie für unsere Bürger und Bürgerinnen, dass diese schnellstens, bestmöglich, zuverlässig und unbürokratisch auch rettungsmedizinisch über die Gren­zen hinweg versorgt werden.

In diesem Sinne ist es ein gutes Gesetz. (Beifall bei der ÖVP sowie bei Abgeordneten der SPÖ.)

20.07


Präsident Karlheinz Kopf: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Singer. – Bitte.

 


20.07.57

Abgeordneter Johann Singer (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Frau Bundes­minister! Geschätzte Damen und Herren! Auch ich darf mich mit diesem bereits angesprochenen Übereinkommen mit der Republik Tschechien beschäftigen.

Frau Kollegin Belakowitsch-Jenewein, Sie haben natürlich gesagt, das ist nicht das Wichtigste des heutigen Tages (Abg. Belakowitsch-Jenewein: Ich habe gesagt, es ist eh okay, aber!), und ich gebe Ihnen recht. Ich bin seit Langem Rot-Kreuzler und Funktionär beim Roten Kreuz, und ich denke schon, dass dieses Übereinkommen ein nicht unwesentlicher Punkt ist. Warum? – Weil es wichtig ist – und so sehe ich auch unsere Aufgabe im Dienste des Roten Kreuzes und natürlich dadurch im Dienste der


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Menschen –, dass wir Patientinnen und Patienten im Anlassfall so rasch wie möglich eine ärztliche Behandlung zukommen lassen beziehungsweise sie nachfolgend in ein geeignetes, möglichst nahe gelegenes Krankenhaus transportieren. Mit diesem Rah­men­abkommen wird die Situation im Grenzraum mit Tschechien natürlich verbessert.

Ich darf daran erinnern, wie das in der Vergangenheit abgelaufen ist – und das ist mit Sicherheit nicht optimal –, nämlich dass Patientinnen und Patienten im Grenzbereich umgeladen wurden – von tschechischen auf österreichische Fahrzeuge, auf den öster­reichischen Rettungsdienst.

Ich denke, dass dieses Rahmenabkommen jetzt Grundlage dafür ist, dass ganz kon­krete Maßnahmen ausgearbeitet werden können, um diese Situation zu verbessern. Das heißt, es geht jetzt darum, weiterführende, konkretisierende Verhandlungen zu führen und zu Kooperationsvereinbarungen zu kommen, die von den jeweiligen Lan­deshauptleuten fixiert werden.

Worum geht es? – Es geht einfach um die gegenseitige Information. Es geht darum, die Alarmierung festzulegen. Es geht um haftungsrechtliche Angelegenheiten bis hin zu finanz- und versicherungstechnischen Festlegungen. Das Rote Kreuz Oberöster­reich sieht darin wirklich eine Weiterentwicklung des Dienstes für die Patientinnen und Patienten in Oberösterreich.

Ich darf auch erwähnen, dass dieses Übereinkommen vor allem bei Großunfällen oder auch bei einem Massenanfall an Verletzten mit Sicherheit große Vorteile bringen wird. Sehr geehrte Damen und Herren, das ist für mich ein begrüßenswertes Abkommen, und ich sehe das natürlich auch im Lichte eines gelebten Europas. Herzlichen Dank. (Beifall bei der ÖVP sowie bei Abgeordneten von SPÖ und Grünen.)

20.10


Präsident Karlheinz Kopf: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Schmid. – Bitte.

 


20.10.57

Abgeordneter Gerhard Schmid (ohne Klubzugehörigkeit): Herr Präsident! Sehr geehrte Frau Bundesminister! Mein Thema ist ebenfalls das Rahmenabkommen. Österreich und die Republik Tschechien unterhalten zirka 45 Grenzübergänge. Kommt es nun zu einer grenzübergreifenden Zusammenarbeit der Rettungsorganisationen, so ist dies dem Grunde nach zu befürworten.

Es gilt jedoch zu bedenken: Zu beachten sind unterschiedliche Systeme gegenseitiger Verständigungsmöglichkeiten, zum Beispiel Funk und die Alarmierung. Für Großeinsätze sind entsprechend gemeinsame Leitstellen einzurichten. Dies hat für einen wechselweise koordinierten Einsatz beziehungsweise für eine Hilfeleistung zu Wasser, zu Land und aus der Luft zu gelten.

Erforderlich sind Ersthelfer- und Notarztsysteme auf hauptamtlicher sowie freiwilliger Basis. Da derzeit von unterschiedlichen Ausbildungsständen auszugehen ist, sind auch diese entsprechend anzugleichen. Nicht außer Acht zu lassen ist die beidseitige freie Wahl der Krankenanstalten sowie die gegenseitige Kostenabdeckung der verschie­de­nen Sozialversicherungsträger.

Bekannt ist, dass es insbesondere in den österreichischen Fremdenverkehrsgebieten wiederholt zu Abrechnungsproblemen beziehungsweise Problemen bei der Refundie­rung entsprechender Krankenhauskosten beziehungsweise Arzthonorare kommt. Dem Antrag ist grundsätzlich zuzustimmen, jedoch bedarf es einer weiteren Anpassung der Systeme. Eine Systemanpassung ist, wie aus eigener Erfahrung im Katastrophen­dienst bekannt, innerhalb der Bundesländer Österreichs ebenfalls dringend erforder­lich. Danke.

20.12

20.13.24

 



Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll123. Sitzung / Seite 274

Präsident Karlheinz Kopf: Zu Wort ist dazu niemand mehr gemeldet. Die Debatte ist geschlossen.

Wünscht einer der Berichterstatter ein Schlusswort? – Das ist nicht der Fall.

Die Abstimmung erfolgt über jeden Ausschussantrag getrennt.

Wir gelangen zur Abstimmung über Tagesordnungspunkt 15: Entwurf betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz über die Gesundheit Österreich GmbH geändert wird, samt Titel und Eingang in 1013 der Beilagen.

Wer spricht sich dafür aus? – Das ist einstimmig angenommen.

Wir kommen sogleich zur dritten Lesung.

Ich bitte jene Damen und Herren, die dem Gesetzentwurf auch in dritter Lesung ihre Zustimmung geben, um ein entsprechendes Zeichen. – Das ist wiederum einstimmig und somit auch in dritter Lesung angenommen.

Wir gelangen zur Abstimmung über Tagesordnungspunkt 16: Antrag des Gesund­heits­ausschusses, dem Abschluss des Staatsvertrages: Rahmenabkommen zwischen der Republik Österreich und der Tschechischen Republik über grenzüberschreitende Zusammenarbeit im Rettungsdienst, in 1000 der Beilagen gemäß Artikel 50 Abs. 1 Z 1 Bundes-Verfassungsgesetz die Genehmigung zu erteilen.

Ich bitte jene Damen und Herren, die hiefür sind, um ein Zeichen der Zustimmung. – Das ist einstimmig angenommen.

20.13.4917. Punkt

Bericht des Gesundheitsausschusses über den Antrag 1601/A der Abgeordneten Erwin Spindelberger, Hermann Gahr, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Apothekengesetz geändert wird (1089 d.B.)

18. Punkt

Bericht des Gesundheitsausschusses über den Antrag 1593/A(E) der Abgeord­neten Mag. Alev Korun, Kolleginnen und Kollegen betreffend rasche, unbüro­kratische Eingliederung syrischer ÄrztInnen und weiteren Gesundheitspersonals in das österreichische Gesundheitssystem (1090 d.B.)

 


Präsident Karlheinz Kopf: Nun kommen wir zu den Punkten 17 und 18 der Tages­ordnung, über welche die Debatte unter einem durchgeführt wird.

Erste Rednerin: Frau Abgeordnete Dr. Mückstein. – Bitte.

 


20.14.32

Abgeordnete Dr. Eva Mückstein (Grüne): Herr Präsident! Ich spreche zu beiden TOPs. Das eine ist eine Sonderregelung für rund 90 bis 100 Apotheken, die – und da wird auch gar nicht verhohlen darüber gesprochen, sondern eigentlich ganz offen – dazu führen soll, dass LandärztInnen eher auf dem Land bleiben und dass sich ihr Einkommen dadurch verbessert.

Diese Maßnahme kann ich eigentlich nicht als gesundheitspolitische Maßnahme akzeptieren. Ich finde, es ist ein schlechtes Beispiel von reiner Klientelpolitik. Meines Erachtens wäre das nur dann eine legitime gesundheitspolitische Maßnahme, wenn es um die gute Versorgung von PatientInnen, die nicht so mobil sind, dass sie Apotheken erreichen können, mit Medikamenten geht. Aber ob es so ein Bedarfsproblem über­haupt gibt, wurde gar nicht nachgefragt. Es ging von Anfang an darum, den Land-


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll123. Sitzung / Seite 275

ärztInnen, die schon Hausapotheken haben, oder solchen, die aufs Land kommen wollen und dafür sozusagen ein Zuckerl brauchen, entgegenzukommen. (Beifall des Abg. Loacker.)

Warum ist das so wichtig, dass gerade die Hausapotheken nicht bei den Ärzten sind? – Darin gibt mir auch das IHS recht, von dem am 15. April in der „Presse“ oder im „Kurier“ ein Artikel dazu erschienen ist: Wenn Ärzte selber Medikamente verschreiben und auch vom Verkauf profitieren, kommt es in der Regel zu einer Überverordnung.

Der zweite Punkt ist: Die Hausapotheken sind meist nicht so gut sortiert, wie es eine öffentliche Apotheke ist. In der Schweiz hat man auch gesehen, dass dort, wo Ärzte das Dispensierrecht haben, die Arzneimittelkosten um ein Drittel höher sind, als wenn die Medikamente nur verschrieben werden und in der Apotheke abgegeben werden.

Ich denke, aus gesundheitspolitischer Sicht kann man das keinesfalls befürworten – auch deshalb, weil wir in Österreich genug Probleme mit unkritischer Verschreibungs­praxis haben und die Menschen oft Probleme haben, weil sie zu viele Medikamente nehmen und es Neben- und Wechselwirkungseffekte gibt.

Aus unserer Sicht wird dadurch außerdem das Landärzteproblem ohnehin nicht gelöst. Wir haben dazu ein Konzept, über das wir zum Beispiel auch ganz gerne einmal an einem runden Tisch reden würden, sodass man Zeit hat, ausführlicher zu diskutieren und geeignete Maßnahmen zu finden. Wir sind der Meinung, es braucht flexible Arbeits­bedingungen und Beschäftigungsmodelle. Das ist ganz besonders wichtig. Ärzte müssen auch Ärzte anstellen können, es muss ein Jobsharingmodell geben, und mit all diesen Modellen muss man auch Kassenverträge bekommen können. Es braucht Netzwerke, um sich die Wochenend- und Nachtdienste teilen zu können.

Wir sind auch der Meinung, dass es gerade für Landärzte attraktivere Kassenverträge braucht. Und auch die Vernetzung mit anderen Gesundheitsberufen sollte den Beruf der Landärztin/des Landarztes attraktiver machen. Im Bereich der Apotheken könnte man durchaus dafür sorgen, dass es Apotheken leichter haben, zum Beispiel Medi­kamente auszuliefern oder Filialapotheken zu gründen, und insgesamt eine flexiblere Möglichkeit haben, die Öffnungszeiten nach dem Bedarf zu orientieren.

Zum zweiten Tagesordnungspunkt, zu den syrischen Ärzten und unserem Antrag, syrische Ärzte und Ärztinnen bereits während des Nostrifikationsverfahrens ins Gesundheitssystem zu integrieren, sodass Teilkompetenzen schrittweise anerkannt werden und sie ihre Kompetenzen im österreichischen Gesundheitssystem einbringen können, und zwar möglichst rasch, und gleichzeitig auch Deutschkurse zur Verfügung gestellt bekommen – einerseits allgemeine und auf der anderen Seite fachspe­zifische –: Warum ist das so wichtig? In Österreich gibt es derzeit einerseits 200 bis 300 syrische MedizinerInnen und viele Personen, die in anderen Gesundheitsberufen gut ausgebildet sind, und andererseits gibt es in den Krankenhäusern große Probleme, weil AsylwerberInnen und Geflüchtete keine entsprechende Behandlung bekommen, weil niemand da ist, der sie ausreichend versteht und auch gut behandeln kann.

Es hat bei mir schon eine gewisse Enttäuschung gegeben, dass man aus einem Antrag, den man eigentlich, wenn man ihn bearbeitet, zu einer Win-win-Situation machen kann, nichts gemacht hat, außer ihn abzulehnen und ad acta zu legen. Wir wissen von syrischen Ärzten und Ärztinnen, dass sie im Nostrifikationsverfahren oft fünf Jahre brauchen, bis sie überhaupt zum Arbeiten kommen. Man könnte sie aber famulieren lassen, und vor allem sollte man ihnen Begleitpersonen beistellen, weil es im Laufe dieses Verfahrens ganz große Hürden gibt, sei es beim Übersetzen von Zeugnissen, bei der Begleitung zur Nostrifizierung, zur Nostrifizierungsprüfung und auch bei der Alltagsbewältigung. Auch das wäre wichtig, um diesen meist sehr gut


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ausgebildeten Ärzten und Ärztinnen die Möglichkeit zu geben, ihre Kompetenzen im österreichischen Gesundheitssystem einzubringen.

Es hat im Gesundheitsausschuss das Argument und aus meiner Sicht die Ausrede gegeben, dass wir unseren Antrag auf syrische Ärztinnen und Ärzte beschränkt haben. Ich denke, wenn wir es anders gemacht hätten, hätte es wieder die Ausrede gegeben, dass das eben Ärzte und Ärztinnen sind, die ja längst nicht die Qualifikation wie die österreichischen Ärztinnen und Ärzte haben. Wir haben es deshalb gemacht, weil wir wissen, dass syrische Ärztinnen und Ärzte sehr, sehr gut ausgebildet sind und dass viele dabei sind. Ich kenne auch persönlich zum Beispiel einen Herzchirurgen, der top ausgebildet ist und wahrscheinlich sofort in Österreich arbeiten könnte, jetzt aber diesen langen Weg gehen muss, um überhaupt in seinem Beruf, den er schon 25 Jahre sehr erfolgreich ausgeübt hat, wieder tätig werden zu können.

Ich denke, es ist eine Ausrede (Abg. Belakowitsch-Jenewein: Das ist ja keine Aus­rede, das ist eine Tatsache!), man hätte den Antrag jetzt vonseiten der Regierungs­parteien ja auch nehmen und leicht modifizieren können, sodass es passt. Ich denke, wir haben da großen Handlungsbedarf. Eigentlich sollte man gerade in diesem Bereich in Zeiten wie diesen keine Zeit verschwenden. (Beifall bei den Grünen.)

20.21


Präsident Karlheinz Kopf: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Spindelberger. – Bitte.

 


20.21.40

Abgeordneter Erwin Spindelberger (SPÖ): Ich weiß nicht, meine Damen und Herren, wie es Ihnen in den letzten Wochen oder Monaten gegangen ist, als das Thema Hausapotheke immer wieder andiskutiert wurde; ich sage nur: Mit mir haben sehr, sehr viele Bürgermeisterinnen und Bürgermeister in Form von E-Mails, in Form von Briefen Kontakt aufgenommen, weil sie Angst haben, dass die ärztliche Versorgung auf dem Land in Zukunft nicht mehr gewährleistet ist, denn es gibt immer weniger Ärztinnen und Ärzte, die sich um eine Planstelle bewerben. Unter anderem – jetzt weiß ich schon, dass das kein Allheilmittel ist – wurde immer wieder ins Treffen geführt, dass sich deswegen niemand für die Landarztstelle bewirbt, weil nicht gewährleistet ist, dass eine Hausapotheke geführt werden kann oder darf.

Zu Ihren Bedenken, Frau Kollegin Mückstein: Ich bekenne mich dazu – genauso wie es im Gesetz auch drinsteht –, dass die medikamentöse Versorgung der Bevölkerung in erster Linie durch öffentliche Apotheken zu erfolgen hat. Dort jedoch, wo wir eine geringe Bevölkerungsdichte haben, und das ist nun einmal der ländliche Raum, gibt es Gott sei Dank ein Arzneimittelangebot durch die Hausapotheken; aber das sehe ich wiederum nur als Ergänzung. Dieser Grundsatz wird auch durch das neu vorliegende Gesetz keinesfalls verändert. Wenn aber die nächste öffentliche Apotheke weniger als sechs Kilometer entfernt ist – und das ist ja in der Vergangenheit immer einer der Streit­punkte gewesen –, ist die derzeitige gesetzliche Regelung so, dass der Ordi­nationsnachfolger oder die -nachfolgerin eines Kassenarztes für Allgemeinmedizin die Hausapotheke nicht übernehmen durfte.

Durch den neuen Vorschlag, der jetzt eingebracht wurde, wird dieser Abstand – und das finde ich gut – auf vier Kilometer verringert. Damit werden die Hausapotheken, die aufgrund der bisherigen Nachfolgeregelung kurz oder mittelfristig gefährdet gewesen wären, auch in Zukunft abgesichert. Laut Informationen der Ärztekammer handelt es sich dabei österreichweit um lediglich 90 Hausapotheken. Darüber hinaus sollen auch in flächenmäßig größeren Gemeinden, die auch eine geringe Bevölkerungsanzahl aufweisen, künftig neue Hausapotheken ermöglicht werden; aber in dem Fall gilt wieder die Sechs-Kilometer-Grenze.


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Mit dem heute zu beschließenden Gesetz wird auch einem Urteil des Europäischen Gerichtshofs zur apothekenrechtlichen Bedarfsprüfung in Österreich Rechnung getra­gen, weil dieser diese starre Haltung, nämlich sechs Kilometer da, 5 500 Einwohner dort, kritisiert hat. Ich glaube, dass die vorliegende Regelung ein richtiger Weg ist, die flächendeckende und wohnortnahe Arzneimittelversorgung zu verbessern und dadurch auch einen wesentlichen Beitrag zur Aufrechterhaltung der wohnortnahen ärztlichen Versorgung zu tätigen.

Ich weiß schon – wie Sie gesagt haben, Frau Mückstein –, wenn wir über Primary Health Care reden, so ist zu sagen, insgesamt gehört mehr dazu, aber ich glaube, dass wir uns insgesamt auf dem richtigen Weg befinden. (Beifall bei SPÖ und ÖVP.)

20.24


Präsident Karlheinz Kopf: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Mag. Loacker. – Bitte. (Abg. Rasinger: Oje, ich fürchte mich!)

 


20.25.03

Abgeordneter Mag. Gerald Loacker (NEOS): Herr Präsident! Sehr geehrte Frau Bundesministerin! Kollege Dr. Rasinger, Sie fürchten sich schon! Kollege Spindelberger, das Argument, das Sie da an den Haaren herbeigezogen haben, hat jetzt eine Glatze, weil Sie ihm die Haare ausgerissen haben. Die Argumentation von Kollegin Mückstein war einfach fachlich und sachlich korrekt und richtig. Sie haben versucht, irgendwie einen Bogen zu spannen, und haben sich aber selbst offenbart, indem Sie gesagt haben, die Bürgermeister haben Ihnen gemailt und Sie angerufen, weil sie dann keinen Landarzt finden, deswegen brauchen sie eine Hausapotheke.

Also das Argument ist: Es braucht mehr Hausapotheken, damit die Landärzte besser verdienen! Und dieses Argument verkennt die Funktion der Hausapotheke! Es ist nicht die Funktion der Hausapotheke, die Ärzte mit besserem Einkommen zu versorgen, sondern es ist die Funktion der Hausapotheke, die Bevölkerung mit Medikamenten zu versorgen.

Was Sie außer Acht lassen, ist das wichtige Vieraugenprinzip, was Sie außer Acht lassen, ist die Frage: Wann geht es um entlegene Regionen in der Versorgung? – Es gibt in Europa 2 000 Hausapotheken und davon über 800 in Österreich, also über 40 Prozent der europäischen Hausapotheken sind in Österreich. Das muss ja bei uns wirklich eine Notstandszone sein, würden Ihre Argumente stimmen, was sie natürlich nicht tun.

Die Universität Bern hat in der Schweiz, wo es Kantone mit selbstdispensierenden Ärzten und mit Ärzten, die nicht selbst dispensieren dürfen, gibt, diese verglichen und ist auch unter Bereinigung der unterschiedlichen Patientenstämme zu dem Ergebnis gekommen, dass bei den niedergelassenen praktischen Ärzten 25 Prozent mehr ver­schrie­ben wird, wenn sie Dispensierrecht haben. Das ist eine Übermedikation bei den Patienten. Also da geht es auch um die Patientensicherheit. Das ist eine ganz einfache Geschichte; da reden wir noch gar nicht von den Kosten, die der Kassenfunktionär Spindelberger eigentlich auch im Auge haben müsste.

Es geht auch um eine Wettbewerbsverzerrung unter den Ärzten. Was Sie immer zelebrieren, ist diese Zweiklassengesellschaft von Ärzten mit Hausapotheken und Ärzten ohne Hausapotheken, und das ist auch nicht gerecht. Wenn die Vergütung von Ärzten nicht stimmt, dann reden Sie – die schwarzen und die roten Kassenfunk­tionäre – bitte mit Ihren Krankenkassen, dann sollen die die Ärzte g’scheit vergüten, aber versuchen Sie nicht, über den Umweg der Hausapotheke da etwas zu sanieren, was grundsätzlich nicht klappt!


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Was Sie auch verkennen, aber das liegt wahrscheinlich an der Altersstruktur der Wählerschaft der beiden Parteien, ist das, was junge Mediziner heute von ihrem Beruf erwarten. Die gehen ja nicht deshalb nicht aufs Land, weil sie dort keine Hausapotheke bekommen, es hat ja keiner wegen der Hausapotheke Medizin studiert, sondern die gehen deswegen nicht aufs Land, weil ein Landarzt in einer kleinen Gemeinde damit rechnen muss, dass es bei ihm immer läutet. Jeder kennt ihn, jeder weiß, wo er wohnt, und jeder erwartet, dass er zur Verfügung steht, und somit ist er sieben Tage pro Woche, 24 Stunden täglich Hausarzt. Das ist sehr verantwortungsvoll, entspricht aber heute nicht mehr der Erwartung, die junge Menschen an ihren Beruf haben. Sie wollen eine Work-Life-Balance haben, sie wollen eine geregelte Vertretung haben, und deswegen müssen Sie Möglichkeiten der Zusammenarbeit von Gesundheitsberufen schaffen. (Zwischenruf der Abg. Pfurtscheller.)

Die Lösungen? – Ärztinnen und Ärzte bei Ärzten anstellen lassen, Primärver­sor­gungszentren ein bisschen schneller einführen, als Ihre Träumerregierung das zu­stande bringt! Kollegin Pfurtscheller, Sie und Ihre Blockiererpartie, und Dr. Rasinger ist da leider am Gängelband der Ärztekammer, da geht überhaupt nichts weiter, sind im Wesentlichen dafür verantwortlich. Man könnte mit der Frau Minister viel größere Schritte machen, wenn Sie sie zulassen würden. Kommen Sie einmal im 21. Jahr­hundert an! (Beifall bei den NEOS.)

Zu den Apotheken: Es verträgt natürlich schon noch mehr Wind des Marktes bei den Apotheken, aber dann reden wir über die Öffnungszeiten; Apotheken sollten großzügi­gere Öffnungszeiten haben. Wir sollten eine liberalere Zulassung für die Öffnung von Filialapotheken haben. Wir sollten großzügigere Regelungen für den Versandhandel haben, wir sollten über das Zustellen von Medikamenten reden. Es gibt auch Apothe­ken, die das machen und das erfolgreich betreiben. Das wäre einmal eine Lösung für Ihre ländlichen Regionen. Ich komme ja auch nicht aus einer Großstadt, aber da kommt der provinzielle Bürgermeistergeist natürlich nicht darüber hinweg. (Beifall bei den NEOS sowie der Abg. Mückstein.)

20.29


Präsident Karlheinz Kopf: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Dr. Rasinger. – Bitte. (Abg. Wöginger: Dass man sich da auch noch aufregen kann, das verstehe ich überhaupt nicht!)

 


20.29.38

Abgeordneter Dr. Erwin Rasinger (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Frau Ministerin! Hohes Haus! Ich versuche einmal, die Gemüter ein bisschen runterzukühlen, ich bin da ja immer ärztlich tätig! (Beifall bei Abgeordneten der ÖVP.) Herr Abgeordneter Loacker hat sich so aufgeregt, dass ich Angst habe. Bitte, Herr Abgeordneter Loacker, ich bin nicht am Gängelband; ich weiß nicht, wo das Band ist, (den Boden rund um das Rednerpult absuchend:) ich suche es. Also ich sage Ihnen jetzt ein paar Sachargumente, denn ich schätze Sie dafür, dass Sie Sachargumenten oft zugänglich sind.

Wir haben in Österreich 850 Hausapotheken. Die Hausapotheken sind international gesehen ein österreichisches Spezifikum. In der Schweiz darf jeder Medikamente verkaufen, laut Volksabstimmung. Das Argument vom IHS stimmt nicht, dass das teurer ist; das haben Sie so im Ausschuss gebracht. Der Hauptverband sagt, es ist sogar ein bisschen billiger, also etwa gleich. – Das Argument stimmt nicht, sollte man zunächst einmal richtigstellen.

In den letzten zehn Jahren – und seit zehn Jahren deklariere ich mich – sind 150 Haus­apotheken geschlossen worden. Wenn Sie das auf eine Arzt-Stelle umlegen, so sind das 300 000 Leute, die eine andere Form der Versorgung hatten. Jetzt wird befürchtet,


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dass weitere 150 schließen – also dass am Ende rund 700 übrig bleiben –, das sind weitere 300 000 Leute. Was sind das für 300 000 Leute?, müssen wir uns einmal fragen.

Neben den finanziellen Aspekten, die ich ihnen durchaus konzediere, Apothekern, Ärzten und so weiter, jedem geht es ums Geld, reden wir auch einmal darüber, dass Apotheken Abgrenzungsprobleme zu den Drogerien haben und so weiter. Aber lassen wir den Geldfaktor einmal weg! In der Gesundheitspolitik sollten Sie eigentlich eine Richtschnur haben, und meine Richtschnur – ob Sie es mir glauben oder nicht – ist die ältere Patientin ohne Auto. (Beifall bei der ÖVP, bei Abgeordneten der SPÖ sowie des Abg. Franz.)

Was bedeutet es für die ältere Patientin ohne Auto, wenn sie, statt in den Nachbarraum zu gehen, um das Medikament ausgehändigt zu bekommen, dann vielleicht vier oder sechs Kilometer fahren muss, so es überhaupt einen Bus gibt? Sie geht in die Apotheke, viele Medikamente sind aber gar nicht lagernd, also wird sie auf Nachmittag vertröstet. Sie muss hin- und herfahren, vielleicht hat sie auch Fieber. – Ich sage, und dazu stehe ich auch, ich finde, das ist für ältere Menschen im ländlichen Raum eine Tortur! (Beifall bei Abgeordneten der ÖVP sowie des Abg. Franz.) Da das nicht wenige betrifft, sondern insgesamt 300 000 Leute, ist das nicht zu vernachlässigen.

Ich glaube, wir müssen schon einmal den Fokus darauf legen: Wem nützt es? Was haben Patienten davon, wenn es dann keinen Arzt mehr gibt, wenn sie, wie Sie sagen, sieben Tage rund um die Uhr offenhalten müssen? Ich werde seit zehn Jahren mit einer derartigen Menge von Interventionen von Bürgermeistern im Petitionsausschuss zugenagelt, kein Ausschuss vergeht ohne Interventionen von Bürgermeistern. Sie betreiben keine Hausapotheke, aber sie haben Angst, dass der ländliche Raum noch mehr an Attraktivität verliert.

Ich bekenne mich zur freiberuflichen Apotheke, ich bin nicht für die Ketten wie in Amerika, wo der Apotheker hinten im Kammerl sitzt. Ich bin nicht dafür, dass jeder Arzt eine Apotheke aufsperrt wie in der Schweiz. Ich bin für die Freiberuflichkeit. Ich bin aber auch dafür, dass der Wunsch des Patienten ernst genommen wird.

Die Apotheker selbst sagen, dass 31 Prozent ihrer Apotheken defizitär sind. Ja wo sind denn die defizitären Apotheken? – Sicher nicht in der Mariahilfer Straße, wo Kosmetika et cetera verkauft werden, sondern wahrscheinlich auch im dünner besiedelten Gebiet. Das heißt, da treffen sich mehrere Interessen, aber das Hauptinteresse muss der Patient sein, und zwar die ältere Patientin ohne Auto! (Beifall des Abg. Franz.)

Ich war jetzt erst in Niederösterreich, in Mank, so heißt der Ort, bei einer Notariats­eröffnung. Da fährt man durch Ortschaften, dann ein paar Kilometer weiter wieder eine Ortschaft, dann wieder eine Ortschaft, und wenn ich mir dort eine ältere Bürgerin vorstelle, ohne Auto, bei dem Busverkehr, den wir in Österreich haben, dann denke ich, eigentlich ist es sinnvoll, dass wir das Gesetz so machen, denn wir nehmen niemandem etwas weg. Es wird keiner einzigen Apotheke ein Härchen gekrümmt, sondern wir verkürzen nur den Abstand von sechs auf vier Kilometer bei Übergabe – bei Übergabe! Und ich glaube, das ist ein mehr als legitimer Wunsch.

Das ist nicht die große Öffnung, aber ich glaube, viele österreichische PatientInnen werden uns dafür Danke sagen. So gesehen bin ich am Gängelband der österreichi­schen PatientInnen. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der SPÖ sowie Bravoruf des Abg. Wöginger.)

20.34


Präsident Karlheinz Kopf: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Dr. Belakowitsch-Jenewein. – Bitte.

 



Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll123. Sitzung / Seite 280

20.34.53

Abgeordnete Dr. Dagmar Belakowitsch-Jenewein (FPÖ): Herr Präsident! Frau Minister! Werte Kolleginnen und Kollegen! Seit zehn Jahren, hat Kollege Rasinger gesagt, ist er mit Interventionen konfrontiert, seit zehn Jahren bin ich im Hohen Haus, seit zehn Jahren wird darüber diskutiert, es wird heftigst darüber gestritten. Ich glaube, dem Gesetz ist deswegen auch zuzustimmen, weil es eine Kompromisslösung zwi­schen der Ärztekammer und der Apothekerkammer ist. Das ist auch der Grund dafür, dass wir diesem Gesetz unsere Zustimmung geben werden.

Ich bin nicht der Meinung, dass wir mit diesem Gesetz auch nur einen einzigen Landarzt zusätzlich gewinnen werden; ganz im Gegenteil, das glaube ich überhaupt nicht. Trotzdem glaube ich, dass es ein guter Kompromiss ist, weil er von jenen getra­gen wird, die damit konfrontiert sind, nämlich die Ärzte und die Apotheker. Ich weiß nicht, warum man als Politiker sich dann immer hinstellen und noch gescheiter sein muss als die, die damit jeden Tag leben müssen. (Beifall bei der FPÖ.) Das kann ich nicht nachvollziehen, Herr Kollege Loacker und auch an die Kollegen von den Grünen, das kann ich nicht verstehen.

Ich bin nicht so optimistisch, dass das auch nur einen einzigen Hausarzt bringen wird, aber ich glaube, wir brauchen ganz, ganz viele zusätzliche Maßnahmen für den länd­lichen Raum. Das fängt an mit der Bezahlung und geht halt über verschiedene Zusatz­angebote. Es wurde ja interessanterweise heute schon von sehr vielen gesagt, dass Ärzte Ärzte anstellen dürfen sollen – wir waren die Ersten, die das gefordert haben –; das ist sicherlich auch ein notwendiger Schritt, um Öffnungszeiten auszubauen, um den betroffenen Ärzten auch Möglichkeiten zu bieten.

Was wir aber haben – und das sehen wir –, ist ein Ärztemangel generell, der sich nicht auf den Hausarzt beschränkt, sondern den wir auch in den Facharztbereichen haben. Und da zeigt sich, dass der Grund eben nicht die Hausapotheke sein kann. Das heißt, dafür gibt es ganz andere Gründe, gibt es viele, viele Gründe. Wir bilden viel weniger aus als noch vor wenigen Jahren, viele gehen nach dem Studium ins benachbarte Ausland, weil die Ausbildung einfach nicht so gut ist, dort sind sie viel schneller fertige Ärzte, und es kommt nur ein Teil wieder zurück. Dazu kommt, dass es für jemanden, der nicht im ländlichen Raum aufgewachsen ist, wahrscheinlich auch relativ unvorstell­bar ist, aufs Land zu gehen. Da spielen eigentlich ganz viele Faktoren eine Rolle. Dazu kommt, dass auch die Bezahlung nicht so besonders großartig ist; das ist natürlich auch ein Teilaspekt. Das ist aber ein Konglomerat aus vielen Punkten, daher wird es auch noch viele, viele Lösungsschritte geben müssen.

Aber noch einmal: Dem Gesetz stimmen wir zu, weil es von jenen getragen wird, die damit leben müssen, nämlich den Ärzten und den Apothekern.

Zum Zweiten, zu dem Antrag der Grünen, in dem es darum geht, syrische Ärzte schnel­ler in das österreichische System zu bringen: Das ist für mich nicht nachvoll­ziehbar! Warum die syrischen Ärzte? – Das könnten genauso rumänische Ärzte, rus­sische Ärzte sein. Sie alle haben in ihren Ländern eine gute Ausbildung und sind genauso ausgebildet, nur, ob sie den österreichischen Standards entsprechen, ist die eine Frage, und die zweite Frage ist natürlich auch die Sprachkomponente. Daher müssen syrische Ärzte genauso wie jene, die aus anderen Ländern nach Österreich kommen, hier die Nostrifikation durchmachen. Ich sehe jetzt keinen Bedarf, dass man die schneller machen soll.

Dazu kommt noch eines, und das jetzt zu sagen ist mir schon auch ein Bedürfnis: Zu glauben, es ist so unheimlich toll von uns, dass wir jetzt aus einem Kriegsgebiet Ärzte abziehen, weil wir einen Ärztemangel in Österreich haben, halte ich eigentlich für ein bisschen unverantwortlich. Wir sollten eher versuchen, dass wir sie schnell wieder in


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll123. Sitzung / Seite 281

ihre Heimat zurückbringen, denn dort werden sie wahrscheinlich dringender gebraucht als hier bei uns. (Beifall bei der FPÖ und bei Abgeordneten der ÖVP.)

20.38


Präsident Karlheinz Kopf: Nun hat sich Frau Bundesministerin Dr. Oberhauser zu Wort gemeldet. – Bitte, Frau Bundesministerin.

 


20.38.43

Bundesministerin für Gesundheit Dr. Sabine Oberhauser, MAS: Herr Präsident! Liebe Kolleginnen! Liebe Kollegen! Die Frage, wem wir mit der – ich sage jetzt einmal so – Richtigstellung zum Thema Hausapotheken oder der Novellierung des Apotheken­gesetzes Gutes getan haben, haben wir auch im Ausschuss hin und her diskutiert. Das Problem ist – und einzig Dagmar Belakowitsch-Jenewein, die ja auch Medizinerin ist, kommt nicht so leicht in den Geruch, dass eine Ärztin den Ärzten etwas Gutes tut –, wenn eine Ministerin Ärztin ist, wenn ein Gesundheitssprecher Arzt ist und dann irgend­eine Regelung kommt, mit der man Ärzte nicht bestraft, sondern versucht, irgendwie etwas besser zu machen, dann kommt man immer sofort in den Geruch: Ui, Ärzte helfen Ärzten!

Also ich halte es mit Erwin Rasinger, und wir beide waren ja an dieser Sache so beteiligt: Das ist eine Sache, die wir wirklich für PatientInnen gemacht haben. Es waren ganz viele Anfragen. Ich konnte aus keiner Bundesratssitzung hinausgehen, ohne dass mich nicht mindestens drei Bürgermeister aus den verschiedensten Regionen ange­sprochen und gesagt haben: Bitte, die sperren uns die Hausapotheke, unsere Leute kommen nicht zu einer Apotheke!

Ich kann mich an viele Redebeiträge hier erinnern, unter anderem auch von Herrn Töchterle, der vom Rednerpult aus für den Tiroler Bereich gesprochen und gesagt hat: Wir brauchen eine neue Regelung für die Hausapotheken. Wir kriegen keinen Arzt, und vor allem schaffen es die Patientinnen und Patienten nicht, zu einer Apotheke zu kommen.

Ich glaube, was man hier ganz deutlich sagen muss, ist, dass für uns – für meine Partei, aber ich glaube, auch für den Koalitionspartner – ganz klar ist, dass das Haupt­augenmerk der Medikamentenversorgung bei der öffentlichen Apotheke liegen muss, und zwar nicht nur bei der einzelnen Apotheke; möglicherweise bei einer Filial­apotheke, möglicherweise auch durch Lieferverpflichtungen, durch andere, bessere Öffnungszeiten, aber das Hauptaugenmerk in der Versorgung liegt bei der öffentlichen Apotheke.

Wir haben diese Regelung für viele kleine Gemeinden gemacht, wo die Frau eben nicht mit dem Auto zur nächsten Apotheke kommt, um zu gewährleisten, dass statt­dessen der Hausarzt, die Hausärztin weiterhin mit Medikamenten versorgen kann. Das war der Grund für diese Regelung.

Es war eine Regelung, die gemeinsam mit Präsident Mödlhammer – dem das auch ein großes Anliegen war – und gemeinsam mit dem Koalitionspartner entstanden ist. Wir haben gesagt: Schauen wir, dass wir zumindest einmal Luft aus diesem System herausbringen und dass die Medikamentenversorgung und die ärztliche Versorgung auf dem Land nicht noch weiter darunter leiden, als das jetzt schon der Fall ist, aus den verschiedensten Gründen, die von den verschiedenen Abgeordneten angesprochen wurden: Öffnungszeiten, die Frage der ständigen Verfügbarkeit, die Frage, wer auf dem Land leben mag. Das heißt, viele Dinge sind durch diese Regelung durchaus nicht gelöst, aber wir haben zumindest versucht, ein bisschen Luft herauszubekommen.

Zur Frage der syrischen Ärztinnen und Ärzte: Ich habe es im Ausschuss schon gesagt, im letzten Jahr gab es ein Treffen der fünf deutschsprachigen Gesundheitsminis­ter/Ge-


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sundheitsministerinnen, bei dem der deutsche Gesundheitsminister uns berichtet hat, dass in Deutschland versucht wird, syrische Ärztinnen und Ärzte schneller in das System zu bringen, und zwar ins System der Vor-Ort-Versorgung, um Leute zu haben, die die gleiche Sprache sprechen wie die Flüchtlinge.

Wir haben daraufhin bei uns versucht, eine Regelung zu schaffen, dass wir gerade in den Flüchtlingslagern – ich sage einmal, ähnlich wie die betreuenden Ärzte einer Fußballmannschaft mitkommen – Ärzten, die mit den Flüchtlingen mitgekommen sind, gestatten, unter der Aufsicht von heimischen Ärztinnen und Ärzten in den Flüchtlings­lagern tätig zu werden, aber wir haben natürlich auch versucht, die Bürokratie, die angesprochen worden ist, ein bisschen hintanzuhalten.

Das gilt natürlich nicht nur für eine Gruppe von Ärztinnen und Ärzten, die aus einem Land kommen, sondern da muss man schauen, dass das auch russische, ukraini­sche – woher auch immer sie sind – Medizinerinnen und Mediziner betrifft.

Wir haben mit der Ärztekammer Kontakt aufgenommen, wir haben mit der Universität Kontakt aufgenommen und haben versucht, zu gewährleisten, dass Nostrifizierungs­verfahren und Anerkennung von Diplomen schneller laufen, aber nicht nur für die eine Gruppe von Ärztinnen und Ärzten, sondern für alle. – Das zur Frage, warum dieser Antrag so nicht angenommen wurde.

Dazu muss man auch noch sagen: Es gibt bei mir im Haus einen Koordinator, Herrn Dr. Roland Paukner, um Ärztinnen und Ärzten sowie medizinischem Personal unter den Flüchtlingen weiterzuhelfen, sich rascher in der österreichischen Bürokratie von Hochschule und Ärztekammer zurechtzufinden. (Beifall bei der SPÖ.)

20.43


Präsident Karlheinz Kopf: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Keck. – Bitte.

 


20.43.07

Abgeordneter Dietmar Keck (SPÖ): Herr Präsident! Frau Bundesminister! Im Apo­thekengesetz geht es um die Sicherstellung der allgemeinmedizinischen und vor allem der Medikamentenversorgung in den überwiegend ländlichen Gemeinden in ganz Österreich. Der Landarzt und die dazugehörige Hausapotheke sind ganz wichtige Bausteine unserer Gesundheitsversorgung in den ländlichen Gebieten. Vor allem Menschen, deren Mobilität eingeschränkt ist und denen auch kein öffentliches Ver­kehrs­mittel zur Verfügung steht, sind davon besonders betroffen.

Herr Kollege Loacker, ich war vor einigen Wochen in deinem Bundesland, in Vorarl­berg – nicht in einer größeren Stadt wie Dornbirn, dort braucht man nämlich nur dreimal umzufallen und ist in einer Apotheke. Ich war im Bregenzerwald, und im Bregenzerwald habe ich ein gesundheitliches Problem bekommen, bin dort zu einem sogenannten Landarzt gegangen – wie wir das hier nennen –, der mich Gott sei Dank – und das war in den späten Abendstunden – behandeln konnte, denn aus seiner Hausapotheke konnte er mir die medikamentöse Versorgung auch wirklich geben. Und gerade das Versorgungsgebiet dieses Landarztes im Bregenzerwald wird, wenn er aufhört, die Hausapotheke verlieren. Sein Nachfolger wird die Hausapotheke nicht mehr bekommen, und die nächste Apotheke ist ungefähr acht, neun Kilometer entfernt.

Das heißt, für Bewohner in diesem Gebiet, die auch kein öffentliches Verkehrsmittel zur Verfügung haben, ist die medikamentöse Versorgung überwiegend von der Haus­apotheke ihres Arztes abhängig; und ohne diese müssten gerade ältere Menschen wirklich massivste Beschwerden in Kauf nehmen, um ihre medikamentöse Versorgung zu erhalten. Ich denke, dieses Gesetz sieht vor, dass das auch in den ländlichen Gemeinden nicht mehr so sein muss, denn das Aufrechterhalten der ärztlichen Nahversorgung hat in bestimmten Regionen auch einen unmittelbaren Zusammenhang


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mit dem Vorhandensein einer Hausapotheke, und deshalb ist auch dieses Gesetz für uns so wichtig.

Darin werden Maßnahmen gefordert, um die flächendeckende Gesundheitsversorgung für alle Österreicherinnen und Österreicher in allen Regionen Österreichs langfristig sicherzustellen. Die derzeitigen gesetzlichen Regelungen sehen ja vor, dass die Ver­sorgung der Bevölkerung in erster Linie durch öffentliche Apotheken erfolgt, und zusätzlich gibt es für den ländlichen Raum mit geringer Bevölkerungsdichte auch die Versorgung durch ärztliche Hausapotheken. Diese Aufstellung soll auch in Zukunft so bleiben, da wird sich ja nichts ändern.

Die Hausapotheke soll die öffentliche Apotheke auf keinen Fall verdrängen, aber es gibt eben Regionen, wo die Hausapotheke ein zentraler Ort der lokalen Gesund­heits­versorgung ist – und die Zahl dieser Regionen wird in Zukunft noch wachsen. Unter der bestehenden Gesetzeslage kann eine Ordinationsnachfolgerin oder ein -nachfolger eines Kassenarztes für Allgemeinmedizin eine bestehende Hausapotheke nicht übernehmen, wenn die nächste öffentliche Apotheke weniger als sechs Kilometer entfernt ist – und in bestimmten ländlichen Regionen trifft das zu.

Ich glaube, die Hausapotheken sichern den Bestand der ärztlichen Grundversorgung am Lande. Durch die Landärzte wird auch die Arzneimittelversorgung der dortigen Bevölkerung gewährleistet, das ist wirklich eine klassische Win-win-Situation für alle Beteiligten. Es ist ein gutes Gesetz für eine wichtige und richtige Sache, und daher gehe ich von einer breiten Zustimmung für diese Sicherstellung der Gesundheits­versorgung der österreichischen Bevölkerung hier im Parlament aus. (Beifall bei der SPÖ.)

20.46


Präsident Karlheinz Kopf: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Diesner-Wais. – Bitte.

 


20.46.44

Abgeordnete Martina Diesner-Wais (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Frau Bun­desminister! Meine Damen und Herren! Herr Kollege Loacker, also, ich muss sagen, dieses Gesetz ist eindeutig nur für unsere Patienten und für unsere Bevöl­kerung im ländlichen Raum, und alles andere sind nur Nebeneffekte.

Die Gewährleistung von Gesundheitsleistungen gerät gerade im ländlichen Raum durch die fortschreitende demografische Entwicklung, damit sind eine starke Zunahme der älteren Bevölkerung und auch der chronisch kranken Bevölkerung verbunden, unter Druck. Und so kann dieses Gesetz sicher nicht alleine stehen, sondern wir müs­sen auch für eine attraktive Gestaltung, ein gesteigertes Ansehen und gute Rah­menbedingungen der Gesundheitsberufe sorgen. Das ist unumgänglich, damit wir eine flächendeckende Versorgung im ländlichen Raum gewährleisten können.

Aber als Vertreterin des ländlichen Raums habe ich schon oft auf die schwierige Situation der ärztlichen und somit auch der medikamentösen Versorgung im ländlichen Raum hingewiesen, denn gerade auch der Patient im ländlichen Raum muss die gleiche ärztliche und medikamentöse Grundversorgung wie jener im städtischen Gebiet bekommen.

Daher freue ich mich über diesen regionalpolitischen Punkt, der die ärztliche Versor­gung auch weiterhin sichert. Es ist heute schon oft angesprochen worden, dass die Ärzte dadurch auch wieder die offenen Stellen im ländlichen Raum wahrnehmen, denn für viele Ärzte war ein Grund, warum sie sich nicht für die Arztpraxis beworben haben, dass die Fortführung der Hausapotheke nicht gewährleistet war. Und mit der neuen


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll123. Sitzung / Seite 284

Regelung der Übergabe, der Verkürzung von sechs auf vier Kilometer, können wir somit 130 Hausapotheken im ländlichen Raum sichern.

Es geht hier – wie wir schon angesprochen haben – vor allem um die Patienten, die nicht mehr so mobil sind und die nicht mehr selbständig weite Strecken zurücklegen können. Damit die Versorgung bestens gewährleistet ist, braucht es aber auch weiter­gehende Lösungsansätze, denn wie wir schon in Erfahrung gebracht haben, so ist der Arbeitsplatz Hausarzt im ländlichen Raum für manche nicht mehr so attraktiv – und so haben wir auch viele ältere Ärzte, die keinen Nachfolger mehr finden. Daher müssen wir wirklich auch andere Dinge andenken, wie eine Versorgungs-, Bildungs- und Betreuungseinrichtung, denn wir wissen, der Frauenanteil im Arztberuf wird immer höher, und damit sind einfach andere Anforderungen gefragt. Neben dem Einkommen sind es die Familientauglichkeit, die Arbeitsbedingungen, sowie eine 40-Stunden-Woche und eine gute Möglichkeit für die Kinderbetreuung, die gewährleistet sein müssen. Dies bringt einen Gewinn an Lebensqualität auch in dieser Berufsgruppe.

In diesem Sinn möchte ich Ihnen, Frau Minister, meinen herzlichen Dank aussprechen, dass das vorliegende Gesetz erarbeitet werden konnte, denn es ist wirklich ein wich­tiger Punkt für den ländlichen Raum. Arbeiten wir gemeinsam weiter daran, diese Versorgung an Ärzten und Medikamenten auch im ländlichen Raum weiter zu garantieren! (Beifall bei der ÖVP sowie bei Abgeordneten der SPÖ.)

20.49


Präsident Karlheinz Kopf: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Dr. Karlsböck. – Bitte.

 


20.50.24

Abgeordneter Dr. Andreas F. Karlsböck (FPÖ): Herr Präsident! Frau Minister! Sehr geehrte Damen und Herren! Seit ich mich erinnern kann, ist das Gesundheitssystem von diesem Streit zwischen Ärzten – vor allem niedergelassenen praktischen Ärzten am Land – und den Apothekern dominiert worden. Es schien, als ob eine Einigung niemals zustande kommen würde, einmal waren die einen vorne, einmal die anderen. Diese Streiterei sogar innerhalb der Kammer hat auch dazu geführt oder zumindest beschleunigt, dass die Zahnärzte eine eigene Kammer wollten, weil es ihnen zu blöd war, sich immer für die Interessen einer Teilgruppe der Ärzteschaft einspannen zu lassen. Darum kann ich sagen: Soweit ich das überblicke, ist das wirklich ein Meilen­stein in der österreichischen Gesundheitspolitik, dass es hier jetzt eine Einigung gibt.

Diese Einigung hat natürlich Kompromisscharakter, es werden weder die Apotheker hundertprozentig zufriedengestellt noch die praktischen Ärzte, aber es ist ein Schritt in die richtige Richtung. Und wenn man auch sieht, dass natürlich am Land korrosionshaft die Stellen der praktischen Ärzte nicht mehr richtig nachzubesetzen sind, muss man sich schon überlegen, woran das liegt. Da ist es natürlich auch ein gewisser Anreiz für junge Kollegen, aufs Land zu gehen, wenn sie diese Möglichkeit sehen, auf Antrag unter gewissen Umständen die Hausapotheke weiterzuführen.

Wenn man aber darüber nachdenkt – und das muss man in diesem Zusammenhang auch –, wie man junge Kollegen aufs Land bekommt, wie man vor allem auch die Versorgung der Bevölkerung, von der von meinen Vorrednern so viel gesprochen wurde, sicherstellt, dann wird man nicht umhinkönnen, unsere Vorschläge aufzu­greifen.

Ich sage es immer wieder, und ich sage es auch jetzt: Das Um und Auf ist das An­stellen von Ärzten bei Ärzten. Dass das momentan nicht möglich ist, ist eine wirkliche Schwachstelle der österreichischen Gesundheitspolitik. (Beifall bei Abgeordneten der FPÖ sowie der Abgeordneten Doppler und Franz.)


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll123. Sitzung / Seite 285

Genauso ist es wichtig, eine einfachere Zusammenarbeit der Ärzte zu ermöglichen, Ärzte-GesmbHs. Das Forcieren der PHCs wird eine Sackgasse sein und die Motivationslage der Kollegen nicht unbedingt verbessern. Wie gesagt, die PHCs, über die wir jetzt eigentlich nicht sprechen wollen, sind der falsche Weg.

Der zweite Antrag, den es hier gibt, betreffend rasche, unbürokratische Eingliederung syrischer Ärztinnen und Ärzte und weiteren Gesundheitspersonals in das öster­reichi­sche Gesundheitssystem, klingt verlockend, da sagt man: Warum nicht? Die können ja vielleicht nur in Flüchtlingslagern eingesetzt werden oder so wie Sportärzte! – Das halten wir für nicht zielführend, denn es gibt auch für Drittstaatsangehörige eine Appro­ba­tionsordnung.

Das hat einen Grund. Dazu möchte ich eine Stellungnahme von Lord Ralf Dahren­dorf – der ja 2009 verstorben ist – vorlesen, die das vielleicht am einfachsten erklärt. Zum Unterschied USA – Europa sagt er: „Die USA sind ein offenes Einwande­rungs­land mit schwachem Sozialsystem“ – und in unserem Fall auch nicht so hohen Stan­dards im Gesundheitssystem –; „die Europäer haben“ dagegen „großzügige Sozial­staaten“ und sehr hohe Standards im Gesundheitssystem „geschaffen, die sie aber nicht mit Außenstehenden teilen […] können“. – So viel zu den Diskussionen, die wir heute schon den ganzen Tag hier führen.

Was die Ausbildung syrischer Ärzte betrifft, so haben Sie richtig gesagt, Frau Minister: Das kann nicht nur für die Syrer gelten oder für eine bestimmte Bevölkerungs- oder Staatengruppe. Ich glaube, bei dieser Thematik, die natürlich auch eine schwierige ist, sollte man mit der Ärztekammer dahin gehend diskutieren, die Approbationsordnung vielleicht zu verändern, sodass es möglicherweise auch schneller geht als heute; aber das System aufzuweichen nur aufgrund einer Anlassgesetzgebung, das finden wir nicht richtig.

Eines muss in diesem Zusammenhang auch noch gesagt werden: Es ist ein unge­schriebenes Gesetz, aber Mitglieder des Gesundheitssystems eines Staates, eines Landes, Mitglieder der Ärzteschaft sollten sich, glaube ich, als Letzte auf den Weg machen, ein Land zu verlassen. Es ist vollkommen falsch, dass wir durch falsche An­reize die Emigration von Ärzten aus diesen Ländern forcieren und auf der anderen Seite teure NGOs hinschicken, die dann die Bevölkerung versorgen müssen, weil diese Staaten kein funktionierendes Sozial- und Gesundheitssystem und vor allem keine Ärzte mehr haben. (Beifall bei der FPÖ.)

20.55


Präsident Karlheinz Kopf: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Fichtinger. – Bitte.

 


20.55.32

Abgeordnete Angela Fichtinger (ÖVP): Herr Präsident! Sehr geehrte Frau Ministerin! Hohes Haus! Die medizinische Versorgung der Menschen muss in Österreich weiterhin eines der obersten Gebote sein. Wir müssen dafür sorgen, dass kranke Menschen – egal, welchen Alters, egal, woher sie kommen und wo sie wohnen, ob in der Stadt oder auf dem Land – bestmöglich betreut werden.

Herr Kollege Loacker, ich bin so eine Bürgermeisterin, die am Land für eine Gemeinde verantwortlich ist, und wir wissen: Die Herausforderungen werden immer größer. Der Bürgermeister ist heute zuständig für die Nahversorgung, für den Bildungsbereich, für den Kinderbetreuungsbereich, dafür, dass es einen Wirt in der Gemeinde gibt, aber natürlich auch, dass es eine Gesundheitsversorgung gibt. Es ist wirklich ein Problem, dass oft Arztpraxen ausgeschrieben werden und sich niemand meldet.

Ich darf ein Beispiel aus meiner Nachbargemeinde erzählen: Der Arzt war ganz plötz­lich gestorben, seine Praxis hatte er in seinem eigenen Wohnhaus. Der Bürgermeister


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll123. Sitzung / Seite 286

hat natürlich sofort versucht, einen Nachfolger zu finden. Dieser hat gesagt: Nur, wenn es dort auch eine Hausapotheke gibt. Die hatte der vorige Arzt auch schon. Der Neue hat gesagt, er wird diese Praxis übernehmen. Jetzt war das Problem, dass diese Praxis des Vorgängers nicht mehr verwendet werden konnte. Daher hat die Gemeinde ein Haus gekauft und wollte dort die Praxis installieren. Aber es hat sich herausgestellt, dass diese Praxis nicht sechs Kilometer entfernt ist, sie war am anderen Ende des Ortes. Wie erklären Sie jetzt dem Bürger, dass das nicht mehr möglich ist? Das ver­steht dort draußen keiner, warum die Bürokratie so kompliziert und so unverständlich ist.

Inzwischen haben sie zwei Container auf der anderen Seite des Ortes aufgestellt, und in vierzehn Tagen wird der Arzt seine Ordination wieder aufnehmen. Sie haben natürlich in Zukunft die Möglichkeit, das Haus, das sie ursprünglich gemeint haben, zu verwenden, weil diese Entfernung, die vorher vorgegeben wurde, nicht mehr notwendig ist. (Präsident Hofer übernimmt den Vorsitz.)

Es gibt also diese speziellen Fälle. Wir wissen durchaus, dass die neue Regelung kein Allheilmittel ist und dass nicht alle unbedingt darüber glücklich sind. Trotzdem ist es unsere Verpflichtung, dass wir uns darum kümmern, dass wir Ärzte finden, dass wir Anreize schaffen, dass sie aufs Land gehen, dass sie ihre Familien mitnehmen können und dass diese Familien auch dableiben möchten.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Medizinische Versorgung muss weiterhin für alle Bürgerinnen und Bürger zugänglich sein. Wir müssen gemeinsam daran arbeiten, für die österreichische Bevölkerung immer wieder das Beste herauszuholen. – Danke. (Beifall bei der ÖVP sowie des Abg. Franz.)

20.58


Präsident Ing. Norbert Hofer: Zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Doppler. – Bitte.

 


20.59.04

Abgeordneter Rupert Doppler (ohne Klubzugehörigkeit): Herr Präsident! Hohes Haus! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Änderung des Apothekengesetzes, Kriterien für Genehmigung von Hausapotheken werden geändert – mit dieser Geset­zesnovelle leistet man einen großen Beitrag für die allgemeine medizinische Ver­sorgung vor allem im ländlichen Raum, das haben wir schon gehört. Es muss uns ein großes Anliegen sein, dass der ländliche Raum gestärkt wird, und ich glaube, das ist uns auch allen ein großes Anliegen.

Man muss auch bedenken, dass viele ältere, chronisch kranke Menschen oft kein Auto haben, die öffentlichen Verkehrsanbindungen sind schlecht – Herr Kollege Dr. Rasin­ger hat es bereits angesprochen –, und wenn es eine Novelle dieses Gesetzes gibt, ist das für viele eine Erleichterung, wenn für sie in der Nähe eine Apotheke bei ihrem Hausarzt ist. 

Ich bin aber schon überzeugt davon – wie Frau Dr. Belakowitsch-Jenewein es auch angesprochen hat –, dass das Nachfolgerproblem damit in keiner Weise gelöst wird. Wichtig ist es sicher auch in Zukunft – das wissen wir alle, meine sehr geehrten Damen und Herren, das hat jetzt auch die Frau Bürgermeisterin angesprochen –, dass es natürlich Rahmenbedingungen für die Hausärztinnen und Hausärzte geben muss, vor allem finanzieller, aber auch arbeitsrechtlicher Natur, denn es ist wichtig, dass der Hausarzt, die Hausärztin nicht rund um die Uhr beschäftigt sein kann. Das ist ganz, ganz wichtig, meine sehr verehrten Damen und Herren.

Für die Versorgung der Menschen im ländlichen Raum brauchen wir unsere Haus­ärztinnen und Hausärzte, und deshalb brauchen wir auch diese Erleichterung in die-


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll123. Sitzung / Seite 287

sem Gesetz, damit den Menschen geholfen werden kann. Herzlichen Dank. (Beifall bei der FPÖ sowie der Abg. Schenk.)

21.00


Präsident Ing. Norbert Hofer: Als Nächster gelangt Herr Abgeordneter Singer zu Wort. – Bitte.

 


21.00.54

Abgeordneter Johann Singer (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Frau Bundes­minister! Viele meiner Vorrednerinnen und Vorredner haben diese Änderung des Apo­thekengesetzes bereits begrüßt und natürlich auch entsprechend argumentiert.

Auch ich bin vielfach von der betroffenen Bevölkerung und natürlich auch von Bürger­meisterinnen und Bürgermeistern angesprochen worden. Herr Kollege Loacker! Grund­lage des Engagements der Bürgermeisterinnen und Bürgermeister ist nicht ein ge­wisses Kirchturmdenken (Abg. Loacker: Manchmal vielleicht doch!), sondern es ist die Sorge und die Aufgabenstellung für ihre Bevölkerung. Es geht einfach um die künftige Arzneimittelversorgung und es geht auch darum, dass die Sicherung der medizini­schen Nahversorgung gewährleistet ist.

Von vielen meiner Vorredner wurde es schon angesprochen, es geht vor allem um alte Menschen, es geht um pflegebedürftige Menschen, es geht um Familien mit Kindern und es geht natürlich auch um Menschen, die auf öffentliche Verkehrsmittel ange­wiesen sind.

Ich darf das wirklich ganz klar sagen: Es ist ein Unterschied, ob ich, so wie in Wien, ein dichtes Netz an öffentlichen Verkehrsmitteln zur Verfügung habe oder im ländlichen Raum zwei- bis dreimal am Tag die Möglichkeit habe, ein Verkehrsmittel zu nutzen. Dass sich 16 Gemeinden zusammengeschlossen haben, wie das in Oberösterreich der Fall war, das kommt nicht von ungefähr, sondern von einer Sorge um die Zukunft in diesem Bereich. Ich bedanke mich daher bei allen, die beim Zustandekommen dieser Gesetzesänderung mitgewirkt haben. Ich sage aber gleichzeitig auch, dass noch nicht für alle Gemeinden eine entsprechende Lösung gefunden werden konnte.

Sehr geehrte Damen und Herren, ich halte bei der flächendeckenden Arzneimittel­ver­sorgung nichts von einem Entweder-oder, das heißt, öffentliche Apotheken auf der einen Seite und ärztliche Hausapotheken auf der anderen Seite. Aufgrund unserer Flächenstruktur, vor allem auch mit großen ländlichen Räumen, ist die Kombination von öffentlichen Apotheken und Hausapotheken gerechtfertigt. Was ich schon glaube, ist, dass es eine Möglichkeit gibt, dass die Zusammenarbeit zwischen den Haus­apo­theken und den öffentlichen Apotheken verstärkt werden kann, damit auch die Gesamt­situation verbessert wird, klar mit dem Ziel, die österreichische Bevölkerung, und vor allem alle Bevölkerungsgruppen, bestmöglich mit Arzneimitteln zu versorgen. – Herz­lichen Dank. (Beifall bei der ÖVP.)

21.03


Präsident Ing. Norbert Hofer: Als Nächster gelangt Herr Abgeordneter Dr. Franz zu Wort. – Bitte.

 


21.03.48

Abgeordneter Dr. Marcus Franz (ohne Klubzugehörigkeit): Herr Präsident! Frau Minister! Hohes Haus! Zu den Apotheken: Grundsätzlich ist es sinnvoll, dass es eine Trennung zwischen Apotheke und Arzt gibt – das hat Kaiser Friedrich II. schon im 13. Jahrhundert so eingeführt, das war das berühmte oder vielleicht auch ein bisschen in der Mythologie verankerte Edikt von Salerno. Das kann man gerne nachlesen – Herr Professor Töchterle weiß es sicher auswendig.


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Grundsätzlich ist es also sinnvoll, das zu trennen, aber wir haben mit diesem neuen Gesetz einen absolut guten Kompromiss im Sinne der Patienten, dem ich vollinhaltlich zustimme, denn man muss natürlich daran denken, wie die Leute am Land versorgt sind. Kollege Rasinger hat das wirklich im Detail ausgeführt, und mehr ist dazu eigent­lich nicht mehr zu sagen – außer dass ich auch für eine Möglichkeit bin, Ärzte bei Ärzten anstellen zu können.

Ich glaube, das ist die Zukunft und in diese Richtung sollte man unbedingt gehen. Das kann alles miteinschließen, inklusive Ärzte-GesmbHs – wobei man, glaube ich, immer eine Trennung einziehen muss, damit das nicht industrialisierte Großbetriebe, Groß­ketten werden, die dann die Medizin in einer kapitalistischen Art und Weise ausufern lassen. Das wäre nicht im Sinne der Ärzte.

Womit wir bei den Ärzten sind. Kollege Loacker, Kollegin Mückstein, ich schätze euch sehr, aber ich orte da immer ein bisschen ein Ärztebashing, wenn es um diese Themen geht. Als ob Ärzte nur deswegen Ärzte sind oder Ärzte werden, weil sie gut verdienen, egal ob im Bregenzer Wald oder in Wien. Das stimmt so nicht! (Abg. Loacker: … wenn es ums Geld geht!) Ein Arzt kann nur dann gut verdienen, wenn er eine gute Patientenversorgung anbietet, und das ist das höchste Ziel jedes Arztes. Ich glaube, es gibt keinen Arzt, der das Börserl an oberste Stelle seiner Interessen stellt, denn dann hat er seinen Beruf verfehlt. Da nehme ich alle Kollegen pauschal in Schutz, dafür stehe ich!

Zum Antrag der Grünen: Bitte nicht böse sein, ihr seid immer gegen jede Form der Diskriminierung, alles muss gleich sein – und was macht ihr mit diesem Antrag? Das ist eine positive Diskriminierung der syrischen Kollegen, auch wenn die noch so gut sind. Es gibt syrische Ärzte, die sind gut, die kenne ich selber. Aber man kann ja nicht hergehen und sagen, eine Menschengruppe, eine Ethnie, die nehme ich jetzt und gebe ihr eine bevorzugte Behandlung in Österreich – und sauge diese, wie der Kollege Karlsböck richtig festgestellt hat, womöglich noch aus Syrien aus Gebieten ab, die ohnedies schon unterversorgt oder vielleicht gar nicht versorgt sind.

Das ist etwas, das ich nicht nachvollziehen kann, dass man das in irgendeiner Weise argumentieren kann. (Abg. Mückstein: Wenn das so großes Thema ist, …!) Also da bin ich strikt dagegen, und ich glaube, das lehnen wir ohnedies mehrheitlich ab. – Danke schön. (Beifall bei der ÖVP sowie der Abg. Schenk.)

21.06


Präsident Ing. Norbert Hofer: Als Nächster gelangt Herr Abgeordneter Gahr zu Wort. – Bitte, Herr Abgeordneter.

 


21.06.23

Abgeordneter Hermann Gahr (ÖVP): Herr Präsident! Frau Bundesminister! Ge­schätzte Kolleginnen und Kollegen! Ich glaube, die Debatte hat gezeigt, es gibt Unterschiede, was den Zugang zu dieser Hausapothekenregelung oder zum Apothekengesetz betrifft. Erwin Rasinger hat ganz klar gesagt, der Bürger, der Patient steht im Mittelpunkt.

Für mich scheint eines ganz wichtig zu sein: Österreich ist ein Land mit unter­schied­lichen Gegebenheiten. Wir haben Gunstlagen, und wir haben Lagen und Gebiete, wo man mit Abwanderung zu kämpfen hat und wo es große Entfernungen gibt.

In den Gunstlagen und bei uns in den Tourismuslagen haben wir überhaupt kein Prob­lem, einen Arzt zu finden, da ist das ohne Weiteres möglich, aber es gibt Gebiete – das haben die letzten Jahre gezeigt –, wo man ausgeschrieben hat und sich niemand beworben hat. Mir ist ganz klar, dass die Hausapotheke alleine nicht die nötigen


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Anreize im Gesamten bringen wird. Kollegin Belakowitsch-Jenewein hat es ja ausge­führt, und ich stimme ihr da vollkommen zu, wir brauchen noch weitere Maßnahmen, um halbwegs attraktive Rahmenbedingungen zu schaffen und eben junge Ärzte auf das Land zu bringen.

Das Beispiel des Kollegen Keck zeigt, wie wichtig es ist, dass man in einem Notfall einerseits den Arzt in Anspruch nehmen kann und andererseits gleich auch die Medikamente beigestellt bekommt. Ich glaube, das ist durchaus eine praktikable Lö­sung. Mit dem heutigen Beschluss machen wir eines: Wir haben ein Paket, mit dem wir 850 solcher Landarztpraxen mit Hausapotheken erhalten wollen. Fakt ist, es wurden 150 Hausapotheken zugesperrt, 150 Apotheken geöffnet, es hat da also in den letzten Jahren eine gewisse Verschiebung gegeben.

Fakt ist aber auch: Wir entsprechen heute mit dieser Regelung den vielen Petitionen und Bürgerinitiativen, die in den letzten Jahren von den Gemeinden, von den Bürger­meistern entgegengenommen wurden, wir kommen diesem Auftrag und diesem Wunsch nach. Ich möchte mich vor allem bei der Frau Bundesminister, den Gesund­heitssprechern und allen, die dazu beigetragen haben, diesen sinnvollen und vernünf­tigen Kompromiss auszuarbeiten, sodass wir heute dieses Gesetz beschließen kön­nen, bedanken. Es ist im Sinne der Bürger der ländlichen Regionen, es ist im Sinne von Menschen, die eine Benachteiligung haben, die nicht so mobil sind.

Ich glaube, insgesamt sollten wir uns überlegen, dass es unser Ziel sein muss, dass wir sowohl in städtischen, urbanen Bereichen, aber auch in ländlichen Regionen allen Bürgern die medizinische und medikamentöse Versorgung in bestmöglicher Qualität anbieten können. Einen Schritt kommen wir dem heute näher. Vielen Dank. (Beifall bei der ÖVP.)

21.09

21.09.20

 


Präsident Ing. Norbert Hofer: Zu Wort ist dazu niemand mehr gemeldet. Die Debatte ist geschlossen.

Wünscht der Herr Berichterstatter ein Schlusswort? – Das ist nicht der Fall.

Wir kommen zur Abstimmung, die ich über jeden Ausschussantrag getrennt vor­nehme.

Wir gelangen nun zur Abstimmung über Tagesordnungspunkt 17: Entwurf betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Apothekengesetz geändert wird, samt Titel und Eingang in 1089 der Beilagen.

Ich ersuche jene Damen und Herren, die für diesen Gesetzentwurf sind, um ein Zeichen der Zustimmung. – Das ist mit Mehrheit angenommen.

Wir kommen sogleich zur dritten Lesung.

Ich bitte jene Damen und Herren, die dem vorliegenden Gesetzentwurf auch in dritter Lesung ihre Zustimmung erteilen, um ein diesbezügliches Zeichen. – Auch das ist die Mehrheit. Der Gesetzentwurf ist somit in dritter Lesung angenommen.

Wir gelangen jetzt zur Abstimmung über Tagesordnungspunkt 18: Antrag des Ge­sund­heitsausschusses, seinen Bericht 1090 der Beilagen zur Kenntnis zu nehmen.

Ich bitte jene Damen und Herren, die hiezu ihre Zustimmung geben, um ein ent­sprechendes Zeichen. – Das ist mehrheitlich angenommen.


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll123. Sitzung / Seite 290

21.10.1519. Punkt

Bericht des Gesundheitsausschusses über den Antrag 1617/A der Abgeordneten Erwin Spindelberger, Dr. Erwin Rasinger, Kolleginnen und Kollegen betreffend Bundesgesetz über die Abwicklung des Krankenanstalten-Zusammen­arbeits­fonds (KRAZAF-Abwicklungsgesetz) (1091 d.B.)

20. Punkt

Bericht des Gesundheitsausschusses über den Antrag 1577/A(E) der Abgeord­neten Dr. Dagmar Belakowitsch-Jenewein, Kolleginnen und Kollegen betreffend Stopp der Säuberungswelle im Wiener Gesundheitswesen (1092 d.B.)

 


Präsident Ing. Norbert Hofer: Wir kommen nun zu den Punkten 19 und 20 der Tagesordnung, über welche die Debatte unter einem durchgeführt wird.

Auf eine mündliche Berichterstattung wurde verzichtet.

Als Erster zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Dr. Karlsböck. – Bitte.

 


21.10.52

Abgeordneter Dr. Andreas F. Karlsböck (FPÖ): Herr Präsident! Frau Minister! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Wir besprechen hier zwei Gesetzesvorlagen, ich beziehe mich auf den Tagesordnungspunkt 20 mit dem negativ ausgefallenen Bericht betreffend Stopp der Säuberungswellen im Wiener Gesundheitswesen.

Wir haben da schon lange darüber gesprochen. Wir haben in den letzten Plenar­debat­ten erwähnt, was hier passiert ist. Ich glaube, ich muss die Geschichte um den Arzt Dr. Rainer nicht wiederholen, der versucht hat, eine eigene Gewerkschaft auf die Beine zu stellen, und dann massive Probleme bekommen hat.

Die Dauervertragskommission der Stadt Wien hat ihm, obwohl er die besten Benotun­gen bekommen hat, für den positiven Umgang mit seinen Kollegen bekannt ist, fachlich und dergleichen sehr ausgezeichnet ist und die Abteilung, in der er gearbeitet hat – die weltweit als sehr gut, als führend in der Behandlung von Lungenerkrankungen gilt –, 15 neue Dienststellen benötigt und auch ausgeschrieben hat, gekündigt. Das war die sogenannte Dauervertragskommission, aber die ist leider ausschließlich, wie man den Eindruck hat, ein linientreues Gremium und kommt einem Parteiorgan der Sozialdemo­kratischen Partei Wiens gleich. Man tritt dort also gegen einen sehr mächtigen Gegner an, der die eigenen Interessen manchmal vor die Bedürfnisse und das Wohl des Patien­ten stellt. – So hat man zumindest den Eindruck.

Frau Minister, wir haben auch schon ersucht, dass Sie Ihren Einfluss als Parteimitglied der Wiener SPÖ geltend machen und – bevor die Gerichte entscheiden – in diesem speziellen Fall eine Änderung einleiten. Wir würden jetzt darüber gar nicht viel diskutieren, wenn letzte Woche nicht neue Dinge dazugekommen wären (Abg. Vogl: Hast ja schon eingebracht!), nämlich mit der sogenannten Mystery-Shopping-Verord­nung. Das von der Krankenkasse forcierte Mystery Shopping stellt Ärzte wie Patienten mehr oder weniger unter Generalverdacht des Betruges und belastet das Arzt-Patienten-Verhältnis massiv; es ist unserer Meinung nach ein inakzeptabler Eingriff in rechtsstaatliche Grundlagen, der sofort beendet werden soll.

Die in der Sitzung der Trägerkonferenz der Sozialversicherung beschlossenen Richt­linien zur Durchführung, Dokumentation und Qualitätssicherung des Mystery Shoppings erinnern tatsächlich an alte DDR-Zeiten, als man ohne Skrupel Menschen ausspioniert und denunziert hat. Verstehen Sie mich nicht falsch: Natürlich gibt es schwarze Schafe in jedem Berufsstand, und das gibt es natürlich auch in der Ärzteschaft. Dieses Gesetz


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soll aber nicht nur die Ärzte ausspionieren, sondern auch Krankenanstalten, Apotheker und das gesamte Gesundheitssystem.

Es ist daher nachvollziehbar, dass jetzt vor allem die Vertreter der Ärztekammer im Mystery Shopping den unwiderruflichen Vertrauensbruch in der Beziehung zwischen Arzt und Patienten verorten und den Gang zum Verfassungsgerichtshof angedroht haben. Auch wir Freiheitlichen sind überzeugt, dass da ein Verfassungsbruch vorliegt, zumal anerkannte Verfassungsjuristen wie etwa Heinz Mayer zum Schluss kommen, dass die Krankenkassen ohne Anfangsverdacht einen Lockspitzel in die Ordination schicken können. In einer OTS-Aussendung heißt es:

„Wenn Ärztinnen und Ärzte nicht mehr sicher sein könnten, ob ihnen Patienten oder Schauspieler, die die Sozialversicherung als Testpatienten engagieren will, mit gefak­ten E-Cards gegenüberstehen, bedeute das nicht nur zusätzliche Untersuchun­gen sowie ‚Sicherheitsüberweisungen‘ an Spezialisten – und damit eine zusätzliche Belas­tung für die Patienten –, sondern es werde auch den Steuerzahlern ‚eine Menge zusätzliches Geld kosten‘.“

Weiters: „Zu einem ähnlichen Ergebnis kommt auch Alois Birklbauer vom Institut für Strafrecht an der Uni Linz. Er verweist in seinem Gutachten darauf, dass verdeckte Ermittler auch im Bereich des Straf- und Sicherheitspolizeirechts nur bei einem Anfangsverdacht und einer bestimmten Mindestschwere einer Straftat eingesetzt werden dürfen. Wenn verdeckte Ermittlungen nun auch ärztliche Qualitätskontrollen umfassten, sei diesen Prinzipien nicht hinreichend entsprochen. Ähnlich wie Mayer betont auch Birklbauer, dass verdeckte Ermittler keine Tat provozieren dürften.“

Wir werden uns natürlich gegen dieses Gesetz der Kassenspitzel wehren. Es kann wirklich nicht sein, dass der Einsatz von Spitzeln, der im öffentlichen Bereich sonst nur in einem klaren rechtsstaatlichen Verfahren zulässig ist, die Bespitzelung von Ärztin­nen, Ärzten, Apothekern und Krankhauspersonal sowie Patienten aber jeder Abtei­lungsleiter der kontrollierenden Stelle anordnen darf.

Freiheit ist ein hohes Gut, daher ist es zu wenig, ständig nur das Einsparungspotenzial zu betonen. Schließlich hat auch Metternich mit seinem Spitzelstaat für Ordnung und Effizienz gesorgt, und Metternich ist nur eine abgeschwächte Variante all derer, die dann später gekommen sind.

Ich bringe deshalb folgenden Antrag ein:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Dr. Andreas F. Karlsböck, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Mystery Shopping“ durch Sozialversicherung

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesregierung, insbesondere die Bundesministerin für Gesundheit, wird aufge­fordert, dem Nationalrat eine Regierungsvorlage zuzuleiten, die den in seiner jetzigen Formulierung von Verfassungsjuristen als verfassungswidrig beurteilten § 32a ASVG dahingehend abändert, dass diese Verfassungswidrigkeit und der Eingriff in fundamen­tale Grundlagen des Rechtsstaates saniert wird.“

*****

Danke. (Beifall bei der FPÖ sowie des Abg. Franz.)

21.16



Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll123. Sitzung / Seite 292

Präsident Ing. Norbert Hofer: Der Entschließungsantrag ist ausreichend unterstützt, ordnungsgemäß eingebracht und steht mit in Verhandlung.

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:

Entschließungsantrag

des Abgeordneten Dr. Andreas Karlsböck und weiterer Abgeordneter

betreffend „Mystery Shopping“ durch Sozialversicherung

eingebracht in der 123.Sitzung des Nationalrates am 27.04.2016 im Zuge der Debatte über den Tagesordnungspunkt 20: Bericht des Gesundheitsausschusses über den Antrag 1577/A(E) der Abgeordneten Dr. Dagmar Belakowitsch-Jenewein, Kolleginnen und Kollegen betreffend Stopp der Säuberungswelle im Wiener Gesundheitswesen (1092 d.B.)

Schwerwiegende Auswirkungen auf Ärzte und Patienten befürchtet – Steinhart: „Wir werden Gang zum Verfassungsgerichtshof antreten“

Wien (OTS) - Es ist ein Vertrauensbruch in der Beziehung zwischen Arzt und Patient, der heute politisch genehmigt wird: Die Sozialversicherung hat in der heutigen Sitzung der Trägerkonferenz Richtlinien für die Durchführung, Dokumentation und Qualitäts­siche­rung des „Mystery Shoppings“ erlassen. „Es ist dies ein Beschluss, der an alte DDR-Zeiten erinnert. Die Sozialversicherung, das heißt der Österreichische Gewerk­schaftsbund und die Wirtschaftskammer, haben heute den Spitzelstaat in Österreich genehmigt“, betont Thomas Szekeres, Präsident der Wiener Ärztekammer. Auch für Johannes Steinhart, Obmann der Kurie niedergelassene Ärzte und Vizepräsident der Ärztekammer für Wien sowie der Österreichischen Ärztekammer, bedeutet „Mystery Shopping“ in Arztordinationen den „unwiderruflichen Vertrauensbruch in der Beziehung zwischen Arzt und Patient“. Wenn Ärztinnen und Ärzte nicht mehr sicher sein könnten, ob ihnen Patienten oder Schauspieler, die die Sozialversicherung als Testpatienten engagieren will, mit gefakten E-Cards gegenüberstehen, bedeute dies nicht nur zusätzliche Untersuchungen sowie „Sicherheitsüberweisungen“ an Spezialisten – und damit eine zusätzliche Belastung für die Patienten -, sondern es werde auch den Steuerzahlern „eine Menge zusätzliches Geld kosten“, betont Steinhart. Schon derzeit könnten zahlreiche Kassenplanstellen nicht – oder nur nach mehrmaligem Ausschrei­ben – nachbesetzt werden. Steinhart gratuliert der österreichischen Sozialversiche­rung, den Beruf des Kassenarztes nun wieder um ein Stück unattraktiver gemacht zu haben. „Das ist schon eine bemerkenswerte Leistung“, ätzt Steinhart.

Gutachten unterstützen Rechtsweg

Die Ärztekammer bereitet nun die entsprechenden Schritte vor, um das „Mystery Shopping“ auch vor den Verfassungsgerichtshof zu bringen. Unterstützt wird der Rechtsweg bereits von zwei Gutachten, die der Regelung eindeutig Verfassungs­widrig­keit bescheinigen.

Der anerkannte Verfassungsrechtler Heinz Mayer kommt in seinem Gutachten zu dem Schluss, dass der entsprechende Paragraf 32a im ASVG und die auf dessen Basis nun erlassene Richtlinie "ohne Zweifel verfassungswidrig" seien. Begründet wird dies damit, dass die Krankenkassen ohne Anfangsverdacht einen Lockspitzel in die Ordi­nationen schicken könnten. Diese Lockspitzel dürften aber nicht so weit gehen, dass sie den Arzt zu einer Straftat verleiteten, so Mayer.

Zu einem ähnlichen Ergebnis kommt auch Alois Birklbauer vom Institut für Strafrecht der Uni Linz. Er verweist in seinem Gutachten darauf, dass verdeckte Ermittler auch im


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Bereich des Straf- und Sicherheitspolizeirechts nur bei einem Anfangsverdacht und einer bestimmten Mindestschwere einer Straftat eingesetzt werden dürften. Wenn ver­deckte Ermittlungen nun auch ärztliche Qualitätskontrollen umfassten, sei diesen Prin­zipien nicht hinreichend entsprochen. Ähnlich wie Mayer betont auch Birklbauer, dass verdeckte Ermittler keine Tat provozieren dürften.

Steinhart appelliert nun „ein letztes Mal“ an die verantwortlichen Politiker, die Umset­zung der von Kassenfunktionären erstellten Richtlinien sofort zu stoppen. Ansonsten werde die Ärztekammer den Gang zum Verfassungsgerichtshof antreten, sowie einen entsprechenden Aktionsplan in den Ordinationen starten und sich auch bei Überschrei­tungen mit allen rechtlich zur Verfügung stehenden Möglichkeiten gegen die Kassen­spitzel wehren. „Es kann doch nicht sein, dass der Einsatz von Spitzel im öffentlichen Bereich sonst nur in einem klaren rechtsstaatlichen Verfahren zulässig ist, die Bespitzelung von Ärztinnen und Ärzten sowie Patienten aber jeder Abteilungsleiter der kontrollierenden Stelle anordnen darf.“ (lsd)

Entschließungsantrag

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesregierung, insbesondere die Bundesministerin für Gesundheit, wird aufge­fordert, dem Nationalrat eine Regierungsvorlage zuzuleiten, die den in seiner jetzigen Formulierung von Verfassungsjuristen als verfassungswidrig beurteilten  § 32a ASVG dahingehend abändert, dass diese Verfassungswidrigkeit und der Eingriff in funda­mentale Grundlagen des Rechtsstaates saniert wird.“

*****

 


Präsident Ing. Norbert Hofer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Ing. Vogl. – Bitte.

 


21.16.53

Abgeordneter Ing. Markus Vogl (SPÖ): Herr Kollege Karlsböck, ich möchte mich auch auf diesen Entschließungsantrag, den Sie eingebracht haben, beziehen. Ich kann aufgrund Ihrer Rede eigentlich keinen Zusammenhang erkennen, warum es jetzt neue Gründe gibt, die rechtfertigen, dass wir diesen Antrag schon wieder diskutieren.

Fakt ist, Sie haben einen gleichlautenden Antrag – wie so oft, bei vielen Themen – in mehrere Ausschüsse eingebracht, deshalb behandeln wir auch diesen Antrag bereits zum zweiten Mal hier im Plenum. Demokratiepolitisch ist das sicher in Ordnung. Gerade Sie predigen aber immer wieder die Verwaltungsvereinfachung. Was Sie hier betreiben, ist Beschäftigungspolitik, aus meiner Sicht auch sinnlose Beschäftigungs­politik für die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des Parlaments und auch für uns Abge­ordnete. Auch das kann man so, in dieser Deutlichkeit sagen. (Zwischenruf der Abg. Belakowitsch-Jenewein.)

Diese Verknüpfung der Kündigungsanfechtung von einem Arzt, dessen Vertrag nicht verlängert wurde, mit dem Thema Mystery Shopping, die kann ich nicht erkennen. Sie haben diesen Zusammenhang hergestellt, der kommt nicht von mir, den haben Sie in Ihrer Rede gebracht; ich kann das nicht nachvollziehen. (Abg. Belakowitsch-Jenewein: Schade!)

Ich habe es beim letzten Mal schon gesagt: Erstens gibt es keine Zuständigkeit, weder des Bundesministers für Soziales noch der Gesundheitsministerin, hier in diesem Fall etwas zu tun. Das zweite Thema ist die Sprache, die man wählt: Es werden hier Begriffe verwendet, und Sie haben gerade wieder die DDR-Methoden angesprochen,


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von denen ich mir denke, die haben vielleicht in einer sachlichen Diskussion nicht unbedingt etwas zu suchen.

Man kann hier natürlich darüber diskutieren, warum dieser Vertrag nicht verlängert worden ist. Ich verstehe es auch, dass dieser Arzt sich wehrt, und das ist sozusagen auch der Sinn des Rechtsstaates. Unsere Aufgabe ist es, dafür zu sorgen, dass die Instrumente zur Verfügung gestellt werden, und zu schauen, ob diese Instrumente wirken. Ich habe in dem ganzen Fall noch nichts erkannt, wozu man sagen muss, dass die Instrumente des Rechtsstaates nicht ausreichen, um die Interessen dieses Arztes zu schützen. Das wäre hier unsere Aufgabe.

Wenn Sie das erkennen, dann können wir hier gerne weiterdiskutieren. Ansonsten sehe ich keinen Bezug zum österreichischen Parlament, den Sie mit diesem Antrag hergestellt haben. (Beifall bei der SPÖ.)

21.18


Präsident Ing. Norbert Hofer: Als Nächste zu Wort gelangt Frau Abgeordnete Dr. Mückstein. – Bitte.

 


21.18.58

Abgeordnete Dr. Eva Mückstein (Grüne): Herr Präsident! Letzte Runde: Es gäbe allerdings noch sehr viel dazu zu sagen, denn ich habe auch erst jetzt den Ent­schließungsantrag der FPÖ zum Mystery Shopping gesehen und gleichzeitig auch jetzt erst die Richtlinie für die Durchführung.

Ich finde schon, dass das eigentlich eine äußerst bedenkliche Entwicklung ist, wenn Ärzte und Gesundheitsberufe, es sind ja nicht nur Ärzte und Ärztinnen betroffen, sondern es sind alle Gesundheitsberufe betroffen, die in einer Vertragsbeziehung mit der Krankenkasse stehen, unter Verdacht gestellt werden können.

Die Krankenkasse legt für sich fest, was ein begründeter Verdacht ist. Mich stört unter anderem dieser Absatz: „Begründeter Verdacht (…) besteht dann, wenn konkrete Informationen darauf hinweisen, dass eine rechts-, gesamt- bzw. einzelvertragswidri­ges Vorgehensweise (…) vorliegt.“

Was dann alles erlaubt sein soll? – Es können Patienten angerufen werden, es können Prüfpersonen eingesetzt werden, es kann eine Nachbegutachtung geben, es können die MitarbeiterInnen befragt werden und Ähnliches.

Meines Erachtens sind diese Durchführungsbestimmungen so, dass da der betroffene Arzt, die betroffene Ärztin oder Angehörige der Gesundheitsberufe keinerlei Rechts­mittel haben, um sich dagegen zu wehren, und alleine das ist schon eine völlig unbe­friedigende Situation.

Auch wenn Testkäufer zum Beispiel in einer Apotheke oder anderswo zugelassen sind, denke ich: Das Vertrauensverhältnis, das notwendig ist, um ein gutes Behandlungs­setting aufbauen zu können, ist Bestandteil einer ärztlichen Behandlung oder einer Behandlung durch Vertreter anderer Gesundheitsberufe. Dieses Vertrauensverhältnis darf eigentlich nicht infrage gestellt werden.

So wie die Durchführungsbestimmungen konzipiert sind, müsste eigentlich jeder, der in einem Gesundheitsberuf tätig ist, mit dem Tonband in der Ordination sitzen und sich immer vergegenwärtigen, dass all das, was in der Ordination gesagt wird, letztlich auch von ihm nachgewiesen und bewiesen werden muss.

Dann noch zur Überführung des KRAZAF in die Bundesgesundheitsagentur: Dem werden wir nicht zustimmen, das ist aus unserer Sicht eine etwas dubiose Angele­genheit. 1,2 Millionen € sollen hier der Bundesgesundheitsagentur zugeführt werden, weil der KRAZAF aufgelöst wird. Das Geld soll der Palliativ- und Hospizmedizin


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zukom­men. Dabei haben wir gesagt beziehungsweise war es auch die Empfehlung der Enquete-Kommission, dass 18 Millionen € für 2016 und 2017 bereitzustellen sind. Das wäre also nur ein Tropfen auf den heißen Stein.

Was besonders bedenklich ist: Es gibt eine Rechtsansicht beziehungsweise die nicht unwahrscheinliche Vermutung, dass auch eine KRAZAF-Lücke besteht, dass nämlich der KRAZAF die Länder und Gemeinden nicht entsprechend ausgezahlt hat. Das war zum Zeitpunkt, als es zur Umstellung zum LKF-System kam.

Hainburg hat in einem Verfahren beim OLG recht bekommen, und diese Entscheidung könnte bedeuten, wenn das ausjudiziert wird, dass 1,3 Milliarden € fällig werden, die die Gemeinde und Länder nachfordern könnten. Ich finde es eigentlich nicht in Ordnung, dass man jetzt dem KRAZAF die finanzielle Substanz entzieht, bevor es zu einer letztgerichtlichen Entscheidung kommt, die Gemeinden oder Länder begünstigen könnte.

Zur Frage Rainer beziehungsweise Asklepios. Wir werden dem FPÖ-Antrag nicht zustimmen, obwohl diese Vorgänge natürlich eine recht schräge Optik erzeugen. Aus unserer Sicht ist es so, dass ohnehin die Arbeits- und Sozialgerichte sich damit beschäftigen werden. Diese Frage liegt auch in der Zuständigkeit der Länder.

Außerdem habe ich mir vorgenommen – ich sage es heute zum zweiten Mal –, in Zukunft auf die Wortwahl der FPÖ wirklich sensibel zu reagieren und das auch in die Debatte miteinzubeziehen. Auch in diesen Antrag ist eine völlig überzogene und total aggressive Wortwahl eingeflossen, die mit dieser Sache nichts zu tun hat und dort auch nicht hingehört. (Beifall bei den Grünen sowie des Abg. Loacker.)

21.24


Präsident Ing. Norbert Hofer: Als Nächste gelangt Frau Abgeordnete Mag. Aubauer zu Wort. – Bitte.

 


21.24.07

Abgeordnete Mag. Gertrude Aubauer (ÖVP): Herr Präsident! Frau Bundesminister! Hohes Haus! Geschätzte Frau Kollegin Mückstein, ich bin ganz bei Ihnen: Wir brauchen eine faire Regelfinanzierung für den Hospizbereich, jawohl. Aber jeder Euro, der schwerkranken Menschen zugutekommt, ist doch ein gewonnener Euro. Deshalb wollen wir jetzt die Möglichkeit nutzen, Geld für die Hospiz- und Palliativversorgung zu lukrieren.

Konkret geht es darum, übriggebliebene Mittel aus dem KRAZAF, dem Kranken­anstalten-Zusammenarbeitsfonds für Hospiz- und Palliativbetreuung zur Verfügung zu stellen. Es wäre schön, wenn auch Sie dem zustimmen könnten.

Worum geht es? – In aller Kürze: Der KRAZAF wird aufgelöst. Jetzt soll ein eigenes Abwicklungsgesetz langjährige Rechtsstreitigkeiten eben gerade vermeiden und Rechtssicherheit bringen. Im Fonds bleiben voraussichtlich rund 800 000 € übrig – Geld, das noch kein Mascherl hat. Und das wollen wir jetzt so schnell wie möglich für Palliativ- und Hospizversorgung widmen und verwenden.

Ich betone: Das hat nichts mit der notwendigen, dauerhaften Finanzierung dieses Bereiches zu tun. Wir haben ja hier im Nationalrat alle gemeinsam beschlossen, dass die Finanzierung auch jetzt in den laufenden Finanzausgleichsverhandlungen erfolgen soll, und genau das ist im Laufen. Am Geld darf und wird es in den Finanz­ver­handlungen nicht scheitern. Kein Mensch darf in Österreich am Ende seines Lebens alleingelassen werden.

Die Koordinierung des Ausbaus der Hospiz- und Palliativversorgung – auch laut den Empfehlungen des Nationalrates – übernimmt ja ein Hospiz- und Palliativforum, das


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derzeit im Aufbau ist. Erfreulich: Die Arbeiten sind in vollem Gange. Schön ist auch, dass zwei höchst kompetente Persönlichkeiten dieses Hospizforum leiten werden – ehrenamtlich.

Frau Bundesminister Oberhauser und der Herr Sozialminister haben ja vor Kurzem Frau Waltraud Klasnic, die Vorsitzende des Dachverbandes HOSPIZ Österreich, sowie die Expertin und langjährige Fachärztin Elisabeth Pittermann für diese ganz verant­wortungsvolle Aufgabe ernannt. Ich darf beiden hervorragenden Persönlichkeiten herzlich dafür danken, dass sie diese Verantwortung für uns und für uns alle überneh­men wollen. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der SPÖ.)

Was bedeutet das jetzt? – Das bedeutet, dass diese beiden kompetenten Persön­lichkeiten jetzt darangehen, unsere Empfehlungen der Enquete-Kommission zur „Würde am Ende des Lebens“ umzusetzen. Das ist das Entscheidende. Salopp gesagt, es geht etwas weiter. Wir werden damit unserem Ziel wieder einen Schritt näher­kommen, dass allen Menschen in Österreich adäquate Schmerzlinderung, Versorgung, Zuwendung am Ende des Lebens zugängig sein muss. – Danke. (Beifall bei der ÖVP.)

21.27


Präsident Ing. Norbert Hofer: Als Nächster zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Mag. Loacker. – Bitte.

 


21.27.45

Abgeordneter Mag. Gerald Loacker (NEOS): Herr Präsident! Sehr geehrte Frau Bundesministerin! Hohes Haus! Frau Kollegin Aubauer, zufällig sind die zwei Persön­lichkeiten eine schwarze und eine rote Persönlichkeit, wie sich das gehört in dieser Republik. (Heiterkeit bei den NEOS sowie der Abg. Belakowitsch-Jenewein.)

Dass das Geld aus dem KRAZAF für die Palliativversorgung verwendet wird, ist, wie Sie gesagt haben, gut und recht; aber in Wirklichkeit haben Sie da einen Deckmantel gesucht, um eine ganz üble Geschichte weniger angreifbar zu machen. Worum geht es? – Der seit 20 Jahren stillgelegte KRAZAF wird jetzt abgeschafft. Und was ist der Anlass dafür? – Es gibt noch Gemeinden, denen aus dem KRAZAF noch einige Millionen Euro zustehen. Eine Gemeinde ficht das jetzt vor Gericht erfolgreich durch. Andere Gemeinden haben zugewartet und gesagt: Jetzt schauen wir einmal, was die da erstreiten, und wenn es klappt, klagen wir auch. – Damit die anderen jetzt nicht auch erfolgreich ihr Geld einklagen können, wird der KRAZAF jetzt ausgeräumt, und dann kann man sich bei einem leeren Fonds leider, leider nicht mehr bedienen.

Wenn das ein Unternehmer machen würde, würde er zu Recht zur Verantwortung gezogen, aber da macht man es. Und da frage ich mich: Wo sind jetzt die Bürger­meisterinnen und Bürgermeister, die vorher beim Tagesordnungspunkt Medikamenten­ver­sorgung und Apothekengesetz noch die Tränen in den Augen gehabt haben? – Mit dem Geld, das den Gemeinden da entgeht, können Sie jahrelang Medikamente mit dem Taxi zustellen. Es ist leider eine Doppelmoral, mit der Sie heute hier argumen­tieren! (Beifall bei den NEOS.)

21.29


Präsident Ing. Norbert Hofer: Zu einer Stellungnahme zu Wort gemeldet hat sich Frau Bundesministerin Dr. Oberhauser. – Bitte, Frau Bundesministerin.

 


21.29.21

Bundesministerin für Gesundheit Dr. Sabine Oberhauser, MAS: Herr Präsident! Werte Kolleginnen! Werte Kollegen! Mit dem KRAZAF, den wir hier auflösen, versuchen wir, wie Sie gesagt haben, oder wie du es gesagt hast, einen 20 Jahre alten Rechtsstreit zu lösen, und zwar einen Rechtsstreit zwischen der öffentlichen Hand.


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Was die Politik jetzt macht, ist: Sie übernimmt Verantwortung und sagt einfach, jetzt schauen wir einmal, dass wir das wirklich bereinigen. Geld bleibt in dem Fonds über, das haben wir gesagt. Das ist dieser Betrag, von dem wir auf gemeinsame Initiative hin gesagt haben, dass wir ihn für die Hospiz- und Palliativversorgung verwenden.

Zur Frage, wer die beiden Koordinatoren sind: Ich kenne niemanden von den NEOS, der sich im Hospiz- und Palliativwesen so hervorgetan hätte wie die beiden Damen. Vielleicht finden wir das nächste Mal dann jemanden, der sich ehrenamtlich dafür zur Verfügung stellt. Es stimmt, ich habe letzte Woche gemeinsam mit Alois Stöger den beiden Damen die Dekrete überreicht; und Kollegin Klasnic hat auf meine Relativie­rung – nachdem ich gesagt hatte, es sei ein kleiner Schritt, den wir jetzt gehen, indem wir auch die Personen mehr oder weniger dafür zur Verfügung stellen – entgegnet: Nein, sie sehe das als einen sehr großen Schritt.

Wir erinnern uns – ich glaube, die Grünen wissen das immer noch –, Kurt Grünewald war derjenige, der immer gesagt hat: Sterben ist Ländersache. – Das stimmt, es ist noch immer so, und das ist, glaube ich, ein Stachel im Fleisch von uns allen.

Zu versuchen, hier Dynamik hineinzubringen und das Ganze auf die Beine zu stellen, das wird nicht mit dem Restgeld aus dem KRAZAF passieren, sondern es wird mehr Anstrengungen brauchen.

Kollegin Klasnic hat uns auch erzählt, dass sie Hans Jörg Schelling damals, als er noch im Hauptverband war, in der Frage Hospiz- und Palliativwesen auch ordentlich auf die Nerven gegangen ist und dass er gesagt hat: Wenn du die beiden Ministerien an einen Tisch bringst, dann bin ich mit dem Geld auch mit dabei. (Beifall der Abg. Aubauer.)

Das sagte er allerdings noch in seiner Position als Hauptverbandschef. Also schauen wir einmal, ob er uns als Finanzminister auch in dieser Frage noch weiterhilft. Ich glaube, da werden einige Anstrengungen notwendig sein. Wir sind mitten im Finanz­aus­gleich und hoffen, dass uns in diesen Fragen noch einiges gelingt.

Zur Frage des Entschließungsantrages betreffend Mystery Shopping: Was ihr kritisiert, ist die Umsetzung der Richtlinie, die in dem Gesetz vorgegeben wurde, wobei die Richtlinie vom Hauptverband umgesetzt wurde.

Was wir gemacht haben: Als Aufsicht, die wir in der Frage des Hauptverbandes sind, haben wir uns in die Richtliniengestaltung zweimal eingemischt und zweimal auch noch einmal zu zusätzlichen Gesprächen zwischen Ärztekammer und Hauptverband beige­tragen.

Ob das, so wir ihr das sagt, verfassungswidrig ist, wird der VfGH, wenn die Kammer dorthin geht, beschließen. Wir haben unsere Rechtsexpertise in diesem Fall einge­bracht, und laut unserem Haus ist das so, wie es der Hauptverband umgesetzt hat – nach Änderungen einiger Details, die vorher anders ausgeschaut haben – rechtskon­form. Schauen wir, was die Gesetze in diesem Fall bringen! (Beifall bei SPÖ und ÖVP.)

21.32


Präsident Ing. Norbert Hofer: Zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Knes. – Bitte.

 


21.32.18

Abgeordneter Wolfgang Knes (SPÖ): Herr Präsident! Frau Bundesministerin! Danke auch für die ausführlichen Darstellungen! Kollege Loacker, beim KRAZAF ist es natür­lich ein bisschen anders. Du stellst dich immer heraus und präsentierst dich als großen Wirtschaftler, aber wenn es darum geht, dass wir die Aufgaben lösen müssen, nämlich wirklich gegen die 1,3 Milliarden € androhenden Zahlungen ankämpfen und ein Abän-


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de­rungs­gesetz erlassen müssen, dann kommst du heraus und sagst, das ist eine Schweinerei.

Ich stimme natürlich inhaltlich zu, dass dieser bereits 1997 stillgelegte Fond mit diesen 1,2 Millionen € damals Länder- und Gemeindesache war. Trotzdem wurde damals gleichzeitig eine zweite öffentliche Institution gegründet – die Frau Bundesministerin hat es ausführlich berichtet –, und damit ist ein Rechtsstreit entstanden.

Was würde das bedeuten? – Wenn wir das Gesetz heute nicht so beschließen würden, dann würde Folgendes passieren: Diese 1,3 Milliarden € muss letztendlich wieder jemand bezahlen, letztendlich wäre das wieder der Steuerzahler. Das kann aber nicht in unserer Verantwortung liegen.

Ich bin da inhaltlich vollkommen bei der Frau Bundesministerin. Dieses Gesetz ist der­artig abzuändern, dass der KRAZAF aufgelöst wird und dass es damit die Möglichkeit dieser Klagen gar nicht mehr gibt. Das ist der Hauptgrund, weshalb diesem Abwick­lungsgesetz zuzustimmen ist.

Es ist auch wichtig zu erwähnen, dass das vorhandene Geld natürlich nicht irgendwo eingesetzt werden kann und von diesem Geld keine Straßen gebaut werden sollten, sondern da gibt es klare Richtlinien, wie von unserem Kollegen Huainigg bereits er­wähnt wurde. Das Geld soll für die Palliativ- und Hospizversorgung verwenden werden, wo wir es bitter nötig haben.

Ich glaube, dieser Weg ist entgegen den Unkenrufen des Herrn Loacker der bessere und gesetzlich viel gescheitere. Im Sinne der Steuerzahler soll nicht wieder ein Rechtsstreit beginnen, sodass wir um 1,3 Milliarden € streiten. – Danke schön. (Beifall bei der SPÖ sowie der Abg. Aubauer.)

21.34


Präsident Ing. Norbert Hofer: Nun gelangt Herr Abgeordneter Doppler zu Wort. – Bitte.

 


21.34.34

Abgeordneter Rupert Doppler (ohne Klubzugehörigkeit): Herr Präsident! Frau Minister! Sehr geehrte Damen und Herren! Hohes Haus! Der KRAZAF, Krankenan­stalten-Zusammenarbeitsfonds, hat eine eigene Rechtspersönlichkeit und war bis zum Jahr 1996 ein wichtiger Faktor für die Träger der Krankenanstalten. Die Dotation dieses Fonds erfolgte durch Bund, Länder, Gemeinden und Sozialversicherungs­anstalten.

Seit der Einführung der leistungsorientierten Krankenanstaltenfinanzierung 1997 wurde dieser Fonds außer Kraft gesetzt. Im Bund wurde aus dem KRAZAF die Bundesge­sund­heitsagentur, in den Ländern der Landesgesundheitsfonds. Demzufolge wäre dieser KRAZAF bereits in Pension und Geschichte.

Es gibt dazu aber unterschiedliche Rechtsmeinungen, deshalb wurde er bis jetzt nicht aufgelöst. Soweit ich weiß, ist hier auch noch ein OGH-Urteil anhängig. Dieser Antrag soll legistischen Vorbereitungen der notwendigen gesetzlichen Maßnahmen dienen. Die noch vorhandenen finanziellen Mittel sollen für Palliativ- und Hospizversorgung verwendet werden. Die Auflösung dieses Fonds soll mehr Rechtssicherheit bringen. Wollen wir es hoffen! – Danke schön. (Beifall der Abgeordneten Hagen und Franz.)

21.35


Präsident Ing. Norbert Hofer: Zu Wort gelangt nun Herr Abgeordneter Dr. Huainigg. – Bitte.

 



Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll123. Sitzung / Seite 299

21.35.57

Abgeordneter Dr. Franz-Joseph Huainigg (ÖVP): Herr Präsident! Frau Minister! Hohes Haus! Wir hatten vor einem Jahr eine Enquete-Kommission, im Laufe derer wir mit ExpertInnen sehr gut darüber diskutiert haben, wie ein Lebensende in Würde bis zuletzt aussehen kann.

Der einhellige Tenor aller Parlamentsparteien war, dass man nicht durch die Hand eines anderen sterben sollte, dass die Sterbebegleitung sehr wichtig ist und dass die Palliativ- und Hospizmedizin ausgebaut und finanziell abgedeckt gehört. Deshalb begrüße ich es auch als einen wichtigen Schritt, dass durch die Auflösung des KRAZAF die frei werdenden Mittel für diesen Zweck gewidmet werden.

Das ist natürlich keine volle Finanzierung. 18 Millionen € werden jährlich gebraucht. Aber es ist ein wichtiges Zeichen der Wichtigkeit und der Anerkennung. Ich glaube, es ist auch ein Vorbild für alle Organisationen sowie für Bund, Länder und Gemeinden, wenn es darum geht, ihren Beitrag im Finanzausgleich zu leisten.

Ein wichtiger Schritt des 51 Punkte umfassenden Beschlusses dieser Enquete-Kom­mission war die Gründung eines Palliativ- und Hospizforums. Es freut mich sehr, dass es gelungen ist, dass dieses Forum vor Kurzem gegründet worden ist und zwei wirklich fähige Präsidentinnen hat.

Frau Dr. Elisabeth Pittermann und Waltraud Klasnic sind wirklich hervorragende Per­sönlichkeiten, die sich in der parlamentarischen Enquete-Kommission gut eingebracht haben. Ich glaube, dass sie die Koordination dieses wichtigen Themas gut überneh­men werden.

Zum Abschluss dieses Plenartages bleibt mir nichts Besseres zu wünschen, als – Sie werden es kaum erraten – dass die Menschenwürde in der Verfassung verankert wird. – Danke. (Beifall bei der ÖVP sowie des Abg. Schellenbacher.)

21.39


Präsident Ing. Norbert Hofer: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Dr. Franz. – Bitte.

 


21.40.13

Abgeordneter Dr. Marcus Franz (ohne Klubzugehörigkeit): Herr Präsident! Frau Minister! Hohes Haus! Der KRAZAF wird jetzt abgewickelt. Da wird einem fast ein bisschen wehmütig ums Herz, und zwar nicht aus emotionalen Gründen, sondern aus Gründen der Sinnhaftigkeit.

Grundsätzlich war der KRAZAF, der ja 1978 etabliert wurde, ein gesamtheitliches, bundesweites Steuerungsinstrument. Das ist das, was wir immer wieder einfordern: dass wir eine nationale, österreichweite Steuerung des Finanzwesens im stationären Gesundheitswesen, also im Krankenhauswesen, haben und einführen sollen. Das heißt also, wenn man den KRAZAF retrospektiv betrachtet, war das grundsätzlich etwas Gutes, und wir sollten weiterdenken: Was könnte man aus diesem Erbe des KRAZAF machen?

Wir könnten ein österreichweites Gesundheitssystem im stationären Bereich einführen, nämlich wenn wir alle öffentlichen Spitäler zusammenlegen. Das hätte eine ganze Reihe von großen Vorteilen, wir könnten nämlich bundesweit geregelt finanzieren. Wir haben bereits einen österreichischen Strukturplan, regionale Strukturplanungen, wir haben alle diese Instrumente bereits fix und fertig hier liegen. Wir haben trotzdem eine föderale Zersplitterung, die wir alle kennen, die bis hinunter in die Bezirksebene geht, sodass diverse Bezirkskrankenhäuser im Sinne der örtlichen, regionalen Versorgung so geführt werden, dass sie durchaus infrage gestellt werden können. Man könnte es durchaus viel besser machen, wenn man die validen, von Experten vorliegenden


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Konzepte umwandelt im Sinne eines österreichweiten, nationalen stationären Gesund­heitssystems.

Denken Sie ans Justizwesen: Das ist österreichweit einheitlich. Es wäre undenkbar, dass jeder Bezirk oder jedes Bundesland in Österreich eigene Gesetze macht und für sich bestimmt, wie die regionale Justizversorgung, wenn ich so sagen darf, auszu­sehen hat. Das Gleiche könnte man im Gesundheitswesen relativ problemlos einset­zen beziehungsweise einführen.

Daher bringe ich folgenden Antrag ein:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Dr. Marcus Franz, Ulrike Weigerstorfer, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Zusammenlegung aller öffentlich getragenen Krankenanstalten zu einem österreichischen Krankenhausverbund (ÖKHV)“

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesregierung wird aufgefordert, dem Nationalrat eine Regierungsvorlage vorzulegen, in welcher vorgesehen ist, die öffentlichen Krankenanstalten zu einem österreichischen Krankenhausverbund (ÖKHV) zusammen zu schließen.“

*****

Zum Abschluss noch ein Wort zum Thema Mystery Shopping: Meine Damen und Herren, ich halte das wirklich – so wie es auch die Ärztekammer kommuniziert hat und auch viele Kollegen hier und extern es immer wieder sagen – für einen ganz massiven Vertrauensbruch! Das ist eine Zäsur im österreichischen Gesundheitswesen. Das kann man so nicht stehen lassen, und das muss man mit allen zu Gebote stehenden Mitteln bekämpfen! – Danke schön. (Beifall beim Team Stronach.)

21.42


Präsident Ing. Norbert Hofer: Der Entschließungsantrag ist ausreichend unterstützt, ordnungsgemäß eingebracht und steht mit in Verhandlung.

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Dr. Marcus Franz, Ulla Weigerstorfer, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Zusammenlegung aller öffentlich getragenen Krankenanstalten zu einem österreichischen Krankenhausverbund (ÖKHV)“,

eingebracht im Zuge der Debatte zu TOP 19 Bericht des Gesundheitsausschusses über den Antrag 1617/A der Abgeordneten Erwin Spindelberger, Dr. Erwin Rasinger, Kolleginnen und Kollegen betreffend Bundesgesetz über die Abwicklung des Kran­kenanstalten-Zusammenarbeitsfonds (KRAZAF-Abwicklungsgesetz) (1091 d.B.) in der Sitzung des Nationalrates vom 27. April 2016.

Mit SPÖVP Mehrheit wurde im Gesundheitsausschuss die endgültige Auflösung des Krankenanstalten-Zusammenarbeitsfonds (KRAZAF), dessen Zweck bis zum Jahr 1996 in der Gewährung von Zuschüssen an die Träger der Krankenanstalten bestand, beschlossen.

Ursprünglicher Zweck des KRAZAF: Gewährung von Zuschüssen an die Träger der Krankenanstalten, um die Finanzierung des Gesundheitssystems nachhaltig zu ge-


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währ­leisten (bei gleichzeitiger Qualitätssicherung). Dafür sind umfangreiche Ge­sund­heitssystem-Reformen nötig: vor allem die Zusammenlegung der öffentlichen Kranken­hausträger zu einem österreichischen Krankenhausverbund muss dabei im Mittelpunkt stehen

Denn eines steht mit Gewissheit fest: Das derzeitige Gesundheitssystem (und hier vor allem der Unterhalt von öffentlich-rechtlich geführten Krankenanstalten) bedarf einer umfassenden Reform. Es gibt zur Neuorganisation des Spitalsbereichs längst die Strukturpläne (ÖSG, RSG etc) des GÖG, die eine sinnvolle, am Nutzen für den Patienten und an der Ökonomie orientierte Straffung der bundesweiten Krankenhaus­landschaft beinhalten.

In Österreich wollen aber die verschiedenen öffentlichen Krankenhausträger aus durchschaubaren machtpolitischen Gründen in den  einzelnen Bundesländern an den alten Strukturen der öffentlich-rechtlichen Spitäler weitgehend festhalten. Wieder einmal steht daher einer umfangreichen Reform das in dieser Hinsicht kontraproduktive föderale System in Österreich entgegen. Löbliche Ausnahme ist hier die Steiermark: Hier gab es 2015 den Vorschlag von Landeshauptmann Schützenhöfer, die öffent­lichen Spitäler bundesweit zusammen zu fassen.

Die kleinteilige Ausrichtung Österreichs im stationären Gesundheitswesen scheint auch eine der Hauptursachen des maroden Gesundheitssystems zu sein. Eine Auswirkung dieses zersplitterten und unübersichtlichen, teils auch desorganisierten Systems ist das Fluchtverhalten der österreichischen Ärzte. Allein in Deutschland sind schon an die 3.000 österreichische Ärzte niedergelassen, die zum Großteil nicht mehr zurück­kommen werden. Dies hat natürlich auch gravierende Auswirkungen auf die Patien­tenversorgung und die allgemeine Gesundheit. 

Ein wesentlicher Punkt jeder Reform im Gesundheitssystem muss es daher sein, sämtliche öffentliche Krankenanstalten zu einem von der Republik getragenen Krankenhausverbund zusammenzuschließen. Es liegt nahe, die Verwaltung der Krankenhäuser, die jetzt entweder durch Länder, Gemeinden oder einen Bezirk öffentlich geführt werden, zu vereinheitlichen. Dies ist nicht nur im Sinne des Patienten, die danach überall einen gleichen und qualitativ hochwertigen Zugang und eine jeweils auf die Regionen und die Bedürfnisse der Patienten abgestimmte, gut vergleichbare Leistungspalette vorfinden, sondern auch im Hinblick auf sinnvolle und argumen­tierbare Verwaltungseinsparungen, die dem Patienten nicht schaden, wie dies so oft bei misslungenen Reförmchen der Fall ist, sondern seine Versorgung verbes­sern.

Ein solcher Zusammenschluss führt zu voller Kostentransparenz, zu einem besser koordiniertem und bundesweit abgestimmten Personaleinsatz, zu einem leichteren Personalmanagement und zu vergleichbaren, leistungsorientierten Gehältern. Weitere Vorteile eines vom Bund einheitlich geführten Krankenhausverbundes liegen in den medizinischen, kaufmännischen und technischen Vereinfachungen.

Kosteneffizienz und Leistungssteigerung sind gewollte Auswirkungen eines solchen Zusammenschlusses. Die von den Rechnungshöfen ständig angeprangerten Doppel­gleisigkeiten und Intransparenzen im Gesundheitssystem sowie die Fehl-Allokationen der Ressourcen im Sinne von regionaler oder lokaler Über- und Unterversorgung würden damit der Vergangenheit angehören. Gleiche Standards bedeuten leichter durchführbare Qualitätssicherung für die Patienten, aber natürlich auch bei der Ausbildung von Jungärzten.

Allen Gesundheitsberufen käme eine solche Neuerung entgegen, denn die Berufs­gruppen erfahren in einem gesamtheitlichen System einen vergleichbaren und damit besser steuerbaren Umgang. Der Effekt einer solchen Reform ist somit die Verbes­serung aller Bedingungen auf allen Linien.


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Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgenden

Entschließungsantrag:

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesregierung wird aufgefordert, dem Nationalrat eine Regierungsvorlage vorzulegen, in welcher vorgesehen ist, die öffentlichen Krankenanstalten zu einem österreichischen Krankenhausverbund (ÖKHV) zusammen zu schließen.“

*****

21.42.20

 


Präsident Ing. Norbert Hofer: Zu Wort ist dazu niemand mehr gemeldet. Die Debatte ist geschlossen.

Wünscht der Herr Berichterstatter ein Schlusswort? – Das ist nicht der Fall.

Wir kommen zur Abstimmung, die ich über jeden Ausschussantrag getrennt vor­nehme.

Wir gelangen zu den Abstimmungen über Tagesordnungspunkt 19, und zwar zunächst zur Abstimmung über den Entwurf betreffend ein Bundesgesetz über die Abwicklung des Krankenanstalten-Zusammenarbeitsfonds samt Titel und Eingang in 1091 der Beilagen.

Ich ersuche jene Damen und Herren, die für diesen Gesetzentwurf sind, um ein Zeichen der Zustimmung. – Das ist mehrheitlich angenommen.

Wir kommen sogleich zur dritten Lesung.

Ich bitte jene Damen und Herren, die dem vorliegenden Gesetzentwurf auch in dritter Lesung ihre Zustimmung erteilen, um ein diesbezügliches Zeichen. – Das ist die Mehrheit, der Gesetzentwurf ist somit auch in dritter Lesung angenommen.

Wir gelangen zur Abstimmung über die dem Ausschussbericht 1091 der Beilagen angeschlossene Entschließung betreffend Verwendung der noch vorhandenen Mittel des Krankenanstalten-Zusammenarbeitsfonds für die Palliativ- und Hospizversorgung.

Ich bitte jene Damen und Herren, die hiefür eintreten, um ein Zeichen der Zustim­mung. – Das ist mehrheitlich angenommen. (E 140.)

Wir gelangen nunmehr zur Abstimmung über den Entschließungsantrag der Abge­ordneten Dr. Franz, Weigerstorfer, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Zusam­menlegung aller öffentlich getragenen Krankenanstalten zu einem österreichischen Krankenhausverbund (ÖKHV)“.

Ich bitte jene Damen und Herren, die für diesen Entschließungsantrag sind, um ein Zeichen der Zustimmung. – Das ist abgelehnt.

Schließlich kommen wir zur Abstimmung über Tagesordnungspunkt 20: Antrag des Gesundheitsausschusses, seinen Bericht 1092 der Beilagen zur Kenntnis zu nehmen.

Ich bitte jene Damen und Herren, die hiezu ihre Zustimmung geben, um ein ent­sprechendes Zeichen. – Das ist mehrheitlich angenommen.

Wir gelangen nunmehr zur Abstimmung über den Entschließungsantrag der Abge­ordneten Dr. Karlsböck, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Mystery Shopping“ durch Sozialversicherung.


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Ich bitte jene Damen und Herren, die für den Entschließungsantrag sind, um ein Zeichen der Zustimmung. – Das ist abgelehnt.

Die Tagesordnung ist erschöpft.

21.45.14Einlauf

 


Präsident Ing. Norbert Hofer: Ich gebe noch bekannt, dass in der heutigen Sitzung die Selbständigen Anträge 1625/A(E) bis 1666/A(E) eingebracht wurden.

*****

Die nächste Sitzung des Nationalrates, die geschäftsordnungsmäßige Mitteilungen und Zuweisungen betreffen wird, berufe ich für 21.45 Uhr – das ist gleich im Anschluss an diese Sitzung – ein.

Diese Sitzung ist geschlossen.

21.45.40Schluss der Sitzung: 21.45 Uhr

 

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