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Stenographisches Protokoll

 

 

 

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203. Sitzung des Nationalrates der Republik Österreich

 

XXIV. Gesetzgebungsperiode

 

Mittwoch, 22. Mai 2013

 

 


Stenographisches Protokoll

203. Sitzung des Nationalrates der Republik Österreich

XXIV. Gesetzgebungsperiode                      Mittwoch, 22. Mai 2013

Dauer der Sitzung

Mittwoch, 22. Mai 2013: 9.06 – 22.52 Uhr

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Tagesordnung

1. Punkt: Bericht über den Nationalen Bildungsbericht Österreich 2012

2. Punkt: Bundesgesetz, mit dem das Künstler-Sozialversicherungsfondsgesetz, das Kunstförderungsbeitragsgesetz 1981 und das Denkmalschutzgesetz geändert werden (Verwaltungsgerichtsbarkeits-Anpassungsgesetz Kunst und Kultur)

3. Punkt: Abkommen zwischen der Regierung der Republik Österreich und der Regie­rung des Königreichs Spanien über Beziehungen im audiovisuellen Bereich

4. Punkt: Bericht über den Antrag 2278/A der Abgeordneten Sonja Ablinger, Mag. Sil­via Fuhrmann, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundesmuseen-Gesetz 2002 geändert wird

5. Punkt: Bericht über den Antrag 2272/A(E) der Abgeordneten Mag. Heidemarie Un­terreiner, Kolleginnen und Kollegen betreffend Erhalt und Aufwertung des Volkskunde­museums in Wien

6. Punkt: Bericht über den Antrag 2274/A(E) der Abgeordneten Mag. Heidemarie Un­terreiner, Kolleginnen und Kollegen betreffend das Museum für Völkerkunde

7. Punkt: Bericht über den Antrag 1797/A(E) der Abgeordneten Stefan Petzner, Kol­leginnen und Kollegen betreffend Steigerung des nationalen Musikanteils im Radio

8. Punkt: Bundesgesetz, mit dem das Luftfahrtgesetz geändert wird, und Bericht über den

Antrag 2166/A(E) der Abgeordneten Sigisbert Dolinschek, Kolleginnen und Kollegen betreffend Änderung des Luftfahrtgesetzes zur Regelung von unbemannten Luftfahr­zeugen und ‑geräten

9. Punkt: Vertragswerke des Weltpostvereins (Genf 2008); Achtes Zusatzprotokoll zur Satzung des Weltpostvereins; Erstes Zusatzprotokoll zur allgemeinen Verfahrensord­nung des Weltpostvereins; Weltpostvertrag samt Schlussprotokoll; Abkommen über die Postzahlungsdienste

10. Punkt: Änderungsurkunden der Satzung der Internationalen Fernmeldeunion und des Vertrages der Internationalen Fernmeldeunion, Genf 1992, geändert durch die Konferenz der Regierungsbevollmächtigten (Kyoto 1994), die Konferenz der Regie­rungsbevollmächtigten (Minneapolis 1998), die Konferenz der Regierungsbevollmäch-


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tigten (Marrakesch 2002) und die Konferenz der Regierungsbevollmächtigten (Antal­ya 2006), samt Erklärungen und Vorbehalten

11. Punkt: Bundesgesetz, mit dem das Bundesstraßengesetz 1971, das Containersi­cherheitsgesetz, das Führerscheingesetz, das Gelegenheitsverkehrs-Gesetz 1996, das Güterbeförderungsgesetz 1995, das Kraftfahrliniengesetz, das Straßentunnel-Sicher­heitsgesetz, das Luftfahrtgesetz, das Bundesgesetz über Sicherheitsmaßnahmen bei ausländischen Luftfahrzeugen und Luftfahrtunternehmen, das Bundesgesetz über den zwischenstaatlichen Luftverkehr 2008, das Schifffahrtsgesetz, das Seeschifffahrtsge­setz, das Eisenbahngesetz 1957, das Postmarktgesetz, das Telekommunikationsge­setz 2003, das Amateurfunkgesetz 1998, das Funker-Zeugnisgesetz 1998, das Bun­desgesetz über Funkanlagen und Telekommunikationsendeinrichtungen sowie das Fernsprechentgeltzuschussgesetz 2000 (Verwaltungsgerichtsbarkeits-Anpassungsge­setz-Bundesministerium für Verkehr, Innovation und Technologie) geändert werden

12. Punkt: Bundesgesetz, mit dem das Bundesstraßen-Mautgesetz 2002 geändert wird

13. Punkt: Bericht über den Antrag 2279/A der Abgeordneten Anton Heinzl, Dr. Martin Bartenstein, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Kraftfahrgesetz 1967 geändert wird

14. Punkt: Bericht über den Antrag 2280/A der Abgeordneten Anton Heinzl, Dr. Martin Bartenstein, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Ge­fahrgutbeförderungsgesetz, BGBl. I Nr. 145/1998, geändert wird

15. Punkt: Bundesgesetz, mit dem das Klimaschutzgesetz geändert wird

16. Punkt: Bundesgesetz, mit dem das Umweltverträglichkeitsprüfungsgesetz 2000 geändert und das Bundesgesetz über den Umweltsenat aufgehoben wird

17. Punkt: Bundesgesetz, mit dem das Emissionszertifikategesetz 2011, das Bundes­luftreinhaltegesetz, das Umweltinformationsgesetz, das Bundes-Umwelthaftungsge­setz, das Chemikaliengesetz 1996, das Altlastensanierungsgesetz, das Abfallwirt­schaftsgesetz 2002 und das Wasserrechtsgesetz 1959 geändert werden (Verwaltungs­gerichtsbarkeits-Anpassungsgesetz – Umwelt, Abfall, Wasser)

18. Punkt: Bundesgesetz mit dem das Umweltförderungsgesetz, das Emissionszertifi­kategesetz 2011, das Wasserbautenförderungsgesetz 1985, das Umweltmanagement­gesetz und das Wasserrechtsgesetz 1959 geändert werden (Umweltrechtsanpas­sungsgesetz 2013)

19. Punkt: Bundesgesetz, mit dem das Abfallwirtschaftsgesetz 2002 (AWG-Novelle In­dustrieemissionen) und das Altlastensanierungsgesetz geändert werden

20. Punkt: Bundesgesetz, mit dem das Strahlenschutzgesetz geändert wird

21. Punkt: Übereinkommen über das Europäische Forstinstitut; Annahme der spani­schen Sprachfassung

22. Punkt: Bundesgesetz, mit dem das Agrarverfahrensgesetz 1950, das Flurverfas­sungs-Grundsatzgesetz 1951, das Grundsatzgesetz 1951 über die Behandlung der Wald- und Weidenutzungsrechte sowie besonderer Felddienstbarkeiten, das Güter- und Seilwege-Grundsatzgesetz 1967, das Forstgesetz 1975, das Forstliche Vermeh­rungsgutgesetz 2002, das BFW-Gesetz, das Düngemittelgesetz 1994, das Futtermittel­gesetz 1999, das Gesundheits- und Ernährungssicherheitsgesetz, das Pflanzenschutz­gesetz 2011, das Pflanzenschutzmittelgesetz 2011, das Pflanzgutgesetz 1997, das Re­benverkehrsgesetz 1996, das Sortenschutzgesetz 2001, das Weingesetz 2009, das Marktordnungsgesetz 2007 und das Vermarktungsnormengesetz geändert werden und


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das Agrarbehördengesetz 1950 aufgehoben wird (Verwaltungsgerichtsbarkeits-Anpas­sungsgesetz-BMLFUW – Land- und Forstwirtschaft)

23. Punkt: Bundesgesetz, mit dem das Düngemittelgesetz 1994, das Futtermittelge­setz 1999, das Gesundheits- und Ernährungssicherheitsgesetz, das Pflanzenschutzge­setz 2011, das Agrarkontrollgesetz, das Bundesgesetz über die Bundesämter für Land­wirtschaft und die landwirtschaftlichen Bundesanstalten, das Börsesensale-Gesetz, das Vermarktungsnormengesetz, das Forstgesetz 1975 und das Weingesetz 2009 ge­ändert werden und ein Bundesgesetz über die landwirtschaftliche Produktenbörse er­lassen wird (Agrarrechtsänderungsgesetz 2013)

24. Punkt: Bundesgesetz zur Durchführung der Biozidprodukteverordnung (Biozidpro­duktegesetz – BiozidprodukteG)

25. Punkt: Erste Lesung: Antrag der Abgeordneten Dr. Peter Fichtenbauer, Kollegin­nen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz über die Geschäftsordnung des Nationalrates (Geschäftsordnungsgesetz 1975) geändert wird (2226/A)

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Inhalt

Personalien

Verhinderungen .............................................................................................................. 25

Ordnungsrufe ........................................................................................................  25, 227

Geschäftsbehandlung

Einwendungen der Abgeordneten Josef Bucher, Kollegin und Kollegen gegen die Tagesordnung gemäß § 50 der Geschäftsordnung ............................................................................................ 25

Durchführung einer Debatte gemäß § 50 Abs. 1 der Geschäftsordnung ...................... 76

Redner/Rednerinnen:

Josef Bucher ................................................................................................................. 76

Dr. Josef Cap ................................................................................................................ 78

Heinz-Christian Strache .............................................................................................. 80

Dkfm. Dr. Günter Stummvoll ...................................................................................... 81

Mag. Werner Kogler ..................................................................................................... 83

Ing. Robert Lugar ......................................................................................................... 85

Mag. Rainer Widmann ................................................................................................. 87

Elmar Podgorschek ..................................................................................................... 88

Mag. Bruno Rossmann ............................................................................................... 89

Gerald Grosz ................................................................................................................. 91

Einwendungen finden keine Mehrheit ............................................................................. 92

Redezeitbeschränkung nach Beratung in der Präsidialkonferenz gemäß § 57 Abs. 3 Z. 2 der Geschäftsordnung .......................................................................................................... 94

Unterbrechung der Sitzung ........................................................................................ 154

Aktuelle Stunde (53.)

Thema: „Arbeitsplätze und soziale Sicherheit statt Armutsmigration und Sozialtourismus“        ............................................................................................................................... 26


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Redner/Rednerinnen:

Heinz-Christian Strache .............................................................................................. 26

Bundesminister Rudolf Hundstorfer ..................................................................  29, 49

Wolfgang Katzian ......................................................................................................... 31

August Wöginger ......................................................................................................... 33

Herbert Kickl ................................................................................................................. 35

Karl Öllinger .................................................................................................................. 36

Josef Bucher ................................................................................................................. 38

Ing. Robert Lugar ......................................................................................................... 39

Renate Csörgits ............................................................................................................ 41

Gabriele Tamandl ......................................................................................................... 42

Dr. Dagmar Belakowitsch-Jenewein ......................................................................... 44

Mag. Alev Korun ........................................................................................................... 46

Sigisbert Dolinschek .................................................................................................... 47

Stefan Markowitz .......................................................................................................... 50

Aktuelle Stunde – Aktuelle Europastunde (54.)

Thema: „Die Herausforderungen an den Wirtschaftsstandort Europa und Österreich“                  52

Redner/Rednerinnen:

Peter Haubner ............................................................................................................... 52

Bundesminister Dr. Reinhold Mitterlehner ........................................................  55, 73

Dr. Christoph Matznetter ............................................................................................. 58

Werner Amon, MBA ..................................................................................................... 59

Bernhard Themessl ..................................................................................................... 61

Mag. Bruno Rossmann ............................................................................................... 62

Josef Bucher ................................................................................................................. 64

Ing. Robert Lugar ......................................................................................................... 65

Dr. Sabine Oberhauser, MAS ..................................................................................... 67

Mag. Katharina Cortolezis-Schlager .......................................................................... 68

Dr. Johannes Hübner ................................................................................................... 69

Dr. Ruperta Lichtenecker ............................................................................................ 71

Ernest Windholz ........................................................................................................... 72

Martina Schenk ............................................................................................................. 75

Ausschüsse

Zuweisungen .........................................................................................................  92, 277

Auslieferungsbegehren

gegen die Abgeordneten Josef Bucher und Stefan Petzner ....................................... 93

Verhandlungen

1. Punkt: Bericht des Unterrichtsausschusses über den Nationalen Bildungsbe­richt Österreich 2012, vorgelegt von der Bundesministerin für Unterricht, Kunst und Kultur (III-382/2283 d.B.)                  95

Redner/Rednerinnen:

Elmar Mayer .................................................................................................................. 95

Christine Marek ............................................................................................................ 97

Dr. Walter Rosenkranz ................................................................................................. 99

Dr. Harald Walser ....................................................................................................... 103

Ursula Haubner .......................................................................................................... 108

Stefan Markowitz ........................................................................................................ 111

Mag. Andrea Kuntzl ................................................................................................... 113


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Mag. Katharina Cortolezis-Schlager ........................................................................ 114

Bundesministerin Dr. Claudia Schmied .................................................................. 115

Mag. Helene Jarmer ................................................................................................... 118

Franz Riepl .................................................................................................................. 120

Anna Franz .................................................................................................................. 121

Mag. Laura Rudas ...................................................................................................... 122

Andrea Gessl-Ranftl .................................................................................................. 123

Mag. Rosa Lohfeyer ................................................................................................... 123

Ewald Sacher .............................................................................................................. 124

Entschließungsantrag der Abgeordneten Dr. Harald Walser, Kolleginnen und Kollegen betreffend integrative Führung der Grundstufe 1 – flexible Schulein­gangsphase – Ablehnung ............  106, 125

Entschließungsantrag der Abgeordneten Ursula Haubner und Kollegen betref­fend standortbezogenes Sprachförderungskonzept – Ablehnung ..............................................................  111, 125

Kenntnisnahme des Berichtes III-382 d.B. ................................................................... 125

Gemeinsame Beratung über

2. Punkt: Bericht des Kulturausschusses über die Regierungsvorlage (2189 d.B.): Bundesgesetz, mit dem das Künstler-Sozialversicherungsfondsgesetz, das Kunst­förderungsbeitragsgesetz 1981 und das Denkmalschutzgesetz geändert werden (Verwaltungsgerichtsbarkeits-Anpassungsgesetz Kunst und Kultur) (2307 d.B.)                                                                                                                                                  125

3. Punkt: Bericht des Kulturausschusses über die Regierungsvorlage (1787 d.B.): Abkommen zwischen der Regierung der Republik Österreich und der Regie-
rung des Königreichs Spanien über Beziehungen im audiovisuellen Bereich (2308 d.B.)                             125

Redner/Rednerinnen:

Sonja Ablinger ............................................................................................................ 126

Mag. Bernd Schönegger ........................................................................................... 127

Josef Jury .................................................................................................................... 128

Mag. Dr. Wolfgang Zinggl ......................................................................................... 128

Stefan Markowitz ........................................................................................................ 129

Bundesministerin Dr. Claudia Schmied .................................................................. 130

Elisabeth Hakel ........................................................................................................... 130

Johann Höfinger ......................................................................................................... 132

Mag. Christine Muttonen ........................................................................................... 133

Entschließungsantrag der Abgeordneten Stefan Markowitz, Kollegin und Kol­legen betreffend Forcierung der steuerlichen Absetzbarkeit von Spenden an Kunst- und Kultureinrichtungen – Ablehnung      131, 134

Annahme des Gesetzentwurfes in 2307 d.B. .............................................................. 133

Genehmigung des Staatsvertrages in 2308 d.B. ......................................................... 134

Gemeinsame Beratung über

4. Punkt: Bericht des Kulturausschusses über den Antrag 2278/A der Abgeord­neten Sonja Ablinger, Mag. Silvia Fuhrmann, Kolleginnen und Kollegen betref­fend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundesmuseen-Gesetz 2002 geändert wird (2309 d.B.) ....................................................................... 134

5. Punkt: Bericht des Kulturausschusses über den Antrag 2272/A(E) der Abge­ordneten Mag. Heidemarie Unterreiner, Kolleginnen und Kollegen betreffend Er­halt und Aufwertung des Volkskundemuseums in Wien (2310 d.B.) .................................................................................................................... 134


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6. Punkt: Bericht des Kulturausschusses über den Antrag 2274/A(E) der Abge­ordneten Mag. Heidemarie Unterreiner, Kolleginnen und Kollegen betreffend das Museum für Völkerkunde (2311 d.B.)                        134

Redner/Rednerinnen:

Mag. Heidemarie Unterreiner ................................................................................... 134

Ewald Sacher .............................................................................................................. 137

Mag. Dr. Wolfgang Zinggl ......................................................................................... 138

Mag. Silvia Grünberger ............................................................................................. 140

Stefan Petzner ............................................................................................................ 141

Bundesministerin Dr. Claudia Schmied .................................................................. 142

Claudia Durchschlag ................................................................................................. 143

Josef A. Riemer .......................................................................................................... 144

Mag. Gertrude Aubauer ............................................................................................. 145

Anna Höllerer .............................................................................................................. 146

Entschließungsantrag der Abgeordneten Mag. Dr. Wolfgang Zinggl, Kollegin­nen und Kollegen betreffend Völkerkundemuseum als eigenständiges Bundes­museum – Ablehnung ..........  139, 147

Annahme des Gesetzentwurfes in 2309 d.B. .............................................................. 146

Kenntnisnahme der beiden Ausschussberichte 2310 und 2311 d.B. .......................... 147

7. Punkt: Bericht des Kulturausschusses über den Antrag 1797/A(E) der Abge­ordneten Stefan Petzner, Kolleginnen und Kollegen betreffend Steigerung des nationalen Musikanteils im Radio (2312 d.B.)         ............................................................................................................................. 147

Redner/Rednerinnen:

Josef A. Riemer .......................................................................................................... 147

Ulrike Königsberger-Ludwig .................................................................................... 148

Stefan Petzner ............................................................................................................ 149

Mag. Silvia Grünberger ............................................................................................. 151

Stefan Markowitz ........................................................................................................ 152

Mag. Dr. Wolfgang Zinggl ......................................................................................... 153

Kenntnisnahme des Ausschussberichtes 2312 d.B. ................................................... 153

8. Punkt: Bericht des Verkehrsausschusses über die Regierungsvorlage (2299 d.B.): Bundesgesetz, mit dem das Luftfahrtgesetz geändert wird, und über den

Antrag 2166/A(E) der Abgeordneten Sigisbert Dolinschek, Kolleginnen und Kol­legen betreffend Änderung des Luftfahrtgesetzes zur Regelung von unbemann­ten Luftfahrzeugen und ‑geräten (2349 d.B.)                     153

Redner/Rednerinnen:

Dr. Gabriela Moser ..................................................................................................... 154

Anton Heinzl ............................................................................................................... 155

Peter Haubner ............................................................................................................. 156

Dipl.-Ing. Gerhard Deimek ......................................................................................... 157

Sigisbert Dolinschek .................................................................................................. 158

Christoph Hagen ........................................................................................................ 159

Bundesministerin Doris Bures ................................................................................. 160

Johann Hell ................................................................................................................. 161

Mag. Karin Hakl .......................................................................................................... 162

Werner Herbert ........................................................................................................... 163

Johann Rädler ............................................................................................................ 164

Annahme des Gesetzentwurfes ................................................................................... 165


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Gemeinsame Beratung über

9. Punkt: Bericht des Verkehrsausschusses über die Regierungsvorlage (1895 d.B.): Vertragswerke des Weltpostvereins (Genf 2008); Achtes Zusatzpro­tokoll zur Satzung des Weltpostvereins; Erstes Zusatzprotokoll zur allgemeinen Verfahrensordnung des Weltpostvereins; Weltpostvertrag samt Schlussprotokoll; Abkommen über die Postzahlungsdienste (2350 d.B.) ................... 165

10. Punkt: Bericht des Verkehrsausschusses über die Regierungsvorlage (1906 d.B.): Änderungsurkunden der Satzung der Internationalen Fernmeldeuni­on und des Vertrages der Internationalen Fernmeldeunion, Genf 1992, geändert durch die Konferenz der Regierungsbevollmächtigten (Kyoto 1994), die Konfe­renz der Regierungsbevollmächtigten (Minneapolis 1998), die Konferenz der Re­gierungsbevollmächtigten (Marrakesch 2002) und die Konferenz der Regierungs­bevollmächtigten (Antalya 2006), samt Erklärungen und Vorbehalten (2351 d.B.)                                                                                                                         165

Redner/Rednerinnen:

Mag. Josef Auer ......................................................................................................... 165

Mag. Karin Hakl .......................................................................................................... 166

Bernhard Vock ............................................................................................................ 167

Dr. Gabriela Moser ..................................................................................................... 168

Sigisbert Dolinschek .................................................................................................. 169

Bundesministerin Doris Bures ................................................................................. 169

Gabriele Binder-Maier ............................................................................................... 170

Genehmigung der beiden Staatsverträge in 2350 und 2351 d.B. ................................ 171

Beschlussfassung im Sinne des Artikels 49 Abs. 2 B-VG hinsichtlich 2350 d.B.          171

11. Punkt: Bericht des Verkehrsausschusses über die Regierungsvorlage (2194 d.B.): Bundesgesetz, mit dem das Bundesstraßengesetz 1971, das Contai­nersicherheitsgesetz, das Führerscheingesetz, das Gelegenheitsverkehrs-Ge­setz 1996, das Güterbeförderungsgesetz 1995, das Kraftfahrliniengesetz, das Straßentunnel-Sicherheitsgesetz, das Luftfahrtgesetz, das Bundesgesetz über Sicherheitsmaßnahmen bei ausländischen Luftfahrzeugen und Luftfahrtunterneh­men, das Bundesgesetz über den zwischenstaatlichen Luftverkehr 2008, das Schifffahrtsgesetz, das Seeschifffahrtsgesetz, das Eisenbahngesetz 1957, das Postmarktgesetz, das Telekommunikationsgesetz 2003, das Amateurfunkge­setz 1998, das Funker-Zeugnisgesetz 1998, das Bundesgesetz über Funkanla­gen und Telekommunikationsendeinrichtungen sowie das Fernsprechentgeltzu­schussgesetz 2000 (Verwaltungsgerichtsbarkeits-Anpassungsgesetz-Bundesmi­nisterium für Verkehr, Innovation und Technologie) geändert werden (2352 d.B.)         172

Redner/Rednerinnen:

Dr. Gabriela Moser ..................................................................................................... 172

Anton Heinzl ............................................................................................................... 173

Sigisbert Dolinschek .................................................................................................. 174

Dr. Martin Bartenstein ............................................................................................... 175

Christoph Hagen ........................................................................................................ 176

Bundesministerin Doris Bures ................................................................................. 178

Mag. Rosa Lohfeyer ................................................................................................... 178

Entschließungsantrag der Abgeordneten Christoph Hagen, Kollegin und Kolle­gen betreffend Überholverbot für Lkw – Ablehnung ............................................................................................  177, 185

Annahme des Gesetzentwurfes ................................................................................... 184


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Gemeinsame Beratung über

12. Punkt: Bericht des Verkehrsausschusses über die Regierungsvorlage (2298 d.B.): Bundesgesetz, mit dem das Bundesstraßen-Mautgesetz 2002 geän­dert wird (2353 d.B.) ....................... 185

13. Punkt: Bericht des Verkehrsausschusses über den Antrag 2279/A der Ab­geordneten Anton Heinzl, Dr. Martin Bartenstein, Kolleginnen und Kollegen be­treffend ein Bundesgesetz, mit dem das Kraftfahrgesetz 1967 geändert wird (2354 d.B.) .......................................................... 185

14. Punkt: Bericht des Verkehrsausschusses über den Antrag 2280/A der Abge­ordneten Anton Heinzl, Dr. Martin Bartenstein, Kolleginnen und Kollegen betref­fend ein Bundesgesetz, mit dem das Gefahrgutbeförderungsgesetz, BGBl. I Nr. 145/1998, geändert wird (2355 d.B.) ....... 185

Redner/Rednerinnen:

Dr. Gabriela Moser ..................................................................................................... 185

Anton Heinzl ............................................................................................................... 186

Johannes Schmuckenschlager ................................................................................ 186

Dipl.-Ing. Gerhard Deimek ......................................................................................... 187

Sigisbert Dolinschek .................................................................................................. 188

Christoph Hagen ........................................................................................................ 189

Bundesministerin Doris Bures ................................................................................. 190

Dietmar Keck .............................................................................................................. 192

Eva-Maria Himmelbauer, BSc .................................................................................. 192

Josef Jury .................................................................................................................... 193

Elisabeth Hakel ........................................................................................................... 194

Christian Lausch ........................................................................................................ 195

Entschließungsantrag der Abgeordneten Josef Jury, Kolleginnen und Kollegen betreffend temporäre Aufhebung der Vignettenpflicht auf der Tauern Autobahn zwischen Spittal Ost und Spittal West – Ablehnung    194, 197

Entschließungsantrag der Abgeordneten Carmen Gartelgruber, Kolleginnen und Kollegen betreffend die zukünftigen Belastungen der Bevölkerung von An­gath – steigender Lärm und Abgase durch einen geplanten Autobahnparkplatz- und Raststättenausbau sowie durch den Bau einer offenen Bahntrasse statt Un­tertunnelung – Ablehnung ....................................................................................  196, 197

Annahme der drei Gesetzentwürfe in 2353, 2354 und 2355 d.B. ................................ 197

15. Punkt: Bericht des Umweltausschusses über die Regierungsvorlage (2295 d.B.): Bundesgesetz, mit dem das Klimaschutzgesetz geändert wird (2313 d.B.) ...................................................... 198

Redner/Rednerinnen:

Harald Jannach ........................................................................................................... 198

Mag. Michael Hammer ............................................................................................... 199

Mag. Christiane Brunner ........................................................................................... 200

Hannes Weninger ....................................................................................................... 202

Mag. Rainer Widmann ............................................................................................... 203

Ing. Franz Windisch .................................................................................................... 204

Erich Tadler ................................................................................................................. 205

Bundesminister Dipl.-Ing. Nikolaus Berlakovich ..........................................  205, 209

Dipl.-Ing. Dr. Wolfgang Pirklhuber ........................................................................... 208

Annahme des Gesetzentwurfes ................................................................................... 209


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll203. Sitzung / Seite 9

Gemeinsame Beratung über

16. Punkt: Bericht des Umweltausschusses über die Regierungsvorlage (2252 d.B.): Bundesgesetz, mit dem das Umweltverträglichkeitsprüfungsge­setz 2000 geändert und das Bundesgesetz über den Umweltsenat aufgehoben wird (2314 d.B.) ........................................................................................ 209

17. Punkt: Bericht des Umweltausschusses über die Regierungsvorlage (2290 d.B.): Bundesgesetz, mit dem das Emissionszertifikategesetz 2011, das Bundesluftreinhaltegesetz, das Umweltinformationsgesetz, das Bundes-Umwelt­haftungsgesetz, das Chemikaliengesetz 1996, das Altlastensanierungsgesetz, das Abfallwirtschaftsgesetz 2002 und das Wasserrechtsgesetz 1959 geändert werden (Verwaltungsgerichtsbarkeits-Anpassungsgesetz – Umwelt, Abfall, Was­ser) (2315 d.B.)                            210

Berichterstatter: Ing. Hermann Schultes ................................................................... 210

18. Punkt: Bericht des Umweltausschusses über die Regierungsvorlage (2292 d.B.): Bundesgesetz mit dem das Umweltförderungsgesetz, das Emis­sionszertifikategesetz 2011, das Wasserbautenförderungsgesetz 1985, das Um­weltmanagementgesetz und das Wasserrechtsgesetz 1959 geändert werden (Umweltrechtsanpassungsgesetz 2013) (2316 d.B.) ...................... 210

19. Punkt: Bericht des Umweltausschusses über die Regierungsvorlage (2293 d.B.): Bundesgesetz, mit dem das Abfallwirtschaftsgesetz 2002 (AWG-Novelle Industrieemissionen) und das Altlastensanierungsgesetz geändert wer­den (2317 d.B.) ........................................................................................ 210

Redner/Rednerinnen:

Werner Neubauer ....................................................................................................... 210

Ing. Hermann Schultes .............................................................................................. 212

Mag. Christiane Brunner ........................................................................................... 213

Rudolf Plessl ............................................................................................................... 216

Kurt List ....................................................................................................................... 217

Konrad Steindl ............................................................................................................ 218

Erich Tadler ................................................................................................................. 219

Bundesminister Dipl.-Ing. Nikolaus Berlakovich ................................................... 220

Mag. Christiane Brunner (tatsächliche Berichtigung) ............................................... 221

Mag. Josef Auer ......................................................................................................... 222

Dr. Walter Rosenkranz ............................................................................................... 223

Nikolaus Prinz ............................................................................................................. 224

Gerhard Huber ............................................................................................................ 226

Dietmar Keck .............................................................................................................. 228

Dipl.-Ing. Dr. Wolfgang Pirklhuber ........................................................................... 231

Franz Hörl .................................................................................................................... 232

Walter Schopf ............................................................................................................. 233

Werner Neubauer (tatsächliche Berichtigung) ........................................................... 234

Erwin Hornek .............................................................................................................. 234

Mag. Werner Kogler ................................................................................................... 235

Annahme der vier Gesetzentwürfe in 2314, 2315, 2316 und 2317 d.B. ...................... 236

20. Punkt: Bericht des Umweltausschusses über die Regierungsvorlage (2161 und Zu 2161 d.B): Bundesgesetz, mit dem das Strahlenschutzgesetz geändert wird (2318 d.B.) .......... 238

Redner/Rednerinnen:

Dr. Andreas Karlsböck .............................................................................................. 238

Mag. Michael Hammer ............................................................................................... 239


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll203. Sitzung / Seite 10

Mag. Christiane Brunner ........................................................................................... 240

Mag. Sonja Steßl-Mühlbacher .................................................................................. 240

Mag. Rainer Widmann ............................................................................................... 241

Bundesminister Dipl.-Ing. Nikolaus Berlakovich ................................................... 242

Andrea Gessl-Ranftl .................................................................................................. 242

Erich Tadler ................................................................................................................. 243

Rupert Doppler ........................................................................................................... 243

Berichterstatterin: Mag. Sonja Steßl-Mühlbacher (Schlusswort) ............................. 243

Annahme des Gesetzentwurfes ................................................................................... 244

Gemeinsame Beratung über

21. Punkt: Bericht des Ausschusses für Land- und Forstwirtschaft über die Regierungsvorlage (2201 d.B.): Übereinkommen über das Europäische Forstins­titut; Annahme der spanischen Sprachfassung (2339 d.B.)     ............................................................................................................................. 244

22. Punkt: Bericht des Ausschusses für Land- und Forstwirtschaft über die Regierungsvorlage (2291 d.B.): Bundesgesetz, mit dem das Agrarverfahrensge­setz 1950, das Flurverfassungs-Grundsatzgesetz 1951, das Grundsatzge­setz 1951 über die Behandlung der Wald- und Weidenutzungsrechte sowie be­sonderer Felddienstbarkeiten, das Güter- und Seilwege-Grundsatzgesetz 1967, das Forstgesetz 1975, das Forstliche Vermehrungsgutgesetz 2002, das BFW-Gesetz, das Düngemittelgesetz 1994, das Futtermittelgesetz 1999, das Gesund­heits- und Ernährungssicherheitsgesetz, das Pflanzenschutzgesetz 2011, das Pflanzenschutzmittelgesetz 2011, das Pflanzgutgesetz 1997, das Rebenver­kehrsgesetz 1996, das Sortenschutzgesetz 2001, das Weingesetz 2009, das Marktordnungsgesetz 2007 und das Vermarktungsnormengesetz geändert wer­den und das Agrarbehördengesetz 1950 aufgehoben wird (Verwaltungsgerichts­barkeits-Anpassungsgesetz-BMLFUW – Land- und Forstwirtschaft) (2340 d.B.)                                                                                                                                                              244

23. Punkt: Bericht des Ausschusses für Land- und Forstwirtschaft über die Re­gierungsvorlage (2297 d.B.): Bundesgesetz, mit dem das Düngemittelgesetz 1994, das Futtermittelgesetz 1999, das Gesundheits- und Ernährungssicherheitsge­setz, das Pflanzenschutzgesetz 2011, das Agrarkontrollgesetz, das Bundesge­setz über die Bundesämter für Landwirtschaft und die landwirtschaftlichen Bun­desanstalten, das Börsesensale-Gesetz, das Vermarktungsnormengesetz, das Forstgesetz 1975 und das Weingesetz 2009 geändert werden und ein Bundesge­setz über die landwirtschaftliche Produktenbörse erlassen wird (Agrarrechtsän­derungsgesetz 2013) (2341 d.B.) ................................................................................ 244

Redner/Rednerinnen:

Rupert Doppler ........................................................................................................... 245

Hermann Gahr ............................................................................................................ 245

Dipl.-Ing. Dr. Wolfgang Pirklhuber ........................................................................... 246

Gabriele Binder-Maier ............................................................................................... 248

Gerhard Huber ............................................................................................................ 248

Fritz Grillitsch ............................................................................................................. 250

Erich Tadler ................................................................................................................. 251

Bundesminister Dipl.-Ing. Nikolaus Berlakovich ................................................... 252

Gerhard Huber (tatsächliche Berichtigung)................................................................ 254

Rosemarie Schönpass .............................................................................................. 254

Maximilian Linder ....................................................................................................... 255

Peter Mayer ................................................................................................................. 255

Mag. Elisabeth Grossmann ...................................................................................... 259

Josef Muchitsch ......................................................................................................... 259

Ewald Sacher .............................................................................................................. 260


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll203. Sitzung / Seite 11

Elisabeth Hakel ........................................................................................................... 261

Mag. Kurt Gaßner ....................................................................................................... 261

Genehmigung des Staatsvertrages in 2339 d.B. ......................................................... 262

Annahme der beiden Gesetzentwürfe in 2340 und 2341 d. B. .................................... 262

24. Punkt: Bericht des Ausschusses für Land- und Forstwirtschaft über die Re­gierungsvorlage (2294 d.B.): Bundesgesetz zur Durchführung der Biozidproduk­teverordnung (Biozidproduktegesetz – BiozidprodukteG) (2342 d.B.) .................................................................................................................... 263

Redner/Rednerinnen:

Harald Jannach ........................................................................................................... 263

Ing. Hermann Schultes .............................................................................................. 264

Gerhard Huber ............................................................................................................ 265

Ulrike Königsberger-Ludwig .................................................................................... 266

Dipl.-Ing. Dr. Wolfgang Pirklhuber ........................................................................... 267

Bundesminister Dipl.-Ing. Nikolaus Berlakovich ................................................... 268

Fritz Grillitsch ............................................................................................................. 269

Franz Eßl ..................................................................................................................... 269

Annahme des Gesetzentwurfes ................................................................................... 270

25. Punkt: Erste Lesung: Antrag der Abgeordneten Dr. Peter Fichtenbauer, Kol­leginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz über die Geschäftsordnung des Nationalrates (Geschäftsordnungsgesetz 1975) geändert wird (2226/A) .......................................... 270

Redner/Rednerinnen:

Otto Pendl ................................................................................................................... 270

Werner Amon, MBA ................................................................................................... 270

Mag. Gernot Darmann ............................................................................................... 271

Dieter Brosz, MSc ...................................................................................................... 273

Stefan Petzner ............................................................................................................ 274

Christoph Hagen ........................................................................................................ 277

Zuweisung des Antrages 2226/A an den Geschäftsordnungsausschuss ................... 277

Eingebracht wurden

Bürgerinitiativen .......................................................................................................... 93

Bürgerinitiative betreffend „Änderung des passiven Wahlrechts in der ÖH für Nicht-EWR-Studierende“ (Ordnungsnummer 65)

Bürgerinitiative betreffend „Alle Kinder sind unsere Kinder!“ (Ordnungsnum­mer 66)

Regierungsvorlagen ................................................................................................... 93

2321: Emissionsschutzgesetz für Kesselanlagen – EG-K 2013

2322: Schiedsrechts-Änderungsgesetz 2013 – SchiedsRÄG 2013

2323: Bundesgesetz, mit dem das Pflegefondsgesetz geändert wird

2324: Bundesgesetz, mit dem das Land- und forstwirtschaftliche Berufsausbil­dungsgesetz und das Landarbeitsgesetz 1984 geändert werden


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll203. Sitzung / Seite 12

Bericht ........................................................................................................................... 94

III-416: Tätigkeitsbericht 2012 der Energie-Control Austria; BM f. Wirtschaft, Fa­milie und Jugend

Anträge der Abgeordneten

Dr. Kurt Grünewald, Kolleginnen und Kollegen betreffend Aufwertung der Haus­ärztin/des Hausarztes (2290/A)(E)

Mag. Helene Jarmer, Kolleginnen und Kollegen betreffend Nationalrats-Wahlordnung und Europawahlordnung – Barrierefreies Wählen (2291/A)(E)

Heinz-Christian Strache, Kolleginnen und Kollegen betreffend Schaffung eines Kin­derschutzgesetzes (2292/A)(E)

Werner Neubauer, Kolleginnen und Kollegen betreffend Errichtung von Gemeinde­wachkörpern (2293/A)(E)

Dr. Peter Wittmann, Mag. Wolfgang Gerstl, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Verwaltungsgerichtsbarkeits-Ausführungsgesetz 2013, das Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz, das Verwaltungsgerichtsbarkeits-Über­gangsgesetz, das Verwaltungsgerichtshofgesetz 1985, das Verfassungsgerichtshofge­setz 1953, das Amtshaftungsgesetz und das Bundesministeriengesetz 1986 geändert werden (2294/A)

Ursula Haubner und Kollegen betreffend standortbezogenes Sprachförderungskon­zept (2295/A)(E)

Mag. Dr. Wolfgang Zinggl, Kolleginnen und Kollegen betreffend Abgrenzung von künstlerischer Tätigkeit in der Gewerbeordnung (2296/A)(E)

Dr. Gabriela Moser, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz über die Erfassung von Umgebungslärm und über die Planung von Lärmminderungsmaßnahmen (Bundes-Umgebungslärmschutzgesetz – Bundes-LärmG) geändert wird (2297/A)

Harald Jannach, Kolleginnen und Kollegen betreffend EU-Holzverordnung (EU) Nr. 995/2010 (2298/A)(E)

Heinz-Christian Strache, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Finanz-Verfassungsgesetz 1948 geändert wird (2299/A)

Heinz-Christian Strache, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Finanz-Verfassungsgesetz 1948 geändert wird (2300/A)

Carmen Gartelgruber, Kolleginnen und Kollegen betreffend die zukünftigen Belastun­gen der Bevölkerung von Angath – steigender Lärm und Abgase durch einen geplan­ten Autobahnparkplatz- und Raststättenausbau sowie durch den Bau einer offenen Bahntrasse statt Untertunnelung (2301/A)(E)

Dipl.-Ing. Gerhard Deimek, Kolleginnen und Kollegen betreffend Zulassung von Ra­dar-Warngeräten (2302/A)(E)

Werner Neubauer, Kolleginnen und Kollegen betreffend Errichtung von Gemeinde­wachkörpern (2303/A)(E)

Dr. Josef Cap, Karlheinz Kopf, Dr. Peter Fichtenbauer, Herbert Scheibner, Kolle­ginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz über die


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll203. Sitzung / Seite 13

Geschäftsordnung des Nationalrates (Geschäftsordnungsgesetz 1975) geändert wird (2304/A)

Dr. Josef Cap, Karlheinz Kopf, Dr. Peter Fichtenbauer, Dr. Eva Glawischnig-Pies­czek, Christoph Hagen, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz über die Geschäftsordnung des Nationalrates (Geschäftsord­nungsgesetz 1975) geändert wird (2305/A)

Anfragen der Abgeordneten

Josef Bucher, Kollegin und Kollegen an den Bundesminister für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz betreffend Armut in Österreich (14728/J)

Josef Bucher, Kollegin und Kollegen an die Bundesministerin für Justiz betreffend Ge­richtsgebühren (14729/J)

Ursula Haubner und Kollegen an den Bundesminister für Arbeit, Soziales und Kon­sumentenschutz betreffend Elternteilzeit (14730/J)

Ursula Haubner und Kollegen an den Bundesminister für Wirtschaft, Familie und Jugend betreffend Elternteilzeit (14731/J)

Ursula Haubner und Kollegen an die Bundesministerin für Justiz betreffend Eltern­teilzeit (14732/J)

Dr. Dagmar Belakowitsch-Jenewein, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminis­ter für Gesundheit betreffend finanzielles Fiasko bei der WGKK (14733/J)

Mag. Roman Haider, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Finanzen betreffend die Steuerautonomie der Länder (14734/J)

Harald Jannach, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft betreffend „Studie Melissa – Auftragge­ber“ (14735/J)

Dr. Dagmar Belakowitsch-Jenewein, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesminis­terin für Finanzen betreffend mögliche Steuerhinterziehung in großem Stil durch Wien Energie-Stromnetz GmbH (14736/J)

Mag. Roman Haider, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Wirtschaft, Familie und Jugend betreffend Lehrabschlussprüfungen 2012 (14737/J)

Harald Jannach, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Gesundheit be­treffend „Studie Melissa – Auftraggeber“ (14738/J)

Dr. Andreas Karlsböck, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Ge­sundheit betreffend neue Leistungsanforderungen an die Zahnambulatorien der Versi­cherungsanstalt öffentlich Bediensteter – Folgeanfrage (14739/J)

Josef A. Riemer, Kolleginnen und Kollegen an den Bundeskanzler betreffend die un­garische Volksgruppe in Österreich (14740/J)

Mag. Roman Haider, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Arbeit, So­ziales und Konsumentenschutz betreffend mobile Pflege statt Spitalsaufenthalt (14741/J)

Elmar Podgorschek, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Justiz be­treffend Nebenbeschäftigungen und Dienstpflichterfüllung des Richters Dr. S. (14742/J)


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll203. Sitzung / Seite 14

Dr. Walter Rosenkranz, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Un­terricht, Kunst und Kultur betreffend Sozialarbeiter an Schulen – aktueller Stand und zusätzlicher Bedarf (14743/J)

Dr. Walter Rosenkranz, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Un­terricht, Kunst und Kultur betreffend Schulpsychologen – aktueller Stand und zusätz­licher Bedarf (14744/J)

Dr. Walter Rosenkranz, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Unter­richt, Kunst und Kultur betreffend Post- und Telekom-Mitarbeiter an Schulen (14745/J)

Dr. Walter Rosenkranz, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Unter­richt, Kunst und Kultur betreffend Sportvereine in Turnsälen öffentlicher Schulen (14746/J)

Edith Mühlberghuber, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Gesund­heit betreffend Suchtkrankheit Alkoholismus (14747/J)

Dr. Dagmar Belakowitsch-Jenewein, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesmi­nister für Gesundheit betreffend Anzeigen wegen Rauchens im Lokal (14748/J)

Werner Neubauer, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Inneres be­treffend Arbeitszeit und ‑leistung von Herrn S. (14749/J)

Werner Neubauer, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Inneres be­treffend die Einkünfte von Herrn S. und Überweisungen an datenforensik.at (14750/J)

Werner Neubauer, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Inneres be­treffend Kontakte und Verfehlungen von Herrn S. (14751/J)

Dr. Kurt Grünewald, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Wissen­schaft und Forschung betreffend Gender und Diversity abseits des Frauentages im BMWF (14752/J)

Karl Öllinger, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Justiz betreffend Stand der Ermittlungen zu freiheitlicher Parteifinanzierung in Kärnten durch Schutz­geldzahlungen (14753/J)

Dr. Kurt Grünewald, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Wissen­schaft und Forschung betreffend Treffsicherheit beziehungsweise Aussagekraft von Eignungstests (14754/J)

Karl Öllinger, Kolleginnen und Kollegen an den Bundeskanzler betreffend Teilnahme an den Sitzungen und Arbeitsgruppen des (Minister)Rats der EU in den Jahren 2010 bis 2012 (14755/J)

Karl Öllinger, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Frauen und öf­fentlichen Dienst betreffend Teilnahme an den Sitzungen und Arbeitsgruppen des (Mi­nister)Rats der EU in den Jahren 2010 bis 2012 (14756/J)

Karl Öllinger, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für europäische und internationale Angelegenheiten betreffend Teilnahme an den Sitzungen und Arbeits­gruppen des (Minister)Rats der EU in den Jahren 2010 bis 2012 (14757/J)

Karl Öllinger, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz betreffend Teilnahme an den Sitzungen und Arbeitsgruppen des (Minister)Rats der EU in den Jahren 2010 bis 2012 (14758/J)

Karl Öllinger, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Finanzen betref­fend Teilnahme an den Sitzungen und Arbeitsgruppen des (Minister)Rats der EU in den Jahren 2010 bis 2012 (14759/J)

Karl Öllinger, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Gesundheit be­treffend Teilnahme an den Sitzungen und Arbeitsgruppen des (Minister)Rats der EU in den Jahren 2010 bis 2012 (14760/J)


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll203. Sitzung / Seite 15

Karl Öllinger, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Inneres betref­fend Teilnahme an den Sitzungen und Arbeitsgruppen des (Minister)Rats der EU in den Jahren 2010 bis 2012 (14761/J)

Karl Öllinger, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Justiz betreffend Teilnahme an den Sitzungen und Arbeitsgruppen des (Minister)Rats der EU in den Jahren 2010 bis 2012 (14762/J)

Karl Öllinger, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Landesverteidi­gung und Sport betreffend Teilnahme an den Sitzungen und Arbeitsgruppen des (Mi­nister)Rats der EU in den Jahren 2010 bis 2012 (14763/J)

Karl Öllinger, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Land- und Forst­wirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft betreffend Teilnahme an den Sitzungen und Arbeitsgruppen des (Minister)Rats der EU in den Jahren 2010 bis 2012 (14764/J)

Karl Öllinger, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Unterricht, Kunst und Kultur betreffend Teilnahme an den Sitzungen und Arbeitsgruppen des (Minis­ter)Rats der EU in den Jahren 2010 bis 2012 (14765/J)

Karl Öllinger, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Verkehr, Inno­vation und Technologie betreffend Teilnahme an den Sitzungen und Arbeitsgruppen des (Minister)Rats der EU in den Jahren 2010 bis 2012 (14766/J)

Karl Öllinger, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Wirtschaft, Familie und Jugend betreffend Teilnahme an den Sitzungen und Arbeitsgruppen des (Minis­ter)Rats der EU in den Jahren 2010 bis 2012 (14767/J)

Karl Öllinger, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Wissenschaft und Forschung betreffend Teilnahme an den Sitzungen und Arbeitsgruppen des (Minis­ter)Rats der EU in den Jahren 2010 bis 2012 (14768/J)

Dr. Walter Rosenkranz, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Inneres betreffend Lehrer als Kandidaten bei der Nationalratswahl 2008 im Bundesland Wien (14769/J)

Dr. Walter Rosenkranz, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Inneres betreffend Lehrer als Kandidaten bei der Nationalratswahl 2008 im Bundesland Tirol (14770/J)

Dr. Walter Rosenkranz, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Inneres betreffend Lehrer als Kandidaten bei der Nationalratswahl 2008 im Bundesland Nieder­österreich (14771/J)

Dr. Walter Rosenkranz, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Inneres betreffend Lehrer als Kandidaten bei der Nationalratswahl 2008 im Bundesland Steier­mark (14772/J)

Dr. Walter Rosenkranz, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Inneres betreffend Lehrer als Kandidaten bei der Nationalratswahl 2008 im Bundesland Kärn­ten (14773/J)

Dr. Walter Rosenkranz, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Inneres betreffend Lehrer als Kandidaten bei der Nationalratswahl 2008 im Bundesland Vorarl­berg (14774/J)


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll203. Sitzung / Seite 16

Dr. Walter Rosenkranz, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Inneres betreffend Lehrer als Kandidaten bei der Nationalratswahl 2008 im Bundesland Ober­österreich (14775/J)

Dr. Walter Rosenkranz, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Inneres betreffend Lehrer als Kandidaten bei der Nationalratswahl 2008 im Bundesland Salz­burg (14776/J)

Dr. Walter Rosenkranz, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Inneres betreffend Lehrer als Kandidaten bei der Nationalratswahl 2008 im Bundesland Bur­genland (14777/J)

Josef Bucher, Kollegin und Kollegen an die Bundesministerin für Finanzen betreffend heimische Banken in Steueroasen (14778/J)

Dr. Kurt Grünewald, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Gesundheit betreffend „Pflegekrankheit“ – wenn pflegende Angehörige selber krank werden (14779/J)

Dr. Johannes Hübner, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für europäi­sche und internationale Angelegenheiten betreffend Europäisches Amt für Betrugsbe­kämpfung (OLAF) im Zwielicht (14780/J)

Dr. Johannes Hübner, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für europäi­sche und internationale Angelegenheiten betreffend Gedenktafel für den kommunis­tischen Diktator Josef Wissarionowitsch Stalin in 1120 Wien, Schönbrunner Schloß­straße 30 (14781/J)

Christian Lausch, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Justiz be­treffend Bezugsvorschüsse (14782/J)

Dr. Walter Rosenkranz, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Un­terricht, Kunst und Kultur betreffend „Kreuze blieben an Kooperativer Mittelschule ab­gehängt“ (14783/J)

Dr. Walter Rosenkranz, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Unter­richt, Kunst und Kultur betreffend Abhängung von Kreuzen an einer Schule (14784/J)

Dr. Walter Rosenkranz, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Unter­richt, Kunst und Kultur betreffend fehlerhafte Angabe bei der Englisch-Zentralmatura (14785/J)

Mag. Roman Haider, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Inneres betreffend Direktvergaben des Ministeriums (14786/J)

Gerhard Huber, Kollegin und Kollegen an die Bundesministerin für Justiz betreffend den Salzburger Sachverständigen Dr. E.B. (und ein anhängiges Strafverfahren) (14787/J)

Gerhard Huber, Kollegin und Kollegen an die Bundesministerin für Justiz betreffend Strafverfahren gegen Sachverständige (14788/J)

Gerhard Huber, Kollegin und Kollegen an den Bundesminister für Gesundheit be­treffend Auskunftspflicht von Ärzten gegenüber einem obsorgeberechtigten Elternteil (14789/J)

Petra Bayr, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Finanzen betreffend die Förderungen von internationalen Finanzinstitutionen sowie die Vergabe von Export­kreditgarantien für Intensivtierhaltungsbetriebe, welche die Tierhaltestandards in Öster­reich und der EU unterschreiten (14790/J)

Mag. Daniela Musiol, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Wirtschaft, Familie und Jugend betreffend Daten Kinderbetreuungsplätze (14791/J)

Dr. Kurt Grünewald, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Wissen­schaft und Forschung betreffend Verankerung der österreichischen Gebärdensprache an Österreichs Universitäten (14792/J)


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll203. Sitzung / Seite 17

Stefan Markowitz, Kollegin und Kollegen an die Bundesministerin für Finanzen betreffend: 25 € abheben ohne PIN (14793/J)

Stefan Markowitz, Kollegin und Kollegen an den Bundesminister für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz betreffend: 25 € abheben ohne PIN (14794/J)

Stefan Markowitz, Kollegin und Kollegen an die Bundesministerin für Inneres be­treffend: 25 € abheben ohne PIN (14795/J)

Christoph Hagen, Kollegin und Kollegen an den Bundesminister für Landesverteidi­gung und Sport betreffend geplantes Deserteursdenkmal in Wien (14796/J)

Stefan Markowitz, Kollegin und Kollegen an den Bundesminister für Gesundheit be­treffend Dolmetscher für gehörlose Menschen in österreichischen Spitälern (14797/J)

Christoph Hagen, Kollegin und Kollegen an die Bundesministerin für Inneres betref­fend „Asylanten urlauben im Heimatland“ (14798/J)

Christoph Hagen, Kollegin und Kollegen an den Bundesminister für Landesverteidi­gung und Sport betreffend die Wehrdienstreform (14799/J)

Erich Tadler, Kollegin und Kollegen an den Bundeskanzler betreffend Verwaltungsge­richtsbarkeits-Novelle 2012 (14800/J)

Erich Tadler, Kollegin und Kollegen an die Bundesministerin für Frauen und öffentli­chen Dienst betreffend Verwaltungsgerichtsbarkeits-Novelle 2012 (14801/J)

Erich Tadler, Kollegin und Kollegen an den Bundesminister für europäische und inter­nationale Angelegenheiten betreffend Verwaltungsgerichtsbarkeits-Novelle 2012 (14802/J)

Erich Tadler, Kollegin und Kollegen an den Bundesminister für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz betreffend Verwaltungsgerichtsbarkeits-Novelle 2012 (14803/J)

Erich Tadler, Kollegin und Kollegen an die Bundesministerin für Finanzen betreffend Verwaltungsgerichtsbarkeits-Novelle 2012 (14804/J)

Erich Tadler, Kollegin und Kollegen an den Bundesminister für Gesundheit betreffend Verwaltungsgerichtsbarkeits-Novelle 2012 (14805/J)

Erich Tadler, Kollegin und Kollegen an die Bundesministerin für Inneres betreffend Verwaltungsgerichtsbarkeits-Novelle 2012 (14806/J)

Erich Tadler, Kollegin und Kollegen an die Bundesministerin für Justiz betreffend Ver­waltungsgerichtsbarkeits-Novelle 2012 (14807/J)

Erich Tadler, Kollegin und Kollegen an den Bundesminister für Landesverteidigung und Sport betreffend Verwaltungsgerichtsbarkeits-Novelle 2012 (14808/J)

Erich Tadler, Kollegin und Kollegen an den Bundesminister für Land- und Forstwirt­schaft, Umwelt und Wasserwirtschaft betreffend Verwaltungsgerichtsbarkeits-Novel­le 2012 (14809/J)

Erich Tadler, Kollegin und Kollegen an die Bundesministerin für Unterricht, Kunst und Kultur betreffend Verwaltungsgerichtsbarkeits-Novelle 2012 (14810/J)

Erich Tadler, Kollegin und Kollegen an die Bundesministerin für Verkehr, Innovation und Technologie betreffend Verwaltungsgerichtsbarkeits-Novelle 2012 (14811/J)

Erich Tadler, Kollegin und Kollegen an den Bundesminister für Wirtschaft, Familie und Jugend betreffend Verwaltungsgerichtsbarkeits-Novelle 2012 (14812/J)


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll203. Sitzung / Seite 18

Erich Tadler, Kollegin und Kollegen an den Bundesminister für Wissenschaft und For­schung betreffend Verwaltungsgerichtsbarkeits-Novelle 2012 (14813/J)

Dr. Franz-Joseph Huainigg, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Unterricht, Kunst und Kultur betreffend Nichtbeantwortung von Fragen aus der Anfra­ge 14236/J betreffend Umsetzung des Entschließungsantrages des Nationalrates vom 19. Jänner 2012 betreffend „Teilqualifizierung von Kindern mit sonderpädagogischem Förderbedarf“ (14814/J)

Herbert Kickl, Kolleginnen und Kollegen an den Bundeskanzler betreffend Versiche­rungsgeschäfte des Ressorts Teil 2 (14815/J)

Herbert Kickl, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Frauen und öf­fentlichen Dienst betreffend Versicherungsgeschäfte des Ressorts Teil 2 (14816/J)

Herbert Kickl, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für europäische und internationale Angelegenheiten betreffend Versicherungsgeschäfte des Ressorts Teil 2 (14817/J)

Herbert Kickl, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz betreffend Versicherungsgeschäfte des Ressorts Teil 2 (14818/J)

Herbert Kickl, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Finanzen betref­fend Versicherungsgeschäfte des Ressorts Teil 2 (14819/J)

Herbert Kickl, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Gesundheit betref­fend Versicherungsgeschäfte des Ressorts Teil 2 (14820/J)

Herbert Kickl, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Inneres betref­fend Versicherungsgeschäfte des Ressorts Teil 2 (14821/J)

Herbert Kickl, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Justiz betreffend Versicherungsgeschäfte des Ressorts Teil 2 (14822/J)

Herbert Kickl, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Landesverteidi­gung und Sport betreffend Versicherungsgeschäfte des Ressorts Teil 2 (14823/J)

Herbert Kickl, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Land- und Forst­wirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft betreffend Versicherungsgeschäfte des Res­sorts Teil 2 (14824/J)

Herbert Kickl, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Unterricht, Kunst und Kultur betreffend Versicherungsgeschäfte des Ressorts Teil 2 (14825/J)

Herbert Kickl, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Verkehr, Innova­tion und Technologie betreffend Versicherungsgeschäfte des Ressorts Teil 2 (14826/J)

Herbert Kickl, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Wirtschaft, Familie und Jugend betreffend Versicherungsgeschäfte des Ressorts Teil 2 (14827/J)

Herbert Kickl, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Wissenschaft und Forschung betreffend Versicherungsgeschäfte des Ressorts Teil 2 (14828/J)

Harald Vilimsky, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Inneres be­treffend häusliche Gewalt 2012 (14829/J)

Dr. Dagmar Belakowitsch-Jenewein, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesminis­terin für Justiz betreffend Verdacht strafrechtlich relevanter Handlungen durch Mitar­beiter der Wien Energie-Stromnetz GmbH in mehreren Fällen (14830/J)


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll203. Sitzung / Seite 19

Carmen Gartelgruber, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Verkehr, Innovation und Technologie betreffend die zukünftigen Belastungen der Bevölkerung von Angath – steigender Lärm und Abgase durch einen geplanten Autobahnparkplatz- und Raststättenausbau sowie durch den Bau einer offenen Bahntrasse statt Untertun­nelung (14831/J)

Mario Kunasek, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Gesundheit be­treffend Entschädigungszahlungen aus dem „Unterstützungsfonds für Personen, die durch medizinische Behandlung oder Tätigkeit mit HIV infiziert worden sind“ (14832/J)

Mag. Roman Haider, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Gesundheit betreffend Österreich als Spitzenreiter bei Spitalsaufenthalten (14833/J)

Mag. Heidemarie Unterreiner, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Finanzen betreffend fürstliche Honorare an ÖVP-Funktionärin (14834/J)

Mag. Heidemarie Unterreiner, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Finanzen betreffend Unregelmäßigkeiten rund um die Trafikantenakademie (14835/J)

Dipl.-Ing. Gerhard Deimek, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Wirt­schaft, Familie und Jugend betreffend Geldflüsse an die SPÖ (14836/J)

Dipl.-Ing. Gerhard Deimek, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Verkehr, Innovation und Technologie betreffend ICAO-Audit und die Zukunft der öster­reichischen Luftfahrt (14837/J)

Dr. Andreas Karlsböck, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Ge­sundheit betreffend neue Leistungsanforderungen an das Zahnambulatorium der Bur­genländischen Gebietskrankenkasse – Folgeanfrage (14838/J)

Dipl.-Ing. Gerhard Deimek, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Wirt­schaft, Familie und Jugend betreffend Geldflüsse an die SPÖ (14839/J)

Mario Kunasek, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Justiz betref­fend Sachverhaltsdarstellung des Bundesministeriums für Landesverteidigung und Sport (14840/J)

Dipl.-Ing. Gerhard Deimek, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Verkehr, Innovation und Technologie betreffend die Reparatur von Fahrzeugen der Post in Ungarn (14841/J)

Werner Neubauer, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Inneres be­treffend Ergebnis der Aussagen des Herrn S. gegenüber einer Tageszeitung (14842/J)

Dipl.-Ing. Gerhard Deimek, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Verkehr, Innovation und Technologie betreffend BMVIT-Arbeitsgruppe „Bundesamt für Zivilluftfahrt“ (14843/J)

Edith Mühlberghuber, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Gesund­heit betreffend Behandlung mit Ritalin (14844/J)

Harald Vilimsky, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Inneres betref­fend Aufklärungsquote in Österreich im Jahr 2012 (14845/J)

Harald Vilimsky, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Wirtschaft, Fa­milie und Jugend betreffend Ausgaben für Asylberechtigte 2012 (14846/J)

Mag. Bruno Rossmann, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Finan­zen betreffend Gebarungserfolg des Bundes für die Monate Jänner bis März 2013 (14847/J)


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll203. Sitzung / Seite 20

Mag. Judith Schwentner, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Inne­res betreffend den Abschlussbericht des Bündnisses gegen Gewalt (14848/J)

Dr. Harald Walser, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Unterricht, Kunst und Kultur betreffend Erweiterungsstudien für AHS-LehrerInnen (14849/J)

Ing. Robert Lugar, Kollegin und Kollegen an die Bundesministerin für Verkehr, Innova­tion und Technologie betreffend Finanzgebarung der S 37 seit 1. Jänner 2007 (14850/J)

Gerald Grosz, Kollegin und Kollegen an den Bundeskanzler betreffend Gesamtkosten der Regierungsinserate (14851/J)

Gerald Grosz, Kollegin und Kollegen an die Bundesministerin für Frauen und öffentli­chen Dienst betreffend Gesamtkosten der Regierungsinserate (14852/J)

Gerald Grosz, Kollegin und Kollegen an den Bundesminister für europäische und in­ternationale Angelegenheiten betreffend Gesamtkosten der Regierungsinserate (14853/J)

Gerald Grosz, Kollegin und Kollegen an den Bundesminister für europäische und in­ternationale Angelegenheiten betreffend Gesamtkosten der Regierungsinserate (14854/J)

Gerald Grosz, Kollegin und Kollegen an die Bundesministerin für Finanzen betreffend Gesamtkosten der Regierungsinserate (14855/J)

Gerald Grosz, Kollegin und Kollegen an den Bundesminister für Gesundheit betreffend Gesamtkosten der Regierungsinserate (14856/J)

Gerald Grosz, Kollegin und Kollegen an die Bundesministerin für Inneres betreffend Gesamtkosten der Regierungsinserate (14857/J)

Gerald Grosz, Kollegin und Kollegen an die Bundesministerin für Justiz betreffend Ge­samtkosten der Regierungsinserate (14858/J)

Gerald Grosz, Kollegin und Kollegen an den Bundesminister für Landesverteidigung und Sport betreffend Gesamtkosten der Regierungsinserate (14859/J)

Gerald Grosz, Kollegin und Kollegen an den Bundesminister für Land- und Forst­wirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft betreffend Gesamtkosten der Regierungsin­serate (14860/J)

Gerald Grosz, Kollegin und Kollegen an die Bundesministerin für Unterricht, Kunst und Kultur betreffend Gesamtkosten der Regierungsinserate (14861/J)

Gerald Grosz, Kollegin und Kollegen an die Bundesministerin für Verkehr, Innovation und Technologie betreffend Gesamtkosten der Regierungsinserate (14862/J)

Gerald Grosz, Kollegin und Kollegen an den Bundesminister für Wirtschaft, Familie und Jugend betreffend Gesamtkosten der Regierungsinserate (14863/J)

Gerald Grosz, Kollegin und Kollegen an den Bundesminister für Wissenschaft und Forschung betreffend Gesamtkosten der Regierungsinserate (14864/J)

Walter Schopf, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz betreffend Leasingpersonal (14865/J)

Dr. Gabriela Moser, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Justiz be­treffend Verfahrensstand zum Untersuchungsthema Telekom (14866/J)


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll203. Sitzung / Seite 21

Dr. Gabriela Moser, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Justiz be­treffend Verfahrensstand zum Untersuchungsgegenstand Immobiliengeschäfte (14867/J)

Dr. Gabriela Moser, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Justiz be­treffend Verfahrensstand zum Untersuchungsthema Behördenfunk (14868/J)

Dr. Gabriela Moser, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Justiz be­treffend Verfahrensstand zum Untersuchungsgegenstand Inserate staatsnaher Unter­nehmen (14869/J)

Dr. Gabriela Moser, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Justiz be­treffend Verfahrensstand zum Untersuchungsthema Regierungsinserate (14870/J)

Dr. Gabriela Moser, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Justiz be­treffend Verfahrensstand zum Untersuchungsthema Glücksspiel (14871/J)

Dr. Gabriela Moser, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Justiz be­treffend Verfahrensstand zum Untersuchungsgegenstand Staatsbürgerschaften (14872/J)

Anfragebeantwortungen

der Bundesministerin für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Werner Herbert, Kolleginnen und Kollegen (13957/AB zu 14251/J)

der Bundesministerin für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Peter Pilz, Kol­leginnen und Kollegen (13958/AB zu 14253/J)

der Bundesministerin für Finanzen auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Bruno Rossmann, Kolleginnen und Kollegen (13959/AB zu 14254/J)

des Bundesministers für Wirtschaft, Familie und Jugend auf die Anfrage der Abgeord­neten Mathias Venier, Kolleginnen und Kollegen (13960/AB zu 14276/J)

des Bundesministers für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz auf die Anfrage der Abgeordneten Harald Vilimsky, Kolleginnen und Kollegen (13961/AB zu 14320/J)

der Bundesministerin für Verkehr, Innovation und Technologie auf die Anfrage der Abgeordneten Dipl.-Ing. Gerhard Deimek, Kolleginnen und Kollegen (13962/AB zu 14252/J)

der Bundesministerin für Justiz auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Harald Stefan, Kolleginnen und Kollegen (13963/AB zu 14246/J)

der Bundesministerin für Justiz auf die Anfrage der Abgeordneten Christian Lausch, Kolleginnen und Kollegen (13964/AB zu 14247/J)

der Bundesministerin für Justiz auf die Anfrage der Abgeordneten Christian Lausch, Kolleginnen und Kollegen (13965/AB zu 14248/J)

der Bundesministerin für Justiz auf die Anfrage der Abgeordneten Christian Lausch, Kolleginnen und Kollegen (13966/AB zu 14249/J)

der Bundesministerin für Justiz auf die Anfrage der Abgeordneten Christian Lausch, Kolleginnen und Kollegen (13967/AB zu 14250/J)

des Bundesministers für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz auf die Anfrage der Abgeordneten Stefan Markowitz, Kollegin und Kollegen (13968/AB zu 14255/J)


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll203. Sitzung / Seite 22

des Bundesministers für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft auf die Anfrage der Abgeordneten Stefan Markowitz, Kollegin und Kollegen (13969/AB zu 14259/J)

des Bundesministers für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft auf die Anfrage der Abgeordneten Josef Jury, Kolleginnen und Kollegen (13970/AB zu 14285/J)

des Bundesministers für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft auf die Anfrage der Abgeordneten Dietmar Keck, Kolleginnen und Kollegen (13971/AB zu 14289/J)

des Bundesministers für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft auf die Anfrage der Abgeordneten Harald Vilimsky, Kolleginnen und Kollegen (13972/AB zu 14326/J)

der Bundesministerin für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Andrea Gessl-Ranftl, Kolleginnen und Kollegen (13973/AB zu 14263/J)

der Bundesministerin für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Albert Stein­hauser, Kolleginnen und Kollegen (13974/AB zu 14265/J)

der Bundesministerin für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Sonja Steßl-Mühlbacher, Kolleginnen und Kollegen (13975/AB zu 14269/J)

der Bundesministerin für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Elmar Podgor­schek, Kolleginnen und Kollegen (13976/AB zu 14271/J)

der Bundesministerin für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Elmar Podgor­schek, Kolleginnen und Kollegen (13977/AB zu 14275/J)

der Bundesministerin für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Susanne Win­ter, Kolleginnen und Kollegen (13978/AB zu 14278/J)

der Bundesministerin für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Rupert Doppler, Kolleginnen und Kollegen (13979/AB zu 14279/J)

der Bundesministerin für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Rupert Doppler, Kolleginnen und Kollegen (13980/AB zu 14281/J)

der Bundesministerin für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Leopold Mayer­hofer, Kolleginnen und Kollegen (13981/AB zu 14283/J)

der Bundesministerin für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Mathias Venier, Kolleginnen und Kollegen (13982/AB zu 14284/J)

der Bundesministerin für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Ulrike Königsber­ger-Ludwig, Kolleginnen und Kollegen (13983/AB zu 14288/J)

des Bundesministers für europäische und internationale Angelegenheiten auf die An­frage der Abgeordneten Mag. Alev Korun, Kolleginnen und Kollegen (13984/AB zu 14264/J)

der Bundesministerin für Unterricht, Kunst und Kultur auf die Anfrage der Abgeord­neten Mag. Katharina Cortolezis-Schlager, Kolleginnen und Kollegen (13985/AB zu 14261/J)

der Bundesministerin für Finanzen auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Gabriela Mo­ser, Kolleginnen und Kollegen (13986/AB zu 14266/J)

der Bundesministerin für Unterricht, Kunst und Kultur auf die Anfrage der Abgeordne­ten Mag. Helene Jarmer, Kolleginnen und Kollegen (13987/AB zu 14267/J)


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll203. Sitzung / Seite 23

der Bundesministerin für Finanzen auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Roman Haider, Kolleginnen und Kollegen (13988/AB zu 14272/J)

des Bundesministers für Gesundheit auf die Anfrage der Abgeordneten Stefan Marko­witz, Kollegin und Kollegen (13989/AB zu 14258/J)

des Bundesministers für Gesundheit auf die Anfrage der Abgeordneten Gabriele Ta­mandl, Kolleginnen und Kollegen (13990/AB zu 14260/J)

der Bundesministerin für Justiz auf die Anfrage der Abgeordneten Elmar Podgor­schek, Kolleginnen und Kollegen (13991/AB zu 14270/J)

der Bundesministerin für Justiz auf die Anfrage der Abgeordneten Elmar Podgor­schek, Kolleginnen und Kollegen (13992/AB zu 14274/J)

des Bundesministers für Gesundheit auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Dagmar Belakowitsch-Jenewein, Kolleginnen und Kollegen (13993/AB zu 14277/J)

der Bundesministerin für Justiz auf die Anfrage der Abgeordneten Rupert Doppler, Kolleginnen und Kollegen (13994/AB zu 14280/J)

der Bundesministerin für Justiz auf die Anfrage der Abgeordneten Rupert Doppler, Kolleginnen und Kollegen (13995/AB zu 14282/J)

des Bundesministers für Gesundheit auf die Anfrage der Abgeordneten Josef Jury, Kolleginnen und Kollegen (13996/AB zu 14286/J)

des Bundesministers für Gesundheit auf die Anfrage der Abgeordneten Ursula Haub­ner und Kollegen (13997/AB zu 14297/J)

des Bundesministers für Gesundheit auf die Anfrage der Abgeordneten Erich Tadler, Gerhard Köfer, Kollegin und Kollegen (13998/AB zu 14298/J)

des Bundesministers für Gesundheit auf die Anfrage der Abgeordneten Gerhard Hu­ber, Kollegin und Kollegen (13999/AB zu 14316/J)

des Bundesministers für Gesundheit auf die Anfrage der Abgeordneten Harald Vi­limsky, Kolleginnen und Kollegen (14000/AB zu 14322/J)

des Bundesministers für Wissenschaft und Forschung auf die Anfrage der Abgeordne­ten Stefan Markowitz, Kollegin und Kollegen (14001/AB zu 14290/J)

des Bundeskanzlers auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Susanne Winter, Kolle­ginnen und Kollegen (14002/AB zu 14273/J)

der Bundesministerin für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Dietmar Keck, Kolleginnen und Kollegen (14003/AB zu 14292/J)

der Bundesministerin für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Ewald Sacher, Kolleginnen und Kollegen (14004/AB zu 14296/J)

der Bundesministerin für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Ing. Peter Wes­tenthaler, Kollegin und Kollegen (14005/AB zu 14299/J)

des Präsidenten des Rechnungshofes auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Chris­tine Lapp, MA, Kolleginnen und Kollegen (14006/AB zu 14291/J)

des Bundesministers für Landesverteidigung und Sport auf die Anfrage der Abgeord­neten Kurt List, Kollegin und Kollegen (14007/AB zu 14294/J)


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll203. Sitzung / Seite 24

des Bundesministers für Landesverteidigung und Sport auf die Anfrage der Abgeord­neten Harald Vilimsky, Kolleginnen und Kollegen (14008/AB zu 14325/J)

der Bundesministerin für Justiz auf die Anfrage der Abgeordneten Gerhard Huber, Kollegin und Kollegen (14009/AB zu 14300/J)

des Bundesministers für Wissenschaft und Forschung auf die Anfrage der Abgeord­neten Mag. Dr. Martin Graf, Kolleginnen und Kollegen (14010/AB zu 14304/J)

des Bundesministers für Wirtschaft, Familie und Jugend auf die Anfrage der Abgeord­neten Bernhard Themessl, Kolleginnen und Kollegen (14011/AB zu 14306/J)

des Bundesministers für Wirtschaft, Familie und Jugend auf die Anfrage der Abgeord­neten Harald Vilimsky, Kolleginnen und Kollegen (14012/AB zu 14329/J)

des Bundesministers für Wissenschaft und Forschung auf die Anfrage der Abgeord­neten Harald Vilimsky, Kolleginnen und Kollegen (14013/AB zu 14330/J)

des Bundesministers für Wirtschaft, Familie und Jugend auf die Anfrage der Abgeord­neten Rupert Doppler, Kolleginnen und Kollegen (14014/AB zu 14343/J)


 


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll203. Sitzung / Seite 25

09.06.01Beginn der Sitzung: 9.06 Uhr

Vorsitzende: Präsidentin Mag. Barbara Prammer, Zweiter Präsident Fritz Neuge­bauer, Dritter Präsident Mag. Dr. Martin Graf.

*****

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Guten Morgen, meine Damen und Herren! Ich eröffne die 203. Sitzung.

Das Amtliche Protokoll der 202. Sitzung vom 14. Mai 2013 ist in der Parlaments­direktion aufgelegen und unbeanstandet geblieben.

Als verhindert gemeldet sind die Abgeordneten Mag. Darabos, Großruck, Schitten­helm, Ing. Hofer, Mag. Schatz, Windbüchler-Souschill und Stauber.

*****

09.06.29

Meine Damen und Herren! In der Plenarsitzung vom 14. Mai 2013 hat Abgeordneter Christoph Hagen im Zuge der Debatte über die Dringliche Anfrage beleidigende Äuße­rungen gegenüber einzelnen Fraktionen und dem Abgeordneten Dr. Harald Walser ge­tätigt.

In Absprache mit dem zu diesem Zeitpunkt vorsitzführenden Präsidenten Fritz Neuge­bauer erteile ich hiefür und für den Ausdruck „verlogene Politik“ gemäß § 103 Abs. 2 der Geschäftsordnung einen Ordnungsruf. (Bravorufe bei der SPÖ.)

*****

Zur Geschäftsbehandlung erteile ich Herrn Klubobmann Bucher das Wort. – Bitte.

 


9.07.12

Abgeordneter Josef Bucher (BZÖ) (zur Geschäftsbehandlung): Frau Präsidentin! Ho­hes Haus! Eigentlich wollte ich uns eine neuerliche Debatte zum Spekulationsverbot ersparen, nachdem wir ja schon dreimal eine Einwendungsdebatte darüber geführt ha­ben, aber die letzte Entwicklung rund um die Beratungen und Ergebnisse der Landes­hauptleutekonferenz war schon sehr erschütternd.

Wenn man da zum Beispiel vernimmt, dass der Vorsitzende der Landeshauptleutekon­ferenz, Markus Wallner, sagt: Wir werden uns nicht länger in der Umsetzung des Spe­kulationsverbots auf der Nase herumtanzen lassen!, und die Schuld dem Nationalrat gibt, vor allem den Oppositionsparteien, dann muss man sich wirklich fragen, ob es hier nicht zu einer Verkennung der Realität gekommen ist, was die Landeshauptleute betrifft.

Deshalb möchten wir heute das Spekulationsverbotsgesetz neuerlich auf die Tages­ordnung bringen und eine Debatte darüber führen, denn es kann nicht sein, dass uns die Landeshauptleute hier zum Narren machen. (Beifall beim BZÖ und bei Abgeordne­ten der FPÖ.)

9.08


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Sie haben die Einwendungen gehört. Ich trete den Einwendungen nicht bei. (Abg. Ing. Westenthaler: Das sollten Sie aber!) Im Übri­gen liegen die Einwendungen auch schriftlich vor.


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll203. Sitzung / Seite 26

In der gemäß § 50 GOG stattfindenden Debatte beschränke ich die Redezeit auf 5 Mi­nuten und die Zahl der Rednerinnen und Redner pro Klub auf drei.

Debatte und Abstimmung über die Einwendungen werden nach Durchführung der Ak­tuellen Europastunde stattfinden.

*****

Ich gebe bekannt, dass die Aktuelle Stunde und die Aktuelle Europastunde auf ORF 2 bis voraussichtlich 11.45 Uhr live übertragen werden. ORF III wird diese Sitzung in vol­ler Länge live übertragen.

09.09.17Aktuelle Stunde

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Wir gelangen nun zur Aktuellen Stunde mit dem Thema:

„Arbeitsplätze und soziale Sicherheit statt Armutsmigration und Sozialtourismus“

Als erstem Redner erteile ich Herrn Klubobmann Strache das Wort. Ich mache darauf aufmerksam, die Redezeit beträgt 10 Minuten. – Bitte.

 


9.09.19

Abgeordneter Heinz-Christian Strache (FPÖ): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Herr Sozialminister! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Wir haben diese heutige Ak­tuelle Stunde beantragt, weil leider Gottes die Zahlen und vor allen Dingen die Entwick­lung der Arbeitslosigkeit in Österreich durchaus dramatische Ausmaße angenommen haben und die Arbeitslosigkeit in Österreich dramatisch angestiegen ist – und Herr So­zialminister Hundstorfer sich immer wieder, hier im Parlament, aber auch in der Öf­fentlichkeit, hinstellt und meint, es sei im Wesentlichen eh alles ganz paletti und alles ganz toll, und sagt, wir seien doch gar nicht so schlecht unterwegs.

Minister Hundstorfer stellt nämlich immer wieder folgenden Vergleich an, nämlich den mit anderen, wesentlich schlechter dastehenden Ländern in der Europäischen Union. – Ich sage, das ist einfach nicht korrekt. Wir haben die höchsten Arbeitslosenzahlen seit dem Zweiten Weltkrieg in Österreich, und das müssen wir nicht nur ernst nehmen, das ist eine absolut negative Entwicklung, wo alles zu tun ist, um gegenzusteuern, Herr Sozialminister!

Dieser Vergleich ist ein schwacher Trost für die über 350 000 Arbeitslosen in Öster­reich, wovon sich ein großer Teil in AMS-Umschulungsprogrammen befindet, nämlich bis zu 80 000 Menschen. Gerade im Bereich der Jugendarbeitslosigkeit ist es in Öster­reich so, dass wir heute leider Gottes über 40 000 junge Menschen in der Arbeitslosig­keit haben. Für diese Menschen ist es ein besonders schwacher Trost, wenn man da auf andere Länder zeigt, in denen es noch schlechter ist. Sie bringen immer wieder dieses Argument, von dem ich sage, das ist ein schlechtes Argument, eine Verhöh­nung der Arbeitslosen, denn sie können sich darum gar nichts kaufen, sie wollen kon­krete Maßnahmen hier in Österreich, damit die Arbeitslosigkeit zurückgedrängt wird. (Beifall bei der FPÖ.)

Ich sage, wir müssen die Probleme in Österreich lösen, Herr Minister, und da fehlen uns von Ihrer Seite die notwendigen Initiativen und die notwendigen Maßnahmen, um hier wirklich spürbar etwas zu verbessern. Aber natürlich auch von Seiten beider Re-


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll203. Sitzung / Seite 27

gierungsparteien, und da kann man die ÖVP nicht ausnehmen, auf die komme ich dann noch zu sprechen.

Statt geeignete Maßnahmen zu setzen, um den österreichischen Arbeitsmarkt entspre­chend zu entlasten, machen Sie und Ihr Koalitionspartner leider genau das Gegenteil. Wir sollten in die Ausbildung unserer Jugend investieren. Und ich kann nur noch ein­mal daran erinnern – wir hören es aus allen Fachbereichen, auch aus den kleineren und mittleren Unternehmen –, dass gerade im Bereich der Lehre, im Bereich der Fach­ausbildung, auch im Bereich der Pflegeausbildung ein unglaublicher Bedarf vorhan­den ist und viele Unternehmer zu Recht heute anmerken, dass es zu wenige ausgebil­dete Fachkräfte gibt, weil in diesen Bereichen oftmals gespart wird. Pflegebereich: viel zu wenige Ausbildungsplätze in Österreich – und dann jammert man, dass man zu we­nige ausgebildete Pflegekräfte hat. Da muss man in unsere Jugend investieren und auch diese Ausbildungsplätze und Möglichkeiten schaffen. (Beifall bei der FPÖ.)

Statt in die Ausbildung unserer Jugend zu investieren, holen Sie lieber billige Arbeits­kräfte aus dem Ausland. Sie haben ja hier im Parlament, die Regierungsparteien, auch mit Unterstützung der Grünen, die Öffnung des osteuropäischen Arbeitsmarktes gegen die Stimmen der Freiheitlichen Partei ermöglicht. Wir stehen davor, dass demnächst auch die Bürger aus Rumänien und Bulgarien Niederlassungsfreiheit bei uns bekom­men sollen. Und natürlich wird dadurch der Arbeitsmarkt belastet, natürlich gibt es hier Verdrängungsprozesse durch Lohndumping, und natürlich führt das dazu, dass das Lohnniveau zum Teil weiter absinkt, und das ist negativ.

Ich frage daher ganz bewusst Sie, Herr Sozialminister Hundstorfer: Sind 63 000 ar­beitslose Ausländer in Österreich nicht schon genug? Und: Warum halten Sie an der Öffnung des österreichischen Arbeitsmarktes für rumänische und bulgarische Arbeits­kräfte weiter fest, wo andere Länder zu Recht schon darüber eine breite Debatte und Diskussion begonnen haben? Wie etwa in England: Der dortige Premierminister Ca­meron warnt von Seiten der britischen Regierung davor, dass das Sozialsystem in England natürlich dazu führt, dass weitere Menschen, gerade aus den osteuropäischen Ländern, in diesen Sozialstaat zuwandern werden, und man überlegt sich, die Ansprü­che nicht nur auf Arbeitslosengeld, sondern auch auf Sozialwohnungen gesetzlich neu zu regeln, um eben eine Zuwanderung in das Sozialsystem Großbritanniens zu verhin­dern und genau diesen Entwicklungen aus gutem Grund gegenzusteuern.

Ich frage daher: Wenn wir heute in Österreich 63 000 arbeitslose Ausländer haben, ist das nicht genug? Warum hält man von Ihrer Seite und von Seiten der Regierung daran fest, weiter zu öffnen in Richtung Rumänien und Bulgarien und damit den Druck auf die österreichischen Arbeitnehmer natürlich auch weiter zu erhöhen – aber nicht nur auf die, sondern auch auf die bereits gut integrierten Menschen, die zu uns zugewandert sind, heute am österreichischen Arbeitsmarkt tätig sind und natürlich auch durch die­sen Verdrängungsprozess bedroht sind, ihren Arbeitsplatz zu verlieren?

Manchmal habe ich das Gefühl, Herr Sozialminister, Sie glauben, dass wir in Öster­reich zu viele Arbeitsplätze haben und nicht zu viele Arbeitslose. Anders kann ich mir Ihr Verhalten und Ihre Position nicht erklären. (Beifall bei der FPÖ.)

Aber, Herr Sozialminister, es ist genau das Gegenteil der Fall: Wir haben offensichtlich zu wenige Arbeitsplätze und zu viele Menschen, die auf diesen Arbeitsmarkt drängen. Wir Freiheitlichen haben immer vor der Arbeitsmarktöffnung für osteuropäische Länder gewarnt, und Sie haben sich damals hingestellt und gemeint: Die Freiheitlichen, was die schon wieder behaupten, was die schon wieder in den Raum stellen! – Heute ha­ben wir 128 000 Arbeitskräfte aus den neuen Mitgliedsländern der Europäischen Union hier in Österreich. 128 000 sind es bereits, und natürlich wird diese Zahl, wenn Sie in Richtung der Länder Rumänien und Bulgarien öffnen, weiter ansteigen und irgendwann


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einmal auf über 200 000 ansteigen. Und das bedeutet Verdrängung, das bedeutet wei­tere Zuspitzung am Arbeitsmarkt, und das ist folgerichtig auch eine Gefahr für öster­reichische Arbeitnehmer und gut integrierte Menschen, die hier Arbeit haben, auch in der Arbeitslosigkeit zu landen.

Ich sage daher: Bitte hören Sie auf damit! Stoppen Sie den Zuzug ausländischer Ar­beitskräfte! Vor allem: Stoppen Sie die geplante Öffnung des Arbeitsmarktes für Rumä­nien und Bulgarien! (Beifall bei der FPÖ.)

Damit würden Sie einen sehr verantwortungsvollen Dienst für die österreichischen Ar­beitnehmer und die bereits gut integrierten Arbeitnehmer hier in Österreich leisten. Das wäre notwendig.

Mit der Öffnung für Rumänien und Bulgarien, gehen Experten davon aus, werden min­destens über 20 000 Arbeitskräfte zusätzlich relativ kurzfristig auf den österreichischen Arbeitsmarkt strömen, wie Ihre eigene Arbeiterkammer durchaus kritisch und warnend anmerkt.

Österreich ist nicht das Sozialamt oder das Arbeitsmarktservice der osteuropäischen EU-Länder! Während die Zahl der österreichischen Arbeitslosen in den letzten vier Jahren um 18,5 Prozent angewachsen ist, dramatisch genug, ist die Zahl der arbeits­losen Ausländer um über 52 Prozent in Österreich gestiegen. Und auch bei den als langzeitbeschäftigungslos geltenden Personen ist ein sprunghafter Anstieg bei der Gruppe der ausländischen Arbeitskräfte, die heute keine Arbeit mehr haben, zu ver­zeichnen. Deren Zahl hat sich in der Zeit fast verdoppelt, während der Anstieg bei den Österreichern insgesamt bei 33 Prozent liegt. Wie gesagt: schlimm genug!

Dadurch ist eines ersichtlich, dass das, was Sie immer wieder behaupten, nicht stimmt, nämlich dass Ihre undifferenzierte Zuwanderung ohne klare Regeln angeblich dem ös­terreichischen Sozialstaat mehr bringt, als es kostet. Das Gegenteil ist der Fall! (Beifall bei der FPÖ.)

Wir haben mehr Kosten, die Sie verleugnen und wo Sie bis heute nicht bereit sind, wie unzählige Anfragen der Freiheitlichen Partei beweisen, entsprechende Transparenz möglich zu machen, damit man sieht: Was wird eingezahlt, was wird ausgezahlt, und was sind sozusagen die Gesamtkosten, die verursacht werden? Hier Transparenz und Kostenwahrheit sicherzustellen, das verweigern Sie! Man will offenbar die Wahrheit von Ihrer Seite gar nicht der Öffentlichkeit zumuten. Aber genau das ist Ihre Verant­wortung! Sie versuchen, die Wahrheit in diesem Bereich zu unterdrücken.

Das Ziel der Wiener SPÖ ist mir seit einigen Jahrzehnten bekannt und für mich eindeu­tig: Sie hoffen, dass Sie damit neue Wähler für die SPÖ rekrutieren und teilweise auch importieren. Und ich sage Ihnen, das regt viele Österreicher auf. Ich kann Ihnen aber eines versichern: Bevor Sie die österreichische Bevölkerung austauschen, wird die ös­terreichische Bevölkerung diese rot-schwarze Bundesregierung austauschen, weil es notwendig und wichtig ist, damit diese fehlerhaften Entwicklungen endlich einmal abge­stellt werden können. (Beifall bei der FPÖ.)

Österreich gerät ja auch in Folge des Europäischen Stabilitätsmechanismus immer tiefer in den Negativstrudel der internationalen Entwicklungen. Milliardeninvestitionen in Pleitestaaten, in Spekulationsbanken verpuffen im wahrsten Sinne des Wortes – und jeder Österreicher fragt sich zu Recht: Ja, bitte, was reitet denn diese rot-schwarze Bundesregierung, wenn Milliarden in Richtung der Bankspekulanten gepumpt werden, aber nicht in Österreich die notwendigen Initiativen gesetzt werden, um Wirtschafts­impulse möglich zu machen, um in unsere Betriebe investieren zu können, um die Kre­ditklemme aufzubrechen und Kredite zu ermöglichen?!


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Da versagen Sie absolut, da sind diese beiden Regierungsparteien im wahrsten Sinne des Wortes katastrophal unterwegs, und da braucht es eine Veränderung im Land, für die wir Freiheitlichen klar und deutlich als einzige starke Oppositionskraft stehen. (Bei­fall bei der FPÖ.)

9.19


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Zu einer einleitenden Stellungnahme hat sich Herr Bundesminister Hundstorfer zu Wort gemeldet. Die Redezeit sollte 10 Minuten nicht übersteigen. – Bitte, Herr Bundesminister.

 


9.20.00

Bundesminister für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz Rudolf Hundstorfer: Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Sie gestatten mir, dass ich die Ausführungen des Herrn Klubobmann Strache nur streife, weil ich Ihnen vor allem mitteilen möchte, was wir tun, um den österreichischen Arbeitsmarkt abzusichern, was wir tun, damit wir in Europa die niedrigste Arbeitslosenquote haben, wissend, dass die Menschen, die arbeitslos sind, natürlich nicht beruhigt sind – das ist gar keine Frage! –, aber es ist schon bemerkenswert, in einem Land zu leben, in dem es seit über 30 Monaten die niedrigste Arbeitslosenrate innerhalb Europas gibt. (Ruf bei der FPÖ: Noch immer zu hoch!) Diesen Vergleich kann man nicht so einfach bei­seiteschieben.

Es ist auch bemerkenswert, dass wir bei der Jugendarbeitslosigkeit die niedrigste Rate von ganz Europa haben. Zeigen Sie mir ein Land, meine sehr geehrten Damen und Herren von der Freiheitlichen Partei, das 640 Millionen € bei nur acht Millionen Einwoh­nern in die Arbeitsmarktpolitik für die Gruppe der 15- bis 24-Jährigen investiert! Zeigen Sie mir solch ein Land! (Beifall bei SPÖ und ÖVP. – Abg. Strache: Die Schweiz steht besser da!)

Sie sollten sich lieber Sorgen machen, warum zum Beispiel viele Jugendliche die Lehre nicht mehr attraktiv finden. Sie sollten sich Sorgen machen, warum wir überproportio­nal viele AHS-Klassen mehr brauchen und bei den Berufsschulen ein Problem haben. Das wäre eine richtige Antwort! (Zwischenrufe bei der FPÖ.) – Das, was Sie hier tun, ist Demagogie, auf die ich nicht näher eingehen möchte.

Was tun wir? – Wir haben in den letzten vier Jahren, seitdem es diese Regierung gibt, 126 000 Arbeitsplätze zusätzlich geschaffen. (Abg. Strache: Aber nicht für Österrei­cher!) Wir sind eines der ganz, ganz wenigen Länder in Europa, die ein Plus an Ar­beitsplätzen haben und kein Minus. Auch wenn Sie hier meinen, das seien nicht Ar­beitsplätze für Österreicherinnen und Österreicher, ist die Wahrheit die – und auch da bestraft Sie die Statistik –: Es sind Arbeitsplätze für Österreicherinnen und Österreicher (Abg. Strache: Aber im Burgenland nicht!), und es sind Arbeitsplätze für Menschen, die legal hier als Arbeitskräfte beschäftigt sind. Das ist der ganz entscheidende Unter­schied! (Beifall bei SPÖ und ÖVP.)

Es ist keine Frage, es kommen Menschen aus Deutschland, es kommen Menschen aus Ungarn, es kommen Menschen aus anderen Nachbarstaaten zu uns arbeiten, aber diese Menschen haben ein paar Merkmale, die uns auch zu denken geben sollten, nämlich: Diese Menschen, die hierher kommen, sind im Schnitt höher qualifizierte Fachkräfte. Sie zahlen Steuern und Sozialversicherung und finanzieren unser gesam­tes Leben genauso mit, denn sie zahlen Einkommensteuer, sie zahlen Lohnsteuer, sie zahlen Abgaben.

Und in Österreich haben wir ein Prinzip, und dieses Prinzip sollte man auch einmal her­vorstreichen. Und zwar: Viele dieser Leistungen sind Versicherungsleistungen. Das heißt, man muss eine Leistung erbringen, um dann überhaupt eine Leistung zu bekom­men. Das Arbeitslosengeld kann ich mir nur dann abholen, wenn ich die dafür notwen-


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digen Beschäftigungszeiten habe, wenn ich die dafür notwendigen Monate der Be­schäftigung zusammengebracht habe, um überhaupt in das System hineinzukommen. (Abg. Strache: Es reicht ein Jahr!)

Genau das ist der springende Punkt: Wir leben in einem Land, in dem die Menschen eine Leistung erbringen müssen, um dann andere Leistungen, wenn sie in eine Notsi­tuation gelangen, bekommen zu können! (Abg. Neubauer:  Mindestsicherung! Wo ist da die Leistung?)

Wir haben gesagt, dass 20 000 bis 25 000 Menschen pro Jahr aufgrund der Arbeits­marktöffnung zu uns kommen werden, und die sind jetzt hier. Das, was wir immer ge­sagt haben, ist eingetreten. (Abg. Dr. Belakowitsch-Jenewein: Und die Arbeitslosig­keit ist gestiegen!) Und diese Menschen, die seit der Arbeitsmarktöffnung zu uns ge­kommen sind, haben seither mehr als 800 Millionen € an Steuern und an Sozialversi­cherungsbeiträgen abgeführt. Diese Menschen finanzieren unser Gesamtsystem ge­nauso mit wie jeder Österreicher, der hier lebt, wie jeder Österreicher, der hier geboren ist. Und es ist unter anderem auch diesen Menschen – nämlich allen ArbeitnehmerIn­nen in diesem Land! – zu verdanken, dass wir, weil wir die höchste Beschäftigungs­quote, seitdem es die Zweite Republik gibt, haben, unser Budgetdefizit entsprechend in Grenzen halten können.

Weil Sie sagen, diese Menschen aus den östlichen Nachbarländern lägen uns auf der Tasche: Seit der Arbeitsmarktöffnung haben diese Menschen 80 Millionen € in das AMS einbezahlt, und diesen 80 Millionen € steht ein Leistungsbezug von 45 Millionen € gegenüber. Das heißt, diese Menschen haben mehr eingezahlt, als sie herausbekom­men haben. (Abg. Dr. Belakowitsch-Jenewein: Woher wissen Sie das?)

Diese Menschen sind, wie ich schon gesagt habe, qualifiziert. Mehr als die Hälfte von denen, die gekommen sind, hat Matura, und mehr als ein Viertel davon hat auch einen Universitätsabschluss. Und wir haben sehr oft das Problem, dass diese Menschen nicht ihrer Qualifikation entsprechend eingesetzt werden und dass diese Menschen sehr oft nicht ihrer Qualifikation entsprechend entlohnt werden.

Weil Sie sagen, diese Menschen würden uns Arbeitsplätze wegnehmen: Ich habe das Wifo mit einer Studie beauftragt, die besagt, dass die Arbeitslosenquote um 0,8 Pro­mille höher ist, als sie es ohne Arbeitsmarktöffnung wäre. (Abg. Strache: Das ist rech­nerisch ein Unsinn!) Ich glaube, 0,8 Promille Arbeitslosenquote sind für das Land Ös­terreich sehr wohl verkraftbar. (Abg. Strache: Das ist ja rechnerisch ein Unsinn!)

Und weil Sie in der Öffentlichkeit kundtun, Sie stehen für eine Minus-Zuwanderung: Es gab einmal eine Regierungsbeteiligung der Freiheitlichen Partei, da ist die Zahl der Ausländer um 44 000 gestiegen. Diese Zahl haben wir schon lange Zeit nicht mehr er­reicht. (Abg. Strache: Das ist solch ein Unsinn, das ist unglaublich!) Das war 2003. Das sind Zahlen von Ihnen und nicht von mir. (Abg. Neubauer: Sie verdrehen die Fak­ten historisch!)

Es tut mir leid, aber das ist genauso, wie wenn man hier behaupten würde, man will den österreichischen Arbeitsmarkt schützen. Man braucht sich nur anzusehen, wie viele Saisonniers 2003/2004 in unserem Land waren und wie viele wir in den letzten Jahren haben, seitdem es diese Regierung gibt. Nämlich wesentlich weniger! (Abg. Strache: Saisonniers sind zeitlich begrenzt da!) Demzufolge darf ich Sie fragen, auch wenn Sie sich für den österreichischen Arbeitsmarkt noch so engagieren würden: Wo war denn Ihre Aktivität zur Schaffung eines Lohn- und Sozialdumping-Bekämpfungsge­setzes? – Wir sind das einzige Land Europas, das ein solches Gesetz gemacht hat! (Beifall bei SPÖ und ÖVP. – Abg. Dr. Belakowitsch-Jenewein: Wo ist denn Ihre Ak­tivität? – Weitere Zwischenrufe bei der FPÖ.)


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Dieses Lohn- und Sozialdumping-Bekämpfungsgesetz gibt erstmalig die Gelegenheit, dass alle Kontrollorgane, sei es die Finanzpolizei, die Gebietskrankenkasse, die BUAK, überprüfen können, ob die Einstufung stimmt, ob der Kollektivvertrag richtig angewen­det worden ist. (Abg. Dr. Belakowitsch-Jenewein: Das stimmt ja nicht!) Es gab schon Zigtausende Strafen. Und wir haben auch bereits ausländische Betriebe gesperrt, die nicht mehr am österreichischen Arbeitsmarkt teilnehmen dürfen.

Aber wir sind auch aufgefordert, hier aufzuklären, nämlich: All diese Betriebe haben ei­nes gemeinsam: einen inländischen Auftraggeber! Wir müssen auch die inländischen Auftraggeber, die nicht korrekt handeln, vor den Vorhang ziehen und sagen: Du bist derjenige, der die Praxis fördert, nicht entsprechend dem Kollektivvertrag zu entlohnen! Du bist derjenige, der die Nettobaufirmen fördert, die dann sofort in Konkurs gehen!

Das ist unsere gemeinsame Aufgabe zum Schutz des österreichischen Arbeitsmark­tes – und nicht, den Menschen, die beispielsweise über die Entsenderichtlinie zu uns kommen, zu sagen: Ab die Reise! (Beifall bei SPÖ und ÖVP.)

Wir haben nicht nur das Lohn- und Sozialdumping-Bekämpfungsgesetz geschaffen, das zwischenzeitlich auch ein Exportartikel wurde, denn viele unserer Nachbarländer haben gefragt: Bitte, was habt ihr da gemacht, wie können wir das auch bei uns an­wenden?, sondern wir haben uns auch zu einer Ausbildungsgarantie für junge Men­schen verpflichtet. Und zwar haben wir, wie ich es Ihnen vorhin schon gesagt habe, allein für die Gruppe der 15- bis 24-Jährigen 640 Millionen € in die Hand genommen. Weiters treten wir ein für die Bildungskarenz, für die Bildungsteilzeit. Und wir haben das Fachkräftestipendium eingeführt. Darüber hinaus haben wir die Notstandshilfe ver­bessert, und wir haben die Altersteilzeit neu geregelt. Und, und, und.

Allein in den ersten vier Monaten dieses Jahres hatten wir 262 000 Menschen in Schu­lungsmaßnahmen, und diese können, auch wenn hier immer wieder Gegenteiliges be­hauptet wird, nicht so schlecht sein, denn 60 Prozent jener, die diese Schulung be­endet haben, haben danach eine Anstellung gefunden, von der sie leben können und wodurch sie wieder in den Erwerbsprozess integriert wurden.

Ich könnte diese Liste noch lange fortsetzten, aber das Zeitmanagement gilt auch für mich. Ich möchte Ihnen nur noch Folgendes mitteilen: Für Bulgarien und Rumänien wird das eintreffen, was wir immer gesagt haben, und zwar wird es da eine kleine Zu­wanderung geben. Wir haben bereits heute 22 000 rumänische Staatsangehörige und rund 5 500 bulgarische Staatsangehörige ganz legal auf dem österreichischen Arbeits­markt, und es werden vielleicht in nächster Zeit noch einige dazukommen.

Eines ist vollkommen klar: Wir werden weiterhin dafür sorgen, dass die Menschen, die legal hier sind und die in unserem System Leistungen erbringen, die in unser System einzahlen, das, was ihnen zusteht, bekommen. Das wird auch weiterhin unsere Devise sein! – Danke schön. (Beifall bei SPÖ und ÖVP.)

9.29


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Ich mache darauf aufmerksam, dass die Re­dezeit aller weiteren Teilnehmerinnen und Teilnehmer an der Aktuellen Stunde laut § 97a Abs. 6 der Geschäftsordnung 5 Minuten nicht übersteigen darf.

Zu Wort gelangt nun Herr Abgeordneter Katzian. – Bitte.

 


9.30.43

Abgeordneter Wolfgang Katzian (SPÖ): Schönen gute Morgen! Frau Präsidentin! Herr Bundesminister! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Eine Aktuelle Stunde, die sich mit dem Thema „Arbeitsplätze und soziale Sicherheit“ beschäftigt, ist etwas Gutes für Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer. Es ist wichtig, dass das österreichische Parla­ment sich damit beschäftigt, weil Arbeitsplätze und Beschäftigung und die Netze der


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sozialen Sicherheit existenzielle Grundlagen für die meisten österreichischen Arbeit­nehmerinnen und Arbeitnehmer sind.

Was mir leidtut in diesem Zusammenhang, was ich aber nicht anders erwartet habe, ist, dass es wieder zu einer Ausländerdiskussion gekommen ist, dass es wieder ein Schüren von Ausländerfeindlichkeit gibt, das hier vonseiten der FPÖ betrieben wird, und dass hier Hass verbreitet wird. Das haben die Arbeitnehmerinnen und Arbeitneh­mer nicht verdient, meine Damen und Herren, liebe Kolleginnen und Kollegen! (Beifall bei der SPÖ sowie bei Abgeordneten der ÖVP.)

Wenn es beim Zusammenleben in einer Gesellschaft Probleme gibt – und die gibt es –, dann ist immer die Frage zu stellen: Wie gehe ich mit diesen Problemen um? Was ist die Zielsetzung?

Die eine Möglichkeit ist, zu schauen, dass das Problem so gelöst wird, dass nachher die Zusammenarbeit einfacher und das Zusammenleben besser funktionieren. Die an­dere Möglichkeit ist – und die nützen Sie leider immer wieder –, das Problem als Hebel dafür zu benützen, letztlich Hass, Zwietracht und Feindschaft zu säen. Und damit wird letztlich kein einziges Problem gelöst. – Das haben die Arbeitnehmerinnen und Arbeit­nehmer nicht verdient. (Beifall bei der SPÖ.)

Es geht darum, das Thema „Arbeit, Beschäftigung und soziale Sicherheit“ lösungs­orientiert zu diskutieren. Zu dieser Diskussion sind wir bereit. Und es wäre auch gut so, weil die Menschen damit sehen würden, wie unterschiedlich die verschiedenen Politik­konzepte funktionieren, wer wofür steht, und sich dann auch leichttun, zu sagen, ob sie das eine wollen oder sich für das andere entscheiden.

Insgesamt hat die österreichische Bundesregierung in Bezug auf Arbeit und soziale Si­cherheit vieles richtig gemacht. Ich sage nicht, dass alles in Ordnung ist. Wir wissen, dass es noch ganz viel zu tun gibt, aber es ist, wie gesagt, vieles richtig gemacht worden. Aber das deckt sich halt nicht mit so manchen Totschlagargumenten, wie zum Beispiel: Die streiten eh nur! Die bringen nichts weiter! Denn: Die Fakten sprechen eine andere Sprache!

In Österreich sind im Vorjahr – gegen den europäischen Trend! – 22 000 zusätzliche Arbeitsplätze geschaffen worden. Die Arbeitslosenquote nach EUROSTAT beträgt 4,7 Prozent. Und egal, mit wem wir in Europa sprechen und diskutieren, die erste Frage ist immer die: Wie macht ihr das, dass ihr in Österreich so eine niedrige Ju­gendarbeitslosigkeit habt? (Abg. Strache: Es wurden zwar Arbeitsplätze geschaffen, aber Arbeitslosigkeit wurde produziert!)

Die Antwort ist vielfältig, weil es eine Vielzahl von Maßnahmen – einige hat der Minister aufgezählt – braucht, um so gute Ergebnisse zu erzielen. Aber Fakt ist auch – und das muss man bei dieser Gelegenheit auch einmal hervorstreichen –: Wir haben einen So­zialminister, für den Arbeit, Jugendbeschäftigung und soziale Sicherheit keine leeren Worthülsen sind, der jeden Tag etwas dafür tut, der jeden Tag dafür kämpft, dass es gute Rahmenbedingungen für mehr Beschäftigung gibt! (Beifall bei der SPÖ sowie bei Abgeordneten der ÖVP. – Zwischenruf und ironische Heiterkeit des Abg. Petzner.)

Wenn wir von Arbeit sprechen, meine Damen und Herren, dann sprechen wir von gu­ter Arbeit. Gute Arbeit bedeutet: Es geht nicht nur um Jobs, es geht nicht um irgend­welche Jobs, sondern es geht um Arbeit, von der man leben kann. Es geht um Arbeit, die nicht krank macht. Es geht um Arbeit, die den Menschen auch eine gewisse Er­füllung gibt, wichtige Leistungen für die Gesellschaft zu erbringen. (Zwischenruf des Abg. Dolinschek.)

Ja, es gibt auch Armut in diesem Land. Es gibt auch bei uns Armutsgefährdung. Und jeder/jede Arbeitslose ist einer/eine zu viel. Das ist gar keine Frage! (Abg. Strache:


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Auch Arbeitnehmer sind armutsgefährdet!) Aber das gemeinsame Anstrengen muss doch dahin gehen, weitere Schritte zu entwickeln, um Beschäftigung insgesamt nach­haltig zu machen und um wieder mehr Beschäftigung zustande zu bringen. (Beifall bei der SPÖ sowie bei Abgeordneten der ÖVP.)

Es geht daher auch darum, auf europäischer Ebene alles zu tun, um Wachstum und Beschäftigung in den Vordergrund zu stellen und der Politik des Totsparens in Europa endlich ein Ende zu setzen. Denn: Dass heute in den südeuropäischen Ländern die Märkte einbrechen, hängt auch damit zusammen, dass die Leute, die dort wohnen und beschäftigt sind, einfach nicht über genug Mittel verfügen, sich etwas kaufen zu können. Wenn aber auch österreichische Firmen, die in diese Länder exportieren, we­niger Exporte machen können, dann hat das auch Folgen für die Beschäftigung bei uns. Daher ist es nicht egal, welche Maßnahmen auf europäischer Ebene gesetzt wer­den, und es ist auch nicht egal, welche Schwerpunkte wir in Zukunft vorantreiben.

Ein gutes Beispiel ist auch (Präsidentin Mag. Prammer gibt das Glockenzeichen) – letzter Satz! – die Weiterentwicklung der sozialen Sicherheit durch die Verlängerung des Pflegefonds bis 2016. Du, lieber Herr Bundesminister, hast dafür gesorgt, dass nicht nur die Pflege aufrechterhalten wird, sondern dass auch zukunftsträchtige Ar­beitsplätze geschaffen werden. Mehr als 1,3 Milliarden sind in den letzten Jahren in die Pflege investiert worden. (Präsidentin Mag. Prammer gibt neuerlich das Glockenzei­chen.)

Das ist soziale Sicherheit, wie wir sie meinen. – Danke schön. (Beifall bei der SPÖ.)

9.36


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Wö­ginger. – Bitte.

 


9.36.23

Abgeordneter August Wöginger (ÖVP): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Herr Bun­desminister! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Das Wichtigste ist, dass die Menschen einen Arbeitsplatz haben. Wir müssen vor allem jene unterstützen, die auf Arbeitssuche sind, die auch arbeiten wollen. Das, glaube ich, ist das Wichtigste, was wir im Rahmen dieser Aktuellen Stunde diskutieren sollten.

Ja, es ist richtig, wir haben europaweit leider Gottes steigende Arbeitslosenzahlen. Und auch in Österreich stieg in den letzten Monaten die Arbeitslosigkeit. Aber – und dieses „Aber“ möchte ich betonen –: Wir haben mit 4,7 Prozent seit zweieinhalb Jahren die niedrigste Arbeitslosenquote in ganz Europa. Und das ist ein Beweis dafür, dass diese Regierung richtig handelt und dass wir erfolgreiche Unternehmerinnen und Unterneh­mer in unserem Land haben. (Beifall bei der ÖVP sowie bei Abgeordneten der SPÖ.)

Wir haben mit rund 3,5 Millionen Menschen einen Höchststand an Beschäftigten. Das sind 20 000 Beschäftigte mehr im Vergleich zum Vorjahresmonat. Und was die Lang­zeitarbeitslosen betrifft, die auch angesprochen wurden, so verhält es sich so: Ja, es ist richtig, Herr Kollege Strache, dass die Zahl der Langzeitarbeitslosen auch mit ansteigt. Aber da gilt es zu bedenken – nur damit man das in Relation sieht –: Langzeitarbeitslos ist jemand, der über ein Jahr lang als arbeitslos gemeldet ist. Und davon haben wir 6 158 Personen mit Datum April 2013. Das sind 2 Prozent der insgesamt als arbeitslos gemeldeten Menschen in Österreich.

Und: Wir haben die niedrigste Jugendarbeitslosigkeit europaweit. Das ist, glaube ich, überhaupt das Wichtigste. Denn: Wir müssen den jungen Menschen eine Perspektive, wir müssen ihnen Hoffnung geben. Leider gibt es südeuropäische Länder, die bei den Jugendlichen eine Arbeitslosenquote von über 50 Prozent haben. Wir in Österreich hin­gegen haben eine solche von 7,6 Prozent. Trotzdem müssen wir uns anstrengen und


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uns bemühen, dass wir diese 7,6 Prozent noch minimieren können. Aber damit sind wir mit Deutschland an der Spitze. Und dieser niedrige Wert bei der Jugendarbeitslosigkeit ist auch ein Erfolg dieser Bundesregierung. (Beifall bei ÖVP und SPÖ.)

Wir haben die „Aktion Zukunft Jugend“ gestartet und eine Ausbildungsgarantie bis zum 18. Lebensjahr eingeführt. Wir garantieren einen Arbeitsplatz, eine Schulung oder ei­nen geförderten Ausbildungsplatz vor allem für die 20- bis 24-Jährigen. Das sind die wichtigsten Maßnahmen, die wir setzen, um der Jugendarbeitslosigkeit wirksam entge­genzutreten.

Die Aufgabe der Politik ist es, meine Damen und Herren, die Rahmenbedingungen zu schaffen. Die Arbeitsplätze schaffen die Unternehmerinnen und Unternehmer. Und ich möchte Respekt und Anerkennung den zahlreichen mittelständischen Unternehmun­gen zollen, die das Rückgrat unserer Wirtschaft und unseres Arbeitsmarkts sind. (Bei­fall bei der ÖVP. – Abg. Strache: Den Faktor Arbeit habt ihr zu hoch besteuert! Mit der höchsten Steuerklasse werden die Unternehmer nicht gefördert!)

Standort stärken, Arbeitsplätze schaffen – so muss unsere Devise lauten! (Abg. Stra­che: Dann müsst ihr den Faktor Arbeit entlasten!)

Wir haben, seit diese Regierung im Amt ist, 126 000 Arbeitsplätze geschaffen, Herr Kollege Strache. (Abg. Strache: Der Faktor Arbeit ist zu hoch besteuert!) In der EU sind leider 1,4 Millionen Arbeitsplätze verloren gegangen.

Warum steht Österreich besser da? Das darf man schon betonen, vor allem im Rah­men einer solchen Debatte. – Die österreichischen Betriebe haben sich in den welt­weiten Märkten an die Spitze gearbeitet. Wir sind Exportweltmeister, meine Damen und Herren: 6 von 10 € werden im Export verdient!

Wir wollen auch diese Märkte weiter ausbauen, vor allem in Richtung Indien und China oder im Zuge der Donauraumstrategie. – Das sind die Erfolgsquellen, die wir in Zukunft brauchen werden. (Abg. Strache: Warum rechnen Sie den EU-Binnenmarkt zum Ex­port? Das ist absurd!)

Die duale Berufsausbildung ist international anerkannt und findet auch in Europa im­mer mehr Nachahmer. Wir stehen jedoch noch vor folgender Aufgabe: Meine Damen und Herren, wir müssen den Lehrberuf wieder attraktiver gestalten! Uns ist ein Fach­arbeiter genauso wichtig wie ein Student. Lehre mit Matura muss in unserem Land Zukunft haben! (Beifall bei der ÖVP sowie bei Abgeordneten der SPÖ.)

Ein Teil der vorhin erwähnten zusätzlichen 126 000 Arbeitsplätze ging auch an Men­schen aus dem Ausland, aus Nachbarländern – aus Deutschland, Ungarn oder auch Spanien und Italien, die von der Krise besonders getroffen wurden. Meine Damen und Herren, im Allgemeinen handelt es sich bei diesen Menschen aber um hoch qualifi­zierte Fachkräfte, die wir dringend benötigen. Das wissen Sie auch von den Betriebs­besuchen: Facharbeiter sind in Österreich gefragt, und diese zahlen auch Steuern und Sozialversicherungsabgaben – 800 Millionen € haben diese 126 000 Menschen in den letzten Jahren bezahlt! –, genauso wie die Österreicherinnen und Österreicher. Das hat mit Sozialtourismus nichts zu tun, meine Damen und Herren von der FPÖ!

Wie sollte denn der Tourismus funktionieren, wenn wir keine Gastarbeiter hätten? (Bei­fall bei Abgeordneten der ÖVP.) Das muss man im Zuge dieser Diskussion auch ein­mal erwähnen.

Meine Damen und Herren, vor zwei Jahren habe ich hier von diesem Rednerpult aus gesagt, dass wir mit 20 000 bis 25 000 zusätzlichen Arbeitskräften aus den osteuro­päischen Ländern rechnen müssen. 20 057 waren es tatsächlich aus diesen Ländern, die vor allem auch im Pflegebereich Arbeit gefunden haben, der heute schon ange­sprochen wurde.


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Wir werden die Arbeitsmarktpolitik positiv weiterentwickeln, den Standort stärken, Ar­beitsplätze schaffen und den Lehrberuf attraktivieren. Dafür steht die ÖVP. (Beifall und Bravorufe bei der ÖVP.)

9.41


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Kickl. – Bitte.

 


9.41.55

Abgeordneter Herbert Kickl (FPÖ): Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Herr Bundesminister! Es gibt politische Debatten, bei denen man sich ent­scheiden muss, ob man quasi politisch korrekt im Sinne des von den Gutmenschen hier im Haus vorgegebenen Rasters inklusive der dazugehörigen Schönfärberei argu­mentiert oder aber ob man den Weg wählt, den wir Freiheitliche einschlagen, dass man nämlich die politische Wahrheit, die wirtschaftspolitischen und die sozialpolitischen Wahrheiten zum Ausdruck bringt. – Man muss jedoch wissen, dass beides oft nicht zusammengeht, meine Damen und Herren. (Beifall bei der FPÖ. Abg. Strache: Poli­tische Wahrheit wird da als Hasstirade betitelt von den Hetzern der SPÖ!)

Der Themenbereich Zuwanderung und Migration in Verbindung mit Sozialpolitik ist ge­nau so ein Feld, bei dem man sich entscheiden muss. Der Sozialminister hat sich ent­schieden, die ÖVP hat sich entschieden, die SPÖ hat sich entschieden – und zwar alle für den Weg, der Schönrederei zu frönen. Die FPÖ steht hingegen dafür, die Dinge, die den Österreichern unter den Nägeln brennen, beim Namen zu nennen, und es ist nun einmal eine Wahrheit, dass die Zuwanderung unserem Land mehr Kosten verursacht als Nutzen bringt. (Beifall bei der FPÖ.)

Sie haben uns bis zum heutigen Tag keine einzige Studie auf den Tisch legen kön­nen – können, denn wenn Sie es könnten, läge diese Studie schon auf dem Tisch –, die diese unsere Behauptung widerlegt. Sie sind dazu nicht in der Lage, weil die Fak­ten genau dieses Ergebnis nicht hergeben, meine Damen und Herren! (Beifall bei der FPÖ. Zwischenruf des Abg. Hörl.)

Sie können dann ruhig mit Ihrem üblichen Gezeter anfangen. Ich habe es noch im Ohr, denn die innenpolitische Diskussion ist ja seit ein paar Tagen beherrscht davon – mein Gott, was war das für ein Gezeter! –, dass sich die Freiheitlichen erlaubt haben, den Begriff „Negativzuwanderung“ in den Mund zu nehmen – ganz, ganz furchtbar! Es gab eine riesige Erregung unter den Linken in den Medien und auch unter den Linken hier im Parlament – da zähle ich die ÖVP schon lange dazu, als neue Lieblings-Bussi-Bus­si-Fraktion der Grünen. (Ironische Heiterkeit bei den Grünen.) Meine Damen und Her­ren, das ist die Rolle, die die Grünen spielen! Was für eine künstliche Erregung! (Beifall bei der FPÖ.)

Was ist denn mit Negativzuwanderung eigentlich gemeint? Überhaupt nichts anderes, als dass es einem Land, das für sich eine Zuwanderung nach bestimmten Vorgaben, nach bestimmten Regeln, nach bestimmten Anforderungsprofilen gestaltet, möglich sein muss, eine Rückführung von Zuwanderern zu organisieren, wenn bestimmte Re­geln, bestimmte Anforderungen und bestimmte Erwartungshaltungen nicht erfüllt wer­den. Das ist doch etwas völlig Selbstverständliches! (Beifall bei der FPÖ.)

Es ist mir schleierhaft, warum man über so etwas überhaupt diskutieren muss und wa­rum es bei den Linken im Land und in den Medien einen Aufschrei gibt, wenn man diese Wahrheit ausspricht. Das ist doch eine Selbstverständlichkeit! Ich hätte diesen Aufschrei gerne gehört, meine Damen und Herren, als den Pensionisten zum wieder­holten Male der Teuerungsausgleich verweigert worden ist, als man den Familien zum wiederholten Male ihre Familienleistungen nicht valorisiert hat oder als man den Zu-


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gang zum Pflegegeld erschwert hat – all das unter dem Vorwand, dass in diesem Land zu wenig Geld dafür vorhanden sei, die soziale Sicherheit der eigenen Leute auszu­bauen. (Beifall bei der FPÖ.)

Ich habe diesen Aufschrei nicht gehört, aber wenn man von Negativzuwanderung spricht, dann jaulen alle auf, inklusive der neuen Bussi-Bussi-Fraktion der Grünen, mei­ne Damen und Herren! Um wen geht es denn da? – Da geht es um Asylbetrüger, aber auch um Gastarbeitslose, und es ist keine freiheitliche Erfindung, sich zu überlegen, dass jemand, der in ein Land kommt, um dort zu arbeiten, dann aber auf Dauer keine Arbeit hat, dorthin zurückgeht, wo er hergekommen ist. (Beifall bei der FPÖ.)

Das haben auch sozialistische Regierungen schon so gemacht, meine Damen und Herren, und das sind demokratische Systeme, das sind gewählte Parteien – keine Re­gierungen oder Länder, die irgendwo am Pranger stehen, weil sie etwa permanent die Menschenrechte mit Füßen treten würden. Ich rede gar nicht von den USA, wo die Koppelung von Aufenthalt und Arbeitsplatz ohnehin eine Selbstverständlichkeit ist. (Abg. Strache: Selbstverständlich, die Green Card!)

Ich rede auch von Sozialtouristen, und ich rede auch von Armutsmigranten. Ich muss ohnehin vorsichtig sein, weil die Sprachpolizei mit Sicherheit schon wieder unterwegs ist, wenn man diese Vokabeln verwendet. Meine Damen und Herren, ich sage noch ei­nes dazu, damit Sie einmal sehen, mit welchen Mitteln die ÖVP arbeitet: Der, der sich am meisten aufplustert, nämlich Ihr Generalsekretär Rauch – fürchterlich, „Negativzu­wanderung“, ganz, ganz schrecklich, diese Freiheitlichen! –, ist doch Mitglied einer Par­tei, die die Innenministerin dieser Bundesregierung stellt. Diese schreibt jedoch Briefe, zum Beispiel an die Europäische Kommission, in denen steht, dass die Europäische Union dringend etwas gegen die Sozialtouristen und die Armutsmigranten unterneh­men muss, die ins Land kommen und Kosten im Bildungssystem, bei den Wohnungen, bei den Mieten und im Gesundheitssystem verursachen. Da müsse etwas geschehen, da müsse man hineinfahren. (Beifall bei der FPÖ. Abg. Strache: Na bitte! Das ist ja die Doppelzüngigkeit schlechthin!)

Meine Damen und Herren, mehr braucht man nicht mehr, um den Nachweis der Heu­chelei zu führen! Die ÖVP ist die erste Adresse, wenn es um diesen Vorwurf geht. (Bei­fall bei der FPÖ.)

9.47


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Öllinger. – Bitte.

 


9.47.24

Abgeordneter Karl Öllinger (Grüne): Meine sehr geehrten Damen und Herren! Herr Abgeordneter Kickl! Sehen Sie, das ist genau der Unterschied zwischen den Freiheitli­chen und den Grünen. (Abg. Kickl: Handzahm! Sie sind handzahm! Koalitionsplan ... großgezogen für den Tag X! Weitere Zwischenrufe bei der FPÖ.)

Wir wollen, dass die Menschen, die hier in diesem Land leben und arbeiten, in Würde und Respekt miteinander leben können und auf Augenhöhe miteinander kommunizie­ren können, und wir wollen, dass alle, die hier leben und arbeiten, auch am Wohlstand in diesem Land partizipieren. Sie haben es sich verdient – unabhängig von ihrer Haut­farbe, unabhängig von ihrer Rasse und unabhängig davon, ob sie irgendwann einmal zugewandert sind! (Beifall bei den Grünen. Abg. Kickl: Mit Ihren seltsamen Fixie­rungen sollten Sie sich einmal in Behandlung begeben!)

Vor wenigen Tagen kam aus Ihren Reihen die Meldung: Nein, wir machen diesmal kei­nen Ausländerwahlkampf. (Abg. Strache: Wer hat das gesagt?) – Wer hat das gesagt? Ich glaube, Herr Haimbuchner war es. Oder ist das nicht Ihr Stellvertreter? Politische


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Wahrheit oder Schönrederei: Was ist jetzt Wahrheit, Herr Abgeordneter Strache? (Abg. Strache: Glauben Sie, wir werden das Thema ..., wo es ein Problem gibt? Das täte Ih­nen so passen!)

Was ist jetzt Wahrheit? Ist Wahrheit, dass die Ausländer schuld an der Krise sind, so wie Sie uns das jetzt in den zwei Reden, die Sie gehalten haben, deutlich zu machen versucht haben? Oder ist es nicht so – und ich habe mir gedacht, dass das auch Ihnen eingängig ist –, dass eine Banken- und Finanzkrise zu einer Wirtschaftskrise geführt hat, die nicht nur, aber auch in Österreich die Falschen, nämlich die, die nicht die Ver­ursacher der Krise sind, ausbaden sollen. (Abg. Strache: Warum unterstützen Sie dann die Verursacher? Warum unterstützen Sie dann die Bankspekulanten? Abg. Kickl: Ihr habt es möglich gemacht, mit eurer Unterstützung!)

Warum stürzen Sie sich ausgerechnet in dieser Situation, in der ohnehin schon die Fal­schen diese Suppe, nämlich die Konsequenzen der Krise, auslöffeln sollen, auf die Schwächsten (Abg. Strache: Sie unterstützen die Verursacher, die Bankspekulanten!), nämlich auf die, die irgendwann einmal vor zehn, 20 oder 30 Jahren zugewandert sind, und sagen: Ihr seid schuld, dass es uns schlecht geht, ihr müsst dieses Land wieder verlassen, ihr seid nicht würdig, in diesem Land zu leben, ihr seid vielleicht arbeitslos geworden, raus mit euch! (Abg. Kickl: Glauben Sie, dass das Schutzbedürftige in Ös­terreich ...? Abg. Strache: Sie sind schuld!)

Ich gebe schon zu, Herr Abgeordneter Strache, wir haben ein Problem mit Arbeitslosig­keit. Ich versuche nicht, das schönzureden. Und wir haben nicht nur ein Problem mit steigender Arbeitslosigkeit, sondern auch mit sinkenden Einkommen.

Da komme ich jetzt zu den Lösungsvorschlägen der Freiheitlichen. (Abg. Strache: Da gibt es kein Lohndumping!) Schauen wir uns an, ob das Schönfärberei ist oder eine politische Wahrheit, die ausgesprochen werden muss! Was fordern die Freiheitlichen in ihrem Handbuch? (Abg. Kickl: Großartig! Was zum Empfehlen!) – Ja, es sollen mög­lichst viele Leute erfahren, was da drinsteht, Herr Kickl! (Abg. Strache: Sehr empfeh­lenswert! Sollten Sie einmal studieren!) Da steht zum Beispiel drinnen, dass Ausländer, Gastarbeiter (Abg. Kickl: Ja, „Gast“!) hier nur mehr befristet beschäftigt werden sollen – ein Saisonniermodell für alle, die zuwandern. (Abg. Ing. Höbart: „Gastarbeiter“ besteht aus zwei Wörtern! Gast-Arbeiter! Abg. Strache: Das ist die Green Card, das amerikanische Modell!)

Das ist Ihre Vorstellung. Okay, da muss man sich ja noch nichts dabei denken. Aber dieser Vorschlag ist damit verbunden, dass diese Leute und auch ihre Arbeitgeber kei­ne Arbeitslosenversicherungsbeiträge mehr zahlen sollen, weil sie ja hier nicht arbeits­los werden dürfen. Wenn sie arbeitslos werden, sind sie ja sowieso gleich weg. (Abg. Strache: Das ist das amerikanische Modell, die Green Card!) Diese Leute, die hier ar­beiten, dürfen gemäß Ihrem Modell natürlich keine Kinder mitnehmen, erhalten daher auch keine Familienbeihilfe und zahlen vermutlich auch keinen Beitrag zum Familien­lastenausgleichsfonds. Diese Leute, die hier nur befristet arbeiten, sollen vermutlich auch keine Beiträge zur Pensionsversicherung bezahlen, weil sie ja hier nicht in Pen­sion gehen können.

Unabhängig davon: Arbeitslosenversicherung gestrichen. Diese Leute sollen deutlich billiger beschäftigt werden als ÖsterreicherInnen. (Abg. Kickl: Wo hast du das gele­sen? Wo hast du das her?) Na selbstverständlich, Herr Kollege Kickl! Wenn die Lohn­nebenkosten wegfallen – und das steht in Ihrem Konzept! –, werden die Leute billiger. (Abg. Strache: Wo steht das? Das saugen Sie sich wieder aus Ihrer Nase!)

Sie wollen die Leute in ein Lohn- und Sozialdumping treiben, und das ist die absolut günstigste Voraussetzung dafür, dass die Einkommen aller Österreicher und Österrei­cherinnen – oder sagen wir es noch deutlicher: aller hier Beschäftigten – zurückgehen.


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll203. Sitzung / Seite 38

(Beifall bei den Grünen. Abg. Neubauer: Sie können nicht einmal sinnerfassend le­sen!)

Sie wollen die Konkurrenz auf dem Arbeitsmarkt noch mehr verstärken. (Abg. Strache: Sie sollten einmal sinnerfassend lesen lernen!) Die ist ohnehin schon arg genug! Sie wollen auf Kosten der Ausländer eine billige Wahlkampfvorbereitung, eine Wahlkampf­hetze betreiben, weil Sie glauben, so Ihre Schäflein ins Trockene bringen zu können. Das wird nicht aufgehen, Herr Kollege Strache! (Beifall bei den Grünen.)

9.52


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Nächster Redner: Herr Klubobmann Bucher. – Bitte.

 


9.52.50

Abgeordneter Josef Bucher (BZÖ): Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Herr Kollege Öllinger, zunächst ist es einmal so, dass jede Partei ihr Par­teiprogramm selbst entwirft, und das aus gutem Grund. Man braucht keine andere Partei zu fragen, was man vertreten darf und was nicht. – Nur damit das einmal klar ist. (Beifall bei BZÖ und FPÖ.)

Zweitens: Sobald man in unserem Land das Thema Ausländer in den Mund nimmt, ist man schon ein Rechtsradikaler und wird man schon abgestempelt. (Abg. Öllinger: Ge­hen Sie wieder zu Ihrer alten Partei!) Um Ihnen diesen Gefallen nicht zu tun, sage ich jetzt einmal Nicht-Österreicher dazu. Herr Hundstorfer, dass das ein Problem ist, dass müssen ja selbst Sie schon erkannt haben, denn ich kann mir nicht vorstellen, dass Sie bei den unzähligen Sitzungen in den einzelnen Sektionen in Wien nicht dann und wann auch einmal auf das Nicht-Österreicher-Problem angesprochen werden – und es ist ein Problem!

Sehr viele Österreicher beschäftigt dieses Nicht-Österreicher-Problem tatsächlich. Da­her müssen wir es ernst nehmen und nicht in jener Qualität diskutieren, dass jeder, der das Wort „Ausländer“ in den Mund nimmt, als rechtsradikal gilt und sofort von jeglicher Kompetenz ausgeschlossen wird, eine Lösung für das Problem zu haben, das viele Österreicherinnen und Österreicher beschäftigt. – Das nur einmal dazu. (Beifall bei BZÖ und FPÖ.)

Wir haben einen ganz gesunden Zugang zu diesem Problem, das ja tatsächlich eines ist und das immer mehr zu einem Problem wird, gerade in Wien. Machen Sie einmal ei­nen Betriebsbesuch in einer Apotheke, Herr Sozialminister! Das würde Ihnen gut an­stehen. Schauen Sie einmal, welche Leute dort auf Steuerzahlerkosten Rezepte einlö­sen! So krank können die gar nicht sein, wie viele Medikamente sie dort von der Tara abholen. Diese Medikamente werden wohl nach Hause geschickt. Ich bin kein Men­schenhetzer, aber es ist ungeheuerlich, was dann und wann in dieser Republik abläuft, meine sehr geehrten Damen und Herren! Das bedarf einer Regelung. Da muss man hinschauen, da kann man nicht einfach darüber hinwegsehen und sagen, das ist kein Problem. (Beifall beim BZÖ und bei Abgeordneten der FPÖ.)

Deshalb vertreten wir die gesunde Einstellung: Ja zur Zuwanderung – und von den Gu­ten nur die Besten! Jene, die in unserem Land Steuern zahlen, sollen selbstverständ­lich auch hierbleiben dürfen. Aber jene Nicht-Österreicher, die nicht in der Lage sind, sich selbst zu erhalten, haben ihr Gastrecht verwirkt. Darüber sollte man ganz offen und nüchtern diskutieren dürfen. (Beifall beim BZÖ.)

Ihre zweite Anregung, Herr Sozialminister, war, dass wir uns Sorgen um die Lehrlinge, um den Lehrlingsmarkt und um die Beschäftigung von Lehrlingen machen sollen. Wir machen uns seit vielen Jahren Sorgen darüber, etwa über den Facharbeitermangel in unserem Land, weil diese Entwicklung wirklich besorgniserregend ist. (Abg. Kickl:


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SPÖ – alles ruiniert!) Aber da sollten Sie einmal als Gesetzgeber darüber nachdenken, warum beispielsweise ein Spengler-Lehrling nur bis zur dritten Leitersprosse steigen darf. (Abg. Schopf: Falsch!) Wie soll der in drei Jahren seinen Beruf erlernen, wenn er nur bis zur dritten Sprosse steigen darf? Das sind jene Lehrlinge, die dazu verwendet werden, für den Gesellen oder für den Facharbeiter Wurstsemmeln holen zu gehen.

Das sind die Ausbildungsvorschriften in unserem Land! Darüber sollten wir nachden­ken, oder auch darüber, wie wir die Qualifizierung von Lehrlingen auch für den Arbeit­geber besser gestalten, damit er auch weiß, welche Lehrlinge er tatsächlich einstellen will und kann.

Herr Sozialminister, unser Vorschlag war, eine Mittlere Reife einzuführen, wie es sie in anderen Ländern auch schon gibt. Nach der 9. Schulstufe soll es eine Mittlere Reife­prüfung geben, durch die sichergestellt wird, dass jeder, der die 9. Schulstufe absol­viert hat, zumindest sinnerfassend lesen, schreiben und rechnen kann und sich der Ar­beitgeber ein genaues Bild darüber machen kann, was der Lehrling tatsächlich kann. (Beifall beim BZÖ.)

Aber das Entscheidende, meine sehr geehrten Damen und Herren, ist das, was ich auch immer wieder von der ÖVP vernehme, was aber leider nie umgesetzt wird, ob­wohl um sündteures Geld über die Wirtschaftskammer Österreich Werbekampagnen gemacht werden: Die beste Wirtschaftsoffensive wäre es, endlich die Steuern zu sen­ken, meine sehr geehrten Damen und Herren – nicht davon zu reden, sondern das in unserem Land endlich einmal tatsächlich umzusetzen! (Beifall bei BZÖ und FPÖ. Abg. Strache: Aber es passiert nichts – absolute Verhöhnung!)

Das ist die beste Wirtschaftsoffensive, die es gibt: Steuern runter, rauf mit Arbeit und Beschäftigung und mit Wohlstand! Das sollten Sie sich einmal merken. Anstatt Sit­zungsgelder doppelt zu kassieren, sollten Sie die Beschlüsse hier im Parlament endlich einmal umsetzen und die Steuern senken. (Beifall beim BZÖ.)

9.58


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Nächster Redner: Herr Klubobmann Ing. Lu­gar. – Bitte.

 


9.58.05

Abgeordneter Ing. Robert Lugar (STRONACH): Frau Präsidentin! Hohes Haus! Wenn es heute um Arbeit und soziale Sicherheit geht, dann muss zuerst einmal die Wirtschaft funktionieren. Wenn wir Arbeitsplätze und soziale Sicherheit wollen, müssen wir das, was wir in unseren Sozialsystemen umverteilen wollen, erst einmal erwirt­schaften.

Es sind also mehrere Aspekte zu berücksichtigen. Zuerst einmal was die Zuwanderung betrifft: Es kann doch niemand ernsthaft glauben, dass wir uns in Österreich ab­schotten können. Es gibt einen Bedarf an Zuwanderung, und den wird es in Zukunft noch verstärkt geben, und zwar deshalb, weil wir es nicht schaffen, genug Kinder in die Welt zu setzen, und uns der demographische Wandel daher zu einer qualifizierten Zu­wanderung zwingen wird.

Deshalb müssen wir eine vernünftige Zuwanderungspolitik betreiben. Das Ganze kann mit dem Satz zusammengefasst werden: Die Zuwanderung darf nicht in erster Linie dem Zuwanderer nützen, sondern sie muss Österreich nützen. Das heißt, wenn wir Zu­wanderung nach qualitativ hochwertigen Maßstäben gestalten, sodass nicht im Vorder­grund steht, dass es dem Zuwanderer dabei besser gehen soll, sondern dass der Zu­wanderer auch etwas zum Gemeinwohl beiträgt, dann können wir Zuwanderung or­dentlich gestalten und dann kann diese Debatte auch ohne Emotionen geführt werden, denn darum geht es ja.


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Es geht schließlich darum, dass wir erstens jene Menschen ins Land lassen, die wir brauchen. – In vielen Wirtschaftsbereichen haben wir zu wenig Arbeitskräfte, etwa in der Pflege oder im technischen Bereich. Es gibt zum Beispiel zu wenige Schweißer. Viele Betriebe suchen gerade in solchen Bereichen Arbeitskräfte und finden am hei­mischen Arbeitsmarkt keine. Hier muss man einfach eine solide Zuwanderungspolitik machen, bei der man ganz gezielt auf die Bedürfnisse Österreichs eingeht und nicht in erster Linie auf die Bedürfnisse der Zuwanderer. (Beifall beim Team Stronach.)

Und dann muss man sich den zweiten Aspekt anschauen: Wir haben hier in Österreich ein gewaltiges Humankapital, nämlich all jene, die schon zugewandert sind und die schlecht qualifiziert sind und sich auf dem Arbeitsmarkt schwertun. Wir haben gehört, das ist eine Belastung – na selbstverständlich –; aber es ist auch ein Chance. Es ist eine Chance, wenn wir es schaffen, jene zu qualifizieren, die schon hier sind und von denen viele auch schon österreichische Staatsbürger sind. Jenen wollen wir die Mög­lichkeit geben, wertvoll zu werden für die Gesellschaft im Sinne von arbeitsfähig, im Sinne von Qualifikation. Das heißt, es geht hier um den Grundsatz: Jeder ist verpflich­tet, im Rahmen seiner Möglichkeiten zum Gemeinwohl beizutragen. Das ist ein Grund­satz. Und wenn jemand die Möglichkeit, zum Gemeinwohl beizutragen, nicht hat, dann ist es die Aufgabe des Staates, ihm diese Möglichkeit zu bieten. (Beifall beim Team Stronach.)

Es ist die Aufgabe des Staates, jenen, die schlecht qualifiziert sind, weil sie einen Mi­grationshintergrund haben und weil es dort Probleme gibt, die wir alle kennen, Qua­lifizierungsmaßnahmen zu bieten. Das ist doch eine Chance für uns! Das ist doch Hu­mankapital, das nicht genützt wird! – Das heißt, hier müssen wir die Hand reichen.

Es gibt hier eine Initiative, und da muss ich jetzt auch einmal jemanden von der ÖVP lobend erwähnen – ich mache das viel zu selten –, und zwar den Sebastian Kurz. Er hat hier – leider ohne von der Regierung mit dementsprechenden Mitteln ausgestattet zu sein – Initiativen gesetzt. Da müssen wir draufbleiben! Das heißt, es ist wichtig, dass wir die Integration vorantreiben. (Beifall des Abg. Rädler.) Es ist wichtig, dass wir jenen die Hand reichen, die wollen, und dass wir hier Möglichkeiten schaffen, dass je­ne, die noch nicht zum Gemeinwohl beitragen, das in Zukunft auch tun können. Darum geht es. (Beifall beim Team Stronach.)

Und da brauchen wir nicht emotional zu sein, da geht es einfach um eine vernünftige Herangehensweise an dieses heikle Thema.

Und dann ist noch ein wesentlicher Punkt, wenn es um soziale Sicherheit und um Be­schäftigung geht, dass die Betriebe endlich wieder im Inland investieren. Wir haben im Moment das Problem, dass sehr, sehr viele Betriebe in Österreich keine Möglichkeiten sehen zu investieren und deshalb im Ausland investieren. Hier müssen wir umdenken. Das heißt, wir müssen jenen Betrieben, die in Österreich investieren wollen, eine Steu­ererleichterung geben – denn wir brauchen hier die Arbeitsplätze, wir brauchen sie nicht im Ausland. Und wir müssen auch die Banken wieder anhalten, den österreichi­schen Betrieben Kredite zu geben und nicht den ausländischen Betrieben, denn sonst wandert die Kaufkraft ab und vor allem wandern die Arbeitsplätze ab.

Einen Punkt vielleicht noch zum Schluss, was den Herrn Gewerkschafter Katzian be­trifft, der heute ja wieder von sozialer Sicherheit und mehr Beschäftigung gesprochen hat: Einerseits fordern Sie mehr Beschäftigung, und auf der anderen Seite haben Sie die Handelskette dayli mit massivem Druck von der Gewerkschaft daran gehindert, dass sie von 2 800 Beschäftigten auf 3 500 Beschäftigte aufstockt. Das haben Sie mit Ihrer Blockierergewerkschaft verhindert, weil Sie verhindert haben, dass hier ein Kon­zept umgesetzt wird, das mehr Beschäftigung bringt. (Abg. Schopf: Sonntag! Sonn­tagsarbeit!) Das sind viele, viele hundert Arbeitsplätze!


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Und genau das ist das Problem. Das heißt, die Gewerkschaft blockiert und verhindert genau das, was sie letztlich immer vorgibt zu fördern, nämlich mehr Beschäftigung und soziale Sicherheit. – Danke. (Beifall beim Team Stronach.)

10.03


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Zu Wort gelangt Frau Abgeordnete Csörgits. – Bitte.

 


10.03.29

Abgeordnete Renate Csörgits (SPÖ): Sehr geschätzte Frau Präsidentin! Geschätzter Herr Bundesminister Hundstorfer! Meine Damen und Herren! Nur eine Bemerkung zu meinem Vorredner: Die Gewerkschaft hat nicht verhindert, dass Arbeitsplätze geschaf­fen worden sind, sondern die Gewerkschaft hat verhindert, dass ein Unternehmer ohne rechtliche Grundlage am Sonntag arbeiten lässt, ohne dass er die Lizenzen dafür hat und ohne dass die Beschäftigten dort die notwendige Entschädigung und die entspre­chenden Zuschläge bekommen. Das hat die Gewerkschaft verhindert. (Beifall bei SPÖ und Grünen.)

Ich freue mich sehr, dass wir heute bei dieser Aktuellen Stunde die Möglichkeit haben, uns mit der politischen Wahrheit, wie der Kollege Kickl das so schön formuliert hat, auseinanderzusetzen. Lassen Sie mich gleich einmal damit beginnen: Die politische Wahrheit, Kollege Kickl, ist die, dass wir in dem Jahr oder in der Zeit, als Sie an der Regierung beteiligt waren – das war im Jahr 2005 (Abg. Kickl: Das ist falsch! Ich war überhaupt noch nie in der Regierung!) –, mit 5,2 Prozent die höchste Arbeitslosenrate in Österreich hatten. Das ist die politische Wahrheit, sehr geschätzte Damen und Her­ren. (Abg. Strache: Der Kollege Kickl war überhaupt noch nie in der Regierung!)

Und die politische Wahrheit ist auch die, dass Sie damals auch von der Europäischen Union gerügt worden sind, weil Sie die Arbeitslosen verwaltet haben und nicht aktive Maßnahmen gesetzt haben, um die Arbeitslosigkeit zu bekämpfen. (Zwischenruf des Abg. Kickl.) – Ja, ja, da sind Sie dann nie schuld, das waren dann immer Ihre Vor­gänger. Ja, ja, das kennen wir schon. (Abg. Kickl: Können Sie sich noch an Kreisky erinnern? Vollbeschäftigung! Vollbeschäftigung war früher die Parole der SPÖ!)

Diese Bundesregierung setzt sich ganz einfach sehr, sehr stark von dem, was Sie getan haben, ab, indem wir mehr als 1,3 Milliarden € für aktive Arbeitsmarktpolitik zur Verfügung stellen. Das ist entscheidend, das ist gut, das ist wichtig, denn wir wissen ganz genau, dass jeder Arbeitslose und jede Arbeitslose einer/eine zu viel ist (Abg. Strache: Da haben wir viele zu viel!), und daher setzen wir ganz gezielte Maßnahmen. (Abg. Strache: Den Blum-Bonus habt ihr abgeschafft!)

Und es ist uns damit auch gelungen, zu erreichen, dass einerseits auch die Frauen­erwerbstätigkeit gesteigert worden ist und wir andererseits in der glücklichen Situation sind, auch für Jugendliche ganz tolle aktive Maßnahmen zu setzen, um auch die Ju­gendarbeitslosigkeit dementsprechend in den Griff zu bekommen – eine Maßnahme, für die wir europaweit bewundert werden. Ich war vor Kurzem mit dem Kollegen Steindl bei einem Seminar mit europäischen Abgeordneten, und da ist immer wieder betont worden, wie wichtig und gut unser Ausbildungssystem ist, wie gut und wichtig es ist, ein duales Ausbildungssystem zu haben, und dass es wichtig und notwendig ist, auch dementsprechende finanzielle Mittel für dieses Ausbildungssystem zur Verfügung zu stellen. Ich bin sehr froh, dass jetzt auch in der Europäischen Union ein ganz besonde­rer Schwerpunkt darauf gelegt wird, die Jugendarbeitslosigkeit zu bekämpfen. Das ha­ben wir unter anderem auch unserem Bundesminister zu verdanken (Beifall bei der SPÖ), der gemeinsam mit den Sozialpartnern in der Europäischen Union dafür Wer­bung gemacht hat, und das ist auf fruchtbaren Boden gefallen.


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Sehr geschätzte Damen und Herren! Lassen Sie mich noch ein bisschen bei der poli­tischen Wahrheit verbleiben. Was hat denn die FPÖ unter ihrer Regierungsbeteiligung gemacht? – Unter anderem wurde eine Vielzahl an Maßnahmen gesetzt, die ich nicht als arbeitnehmerInnenfreundlich bezeichnen möchte. Ich darf daran erinnern, dass es unter Ihrer Regierungsbeteiligung eine Ausdehnung der Ladenöffnungszeiten gegeben hat, dass es eine Aufweichung des Kündigungsschutzes für ältere ArbeitnehmerInnen gegeben hat, dass es einen Entfall des Postensuchtages gegeben hat und dass es eine Einschränkung der Jugendanwartschaft auf das Arbeitslosengeld gegeben hat – und diese Liste könnte ich noch fortsetzen. (Abg. Petzner: Ihr habt ein Trauma! Ich würde einmal eine Psychotherapie machen!) Das heißt ganz einfach, dass Sie Maß­nahmen gesetzt haben, die wirklich nicht arbeitnehmer- und arbeitnehmerinnenfreund­lich sind.

Und was mich in diesem Zusammenhang besonders ärgert, ist auch, dass dort, wo der Bundesminister und diese Bundesregierung Maßnahmen setzen, um Lohn- und So­zialdumping auszuschalten (Abg. Kickl: Das ist so was von zahnlos!), Sie und das BZÖ es nicht einmal der Mühe wert finden, diesem guten und wichtigen Gesetz zuzu­stimmen. Also, was wollen Sie, Kollege Kickl? Sie wollen, dass die Leute ausgebeutet werden, Sie wollen, dass Saisonniers bei uns in Österreich unter schlechten Bedingun­gen beschäftigt werden. Das wollen wir nicht. (Beifall bei der SPÖ.)

Wir wollen Beschäftigung für die Menschen, wir wollen, dass die Menschen Arbeits­plätze haben und ein Einkommen, mit dem sie auch auskommen können. (Abg. Kickl: Wie lange wollen Sie denn das schon?) Wir wollen qualifizierte Arbeitsplätze. (Abg. Kickl: Wie lange wollen Sie denn das schon, Frau Csörgits?) Wir schulen und qualifi­zieren Arbeitskräfte dementsprechend, damit sie wieder fit im Arbeitsprogramm sind. (Abg. Strache: Nicht einmal für gleiche Leistung kriegen Frauen den gleichen Lohn – bis heute, unter Ihrer Verantwortung!)

Also kurz auf den Punkt gebracht: Beides probiert, kein Vergleich! Wir machen aktive Arbeitsmarktpolitik. – Herzlichen Dank. (Beifall bei der SPÖ.)

10.08


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Ta­mandl. – Bitte.

 


10.08.23

Abgeordnete Gabriele Tamandl (ÖVP): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrter Herr Bundesminister! Werte Kolleginnen und Kollegen! Der Herr Kickl hat sich heute – ich glaube, den Herrn Abgeordneten Klubobmann Strache brauchen wir nicht zu er­wähnen, denn das war auch eine Kickl-Rede – hier hergestellt und hat einmal die ers­ten zehn Sätze hindurch immer das Gleiche gesagt. Er hat überhaupt keine Lösungs­vorschläge gebracht. Und dass man sich, wenn er zum Thema Arbeitsplätze und so­ziale Sicherheit hier eine Aktuelle Stunde einberufen lässt, von den Freiheitlichen im­mer nur diese Ausländerhetze anhören muss, das ist schlicht und ergreifend inakzep­tabel. (Abg. Strache: Probleme negieren – und dann „Hetze“! Das ist Ihr Modell!)

Wenn ich sage, wir wollen etwas für unsere Beschäftigten, für unsere Arbeitnehmerin­nen und Arbeitnehmer in Österreich, dann schließe ich da alle mit ein. Ich möchte da keine Trennung in „gute“ und „schlechte“ Arbeitnehmer, in Inländer und Ausländer vor­nehmen; ich weiß nicht, warum Sie das immer machen müssen, Herr Kollege Strache. Wir haben die Rot-Weiß-Rot-Card hier im Haus beschlossen. (Abg. Strache: Das ist leider ein Rohrkrepierer, die Rot-Weiß-Rot-Card!) Bei der Rot-Weiß-Rot-Card gibt es mehrere Voraussetzungen und mehrere Kategorien. (Abg. Strache: Ein Rohrkrepierer ist die Rot-Weiß-Rot-Card!)


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Wir wollen in Österreich eine qualifizierte, eine geregelte Zuwanderung. Es gibt ganz klare Spielregeln, es gibt klare Kriterien. Und wenn die ganze Zeit davon geredet wird, wenn jemand zu uns herein kommt, wenn er zuwandert, dann könne er jederzeit kom­men und es sei für ihn hier wie im Schlaraffenland – so wird es hier dargestellt –: Das ist schlicht und ergreifend falsch, Herr Kollege Strache. Die Menschen können sich in­formieren – es gibt das Internet, es gibt die Zeitungen, es gibt das Fernsehen –, und Ihre Hetze hier herinnen, die wird ihnen nicht mehr genügen. (Abg. Strache: Die Ein­zigen, die hetzen, sind Sie!) Die Leute kennen die Wahrheit und können sich informie­ren. (Beifall bei der ÖVP sowie bei Abgeordneten der SPÖ. – Abg. Strache: Die Ein­zigen, die hetzen, sind Sie! Fällt Ihnen das gar nicht auf, wie Sie da hetzen?)

Beispielsweise müssen sonstige Schlüsselkräfte, die mit der Rot-Weiß-Rot-Card nach Österreich zuwandern und auf den Arbeitsmarkt kommen, als Unter-30-Jährige bereits mehr als 2 000 € brutto verdienen. Wir alle hier herinnen wissen, dass jemand, der 2 000 € brutto verdient, voll sozialversicherungspflichtig, voll lohnsteuerpflichtig ist, dass die Lohnnebenkosten vom Unternehmen im vollen Ausmaß abzuführen sind.

Ich frage mich daher: Was ist schlecht an einem Dienstverhältnis mit 2 000 € Bruttoent­lohnung, wo jemand voll ins Sozialsystem einbezahlt und, wenn er irgendwann einmal in eine Schieflage gerät, aus dem Sozialsystem auch wieder etwas bekommt? (Beifall des Abg. Amon. – Abg. Strache: Ich versteh’, warum Sie in Simmering nur 7 Prozent haben!)

Herr Kollege Strache, wenn Sie Arbeitsmarktpolitik, Arbeitnehmerpolitik betreiben wür­den, dann frage ich mich: Wo bleibt die freiheitliche Fraktion in der Wiener Arbeiter­kammer, wenn es um grundsätzliche Lösungen geht – und nicht nur in der Wiener Ar­beiterkammer, auch in der Bundesarbeiterkammer? (Abg. Strache: Ich versteh’, wa­rum Sie in Simmering nur 7 Prozent erreicht haben, Frau Tamandl!)

Wenn es grundsätzliche Lösungen zu finden gilt, auf dem Arbeitsmarkt, für die Jugend­arbeitslosigkeit, beispielsweise auch jetzt, was die Sonntagsarbeit betrifft, wo wir ge­meinsam Lösungen finden, wo wir im Vorstand über Sozial- und Lohndumpinggesetze diskutieren – wie kann man Kontrollen machen? –, wenn wir in diesem Punkt Partner der Wirtschaft sind, dann sind Sie nirgends, dann sind Sie abgemeldet. Ihre Kollegin­nen und Kollegen in Wien kommen nicht einmal zu den Vorstandssitzungen und be­teiligen sich nicht einmal bei Lösungsvorschlägen, die Verbesserungen für die Arbeit­nehmerinnen und Arbeitnehmer bedeuten. (Abg. Silhavy: Das ist skandalös!) Und das ist skandalös – danke, Frau Csörgits –, das ist wirklich skandalös. (Abg. Dr. Belako­witsch-Jenewein: Das war aber nicht die Frau Csörgits! – Abg. Silhavy: Es ist trotz­dem skandalös!)

Und weil hier heute gesagt worden ist, wir sollen endlich etwas für die Wirtschaft tun, wir sollen endlich Steuern senken: Ich weiß nicht, Herr Bucher, in den letzten Monaten haben wir uns immer wieder – in jedem Ausschuss, hier im Plenum, bei den unter­schiedlichsten Gelegenheiten – dazu geäußert, dass wir sehr wohl, wenn unser Staats­haushalt wieder auf ordentliche Beine gestellt ist, steuerliche Entlastungen durchführen wollen. (Abg. Grosz: Wer stellt denn den Finanzminister? – Abg. Strache: Seit 25 Jah­ren betet das die ÖVP vor und hat die höchste Steuerbelastung zu verantworten!)

Wir wollen steuerliche Entlastungen durchführen für den Mittelstand, für Arbeitnehme­rinnen und Arbeitnehmer, aber selbstverständlich auch für die Wirtschaft, denn eines ist klar, Herr Kollege Bucher: Die Wirtschaft – Herr Kollege Bucher, vielleicht können Sie mir einmal zuhören – muss entbürokratisiert werden. Nur die Wirtschaft kann Ar­beitsplätze schaffen. Wir wollen in den nächsten Jahren 400 000 Arbeitsplätze schaf­fen, damit die Wirtschaft angekurbelt wird. Aber wir wollen nicht auseinanderdividieren, Herr Kollege Strache, nach dem Motto: Das sind die einen, die kommen von heraußen,


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und die anderen, die sind herinnen. – Ganz ehrlich, wir wollen das nicht. (Abg. Stra­che: Sie fördern die kriminellen Zuwanderer, die Asylbetrüger und die Langzeitarbeits­losen!)

Sie von der FPÖ haben den Teufel an die Wand gemalt, was die Öffnung des Ar­beitsmarktes mit 1. Jänner dieses Jahres betrifft. Es sind 26 000 gekommen – mit 25 000 wurde gerechnet –, und jeder in diesem Land – 81 Prozent, nach einer Um­frage der Europäischen Union – meint, dass der Arbeitsmarkt das total gut aufgefan­gen hat (Abg. Dr. Belakowitsch-Jenewein: Und wie viele Österreicher haben den Ar­beitsplatz verloren und sind verdrängt worden?) und wir sehr gute Programme haben, um den Arbeitsmarkt auch zu beleben und anzukurbeln.

Abschließend: Ich weiß nicht, wir jammern hier oder die Opposition jammert hier auf hohem Niveau. Bei einer Arbeitslosenrate von 4,6 Prozent – wo im Durchschnitt der EU-27 die Arbeitslosigkeit mehr als doppelt so hoch ist (Abg. Strache: Gehen Sie zu den Arbeitslosen in Simmering!) – muss ich Ihnen ganz ehrlich sagen: Tun Sie doch einmal etwas, bringen Sie Lösungsvorschläge, und hetzen Sie nicht nur immer gegen ausländische Arbeitskräfte! (Beifall bei der ÖVP. – Abg. Strache: Sie haben Ihre 7 Prozent in Simmering über die ! – Abg. Neubauer: Simmering schätzt Ihre Arbeit nicht!)

10.13


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Zu Wort gelangt nun Frau Abgeordnete Dr. Be­lakowitsch-Jenewein. – Bitte.

 


10.14.02

Abgeordnete Dr. Dagmar Belakowitsch-Jenewein (FPÖ): Frau Präsident! Herr Bun­desminister! Kurz zu meiner Vorrednerin: Die Wähler sind nicht dumm, Frau Kollegin Tamandl! Ob Sie nach dieser Rede die 7 Prozent in Simmering halten können, ist schon mehr als fraglich. Aber jetzt zum eigentlichen Thema, dem Problem des Arbeits­marktes.

Herr Bundesminister, Sie stellen es so dar, als wäre alles so spitzenmäßig. Sie haben das ja heute in Ihrer Rede wieder bewiesen: Es ist eh alles wundervoll, es sind einfach nur die Freiheitlichen so ganz böse. – Herr Bundesminister, Ihre eigenen Zahlen – von Ihrer Homepage, aus Ihrem Hause – belegen ja, dass die Arbeitslosigkeit bei den Aus­ländern überproportional ansteigt.

April 2013: Anstieg an Arbeitslosen bei den Ausländern über 14 Prozent, bei den Inlän­dern waren es 6 Prozent, weniger als die Hälfte. Und das zieht sich durch, und das nicht nur im Jahr 2013 – ich erspare Ihnen jetzt die Zahlen, Sie kennen sie –, es zieht sich durch seit Jahren. Sie kennen diese Zahlen, aber Sie negieren sie. Sie stellen sich hierher und erzählen den Menschen das Blaue vom Himmel: Sie tun so viel für den Ar­beitsstandort, für die Arbeitsplätze von Österreichern.

Herr Bundesminister, ganz so funktioniert das nicht. Ich werde Ihnen jetzt einmal etwas sagen: Sie haben uns heute hier erzählt, dass jene, die seit der Ostöffnung, also seit dem 1. Mai 2011 nach Österreich gekommen sind, ich weiß nicht wie viel Geld einbe­zahlt haben, aber nur die Hälfte dessen herausnehmen oder zurückbekommen. – Das sind schon interessante Zahlen, die Sie uns hier immer erzählen, denn sobald es um eine schriftliche Anfrage geht und wir das abfragen wollen, bekommen wir von Ihnen die Antwort:

„Eine derartige Differenzierung kann infolge der bestehenden Datenlage nicht erfasst werden ...“, dass einer „Aufgliederung der  Leistungen der Sozialversicherungsträger nach österreichischer Staatsbürgerschaft, EU-Bürger und Drittstaatsangehöriger nicht nachgekommen werden kann.“


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Dann frage ich mich, Herr Bundesminister, wenn dem nicht nachgekommen wird: Wo­her haben Sie denn die Zahlen, die Sie uns heute wieder erzählt haben? (Beifall bei der FPÖ. – Abg. Strache: Man saugt sich Dinge aus der Nase!)

Wann immer Sie hier stehen, erzählen Sie uns von irgendwelchen Zahlen. Wenn wir sie aber schriftlich anfordern, dann gibt es diese Zahlen nicht, weil sie gar nicht erho­ben werden. Meines Erachtens haben Sie einen ziemlichen Erklärungsnotstand. Sie machen immer dieselben Geschichten. Es funktioniert nicht.

Die super Öffnung der Oststaaten: 28 000 Arbeitnehmer sind bisher nach Österreich gekommen. Wir haben so viele Arbeitsplätze wie noch nie, denn Sie haben ja so viele neue Arbeitsplätze geschaffen. Es ist nur so: Die werden nur von den Leuten, die neu kommen, besetzt.

Beispiel: Burgenland. Im Burgenland war es so, dass laut Aussage des Arbeiterkam­merchefs aus dem Burgenland – ich weiß schon, jetzt kommt wieder Ihr Argument: na ja, der war im Wahlkampf, und da hat er das halt gesagt; es ist schon interessant: wenn ein Arbeiterkammerchef im Wahlkampf ist, darf er alles sagen? – sämtliche neu geschaffenen Arbeitsplätze an Ungarn beziehungsweise an Leute aus der Slowakei gegangen sind. (Abg. Strache: Na bravo! Da hat der österreichische Arbeitslose wirk­lich was davon!) Nicht ein einziger Österreicher hat von diesen neuen Arbeitsplätzen profitiert, Herr Bundesminister! (Beifall bei der FPÖ.)

Aber Sie gehen ja noch ein Stück weiter und Sie wollen ja, dass wir das jetzt auch noch für Bulgarien und Rumänien öffnen. – Im Übrigen muss man ja dazusagen, Herr Bundesminister: Es geht ja Deutschland davon aus, dass in etwa 100 000 Rumänen und Bulgaren nach Deutschland gehen werden. Sie sagen, gemäß dem Faktor 1 : 10 rechnen Sie mit 10 000 bis 18 000. Aber gleichzeitig sagen Sie, es sind ja schon jetzt 30 000 Rumänen und Bulgaren hier, die sind bereits auf dem österreichischen Arbeitsmarkt tätig – also Sie holen sie eh schon jetzt, noch bevor Sie den Arbeitsmarkt öffnen –, und „wir haben mit der Mangelberufsliste eine sanfte Vorintegration vorge­nommen“. – Eine „sanfte Vorintegration“! Und gleichzeitig sind immer mehr Österrei­cher arbeitslos, gleichzeitig steigen die Arbeitslosenzahlen sprunghaft und rasant an. Aber Sie holen Rumänen und Bulgaren jetzt schon nach Österreich.

Und wenn man das aufzeigt, Herr Bundesminister, wenn man Ihnen den Spiegel vor­hält in Form Ihrer eigenen Zahlen und Ihrer eigenen Aussagen – heute haben Sie üb­rigens gesagt, es sind nur 24 000, also Sie sollten auch einmal mit sich selbst ins Klare kommen, wie viel jetzt definitiv schon da sind –, wenn man Ihnen Ihre eigenen Zahlen vorhält, dann wird klar, dass hier etwas im System nicht stimmen kann und dass auch etwas nicht stimmt. Sie wollen permanent die billigen Arbeitskräfte aus dem Osten he­reinholen. Das ist für Sie witzig und lustig, und dann stellen Sie sich auch noch her und sagen, wir haben ja das super Lohn- und Sozialdumpinggesetz gemacht.

Das Lohn- und Sozialdumpinggesetz nützt Ihnen überhaupt nichts! Und das wissen Sie, und das wissen auch Ihre ganzen Funktionäre bei der Arbeiterkammer und bei der Gewerkschaft, Sie halten es nur unter dem Teppich. Das machen Sie schon, und das machen Sie gar nicht so schlecht, denn Sie lassen es gar nicht heraus. Aber, Herr Bundesminister, Sie wissen ganz genau: Ein polnischer Arbeitnehmer beispielsweise, ein slowakischer Arbeitnehmer, ein tschechischer – das können Sie auf alle diese Staaten umsetzen –, der in seinem Heimatland für einen Tag sozialversicherungsmä­ßig angemeldet ist, bekommt den sogenannten A1-Schein, und mit dem kann er in Ös­terreich auf dem Arbeitsmarkt arbeiten – und da ist es völlig irrelevant, ob dieser Arbeit­nehmer 24 Stunden später wieder abgemeldet wird oder nicht. Und Sie wissen ganz genau, das ist das ganz große Problem, und hier haben wir das Sozialdumping und das Lohndumping. (Beifall bei der FPÖ.)


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Denn: Diese Arbeitskräfte bezahlen in Österreich keine Sozialabgaben und sind daher auf dem Arbeitsmarkt viel, viel billiger. Das sind die eigentlichen Probleme, und daher wird verdrängt. Und da können Sie kontrollieren, ob die kollektivvertragsmäßig bezahlt werden, denn es sind die Lohnnebenkosten, die man sich hier erspart.

Herr Bundesminister, ich frage mich: Was tun Sie dagegen? Sie machen genau nichts dagegen. Es gibt keinen Abgleich mit den Sozialversicherungsträgern aus den entspre­chenden Staaten. Sie haben auch gar keine Möglichkeit, dort hineinzusehen. Das Ein­zige, was Sie machen: Sie stellen sich hierher und sagen, es ist hier alles in bester Ordnung. – Und das ist es nicht, Herr Bundesminister. Das ist es absolut nicht. Sie be­treiben Sozialdumping, Lohndumping, und Sie wissen es! (Beifall bei der FPÖ. – Abg. Dr. Matznetter: Statt der Belakowitsch eine nette Rumänin, ? – Abg. Kickl: Was war das jetzt? Sind Sie ein bissl übernachtig, oder was?)

10.19


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Mag. Ko­run. – Bitte.

 


10.19.50

Abgeordnete Mag. Alev Korun (Grüne): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr ge­ehrter Herr Bundesminister! Sehr geehrte Damen und Herren! Ich möchte ganz herz­lich und ganz besonders die jungen Gäste auf der Galerie im Hohen Haus begrüßen, die Zukunft unseres Landes. Schön, dass Sie da sind und dass Sie der Debatte bei­wohnen und zuhören! (Allgemeiner Beifall.)

Sehr geehrte Damen und Herren, auch vor den Bildschirmen zu Hause! Ich möchte Sie bitten, sich mit mir gemeinsam auf ein Gedankenexperiment einzulassen. (Ruf beim BZÖ: Na, bitte nicht! Zwischenrufe bei FPÖ und Grünen.) Versetzen wir uns gemein­sam in die Welt, in der blaue Visionen Realität geworden sind! Versuchen wir es ein­fach!

Als Erstes fällt mir in dieser Welt der außenpolitische Sprecher der FPÖ ein, der zu Hause sitzt und sich nicht mehr ins Ausland traut, denn, wie hat sein Vizeparteichef Hofer vorgestern gesagt: „Jeder Urlauber () kann eine Krankheit mit hereinschlep­pen“!  der außenpolitische Sprecher der FPÖ, der ja beruflich ständig in dieses böse und mit Krankheitskeimen und -erregern voll besetzte Ausland fahren muss.

Sehr geehrte Österreicherinnen und Österreicher, vergessen Sie bitte Ihren geliebten Griechenlandurlaub, Ihren Strandurlaub in Ägypten, in der Türkei oder woanders! Es warten nur Krankheiten und Keime auf uns. Die Auslandsreisen müssen natürlich in dieser schönen blauen Welt auf ein Minimum reduziert werden.

Zweiter Punkt: In diesem interessanten Wahlkampfhandbuch der FPÖ steht – ich zi­tiere –, dass die FPÖ jegliche Zuwanderung ablehnt jegliche Zuwanderung! Was be­deutet das konsequenterweise?  natürlich ein Heiratsverbot mit Ausländern. Wo kom­men wir auch hin, wenn jeder Österreicher, jede Österreicherin die Person heiraten könnte, die er oder sie einfach heiraten will. Wenn das ein Ausländer ist, geht das lei­der nicht, denn jegliche Zuwanderung ist unerwünscht von der FPÖ.

Dritter Punkt: Die FPÖ spricht interessanterweise von „Minuszuwanderung“. Es reicht also nicht, dass keine Ausländer mehr ins Land kommen dürfen/sollen, sondern dieje­nigen, die irgendwann aus dem Ausland hier hergekommen sind, sollen sich gefälligst auch wieder schleichen, wie man in Wien so schön sagt. (Abg. Strache: Die Straffälli­gen auf alle Fälle!) Dabei möchte ich Sie natürlich fragen, Herr Strache, an wen den­ken Sie da, wer das Land wieder verlassen soll? (Abg. Strache: Die Kriminellen und Straffälligen auf alle Fälle, die Sie schützen! Und die Asylbetrüger, die Sie schützen! Die schützen Sie, vor die stellen Sie sich!)


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Zum Beispiel die Eltern von David Alaba, die Mutter ist ja bekanntlich gebürtige Philip­pina, der Vater gebürtiger Nigerianer? Sollen die Eltern von David Alaba vielleicht aus­wandern? Hätten Sie vielleicht lieber, dass der Vater von Attila Dogudan auswandern soll? (Beifall bei den Grünen. Abg. Strache: Da sind Sie Schutzpatronin! Zwi­schenruf des Abg. Kickl.) Oder wäre es vielleicht besser, wenn die slowakische Pfle­gerin sich wieder schleicht, die Ihre Mutter oder Ihren Vater pflegt? (Abg. Strache: Kri­minelle und Asylbetrüger, die Sie schützen!) Nur müssen Sie dann natürlich die unan­genehme Frage beantworten, wenn die slowakische Pflegerin, die hier Familienange­hörige von vielen von uns betreut, das Land wieder verlässt  (Abg. Strache: Drogen­händler und Einbrecher, die Sie schützen!) Regen Sie sich nicht auf, Herr Strache, Sie sind schon ganz rot angelaufen, nicht, dass Sie auch noch einen Herzkasperl krie­gen! Das können wir alle nicht wollen. (Beifall bei den Grünen.)

Wenn also die slowakische Pflegerin, die hier sehr nützliche, sehr sinnvolle Arbeit leis­tet, wenn die wieder gehen muss, müssen Sie mir nur eine Frage beantworten (Abg. Strache: Drogenhändler und Kriminelle sollen gehen, nicht die Pflegerin!): Wie wollen Sie dann Ihrem Abgeordnetenjob nachkommen, wo Sie doch Ihre Mutter oder Ihren Vater nun selber pflegen müssen, weil die slowakische Pflegerin ist ja futsch, die darf ja nicht mehr da sein. (Beifall bei den Grünen. Abg. Strache: Ja drehen Sie doch nicht alles!)

Ein vorletzter Punkt: Von „Massenzuwanderung“ spricht die FPÖ, und dass sie sie be­grenzen will. Schauen wir uns einfach die Zahlen an: Derzeit haben wir jährlich eine Nettozuwanderung von zirka 35 000 Menschen, und im Jahr 2005  ich kann mich dunkel erinnern, da war eine ÖVP-FPÖ-Regierung an der Macht  hat es eine Net­tozuwanderung von 44 000 gegeben. (Zwischenruf des Abg. Kickl.) Ein Jahr davor, im Jahr 2004, gab es eine Nettozuwanderung von rund 51 000 Menschen. (Ruf bei der FPÖ: Das ist ja dumm!)

Tatsache ist, sehr geehrte Damen und Herren von der FPÖ, und das wissen Sie ge­nauso wie wir alle: Sie stehen vor den Trümmern Ihrer Politik. (Ironische Heiterkeit bei der FPÖ.) Sie konnten weder als Regierungspartei, noch als Oppositionspartei irgend­etwas daran ändern, dass Österreich ein Land der Vielfalt ist. (Beifall bei den Grü­nen. Zwischenruf des Abg. Neubauer.)

Österreich wird auch weiterhin ein Land der Vielfalt sein. (Abg. Strache: Kriminelle Vielfalt unterstützen wir nicht, so wie Sie!) Und alle Probleme, die es beim Zusammen­leben gibt  und überall, wo Menschen zusammenleben, gibt es auch Probleme –, die sind gemeinsam zu lösen!

Mit folgendem Satz möchte ich schließen: Wir haben in Österreich vielleicht nicht alle dieselbe Herkunft, aber wir haben eine gemeinsame Zukunft vor uns. Und die können wir nur gemeinsam anpacken und Probleme gemeinsam lösen. Gemeinsam schaffen wir das!  Danke schön. (Beifall bei den Grünen. Abg. Neubauer: Das war widerlich, so viele Lügen auf einmal!)

10.25


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Dolin­schek. – Bitte.

 


10.25.10

Abgeordneter Sigisbert Dolinschek (BZÖ): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Herr Bun­desminister! Sehr geehrte Damen und Herren auf der Galerie und an den Bildschir­men! Werte Kolleginnen und Kollegen! Wenn jemand meiner Vorrednerin hier zugehört hat, muss er sagen, sie kann sehr glücklich sein, dass sie hier in Österreich lebt (Hei­terkeit der Abg. Dr. Belakowitsch-Jenewein), nicht in ihrem Heimatland, in ihrem Mut-


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terland, in der Türkei – denn die Situation, die Sie in der Türkei haben, wollen wir in Österreich nicht haben! (Beifall bei BZÖ und FPÖ. Zwischenrufe der Abgeordneten Brosz und Csörgits.)

Die wirtschaftlichen Probleme in Europa, die schlagen auf den österreichischen Ar­beitsmarkt durch. Und wenn ich mir jetzt die Redebeiträge von Abgeordneten der Koa­litionsparteien und auch des Herrn Sozialministers angehört habe, der bemüht ist, die Dinge, die er versucht umzusetzen, auch in ein positives Licht zu rücken, so muss ich sagen: Die Arbeitslosenzahlen sagen ganz etwas anderes.

Ich glaube, SPÖ und Frau Kollegin Csörgits – ich muss Ihnen das leider sagen : Sie haben ein Trauma (Abg. Csörgits: Ja, genau!), Sie haben ein Trauma der schwarz-blauen-Bundesregierung von 2000 bis 2006! (Beifall beim BZÖ. Zwischenrufe der Abgeordneten Csörgits und Silhavy.) Wenn Sie hergehen und sagen, die höchste Arbeitslosigkeit war im Jahr 2005 mit 5,4 Prozent, dann wissen Sie nicht, wie hoch die Arbeitslosenzahl heute ist. Heute liegen wir nämlich bei 7,3 Prozent, und die absoluten Zahlen sind 273 121, verstehen Sie? Und 80 000 Leute sind in Schulungen; und die Tendenz ist steigend, Frau Kollegin, die ist steigend. Tun Sie was! Ihre Partei ist in der Regierung, tun Sie endlich was, aber träumen Sie nicht von falschen Zahlen! (Beifall beim BZÖ. Zwischenrufe der Abgeordneten Csörgits und Brosz.)

Der Herr Katzian kommt hier heraus und sagt, wir haben einen Sozialminister, auf den wir so stolz sind. Der unternimmt jeden Tag etwas gegen die hohe Arbeitslosigkeit!  Aber trotzdem steigt die Arbeitslosigkeit. Ja, Herr Bundesminister, ich schaue mit Be­sorgnis auf den Arbeitsmarkt. Es ist halt so: Wenn die Tendenz steigend ist, sollte man schon reagieren! Ich weiß, dass das nicht von heute auf morgen geht, aber schauen Sie sich an, dass heuer 50 000 Menschen zusätzlich auf Arbeitssuche sind, die zusätz­lich hereinkommen  die meisten kommen ja aus der Bundesrepublik Deutschland, die von auswärts kommen, da ist nichts dagegen zu sagen , aber es wird schwierig, wenn in Österreich die Firmen zusperren!

Das sind zum Beispiel der Wäschehersteller Triumph oder Niedermeyer. Bei Nieder­meyer sind 280 Arbeitsplätze angemeldet, die abgebaut werden sollen, laut Frühwarn­system des AMS, bei Triumph 350, bei Sport Eybl & Sports Experts ebenfalls 250 (Abg. Bucher: Bank Austria! Zwischenruf der Abg. Silhavy), bei der Bank Austria 800 bis 2016; weiters bei Swarovski 150, bei der BAWAG-PSK 500 bis Ende des Jah­res. (Abg. Neubauer: AT&S!) Dann gibt es noch bei Pago 100 Arbeitskräfte und bei der AUA Tirol sind es ebenfalls 150, die beim AMS angemeldet sind.

Dann kommt noch dazu, dass der ehemalige Sozialist, Sozialdemokrat Androsch mit AT&S in Klagenfurt sein Werk auch noch zusperrt und nach China geht. Ja, ein ehe­maliger sozialistischer Finanzminister macht noch den Tupfen auf dem i – und nichts wird dagegen unternommen! (Beifall und Zwischenrufe beim BZÖ.)

Jetzt haben wir einen Landeshauptmann Kaiser in Kärnten, der dagegen auch nichts tut. Der macht dort Vergangenheitsbewältigung. Das muss zwar auch sein, da gebe ich ihm recht, aber er muss etwas für die Zukunft tun, denn wir haben den höchsten Zu­wachs bei der Arbeitslosigkeit in Kärnten! Nichts passiert in diesem Bereich. (Abg. Mag. Muttonen: Warum ist die Situation so schlimm in Kärnten?  FPÖ, FPK!)

Und jetzt komme ich zur Zuwanderung: Es gibt qualifizierte Zuwanderer, es gibt niedrig qualifizierte Zuwanderer. Wisst ihr, was wir brauchen? – Wir brauchen Schlüsselar­beitskräfte, die brauchen wir bei uns, und es ist nicht die Frage, ob sie hoch oder nied­rig qualifiziert sind. Schlüsselarbeitskräfte sind genau das, was wir brauchen.

Das haben wir übrigens beim Volksbegehren – wissen Sie noch, in den neunziger Jah­ren war es die Haider-FPÖ?  „Österreich zuerst“ schon gefordert. Auch die Rot-Weiß-


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll203. Sitzung / Seite 49

Rot-Card wurde gefordert, dankenswerterweise haben Sie die jetzt eingesetzt. (Zwi­schenrufe der Abgeordneten Brosz und Silhavy.) Damals war das „menschenverach­tend“ für Sie. Die gemeinnützige Tätigkeit bei den Gemeinden für Langzeitarbeitslose war ebenfalls in diesem Volksbegehren, ist auch umgesetzt worden  dankenswerter­weise. Früher einmal war es „menschenverachtend“. Ja, so schaut es aus.

Heute sind wir soweit, dass die Asylanten bei Bürgermeister Stauber in St. Andrä auch gemeinnützige Tätigkeiten machen. Das war früher verboten. Ich bin sogar dafür, dass sie es machen. Nur früher war eben die Wirtschaftsseite auch ein bisschen dagegen, denn die Wirtschaft hat ja für Gemeinden gewisse Tätigkeiten gemacht. Da waren na­türlich Privatfirmen dabei. Aber natürlich, wenn es in gemeinnütziger Tätigkeit andere machen können, ist mir das auch recht. Mir ist es egal, ob das privatwirtschaftlich oder öffentlich ist, nur muss es wirtschaftlich geführt werden. Das ist der Succus dabei, das muss es sein! (Beifall beim BZÖ.)

Und die SPÖ druckt Riesenfolder: „Die Partei der Arbeit.“ (Der Redner hält den ge­nannten Folder in die Höhe.) Ja, dann machen Sie endlich einmal eine Arbeit! Sie re­den ja nur davon. (Beifall und Heiterkeit beim BZÖ.) „Meilensteine der sozialen Ge­rechtigkeit“, „Niedrigste Arbeitslosenquote“  dabei haben wir eine Rekordarbeitslosig­keit. (Präsidentin Mag. Prammer gibt das Glockenzeichen.) Tun Sie endlich etwas da­gegen! „Jobs durch Investitionen“, „Jugendbeschäftigung“ – auch hohe Arbeitslosigkeit, zwar in Europa noch relativ niedrig, aber für Österreich schon viel zu hoch. (Beifall beim BZÖ sowie bei Abgeordneten der FPÖ. Zwischenruf der Abg. Silhavy.)

10.30


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Herr Bundesminister Hundstorfer hat sich zu Wort gemeldet. – Bitte.

 


10.31.05

Bundesminister für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz Rudolf Hundstorfer: Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! (Abg. Ing. Westentha­ler:  das war ein echter Sozialminister! – Weitere Zwischenrufe beim BZÖ.)  Ja, ja, ja.

Meine Damen und Herren, schauen Sie, ich gehe auf Zwischenrufe von Ihnen über­haupt nicht ein, denn es ist völlig sinnlos: Das Publikum hört es nicht, die Galerie ver­steht es nicht ganz. Demzufolge lassen wir das sein.

Fakt ist nur, Herr Abgeordneter Dolinschek, ich hätte ganz gerne in Österreich das Wirtschaftswachstum der Türkei  ja, das hätte ich ganz gerne. Damit wir da auch ein bisschen etwas mitnehmen. (Abg. Grosz:  Türkei in der Europäischen Union, wie wir wissen! Sie können gerne in die Türkei fahren! – Weitere Zwischenrufe beim BZÖ.) Ich möchte ganz gerne  (Abg. Ing. Westenthaler: Hätten Sie auch gerne die Frauen­rechte der Türkei? Unruhe im Saal. – Präsidentin Mag. Prammer gibt das Glocken­zeichen.)

Ich hätte ganz gerne ein paar Dinge ein bisschen klargestellt.

Punkt 1: Es ist vollkommen klar, dass im April die Ausländerarbeitslosigkeit überpro­portional mehr steigt als alle anderen. (Abg. Dr. Belakowitsch-Jenewein: Nicht nur im April!) Es ist vollkommen klar. Warum ist es vollkommen klar? Irgendwann einmal geht auch die beste Wintersaison zu Ende, und demzufolge haben wir, nachdem wir überproportional viele ausländische Beschäftigte im Tourismus haben, ganz einfach einen stärkeren Anstieg. (Rufe beim BZÖ: Na geh! Da ist sicher Schwarz-Blau schuld! Abg. Kickl: Ja, ja, das Wetter!) Das ist eine Milchmädchenrechnung, ob Sie es wollen oder nicht. (Abg. Ing. Westenthaler: Lassen Sie die Milchmädchen in Ruhe!)

Es ist auch eine Milchmädchenrechnung wenn Sie sagen, die Entsenderichtlinie wird nicht kontrolliert. (Zwischenruf der Abg. Dr. Belakowitsch-Jenewein.) Schauen Sie,


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll203. Sitzung / Seite 50

hier ist der entscheidende Unterschied: Als Sie in der Regierung waren, gab es die gleiche Entsenderichtlinie. Ihre Antwort war Schweigen. Unsere Antwort war nicht Schweigen, unsere Antwort war ein Lohn- und Sozialdumpinggesetz zu schaffen, wo wir überhaupt kontrollieren können. (Beifall bei der SPÖ sowie des Abg. Praßl.  Neu­erlicher Zwischenruf der Abg. Dr. Belakowitsch-Jenewein.)

Und dann erklären Sie doch den Bezirksverwaltungsbehörden, dass sie überhaupt nichts machen, wenn sie gleichzeitig bereits Strafen von 9 Millionen ausgesprochen haben. Das ist alles nichts? (Zwischenrufe der Abgeordneten Dr. Belakowitsch-Je­newein und Kickl.) Wir können darüber diskutieren, ob es mehr sein soll, aber 9 Mil­lionen an ausgesprochenen Strafen, unter anderem wegen Nichteinhaltung der Ent­senderichtlinie, das sollten Sie, glaube ich, auch zur Kenntnis nehmen!

Ich komme zum Schluss: Es freut mich sehr, dass Herr Abgeordneter Strache meint, sie sollen befristet hereinkommen und dann wieder gehen. Ich werde das mit der ser­bischen Community, um die er sich ja ganz massiv bemüht, entsprechend diskutieren. (Abg. Dr. Belakowitsch-Jenewein: Machen Sie das!)

Und dann lade ich Sie noch zu etwas ein: Sie haben in Ihren Reihen ein paar sehr prominente Abgeordnete, die Rechtsanwälte sind. Und wenn die sich zum Beispiel auch um den österreichischen Arbeitsmarkt intensiver kümmern würden, dann würden sie dafür sorgen, dass wir mit der Rechtsanwaltskammer endlich einmal einen Kollek­tivvertrag zusammenbringen für die Leute, die dort arbeiten. (Beifall bei der SPÖ sowie bei Abgeordneten von ÖVP und Grünen. Rufe und Gegenrufe zwischen den Abge­ordneten Grosz und Dr. Matznetter.)

10.34


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Marko­witz. – Bitte.

 


10.34.22

Abgeordneter Stefan Markowitz (STRONACH): Frau Präsidentin! Herr Bundesminis­ter! Hohes Haus! Prinzipiell ist zu sagen: Herr Minister, ich habe das ein bisschen wit­zig gefunden, was Sie vorher gesagt haben, nämlich wir als Opposition sind quasi schuld oder sollen uns Gedanken darüber machen, warum die Lehrlinge ihre Lehre abbrechen oder warum wir so viele Schulabbrecher haben – nämlich 10 000 Jugendli­che jedes Jahr, die keinen Schulabschluss haben.

Seit Jahren, Herr Minister, sagen wir, wir müssen im Lehrbetrieb etwas machen. Das heißt, wir müssen das ausweiten, wir müssen auch bei der Pflegelehre etwas machen. Da ist die SPÖ doch immer die Erste, die sagt: Okay, man kann das den jugendlichen Menschen nicht zumuten!

Also wenn ich da auf die Galerie hinaufschaue, dann sehe ich dort junge Menschen, denen ich sehr viel zutraue. Ich sehe junge Menschen da oben, die sich nicht nur für die Politik interessieren, sich aber wahrscheinlich wundern, was wir da teilweise pala­vern, sondern die auch sehr motiviert sind. Ich traue jungen Menschen in Österreich einiges zu, meine sehr geehrten Damen und Herren von der ÖVP. (Beifall beim Team Stronach.)

Und wenn ich mir die Politik der SPÖ der letzten Jahre anschaue, so muss ich sagen: Wir haben immer darauf aufmerksam gemacht, dass wir einen Mangel bei den Pflege­lehrberufen haben, aber  (Zwischenruf der Abg. Königsberger-Ludwig.) – Ich kann das Mikrofon zurückdrehen, wenn es Ihnen zu laut ist, sehr geehrte Frau Kollegin, aber wir sind hier im Parlament. Das bedeutet „parlare“, sprechen, und das werde ich hier tun. Da kann mir die SPÖ nicht den Mund verbieten.


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll203. Sitzung / Seite 51

Seit Jahren kämpfen wir dafür, dass wir gerade bei den Lehrberufen etwas machen, zum Beispiel eine Lehre für den Pflegeberuf. (Abg. Ursula Haubner: Das BZÖ! Das ist meine Forderung!  keine eigenen Ideen!) – Natürlich auch das BZÖ, Ursula Haubner, gar kein Thema, aber damals war ich auch noch dabei. Und ich habe mich immer dafür eingesetzt, auch mit dir gemeinsam, dass wir da etwas tun müssen; und es ist nichts passiert. Es wurde immer gesagt, man könne das den jungen Menschen nicht zu­muten.

Jetzt gibt es eine Kampagne, wo man sieht, wie viele junge Menschen die Eltern und die Mütter pflegen. Was machen Sie dagegen? Gar nichts, Sie machen gar nichts dagegen. Sie schreien hier herunter und tun nichts für junge Menschen in diesem Land.

Aber ich traue mir einiges zu, Herr Minister, und Ihnen vor allem, nämlich dass man auf lange Sicht etwas tut, dass wir nicht immer vor der Wahl hier heraußen stehen und sagen: Na ja, die jungen Menschen, Arbeitslosigkeit, alles ein Wahnsinn, wir haben zu wenig Facharbeiter!  Und was machen wir am Ende des Tages?  Nichts! Am Ende des Tages machen wir nichts, und vor allem die Bundesregierung macht nichts. (Zwi­schenruf der Abg. Dr. Oberhauser.)

Aber, Herr Minister, weil Sie auch als Konsumentenschutzminister hier sind und das Thema auch Armut ist. Dazu kann ich nur eines sagen: Im März wurde etwas umge­setzt, nämlich dass man mit Bankomatkarten auch ohne PIN abheben kann. Jeder von Ihnen hat sich sicher gewundert, was diese zwei Kasteln in den Lebensmittelmärkten zu bedeuten haben. Das hat nichts anderes zu bedeuten, als dass wir ohne PIN-Code abheben können, nämlich 25 €, zehnmal am Tag, das sind 250 €. (Abg. Dr. Oberhau­ser: Wozu sprechen Sie jetzt?!)

Meine sehr geehrten Damen und Herren, und was haben Sie gemacht? Haben Sie die Bevölkerung informiert von da oben? Haben Sie die Bevölkerung darüber informiert, was das zu bedeuten hat? Dass man 250 € am Tag abheben kann, ohne PIN-Code, und dass die Banken schon permanent diese neuen Karten ausgesendet haben? (Abg. Dr. Oberhauser:  Lehrlingsausbildung?!)

Ich kann Ihnen dazu etwas sagen: Das trifft genau die Menschen, die es sich nicht leisten können! Denn was passiert?  Es gibt schon so Code-Kasteln, wo man vor­beigeht und die 25 € abheben kann. Das heißt, da gibt es einen Wildwuchs sonder­gleichen. Ich erwarte mir auch von der Bundesregierung und vor allem von der SPÖ – da erwarte ich mir bald gar nichts mehr –, dass die Bevölkerung informiert wird, was da eigentlich passiert. Es wurde weder gewarnt, noch wurde informiert. Es wurde über­haupt nichts getan. Das wurde einfach so, still, klanglos, heimlich im März umgesetzt. Jeder von Ihnen hat eine neue Bankomatkarte gekriegt. (Zwischenruf des Abg. Dr. Matznetter.)

Herr Matznetter, Ihnen als Steuerberater taugt das, Ihnen als Steuerberater, dass Sie nichts gemacht haben! (Heiterkeit der Abg. Dr. Oberhauser. – Neuerlicher Zwischenruf des Abg. Dr. Matznetter.) Sie waren selber einmal Staatssekretär; und die Sache sieht so aus, dass Sie für junge Menschen nichts machen, dass Sie für Lehrlinge nichts ma­chen, dass Sie alles nur vertuschen. Das ist jetzt genauso beim Konsumentenschutz, Herr Matznetter. Da würde ich mir schon wünschen, dass man hier auch etwas macht!

Ein wichtiger Punkt noch zum Schluss, Herr Minister: Wir brauchen eine Vielfalt, was Lehrlinge betrifft. Wir brauchen auf dem Arbeitsmarkt auch Menschen, die Großartiges leisten, und das hat auch mit der Bezahlung etwas zu tun. Genauso wie bei den Sai­soniers, wo man hier erst darüber nachdenkt, dass es da in Tirol auch Riesenprobleme gibt. – Vielen Dank. (Beifall beim Team Stronach.)

10.38



Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll203. Sitzung / Seite 52

Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Zu Wort ist dazu niemand mehr gemeldet.

Die Debatte ist geschlossen.

10.38.58Aktuelle Europastunde

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Wir kommen nun zur Aktuellen Europastunde mit dem Thema:

„Die Herausforderungen an den Wirtschaftsstandort Europa und Österreich“

Der Herr Bundesminister ist anwesend.

Als Erster zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Haubner. Die Redezeit beträgt 10 Minu­ten. – Bitte.

 


10.39.22

Abgeordneter Peter Haubner (ÖVP): Grüß Gott, Frau Präsident! Sehr geschätzter Herr Minister! Werte Kolleginnen und Kollegen! Ja, Österreich und Europa eint momen­tan ein Ziel: die Stärkung der Wirtschaft, denn diese schafft Arbeit, Einkommen und so­ziale Sicherheit. Die Herausforderungen, die zu diesem Zeitpunkt gemeistert werden müssen, um dieses Ziel zu erreichen, sind allerdings sehr groß.

Ein Blick auf Österreich zeigt uns: Die österreichischen Unternehmer und ihre Mitarbei­ter profitieren vom Gemeinsamen Europa, denn es garantiert ihnen Wohlstand, Frieden und Sicherheit. Wir nutzen jeden Tag die Vorteile der Europäischen Union (Zwischen­ruf des Abg. Jury) bei der wirtschaftlichen Nutzung des EU-Binnenmarktes, bei den grenzüberschreitenden Möglichkeiten und natürlich auch bei der EU-Mitfinanzierung der österreichischen Infrastruktur.

Wir brauchen also – und ich glaube, da sind wir uns einig – keine politische Polemik, denn die Zahlen und Fakten sprechen für die Europäische Union. Das österreichische Wirtschaftsforschungsinstitut und auch das IHS, das Institut für Höhere Studien, haben uns mit zwei Studien gezeigt – und die Wirtschaftsexperten bestätigen das –, dass Eu­ropa unseren Wirtschaftsstandort sichert, und damit natürlich auch unsere Zukunft.

Meine Damen und Herren! Durch Europa, durch unseren EU-Beitritt, ist Österreich si­cher internationaler geworden. Starre Strukturen wurden aufgebrochen, und die EU wirkt seither als Wettbewerbs- und Innovationsmotor. Das Land hat sich geöffnet, und wir können sagen: Kein anderer Staat hat durch die Ostöffnung, durch seinen Beitritt zur EU und durch den Euro mehr profitiert und mehr erreicht als Österreich.

Es ist heute schon in der vorhergehenden Diskussion angeschnitten worden: Wir sind Exportweltmeister; wir sind ein Land, das vom Export lebt. Österreich verdient 6 von 10 Euro im Export, und 70 Prozent davon – das, glaube ich, ist ganz entscheidend – gehen in den EU-Raum. Also 4 von 10 Euro erwirtschaften unsere Betriebe heute in der EU.

Fakt ist einfach, dass wir durch unsere günstige geografische Lage als Drehscheibe zwischen Mittel- und Osteuropa dienen, und das können wir nur als Mitglied im EU-Binnenmarkt nutzen. Wenn wir draußen sind, dann sind auch diese Vorteile weg. Das muss auch denjenigen klar sein, die immer von einem Austritt aus der Europäischen Union sprechen.

Beim Thema Export kann man sicher auf die erfolgreiche Zeit zwischen 2000 und 2007 verweisen. Bundeskanzler Schüssel war es, der diese Internationalisierung der österreichischen Wirtschaft vorangetrieben hat, von der wir auch heute noch massiv


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profitieren. Wenn wir uns das jetzt genauer anschauen, dann sprechen die Exportzah­len eine ganz deutliche Sprache: Im Vorjahr der höchste Stand, ein Exportrekord in Ös­terreich mit 121,8 Milliarden €. Meine Damen und Herren! Der Minister ist da gemein­sam mit der Wirtschaftskammer mit der Initiative go-international ein ganz entschei­dender Katalysator, und dafür auch herzlichen Dank an dieser Stelle. (Beifall bei der ÖVP.)

Meine Damen und Herren, die Zahlen beweisen schon, wie Österreich und die österrei­chische Wirtschaft von der EU profitiert hat. Wir haben dank der EU einen Wachs­tumsbonus, man kann nämlich sagen, dass zum normalen Wachstum, das wir jährlich erwirtschaften, dieser EU-Beitritt ungefähr 1 Prozent zusätzliches Wirtschaftswachstum pro Jahr vom Jahr 1995 an bewirkt hat.

Es gibt natürlich auch positive Auswirkungen auf dem Arbeitsmarkt: Seit dem Beitritt zur EU haben wir 375 000 neue Arbeitsplätze geschaffen – das sind 17 000 neue Ar­beitsplätze pro Jahr. Auch hier eine Warnung, denn das hätte fatale Folgen: Bei einem Austritt würden wir Zigtausende Arbeitsplätze gefährden. Wer das will, der handelt in diesem Sinne verantwortungslos.

Auch die österreichischen Regionen profitieren – und die Regionen sind für die klein- und mittelständischen Unternehmer und für unsere klein strukturierte Landwirtschaft ganz wichtig, denn es geht nur gemeinsam. Die österreichischen Regionen erhalten Fördermittel von der EU, und gemeinsam haben wir in den letzten sechs Jahren 4,5 Milliarden € für Projekte aufgestellt. Dieses Geld geht in Forschung und Entwick­lung und in die Förderung von Unternehmertum sowie in die Schaffung von Arbeit, und das ist ganz zentral.

Gerade in der Forschung ist es ganz wichtig, dass wir uns an internationalen For­schungsprojekten beteiligen, meine Damen und Herren. Mit dem neuen Forschungs­rahmenprogramm, das im Jahr 2007 aufgesetzt wurde, haben wir ungefähr eine halbe Milliarde Euro für die österreichischen Programme aus Brüssel erhalten können. (Bei­fall bei der ÖVP.)

Schauen wir uns das ganz konkret an – wir leben von konkreten Zahlen –: 1 800 öster­reichische Beteiligungen bei 1 300 Projekten. Ich glaube, das ist ein beeindruckendes Ergebnis, und das ist ganz wichtig für unsere österreichischen innovativen Betriebe.

Wenn wir uns die aktuellen Schwerpunkte und die Herausforderungen in der Europäi­schen Union anschauen, dann ist es Fakt, dass wir einfach schwierige wirtschaftliche Zeiten in ganz Europa durchwandern. Fakt ist aber auch, dass in der EU 7 Prozent der Weltbevölkerung leben und diese 7 Prozent immerhin eine Wirtschaftsleistung von 25 Prozent erwirtschaften – sie erhalten aber 50 Prozent der weltweiten Sozialleistun­gen, meine Damen und Herren.

Daher ist es für unsere österreichischen Unternehmen besonders wichtig, dass Sparen und Investieren im Einklang passieren. Das heißt, auf der einen Seite Verwaltungsein­sparungen durchführen und auf der anderen Seite die Ausgaben für die Zukunftsberei­che Forschung, Bildung und Infrastruktur steigern. Für diese Offensive ist eben der Be­reich Innovation von großer Bedeutung. Wir profitieren von diesem Bereich, denn von der Inlandsnachfrage alleine können wir sicher nicht leben. Unser Wohlstand kommt – ich habe das schon ausgeführt – aus dem Export.

Da ist es auch ganz wichtig, dass wir die Wertschöpfungskette in Europa beziehungs­weise auch in Österreich behalten, denn wenn wir nach China, nach Russland oder nach Amerika schauen, was sich dort abspielt, dann müssen wir ganz deutlich sagen: Wir können uns da kostentechnisch nicht abkoppeln, das geht einfach nicht! Wir brau­chen Rahmenbedingungen, dass die europäische Wirtschaft weiterhin wettbewerbsfä-


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hig bleibt. Das ist die große Herausforderung, und dafür müssen wir alles tun! (Beifall bei der ÖVP. – Abg. Mag. Kogler: Atomkraft subventionieren, oder was meinen Sie?)

Denn wir wissen, geschätzte Kolleginnen und Kollegen, wenn die Steuer- und Abga­benleistungen, die Energie- und die Umweltkosten zu hoch werden, dann können die Betriebe leicht abwandern, und das ist ein großes Problem. Daher brauchen wir Im­pulse und keine neuen Belastungen, und da werden wir die richtigen Schritte setzen. (Abg. Mag. Kogler: Atomkraft subventionieren?)

Auch die EU hat in dieser Hinsicht mit dem Forschungsfinanzierungsinstrument Hori­zon 2020, wo 80 Milliarden in den nächsten Jahren zur Verfügung gestellt werden, die richtigen Impulse gesetzt, um die Krise und die Arbeitslosigkeit zu bekämpfen und Eu­ropas Wettbewerbsfähigkeit zu sichern.

Arbeit für die Menschen steht an oberster Stelle. Das ist das Wichtigste, und das geht nur mit einer starken Wirtschaft, denn nur die Unternehmer schaffen die Arbeitsplätze – nicht die Politik! Da hilft auch kein Plakat, meine Damen und Herren. (Abg. Bucher: Das sagt der Richtige! Das war gut!)

Die Klein- und Mittelbetriebe sind der Beschäftigungsmotor; 99 Prozent der österrei­chischen Unternehmen haben diese Größe. Deswegen ist es auch so wichtig, dass sich Österreich und unser Wirtschaftsminister in der EU durchgesetzt hat, dass diese kleineren und mittleren Betriebe unterstützt werden und dass eine Stärkung der KMUs in Europa erfolgen wird. Die Wettbewerbsfähigkeit dieser KMUs ist eben ganz, ganz wichtig.

Noch einmal: Die Wirtschaft schafft die Arbeitsplätze, und deshalb sind wir in Öster­reich mit unserer Politik auf einem richtigen Weg – und vor allem, wenn man das im internationalen Vergleich anschaut, auf einem besseren Weg, meine Damen und Her­ren. (Beifall bei der ÖVP.)

Ein meiner Auffassung nach wesentlicher Punkt ist auch, dass Europa voneinander lernt. Ich glaube, da gibt es ein sehr gutes aktuelles Beispiel. Mit einem kürzlich ge­fassten Beschluss plant eine europäische Regierung die Privatisierung von staatlichen Unternehmensanteilen zur Finanzierung ihres Investitionsprogramms. – Der Beschluss in aller Kürze: erstens, Privatisierungserlöse für Investitionen in die Zukunft; zweitens, Einhaltung des Konsolidierungspfades; dazu kommt eine geringere Besteuerung von Gewinnen nach Veräußerungen; gezielte Förderungen von Investitionen in KMUs.

Liebe Kollegen, wo findet das statt? – In Frankreich, unter einer sozialistischen Regie­rung! Damit geben die französischen Sozialisten ihre Steuererhöhungsfehler vom ver­gangenem Jahr zu. Denn nach der Wahl ist die Zeit der Versprechen vorbei, und so wird das auch in Österreich sein, nur befinden wir uns eben noch vor der Wahl, meine Damen und Herren. Deshalb warne ich alle vor neuen Vermögens- und Eigentums­steuern. Diese sind Gift für den Standort, damit für die Wettbewerbsfähigkeit und im Endeffekt für die Arbeitsplätze, geschätzte Kolleginnen und Kollegen. (Beifall bei der ÖVP.)

Abschließend halte ich Folgendes fest: Österreich ist ein schönes und erfolgreiches Land in einem Gemeinsamen Europa. Österreich hat engagierte und fleißige Arbeit­nehmer. Österreich hat innovative und verantwortungsvolle Unternehmer. Österreich ist ein attraktiver Wirtschafts- und Arbeitsstandort.

Wir wollen alle, dass das so bleibt, deshalb ist es auch in unserer Verantwortung, die­sen Vorsprung nicht nur beizubehalten, sondern weiter auszubauen und Österreich zum attraktivsten Wirtschaftsstandort Europas zu entwickeln – für sichere Arbeitsplät­ze, für erfolgreiche Unternehmen, aber vor allem für unsere nachfolgenden Generatio­nen! (Beifall bei der ÖVP.)

10.49



Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll203. Sitzung / Seite 55

Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Für eine einleitende Stellungnahme hat sich Herr Bundesminister Dr. Mitterlehner zu Wort gemeldet. Die Redezeit soll 10 Minuten nicht überschreiten. – Bitte.

 


10.49.49

Bundesminister für Wirtschaft, Familie und Jugend Dr. Reinhold Mitterlehner: Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Mein Vorredner hat gerade angesprochen, dass Österreich von Europa profitiert hat. Es sind aber natürlich nicht nur diese positiven Auswirkungen darzustellen, sondern vor allem die Frage, wie wir uns in dem Gemeinsamen Europa weiterentwickeln können. Und vor allem müssen wir uns mit der Frage auseinandersetzen, wie es um die Wettbewerbsfähigkeit von Europa bestellt ist. Kann Österreich hier etwas tun, damit die Wettbewerbsfähigkeit gestärkt wird, und vor allem, kann Österreich etwas tun, um noch einen eigenständigen Weg in diesem Europa zu gehen und eigene Vorteile wahrzunehmen?

Wenn Sie die letzten Jahre angeschaut haben, dann haben Sie alle beobachten kön­nen, dass sich seit der Wirtschaftskrise des Jahres 2009 eigentlich nicht die Frage stellt, ob wir jetzt im vierten Jahr der wirtschaftlichen Erholung sind, sondern dass wir sagen müssen, wir sind im fünften Jahr der Wirtschaftskrise. Die Frequenz zwischen Erholung und neuer Finanzkrise wird immer kürzer. Das heißt, die Probleme wurden nicht wirklich gelöst.

Es gibt aber vor allem eine Auswirkung, und die stellt uns vor ernste Schwierigkeiten, und zwar ist das die Auswirkung, dass Europa eine Wachstumsschwäche hat – eine Wachstumsschwäche, die sich so äußert, dass wir im Jahr 2013 in der Euro-Zone nach Einschätzungen der Europäischen Kommission einen Rückgang der Wirtschaft um 0,4 Prozentpunkte haben. Österreich ist besser aufgestellt: Österreich wird wahr­scheinlich 0,7 Prozentpunkte Wachstum haben. Das ist relativ besser, aber noch nicht gut genug.

Damit verbunden stellt sich natürlich eine zweite Frage: Was bedeutet es, wenn Euro­pa nicht wächst, was passiert sonst in der Welt? In der übrigen Welt haben wir – leider, muss man dazusagen, oder, positiv gesehen, weil auf der anderen Seite als Chance für uns – mehr Wachstum. Das Weltwirtschaftswachstum wird im Jahr 2013 3,3 Pro­zent betragen; allein in China werden wir 7,5 Prozent Wachstum haben.

Was heißt das in der Konsequenz? – In der Konsequenz heißt das, dass sich die Kräf­te verschoben haben, dass Europa in Gefahr ist, wirtschaftlich den Anschluss zu ver­lieren und dass sich die Gewichtung anders aufteilt – und das auch wegen einer zwei­ten Konsequenz, die wir aus der Schuldenkrise erlebt haben, nämlich, dass Europa ei­ne zunehmende Verschuldung hat.

Die Verschuldung in Europa wird im Jahr 2020 bei 100 Prozent des Bruttonationalpro­dukts sein; Maastricht-Kriterium wären 60 Prozent – Sie kennen es. Auf der anderen Seite haben die Länder, die in den sogenannten Emerging Markets liegen, wie Brasi­lien, Indien, China, eine Verschuldung von 35 Prozent.

Welche Auswirkung hat das aber? – Die, dass diese Länder für Infrastruktur, für For­schung, auch für Bildung mehr Geld in die Hand nehmen können, weil sie weniger Schulden haben, während wir auf der anderen Seite Schulden zurückzahlen müssen und zum Zweiten auch kein Geld für neue Konjunkturprogramme haben. Und damit ist auch ein weiteres Problem verbunden, und das ist die steigende Arbeitslosigkeit, die soziale Frage, die in Europa einfach mitspielt.

Sie können sich erinnern, wie ich neulich Österreich dargestellt habe – vor allem die Jugendarbeitslosigkeit –: nicht mit einer Zahl, sondern mit einem Vergleich. Und zwar: Jeder zweite Jugendliche bei der Messe Wien hat bei einer Veranstaltung auf Einla-


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dung der Moderatorin hin aufstehen müssen. Da war es momentan ganz ruhig im Saal, und diejenigen, die sitzen geblieben sind, entsprechen etwa der Arbeitslosenquote der Jugendlichen in Spanien oder auch in Portugal.

Und jetzt muss man sagen, was die Europäische Union tut – ich habe gerade auch die vorherige Aktuelle Stunde gesehen. Es klingt großartig: Man nimmt 6 Milliarden € in die Hand! – 6 Milliarden € zur Bekämpfung der Jugendarbeitslosigkeit klingt viel, aber wis­sen Sie, für welchen Zeitraum das ist? – Für 2014 bis 2020.

Jetzt schauen Sie sich einmal an, was Österreich für die Jugend und die Jugendbe­schäftigung in die Hand nimmt: Im Jahr 350 Millionen €! Und ich finde, das ist richtig und positiv eingesetzt. (Beifall bei ÖVP und SPÖ.)

Wenn Sie das in Relation zu ganz Europa einmal mit 30 multiplizieren, dann haben Sie in etwa 10 Milliarden, was der Anteil zur Bekämpfung der Jugendarbeitslosigkeit in Eu­ropa pro Jahr sein müsste. Und wenn Sie das mit sechs – weil es um sechs Jahre geht – multiplizieren, hätten Sie 60 Milliarden €.

Was heißt das also im Endeffekt in Richtung der EU, von der wir selbst ein Teil sind? – Keine Frage, wir müssen uns noch mehr anstrengen, um die Jugendarbeitslosigkeit wirklich zu bekämpfen, sonst haben wir nämlich soziale Spannungen in ungeahntem Ausmaß oder sonst haben wir eine „generation jobless“. Was sagen Sie denen in Spa­nien, die keine Möglichkeiten haben? (Abg. Bucher: Das heißt, Steuern erhöhen! Wie wollen Sie denn das finanzieren?)

Daher, auch meine Damen und Herren von der Gewerkschaft, muss man in ganz Euro­pa Sparprogramme umsetzen, muss man Sozialleistungen reduzieren, um die Wettbe­werbsfähigkeit zu erhöhen. Sie haben die Idee beim Gewerkschaftskongress, die So­zialleistungen zu erhöhen. Bemerken Sie nicht, dass Sie damit die Wettbewerbsfähig­keit reduzieren? Sie – das an die sozialistischen Kollegen – können das an Ihre Ge­werkschaftskollegen weitergeben.

Was hat die EU richtig gemacht, was hat sie falsch gemacht? – Nur drei Anmerkungen und drei positive Konsequenzen:

Ich glaube, der Riesenirrtum der EU war, alles auf CO2-Reduktion zu setzen. Wa­rum? – Weil man geglaubt hat, mit dem 20-Prozent-Ziel würden auch alle anderen Staaten in der Welt nachziehen, und wir können unsere Technologie nach China, nach Indien, in die Vereinigten Staaten liefern, um dort wettbewerbsmäßig erfolgreich zu sein. – Mitnichten! Die anderen haben es nicht gemacht.

Daher haben wir ein Problem, und das Problem ist unsere Industrie: Die geht wohin – siehe voest? – Nach Amerika, in die Vereinigten Staaten, nach Asien. Warum tut das die Industrie? – Weil dort die Energiekosten mittlerweile ein Viertel betragen. (Abg. Mag. Kogler: Geh bitte! Geh, hören Sie doch auf!) Und jetzt, damit auch kein Irrtum entsteht, Herr Kogler: Ich bin nicht für Schiefergas und sonst etwas ohne Bedingungen, sondern mit sozialer Akzeptanz. Aber dass wir uns dem Problem der Energiekosten – was die EU jetzt momentan auch tut –, dringend stellen müssen, ist einfach deswegen notwendig, weil wir sonst an Wettbewerbsfähigkeit verlieren werden. Unser Hauptpro­blem sind nicht mehr die Löhne, unser Hauptproblem sind die hohen Energiekosten. Daher konsequent und richtig: Die EU muss die Energieproblematik angehen!

Wir haben aber auch ein zweites Problem: Überall dort, wo wir mit dem Herrn Bundes­präsidenten mit Delegationen hinkommen, waren andere schon dort. Was haben die gemacht? – Sie haben Freihandelsabkommen abgeschlossen. Daher muss die EU ei­nes tun: schneller abschließen! Ich sehe eine positive Entwicklung darin, dass die EU jetzt etwa mit Amerika ein Freihandelsabkommen machen wird. Alleine das bringt in Europa ein Wachstum von 2 Prozent. Damit stellen wir drei Viertel aller Geschäftsfälle


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unter bessere Bedingungen, und zwar gegenseitig. Schade, dass wir das nicht früher angegangen sind.

Zweite Konsequenz – weil wir gerade davon gesprochen haben, wie wir von Europa profitiert haben –: Schauen Sie sich einmal den Stahlbereich an! Im Stahlbereich ist Folgendes passiert: Die Produktion von Stahl ist weltweit in den letzten zehn Jahren um 80 Prozent gestiegen. Was glauben Sie, wie der Anteil der Stahlindustrie in Europa derzeit ist? – Der war im Jahr 2000 bei 23 Prozent von der Produktion insgesamt und er liegt derzeit bei 11,2 Prozent. Also wenn wir die Zeichen der Zeit nicht erkennen und eine Reindustrialisierung einleiten, ist uns nicht zu helfen!

Daher ist die positive Konsequenz: Die EU, auch unter Einwirkung von uns – der voest-Generaldirektor war auch bei diesem Round Table dabei –, hat sich ein 20-Prozent-Industrieziel gesetzt, denn es hilft uns nichts, wenn wir 11 Prozent des CO2-Ausstoßes haben und 5 Prozent der Industrie. Das ist nicht die Konsequenz, die wir haben sollten, deswegen die Verbindung der Ziele: einerseits das CO2-Ziel und auf der anderen Seite das Industrieziel. Das finde ich ausgesprochen positiv.

Sie können zu Autos stehen, wie Sie wollen, aber die Initiative CARS 2020 ist eben eine Initiative, die uns hilft – die uns hilft, dass wir bestehen, weil in etwa mehr als die Hälfte von Österreich automotive Zulieferindustrie hat. Jetzt brauchen wir nicht zu sa­gen, das alles ist umweltfeindlich, denn im Endeffekt können uns die E-Mobilität, Gas­autos technologisch helfen, daher ist das eine weitere wichtige Konsequenz. (Beifall des Abg. Hörl.)

Jetzt zur Frage: Was tun wir in Österreich? Können wir, wenn die EU die Zeichen der Zeit erkannt hat, etwas in Richtung Reindustrialisierung tun? – Ja! Ich finde auch, wir sind sehr erfolgreich mit der Diversifikation. Was tun wir beim Export in der letzten Zeit? – Wir hatten 83 Prozent in Richtung EU. Wenn das Wachstum wandert, müssen wir woanders hingehen. Und da war schon ein Problem, dass in die zehn wachstums­schwächsten Länder 22 Prozent unserer Exporte gingen und in die zehn wachstums­stärksten gingen 8 Prozent unserer Exporte. Daher ist es toll, wenn wir nach Italien liefern, unserem zweitwichtigster Handelspartner, aber wir brauchen eher die anderen, die ein größeres Wachstum haben. Daher gehen unsere Bemühungen in diese Rich­tung und auch in Richtung Green Technology.

Dass wir auch in Richtung Qualifikation, in Richtung Arbeitsplätze etwas zu tun haben, ist klar. Und da möchte ich schließen mit einem entscheidenden Punkt.

Meine Damen und Herren, wir brauchen jetzt nicht eine Diskussion, wie wir unsere So­zialleistungen ausbauen. Wir brauchen keine Diskussion, wie wir besser umverteilen. Wir brauchen eine Entwicklung, wo sich junge Leute zum Unternehmertum bekennen. (Abg. Bucher: Ja!) Und da sage ich Ihnen, dass Jugend Innovativ, der Kindertag der Wirtschaftskammer, die Wirtschaftswoche für Kinder in der Industriellenvereinigung ge­nau der richtige Ansatzpunkt sind, damit es wieder Unternehmerfreundlichkeit gibt, denn Sie vergessen scheinbar Folgendes – Sie brauchen nicht das oder das zu plaka­tieren –: Wenn wir keine Betriebe haben, haben wir auch keine Arbeitsplätze! (Beifall bei der ÖVP. – Abg. Hörl: Richtig!)

Daher last but not least in der Zusammenfassung: Österreich profitiert, wenn wir viele innovationsfreundliche, forschungsorientierte Unternehmen haben. Wir haben nie mit Lohndumping Erfolg gehabt.

Wir haben profitiert, wenn wir ins Ausland gingen, und wollen das auch in Zukunft tun.

Ein Asset, das ich am Schluss erwähnen möchte, ist die Vereinbarkeit von Familie und Beruf, die bei uns enorm zugenommen hat. Wenn wir das weiter ausbauen, dann wer­den wir mit anderen Fragestellungen, wie etwa mit zielgerichteter Integration, die wir


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auch gut lösen können, einfach auch in Zukunft konkurrenzfähig sein, aber nicht mit falschen Themenschwerpunkten, das wird uns nicht weiterhelfen, sondern nur mit Wettbewerbsfähigkeit in Richtung einer konkurrenzfähigen österreichischen und vor al­lem dynamischen europäischen Wirtschaft. (Beifall bei ÖVP und SPÖ.)

11.00


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Ich mache darauf aufmerksam, dass so wie in der vorhergehenden Aktuellen Stunde auch jetzt die Rednerinnen und Redner jeweils über eine Redezeit von 5 Minuten verfügen.

Nun gelangt Herr Abgeordneter Dr. Matznetter zu Wort. – Bitte.

 


11.00.50

Abgeordneter Dr. Christoph Matznetter (SPÖ): Frau Präsidentin! Herr Bundesminis­ter! Noch einen Nachtrag zum letzten Mal. Kollege Dolinschek hat sich Sorgen um den Arbeitsplatz gemacht. Ich mache mir auch manchmal Sorgen, wenn das BZÖ nicht mehr da ist. Ich darf empfehlen, es gibt Unternehmer, die Leute anstellen. Auch Herr Markowitz wurde vom Herrn Stronach angestellt. (Abg. Dolinschek: Nicht nötig!) Viel­leicht sollten Sie sich ebenfalls dort bewerben. Dann haben Sie auch eine gute Job­chance nach dem 29. September. – Das nur als Nachtrag zu diesem Teil. (Beifall bei Abgeordneten der SPÖ.)

Herr Bundesminister! Sie haben zu Recht die Schwachstellen, die Europa hat, aufge­zählt. Die soziale Dramatik der Jugendarbeitslosigkeit darf nicht nur in Spanien nicht unterschätzt werden. Sie haben erwähnt, dass jeder zweite Jugendliche dort arbeitslos ist. Im Süden Spaniens ist es jeder Vierte von fünf. Wir haben dort eine Situation, de­ren Dramatik nicht zu unterschätzen ist.

Die Kernfrage ist: Wie konnte Europa in so eine Situation geraten? Wenn wir dieser Frage nachgehen, dann müssen wir uns auch mit jener Wirtschaftspolitik beschäftigen, die auf diesem Kontinent in den letzten 20 Jahren geherrscht hat. Die Versprechen des Neoliberalismus waren, mit völliger Deregulierung, völliger Freigabe der Kapitalströme und einem möglichst starken Wettbewerb zwischen den Staaten werden wir ein opti­males Wachstum haben und zur am meisten wachsenden und innovativsten Wirt­schaftsregion der Welt werden. Die Wirklichkeit hat aber nicht zur Theorie gepasst. (Präsident Neugebauer übernimmt den Vorsitz.)

Am sinnvollsten wäre es jetzt, die Theorie endlich zu vergessen und sich mit der Wirk­lichkeit zu beschäftigen. Man kann auch so weitermachen.

Ein entscheidender Punkt ist folgender: Sie, Herr Bundesminister, haben völlig richtig gesagt, es wäre Zeit für Konjunkturprogramme in Europa. Wir können sie allerdings nicht machen, weil die öffentlichen Hände kein Geld mehr haben.

Und es sind nicht die Maastricht-Kriterien, die nicht eingehalten wurden. Spanien ist das beste Beispiel. Spanien war vor vier, fünf Jahren der Musterknabe der Europäi­schen Union: 25 Prozent öffentliche Verschuldung, Budgetüberschuss. Das war nicht der Grund. Der Grund ist ein ganz anderer. Ganz Europa, alle öffentlichen Kassen sind derzeit in einem Zustand, dass sie in einer Schuldenkrise sind, aus der wir nicht he­rauskommen. (Abg. Amon: Völlig richtig!) Warum nicht? Es wurde heute schon diskutiert, wie hoch die Steuer- und Abgabenquote ist. (Neuerlicher Zwischenruf des Abg. Amon.)

Nein, nein, Herr Kollege Amon, völlig falsch. Es zahlen die falschen Leute. Es zahlen die kleinen Betriebe und die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer hohe Beiträge, ho­he Steuern, aber sie haben einen immer geringeren Anteil an dem, was es an Wert­schöpfung gibt. Dann gibt es einen großen Teil der Wertschöpfung, der zahlt gar nichts mehr. (Abg. Bucher: Banken und Konzerne!)


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Hat jemand ein iPhone? – Der CEO dieser Firma war gestern vom US-Senat vorge­laden. (Abg. Dr. Fichtenbauer: Nobelpreis!) Herr Cook hat sich dort verteidigt und ge­sagt, in den USA zahlen wir sowieso 30 Prozent Steuern. Was den entscheidenden Punkt betraf, hatte er eigentlich gar keine Antwort.

Wie kann es sein, dass ein solcher Konzern – und ich empfehle hier den Artikel aus der „Presse“, die kein kommunistisches Kampforgan ist, vom 22. Mai – für 28,7 Milliar­den € Gewinn im Ausland, sprich außerhalb der USA, im Jahr 2012 nur 556 Millionen € an Steuern gezahlt hat? (Zwischenruf des Abg. Neubauer.) Irland betreibt eine Steu­eroasen-Industrie, die der Endpunkt vom sogenannten Steuerwettbewerb ist. Es ist schon bösartig, das so positiv zu besetzen, denn das bedeutet in Wirklichkeit nichts anderes als Handlungsunfähigkeit bei den Regierungen, wenn die großen Konzerne nichts mehr zahlen.

Wenn wir das Finanzierungsproblem nicht lösen – und der Europäische Rat, die Staats- und Regierungschefs werden sich heute damit auseinandersetzen –, werden wir aus den Finanzierungsproblemen nicht herauskommen. Mit den Steuern der Kaf­feesieder im kleinen Kaffeehaus um die Ecke werden wir das Budget nicht finanzieren können, wenn daneben die amerikanische Großkette null Cent zahlt. Und Österreich ist mit Irland ein Teil der Steueroasen. Meine Damen und Herren! Das müssen wir behe­ben. (Beifall bei der SPÖ.)

Dort werden wir Steuern einheben und schauen müssen, dass wir Lücken schließen. Da werden wir es nicht ablehnen können, über das Gruppenbesteuerungsprivileg zu reden. Da werden wir über Holding-Privilegien reden müssen. Und da werden wir auch darüber reden müssen, dass dort, wo eine hohe Kapitalakkumulation ist, Beiträge ge­zahlt werden müssen (Zwischenruf des Abg. Hörl), denn eines ist klar, die haben be­reits gespart, Herr Kollege Hörl, und zwar auf Kosten von Millionen Arbeitslosen in Eu­ropa. Daher werden wir nicht weiter auf dem Rücken derer sparen, sondern wir werden die hohen Herren, ob sie jetzt Cook oder anders heißen, zur Kasse bitten müssen.

Ich bitte die Kollegen des Regierungspartners, endlich den Widerstand aufzugeben. Für den Standort bringt das Nüsse. Da gilt die Energiefrage und alles andere, wo der Herr Bundesminister recht hat. Aber für die Zukunft des Kontinents brauchen wir eine adäquate Besteuerung. – Danke. (Beifall bei der SPÖ.)

11.06


Präsident Fritz Neugebauer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Amon. – Bitte.

 


11.06.28

Abgeordneter Werner Amon, MBA (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Bun­desminister! Meine Damen und Herren! Es war nicht alles falsch, was Kollege Matz­netter gesagt hat, denn selbstverständlich ist es so, dass es in der Frage auch des Wettbewerbs mit anderen Staaten auch um die Frage der Steuerpolitik eines Landes, um Verteilungsfragen, die entscheidend sind, und um die Frage der Lohnpolitik geht. All das sind natürlich Faktoren, die letztlich darüber entscheiden, ob ein Wirtschafts­standort erfolgreich ist oder nicht. Aber wenn Sie sozusagen völlig negieren, dass die Frage des Haushalts, der Budgetpolitik und des Inordnunghaltens des eigenen Haus­halts eine Rolle spielt, Herr Kollege Matznetter, dann liegen Sie absolut falsch. Das kann es nicht sein. (Abg. Riepl: Das hat er nicht gesagt!)

Sie wissen ganz genau, dass ganz am Anfang der budgetären Krise der europäischen Staaten natürlich auch jemand wie ein Bundeskanzler Schröder in der Bundesrepublik Deutschland stand, der als Erster gesagt hat: Was scheren mich die Maastricht-Krite­rien?, der in Zeiten guter wirtschaftlicher Konjunktur gesagt hat: Finanzieren wir ordent­lich auf Pump, machen wir ein Deficit-Spending! (Zwischenruf des Abg. Dr. Matznetter.)


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll203. Sitzung / Seite 60

Natürlich ist das ein Problem gewesen, nicht am Ende für die Bundesrepublik Deutsch­land, weil man durch eine sinnvolle Politik, die die CSU und CDU mit der FDP in der Bundesrepublik betrieben hat, rechtzeitig wieder gegengesteuert hat, sondern das Pro­blem war, dass diesem Beispiel viele Staaten gefolgt sind, die dann nicht mehr gegen­gesteuert haben. Das ist das Problem, Kollege Matznetter! Und diese überbordenden Schulden, die gemacht worden sind, ruinieren natürlich auch die Wirtschaftsstandort­situation vieler Länder. (Beifall bei der ÖVP.)

Ich stimme ja mit Ihnen überein, Sie haben in vielen Punkten natürlich recht, was das völlig entfesselte Finanzkapital betrifft. Es war Treichl senior, der einmal gesagt hat: Als er im Bankgeschäft begonnen hat, wurden Produkte verkauft, die die Banker und auch die Kunden verstanden haben. Dann kam eine Zeit, in der die Produkte nur mehr von den Bankern verstanden wurden, und heute haben wir Produkte, die von beiden Seiten nicht mehr verstanden werden. Das ist das Problem, das wir heute auf den Finanz­märkten zum Teil haben. Ich stimme ja mit Ihnen überein, dass Maßnahmen wie etwa die Finanztransaktionssteuer dann, wenn möglichst viele mitmachen, im Idealfall alle mitmachen, sinnvolle Maßnahmen sind, meine Damen und Herren. (Beifall bei der ÖVP.)

Da das Thema Standort das entscheidende Thema dieser Aktuellen Europastunde ist, geht es auch um die Frage, und das ist angeklungen, was es uns gebracht hat, dass wir dieser Europäischen Union beigetreten sind. Und es ist wirklich eine Narretei, den Menschen mitzuteilen, es wäre sinnvoller auszutreten, es wäre sinnvoller, alleine zu bleiben, es wäre sinnvoller, zum Schilling zurückzukehren. Manche wollen ja sogar die Krone wieder einführen. Es gibt da alle möglichen Vorschläge. Manche sagen, jedes Land soll seinen eigenen Euro haben.

Also wenn man die Dinge ein wenig realistisch betrachtet, dann sieht man eigentlich, dass Österreich vom Euro und auch vom Beitritt zur Europäischen Union extrem pro­fitiert hat.

Es wurde schon gesagt, 375 000 zusätzliche Arbeitsplätze. Das sind 17 000 zusätzli­che Arbeitsplätze, die uns der Beitritt zur Europäischen Union pro Jahr gebracht hat. 17 000 Menschen, die Arbeit finden, 17 000 Menschen, die ein Mehr an Sinnerfüllung ihres Lebens haben, meine Damen und Herren! Das ist nicht nichts. (Beifall bei der ÖVP.)

Wenn man weiß, dass praktisch jeder zweite Arbeitsplatz mittlerweile direkt oder indi­rekt vom Export abhängt, dass fast 70 Prozent unserer Exporte in den europäischen Raum gehen, dann wäre es absurd, zu meinen, es würde uns allen besser gehen, würde man dieses gemeinsame Europa verlassen.

Nicht zu vergessen: der Wegfall von Zollformalitäten. 3 bis 4 Milliarden € jährlich er­spart sich die österreichische Wirtschaft durch dieses Faktum.

Da wir ja im Grunde genommen kurz davor stehen, dass etwa Kroatien jetzt, am 1. Juli, der Europäischen Union beitritt: Auch da gibt es ja immer noch manche, die sich die Frage stellen, ob die Erweiterung der Europäischen Union sinnvoll ist oder nicht. – Sie ist in jedem Fall sinnvoll, wenn es etwa um Kroatien geht. Man darf nicht vergessen, dass wir mittlerweile 750 österreichische Firmen haben, die einen Standort in Kroatien haben.

Also für die österreichische Wirtschaft und damit für unzählige Arbeitsplätze ist Europa sinnvoll, wichtig und richtig, meine Damen und Herren! (Beifall bei der ÖVP.)

11.11


Präsident Fritz Neugebauer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Themessl. – Bitte.

 



Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll203. Sitzung / Seite 61

11.11.48

Abgeordneter Bernhard Themessl (FPÖ): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Mei­ne sehr verehrten Damen und Herren! Herr Kollege Haubner, Sie haben gesagt, Zah­len und Fakten sprechen für diese EU. Ich weiß nicht, kennen Sie die aktuellen Zahlen nicht? Kennen Sie die Wirtschaftswachstumszahlen der EU nicht? Kennen Sie die Vor­schau bis Ende des Jahres nicht? Wissen Sie nicht, dass die Wirtschaft in Europa stagniert, dass es etliche EU-Mitgliedstaaten gibt, in denen die Wirtschaft sogar in einer tiefen Rezession ist? Wissen Sie, dass Griechenland trotz Milliardenhilfen in der Zwischenzeit in den letzten viereinhalb Jahren 30 Prozent seiner Wirtschaftsleistung verloren hat? Ich weiß nicht, woher Sie Ihren Optimismus nehmen.

Da muss ich schon sagen, Herr Bundesminister, da waren Sie wesentlich ehrlicher. Sie haben gesagt, es ist nicht so einfach und die Probleme sind bis dato nicht gelöst. Und die Häufigkeit, mit der sich Wirtschaftsprobleme mit Finanzproblemen ablösen, steigt. Das heißt also, es ist absolut kein Ende in Sicht und Sie sehen auch kein Licht am En­de des Tunnels.

Noch ein Wort zum Herrn Kollegen Matznetter: Herr Kollege Matznetter, wir würden Sie ja gerne für den nächsten Nobelpreis vorschlagen (Zwischenruf des Abg. Dr. Matznetter), aber eine Bedingung würden wir schon daran knüpfen. Herr Kollege Matznetter, wären Sie einmal bereit, alle Cross-Border-Geschäfte von SPÖ-geführten Gemeinden und Institutionen aufzulisten? (Beifall bei der FPÖ.) Sie wissen ja, Cross-Border-Geschäfte, die so unheimlich erfolgreich waren und die zu nichts anderem ge­dient haben als zur Steuervermeidung. – So viel zu Ihren Steuergedanken.

Aber wenn Sie diese Auflistung bringen, sind wir gerne bereit, Sie bei Ihrer Bemühung, den Nobelpreis zu bekommen, mit zu unterstützen, Herr Kollege. (Beifall bei der FPÖ.)

Jetzt kommen wir zur ÖVP als sogenannter Wirtschaftspartei. Wir sind ja Teil dieser EU und wir sind ja nach allen Aussagen der Regierungsmitglieder immer die Besten in Europa, Sie sprechen ja nicht einmal von der EU, sondern davon, dass wir die Besten in Europa sind. Ich haben Ihnen schon x-mal erklärt, dass auch Norwegen und die Schweiz zu Europa gehören. Aber das haben Sie offensichtlich noch immer nicht zur Kenntnis genommen. Die sind davon abgesehen übrigens wesentlich besser, und zwar in allen Zahlen. Aber das spielt keine Rolle.

Was hat die Regierung gemacht? Von Ihnen würde ich mir einmal erwarten, dass Sie genau das, was Sie in der Wirtschaftskammer machen, als Wirtschaftsbundfunktionär, der Sie da drinnen sitzen, dass Sie diese Vorschläge, die dort angenommen werden, die zum Teil sehr gut sind, auch im Parlament unterstützen. Aber da machen Sie ge­nau das Gegenteil! Sie haben in den letzten Jahren zwei Belastungspakete geschnürt, die die österreichische Wirtschaft und die österreichischen Bürger bis zum Jahr 2016 mit sagenhaften 50 Milliarden € belasten. Das ist Ihr Erfolg.

So viel zu dem: weniger Steuern, einfacher, weniger, leistungsgerechter. Sie predigen das immer, Sie tun es nur nicht. (Beifall bei der FPÖ.)

Und berufen Sie sich nicht darauf, dass Ihr roter Partner hier nicht mitmacht. Sie haben bei unsinnigen Vorschlägen zum Beispiel auch vom ÖGB nicht warnende Worte ge­funden. Ich habe sie heute vom Bundesminister gehört. Der hat völlig recht.

Sie müssen sich eines überlegen: Wenn es keine Betriebe mehr gibt – und da gebe ich Ihnen zu 100 Prozent recht, Herr Minister Mitterlehner –, dann gibt es auch keine Ar­beitsplätze und dann gibt es auch nicht mehr die Möglichkeit, das Geld zu verdienen, um die Sozialleistungen, die bisher getätigt wurden, dann auch noch zu toppen. Und wenn man sich die Vorschläge des ÖGB in letzter Zeit angehört hat, wonach die hei­mische Wirtschaft mit zusätzlich 8 Milliarden € belastet werden soll, dann frage ich Sie: Wo wollen Sie das bei Rekordarbeitslosigkeit hernehmen?


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Jetzt zum Thema Arbeitslosigkeit. In Europa wurden Hunderte Milliarden Euro in die Hand genommen, in bar und in Haftungen, um das Finanzsystem zu retten. Sie be­treiben nichts anderes, und die ÖVP ist ein Musterbeispiel dafür, als Lobbying für den internationalen Finanzmarkt und für die internationale Großindustrie. Nichts anderes betreiben Sie.

Und wissen Sie, was der Erfolg war? – Der „Erfolg“ dieser Hunderten Milliarden, die in die Hand genommen wurden, war Rekordarbeitslosigkeit in ganz Europa! Wir haben offiziell laut EU-Statistik – und da kommen wir zu den Statistiken – 26,5 Millionen Ar­beitslose in Europa, davon 6,5 Millionen Jugendarbeitslose. Das sind die EU-Statis­tiken!

Wenn Sie sich die EU-Statistik anschauen, dann sehen Sie, dass Österreich bei 4,7 Prozent liegt. Da sind 80 000 AMS-Teilnehmer per Ende April – es waren dann 79 999 laut Statistik – noch gar nicht mit erfasst. Wenn Sie das jetzt europaweit aus­dehnen, dann haben wir in Europa eine Arbeitslosenzahl von über 30 Millionen, und das trotz der Tatsache, dass Hunderte Milliarden Euro in die Hand genommen wurden.

Und dann glauben Sie auch noch, dass Europa in dieser Form ein Erfolgsprojekt ist!? Ja wo sind Sie denn eigentlich? Denken Sie nicht nach? (Beifall bei der FPÖ.)

Sie betreiben nichts anderes als Lobbying für den Finanzsektor und die Großindustrie. Es ist ja absurd, wenn die sieben größten Erdölkonzerne dieser Welt 350 Milliarden US-Dollar Gewinn machen und sich die Pensionistin, der Pensionist das Heizen nicht mehr leisten können. Ja was glauben Sie denn, zu welchen sozialen Unruhen das füh­ren wird, wenn Sie hier nicht einbremsen? Sie sind nicht in der Lage, weder in Öster­reich noch in Europa, dem Finanzmarkt Regeln vorzuschieben, wodurch ganz klar si­chergestellt ist, dass eine andere Umverteilung erfolgen muss.

Wir haben Ihnen damals, als Sie das erste Geld nach Griechenland geschickt haben – wir waren übrigens dagegen –, gesagt, wenn Sie schon Geld nach Griechenland schi­cken, dann verwenden Sie es dafür, den Arbeitsmarkt zu stabilisieren und die Wirt­schaft in Schwung zu halten. Sie haben genau das Gegenteil gemacht. Und was ist der Fall? – In fünf Jahren ein Minuswirtschaftswachstum, ein Verlust von über 30 Prozent des Wirtschaftswachstums! Und dann glauben Sie wirklich nach wie vor, dass wir von dem Geld, das wir hier versenkt haben, jemals auch nur einen Cent zurückbekommen werden? Nein! Sie sind auf dem Holzweg und Sie sollten die EU zu ihren ursprüngli­chen Gedanken zurückführen. (Beifall bei der FPÖ.)

11.17


Präsident Fritz Neugebauer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Mag. Ross­mann. – Bitte.

 


11.18.03

Abgeordneter Mag. Bruno Rossmann (Grüne): Herr Präsident! Herr Minister! Hohes Haus! Herr Haubner hat es angesprochen: Wir brauchen Arbeit für die Menschen. Das ist richtig. Wir haben es gehört, mehr als 26 Millionen Arbeitslose in Europa, das sind um zehn Millionen mehr Menschen als vor der Krise, mit Arbeitslosenquoten in man­chen Ländern Südeuropas um die 27 Prozent herum, Jugendarbeitslosenquoten von 60 bis 70 Prozent regional, in Südspanien beispielsweise, aber auch in Griechenland.

Aber wir kommen nicht vom Fleck. Die Arbeitslosenquoten steigen weiter. Und der Herr Minister hat es ja angesprochen, warum. Wir haben eine Wachstumsschwäche in Europa. Ja, die jüngsten Prognosen haben uns gezeigt, dass Europa, die Eurozone im sechsten Quartal hintereinander in einer Rezession ist. Eineinhalb Jahre Rezession! Und, Herr Minister, meine sehr geehrten Abgeordneten von der ÖVP und Herr Haub­ner, da muss man schon einmal die Frage stellen: Ja warum ist denn das so? Schauen


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wir ein wenig hinter die Strategie, die die Europäische Union verfolgt, um diese Fragen zu beantworten.

Wenn wir uns das EU-Konzept anschauen, dann sehen wir, es ist seit Jahr und Tag immer dasselbe. Konsolidierung der Finanzen ist das eine, verschärft durch eine Aus­teritätspolitik insbesondere in den Staaten des Südens. Und das Zweite heißt Stärkung der Wettbewerbsfähigkeit durch Strukturreformen. Diese Antworten haben wir bereits vor der Krise gehört, diese Antworten hören wir aber auch seit der Krise.

Wir verfehlen mit dieser Strategie aber regelmäßig die Zielsetzungen, weil wir eine Therapie verfolgen, die nicht an die Ursachen anknüpft. Wir bekämpfen die Schulden, und wir sagen, wir brauchen eine Stärkung der Wettbewerbsfähigkeit. Aber die Schul­den sind die Folgen der Krise und nicht der Auslöser. Auslöser der Krise sind deregu­lierte Finanzmärkte gewesen, ist eine ungleiche Verteilung von Einkommen, insbeson­dere aber von Vermögen gewesen – und genau dort knüpfen diese Strukturmaßnah­men nicht an. Das ist symptomatisch für die Politik der EU.

Herr Haubner hat gesagt, dass höhere Steuern auf Vermögen standortschädlich sind. Also dafür hätte ich schon gerne einmal einen empirischen Beleg. Das ist doch ein Un­fug der Sonderklasse, lassen Sie das doch endlich bleiben! (Beifall bei den Grünen.)

Kommen wir zurück zu den Strukturreformen und schauen wir, welche Strukturrefor­men den Staaten des Südens durch die Troika auferlegt worden sind! – Das sind Lohn­kürzungen, das sind Eingriffe in die Tarifautonomie der Sozialpartner, das sind Kürzun­gen von Sozialleistungen, das sind Kürzungen von Mindestlöhnen, das sind Privatisie­rungen. Mit einem Wort: Lohndumping und Sozialabbau! Aber wer hat sich Vorteile verschafft? – Nicht die Staaten Südeuropas, nein, sondern jene Staaten haben sich Vorteile verschafft, die sich Exportweltmeister nennen, Österreich etwa, insbesondere aber Deutschland.

Was steht denn hinter dem Modell des Exportweltmeisters Deutschland, was steht hin­ter dem österreichischen Modell? – Dahinter steht, sich einen Vorteil durch extreme Lohnzurückhaltung zu verschaffen, in Deutschland durch Aufbau eines extrem stark ausgeprägten Niedriglohnsektors. Mit dieser Politik, meine Damen und Herren, werden wir aus der Wachstumsschwäche in Europa nicht herauskommen, wenn die Lasten der Anpassung nicht auch von den Staaten Nordeuropas, von den Überschussländern, in den Leistungsbilanzen wahrgenommen werden – Deutschland, Niederlande, Öster­reich –, sondern ausschließlich den Staaten Südeuropas aufgebürdet werden, mit ex­tremen sozialen Verwerfungen.

Diese Politik, dieser Wahnsinn, soll jetzt noch ausgeweitet werden durch einen Pakt für Wettbewerbsfähigkeit, durch bilaterale Verträge zwischen den Nationalstaaten und der Europäischen Kommission. Mit einem Wort: Das, was die Troika den Staaten Südeuro­pas auferlegt, dieses Lohndumping und der Sozialabbau, soll nun europäisiert werden. Europa geht anders, meine Damen und Herren!

Herr Minister, wenn Sie davon sprechen oder davon träumen, dass wir ein dynami­sches Europa mit einer wettbewerbsfähigen Wirtschaft brauchen, so antworte ich Ihnen darauf: Wir brauchen einen Kurswechsel in Europa, einen Kurswechsel, der durchaus Geld böte, um Konjunkturprogramme zu fahren. Der deutsche öffentliche Haushalt wird demnächst wieder Überschüsse haben. Warum kommen die Deutschen ihrer Verant­wortung für eine expansivere Politik nicht nach?

Oder: Heute tagt der Europäische Rat in Sachen Bekämpfung des Steuerbetrugs, der Steuerhinterziehung. 1 Billion € entgeht jährlich den öffentlichen Haushalten durch Steuerbetrug und Steuerhinterziehung. Der Europäische Rat hat es heute in der Hand, Nägel mit Köpfen zu machen und sich Geld für eine entsprechende Konjunkturpolitik,


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für Konjunkturprogramme in Europa zu verschaffen. – Vielen Dank. (Beifall bei den Grünen.)

11.23


Präsident Fritz Neugebauer: Nächster Redner: Herr Klubobmann Bucher. – Bitte.

 


11.24.00

Abgeordneter Josef Bucher (BZÖ): Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Da die ÖVP heute für die Aktuelle Europastunde das Thema Wettbewerbsfä­higkeit und Wirtschaftsstandort Österreich gewählt hat, habe ich mir gedacht, sie wird mit neuen Zahlen aufwarten. Es ist nämlich tatsächlich so – und offenbar haben das einige von Ihnen vorher schon gewusst, ansonsten wäre das Interesse, der Debatte zuzuhören, die Debatte mitzuverfolgen, nicht so überaus nachlässig –, dass Öster­reich, was Wettbewerbsfähigkeit betrifft, immer weiter abrutscht. Es gehört schon eini­ges dazu, als Wirtschaftspartei und Regierungspartei Österreichs ausgerechnet das zum Thema zu machen, in dem Wissen, dass wir an Wettbewerbsfähigkeit weiter ver­lieren und Österreich an Attraktivität immer weiter einbüßt.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Wir haben heute eine schöne Rede von Herrn Haubner gehört – also für den falschen Standpunkt, den Sie eingenommen ha­ben, haben Sie eine hervorragende Rede gehalten –, aber der Standpunkt war irrtüm­lich und falsch, weil er die Wirtschaftspolitik Österreichs dahin gehend gerechtfertigt hat, dass es uns nur deshalb so gut geht, weil Österreich Mitglied der Europäischen Union und Mitglied der Eurozone ist.

Ich unterstelle Ihnen jetzt einmal, dass Sie Unternehmer sind. Ich weiß nicht, wie lange Ihr Unternehmen schon besteht, aber ich hoffe, Sie wissen, dass es auch Unterneh­men gibt, die schon vor der Mitgliedschaft zur Europäischen Gemeinschaft Bestand gehabt haben, dass wir auch schon vor dem Beitritt zur Europäischen Union Handel mit europäischen Mitgliedsländern, selbst internationale Handelsgeschäfte betrieben haben. Die Welt existiert nicht erst, seit Österreich bei der Europäischen Union ist, mei­ne sehr geehrten Damen und Herren, aber es werden immer wieder alle Zahlen und Fakten davon ausgehend berechnet, seit Österreich Mitgliedsland der Europäischen Union ist.

Wenn man Ihre Schlussfolgerungen hört, dann hat man wirklich das Gefühl, als ob Österreich vor dem Beitritt zur Europäischen Union ein Entwicklungsland gewesen wä­re. Nein, Österreich war kein Entwicklungsland, meine sehr geehrten Damen und Her­ren, sondern Österreich hat sich zu einem tollen Land entwickelt, zu einem tollen Wirt­schaftsstandort. Aus den Trümmern nach dem Zweiten Weltkrieg haben viele Männer und Frauen voller Stolz dieses Land aufgebaut, in deren Wohlstand wir heute leben dürfen. (Beifall beim BZÖ.) Das haben wir nicht der Europäischen Union zu verdanken, sondern das haben wir der Schaffens- und Arbeitskraft vieler Menschen und Genera­tionen zu verdanken, die für dieses Land gearbeitet haben. Das alles ist jetzt einmal den Brüsseler EU-Technokraten zum Opfer gefallen.

Herr Bundesminister Mitterlehner hat in einem Anflug von Selbstkritik zumindest eines zugegeben: dass es ihm viel lieber wäre, dass wir das Geld, das wir noch haben, für Forschung, Entwicklung und Innovation ausgeben und investieren, anstatt für Pleitelän­der, Arbeitslosigkeit im Süden und für marode Banken. Das war ein Anflug von Selbst­kritik, und dem sollten jetzt Taten folgen, Herr Bundesminister Mitterlehner! Die glor­reichste Tat wäre, die Steuern endlich wieder einmal auf einen niedrigeren Stand zu bringen, anstatt diese schleichende Entwicklung der Steuern und Abgaben nach oben, die gegenwärtig stattfindet, hinzunehmen. Das wäre der beste Dienst an der Wirt­schaft, den Sie erbringen könnten. (Beifall beim BZÖ.)


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Ein paar wenige Wirtschaftler immerhin gibt es noch in der ÖVP. Herr Bundesminister, Sie haben selbst gesagt, ein kleiner, mittelständischer Unternehmer hat heutzutage gar keine Freude mehr am Selbständig-Sein. Seinen Kindern rät er schon, den Beamten­status einzugehen, weil Selbständigkeit in Österreich fast Selbstausbeutung bedeutet und unterm Strich immer weniger bleibt, meine sehr geehrten Damen und Herren! Es gibt eindeutige statistische Aufzeichnungen, die das belegen.

In Österreich haben wir eine Steuer- und Abgabenlast von 53 Prozent. (Bundesminister Dr. Mitterlehner: Stimmt nicht! Ausgabenquote !) Die Deutschen haben 46 Prozent, und der europäische Durchschnitt liegt bei 42 Prozent. Kein Wunder, Herr Bundesmi­nister, dass so viele Arbeitgeber, so viele kleine Mittelständler zusperren müssen und sich nicht einmal mehr den Gang in die Pension leisten können. Das ist das Bild der kleinen, mittelständischen Unternehmer in Österreich. Daher kann es gar keine sinn­vollere Maßnahme geben, als die Steuern zu senken und die Abgabenlast nach unten zu drücken, meine sehr geehrten Damen und Herren! (Beifall beim BZÖ.)

Das Rezept auf europäischer Ebene kann nicht sein, dass wir ständig die maroden Banken und die Pleiteländer unterstützen – im Blick, dass sich nichts zum Positiven wendet, alles immer schlechter wird.

Die Schuldenlast steigt selbst in jenen Ländern, die wir mit Milliardenbeträgen fördern, in denen Sparpolitik betrieben wird, in denen die Arbeitslosigkeit steigt, in denen es keine Perspektive gibt. Daher, meine sehr geehrten Damen und Herren, müssen wir uns auf den Wirtschaftsstandort Österreich besinnen. Das ist unsere Zukunft. Verges­sen Sie die Vergangenheit der europäischen Südländer, die aus ihrer maroden Situa­tion nicht mehr herauskommen! (Beifall beim BZÖ.)

11.29


Präsident Fritz Neugebauer: Nächster Redner: Herr Klubobmann Ing. Lugar. – Bitte.

 


11.29.34

Abgeordneter Ing. Robert Lugar (STRONACH): Herr Präsident! Hohes Haus! Wir ha­ben heute schon von vielen Seiten gehört, dass Österreich im europäischen Vergleich relativ gut dasteht. Jetzt stellt sich die Frage, warum das so ist. Warum stehen wir in manchen Bereichen, was zum Beispiel die Arbeitslosigkeit betrifft, verhältnismäßig besser da als andere Länder? Dafür gibt es einen Grund, der hier leider immer wieder verschwiegen wird. Der Grund dafür ist, dass wir – historisch betrachtet und auch noch aktuell – an der Konjunkturlokomotive Deutschland hängen. Das war immer so und das wird wahrscheinlich auch in Zukunft noch lange so sein.

Deutschland profitiert von einem unterbewerteten Euro, der die unterschiedlichen Zah­lungsbilanzströme nicht ausgleicht und so künstlich niedrig gehalten wird. Das heißt, Deutschland exportiert überdurchschnittlich, Deutschland exportiert viel, viel mehr, als es normalerweise sollte. Deutschland hat über 10 Prozent Handelsbilanzüberschüsse, wobei andere Länder mehr als 10 Prozent Handelsbilanzdefizite haben.

Deutschland hat ein Modell, das auf Sand gebaut ist. Deutschland ist nicht nur Export­weltmeister, nein, Deutschland exportiert nicht nur Waren – Deutschland exportiert auch Geld. Das heißt, Deutschland hat ein Modell, das aus meiner Sicht sehr, sehr ei­genartig ist. Zuerst exportiert es Geld über TARGET2 und über die Deutsche Bundes­bank in jene Länder, die dann mit dem Geld der Deutschen die Produkte kaufen, und keiner fragt sich, ob das Geld jemals wieder zurückkommt. Das heißt, bei diesem Spiel sind schon fast 1 000 Milliarden im TARGET2-System angehäuft worden.

Die Deutschen und wir Österreicher freuen uns, dass das alles so tadellos funktio­niert – so lange, bis das böse Erwachen kommt, und ich sage Ihnen, das böse Erwa­chen wird kommen. Dann ist die Frage, und diese Frage stelle ich heute hier, denn


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diese Frage wurde noch nicht gestellt: Sind wir darauf vorbereitet, dass die deutsche Konjunkturlokomotive stockt? Was machen wir dann in Österreich? Ich kann Ihnen sagen – das haben wir im Jahr 2008 gesehen –, wenn in Deutschland einmal der Mo­tor abstirbt, dann wird es auch bei uns so sein. Das war 2008 so, und damals haben wir gelernt, dass wir Reserven brauchen. Wir brauchen Reserven, um arbeitsmarktpoli­tisch eingreifen zu können. Was aber haben wir gemacht, 2008? – Wir haben einfach weitere Schulden gemacht. Darunter leiden wir heute noch.

Wenn das in naher Zukunft wieder passiert, und es wird passieren – ich bin kein Hell­seher, aber ich kann Ihnen prophezeien, es wird passieren; auch alle Experten sagen das –: Sind wir dann vorbereitet? – Nein, sind wir nicht! Warum sind wir nicht vorberei­tet? – Weil diese Regierung schon seit Jahren einfach nichts tut. (Beifall beim Team Stronach.)

Wenn ich an all die Projekte denke, die noch geplant waren vor dieser Legislatur­periode! – Fünf Jahre lang haben wir einen Stillstand erlebt, und jetzt geht es darum, dass wir vor der Nationalratswahl noch schnell einige Punkte umsetzen. Aber nicht ein­mal das gelingt.

Es gibt eine lange Liste: Lehrerdienstrecht zum Beispiel. – Vernünftige Dinge, sie wer­den aber nicht umgesetzt, weil die Gewerkschaft blockiert.

Mietrecht: Die Zuschläge sollten endlich einmal diskutiert und in ein ordentliches Ge­setz gepackt werden. – Wird auch nicht erledigt.

Spekulationsverbot: Es wird blockiert.

Demokratiereform, Minderheitsrecht, was die Einsetzung von Untersuchungsausschüs­sen im Parlament betrifft, Amtsgeheimnis, Bundesheer. Was hat man uns nicht alles versprochen? Wenn die Wehrpflicht bleibt, gibt es großartige Reformen. Wo sind sie? – Es ist nichts passiert.

Ich spreche jetzt noch gar nicht von den großen Baustellen. Ich spreche noch gar nicht von der Bildungsbaustelle, von der Gesundheitsbaustelle, von der riesengroßen Pen­sionsbaustelle oder der Verwaltung. Niemand macht etwas, es passiert nichts in die­sem Land.

Es ist nur Stillstand angesagt, und dieser Stillstand wird dazu führen, dass wir, wenn die Krise wieder ausbricht – und sie bricht aus –, mit heruntergelassenen Hosen daste­hen. Wir haben keinen Spielraum im Budget. Wir haben keinen Spielraum, obwohl das Geld förmlich auf der Straße liegt. Es gibt internationale Studien, und auch in Öster­reich gibt es einige Studien, die das belegen.

1 Milliarde geht verloren durch Sozialbetrug. – Das Geld könnten wir holen, es passiert aber nichts.

1 Milliarde geht verloren durch Scheinfirmen. Was machen wir? – Nichts!

2 Milliarden gehen verloren durch Steuerbetrug. Was passiert? – Gar nichts!

3 Milliarden gehen verloren durch Pfusch und

über 20 Milliarden durch Korruption.

Das heißt, das Geld liegt auf der Straße, das heißt, wir hier im Hohen Haus müssen ordentliche Gesetze machen. Wir als Opposition reichen Ihnen als Regierung die Hand. Machen wir doch bitte noch vor der Nationalratswahl ordentliche Gesetze, die genau in diese Richtung gehen (Beifall beim Team Stronach – Präsident Neugebauer gibt das Glockenzeichen), und beweisen wir damit dem Bürger, dass wir es können und nicht nur Abnicker der Regierung sind. – Vielen Dank. (Beifall beim Team Stro­nach.)

11.34



Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll203. Sitzung / Seite 67

Präsident Fritz Neugebauer: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Dr. Oberhauser. – Bitte.

 


11.34.50

Abgeordnete Dr. Sabine Oberhauser, MAS (SPÖ): Herr Präsident! Herr Bundesmi­nister! Werte Kolleginnen und Kollegen! Ich habe eigentlich gehofft, ich kann mich ir­gendwie an der Rede meines Vorredners anhalten und vielleicht darauf replizieren. Ich muss sagen, Sie (in Richtung des Abg. Ing. Lugar) befinden sich in guter Gesellschaft mit Herrn Markowitz, der auch bei A begonnen und bei Z geendet hat, und auch sein Bogen war zwischendurch dermaßen „gut“, dass es nicht möglich ist, sich auch nur ir­gendwie daran anzuhalten. Wie Sie das nur schaffen – die Rede davor über die Ju­gendarbeitslosigkeit war ja noch viel besser –, von der „Bankomatkassa“ zu den Ge­werkschaften, sehr skurril. Sie haben gesagt, ich soll darauf replizieren. Man kann nicht replizieren. Das war ein derartiger kruder Wahnsinn, dass man am besten gar nicht darauf repliziert.

Was wir, glaube ich, sehen, ist, dass Österreich im Kontext Europas – das sollten Sie sehen, zumal Sie doch immer von hoher Wirtschaftskompetenz sprechen – als Wirt­schaftsstandort sehr gut dasteht.

Kollege Haubner, glaube ich, hat gesagt, dass die Sozialdemokratische Partei als „Par­tei der Arbeit“ plakatiert und dass Plakate keine Arbeit schaffen. – Ja, das stimmt, da stimme ich Ihnen zu, es ist aber auch nicht allein die Wirtschaft, die Arbeitsplätze schafft, denn die Wirtschaft hängt sehr von den politischen Umständen ab, in welchem Land sie sich befindet. Wir alle wissen, dass wir für ausländische Konzerne, für große Arbeitgeber nur deswegen so attraktiv sind, weil die Politik in Österreich auch die not­wendigen Rahmenbedingungen für diese Ansiedlungen schafft.

Wir haben eine gute Kriminalitätsrate, das heißt, wir haben sozialen Frieden. Wir ha­ben einen Sozialstaat, der vieles abfängt. Wir haben in Sachen Jugendarbeitslosig­keit – Klammer auf: jeder arbeitslose Jugendliche ist zu viel, Klammer zu, auch das haben wir diskutiert – die niedrigste Rate in ganz Europa. Wir setzen Initiativen, geben viel Geld aus, viel mehr Geld als die Europäische Union, um Jugendarbeitslosigkeit zu bekämpfen.

Kollege Haubner hat das Projekt Horizon 2020 mit 80 Milliarden erwähnt. Dem gegen­über stehen 6 Milliarden für die Jugendarbeitslosigkeit. – Ja, da muss man sich schon überlegen, wohin wir wollen, dass die Europäische Union steuert, da, glaube ich, sind wir uns einig. Wir müssen aber auch sehen, dass die 6 Milliarden zur Bekämpfung der Jugendarbeitslosigkeit deswegen zustande gekommen sind, weil die österreichische Bundesregierung sich in Europa genau dafür stark gemacht hat, weil Rudi Hundstorfer mit seinen Modellen von der Jugendarbeit, von der Jobgarantie, vom Job-Coaching, mit all diesen Modellen quer durch Europa getingelt ist und in der Europäischen Union dafür Werbung gemacht hat, um zu schauen, wie man unsere Modelle zur Bekämp­fung der Jugendarbeitslosigkeit nach draußen bringen kann.

Herr Bundesminister, Sie haben das Abkommen Europa/USA angesprochen. Wir wis­sen aber auch, dass von diesen ILO-Kernarbeitsnormen, die weltweit formuliert worden sind, Amerika nur zwei von acht ratifiziert hat. Das sind so Dinge wie: keine Kin­derarbeit, Gewerkschaften zulassen und all diese Dinge. Das heißt, da ein Abkommen zu schließen, wenn man weiß, dass der Partner sich an viele dieser Spielregeln, die in der internationalen ArbeitnehmerInnen-Bewegung durchaus Common Sense sind, nicht hält, macht das natürlich ein bisschen schwieriger.

Frage Sozialpartnerschaft. – Es hat heute schon Rudi Hundstorfer gesprochen, gera­de vorhin Minister Mitterlehner, zwei ehemalige – sage ich – Sozialpartner, die Sozial­partnerschaft auch in der Regierung weiterleben. Das Modell der Sozialpartnerschaft


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ist etwas, das uns in Europa einzigartig macht, auch in der Bewältigung von Krisen, wie wir sie hatten, in der Bewältigung von Arbeitslosigkeit. Wir erinnern uns an Kurzarbeits­vereinbarungen, wir erinnern uns an all die Modelle, die es geschafft haben, möglichst viele Menschen in Österreich in Beschäftigung zu halten.

Das Team Stronach hat erst vor Kurzem gesagt, die Gewerkschaften sind die Bremser in Österreich, Gewerkschaften braucht man nicht, sind ein antiquiertes Instrument, wo­mit man früher noch Probleme gelöst hat, jetzt aber haben sie nur noch in Einzelfällen ihre Berechtigung. – Lieber Herr Lugar, lieber Herr Stronach, Gewerkschaften sind da­für verantwortlich, dass ArbeitnehmerInnen zu ihren Rechten kommen!

Herr Minister Mitterlehner, Sie haben das ÖGB-Programm ein Belastungsprogramm mit 11 Milliarden beziehungsweise 8 Milliarden €, je nachdem, wer es berechnet, ge­nannt. – Wir haben ein Entlastungsprogramm für ArbeitnehmerInnen in Österreich gefordert, und zwar aus einem einfachen Grund: weil wir wissen, dass Arbeitnehme­rInnen in der Krise mehr als über Gebühr belastet worden sind. Jede Belastung der ArbeitnehmerInnen oder, wie Sie es vielleicht nennen, Entlastung der Wirtschaft oder jedes Zurückfahren von Sozialleistungen – wie Sie auch gesagt haben, man kann von der Europäischen Union lernen und Sozialleistungen zurückfahren – schafft Unfrieden im Land und schafft Arbeitslosigkeit. Das haben wir in den letzten Jahren gesehen. – Das wird es weder mit der Sozialdemokratie noch mit den sozialdemokratischen Ge­werkschafterinnen und Gewerkschaften geben! (Beifall bei der SPÖ.)

11.39


Präsident Fritz Neugebauer: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Mag. Cortolezis-Schlager. – Bitte.

 


11.40.02

Abgeordnete Mag. Katharina Cortolezis-Schlager (ÖVP): Herr Präsident! Herr Bun­desminister! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Liebe Zuschauerinnen und Zu­schauer! Lassen Sie mich die heutige Aktuelle Europastunde mit folgenden Worten zu­sammenfassen: Europa stärkt die Stärken Österreichs und schwächt die Schwächen Österreichs ab. – Dieses kleine innovative Land im Herzen Europas hat durch die gro­ße Gemeinschaft im internationalen Wettbewerb enorm an Bedeutung gewonnen. Wir haben dieses Europa mitgestaltet, wir sind ein Teil Europas, und wir haben auch die Vorteile zu nutzen gelernt.

Was kann dieses Europa mit uns gemeinsam schaffen? – Es geht darum, dass wir den globalen Wettbewerb gewinnen, dass wir die Innovationsleistung bis hin zu einem kon­kreten Produkt, zu einem konkreten Arbeitsplatz, zu einem konkreten Nutzen bringen. Das geht nur, wenn wir gut ausgebildete Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter haben, wenn wir leistungsbereite und innovative Betriebe haben und wenn wir den Mut und das Selbstbewusstsein haben, weltweit zu exportieren. Darum geht es bei Europa: sich ge­meinsam in diesem globalen Wettbewerb gut aufzustellen.

Der Bereich Bildung ist keine Baustelle, sondern in der Bildung liegt ein Exportpro­dukt. Gerade die Berufsbildung ist einer unserer wesentlichen Erfolgsfaktoren und ist gleichzeitig jene Idee, die wir in die ganze Welt hinaustragen können. 80 Prozent unserer Jugendlichen haben mit 19 Jahren nicht nur einen hoch qualifizierten Schulab­schluss, sie haben zusätzlich auch eine Berufsausbildung, die sie in unsere Klein- und Mittelbetriebe einbringen und dort einen Beitrag leisten können.

Was bringt uns das? – Lassen Sie mich das am Beispiel eines kleinen oberösterrei­chischen Betriebes darstellen. Die Firma INOCON GmbH hat rund 50 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter und höchst risikofreudige und innovative Eigentümer. Die Mitarbeiterin­nen und Mitarbeiter haben im Großen und Ganzen einen HTL-Abschluss, einen Ab-


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schluss unserer höheren technischen Schulen. Sie haben ein weltweit innovatives Ver­fahren im Bereich Hochleistungsschweißtechnologie und Lötverfahren entwickelt, eine Technologie, die weltweit in der Medizin, in der Industrie und in der Freizeitwirtschaft gebraucht wird.

Dass Bundesminister Mitterlehner aus diesem innovativen Bundesland kommt, sichert uns, dass in ganz Österreich solche innovativen Betriebe künftig verstärkt gefördert werden (Zwischenruf bei der FPÖ) und europaweit und weltweit exportieren können. Dafür brauchen wir eine Wirtschaftsförderung, dafür brauchen wir auch eine entspre­chende Bildungsentwicklung. (Beifall bei der ÖVP.)

Wir brauchen aber auch Unternehmerinnen und Unternehmer, die wir unterstützen, die bereit sind, dieses Risiko zu tragen. In dem Beispiel der Firma INOCON waren das Eigentümer, die nachhaltig investiert haben, denn kurzfristig wäre der Erfolg nicht immer darstellbar gewesen. So ist es ganz einfach bei Innovationen. Diesen Betrieben dürfen wir es nicht durch mehr Steuern noch schwerer machen, sondern durch Steuer­entlastung leichter.

Das ist die Zukunft, in die wir gehen müssen: nicht noch mehr Auflagen, nicht noch mehr Vorschriften (Zwischenruf des Abg. Dipl.-Ing. Deimek), sondern Entbürokratisie­rung, gezielte Wirtschaftsförderung für Innovationen und Steuerentlastung, damit wir diese Betriebe, die tagtäglich unsere Arbeitsplätze sichern, auch entsprechend unter­stützen.

Nicht wir schaffen die Arbeitsplätze, es sind die Betriebe, die die Arbeitsplätze schaf­fen. Und daher geht es darum, Bildung, Wissenschaft, Forschung und Innovation auch künftig in dem Ausmaß, in dem wir es bisher getan haben, zu fördern, dann können auch andere wie die Firma INOCON künftig erfolgreich weltweit exportieren. (Beifall bei der ÖVP.)

11.44


Präsident Fritz Neugebauer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Dr. Hübner. – Bitte.

 


11.44.34

Abgeordneter Dr. Johannes Hübner (FPÖ): Herr Präsident! Frau Kollegin Cortolezis, da Sie heute so ein schönes blaues Kleid anhaben, sehe ich davon ab, mit Ihnen zu verfahren wie Europa mit Österreich, nämlich die Stärken Ihrer Rede zu stärken (Ruf bei der ÖVP: Frechheit!) und die Schwächen Ihrer Rede zu schwächen, denn zu den Stärken fällt mir nicht viel ein; nur eines: Es müsste Ihnen bei allen Schwächen und Stärken Ihrer Rede doch aufgefallen sein, dass wir in diesem Europa in jener Region der Welt sind, die seit fünf Jahren die größten wirtschaftlichen Schwierigkeiten hat.

Wir leben in einer Region – jetzt rede ich nicht einmal von der Euro-Zone allein, reden wir nur von der EU (Abg. Amon: Würden Sie lieber in China leben?) –, die schon seit fünf Jahren stagniert und die auch 2013 stagnieren wird. (Abg. Amon: Würden Sie lieber in China leben?) Es gibt nirgends solche Probleme – nicht in Afrika, nicht in Nordamerika, nicht in Südamerika, und in Asien schon gar nicht, in Australien übrigens auch nicht (Abg. Amon: Würden Sie lieber dort leben?), in Ozeanien kenne ich auch kein Land, das solche Probleme hat –, und dafür muss es doch irgendwelche Gründe geben. (Abg. Amon: Würden Sie lieber dort leben? Afrika? China?) Interessanterweise spricht niemand diese Gründe an. (Ruf beim BZÖ: Das liegt an der Regierung!)

Wenn man die Augen so quer von links nach rechts wandern lässt: Man hört ein paar Phrasen, die wir seit Jahren immer wieder vorgesetzt bekommen. Kollege Matznetter und die anderen Kollegen von dieser Seite wollen Steuern eintreiben. – Na gut, also al­les, was uns fehlt, ist eine Steuereintreibung; dann haben wir Geld, dann gibt es Kon-


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junkturprogramme. Anders als die Grünen akzeptiert Kollege Matznetter immerhin, dass derzeit kein Geld für Konjunkturprogramme da ist, daher: Steuern einheben. Kol­lege Amon findet, es sei im Prinzip ja alles in Ordnung, weil die Euro-Zone – soweit ich mich erinnern kann – 17 000 Arbeitsplätze pro Jahr bringe. Und die Zollformalitäten fallen auch weg, damit ist alles gut. Die Kollegin von der SPÖ hat gemeint (Ruf bei der SPÖ:  meinen Sie?), das Wichtigste sei die Erhaltung unserer Sozialstandards, dann passiere auch nichts.

Eines habe ich aber nie gehört, etwas, das Sie in allen tiefgreifenden wirtschaftlichen Analysen hören, und das ist die Frage: Was hat die Euro-Zone mit dieser Krise zu tun? Warum sind die Länder im Süden, warum sind Griechenland, Spanien, Italien, Portugal und Co nicht in der Lage, sich von der Krise zu erholen? Warum? – Ich kenne kaum eine Analyse, die nicht zu folgendem Schluss kommt: weil sie die Euro-Zone nicht schaffen, weil sie in dieser Hartwährungszone nicht mitkönnen und weil sie es nicht schaffen, ihre Wettbewerbsfähigkeit wiederzuerlangen. (Beifall bei der FPÖ.)

Was gemacht wird – das wurde erwähnt –, das ist der Sozialabbau, das Senken des Lohnniveaus und so weiter; das versucht man. Dadurch versucht man, im Inneren ab­zuwerten, aber das ist natürlich eine halbherzige Sache und führt zu enormen sozialen Zerrüttungen, führt zur Infragestellung der Demokratie in manchen Bereichen dieser Gesellschaften. – Das ist doch etwas, das wir nicht wollen. Wenn ich jetzt wie Kollege Lugar argumentieren würde, würde ich sagen: Ich frage mich, warum das nicht the­matisiert wird.

Ich frage mich aber auch, warum es nicht möglich ist, das Einwanderungsproblem in Europa zu thematisieren – und damit komme ich wieder zum Thema der Aktuellen Stunde zurück –, und warum das nur mit Hohn und Spott und mit Absurditäten kom­mentiert wird. Ich meine, es gibt in Europa nicht nur einen Sozialminister Hundstorfer, es gibt ja viele Hundstorfer in Europa, aber trotzdem hat sogar die Europäische Kom­mission ein Papier zum Thema Migration und Zukunft gemacht (Zwischenruf des Abg. Riepl), in dem das alles positiv dargestellt wird, wo man aber immerhin die Zahlen findet, die Minister Hundstorfer ja verweigert.

Im Jahr 2011 – das letzte Papier berichtet über 2011 – haben wir 2,5 Millionen erstma­lige Aufenthaltstitel an Drittstaatenangehörige vergeben, es gab 303 000 Asylanträge und zwischen 2,6 Millionen – vorsichtigste Schätzung – und – realistische Schätzung – 4,5 Millionen illegale Einwanderer sowie 203 000 Abschiebungen und ähnliche aufent­haltsbeendende Maßnahmen. – Da brauche ich Ihnen nicht auszurechnen, wie sich die Differenz auswirkt.

Da möge mir doch bitte einer sagen, dass das keinen Einfluss auf die Arbeitslosigkeit, auf die Beschäftigungssituation, auf das Lohnniveau, auf die sozialen Umstände und den sozialen Frieden in Europa hat – vor allem angesichts dessen, was die Hauptein­wanderungsländer sind. Sind das vielleicht Österreich, Deutschland oder Holland? – Nein, an erster Stelle steht Spanien, an zweiter Stelle Italien, an dritter Stelle Frank­reich, an vierter Stelle Griechenland, und dann kommt Großbritannien. (Zwischenruf der Abg. Mag. Wurm.) Das kann mir doch niemand erzählen, dass das nicht völlig ver­rückt ist. Da ist doch alles aus dem Ruder gelaufen.

Wenn wir eine solche Thematik, eine solche Belastung für die Bürger in diesen Län­dern nicht mehr erwähnen dürfen, ohne dass – wie die Kollegin Korun es gemacht hat – das darauf reduziert wird, dass man dann den Urgroßvater von Herrn Attila Dogu­dan ausweisen müsste, dann verstehe ich die Welt nicht.

Abschließend: Ich bitte alle, hier unserem Beispiel – und das ist das freiheitliche Bei­spiel – zu folgen und die Dinge realistisch, nicht mit den Scheuklappen der Ideologie,


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nicht religiös, sondern im Interesse der betroffenen Bürger zu betrachten. – Danke. (Beifall bei der FPÖ sowie des Abg. Ing. Lugar.)

11.49


Präsident Fritz Neugebauer: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Dr. Lichten­ecker. – Bitte.

 


11.50.24

Abgeordnete Dr. Ruperta Lichtenecker (Grüne): Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Minister! Werte Damen und Herren! Die Kolleginnen und Kollegen von den Regie­rungsparteien haben heute zu Recht die Erfolge der Europäischen Union, die Erfolge des Wirtschaftsstandortes Österreich betont. – Über diese Erfolge darf man aber nicht vergessen, dass es auch eklatante Schwächen gibt, und lassen Sie sich eines sagen: Es ist nicht der vergangene Erfolg, nach dem die Gesellschaft, die Ökonomie und die Politik bewertet werden, sondern es sind die Aussichten für die Zukunft, die jetzt maß­geblich sind, und das gilt es zu bewerten.

Wir sind in einer schwierigen Situation, in Europa wie in Österreich: Die Arbeitslosigkeit steigt an, insbesondere bei den Jungen, und da muss angesetzt werden. Es muss die Frage gestellt werden, wie wir denn sichere, gute Arbeitsplätze schaffen können, und da geht es selbstverständlich um die Zukunftsinvestitionen. Da geht es um die Inves­titionen in eine sichere und umweltfreundliche Energieversorgung. Da geht es um Kli­maschutz, Umweltschutz. Es geht um innovative Produkte und Dienstleistungen, und da sind wir selbstverständlich bei den großen Themen Bildung, Forschung, Entwick­lung. Und wenn Sie sich da die Zahlen und Fakten anschauen, dann ist das nicht so erfreulich, nicht so rosig, wie das Bild, das heute gezeichnet wird – nein, im Gegenteil –; und das nicht nur auf europäischer Ebene, sondern auch in Österreich.

Zur europäischen Ebene: Da werden die Budgets für den Zeitraum 2014 bis 2020 ver­handelt, und wir wissen, dass genau dieser zukunftsorientierte Sektor ein Budget be­kommen soll, das den Herausforderungen nicht einmal im Ansatz gerecht wird. Da braucht es viel mehr. Der Minister hat heute schon betont – betreffend den Bereich Ju­gendarbeitslosigkeit, aber das gilt genauso auch für Forschung und Entwicklung –: Die 69 Milliarden werden zu wenig sein, es braucht mindestens 80 Milliarden. – Das sind die Herausforderungen.

Ein Innovationssystem, das hier gestaltet wird, ist aber natürlich viel komplexer und breiter, damit entsprechend gute Arbeitsplätze für die Zukunft geschaffen werden. Da geht es um Bildung, da geht es um Offenheit einer Gesellschaft, da geht es um gute Rahmenbedingungen für die Unternehmungen und selbstverständlich geht es dabei auch um eine Verringerung der Verwaltungsagenden. Da geht es natürlich darum, dass Regeln einfacher gemacht werden, da geht es beispielsweise bei uns in Öster­reich auch um eine Entrümpelung der Gewerbeordnung und eine Stärkung der Ein-Personen-Unternehmungen und der klein- und mittelständischen Betriebe.

Selbstverständlich geht es auch darum, Budgets zukunftsfähig zu gestalten, das heißt, mit einem modernen Ansatz bei der Einnahmenstruktur. Da gilt es selbstverständlich, eine ökologische und soziale Umsteuerung bei den Einnahmen vorzusehen – und das, meine Damen und Herren, ist längst überfällig.

Genau so sieht es auch beim Budget für Forschung und Entwicklung in Österreich aus. Wir werden morgen den Bundesfinanzrahmen 2014 bis 2017 diskutieren, und, meine Damen und Herren, das, was hier vorliegt, ist tatsächlich nicht zukunftsfähig. Letztend­lich wird der Forschungs- und Entwicklungsbereich über die Jahre hinweg Millionen an Euro verlieren, und real, wenn man die Inflationsrate berücksichtigt, noch viel mehr. Das ist eine sehr bedenkliche Entwicklung, Herr Minister.


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Auch in der Budgetgruppe, die Ihnen zum Thema Forschung und Entwicklung zugeteilt ist, gibt es einen Stillstand. Stillstand, meine Damen und Herren, das ist in diesem wichtigen Zukunftssektor Rückschritt. Wir brauchen mehr Investitionen für den Bereich Forschung und Entwicklung, für den Bereich Umweltschutz, sowohl in Österreich wie auch auf europäischer Ebene, und daran gilt es zu arbeiten. Es gilt, den Stillstand zu beenden und die Zukunft hier in dieser Form auch nachhaltig zu gestalten. (Beifall bei den Grünen.)

11.55


Präsident Fritz Neugebauer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Windholz. – Bitte.

 


11.55.10

Abgeordneter Ernest Windholz (BZÖ): Geschätzter Herr Präsident! Herr Bundesmi­nister! Hohes Haus! Zum heutigen Thema „Die Herausforderungen an den Wirtschafts­standort Europa und Österreich“ hätte ich mir zu Beginn – da von der ÖVP einge­bracht – auch Ansagen von der ÖVP erwartet.

Ein Blick auf den Wirtschaftsstandort Europa zeigt: Es ist alles andere als rosig. Wir haben jetzt rund 26 Millionen Arbeitslose. Ein Vergleich mit 2008 – Ausbruch der Krise – zeigt: Da waren es um 10 Millionen weniger, damals waren es 16 Millionen. Das heißt: Es wurde viel Geld in die Hand genommen, es wurden riesengroße Haf­tungen eingegangen, und zwar in ganz Europa, und wir haben als Antwort zusätzliche 10 Millionen Arbeitslose.

Die Jugendarbeitslosigkeit ist ein ganz besonderes Problem, an arbeitslosen Jugendli­chen gibt es in etwa 6,5 Millionen. Ich bin mit meiner Heimatgemeinde eine Partner­schaft mit einer italienischen Gemeinde, Placanica in Kalabrien, eingegangen. Ich kann jedem nur sagen, sich so etwas vor Ort anzusehen: Wenn es eine Jugendarbeitslosig­keit von 50 Prozent und mehr gibt, dann sehen Sie, wie verzweifelt diese Menschen sind. Es gibt nichts sozial Schändlicheres, als Menschen Arbeit zu verweigern, daher muss alles getan werden, um Jobs zu schaffen. (Abg. Grosz: Herr Präsident!) Jobs schaffen, das geht nur über eine florierende Wirtschaft, und da gibt es natürlich auch entsprechende Maßnahmen. (Bundesminister Dr. Mitterlehner spricht mit dem an der Regierungsbank stehenden Abg. Dr. Pilz.)

Im Unterschied zum Erstredner der ÖVP war der Wirtschaftsminister hier ja durchaus bereit, die Trends aufzuzählen, die als Negativtrends zu bezeichnen sind. – So, jetzt werden wir ein bisschen warten, bis Herr Pilz seine Informationen hat. (Abg. Grosz: Ja, unterbrechen wir einfach!  als Plenartourist wieder einmal da!) Geht es schon? (Abg. Dr. Pilz – zu seinem Sitzplatz zurückkehrend –: Ja, ja, geht schon!) – Na, ist ja alles in Ordnung. Peter Pilz holt sich einen Ratschlag beim Wirtschaftsminister.

Es gibt in diesem Bereich natürlich auch problematische Entwicklungen – und davor soll man die Augen nicht verschließen –: Europa schafft 2013 aller Voraussicht nach kein Wirtschaftswachstum. Es ist schön, dass wir in Österreich eines schaffen werden, wenn auch ein geringes – es wird sich möglicherweise beziehungsweise hoffentlich noch nach oben steigern lassen. Für Österreich ist das wirklich eine gute Situation, aber gesamteuropäisch betrachtet ist es so: Wir haben kein Wirtschaftswachstum.

Neben diesem fehlenden Wirtschaftswachstum haben wir auch eine Verschuldung, die enorm ist. Im Vergleich mit anderen bringt uns das in eine Defensive, und die Frage ist, welche Anreize wir schaffen können. Ich sage jetzt einmal: Jungunternehmer erwarten sich wirklich Anreize. Ich sage da auch: Steuerpolitik. An all jene gerichtet, die glauben, mit erhöhten Steuern wird man es der Wirtschaft erleichtern: Das Gegenteil wird der Fall sein.

International agierende Unternehmen und Konzerne werden einen Preisvergleich ma­chen, daher möchte ich hier ein bestimmtes Problem ansprechen, nämlich das der


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Energiepreise. Es gibt ein sehr bemerkenswertes Interview mit Walter Boltz, dem Chef der E-Control, im heutigen „Kurier“, und ich zitiere daraus zwei Fragen und die dazuge­hörigen Antworten:

Frage: „Wann wird Strom und Gas in Österreich endlich billiger?“

Antwort: „Seit drei Jahren fällt der Strompreis im Großhandel und bei den Endkunden­preisen tut sich nichts. Die Versorger versuchen alles, die Preise nicht senken zu müs­sen. Denn sie haben Verluste mit ihren Gaskraftwerken oder im Ausland.“

Frage: „Die hohen Energiepreise in Europa sind sogar ein Thema beim heutigen EU-Gipfel. Ist das Problem tatsächlich so groß?“

Antwort: „In der EU werden die hohen Preise schön langsam zu einem ernsthaften Standortproblem für die Industrie. Europa hatte immer höhere Energiepreise als die USA. Aber in den vergangenen drei bis vier Jahren ist der Abstand enorm gewachsen. Europa vertreibt die Industrie damit und schafft zudem Energiearmut, weil sich viele Menschen die Energie nicht mehr leisten können.“

Meine sehr geehrten Damen und Herren, da sind auch wir gefordert, da ist insbeson­dere die Regierung gefordert. Herr Bundesminister! Es gibt zahlreiche Anträge des BZÖ zu dieser Thematik. Ich glaube, da muss man einschreiten.

Ich habe mir hier noch einmal einen Vergleich herausgesucht, die Quelle ist das Ener­giepreismonitoring Oktober 2012, Beispiel Gaspreis, Großhandelspreisentwicklung im Zeitraum Juli 2008 bis Oktober 2012: plus 12,4 Prozent. – Die Erhöhung betrug 30 Pro­zent und mehr. Das ist nicht in Ordnung.

Beispiel Strompreis, Großhandelspreisentwicklung im Zeitraum Juli 2008 bis Okto­ber 2012: minus 23,8 Prozent. – Der Preisanstieg betrug trotzdem 20 Prozent.

Herr Minister, da gibt es wahnsinnig viel zu tun. Das war nur ein kleiner Ausschnitt von Maßnahmen. Schade, dass die ÖVP heute nicht Manns genug war, hier weitere Maß­nahmen anzukündigen, die sie noch vorhat. Die Wirtschaft hat keine Zeit. Besser heute als morgen! (Beifall beim BZÖ.)

12.00


Präsident Fritz Neugebauer: Zu Wort gelangt Herr Bundesminister Dr. Mitterlehner. – Bitte.

 


12.00.54

Bundesminister für Wirtschaft, Familie und Jugend Dr. Reinhold Mitterlehner: Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Schenken Sie mir jetzt gegen Ende der Diskussion noch ein paar Minuten, damit ich einige Punkte zusammenfassen oder ein paar Fragen beantworten kann, die hier angesprochen worden sind. Ich be­danke mich für die aus meiner Sicht konstruktive, differenzierte und auch weiterfüh­rende Diskussion. Ich möchte auf drei Punkte eingehen.

Der erste Punkt ist folgender: Herr Kollege Matznetter hat angemerkt, Spanien hätte kein Problem mit der Verschuldungsproblematik. Das wäre nur eine Frage der Umver­teilung, das sei der Grund für die Schwierigkeiten.

Ich darf das zitieren, was die tatsächliche Schuldenentwicklung von Spanien anlangt: Dort gab es von 2010 bis 2012 um die 10 Prozent Nettodefizit, was das jeweilige Bud­get anbelangt, und seit dem Jahr 2010 – da war man wirklich bei 60 Prozent – eine Steigerung auf 84 Prozent, was die Gesamtverschuldung angeht. Daher: Spanien hat ein Riesenproblem, das ist die Dynamik der Verschuldung und der Umstand, dass man die Budgets nicht ausgleichen konnte. Das ist auch der Hintergrund für die Schwierig­keiten.


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Die meiner Meinung nach interessanteste wirtschaftspolitische Darstellung kam vom Herrn Kollegen Rossmann. Herr Kollege Rossmann, Sie gehen in weiten Passagen durchaus in die Richtung, die auch das IHS bei einer Zusammenfassung der Probleme einmal angemerkt hat, nämlich dass Deutschland und andere exportstarke Staaten aufgrund von Lohnzurückhaltung einen Teil der Exporterfolge mitfinanziert haben. – So weit das IHS und andere Experten mit Ihnen.

Aber in der Konsequenz, wenn Sie jetzt die Argumentation südlicher Staaten überneh­men, dann haben Sie meiner Meinung nach einen schweren Fehler, den das IHS nicht macht, nämlich das Problem, dass man de facto auf Kreditbasis Export konsumiert hat.

Schauen Sie sich die Strukturen in Griechenland oder in anderen verschuldeten Län­dern an: Dort gibt es keine Industrie. Aber dort hat man auf Basis von Beamten und Pensionen – auch jetzt noch – wesentlich mehr an Konsum, als etwa die Slowakei und andere vergleichbare Länder haben. Und Deutschland und Österreich haben ja mit Schuldenverzicht, mit Schuldenschnitt und mit ihren Krediten auf einen Teil ihrer Ex­portleistung verzichtet. Das heißt, sie zahlen ohnedies die Rechnung.

Wenn Sie jetzt hergehen und in der Konsequenz fordern, na ja, die sollten doch gefäl­ligst die Exportprogramme und die Konjunkturprogramme weiterfinanzieren – wissen Sie, was dann dort passiert? – Dort passiert nichts weiter als eine Fortsetzung der Kri­se, weil man sich wiederum drüberschwindelt und de facto sagt, na ja es ist genug Geld im Markt.

Und dass ich richtig liege, das bemerken Sie an Folgendem: Die EU hat sogenannte Projektbonds aufgelegt. Das sind nicht Eurobonds. Projektbonds sind Finanzierungen der Europäischen Investitionsbank, womit Projekte in Europa forciert werden, die einen wirtschaftlichen Hintergrund haben.

Wissen Sie, woher die Projekte dann kommen? – Aus Mitteleuropa und aus Nord­europa, nicht aus dem Süden – weil das das Problem ist! Und daher ist der Kurs, den die Troika, der IWF oder wer auch immer verordnet hat, ein richtiger Kurs. Man kann Wettbewerbsfähigkeit leider nur dort durch entsprechende Umstrukturierungen errei­chen; daran führt kein Weg vorbei.

Dritter Punkt: Frau Kollegin Oberhauser – sie ist gerade nicht anwesend, macht aber nichts, es wird ihr sicher ausgerichtet werden –, Sie sagen, in der Form wird auf Kosten der Arbeitnehmer nichts umstrukturiert. Da sage ich Ihnen: weil die Kosten dort so ge­stiegen sind, das ist schon richtig. Schauen Sie sich nur zum Beispiel die Gebühren in Wien an: 30 Prozent Gebührensteigerung in Wien! Darauf sollten Sie Ihre Energie beim Gewerkschaftskongress hinwenden, nicht auf die Wirtschaft! (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der FPÖ.)

Frau Kollegin Lichtenecker, es ist alles richtig, nur eines stimmt nicht, was Forschung und Entwicklung anlangt. Gerade gestern haben wir eine Aussendung gemacht und dargestellt, dass sich Österreich im Verhältnis zu anderen Nationen sehr dynamisch entwickelt hat. Wir haben uns bei der F&E-Quote trotz schwierigem Budgetumfeld ge­steigert. – Diese gestrige Aussendung ist nachzulesen.

Herr Kollege Windholz, last but not least: Es ist toll, wenn Sie die E-Control zitieren. Lesen Sie vielleicht aber auch, wie richtig die E-Control immer liegt, wenn es um Zu­kunftseinschätzungen dahin gehend geht, wie sich der Strompreis entwickelt?! Sie hat gesagt, er geht in den nächsten Jahren um 25 Prozent nach oben. Tatsächlich haben wir eine stagnierende Entwicklung, er könnte sogar noch weiter nach unten gehen. Und jeder, der nicht höhere Preise prognostiziert, wird auch den Markt dann nicht in diese Entwicklung gehend sehen.

Wir haben eine Reihe von Maßnahmen vorbereitet, wie den elektronischen Anbieter­wechsel, um diesen Weg zu unterstützen. Ich glaube, der entscheidende Punkt liegt


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bei uns: in Richtung Stärkung der Wettbewerbsfähigkeit, Stärkung der Betriebe und nicht Umverteilung und andere Maßnahmen. – Vielen Dank. (Beifall bei der ÖVP.)

12.06


Präsident Fritz Neugebauer: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Schenk. – Bitte.

 


12.06.05

Abgeordnete Martina Schenk (STRONACH): Herr Präsident! Herr Minister! Hohes Haus! Sehr geehrte Damen und Herren! Herr Minister, herzlichen Dank für Ihre Aus­führungen und Ihren zweiten Redebeitrag. Es wäre nett gewesen, wenn Sie damit ge­wartet hätten, bis die Fraktionsrunde beendet gewesen wäre und Sie auch noch mei­nen Debattenbeitrag mit in Ihre Beantwortung hätten nehmen können. Aber vielleicht geht das ja das nächste Mal.

Was sind die Herausforderungen an den Wirtschaftsstandort Europa und Österreich? Das war das Thema der heutigen Aktuellen Europastunde. Diese neigt sich jetzt dem Ende zu. Ich möchte noch kurz auf einige Punkte eingehen. Es wurde ja von den Vor­rednern einiges angesprochen. Es wurden Probleme aufgezeigt. Es wurde aufgezeigt, wo Handlungsbedarf besteht und wo gearbeitet werden muss.

Wir wissen alle, im Herbst steht die Nationalratswahl bevor. Ob bis dahin noch etwas geändert wird, ob diese Regierung bis dahin noch etwas ändern wird? – Ich glaube es nicht.

Lassen wir noch einmal die Probleme Revue passieren! Wir haben in Österreich den höchsten Schuldenstand, wir haben eine Pro-Kopf-Verschuldung von 40 000 €. Die Zinsen, meine sehr geehrten Damen und Herren, fressen uns die Haare vom Kopf. Wir haben eine Überverwaltung, nicht nur in Österreich, sondern auch in der EU. Wir ha­ben wenige Anreize, wenige steuerliche Anreize für Betriebsgründungen, für Unterneh­men. Wir haben eine extrem hohe Steuer- und Abgabenquote in Österreich. Je mehr Schulden gemacht werden, desto weniger Wohlstand gibt es; das wurde heute schon oft erwähnt, das ist auch richtig.

Meine sehr geehrten Damen und Herren von der SPÖ, auch ein paar Worte an Sie ge­richtet! Der ÖGB erweist aber Ihrer Partei und auch dem Parlament und den Öster­reicherinnen und Österreichern einen Bärendienst, wenn er ein Belastungspaket in Mil­liardenhöhe als Entlastungspaket vorschlägt und auch die Vermögensteuer wieder an­spricht beziehungsweise sie wieder einführen will, die ungerecht ist, die eine Enteig­nungssteuer ist und die absolut abzulehnen ist. Gott sei Dank haben Sie auch hier keinen Partner im derzeitigen Koalitionspartner, was diese Vermögensteuer betrifft. (Beifall beim Team Stronach.)

Das Schuldenmachen im Bund und in den Ländern muss gestoppt werden. Die teure, überbordende Verwaltung muss abgebaut werden. Und Unternehmen, die im Inland in­vestieren, müssen steuerlich entlastet werden.

Beim Thema Schuldenmachen möchte ich kurz auf das Spekulationsverbot zu spre­chen kommen, das heute wieder nicht auf der Tagesordnung ist, worüber es aber im Anschluss an diese Debatte eine Einwendungsdebatte geben wird, weil sich die Re­gierungsparteien immer noch nicht einig sind mit ihren Blockierern, mit den Landes­hauptleuten – hauptsächlich seien Pröll und Häupl genannt –, die sich gegen dieses Spekulationsverbot wehren.

Aber, meine sehr geehrten Damen und Herren, wir brauchen ein Spekulationsverbot! Wir brauchen dieses Spekulationsverbot ebenso wie den schon angesprochenen Ver­waltungsabbau. Wir sind überverwaltet. Das ist so, das muss man immer wieder sa­gen, denn es kommt wahrscheinlich nur so in den Köpfen der handelnden Personen in der Regierung und der Abgeordneten der Regierungsparteien an.


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Ich möchte auch noch ein paar Worte zu Europa verlieren. Europa braucht keine Zen­tralisierung, sondern wir brauchen selbstbestimmte Mitgliedstaaten. Jede Zentralisie­rung geht zulasten von Wettbewerb und Wohlstand. Und wir brauchen Wettbewerb und Wohlstand, meine sehr geehrten Damen und Herren.

Ich darf auch eine Passage aus dem Redebeitrag des Herrn Ministers zitieren, wo ich ganz seiner Meinung bin, wenn er sagt, wenn wir keine Betriebe haben, haben wir auch keine Arbeitsplätze und keinen Wohlstand. – Da geben ich Ihnen hundertpro­zentig recht, Herr Minister. Aber, wie eingangs erwähnt, es sind die Anreize für Unter­nehmensgründungen, steuerliche Anreize für Betriebe nicht vorhanden respektive nicht ausreichend vorhanden.

Ich möchte hier unser Modell der Mitarbeiterbeteiligung aufs Tapet bringen. Wir wollen Klein- und Mittelbetriebe entlasten – einerseits entlasten, damit es keine Kammer­zwangsmitgliedschaft und keine Zwangsgebühren gibt. Die Mitgliedschaft soll auf frei­williger Basis erfolgen; wenn die Kammern etwas leisten, dann zahlen die Menschen ja auch gerne etwas dafür. (Beifall beim Team Stronach.)

Wir wollen, wie gesagt, Unternehmer, die im Inland investieren, steuerlich entlasten und Unternehmen, die in ihren eigenen Betrieb investieren, mit der 10-Prozent-Steuer unterstützen; wenn sie das an die Mitarbeiter weitergeben, sollen sie keine Steuer zahlen müssen. Das ist das Modell der Mitarbeiterbeteiligung, weil das auch die Mitar­beiter motivieren wird. Wenn diese am Gewinn des Betriebes beteiligt sind, sind sie motivierter, es werden bessere Ergebnisse erzielt und es geht allen besser. Es heißt ja nicht umsonst: „Geht’s der Wirtschaft gut, geht’s uns allen gut.“

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Das war in kurzen Worten noch einmal mei­ne Sichtweise zum heutigen Thema der Aktuellen Europastunde.

Ich möchte abschließend den handelnden Personen noch ein Zitat mit auf den Weg geben, ein Zitat von Johann Heinrich Pestalozzi, und darf Sie bitten, dass Sie sich die­ses zu Herzen nehmen und auch gut zuhören: „Der Mensch vermag unendlich viel, wenn er nur will.“ – Herzlichen Dank. (Beifall beim Team Stronach.)

12.11


Präsident Fritz Neugebauer: Weitere Wortmeldungen dazu liegen nicht vor. Ich schließe daher die Debatte.

12.11.22Einwendungen gegen die Tagesordnung gemäß § 50 GOG

 


Präsident Fritz Neugebauer: Wir kommen nunmehr zur Debatte über die Einwendun­gen gegen die Tagesordnung des Klubobmannes Bucher. Wie bereits mitgeteilt, be­trägt die Redezeit jeweils 5 Minuten.

Wir gehen in die Debatte ein.

Zu Wort gelangt Herr Klubobmann Bucher. – Bitte.

 


12.11.40

Abgeordneter Josef Bucher (BZÖ): Herr Präsident! Herzlich willkommen, meine sehr geehrten Damen und Herren – ganz besonders die Gäste aus der Steiermark! (Beifall beim BZÖ und bei Abgeordneten von ÖVP und FPÖ.)

Wir vom BZÖ haben diese Einwendungsdebatte gefordert, weil sich in der Zwischen­zeit wieder einiges getan hat. Es hat rund um das Spekulationsverbot eine Entwicklung gegeben, die man sich wirklich einmal auf der Zunge zergehen lassen muss. Da haben wir uns über viele Monate hier im Haus über die Möglichkeiten ausgetauscht, das Spe­kulieren mit Steuergeldern auf Pump endlich zu verbieten. Wir haben uns über einheit-


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liches Rechnungswesen in Österreich, über Buchhaltungsvorschriften ausgelassen, die nicht nur hier im Hohen Haus von der Bundesregierung gemacht werden sollten, son­dern auch von allen Ländern als selbstverständlich erachtet werden sollten. Das heißt: eine einheitliche Buchhaltung in ganz Österreich, damit auch der Rechnungshof end­lich zufrieden ist, zu Recht zufrieden ist und prüfen kann, was alles mit den Steuer­geldern in unserem Land passiert.

Dann sind wir zu dem Befund gekommen, dass das viele Länder nicht wollen. Die Län­der haben sich verweigert. Die Landesfürsten Pröll und Häupl waren dagegen, dass es eine einheitliche bundesweite Regelung gibt, was die Buchführung betrifft, und ein ein­heitliches, in der Verfassung festgeschriebenes Spekulationsverbot.

Dann gab es eine Landeshauptleutekonferenz. In dieser Landeshauptleutekonferenz – ich lese jetzt die APA-Meldung vom 25. April vor – sagte der Vorsitzende der Landes­hauptleutekonferenz, Herr Markus Wallner aus Vorarlberg:

„Wir werden uns nicht mehr länger auf der Nase herumtanzen lassen und in der Um­setzung unbeirrt weitergehen.“ – Nicht mehr länger auf der Nase herumtanzen will er sich lassen, der Vorsitzende der Landeshauptleutekonferenz.

Ich zitiere weiter: „Die Länder haben kein gesteigertes Interesse, sich an Scheinge­fechten im Nationalrat zu beteiligen“, so Wallner.

Scheingefechte werden hier im Hohen Haus geführt. (Abg. Kopf: Von der Opposition aber!)

Meine sehr geehrten Damen und Herren von Rot und Schwarz, das müssen Sie uns jetzt schon einmal erklären, welche Scheingefechte da gefochten werden. Wir haben von Anfang an nur ein ehrliches Ansinnen vonseiten des BZÖ gehabt: Steuergelder sind für Spekulanten in diesem Land unantastbar. Mit dem Spekulieren gehört endlich einmal Schluss gemacht. (Beifall beim BZÖ und bei Abgeordneten der FPÖ.)

Und es ist fahrlässig. Es ist auch, meine Damen und Herren von Rot und Schwarz, eine reine Pflanzerei der Steuerzahler, die Sie da vornehmen. Da gaukeln Sie der Öf­fentlichkeit immer wieder vor, wie wichtig es Ihnen sei, dass es ein Spekulationsverbot gibt. Sie geben der Opposition die Schuld, wo wir maximal bereit waren, auf Sie zuzu­gehen und auf Ihre Forderungen einzugehen. Sie selbst waren es ja bei den Verhand­lungen, die das auch richtig und gutgeheißen haben, was wir gefordert haben, nämlich die Einbindung des Rechnungshofes. Er soll uns sagen, wie er am zweckmäßigsten und am besten die Buchführung bei den Ländern, bei den Gemeinden, bei den Städten gestaltet wissen will, aber auch bei den insgesamt 380 ausgegliederten Gesellschaf­ten, die es in Österreich gibt.

Es gibt 380 ausgegliederte Gesellschaften, wo es kein Spekulationsverbot gibt. Die können mit dem Geld der Steuerzahler tun und lassen, was sie wollen. Der Rech­nungshof kann keine Einschau halten, kann sie nicht prüfen. Das wollen Sie alles zu­lassen, auch weiterhin.

Ich bin schon neugierig, was Kollege Cap auf das erwidern wird, was Herr Wallner in der APA-Meldung gesagt hat. Da heißt es: „Die SPÖ wiederum blockiere die überarbei­tete 15a-Bestimmung, die neben der Umsetzung des Spekulationsverbots auch Rege­lungen beinhalte, die laut Wallner zu einer besseren Vergleichbarkeit der Haushaltsre­geln führen würde.“

Na ja, jetzt seid ihr plötzlich der Schuldenbock, laut Wallner, laut ÖVP. Ihr blockiert das. Warum blockiert ihr das? Gebt uns die Antwort! Ich warte schon sehr gespannt darauf und dann vor allem auf die Replik von der ÖVP, wie sie es tatsächlich hält.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, das ist alles nur ein Scheingefecht von SPÖ und ÖVP! Ihr seid diejenigen, die in Wirklichkeit kein Spekulationsverbot haben wollen.


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Ihr wollt, dass die Länder, die Städte, die Gemeinden, die 380 ausgegliederten Gesell­schaften weiterhin so wirtschaften dürfen, wie sie es in der Vergangenheit getan ha­ben.

Wir vom BZÖ wollen ein Spekulationsverbot in der Verfassung festgeschrieben haben. Wir wollen einheitliche Spielregeln für alle, die in Österreich mit Steuergeldern hantie­ren. Es sind hart verdiente Steuermilliarden, die da von den Arbeitnehmerinnern und Arbeitnehmern, von den Unternehmern in unserem Land im Umlauf sind. (Beifall beim BZÖ sowie des Abg. Strache.)

Jetzt beherzigen Sie das einmal! Ich hoffe, dass Kollege Cap hier endlich eine Klar­stellung trifft. (Beifall beim BZÖ.)

12.16


Präsident Fritz Neugebauer: Nächster Redner: Herr Klubobmann Dr. Cap. – Bitte.

 


12.17.01

Abgeordneter Dr. Josef Cap (SPÖ): Eine bisschen intelligentere Oppositionspolitik kann man schon machen, Herr Klubobmann, denn Sie wissen ganz genau, wie die Verhandlungslinien hier im Haus laufen. (Abg. Bucher: Klartext!) Sie wissen ganz genau, dass das, was SPÖ und ÖVP vorgeschlagen haben, letztlich auch die Zustim­mung des Rechnungshofpräsidenten gefunden hat. (Abg. Grosz: Von den eigenen Landeshauptleuten torpediert! Von Pröll und Häupl!) Und das ist eine Zustimmung, die uns deswegen sehr wichtig ist, weil sich der Rechnungshofpräsident und der Rech­nungshof hier immer in die Debatte eingebracht und Vorschläge präsentiert haben, wir diese Vorschläge aufgegriffen haben, verbunden mit dem Ziel, dass wir eben, Respekt gegenüber den Steuergeldern zollend, eine Regelung finden, die für ganz Österreich von Bedeutung ist und die auch in den Ländern einzuhalten ist. (Abg. Bucher: Wie in­terpretieren Sie den Herrn Wallner? – Abg. Grosz: Klassische Abwehrhaltung!)

Da geht es um eine einheitliche Buchhaltung, da geht es um ein neues Haushaltsrecht. Schauen Sie, ich brauche mir ja nur das Geblödel da in Ihren Reihen anzuschauen. Sie nehmen das gar nicht ernst. Das ist die Wahrheit. (Abg. Mag. Kogler: „Geblö­del“?!)

Nein, die Grünen habe ich nicht gemeint. Ich war jetzt gerade beim BZÖ angesiedelt. Sie sollten das ernster nehmen. (Abg. Grosz: Ihre Landeshauptleute torpedieren das!) Ja, Sie sollten das ernster nehmen. Das ist für uns auch deswegen wichtig, weil es ja Beispiele gibt, die sich nicht wiederholen sollen, und weil der Steuerzahler und die Steuerzahlerin zu Recht sagen: Das soll sich nicht wiederholen, da soll es klare Regeln geben.

Und wir sind für klare Regeln. Wir glauben, dass der Nationalrat berufen ist, hier auch Schritte zu setzen, damit es diese klaren Regeln gibt (Zwischenruf des Abg. Bucher. – Abg. Grosz: Warum tun Sie nichts?), aber, wie Sie genau wissen, wir brauchen für eine Bestimmung, die für die Länder wirklich gilt, hier herinnen eine Zweidrittelmehr­heit.

Wenn wir einen Vorschlag präsentieren und der Rechnungshof beziehungsweise der Rechnungshofpräsident diesen unterstützt, dann stellt sich nur noch die Frage: Wo ist die dritte oder die vierte Partei, die das dann gemeinsam mit uns hier herinnen be­schließt?

Und wenn man jetzt aus wahlkampftaktischen Überlegungen so tut, als ob man eine Regelung wollte – mit Ihnen (in Richtung BZÖ) haben wir ohnehin keine Mehrheit mehr. Aber es geht ja darum, dass die Freiheitlichen und eventuell die Grünen mitge­hen, dass hier eine Lösung kommt, die dann für die Länder verbindlich ist. Darum geht es!


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll203. Sitzung / Seite 79

Wenn uns da keine dritte Partei zur Verfügung steht, dann wird die das erklären müssen. Das, nehme ich an, hat Herr Wallner gemeint. Wie er dazu kommt, zu sagen, dass wir irgendetwas blockieren, weiß ich nicht, da muss er irgendwie verwirrt gewe­sen sein. Wir blockieren gar nichts, sondern wir haben mit dem Koalitionspartner eine Vorlage gemacht, zu der wir stehen. Diese wollen wir nach wie vor so rasch wie mög­lich beschließen.

Die Freiheitlichen waren ja knapp davor, zuzustimmen. Der freiheitliche Verhandlungs­abgeordnete hat dem schon zugestimmt. (Abg. Mag. Kogler: Die dürfen auch ge­scheiter werden!) Dann ist man wieder davon abgerückt. Und jetzt frage ich mich, wie­so die Freiheitlichen nicht zustimmen, denn das wäre die Zweidrittelmehrheit.

Von den Grünen rede ich nicht, denn sie haben sich auf irgendeine Position zurückzo­gen, die hier keine Rolle spielen soll, weil sie keine Lust haben, hier mitzustimmen; de­nen scheint es kein besonderes Anliegen zu sein, dass man hier Anti-Spekulations­regelungen findet. (Abg. Mag. Kogler: Nein!) – Kollege Kogler, Sie können sich dann darüber auslassen, aber komisch, dass Sie sich nicht für ernsthafte Verhandlungen da­rüber anbieten. (Abg. Mag. Kogler: Das Thema haben wir der Burgstaller überlassen!)

Also zu sagen, dass wir da irgendetwas nicht wollen, oder uns ein Ultimatum zu set­zen – da habe ich den Sprecher der Landeshauptleutekonferenz Wallner auch nicht verstanden. Wovon spricht er? Welche Ultimaten? Wo sind wir da überhaupt? Es geht darum, dass die beiden Regierungsparteien eine dritte Partei brauchen, und diese fin­det man nicht mit einem Ultimatum, sondern mit Überzeugungskraft und durch den Appell, dass der Nationalrat dieses Signal senden muss.

Wenn man verantwortungsbewusst vorgehen möchte – da schaue ich jetzt zu den Frei­heitlichen und zu den Grünen –, wenn man sich wirklich um die Steuergelder kümmern möchte, wirklich eine Regelung haben möchte, die Spekulation unmöglich macht, dann muss man das hier beschließen.

Die Kriterien, die notwendig sind, sind gegeben. Erstens: Die Arbeit des Rechnungs­hofes soll erleichtert werden. Das ist einer der Gründe, warum der Rechnungshof dann auch dafür ist, so scheint es.

Zweitens: Es soll eine Einheitlichkeit geben, um dem Rechnungshof die Prüfungsarbeit zu ermöglichen beziehungsweise zu erleichtern, dass man aus diesem Regel-Salat Bund/Länder herauskommt und ein einheitliches Haushaltsrecht hat und so weiter.

Um diese Punkte geht es, und ich finde, die Bürgerin/der Bürger hat das Recht, das zu erfahren. – Danke, dass es diese Einwendungsdebatte gibt (Zwischenruf des Abg. Ing. Westenthaler), jawohl, so können wir das noch einmal darstellen.

Wir brauchen in diesem Zusammenhang keine Zurufe von außen, sondern wir sollten selbst dazu imstande sein. SPÖ und ÖVP sind dazu bereit – wir also sowieso –, aber wir brauchen eine dritte Partei. Und die Redner nach mir sollen erklären, warum sie trotz Zustimmung des Rechnungshofes und des Rechnungshofpräsidenten nicht bereit sind, hier zuzustimmen. Was ist der wahre Grund? Der wahre Grund – nicht der vorge­spielte Grund, weil wir gerade Wahlkampf haben, sondern der wahre Grund!

An die Redner nach mir möchte ich den Appell richten – Sie kommen ohnehin gleich dran –, sich dazu zu äußern. Sie müssen dann erklären, draußen und auch hier herin­nen, über die Medien, Fernsehen oder was auch immer, warum Sie da nicht mitma­chen – anscheinend, weil Sie halt irgendeine Wahlkampfmunition brauchen –; oder es gibt eine Änderung, aber dann erklären Sie das hier bitte, damit wir das endlich ge­meinsam beschließen können. (Beifall bei der SPÖ.)

12.22


Präsident Fritz Neugebauer: Nächster Redner: Herr Klubobmann Strache. – Bitte.

 



Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll203. Sitzung / Seite 80

12.22.18

Abgeordneter Heinz-Christian Strache (FPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ja, Herr Klubobmann Cap, die wiederholte Einwen­dungsdebatte, die heute dankenswerterweise stattfindet, zeigt ja einiges auf. Wenn es dieser Regierung mit dem Spekulationsverbot wirklich ernst wäre, dann würden Sie das endlich auf die Tagesordnung nehmen, damit wir entsprechende Beratungen durchführen könnten, im Ausschuss die Verhandlungen fortsetzen könnten und dann auch ein Ergebnis hätten, über das wir einmal abstimmen könnten.

Das grundsätzliche Problem dabei ist, dass Sie auf keinen der Vorschläge, die bis dato von der Oppositionsseite gekommen sind, eingegangen sind. Wo liegt das grundsätzli­che Problem, Herr Klubobmann Cap und Herr Klubobmann Kopf? Soviel ich weiß, ha­ben Sie persönlich ja nicht einmal meinen Brief bis dato beantwortet, Herr Klubob­mann.

Wir haben ja schriftlich konkrete Lösungsvorschläge gemacht. Man muss natürlich da­rüber debattieren, welcher der Begriffe – „risikoavers“ oder „mündelsicher“ – der bes­sere ist. Wir meinen, mündelsicher wäre der richtige (Beifall bei der FPÖ), damit nicht Spekulationslöcher und Interpretationsmöglichkeiten aufgemacht werden. Aber dage­gen sperren Sie vonseiten der SPÖ und der ÖVP sich, natürlich auch die Landeshaupt­leute, weil es unangenehm ist, wenn das mit so klaren Begrifflichkeiten gesetzlich fest­gelegt ist.

Wir meinen, mit der Mündelsicherheit könnten wir das gewährleisten, und wir wollen si­cherstellen, dass es keine Hintertüren gibt. Aber auch da steckt der Teufel im Detail.

Natürlich können wir alle heute über das Verfassungsgesetz, über den ersten Teil, § 16, absolut positiv sprechen, dem zustimmen. Die Positiva, die schon erwähnt wor­den sind, sind: gemeinsames Haushaltsrecht, gemeinsame Buchhaltung. – Ja, exzel­lent. Und wir werden auch einen Antrag betreffend § 16 einbringen, dem Sie dann so­fort zustimmen können. Das heißt, es wird Sie niemand daran hindern, und das wird die Nagelprobe sein.

Was wir nicht wollen, ist der zweite Teil, § 17, wo statt des Spekulationsverbots das Spekulationsloch eröffnet wird (Beifall bei der FPÖ), nämlich durch die Hintertüre eines Ermächtigungsgesetzes. Und Sie suchen hier einen billigen Jakob, der Rot und Schwarz mit einer Verfassungsmehrheit die Möglichkeit bietet, in Zukunft alles mit einfacher Mehrheit dahingehend durchzupeitschen, dass Sie und die Landeshauptleute bei den Artikel-15a-Vereinbarungen dann die Interpretationshoheit haben, was Speku­lation ist und was nicht. (Beifall bei der FPÖ.)

Das ist im wahrsten Sinne des Wortes ein völlig ungeeigneter Vorgang, um Spekula­tion wirklich zu verbieten.

Genau darum geht es und genau das ist der entscheidende Punkt: Wir werden kein billiger Jakob sein und Ihnen ein Ermächtigungsgesetz geben, damit Sie dann weiter­tun können, wie Sie wollen, denn wir sind verantwortungsbewusst und wir wollen die Mündelsicherheit drinnen haben und wir wollen gesichert haben, dass der verfas­sungsrechtlich gute Teil durchgesetzt wird, aber auch mit Verfassungsmehrheit sicher­gestellt wird, wie die Bereiche der Spekulation zu definieren sind.

Natürlich will ich nicht haben, dass dem Beispiel der Wiener SPÖ Folge geleistet wird, wo öffentliche Steuergelder und Verantwortungsbereiche in Holdings ausgelagert wer­den, der Rechnungshof gar nichts kontrollieren kann und dort dann munter weiterspe­kuliert wird. (Beifall bei der FPÖ.)

So stellt es sich Herr Landeshauptmann Häupl vielleicht vor. Da sind Sie Schützenhel­fer dieses Landeshauptmanns, der in diesen Bereichen Gelder, nämlich öffentliche


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll203. Sitzung / Seite 81

Gelder, versickern lässt, das jeglicher Kontrolle entzieht und der in Wirklichkeit genau das vorlebt, was wir verhindern wollen.

Da muss überall Rechnungshofkontrolle gesichert sein. Auch für diese Bereiche brau­chen wir eine Definition, dass man dort nicht spekulieren kann – auch dort, wo es nicht um Kreditaufnahmen geht, sondern wie bei Wohnbaugesellschaften und -genossen­schaf­ten um Einnahmen und Rücklagen, die man natürlich nicht für Spekulation ver­wenden können soll.

Genau diese Bereiche sind aber bis dato nicht geregelt. Auf keinen unserer Vorschläge sind Sie eingegangen. Das zeigt, dass Sie es mit dem Spekulationsverbot gar nicht ernst meinen.

Sich dann, wie Landeshauptleute das teilweise tun, herzustellen und von einer Blocka­de zu sprechen, die von Herrn Landeshauptmann Wallner in Richtung der SPÖ festge­macht wird, von anderen in Richtung Opposition geschoben wird, ist im wahrsten Sinne des Wortes unehrlich und auch eine Frechheit, wenn man glaubt, die Bürger da für dumm verkaufen zu können. (Beifall bei der FPÖ.)

Hier sitzen geschlossen alle Oppositionsparteien, die viele Vorschläge gemacht haben, die dieses Thema sehr, sehr ernst nehmen und die Verantwortung wahrnehmen und kein Verfassungsgesetz haben wollen, bei dem am Ende Jahre später erst recht zum Vorschein kommt, dass man munter weiterspekulieren konnte, weil kein wirklich schlagkräftiges und sicheres Spekulationsverbot beschlossen wurde.

Genau darum geht es. Das ist die Verantwortung, die alle Oppositionsparteien hier im Hohen Haus ernsthaft und verantwortungsbewusst leben. Sie aber versuchen immer wieder, sich durchzuturnen und das mittels Ihrer Rhetorik anders darzustellen. (Präsi­dent Neugebauer gibt das Glockenzeichen.)

Um genau diese Punkte geht es, das haben wir Ihnen geschrieben: § 16 können wir sofort beschließen, aber, wie gesagt, das Ermächtigungsgesetz für § 17 in dieser Form mit Sicherheit nicht. (Beifall bei der FPÖ.)

12.27


Präsident Fritz Neugebauer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Dkfm. Dr. Stumm­voll. – Bitte.

 


12.27.44

Abgeordneter Dkfm. Dr. Günter Stummvoll (ÖVP): Herr Präsident! Hohes Haus! Wir hatten die gleiche Debatte vor ziemlich genau einem Monat. Herr Klubobmann Bucher, hier gilt offenbar die Parole: Wegen Erfolglosigkeit prolongiert! – Es wird auch heute kein Erfolg sein, denn Sie können niemandem weismachen, dass hier kein Spekula­tionsverbot beschlossen werden wird. Sie wissen es! (Abg. Mag. Kogler: Es ist noch keines!)

Die Regierung hat nach dem Salzburger Skandal sofort reagiert. Bereits im Jänner hat es die Vereinbarung zwischen Bund, Ländern, Gemeinde- und Städtebund mit ganz wichtigen Grundsätzen gegeben. Das wissen Sie alle ohnehin. (Abg. Mag. Kogler: Sie beschließen eine Lizenz zum Spekulieren! Verstehen Sie das nicht?)

Sie glauben, Sie müssen, nur weil Vorwahlzeit ist, hier ein Spektakel aufführen. Ich zitiere Häupl (Abg. Mag. Kogler: Sie sind der Obmann des Finanzausschusses, Sie müssen es wissen! Lizenz zum Spekulieren!), Häupl hat einmal gesagt: Vorwahlzeiten sind Zeiten fokussierter Unintelligenz!

Herr Kollege Kogler, Sie wissen, ich schätze Sie – ich habe das immer gesagt –, aber Ihr Verhalten in dieser Frage ist völlig unverständlich. (Zwischenruf des Abg. Mag. Kogler.)


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll203. Sitzung / Seite 82

Ich glaube, Sie sitzen – auch Sie, Herr Klubobmann Strache – in der Rechnungshof-Falle. (Abg. Mag. Kogler: Was ist mit dem Wallner?) Ich meine damit Folgendes: Wenn der Rechnungshof oft zu Recht die Regierung kritisiert, sind Sie voll auf der Linie des Rechnungshofes und sind dankbar dafür, dass Ihnen der Rechnungshof Argu­mente liefert. Wenn der Rechnungshof aber – wie in diesem Fall – aufseiten der Regie­rungsparteien ist, sagen Sie: Nein, das alles ist zu wenig, der Rechnungshof sollte viel mehr kontrollieren! (Abg. Strache: Beim § 17 gibt es auch dort die Kritikpunkte!)

Fragen Sie den Rechnungshofpräsidenten, Sie haben ja mit ihm auch schon gespro­chen, das weiß ich, und er hat gesagt: Es gibt auch andere Wege, aber auch dieser Weg ist gangbar.

Sie müssen sich entscheiden: Erkennen Sie den Rechnungshof als oberste Autorität und Kontrollbehörde an, ja oder nein? (Zwischenruf des Abg. Dr. Hübner.) Aber das Rosinen-Prinzip anzuwenden und zu sagen: Wenn es uns passt, wenn der Rech­nungshof die Regierung kritisiert, dann sagen wir, der Rechnungshof hat recht, wenn er aber der Regierung recht gibt, sagen wir, er hat nicht recht!, das geht nicht. (Abg. Dr. Rosenkranz: Das stimmt ja so nicht!) Sie sitzen in der Falle, Herr Klubobmann Strache und Herr Klubobmann Bucher. (Abg. Strache: Wer hat denn das behauptet?) Das ist die Rechnungshof-Falle! (Abg. Strache: Wer hätte das behauptet?)

Wer das behauptet hat? (Abg. Strache: Ja Sie haben es gerade behauptet!) – Tun Sie nicht so! Sie haben ein Gespräch mit Rechnungshofpräsidenten Dr. Moser geführt. Er war bei unseren Fraktionsführersitzungen dabei und hat gesagt: Ja, das ist ein gang­barer Weg. (Abg. Strache: Der sagt ja, dass genau der § 17 !) Und Sie erklären hier, der Rechnungshof könne nicht prüfen und so weiter. – Der Rechnungshof kann sehr wohl prüfen!

Bleiben wir bei den Fakten! Die Vereinbarung zwischen dem Bund, den Ländern und Gemeinden legt vier wichtige Grundsätze fest, die wir bisher nicht hatten. (Abg. Bu­cher: Prüfen tut er jetzt auch schon!)

Erster Grundsatz: Es ist risikoavers vorzugehen. – Was heißt risikoavers? – Das heißt, jedes vermeidbare Risiko ist zu unterlassen. Eine völlig klare Aussage! (Abg. Mag. Kogler: Nur nicht in Niederösterreich!)

Zweitens: erstmals eine strategische Jahresplanung im Bereich Liquiditäts- und Schul­denmanagement – das gab es bisher auch nicht.

Dritter wichtiger Grundsatz: eine strenge Trennung von Treasury und Risikomanage­ment – gab es bisher auch nicht.

Und viertens: volle Transparenz bei allen getätigten Aktionen. – Ja ist all das nichts?

Herr Klubobmann Strache, Sie haben gesagt, Ihre Vorschläge (Abg. Mag. Kogler: Das steht ja gar nicht dort!) – quatschen Sie nicht ständig drein! – wurden nicht akzeptiert. – Wir haben hier im Haus eine Regierungsvorlage gehabt, da haben Ihre Vertreter zu Recht gesagt, da fehlt einiges. Wir haben akzeptiert, dass die Regierungsvorlage geändert wurde, dass hineingeschrieben wurde – im Ausschuss haben wir das ge­macht –: keine Kreditaufnahmen zum Zwecke der Veranlagung. – Das war eine Forde­rung der Opposition und wurde von der Regierung voll erfüllt.

Dann haben Sie gesagt: Aber Derivatgeschäfte gehörten eigentlich auch verboten. – Auch das haben wir aufgenommen: keine Derivatgeschäfte ohne Grundgeschäft. (Abg. Bucher: Das ist aber das Mindeste, bitte!)

Dann haben Sie zu Recht gesagt, im § 17 ist eine Kann-Bestimmung drinnen: Der Finanzminister/die Finanzministerin kann mit dem Rechnungshofpräsidenten alles Nähere über das Rechnungswesen festlegen. Da haben Sie gesagt, „kann“ ist zu vage, Sie wollen „muss“ haben. – Wir haben „muss“ hineingeschrieben.


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll203. Sitzung / Seite 83

Drei wichtige Forderungen, wir haben alle erfüllt, da wir das Spekulationsverbot haben wollen. (Abg. Strache: Alle nicht! Teilweise erfüllt! Alle nicht!) Herr Kollege Strache, Herr Kollege Bucher, wenn Sie es jetzt blockieren, geht die Entwicklung jedoch am Parlament vorbei: Wien hat es vor zwei Wochen schon beschlossen. Die haben ge­sagt: Wir wollen ein Spekulationsverbot in der Landesverfassung haben!, und haben es im Landtag beschlossen. Morgen wird es in Niederösterreich beschlossen. Und wir stehen jetzt da und sagen: Weil Vorwahlzeit ist, bekommen wir halt die Zustimmung der Opposition nicht!

Sie wissen genau, dieses Spekulationsverbot wird auch hier beschlossen werden, noch vor dem Sommer – die einzige Frage ist: einfachgesetzlich oder verfassungsge­setzlich?

Wir werden uns bis zum letzten Tag bemühen. (Abg. Bucher: Geben wir es auf die Tagesordnung!) Herr Klubobmann Strache, ich habe heute mit Ihren beiden Verhand­lern gesprochen. Wir werden bis zum letzten Augenblick alle Chancen wahrnehmen, zu einer Verfassungsbestimmung zu kommen, aber zwingen können wir Sie natürlich nicht. (Abg. Bucher: Ihr müsst es auf die Tagesordnung geben!) Ich weiß, Sie glauben, Sie können im Vorwahlkampf politisches Kapital daraus schlagen. (Abg. Strache: Ge­hen Sie auf die Vorschläge ein, optimieren Sie es!) Ich kann Sie nicht zwingen, ich kann nur sagen, ich bin mit Ihren Verhandlern in bestem Kontakt, wir haben einen wirklich guten Kontakt, sind sehr konstruktiv, und wir geben die Hoffnung nicht auf, wir wollen ein Verfassungsgesetz. Aber, noch einmal, Sie oder die Grünen müssen mitma­chen – das BZÖ ist leider, Herr Klubobmann Bucher, zu wenig.

Wir wollen es wirklich haben. Aber – noch einmal – wenn Sie glauben, Sie können die Regierung da in die Enge treiben, dann kann ich nur sagen: Im Grunde genommen sit­zen Sie in der Rechnungshof-Falle, denn der Rechnungshof sagt: Ja, das ist ein gang­barer Weg! (Beifall bei der ÖVP sowie des Abg. Dr. Cap. – Abg. Strache: Beschließen wir § 16!)

12.32


Präsident Fritz Neugebauer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Mag. Kogler. – Bitte.

 


12.32.33

Abgeordneter Mag. Werner Kogler (Grüne): Herr Präsident! Meine Damen und Her­ren! Das Erfreulichste hat mein Vorredner am Schluss seiner Rede gesagt: Er gibt die Hoffnung nicht auf! – Vielen Dank. Die Hoffnung ist grün – das erklärt den ganzen Vor­gang bis hierher –: Sie werden ein grünes Gütesiegel dafür, dass Sie irgendetwas als Spekulationsverbot bezeichnen, was in Wirklichkeit an den entscheidenden Stellen eine Lizenz zum Spekulieren für Landeshauptleute ist, nicht bekommen! Das ist der Grund für die Ablehnung!

Sie wollen hier – Sie streuen da der Bevölkerung Sand in die Augen – erst recht die Möglichkeit beschließen, an einigen Stellen zu spekulieren, tun aber so, als ob es an­ders wäre. Und das ist der Grund dafür, dass es hier Widerstand gibt. (Beifall bei Grü­nen, FPÖ und BZÖ.)

Halten Sie der freiheitlichen Fraktion doch nicht vor, dass sie hier im Wege von Ver­handlungen etwas auch einmal anders sehen kann! Wie oft haben Sie sich schon auf dem Stand umgedreht?! – Regieren seit den Babenbergern, wechseln die Meinung oft wie die Unterhosen, nur weil es Ihnen machtpolitisch passt – aber die Opposition darf es nicht. So geht das nicht!

Ich bin es wirklich leid, hier als Oppositionsabgeordneter – das gilt für jede Fraktion – von Regierungsvertretern ständig gemaßregelt zu werden, obwohl wir uns bemühen –


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll203. Sitzung / Seite 84

und das weiß ich, dass sich die freiheitliche Fraktion in diesem Fall tatsächlich bemüht. Ich muss das so sagen, wir haben sonst genug Streitereien, aber in diesem Fall stimmt das.

Den Grund dafür, dass wir da nicht mittun werden, habe ich Ihnen gerade in einer Kurzzusammenfassung zu erklären versucht. Wir wollen und werden weiterverhan­deln – wir reden ja schon mit einzelnen Landeshauptleuten, die Überfuhr haben ja of­fensichtlich nur Sie versäumt –, damit wir hier noch zu etwas Gescheitem kommen, weil wir die Realverfassung in unserem Land kennen, auch wenn wir hier ein Bundes­verfassungsgesetz beschließen wollen, was ja nur Aufgabe des Bundesverfassungsge­setzgebers – also von uns hier – ist. Daher werden wir auch mit den Ländern reden müssen – das ist ja nicht falsch –, dann aber richtig.

Zum Schluss soll das herauskommen und in der Kiste sein, was Sie oben auch drauf­picken wollen – und das ist tatsächlich noch nicht verspielt! Ich erkläre Ihnen jetzt den Unterschied.

Sie haben dem Kollegen Bucher hier vorgehalten, dass er, wie Sie sagen, dieses Theater, noch dazu etwas Erfolgloses, wiederholt. Das ist falsch, denn das BZÖ macht hier aus meiner Sicht etwas sehr Richtiges, weil Vorlagen, die eigentlich hier zu ver­handeln und dann nicht zu beschließen wären, tatsächlich auf die Tagesordnung zu kommen hätten, weil wir nur so eine Rückverweisung an den Ausschuss zustande brin­gen, dort eine gescheite Sanierung dieser verunglückten Sache vornehmen könnten – möglichst gemeinsam, möglichst mit großer Mehrheit –, um es dann hier ins Plenum bringen und beschließen zu können. Das wäre ein ganz normaler Vorgang. Aber dieser vernünftigen Erkenntnis widersetzen Sie sich, nur weil Sie sich schon im Wahlkampf befinden, nur weil Sie Ihren zockenden Landeshauptmann in Niederösterreich verteidi­gen wollen.

Jetzt kommen wir einmal zum Kern der Sache: Wir haben hier das von Ihnen so be­zeichnete Spekulationsverbot mit diesem komplizierten Artikel-15a-Gebilde, das am Schluss immer nur Unglück und noch nie etwas Gutes gebracht hat. Aber sei’s drum, wenn es inhaltlich passen würde, könnte man sich ja noch anschließen. (Zwischenruf des Abg. Dr. Stummvoll.)

Sie verbieten mit dieser Artikel-15a-Vereinbarung das, was ohnehin keiner mehr ma­chen wird: Kreditaufnahme zur Wiederveranlagung. Das wird jetzt verboten. Okay, bes­ser es steht drinnen als nicht – meinetwegen. Das Selbstverständliche wird verboten (Abg. Strache: Der Rest bleibt möglich!), so weit, so gut, so weit, so irrelevant. Aber dort, wo es relevant wird, gibt es kein Verbot, dort, wo es relevant wird, dürfen die Län­der weiterhin selbst definieren, was ein Risiko ist. Das wird jetzt in Salzburg sehr gut sein, das wird in Kärnten sehr gut sein, das wird in Tirol viel besser werden, und das ist in Oberösterreich schon immer gut gewesen. (Beifall bei den Grünen.) Aber warum sollten wir hier dem niederösterreichischen Landeshauptmann eine Lizenz zum Speku­lieren geben, noch dazu mit einem Verfassungstitel?

Ah, jetzt wird Kollege Cap wach. Er hat ja eine Begründung eingefordert, jetzt schaut er! Genau. Sie sind in Tateinheit letztlich übrig geblieben (Abg. Strache: Aber in Wien ist das leider nicht optimal, Herr Kogler!), wenn Sie das dort so zulassen, denn wenn jedes Land zum Schluss selbst definiert, was Risiko ist, und nur die Kreditaufnahme verboten ist, passiert Folgendes – reine Fiktion; malen wir uns das aus –:

Ein paar Milliarden Wohnbaugelder – gibt es in der Wirklichkeit nicht –, Forderungen darauf – gibt es nicht –, die Forderungen werden verkauft – gibt es nicht –, Milliarden kommen herein – gibt es nicht –, werden in Gesellschaften versteckt – gibt es nicht –, werden wieder veranlagt – gibt es nicht –, in der City of London – gibt es nicht –, weil ein Landeshauptmann glaubt, er könne das besser als die Bankiers dort – gibt es alles nicht –, und zum Schluss ist die Hälfte weg, 4 Milliarden von 8 Milliarden sind weg!


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll203. Sitzung / Seite 85

Mit diesem Verfassungsgesetz, das Sie hier beschließen wollen, und mit der Artikel-15a-Vereinbarung wäre das weiter möglich! (Abg. Dr. Rosenkranz: So ist es!) Pröll definiert selbst weiter, was Risiko ist und was nicht! (Beifall bei Grünen, FPÖ und BZÖ.)

Sie wollen das im Nachhinein absichern, und das werden wir nicht zulassen. Das ist in Wirklichkeit eine Spekulationsbombe, ein Zuckerl – nehmen Sie, was Sie wollen, es ist alles, nur kein Verbot. Und dafür bekommen Sie das Gütesiegel nicht.

Aber wir werden selbst noch einmal verhandeln. (Zwischenruf des Abg. Dr. Stumm­voll.) Und ich sage Ihnen: Viele Ihrer Landeshauptleute sind vernünftiger, als Sie es hier darstellen; das dürfen wir gerade erfahren. Auf diesem Weg werden wir es lösen. Stimmen Sie zum Schluss einfach zu und halten Sie sich vorher heraus, denn in Wirklichkeit haben Sie das jetzt alles verpfuscht! (Beifall bei Grünen und BZÖ sowie des Abg. Strache.)

12.37


Präsident Fritz Neugebauer: Nächster Redner: Herr Klubobmann Ing. Lugar. – Bitte.

 


12.37.58

Abgeordneter Ing. Robert Lugar (STRONACH): Herr Präsident! Hohes Haus! Das Hauptproblem dieses Verfassungsgesetzes ist, dass da drinsteht „risikoavers“ und der Rechnungshof ja auch immer wieder bemängelt hat, dass das nicht genau definiert ist.

Es hat dann von der freiheitlichen Seite den Vorschlag gegeben, das Ganze mündel­sicher zu machen. – Ich möchte jedoch eines zu bedenken geben: Wenn Sie in der Historie zurückschauen auf das Jahr 2007, dann sehen Sie, damals waren ABS-Pa­piere, diese Asset Backed Securities, die da von den USA nach Österreich gekommen sind, mit der Bestnote bewertet, die waren mündelsicher – 2007. 2008 waren sie dann plötzlich nichts mehr wert. Das heißt, wir müssen da sehr, sehr vorsichtig sein, denn auch die Mündelsicherheit ist zu wenig.

Es geht darum, dass wir den Ländern überhaupt verbieten, selbst zu veranlagen. Es gibt ja die Bundesfinanzierungsagentur. Das heißt, der Bund verlässt sich auf Exper­ten. Wenn es darum geht, sein Defizit und alle anderen Finanzgebarungen zu mana­gen, dann macht das die Bundesfinanzierungsagentur. Und diese Bundesfinanzie­rungsagentur vergibt auch an die Länder Kredite – das war auch in der Vergangenheit so. Das Problem war nur, dass die Länder nicht oder nur sehr beschränkt zugegriffen haben. Warum? – Weil mit diesem Kredit von der Bundesfinanzierungsagentur Kon­trollmöglichkeiten einhergehen. Das heißt, die Bundesfinanzierungsagentur kann ge­nau sehen, was mit dem Geld geschieht. Und deshalb sind die Länder den Umweg ge­gangen, sind selbst zu einer Bank gegangen und haben sich von dort Geld geholt, oft sogar zu einem schlechteren Zinssatz. Und nachträglich hat man versucht, diesen schlechteren Zinssatz mit sogenannten Zinstauschgeschäften und sonstigen waghalsi­gen Aktionen zu verbessern. Das alles, nur um diese Kontrolle zu umgehen.

Jetzt geht es darum, dass wir mit diesem Verfassungsgesetz endlich diese Kontrolle einführen wollen, die die Länder anscheinend brauchen. Das wollen die Länder aber nicht.

Herr Cap sagt dann wahrheitswidrig, dass der Herr Rechnungshofpräsident dem ja zu­gestimmt habe. – Das ist nicht richtig. Sie müssen ihn genau zitieren. Der Herr Rech­nungshofpräsident hat gesagt, dass es ein Minimalkonsens und ein kleiner Schritt in die richtige Richtung ist. Er hätte sich aber etwas ganz anderes gewünscht, nämlich dass wir genau definieren, was die Länder machen dürfen, was denn risikoavers ist und wo Risiken zu vermeiden sind. Das wollte der Rechnungshof, aber dem wurde nicht entsprochen.


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll203. Sitzung / Seite 86

Schauen wir uns an, wie überhaupt mit dem Rechnungshof umgegangen wird. Da muss ich jetzt leider den letzten Ausschuss ansprechen. Der Rechnungshofpräsident ist dort gesessen, und wir haben darüber gesprochen, dass dem Rechnungshof bei den wichtigen Aufgaben, die er hat, die finanziellen Mittel gestrichen oder zumindest gekürzt wurden. Da hat es eine Riesendiskussion darüber gegeben, ob es denn sein kann, dass die Regierung, die ja vom Rechnungshof kontrolliert wird, der eigenen Kon­trollinstanz die Mittel streicht. Darüber haben wir diskutiert.

Dann hat Herr Stummvoll uns als Opposition ermutigt, doch zu beantragen, dass der Herr Rechnungshofpräsident dort das Wort ergreifen kann. Jemand vom BZÖ hat dann diesen Antrag gestellt. Was ist geschehen? – Die Regierung hat diesen Antrag nieder­gestimmt und damit verhindert, dass der Rechnungshofpräsident im Ausschuss das Wort ergreifen kann. Genau so wird hier gearbeitet.

Sie zitieren hier den Rechnungshofpräsidenten und sagen, dass er wohl oder übel zu­gestimmt hat. Das hat auch einen Hintergrund. Der Hintergrund ist, dass ganz bewusst die Rute ins Fenster gestellt wird, so nach dem Motto: Wenn der Rechnungshof weiter so genau hinsieht, dann wird man sich bei den Unterstützungen etwas überlegen.
Das ist aus meiner Sicht sehr undemokratisch. (Beifall beim Team Stronach sowie des Abg. Strache.)

Schauen Sie, wir könnten uns ja ganz einfach über ein tatsächliches Spekulationsver­bot unterhalten. Dazu müssten wir aber über die Länderinteressen hinweg die Organi­sation übernehmen. Warum? – Sie erinnern sich an 2008. Nach der Finanzkrise, nach­dem unzählige Institute wahnwitzige Spekulationen gemacht haben und das gesamte Weltwirtschaftssystem in Gefahr gekommen ist, hat man gesagt: Diese Institute sollen sich selbst regulieren. Das muss man sich einmal vorstellen! 2008 hat man ein ganzes Jahr lang gewartet, dass sich diese Institute selbst Regeln auferlegen, wie sie auf Gewinne und auf Vorteile verzichten können. Das hat natürlich nicht funktioniert.

Das wird hier auch nicht funktionieren. Es wird doch niemals geschehen, dass die Länder sich selbst beschränken. Wer glaubt denn das hier? Wer glaubt denn, dass die Länder zu uns kommen und sagen: Bitte nehmt uns die Möglichkeit, unser Budget auf­zufetten? Das wird doch nicht geschehen! Die einzige Möglichkeit ist, dass wir den Ländern das mit einem Verfassungsgesetz aufzwingen. (Beifall beim Team Stronach sowie des Abg. Strache.) Aber dazu sind Sie nicht bereit. Sie sind nicht dazu bereit, weil die Landeshäuptlinge so stark sind und hier hereinregieren.

Letztlich wollen Sie ein Verfassungsgesetz machen, das als Placebo wirkt. Dabei geht es um Volksberuhigung, und alle werden so weitermachen wie bisher. Wenn Sie sich dann beschweren, dass wir als Opposition dafür nicht zur Verfügung stehen, dann kann ich Ihnen sagen: Für solche Dinge stehen wir generell nicht zur Verfügung. Ent­weder meinen Sie es ernst und wollen tatsächlich etwas bewegen in diesem Land, oder wir stehen nicht zur Verfügung. Wenn Sie aber etwas Positives und ein tatsäch­liches Spekulationsverbot wollen, dann stehen wir alle, wie wir hier sitzen, zur Verfü­gung. Ich habe von der Opposition kein einziges Wort gehört, dass nicht alle hinter die­sem Spekulationsverbot stehen würden, wenn es auch eines ist.

Deshalb: Streuen Sie uns keinen Sand in die Augen! Versuchen Sie nicht, etwas mit ei­nem Placebo zu erreichen, sondern machen Sie ein ordentliches Gesetz! Binden Sie vor allem den Rechnungshofpräsidenten ein, denn er weiß, wovon er spricht! – Vielen Dank. (Beifall beim Team Stronach. – Zwischenruf der Abg. Silhavy.)

12.43


Präsident Fritz Neugebauer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Mag. Widmann. – Bitte.

 



Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll203. Sitzung / Seite 87

12.44.02

Abgeordneter Mag. Rainer Widmann (BZÖ): Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren im Plenum! Wer hebt denn in Österreich die Steuern ein? Wer hat denn die Steuerhoheit? – Es ist der Bund, oder? Die Länder geben es dann aus, spe­kulieren damit, und wir haben keine Kontrolle. Ja kann denn das sein?

Dann fällt der Regierung nichts Besseres ein, als dass Kollege Cap meint, die Oppo­sition wäre unintelligent. Kollege Klubobmann Kopf meint, wir sollten das wegen Erfolg­losigkeit einstellen. Unintelligent ist die Regierung, die nicht arbeitet. Erfolglos ist die Regierung der ÖVP und der SPÖ, die das Thema nicht endlich abhandelt. (Zwischen­ruf des Abg. Jakob Auer.) Die Menschen wollen, dass man Fakten schafft, dass man ein echtes Spekulationsverbot umsetzt. Kollege Auer! Das machen Sie nicht. Das ver­weigern Sie uns. Sie machen das auf vielen Ebenen, und die Menschen verstehen das nicht.

Beim Wohnbauskandal wurde in Niederösterreich verspekuliert: Es hat 8 Milliarden € Kapital gegeben. Was ist übriggeblieben? – Ein Minus von 650 Millionen €, sagt der Rechnungshof. Dann sind es genau Sie und die SPÖ, die dem Rechnungshofpräsiden­ten auf meinen Antrag hin das Wort im Ausschuss verbieten, also Redeverbot erteilen. Wo sind wir denn? Sie von der ÖVP sind es dann, die über den Rechnungshofpräsi­denten herziehen und sagen: Der kennt sich nicht aus. Kennt ihr euch aus? – Ihr ver­spekuliert ja nur das Geld.

Dasselbe in Rot haben wir in Salzburg erlebt: auch dort ein riesiger Spekulationsskan­dal, Neuwahlen, eine Abfuhr für Rot und Schwarz. Was macht ihr daraus? – Ihr sitzt grinsend hier und sagt: Nein, die Opposition blockiert. – Dem ist nicht so. Die Regie­rung blockiert.

So geht das auch in Linz weiter, wo der Swap-Skandal 450 Millionen € Steuergeld hin­weggeschwemmt hat und das Geld hinten und vorne in diesem Land fehlt.

Sie sind nicht nur hier erfolglos. Sie blubbern seitens der ÖVP jetzt im Vorwahlkampf auch von Steuersenkung. Die SPÖ meint, das Wohnen muss billiger werden. Wo sind denn Ihre konkreten Anträge? Wo sind die Umsetzungen? Sie machen den Menschen ein X für ein U vor und belügen sie. (Präsident Neugebauer räuspert sich.) – Herr Prä­sident, ich habe es gehört. Sie setzen sich einfach nicht durch. Sie sind in Wirklichkeit Ankündigungsriesen, aber Umsetzungszwerge. Sie bringen nichts zustande.

Wir waren beim Spekulationsverbot bereits sehr weit. Wir sind auch seitens der Op­position sehr weit gegangen. Wir haben uns darauf geeinigt, dass man das Spekula­tionsverbot in die Verfassung schreibt. Wir haben uns auf die ÖBFA-Richtlinien ge­einigt. Wir haben uns auf Verordnungen der Finanzministerin geeinigt. Aber es waren im Detail noch gewisse Dinge zu regeln, damit die Landeshauptleute nicht selbst fest­schreiben, was Spekulation ist und was nicht.

Genau das geschieht jetzt in Niederösterreich oder in Vorarlberg. Da setzt dann die Landesregierung oder der Landtag fest, was Spekulation ist und was nicht. Wollen Sie das wirklich, dass sich in Wirklichkeit nichts ändert? Wollen Sie ein Placebo-Papier ha­ben? Wollen Sie ein Landesgesetz, neunmal unterschiedlich geregelt, durch das in Wahrheit nicht verhindert wird, dass auch in Zukunft teures Steuergeld, Wohnbaugeld verspekuliert wird, das die Menschen draußen dringend benötigen würden? Wollen Sie das nicht verhindern? In Wirklichkeit müsste man, wenn so ein Schmarren auf Län­derebene geschieht, hergehen, den Landtagen die Gesetzgebung wegnehmen und hier ordentliche Gesetze machen. (Beifall beim BZÖ.)

Ich zitiere aus einem Zeitungsartikel der „Salzburger Nachrichten“ vom 26. Februar: „SPÖ-Finanzsprecher Kai Jan Krainer ist überzeugt davon, dass zumindest drei bis


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vier Parteien im Plenum dem Gesetzesentwurf zustimmen werden. ,Wenn einige Län­der die neuen Regelungen nicht bejubeln, ist das für mich nicht entscheidend.‘“

Offenbar ist es aber doch entscheidend für die SPÖ, nicht in Vorschub zu gehen und das Gesetz entsprechend umzusetzen.

Wir haben immer gesagt: Punkt eins: Spekulationsverbot in die Verfassung. Punkt zwei: ein einheitliches Haushaltsrecht, damit man die Länder auch vergleichen kann, damit wir wissen, wie es mit den Schulden wirklich ausschaut, wie es mit den Haf­tungen ausschaut et cetera. All das ist mit hineingepackt und wird ja auch von der EU vorgegeben und verlangt.

Wir haben auch verlangt, dass der Rechnungshofpräsident da eingebunden wird. Wir haben gesagt: Wenn der Rechnungshofpräsident sagt, dass das im Prinzip eine gute Sache ist, dann können wir dem auch zustimmen. Wir sind ja mit dem Ganzen fast fertig gewesen, und Sie haben das alles letztlich verbockt.

Was wir nicht brauchen, sind diese neun Länderregelungen als reines Placebo. Sie umfassen auch die Gemeinden nicht, das kommt ja dazu. Die Länder können die Ge­meinden nicht binden. Das haben Sie noch gar nicht diskutiert. Also wozu brauchen wir diesen Schmarren? – Wir brauchen ihn wirklich nicht. Sie haben zugesehen, wie die Länder das Geld verspekuliert haben. Dann haben die Länder – namentlich Häupl und Pröll – blockiert, und jetzt lassen Sie sich verhöhnen.

Ich würde mir eine Regierung erwarten, die handlungsfähig ist, eine Regierung, die Leadership zeigt, eine Regierung, die sagt: Beim Verspekulieren von Steuergeldern gibt es null Toleranz. Ich erwarte mir eine Regierung, die das umsetzt, und die fehlt weit und breit in diesem Land. (Beifall beim BZÖ.)

12.49


Präsident Fritz Neugebauer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Podgorschek. – Bitte.

 


12.49.04

Abgeordneter Elmar Podgorschek (FPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Geschätzte Damen und Herren auf der Zuschauertribüne! Wir haben jetzt das dritte Mal eine Ein­wendungsdebatte bezüglich des Spekulationsverbots und sind um keinen Schritt wei­tergekommen.

Dann hört man Herrn Klubobmann Cap sagen: Dies ist kein Anliegen der Opposition. – Wenn es kein Anliegen der Opposition wäre, dann würden wir diese Debatte nicht füh­ren. (Beifall bei der FPÖ sowie des Abg. Bucher.)

Warum stimmen Sie dem Ganzen nicht zu, es in den Ausschuss rückzuverweisen, um seriös und sinnvoll darüber zu verhandeln? Dabei geht es aus unserer Sicht jetzt gar nicht so um Begriffe – ob das jetzt risikoavers oder mündelsicher sein soll –, sondern letzten Endes ausschließlich um den Inhalt. In Zukunft soll keine Spekulation mehr möglich sein, und zwar sowohl auf Bundes-, Landes- als auch Gemeindeebene. Das muss letzten Endes das angestrebte Ziel sein. (Beifall bei der FPÖ.)

Bei den Formulierungen, die uns derzeit vorliegen, sind nach wie vor Spekulationen mit Wohnbaugeldern möglich. Das heißt, der Landeshauptmann von Niederösterreich kann immer noch mit seinen Wohnbaugeldern spekulieren. (Ruf bei der ÖVP: So ein Blöd­sinn!) Ich glaube nicht, dass man von uns als Opposition verlangen kann, dass wir dem zustimmen.

Das Nächste: Es ist zum Beispiel jederzeit möglich, dass man Landesgesellschaften, sogenannte Finanzierungsagenturen gründet. Das geht herunter bis auf die Gemeinde­ebene, wo dann die Finanzierung ausgelagert wird. Die können dann letzten Endes


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll203. Sitzung / Seite 89

munter drauflos spekulieren. Es ist ein ganz zahnloser Tiger, der hier beschlossen wer­den sollte.

Es ist natürlich das Argument gekommen, dass der Herr Rechnungshofpräsident das durchaus positiv beurteilt. Ja, der Herr Rechnungshofpräsident beurteilt vor allem den Entwurf des § 16. § 16 beinhaltet das einheitliche Rechnungswesen von Bund, Län­dern und Gemeinden. Das wäre ein Instrument zur durchläufigen Kontrolle. Dadurch könnten einzelne Gebietskörperschaften Schulden nicht mehr verstecken, und der Rechnungshof könnte wirklich seinem Auftrag gemäß kontrollieren. Das will der Herr Rechnungshofpräsident. Er hat bei den Verhandlungen letzten Endes gesagt, er könn­te dann auch mit § 17 leben, weil er mit dem Instrument des § 16 – sprich mit dem ein­heitlichen Rechnungswesen – die Möglichkeit hätte, Missstände aufzuzeigen. Uns ist das aber zu wenig. Wir wollen, dass Spekulation nicht mehr möglich ist, und daher leh­nen wir § 17 ab. (Beifall bei der FPÖ.)

Meine sehr geehrten Damen und Herren, ich habe das letzte Mal hier bei der gleichen Debatte gesagt, dass wir sofort bereit sind, diesem § 16 zuzustimmen. Wir werden auch einen diesbezüglichen Antrag einbringen. Dann werden wir sehen. Das wird die Nagelprobe für die Regierung sein, ob sie es wirklich ernst nimmt, ob sie wirklich ein einheitliches Rechnungswesen und damit die Voraussetzung dafür schaffen kann, dass der Rechnungshof kontrollieren kann.

§ 17 ist leider bei den jetzigen Vorlagen dabei. Die Kontrolle des Rechnungshofes ist beschränkt, und diese ausgelagerten Rechtsträger können nach wie vor spekulieren. Das ist für uns der Knackpunkt. Solange das nicht repariert oder in einem dementspre­chenden Entwurf drinnen ist, können wir dem nicht zustimmen.

Daher noch einmal: zurück in den Ausschuss, ordentliche dementsprechende Vor­schläge! Dann sind wir natürlich auch als Opposition dabei. Dass wir sehr wohl daran interessiert sind, dass es zu einer Lösung kommt, beweist ja, dass unser Klubobmann sowohl an Klubobmann Cap als auch an Klubobmann Kopf ein Schreiben gerichtet hat. Wir haben uns die Mühe gemacht, einen Vorschlag zu unterbreiten. Es ist einmal eine Basis, auf der man aufbauen und über die man sprechen kann. Aber leider sind die Gegenvorschläge derzeit einfach noch nicht so brauchbar, dass ich sage: Es ist mög­lich, dass wir dem zustimmen.

Zum Schluss noch einmal: Stimmen Sie dem § 16 zu! Der § 16 wäre der erste Schritt zu einem einheitlichen Rechnungswesen. Dann wäre auch die Spekulation nicht mehr so leicht möglich, beziehungsweise wäre es dem Rechnungshof endlich einmal mög­lich, dass er die wahren Schulden erkennt, die in unserem Land stecken. Ich glaube, dass dann keine Gemeinde und kein Land mehr Schulden verstecken kann, und der Rechnungshof hätte endlich einmal ein Instrument, mit dem er kontrollieren kann. Das wäre wirklich ein Schritt, der in die richtige Richtung geht. Unterstützen Sie daher unse­ren Antrag! (Beifall bei der FPÖ.)

12.54


Präsident Fritz Neugebauer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Mag. Ross­mann. – Bitte.

 


12.54.34

Abgeordneter Mag. Bruno Rossmann (Grüne): Herr Präsident! Es ist davon auszu­gehen, dass ein Spekulationsverbot natürlich etwas ist, das alle hier im Raum wollen. Davon gehe ich einmal aus. Wir von den Grünen wollen aber eine Regelung haben, die wasserdicht ist, die überprüfbar und kontrollierbar ist.

Im § 17 der Finanzverfassung soll nun eine neue Passage eingeführt werden, die auf ein Spekulationsverbot, auf eine risikoaverse Finanzgebarung, hinausläuft und einige


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll203. Sitzung / Seite 90

Geschäfte ganz explizit benennt. Es muss aber an dieser Stelle gesagt werden, dass eine Transaktion in diesem § 17 nicht enthalten ist, nämlich die Veräußerung von Lan­desvermögen, die Veräußerung von Bundesvermögen.

Es kann natürlich nicht so sein, dass in diesem Gesetz gesagt wird, dass Veräuße­rungen von Landes- oder Bundesvermögen nicht mehr erfolgen dürfen. Aber es muss vollständig klargestellt werden, wie im Hinblick auf Veranlagungen zu verfahren ist, wenn es zu Veräußerungen von Landes- oder Bundesvermögen kommt. Da vermisse ich eine klare Regelung.

Mit anderen Worten: Solange es diese Bestimmungen nicht gibt, wird dieser § 17 löch­rig bleiben, und solange wird auch die Spekulation à la Niederösterreich mit den Wohn­bauförderungsgeldern möglich sein. (Zwischenruf des Abg. Rädler.) Meine Damen und Herren von der ÖVP! Das wollen wir ausschließen. (Ruf bei der ÖVP: Aber die Grünen haben zugestimmt!) Reden Sie einmal mit Ihrem Herrn Landeshauptmann und sagen Sie ihm, dass wir eine wasserdichte Lösung haben wollen und keine Lösung, die löchrig ist wie ein Emmentaler Käse! (Beifall bei den Grünen. – Weitere Zwischenrufe bei der ÖVP.)

Zweiter Punkt: Dieser § 17 sieht eine bundeseinheitliche Regelung vor. Aber mit der Artikel-15a-Vereinbarung wird von einer bundeseinheitlichen Lösung genau abgegan­gen, weil nämlich die Deutungshoheit darüber, was risikoavers sein soll, den Bundes­ländern überlassen wird. In einigen Ländern haben wir ja schon gesehen, was in den Ausführungsgesetzen zu dieser Artikel-15a-Vereinbarung drinnen steht. – Nichts!

Wenn Herr Stummvoll mir einreden will, dass es klar ist, was risikoavers ist, muss ich sagen: leider nein. Was ist risikoavers? – Es wäre selbst ein risikobehafteter Vorgang, wenn ich 10 000 € nehmen würde, zu einer Bank gehen und sie zum Eckzinssatz an­legen würde. Das ist ein spekulativer Vorgang. Sie wollen mir allen Ernstes einreden, dass es völlig klar ist, was risikoavers ist? – Nein! Daher haben wir immer gesagt: Wir wollen die Grundsätze, was risikoavers bedeutet, in die Finanzverfassung mit aufneh­men und die Deutungshoheit nicht den Bundesländern überlassen.

Ein weiterer Aspekt betrifft die Kontrolle, den § 16 in der Finanzverfassung. Diese Fi­nanzverfassung ist aus dem Jahr 1948, also 65 Jahre alt. Mit dieser Finanzverfassung müssen wir, glaube ich, im 21. Jahrhundert ankommen. Dort gibt es eine Ermächtigung der Finanzministerin, gemeinsam mit dem Rechnungshof über Form und Gliederung von Voranschlägen und Rechnungsabschlüssen zu sprechen. Wir müssen aber über die Inhalte sprechen, nicht über Form und Gliederung. Denn wenn wir keine Kontroll­möglichkeit haben, dann ist jedes Spekulationsverbot, das in § 17 oder sonst wo veran­kert wird, völlig nutzlos.

Ja, Herr Kollege Stummvoll, es reicht eben genau nicht aus, die Transaktionen an den Rechnungshof oder an das österreichische Koordinationskomitee zu melden. Was bringt mir das? – Das bringt mir gar nichts. Ich muss wissen, wie sich die dahinter stehenden Finanztransaktionen in ihren Vermögensbeständen entwickelt haben. Erst das ermöglicht mir die Kontrolle, und dazu brauche ich eben ein modernes Rech­nungswesen. Genau dieses Rechnungswesen haben wir bislang nicht zustande ge­bracht.

Wieder wurde im § 16 der Weg gegangen, dass man sagt: Übertragen wir das wieder in eine Artikel-15a-Vereinbarung und überlassen wir die Deutungshoheit, wie ein Haus­haltsrecht, ein doppisches Haushaltswesen, ausschauen soll, wieder den Ländern und Gemeinden, obwohl wir auf Bundesebene ein neues Haushaltsrecht haben, das heuer in Kraft getreten ist, wo wir Maß nehmen könnten. Aber das tun wir nicht.

Warum tun wir das nicht? – Weil wir kein Vertrauensverhältnis zwischen Bund und Ländern haben. Zwischen Bund und Ländern herrscht eine Vertrauenskrise. Wir ken-


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll203. Sitzung / Seite 91

nen das aus dem Finanzausgleich. Solange wir in Föderalismusfragen – und das ist auch eine eminente Föderalismusfrage – nicht zu einer Lösung kommen, bei der wir von alten Denkmustern Abschied nehmen und ein neues Vertrauensverhältnis auf­bauen, den Föderalismus neu aufbauen, werden wir auch zu keiner sinnvollen und wasserdichten Regelung des Spekulationsverbots kommen. – Danke sehr. (Beifall bei den Grünen.)

12.59


Präsident Fritz Neugebauer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Grosz. – Bitte.

 


13.00.02

Abgeordneter Gerald Grosz (BZÖ): Sehr geehrte Damen und Herren! Die Politik hat aus den Spekulationsskandalen einer zockenden Landeshauptfrau und schwarzer Lan­desräte in Salzburg, aber auch aus dem Spekulationsskandal eines Herrn Pröll rund um die Hypo in Niederösterreich nichts gelernt. Das ist heute einmal mehr feststellbar. Dieses Haus, die Bundesgesetzgebung soll einmal mehr der nützliche Idiot, der Prü­gelknabe für die Länder sein, die uns in die Schuhe schieben, dass wir kein Speku­lationsverbot wollen. (Präsident Dr. Graf übernimmt den Vorsitz.)

Aber Sie, sehr geehrte Damen und Herren von SPÖ und ÖVP, blockieren hier mit Vor­satz seit Monaten ein Spekulationsverbot. Sie blockieren ja sogar die Verhandlungen darüber, sehr geehrte Damen und Herren. Kollege Cap, wie ehrlich Sie Ihre Sonntags­reden hier meinen, werden wir merken, wenn wir jetzt Beschluss darüber fassen, ob wir das Spekulationsverbot auf die Tagesordnung nehmen oder nicht. Da werden Sie einmal mehr sagen: Es kommt nicht in Frage. (Abg. Mag. Kogler: Wieso eigentlich?) Aus lauter Angst vor den Häupls und den Prölls dieser Erde retten Sie sich lieber die nächsten Monate über die Wahl hinaus und lassen sich von den Landeshauptleuten auch noch sagen, dass die Bundesgesetzgebung nichts zustande bringt, anstatt dass wir dieses längst notwendige Spekulationsverbot in Österreich hier auf parlamentari­scher Ebene, auf demokratischer Ebene verhandeln und auch beschließen.

Alle Oppositionsredner, beginnend bei unserem Klubobmann Josef Bucher, haben heute einmal mehr – im Protokoll nachlesbar – signalisiert, dass wir diesem Spekula­tionsverbot, wenn es ein Verbot ist, das seinen Namen auch verdient, selbstverständ­lich zustimmen. Es ist ja Inhalt unserer Forderung, unserer Programmatik, dass wir in Österreich der Spekulation mit Steuergeldern einen Riegel vorschieben. Es geht nicht an, dass das wertvolle Steuergeld der Österreicherinnen und Österreicher, der Arbeit­nehmerinnen und Arbeitnehmer, der Wirtschaftstreibenden in diesem Land auf dem Al­tar der internationalen Spekulation geopfert wird.

Sie, sehr geehrte Damen und Herren von Rot und Schwarz, haben aus diesen Skanda­len aus dem Bundesland, aus dem heute sehr viele Besucher hier sind, aus der Stei­ermark, nichts gelernt. Wo ist denn die Konsequenz aus dem Spekulationsskandal in Trieben, wo Millionen Euro an Gemeindebudget verloren gegangen sind? Wo ist denn die Konsequenz aus dem Spekulationsskandal in Fohnsdorf, einer pleitegegangenen Gemeinde? (Abg. Mag. Kogler: Hartberg!) Wo ist denn die Konsequenz – danke, Kol­lege Kogler – aus dem Spekulationsskandal einer schwarzen Gemeinde wie Hartberg? Das wollen Sie alles nicht. Sie wollen, dass Ihre Bürgermeister, die sich in Ihrem Machtklüngel bewegen, Ihre Landeshauptleute weiterhin ihre Veranlagungen durchfüh­ren, die schändlich und volkswirtschaftlich schädlich sind.

Bis heute, sehr geehrte Damen und Herren von Rot und Schwarz, können Sie uns nicht erklären, wie hoch der volkswirtschaftliche Schaden dieser Spekulationen seit dem Jahr 2008 überhaupt ist. Wenn wir allein Salzburg und Niederösterreich herneh­men – ohne alle anderen Spekulationsskandale von landeseigenen Unternehmungen, von gemeindeeigenen Unternehmungen, die aus der öffentlichen Kontrolle ausgeglie-


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dert sind, die noch unter der Tuchent schlummern, mitzurechnen –, dann bewegt sich die Schadenssumme in Milliardenhöhe. Auf der anderen Seite versuchen Sie, durch Steuererhöhungen, durch Gebühren- und Abgabenerhöhungen wieder Geld hereinzu­bekommen.

Kollege Stummvoll, Sie haben gemeint, die Opposition befinde sich in der Rechnungs­hoffalle. Der Rechnungshof steht über den Dingen. Der Rechnungshof hat als objekti­ves, gutes und wertvolles Instrument dieses Nationalrates eindeutig festgestellt, wie wichtig ein Spekulationsverbot ist. Der Rechnungshof befindet sich hier in guter Ge­sellschaft mit der Opposition, denn so wie wir sagt er eindeutig, dass nur ein Speku­lationsverbot, das auch seine Wirksamkeit entfalten kann, ein Spekulationsverbot ist, mit dem wir der Vergangenheit Herr werden.

Das, was Sie hier wollen, ist eine Placebo-Lösung, die Sie der Opposition vorgelegt ha­ben, um ja nicht bei Ihren Landeshauptleuten anzuecken. Was ist das überhaupt für ein Selbstverständnis? Wie fühlen Sie sich von Rot und Schwarz eigentlich dabei, dass Sie hier die Marionetten von Landeshauptleuten abgeben? Sind Sie noch Bestandteil der Bundesgesetzgebung oder befinden Sie sich in Geiselhaft von Landeshauptleuten, die – beginnend beim Vorarlberger Landeshauptmann – der Bundesgesetzgebung bei jeder Gelegenheit ausrichten, dass sie ohnedies nichts zustande bringt?

Zeigen wir den Landeshauptleuten doch mit dem heutigen Tag, dass wir etwas zustan­de bringen! Setzen wir den Mechanismus einer parlamentarischen Verhandlung über das längst notwendige Spekulationsverbot in Gang! Seien wir tatsächliche Anwälte der Steuerzahler und geben wir es nicht nur in Sonntagsreden vor, um auf der anderen Seite alles zu verhindern, womit Steuergeld in diesem Land gespart werden könnte! (Ruf bei der ÖVP: Wahnsinn!)

Ich frage Sie, sehr geehrte Damen und Herren: Wessen Anwälte sind Sie? Sind Sie die Anwälte der Spekulantinnen und Spekulanten? Sind Sie die Anwälte der mitkassieren­den Banken? Oder sind Sie hier die Anwälte der Steuerzahlerinnen und Steuerzahler, die für solche Malversationen genug gezahlt haben? Wir werden nicht müde werden, dieses Spekulationsverbot auch in den nächsten Monaten im Nationalrat zu thematisie­ren. (Beifall beim BZÖ.)

13.05

13.05.10

 


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Zu Wort ist dazu niemand mehr gemeldet. Ich schließe daher die Debatte.

Wir gelangen zur Abstimmung.

Ich ersuche jene Abgeordneten, die den Einwendungen Rechnung tragen wollen – das heißt, die für die Aufnahme der Vorlagen 2131 der Beilagen bis 2187 der Beilagen als Tagesordnungspunkte 1 bis 5 stimmen –, um ein Zeichen der Zustimmung. – Das ist die Minderheit und somit abgelehnt.

Damit bleibt es bei der schriftlich mitgeteilten Tagesordnung für die heutige Sitzung.

13.05.56Einlauf und Zuweisungen

 


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Hinsichtlich der eingelangten Verhandlungsgegen­stände und deren Zuweisungen verweise ich gemäß § 23 Abs. 4 der Geschäftsord­nung auf die im Sitzungssaal verteilte Mitteilung.

Die schriftliche Mitteilung hat folgenden Wortlaut:

A. Eingelangte Verhandlungsgegenstände:

1. Schriftliche Anfragen: 14728/J bis 14790/J;


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll203. Sitzung / Seite 93

2. Anfragebeantwortungen: 13957/AB bis 14014/AB;

3. Regierungsvorlagen:

Emissionsschutzgesetz für Kesselanlagen – EG-K 2013 (2321 d.B.),

Schiedsrechts-Änderungsgesetz 2013 – SchiedsRÄG 2013 (2322 d.B.),

Bundesgesetz, mit dem das Pflegefondsgesetz geändert wird (2323 d.B.),

Bundesgesetz, mit dem das Land- und forstwirtschaftliche Berufsausbildungsgesetz und das Landarbeitsgesetz 1984 geändert werden (2324 d.B.).

B. Zuweisungen:

1. Zuweisungen seit der letzten Sitzung gemäß §§ 32a Abs. 4, 74d Abs. 2, 74f Abs. 3, 80 Abs. 1, 100 Abs. 4, 100b Abs. 1 und 100c Abs. 1:

Immunitätsausschuss:

Ersuchen des Landesgerichtes Klagenfurt (19 Hv 24/13i) um Zustimmung zur behördli­chen Verfolgung des Abgeordneten zum Nationalrat Josef Bucher wegen des Ver­dachtes einer strafbaren Handlung nach § 111 Abs. 1 und 2 StGB und § 152 Abs. 1 StGB,

Ersuchen des Landesgerichtes Klagenfurt (19 Hv 23/13t) um Zustimmung zur behördli­chen Verfolgung des Abgeordneten zum Nationalrat Josef Bucher wegen des Ver­dachtes einer strafbaren Handlung nach § 111 Abs. 1 und 2 StGB,

Ersuchen des Landesgerichtes Klagenfurt (19 Hv 24/13i) um Zustimmung zur behördli­chen Verfolgung des Abgeordneten zum Nationalrat Stefan Petzner wegen des Ver­dachtes einer strafbaren Handlung nach § 111 Abs. 1 und 2 StGB und § 152 Abs. 1 StGB,

Ersuchen des Landesgerichtes Klagenfurt (19 Hv 23/13t) um Zustimmung zur behördli­chen Verfolgung des Abgeordneten zum Nationalrat Stefan Petzner wegen des Ver­dachtes einer strafbaren Handlung nach § 111 Abs. 1 und 2 StGB;

Ausschuss für Petitionen und Bürgerinitiativen:

Bürgerinitiative Nr. 65 betreffend „Änderung des passiven Wahlrechts in der ÖH für Nicht-EWR-Studierende“,

Bürgerinitiative Nr. 66 betreffend „Alle Kinder sind unsere Kinder!“;

2. Zuweisungen in dieser Sitzung:

a) zur Vorberatung:

Bautenausschuss:

Antrag 2285/A(E) der Abgeordneten Dipl.-Ing. Gerhard Deimek, Kolleginnen und Kol­legen betreffend umfassende Transparenz für Mieter im gemeinnützigen Wohnbau,

Antrag 2286/A(E) der Abgeordneten Dipl.-Ing. Gerhard Deimek, Kolleginnen und Kol­legen betreffend Engagement der Europäischen Investitionsbank im gemeinnützigen Wohnbau,

Antrag 2287/A(E) der Abgeordneten Mag. Albert Steinhauser, Kolleginnen und Kolle­gen betreffend Auslichten des Betriebskostenkatalogs;

Ausschuss für innere Angelegenheiten:

Bundesgesetz, mit dem das Staatsbürgerschaftsgesetz 1985 geändert wird (2303 d.B.),


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll203. Sitzung / Seite 94

Antrag 2283/A(E) der Abgeordneten Josef Jury, Kolleginnen und Kollegen betreffend Rufnummernunterdrückung bei der Exekutive;

Justizausschuss:

Bundesgesetz, mit dem das Gerichtsorganisationsgesetz und das Rechtspraktikanten­gesetz geändert werden (2306 d.B.),

Sexualstrafrechtsänderungsgesetz 2013 (2319 d.B.);

Ausschuss für Land- und Forstwirtschaft:

Antrag 2281/A(E) der Abgeordneten Dipl.-Ing. Dr. Wolfgang Pirklhuber, Kolleginnen und Kollegen betreffend bienengefährliche Neonicotinoide: Imker entschädigen, Land­wirtInnen beim Ausstieg unterstützen,

Antrag 2282/A(E) der Abgeordneten Harald Jannach, Kolleginnen und Kollegen betref­fend „Vereinheitlichung des Sachkundenachweises“,

Antrag 2289/A(E) der Abgeordneten Josef Bucher, Kollegin und Kollegen betreffend sofortiges Verbot von Neonicotinoid-Insektiziden zum besseren Schutz der Bienen und der Umwelt;

Umweltausschuss:

Antrag 2288/A der Abgeordneten Dr. Gabriela Moser, Kolleginnen und Kollegen betref­fend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz über die Erfassung von Umge­bungslärm und über die Planung von Lärmminderungsmaßnahmen (Bundes-Umge­bungslärmschutzgesetz – Bundes-LärmG) geändert wird;

Unterrichtsausschuss:

Antrag 2284/A(E) der Abgeordneten Dr. Walter Rosenkranz, Kolleginnen und Kollegen betreffend Gleichstellung des VS-Oberstufen-Abschlusses mit dem Abschluss der NMS/HS;

b) zur Enderledigung im Sinne des § 28b GOG (vorbehaltlich der endgültigen Entscheidung des Ausschusses):

Ausschuss für Wirtschaft und Industrie:

Tätigkeitsbericht 2012 der Energie-Control Austria, vorgelegt vom Bundesminister für Wirtschaft, Familie und Jugend (III-416 d.B.).

*****

Behandlung der Tagesordnung

 


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Es ist vorgeschlagen, die Debatte über die Punkte 2 und 3, 4 bis 6, 9 und 10, 12 bis 14, 16 bis 19 sowie 21 bis 23 der Tagesordnung jeweils zusammenzufassen.

Wird dagegen eine Einwendung erhoben? – Das ist nicht der Fall.

Wir gehen in die Tagesordnung ein.

Redezeitbeschränkung

 


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Zwischen den Mitgliedern der Präsidialkonferenz wurde Konsens über die Dauer der Debatten erzielt. Demgemäß wurde eine Tages­blockzeit von 7,5 „Wiener Stunden“ vereinbart. Entsprechend der vorläufigen Neuver-


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teilung der Redezeit innerhalb einer „Wiener Stunde“ ergeben sich für 7,5 „Wiener Stunden“ folgende Redezeiten: SPÖ und ÖVP je 105 Minuten, FPÖ 94 Minuten, Grüne 83 Minuten, BZÖ 71 Minuten sowie STRONACH 60 Minuten.

Wir kommen sogleich zur Abstimmung über die eben dargestellten Redezeiten.

Ich ersuche jene Damen und Herren, die diesem Vorschlag zustimmen, um ein Zei­chen. – Das ist einstimmig angenommen.

13.07.191. Punkt

Bericht des Unterrichtsausschusses über den Nationalen Bildungsbericht Öster­reich 2012, vorgelegt von der Bundesministerin für Unterricht, Kunst und Kultur (III-382/2283 d.B.)

 


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Wir gelangen nun zum 1. Punkt der Tagesordnung.

Auf eine mündliche Berichterstattung wurde verzichtet.

Zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Mayer. Wunschgemäß sind 6 Minuten Redezeit eingestellt. – Bitte.

 


13.07.52

Abgeordneter Elmar Mayer (SPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Geschätzte Frau Ministerin! Werte Kolleginnen und Kollegen! Ich darf zunächst aus tiefster Überzeu­gung zu diesem zweiten Nationalen Bildungsbericht gratulieren, der nicht nur informativ und selbstkritisch, sondern auch visionär ist, weil er, wie ich meine, auch sehr breit aufgefächert ist. Es sind auch die Bildungssprecher aller Fraktionen bei der Erstellung, bei der Themenerarbeitung – welche Themen wir hier bearbeitet haben wollen – mit eingebunden worden.

Ich meine, der erste Teil dieses Nationalen Bildungsberichts ist überaus informativ. Er ist für jeden, der sich mit Bildungspolitik nur am Rande beschäftigt, ein Nachschlage­werk, ganz besonders dann, wenn er Diskussionen, die die Bildungspolitik betreffen, zu bestreiten hat. Der Bericht ist ein unverzichtbares Nachschlagewerk mit Details zu al­lem, was die Bildungslandschaft in unserem Land betrifft.

Der Bericht ist kritisch, durchaus auch selbstkritisch, was die Analyse im zweiten Teil betrifft, wo in wissenschaftlichen Abhandlungen die wichtigen Problemfelder, die wir gemeinsam erarbeitet haben, dargestellt werden. Aus meiner Sicht ist dieser Bericht auch ein Garant dafür, dass es in Zukunft zu keinem Stillstand in der Bildungspolitik mehr kommen kann, denn dieser Bericht reibt zu sehr auf, fordert zu sehr auf, laufend Maßnahmen zu setzen.

Und schlussendlich: Der Bericht ist visionär. Ich meine, visionär in dem Sinn, dass wir alle von der Vision ausgegangen sind – ich erinnere bei bildungspolitischen Diskus­sionen immer wieder daran und jeder beginnt seine Wortmeldungen damit –, dass unser gemeinsames Ziel ist, dass möglichst kein Kind auf der Strecke bleibt. Wir wollen nach Möglichkeit alle Kinder so fördern, dass sie ihren individuellen Begabungen ent­sprechend auch tatsächlich ihre Chancen im Leben nützen können.

Individuelle Förderung wird in diesem zweiten Teil des Bildungsberichts betont und ist auch unser Leitprogramm. Alle Maßnahmen, die wir hier gemeinsam setzen wollen – und ich verweise auf alles, was wir in den letzten fünf, sechs Jahren bereits gemacht, beschlossen haben –, sind Schritte in diese Richtung.

Wir sind von der Vision zum Programm übergegangen und haben nun in Form dieser Gesetzesinitiativen konkrete Handlungsschritte gesetzt. Da man sehr leicht und sehr


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schnell vergisst, was alles in den letzten fünf Jahren gemacht wurde, möchte ich hier ein paar wichtige Punkte auf diesem Weg zu einer modernen, offenen Schule, die allen Kindern ihre Chancen eröffnet, herausgreifen und in Erinnerung rufen:

Erstens: die kleineren Klassen. Sie kennen die Diskussion über die Klassenschüler­höchstzahl 25, die wir gemeinsam beschlossen haben.

Zweitens: die gezielte und verbesserte Sprachförderung, beginnend im Kindergarten. Hierfür wird den Ländern Geld zur Verfügung gestellt, damit sie ihren Aufgaben im frühpädagogischen Bereich nachkommen können. Es geht nicht nur um die Sprach­standsfeststellung und darum, die Defizite festzustellen, sondern auch darum, Maß­nahmen zu setzen. Die Defizite, die kennen wir, jetzt müssen wir uns fragen: Was kön­nen wir tun? Es sind hier die entsprechenden finanziellen Mittel zur Verfügung gestellt worden.

Drittens: Das kostenlose Nachholen von Bildungsabschlüssen, das hier auch breit dis­kutiert wurde. Das ist, wie ich meine, eine große sozialpolitische Errungenschaft, die auch bildungstechnisch nicht hoch genug eingeschätzt werden kann.

Viertens: Lehre mit Matura – bereits wenige Jahre nach Einführung ein nicht mehr wegzudenkender Teil in unserem Bildungssystem.

Fünftens: die Bildungsstandards für die vierte und achte Schulstufe. Ich weiß, die sind erst beschlossen und noch in der Entwicklung begriffen, aber was wir hier an kompe­tenzorientiertem Unterricht bereits in der Grundschule, in der Volksschule haben wol­len, ist beachtlich. Wie Sie wissen, wollen wir, dass die Kinder beim Verlassen der Volksschule entsprechend lesen, schreiben und rechnen können sowie der freien Sprache mächtig sind. Dazu ist es wichtig, dass man ganz gezielt in Richtung kompe­tenzorientierter Unterricht arbeitet. Das lässt sich mit den Bildungsstandards am besten testen und abfragen – in der vierten und achten Schulstufe.

Sechstens: die Form der modularen Oberstufe. Wir sind noch nicht zu einem Endbild gelangt, wie wir uns eine Oberstufe vorstellen können, aber ganz wichtige Schritte in diesem Kurssystem wurden unternommen. Diese zeigen, wie man in der Oberstufe einzelne Bildungsabschnitte, Module abschließen kann, sich in diesen auch weiterent­wickeln kann. Das betrifft besonders begabte Kinder, die dann übergreifende Module machen können. Das System sieht aber auch vor, dass Nachhilfe, Förderunterricht für Schwächere an der Schule selbst stattfindet. – Sie wissen, worum es geht, wir haben es hier gemeinsam beschlossen.

Das geht bis zur Neuen Matura, die jetzt wieder flächendeckend im ganzen Bundes­gebiet in der Erprobungsphase war, die wir gemeinsam beschlossen haben, weil wir auch hier Kompetenzen sicherstellen wollen. Wir wollen sicherstellen, dass Schüler, die die Reifeprüfung abgeschlossen haben, auch tatsächlich einen Garant für ihre Fä­higkeiten haben und wissen: Ich bin für den nächsten Schritt gerüstet, was auch immer ich in meiner Berufslaufbahn tun möchte – ob das studieren ist, in den Beruf eintreten, was auch immer –, ich weiß, ich bin mit den entsprechenden Kompetenzen ausge­stattet und es ist machbar.

Die Neue Mittelschule ist beileibe noch nicht die gemeinsame Schule. Sie ist aber ein ganz wichtiger Schritt dorthin, wo wir hinwollen, nämlich dass Bewegung in die Se­kundarstufe 1 kommt. Selbst der Tiroler Landeshauptmann ist wachgeküsst und sagt: Wir müssen Maßnahmen setzen. Die Grünen in Tirol bemühen sich jetzt und sagen: Wir müssen aber an einer richtigen gemeinsamen Schule in Richtung Gesamtschule arbeiten. Ich denke, wenn die Grünen in Tirol mit einem ähnlichen Engagement an die Sache herangehen, wie sie es im Nationalrat tun, werden sie es auch in Tirol entspre­chend umsetzen können. Die entsprechenden Konzepte verleiten allerdings noch nicht ganz dazu.


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Ein weiterer wichtiger Punkt ist der Ausbau der ganztägigen Betreuungsformen. Der­zeit ist wieder eine neue Artikel-15a-Vereinbarung in Ausarbeitung. Mit allen neun Bun­desländern haben wir die Mittel – also die vier Mal 80 Millionen € – noch einmal ver­doppelt, damit die Länder tatsächlich in die Lage versetzt werden – und ich sage auch dazu: keine Ausrede mehr haben –, dass tatsächlich ganztägige Betreuungsformen ausgebaut werden können. Das ist eine ganz wichtige und entscheidende Herausfor­derung. Auch hier wird der Bund vorstellig und setzt Maßnahmen um.

Trotzdem wissen wir alle, der Bildungsdampfer bewegt sich langsam, das heißt, die Auswirkungen der Maßnahmen, die wir jetzt alle setzen, sind noch nicht morgen messbar. Ich sage immer, es braucht vermutlich noch fünf bis sechs Jahre, bis man auch anhand der internationalen Standards und Testungen nachweisen kann, was wir hier machen.

Das ist nicht wie bei einem Betrieb, der neuere und schnellere Maschinen, die besser funktionieren, ankauft, und dann sieht man sofort, dass der Output auch ein entspre­chend höherer und besserer ist. Jeder, der sich mit Bildungspolitik befasst, weiß, dass wir diese Zeit brauchen. Die Maßnahmen, die wir gemeinsam gesetzt haben, sind aber die richtigen.

Zum Schluss möchte ich noch einen wichtigen Meilenstein, den wir in einer der nächs­ten Sitzungen beschließen werden, erwähnen, nämlich die neue PädagogInnenausbil­dung. Da darf ich mich neben den beiden Ministerinnen besonders bei Kollegin Corto­lezis-Schlager für die wirklich gute Zusammenarbeit in diesem wichtigen Bereich be­danken.

Wir alle wissen: Die Qualität einer Schule steht und fällt mit den Lehrpersonen, die wir dort haben. Wir brauchen das bestausgebildete Lehrpersonal an den einzelnen Schu­len. Daher ist diese Maßnahme, die wir hier setzen, die wir gemeinsam auf Schiene bringen, gemessen an unseren Möglichkeiten und den äußeren Umständen, glaube ich, hervorragend geglückt. Wir werden später noch die Möglichkeit haben, sehr inten­siv darüber zu reden.

Frau Ministerin, ich wünsche Ihnen auf alle Fälle sehr viel Kraft und sehr viel Glück für die Zukunft und gratuliere Ihnen zu Ihrer bisherigen Arbeit. – Danke. (Beifall bei der SPÖ.)

13.15


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Als nächste Rednerin gelangt Frau Abgeordnete Marek zu Wort. 6 Minuten Redezeit. – Bitte.

 


13.16.01

Abgeordnete Christine Marek (ÖVP): Herr Präsident! Frau Bundesministerin! Meine Damen und Herren! Zunächst möchte ich eine kurze Anmerkung in Richtung des Kol­legen Mayer beziehungsweise eine grundsätzliche Anmerkung zum Bericht selbst ma­chen: Wie aussagekräftig der Bericht für im Bildungsbereich Tätige tatsächlich ist, muss man sich anschauen. Eher hat man das Gefühl, es haben hier Wissenschaftler für Wissenschaftler geschrieben. Der Bericht ist auch sehr fragmentiert, und dadurch ist eine sehr isolierte Betrachtungsweise zustande gekommen. Gerade wenn ein Be­richt in der Erstellung rund 1 Million € kostet, sollte man sich überlegen, bei einem nächsten Bericht einen für im Bildungsbereich Tätige und Aktive wirklich verwendba­ren zu erstellen.

Kollege Mayer, du hast gesagt, die Bildungssprecher wurden hier voll involviert und eingebunden. Ganz so stimmt es nicht. Die Bildungssprecher wurden im zweiten Halb­jahr letzten Jahres über die Inhalte und die Strukturen informiert. (Abg. Elmar Mayer: Es wurde um Vorschläge angefragt!) Das war es aber auch. (Abg. Elmar Mayer: Was


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sagt Kollege Amon dazu?) Meine Information ist eine andere. Das hat mir mein Vor­gänger Werner Amon auch klar so bestätigt.

Ich komme nun zu den Inhalten, meine Damen und Herren, und vor allem zu den He­rausforderungen, die sich aus den Daten und Informationen im Bildungsbericht erge­ben. Das ist mir ein wesentliches Anliegen.

Zentrale Herausforderung ist die Frage der Lesekompetenz. Hier gibt es echte Baustel­len, und ich glaube, man muss es auch so sagen: Leider wurde ja die „Stabsstelle Le­sen“, die Bundesministerin Gehrer eingeführt hat, um genau die Maßnahmen im Be­reich der Leseförderung zu koordinieren, vor mittlerweile ziemlich genau drei Jahren einfach ersatzlos abgeschafft. Dabei sehen wir im Bildungsbericht ganz klar, dass wir gerade im Bereich der Lesekompetenz wirklichen Handlungsbedarf haben. Wir sehen ein erschreckendes Bild. Wir liegen bei den Leseleistungen maximal im Mittelfeld. Wir haben besonders viele Risikoschülerinnen und Risikoschüler. Hier muss etwas getan werden, denn gerade das Lesen, meine Damen und Herren, ist die zentrale Grund­kompetenz schlechthin, auf der alles Weitere aufbaut.

Wenn jemand nicht lesen kann, kann er Mathematikaufgaben und vieles andere nicht lösen und steht größeren Herausforderungen gegenüber. Das Lesen muss in der Volksschule als zentrale Grundkompetenz vermittelt werden. Die Daten – ein Vergleich des BIFIE mit 13 anderen EU-Staaten – zeigen, dass wir schon bei den Zehnjährigen Schlusslicht sind, wie wir bei der Auswertung der PIRLS-Ergebnisse sehen.

Aber gerade wenn es um das Lesen geht, meine Damen und Herren, braucht es auch die Eltern. Die Eltern sind hier besonders gefordert. Der Bildungsbericht zeigt ja auch ganz klar: Wo zu Hause nicht gelesen wird, wo zu Hause den Kindern nicht vorgelesen wird, dort gibt es besondere Defizite. Hier braucht es mehr Angebot als bisher. Was es bisher gibt, ist eindeutig zu wenig.

Meine Damen und Herren, im Bildungsbereich braucht es generell stärker die Eltern. Die Eltern müssen im Sinne einer echten Erziehungspartnerschaft zwischen der jewei­ligen Bildungsinstitution und dem Elternhaus ins Boot geholt und auch in die Pflicht ge­nommen werden. Ich glaube, auch das muss man dazusagen.

Meine Damen und Herren, ein wesentliches Thema im Bericht ist die Chancengleich­heit. Auch uns ist diese ein ganz zentrales Anliegen. Chancengleichheit heißt aber für uns ganz klar nicht, für jedes Kind das Gleiche, sondern das individuell Beste. Ich glaube, das kann man nicht oft genug betonen. Nur konsequent immer wieder die Ein­heitsschule zu fordern, ist einfach zu wenig. Hier macht der Vergleich mit Gesamt­schulländern auch sicher, meine Damen und Herren. Alleine wenn wir uns Italien oder England anschauen – beide mit Gesamtschulsystemen –, verlieren Kinder zwischen 10 und 14 Jahren – in genau diesem Zeitraum – im internationalen Vergleich in ihren Leis­tungen absolut und wirklich deutlich.

An dieser Stelle möchte ich ganz klar noch einmal betonen, meine Damen und Herren: Wir von der ÖVP bekennen uns ganz klar zu einem differenzierten Schulsystem – das wir natürlich weiterentwickeln müssen – als zentrale Basis, auf der wir weiterbauen.

Nur das bewährte Gymnasium zu zerschlagen und die Einheitsschule für alle einzu­führen ist zu wenig und schafft auch keine Chancengerechtigkeit, sondern im Gegen­teil – und das sieht man ja auch in Ländern, die ein Gesamtschulsystem haben. (Abg. Elmar Mayer: Gymnasium für alle, wie Ihr Vorgänger gesagt hat!)

Für echte Chancengerechtigkeit braucht es Maßnahmen auf verschiedenen Ebenen. Der Ausbau des Angebots an ganztägigen Schulformen ist da ein Punkt. Aber es kann doch nicht sein, hier zu sagen: nur die verschränkte, verpflichtende, nicht flexible Form ist möglich, sondern das muss, wie auch bisher, also in bewährter Form, am jeweiligen


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Standort selbst entschieden werden, denn nur dort weiß man, was die zentralen He­rausforderungen für Kinder und Eltern sind. Der Standort entscheidet autonom, und zwar mit gleichberechtigten Partnern. Und die Lehrer sind da natürlich gleichberech­tigte Partner. Immer wieder die Rute ins Fenster zu stellen und zu behaupten, die Leh­rer blockieren alles, so geht das nicht, denn in Wirklichkeit gibt es keinen einzigen Fall, meine Damen und Herren, wo Lehrer verschränkte Formen verhindert hätten. (Abg. Elmar Mayer: Die Lehrergewerkschaft, nicht die Lehrer! Die schwarze Lehrergewerk­schaft!) Wir reden von Schulautonomie, Kollege Mayer! – Und da ist der Standort ent­scheidend, ebenso natürlich Lehrer und Eltern.

Wir müssen uns die Übergänge anschauen: vom Kindergarten in die Volksschule, dann von der Volksschule in die Sekundarstufe 1. Es geht darum, dass es anhand einer wirklichen Leistungsbeurteilung eine Bildungsempfehlung gibt, sodass die Kinder in die jeweils beste Schule aufsteigen können. Also: Wo ist das Kind aufgrund echter Leistungen?

Die Frage eines Bildungsminimums unterstütze ich absolut, mit voller Durchlässigkeit für den weiteren Bildungs- und Berufsverlauf, also die Bildungs-und Berufskarriere. Da müssen wir ansetzen, meine Damen und Herren.

Die Volksschule weiterzuentwickeln ist eine zentrale Herausforderung, und da bin ich absolut bei meinem Vorredner: Da müssen wir ansetzen, denn dort geht es um die Vermittlung von Basiskenntnissen, auf denen alles Weitere aufbaut. Es geht um das Beherrschen der Unterrichtssprache, und auch da gilt: Nur, wer der Unterrichtssprache echt folgen kann, soll in die Regelschule kommen.

Wir sind für eine bestmögliche Förderung, damit alle Kinder mit den besten Chancen im Bildungssystem versehen werden. – Danke schön. (Beifall bei der ÖVP.)

13.22


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Als nächster Redner gelangt Herr Abgeordneter Dr. Rosenkranz zu Wort. 5 Minuten Redezeit. – Bitte.

 


13.22.32

Abgeordneter Dr. Walter Rosenkranz (FPÖ): Herr Präsident! Frau Bundesministerin! Nun ja: Ein Bildungssystem kann man am Wert der Gleichheit oder an jenem der Freiheit orientieren. – Wir Freiheitlichen meinen, dass ein Bildungssystem am Wert der Freiheit besser orientiert ist als an dem der Gleichheit – eine Gleichheit, die insbeson­dere von der Sozialdemokratie auch im Bildungssystem eingefordert wird. Und da muss ich schon sagen, da kommt bei mir in der letzten Zeit ein gewaltiges Misstrauen auf, ob es nämlich so sinnhaft sein wird, wenn Sozialisten generell etwas machen. Das ist eine Partei, deren Aushängeschilder sozusagen in Europa, so zum Beispiel ein Herr Hannes Swoboda – gemeinsam übrigens mit Frau Ulrike Lunacek –, verlangen, dass Parteien, die die Werte der EU nicht respektieren, mit Strafzahlungen belegt werden. Da geht es nicht um Gesetzesverletzungen – man fährt zum Beispiel zu schnell und bekommt eine Strafe –, sondern um „Werteverletzungen“. (Abg. Gradauer: Unfass­bar! – Abg. Dr. Walser: Der Nationale Bildungsbericht ist das Thema momentan!) – Kollege Walser, ich habe genügend Redezeit, sodass ich Ihnen das alles erklären kann. (Abg. Dr. Walser: Da bin ich ja froh!)

Meinungsfreiheit und Freiheit sind in einem ordentlichen Bildungssystem Werte, die vermittelt werden müssen – und nicht Diktatur, wenn bei Gegenstimmen sozusagen schon Amtsverlust angedroht wird. (Beifall bei der FPÖ.)

Wir brauchen keine Entmündigung der Bürger, kein Abschieben von demokratischen Werten, dem Ausüben der Demokratie, auf sogenannte Votings zur sogenannten Primetime über die Frage, wer besser tanzt, singt oder Akrobatik macht.


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll203. Sitzung / Seite 100

Ich habe von Vorrednern, so etwa von Frau Kollegin Korun, in der heutigen Debatte gehört, die FPÖ stünde vor den Trümmern der Partei – und ich kann dazu nur sagen: Wenn man mit solchen Scheuklappen durch das Leben geht und dann noch dazu der­art privilegiert ist, dass man in einer österreichischen Schule in der Türkei eine gute Ausbildung machen konnte, dann stimmt uns das zuversichtlich, dass der Rückenwind, den die Grünen haben, bei solchen Aktionen nicht mehr lange anhalten wird. (Abg. Mag. Rossmann: Wie war euer Ergebnis in Niederösterreich? Minus wie viel Pro­zent?)

Zur Frage Bildung hat heute auch Herr Bundesminister Hundstorfer das eine oder an­dere gesagt und die Frage aufgeworfen, woran es bloß liege, dass die Lehre, dass der Lehrberuf, dass der Facharbeiter in der öffentlichen Diskussion, in der öffentlichen Mei­nung so schlecht ankommen.

Frau Bundesministerin Schmied, geben Sie Ihrem Fraktions- und Regierungskollegen die Antwort, denn Sie sind es, die dauernd nur davon sprechen, man müsse die Quo­ten in Richtung Matura, in Richtung Studium erfüllen, um ein glückliches und erfülltes Leben haben zu können. Sie selbst, Frau Unterrichtsministerin, sind es, die die Lehre so in Misskredit bringen. Aber vielleicht hat der Herr Minister Hundstorfer da gerade nicht zugehört.

Frau Abgeordnete Marek hat zuvor hier ein Bekenntnis der Österreichischen Volkspar­tei zum differenzierten Schulwesen abgegeben. Ja, ich höre das immer wieder, und ich höre das auch von Ihrem Bundesparteiobmann, und ich höre es natürlich mit einer ge­wissen Befriedigung, weil es die richtige Antwort auf die Probleme, die wir haben, ist. Allerdings ist es in Wirklichkeit schon so: Sobald in Tirol die Landtagswahl geschlagen war und die ÖVP mit den Grünen in eine Koalition gehen möchte, ist von all dem nicht mehr die Rede (Beifall bei der FPÖ), sondern dann soll im Bundesland Tirol auf einmal flächendeckend die Gesamtschule eingeführt werden. (Zwischenrufe des Abg. Dr. Wal­ser.) – Bitte, dass der Kollege Walser keinen Herzinfarkt bekommt!

Solche Regierungsbeteiligungen werden jedenfalls die Nagelprobe für die ÖVP auch in dieser Frage sein.

In diesem Bildungsbericht, einem wirklich umfassenden Zahlenwerk, sind Zahlen und Fakten enthalten, und da kann man schon feststellen – da dieser Bericht ja von einer sozialdemokratischen Ministerin vorgelegt wurde und das von der Sozialdemokratie insgesamt so akzeptiert wurde –, das sind Ihre Zahlen, die Sie hier vorgelegt haben, und ich werde mich daher immer auf Ihre Zahlen stützen.

Jedenfalls: Wir merken, dass dieses Bildungssystem ein teures ist – und das alles im Klassenzimmer leider wenig ankommt.

Ein Unterschied zum Beispiel hinsichtlich der Pro-Kopf-Zahlen: Was die AHS-Unterstu­fe anlangt, ist es so, dass 7 327 € pro Schüler aufgewendet werden; in der Haupt­schule sind es 9 150 €; in Zukunft also auch in der Neuen Mittelschule; das wird ja so eingerechnet. – Das heißt, es wird teurer, ist aber weniger effektiv. Es sieht so aus, als ob im neuen System Schwächen gefördert werden und Begabungen auf der Strecke bleiben. Und das brauchen wir in Österreich wirklich nicht.

Da Kollege Katzian am Beginn seiner Rede gemeint hat, es komme dann die Auslän­derschelte der FPÖ und so weiter, kann ich nur sagen: Man braucht da ohnehin nicht von „Ausländern“ zu sprechen, denn Sie bezeichnen das jetzt immer als „nicht-deut­sche Alltagssprache“.

Lassen wir also die Überschrift „Ausländer“ weg und sagen wir nur „nicht-deutsche All­tagssprache“. Vielleicht ist das Ihrer Ansicht nach „weniger menschenverachtend“, schonender, was auch immer (Abg. Dr. Walser: So sensibel heute?); jedenfalls geht es da nicht um Überschriften, sondern um Tatsachen.


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Und Tatsache ist: In Ballungszentren mit über 50 000 Einwohnern – so in Wien – ha­ben wir in den Volksschulen 53 Prozent der Kinder mit nicht-deutscher Alltagssprache; in Oberösterreich 47 Prozent der Kinder mit nicht-deutscher Alltagssprache; in Salz­burg 44 Prozent, in den Städten zwischen 10 000 und 50 000 Einwohnern haben wir ein Drittel der Kinder mit nicht-deutscher Alltagssprache in der Volksschule.

Ich hoffe, jeder versteht, was da gemeint ist. Und nochmals: Es sind Ihre Zahlen. Und das sind die Probleme, die Sie haben.

Wir Freiheitlichen sagen ganz klar – das Thema Leseschwäche wurde hier ja bereits angesprochen –: Es ist das ein ganz massives Problem, und ich würde anhand dieses Zahlenwerks nicht sagen, dass Österreich da im Mittelfeld ist, denn wir in Österreich sind, was alleine das Lesen betrifft, ganz weit hinten. Da können wir uns sozusagen mit Mexiko die Hand geben. Übrigens: Mexiko, auch ein Gesamtschulland; das wird aber eher verschwiegen. Brasilien und Mexiko sind da jedenfalls nicht so die Vorbilder. (Abg. Dr. Walser: Aserbaidschan!)

Schauen wir uns noch die Alterspyramide an: Lehrer im Dienst mit über 60 Lebens­jahren gibt es nahezu keinen. Und nach den ganzen Pensionierungen in den nächsten Jahren haben Sie ein neues Ausbildungsmodell vorgesehen, das dem Parlament zuge­leitet wurde. Wir wissen jedenfalls, dass in den Jahren 2016 bis 2019 Tausende Lehrer in Pension gehen werden. Und was machen Sie da bitte dagegen? – Sie verlängern die Ausbildungszeiten! Das heißt, Sie gehen sehenden Auges auf einen eklatanten Lehrermangel zu – und tun nichts dagegen!

Des Weiteren: Was ein neues Lehrer-Dienstrecht betrifft, ist bis jetzt überhaupt nichts weitergegangen. Die Verhandlungen über ein neues Lehrer-Dienstrecht sollen ja sogar zur „Chefsache“ gemacht werden. Frau Bundesministerin Schmied, ich glaube schon, dass es bei Ihrem Aufgabenbereich Unterricht, Kunst und Kultur wahrscheinlich leichter ist, im Bereich der Kultur Preise zu verleihen, Subventionen zu verteilen, zu interna­tionalen Events von Kulturschaffenden zu reisen und dort bei den Preisverleihungen dabei zu sein – und dass es sicherlich viel schwerer ist, mit Gewerkschaftern zu ver­handeln und dabei gute Verhandlungsergebnisse zu erzielen.

Frau Ministerin, machen Sie sich nicht auch Gedanken darüber, was es eigentlich bringt, Arbeitsgruppen einzusetzen, Papiere zu erarbeiten, diese Papiere Stakeholder­konferenzen vorzulegen, dann dort die Arbeitspapiere wieder zu verdichten und das einer neuen Arbeitsgruppe zu übergeben?! – Die Entscheidungen fehlen! Gerade ein neues Lehrer-Dienstrecht wäre enorm wichtig, damit in Zukunft junge Menschen wis­sen, was auf sie zukommen wird, wenn sie sich auf diesen Beruf einlassen. Sonst wird der Lehrermangel doch noch eklatanter. (Beifall bei der FPÖ.)

Ganz interessante Daten aus dem Bildungsbericht: Was das Thema Fortbildung an­langt, ist es so, dass in den letzten 18 Monaten 97 Prozent der Lehrer eine Fortbildung machen, allerdings immer nur einen Tag lang; bei den eintägigen Fortbildungen ist Österreich Spitzenreiter, Weltspitze sozusagen. Sobald es aber um mehrtägige Fortbil­dungen oder um verpflichtende Fortbildungen geht, wird die Zahl dann auf einmal nied­riger.

Was sind die Begründungen bei der Anfrage an die Lehrer, warum sie keine Fortbil­dung machen? Es sind nicht Kostenprobleme, Konflikte in Bezug auf Stundenpläne oder Sonstiges – denn da liegen unsere Lehrer unter dem OECD-Durchschnitt; der OECD-Durchschnitt bei den Fortbildungen liegt bei 42 Prozent –: Zu 65 Prozent sagen die Lehrer in Österreich, dass keine passende Fortbildung angeboten wird. – Das ist doch ein Drama!

Ja, es gibt fortbildungswillige Lehrer, aber sie sagen: Die Fortbildungsthemen passen einfach nicht.


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll203. Sitzung / Seite 102

Nun zu den Klassengrößen und was diesbezüglich alles aus Ihrem Bericht im Detail herauszulesen ist: die großen Unterschiede zwischen einer Hauptschule beziehungs­weise einer Neuen Mittelschule, die im Durchschnitt unter 20 Kinder in der Klasse ha­ben – oder aber einer AHS-Unterstufe mit mehr als 25 Kindern im Durchschnitt. Mittel­gerechtigkeit gibt es für diese Schulstufen nicht, weil es eben nicht gewollt wird, und was nicht gewollt wird, wird auch nicht finanziell dotiert.

Interessanterweise ist aber die Zufriedenheit der Schüler mit dem Bildungssystem re­lativ hoch. Es gibt kaum Schüler, die sagen, dass sie mit dem Bildungssystem nicht zu­frieden sind.

Interessant ist auch die Frage der Kriminalität und der Aggression zwischen Kindern untereinander, aber auch gegen Lehrer; natürlich sind Aggressionen von Lehrern Kin­dern gegenüber auch im Bericht enthalten. Das sind ganz interessante Zahlen: 78 Pro­zent der Schulleiter sagen, in Bezug auf Aus- und Fortbildung gibt es kein Fortbil­dungsangebot, wie man mit Aggression an der Schule umgehen soll. – Das sind die wahren Themen!

Fast schon über Jahrzehnte hatte das Bildungssystem in der Bevölkerung eine hohe und gute Akzeptanz – und hat diese nach wie vor. Das sage ich nur, weil seitens der Sozialdemokratie immer gesagt wird, was alles unter früheren Regierungen in der Schule schlecht gewesen sei.

Den besten Akzeptanzwert in der Bevölkerung hatte das Bildungswesen im Jahr 2003. Sie wissen ja, wer damals die Regierung gestellt hat. (Abg. Mag. Rudas: Ministerin Gehrer war ja auch eine der beliebtesten Bildungsministerinnen! – Abg. Dr. Glawisch­nig-Piesczek: Der war gut! Der war wirklich gut!) Und nachher mit BZÖ und ÖVP in der Regierung beziehungsweise Sozialdemokratie und ÖVP hat es dann wiederum schlechtere Bewertungen gegeben, aber immer noch in einem Grad, den man als sehr schmal bezeichnen kann.

Insgesamt gesehen ist die Bevölkerung einverstanden mit dem, was unser Bildungs­system derzeit hergibt. Das ist in Ihrem Nationalen Bildungsbericht, Frau Ministerin, auch nachzulesen.

Erfreulich ist, dass Mädchen, junge Frauen, wenn sie sich zu einem Bildungsweg ent­scheiden – egal in welcher Stufe –, eine sehr hohe Erfolgschance haben. Das heißt, Frauen sind äußerst erfolgreich, wenn sie einen Bildungsweg einschlagen, diesen auch fertig zu gehen.

Zum Schluss zur Problematik der Risikogruppen: Bei Mathematik und Naturwissen­schaften schaut es Gott sei Dank im internationalen Vergleich besser aus. Was aber das Lesen betrifft, ist in Österreich die Situation geradezu als dramatisch zu bezeich­nen. Das heißt, es muss da eine Volksschuloffensive geben. Die Frage der besseren Beurteilung und Möglichkeiten für Volksschulen sind ja, wie ich glaube, durchaus im In­teresse aller Parteien. Und in der Volksschule wird eben der Grundstein für alles ge­legt.

Es wird daher notwendig sein, dass in der Volksschule jeder das Lesen lernt und dass schon da der Umgang mit Büchern gepflegt wird; natürlich ist das auch eine Frage der Erziehung durch die Eltern, denn kein Kind wird mehr ein Buch lesen, wenn ein El­ternteil im Leiberl und mit einer Bierdose in der Hand vor dem Fernsehapparat sitzt und dann zum Kind sagt: Geh, lies ein Buch! – Wenn ein solches „Vorbild“ gegeben ist, dann wird wohl alles nichts nützen. (Beifall bei der FPÖ.)

Jede Bildungsoffensive muss daher auf jeden Fall auch mit einer Elternbildungsoffen­sive einhergehen.


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll203. Sitzung / Seite 103

Wir von der FPÖ sind der Überzeugung, dass das Bildungssystem in Österreich an sich ein sehr gutes ist – trotz aller Versuche, dieses zu demontieren und es dem Prin­zip Gleichheit zu opfern, anstatt dem Prinzip Freiheit und Differenzierung den Vor­zug zu geben. (Beifall bei der FPÖ.)

13.34


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Als nächster Redner gelangt Herr Abgeordneter Dr. Walser zu Wort. 7 Minuten Redezeit. – Bitte.

 


13.34.38

Abgeordneter Dr. Harald Walser (Grüne): Frau Ministerin! Hohes Haus! Damit wir wissen, wovon wir heute sprechen: Das sind diese zwei tollen Bände. (Der Redner hält den Nationalen Bildungsbericht in die Höhe.) Gratulation, Frau Ministerin! Gratulation an die Verfasser dieser Bände, denn da ist wirklich sehr, sehr viel drin. Ich war vor zwei Wochen zu einer Podiumsdiskussion am Institut für Höhere Studien eingeladen, und da ging es genau um diese zwei Bände.

Leider waren andere Kollegen bei dieser Diskussion nicht anwesend, denn es wäre ei­niges Interessantes für Sie dabei gewesen, und zwar auch von dem, was Wissen­schaftlerinnen und Wissenschaftler dazu gesagt haben, was die Umsetzung dessen anlangt, was im Nationalen Bildungsbericht steht. (Abg. Dr. Rosenkranz: Wann war der Termin?)

Wenig überraschend – aber erschütternd eigentlich, möchte ich fast sagen –, Frau Kol­legin Marek: Die Gemeinsamkeiten zwischen Ihnen und der FPÖ in bildungspolitischen Fragen nehmen zu, seit Sie die Funktion der ÖVP-Bildungssprecherin übernommen haben. Das, was ich heute hier von Ihnen gehört habe, Frau Kollegin Marek, war ÖVP-Uralt-Sprech, als Sie beispielsweise von „Eintopfschule“ gesprochen haben. (Zwi­schenruf der Abg. Marek.)

Ich habe eigentlich geglaubt, dass die ÖVP diesen bildungspolitischen Stil inzwischen verlassen hat. Inhaltlich haben Sie genau das argumentiert, wenn Sie, Frau Kollegin Marek, etwa davon sprechen – von der FPÖ sind wir das ja gewohnt –, als ob irgend­jemand in diesem Land eine Gesamtschule einführen wollte, in der nicht auf die Schü­ler eingegangen oder in der nicht differenziert wird. Sie wissen doch, dass das Gegen­teil der Fall ist. (Beifall bei den Grünen sowie bei Abgeordneten der SPÖ. – Abg. Dr. Rosenkranz: Kollege Walser will für jedes Kind eine eigene Schule! Die Ein-Kind-Schule!)

Ja, wir wollen eine Gesamtschule, und dafür gibt es ja eigentlich eine breite Mehrheit in diesem Haus; wir hätten ja schon jetzt eine parlamentarische Mehrheit in diesem Haus für eine moderne Schulreform. Die Argumente, mit wem Sie sich da immer vergleichen wollen! Die FPÖ vergleicht jetzt Österreich mit Aserbaidschan und Mexiko und argu­mentiert gegen eine gemeinsame Schule.

Herr Kollege Rosenkranz, warum stellen Sie da eigentlich keine Vergleiche mit Südtirol an? Das liegt doch viel näher, und vielleicht ist das Beispiel Südtirol jenes, das Herrn Landeshauptmann Platter dazu bewogen hat – mit grüner Unterstützung –, ins Regie­rungsprogramm hineinzuschreiben: Ja, wir wollen eine moderne gemeinsame Schule für alle Kinder, eine Schule, in der kein Kind zurückgelassen wird, eine Schule, die, zu­gegeben, dem sehr ähnlich ist, was wir uns unter der Grünen Schule vorstellen.

Das ist der richtige Weg, und da werden wir die ÖVP unterstützen, dort, wo sie bereit ist, diesen Weg mit uns zu beschreiten. Und, Frau Kollegin Marek, die ÖVP ist ja an immer mehr Orten dazu bereit.

Ich darf Ihnen eine ganzseitige Anzeige aus den „Vorarlberger Nachrichten“ zeigen. (Der Redner hält eine Anzeige der Wirtschaftskammer Vorarlberg mit dem Slogan


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll203. Sitzung / Seite 104

„Good News: Die Bildungsdebatte kommt voran!“ in die Höhe.) Kollege Haubner hat ja heute Vormittag schon über die Herausforderungen in Europa an den Wirt­schaftsstandort Österreich gesprochen.

Die Wirtschaftskammer Vorarlberg hat Antworten in bildungspolitischen Fragen und sie propagiert das in ganzseitigen Anzeigen – ob der Hintergrund zufällig grün ist, weiß ich nicht, er ist jedenfalls grün –, und jetzt lese ich Ihnen vor, was die Wirtschaftskammer Vorarlberg fordert.

Die wichtigsten Forderungen – es sind drei –:

gemeinsame Schule der 10- bis 14-Jährigen;

flächendeckender Ausbau von Ganztagsangeboten mit verschränktem Unterricht;

Aufhebung der Sprengelentscheidung und Stärkung der Schulautonomie.

Ich kann nur sagen, ich unterstütze da die Wirtschaftskammer Vorarlberg. Das sind ähnliche Forderungen, wie wir sie im Programm der Grünen Schule haben; das ist viel­leicht zufällig grün gedruckt, aber ich bin erstaunt, dass die Wirtschaftskammer  (Zwischenruf des Abg. Kopf.) – Herr Kollege, ich darf Ihnen das dann nachher geben, falls Sie es mir nicht glauben. Ich merke, wie Sie darüber staunen.

Sie haben ja selbst vor Jahren ähnliche Forderungen aufgestellt. In letzter Zeit ist es ein bisschen ruhiger geworden, aber wenn Sie sich mit dem auseinandersetzen, was in Vorarlberg, in Tirol passiert – wohlgemerkt: in Ihrer Partei, in der ÖVP –, dann gibt es vielleicht einen Ruck Ihrerseits in die richtige Richtung. (Beifall bei den Grünen.)

Wie notwendig das ist, zeigt ja der Nationale Bildungsbericht, und ich darf daraus ein paar Zahlen bringen, die zeigen, wie ungerecht das Bildungssystem in Österreich ist, wie stark man in Österreich jenen gibt, die schon haben – die Kinder aus begüterten Haushalten, aus Bildungshaushalten –, und wie stark die anderen benachteiligt wer­den.

In ÖVP-Sprech würde ich sagen, das ist das Matthäus-Prinzip: Den Reichen wird ge­geben, den Armen wird genommen.

In den Städten Österreichs ist das Verhältnis 1:1, was den Besuch von AHS-Unterstufe zu Hauptschule anlangt. Auf dem Land ist das Verhältnis 1:3. Und da verweise ich auf Extremfälle: Kärnten, Bezirk Hermagor, 0,8 Prozent AHS-Quote – Wien, Innere Stadt hingegen 94,2 Prozent. – Das ist Benachteiligung.

Ist die ÖVP abgekommen davon, dass der ländliche Raum irgendwie auch ein biss­chen unterstützt werden soll? Können Sie auf Dauer damit leben, dass wir Kinder im ländlichen Raum bildungsmäßig nach wie vor derart benachteiligen? – Ich halte das für ungerecht! Schließen Sie sich uns an! Wir haben eine breite Mehrheit in diesem Haus, und der Nationale Bildungsbericht sagt genau das und zitiert internationale Studien: So wird zum Beispiel Ludger Wößmann zitiert, der sagt, dass es keine Nachweise gibt, dass sich eine frühe Selektion positiv auf das durchschnittliche Leistungsniveau aus­wirkt.

Die Zeit reicht nicht, ich kann Ihnen jetzt andere Beispiele nicht mehr vorlesen, sondern Ihnen nur sagen: Es gibt eine ganze Reihe von Indizien, Fakten und Studien, etwa die zuletzt erschienene „Hattie-Studie“ eines neuseeländischen Forschers, die ich erwäh­nen darf.

Wir müssen diese grundlegende Schulreform in Österreich endlich durchbringen. Wir müssen Schluss machen mit der Benachteiligung von Kindern aus bildungsfernen Schichten.

Vielleicht unterstützen Sie uns, wenn wir beim Thema Zehn‑ bis 14‑Jährige nicht einig werden, wenigstens betreffend Grundschule, denn in der Grundschule haben wir zuge-


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll203. Sitzung / Seite 105

gebenermaßen ähnliche Probleme. Wir hatten hier im Hohen Haus aufgrund unserer Initiative, die dankenswerterweise von den Regierungsparteien übernommen wurde, ein Expertenhearing. Alle Experten haben unsere Position unterstützt, auch diejenigen von SPÖ und ÖVP haben darauf hingewiesen, dass wir eine flexiblere Schuleingangs­phase brauchen: Wir müssen den Kindern ermöglichen, sanft in dieses System einzu­steigen, und wir müssen jenen Kindern helfen, die schon benachteiligt in dieses Sys­tem kommen.

Wir erlauben uns daher, heute erneut einen Entschließungsantrag der Abgeordneten Walser, Freundinnen und Freunde betreffend „integrative Führung der Grundstufe 1 – flexible Schuleingangsphase“ vorzulegen, und ich hoffe, dass wir, ähnlich wie im Aus­schuss, auch hier Unterstützung bekommen. Denken Sie daran, wie unterschiedlich beispielsweise je nach Region allein die Praxis bei den Vorschulen ist! In Salzburg kommen 20 Prozent der Sechsjährigen in eine Vorschule. Im Burgenland sind es ge­rade einmal 2 Prozent.

Wie kann man diese Unterschiede erklären? Sachlich kann man sie nicht erklären, man kann sie nur mit der unterschiedlichen Politik in den einzelnen Bundesländern er­klären, und davon müssen wir endlich wegkommen! Wir müssen die Volksschule stär­ken. Wir brauchen in den ersten zwei Jahren in dieser Grundstufe 1 mindestens einein­halb bis zwei Lehrkräfte. Das heißt, wir brauchen mindestens für die Hälfte der Stun­den zwei Lehrkräfte und am besten überhaupt zwei Lehrkräfte, damit wir die Starken fordern und die Schwächeren fördern können, damit die Lehrkräfte in die Lage versetzt werden, den Kindern das zu geben, was sie in der Schule brauchen.

Ich darf abschließend noch einmal an die Wirtschaftskammer Vorarlberg beziehungs­weise – was Kollegen Haubner besonders freuen wird – überhaupt an die Wirtschafts­kammer erinnern. Sie hatte einen sehr erfolgreichen Slogan: „Geht’s der Wirtschaft gut, geht’s uns allen gut.“ Ich würde das umwandeln und sagen: „Geht’s der Schule gut, geht’s der Wirtschaft gut.“ – Vielleicht hilft Ihnen das bei der Unterstützung grüner For­derungen! Okay? – Ja, er nickt. Danke! (Beifall bei den Grünen.)

 


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Herr Kollege Walser, Sie haben einen Entschlie­ßungsantrag angekündigt, aber nicht eingebracht.

Bringen Sie ihn noch ein, oder wird das einer Ihrer Kollegen oder Kolleginnen ma­chen? – Lesen Sie ihn bitte vor! (Abg. Dr. Rosenkranz: Das ist halt ein Präsident! Der schaut auf Ordnung!)

 


Abgeordneter Dr. Harald Walser (fortsetzend): Der Antrag:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Harald Walser, Freundinnen und Freunde betreffend integrative Führung der Grundstufe 1 – flexible Schuleingangsphase, eingebracht im Zuge der Debatte TOP 1, Bericht des Unterrichtsausschusses über den Nationalen Bildungsbe­richt 2012, vorgelegt vom Bundesministerium für Unterricht, Kunst und Kultur (III-382/2283 d.B.).

 


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Herr Abgeordneter Walser, Sie müssen den Ent­schließungsantrag vorlesen! (Abg. Hagen: Nicht Genügend! Setzen, Walser!)

 


Abgeordneter Dr. Harald Walser (fortsetzend): Danke. Ich freue mich über die dies­bezügliche freiheitliche Unterstützung.

Ich bringe somit folgenden Entschließungsantrag ein:

Der Nationalrat wolle beschließen:


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll203. Sitzung / Seite 106

„Die Bundesministerin für Unterricht, Kunst und Kultur wird aufgefordert, dafür zu sor­gen, dass die Grundstufe 1 der Volksschule in ganz Österreich in Form der flexiblen Schuleingangsphase (Vorschulstufe gemeinsam mit 1. und 2. Schulstufe) angeboten wird und ausreichend Ressourcen für den Einsatz von Teamlehrkräften bereit stehen.“

*****

Danke. (Beifall bei den Grünen.)

13.45


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Der soeben eingebrachte Entschließungsantrag ist ausreichend unterstützt und steht auch mit in Verhandlung.

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Harald Walser, Freundinnen und Freunde

betreffend integrative Führung der Grundstufe 1 - flexible Schuleingangsphase

eingebracht im Zuge der Debatte TOP 1, Bericht des Unterrichtsausschusses über den Nationalen Bildungsbericht 2012, vorgelegt vom Bundesministerium für Unterricht, Kunst und Kultur (III-382/2283 d.B.).

Begründung

Kinder bringen zum Zeitpunkt der Einschulung mit sechs Jahren unterschiedlichste Vo­raussetzungen und Vorkenntnisse in die Schule mit. Abhängig von der Bildung der Eltern, der sozialen Situation der Familie, der Dauer des vorangegangenen Kindergar­tenbesuchs, der Interessenslage und der individuellen Entwicklung des Kindes liegen die Unterschiede im Entwicklungsstand bis zu zwei Lernjahre auseinander. Während einige SchülerInnen kaum mit Schreibutensilien, Klebstoff und Schere umgehen kön­nen und daher als nicht schulreif einzustufen sind, beherrschen andere schon die Grundrechnungsarten oder können fließend lesen und schreiben.

Um diesem breiten Spektrum an kindlichen Voraussetzungen zu begegnen ist der Lehrplan der Volksschule nicht in Jahrgangsklassen, sondern in zwei Grundstufen un­terteilt. Die Grundstufe 1 umfasst die 1. und 2. Volksschulklasse sowie (bei Bedarf) die Vorschulstufe für nicht schulreife Kinder. Die Grundstufe 1 kann gemeinsam in Form der "flexiblen Schuleingangsphase" geführt werden. Dabei sind dann SchülerInnen der drei Schulstufen gemeinsam in einer Klasse.

SchülerInnen sind innerhalb der Grundstufe I berechtigt, auch während des Schuljah­res in die nächsthöhere oder in die nächstniedrigere Schulstufe zu wechseln. Über den Wechsel der Schulstufe entscheidet die Schulkonferenz aufgrund des Antrages der Er­ziehungsberechtigten oder der Klassenlehrerin beziehungsweise des Klassenlehrers.

Sieben auf einen Streich

Die flexible Schuleingangsphase Vorteile für:

1. Kinder, die zum Zeitpunkt der Schuleinschreibung noch nicht schulreif sind

Sie haben die Möglichkeit während der flexiblen Schuleingangsphase ihre Defizite auf­zuholen und die Grundstufe 1 regulär in zwei Jahren zu durchlaufen

2. Kinder mit Problemen in der Unterrichtssprache


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll203. Sitzung / Seite 107

Sie haben ausreichend Zeit die Unterrichtssprache zu erlernen ohne von vornherein von den Lehrinhalten der Volksschule ausgeschlossen zu sein.

3. Schulen in sozialen Brennpunkten

Durch die Vermischung der Jahrgangsklassen kommt es nicht mehr zu Klassen, in den der Großteil der SchülerInnen die Unterrichtssprache nicht beherrscht.

4. Kleinschulen vor allem in ländlichen Gebieten

Durch geringe SchülerInnenzahlen können benötigte Vorschulklassen nicht eröffnet werden. Bei integrativer Führung der Grundstufe 1 können zusätzliche Ressourcen für Förderunterricht bereitgestellt werden, davon profitieren alle SchülerInnen.

5. Hochbegabte Kinder

Sie können von der ersten in die zweite Volksschulklasse wechseln ohne Lehrinhalte zu verpassen.

6. Herbstgeborene Kinder

Je nach Entwicklungstempo wird erst im Laufe des Unterrichtsjahres entschieden, in welche Schulstufe das Kind eingestuft wird. Das nimmt viel Druck von Eltern, Kind und LehrerIn.

7. LehrerInnen in der Grundstufe 1

Für den Mehrstufenunterricht stehen mehr Ressourcen zur Verfügung als für den klas­sischen Jahrgangsunterricht.

Einige der oben genannten Probleme sind in den letzten Wochen vermehrt durch die Medien gegangenen. Insbesondere Integrationsstaatssekretär Sebastian Kurz ist durch Ideen aufgefallen, die vor allem die Desintegration und Selektion zum Ziel haben. Su­sanne Brandsteidl, amtsführende Präsidentin des Wiener Stadtschulrats, hat die Popu­lismuskeule dankbar aufgegriffen und mit ihrer Forderung nach Vorschulklassen für Kinder mit Deutschdefiziten auch deutlich geschwungen. Selbst die zuständige Bun­desministerin für Unterricht Claudia Schmied konnte sich der Idee nach Vorschulklas­sen nicht gänzlich entziehen, obwohl sie inzwischen aus nationalen und internationalen Studien wissen müsste, dass SchülerInnen individuelle Förderung und Flexibilität brau­chen, statt Selektion in Gettoklassen.

Die rechtlichen Voraussetzungen für die flexible Schuleingangsphase sind seit dem Schuljahr 1999/2000 in Kraft. Dennoch wird von den Möglichkeiten viel zu wenig Ge­brauch gemacht. So werden die SchülerInnen ihrer Möglichkeit zum Wechsel von einer Schulstufe in eine andere beraubt. Dabei bedarf es in erster Linie einer organisato­rischen Umstellung an den Schulen.

Auch das Knowhow der Lehrkräfte ist vorhanden. Vielfach werden Mehrstufenklassen über den gesamten Zeitraum der Volksschule geführt. Allerdings wird auch hier von den Möglichkeiten der flexiblen Schuleingangsphase zu wenig Gebrauch gemacht.

Für die Kinder bietet die flexible Schuleingangsphase die Chance, ohne Leistungs­druck aber mit vielfältigen Angeboten in die Schule zu starten. Je nach Vorwissen und Entwicklungsstand können die Kinder die Grundstufe 1 in ein bis drei Schuljahren durchlaufen und können dabei im Klassenverband verbleiben. Stigmatisierende Erfah­rungen wie die Einstufung in eine Vorschulklasse oder die Wiederholung einer Schul­stufe entfallen ebenso, wie die Hürde für hochbegabte Kinder, während des Schul­jahres in eine höhere Klasse mit anderen Kinder wechseln zu sollen.

Die unterfertigenden Abgeordneten stellen daher folgenden


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll203. Sitzung / Seite 108

Entschließungsantrag

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesministerin für Unterricht, Kunst und Kultur wird aufgefordert, dafür zu sor­gen, dass die Grundstufe 1 der Volksschule in ganz Österreich in Form der flexiblen Schuleingangsphase (Vorschulstufe gemeinsam mit 1. und 2. Schulstufe) angeboten wird und ausreichend Ressourcen für den Einsatz von Teamlehrkräften bereit stehen.“

*****

 


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Ursula Haub­ner. 5 Minuten Redezeit. – Bitte.

 


13.45.33

Abgeordnete Ursula Haubner (BZÖ): Sehr geehrte Frau Bundesministerin! Sehr ge­ehrter Herr Präsident! Werte Kolleginnen und Kollegen! Jedes Kind hat das Recht – unabhängig von seiner sozialen Herkunft, seinen Eltern oder seinem sozialen Umfeld – bestmöglich aufgrund seiner Talente und Fähigkeiten in unserem Schul- beziehungs­weise Bildungssystem gefordert zu werden. Und jene, die Schwächen haben, sollen unterstützt beziehungsweise gefördert werden, damit deren Schwächen ausgemerzt werden können.

Dieses Recht steht allen Kindern in Österreich zu, und das erfordert natürlich einen modernen und differenzierten Unterricht. Ich glaube, wir sollten uns viel mehr inhaltlich mit der Art des Unterrichts beschäftigen als ständig mit diesem ideologischen Streit da­rüber, ob draußen auf dem Schulportal „Gemeinsame Schule“ steht oder nicht. (Beifall beim BZÖ.)

Ich glaube, das muss der entscheidende Weg sein! Diese Diskussion erinnert mich auch ein bisschen an jene vor ein paar Jahren in der Familienpolitik, in der es darum ging, einerseits eine Familienpolitik nach dem Motto “Zurück an den Herd!“ und ande­rerseits eine fortschrittliche Familienpolitik zu betreiben. – Ich meine, wir sollten bei der Schule nicht wieder diesen Fehler begehen! Ich glaube, dass es viele gute Beispiele für eine gemeinsame Schule der Sechs‑ bis 14‑Jährigen gibt. Und es ist wichtig, dass es auch im Anschluss daran viele differenzierte Angebote gibt. Und es gibt ja in Ös­terreich im berufsbildenden Schulwesen Gott sei Dank sehr viele Angebote, aber auch im Bereich der AHS, der verschiedenen Oberstufenbereiche und so weiter.

Eine gute Bildung und Ausbildung ist für jeden Einzelnen ein Gewinn. Es besteht dann Aussicht auf einen qualitativ guten Job, und eine gute Ausbildung ist die Grundlage dafür, dass man auch im späteren Leben soziale Sicherheit hat, bei Krankheit und im Alter. Mit einer guten Bildung und Ausbildung ist man im Bereich des gesellschaftlichen Zusammenlebens ein wertvolles Mitglied, und insgesamt profitiert unser Land nur von gut und bestens ausgebildeten jungen Menschen, die kompetent und kreativ sind.

Dieser Nationale Bildungsbericht, der uns vorliegt, zeigt mit vielen Fakten und Daten sehr gut die Ist-Situation, viele Themen und Bereiche werden auf diese Weise unter­mauert. Der Bericht zeigt die Stärken, aber auch die Schwächen im Bildungssystem und entsprechende Maßnahmen auf.

Ich würde sagen, Kollege Mayer, visionär finde ich den Bericht nicht, sondern er ent­spricht meines Erachtens einfach der Realität! In ihm stehen die Fakten und Daten und die Maßnahmen, die daraus abzuleiten sind. Visionär wäre für mich, wenn all das noch sehr weit weg wäre. Ich glaube aber, wir haben nicht mehr so viel Zeit, um die notwen­digen Reformen dementsprechend umzusetzen! (Abg. Mayer: Ich habe gemeint, der Bericht soll zeigen, wohin der Weg geht!)


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Da bin ich bei Ihnen, wenn Sie sagen, dass gezeigt werden soll, wohin der Weg geht. „Visionär“ ist für mich hingegen ein bisschen zu weit weg!

Dieser Bericht darf aber nicht darüber hinwegtäuschen, dass es nach wie vor viele Brennpunkte und Baustellen gibt. Wir stecken sehr viel Steuergeld in unser Bildungs­system. Das wäre grundsätzlich richtig und gut, denn jede finanzielle Investition in die Bildung ist eine gute Investition in die Zukunft. Allerdings versickern viele dieser Steu­ergelder in einem sehr mehrgleisigen und doppelgleisigen System, und der Output ist letztendlich für die jungen Menschen sehr mittelmäßig. Nach wie vor fließen fast 80 Prozent der Kosten in Personalkosten für die Pädagoginnen und Pädagogen.

Es wurde heute schon ein paarmal angesprochen: Das Erschreckendste für mich sind nach wie vor die mangelnden Grundkompetenzen unserer Kinder und jungen Men­schen, etwa im Bereich des Lesens. In der vierten Schulstufe ist jede sechste Schüle­rin beziehungsweise jeder sechste Schüler als Risikoschüler einzustufen, 28 Prozent der 15- bis 16-Jährigen können nicht sinnerfassend lesen. Sie verstehen einfachste Anweisungen nicht, der Wortschatz wird immer geringer. Das haben wir in vielen Dis­kussionen auch mit Expertinnen und Experten immer wieder gehört. Darauf wurden wir immer wieder hingewiesen, und es wurde stets festgestellt, dass die Grundkompeten­zen im Lesen, Schreiben und Rechnen überhaupt mehr als mangelhaft sind. Das ist eine besorgniserregende Entwicklung, und dieser besorgniserregenden Entwicklung muss schnellstens Einhalt geboten werden.

Frau Bundesministerin, wir haben hier alle zugestimmt, dass wir reparieren, indem wir sagen: Wir wollen, dass jeder junge Mensch in Österreich einen Pflichtschulabschluss hat und dass dieser jetzt kostenlos nachgeholt werden kann. – Das ist richtig und gut, denn sonst werden sozusagen die Sozialhilfeempfänger der Zukunft geschaffen. Es ist aber auch wichtig, dass wir präventiv etwas tun, und zwar rechtzeitig präventiv etwas tun. Daher fordern wir seitens des BZÖ, dass mit der neunten Schulstufe ein nachweis­barer Bildungsabschluss – wie immer dieser heißt, ob Mittlere Reife oder Arbeitsmarkt­reife – gegeben ist. Die Zeit bis zur neunten Schulstufe soll man nicht absitzen und warten, bis die Schulpflicht erledigt ist, sondern dieses letzte Jahr soll ein ganz ent­scheidendes Jahr mit einem nachweisbaren Bildungsabschluss sein. (Beifall beim BZÖ.)

Das gilt vor allem auch für jene, die in die Lehre gehen. Über qualifizierte und attraktive Lehre ist heute schon sehr viel gesagt worden, und wir haben uns ja gemeinsam ent­schlossen, die Modellprojekte der Polytechnischen Schule jetzt in Gang zu bringen. Das ist ein erster Schritt, aber das ist sicherlich noch viel zu wenig.

Im Zusammenhang mit den mangelnden Grundkompetenzen steht natürlich auch, wie ich betonen möchte, die mangelnde Kenntnis und die mangelnde Fertigkeit im Bereich der deutschen Unterrichtssprache. Der Nationale Bildungsbericht zeigt im Kapitel „Sprachförderung“, dass gerade die Anzahl der mehrsprachigen Schülerinnen und Schüler in den letzten zehn Jahren eklatant angestiegen ist, nämlich von 111 000 auf 207 000. Das heißt: Hier haben wir Handlungsbedarf. Selbstverständlich ist einerseits sprachliche Vielfalt eine Bereicherung für ein Land, keine Frage. Andererseits gibt es dann aber auch ein Problem, wenn Kinder und junge Menschen die deutsche Sprache im Unterricht nicht verstehen und dann nicht mitkommen.

Daher ist es wichtig, nicht nur im Kindergarten die sprachliche Frühförderung – hier ist ja schon einiges geschehen – zu verstärken, sondern zu erkennen, dass die Sprach­förderung auch in der Schule selbst, in der Grundschule, in der Volksschule, aber auch in der Hauptschule verbesserungswürdig ist.

Im Bericht wird ganz klar kritisiert, dass es zum Beispiel unmöglich ist, dass alle zwei Jahre die Finanzierung im Hinblick darauf ausverhandelt werden muss, welche Mittel


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für die Sprachförderung zur Verfügung stehen. Das kann es wirklich nicht sein, dass die einzelnen Ministerien das nach Lust und Laune miteinander besprechen! Wenn großes Engagement vorhanden ist, gibt es mehr Geld, und sonst gibt es halt einfach weniger Geld.

Ich glaube, man kann es auch nicht ausschließlich den Schulen überlassen, welche Schwerpunkte sie in der Sprachförderung setzen, sondern es braucht ein Gesamt­sprachförderungskonzept, unabhängig davon, um welche Region es sich handelt. In ländlichen Regionen wird das anders zu handhaben sein als in den sogenannten Bal­lungszentren.

Ich erinnere Sie, Frau Bundesministerin: Sie haben schon des Längeren ein derartiges Sprachförderungskonzept versprochen, haben uns aber noch nie ein derartiges Kon­zept vorgelegt.

Daher bringe ich folgenden Antrag ein:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Ursula Haubner und Kollegen betreffend standortbezogenes Sprach­förderungskonzept

Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgenden Entschließungsantrag:

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesregierung wird ersucht, dem Nationalrat so rasch wie möglich einen Geset­zesentwurf zuzuleiten, der ein standortbezogenes Sprachförderungs- und Finanzie­rungskonzept für Schülerinnen und Schüler in Österreich beinhaltet.“

*****

Meine sehr geehrten Damen und Herren, ich könnte noch viele Beispiele aus diesem Nationalen Bildungsbericht bringen. Ich möchte hier an dieser Stelle sagen: Einiges, Frau Bundesminister, geht schon in die richtige Richtung, etwa Bildungsstandards, Ta­gesbetreuungsangebote, Ganztagsschule, modulare Oberstufe. Vieles ist halbherzig und wenig mutig, für mich etwa die Neue Mittelschule, aber auch die PädagogInnen­ausbildung, weil gerade bei der PädagogInnenausbildung die Kindergartenpädagogen wieder draußen gelassen wurden und nicht in dieser Gesamtausbildung mit inkludiert sind. Es fehlt einfach Wesentliches, Frau Bundesministerin. Wesentliches ist für uns zum Beispiel die Reform des Lehrerdienstrechts, auch die Gehaltsreform, sowie Re­formen im Bereich der Zuständigkeiten von Bund und Ländern und in der Verwaltung und Bürokratie. (Beifall beim BZÖ.)

Wenn es nicht gelingt – und ich bezweifle, dass es in dieser Legislaturperiode gelingt –, diese großen Brocken zu beseitigen, dann wird weiterhin viel Geld in ein nicht mehr zeitgemäßes System fließen und wird dort fehlen, wo es gebraucht wird, nämlich in den Klassenzimmern, bei den jungen Menschen, bei ihrer chancengerechten Ausbil­dung. Das Geld wird fehlen bei der Raumausstattung, bei modernen Arbeitsplätzen, auch bei der Entlastung der Eltern, die jetzt sehr viel Geld für Nachhilfeunterricht be­zahlen müssen, der nicht in der Schule abgedeckt wird. Aber es wird auch Geld fehlen für motivierte, gut ausgebildete Lehrer, die ihre pädagogischen Aufgaben wahrnehmen können und nicht mit anderen Aufgaben überfrachtet werden.

Wie gesagt: Die Realität sieht so aus, dass Sie es wahrscheinlich in dieser Legislatur­periode nicht mehr schaffen werden. ÖVP und SPÖ sind zwar als sogenannte „große Koalition“ angetreten. Sie haben gesagt: Als große Koalition löst man große Proble-


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me. – Die Regierungszeit geht jetzt zu Ende, aber Sie haben auch alle Chancen für große Reformen vertan, nicht nur in der Schule, sondern im Gesundheitssystem, im Pensionssystem, im Zusammenhang mit der Demokratiereform, bei der Wehrpflicht und so weiter. Aber betreffend Schule haben wir nicht mehr viel Zeit, zu warten! (Beifall beim BZÖ.)

13.56


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Der soeben eingebrachte Entschließungsantrag ist ausreichend unterstützt und steht mit in Verhandlung.

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Ursula Haubner und Kollegen betreffend standortbezogenes Sprachförderungskonzept

eingebracht im Zuge der Debatte zum Tagesordnungspunkt 1 „Nationaler Bildungsbe­richt Österreich 2012“

Im Durchschnitt sprechen 24% der Primarschüler und Schülerinnen in Österreich eine andere Erstsprache als Deutsch. Das heißt, gleich verteilt, würden sich in einer Volks­schulklasse mit 25 Schülerinnen und Schülern fünf bis sechs mehrsprachige Kinder be­finden. Da die zugewanderte Bevölkerung jedoch regional ungleich verteilt ist, finden sich mehrsprachige Kinder verstärkt in großen Städten und Ballungsräumen. Betrach­tet man alle Wiener Volksschulen, ist gut die Hälfte der Schüler (53%!) anderssprachig aufgewachsen.

Diese aktuellen Zahlen (Nationaler Bildungsbericht Österreich 2012) verdeutlichen ein­mal mehr die Notwendigkeit eines standortbezogenen Sprachförderungskonzeptes, wie auch von Experten im Bildungsbericht vehement eingefordert. Die zuständige Bun­desministerin hat ein solches Konzept zwar schon lange versprochen, jedoch bis dato nicht vorgelegt.

Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgenden

Entschließungsantrag:

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesregierung wird ersucht, dem Nationalrat so rasch wie möglich einen Ge­setzesentwurf zuzuleiten, der ein standortbezogenes Sprachförderungs- und Finanzie­rungskonzept für Schülerinnen und Schüler in Österreich beinhaltet.“

*****

 


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Markowitz. 5 Minuten Redezeit. – Bitte.

 


13.56.52

Abgeordneter Stefan Markowitz (STRONACH): Herr Präsident! Frau Bundesminister! Hohes Haus! Der Nationale Bildungsbericht zeigt vor allem auf, dass es Schwächen in der Organisation und in der Verwaltung gibt. Das heißt, hier gibt es großes Einspa­rungspotenzial.

Über einen Punkt, Frau Ministerin, kann man sicherlich auch diskutieren: Warum muss der Bericht 1 Million € kosten? Aber darauf will ich jetzt gar nicht näher eingehen.


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Vor Kurzem war ich in der „Demokratiewerkstatt“, und ich möchte berichten, weil ge­rade vorher das Thema Sprachförderung angesprochen wurde: Es war gerade eine Sonderschule dort, und als ich mich mit den Kindern unterhalten habe, habe ich mir am Anfang gedacht: Okay, es wird alles seine Richtigkeit haben. – Aber nach einer halben Stunde Diskussion und auch nach Gesprächen mit Lehrern bin ich draufgekommen, dass von diesen 20 Schülern fünf komplett fehl am Platz waren. Sie waren deswegen in der Sonderschule – das werden Sie wissen, Frau Ministerin! –, weil sie am Anfang bei ihrer Einschulung Deutsch nicht konnten. Im Laufe der Zeit beherrschten sie jedoch perfekt Deutsch und sind daher, was den Unterricht betrifft, völlig falsch untergebracht. Sie können die Sprache perfekt sprechen, sie sind teilweise besser als diejenigen, die einfach „hinten geblieben“ sind.

Das Hauptproblem erkannten wir dann, als wir gefragt haben: Welche Berufsziele und Berufswünsche habt ihr? – Da waren genau diese fünf Schüler die Einzigen, die Vi­sionen hatten und vielleicht auch einen Lehrplatz oder Schnupperplatz gefunden haben.

In Anbetracht dessen muss ich schon feststellen – und Herr Kollege Mayer gibt mir vielleicht recht –: Man muss, gerade was die Sprachen betrifft, wirklich von Anfang an noch mehr tun. Man geht in die richtige Richtung, das sehe ich ein. Man hat die Stelle eines Staatssekretärs ins Leben gerufen, wo Integration großgeschrieben wird, aber ich meine: Nur plakatieren allein ist zu wenig! Vielmehr muss man wirklich in die Kin­dergärten und Vorschulen gehen und vor allem dort die Sprache so fördern, dass diese Menschen dadurch nicht am Lernen gehindert werden. Das bringen sie nämlich nie mehr weg! Ich habe mir das angeschaut. Die fünf genannten Schüler bringt man gar nicht mehr in eine Hauptschule. Das heißt, sie werden auch keinen richtigen Schul­abschluss haben und werden auf lange Sicht die Langzeitarbeitslosen von morgen sein, und das ist, wie ich glaube, einfach nicht der richtige Weg, den wir hier ein­schlagen!

Frau Ministerin, wenn ich mir den Bericht anschaue, dann stelle ich fest: Bei den Aus­gaben liegen wir pro Kopf jeweils 40 Prozent über dem EU-Durchschnitt. Das heißt, wir haben ein teures System, und man könnte normalerweise davon ausgehen, dass die Besten der Besten daraus hervorgehen. Das heißt, wir müssten in Europa eigentlich an der Spitze liegen, was aber laut PISA nicht der Fall ist.

Das heißt, es kann nicht am Budget und an den Kosten liegen. Natürlich kann es im­mer mehr sein, aber das Budget, das hier vorhanden ist, müsste doch ausreichen dafür, dass wir zumindest international mehr als konkurrenzfähig sind, uns in Zukunft nie mehr vor einem PISA-Test oder so etwas fürchten müssen und davon ausgehen könnten, dass, wenn man die Gelder richtig effizient einsetzt, unsere Kinder und Ju­gendlichen top abschneiden werden. (Beifall beim Team Stronach.)

Das heißt, wo hapert es? – Es hapert auch an der Lehrerausbildung. Man muss hier differenzieren. Ich wünsche mir, dass in Zukunft an jedem Schulstandort der Direktor so etwas wie ein Manager ist und sich sein eigenes Personal aussuchen kann, nämlich die Besten der Besten, dass dort Leistung wieder zählt.

Wir gehen jetzt in die richtige Richtung. Die Junglehrer verdienen am Anfang mehr, das finde ich toll. Es ist ein Weg, bei dem man sagt, Engagement zahlt sich wieder aus. Man geht wieder in den Lehrberuf, weil man jungen Menschen etwas beibringen möchte, und nicht nur aus dem Grund, den ein Junglehrer bei einer Umfrage so for­mulierte: Na ja, weil ich im Sommer zwei Monate Ferien habe. – Das wollen wir auch weghaben.

Wir müssen unbedingt den Hebel ansetzen, was die Lehrerausbildung betrifft, was die Bezahlung betrifft und vor allem was eine Imagekampagne betrifft. Frau Ministerin, da sind Sie dann gefragt. Unsere Lehrer müssen wieder den Ruf haben, dass sie die


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Kinder ausbilden wollen – Lesen, Schreiben, Rechnen, ganz klar, das ist das Um und Auf, darüber brauchen wir gar nicht mehr zu diskutieren, das muss einfach funktionie­ren – und dass aus unseren Klassen top ausgebildete Jugendliche kommen, die auch im Studium erfolgreich sind und die wir dann auf lange Sicht auch international in Top-Positionen unterbringen.

Es ist ein breites Spektrum, das weiß ich, aber wenn wir hier gemeinsam anfangen und endlich einmal damit aufhören, das einfach rot und schwarz zu besetzen, dann wird es vielleicht auf lange Sicht auch anders gehen. Denn die Leistung muss zählen, nicht das Parteibuch. Das wünsche ich mir für die Zukunft.

Prinzipiell kann man dem Bericht zustimmen. Es steht alles drinnen, das ist ein toller Bericht. Die Kostenfrage habe ich angesprochen. Aber prinzipiell sollen das Wichtigste die Schüler und die Jugendlichen in unserem Land sein. – Vielen Dank. (Beifall beim Team Stronach.)

14.01


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Zu Wort gelangt Frau Abgeordnete Mag. Kuntzl. 3 Minuten Redezeit. – Bitte.

 


14.02.05

Abgeordnete Mag. Andrea Kuntzl (SPÖ): Sehr geehrte Damen und Herren! Frau Bundesministerin! Der vorliegende Bildungsbericht ist eine sehr wertvolle Grundlage, um Bilanz über die vielen wichtigen und positiven Maßnahmen, die in den letzten Jah­ren getroffen worden sind, zu ziehen und um faktenbasiert die entsprechenden wichti­gen Entscheidungen für die Maßnahmen, die in den nächsten Jahren erforderlich sind, zu treffen.

Natürlich sind noch viele Maßnahmen zu setzen, getragen von dem Gedanken, der in den letzten Jahren die Bildungspolitik leitet, nämlich, dass wir in Österreich dringend weitere Schritte in Richtung einer chancengerechten Gestaltung unseres Bildungssys­tems brauchen.

Das ist natürlich in der Schule wichtig, ist im vorschulischen Bereich auch schon ganz entscheidend wichtig und verbesserungswürdig und auch – und damit möchte ich Be­zug nehmen auf eine Debatte, die jetzt nicht den schulischen Bereich, aber das Bil­dungssystem insgesamt betrifft – im Bereich der Hochschulen.

Natürlich macht es – jedenfalls aus unserer gesellschaftspolitischen Sicht heraus – kei­nen Sinn, einerseits in den Schulen die Situation so zu verbessern, dass wir, wie Kolle­ge Mayer gesagt hat, kein Kind verlieren und die Kinder möglichst zu einem hohen Bil­dungsabschluss bringen, und dann umgekehrt die Kinder, die die Matura geschafft haben, in einem wesentlichen Ausmaß vielleicht nicht mehr auf die Hochschulen zu lassen – ich nehme dabei Bezug auf die Debatte, die jetzt im Anschluss an das OGH-Urteil zur Schadenersatzforderung wegen nichtentsprechender Studienbedingungen wieder entstanden ist.

Aus unserer Sicht – dieses Bekenntnis möchte ich auch heute wieder abgeben – ist dieser Spruch des OGH ein klarer Auftrag an uns als politisch Handelnde, als dieje­nigen, die auch über die Rahmenbedingungen für die Universitäten zu entscheiden ha­ben, zur Verbesserung der Studienbedingungen, und kein Auftrag dahin gehend, die Studierendenzahlen in Österreich zu reduzieren.

Einmal mehr gesagt: Wir brauchen in Österreich mehr und nicht weniger gutqualifi­zierte junge Menschen. Aus unserer Sicht ist es sehr einfach zusammenzufassen, nämlich, dass wir in Österreich nicht zu viele Studierende haben, sondern zu schlechte Studienbedingungen – und die sind zu verbessern.


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Ich habe gelesen, dass es nicht angeht, dass in Österreich weiterhin die ganze Welt studiert: Zum einen ist mir nicht bekannt, dass in Österreich die ganze Welt studiert, und flächendeckende Zugangsbeschränkungen, wie jetzt einmal mehr in den Raum gestellt, würden dazu führen – da ja die Quote weiterhin nur in der Medizin bestehen würde –, dass diejenigen, für die wir primär die entsprechenden Bildungschancen si­cherzustellen haben, nämlich die Kinder der österreichischen Steuerzahler und Steuer­zahlerinnen, in einem dramatisch hohen Ausmaß keine Studienplätze mehr hätten, weil wir natürlich weiterhin Studierende aus dem europäischen Ausland an unseren Univer­sitäten aufnehmen müssten.

Wir haben jetzt mit der Studienplatzfinanzierung – damit verbunden, dass eben keine Reduktion der Studienplätze stattfindet, sondern ein Ausbau der Kapazitäten – einen ersten Schritt in die richtige Richtung gesetzt. In diesem Sinne sollten wir in den nächsten Jahren auch daran arbeiten, die Bildungschancen an den österreichischen Hochschulen zu verbessern. (Beifall bei der SPÖ.)

14.05


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Zu Wort gelangt Frau Abgeordnete Mag. Cortolezis-Schlager. 3 Minuten Redezeit sind eingestellt. – Bitte.

 


14.06.07

Abgeordnete Mag. Katharina Cortolezis-Schlager (ÖVP): Herr Präsident! Frau Bun­desministerin! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Liebe Zuschauerinnen und Zu­schauer! Ich erlaube mir, wieder zum Nationalen Bildungsbericht und zum Schulsystem zurückzukehren und auf meine Vorrednerin, Kollegin Kuntzl, ganz zum Schluss einzu­gehen.

Was zeigt der Nationale Bildungsbericht? – Er liefert in drei Abschnitten oder drei gro­ben Blöcken drei Themenbereiche.

Erstens: Wie viel investieren wir in die Schule, wie wird diese Ressource verwendet, und was kommt am Ende heraus? Wir sehen bei den Ressourcen, dass Österreich sehr viel ausgibt. Das heißt, die Österreicherinnen und Österreicher können stolz sein: Bildung ist ihnen etwas wert.

Zweitens: Wir sehen, dass wir vom Prozess her hier im Parlament eine Fülle von Re­gelungen beschlossen haben und zusätzlich noch das Ministerium tagtäglich Stöße von Verordnungen herausgibt. Das führt dazu, dass wir eine hohe Regelungsdichte haben, die letztendlich in den letzten Jahren durch drei Themen, aus meiner Sicht, zu reduzieren ist.

Wir haben – und da komme ich zum dritten Teil, den dieser Bericht darstellt, nämlich die Ergebnisse – in den letzten Jahren ganz klare Parameter aufgestellt, sowohl auf in­ternationaler wie auf nationaler Ebene, dass wir am Ende des Weges verlässliche, sichere Kompetenzen haben wollen. Wir wollen, dass Schülerinnen und Schüler, die die Reifeprüfung machen, so etwas wie valide, gesicherte Kompetenzen erworben ha­ben und diese in ihrem Zeugnis auch bestätigt bekommen.

Wir wollen umgekehrt, dass auch am Ende der Volksschul- oder Grundschulzeit sicher­gestellt ist, dass beim Lesen, Schreiben, Rechnen Grundqualifikationen vorhanden sind, und wir wollen bei den 14-Jährigen, dass sie all jene Kompetenzen haben, die sie benötigen, um erfolgreich in der Sekundarstufe tätig zu sein und zu lernen.

Das setzt voraus, dass wir den Weg dorthin aber freigeben. Wenn wir hohe Standards seitens der Schulen zu erfüllen haben, diese mit Bildungsstandards, mit internationalen Vergleichsstudien überprüfen, dann ist der nächste Schritt – und wir hatten hier im Parlament schon eine Einigung – der Ausbau der Schulautonomie und der Weg, wie wir zu diesen Ergebnissen kommen. Und wenn wir uns darauf verständigen, dann


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brauchen wir auch die beiden eingebrachten Entschließungsanträge nicht, denn dann kann die Schule selber entscheiden, ob das in Vorarlberg, in Wien, im Burgenland, in der Steiermark oder wo auch immer hilfreich ist oder nicht. (Beifall bei der ÖVP.)

Zweiter Punkt: PädagogInnenbildung. Wir werden dazu noch umfassend Stellung neh­men, wir haben auch einen eigenen Ausschuss. Ich möchte den Dank an Kollegen Mayer zurückgeben, für mich ist das Thema PädagogInnenbildung NEU ein Musterbei­spiel dafür, wie in diesem Parlament künftig Gesetze entstehen sollten: über mehrere Jahre hohe Einbeziehung aller Stakeholder, aller Beteiligten – Schulpartner, Schüler, Eltern, Lehrer, Wissenschaftler –, eine Expertengruppe, die gemeinsam für beide Res­sorts arbeitet, und zwei BundesministerInnen, die sich dieser Sache annehmen.

Dieses Ergebnis zeigt, dass wir, wenn wir Fachexpertise ins Parlament hereinholen, zu deutlich besseren Ergebnissen kommen, als wenn wir ständig über den Dissens und über die Unterschiede miteinander diskutieren.

Ich glaube daher, dass wir mit der PädagogInnenbildung NEU einen neuen Maßstab gesetzt haben, und ich hoffe, dass wir in der Schuldebatte künftig nicht nur über Tür­schilder diskutieren, sondern über Ergebnisse.

Nun komme ich zum dritten Schritt: Wir sehen einen ganz klaren wissenschaftlichen Zusammenhang zwischen Ausbau der Schulautonomie, externer Evaluierung und Ver­antwortung der Lehrerinnen und Lehrer für den Unterricht. Dort müssen wir hinkom­men, dass wir unsere Lehrerinnen und Lehrer unterstützen, für ihre Schülerinnen und Schüler Verantwortung zu übernehmen und jene Lernumgebung zu schaffen, die diese brauchen, damit Chancengleichheit, Freude am Lernen, Gerechtigkeit, Weiterentwick­lung, lebenslanges Lernen ermöglicht werden.

In diesem Sinne glaube ich, dass wir mit der PädagogInnenbildung eine neue Atmo­sphäre geschaffen haben und dass wir uns hier im Parlament auch künftig derartige Expertisen zunutze machen sollten.

Ich komme abschließend zum OGH-Urteil. Da haben wir noch keinen gesellschaft­lichen Konsens, obwohl uns alle Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler zeigen, dass Zugangsregelungen und Studiengebühren das fairste Studiensystem der Welt sind. Aber: Was noch nicht ist, kann noch werden. (Beifall bei der ÖVP.)

14.11


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Zu Wort gemeldet hat sich Frau Bundesministerin Dr. Schmied. – Bitte.

 


14.11.14

Bundesministerin für Unterricht, Kunst und Kultur Dr. Claudia Schmied: Herr Prä­sident! Meine sehr geehrten Damen und Herren Abgeordnete! Zunächst ganz spontan und replizierend auf Ihre Ausführungen, Frau Abgeordnete Cortolezis-Schlager: Da müssen wir weiterarbeiten: mehr Verantwortung den Schulstandorten, mehr Verant­wortung den Direktoren und eine Ressourcenzuteilung basierend auch auf dem sozio-ökonomischen Hintergrund der einzelnen Schulstandorte, wobei die einzelnen Stand­orte ihr pädagogisches Know-how, ihre Verantwortung einbringen, um die Detailumset­zung dann vor Ort, so wie es am besten für die jungen Menschen passt, auch ver­wirklichen zu können.

Dort müssen wir hinkommen. Das ist aber ein gewaltiger Schritt. Das ist eine System­umstellung. Ich weiß, dass Sie sich auch mit Fragen der systemischen Organisation, der Organisationsentwicklung beschäftigen, das ist wirklich Systemumstellung von 1.0 auf 4.0, weil das ein komplettes Umdenken erfordert. Und das beginnt bereits bei der Legistik. Die Legistik ist heute so ausgelegt, dass wir de facto alles von oben aus steuern und vorgeben, verfeinert mit Verordnungen und Erlässen. Das müssen wir um-


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kehren hin zu einer Ergebnisverantwortung, die dann auch mit Personalverantwortung gekoppelt ist! Ich sehe, so wie Sie, dort die Zukunft.

Aber jetzt zum Nationalen Bildungsbericht: Für mich ist er eine wesentliche Arbeits­grundlage. Und ja, Frau Abgeordnete Marek, er ist auch für den wissenschaftlichen Diskurs geeignet. Er ist auch ein Dokument des Standards unserer Forschungsarbei­ten auf diesem Gebiet und ist auch ein Dokument der Wissenschaftler und Wissen­schaftlerinnen: Immerhin haben 48 Personen an der Erstellung dieses Berichts gear­beitet.

Er ist weiters wichtig für den internationalen Austausch, unsere Zusammenarbeit im Rahmen der Europäischen Union, im Rahmen der OECD. Wir brauchen ja immer wie­der auch wissenschaftliche Grundlagen. Und der Nationale Bildungsbericht bestimmt unsere bildungspolitische Arbeit, wenn wir das wollen. Aber das hängt natürlich auch vom Rezipienten ab. Wir müssen uns eingehend damit auseinandersetzen und – da kann ich nur an uns alle appellieren – die Expertise, die wir hier finden, auch für den bildungspolitischen Diskurs entsprechend nutzen.

Ähnlich wie es die Frau Abgeordnete Haubner vorhin getan hat, habe auch ich mir überlegt, welche Schlussfolgerungen man in den einzelnen Kategorien ziehen und für die bildungspolitische Arbeit, die wir ja jetzt schon einige Jahre gemeinsam gestalten, nutzen kann. Ich habe das in drei Kategorien eingeteilt.

Das ist einmal das Kapitel: Wir haben einiges erreicht! Ich bin schon stolz – ich führe ja gemeinsam mit dem Herrn Abgeordneten Mayer auch eine Statistik –, wir sind jetzt mittlerweile bei 60 Regierungsvorlagen zum Thema Bildung, wie verpflichtendes Kin­dergartenjahr, kleinere Klassen, Neue Mittelschule, Ausbau Ganztagsschule, Bildungs­standards, berufsbildendes Schulwesen, Lehre und Matura, und so weiter und so fort. Das ist schon eine sehr beachtenswerte Leistungsbilanz.

Zweite Kategorie: Wir müssen die Maßnahmen – und das ist jetzt schon appellativer –, die wir gesetzt haben, absichern, stabilisieren und mit Leben erfüllen. Ob das jetzt re­gelmäßige Eltern-Schüler-Lehrer-Gespräche sind, die auch wirklich wertschätzend, respektvoll durchgeführt werden müssen, ob das die Berufs- und Bildungsberatung ist, für die wir uns auch gemeinsam eingesetzt haben, die Leseförderung, Beteiligung an Bildungsprogrammen oder Deutschförderungen.

Dann gibt es drittens den Bereich der offenen Punkte. Da kann die Devise nur lauten – das muss ich jetzt an mich selber richten, aber auch an diejenigen, die mich hier un­terstützen wollen –: unerschrocken, offensiv weiter vorwärts.

Ich gehe davon aus, dass wir in dieser Legislaturperiode hier im Hohen Haus zumin­dest drei Punkte noch gemeinsam abschließen: Das ist PädagogInnenbildung NEU, hier gibt es den Regierungsbeschluss, der parlamentarische Fahrplan ist festgelegt. Wir sind in Endverhandlungen, was den weiteren Ausbau der ganztägigen Schulfor­men betrifft. Da wird es einen 15a-Vertrag geben. Auch da setze ich alles daran, dass wir vor dem Sommer den 15a-Vertrag hier im Hohen Haus behandeln können. Dann kommt noch das Paket Schulverwaltung, das jetzt gerade in Begutachtung ist, Begut­achtungszeitende ist Ende Mai.

Und dann kommt das große, wichtige Permanentthema, das mich seit dem Jahr 2009 beschäftigt – und, Herr Abgeordneter Rosenkranz, hier delegiere ich nicht, obwohl ich es ehrlich gestanden manchmal gerne delegieren würde –, das Dienst- und Besol­dungsrecht: seit einem Jahr 26 Verhandlungsrunden. Ich betrachte das als Investition. Ich hoffe nicht, dass es Stranded Investment ist, also verlorene Investition, denn zum Abschluss gehören zwei, gehören Dienstgeber und Dienstnehmer.

Warum ist mir das neue Dienst- und Besoldungsrecht so wichtig? – Das möchte ich auch einmal hier im Hohen Haus deutlich sagen. Die Einstiegsgehälter, die wir derzeit


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den jungen Lehrerinnen und Lehrern zahlen, sind einfach nicht attraktiv genug. Reden Sie mit Vertretern/Vertreterinnen des Landesschulrats in Oberösterreich: Reihenweise gehen die jungen Leute nach Bayern, weil sie als Junglehrer dort viel mehr verdienen. Das heißt, wir müssen die jungen Lehrer und Lehrerinnen besser bezahlen. Unser An­gebot ist hier 500 € pro Monat mehr.

Zweiter Punkt: Wir erwarten gerade auch im Zusammenhang mit Bildungsstandards, Feedback-Gesprächen, Personalverantwortung mehr Gestaltungswillen und auch mehr Verantwortung von den Direktoren und Direktorinnen; die müssen wir einfach in Zu­kunft auch besser bezahlen.

Wir alle wünschen uns – dritter Punkt –, dass wir mehr Quereinsteiger für den Schul­beruf begeistern können. Das ist für die Schüler/Schülerinnen attraktiv und es tut auch den anderen Lehrern und Lehrerinnen im Team gut, wenn es Personen gibt, die schon andere Arbeitswelten kennengelernt haben. Aber wir müssen für die Quereinsteiger und Quereinsteigerinnen im Dienst- und Besoldungsrecht auch vorsehen, dass Vor­dienstzeiten anerkannt werden, denn es beginnt doch niemand bei t 0, wenn er schon in anderen Berufsfeldern zehn, zwölf Jahre Erfahrung gesammelt hat. Auch das müs­sen wir berücksichtigen.

Vierter Punkt: Ich finde das derzeitige Entlohnungssystem schlichtweg unfair, wenn ich mir die Unterschiede zwischen AHS-Unterstufenlehrereinkommen und den Einkommen der Hauptschullehrer und der Lehrer, die an der Neuen Mittelschule unterrichten, an­schaue. Auch in Verbindung mit der Lehrverpflichtung bin ich für mehr Fairness.

Und der fünfte Punkt: Ja, wir erwarten uns mehr Zeit mit den Schülern und Schülerin­nen. Es soll Zulagen für die Übernahme von mehr Funktionen und mehr Verantwortung geben, und es soll auch die Vor- und Nachbearbeitung abgegolten werden.

Wir werden intensiv weiterverhandeln, denn das neue Dienst- und Besoldungsrecht ist einfach ein Schlüssel für die weitere Umsetzung unserer Reformmaßnahmen.

Nun zum Thema Investitionen in Bildung; Frau Abgeordnete Haubner hat es auch angesprochen. Wir haben darüber ja auch eingehend im Ausschuss diskutiert. Ja, es ist richtig, wir investieren derzeit viel in unser Schulsystem. Da muss man aber auch schauen, woran es liegt, dass das Schulsystem in Österreich im OECD-Vergleich – man kann es ja auch so formulieren – relativ teuer ist.

Das sind im Wesentlichen vier Punkte. Der erste Punkt: Wir haben eine erstklassige – ich formuliere das jetzt bewusst so positiv – Infrastruktur an Schulen und an Schulan­geboten. Das heißt, wir haben eine hohe Schuldichte. Anders formuliert: Wir haben sehr viele kleine Schulstandorte. Die sind natürlich in Relation zu größeren Schulstand­orten auch teurer.

Zweiter Punkt: Etwa 50 Prozent unserer Lehrer und Lehrerinnen sind über 50 Jahre alt. Bei der Gehaltskurve, die wir im öffentlichen Dienst vorfinden, bedeutet das einfach, dass wir derzeit sehr stark ins teurere Segment der Lehrer und Lehrerinnen, kosten­mäßig betrachtet, investieren.

Der dritte Punkt ist bekannt. Das ist die Unterrichtsverpflichtung im OECD-Vergleich zu anderen Ländern.

Der vierte Punkt ist: Wir haben einfach ein erstklassiges berufsbildendes Schulsystem, das auch dementsprechend teurer ist, aber das ist eine bewusste Investition in Spit­zenleistungen auf diesem Gebiet. Dazu möchte ich an das, was Sie, Herr Abgeord­neter Rosenkranz gesagt haben, anschließen: Ich schätze die Lehre. Ich schätze das berufsbildende Schulsystem. Ich sage ein klares Ja zum dualen Ausbildungssystem und werde auch nicht müde, immer wieder zu betonen, dass wir gerade auf diesem


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Gebiet – so viele haben wir da im Augenblick ja gar nicht – auch im Spitzenfeld im OECD-Vergleich vorzufinden sind.

Aber ich sage noch etwas. Vielleicht haben Sie das ein bisschen vermischt. Wenn ich mir heute anschaue  jetzt unter dem Aspekt Chancengerechtigkeit –, wie die Vertei­lung ausschaut, dann wissen wir einfach aus den Statistiken, dass von 100 Kindern, deren Eltern nur Pflichtschulabschluss haben, 14 die Matura schaffen und fünf ein Uni­versitätsstudium, und von 100 Akademikerkindern schaffen 66 die Matura und 41 ein Hochschulstudium. Da sage ich dann immer dazu, es kann ja nicht sein, dass die In­teressen, Begabungen und Neigungen so unterschiedlich in Österreich verteilt sind. Da sehen wir, dass einfach der Faktor oder die Macht der Herkunft in Österreich noch er­drückend groß ist.

Wichtig ist mir – wir investieren ja heute um etwa 1 Milliarde € jährlich mehr in das Schulsystem als zu Beginn der Legislaturperiode –, dass wir jede Mehrinvestition mit Qualität verknüpfen. Das muss gelingen, zum Beispiel über die Bildungsstandards, die neue Matura, kleinere Klassen mit Individualisierung des Unterrichts. Es muss hier ein­fach der Qualitätsanspruch immer wieder gefordert werden.

Dazu möchte ich jetzt auch etwas Grundsätzliches sagen: Ich sage Ja zur Marktwirt­schaft, und ich sage Nein zur Marktgesellschaft. Ich möchte einen leistungsstarken öf­fentlichen Sektor. Das heißt auch, dass wir hier vor allem auf Qualität und auf Inno­vation setzen. Das ist mir ein großes Anliegen, und da spielt eben auch das Dienst- und Besoldungsrecht eine ganz zentrale Rolle. (Beifall bei der SPÖ.)

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Es liegen sehr große Herausforderungen vor uns, speziell im städtischen Bereich. Ich glaube, es war Herr Abgeordneter Rosen­kranz, der darauf hingewiesen hat, dass jedes zweite Kind, das in Wien die Volks­schule besucht, in einer Familie lebt, wo zu Hause nicht Deutsch gesprochen wird, und das Fatale daran ist, dass die meisten dieser Familien auch noch arme Familien sind. Das heißt, wir müssen da investieren. Ich sage auch immer, wenn ich diese Volks­schulen besuche und so in die Runde schaue, jedes Kind, das heute die Volksschule besucht, bestimmt in 15, in 20 Jahren auch die Geschicke unseres Landes  wirt­schaftlich, sozial und demokratiepolitisch. Daher müssen wir in die Sprachförderung in­vestieren, müssen die Schulen gezielt besser ausstatten und dürfen einfach nicht ver­gessen, dass die Lehrer und Lehrerinnen entscheidend sind für den Bildungserfolg, ge­nauso aber auch Eltern und Familie.

Ganz zum Schluss möchte ich betonen, dass Bildungspolitik einfach ein permanenter Prozess ist. Bildungspolitik hat in dem Sinn nie eine Pause. Da kann man sich auch, glaube ich, nie zurücklehnen. Man kann sich zwar zwischendurch freuen, wenn wieder einmal etwas gelingt, aber es liegen immer wieder große Aufgaben vor uns. Ich kann nur sagen, notwendig sind Maßnahmen, die stabilisieren, damit sie gut bei den jungen Menschen ankommen. Offene Punkte müssen couragiert und engagiert weiter bear­beitet werden. Wir haben gar keine Wahl, wir müssen vorwärts gehen und in die Zu­kunft schauen. – Vielen Dank. (Beifall bei SPÖ und ÖVP.)

14.26


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Mag. Jarmer. 4 Minuten Redezeit. – Bitte.

 


14.26.29

Abgeordnete Mag. Helene Jarmer (Grüne) (in Übersetzung durch eine Gebärden­sprachdolmetscherin): Sehr geehrter Herr Nationalratspräsident! Sehr geehrte Frau Mi­nisterin! Hohes Haus! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! (Die Rednerin lässt den Beginn ihrer Rede nicht durch die Gebärdensprachdolmetscherin übersetzen.) Ton ab! So ist es. So sieht die Realität aus.


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll203. Sitzung / Seite 119

Der aktuelle Fall: Zwei Schülerinnen sitzen in der Schule und verstehen genauso nichts, wie Sie gerade eben. Das ist täglich der Fall. Stellen Sie sich vor, ohne Überset­zungsleistung den ganzen Tag wo zu sitzen und nichts zu verstehen, da würden Sie wahrscheinlich auch aufstehen und nach Hause gehen. Das müssen die Kinder jeden Tag aushalten. Bei diesen beiden Kindern ist das der Fall.

Im Bildungsbericht wird einiges beschrieben. Die Frage ist nur: Integration oder Son­derschule? Ich denke, beide Systeme haben ihre Berechtigung verloren. Warum ist das so? – Ich möchte hier noch einiges aufzeigen. Frau Ministerin! Ich weiß nicht, ob Sie wirklich alle Informationen direkt bekommen haben oder nicht, vielleicht hat das Ihr Beamtenstab bearbeitet. Es ist so, dass das Recht auf Sprache für gehörlose Kinder in Österreich nach wie vor nicht existent ist. Das wundert vielleicht den einen oder an­deren.

Es ist so: Bei gehörlosen Kindern wird Deutsch immer fremdgesteuert sein, genauso wie jede andere Sprache, wie Französisch oder Englisch. Dadurch, dass sie nicht hö­ren können, können sie sie nicht natürlich erwerben, sondern müssen gesteuert, näm­lich fremdgesteuert, Deutsch lernen. Das heißt, sie können es selbst nicht kontrollieren, was sie da tun. In diesem Punkt wird Gebärdensprache immer die Muttersprache sein, weil sie sie ganz natürlich erwerben können. Sie können sie zu Hause wahrnehmen, sie können auch selbst ihre Sprachentwicklung beobachten, und zwar ausnahmslos.

Das begreifen aber sehr viele Menschen nach wie vor nicht. Sie fragen: Wozu braucht man denn überhaupt noch Gebärdensprache? – Die haben ja eh Deutsch. Aber sie brauchen ein Fundament, denn ohne dem können sie auch keine weitere Sprache ler­nen, und das ist schwierig. Das ist ohne diese Grundlage zehnmal so schwierig.

Wie würden Sie sich ohne Muttersprache fühlen, wenn Sie vielleicht Chinesisch oder eine andere Sprache lernen? – Das braucht ja ewig lange. Sie können alle froh sein, dass Sie die Möglichkeit bekommen haben, Ihre Sprache natürlich zu erwerben. Und nach wie vor ist es so, dass diese Kinder zwar durch die Anerkennung ein formales Recht haben, aber im Unterrichtsgesetz wird das Recht auf Sprache bei der Gebär­densprache nicht erwirkt. Das ist der große Punkt dabei. Das hat Folgen. Der Sprach­stand bei Kindern in der Schule, die sechs Jahre alt und gehörlos sind, ist genau gleich, wie bei Kindern, die zwei Jahre alt sind und hören können. Das ist bitteschön noch ein optimales Ergebnis. Da gibt es noch schlechtere. Pflichtschulabgänger haben das Niveau von achtjährigen hörenden Kindern. Das heißt, sie sind schlecht beschult. Bei 80 bis 90 Prozent kann man von einem Analphabetismus sprechen.

Die LehrerInnen-Ausbildung wird diskutiert. Die Inklusion ist ein Thema. Aber dass LehrerInnen verpflichtet sind, die Gebärdensprache zu lernen, das gibt es nicht. Sie können einen 70-Stunden-Gebärdensprachkurs vorweisen, der allerdings ohne Prü­fung ist. Bitte wer kann denn Italienisch unterrichten, ohne ein Studium absolviert zu haben, ohne diese Prüfungen abgelegt zu haben und eine Kompetenz auf Level C nachweisen zu können?

In Österreich können, sagen wir einmal, geschätzte 5 Prozent der LehrerInnen die Ge­bärdensprache. Und woher kommen diese Kenntnisse? – Sie sind aufgrund von Eigen­initiative erlernt worden, weil sie eben jemanden in der Familie haben oder wirklich flei­ßig lernen. Das ist eine unmögliche Situation, und das müssen wir ändern! Diese bei­den Punkte sind ganz wichtig.

Jetzt möchte ich auf den Kärntner Fall zurückkommen. Das Kind sitzt in der Integra­tionsklasse. Der Landesschulrat, also nicht der Stadtschulrat, bemüht sich um Stütz­lehrkörper. Und sind die dann gebärdensprachkompetent? – Nein, die sind auf A1-Level. Schaffen die es auch, die Inhalte auf Gymnasiallevel zu unterrichten? – Das geht nicht. Das gibt es doch bitte nicht. Das ist skandalös. Wie kann man denn ein Kind


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unterrichten, ohne dass die Sprache kompetent angewendet werden kann? Deswegen frage ich mich, wie das denn sein kann? Vielleicht geht man in eine andere Schule, wenn man hören kann, aber wenn die Lehrer alle nicht gebärdensprachkompetent sind, reduziert sich das Angebot für Kinder. Das heißt, die Stützlehrer kommen zwar zu den Kindern, die Gebärdensprache brauchen, können aber selbst keine Gebärden­sprache.

Das betrifft alle Bundesländer, und zwar alle Kinder. Vielleicht gibt es einige Klassen, wo es möglicherweise eine Lehrerin oder einen Lehrer gibt, der vielleicht ein bisschen etwas abdecken kann auf Gebärdensprachenniveau. Aber das ist nicht fair. Das ist ein Menschenrecht, das ganz schwer verletzt wird. Hier müssen wir uns für die Sprachen­rechte aussprechen und für diese Kinder! Frau Ministerin, das ist mir ein wichtiges An­liegen an Sie. Dafür kämpfe ich mit Herzblut. Es ist ganz wichtig, dass wir das ändern. (Beifall bei den Grünen.)

Zu den Studien: Ich finde das ganz gut. Der Bildungsbericht deckt viel ab, aber im Be­reich Behinderung, Schulerfolg, Sprachkompetenz von behinderten Kinder und so wei­ter, da sieht natürlich die Erhebung ganz anders aus. Ich denke, es wäre ganz wichtig, diesen Bereich einmal zu erforschen.

Es ist mein Anliegen an Sie, dass man vielleicht in dem Fall in Kärnten, Frau Ministerin, schaut, dass das positiv weitergeht. Es gibt natürlich viele, viele Fälle, die ähnlich ge­lagert sind, aber diesen können wir vielleicht lösen. Sie haben gesagt, kein Kind soll auf der Strecke bleiben, soll man zurücklassen, aber ich denke, bei behinderten Kin­dern ist es oft so, dass die links liegen gelassen und vergessen werden. – Danke für Ihre Aufmerksamkeit. (Beifall bei den Grünen sowie bei Abgeordneten von SPÖ und ÖVP.)

14.32


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Riepl. 2 Minu­ten Redezeit. – Bitte.

 


14.32.40

Abgeordneter Franz Riepl (SPÖ): Herr Präsident! Sehr geehrter Frau Bundesminis­ter! Wir diskutieren den Nationalen Bildungsbericht jetzt mittlerweile schon weit mehr als eine Stunde. Er zeigt eine Gesamtschau unseres Bildungs- und Schulbereichs, lie­fert wichtige Zahlen und Daten als Grundlage für politische Entscheidungen und gibt auch Auskunft über die Reformschritte der letzten Jahre und ihre Auswirkungen. Er beweist aber auch – das, glaube ich, muss man bei der Gelegenheit auch anspre­chen –, dass der Reformstau der Vorgängerregierungen Schritt für Schritt abgebaut werden konnte.

Einige Beispiele vielleicht aus den berufsbildenden Bereichen: Das Nachholen des Hauptschulabschlusses ist seit 1. September vergangenen Jahres kostenfrei durch Kurse möglich. Das ist ein ganz wichtiger Schritt, glaube ich, der hier gesetzt wurde. Erst vor wenigen Tagen haben wir hier die gesetzliche Grundlage dafür geschaffen, dass auch der Lehrabschluss nahgeholt werden kann, mithilfe der Berufsschulen und des Arbeitsmarktservices. Bei der Gelegenheit, glaube ich, wird es nicht mehr lange dauern, bis die Sozialpartner auch auf die Idee kommen, darüber nachzudenken, ob nicht die Berufsschulzeit insgesamt in manchen Berufen vielleicht zu kurz ist. Also die Verlängerung der Berufsschulzeit wird wahrscheinlich in den nächsten Jahren auch ein Thema werden. Man muss das dann natürlich auch mit der Länge der jeweiligen Lehr­zeiten gemeinsam diskutieren.

Weiters gibt es die Modularisierung der Abendschulen. Es ist heute schon gesagt wor­den, die HTL ist eine wichtige Stütze unserer beruflichen Schulausbildung. Lehre mit


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Matura, das bildet mittlerweile die Basis für jeden weiteren Bildungsweg, und das kos­tenfrei. Mehr als 10 000, glaube ich, Frau Bundesministerin, sind jetzt bereits in diesem Programm, und zirka 700 haben es bereits positiv abgeschlossen. Das ist ein ganz wichtiger bildungspolitischer Schritt für all jene, die vielleicht irgendwann vor Jahrzehn­ten einmal eine Lehre begonnen oder absolviert haben und damals nur davon träumen konnten, irgendwie weiterzukommen. Die Lehre war damals Sackgasse, heute ist das nicht mehr so.

Seit das Bildungsministerium in SPÖ-Händen ist, ist viel geschehen, aber – und das muss man dazusagen – vieles liegt noch vor uns, sehr vieles liegt noch vor uns. Alles dreht sich ums Geld, und daher, glaube ich, sollte man nach der folgenden, meiner De­vise weiterhin die Bildungspolitik gestalten: Ein Bildungsdefizit einer Gesellschaft zu korrigieren ist immer teurer, als es gar nicht entstehen zu lassen. (Beifall bei der SPÖ.)

14.35


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Als nächste Rednerin zu Wort gelangt Frau Abge­ordnete Franz. 3 Minuten Redezeit. – Bitte.

 


14.35.30

Abgeordnete Anna Franz (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Frau Ministerin! Ge­schätzte Damen und Herren! Der Nationale Bildungsbericht, der hier diskutiert wird, ist ein wichtiger Indikator für unser Bildungssystem und liefert Daten, Hintergrundberichte und Analysen für einen grundlegenden Bildungsdiskurs.

Ich habe nach den vielen Schulversuchen und deren Evaluierungen gesucht und bin leider nicht fündig geworden. Ich glaube, dass gerade die Schulversuche aussagekräf­tige Erkenntnisse liefern könnten und für eine künftige Schulentwicklung ganz wichtig wären. Sie haben ja auch recht viel Geld gekostet. Und da bin ich nun schon bei den Bildungsausgaben. Hier steht, dass zwischen 2000 und 2009 die öffentlichen Bildungs­ausgaben in Österreich um 25 Prozent gestiegen sind. Wir sind mit durchschnittlich 9 000 € pro Kopf an Ausgaben in Österreich ganz deutlich über dem Schnitt der EU-27. Trotzdem ist der Erfolg mäßig.

Ich hebe das Beispiel der Leseleistungen hervor. Da steht, dass bei der Lesekompe­tenz der Zehnjährigen Österreich unter den 14 Vergleichsländern den letzten Platz ein­nimmt. In einem BIFIE-Bericht steht, dass fast jeder dritte österreichische Schüler ge­gen Ende der Grundschule große Probleme hat, einfachste mathematische Frage­stellungen zu lösen. Das ist eigentlich ein Armutsbericht. Da steht dann weiter bei den Faktoren für geringe Leseleistung: Es ist die Begrenztheit der personellen und zeitli­chen Ressourcen in der Familie zur Unterstützung der Kinder.

Lesen lernen, Sprache, beginnt im Elternhaus. Wenn zu Hause nicht gelesen bezie­hungsweise vorgelesen wird, ist es sehr schwer, das in der Schule aufzuholen. Da ist es unverständlich, dass die Stabsstelle Lesen im Bildungsministerium abgeschafft wurde.

Bemerkenswert ist auch, dass sich bei den Fortbildungsangeboten an den Pädagogi­schen Hochschulen gerade einmal 2 Prozent dieser Angebote mit dem Problem Lesen lernen befassen. Wir haben schon gehört, dass von den Pädagogen auch kritisiert wurde, dass passende Fortbildungsangebote fehlen, wobei der Bildungsbericht in puncto Lehrerfortbildung den österreichischen Lehrerinnen und Lehrern das beste Zeugnis ausstellt. So gehört Österreich zu jenen Ländern mit dem höchsten Anteil an Lehrpersonen, die Fortbildungen besuchen, nämlich 97 Prozent. Da möchte ich ein großes Lob an die österreichische Lehrerschaft richten.

Was sind nun die Schlussfolgerungen daraus? – Je früher begonnen wird, umso bes­ser ist es. Was das Elternhaus versäumt, was in der Frühpädagogik versäumt wird,


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kann nur sehr schwer aufgeholt werden. Deshalb braucht es viel mehr Augenmerk auf die Frühpädagogik, auf den Kindergarten und auf die Arbeitsbedingungen in den Volks­schulen. Die sind zu verbessern. Die Volksschulen sind zu stärken, denn ein stabiles Haus braucht ein gutes Fundament. Wenn das nicht gegeben ist, dann sind wir beim Reparieren, und wir wissen alle, Reparieren kostet sehr viel Geld.

Alles dreht sich um den Lehrer, sagt John Hattie, der neuseeländische Bildungsfor­scher. Er spricht mir aus dem Herzen. Es geht um die Qualität im Lehrerberuf. Wir ha­ben bereits die PädagogInnenausbildung auf Schiene gebracht – und ich freue mich auch darüber –, aber wir brauchen ein modernes Dienst- und Besoldungsrecht. Da wünsche ich mir ernsthafte und faire Verhandlungen auf Augenhöhe, damit wir zu einer guten Lösung kommen. (Beifall bei der ÖVP.)

14.39


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Mag. Rudas. 2 Minuten Redezeit. – Bitte.

 


14.40.01

Abgeordnete Mag. Laura Rudas (SPÖ): Herr Präsident! Frau Ministerin! Der Bericht wurde von allen Parteien, von allen Seiten gelobt. Ich glaube aber, dass wir irgend­wann, wenn wir diese Berichte und auch sehr viele Studien haben, diese nach den Dis­kussionen auch ernst nehmen müssen. Denn jede Studie weist eigentlich schon viel­fach auf die gleichen Fehlentwicklungen hin, und betreffend den Sollzustand wird von Fachleuten längst schon sehr klar analysiert, was da verbessert werden soll. Irgend­wann müssen wir uns also entscheiden: Arbeiten wir für die Interessenvertreter oder arbeiten wir für die Kinder? Wollen wir das Beste für die Kinder oder wollen wir einfach den Status quo bewahren?

Da bin ich schon bei Frau Kollegin Haubner, dass es vor allem auch auf den Unterricht ankommt. Aber da sieht man ja, was die Unterrichtsministerin in den letzten Jahren alles geleistet hat mit den Bildungsstandards als Kompetenzorientierung, Neuer Mittel­schule, Lehre mit Matura und vielem mehr. Ich glaube, da ist vieles geschehen.

Aber jetzt kommt man schon an das Gerüst, und das ist nun einmal das Schulsystem. Da soll man nicht sagen, es geht nicht um Ideologie, denn Ideologie ist per se nichts Schlechtes. Es geht eben um das System, und hier sagen alle ExpertInnen, alle Fach­leute, aber auch alle internationalen Beispiele zeigen das, dass die Selektion mit zehn zu früh ist und dass es ganztägige Schulen braucht! Ich finde, da soll man nicht darum herumreden, sondern das ist schwarz auf weiß belegbar. Dann müssen wir aber dieses System auch ändern! (Beifall der Abg. Königsberger-Ludwig.)

Frau Kollegin Franz hat es angesprochen: Im Klassenzimmer kommt es dann aber na­türlich auch auf das Dienst- und Besoldungsrecht an. Da ist es mir ganz wichtig, zu be­tonen, dass das nicht, wie oft angedeutet wird, einfach eine Angelegenheit der Frau Ministerin ist, und sie soll sich das mit der Gewerkschaft ausmachen, das muss schon unser aller Anliegen sein!

Manchmal kommt es mir so vor: Manche Kolleginnen und Kollegen stellen sich neben den Ring, schauen einmal zu und vergeben dann Noten für die Kür. (Abg. Dr. Walser: Welche? Namen!) Aber die Zukunft, Österreichs Zukunft, wird in den Klassenzimmern entschieden und ist ja unser aller Anliegen. Da wir wissen, was in den letzten Jahren geschehen ist, wer alles schon welche Verhandlungen geführt hat, muss das endlich unser aller Aufgabe sein! Aber nicht so, dass ein bisschen mit einem Grinsen der Frau Ministerin zugesehen wird, wie sie mit der Gewerkschaft verhandelt, sondern das muss unser aller Anliegen sein. Da müssen wir, unabhängig von der Partei, mit ihr auf einer Seite kämpfen. – Danke schön. (Beifall bei der SPÖ.)

14.42



Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll203. Sitzung / Seite 123

Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Als nächste Rednerin gelangt Frau Abgeordnete Gessl-Ranftl zu Wort. 2 Minuten Redezeit. – Bitte.

 


14.42.17

Abgeordnete Andrea Gessl-Ranftl (SPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Frau Minis­terin! Hohes Haus! Die regelmäßige Herausgabe eines Nationalen Bildungsberichtes ist in vielen Ländern schon zur Selbstverständlichkeit für bildungspolitische Entschei­dungen geworden. Ich finde es auch wichtig und richtig, dass in Österreich bereits zum zweiten Mal dieser Bildungsbericht erstellt wurde und heute hier im Plenum auch aus­führlich diskutiert wird.

Trotz vieler Widerstände ist es in den letzten Jahren dennoch gelungen, zentrale Schulentwicklungsprozesse einzuleiten, die auch teilweise schon umgesetzt werden konnten. Ich spreche hier vor allem die Ganztagsschule an, die auch im Nationalen Bil­dungsbericht 2012 in einem Kapitel unter die Lupe genommen wird.

Dabei empfiehlt der Nationale Bildungsbericht den Ausbau der verschränkten Form und beruft sich dabei auch auf Forschungsbefunde. Für die verschränkte Form spre­chen vor allem bildungspolitische und pädagogische Überlegungen – eine langjährige Forderung der SPÖ, wobei aber die Hürden durch unseren Regierungspartner nach wie vor unverändert hoch sind.

Für Berufstätige, aber vor allem für alleinerziehende Mütter und Väter ist ein ganztägi­ges Betreuungsangebot eine Notwendigkeit. Die Nachfrage hat sich in den letzten sechs Jahren verdoppelt. Bis zum Schuljahr 2018/2019 sollen immerhin 200 000 Plät­ze angeboten werden. Somit kann auch den gesellschaftlichen Veränderungen Rech­nung getragen werden.

Erfreulich ist auch noch, dass bei der Landeshauptleutekonferenz vorigen Donnerstag eine Vereinbarung mit dem Bund zum Ausbau der Ganztagsschule beschlossen wer­den konnte. Das ist mit Sicherheit ein weiterer Meilenstein in der Bildungspolitik.

Im Nationalen Bildungsbericht wird außerdem hervorgehoben, über eine Aufhebung des Erfordernisses der Zwei-Drittel-Zustimmung der Lehrer zu einer verschränkten Ganztagsschule nachzudenken. Vielleicht könnte hier doch noch eine Einigung erzielt werden. – Danke. (Beifall bei der SPÖ.)

14.44


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Mag. Lohfeyer. 2 Minuten Redezeit. – Bitte.

 


14.45.00

Abgeordnete Mag. Rosa Lohfeyer (SPÖ): Herr Präsident! Geschätzte Frau Ministe­rin! Hohes Haus! Es wurde schon mehrfach erwähnt, dass der vorliegende Bildungs­bericht 2012 eine wichtige Orientierungshilfe bezüglich der Bildungslandschaft in Ös­terreich, aber auch eine wichtige Grundlage für die bildungspolitische Arbeit ist.

In diesen letzten Jahren sind ja viele wichtige, offensive, neue Wege in der Bildungs­politik beschritten worden: mit dem verpflichtenden Kindergartenjahr, der Neuen Mittel­schule, der Weiterentwicklung in der Oberstufe, den Maßnahmen im Bereich der Be­rufsausbildung oder dem Nachholen von Ausbildungs- und Bildungsabschlüssen.

Beim verpflichtenden Kindergartenjahr zum Beispiel werden Kinder vor Schuleintritt durch soziales Lernen in ihrer Kreativität und ganz besonders auch in der Sprachent­wicklung gefördert.

Mit der Neue Mittelschule wird konsequent an einer gemeinsamen ganztägigen Schule für bis 14-Jährige gearbeitet, um so auch einem chancengerechteren Bildungssystem


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näherzukommen. Es steht besonders die Förderung individueller Stärken, aber auch die Persönlichkeitsentwicklung im Vordergrund. Damit können in einem anerkennen­den Umfeld auch dauerhaft bessere Leistungen gefördert werden.

Auf der Lehrlingsebene können sich junge Menschen eben für eine Berufsausbildung entscheiden und mit der Lehre mit Matura auch eine Allgemeinbildung absolvieren. Vor allem können somit auch Menschen, die den Abschluss am Ende der Pflichtschulzeit nicht erlangen konnten, Abschlüsse an den Alltag adaptiert nachholen.

Ja, wir stehen zweifelsohne noch vor ganz vielen Herausforderungen. Ich denke auch, viele Maßnahmen müssen wirklich noch in den Klassenzimmern und in den Schulen ankommen.

Ich meine, das bedeutendste Projekt für die Zukunft ist die PädagogInnenbildung, die die Ausbildung der LehrerInnen auf ein neues Fundament stellen soll und sich, ausge­stattet mit wirklich neuen Strukturen und Inhalten, viel stärker an den notwendigen Kompetenzen für das Leben und an der individuellen Leistungsfähigkeit von Kindern und Jugendlichen orientieren soll.

Ich möchte an dieser Stelle der Ministerin zu einer beachtenswerten Leistungsbilanz gratulieren, vor allem auch dazu, dass mit vielen Maßnahmen in diesen letzten Jahren die Basis für eine längst fällige neue Lehr- und Lernkultur an den österreichischen Schulen begründet werden konnte. (Beifall bei der SPÖ.)

14.47


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Als vorläufig letzter Redner zu diesem Tagesord­nungspunkt ist Herr Abgeordneter Sacher zu Wort gemeldet. – Bitte.

 


14.47.40

Abgeordneter Ewald Sacher (SPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Geschätzte Frau Bundesministerin! Als vorläufig Letzter – ich gehe davon aus, dass ich es bleibe – darf ich diese sehr lange währende Debatte noch einmal kurz zusammenfassen. Wir be­schäftigen uns hier mit dem Bildungswesen in vielen, vielen Diskussionen, und auch in der Öffentlichkeit hat dieses Thema einen ungeheuer großen Stellenwert.

Ich habe nur den „Standard“ von heute aufgeschlagen; er beschäftigt sich über meh­rere Seiten mit dem Bildungsthema. Er geht mit dem Thema „Wissen“ auf die Reform der Lehrerausbildung ein – ganz entscheidende Unterstützung also für diese Maßnah­men aus den Medien! Der „Standard“ hat aber auf der letzten Seite auch einen Kom­mentar, und dieser trägt den Titel: „Lehrerdienstrecht: Schmieds Scheitern“. Sehr geehrte Damen und Herren, wir sollten in dieses Lied nicht einstimmen. Ich behaupte das Gegenteil: Es ist eine Erfolgsbilanz!

Ist es ein Scheitern – nicht nur quantitativ, sondern vor allem qualitativ –, wenn die Frau Bundesminister (Abg. Petzner: Weiterlesen! Was steht dort?) in ihrer Amtszeit 60 Vorlagen eingebracht hat, die wichtige Schritte der Bildungsreform gewesen sind? – Das sind große Fortschritte: die Neue Mittelschule, die ab 2018 österreichweit flächen­deckend sein wird, die Vervielfältigung der Ganztagsbetreuung. Ist das ein Scheitern, wenn es 200 000 Betreuungsplätze mehr geben wird, sehr geehrte Damen und Herren, wenn 160 Millionen € für diese Reformschritte eingesetzt werden? Oder die neue Ma­tura, die modulare Oberstufe – ist das ein Scheitern?

Seien Sie doch ehrlich! Machen wir die Leistungen nicht immer schlecht und reden wir sie nicht klein!

Die neue gemeinsame Lehrerausbildung ist uns ein ganz wichtiges Anliegen. Diese wird vor allem die Qualität unserer Lehrerschaft – und ich gehöre dieser an – ganz we­sentlich verbessern.


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Sehr geehrte Damen und Herren, ich darf aus diesem „Standard“-Kommentar nur ei­nen Absatz zitieren. Den kann ich voll unterstreichen, nachdem ich Jahrzehnte Mitglied der Gewerkschaft bin, aber nicht einverstanden bin mit dem, was gewisse Gewerk­schaftsvertreter, vor allem aus der AHS, zu diesem Thema hier vorführen. – Zitat aus dem Standard:

Das Lehrerbild muss und wird sich wandeln. Die Gewerkschafter“ – und ich füge hier ein: die konservativen, die betonieren wollen, die bewahren wollen; Fortsetzung des Zi­tates – „tragen dramatisch wenig dazu bei“, dass diese Reform geschieht.

Und jetzt kommt der ganz wesentliche Schlusssatz:

„Immerhin geht es nicht nur um Gehälter und Dienstpläne, sondern um die Ausbildung der Kinder“ –, unserer Kinder.

Sehr geehrte Damen und Herren, das muss das wichtigste Anliegen bei der Schulre­form sein: eine bessere Schule, mehr Chancen für alle Kinder in Österreich! – Danke schön. (Beifall bei der SPÖ.)

14.51

14.51.20

 


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Zu Wort ist dazu niemand mehr gemeldet. Ich schließe daher die Debatte.

Wünscht der Herr Berichterstatter ein Schlusswort? – Das ist nicht der Fall.

Wir kommen zur Abstimmung über den Antrag des Unterrichtsausschusses, den vor­liegenden Bericht III-382 der Beilagen zur Kenntnis zu nehmen.

Ich ersuche jene Damen und Herren, die für dessen Kenntnisnahme eintreten, um ein Zeichen der Zustimmung. – Das ist Einstimmigkeit. Angenommen.

Wir kommen zur Abstimmung über den Entschließungsantrag der Abgeordneten Dr. Walser, Kolleginnen und Kollegen betreffend integrative Führung der Grundstu­fe 1 – flexible Schuleingangsphase.

Ich ersuche jene Damen und Herren, die für den Entschließungsantrag sind, um ein Zeichen der Zustimmung. – Das ist die Minderheit. Abgelehnt.

Wir kommen zur Abstimmung über den Entschließungsantrag der Abgeordneten Ur­sula Haubner und Kollegen betreffend standortbezogenes Sprachförderungskonzept.

Ich ersuche jene Damen und Herren, die für diesen Entschließungsantrag sind, um ein Zeichen. – Das ist die Minderheit. Ebenfalls abgelehnt.

14.52.262. Punkt

Bericht des Kulturausschusses über die Regierungsvorlage (2189 d.B.): Bundes­gesetz, mit dem das Künstler-Sozialversicherungsfondsgesetz, das Kunstförde­rungsbeitragsgesetz 1981 und das Denkmalschutzgesetz geändert werden (Ver­waltungsgerichtsbarkeits-Anpassungsgesetz Kunst und Kultur) (2307 d.B.)

3. Punkt

Bericht des Kulturausschusses über die Regierungsvorlage (1787 d.B.): Abkom­men zwischen der Regierung der Republik Österreich und der Regierung des Kö­nigreichs Spanien über Beziehungen im audiovisuellen Bereich (2308 d.B.)

 


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Wir kommen zu den Punkten 2 und 3 der Tagesord­nung, über welche die Debatte unter einem durchgeführt wird.


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll203. Sitzung / Seite 126

Auf eine mündliche Berichterstattung wurde verzichtet.

Zu Wort gemeldet hat sich Frau Abgeordnete Ablinger. 3 Minuten sind wunschgemäß eingestellt. – Bitte. (Abg. Dr. Jarolim: Eingestellt oder gewünscht?)

 


14.53.10

Abgeordnete Sonja Ablinger (SPÖ): Herr Präsident! Sehr geehrte Frau Ministerin! Sehr geehrte Damen und Herren! Liebe Kollegen und Kolleginnen! Mit dem heutigen Beschluss werden wir das Kunstförderungsbeitragsgesetz, das Künstler-Sozialversi­cherungsfondsgesetz und das Denkmalschutzgesetz auf Basis der Novelle der Verwal­tungsgerichtsbarkeit anpassen. Das ist jetzt keine großartige Sache, aber das ist je­denfalls notwendig für das mehrstufige neue System der Verwaltungsgerichtsbarkeit.

Es gibt sozusagen neue Vorgänge und neue Zugänge, wie Beschwerden gegen Be­scheide beantwortet werden. In Zukunft entscheidet über Beschwerden gegen Be­scheide des Künstler-Sozialversicherungsfonds das Bundesverwaltungsgericht, über Beschwerden des Bundesdenkmalamtes entscheidet nun neu das Bundesverwaltungs­gericht und über Beschwerden gegen Bescheide der Bezirksverwaltungsbehörde ent­scheidet das Verwaltungsgericht der Länder. Das ist insgesamt eine Vereinfachung im Instanzenzug und der wesentliche Gehalt dieser Gesetzesvorlage.

Ich möchte auch die Gelegenheit nützen, weil im Zusammenhang mit dieser Neuerung beim Denkmalschutz heute zufälligerweise der Jahresbericht des Bundesdenkmalam­tes gekommen ist, darauf hinzuweisen, dass ich durchaus empfehlen kann, dort hi­neinzusehen. Man gibt in diesem Bericht einen guten Überblick über die Arbeit, die man leistet. Zum Beispiel dass man jetzt im 15. Jahr ist mit einem Tag des Denkmals, bei dem es im Wesentlichen darum geht, dass man Schüler und Schülerinnen einlädt, sich in ihrem Ort jeweils mit dieser Denkmalfrage oder mit Denkmälern auch kritisch auseinanderzusetzen und insgesamt auseinanderzusetzen. Es gab im Vorjahr zum Beispiel 71 000 Besucher und Besucherinnen, und sie machen da ganz spannende Projekte. Das kann man im Denkmalschutzbericht lesen.

Was ganz interessant ist, ist, finde ich, die Vermittlungsarbeit. Es zeigt sich ja in der Denkmalschutzarbeit immer wieder, dass es einen unterschiedlichen Zugang zu den Themen gibt, dass es also unterschiedliche Einschätzung gibt: Ist denn dieses Haus wirklich denkmalschutzwürdig? Ist es notwendig, für ein Haus aus den fünfziger Jahren Denkmalschutz einzufordern? Oder: Warum soll eine Stadt Weltkulturerbe werden, und was bedeutet das für die Menschen, die dort leben?

Dazu gibt es immer wieder kritische Diskussionen und manchmal auch Unverständnis, weil eine Diskrepanz besteht zwischen dem, was die fachliche Bewertung ist auf der einen Seite, und andererseits dem, was die öffentliche Akzeptanz und Vermittelbarkeit betrifft. Insofern ist gerade in der Denkmalschutzarbeit Vermittlung, Expertise und Kommunikation extrem wichtig. Es hat ja niemand etwas davon, wenn der Denkmal­schutz Entscheidungen trifft, die dann nicht nachvollziehbar sind.

Insofern – ich habe mir das angeschaut – ist es nicht uninteressant, dass die Mitarbei­terinnen und Mitarbeiter insgesamt 1 102 524 Bahn- und Straßenkilometer zurückge­legt haben, um immer vor Ort zu sein und zu kommunizieren. Das finde ich eine ganz beachtliche Zahl, und es zeigt sich daran, dass sie sehr bemüht sind um den Dialog und die Kommunikation. Deswegen sei ihnen an dieser Stelle auch gedankt: Danke schön! (Beifall bei der SPÖ.)


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14.56


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Als nächster Redner gelangt Herr Abgeordneter Mag. Schönegger zu Wort. 4 Minuten Redezeit. – Bitte.

 


14.56.42

Abgeordneter Mag. Bernd Schönegger (ÖVP): Herr Präsident! Sehr geehrte Frau Bundesminister! Geschätzte Damen und Herren! Werte Kolleginnen und Kollegen! Wo­ran vor einigen Monaten nur mehr die größten Optimisten in diesem Land geglaubt ha­ben, wird mit 1. Jänner 2014 Wirklichkeit. Jahrzehntelange Diskussionen, langwierige Verhandlungen haben letztlich zu einem höchst erfreulichen Ergebnis geführt. Und viel wichtiger: Es werden all jene Lügen gestraft, die der österreichischen Politik als Ge­samtheit jegliches Reformvermögen absprechen wollten. Das Gegenteil ist nämlich der Fall, meine geschätzten Damen und Herren!

Wenn am 1. Jänner die neue Verwaltungsgerichtsbarkeits-Novelle in Kraft treten wird, dann ist dies, ohne zu übertreiben, ein wirklich denkwürdiger Tag in unserer Republik! Wir alle in diesem Haus können mit Fug und Recht behaupten und auch stolz darauf sein, bei diesem Gesetz mitgewirkt zu haben, und wir dürfen uns über alle Parteigren­zen hinweg ehrlich darüber freuen, diesen bemerkenswerten, zugegebenermaßen bis­weilen auch beschwerlichen Weg gemeinsam gegangen zu sein.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, es war ein mutiger, aber auch längst notwen­diger Schritt, der Schritt in die Richtung einer übergreifenden Verwaltungsreform. Diese Verwaltungsreform dient in erster Linie dazu, den Verwaltungsapparat zu ver­schlanken, Kosten zu sparen und den Menschen die Möglichkeit zu geben, einfach und unkompliziert den Zugang zu Recht zu erhalten. Diese Reform garantiert schnelle, unbürokratische Entscheidungen und spart den Bürgerinnen und Bürgern wertvolle Zeit.

Mit der Einführung des zweistufigen Verwaltungsgerichtsbarkeitssystems per 1. Jänner sind konsequenterweise aber auch rechtliche Vorkehrungen beziehungsweise Bereini­gungen in breitesten Bereichen der Verwaltung notwendig. Dazu dient nun auch dieses vorliegende Verwaltungsgerichtsbarkeits-Anpassungsgesetz, und mit dieser Regie­rungsvorlage konkret werden die notwendigen gesetzlichen Rahmenbedingungen im Bereich Kunst und Kultur an das neue System angepasst.

Es handelt sich ganz konkret um das Künstler-Sozialversicherungsfondsgesetz, das Kunstförderungsbeitragsgesetz und das Denkmalschutzgesetz. Das Bundesverwal­tungsgericht wird nun zur Berufungsinstanz für den Künstler-Sozialversicherungsfonds. Hier fehlte bisher sogar der administrative Instanzenzug. Das heißt, es ist eine wirk­liche Weiterentwicklung.

Es bedeutet aber auch für den Bereich Denkmalschutz beziehungsweise Kunstförde­rungsbeitragsgesetz einen massiven Ausbau des Rechtsschutzsystems, auch im Sinne von Verfahrensbeschleunigungen, und das Verstärken des BürgerInnenservice durch eine deutliche Entlastung der Verwaltungsbehörden des Ministeriums, aber auch die wünschenswerte Vereinheitlichung aller Verfahren.

Wenn vereinzelt in der Umsetzungsphase Fragen auftauchen – das ist bei einem Re­formschritt dieser Dimension, glaube ich, nur allzu logisch –, dann liegt es in der Natur der Sache, dass man sich diesen Fragen widmet. Es ist zum Beispiel im Ausschuss eine durchaus berechtigte Frage aufgetaucht: Was passiert mit der Expertise im Be­reich Denkmalschutz? Hier konnte die Frau Bundesminister eine, wie ich meine, erhel­lende und durchaus zufriedenstellende Antwort geben. Aber wie gesagt, diese Fragen, die hier auftauchen, sind normal bei einer Reformgroßtat, wie sie hier vorliegt. (Präsi­dentin Mag. Prammer übernimmt wieder den Vorsitz.)

Meine sehr geehrten Damen und Herren – weil die üblichen Krakeeler vom BZÖ wie­der dazwischenquatschen –, das ist es, was die Menschen von uns erwarten: Refor­men im Sinne unserer Republik, und nicht Permanentwahlkampf. Wir starten gemein-


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sam diese Reformen, und dieses Verwaltungsgerichtsbarkeitsgesetz ist eine dieser großen Reformen, für die uns die Menschen auch wählen. (Beifall bei der ÖVP.)

15.00


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Jury. – Bitte.

 


15.00.38

Abgeordneter Josef Jury (FPÖ): Frau Präsident! Sehr geehrte Frau Minister! (Abg. Grosz: Das ist eine bildungsferne Debatte!) – Schöne Bildungsdebatte, auf die will ich noch einmal eingehen.

Natürlich werden wir Freiheitlichen diesen zwei Regierungsvorlagen zustimmen, näm­lich einerseits dem Bundesgesetz, mit dem das Künstler-Sozialversicherungsfondsge­setz, das Kunstförderungsbeitragsgesetz und das Denkmalschutzgesetz geändert wer­den, und andererseits dem Abkommen zwischen der Regierung der Republik Öster­reich und der Regierung des Königreichs Spanien über Beziehungen im audiovisuellen Bereich.

Beide Vorlagen sind wichtig. Es gibt im Bereich der Filmwirtschaft ja schon sehr viele Kooperationen zwischen Österreich und anderen europäischen Ländern, und das wird nicht die letzte Kooperation sein. Es ist eben wichtig, dass es Gesetzesnovellen gibt, die auf die Zeit eingehen und die Kunstschaffenden in ihrer Tätigkeit unterstützen.

Ich möchte aber auch noch einmal zurückgehen zur Bildungsdiskussion, die wir heute gehabt haben, weil immer wieder eklatante Zahlen durch die Medien geistern. Immer wieder ist davon dir Rede, dass 20 Prozent der 14-jährigen Schulabgänger nicht sinn­erfassend lesen können.

Da bin ich sehr froh darüber, dass wir im letzten Jahr einen gemeinsamen Initiativ­antrag des Parlaments, einen Fünf-Parteien-Antrag, durchgebracht haben, nämlich die­sen Masterplan für Öffentliche Bibliotheken. Dieser Masterplan hat das Ziel, verbin­dende, gemeinsame Standards festzuschreiben. Es sind nämlich einige Institutionen mit diesem Bücherei- und Bibliothekswerk beschäftigt, nämlich der Büchereiverband, das Bibliothekswerk, die Länder mit den Städten und Gemeinden, und da sollten doch für das Personal, für die Räumlichkeiten, für die Öffnungszeiten, für die Medien, zum Beispiel zwei Medien pro Einwohner oder 10 Prozent Austausch im Jahr, verbindliche Standards eingeführt werden.

Das gilt auch für die Finanzen. Momentan erfolgt das noch zu 85 Prozent auf freiwil­liger Basis, und diese Freiwilligkeit soll natürlich irgendwie honoriert werden, die Ein­bindung der Bildungs- und Kulturpolitik.

Diese Punkte zusammengefasst sollten dann in eine gemeinsame Strategie einfließen, weil lesen einfach wichtig ist. Wenn man weiß, dass Wortschatz buchstäblich mit Reichtum zu tun hat, dann sollten wir unseren Kindern diesen Reichtum zukommen lassen. – Danke. (Beifall bei der FPÖ.)

15.03


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Dr. Zinggl. – Bitte.

 


15.04.11

Abgeordneter Mag. Dr. Wolfgang Zinggl (Grüne): Frau Präsidentin! Frau Ministerin! Meine Damen und Herren! Wir von den Grünen haben der neuen Verwaltungsgerichts­barkeit mit dem neuen Instanzenzug zugestimmt und sind daher natürlich auch für diese Umsetzung, nicht aber ohne darauf hinzuweisen, dass im Denkmalschutz keine glückliche Veränderung zustande gekommen ist. Warum nicht? – Weil für die Unter-


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll203. Sitzung / Seite 129

schutzstellung, beziehungsweise wenn der Denkmalschutz aufgehoben wird, letztlich bislang die Ministerin zuständig war.

Das war auch gut so, weil es gerade in diesem Bereich jede Menge Ermessensspiel­raum gibt sowie Interpretationsräume, die letztendlich klassische politische Entschei­dungsfelder sind. Und jetzt transferieren wir eigentlich diese Entscheidungen von der Politik auf eine Verwaltungsebene, nämlich zum Bundesverwaltungsgericht.

Das mag vielleicht einige Politikverdrossene freuen, aber die Verschiebung von Politik in Verwaltung ist demokratiepolitisch keine Verbesserung, sondern eine Verschlechte­rung. Wenn beispielsweise über die Wirtschaftlichkeit einer Sanierung entschieden wird, dann ist das eine Abwägungssache. Und nachdem solche Entscheidungen gefal­len sind, können sie, wenn sie von der Politik getroffen wurden, gegenüber dem Parla­ment und der Öffentlichkeit verantwortet werden, während die Verwaltung nicht verant­wortlich ist. Ich glaube, das ist eine Verschlechterung.

Dann haben wir im Bundesverwaltungsgericht jetzt keine Senatsentscheidung, sondern EinzelrichterInnen, die dafür abgestellt werden. Ob deren Kompetenz jetzt in den Be­reichen, die sie betreuen, tatsächlich so gegeben ist wie im Ministerium, ist eine Frage, die ich tatsächlich im Kulturausschuss schon aufgeworfen habe, die aber noch nicht geklärt ist. Ob die Fachleute aus dem Ministerium in die Verwaltungsgerichte so ein­fach und ohne große Kosten übersiedeln können, wage ich noch zu bezweifeln.

Also: Bei aller Sympathie für eine Verwaltungsreform, aber im Denkmalschutz bringt das keine Verbesserung. Das sollten wir uns zumindest eingestehen. – Danke. (Beifall bei den Grünen.)

15.06


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Marko­witz. – Bitte.

 


15.06.41

Abgeordneter Stefan Markowitz (STRONACH): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Frau Bundesminister! Hohes Haus! Auch wir werden diesen zwei Vorlagen zustimmen. Das war ja schon eine Huldigung von der ÖVP. Wir haben gehört: Diese Verwaltungsre­form, das ist alles ein Wahnsinn, es funktioniert alles super! – Da stimmen wir zu, gra­tuliere. Ich muss echt sagen, es geht in die richtige Richtung.

Wenn es überall so wäre, dann würden wir uns sehr viel Geld ersparen – Sozialversi­cherungen et cetera. Ich glaube, das wäre der nächste Schritt. Vielleicht schaffen wir es, dass es auch so weitergeht. (Abg. Mag. Schönegger: Kommst du jetzt zu uns?) – Bitte? Ihr müsst zustimmen! Das müssen wir einfach machen. Ich sehe schon, du warst so Feuer und Flamme bei deiner Rede, als du gesagt hast, was da alles einge­spart wird, wie viel Geld wir uns da jetzt einsparen, dass ich sage: Okay, das geht in die richtige Richtung.

Aber, Frau Ministerin – das haben wir auch schon im Ausschuss besprochen –, Kultur­sponsoring sollte auch absetzbar sein. Natürlich, die öffentliche Hand sponsert Kultur, das ist wichtig, aber wir sollten auch Private dazu bringen, dafür Geld einzusetzen, und zwar so, dass sie das abschreiben können.

Deshalb bringe ich folgenden Antrag ein:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Markowitz, Kollegin und Kollegen betreffend Forcierung der steuerli­chen Absetzbarkeit von Spenden an Kunst- und Kultureinrichtungen


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll203. Sitzung / Seite 130

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesministerin für Unterricht, Kunst und Kultur wird aufgefordert, in Kooperation mit ihrer Kollegin, der Bundesministerin für Finanzen, einen Gesetzesentwurf vorzule­gen, wonach Kunst- Kultursponsoring erweitert steuerlich absetzbar wird.“

*****

Wir haben das ja schon besprochen, Frau Ministerin. Sie waren ja nicht abgeneigt, da es da in die richtige Richtung geht, denn Kultur und Kunst ist etwas so Wichtiges! Ge­rade ein Kulturland wie Österreich hat es sich verdient, dass hier noch mehr Geld in­vestiert wird. Und wenn man private Personen auftreiben kann, sagen wir es so, die ihr Geld in Kunst und Kultur investieren, dann ist das doch etwas Gutes. Deshalb freue ich mich auf breite Unterstützung. – Vielen Dank. (Beifall beim Team Stronach.)

15.08


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Herr Abgeordneter, haben Sie jetzt den Antrag eingebracht? Wir haben hier nämlich noch zusätzliche Fragen zu klären, darum wer­den wir noch einmal darüber reden müssen. Da stimmen die Unterschriften nicht über­ein. Wir werden dem noch nachgehen. (Oh-Rufe im Saal.)

Nun gelangt Frau Bundesministerin Dr. Schmied zu Wort. – Bitte.

 


15.09.14

Bundesministerin für Unterricht, Kunst und Kultur Dr. Claudia Schmied: Frau Präsidentin! Hohes Haus! Ich fasse mich kurz. Ich freue mich über die positive Annah­me dieser beiden Vorlagen. Ich freue mich, dass es gelingt, jetzt auch ein Abkommen mit Spanien abzuschließen, was Filmkoproduktionen betrifft. Das vereinfacht die Zu­sammenarbeit auf diesem Gebiet.

Ein paar Sätze zur Verwaltungsgerichtsbarkeit – aber da haben wir uns ohnedies im Ausschuss schon ausgetauscht –: Herr Abgeordneter Zinggl, ich werde, was den Denkmalschutz betrifft, ein besonderes Auge darauf haben. Ich möchte nicht sagen, ich sehe das ähnlich wie Sie, aber ich denke, da ist besonders darauf zu achten, dass Denkmalschutz Bundesangelegenheit ist, dass wir da die Bundeskompetenz entspre­chend mit Leben erfüllen und jetzt natürlich auch sicherstellen müssen, dass die erste Instanz schon entsprechend ausgewogene Entscheidungen fällt.

Mit dem Gesetzesbeschluss ist es bei diesen Materien mit Sicherheit noch lange nicht getan. Da liegt noch sehr viel Arbeit in den Details, in der Umsetzung. Das wird uns noch vor ganz große Aufgaben stellen. Aber ich möchte, dass Sie wissen, dass ich mir dessen bewusst bin. – Vielen Dank. (Beifall bei SPÖ und ÖVP sowie bei Abgeordneten der Grünen.)

15.11


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Zu Wort gelangt Frau Abgeordnete Elisabeth Hakel. – Bitte.

 


15.11.16

Abgeordnete Elisabeth Hakel (SPÖ): Frau Präsidentin! Sehr geehrte Frau Ministerin! Peter Kern, Sabine Derflinger, Julian Pölsler, Barbara Albert, Franz Novotny, Jessica Hausner oder Ulrich Seidl sind nur einige erfolgreiche österreichische FilmemacherIn­nen, die ich jetzt hier aus zeitlichen Gründen nennen kann.

Der österreichische Film feiert in Cannes, Berlin und Hollywood Erfolge. Filmfestivals wie zum Beispiel die Viennale in Wien, die Diagonale in Graz oder Crossing Europe in Linz sind weit über die österreichischen Grenzen hinaus bekannt und etabliert.


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll203. Sitzung / Seite 131

Der Oscar-gekrönte Film „Amour“ von Michael Haneke hat bereits mehr als 30 Preise gesammelt. In jüngster Vergangenheit erhielt er den Prinz-von-Asturien-Preis, eine der höchsten Auszeichnungen Spaniens – was mich auch gleich zum Filmabkommen zwi­schen Österreich und Spanien führt.

Dieses Koproduktionsabkommen mit Spanien wurde erstmals 1970 abgeschlossen und soll jetzt erneuert werden. Das Abkommen soll die Zusammenarbeit im Bereich Film im Allgemeinen und die Anerkennung von Gemeinschaftsproduktionen im Beson­deren verbessern und vereinfachen. So wird es zum Beispiel Gemeinschaftsproduk­tionen in Zukunft ermöglicht, Beihilfen und sonstige finanzielle Vorteile und Vergünsti­gungen zu nutzen.

Österreich kann zu Recht stolz auf den österreichischen Film sein. Damit der österrei­chische Film aber weiterhin erfolgreich bleibt und ja, durchaus auch noch erfolgreicher wird, braucht der österreichische Film verlässliche PartnerInnen.

Ein Schritt in die richtige Richtung ist natürlich das bereits erwähnte Filmabkommen zwischen Österreich und Spanien zur Intensivierung der filmwirtschaftlichen Beziehun­gen. Auch mit anderen Ländern gibt es bereits solche Filmabkommen. Ein notwendiger Schritt war ganz sicher auch die massive Erhöhung der Filmförderung vonseiten des Kulturministeriums: 2011 gab es ja 8 Millionen € mehr im Jahresbudget. Aber ein not­wendiger Partner, der im Bereich der Filmwirtschaft sicher noch viel mehr gefordert ist, als er es bisher vorgesehen hat, ist der Wirtschaftsminister. Er sollte einmal kräftig in die Geldbörse des Wirtschaftsministeriums greifen und die Filmwirtschaft als starker Partner ebenso unterstützen, wie es andere Ministerien tun.

Da ich mit Peter Kern begonnen habe, darf ich Ihnen abschließend noch einen kleinen Filmtipp mit auf den Weg geben: Ab Freitag wird in den österreichischen Kinos der Film „Diamantenfieber oder Kauf dir lieber einen bunten Luftballon“, die antikapitalistische Komödie von Peter Kern, zu sehen sein. – Hingehen, ansehen! (Beifall bei der SPÖ sowie bei Abgeordneten der ÖVP.)

15.14


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Es konnte in der Zwischenzeit geklärt werden, dass der von Herrn Abgeordnetem Markowitz eingebrachte Entschließungsantrag ord­nungsgemäß eingebracht ist. Aufgrund eines Versehens hat der Herr Klubobmann Lu­gar zweimal unterschrieben auf diesem Entschließungsantrag, was irrelevant ist. (Abg. Grosz: Vielleicht ist er schizophren, Frau Präsidentin! – Abg. Ing. Westenthaler: Viel­leicht ist er jetzt auch zweimal zu Wort gemeldet!)

Der Antrag steht also mit in Verhandlung.

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Stefan Markowitz, Kollegin und Kollegen betreffend Forcierung der steuerlichen Absetzbarkeit von Spenden an Kunst- und Kultureinrichtungen

eingebracht im Zuge der Debatte über den Bericht des Kulturausschusses über die Re­gierungsvorlage (2189 d.B.): Bundesgesetz, mit dem das Künstler-Sozialversiche­rungsfondsgesetz, das Kunstförderungsbeitragsgesetz 1981 und das Denkmalschutz­gesetz geändert werden (Verwaltungsgerichtsbarkeits-Anpassungsgesetz Kunst und Kultur) (2307 d.B.): TOP 2

Österreich ist eine bedeutende Kulturnation, deren Wurzeln tief in die Vergangenheit zurück reichen. Die Erhaltung, Erforschung und Präsentation des kulturellen Erbes ist


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll203. Sitzung / Seite 132

in allen Bereichen der Hoch- und Volkskultur sowie zeitgenössischer Kunst- und Kultur­formen eine bedeutende Aufgabe. Viele dieser Institutionen können unter den derzeiti­gen Rahmenbedingungen den Budgetbedarf nicht zur Gänze selbst aufbringen und brauchen zusätzliche Gelder, um Jahr für Jahr auch ihren Level zu halten – bzw. in der vielfältigen Kulturlandschaft überhaupt Fuß fassen zu können. Mit Ticketerlösen und rein kaufmännischen Mitteln lässt sich der Kulturbetrieb nicht oder nur schwer aufrecht erhalten.

Sponsoring gehört wie früher das Mäzenatentum heutzutage zum guten Ruf einer je­den großen Firma, jedoch ist aufgrund der Vielfältigkeit der Institutionen, die es zu er­halten gilt, auch Sponsoring im privaten Sektor gefragt.

Aus diesem Grund stellen die unterfertigten Abgeordneten daher den nachstehenden

Entschließungsantrag:

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesministerin für Unterricht, Kunst und Kultur wird aufgefordert, in Kooperation mit ihrer Kollegin, der Bundesministerin für Finanzen, einen Gesetzesentwurf vorzule­gen, wonach Kunst- Kultursponsoring erweitert steuerlich absetzbar wird.“

*****

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Höfin­ger. – Bitte.

 


15.14.43

Abgeordneter Johann Höfinger (ÖVP): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Frau Bundes­minister! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Hohes Haus! Es sind zwei Geset­zesmaterien, die wir nun in einem debattieren: das Verwaltungsgerichtsbarkeits-Anpas­sungsgesetz für Kunst und Kultur sowie eben das Abkommen zwischen Österreich und Spanien über Beziehungen im Bereich Film.

Es sind dies zwei Themenbereiche, denen wir in diesem Haus im Großen und Ganzen einstimmig gegenüberstehen und die wir gemeinsam befürworten. Das ist eine gute Grundlage – zum einen, wenn es um die Weiterentwicklung des Verwaltungsgerichts­barkeitsgesetzes geht, dass es praktikabler wird, dass es überschaubar ist, wenn es eben um Beeinspruchungen oder Berufungsmöglichkeiten geht.

Zum Zweiten ist es eine lebendige Materie, was das Thema Film betrifft. Egal, ob auf dokumentarischer oder informativer Ebene, Zusammenarbeit ist heutzutage wichtig. Wir sind ja auch in vielen Bereichen im europäischen Kontinent eingegliedert, daher ist es, denke ich, ein Vorteil für die Zukunft, dass dieses Übereinkommen mit Spanien ab­geschlossen wird. Es soll einen weiteren Impuls in der Filmwirtschaft dadurch geben. Es soll weitere Möglichkeiten geben für unsere kreativen Menschen, auch hier über die Grenzen hinaus tätig zu sein.

Daher ist dieses Gesetz aus meiner Sicht eine gute Grundlage. Diesem Gesetzentwurf gilt es zuzustimmen, um die Filmwirtschaft weiterzuentwickeln. – Vielen Dank. (Beifall bei der ÖVP.)

15.16


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Zu Wort gelangt Frau Abgeordnete Mag. Mut­tonen. – Bitte.

 



Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll203. Sitzung / Seite 133

15.16.18

Abgeordnete Mag. Christine Muttonen (SPÖ): Frau Präsidentin! Frau Ministerin! Meine Damen und Herren! Auch meine Ausführungen gelten dem Kooperationsabkom­men im Bereich des Films zwischen Österreich und Spanien. Dieses bilaterale Abkom­men – wir haben es schon gehört – wurde im Jahre 1970 bereits abgeschlossen und soll jetzt erneuert werden, um die Zusammenarbeit im Bereich des Films zu verbessern und auch zu vereinfachen.

Solche Kooperationen im Bereich des Films sind äußerst wichtig und erfolgreich. Den­ken Sie nur an die vielen österreichischen Koproduktionen wie zum Beispiel auch ös­terreichisch-französisch-deutsche Koproduktionen unter der Regie von Michael Haneke.

Durch internationale Zusammenarbeit wird die Filmindustrie gestärkt und damit auch die Wirtschaft angekurbelt, aber auch der Zugang zu den Förderungen wird erleichtert, denn durch solche bilateralen Filmabkommen wird es ermöglicht, dass Produktionen im jeweils anderen Land wie inländische Produktionen behandelt werden.

Die meisten oder sehr viele europäische Filme werden mittlerweile gemeinsam mit an­deren Ländern produziert. Man spricht von 25 bis 30 Prozent der europäischen Film­produktion, die davon betroffen sind. Speziell kleineren Ländern mit nicht so finanz­starken Filmgesellschaften bringen solche Koproduktionen große Vorteile. Aber die Filmindustrie ist nach wie vor ausbaufähig; das weiß man spätestens dann, wenn man sich das Handelsdefizit gegenüber den USA im audiovisuellen Sektor anschaut.

Koproduktionen, meine Damen und Herren, haben nicht nur den Vorteil des Zugangs zu einem anderen, auch viel größeren Markt und den damit verbundenen verbesserten Verwertungs- und Vertriebsmöglichkeiten; sie spielen auch eine wichtige kulturelle Rolle. Die Breitenwirkung eines Films, den man ja zu unterschiedlichen Zeiten an un­terschiedlichen Orten stets in derselben guten Qualität sehen kann, ist enorm.

Die Kommunikation, die Auseinandersetzung mit einem Thema, ästhetische Qualität, identitätsstiftende Aspekte, all das macht den Film zu einem wesentlichen Teil na­tionaler Kultur. Koproduktionen fördern darüber hinaus den kulturellen Austausch zwi­schen den Ländern, sie fördern das Verständnis für andere Länder und für eine andere Kultur, und sie machen einfach neugierig auf das Andere, auf das Unbekannte, ganz im Sinne einer europäischen Integration und einer europäischen Identität.

Wir haben das schon gehört: Neben dem Abkommen mit Spanien gibt es noch ein tri­laterales Abkommen mit Schweiz und Deutschland, aber auch bilaterale Abkommen mit Frankreich, Italien, Kanada und Luxemburg, und mit Israel wurde gerade eines ausverhandelt. – Danke schön. (Beifall bei der SPÖ.)

15.19

15.19.10

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Zu Wort ist dazu niemand mehr gemeldet. Die Debatte ist geschlossen.

Wird seitens der Berichterstattung ein Schlusswort gewünscht? – Das ist nicht der Fall.

Wir kommen zur Abstimmung, die ich über jeden Ausschussantrag getrennt vor­nehme.

Wir gelangen zur Abstimmung über Tagesordnungspunkt 2: Entwurf betreffend Verwal­tungsgerichtsbarkeits-Anpassungsgesetz Kunst und Kultur samt Titel und Eingang in 2189 der Beilagen.

Ich ersuche jene Damen und Herren, die diesem Gesetzentwurf die Zustimmung ge­ben, um ein Zeichen. – Das ist einstimmig angenommen.

Wir kommen sogleich zur dritten Lesung.


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll203. Sitzung / Seite 134

Wer diesem Gesetzentwurf auch in dritter Lesung die Zustimmung gibt, bitte ich um ein Zeichen. – Das ist wiederum einstimmig. Der Gesetzentwurf ist somit auch in dritter Lesung angenommen.

Wir gelangen zur Abstimmung über den Entschließungsantrag der Abgeordneten Markowitz, Kollegin und Kollegen betreffend Forcierung der steuerlichen Absetzbarkeit von Spenden an Kunst- und Kultureinrichtungen.

Ich bitte jene Damen und Herren, die für diesen Entschließungsantrag sind, um ein Zei­chen. – Das ist die Minderheit. Dieser Antrag ist somit nicht angenommen. (Abg. Grosz: Werden die jetzt doppelt gezählt, die Stimmen, weil zwei Unterschriften drauf sind?) – Herr Abgeordneter, ich rate Ihnen, einmal näher in die Geschäftsordnung zu sehen!

Wir gelangen nun zur Abstimmung über Tagesordnungspunkt 3: Antrag des Kulturaus­schusses, dem Abschluss des Staatsvertrages, Abkommen zwischen der Regierung der Republik Österreich und der Regierung des Königreichs Spanien über Beziehun­gen im audiovisuellen Bereich, in 1787 der Beilagen gemäß Artikel 50 Abs. 1 Z 1 B-VG die Genehmigung zu erteilen.

Ich bitte jene Damen und Herren, die dem die Zustimmung geben, um ein Zeichen. – Das ist einstimmig angenommen.

15.21.084. Punkt

Bericht des Kulturausschusses über den Antrag 2278/A der Abgeordneten Sonja Ablinger, Mag. Silvia Fuhrmann, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bun­desgesetz, mit dem das Bundesmuseen-Gesetz 2002 geändert wird (2309 d.B.)

5. Punkt

Bericht des Kulturausschusses über den Antrag 2272/A(E) der Abgeordneten Mag. Heidemarie Unterreiner, Kolleginnen und Kollegen betreffend Erhalt und Aufwertung des Volkskundemuseums in Wien (2310 d.B.)

6. Punkt

Bericht des Kulturausschusses über den Antrag 2274/A(E) der Abgeordneten Mag. Heidemarie Unterreiner, Kolleginnen und Kollegen betreffend das Museum für Völkerkunde (2311 d.B.)

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Wir kommen zu den Punkten 4 bis 6 der Ta­gesordnung, über welche die Debatte unter einem durchgeführt wird.

Auf eine mündliche Berichterstattung wurde verzichtet.

Wir gehen daher in die Debatte ein.

Als Erste zu Wort gelangt Frau Abgeordnete Mag. Unterreiner. – Bitte.

 


15.22.06

Abgeordnete Mag. Heidemarie Unterreiner (FPÖ): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Frau Bundesministerin! Hohes Haus! Sehr geehrte Damen und Herren! Meine kulturpolitischen Reden enden stets mit dem Satz: Die Bewahrung unserer Iden­tität ist das Gewissensthema der Epoche. Dieses Mal soll dieser Satz schon am An­fang stehen.


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll203. Sitzung / Seite 135

Bereits zu Beginn der Legislaturperiode haben wir bemängelt, dass im Regierungspro­gramm lediglich sieben Seiten der Kultur gewidmet waren. Die Bewahrung unserer ei­genen Identität war keine Zeile wert, während Multikulti sowie der Aufbau von Parallel­gesellschaften angesagt waren. Mit diesem Mindestprogramm hat sich die Bundesre­gierung im Wesentlichen auch zufriedengegeben, und unsere Bundesministerin hat sich in den letzten Jahren eher auf eine passive Rolle der Verwalterin zurückgezogen.

Schon in der UNESCO-Konvention zur kulturellen Vielfalt aus dem Jahr 2005, die man auch als Magna Charta der Kultur bezeichnen könnte, ist das Menschenrecht auf kultu­relle Vielfalt im Völkerrecht verankert. Kunst und Kultur sind somit als Träger von Iden­tität festgelegt.

Meine beiden Anträge, die heute auf der Tagesordnung stehen, sind eine Weichenstel­lung für die österreichische Museenlandschaft. Wo wenn nicht in unseren Museen wird unser reiches kulturelles Erbe bewahrt? (Beifall bei der FPÖ.)

Unser Volkskundemuseum ist aufgrund seiner umfangreichen Sammlungen und For­schungstätigkeit zur Volkskunst und zur Regionalkultur Österreichs das größte und das bedeutendste seiner Art in Europa. Ich weiß nicht, ob das hier alle im Haus wissen, ich hätte gerne, dass Sie jetzt wirklich zuhören und dass Sie das sozusagen in sich auf­nehmen: Dieses Haus mit jährlich nur 400 000 € abzuspeisen ist eine kulturpolitische Schande, meine sehr geehrten Damen und Herren! (Beifall bei der FPÖ sowie des Abg. Mag. Zinggl.)

Es gibt unzählige Multikulti-Tempel, die jährlich mit satter Unterstützung rechnen dür­fen. Ich bringe nur ein Beispiel: Das WUK, Basisstation für mehr als 130 Multikulti-Pro­jekte, erhält jährlich allein von der Stadt Wien über 1,4 Millionen €. Institutionen wie diese bekommen auch vom Bund satte Unterstützung. Auf der anderen Seite zerbrö­selt das Volkskundemuseum in Wien. Was frühere Generationen über Jahrhunderte mit Liebe und mit Sachwissen zusammengetragen haben, dämmert im Palais Schön­born vor sich hin.

Frau Bundesministerin, ich fordere Sie daher in meinem Antrag auf, das Volkskunde­museum sowohl organisatorisch als auch finanziell abzusichern! (Beifall bei der FPÖ.)

Sehr geehrte Damen und Herren! Es ist anscheinend Zeitgeist, sich nur mehr um an­dere Kulturen zu kümmern und Multikulti schick zu finden. Mit dieser Art von Kultur­politik werden aber unsere Wurzeln gekappt. Man nimmt damit den Menschen den Halt, man nimmt den Menschen damit die Geborgenheit und das Wissen um die eige­ne Bedeutung. Am Ende dieser Entwurzelung steht der manipulierte Einheitsmensch.

Sehr geehrte Damen und Herren, merken Sie denn nicht, dass das ein Akt der Selbst­verleugnung ist? Gut, bei der SPÖ wundert mich das nicht, obwohl ich jetzt beim He­runtergehen mit dem Herrn Klubobmann Cap fast einer Meinung war, hat er mir doch bedeutet, dass eigentlich die museumspolitische Art und Weise, wie ich die Sache an­gehe, nicht uninteressant wäre. Aber er hört jetzt leider nicht zu.

Aber von Ihnen von der ÖVP, muss ich ehrlich sagen, bin ich wirklich enttäuscht, weil Sie ja auch im Wahlkampf Heimat und Heimatbewusstsein auf Ihre Fahnen geschrie­ben haben. Wenn es aber darauf ankommt, dann versagen Sie völlig. Wie können Sie denn diesem Antrag nicht zustimmen?! (Beifall bei der FPÖ.)

Ich wundere mich wirklich – und da muss ich Ihnen schon ins Gewissen reden –: Wie kann man denn das Volkskundemuseum zwingen, dass es so vor sich hinsiecht? Ich wiederhole: Das ist eine kulturpolitische Schande ersten Ranges!

Doch nun zum Völkerkundemuseum, dessen Kernaufgabe die Beschäftigung mit den materiellen und immateriellen Zeugnissen verschiedener Völker ist. Allein für den Um­bau erhält es jetzt 25 Millionen €. Davon kommen großzügig aus dem Kunst- und Kul-


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turbudget allein 19 Millionen €. Der Rest in der Höhe von 6 Millionen € kommt aus dem Wirtschaftsministerium. Da eilt sogar noch ein anderes Ministerium zu Hilfe. Außerdem wird der jährliche Betrieb zusätzlich 2 Millionen € noch dazugeben.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich möchte nicht die Tätigkeit dieses Muse­ums schmälern, ich möchte es auch nicht kritisieren und in Frage stellen, aber ich wie­derhole: Das Volkskundemuseum erhält jährlich lediglich 400 000 €. Und es gibt nichts zusätzlich dazu, keine Millionenbeträge für Umbauten und Sanierungen. Das finde ich zutiefst ungerecht, und das ist nicht in Ordnung, was unsere Museenlandschaft angeht. (Beifall bei der FPÖ.)

An dieser Stelle ein Lob: Trotz dieser schwierigen finanziellen Lage hat die ehemalige Direktorin des Volkskundemuseums, Frau Mag. Margot Schindler, großartige Leistun­gen vollbracht, und auch dem jetzigen Direktor, Mag. Matthias Beitl, muss man gratu­lieren, weil das ist nicht leicht, mit so einem kleinen Budget so eine gute Arbeit zu leis­ten.

Doch jetzt komme ich zu dem, was mich veranlasst hat, mich auch für das Völkerkun­demuseum einzusetzen, nämlich die Umbenennung des Völkerkundemuseums in Weltmuseum Wien. Das ist ja wirklich eine Pseudoaktion. Was soll denn das sein? Das ist ja ein Larifari-Wort. Für mich hört sich das so an, als ob man jetzt, was weiß ich, dem Geographiekabinetterl vom Kulturministerium einen Namen geben müsste. Wenn man nach der Logik vorginge, dann könnte man auch das Naturhistorische Mu­seum ein Weltmuseum nennen; auch dort gibt es Tiere aus aller Welt.

Also ich merke an: Selbst in den progressiven Niederlanden, aus denen der neue Di­rektor des Völkerkundemuseums, Steven Engelsman, kommt, hat man für das Rijks­museum Volkenkunde in Leiden, also das Völkerkundemuseum, selbstverständlich keinen neuen Namen gebraucht.

So, und jetzt noch zu einer anderen verunglückten Sache, Frau Bundesministerin. Sie können sich alle erinnern, da gab es dieses missglückte Bemühen, das Museum für Völkerkunde mit dem Museum für Volkskunde zu fusionieren. Das Ganze war genannt „Museum NEU“, die Vorbereitungen dazu haben Unsummen verschlungen. Selbst für die Namensgebung hat man extra Profis beauftragen müssen. Und schon bei diesem Vorhaben waren das Unverständnis dem Volkskundemuseum gegenüber und eigent­lich auch die Missachtung desselben auffallend. Die Exponate hätten nur am Dachbo­den und im Keller Platz gefunden. Und das war auch der Grund, warum wir Freiheit­lichen massiv dagegen aufgetreten sind. Dieses Projekt war zum Scheitern verurteilt und musste wegen des massiven Widerstandes aufgegeben werden.

Frau Bundesministerin Schmied, es ist Ihnen in den vier Jahren auch nicht gelungen – ich sage es jetzt einmal salopp –, das Seipel-Diktat der Gehrer-Zeit abzuschütteln und das Völkerkundemuseum aus dem Kunsthistorischen Museum wieder herauszulösen und endlich wieder in ein eigenständiges Bundesmuseum umzuwandeln. Der frühere Direktor des Kunsthistorischen Museums, Dr. Wilfried Seipel, hat es ja verstanden, der damaligen Bundesministerin Gehrer das Völkerkundemuseum – ich nenne es nun mal so – abzuschwatzen und es in seinen Verantwortungsbereich einzugliedern. Seither ist es kein eigenständiges Bundesmuseum mehr, sondern bloß ein Teil des Kunsthistori­schen Museums. Das war ein Fehler, denn das Völkerkundemuseum hat museums­politisch mit dem Kunsthistorischen Museum gar nichts zu tun. (Beifall bei der FPÖ.)

Mit meinem Antrag soll dieser Fehler korrigiert und das Völkerkundemuseum wieder zu einem eigenständigen Bundesmuseum gemacht werden.

Wir stimmen heute auch ab über die Prunkräume des Winterpalais des Prinzen Eugen. Diese frisch renovierten Repräsentationsräume des Finanzministeriums sollen nun Ausstellungsräume der Österreichischen Galerie Belvedere werden.


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Ich erwähne das hier in dem Zusammenhang auch deswegen noch einmal, weil es interessant ist, wie großzügig man hier mit den Geldern umgeht. Diese Umwandlung in Ausstellungsräume ist ja grundsätzlich zu begrüßen. Es entstehen jährlich Mehrkosten von 2,55 Millionen € für den Betrieb. Und es gibt auch noch eine Generalsanierung, für die man 5,7 Millionen € zuschießt. Gleichzeitig – und ich wiederhole es immer wieder ganz bewusst – haben wir jährlich nur 400 000 € für das Volkskundemuseum, und zwar für den gesamten Betrieb. Ich muss das immer wieder festhalten.

Frau Bundesministerin, ich fordere Sie hier vom Rednerpult des Nationalrates auf, ich würde gerne von Ihnen hören, dass Sie sich zum Volkskundemuseum bekennen und dass Sie sich in Zukunft für dieses Haus einsetzen. (Beifall bei der FPÖ. – Zwischenruf des Abg. Dr. Jarolim.)

Setzen Sie sich mit Ihrem Kollegen Mailath-Pokorny, dem Kulturstadtrat Wiens, zusam­men, und finden Sie eine würdige Lösung für das Volkskundemuseum! (Abg. Petzner: Kollege Jarolim hat sich auf die Rednerliste reklamiert!) Ich freue mich schon auf die Worte von meinem nachfolgenden Redner.

Sehr geehrte Damen und Herren! Achten Sie die Bedeutung sowohl des Volkskunde­museums wie des Völkerkundemuseums – sie sind große Häuser in Österreich –, und stimmen Sie deshalb meinen Anträgen zu!

Und ich schließe meine Rede mit meinem Satz: Die Bewahrung unserer Identität ist das Gewissensthema unserer Epoche. (Beifall bei der FPÖ.)

15.32


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Herr Abgeordneter Sacher gelangt nun zu Wort. – Bitte.

 


15.32.39

Abgeordneter Ewald Sacher (SPÖ): Geschätzte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Frau Bundesministerin! Es liegt uns heute ein Paket an Museumsanträgen vor. Wir werden dem ersten zustimmen, aber die beiden Anträge meiner Vorrednerin, der Frau Kollegin Unterreiner, ablehnen.

Zum Winterpalais in der Himmelpfortgasse ein Satz: Es handelt sich da um zusätzliche Ausstellungsflächen für das Belvedere. Die Finanzierung erfolgt in diesem Fall nicht aus dem Kulturbudget – das heißt, die Aktivitäten des Kulturministeriums werden da­durch nicht eingeschränkt –, sondern aus den Mitteln des Finanzministeriums. Und das ist natürlich sehr positiv.

Sehr geehrte Frau Kollegin Unterreiner! Selbstverständlich Respekt vor der Arbeit des Volkskundemuseums, aber ich möchte, dass hier auch nicht der leiseste Hauch einer tendenziösen, ideologischen Vereinnahmung entsteht. Und bei Ihren wiederholten An­trägen kann ich mich dieses leisen Verdachtes nicht erwehren, Frau Kollegin Unter­reiner.

Höchste Anerkennung auch für die Arbeit des Vereines. Es ist ein Vereinsmuseum, und es wird mehr als andere Vereinsmuseen durch das Bundesministerium für Unter­richt und Kultur gefördert. Sie haben selbst den Betrag erwähnt, für Sie ist er zu nied­rig: 400 000 €. Dazu kommen noch die 130 000 € für die Finanzierung des Depots.

Die Zuständigkeit für das Gebäude liegt bei der Stadt Wien, daher keine Kompetenz der Frau Bundesministerin für Kultur. Eine Kooperation beziehungsweise Eingliederung in die Bundesmuseen wurde ja von den Organen des Vereins selbst nicht gewünscht. Das heißt, das jetzt zu beklagen ist hier nicht der richtige Ort. Man müsste das mit den Organen des Vereins, der das Museum betreibt, besprechen. Dessen ungeachtet wird dort gute museale Arbeit geleistet und daher auch der Dank dafür.


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll203. Sitzung / Seite 138

Nun zum Weltmuseum: Der Begriff gefällt Ihnen offensichtlich gar nicht. Ich möchte ein bisschen darauf eingehen, warum man diesen Begriff nach dem Konzept von Steven Engelsman gewählt hat. Und zwar deshalb, weil das Motto ist: Es geht um die Men­schen in aller Welt. Es geht um Weltoffenheit, und es geht um die Begegnung mit Men­schen und Kulturen auf Augenhöhe – das ist ein wichtiger Unterschied, ein wichtiges Merkmal – und nicht von oben herab, wie wir das leider aus der Geschichte das eine oder andere Mal erlebt haben. Die Begegnung steht im Vordergrund, und zwar zwi­schen den Menschen, zwischen den Kulturen der gesamten Welt.

Ich glaube, Sie so verstanden zu haben, Sie sprechen sinngemäß von der Schaffung eines Einheitsmenschenbildes. – Sehr geehrte Frau Kollegin, da liegen Sie falsch! Das ist sicher nicht die Absicht, sondern es geht um Weltoffenheit, es geht um die Men­schen, ihre soziale, gesellschaftspolitische und kulturelle Verankerung. Das ist die Iden­tität dieses Hauses.

Daher: Wir sind, wie ich schon gesagt habe, für den ersten Antrag, was das Winter­palais betrifft, aber Ihre beiden Anträge, sehr geehrte Frau Kollegin Unterreiner, Kolle­gen von den Freiheitlichen, müssen wir leider ablehnen. (Beifall bei der SPÖ.)

15.37


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Dr. Zinggl. – Bitte.

 


15.37.02

Abgeordneter Mag. Dr. Wolfgang Zinggl (Grüne): Frau Präsidentin! Dass größere Vorhaben in der Kultur vor allen Dingen von der Finanzministerin entschieden werden, das weiß ich spätestens, seitdem die Festspiele Erl subventioniert werden. Jahrelang hat sich der Großbaumogul Haselsteiner im Kulturministerium darum bemüht, und dann ist er plötzlich draufgekommen, dass der „Schotter“ eigentlich woanders zu finden ist, nämlich im Finanzministerium. Und seither gibt es flugs diese Unterstützung, und zwar aus Ihrem Ministerium, Frau Ministerin, aus Ihrem Budget. Sie dürfen sich da­rüber freuen, Sie dürfen sich bedanken – und Sie dürfen dann in Zukunft bei allen anderen Projekten weiter sparen. Daraus lernen wir, glaube ich, ganz gut, dass das Kulturministerium wahrscheinlich von Anfang an besser beim Finanzministerium ange­hängt worden wäre.

Jetzt haben wir einen zweiten Fall. Im November des letzten Jahres hat die Finanzmi­nisterin eine neue gute Idee gehabt, nämlich die Prunkräume des ehemaligen Stadtpa­lais von Prinz Eugen, auch des ehemaligen Finanzministeriums, zu einem Barockmu­seum zu machen. Fünf Jahre lang ist mit sagenhaften 200 Millionen € dieses Bauwerk saniert worden, nach den Wünschen des Finanzministeriums umgebaut worden – be­gleitet von vehementer Rechnungshofkritik. Und jetzt plötzlich kommt das Finanzminis­terium drauf, dass es vielleicht doch besser zum Barockmuseum wird, nämlich, wie ich den Zeitungen entnehme, weil dort zu wenige Parkplätze sind.

Niemand davor hat jemals einen Bedarf an einem Barockmuseum angemeldet. Und das ist schon mit gutem Grund nicht geschehen, weil wir in Österreich ohnehin viel zu viel Barock haben, jede Menge Palais, jede Menge Kirchen, jede Menge Schlösser und Klöster. Selbst die Stephanskirche ist innen komplett barockisiert. Ich will gar nicht von den vielen Festen und von den Suppenschüsseln reden, die auch barock sind.

Aber was bedeutet das finanziell? – Finanziell bedeutet das, dass zusätzlich zu den 200 Millionen für den Umbau jetzt noch einmal um 5,6 Millionen umgebaut wird und 2,5 Millionen jährlich für den Betrieb eines Barockmuseums zur Verfügung gestellt wer­den müssen.

Jetzt frage ich mich: Wieso könnte der Betrieb eines Barockmuseums nicht genauso von einer dafür mehr als ausgezeichneten Institution, nämlich der Schönbrunn AG, ver-


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waltet werden – ich sage absichtlich „verwaltet werden“ –, ohne zusätzliche Mittel? Egal. Die Finanzministerin hat es gewollt, und Sie dürfen sich, Frau Ministerin, darüber freuen, dürfen sich bedanken und bei den anderen sparen. Wer sind die anderen? – Die anderen sind – Kollegin Unterreiner hat es zu Recht gesagt – das Volkskundemu­seum, das total unterdotiert ist, das Völkerkundemuseum, das unter dem Schirm des Kunsthistorischen Museums dahinvegetiert. Aus den beiden zusammen könnte ein ei­genständiges Bundesmuseum werden – eine alte Forderung von uns.

Herr Kollege Sacher, es ist falsch, dass das Volkskundemuseum nicht ein eigenständi­ges Museum sein wollte, sondern es wollte das nur nicht unter dem Schutzmantel des Kunsthistorischen Museums. Das wissen Sie ganz genau.

Ich möchte meinerseits jetzt einen Entschließungsantrag in der gleichen Richtung einbringen:

Der Nationalrat wolle beschließen:

Die Bundesregierung – insbesondere die Bundesministerin für Unterricht, Kunst und Kultur – wird aufgefordert, dem Nationalrat eine Regierungsvorlage zuzuleiten, die eine Novellierung des Bundesmuseen-Gesetzes dahingehend vorsieht, dass das Völker­kundemuseum als „Weltmuseum Wien“ ein eigenständiges Bundesmuseum wird.

*****

Ich danke. (Beifall bei den Grünen.)

15.40


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Der soeben eingebrachte Entschließungsantrag ist ausreichend unterstützt und steht mit in Verhandlung.

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Wolfgang Zinggl, Kolleginnen und Kollegen betreffend Völkerkunde­museum als eigenständiges Bundesmuseum

eingebracht im Zuge der Debatte zum Bericht des Kulturausschusses über den Antrag 2274/A(E) der Abgeordneten Mag. Heidemarie Unterreiner, Kolleginnen und Kollegen betreffend das Museum für Völkerkunde (2311 d.B)

Begründung

Das Museum für Völkerkunde (MVK) fristet seit Jahren ein trauriges Dasein im Schat­ten des Kunsthistorischen Museums (KHM). Die neue Benennung “Weltmuseum Wien” ist kein Museumskonzept, das der Bedeutung des ehem. Völkerkundemuseums ge­recht wird: Planungs- und Finanzhoheit bleiben nämlich weiterhin beim Kunsthistori­schen Museum. Die Chance, mit wenig Aufwand das Völkerkundenmuseum in die Ei­genständigkeit überzuleiten und gleichzeitig mit dem Volkskundemuseum zu vereinen, wird immer wieder verpasst.

Die unterfertigenden Abgeordneten stellen daher folgenden

Entschließungsantrag:

Der Nationalrat wolle beschließen:


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll203. Sitzung / Seite 140

Die Bundesregierung – insbesondere die Bundesministerin für Unterricht, Kunst und Kultur – wird aufgefordert, dem Nationalrat eine Regierungsvorlage zuzuleiten, die eine Novellierung des Bundesmuseen-Gesetzes dahingehend vorsieht, dass das Völker­kundemuseum als „Weltmuseum Wien“ ein eigenständiges Bundesmuseum wird.

*****

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Mag. Grün­berger. – Bitte.

 


15.40.57

Abgeordnete Mag. Silvia Grünberger (ÖVP): Frau Präsidentin! Sehr geehrte Frau Bundesminister! Wir feiern im heurigen Jahr 2013 ein Jubiläumsjahr anlässlich des 350. Geburtstages von Prinz Eugen. Dementsprechend sind heuer auch zahlreiche Sonderausstellungen Prinz Eugen gewidmet.

Prinz Eugen hat als Bauherr nicht nur die Stadt Wien und das Bild Wiens geprägt, son­dern hat uns auch zahlreiche kulturelle Schätze hinterlassen, wie zum Beispiel seine Sommerresidenz, das Schloss Belvedere. Dieses ist aus der heutigen Kultur- und Kunstszene kaum mehr wegzudenken.

Das Belvedere ist eine Erfolgsgeschichte, die auch in diesem Haus anerkannt wird. Wenn jetzt nicht nur die Sommerresidenz, sondern auch die Winterresidenz von Prinz Eugen der Öffentlichkeit zur Verfügung gestellt und zugänglich gemacht wird, dann ist seitens der Kulturpolitik nur zu unterstützen. Bis 2007, bevor das Finanzministerium wegen der Generalsanierung in die Hintere Zollamtsstraße übersiedelt ist, blieben die­se Räumlichkeiten ausschließlich dem Zwecke des Finanzministeriums vorbehalten.

Von der Finanzministerin wurde nun die positive Absicht bekundet, in gemeinsamer Abstimmung mit der Kulturministerin und dem Belvedere, auch in diesen Räumlich­keiten einen kulturpolitischen Hotspot in der Innenstadt sowohl für Touristen als auch für Österreicherinnen und Österreicher zu ermöglichen. Es wird nicht mehr Geld kos­ten, weil das Finanzministerium das bereits budgetiert hat und hiefür die Kosten über­nimmt. Die Generalsanierung war ja ohnehin notwendig. Es werden dort auch Büro­räumlichkeiten hergerichtet und adaptiert. Für den Umbau sind in Summe 5,7 Millio­nen € verfügbar, die natürlich auch vom Finanzministerium getragen werden.

Wenn sich das Belvedere bereit erklärt hat, zum einen barocke Schätze zur Verfügung zu stellen, zum anderen aus der Sammlung des Belvedere Kunstwerke anzubieten, aber auch für moderne Kunst einen Platz und Raum zu schaffen, so ist das ein zu­kunftsweisendes Konzept, das auch ein Anziehungspunkt für junge Leute sein kann. Und wenn ich daran denke, dass nicht weit von der Himmelpfortgasse, in der Jo­hannesgasse, auch ein neues Literaturmuseum seine Heimat findet, so meine ich, dass wir gerade im Zentrum von Wien, im 1. Bezirk, durchaus einen Anreiz und eine Anlaufstelle für Kulturtouristen einerseits haben, aber auch für kulturinteressierte Wie­nerinnen und Wiener und für Besucher, die aus ganz Österreich kommen, anderer­seits.

In diesem Zusammenhang wäre es angebracht, der Frau Bundesminister Schmied, aber auch vor allem der Frau Bundesminister Fekter und auch dem Belvedere und de­ren Direktorin dafür zu danken, dass sie dieses Projekt in Angriff genommen haben. Wir sind schon gespannt, wie das Ergebnis aussehen wird. Und ich würde mich freuen, wenn bei der Ausstellungseröffnung im Oktober viele Kolleginnen und Kollegen dabei wären. (Beifall bei der ÖVP.)

15.44



Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll203. Sitzung / Seite 141

Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Als Nächster gelangt Herr Abgeordneter Petz­ner zu Wort. – Bitte.

 


15.44.29

Abgeordneter Stefan Petzner (BZÖ): Frau Präsidentin! Frau Bundesministerin! Ich finde es ganz gut, dass man diese Anträge, einerseits, was die Prunkräume in der Him­melpfortgasse betrifft, und andererseits, was die Anträge der Frau Unterreiner betref­fend Völkerkundemuseum beziehungsweise Volkskundemuseum angeht, eingebracht hat, weil man da sehr gut gegenüberstellen kann, wie seitens der rot-schwarzen Bun­desregierung die Kulturmittel im Bereich der Kunst und Kultur verteilt werden.

Frau Kollegin Unterreiner hat die Zahlen völlig richtig genannt, nämlich: Jene Museen – so hat man fast den Eindruck –, die nicht in das linke Weltbild und irgendwie nicht in diese Ideologie passen, werden mit einem Bettel abgespeist, mit ein paar hunderttau­send Euro, und für andere Dinge hat man Millionen, die man im wahrsten Sinne des Wortes beim Fenster hinauswirft. Diese Ungleichheit in der Kulturpolitik, die es schon seit Jahren gibt, ist zu verurteilen. Ich darf daher appellieren, für eine faire Vergabe und eine faire Mittelverwendung aus dem Kulturbudget zu sorgen, und zwar unabhängig von parteipolitischen Meinungen und ideologischen Gesinnungen, die man hier viel­leicht vertritt, meine Damen und Herren! (Demonstrativer Beifall der Abg. Mag. Unter­reiner.)

Denn: Gerade dieses Vorgehen bei den Prunkräumen in diesem Palais sind ein wun­derbares Beispiel für massive Steuergeldverschwendung, und zwar in einem Ausmaß, wo es um einen dreistelligen Millionenbetrag geht. Zuerst hat sich Herr Finanzminister Pröll eingebildet, man müsse groß in die Hintere Zollamtsstraße umziehen, und dann hat man umgebaut und neu gebaut und ich weiß nicht was alles und hat da insgesamt 200 Millionen € hineingepulvert. Dazu gab es, wie Kollege Zinggl bereits gesagt hat, heftige Kritik vonseiten des Rechnungshofes. Doch dann setzte man dem noch eins drauf, indem man sagte: Eigentlich passt das alles nicht! Was machen wir jetzt mit die­sen Räumlichkeiten? Und so kam man auf die Idee: Gut, wenn wir es nicht brauchen, dann geben wir es einfach dem Kulturministerium! Daraus soll ein zusätzliches baro­ckes Museumsgelände oder eine Museumsräumlichkeit in der Innenstadt werden.

Ich meine, das Ganze ist aufgrund der Umbauarbeiten, die ein paar Millionen Euro ge­kostet haben, nicht nur eine Steuergeldverschwendung, sondern da geht es auch um die Frage der Sinnhaftigkeit. Denn: Wofür brauchen wir in der Wiener Innenstadt, mei­ne Damen und Herren, neue Barockräumlichkeiten zum Anschauen, wo wir ohnehin die anderen Museen bereits haben? Also Sinn und Zweck des Ganzen kann mir hier niemand plausibel erklären, außer, dass eine Lösung auf schiefem Wege für ein Pro­blem gefunden wurde, das ÖVP-Finanzminister verursacht haben.

Dazu ist mir die Kulturpolitik, meine Damen und Herren, zu schade und zu wichtig. In­folgedessen werden wir den Antrag betreffend Änderung des Bundesmuseen-Geset­zes, nämlich die Zuweisung an die Galerie Belvedere, ablehnen. Und den Anträgen der Frau Kollegin Unterreiner, was die Aufwertung und die Erhaltung des Volkskundemu­seums beziehungsweise was das Museum für Völkerkunde betrifft, werden wir zustim­men.

Dem Entschließungsantrag der Grünen können wir leider nicht zustimmen. Denn, Kol­lege Zinggl: „Weltmuseum Wien“: Also alleine die Kombination „Welt – Wien“ passt da, finde ich, nicht. Das klingt einfach furchtbar! Wenn ihr euch einen besseren Namen einfallen lasst, der passend ist, dann können wir vielleicht darüber diskutieren. (Zwi­schenruf des Abg. Dr. Zinggl.) Ich glaube, dass der bestehende Name noch immer der beste ist.

Aber es geht hier nicht nur um Namen, sondern es geht vor allem darum, dass hier eine Aufwertung erfolgt, indem das wieder eigenständige Museen werden und dement-


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll203. Sitzung / Seite 142

sprechend dann auch die Mittelaufwertung erfolgt, also diese Einrichtungen mehr Bud­getmittel zur Verfügung bekommen. Und die haben sie sich wahrlich verdient. (Beifall des Abg. List.)

15.48


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Nun gelangt Frau Bundesministerin Dr. Schmied zu Wort. – Bitte, Frau Bundesministerin.

 


15.48.57

Bundesministerin für Unterricht, Kunst und Kultur Dr. Claudia Schmied: Frau Prä­sidentin! Hohes Haus! Meine sehr geehrten Damen und Herren Abgeordnete! Zu­nächst möchte ich Herrn Abgeordneten Zinggl Folgendes sagen: Es ist richtig, dass wir seitens des Finanzministeriums ein Zusatzbudget bekommen werden für die „Bespie­lung“ – unter Anführungszeichen – der Prunkräumlichkeiten des Palais in der Himmel­pfortgasse, nämlich einzelner Prunk- und Repräsentationsräume. Wir – das ist jetzt aber nicht das Ministerium, sondern es wird hier mit dem Museum Belvedere ein ent­sprechender Vertrag abgeschlossen, weil das thematisch zu diesem Haus passt.

Ich sage es noch einmal: Es ist ein Zusatzbudget! Ich weiß nicht, wie Sie zu der Be­hauptung gekommen sind, dass dadurch anderen etwas weggenommen wird. (Zwi­schenruf des Abg. Dr. Zinggl.) Ich muss Ihnen gleich auch noch dazusagen, dass ich diese Vorgangsweise der Frau Finanzministerin erstens für korrekt und zweitens für transparent halte, weil wir dann diese Investitionen auch im Kunst- und Kulturbericht verankert haben und weil wir das auch gemeinsam diskutieren. Also ich sehe über­haupt nichts, was es da zu kritisieren gibt, wenn es zusätzliches Budget für zusätzliche Räumlichkeiten für die Kunst gibt, wo Ausstellungen stattfinden werden und wo wir besonders darauf Wert legen, dass auch zeitgenössische Künstler ihre Positionen dar­stellen können. (Beifall bei SPÖ und ÖVP.)

Es gibt auch eine andere Variante, wie Finanzierungen ablaufen können, nämlich wo das nicht im Kunst- und Kulturbericht zu finden ist. Ich erinnere da etwa an die Finan­zierung des Musiktheaters Linz, wo es auch Mittel des Bundes gab, was aber sei­nerzeit über den Finanzausgleich abgewickelt wurde. Und da ist mir, muss ich Ihnen sagen, diese Vorgangsweise einer transparenten Darstellung lieber. Sie zeigt auch auf, dass es eine gute Gesprächsbasis zwischen Finanzministerium und Kulturministerium gibt. Und das ist wichtig, denn das Finanzministerium ist das zentrale Ressort, wo es um eine gute Gesprächsbasis und auch um eine gute Kooperation geht. Ich persönlich freue mich sehr, dass wir hier so intensiv zusammenarbeiten.

Jetzt zu den Ausführungen der Frau Abgeordneten Unterreiner, wo mir ganz einfach wichtig ist, da ein paar Dinge klarzustellen. Und zwar: Gestalten ist meine Devise in der Bildungspolitik und sehr wohl auch – und Sie wissen das – im Bereich Kunst und Kul­tur. Ich bin nicht jemand, der sitzt und einfach nur Dinge geschehen lässt. Sie wissen das ganz genau, auch aus sehr vielen Diskussionen und persönlichen Besprechungen.

Ich darf da an die Kunstvermittlung, die Zusammenarbeit zwischen Künstlern, Kultur­einrichtungen und Schulen erinnern, die wir initiiert haben. Ich darf an die vielen Inves­titionen erinnern, wie zum Beispiel: 21er Haus, die Kunstkammer und auch die jetzige Neuausrichtung des Völkerkundemuseums. Ich darf Sie auch daran erinnern, dass viele wichtige Leitungspositionen von mir neu besetzt werden konnten und ich beson­ders darauf Rücksicht genommen habe, dass auch Frauen in Leitungspositionen kom­men. Wir haben auch den freien Eintritt für Kinder und Jugendliche durchgesetzt. Wir haben außerdem neue Stipendienprogramme für Künstler und Künstlerinnen geschaf­fen. Darüber hinaus haben wir den Künstlersozialversicherungsbeitrag von 1 026 € auf 1 722 € angehoben. Und wir haben die Basisabgeltung und auch die Budgets für die Kulturinitiativen anheben können.


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In einer Zeit, wo in anderen Ländern bei Kunst und Kultur leider gespart werden musste, ist es uns gemeinsam gelungen – und da bedanke ich mich ganz besonders auch beim Regierungspartner –, das Budget für Kunst und Kultur zu erhöhen. Ich wie­derhole: Gerade in einer Zeit der Budgetkonsolidierung hat diese Regierung die Bud­gets für Kunst und Kultur erhöht! Das muss auch einmal gesagt sein! (Beifall bei SPÖ und ÖVP.)

Es geht um die Schätze der Vergangenheit, es geht um die zeitgenössische Kunst, und es geht um ein klares Plädoyer für die öffentliche Finanzierung der Kunst und Kultur. 2007 betrug das Bundesbudget 294 Millionen €, 2013 werden es 346 Millionen € sein. Wie, Frau Abgeordnete Unterreiner, war die Entwicklung zwischen 2000 und 2006? (Neuerlicher Beifall bei SPÖ und ÖVP.)

15.53


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Frau Abgeordnete Durchschlag gelangt nun zu Wort. – Bitte.

 


15.53.50

Abgeordnete Claudia Durchschlag (ÖVP): Frau Präsidentin! Frau Bundesministerin! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Ich beziehe mich in meinen Ausführungen auch auf das Bundesmuseen-Gesetz. Auch wenn die Opposition immer versucht, Gründe zu finden, um diese neue und interessante Lösung im Sinne der österreichischen Kultur­landschaft, aber auch im Interesse des österreichischen Tourismus schlechtzureden, möchte ich Ihnen, Frau Minister, aber auch unserer Finanzministerin ganz herzlich zu diesem Schritt gratulieren. Ihnen als Kulturministerin gratuliere ich zu diesen neuen Räumlichkeiten in einem der schönsten Gebäude der Republik.

Schon im Ausschuss ist der Einwand gekommen – und jetzt hier auch wieder –, wir brauchen kein weiteres Barockmuseum, in diesem Bereich gibt es schon genug, das ist nur hinausgeschmissenes Geld. – Dazu muss ich ehrlich sagen: Auch wenn Geschmä­cker verschieden sind und Barock nicht der Geschmack eines jeden ist – meiner ist es auch nicht unbedingt –, so sind doch unsere Geschichte und da natürlich die beson­ders prägenden Epochen wie beispielsweise das Barock oder die Wende vom 19. zum 20. Jahrhundert für viele Menschen sehr interessant.

Man kommt nach Wien der Geschichte wegen, sie ist in touristischer Hinsicht ein abso­lutes USP? Und es wäre eigentlich relativ töricht, dieses Thema, das die Menschen sehr interessiert, nicht weiter zu bespielen. Und wenn sich schon eine Gelegenheit wie diese ergibt, nämlich der Umbau eines Museums, dann sollte man sich diese Gele­genheit nicht entgehen lassen, sie nutzen. Also Gratulation an Sie, Frau Ministerin, zu diesen neuen Räumlichkeiten. Ich bin auch sicher, dass innovative Ausstellungsma­cher, die es nun einmal sehr viele gibt, dort auch sehr, sehr spannende Ausstellungen planen werden.

Aber auch eine herzliche Gratulation an unsere Finanzministerin, erstens einmal zu dem Entschluss, die Prunkräume überhaupt der Öffentlichkeit zur Verfügung zu stellen, und auf der anderen Seite wäre es in einer Zeit, in der wir alle nach neuen Einnah­mequellen suchen, geradezu fahrlässig, wenn man diese Chance für ein weiteres Wachstum im Wiener Tourismus nicht nützen würde. Es braucht im Schnitt ein Wachs­tum von zirka 7 Prozent, damit auch kleine Betriebe profitieren können, damit sie auch ihre Arbeitsplätze halten oder ausbauen können. Diese 7 Prozent sind aber nur dann zu erreichen, wenn es neue Angebote gibt. Ein weiterer Ausbau im Bereich der Hotel­lerie allein wäre zu wenig. Das heißt, es müssten mehr Menschen kommen, und dazu braucht es einfach neue und interessante Angebote.

Diese neue Ausstellungsfläche in der Himmelpfortgasse ist so ein neuer Ansatz, der mehr Besucher, mehr Touristen anlocken und daher auch mehr Geld hereinbringen


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wird. Das sollte im Interesse von uns allen liegen, besonders aber natürlich im Inter­esse der Finanzministerin. Daher meine Gratulation an beide Ministerinnen. Ich freue mich auf neue und innovative Ausstellungen in den Prunkräumen des Finanzministe­riums. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der SPÖ.)

15.56


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Riemer. – Bitte.

 


15.56.48

Abgeordneter Josef A. Riemer (FPÖ): Frau Präsidentin! Frau Bundesminister! Das Winterpalais ist ja schon gut abgehandelt worden: ein barocker Bau. Ich hoffe, dass er dem Erbauer und Errichter Prinz Eugen auch gerecht wird.

Generell ist schon zu sagen, dass es nicht so schlecht ist, wenn es hier in den baro­cken Bauten eine Begegnungsstätte auch für zeitgenössische Kunst gibt. Prinz Eugen hätte das vielleicht genauso gewollt. Man kann nicht immer nur stehen bleiben beim Status quo. Es ist eine gute Sache, wenn das vor allem als Begegnungsstätte für zeit­genössische Kunst österreichischer – wohlgemerkt: österreichischer! – und internatio­naler Künstler dient.

Was kritisiert wurde, ist – und das ist eigentlich der Wermutstropfen dabei; wir haben heute ja auch viel über Arbeitslosenzahlen gehört –: Auch wenn das rechtmäßig erfolgt ist, was Ihr Verhandlungsgeschick unter Beweis stellt, so ist es doch so, dass man 5,7 Millionen € für Ein- und Umbauten in die Hand nimmt und 2,5 Millionen € für die laufenden Kosten zahlt. Das ist meines Erachtens in der heutigen Zeit eine Sache, die zu denken geben sollte.

Wir werden dem natürlich zustimmen. Dass aber die beiden Anträge von der Kollegin Unterreiner abschlägig behandelt worden sind, ist bedauerlich. Ich denke, wenn man das Volkskundemuseum hernimmt, so muss man, jetzt fern von Ideologiedebatten, sa­gen – und ich zitiere jetzt, das Wesentliche hat ja Kollegin Unterreiner so schön ge­sagt –:

„Aufgrund seiner umfangreichen Sammlungen und Forschungstätigkeit zur Volkskunst und Regionalkultur Österreichs, seiner Nachbarländer (ehemaligen Kronländer) und der Geschichte der ehemaligen Monarchie ist es nicht nur das größte seiner Art in Eu­ropa, sondern auch einzigartig und bedeutend für einen wichtigen Blickwinkel unserer Geschichte.“

Gerade Mitteleuropa sucht eine neue Identität, vor allem die neuen Staaten. Ich glau­be, wir sind uns unserer kulturellen und historischen Aufgabe vielleicht oft gar nicht so richtig bewusst. Die schauen auf uns. Geben wir ihnen das zurück, was unsere Vor­fahren hier gesammelt haben! (Beifall bei der FPÖ.)

Dass hier behauptet wird, dass da Ideologie ins Spiel kommt, verstehe ich nicht, denn hätte man den Antrag gelesen, dann wüsste man, was da drinnen steht, nämlich:

„Es leistet einen entscheidenden Beitrag zur Kulturanalyse, die Gemeinsamkeiten, aber auch Differenzierungen erfasst und somit zum besseren Verständnis der eigenen Kultur beiträgt.“

Wo ist hier die Ideologie, von der Sie sprechen? Ich glaube, das ist eine sehr weltum­fassende Ansicht. Dafür ein großes Kompliment an die Frau Kollegin! (Neuerlicher Bei­fall bei der FPÖ.)

Damit verbunden ist auch das Schlusszitat:

Wer an dieser Stelle spart, opfert auf kulturpolitischer Ebene wesentliche kulturelle Werte und beeinträchtigt einen wesentlichen Teil österreichischen Selbstbewusstseins.


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll203. Sitzung / Seite 145

Ich möchte das bewusst auf das Wort „Identität“ verändern.

Dass sich die Antragstellerin natürlich auch zu dem sogenannten Weltmuseum Wien kritisch äußert, ist verständlich. Was will sie denn? Sie möchte, dass das Völkerkun­demuseum ein eigenes Bundesmuseum wird. Dieses Ansinnen teilen ja auch einige Vorredner.

Nachdem das Völkerkundemuseum Teil der wissenschaftlichen Anstalt „Kunsthistori­sches Museum mit Museum für Völkerkunde und österreichischem Theatermuseum“ geworden war, hat es als kulturwissenschaftliches Museum an Bedeutung verloren. Das ist der kritische Ansatzpunkt der Antragstellerin. Eine Reorganisation war und ist aufgrund der nunmehr gemachten Erfahrungen dringend notwendig. Das ist ein Auf­trag an die Politik.

Die Kernaufgabe des Völkerkundemuseums liegt in der Auseinandersetzung – und wieder: entideologisiert! – mit der kulturellen Vielfalt auf Grundlage von ethnographi­scher und kulturanthropologischer Forschung.

Zur Bezeichnung „Weltmuseum“: Es gibt auch Weltmeisterschaften, aber dieser Aus­druck passt nicht zu einem Museum für Völkerkunde, denn da haben Völker ihr Recht, und es sind auch Völker, denen da Ehre und Reverenz erwiesen wird.

Zusammenfassend kann man nur sagen: Es geht immer um die Erhaltung, Motivation und Nutzung, um einen zukunftsvisionären, touristischen, identitätsstiftenden und bil­dungspolitischen Auftrag. Frau Bundesministerin, ich glaube, wenn man da ein biss­chen Geld umschichten könnte, würde uns das alle zufriedenstellen.

Abschließend noch ein Zitat von Artur Hazelius, dem Begründer des ersten Freilicht­museums in Schweden: „Es kann der Tag kommen, da all unser Geld nicht reicht, uns ein Bild von der entschwundenen Zeit zu formen.“ – Ich füge hinzu: Um eine hoffentlich gedeihliche Zukunft zu gewinnen. (Beifall bei der FPÖ.)

16.01


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Mag. Au­bauer. – Bitte.

 


16.01.52

Abgeordnete Mag. Gertrude Aubauer (ÖVP): Frau Präsidentin! Geschätzte Frau Bundesminister! Es waren in dieser Debatte schon einige Zitate zu hören. Ich möchte ein weiteres hinzufügen, das mir besonders gut gefällt, und zwar von unserer Finanz­ministerin. Sie sagte bei einer Pressekonferenz: „Ich will für die Menschen arbeiten und ihnen dienen, so wie es das Ursprungswort ‚ministrare‘ für Minister beinhaltet, und nicht in diesen wunderschönen Prunkräumen residieren.“

Werte Kolleginnen und Kollegen, das Residieren gehört zu einem früheren Politikver­ständnis. Heute ist es das Dienen. Politiker sollen den Menschen dienen, und das ist gut so. Das zeigt sich auch in dem vorliegenden Konzept.

Worum geht es? – Um den Sitz des Finanzministeriums in der Wiener Himmelpfortgas­se. Es wurde schon viel dazu gesagt. Das Haus wird Besuchern zugänglich gemacht, wobei ein Teil des Hauses ein Museum wird, während der andere Teil weiterhin dem Finanzministerium zur Verfügung steht. Gratulation an die Finanzministerin, Gratulation an Sie, Frau Minister Schmied – ein tolles Konzept!

Was für mich als Seniorenvertreterin besonders wichtig ist, ist auch die Frage, ob die­ses Barockjuwel vom Feinsten auch Älteren, mitunter gehbehinderten Menschen zu­gänglich ist, also ob es barrierefrei ist. – Jawohl, weitgehend. Die Prunkräume des Winterpalais wurden bei der Renovierung soweit wie möglich barrierefrei gestaltet.


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll203. Sitzung / Seite 146

Dort, wo das bautechnisch nicht möglich war, sind nun jene Abteilungen des Finanzmi­nisteriums angesiedelt, die nicht für Kunden zugänglich sein müssen.

Kunst und Kultur sind für alle da und sollten für jeden erreichbar und nutzbar sein. Deshalb auch mein Wunsch und unser Ziel, Museen und öffentliche Bauten in Zukunft bei Umbauten und bei Neubauten möglichst barrierefrei zu gestalten. (Beifall bei der ÖVP sowie bei Abgeordneten der SPÖ.)

16.04


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Hölle­rer. – Bitte.

 


16.04.13

Abgeordnete Anna Höllerer (ÖVP): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Werte Frau Bun­desministerin! Das Stadtpalais des Prinzen Eugen ist ein bedeutendes barockes Palais in der Wiener Innenstadt, in der Himmelpfortgasse 8. Das ist auch eine gute Adresse, denn seit 1848 beherbergt sie das Finanzministerium.

Nach Abschluss der Generalsanierung wird Frau Bundesministerin Maria Fekter die Prunksäle der Öffentlichkeit zugänglich machen, und die Prunkräume des Winterpalais des Prinzen Eugen von Savoyen werden zu einem wichtigen Ausstellungsort und auch zu einem Ort der internationalen Begegnung von Kunst und Kunstschaffenden. Das passt auch sehr gut zum Bauherrn Prinz Eugen, der ja als internationale Persönlichkeit empfunden wird, was sich auch aus seinen Sammlungen ablesen lässt.

Eingegliedert in die österreichische Galerie Belvedere wird am neuen Kunststandort in der Wiener Innenstadt ein Ort des Dialogs zwischen unserem kulturellen Erbe und zeit­genössischer Kunst entstehen. Sie, sehr geehrte Damen und Herren, kennen dieses Konzept alle. Daher mein Appell an Herrn Abgeordneten Zinggl und andere, die hier versuchen, Tradition gegen Moderne auszuspielen: Es ist eine Symbiose von Kultur­erbe und Gegenwartskunst, die sich weltweit in bedeutenden Kunstinstitutionen be­währt hat und dort auch erfolgreich umgesetzt wird, so auch in Österreich. Ein Dank an dieser Stelle auch an das Belvedere, vor allem auch für die sehr positive dynamische Entwicklung in diesem Bereich. Das steht einer sehr renommierten Kunstinstitution, wie sie das Belvedere in Österreich ist, auch sehr gut an.

Mit der Öffnung der Prunkräume im Winterpalais wird die Museen-Landschaft in Öster­reich auf jeden Fall bereichert, wovon kunstinteressierte Besucherinnen und Besucher profitieren werden. Es werden aber vor allem auch die unter 19-Jährigen profitieren, denn diese sind seit der Einführung des freien Eintritts zunehmend mehr in den öster­reichischen Bundesmuseen anzutreffen. (Beifall bei ÖVP und SPÖ.)

16.06

16.06.10

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Zu Wort ist dazu niemand mehr gemeldet.

Die Debatte ist geschlossen.

Schlusswort wird seitens der Berichterstattung keines gewünscht.

Wir gelangen nun zur Abstimmung, die ich über jeden Ausschussantrag getrennt vor­nehme.

Wir kommen zunächst zur Abstimmung über Tagesordnungspunkt 4: Entwurf betref­fend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundesmuseen­Gesetz 2002 geändert wird, samt Titel und Eingang in 2309 der Beilagen.

Ich ersuche jene Damen und Herren, die für diesen Gesetzentwurf sind, um ein Zei­chen der Zustimmung. – Das ist mit Mehrheit angenommen.

Wir kommen sogleich zur dritten Lesung.


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll203. Sitzung / Seite 147

Wer dem vorliegenden Gesetzentwurf auch in dritter Lesung die Zustimmung gibt, den bitte ich um ein entsprechendes Zeichen. – Das ist wiederum die Mehrheit. Der Ge­setzentwurf ist somit auch in dritter Lesung angenommen.

Wir gelangen weiters zur Abstimmung über Tagesordnungspunkt 5: Antrag des Kultur­ausschusses, seinen Bericht 2310 der Beilagen zur Kenntnis zu nehmen.

Ich bitte jene Damen und Herren, die dazu ihre Zustimmung geben, um ein entspre­chendes Zeichen. – Das ist die Mehrheit. Angenommen.

Ferner kommen wir zur Abstimmung über Tagesordnungspunkt 6: Antrag des Kultur­ausschusses, seinen Bericht 2311 der Beilagen zur Kenntnis zu nehmen.

Wer dem die Zustimmung gibt, den bitte ich um ein entsprechendes Zeichen. – Das ist wiederum mit Mehrheit angenommen.

Wir gelangen schließlich zur Abstimmung über den Entschließungsantrag der Abge­ordneten Dr. Zinggl, Kolleginnen und Kollegen betreffend Völkerkundemuseum als ei­genständiges Bundesmuseum.

Ich bitte jene Damen und Herren, die für diesen Entschließungsantrag sind, um ein ent­sprechendes Zeichen. – Das ist nicht die Mehrheit. Abgelehnt.

16.08.277. Punkt

Bericht des Kulturausschusses über den Antrag 1797/A(E) der Abgeordneten Stefan Petzner, Kolleginnen und Kollegen betreffend Steigerung des nationalen Musikanteils im Radio (2312 d.B.)

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Wir gelangen nun zum 7. Punkt der Tages­ordnung.

Auf eine mündliche Berichterstattung wurde verzichtet.

Wir gehen in die Debatte ein.

Als Erster zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Riemer. – Bitte.

 


16.08.50

Abgeordneter Josef A. Riemer (FPÖ): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Frau Bundesministerin! Das Thema dieses Antrages – die Steigerung des nationalen Musikanteils im Radio – verfolgt uns ja schon längere Zeit. Es hat diesbezüglich vom ORF schon gewisse Anstrengungen gegeben, ich erinnere nur an das Stichwort „Selbstverpflichtung“. Diese Selbstverpflichtung funktioniert jedoch in der Realität nicht. Die Antragsteller verweisen auf das französische Modell, das ja für viele Staaten in Eu­ropa richtungsweisend ist.

Auch in Frankreich hat man mit der Selbstverpflichtung keine guten Erfahrungen ge­macht. Es wurden also die Radiostationen dazu verpflichtet – ich denke, den Antrag­stellern schwebt ja etwas Ähnliches vor –, dass mindestens 60 Prozent der Sendezeit mit Produktionen europäischer Künstler und 40 Prozent mit Produktionen französischer Interpreten auszufüllen sind. Die 40 Prozent werden wiederum geteilt: Eine Hälfte soll Musikern zur Verfügung stehen, deren Platten noch nicht in der „Goldenen Liga“ spie­len, damit diese gefördert werden.

Diese Regelung enthält noch einen Punkt, der erwähnenswert ist, und zwar, dass sie nach Radioformaten gestaffelt ist. Das bedeutet zum Beispiel, dass Formate für ältere Zielgruppen einen französischsprachigen Musikanteil von 60 Prozent aufweisen müs­sen, während Jugendformate nur einen Anteil von 35 Prozent zu erfüllen haben.


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll203. Sitzung / Seite 148

In Deutschland hat man sich dessen auch schon angenommen, und zwar in den neun­ziger Jahren. Dafür standen Leute wie Heinz Rudolf Kunze und Herbert Grönemeyer Pate, also keine unbekannten Leute. Ihr Ziel war es unter anderem, ein Gesetz über eine Radioquote für eine größere Vielfalt an Liedern im Radio zu schaffen. Dies sollte einer kulturellen Bereicherung dienen – also das Gegenteil von dem, was bei uns ar­gumentiert wird.

Ein weiterer Vorteil wäre die neue Aufgabe, welche das Radio übernehmen würde: ei­ne Trendfunktion. Indem die Stationen noch neue und unbekannte Sänger mit ihren Liedern im Radio spielen, würden manche von diesen Liedern zu Hits

Ein dritter Aspekt ist, dass auch nationale Künstler Chance bekämen, zu attraktiven Sendezeiten aufzutreten. Heute würden die besten Sendezeiten zu einem großen Teil von US-amerikanischen Stars belegt. Wenn man sich ganz speziell in Deutschland umsähe, so sei da noch der Kulturauftrag – das ist auch für Österreich eine Aufgabe! – der öffentlich-rechtlichen Sender festzustellen.

Ein viertes Argument ist die Kritik an der Umsetzung des sogenannten Kulturauftrags öffentlich-rechtlicher Sender.

Auch die CSU mit Herrn Huber und die SPD mit Wolfgang Thierse, seines Zeichens ehemaliger Bundestagspräsident, haben gemeint, deutsche Produktionen müssen mehr Chancen bekommen. Das gilt unserer Meinung nach auch für Österreich. Wenn man sich dann die Liste der Proponenten anschaut, die das unterstützt haben, dann sieht man, dass diese nicht unbekannt sind: Heinz Rudolf Kunze, Konstantin Wecker, Reinhard Mey, Udo Lindenberg – Leute, die sich ganz eindeutig für die Quotenrege­lung entschieden haben.

Das fließt auch in den vorliegenden Antrag hinein. Dort ist es sehr schön formuliert: „Die Förderung österreichischer Musikproduktionen soll heimischen Talenten eine Chance geben, sich gegen kostengünstigere, meist aus den USA bezogene Produktio­nen im Radio durchsetzen zu können, um so ihren Bekanntheitsgrad und damit den Verkauf ihrer musikalischen Werke zu steigern. Österreich soll nicht länger Schlusslicht beim Anteil heimischer Musik im Radio sein.“

Das passt auch zu einer FPÖ-Anfrage. Darin hat man AKM-Daten von 2011 herge­nommen. 5,7 Millionen an Tantiemen wurde kassiert. 700 000 haben die österreichi­schen Autorinnen, Autoren, Künstlerinnen und Künstler bekommen, und 5 Millionen sind ins Ausland gegangen. Ich glaube, das ist ein Zustand, den wir beenden kön­nen.

Ich komme zum Schlusswort: Dort, wo wir heute nicht ausreichend fördern, könnte uns dies morgen als bitterer Mangel aufstoßen. Der ORF hat da seine verantwortungsvolle Aufgabe endlich wahrzunehmen. (Beifall bei der FPÖ.)

16.13


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Königs­berger-Ludwig. – Bitte.

 


16.13.38

Abgeordnete Ulrike Königsberger-Ludwig (SPÖ): Frau Präsidentin! Geschätzte Frau Ministerin! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Auch uns ist es wichtig, dass öster­reichische Produzentinnen und Produzenten, Komponistinnen und Komponisten auf österreichischen Radiosendern gespielt und auch gefördert werden. Ich denke, gerade unsere Frau Ministerin beweist mir ihrer Kulturpolitik, dass ihr die Förderung von jun­gen Künstlerinnen und Künstlern ganz besonders wichtig ist. Es gibt eine Reihe an Un­terstützungsmaßnahmen für Musikerinnen und Musiker, aber auch für bildende Künst­lerinnen und Künstler.


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll203. Sitzung / Seite 149

Ich denke daher, dass wir sehr unverdächtig sind, wenn es um den Vorwurf geht, dass wir junge Kunst nicht fördern möchten.

Der Antrag des Kollegen Petzner geht in die Richtung, dass es eine gesetzliche Rege­lung geben soll, die festmacht, dass österreichische Musikproduktionen auf österreichi­schen Sendern verstärkt gespielt werden müssen. Es soll das französische Modell analog angewendet werden. Herr Kollege Riemer, Sie wissen ganz genau, dass das französische Modell an die französische Sprache gebunden ist und dass auch in Frankreich diese Förderung keine Förderung für die französische Musikindustrie gewe­sen ist, sondern wirklich an die Sprache gebunden ist, weil es ansonsten EU-Recht wi­dersprechen würde.

Wenn wir nun analog der Regelung in Frankreich in Österreich eine Regelung schaf­fen, würde das bedeuten, dass wir diese an die deutsche Spreche binden müssten. Da hätte natürlich das größere Deutschland einen Vorteil gegenüber dem kleineren Öster­reich, und damit wäre nicht gewährleistet, dass tatsächlich österreichische Musik, ös­terreichische Produktionen diesen Anteil erhalten, den wir alle gemeinsam erreichen wollen.

Das ist der Unterschied zwischen Frankreich und Österreich. Deswegen ist Österreich den Weg gegangen, dass wir gemeinsam mit Musikproduzentinnen und -produzenten und dem ORF eine eigene Musikcharta vereinbart haben, sodass es eine Selbstver­pflichtung gibt, die Sie auch angesprochen haben, die dazu führen soll, dass der Anteil an österreichischen Produktionen gesteigert werden soll. Diese Charta ist seit 2009 er­füllt worden. (Abg. Petzer: Nein, ist sie nicht!) – Nein, erfüllt nicht, aber in Kraft getreten ist sie – jetzt ist mir das richtige Wort eingefallen –, und es hat sich in den letzten drei Jahren natürlich schon der Anteil gesteigert, wenn auch noch nicht in dem Ausmaß, in dem wir uns das wünschen. Das stimmt, Herr Kollege Petzner, aber es hat eine Steige­rung gegeben, und Sie wissen auch, dass diese Musikcharta jetzt eine Verlängerung bis 2014 erhalten hat. Darin ist eine noch höhere Quote vereinbart worden, um genau diesem Ansinnen Rechnung zu tragen, österreichische Produzentinnen und Produzen­ten, Musikerinnen und Musikern noch besser in unseren Programmen zu fördern.

Ich denke, das ist ein guter Weg. Das ist der Weg, der in Österreich machbar ist, ein Weg, der von allen mitgetragen wird und der auch dadurch noch verstärkt wird, dass es ein sogenanntes Dialoggremium gibt. Es ist dies ein Gremium, das paritätisch be­setzt worden ist, in dem der Dialog geführt wird und in dem auch darauf geschaut wird, wie man dieses Vorhaben gemeinsam tatsächlich mit Leben erfüllen kann. Dort herrscht auch eine sehr gute Kommunikationsbasis zwischen dem ORF und den Mu­sikproduzentinnen und -produzenten, und ich bin überzeugt davon, dass die Charta II, wie sie nun heißt, auch dazu führen wird, dass wir noch mehr österreichische Musik auf unseren Radiosendern hören werden. (Beifall bei der SPÖ.)

16.17


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Herr Abgeordneter Petzner gelangt nun zu Wort. – Bitte.

 


16.17.07

Abgeordneter Stefan Petzner (BZÖ): Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Es hat ja am vorigen Wochenende ein „wunderbares“ Ereignis gegeben, das gezeigt hat, wie schlecht es um die österreichische Musikindustrie bestellt ist – und auch um die Fähigkeiten des ORF –, nämlich den Eurovision Song Contest. (Abg. Mag. Schön­egger: Seit Udo Jürgens nichts mehr!)

Der Eurovision Song Contest ist die größte TV-Veranstaltung, das älteste TV-Format der Welt, insgesamt über 300 Millionen Zuschauer weltweit. Wenn man sich da jetzt


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll203. Sitzung / Seite 150

das Abschneiden der sogenannten oder angeblichen Kulturnation und Musiknation Ös­terreich anschaut, dann muss man sich schon die Frage stellen: Warum schneiden wir immer so schlecht ab? Jetzt sind wir im Vorjahr schon Letzter geworden, mit einem Lied, dessen Titel ich jetzt nicht nenne, weil ich keinen Ordnungsruf bekommen möchte, und heuer sind wir schon wieder nicht weitergekommen und sind wieder Vor­letzter geworden. (Abg. Mag. Schönegger: Die Frage ist, warum man mit den Katzerln und den Pratzerln Sechster wird!)

Ich finde, dass das ein wunderbares Beispiel dafür ist, wie es um den Musikstandort Österreich tatsächlich bestellt ist. Ein einziges Mal haben wir gewonnen. Wann? (Abg. Mag. Schönegger: Das musst du wissen, das ist deine Diplomarbeit!) – 1966 war das, mit „Merci, Chérie“.

Aber darum geht es ja nicht, sondern es geht darum, dass diese Veranstaltung in der Gegenwart zeigt, dass das Musikland Österreich, vor allem was die moderne Musik, die Popmusik betrifft, in einer enormen Entwicklungskrise steckt und wir dort einfach nichts zu bieten haben. Man muss daher schon auch die Frage stellen, warum das so ist.

Ein wesentlicher Auslöser dieser Musikkrise ist der öffentlich-rechtliche Rundfunk, mei­ne Damen und Herren, weil er sich konsequent weigert, österreichische Popkultur in seinen Sendern vertreten sein zu lassen.

Da komme ich ganz konkret auch auf diese Musikcharta zu sprechen, die Sie ange­sprochen haben. Abgesehen davon, dass der erste Punkt lautet, dass es eine freiwil­lige Verpflichtung ist, und die letzten Jahre gezeigt haben, dass diese freiwillige Ver­pflichtung nicht hält, dass jedenfalls die Zielvorgaben nicht erreicht wurden, muss man schauen, was in dieser Charta genau steht: nämlich dass man durchschnittlich, über sämtliche Radioprogramme des ORF verteilt, eine Quote von 30 Prozent erreichen will. Mitte des Vorjahres, als die Gültigkeit dieser Charta verlängert worden ist, hat man das auf 33 Prozent erhöht – aber wie gesagt, verteilt auf alle Radioprogramme des ORF!

Was macht man dann in der Praxis – und genau das ist meiner Meinung nach das Problem –: Man schraubt den Anteil in den sogenannten Volksmusiksendern massiv nach oben, während Sender wie FM4 oder Ö3, die eigentlich auch eher die Popkultur vertreten, völlig auslassen. Wenn Sie Ö3 einschalten, meine Damen und Herren, dann hören Sie immer nur den englischen Trash – der irgendwo in Hamburg oder in Berlin programmiert wird, und in Österreich wird es abgespielt –, aber keine heimische, ös­terreichische Popmusik. Und das finde ich sehr, sehr schade, weil ich glaube, dass wir sehr, sehr viele heimische talentierte Künstler und Bands haben, die sich durchaus ver­dient hätten, auch auf Ö3 gespielt zu werden. Und insofern ist auch diese Charta mei­ner Meinung nach mit einem Pferdefuß versehen, und dies nicht nur in diesem Bereich.

Ein anderer ist auch § 6, wo auch Fördermittel an den Österreichischen Musikfonds fließen, der wiederum an die Gebührenrefundierung gekoppelt ist. Jetzt wissen wir, dass SPÖ und ÖVP die Gebührenrefundierung und die Verlängerung dieser Gebüh­renrefundierung verweigern. Also auch mit diesen Mitteln sieht es nicht so gut aus.

Zusammenfassend muss ich festhalten, meine Damen und Herren, dass ich der Auf­fassung bin, wenn ich mir die nackten Zahlen, Daten und Fakten ansehe, dass diese österreichische Musikcharta zwar gut gemeint ist und vielleicht auch gut gedacht ist, aber ihren Zweck, den sie eigentlich erfüllen sollte, nicht erfüllt hat und dass die Ziel­vorgaben, die man sich gesetzt hat, nicht erreicht wurden.

Daher schlagen wir auch vor – Kollege Riemer hat es schon ausgeführt –, sich an das französische Modell anzulehnen. Auch in Frankreich hat man es mit einer freiwilligen


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll203. Sitzung / Seite 151

Vereinbarung und Charta versucht, und auch in Frankreich ist man zu der Erkenntnis gekommen, dass das nicht funktioniert. Und daher hat man in Frankreich eine verbind­liche Quotenregelung eingeführt, die insofern auch mit dem EU-Recht vereinbar ge­macht wurde, als sie sich an ein Förderungsmodell der Sprache koppelt. Das kann auch Österreich übernehmen, damit wir auch hier im Einklang mit dem EU-Recht sind. Das lasse ich als Argument überhaupt nicht gelten, dass das EU-rechtlich nicht mög­lich sei. Ich glaube, dass mit etwas gutem Willen sehr wohl so eine Quotenregelung nach französischem Vorbild auch in Österreich möglich wäre, und ich darf an Sie ap­pellieren, das mit uns gemeinsam mitzutragen.

Ich sage Ihnen, dass ich gerade in den vergangenen Tagen zwei Menschen getroffen habe: einmal einen sehr bekannten österreichischen Musiker und erfolgreichen Produ­zenten, der übrigens auch einmal beim Song Contest war – gar nicht so unerfolgreich für Österreich, in den achtziger Jahren –, mit dem ich auch über dieses Thema gespro­chen habe und der auch gesagt hat, nein, wir brauchen diese Quotenregelung jetzt endlich, weil die Charta nicht funktioniert. Und ich habe zum Zweiten zufällig in einem Lokal einen führenden Kopf von FM4 getroffen, das heißt einen führenden ORF-Mit­arbeiter. Ich werde jetzt dessen Job nicht gefährden, indem ich seinen Namen nenne, aber auch mit ihm habe ich über dieses Problem gesprochen, weil er selbst Musik macht und österreichische Popmusik macht, und auch er hat mir recht gegeben. Ein ORF-Mitarbeiter selbst hat mir gesagt, dass auch er diese Charta für nicht ausreichend hält, und hat daher auch unseren Vorstoß, nach französischem Vorbild so eine Quo­tenregelung einzuführen, ausdrücklich begrüßt.

Daher noch einmal der Appell: Es geht nicht nur um die Förderung der heimischen Popkultur und des heimischen Liedgutes, es geht auch um den Schutz und die Förde­rung der deutschen, der österreichischen Sprache. Und ich finde, unsere Sprache ist so wunderschön, wir haben die größten Dichter. Wir haben aber auch sehr viele Musi­ker, sehr erfolgreiche Komponisten gehabt. Ich wünsche mir, dass Österreich so eine Musiknation bleibt, nicht nur, dass wir endlich wieder einmal den Song Contest gewin­nen, meine Damen und Herren, sondern auch dass wir auf dem internationalen Pop-Markt wieder erfolgreich sind. – Aber gut, das Thema Song Contest werden wir mit Herrn Wrabetz an anderer Stelle noch zu diskutieren haben, denn bevor wir dort je­manden hinschicken, der wieder Letzter wird, bin ich dafür, dass wir gar niemanden mehr hinschicken. Oder Sie fragen vielleicht mich als Song Contest Experten; ich kann Ihnen garantieren, dass wir dann sicher besser abschneiden – Toni Vegas hin oder her. (Beifall beim BZÖ.)

16.24


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Mag. Grün­berger. – Bitte.

 


16.25.00

Abgeordnete Mag. Silvia Grünberger (ÖVP): Frau Präsidentin! Hohes Haus! Ich möchte schon einmal etwas festhalten, weil ich es auch spannend finde, was Kollege Petzner gerade zum Ausdruck gebracht hat. Er hat eingangs gesagt – und das hat mit der Musikquote gar nichts zu tun –, wir haben den Song Contest schon all die letzten Jahre nicht gewonnen, wir haben nichts zu bieten (Abg. Petzner: Das muss man wie­der ändern!), und eigentlich befinden wir uns, was die Musik und Musikproduktionen betrifft, in einem Entwicklungsland. – Also, das ist schon starker Tabak! (Rufe bei Ab­geordneten des BZÖ: Tobak! Tobak!) Und in Wahrheit ist das auch ein Angriff auf ös­terreichische Musiker und Musikerinnen. (Abg. Petzner: Ich hab gesagt, der ORF ist dafür verantwortlich!) Na ja, du hast vorher gesagt, die bringen nichts zusammen, wir gewinnen nichts, und im Endeffekt stehen wir schlecht da. (Abg. Amon: Vielleicht soll­te der Parlamentschor antreten?)


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll203. Sitzung / Seite 152

Das hat mit einer Musikquote, nebenbei bemerkt, nichts zu tun, und dem widerspreche ich. Ich glaube, wenn ich zum Beispiel an den letzten Amadeus und an die sehr guten, qualifizierten jungen Musikerinnen und Musiker denke, dass wir diese hier nicht schlecht­reden sollten.

Das Ansinnen, österreichische Musiker zu fördern, zu unterstützen, ist positiv. Nur: Warum funktioniert der Vergleich mit Frankreich nicht? – Französische Interpreten komponieren und entwickeln ihre Musik in französischer Sprache. Das gilt für öster­reichische Musikerinnen und Musiker leider nicht. Die Mehrheit der Österreicherinnen und Österreicher hat englische Songtexte. Und deshalb geht es am Ziel vorbei, wenn man hier auf die deutsche Sprache abstellt. Man würde nicht zwingend österreichische Musikerinnen und österreichische Musiker damit fördern.

Und was die von dir angedachte Vorgangsweise, möglicherweise auf die Nation, näm­lich sozusagen auf das Herkunftsprinzip abzustellen, betrifft, so gibt es da sehr wohl bereits auch seitens der EU Darlegungen, wonach es nicht gesetzeskonform ist, hier die Nation zu bevorzugen. Das heißt, ein Abstellen auf das Österreicher-Sein ist ge­setzlich nicht möglich.

In diesem Sinne ist die freiwillige Selbstverpflichtung von zuerst 30 Prozent und jetzt 33 Prozent die beste Vorgehensweise. Richtig ist auch, dass die Übererfüllung der Quote ausschließlich durch die Landesstudios erfolgt, und auch durch Ö1, und dass Ö3 hier jedenfalls einen Nachholbedarf hat. Wichtig ist, dass die Politik ORF und Mu­sikindustrie auf diesem Weg unterstützt und sich natürlich auch kritisch die Einhaltung der Musikcharta anschaut. Derzeit sind wir auf einem guten Weg, und das gilt es aus meiner Sicht fortzuführen. (Beifall bei der ÖVP.)

16.27


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Marko­witz. – Bitte.

 


16.27.40

Abgeordneter Stefan Markowitz (STRONACH): Frau Präsidentin! Frau Bundesminis­ter! Hohes Haus! Kollege Petzner, ein toller Antrag! Ich muss sagen, er geht absolut in die richtige Richtung gerade auch hinsichtlich dessen, was wir vorhin angesprochen haben. – Ich möchte meiner Vorrednerin, Frau Fuhrmann und jetzt Frau Grünberger, auch noch ganz herzlich zur Hochzeit gratulieren, genauso wie dem Geri Grosz. Denn es haben zwei der hier Anwesenden geheiratet, und das freut mich ganz besonders. (Abg. Mag. Grünberger – in Richtung des Abg. Grosz weisend –: Ja, aber nicht wir zwei!)

Dieser Antrag geht auch insofern in die richtige Richtung, als es ja nicht nur einmal im Jahr einen Song Contest gibt, wo wir etwas gewinnen wollen (Abg. Petzner: Das war nur ein Beispiel!), sondern es geht auch um heimische Künstler und heimische Sänger, die auch überleben wollen. Das ist, glaube ich, der richtige Schritt. Wir haben ja hier das Problem, dass wir es mit dieser Quote, mit der Selbstverpflichtung versucht haben und – wir haben ja erst kürzlich im Ausschuss darüber diskutiert, und da hat es Frau Kollegin Grünberger richtig angesprochen – dass es damit halt einfach nicht funktio­niert. Und deswegen ist es mir insofern auch egal, ob ein Künstler Deutsch, Englisch oder Italienisch singt, wenn er Österreicher ist. Da muss man eben schauen, dass man das ein bisschen ausweitet.

Prinzipiell ist das französische Modell ein gutes Modell. Man kann es nicht eins zu eins übernehmen, das wissen wir, aber man kann Anreize in einer solchen Form schaffen, dass die heimischen Künstler wieder eine Möglichkeit haben, auf dem Markt zu beste­hen. Falco hat es richtig gesagt: Muss ich erst sterben, um zu leben? – Das war genau


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll203. Sitzung / Seite 153

das Gleiche: Ö3 hat Falco nie gespielt, und als er dann tot war, entstand auf einmal der große Falco-Hype in Österreich. Ich glaube, da müssen wir uns schon ein bisschen selber hinterfragen, wenn es darum geht, wie man in Österreich und wie speziell Ö3 mit österreichischen, auch mit arrivierten Künstlern umgeht. Gilt da etwa das Motto: Nur weil sie halt nicht mehr so „in“ sind, spielen wir sie erst um Mitternacht!? – Ich glau­be, das haben wir auch vorhin gehört. Wir wollen nichts anderes haben, als dass der österreichische Künstler, der einen tollen Beitrag zum österreichischen Musikschaffen leistet, auch zu Zeiten gespielt wird, wo er auch gehört wird. Nur dann, wenn er gehört wird, werden auch die Platten oder die CDs oder was auch immer gekauft.

Deswegen, Frau Ministerin, müssen wir uns eines überlegen: Song Contest, das ist alles gut und recht und schön. Dass Sie ein Herz für junge Menschen haben, gefällt mir auch. Aber wir haben eine Vielfalt in Österreich, und diese Vielfalt gehört auch in der Popmusik oder wo auch immer zum Ausdruck gebracht. Und deshalb würde ich mir wünschen, dass der vorliegende Antrag, der absolut richtig ist, auch insofern unter­stützt wird, als wir uns alle gemeinsam zu dem bekennen, was wir sind, nämlich ein Volkskulturland, ein musisches Land. Und deswegen können wir auch dazu stehen, dass wir österreichische Künstler haben, die auch das Recht haben, zu überleben. (Beifall beim Team Stronach.)

16.29


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Zu Wort gelangt nun Herr Abgeordneter Dr. Zinggl. – Bitte.

 


16.30.37

Abgeordneter Mag. Dr. Wolfgang Zinggl (Grüne): Wir werden diesem Antrag nicht zustimmen, und dies aus einem einfachen Grund, Herr Kollege Petzner: Die Musikwirt­schaft – wir haben es schon gehört – hat sich mit dem ORF zusammengesetzt und hat Regelungen im Sinne einer freiwilligen Selbstverpflichtung für das Jahr 2013 getroffen. Also unsere Aufgabe ist damit mehr oder weniger erledigt. Wenn die Abmachung nicht eingehalten wird, bräuchte es ein eigenes Gesetz. Das wäre ein ORF-Gesetz, und das wird ja wohl in einem größeren Rahmen verhandelt.

Ich kann durchaus Ihr Interesse an der Popmusik nachvollziehen, insbesondere seit­dem Sie sich für Udo Jürgens so sehr interessiert haben. Aber ich glaube, es gibt einen ganz anderen Punkt, wo wir bei der Popmusik ansetzen müssten, und das sind Tour­neen, die nicht finanziert werden, das sind fehlende Proberäume und vor allen Dingen das fehlende Urheberrecht. Und dafür werden wir uns auch in Zukunft einsetzen. – Danke. (Beifall bei den Grünen.)

16.31

16.31.10

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Zu Wort ist dazu niemand mehr gemeldet.

Die Debatte ist geschlossen.

Schlusswort wird seitens der Frau Berichterstatterin keines gewünscht.

Wir kommen nun zur Abstimmung über den Antrag des Kulturausschusses, seinen Bericht 2312 der Beilagen zur Kenntnis zu nehmen.

Ich bitte jene Damen und Herren, die dazu die Zustimmung geben, um ein entspre­chendes Zeichen. – Das ist die Mehrheit. Angenommen.

16.32.058. Punkt

Bericht des Verkehrsausschusses über die Regierungsvorlage (2299 d.B.): Bun­desgesetz, mit dem das Luftfahrtgesetz geändert wird, und über den


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Antrag 2166/A(E) der Abgeordneten Sigisbert Dolinschek, Kolleginnen und Kolle­gen betreffend Änderung des Luftfahrtgesetzes zur Regelung von unbemannten Luftfahrzeugen und -geräten (2349 d.B.)

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Wir gelangen zum 8. Punkt der Tagesordnung.

Auf eine mündliche Berichterstattung wurde verzichtet.

Als Erste gelangt Frau Abgeordnete Dr. Moser zu Wort. – Bitte. (Abg. Brosz – auf die Regierungsbank weisend – sowie weitere Abgeordnete der Grünen: Wo ist denn die Frau Bundesministerin?)

Pardon, eine Sekunde! (Abg. Dr. Moser tritt an das Rednerpult.) – Wie Sie wollen! (Abg. Dr. Moser gibt zu verstehen, das Eintreffen der zuständigen Bundesministerin abwarten zu wollen, und verlässt das Rednerpult wieder.)

Okay, dann unterbreche ich kurz die Sitzung, bis die Frau Bundesministerin gekom­men ist.

*****

(Die Sitzung wird für kurze Zeit unterbrochen.)

*****

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Ich nehme die unterbrochene Sitzung wieder auf.

Die Frau Bundesministerin ist anwesend, daher können wir auch beginnen.

Am Wort ist nun Frau Abgeordnete Dr. Moser. – Bitte.

 


16.34.01

Abgeordnete Dr. Gabriela Moser (Grüne): Frau Präsidentin! Frau Ministerin! Meine Kolleginnen und Kollegen! Das Luftfahrtgesetz macht ja, Frau Ministerin, einen großen Bogen – vielleicht ist das auch der Grund Ihres Zuspätkommens – um das Hauptpro­blem der Bevölkerung mit der Luftfahrt. Dieses besteht nämlich darin, dass viele Men­schen durch die An- und Abflüge des Luftverkehrs in ihrer Gesundheit, in ihrem Schlaf gestört sind. Sprich, das Problem für die Bevölkerung beim Thema Luftfahrt ist das Lärmproblem. Dieses Lärmproblem aber wird durch das vorliegende Gesetz, durch die vorliegende Regierungsvorlage in keiner Weise entschärft oder auch nur angegangen.

Frau Ministerin, wir haben auch schon im Ausschuss sehr wohl gewürdigt, dass jetzt endlich EU-Richtlinien umgesetzt werden. Wir haben auch gewürdigt, dass die Rege­lungen für die Krankenhaus-Hubschrauberplattformen getroffen werden. Auch in Rich­tung Drohnen und Modellflugzeuge bringt dieses Gesetz Positives, ja. Aber beim Hauptproblem, beim Problem des Lärmschutzes, des Fluglärmschutzes, bleibt es völlig „hinter den Stauden“. Da bleibt es in Deckung, da wird nichts verbessert, da wird so­gar – man kann das ja in den Erläuterungen genau nachlesen – darauf hingewiesen, dass bei den sogenannten Immissionsbelastungen – Fluglärm und Schadstoffaus­stoß – keine eindeutige, allgemein befriedigende Bewertung vorgenommen werden kann, nämlich auf technischem Wege.

Aber die Aufgabe für uns im Parlament ist nicht, dass wir sozusagen technische Pro­blemlösungen bieten, sondern wir sind aufgefordert, politische Problemlösungen zu machen. Und da drücken Sie sich, Frau Ministerin. Ich fordere von Ihnen endlich eine politische Problemlösung beim Fluglärmschutz! Das ist eigentlich das Gebot der


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll203. Sitzung / Seite 155

Stunde – und nicht das Zurückziehen auf die technische Nichtentscheidungsmöglich­keit. (Beifall bei den Grünen.)

Gerade in den Erläuterungen wird ja auch darauf verwiesen, dass die Lösung partizipa­tive Verfahren bringen können. – Ich möchte wissen, wo wir ein partizipatives Verfah­ren beim allgemeinen täglichen Fluglärm haben. Nirgends! Wir haben ein partizipatives Verfahren bei der dritten Piste, wobei diese Mediation aber auch nur teilpartizipativ ist, aber bei sonstigen täglichen Belastungen nicht. Deswegen ist dieses Gesetz für uns leider nicht tragbar und müssen wir auch dagegen stimmen.

Wir wissen noch einige andere Kritikpunkte: Die Datenschutzregelung ist suboptimal. Die Zersplitterung der Behördenlandschaft ist sagenhaft – nach wie vor sind die Be­zirkshauptmannschaften für die Flugplätze zuständig. Und auch die Auslagerung von verschiedenen Agenden an die vergleichsweise teure Austro Control wird von uns kri­tisiert: Warum macht das nicht das BMVIT? Da gibt es eine Zivilluftfahrtbehörde, die könnte das gerade für die Flugwirtschaft – mein Blick geht in Richtung ÖVP –, gerade für die Luftfahrtwirtschaft viel kostengünstiger gestalten. Nein, Sie sagen, die Austro Control soll das nach wie vor bewältigen. Und dort wird es nämlich teuer.

Darum eindeutig ein Nein zu dieser Vorlage aus Ihrer Hand.

Wir hätten ja noch weitere Wünsche – ich darf sie nur stichwortartig nennen –, wo Sie auch nichts tun: Bei der Treibstoffbesteuerung – da wäre auch die Frau Fekter gefor­dert –, bei der Frage der Ticketpreise in Richtung Emissionsbelastung, bei der Frage – das wird auch noch spannend, Frau Fekter ist auch hier gefragt – Grundsteuerbefrei­ung von Flughäfen. Die ÖBB sind nicht grundsteuerbefreit, obwohl sie viel umwelt­freundlicher unterwegs sind, aber Flughäfen – mit allen Parkflächen, mit allen riesigen Parkflächen – sind grundsteuerbefreit.

Dieses Missverhältnis sollte auch in einem anderen Kontext noch einmal angegangen werden; sicher ist da in erster Linie das Finanzressort gefragt. Aber Ihr Ressort hat beim Grundproblem, beim Kardinalproblem Fluglärm versagt. (Beifall bei den Grünen.)

16.38


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Heinzl. – Bitte.

 


16.38.32

Abgeordneter Anton Heinzl (SPÖ): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Frau Bundesmi­nisterin! Sehr geehrte Damen und Herren! Liebe Kollegin Gabriela Moser, wahr ist: Unsere Frau Bundesministerin Bures drückt sich vor gar nichts. (Beifall bei der SPÖ.)

Wahr ist aber auch, liebe Kolleginnen und Kollegen, dass die letzte Anpassung des Luftfahrtgesetzes bereits über fünf Jahre zurückliegt, und aufgrund der schnelllebigen Technik und vor allem der neuen EU-Richtlinien in diesem Sektor ist eine Novellierung dieses Gesetzes eigentlich unabdingbar.

Vor allem der Bereich der zivilen Luftfahrt hat in den letzten Jahren sehr stark zuge­nommen, und im neuen Gesetz wird zwischen privater und gewerblicher Verwendung von sogenannten unbemannten Luftfahrzeugen unterschieden.

Die Gruppe der Hobbypiloten darf ihre Flugobjekte nur unentgeltlich und nicht gewerb­lich nutzen. Darüber hinaus dürfen sie maximal in einem Umkreis von 500 Metern be­trieben werden; ausgenommen davon bleiben natürlich die Modellflugplätze.

Bei der gewerblichen Nutzung werden die Drohnen in zwei Klassen unterteilt. Die Klas­se 1 beschäftigt sich mit Luftfahrzeugen, die Sichtkontakt zu den Steuerpersonen ha­ben, bei der Klasse 2 ist der Sichtkontakt nicht gegeben.


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Die Novelle, sehr geehrte Damen und Herren, sieht vor, dass die Flüge mit unbemann­ten Luftfahrzeugen in der Klasse 2 ab nun genauso behandelt werden  und das ist ganz wichtig  wie bemannte Luftfahrzeuge. Das heißt in weiterer Folge, dass für die Steuerung von gewerblich genutzten unbemannten Flugobjekten eine Pilotenlizenz und eine Flugtüchtigkeitsbescheinigung benötigt werden.

Des Weiteren unterliegt jede gewerbliche Nutzung eines solchen Luftfahrzeuges ge­mäß Datenschutzgesetz dem Punkt der überwiegend schutzwürdigen Geheimhal­tungsinteressen. Aus diesem Grund, sehr geehrte Damen und Herren, muss jeder Flug bei der Datenschutzkommission angemeldet werden, dies schafft zusätzlich noch mehr Schutz der Privatsphäre jedes Einzelnen.

Sehr geehrte Damen und Herren, eine Grundüberlegung eben dieses Gesetzes ist es, die Privatsphäre der Menschen zu schützen. Wie eingangs angesprochen, ist die Technik auf dem Gebiet der zivilen Luftfahrt sehr schnelllebig und entwickelt sich im­mer rascher weiter. Viele dieser Flugobjekte sind mit hochauflösenden Kameras aus­gestattet. Das kann natürlich auch einen erheblichen Eingriff in die Privatsphäre bedeu­ten. Man stelle sich vor, dass so ein Luftfahrzeug, ausgestattet mit einer hochauflösen­den Kamera, über eine Siedlung fliegt und in die Gärten und Häuser der Bewohnerin­nen und Bewohner fotografiert und filmt.

Geschätzte Kolleginnen und Kollegen, es ist nicht zu verantworten, dass solche Aktio­nen nicht geahndet werden. Das neue Gesetz schafft deshalb Rechtssicherheit für die Bürgerinnen und Bürger und gewährleistet Betriebssicherheit der Fluggeräte.

Eine weitere wesentliche Änderung, die die Novelle vorsieht, regelt die gesetzlichen Rahmenbedingungen für die Hubschrauberlandeplätze von Krankenhäusern. Künftig wird eine spezielle Zivilflugplatzbewilligung eingeführt. Für andere Flugplätze wird es ab nun eine einheitliche behördliche Verwaltung geben. Die Anlaufstelle ist die Austro Control GmbH, die als zentrale Meldestelle fungiert und sich um die Problemmeldun­gen annimmt.

Künftig wird es auch ein Verbot von gefährlichen Laserklassen geben, welche zum Bei­spiel Piloten beim Landeanflug blenden könnten. Dies ist ein weiterer wichtiger Schritt in Richtung Flugsicherheit. Ein weiterer Punkt der Novelle sieht außerdem vor, dass die Bestimmungen über die Steigklassen von Fesselballons, Drachen und Kleinluftbal­lons präzisiert werden.

Sehr geehrte Damen und Herren, mit dieser Gesetzesnovelle wird nicht nur ein rechtli­cher Rahmen geschaffen, vielmehr wird auch auf die Bedürfnisse der Menschen einge­gangen. (Zwischenruf der Abg. Dr. Moser.) Es tut mir wirklich leid, liebe Gabriela Mo­ser, dass die Grünen dieser Gesetzesnovelle nicht zustimmen können. Es ist wichtig, dass die Privatsphäre und der Datenschutz sowie auch die Flugsicherheit und die Rechtssicherheit bei dieser Gesetzesnovelle vorrangig berücksichtigt werden. – Danke. (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der ÖVP. Abg. Dr. Moser: Ja leider nur vorrangig!)

16.43


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Herr Abgeordneter Haubner gelangt nun zu Wort. – Bitte.

 


16.43.27

Abgeordneter Peter Haubner (ÖVP): Frau Präsident! Sehr geehrte Frau Minister! Ge­schätzte Damen und Herren! Inhaltlich hat ja der Kollege Heinzl schon sehr ausführlich geschildert, worum es bei dieser Novelle geht.

Aber vielleicht generell: Die Luftfahrt ist schon ein ganz wichtiger, entscheidender Fak­tor für den Wirtschaftsstandort Österreich, und sicher ist es immer wichtig, dass man


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auch mit der Bevölkerung Maßnahmen für Flughäfen setzt. Der Fluglärm ist eine Kom­ponente, die Berücksichtigung finden muss. Aber dennoch glaube ich, dass es gerade in Zeiten wie diesen für einen Wirtschaftsstandort sehr wichtig ist, dass man nationale und internationale Anbindungen hat, insbesondere auch für ein Tourismusland, wie es Österreich ist.

Ich kann da aus eigener Erfahrung aus Salzburg einige Beispiele bringen. Salzburg als Tourismusland ist sehr stark von unserem Salzburger Flughafen abhängig. Und es ist auch ganz erfreulich, wenn ich mir anschaue, dass der Flughafen ja nicht nur eine Drehscheibe für den Verkehr, sondern auch ein bedeutender Arbeitgeber in der Region ist. So sind am Salzburger Flughafen fast 350 Menschen beschäftigt, und immerhin er­bringen sie einen Gesamtumsatz von 53 Millionen € pro Jahr. Das ist also auch ein Wirtschaftsfaktor, der für eine Region ganz entscheidend ist.

Meine Damen und Herren, wenn ich über die gesamte Luftfahrt spreche, dann ist es in Österreich so, dass wir die Passagierzahlen seit dem Jahr 2000 um 60 Prozent stei­gern konnten. Und wir sind nicht nur beim Personenluftverkehr, sondern auch beim Frachtluftverkehr erfolgreich, wo wir 250 000 Tonnen im Jahr 2010 transportiert haben.

Ich denke, dass Infrastrukturpolitik ein wichtiger Faktor für Standortpolitik ist, und die Verkehrsprognosen der Europäischen Union und natürlich auch unsere österreichi­schen Experten sagen uns ja, dass wir einen weiteren Bedarf haben und einen Ausbau bis zum Jahr 2050 brauchen werden, da der Güterverkehr um rund 80 Prozent und der Personenverkehr um rund 50 Prozent steigen werden.

Wir brauchen also dafür eine leistungsfähige Verkehrsinfrastruktur, den Ausbau der flächendeckenden Mobilität für die Unternehmen und verlässliche politische Rahmen­bedingungen, die die internationale Wettbewerbsfähigkeit nicht gefährden. Wir haben das heute Vormittag schon ausführlich diskutiert.

Ich glaube, wenn fünf Parteien heute hier dieser Novelle zustimmen, dann sind wir auf dem richtigen Weg, dass wir auch die richtigen Maßnahmen setzen und den Wirt­schaftsstandort Österreich weiter voranbringen. – Danke. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der SPÖ.)

16.46


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Dipl.-Ing. Deimek. – Bitte.

 


16.46.19

Abgeordneter Dipl.-Ing. Gerhard Deimek (FPÖ): Frau Präsidentin! Frau Bundesmi­nisterin! Meine Damen und Herren! Wenn man sich die parlamentarische Geschichte dieses Gesetzes anschaut, dann muss man erstens einmal sagen: Wichtig und richtig, dass es gekommen ist. Im Flugverkehr kann und darf es keine Rechtsunsicherheiten geben, keine Spielereien, keine Möglichkeiten, sondern nur rechtliche Fakten.

Das Zweite, das aufgefallen ist, ist Folgendes: Ich habe jetzt schon lange in keinem Begutachtungsverfahren so viele Kommentare und Stellungnahmen gelesen. Aber, und das ist diesmal das Positive daran, die konnten entweder aufgeklärt oder durch Änderungen bereinigt werden. Und das ist der zweite positive Punkt.

Warum ist es notwendig? – Zum Beispiel die schon angesprochenen Klärungen, was Flugmodelle, was unbemannte Fluggeräte sind, um einfach den Verkehr, die Umwelt oder Ähnliches durch Kameras zu beobachten. Ein Flugmodell auf einem Flugmodell­platz hat ganz andere Aufgaben. Das ist Freizeitspaß und Ähnliches, das andere kön­nen durchaus handfeste zivile Interessen sein.

Ein genauso wichtiger Punkt sind die Zivilflugplatzbewilligungen beziehungsweise die Regelungen, die wir bei den Krankenhäusern für Hubschrauber brauchen. Ein weiterer


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wichtiger Punkt ist, dass wir keine Bewilligungen mehr für die gewerblichen Beförde­rungen von Hänge- und Paragleitern brauchen. Dass ansonsten genau dieses Thema mit den Gleitern durchaus Reglements, und zwar teilweise strenge Reglements hat, finde ich durchaus richtig, denn schließlich geht es auch um das Leben der jeweils be­troffenen Personen.

Lassen Sie mich aber auch zu einem, wie es Frau Kollegin Moser gesagt hat, weniger politischen, sagen wir rechtlich-technischen Punkt kommen. Eine Organisation, die mehr als bisher zu einer Melde- beziehungsweise Prüfstelle wird, ist die Austro Control. Die Austro Control – dokumentiert in vielen, vielen Anfragen von mir und auch von Kol­legen – ist noch eine Baustelle, und es ist daher dringend notwendig, Frau Bundesmi­nisterin, dass die ACG bald von einer Baustelle zu einem effizienten, gut funktionie­renden Unternehmen wird, das wir zwischen behördlichen Aufgaben trennen, das wir mit dem Wetterdienst trennen, und so weiter.

Wenn wir aber schon bei den allgemeinen politischen Betrachtungen sind: Frau Kol­legin Moser, dieses Gesetz kann und wird die Geschichte der dritten Piste so nicht re­geln. Und, Frau Kollegin Moser, ich finde es ganz eigenartig, wenn unter anderem die dritte Piste und der Fluglärm in Wien als Argument der Ablehnung genommen werden, denn da müssten Sie ja in Wien ganz anders agieren! (Beifall bei der FPÖ.)

Frau Kollegin Moser, was war denn in Wien? Die Grünen haben doch alle Anträge der Freiheitlichen gegen den Fluglärm abgelehnt. Ist das eine Linie? (Oh-Rufe bei der ÖVP.) – Oho, ja, vollkommen richtig, möchte man sagen, diesmal das Oho aus der ÖVP-Richtung. Wie schaut es denn in Tirol aus? – Die ÖVP war immer ganz klar für den Brenner Basistunnel. Was war mit den Grünen? – Seit sie in der Regierung sind, müssen sie sich staatstragend geben und kippen beim Brenner Basistunnel um wie ein Sack Reis in China. Das ist doch lächerlich! (Beifall bei der FPÖ. Zwischenruf der Abg. Mag. Hakl.)

Da sieht man wirklich, wie die Grünen sind: Zuerst wird dagegen Propaganda ge­macht – und hinterher fallen sie um. Und auch da: Wenn es Ihnen ernst wäre mit dem Fluglärm, dann müssten Sie etwas anderes machen, als gegen dieses Gesetz zu stimmen. Da hätten Sie schon im Wiener Landtag etwas machen sollen, da hätten Sie im sogenannten partizipativen Verfahren etwas machen sollen. (Zwischenruf bei der ÖVP.)

Sie haben die Leute alleingelassen, und bei diesem Gesetz hätten Sie in Ruhe zustim­men können.  Danke. (Beifall bei der FPÖ. Abg. Pendl: Hört, hört!)

16.50


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Herr Abgeordneter Dolinschek gelangt nun zu Wort. – Bitte. (Abg. Dr. Cap: Jetzt richtig laut!)

 


16.50.38

Abgeordneter Sigisbert Dolinschek (BZÖ): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Frau Bundesminister! Sehr geehrte Damen und Herren! Die behördlichen Zuständigkeiten für Flughäfen werden jetzt mit diesem Luftfahrtgesetz generell vereinheitlicht. Auch Re­gelungen für unbemannte Luftfahrzeuge und -geräte werden vereinfacht.

Die derzeitige Rechtslage ist ja so, dass unbemannte Flugmodelle, Luftfahrzeuge nach dem Luftfahrtgesetz gleich wie ein Flugzeug als Luftfahrzeug zu qualifizieren sind. Die Lufttüchtigkeitszertifizierung umfasst eine Registrierungspflicht, einen Pilotenschein für den Steuerer, die Einhaltung der Luftverkehrsregeln, und so weiter und so fort. Das würde die Dimension sprengen.

Wir vom BZÖ haben ja unseren eigenen Antrag eingebracht. Ich bin froh, dass er jetzt mit dieser Regierungsvorlage auch ein zeitgemäßes und modernes Luftfahrtgesetz er-


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möglicht, das auch Regelungen für unbemannte Luftfahrzeuge und Luftgeräte vorsieht. Bestimmungen nach den Erfordernissen der technologischen Entwicklung sind enthal­ten und stellen sicher, dass die Sicherheit in der Luftfahrt auch gewährleistet ist.

Seit einigen Jahren sind ja unbemannte Luftfahrtgeräte von immer größerer Bedeu­tung, auf der einen Seite für die militärische Verwendung, auf der anderen Seite aber auch im Rahmen von zivilen Einsatzmöglichkeiten für Architektur- und Landschafts­aufnahmen, genauso wie für die Umwelt- und Verkehrsüberwachung oder bei Sport­veranstaltungen, bis hin zu privaten Anlässen wie Hochzeiten und Geburtstagen. In der Regierungsvorlage wird dieser wichtige Bereich des Luftfahrtgesetzes neu geregelt und auch vereinfacht.

Wir begrüßen diese Maßnahme, Frau Bundesminister, sehr geehrte Damen und Her­ren, weil die rechtliche Unsicherheit mit dem Betrieb von Flugmodellen und unbemann­ten Luftfahrzeugen jetzt beseitigt wird und ganz einfach gelöst wurde. (Beifall beim BZÖ.)

16.52


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Hagen. – Bitte.

 


16.53.03

Abgeordneter Christoph Hagen (STRONACH): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Frau Bundesminister! Hohes Haus! Ich darf es vorwegnehmen, auch das Team Stronach wird dieser Novelle zustimmen. Diese Regierungsvorlage ist eine vernünftige Sache. Es wurde von meinen Kollegen vorhin schon angeschnitten, unbemannte Flugobjekte werden dementsprechend in das Gesetz aufgenommen, dass nicht ein Flugführer­schein benötigt wird, um eine Drohne zu steuern.

Ein kleines Beispiel: Wenn man sich vorstellt, es gibt Filmaufnahmen mit einer Drohne, die ferngesteuert betrieben wird, dann war das früher flugpflichtig, das heißt, man hatte dieselben Bedingungen, als ob man ein Flugzeug lenkt. Es ist nicht einzusehen, wenn man heute ein ferngesteuertes Objekt herumsteuert, dass man einen Pilotenschein ha­ben muss  also eine vernünftige Verbesserung.

Dasselbe gilt für Hubschrauber, die zivile Krankenhäuser angeflogen haben, da hat es auch Probleme gegeben. Da gibt es eine neue Bewilligung, also auch eine Verbesse­rung. Es werden sehr viele Verbesserungen in dieses Gesetz hineingepackt, und des­wegen werden wir auch zustimmen.

Jetzt zu einem anderen Thema, das von den Grünen angesprochen wurde, dem Flug­lärm. Meine Damen und Herren, wir wissen, das Flugzeug ist das sicherste Verkehrs­mittel, das es auf der Welt gibt, und wenn wir jetzt schauen, Sie alle hier herinnen, ich auch, benützen das Flugzeug relativ oft: Wenn wir in den Urlaub fliegen oder auf Ge­schäftsreise (Abg. Dr. Cap: Wohin?) sind oder sonst irgendetwas. Natürlich nutzen wir es auch auf parlamentarischen Reisen, und da sind die Grünen auch nicht zu Fuß un­terwegs, sondern mit dem Flugzeug. Das muss man auch einmal ansprechen, wenn man hier gegen das Flugzeug und gegen den Fluglärm so wettert.

Ich weiß schon, dass das nicht angenehm ist. Wenn man in einer Einflugschneise wohnt, ist das natürlich relativ laut. Da gibt es aber Gesetze, die die Menschen davor schützen. Ich wohne selber in einem Gebiet, wo eine Einflugschneise ist, wo es auf der einen Seite nach München geht, auf der anderen Seite ist der Miniflughafen Altenrhein in der Schweiz, den ich selber sehr gerne benütze, und auch noch Friedrichshafen. Man gewöhnt sich daran, aber ich weiß, es ist nicht alles optimal dort. Man soll auch den Menschen den bestmöglichen Schutz geben.


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Aber ich sage schon, meine lieben Grünen: Vor der eigenen Türe kehren!  denn sonst dürfte der Herr Pilz nicht auf irgendwelche Veranstaltungen fliegen, wo er gerne Sight­seeing-Tours macht, die vom Parlament gesponsert werden. (Zwischenruf des Abg. Dipl.-Ing. Deimek.) Oder Frau Moser, wenn Sie auf internationale Kongresse fahren, wo Sie vom Parlament hingeschickt werden, oder der OSZE oder weiß ich was, da fah­ren Sie nicht immer mit dem Zug, sondern fliegen auch hin und wieder! Ich glaube nicht, dass Sie  (Abg. Dr. Moser: Ich fliege privat überhaupt nie! Ich fahre mit dem Zug! Ich bin nach Warschau mit dem Zug gefahren, ich bin nach Zwischenruf des Abg. Grosz.)

Ja, das glaube ich Ihnen schon. Frau Moser, ich will Sie jetzt nicht persönlich angrei­fen, ich sage es nur als Beispiel. Ich weiß, dass Sie oft mit dem Fahrrad oder mit dem Zug fahren, aber hin und wieder benützen Sie auch das Flugzeug. Und denken Sie daran, es ist das sicherste Verkehrsmittel, es ist ein wichtiger wirtschaftlicher Zweig für Österreich als Tourismusland.

Wir haben sehr viel Tourismus. Viele Touristen kommen mit dem Flugzeug. Das muss man alles berücksichtigen. Es leben sehr viele Menschen davon, es ist ein großer Wirt­schaftszweig, und auch das muss man sehen. Ich kann nicht immer gegen alles sein, auch wenn ich es selber nachher benütze. Aber Sie haben recht, man muss den größt­möglichen Schutz für die Bürger ermöglichen.

Gesetzlich haben wir gute Regeln, die sind hier auch drinnen, es sind ja Verbesserun­gen da, und deswegen glaube ich auch, dass die Grünen mit gutem Gewissen zu­stimmen könnten. Wir stimmen sicher zu. Fünf Parteien tun das, die Grünen nicht, okay, nehmen wir es zur Kenntnis. Man kann gegen alles sein, auch wenn man es sel­ber benützt. (Beifall der Abg. Schenk. Heiterkeit des Abg. Grosz.)

16.57


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Herr Abgeordneter Hagen, ich stelle nur fest: Auf Kosten der Parlamentsdirektion fliegt niemand auf Sightseeing in diesem Haus, darauf achte ich mit großer Aufmerksamkeit. Das halte ich ausdrücklich fest! (Abg. Grosz: Ich habe gelesen, dass eine Miss Austria einmal auf Parlamentskosten unter­wegs war!) – Nein, auch da irren Sie, Herr Abgeordneter!

Frau Bundesministerin Bures gelangt nun zu Wort. – Bitte.

 


16.57.37

Bundesministerin für Verkehr, Innovation und Technologie Doris Bures: Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Hohes Haus! Ganz unabhängig davon, wer welches Verkehrsmittel individuell oder aus beruflichen Gründen nützt, ist es mir wichtig, auf die Bedeutung eines Luftfahrtstandorts hinzuweisen, weil dieser na­türlich in engem Zusammenhang mit dem Wirtschaftsstandort, mit dem Tourismus und auch mit der Beschäftigung eines Landes steht.

Das war auch der Grund, wieso ich mich dazu entschlossen habe, mit allen Stake­holdern, also mit 30 an der Luftfahrtbranche Beteiligten, eine „Road Map Luftfahrt“ zu entwickeln, nämlich eine Strategie, um einen starken Luftfahrtstandort in Österreich und auch den Hub Wien tatsächlich halten zu können. Wir sind deshalb in engem Zu­sammenspiel, nicht nur mit den Flughäfen, sondern auch mit den Airlines, um die „Road Map Luftfahrt“ mit dieser Strategie, die wir entwickelt haben, auch umzusetzen.

Die heutige Beschlussfassung – darauf werde ich noch kurz eingehen – zeigt ja einige Ansatzpunkte, durch die wir diese Strategie auch wirklich umsetzen.

Die Luftfahrt steht in Europa vor dramatischen Herausforderungen. Aber wenn man sich alleine die Zahlen hernimmt, dann sieht man, dass im Jahr 2012 fast 27 Millionen Menschen von österreichischen Flughäfen abgeflogen oder dort gelandet sind. Und es


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ist so, dass alleine in Österreich rund 54 000 Menschen direkt oder indirekt in der Luft­fahrt ihren Arbeitsplatz beschäftigt sind und eine Wertschöpfung von 4 Milliarden € jährlich erwirtschaften. Es sind 240 österreichische Unternehmen, die im Bereich Flug­zeugbau, Zulieferung, auch im Bereich der Luftfahrtforschung, wo Österreich einen ganz hohen Stellenwert hat, tätig sind.

Ich finde diesen wirtschaftlichen Aspekt wirklich wesentlich, aber, meine sehr geehrten Damen und Herren, mir ist natürlich gleichzeitig bewusst, dass so ein Luftfahrtstandort auch andere Probleme mit sich bringt und dass es Problemstellungen gibt, die man in diesem Zusammenhang nicht vergessen darf. Und daher kann ich Ihnen nur versi­chern, auch mir ist es ein großes Anliegen, die Bevölkerung von Immissionsbelästigun­gen – ob das Lärm oder CO2 im Zusammenhang mit der Luftfahrt betrifft – zu ent­lasten.

Und darum müssen wir uns anstrengen, um einen Interessenausgleich zwischen die­sen wichtigen wirtschaftlichen Faktoren für das Land Österreich zu schaffen, das auf der einen Seite ein Kultur- und Tourismusland ist, in dem aber auf der anderen Seite natürlich auch die Interessenlagen der Menschen vorhanden sind, die nicht von Flug­lärm belästigt werden wollen und wo auch der Wunsch nach Ruhe besteht. Und genau in diese Kerbe schlägt dieses Gesetz.

Und genau das wird hier deutlich, nämlich wenn wir in der heutigen Beschlussfassung erstmals eine gesetzliche Vorgabe machen, bei der bei der Festlegung von Flugrouten auf die geringsten Immissionen Bedacht genommen werden muss, darauf Bedacht ge­nommen werden muss, dass Flugrouten so eingeschlagen werden, dass es für die Menschen so wenig Lärmbelästigung wie möglich gibt und auch so wenig CO2-Ausstoß wie möglich. (Abg. Dr. Moser: Dann schreiben Sie es bitte hinein, dieses Minimie­rungsgebot!) Das ist etwas, das wir heute beschließen können. Das gilt für alle An- und Abflüge in Österreich, das gilt aber auch für die Streckenflüge. (Präsident Neugebauer übernimmt wieder den Vorsitz.)

Daher bin ich sehr froh darüber, dass wir das heute beschließen, neben allen anderen Maßnahmen, die schon genannt wurden, etwa die unbemannte Luftfahrt im zivilen Be­reich, was den Einsatz von Drohnen – inklusive der Datenschutzbestimmungen, die der Herr Abgeordnete Heinzl angesprochen hat – betrifft. Und es geht darum, dass wir mit dem neuesten Stand der Luftfahrttechnik natürlich auch einen Beitrag leisten kön­nen, um Lärmimmissionen, um CO2-Immissionen im Flugverkehr hintanzuhalten.

Lassen Sie mich nur noch drei Beispiele nennen, wo wir heute neue Regelungen be­schließen werden, nämlich: eine spezielle Zivilflugplatz-Bewilligung für Hubschrauber-Krankenhauslandeflächen, neue Regelungen im Bereich von Ultraleichtflugzeugen, Hängegleitern, Paragleitern, Fallschirmen bis hin zum Verbot von Lasern, die Piloten bei An- und Abflügen möglicherweise behindern, weil sie zu Blendungen führen.

Ich denke, dies ist eine Materie, die wir gemeinsam beschließen könnten, die genau die Interessenlagen zwischen wirtschaftlichen Interessen und Bedürfnissen der Men­schen in Einklang bringt. Und ich bedanke mich jetzt schon für die zumindest aus den Reden hervorgegangene breite Zustimmung. (Beifall bei SPÖ und ÖVP.)

17.02


Präsident Fritz Neugebauer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Hell. – Bitte.

 


17.02.53

Abgeordneter Johann Hell (SPÖ): Herr Präsident! Frau Bundesministerin! Meine sehr geschätzten Damen und Herren! Ich nehme den vorliegenden Gesetzentwurf zum An­lass, um gleich vorweg hervorzuheben, dass unserer Parlamentsfraktion eine nachhal-


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tige und verantwortungsbewusste Verkehrspolitik ganz wichtig ist und dass wir eine solche auch unterstützen.

Im Jahr 2008 hat es die letzte umfassende Änderung im Luftfahrtgesetz gegeben; seit­her hat es viele aktuelle Entwicklungen innerhalb der Europäischen Union gegeben, und wir werden diese jetzt in nationale Bestimmungen überleiten. (Zwischenruf der Abg. Dr. Moser.) Abgesehen davon werden spezielle Regelungen neu aufgenom­men – einige wurden heute schon angesprochen –, etwa für die sogenannten Flugmo­delle und unbemannten Luftfahrzeuge, um bisherige Schwierigkeiten und Unsicherhei­ten bei rechtlichen Einordnungen zu lösen.

Derzeit benützen diese Flugobjekte – im Wesentlichen ohne Vorgaben betreffend tech­nische Spezifikationen und Verhaltensregeln – den Luftraum. Mit dieser Novelle wer­den jetzt Kriterien ausdrücklich festgeschrieben, die die Betriebssicherheit dieser Flug­geräte gewährleisten. Sicherheit muss es aber auch für den Bereich des Daten­schutzes geben. Da ist zu beachten, dass etwa bei der Aufnahme von Fotos und Videos aus der Luft dieselben Regelungen nach dem Datenschutzgesetz gelten wie am Boden.

Ich darf noch zwei Punkte ansprechen: Bei dem einen geht es darum, dass es mit dieser Novelle – einige Damen und Herren haben das auch bereits angesprochen – ei­ne Neuregelung für die Genehmigung von Hubschrauberlandeflächen bei Krankenhäu­sern, die ausschließlich für Ambulanz- und Rettungseinsätze verwendet werden dür­fen, geben wird. Damit soll ermöglicht werden, dass diese Flächen nicht sämtliche für andere Zivilflugplätze geltenden Bestimmungen erfüllen müssen, sondern davon ab­weichende Vorgaben, welche die Besonderheit dieser Flächen berücksichtigen, ver­wendbar sind. Das Interesse der Sicherheit der Luftfahrt muss aber auch in diesem Fall berücksichtigt werden.

Was ebenfalls neu geregelt wurde, ist die Verarbeitung von sicherheitsrelevanten In­formationen aus Ereignismeldungen in der Zivilluftfahrt, wo nunmehr die Austro Control diese zentrale Meldestelle innehat.

Meine Damen und Herren! Diese Novelle sieht einen sorgfältig ausgewogenen Aus­gleich der Interessen aller Beteiligten vor, dem wir von unserer Seite auch unsere Zu­stimmung geben werden. – Danke. (Beifall bei der SPÖ sowie des Abg. Dr. Barten­stein.)

17.05


Präsident Fritz Neugebauer: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Mag. Hakl. – Bitte.

 


17.05.49

Abgeordnete Mag. Karin Hakl (ÖVP): Sehr geehrte Frau Bundesminister! Hohes Haus! Zunächst einmal möchte ich sagen, dass dies eine sehr umfassende und im Großen und Ganzen ganz ausgezeichnet gelungene Novelle des Luftfahrtgesetzes ist, und so kann ich Ihnen und insbesondere auch Ihren Mitarbeitern aufrichtig gratulieren.

Ich finde es auch besonders wichtig, dass in Zukunft bei Krankenhäusern die Geneh­migung von Hubschrauberlandeplätzen erleichtert wird. Wir haben beispielsweise gera­de bei uns in Tirol in den Tälern ein relativ großes Problem mit der Genehmigungsfä­higkeit von Hubschrauberlandeplätzen auch dann, wenn solche Abflüge und Landun­gen sehr, sehr selten erfolgen oder notwendig sind.

Auf die neuen Regelungen wurde schon von vielen Vorrednern eingegangen. Ich möchte nur dem Kollegen Deimek antworten und ihm den Hinweis geben, dass sein Kollege Hauser – Obmann der FPÖ in Tirol – ebenso für den Brenner-Basistunnel ist


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(Abg. Dipl.-Ing. Deimek: Um das geht es ja nicht! ... dagegen!), wie derzeit glückli­cherweise auch die Grünen – das nur, falls es hier ein Missverständnis geben sollte.

Und zur Frau Kollegin Moser Folgendes: Ich wollte mich jetzt noch auf die Rede ver­feinert vorbereiten und habe einiges gefunden. Ich wollte googeln und einmal schauen, welche Presseaussendungen und Vorschläge zum Thema Minimierung von Fluglärm von Ihnen vorliegen. Und irgendwie war das dann lustig, denn ich war so weit, dass ich eingegeben habe: Grüne wollen, und dann kamen folgende Vorschläge – und das hat einen Hintergrund –: Grüne wollen abschaffen; Grüne wollen bremsen; Grüne wollen abschaffen; Grüne wollen befragen; Grüne wollen verbieten; Grüne wollen beschrän­ken; Grüne wollen verbieten. (Zwischenruf der Abg. Dr. Moser.) – Es ist immer das Gleiche.

Für die Grünen ist es bei jedem Problem am besten, etwas zu verbieten, am besten, etwas abzuschaffen, im äußersten Notfall eine Arbeitsgruppe zu gründen oder jeman­den zu befragen. – Darum geht es bei den Fragen, die die Verkehrspolitik zu lösen hat, nicht. (Beifall bei der ÖVP.)

Jetzt bin ich mir dessen völlig bewusst, dass viele Menschen unter dem Verkehrslärm und insbesondere auch unter dem Fluglärm leiden. Ich kann das nicht kleinreden. Es wäre allerdings völlig verlogen, Frau Kollegin Moser, so zu tun, als ob es in der Macht der Bundesministerin oder in irgendjemandes Macht stünde, den Fluglärm bei Beibe­haltung einer halbwegs – halbwegs! – funktionierenden Luftfahrtsituation in Österreich so zu minimieren, dass sich gar keiner mehr gestört fühlt. (Abg. Dr. Moser: Schauen Sie, ... und die Flugrouten ändern, das wären zwei ganz wichtige ...!)

Jetzt weiß ich – ich habe das auch Ihrer Wortmeldung entnommen –, Sie mögen es nicht, zu fliegen. Sie fahren überallhin mit dem Zug. Sie wissen gar nicht, was Sie alles in anderen Weltgegenden versäumen! Ich bin froh, dass das bei vielen Menschen an­ders ist, denn das weitet den Blick, und es bildet unglaublich, ab und zu auch andere Kontinente zu besuchen.

Ich wünsche Ihnen die Gnade, sich mit dem Flugzeug so weit anzufreunden, um sich auch einmal nach Afrika, vielleicht in die Vereinigten Staaten zu bewegen, draufzu­kommen, wie groß die Welt ist und wie wichtig es ist, dass wir auch mittels Flugzeugen miteinander vernetzt bleiben. Das wünsche ich Ihnen. – Danke. (Beifall bei der ÖVP. – Abg. Dr. Moser: Schenken Sie mir vielleicht eine Flugreise!)

17.09


Präsident Fritz Neugebauer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Herbert. – Bitte.

 


17.09.09

Abgeordneter Werner Herbert (FPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Frau Bundesmi­nister! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Ich darf gegen Ende dieses Tagesord­nungspunktes die Gelegenheit noch einmal wahrnehmen, um auf die Problematik, die heute ohnehin schon einige Male angesprochen wurde, nämlich jene in Verbindung mit Flugmodellen und unbemannten Flugobjekten, hinzuweisen und in diesem Zusammen­hang vielleicht auch eine kleine Kritik anbringen, weil ja diese Flugobjekte – je nach­dem, wie sie beschaffen und auch ausgerüstet sind – nicht Fragen der Flugsicherheit oder der öffentlichen Sicherheit aufwerfen, sondern auch – und auch das ist heute schon mehrmals angesprochen worden – Fragen der Datensicherheit, des Datenschut­zes, womit mitunter auch erhebliche Eingriffe in die persönlichen Rechte von Betroffe­nen gegeben sein können.

Das Gesetz verweist zwar auf die Bestimmungen des Datenschutzgesetzes, allerdings gibt es dabei ein Problem, und das ist quasi der Wermutstropfen. Wir werden zwar die­ser gesetzlichen Bestimmung sicherlich unsere Zustimmung geben, aber ein Verbes-


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serungswunsch, den ich hier schon noch anbringen möchte, wäre, dass man die kon­kreten Gefahren, die mit dem Einsatz solcher Flugobjekte verbunden sind, so wie es in anderen rechtlichen Bestimmungen bisher üblich war oder immer öfter gehandhabt wird, auch im Gesetz konkret niederschreibt – in diesem Fall die drei aus daten­schutzrechtlicher Sicht relevanten Fragen, nämlich erstens: Unter welchen gesetzli­chen Voraussetzungen kann man solche Bildübertragungen, solche Aufzeichnungen mit diesen unbemannten Flugobjekten durchführen?, die zweite Frage lautet: In wel­chem Umfang darf man diese aufzeichnen?, und die dritte Frage lautet: Wer ist für die Löschung verantwortlich, wenn sie nicht mehr gebraucht werden oder unerlaubt auf­genommen wurden?

Diese drei Punkte wären sicherlich eine feine Abrundung dieser gesetzlichen Bestim­mung gewesen, weil in letzter Konsequenz nur so sichergestellt werden kann, dass damit die schutzwürdigen Dateninteressen der Betroffenen jedenfalls sichergestellt werden, aber auf der anderen Seite auch eine einwandfreie Sanktionierung möglich ist, wenn entweder Aufnahmen mit solchen Fluggeräten gemacht wurden, die illegal wa­ren, oder wenn man über das erlaubte Ausmaß hinaus solche Aufnahmen gemacht hat.

In diesem Sinne hoffe ich, dass diese Anregung vielleicht das nächste Mal Eingang in dieses Gesetz findet, wenngleich wir, wie gesagt, dieser Regierungsvorlage jedenfalls unsere Zustimmung erteilen werden. – Danke schön. (Beifall bei der FPÖ.)

17.12


Präsident Fritz Neugebauer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Rädler. – Bitte.

 


17.12.28

Abgeordneter Johann Rädler (ÖVP): Herr Präsident! Frau Bundesminister! Mit der Novellierung dieses Gesetzes tragen wir sehr wesentlich zur Standortsicherung in Österreich bei. Ich freue mich als Niederösterreicher, da der Flughafen Schwechat ja nicht einer, sondern der größte Betrieb und Arbeitgeber in unserem Bundesland ist, dass diese Bestimmungen auch ihm zum Vorteil gereichen werden.

Aber natürlich freue ich mich auch für meine Heimatgemeinde im unmittelbaren Nah­bereich der Stadt Wiener Neustadt, mit einem militärischen Flughafen, mit einem Pri­vatflughafen, mit Modellflughafen. – All das gibt es hier, auch Paragleiter auf der Ho­hen Wand. All diese Verminderungen der Risiken, die rechtlichen Änderungen freuen uns natürlich besonders, da hier im Tourismusbereich, aber auch im wirtschaftlichen Bereich endlich Regelungen gefunden werden konnten, die einen sicheren Flugverkehr gewährleisten.

Ich möchte aber auch einen zweiten Punkt ansprechen, nämlich die Initiative, Frau Bundesminister, die Sie unterstützen und die Sie auch in den Medien angekündigt ha­ben, nämlich die Breitbandoffensive und auch den Ausbau der Mobilfunkanlagen in den ländlichen Gemeinden durch die Versteigerung der Frequenzen. Dabei werden mindestens 500 Millionen erwartet, und davon soll die Hälfte in den ländlichen Raum gehen.

Ich habe ja diesbezüglich auch bereits einige Gemeinden hinter mir und habe bei Ihnen vorgesprochen, und ich hoffe, dass wir im September – nach der Versteigerung – eine Lösung finden können, um diese Anliegen der Gemeinden befriedigen zu können, weil es für den ländlichen Raum einfach notwendig ist, im Rahmen der Standortpolitik Maß­nahmen zu setzen.

Diesbezüglich bin ich sehr frohgemut und danke für die bisherige Initiative. – Danke. (Beifall bei der ÖVP.)

17.14

17.14.10

 



Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll203. Sitzung / Seite 165

Präsident Fritz Neugebauer: Weitere Wortmeldungen dazu liegen nicht mehr vor. Ich schließe daher die Debatte.

Wir kommen zur Abstimmung über den Gesetzentwurf samt Titel und Eingang in 2299 der Beilagen.

Ich ersuche jene Kolleginnen und Kollegen, die für diesen Entwurf sind, um ein Zei­chen der Zustimmung. – Das ist mit Mehrheit angenommen.

Wenn Sie auch in dritter Lesung dem vorliegenden Entwurf zustimmen, bitte ich Sie um Ihr Zeichen. – Das ist mit Mehrheit beschlossen. Der Entwurf ist somit auch in dritter Lesung angenommen.

17.15.049. Punkt

Bericht des Verkehrsausschusses über die Regierungsvorlage (1895 d.B.): Ver­tragswerke des Weltpostvereins (Genf 2008); Achtes Zusatzprotokoll zur Satzung des Weltpostvereins; Erstes Zusatzprotokoll zur allgemeinen Verfahrensordnung des Weltpostvereins; Weltpostvertrag samt Schlussprotokoll; Abkommen über die Postzahlungsdienste (2350 d.B.)

10. Punkt

Bericht des Verkehrsausschusses über die Regierungsvorlage (1906 d.B.): Ände­rungsurkunden der Satzung der Internationalen Fernmeldeunion und des Vertra­ges der Internationalen Fernmeldeunion, Genf 1992, geändert durch die Konfe­renz der Regierungsbevollmächtigten (Kyoto 1994), die Konferenz der Regie­rungsbevollmächtigten (Minneapolis 1998), die Konferenz der Regierungsbevoll­mächtigten (Marrakesch 2002) und die Konferenz der Regierungsbevollmächtig­ten (Antalya 2006), samt Erklärungen und Vorbehalten (2351 d.B.)

 


Präsident Fritz Neugebauer: Wir kommen zu den Punkten 9 und 10 der Tagesord­nung, über welche die Debatte unter einem durchgeführt wird.

Wir gehen in die Debatte ein.

Zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Mag. Auer. – Bitte, Herr Kollege.

 


17.16.05

Abgeordneter Mag. Josef Auer (SPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Geschätzte Frau Ministerin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Bei diesen zwei Tagesordnungspunk­ten geht es einerseits um das Vertragswerk des Weltpostvereins und andererseits um die Satzung der Fernmeldeunion, und jetzt braucht es eben das parlamentarische Ver­fahren dazu.

Ich werde mich in der knappen mir zur Verfügung stehenden Redezeit nur mit dem Weltpostverein befassen. Dieser ist in etwa gleich alt wie dieses Gebäude, das öster­reichische Parlament: Baubeginn war 1874. (Zwischenruf des Abg. Dr. Bartenstein.) Damals war das Ziel die Sicherstellung des weltweiten Postdienstes und der Aus­tausch von internationalen Briefsendungen, denn all das stand ganz am Anfang. Die Postdienste waren damals ausschließlich für das eigene Land vorgesehen, und des­halb hat man dann natürlich internationale Regelwerke gebraucht.

Derzeit umfasst die Union 192 Mitgliedsländer, und natürlich hat sich im Laufe der Jahrzehnte alles Mögliche geändert und es musste immer wieder auch zu neuen Be­schlussfassungen kommen.


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll203. Sitzung / Seite 166

Dieses Mal kostet uns die Vollziehung nicht mehr: Wir zahlen 128 000 € Mitglieds­beitrag, und das wird nicht geändert.

Interessant ist folgender Passus, der mir aufgefallen ist – ich darf zitieren:

„Die Mitgliedsländer bzw. die befugten Betreiber müssen für die Erarbeitung und prak­tische Umsetzung einer dynamischen Strategie im Sinne einer speziellen umwelt-, so­zial- und wirtschaftsorientierten Entwicklung auf allen Ebenen“ – und so weiter – „sor­gen“.

Das Soziale ist mir ins Auge gesprungen. Dazu möchte ich jetzt noch ein paar Worte im Zusammenhang mit der Postdiskussion generell verlieren, die ja immer wieder dort und da aufflammt und wo es mit der Ehrlichkeit nicht immer zu 100 Prozent zum Bes­ten gestellt ist, wenn ich mir nur vorstelle, was zum Beispiel der Tiroler AK-Präsident schreibt – ein Vertreter der ÖVP, der sich dann aber oft auch wieder als solcher ver­leugnet, der immer wieder über die ÖVP schimpft, und dann ist er wieder im Komitee für Landeshauptmann Platter. (Zwischenruf des Abg. Dolinschek.)

Er schwärmt in den höchsten Tönen für die Post: Das ist eine „Daseinsvorsorge“ und ganz wichtig. Ich zitiere wörtlich aus einem Schreiben:

„Es kann nicht angehen, dass bei einem Unternehmen wie die Österreichischen Post AG ausschließlich die Gewinnmaximierung auf Kosten der MitarbeiterInnen und des Filialnetzes als oberstes Ziel deklariert wird.“ – (Zwischenruf des Abg. Hörl.)

Ja, wenn ich mir aber die Chronologie im Zusammenhang mit der Post anschaue, so hat das 1996 begonnen, und kulminiert ist das Ganze dann unter Schwarz-Blau – so leid es mir tut, wenn ich in diese Richtung schaue.

Dann kam es zum Börsengang 2006, und jetzt ist es eben so, dass wir eine dreigeteilte Zuständigkeit haben: unter anderem jene der ÖIAG – das wird auch immer wieder wohlweislich verschwiegen –, da ist die Frau Finanzministerin zuständig. (Zwischenruf des Abg. Linder.) Wenn es aber in der öffentlichen Diskussion von vielen Vertretern besprochen wird, dann ist einzig und allein das BMVIT zuständig, wobei aber unsere Ministerin bei der letzten Universaldienstverordnung sehr wohl repariert hat, was im Rahmen dieser Möglichkeiten überhaupt möglich war. Und so kommt es eben immer wieder dazu, dass die Maximierung des Gewinns das oberste Ziel ist. Die letzte Divi­dende brachte 1,80 € pro Stück, und damit sind dann die Aktionäre zufrieden.

Unlängst habe ich in einer Diskussion gehört: Aktionäre zufrieden. Kunden und Beleg­schaft stinksauer. So muss Kapitalismus schmecken!

Das ist nicht die Anschauung von uns von der SPÖ. Wir sind gegen weitere Priva­tisierungen und werden das bestmöglich zu verhindern versuchen. – Danke schön. (Beifall bei der SPÖ.)

17.20


Präsident Fritz Neugebauer: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Mag. Hakl. – Bitte.

 


17.20.21

Abgeordnete Mag. Karin Hakl (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Bundes­minister! Ich habe ein Pech bei der Vorbereitung meiner Reden, weil ich jedes Mal et­was anderes sagen muss, als ich mir vorgenommen habe.

Ich glaube schon, dass es nach der Rede des Herrn Abgeordneten nicht schlecht ist, kurz einen Blick zurückzuwerfen, wie es mit unserer Post früher aussah, und einen Blick darauf zu werfen, wie es heute aussieht. (Zwischenruf der Abg. Mag. Wurm.)


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll203. Sitzung / Seite 167

Ich glaube, jeder versteht, dass sich in Zeiten, in denen einfach der Briefverkehr radikal abgenommen hat, weil wir E-Mail haben, weil wir soziale Medien haben, weil auch Überweisungen elektronisch getätigt werden, die gesamte Postwelt verändert.

Es ist vielleicht nicht erfreulich, aber trotzdem notwendig, dass der sogenannte Post­beamte in der früher erforderlichen Anzahl schlicht und ergreifend nicht mehr weiterbe­schäftigt werden kann, weil die Zahl der Briefe heute nur mehr ein Hundertstel dessen beträgt, was früher auszutragen war. – So weit, so gut.

Bei der Post haben mir manchmal graduell, muss ich ganz ehrlich sagen, etliche Post­amtsschließungen auch nicht gefallen, aber man konnte mit den Vertretern Gott sei Dank meistens reden. Die Post hat jedenfalls einen verständlichen Schrumpfungspro­zess beim Filialnetz durchmachen müssen.

Ich bin sehr froh, dass zum Beispiel bei uns in Tirol, wo die Situation sicherlich erheb­lich schwieriger ist als beispielsweise in Wien, in unzähligen Gemeinden mit Partnern ausgezeichnete Lösungen getroffen werden konnten.

Wenn der Postpartner im Supermarkt ums Eck in der kleinen Gemeinde ist statt wie vorher in der Nachbargemeinde, wenn die Post statt nur am Vormittag dort den ganzen Tag im Rahmen der Öffnungszeiten des Postpartners geöffnet hat, dann ist dies ein Mehrwert. Überall dort, wo unmittelbar, wie bei mir persönlich zu Hause, die Post vor der Haustür zusperrt und es jetzt 200 Meter zu Fuß sind, um das nächste Postamt zu erreichen, ist es natürlich schwieriger.

Eine doppelte Zuständigkeit sehe ich überhaupt nicht, Herr Kollege, denn die ÖIAG ist der Eigentümer und die Frau Bundesminister und das BMVIT machen Vorschläge für Gesetze und sind für die Verwaltung zuständig, in deren Rahmen wir das auch von ihr abgeschlossene Zusatzprotokoll zur Satzung des Weltpostvereins heute ratifizieren.

Da geht es dann darum, dass das Ministerium selbstverständlich zu regeln hat, wie grenzüberschreitender Briefverkehr zu funktionieren hat, wie die einzelnen Postverwal­tungen zusammenarbeiten und im Besonderen auch welche neuen Transporterforder­nisse es gibt.

In dem heute zu beschließende Vertragswerk ist zum Beispiel geregelt, welche beson­deren Vorkehrungen beim Transport von radioaktivem Material zu treffen sind, gerade aktuell bei der Entsorgung von radioaktiven Substanzen der Universität in Innsbruck an Seibersdorf, wo es offenbar zu Fehlern gekommen ist und zwei Menschen bedauerli­cherweise verstrahlt wurden.

Das heißt, all diese Regelungen sind von ständiger Aktualität, sind wichtig, und wir ge­ben heute sehr gerne dazu unsere Zustimmung. Ich bin sicher, dass ein bisschen we­niger Staat auch der Post bisher nicht geschadet hat. – Danke. (Beifall bei der ÖVP.)

17.23


Präsident Fritz Neugebauer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Vock. – Bitte.

 


17.24.01

Abgeordneter Bernhard Vock (FPÖ): Sehr geehrte Damen und Herren! Hohes Haus! Ich darf zur Tagesordnung zurückkommen. Wir sprechen heute über den Weltpost­verein, nicht über die Postamtsschließungen. Mit dem heutigen Beschluss ratifizieren wir das Achte Zusatzprotokoll zur Satzung des Weltpostvereins, das Erste Zusatzproto­koll zur allgemeinen Verfahrensordnung des Weltpostvereins; Weltpostvertrag samt Schlussprotokoll und das Abkommen über die Postzahlungsdienste.

Kollegin Hakl, wenn Sie die Tagesordnung oder den Antrag gelesen hätten, dann hät­ten Sie gesehen, es heißt in Zukunft nicht mehr Postverwaltung, sondern Postbetrei-


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll203. Sitzung / Seite 168

ber. Auch das steht in diesem Beschluss drinnen. (Zwischenruf der Abg. Mag. Hakl.) Die Postverwaltung gibt es dann nicht mehr.

Der Kongress-Beschluss erfolgte in Genf 2008. Ursprünglich war als Kongressort Ke­nia geplant, aber aus Sicherheitsgründen hat man die Konferenz dann nach Genf verlegt. An diesem Kongress nahmen 1 500 Delegierte aus 191 Mitgliedstaaten teil. Es ist interessant, es haben 1 500 Delegierte im Zeitraum von drei Wochen, nämlich von 13. August bis 3. September, diese wichtigen Protokolle beschlossen, die wir jetzt hier fünf Jahre später ratifizieren.

In der Zwischenzeit haben sich wieder 2 000 Delegierte am 25. Kongress in Katar ge­troffen, nämlich von 24. September bis 15. Oktober 2012, und das Positive für uns ist, dass die österreichische Post nach 18 Jahren in das POC, also Postal Operations Council, gewählt wurde und wir jetzt dort eine von 40 Stimmen haben. Es gab 17 Be­werber für sechs europäische Sitze.

Mit dem vorliegenden Beschluss wird die internationale Zusammenarbeit der Post ver­bessert. Dies findet daher unsere Zustimmung. (Beifall bei der FPÖ.)

17.25


Präsident Fritz Neugebauer: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Dr. Moser. – Bitte.

 


17.26.02

Abgeordnete Dr. Gabriela Moser (Grüne): Herr Präsident! Frau Ministerin! Auch wir stimmen den zwei internationalen Vereinbarungen natürlich zu, keine Frage, das sind wesentliche Bereiche.

Lassen Sie mich an eine Bemerkung des Herrn Kollegen Rädler anknüpfen. Breitband ist ja auch die Zukunft. Der Kommunikationsbereich wird sich verlagern, ja hat sich schon verlagert vom Brief, von der Hardware, von der Papierpost hin zur elektroni­schen, und ich bin auch froh darüber, dass Sie, Frau Ministerin, den Ausbau gerade dieser Breitbandinitiative im ländlichen Raum jetzt mittels des aus der Versteigerung von freien Frequenzen zu erwartenden Erlöses vorantreiben wollen.

Ich bin sogar damit einverstanden, dass wir auch Teile dieses Erlöses für die Verbes­serung der Wohnbausituation verwenden wollen. Frau Ministerin, wir haben da einen relativ breiten Konsens.

Wenn es dann allerdings um die konkrete Versorgung geht, Frau Kollegin Hakl – an­knüpfend an Ihre Ausführungen betreffend die Postdienstleistungen –, ich Sie beim Wort nehme und einfach vergleiche, wie es früher war, ich sage jetzt vor zehn Jahren, und wie es jetzt ist, dann stellt sich das für mich folgendermaßen dar: Früher habe ich die Post um 8 oder 9 Uhr bekommen. Jetzt bekomme ich die Post, wenn ich Glück ha­be, um 2 oder 3 Uhr. Früher waren drei Postkästen in Reichweite. Jetzt ist kaum mehr ein Postkasten in Reichweite. Früher war ein Postamt quer über die Straße, so wie Sie es schildern. Jetzt ist der Weg zum Postkasten um ein Zehnfaches länger.

Man kann nicht nur der Privatisierung das Wort reden, noch dazu, wo die Post nur teilprivatisiert ist. Es sind weniger als 50 Prozent an der Börse (Zwischenruf der Abg. Mag. Hakl), aber es hat sich unter dem Druck der Börsennotierung die konkrete Si­tuation bei den klassischen Postdienstleistungen deutlich verschlechtert. Das muss man festhalten.

Frau Ministerin, Sie haben nur die Reißleine durch eine Universaldienstverordnung ge­zogen, die wir auch kritisiert haben, wo die Zahl der Postkästen meines Erachtens zu niedrig angesetzt ist. Dass die Öffnungszeiten der Postpartner sicherlich teilweise günstiger sind, aber die Gesamtdienstleistung geringer ist, das haben Sie alles in der Universaldienstverordnung festgeschrieben.


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Ich habe schon ein Auge darauf, dass zumindest das eingehalten wird, was Minimal­standard ist. Dieser Minimalstandard müsste eigentlich verbessert werden, denn ich sehe nicht ein, dass die Menschen, die jetzt bei der Post AG arbeiten, ein Vielfaches dessen an Arbeitsbelastung haben, was sie früher hatten. Das ist eine Schlechterstel­lung. Das ist qualitativ eine Abwertung gewesen. Ich will gar nicht erst von den Post­beamtInnen reden, die zwangsweise zum Nichtstun verurteilt sind, die ausgelagert sind, während gleichzeitig Leute eingestellt werden, die zu Billigstlohntarifen die Sor­tieranlagen bedienen. Das ist auch eine Miss- und eine Fehlentwicklung unter Ihrer Ägide. (Beifall bei den Grünen.) Das haben die Vorgänger eingefädelt, Sie führen es fort.

So viel nur zur Thematik Postdienstleistungen und zu den anstehenden internationalen Verträgen.

Ich rufe noch in Erinnerung: Vorhin habe ich auch ein Anliegen der Bevölkerung ge­nannt, und das war Minimierung des Fluglärms. Ich will das haben, und ich stehe dafür an diesem Pult. Und da habe ich, wie ich meine, auch die eine oder andere in Ihren Reihen hinter mir. – Danke schön. (Beifall bei den Grünen.)

17.29


Präsident Fritz Neugebauer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Dolinschek. – Bitte.

 


17.29.39

Abgeordneter Sigisbert Dolinschek (BZÖ): Herr Präsident! Frau Bundesministerin! Sehr geehrte Damen und Herren! Bei den Tätigkeiten der Post hat sich schon einiges geändert, was die Verteilerzentren betrifft, aber auch weg von den Postämtern hin zu den Postpartnern. Da hat sich schon einiges getan. Aber das ist ja nicht das Thema, das wir jetzt behandeln, sondern wir behandeln jetzt Vertragswerke des Weltpostver­eins.

Diese Vertragswerke regeln auch den Postdienst zwischen 192 Mitgliedsländern. Die Organisationen bilden sozusagen auch die Rechtsgrundlage dessen. Dieser Weltpost­verein ist eine Sonderorganisation der Vereinten Nationen. Die laufenden Mitgliedsbei­träge, die dort zu berappen sind, betragen rund 128 000 €, bleiben unverändert und werden zu gleichen Teilen vom Bundesministerium für Verkehr, Innovation und Tech­nologie und der Österreichischen Post AG getragen.

Wir werden dem unsere Zustimmung geben so wie alle anderen Fraktionen in diesem Haus auch, aber auch den Änderungsurkunden der Satzung der Internationalen Fern­meldeunion und des Vertrages der Internationalen Fernmeldeunion werden wir unsere Zustimmung geben. Es hat ja eine Regierungskonferenz in Guadalajara in Mexiko im Jahr 2010 stattgefunden, wo Änderungsurkunden, die Bestimmungen über die Wahl der Beitragsklasse der Mitgliedstaaten und Sektormitglieder enthalten, beschlossen wurden. Für Österreich ändert sich in diesem Bereich sozusagen nichts, es bleibt alles beim Gleichen – deswegen hier auch unsere Zustimmung. (Beifall beim BZÖ.)

17.31


Präsident Fritz Neugebauer: Nun gelangt Frau Bundesministerin Bures zu Wort. – Bitte.

 


17.31.23

Bundesministerin für Verkehr, Innovation und Technologie Doris Bures: Herr Prä­sident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Bei diesem Gesetz geht es um die Ratifizierung internationaler Vertragsabkommen. Aber nichtsdestotrotz bin ich sehr dankbar für die Diskussion über Zuständigkeiten und Kompetenzen, weil ich doch ein


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wenig den Eindruck habe, dass über diese Kompetenzabgrenzungen keine Klarheit herrscht, welche mir allerdings sehr wichtig ist.

Was dem Verkehrs- und Infrastrukturministerium als Aufgabenstellung zukommt, ha­ben Sie bereits beschrieben, nämlich legistische Rahmengesetze zu machen. Alles, was die strategische Ausrichtung, operative Maßnahmen, die Frage von Beschäftigten, der Umsetzung und Einhaltung dieser gesetzlichen Richtlinie betrifft, obliegt der ÖIAG und dem Eigentümervertreter, der in diesem Fall aber das Finanzministerium ist. Ich sage das nicht, um Verantwortung abzuschieben, das ist das Letzte, was ich tue, sondern weil ich glaube, dass es, wenn es Anregungen gibt, was etwa eine arbeits­rechtliche Frage in einem Unternehmen betrifft, die Sie angeschnitten haben, wichtig ist, dass man sich an die richtige Stelle wendet.

Also für alles, was im Zusammenhang mit der Österreichischen Post AG strategische Ausrichtungen, Planungen oder operative Maßnahmen betrifft, gibt es in meinem Be­reich keine Zuständigkeit. Aber ich war dafür zuständig, im österreichischen Postmarkt­gesetz einen Rahmen vorzugeben und genau diese Bestimmungen festzuhalten. Im Universaldienst geht es um eine Grundversorgung, da geht es auch darum, dass die Post die Aufgabe hat, die Bevölkerung so gut wie möglich flächendeckend zu versor­gen. Im Postmarktgesetz haben wir eben diese nationalen Postdienstleistungen festge­schrieben.

Und was wir heute machen, ist, in dieser UN-Sonderorganisation Weltpostverein die in­ternationale Zusammenarbeit zu regeln. Es geht darum, dass sich über 190 Nationen gemeinsame Regeln gegeben haben. Einige Bereiche wurden ja schon angeschnitten. Es geht um Anpassungen von postalischen Begriffsbestimmungen, um Bestimmungen über Sendungen radioaktiver und infektiöser Stoffe; es geht um ein Abkommen über die Postzahlungsdienste, welches die Geldüberweisungen zwischen Postbetreibern, auch was die Nutzung elektronischer Medien betrifft, erleichtern soll.

Da wir im Ausschuss bereits sehr intensiv diskutiert haben, bin ich sehr froh darüber – und das ist auch jetzt wieder zum Ausdruck gekommen –, dass die beiden Abkommen, die heute zur Ratifizierung stehen, offensichtlich von allen im Parlament vertretenen Parteien unterstützt werden. Dafür bedanke ich mich. (Beifall bei der SPÖ und bei Ab­geordneten der ÖVP.)

17.34


Präsident Fritz Neugebauer: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Binder-Maier. – Bitte.

 


17.34.34

Abgeordnete Gabriele Binder-Maier (SPÖ): Herr Präsident! Frau Bundesministerin! Hohes Haus! Sowohl die Regierungsvorlage zu Tagesordnungspunkt 9 als auch jene zu Tagesordnungspunkt 10 regeln internationale Zusammenarbeit. Wir werden ihnen natürlich unsere Zustimmung geben.

Ein paar Bemerkungen insgesamt zur Post. Ein Ziel ist natürlich die Vollliberalisierung des Postmarktes auch in Österreich. Eine Hürde wurde mittlerweile genommen, näm­lich die Anbringung von Hausbrieffachanlagen, die notwendig sind, damit auch andere Anbieter im Postverkehr ihre Briefsendungen an die Frau/an den Mann bringen kön­nen. Die erste Hürde wurde somit erledigt und beseitigt. Und ich denke, die Öffnung und der Zugang für alternative Anbieter sind damit gewährleistet, wiewohl wir fest­stellen können, dass es neben der Österreichischen Post AG derzeit keine zusätzli­chen Anbieter in Österreich gibt.

Wichtig erscheint mir auch in diesem Zusammenhang, auch an die Ausführungen von Kollegen Auer anschließend, dass es gerade bei der Österreichischen Post zu keinen


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weiteren Kürzungen und Sparmaßnahmen im Sinne der Kundinnen und Kunden und auch im Sinne der Beschäftigten kommt.

Die Frau Bundesministerin hat schon festgehalten, dass einerseits sie als zuständige Ministerin inhaltlich verantwortlich ist, anderseits jedoch Eigentümervertreterin die Frau Finanzministerin ist.

Ich möchte Ihnen eine Aussage des Herrn Generaldirektors vom 15. März näherbrin­gen, der in einer Presseaussendung gemeint hat: Mir ist wichtig, dass auch die Mitar­beiter vom Unternehmenserfolg profitieren, denn die Post hat einen kräftigen Gewinn­anstieg zu verzeichnen.

Das möchte ich unterstreichen und an den Herrn Generaldirektor appellieren, dass ei­nerseits die Situation der Postlerinnen und Postler, um es altmodisch auszudrücken, nicht weiter verschlechtert wird, sondern im Gegenteil, dass ihre Situation unter sozia­len Aspekten betrachtet wird. Und für uns sind auch die Erhaltung der Postgeschäfts­stellen, die es noch gibt, und vor allen Dingen auch das System und das ausreichende Vorhandensein der Briefkästen wichtig.

Zusammenfassend, meine Damen und Herren, möchte ich feststellen, es geht bei die­sem Tagesordnungspunkt Post um eine ganz altmodische Tätigkeit, nämlich um das Briefeschreiben. Ich bin mir dessen bewusst, dass die neuen Technologien nicht spur­los an uns vorübergehen, aber das Schreiben von Briefen ist etwas Charmantes, hat eine persönliche Note und sollte ein Wert bleiben, den wir auch weiterhin aufrechter­halten sollten. (Beifall bei der SPÖ.)

17.38

17.38.10

 


Präsident Fritz Neugebauer: Weitere Wortmeldungen liegen dazu nicht vor. Ich schließe daher die Debatte.

Wir stimmen nun über jeden Ausschussantrag getrennt ab.

Zunächst Abstimmung über Tagesordnungspunkt 9: Antrag des Verkehrsaus­schusses, dem Abschluss des Staatsvertrages: Vertragswerke des Weltpostvereins (Genf 2008); Achtes Zusatzprotokoll zur Satzung des Weltpostvereins; Erstes Zusatz­protokoll zur allgemeinen Verfahrensordnung des Weltpostvereins; Weltpostvertrag samt Schlussprotokoll; Abkommen über die Postzahlungsdienste, in 1895 der Beilagen gemäß Artikel 50 Abs. 1 Z 1 B-VG die Genehmigung zu erteilen.

Ich bitte jene Kolleginnen und Kollegen, die hiezu ihre Zustimmung geben, um ein ent­sprechendes Zeichen. – Das ist einstimmig angenommen.

Weiters Abstimmung über den Antrag des Verkehrsausschusses im Sinne des Arti­kels 49 Abs. 2 B-VG, dass die authentischen französischen Sprachfassungen und de­ren Übersetzungen ins Deutsche dadurch kundzumachen sind, dass sie zur öffent­lichen Einsichtnahme im Bundesministerium für Verkehr, Innovation und Technologie, dem diesem nachgeordneten Postbüro und in der Unternehmenszentrale der Österrei­chischen Post AG, Haidingergasse 1, 1030 Wien aufliegen.

Wenn Sie auch hiefür sind, bitte ich um ein Zeichen der Zustimmung. – Das ist ein­stimmig angenommen.

Abstimmung über Tagesordnungspunkt 10: Antrag des Verkehrsausschusses, dem Abschluss des Staatsvertrages: Änderungsurkunden der Satzung der Internationalen Fernmeldeunion und des Vertrages der Internationalen Fernmeldeunion, Genf 1992, geändert durch die Konferenz der Regierungsbevollmächtigten (Kyoto 1994), die Kon­ferenz der Regierungsbevollmächtigten (Minneapolis 1998), die Konferenz der Regie­rungsbevollmächtigten (Marrakesch 2002) und die Konferenz der Regierungsbevoll­mächtigten (Antalya 2006), samt Erklärungen und Vorbehalten in 1906 der Beilagen gemäß Artikel 50 Abs. 1 Z 1 B-VG die Genehmigung zu erteilen.


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll203. Sitzung / Seite 172

Wer dem zustimmt, den bitte ich um ein diesbezügliches Zeichen. – Das ist einstim­mig angenommen.

17.40.1211. Punkt

Bericht des Verkehrsausschusses über die Regierungsvorlage (2194 d.B.): Bun­desgesetz, mit dem das Bundesstraßengesetz 1971, das Containersicherheitsge­setz, das Führerscheingesetz, das Gelegenheitsverkehrs-Gesetz 1996, das Gü­terbeförderungsgesetz 1995, das Kraftfahrliniengesetz, das Straßentunnel-Si­cherheitsgesetz, das Luftfahrtgesetz, das Bundesgesetz über Sicherheitsmaß­nahmen bei ausländischen Luftfahrzeugen und Luftfahrtunternehmen, das Bun­desgesetz über den zwischenstaatlichen Luftverkehr 2008, das Schifffahrtsge­setz, das Seeschifffahrtsgesetz, das Eisenbahngesetz 1957, das Postmarktge­setz, das Telekommunikationsgesetz 2003, das Amateurfunkgesetz 1998, das Funker-Zeugnisgesetz 1998, das Bundesgesetz über Funkanlagen und Telekom­munikationsendeinrichtungen sowie das Fernsprechentgeltzuschussgesetz 2000 (Verwaltungsgerichtsbarkeits-Anpassungsgesetz-Bundesministerium für Verkehr, Innovation und Technologie) geändert werden (2352 d.B.)

 


Präsident Fritz Neugebauer: Ich rufe nun den 11. Punkt der Tagesordnung auf.

Wir gehen in die Debatte ein.

Zu Wort gelangt Frau Abgeordnete Dr. Moser. – Bitte, Frau Kollegin.

 


17.40.32

Abgeordnete Dr. Gabriela Moser (Grüne): Herr Präsident! Frau Ministerin! Meine Da­men und Herren! Wir haben es jetzt mit einer Art Sammelnovelle zu tun, die insgesamt die Verwaltungsgerichtsbarkeit in verschiedenen Gesetzesmaterien reformiert. Die Re­gierung sieht das als großen Akt der Verwaltungsreform an, wir sehen das als ersten Schritt der Verwaltungsreform an, der – ich sage das absichtlich – bedauerlicherweise nur teilweise gelungen ist.

Wir bedauern vor allem, dass im Zuge dieser Verwaltungsreform der Rechtsschutz und auch der Rechtsstandpunkt von Betroffenen verringert wurde, teilweise beträchtlich verringert wurde. Der Rechtsschutz ist durchlöchert worden. Es gibt zum Beispiel keine aufschiebende Wirkung mehr von Beschwerden. Selbst wenn das Höchstgericht die Grundrechtswidrigkeit eines Bescheides festgestellt hat, kann weitergebaut werden, aber nicht nur als Art Baustellensicherung – da hätte ich ja nichts dagegen; wenn ein Baustopp erfordert, dass man die Baustelle sichert, muss man natürlich bauliche Maß­nahmen vornehmen –, sondern es kann trotz eines Erkenntnisses eines obersten Ge­richts bei Aufhebung des Bescheids ohne Bescheid bis zu einem Jahr weitergebaut werden, und das bei Projekten, die besonders viele Betroffene tangieren, so etwa bei Projekten der Bahnausbauten und auch bei Projekten der Straßenausbauten. Diese einjährige Frist für den Fortbetrieb der Baustelle scheint uns viel zu hoch zu sein und ist auch international rechtswidrig, ist ein Bruch der Aarhus-Konvention und auch der EU-Richtlinien.

Frau Ministerin, wieso wir uns diese internationalen Rechtsbrüche leisten, das müssen Sie mir jetzt einmal erklären, und Sie sollen mir auch erklären, wieso wir Anrainerrech­te auf diese Art und Weise schmälern, sie teilweise sogar mit Füßen treten! Da sind Sie uns Rede und Antwort schuldig, Frau Ministerin! Warum Bruch der Aarhus-Konvention, warum Bruch der EU-Regelungen, warum Verschlechterung der Rechtssituation für die Betroffenen, warum den Rechtsstaat Österreich aushöhlen mittels Ihrer sogenannten Verwaltungsreform? (Beifall bei den Grünen.)


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll203. Sitzung / Seite 173

Die gleiche Frage ergibt sich natürlich bei dem sogenannten Neuerungsverbot, das jetzt eingeführt wird. Das heißt, wenn in zweiter Instanz eine Beschwerde eines An­rainers behandelt wird, darf er nur jene Gründe vorbringen, die er schon in erster Ins­tanz vorgebracht hat. Wenn sich neue Gründe ergeben, so darf er diese nicht nennen und nicht zur Geltung bringen. Das ist ebenfalls eine Verschlechterung, das wollen wir nicht.

Frau Ministerin, der dritte Kritikpunkt ist die Ungleichbehandlung von Straße und Bahn. Ich bin Ihnen ja dankbar dafür, dass Sie die Verfahren im Bereich Straße zusammen­führen, was zu einer zentralen Zuständigkeit beim Bundesverwaltungsgericht führt. Das nennt man Verwaltungsreform, okay. Wie aber schaut es bei der Bahn aus? – Da sind nach wie vor die Landesverwaltungsgerichte zuständig, noch dazu neben den noch immer zuständigen insgesamt 132 Behörden. Rechnen Sie das zusammen, dann kommen Sie auf 142 zuständige Behörden bei Bahnverfahren.

Bei der Straße gibt es eine zentrale Bundesverwaltungsgerichtsbarkeit, bei der Bahn herrschen andere Gesetze. Wo ist da der Rechtsstaat, Frau Ministerin, wo ist da die Gleichstellung? Warum ist das bei der Bahn so kompliziert? Warum – das ist der nächste Punkt – gibt es keine Neuregelung des Eisenbahn-Enteignungsentschädi­gungsgesetzes? Wenn schon Verwaltungsreform, dann ordentlich und wirklich mit Hand und Fuß, Nägel mit Köpfen! Aber das, was Sie vorlegen, sind entweder nur Köp­fe oder nur Nägel und obendrein fehlerhaft. (Beifall bei den Grünen.)

Wir werden in der Debatte über den nächsten Tagesordnungspunkt noch zwei andere Beispiele heranziehen können.

Der Trick Ihres Ressorts bei dieser Bundesgesetzgebung, die sich Verwaltungsreform nennt, besteht auch darin, dass Sie das Gesetz im Februar mit einer zweiwöchigen Be­gutachtungsfrist vorgelegt haben. Zwei Wochen Begutachtungsfrist bei einer solch um­fassenden Materie, die – der Herr Präsident hat es vorgelesen – ein Dutzend Gesetze betrifft! Selbst das Bundeskanzleramt, das ja wirklich nicht gerade revolutionär oder aufsässig ist, hat urgiert, dass die normale Begutachtungsfrist von sechs Wochen hätte eingehalten werden sollen. Jetzt kommt der Clou! Hätten Sie im Februar sechs Wo­chen eingeräumt, wären wir Mitte März mit der Begutachtung fertig gewesen, und das hätte längst gereicht, dass wir heute einen Beschluss fassen. Warum die Hudelei bei der Begutachtung, wenn der Beschluss hier im Parlament ohnehin erst Ende Mai ge­fasst wird?

Das ist ein Widerspruch, der wieder nur zeigt, worauf es Ihnen anscheinend – ich sage es wirklich höflich – ankommt. Ihnen kommt es darauf an, Bürgerrechte zu verringern und Begutachtungsfristen zu kürzen. Das ist an sich ein Weg, der uns wieder zu De­mokratieverdrossenheit bei der Bevölkerung führt. Diesen Weg beschreiten wir nicht, wir wollen sogar verhindern, dass Sie ihn beschreiten! (Beifall bei den Grünen.)

17.46


Präsident Fritz Neugebauer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Heinzl. – Bitte.

 


17.46.22

Abgeordneter Anton Heinzl (SPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Werte Frau Bun­desministerin Bures! Liebe Kolleginnen und Kollegen hier im Hohen Haus! Sehr geehr­te Damen und Herren! Wir alle hier in diesem Haus erinnern uns noch sehr gerne an den einstimmigen Beschluss zur Reform der Verwaltungsgerichtsbarkeit im Mai 2012. Jetzt müssen die Ressorts in den sogenannten Materiengesetzen die Voraussetzun­gen dafür schaffen, dass es ab 1. Jänner 2014 ein sogenanntes 9+2-Modell geben wird. Das heißt, es wird nur mehr je ein Landesverwaltungsgericht erster Instanz in den neun Bundesländern und zwei Verwaltungsgerichte erster Instanz beim Bund geben.


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll203. Sitzung / Seite 174

Sehr geehrte Damen und Herren! Hohes Haus! Das ist eine wahrlich gewaltige Verwal­tungsvereinfachung. Insgesamt werden rund 120 Sonderbehörden aufgelöst. (Abg. Dr. Moser: Und bei der Eisenbahn 142!) – Liebe Kollegin Gabriela Moser, ich sage es dir jetzt gleich, eigentlich wollte ich es dir erst später sagen: Niemand hier in diesem Haus und auch nicht das Bundesministerium und auch nicht die Frau Bundesministerin haben vor, irgendwelche Bürgerrechte in Österreich zu beschränken. Das ist ein Vor­wurf deinerseits, der durch nichts zu belegen und auch nicht haltbar ist. (Beifall bei SPÖ und ÖVP.)

Sehr geehrte Damen und Herren! Bereits vor 25 Jahren  (Abg. Dr. Moser: Lies die Stellungnahme!) – Was du immer liest. Du liest oft Dinge, die nur für dich verständlich sind, für die breite Masse der Bevölkerung eher nicht.

Noch einmal: Bereits vor 25 Jahren hat die Debatte über die Verwaltungsgerichtshöfe begonnen, und mit dem Beschluss 2012 und den dazugehörigen Materiengesetzen wie dem heute zu beschließenden Anpassungsgesetz-Bundesministerium für Verkehr, In­novation und Technologie wird jetzt die größte Reform des Rechtsschutzes, Frau Dr. Moser, die größte Reform des Rechtsschutzes seit Bestehen der österreichischen Bundesverfassung umgesetzt. Diese Struktur schafft schnellere Verfahren, größere Rechtssicherheit für die Bevölkerung und mehr Bürgernähe. Aufgepasst, Frau Dr. Mo­ser, mehr Bürgernähe!

Durch diese heute vorliegende Sammelnovelle des Verkehrsressorts werden in erster Linie die in einer Reihe von Gesetzen bisher enthaltenen Instanzenzüge adaptiert. Durch die Verwaltungsgerichtsbarkeitsnovelle 2012 wird beispielsweise – ich darf das an dieser Stelle erwähnen – die bisherige Schienen-Control Kommission aufgelöst. Die bei ihr anhängigen Verfahren gehen auf die Verwaltungsgerichte über. Aber damit in Österreich weiterhin eine den EU-Vorgaben entsprechende Regulierungsstelle beste­hen bleibt, wird durch das Anpassungsgesetz eine neue Schienen-Control Kommission geschaffen, die die Aufgaben der bisherigen Einrichtung weiterführt.

Sehr geehrte Damen und Herren! Hohes Haus! Der vorliegende Gesetzentwurf, davon bin ich überzeugt, ist gut geworden. Im Ausschuss wurde das Verwaltungsgerichtsbar­keits-Anpassungsgesetz mit den Stimmen von SPÖ, ÖVP und FPÖ angenommen. Ich werbe hiermit um die Zustimmung der anderen Fraktionen, das BZÖ, Herr Kollege Do­linschek, hat ja im Ausschuss eine allfällige Zustimmung im Plenum signalisiert. – Dan­ke. (Beifall bei SPÖ und ÖVP.)

17.49


Präsident Fritz Neugebauer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Dolinschek. – Bitte.

 


17.49.53

Abgeordneter Sigisbert Dolinschek (BZÖ): Herr Präsident! Frau Bundesminister! Sehr geehrte Damen und Herren! Herr Kollege Heinzl, ich muss dich leider enttäuschen: Wir werden dieser Gesetzesnovelle nicht unsere Zustimmung geben.

Das Verwaltungsgerichtsbarkeits-Anpassungsgesetz bringt eine notwendig gewordene Anpassung an das neue mehrstufige System der Verwaltungsgerichtsbarkeit. Durch diese Sammelnovelle werden in erster Linie die bisher in einer Reihe von Gesetzen enthaltenen Instanzenzüge gestrichen, da diese ab 1. Jänner 2014 obsolet werden.

Diese Änderung ist – das gebe ich zu – ein erster Schritt in die richtige Richtung, in Richtung Verwaltungsvereinfachung, und steht auch in Einklang mit der Kompetenz­verschiebung zwischen Bund und Ländern. Sie sollte auch eine Verfahrensbeschleu­nigung in allen Bereichen bringen, aber es sind weder der Fristenlauf noch die Begut­achtung davon betroffen.


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll203. Sitzung / Seite 175

Im Grunde genommen kann man dazu nur eines sagen: Es ist ein einziges Über­bleibsel von der groß angekündigten Verwaltungsreform dieser Bundesregierung zu Beginn dieser Legislaturperiode. Das ist übrig geblieben, mehr ist nicht herausgekom­men, und das ist uns ganz einfach zu wenig. (Beifall der Abg. Ursula Haubner.)

17.51


Präsident Fritz Neugebauer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Dr. Bartenstein. – Bitte.

 


17.51.19

Abgeordneter Dr. Martin Bartenstein (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Verehrte Frau Bundesministerin! Hohes Haus! Nein, das ist nicht bloß ein Überbleibsel, sondern das ist ein großer Wurf in Sachen Verwaltungsreform, der gelungen ist. Mit diesem An­passungsgesetz fügen wir das, was in Sachen Verkehr zu tun ist, hinzu. Ich bin ein we­nig überrascht, dass das BZÖ die in Aussicht gestellte Zustimmung jetzt doch nicht umsetzt.

Nicht überrascht, meine sehr verehrten Damen und Herren, bin ich von der Position der Grünen. Wir haben schon im Ausschuss zur Kenntnis nehmen dürfen, dass die an­sonsten von mir sehr geschätzte Frau Kollegin Brunner plötzlich zur Föderalismusfein­din avanciert ist. Zu einer Anmerkung meinerseits in Bezug auf ein Nein der Landes­hauptleutekonferenz – im Übrigen ein nicht überraschendes Nein der Landeshauptleu­tekonferenz – zu einer zuerst vorgesehenen Übertragung von Kompetenzen von Län­dern an den Bund in Sachen Verkehr meinte sie: Wo ist denn das Selbstbewusstsein des Parlaments? Fahren wir doch über die Landeshauptleute einfach drüber!

Zum einen lässt das außer Acht, dass das rechtlich gar nicht möglich wäre, selbst wenn man es wollte, Frau Kollegin Brunner – es gibt eine Verfassung, und die sagt, wenn es zu einer Kompetenzübertragung kommt, dann braucht es den Konsens der Länder, und den gibt es eben nicht –, zum anderen sollten die realpolitische Verfas­sung und das politische Gespür, das den Grünen ja sonst nicht ganz fremd ist, dazu führen, dass man so etwas nur machen kann, wenn man den Konsens findet.

Dieser Ihrer Position im Ausschuss, Frau Kollegin Brunner, setzt jetzt die sonst von mir vor allem persönlich ebenso geschätzte Frau Dr. Moser noch eins drauf, indem sie zur Neinsagerin par excellence in Verkehrsangelegenheiten wird. Sie sagen zu allem Nein. Das, was Sie hier an Haaren in der Suppe suchen und dann natürlich auch finden, ist ja nichts anderes als aufschiebende Wirkung für alle Neuerungen, wann immer sie er­forderlich und wünschenswert ist.

Das ist genau das, was bei der Projektdurchsetzung in Österreich in den letzten Jahren und Jahrzehnten nur sehr bedingt funktioniert hat. Es muss – Kollege Heinzl hat das schon gesagt –, bei Wahrung von Anrainer- und Bürgerrechten, möglich sein, Projekte in diesem Land umzusetzen, Frau Kollegin Moser, und es wird möglich sein. Der Rechtsstaat ist durch diese Gesetzesvorlage nicht gefährdet, sondern er ist erheblich gestärkt, weil die Transparenz und die Bürgerinteressen besser gewahrt werden. Las­sen Sie einmal diese drei, vier Haare, die Sie mit Mühe gefunden zu haben glauben, weg, dann ist das eine große Gesetzesmaterie, eine sehr wichtige Gesetzesmaterie, die Projekte in diesem Land letztlich leichter umsetzbar macht!

Ich kündige noch einen Abänderungsantrag in zweiter Lesung an, ich habe das schon im Ausschuss getan, den Frau Kollegin Lohfeyer einbringen wird. Es muss dafür ge­sorgt sein, wenn es keine Bundeskompetenz wird, dass, wenn eine Bundesländergren­zen-übergreifende Straße betroffen ist, geregelt ist, welcher Verwaltungsgerichtshof dafür zuständig ist. Das muss auch für Straßen- und Tunnelprojekte der Fall sein.


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll203. Sitzung / Seite 176

Das haben wir gelöst, ohne damit die Kompetenzen der Länder oder gar der Landes­hauptleute anzugreifen. Das rundet dieses sehr positive Gesetzeswerk ab, meine sehr verehrten Damen und Herren! (Beifall bei ÖVP und SPÖ.)

17.54


Präsident Fritz Neugebauer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Hagen. – Bitte.

 


17.54.51

Abgeordneter Christoph Hagen (STRONACH): Sehr geehrte Damen und Herren! Auch wir vom Team Stronach werden dieser Gesetzesvorlage zustimmen. Wir sehen das nicht so problematisch wie das BZÖ. Verwaltungsreform ist immer wichtig, ein wichtiger Punkt, und die Novelle ist für uns, auch wenn sie – sagen wir es einmal so – nicht ganz Fisch und nicht ganz Fleisch ist, immerhin etwas. Es geht etwas vorwärts im Bereich Verwaltungsvereinfachung, Verwaltungsverbesserung. Wir haben schon ver­schiedene Gesetze für diese sogenannte größte Verwaltungsreform der Republik be­schlossen, und wir haben diesen auch zugestimmt.

Allerdings muss ich schon anmerken, dass die Experten in gewissen Bereichen tat­sächlich etwas Bauchweh haben, denn es ist vom Ablauf her nicht ganz so geregelt, dass A auch weiß, was B zu tun hat. Das ist natürlich eine Problematik, die man schon noch ansprechen sollte.

Ich möchte auch noch einen Entschließungsantrag der Abgeordneten Christoph Ha­gen, Kollegin und Kollegen betreffend Überholverbot für Lkw einbringen. Das hat jetzt vielleicht nur mit Verkehr zu tun, nicht mit diesem Sachthema direkt, aber, meine Da­men und Herren, Sie kennen die Problematik, wenn Sie auf der Autobahn unterwegs sind, Sie kennen die Problematik von überholenden Lkw auf zweispurigen Autobahnen.

Sie fahren vorschriftsmäßig mit 130 Stundenkilometern auf der Überholspur, plötzlich wechselt ein Lkw die Spur, fährt mit 80 oder 82 km/h, überholt den Lkw vor ihm, der genau 80 fährt. 2 km/h Unterschied. Sie kennen die Problematik: Sie müssen voll auf die Bremse steigen, was bei gefährlichen Fahrbahnverhältnissen, wenn es zum Bei­spiel ein bisschen nass ist, sehr kritisch werden kann. 50 km/h herunterzubremsen ist schon eine ordentliche Geschichte. Die Problematik ist, wenn ein Lkw 2 km/h schneller fährt als der andere, kann das Überholmanöver mehrere Minuten dauern, teilweise so­gar 10 Minuten, wenn sie sich ein Rennen liefern. Es kommt dann zu sehr gefährlichen Situationen, es kommt zu Staubildungen.

Das ist sehr problematisch, deswegen auch dieser Entschließungsantrag. Ich habe ihn schon einmal eingebracht, und die Frau Verkehrsministerin ist mir dann auch etwas entgegengekommen. Das heißt, sie hat die Landeshauptleute beziehungsweise die Landesregierungen angewiesen, die Gefahrenstellen ausfindig zu machen, die Gefah­renpotenziale auf zweispurigen Autobahnbereichen zu erheben. Also Sie gehen schon in die richtige Richtung, Frau Minister! Ich weiß schon, es ist nicht immer so einfach, ei­nem Vorschlag der Opposition zu folgen, aber der Wille zählt, Frau Minister, und ich glaube, den Willen haben Sie. Gemeinsam werden wir das sicher richten. Wir vom Team Stronach sind parteipolitisch nicht so verfahren, wir arbeiten gerne mit allen zu­sammen, die vernünftige Ideen forcieren und unterstützen.

Nun also mein Antrag – ich habe jetzt sehr ausgeholt –:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Christoph Hagen, Kollegin und Kollegen betreffend Überholverbot für Lkw

Der Nationalrat wolle beschließen:


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll203. Sitzung / Seite 177

„Die Bundesministerin für Verkehr, Innovation und Technologie wird aufgefordert, das Lkw-Überholverbot auf allen gefährlichen zweispurigen Autobahn- und Schnellstraßen­teilbereichen österreichweit endlich umzusetzen.“

*****

Ich glaube, das wäre eine vernünftige Sache im Sinne der Verkehrssicherheit. Da kann sicher niemand etwas dagegen haben. Das wird auch nicht dem Koalitionsabkommen widersprechen, denn das wird dann nicht ein Antrag von mir sein, sondern Sie werden ihn selbst einbringen und Sie werden das umsetzen. Ich bin froh darüber, wenn man das umsetzt; vernünftige Sachen gehören umgesetzt.

Das ist wirklich ein Manko, das es zu beheben gilt, Frau Minister, und ich lade Sie ein, ebenso die Kolleginnen und Kollegen von SPÖ, ÖVP und allen anderen Fraktionen hier im Parlament, Sie können der Verkehrssicherheit damit etwas Gutes tun: Unter­stützen Sie unseren Antrag! – Danke. (Beifall des Abg. Tadler.)

17.59


Präsident Fritz Neugebauer: Der Entschließungsantrag steht mit in Verhandlung.

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Christoph Hagen, Kollegin und Kollegen betreffend Überholverbot für LKW

eingebracht im Zuge der Debatte zum Bericht des Verkehrsausschusses über die Re­gierungsvorlage (2194 d.B.) - Verwaltungsgerichtsbarkeits-Anpassungsgesetz- Bun­desministerium für Verkehr, Innovation und Technologie - geändert werden (2352 d.B.) TOP 11

Durch überholende Lkws auf zweispurigen Autobahnstücken kommt es immer wieder zu enorm gefährlichen Situationen und kilometerlangen Staus als Folge dieser gefahr­vollen und langwierigen Überholmanöver.

Ein Antrag zur Verbesserung der Situation im Jahr 2010 wurde zwar im Verkehrsaus­schuss behandelt sowie die Forderungen inhaltlich bestätigt, aber dennoch von den Regierungsparteien abgelehnt.

Inzwischen wurden die Länder aufgefordert die Gefahrenstellen für Lkw-Überholver­bote auf zweispurigen Autobahnstücken beziehungsweise Schnellstraßen zu erheben, damit die gesetzliche Möglichkeit der Verordnung dieses Überholverbotes umgesetzt werden kann.

Gerade bei Lkws sind Unfällen und deren Folgen viel dramatischer. Und daher ist in diesem Bereich endlich für mehr Sicherheit zu sorgen und alle gefährlichen Strecken­abschnitte sind mit dem angekündigten Überholverbot zu versehen.

Die unterfertigenden Abgeordneten stellen daher folgenden

Entschließungsantrag:

Der Nationalrat wolle beschließen:


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll203. Sitzung / Seite 178

„Die Bundesministerin für Verkehr, Innovation und Technologie wird aufgefordert, das LKW-Überholverbot auf allen gefährlichen zweispurigen Autobahn- und Schnellstra­ßenteilbereichen österreichweit endlich umzusetzen.“

*****

 


Präsident Fritz Neugebauer: Nun gelangt Frau Bundesministerin Bures zu Wort. – Bitte.

 


17.59.22

Bundesministerin für Verkehr, Innovation und Technologie Doris Bures: Herr Prä­sident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Mit der Verwaltungsgerichtsbarkeits-Novelle, die heute beschlossen werden soll, ist ein seit Langem bestehendes Anliegen dieser Bundesregierung in Umsetzung. Es ist eine Novelle, die sich durch alle Ressorts zieht, die auch in einer gemeinsamen Begutachtung war. Ich sage das auch in Bezug auf die Kritik, was die Dauer der Begutachtung betrifft: Das war eine gemeinsame Be­gutachtung für alle Ressorts, die jetzt in ihren einzelnen gesetzlichen Regelungen da­rauf Bedacht nehmen müssen.

Bei dieser Novelle waren uns drei Dinge wichtig: Das Erste ist, dass es dadurch zu ei­ner Verwaltungsvereinfachung und Beschleunigung kommen soll, das Zweite ist, dass die Bürgerrechte gestärkt werden sollen, und das Dritte ist, dass wir damit eine Entlas­tung des Verwaltungsgerichtshofes erreichen wollen.

Alleine in meinem Bereich sind es 18 Materiengesetze, in denen diese Änderungen vorgenommen werden müssen. Hauptsächlich geht es natürlich darum, dass die zweite Instanz auf die Bundesverwaltungsgerichte oder auf die Verwaltungsgerichte der Länder übergeht.

Ich möchte auch erwähnen, dass ich mir gut hätte vorstellen können beziehungsweise es bevorzugt hätte, dass dort, wo es um länderübergreifende Themen geht – das ist zum Beispiel im Bereich der Bundesstraßen –, der Bundesverwaltungsgerichtshof zu­ständig ist. Der Entwurf sieht das in der Form nicht vor, ich wollte es aber nicht ver­schweigen und denke, dass es darüber noch Gespräche geben kann.

Es gibt in jedem Bereich ganz eigene Besonderheiten. In meinem Bereich ist es zum Beispiel so, dass durch diese Regelung die Schienen-Control Kommission in ihrer alten Form aufgelöst wird und wir heute sozusagen die Neugründung beschließen werden, um dem EU-Recht und dem Wettbewerbsrecht gerecht zu werden – eben reduziert um diesen zweiten Instanzenweg der Schienen-Control Kommission als Schienenregulie­rungsbehörde.

Zusammenfassend: Trotz einiger Kritikpunkte, die gekommen sind, glaube ich, dass das eine Novelle ist, die in die richtige Richtung geht und die zu Verwaltungsvereinfa­chung und mehr Rechtssicherheit führen wird. (Beifall bei der SPÖ.)

18.02


Präsident Fritz Neugebauer: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Mag. Lohfeyer. – Bitte.

 


18.02.07

Abgeordnete Mag. Rosa Lohfeyer (SPÖ): Herr Präsident! Geschätzte Frau Ministe­rin! Hohes Haus! Ich bringe den bereits angekündigten Abänderungsantrag der Abge­ordneten Heinzl, Dr. Bartenstein, Kolleginnen und Kollegen zur Regierungsvorlage be­treffend das Verwaltungsgerichtsbarkeits-Anpassungsgesetz-Bundesministerium für Verkehr, Innovation und Technologie, 2194 der Beilagen, in der Fassung des Aus­schussberichtes, 2352 der Beilagen, ein.


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll203. Sitzung / Seite 179

In diesem Antrag wird konkret festgehalten, dass für Beschwerden gegen Bescheide der Schienen-Control GmbH und der Schienen-Control Kommission das Bundesver­waltungsgericht zuständig ist. Diese Änderung schafft die notwendige Klarheit.

Wie die Ministerin schon angeschnitten hat, wäre es grundsätzlich wünschenswert gewesen, dass für gewisse Verfahren im Straßenbereich die Zuständigkeit des Bun­desverwaltungsgerichtes festgelegt worden wäre. So wird ohnehin ein erheblicher Teil der Verfahren nach dem Bundesstraßengesetz 1971 im Rahmen des UVP-Geset­zes 2000 abgewickelt.

Für Beschwerden gegen Entscheidungen nach dem UVP-Gesetz 2000 ist ab 1. Jän­ner 2014 also das Bundesverwaltungsgericht zuständig. Um eine bundeseinheitliche Rechtsprechung in Angelegenheiten der Bundesstraßen sicherzustellen, wäre daher für alle Verfahren nach dem Bundesstraßengesetz 1971, also auch für jene, die nicht im Rahmen eines UVP-Verfahrens abgewickelt werden, eine Zuständigkeit des Bun­desverwaltungsgerichtes vorteilhaft gewesen. Die dafür notwendige Zustimmung der Länder liegt jedoch leider nicht vor. Da es aber sein kann, dass solche Verfahren in die Zuständigkeit mehrerer Landesverwaltungsgerichte fallen, muss eine Regelung ge­schaffen werden, welches dieser Gerichte für das konkrete Verfahren zuständig ist. Diese Regelung wird mit dem Abänderungsantrag nunmehr geschaffen. (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der ÖVP.)

18.04


Präsident Fritz Neugebauer: Dieser Zusatz- beziehungsweise Abänderungsantrag steht ebenfalls in Verhandlung.

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:

Abänderungsantrag

der Abgeordneten Anton Heinzl, Dr. Martin Bartenstein, Kolleginnen und Kollegen

zur Regierungsvorlage betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundesstraßenge­setz 1971, das Containersicherheitsgesetz, das Führerscheingesetz, das Gelegen­heitsverkehrs-Gesetz 1996, das Güterbeförderungsgesetz 1995, das Kraftfahrlinien­gesetz, das Straßentunnel-Sicherheitsgesetz, das Luftfahrtgesetz, das Bundesgesetz über Sicherheitsmaßnahmen bei ausländischen Luftfahrzeugen und Luftfahrtunterneh­men, das Bundesgesetz über den zwischenstaatlichen Luftverkehr 2008, das Schiff­fahrtsgesetz, das Seeschifffahrtsgesetz, das Eisenbahngesetz 1957, das Postmarkt­gesetz, das Telekommunikationsgesetz 2003, das Amateurfunkgesetz 1998, das Fun­ker-Zeugnisgesetz 1998, das Bundesgesetz über Funkanlagen und Telekommunika­tionsendeinrichtungen sowie das Fernsprechentgeltzuschussgesetz 2000 (Verwal­tungsgerichtsbarkeits-Anpassungsgesetz- Bundesministerium für Verkehr, Innovation und Technologie) geändert werden (2194 d.B.) in der Fassung des Ausschussberich­tes (2352.d.B)

Der Nationalrat wolle in zweiter Lesung beschließen:

Der Nationalrat hat beschlossen:

Die Regierungsvorlage betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundesstraßenge­setz 1971, das Containersicherheitsgesetz, das Führerscheingesetz, das Gelegen­heitsverkehrs-Gesetz 1996, das Güterbeförderungsgesetz 1995, das Kraftfahrlinienge­setz, das Straßentunnel-Sicherheitsgesetz, das Luftfahrtgesetz, das Bundesgesetz über Sicherheitsmaßnahmen bei ausländischen Luftfahrzeugen und Luftfahrtunterneh­men, das Bundesgesetz über den zwischenstaatlichen Luftverkehr 2008, das Schiff­fahrtsgesetz, das Seeschifffahrtsgesetz, das Eisenbahngesetz 1957, das Postmarktge-


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll203. Sitzung / Seite 180

setz, das Telekommunikationsgesetz 2003, das Amateurfunkgesetz 1998, das Fun-
ker-Zeugnisgesetz 1998, das Bundesgesetz über Funkanlagen und Telekommunika­tionsendeinrichtungen sowie das Fernsprechentgeltzuschussgesetz 2000 (Verwal­tungsgerichtsbarkeits-Anpassungsgesetz- Bundesministerium für Verkehr, Innovation und Technologie) geändert werden (2194 d.B.) in der Fassung des Ausschussberich­tes (2352 d.B.) wird wie folgt geändert:

1. Im Artikel 1 wird im Einleitungssatz nach der Wortfolge „zuletzt geändert durch das Bundesgesetz BGBl. I Nr. 34/2013" ein Beistrich gesetzt.

2. Artikel 1 Z 2 lautet:

„2. Im Inhaltsverzeichnis werden nach dem Eintrag „§ 32 Behörden“ die Einträge „§ 32a Örtliche Zuständigkeit der Landesverwaltungsgerichte“ und „§ 32b Aufschieben­de Wirkung“ eingefügt.“

3. Artikel 1 Z 7 lautet:

„7. Nach § 32 werden folgende §§ 32a und 32b samt Überschriften eingefügt:

‚Örtliche Zuständigkeit der Landesverwaltungsgerichte

§ 32a. Fällt eine Angelegenheit in den örtlichen Wirkungsbereich mehrerer Verwal­tungsgerichte, ist jenes Verwaltungsgericht zuständig, in dessen Sprengel das längere Teilstück des festzulegenden oder aufzulassenden Straßenverlaufes liegt. Wird keine Straßenachse festgelegt, richtet sich die örtliche Zuständigkeit nach der Lage des durch Baumaßnahmen in Anspruch genommenen größeren Flächenanteils.

Aufschiebende Wirkung

§ 32b. Die §§ 13 Abs. 2 und 22 Abs. 2 des Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetzes (VwGVG), BGBl. I Nr. 33/2013, sind mit der Maßgabe anzuwenden, dass die aufschie­bende Wirkung einer Beschwerde gegen einen Bescheid nach diesem Bundesgesetz auch dann ausgeschlossen werden kann, wenn die vorzeitige Vollstreckung aus zwin­genden Gründen des öffentlichen Interesses geboten ist und nach Abwägung aller be­rührten Interessen, insbesondere des volkswirtschaftlichen Interesses, mit dem Vollzug oder mit der Ausübung der mit Bescheid eingeräumten Berechtigung für die anderen Parteien kein unverhältnismäßiger Nachteil verbunden wäre.‘“

4. Artikel 1 Z 8 lautet:

„8. Dem § 34 wird folgender Abs. 9 angefügt:

‚(9) Das Inhaltsverzeichnis, die Überschrift des VI. Abschnittes und die §§ 20 Abs. 3, 32, 32a und 32b in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. xxx treten am 1. Jän­ner 2014 in Kraft, gleichzeitig tritt § 16 Abs. 1 letzter Satz außer Kraft.‘“

5. Im Artikel 3 erhalten die bisherigen Novellierungsanordnungen die Ziffernbezeich­nung „3.“ bis „5.“ und folgende Z 1 und 2 werden eingefügt:

„1. In § 22 Abs. 1 entfällt der zweite Satz.

2. In § 22 Abs. 4 entfällt der letzte Satz.“

6. Artikel 3 Z 5 (neu) lautet:

„5. Dem § 43 wird folgender Abs. 22 angefügt:

‚(22) § 22 Abs. 1 und 4, § 35 Abs. 1 und § 36 Abs. 1 jeweils in der Fassung des Bun­desgesetzes BGBl. I Nr. xxx treten mit 1. Jänner 2014 in Kraft.‘“

7. Artikel 6 Z 4 lautet:

„4. § 50 samt Überschrift lautet:


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll203. Sitzung / Seite 181

‚Revision

§ 50. Der Bundesminister bzw. die Bundesministerin für Verkehr, Innovation und Tech­nologie kann gegen Erkenntnisse der Verwaltungsgerichte der Länder zu Bescheiden des Landeshauptmannes bzw. der Landeshauptfrau Revision wegen Rechtswidrigkeit vor dem Verwaltungsgerichtshof erheben.‘“

8. Artikel 7 Z 1 lautet:

„1. Im Inhaltsverzeichnis werden nach der Zeile „§ 13 Behördenzuständigkeit“ die Zei­len „§ 13a Örtliche Zuständigkeit der Landesverwaltungsgerichte“ und „§13b Auf­schiebende Wirkung“ eingefügt; die Zeile „§ 17 In-Kraft-Treten“ wird durch die Zeile
„§ 17 Inkrafttreten, Außerkrafttreten, Übergangsbestimmungen“ ersetzt.“

9. Artikel 7 Z 2 lautet:

„2. Nach § 13 werden folgende § 13a und 13b samt Überschriften eingefügt:

‚Örtliche Zuständigkeit der Landesverwaltungsgerichte

§ 13a. Fällt eine Angelegenheit in den örtlichen Wirkungsbereich mehrerer Verwal­tungsgerichte, ist jenes Verwaltungsgericht zuständig, in dessen Sprengel das längere Teilstück des Tunnels liegt.

Aufschiebende Wirkung

§ 13b. Die §§ 13 Abs. 2 und 22 Abs. 2 des Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetzes (VwGVG), BGBl. I Nr. 33/2013, sind mit der Maßgabe anzuwenden, dass die aufschie­bende Wirkung einer Beschwerde gegen einen Bescheid nach diesem Bundesgesetz auch dann ausgeschlossen werden kann, wenn die vorzeitige Vollstreckung aus zwin­genden Gründen des öffentlichen Interesses geboten ist und nach Abwägung aller be­rührten Interessen, insbesondere des volkswirtschaftlichen Interesses, mit dem Vollzug oder mit der Ausübung der mit Bescheid eingeräumten Berechtigung für die anderen Parteien kein unverhältnismäßiger Nachteil verbunden wäre. Dies gilt nicht in Verfah­ren nach § 14.‘“

10. Artikel 7 Z 4 lautet:

„4. Dem § 17 wird folgender Abs. 4 angefügt:

‚(4) Das Inhaltsverzeichnis und § 13a und § 13b in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. xxx treten am 1. Jänner 2014 in Kraft.‘“

11. Artikel 11 Z 5 lautet:

„5. Dem § 149 wird folgender Abs. 10 angefügt:

‚(10) Die §§ 37, 71, 86, 96, 113, 134, 137, und 146 jeweils in der Fassung BGBl. I Nr. xxx/2013 treten mit 1. Jänner 2014 in Kraft.‘“

12. Artikel 12 Z 2 lautet:

„2. Dem § 59 wird folgender Abs. 5 angefügt:

‚(5) § 55 in der Fassung BGBl. I Nr. xxx/2013 tritt mit 1. Jänner 2014 in Kraft.‘“

13. Artikel 13 Z 14 lautet:

,,14. § 78 samt Überschrift lautet:

„Verfahrensvorschrift

§ 78. (1) Die Schienen-Control GmbH wendet im Verwaltungsverfahren das Allgemeine Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 – AVG, BGBl. Nr. 51/1991, an, sofern dieses Bun­desgesetz nichts anderes bestimmt.


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll203. Sitzung / Seite 182

(2) Zuständig, über eine Beschwerde gegen einen Bescheid der Schienen-Control GmbH und wegen Verletzung ihrer Entscheidungspflicht zu erkennen, ist das Bundes­verwaltungsgericht.

(3) Beschwerden gegen Bescheide der Schienen-Control GmbH, die gemäß § 75 und, soweit ein Zusammenhang mit dieser Bestimmung besteht, auch gemäß § 77 Abs. 3 erlassen wurden, haben abweichend vom § 13 des Verwaltungsgerichtsverfahrensge­setzes (VwGVG), BGBl. I Nr. 33/2013, keine aufschiebende Wirkung. Das Bundesver­waltungsgericht kann jedoch die aufschiebende Wirkung der Beschwerde mit Be­schluss zuerkennen, wenn nach Abwägung aller berührten Interessen mit dem Vollzug des Bescheides oder mit der Ausübung der mit dem Bescheid eingeräumten Be­rechtigung für den Beschwerdeführer ein schwerer und nicht wieder gutzumachender Schaden verbunden wäre und der Beschwerdeführer die Zuerkennung der aufschie­benden Wirkung der Beschwerde in der Beschwerde beantragt hat. Diesfalls hat die Schienen-Control GmbH dem Bundesverwaltungsgericht die Beschwerde unter An­schluss der Akten des Verfahrens unverzüglich vorzulegen. Das Bundesverwaltungs­gericht hat über die beantragte Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung der Be­schwerde ohne weiteres Verfahren unverzüglich zu entscheiden und der Schienen-Control GmbH, wenn diese nicht von der Erlassung einer Beschwerdevorentscheidung absieht, die Akten des Verfahrens zurückzustellen.

(4) Neue Tatsachen oder Beweise können in einer Beschwerde gegen einen Bescheid der Schienen-Control GmbH, der gemäß § 75 und, soweit ein Zusammenhang mit die­ser Bestimmung besteht, auch gemäß § 77 Abs. 3 erlassenen wurde, nur insofern vorgebracht werden, als sie der Beschwerdeführer im Verwaltungsverfahren nicht vor­bringen konnte.““

14. In Artikel 13 Z 15 wird der § 84 wie folgt geändert:

„Verfahrensvorschrift

§ 84. (1) Sofern in diesem Bundesgesetz nichts anderes bestimmt ist, hat die Schie­nen-Control Kommission das AVG anzuwenden.

(2) Zuständig, über eine Beschwerde gegen einen Bescheid der Schienen-Control Kommission und wegen Verletzung ihrer Entscheidungspflicht zu erkennen, ist das Bundesverwaltungsgericht.

(3) Beschwerden gegen Bescheide der Schienen-Control Kommission, die gemäß §§ 72, 73, 74 und, soweit ein Zusammenhang mit diesen Bestimmungen besteht, auch gemäß § 81 Abs. 2 erlassenen wurden, haben abweichend vom § 13 des Verwaltungs­gerichtsverfahrensgesetzes (VwGVG), BGBl. I Nr. 33/2013, keine aufschiebende Wir­kung. Das Bundesverwaltungsgericht kann jedoch die aufschiebende Wirkung der Be­schwerde mit Beschluss zuerkennen, wenn nach Abwägung aller berührten Interessen mit dem Vollzug des Bescheides oder mit der Ausübung der mit dem Bescheid einge­räumten Berechtigung für den Beschwerdeführer ein schwerer und nicht wieder gutzu­machender Schaden verbunden wäre und der Beschwerdeführer die Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung der Beschwerde in der Beschwerde beantragt hat. Diesfalls hat die Schienen-Control Kommission dem Bundesverwaltungsgericht die Beschwerde unter Anschluss der Akten des Verfahrens unverzüglich vorzulegen. Das Bundesver­waltungsgericht hat über die beantragte Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung der Beschwerde ohne weiteres Verfahren unverzüglich zu entscheiden und der Schienen-Control Kommission, wenn diese nicht von der Erlassung einer Beschwerdevorent­scheidung absieht, die Akten des Verfahrens zurückzustellen.

(4) Neue Tatsachen oder Beweise können in einer Beschwerde gegen einen Bescheid der Schienen-Control Kommission, der gemäß §§ 72, 73, 74 und, soweit ein Zusam-


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menhang mit diesen Bestimmungen besteht, auch gemäß § 81 Abs. 2 erlassen wurde, nur insofern vorgebracht werden, als sie der Beschwerdeführer im Verwaltungsverfah­ren nicht vorbringen konnte.

(5) § 34 Abs. 1 erster Satz VwGVG ist mit der Maßgabe anzuwenden, dass über Be­schwerden gegen Bescheide der Schienen-Control Kommission, die gemäß §§ 72 und 73 und, soweit ein Zusammenhang mit diesen Bestimmungen besteht, auch gemäß
§ 81 Abs. 2 erlassen wurden, ohne unnötigen Aufschub, spätestens aber zwei Monate nach deren Einlangen zu entscheiden ist.

(6) Das Bundesverwaltungsgericht entscheidet über Beschwerden in jenen Fällen, in denen die Schienen-Control Kommission belangte Behörde ist, durch Senate.““

15. Artikel 13 Z 18 lautet:

,,18. § 114 Abs. 1 lautet:

„(1) Die Schieneninfrastruktur-Dienstleistungsgesellschaft mbH hat zur Entscheidung über Anträge auf Eintragung von Schienenfahrzeugen in das Einstellungsregister, auf Änderung bereits erfolgter Eintragungen in das Einstellungsregister oder auf Rücknah­me einer bereits erfolgten Eintragung im Einstellungsregister das AVG anzuwenden. Ist eine Beschwerde gegen einen von der Schieneninfrastruktur-Dienstleistungsgesell­schaft mbH erlassenen Bescheid gänzlich oder teilweise berechtigt, hat das Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes über die Beschwerde darin zu bestehen, dass die Schieneninfrastruktur-Dienstleistungsgesellschaft mbH verpflichtet wird, der Beschwer­de im Umfange ihrer Berechtigung zu entsprechen.““

Begründung:

Zu Z 1 (Artikel 1, Einleitungssatz):

Es wird ein fehlender Beistrich ergänzt.

Zu Z 2 (Artikel 1, Z 2):

Das Inhaltverzeichnis wird um den neuen §32b ergänzt

Zu Z 3 (Artikel 1, Z 7):

Es wird ein neuer § 32a aufgenommen, der eine Zuständigkeitsregel für den Fall ent­hält, dass eine Angelegenheit in den örtlichen Wirkungsbereich mehrerer Verwaltungs­gerichte fällt. Der bisherige § 32a wird somit zu § 32b.

Zu Z 4 (Artikel 1 Z 8 betreffend §34 Abs. 9):

Die Inkrafttretensregelung wird um § 32b ergänzt.

Zu Z 5 (Artikel 3, neue Z 1 und 2 betreffend § 22 Abs. 1 und 4 FSG):

Die in § 22 enthaltenen Regelungen über den Instanzenzug vom Heerespersonalamt an den Bundesminister für Landesverteidigung und Sport sind zu streichen, weil über derartige Berufungen ab dem 1. Jänner 2014 gemäß Art. 130 Abs. 1 iVm Art. 131 Abs. 2 des Bundes-Verfassungsgesetzes (B-VG das Verwaltungsgericht des Bundes zu entscheiden hat.

Zu Z 6 (Artikel 3 Z 5 betreffend § 43 FSG):

Die Inkrafttretensbestimmung ist an die vorgesehenen Änderungen im § 22 anzu­passen.

Zu Z 7 (Artikel 6 Z 4):


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll203. Sitzung / Seite 184

Es wird die Überschrift „Revision“, die in der Novellierungsanordnung genannt ist, er­gänzt.

Zu Z 8 (Artikel 7 Z 1):

Das Inhaltverzeichnis wird um den neuen Paragraphen ergänzt

Zu Z 9 (Artikel 7 Z 2):

Es wird ein neuer § 13a eingeführt. Dieser enthält Zuständigkeitsegelungen für den Fall, dass eine Angelegenheit in den örtlichen Wirkungsbereich mehrerer Verwaltungs­gerichte fällt. Der bisherige §13a wird zu §13b.

Zu Z 10 (Artikel 7, Z 4):

Die Inkrafttretensregelung wird um § 13b ergänzt.

Zu Z 11 (Artikel 11, Z 5 betreffend § 149 Schifffahrtsgesetz) und Z 12 (Artikel 12 Z 2 betreffend § 59 Seeschifffahrtsgesetz):

Es handelt sich lediglich um formale Richtigstellungen.

Zu Z 13 (Artikel 13, Z 14), Z 14 (Artikel 13 Z 15 hinsichtlich §84 Eisenbahngesetz) und Z 15 (Artikel 13 Z 18):

Im Sinne der Rechtssicherheit wird ausdrücklich festgehalten, dass zur Behandlung von Beschwerden gegen Bescheide der Schienen-Control Kommission, der Schienen-Control GmbH und der Schieneninfrastruktur-Dienstleistungsgesellschaft mbH das Bundesverwaltungsgericht zuständig ist.“

*****

18.04.20

 


Präsident Fritz Neugebauer: Weitere Wortmeldungen dazu liegen nicht vor.

Ich schließe daher die Debatte.

Wir kommen zur Abstimmung über den Gesetzentwurf in 2194 der Beilagen.

Hiezu haben die Abgeordneten Heinzl, Dr. Bartenstein, Kolleginnen und Kollegen ei­nen Zusatz- beziehungsweise Abänderungsantrag eingebracht.

Ich werde daher zunächst über die vom erwähnten Zusatz- beziehungsweise Abände­rungsantrag betroffenen Teile und schließlich über die restlichen, noch nicht abge­stimmten Teile des Gesetzentwurfes abstimmen lassen.

Die Abgeordneten Heinzl, Dr. Bartenstein, Kolleginnen und Kollegen haben einen Zu­satz- beziehungsweise Abänderungsantrag betreffend die Artikel 1, 3, 6, 7, 11, 12 und 13 eingebracht.

Wer dem seine Zustimmung erteilt, den bitte ich um ein bejahendes Zeichen. – Das ist mit Mehrheit angenommen.

Abstimmung über die restlichen, noch nicht abgestimmten Teile des Gesetzentwurfes samt Titel und Eingang in der Fassung der Regierungsvorlage.

Wenn Sie dies unterstützen, dann bitte ich um ein entsprechendes Zeichen. – Das ist mit Mehrheit angenommen.

Wir kommen sogleich zur dritten Lesung.

Wenn Sie auch in dritter Lesung für den vorliegenden Gesetzentwurf sind, dann bitte ich um ein Zeichen der Zustimmung. – Der Entwurf ist auch in dritter Lesung ange­nommen.


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll203. Sitzung / Seite 185

Abstimmung über den Entschließungsantrag der Abgeordneten Hagen, Kollegin und Kollegen betreffend Überholverbot für Lkw.

Wer diesen Antrag unterstützt, den bitte ich um ein Zeichen der Zustimmung. – Das ist die Minderheit. Der Antrag ist abgelehnt.

18.05.5412. Punkt

Bericht des Verkehrsausschusses über die Regierungsvorlage (2298 d.B.): Bun­desgesetz, mit dem das Bundesstraßen-Mautgesetz 2002 geändert wird (2353 d.B.)

13. Punkt

Bericht des Verkehrsausschusses über den Antrag 2279/A der Abgeordneten An­ton Heinzl, Dr. Martin Bartenstein, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bun­desgesetz, mit dem das Kraftfahrgesetz 1967 geändert wird (2354 d.B.)

14. Punkt

Bericht des Verkehrsausschusses über den Antrag 2280/A der Abgeordneten An­ton Heinzl, Dr. Martin Bartenstein, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bun­desgesetz, mit dem das Gefahrgutbeförderungsgesetz, BGBl. I Nr. 145/1998, ge­ändert wird (2355 d.B.)

 


Präsident Fritz Neugebauer: Wir kommen zu den Punkten 12 bis 14 der Tages­ordnung, über die die Debatte unter einem durchgeführt wird.

Auf eine mündliche Berichterstattung wurde verzichtet.

Wir gehen in die Debatte ein.

Zu Wort gelangt Frau Abgeordnete Dr. Moser. – Bitte.

 


18.06.34

Abgeordnete Dr. Gabriela Moser (Grüne): Herr Präsident! Frau Ministerin! Meine werten Kolleginnen und Kollegen! Es geht jetzt um zwei Gesetzesmaterien, die eigent­lich auch Teil der sogenannten Verwaltungsreform sind, die auch zur Reform der Ver­waltungsgerichtsbarkeit zählen. Nur – man sieht es schon – warum müssen wir jetzt wieder zwei extra Vorschläge abstimmen? – Weil das Gesamtvorhaben dem Parla­ment etwas überhudelt oder fehlerhaft vorgelegt worden ist. Aber Sie werden sich wun­dern, Herr Kollege Bartenstein, rechnen Sie genau nach: 50 Prozent der Anträge und der Regierungsvorlagen werden von uns heute die Zustimmung bekommen – 50 Pro­zent Zustimmung , halbe-halbe. (Heiterkeit des Abg. Dr. Bartenstein. – Abg. Steindl: Das ist noch zu wenig!) Also von wegen Verweigerung – wirklich keine Spur davon! Wir haben in manchen Bereichen immer fundierte Kritik geübt, aber wir machen halbe-hal­be, dort wie da.

So, nun konkret zu diesen zwei Vorlagen: Das eine ist das Bundesstraßen-Mautgesetz. Da hätten wir den Wunsch an Sie, Frau Ministerin, dass Sie das Mautschema schön langsam an die Möglichkeiten, die uns die EU-Wegekostenrichtlinie bei der Bemautung der Lkw einräumt, annähern, dass Sie das schön langsam zur Anwendung bringen. Die Gelegenheit wäre heute, leider wird sie nicht wahrgenommen.

Außerdem hätten wir gerne, dass Sie diese Mitführpflicht von Arbeitszeitaufzeichnun­gen beibehalten, dass hier also diese Verlängerung nicht vorgenommen wird, womit die Menschen von der Pflicht entbunden sind, ihre Arbeitszeitaufzeichnungen dabei zu


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haben, wenn sie zum Beispiel als Buslenker von einem Bus zum anderen wechseln, von einem Verkehrsunternehmen zum anderen wechseln. Da wünschen wir uns im Sinne der Verkehrssicherheit das Mitführen dieser Arbeitszeitaufzeichnungen.

Und betreffend das Zweite, das Gefahrgutbeförderungsgesetz, darf ich Sie alle in Si­cherheit wiegen: Da werden wir auf jeden Fall zustimmen. – Danke schön. (Beifall der Abg. Mag. Korun.)

18.08


Präsident Fritz Neugebauer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Heinzl. – Bitte.

 


18.08.58

Abgeordneter Anton Heinzl (SPÖ): Herr Präsident! Frau Bundesministerin Bures! Sehr geehrte Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Mit der Novelle des Bundesstraßen-Mautgesetzes sollen vor allem die Arbeitnehmerinnen und Arbeitneh­mer, aber auch die Unternehmer entlastet werden.

Ein wesentlicher Grundpfeiler dieser Neuerungen wird es sein, ein einheitliches euro­päisches elektronisches Mautsystem einzurichten. So könnten dann europäische Un­ternehmen als Mautdienstanbieter fungieren. Dies würde insofern eine Erleichterung bringen, als damit nur ein Bordgerät notwendig wäre, um die elektronische Mautein­richtung zu vollziehen.

Sehr geehrte Damen und Herren! Sie wissen, bisher benötigte man beim Durchqueren mehrerer europäischer Länder zumindest zwei solcher Geräte. In Zukunft wird das nur unter einem einzigen Mautvertrag eines europäischen elektronischen Mautsysteman­bieters verrechnet werden. Für die Arbeitnehmer bringt dies logischerweise eine Er­leichterung, da der bürokratische Aufwand reduziert wird und das System der Mautein­richtung um ein Vielfaches durchschaubarer wird.

Außerdem sieht das Gesetz vor, dass auch der Tatbestand der Mautprellerei geahndet wird. Dieser ist gegeben, wenn zum Beispiel der Zulassungsbesitzer es unterlässt, bei vorläufiger Zuordnung eines Fahrzeuges einer Tarifgruppe den fehlenden Nachweis nachzuholen.

Fuhrunternehmer werden überdies verpflichtet, ihre Arbeitnehmer zeitgerecht vom Einlangen einer Ersatzmautaufforderung zu unterrichten. Dadurch können die Arbeit­nehmerinnen und Arbeitnehmer nicht mehr selbst zur Kasse gebeten werden. Oftmals war es eben durch diese fehlende Unterrichtung in den Betrieben so, dass die Fehler bei der Entrichtung der Maut auch den Fahrerinnen und Fahrern Verwaltungsstrafen eingebracht haben.

Sehr geehrte Damen und Herren! Hohes Haus! Zusammenfassend: Die Novelle des Bundesstraßen-Mautgesetzes ist ein Schritt zu mehr Verwaltungsvereinfachung für Un­ternehmer und zu mehr Gerechtigkeit vor allem für Arbeitnehmerinnen und Arbeitneh­mer. (Beifall bei SPÖ und ÖVP.)

18.11


Präsident Fritz Neugebauer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Schmuckenschla­ger. – Bitte.

 


18.11.17

Abgeordneter Johannes Schmuckenschlager (ÖVP): Herr Präsident! Geschätzte Frau Bundesminister! Sehr geehrte Damen und Herren! Die vorliegende Novelle des Bundesstraßen-Mautgesetzes sieht letztendlich eine Umsetzung der EU-Richtlinien vor, um im Binnenverkehr im Wirtschaftsraum der Europäischen Union einheitliche Re­gelungen zu haben. Wie mein Vorredner schon angeführt hat, gibt es damit für einen Anbieter von Mautsystemen auch die Möglichkeit, quer durch Europa tätig zu sein. Es


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bringt auch eine Vereinfachung für die Transportunternehmen und für die Arbeitnehmer in den Unternehmen, die letztendlich mit einem Gerät im Führerhaus ausgestattet sind und nicht an Landesgrenzen immer neue Technologien heranziehen müssen.

Ich denke, Transit und Straßenverkehr sind nicht nur für die Bevölkerung sehr wichtig, sondern sie sind generell für den Wirtschaftsraum Europa von hoher Bedeutung, denn letztendlich ist es der Straßenverkehr, der unsere Wirtschaft da auch sehr maßgeblich unterstützt und voranbringt.

Wir haben, wenn wir es von der negativen Seite betrachten, oft Probleme damit, leiden unter zu viel Verkehr und beklagen diesen auch. Auf der anderen Seite betrifft das aber die Güter, die wir alle im täglichen Leben brauchen und konsumieren, und daher soll­ten wir diese Vereinfachungen in diesen Bereichen auch vorantreiben.

Wir haben in einem vorhergehenden Tagesordnungspunkt über den Luftverkehr ge­sprochen; auch da verhält es sich ähnlich. Die Lärmbelästigung durch Flugverkehr ruft oft eine sehr hohe Sensibilität hervor, aber wir alle wollen fliegen, schätzen die Mobi­lität und die Möglichkeit, zu fliegen, sehr, und da ist der Flughafen Wien natürlich eine zentrale Drehscheibe.

Was aber in diesem Bereich nicht geht, ist eine Sache, die heute schon durch die Me­dien gegeistert ist, nämlich dass unter dem Stichwort Curved Approach neue Lande- und Startlinien rund um den Flughafen errichtet werden, um hier manche Gebiete zu entlasten und neue Gebiete zu belasten. Das würde den Bezirk – und das ist das gesamte Wiener Umland, mein Heimatbezirk – sehr belasten, denn hier haben wir einen gut aufgesetzten Prozess mit einem Dialogforum, wo die betroffenen Gemeinden eingebunden sind.

Durch neue Routenführungen wären andere Gemeinden betroffen, die in diesem Dia­logforum nicht involviert sind. Das heißt, da würde man die Bürgerbeteiligung aus­schalten, daher ist das absolut abzulehnen (Beifall bei Abgeordneten der ÖVP), und es kann nicht sein, dass nur auf Wunsch der Bundeshauptstadt Wien in solche Richtun­gen gegangen wird. (Zwischenruf bei der SPÖ.)

Frau Bundesminister Bures, auch betreffend die Frage der digitalen Dividende sehe ich es sehr positiv, dass Sie für die Infrastruktur und für den Breitbandausbau im ländli­chen Raum Geld zur Verfügung stellen wollen. Ich richte aber schon auch den Appell an Sie, dass es nicht ein paar Millionen sind oder dass es vielleicht der eine oder an­dere Teil ist, und der Rest läuft in die Wohnbauförderung. Wir haben bereits entspre­chende Mittel für die Wohnbauförderung in den Budgettiteln. (Beifall bei Abgeordneten der ÖVP. – Abg. Dipl.-Ing. Deimek:  in der falschen Debatte!)

Die gesamte digitale Dividende, der gesamte Erlös ist für den Ausbau des Breitbandes im ländlichen Raum, denn das ist der letzte Strohhalm für den ländlichen Raum, um zukunftsträchtige Arbeitsplätze zu erhalten. (Beifall bei der ÖVP. – Ruf bei der FPÖ: War das sicher die richtige Rede?)

18.14


Präsident Fritz Neugebauer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Dipl.-Ing. Dei­mek. – Bitte.

 


18.14.52

Abgeordneter Dipl.-Ing. Gerhard Deimek (FPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Frau Bundesministerin! Irgendwie komme ich zur Ansicht, wir sind gar nicht bei den Mauten oder beim Bundesstraßen-Mautgesetz, sondern irgendwo zwischen digitaler Dividen­de, Fremdenverkehr, Tourismus und Wirtschaftsförderung.

Wir sind beim Bundesstraßen-Mautgesetz, und zwar bei einer Änderung, die durchaus positiv ist. Sie beruht auf einer EU-Richtlinie – plus entsprechender Änderung durch die


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll203. Sitzung / Seite 188

Kommission –, und sie hat einige durchaus positive Punkte, nämlich erstens einmal ei­ne Merkmalsfestlegung im europaweiten elektronischen Mautdienst, und zweitens – und das ist sehr wichtig –: Es ist der Tatbestand der Mautprellerei definiert worden.

In anderen Bereichen des Verkehrs, bei den normalen Verkehrsstrafen, haben wir fol­gendes Problem: Da ist das Delikt klar, da können wir teilweise nicht ordentlich nach­verfolgen. Auch da soll es jetzt möglich sein, vor allem bei den lieben, gelegentlich flüchtenden Besitzern ausländischer Kennzeichen und Zulassungen, das nachzufor­dern.

Die Informationspflicht für fahrleistungsabhängige Maut finden wir positiv, vor allem die im zweiten Durchgang gemachten Änderungen zugunsten der Lenker und zulasten der Zulassungsbesitzer; die Last fällt weg vom Lenker, der meistens einfach nur ein An­gestellter oder teilweise nicht einmal das ist, der Zulassungsbesitzer ist verantwortlich.

Der Adressatenkreis dieses Gesetzes ist ja durchaus klein – außer der ASFINAG und vielleicht zehn, fünfzehn europäischen Mautsystemanbietern werden nicht so viele di­rekt davon betroffen sein –, aber gestatten Sie mir in diesem Zusammenhang ein paar Hinweise:

Das erste ist: Wir hätten uns in diesem Zusammenhang noch gewünscht – ähnlich wie es auch der ÖAMTC in seiner Stellungnahme geschrieben hat –, dass man bei Wohn­mobilen und Oldtimern, vor allem über 3,5 Tonnen, genau darauf eingeht und sagt: Statt der GO-Box bitte eine Vignette!, und Ähnliches auch – ebenfalls eine unserer Dauerforderungen, auch ähnlich wie die Dauerforderung des ÖAMTC – für die Wech­selkennzeichenbesitzer.

Ein zweiter Hinweis sei mir an diesem Punkt gestattet: Diese einmal an die Lkw oder an die Fahrzeuge über 3,5 Tonnen gebundene Richtlinie und dieser ganze gesetzliche Hintergrund kann, muss aber nicht – und wir sagen: soll nicht – Vorläufer sein für das, was sich später möglicherweise einmal auf dem Pkw-Sektor bewegt.

Wir haben die fahrleistungsabhängigen Mauten beim Lkw, aber wir wollen sie nicht – wir wollen sie unter gar keinen Umständen (Beifall bei der FPÖ) – im Pkw-Bereich, da geht bei uns gar nichts drüber. Ansonsten ist diesem Gesetz zuzustimmen. – Danke. (Beifall bei der FPÖ.)

18.17


Präsident Fritz Neugebauer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Dolinschek. – Bitte.

 


18.17.59

Abgeordneter Sigisbert Dolinschek (BZÖ): Herr Präsident! Frau Bundesminister! Sehr geehrte Damen und Herren! Dem Bundesstraßen-Mautgesetz werden wir unsere Zustimmung geben, denn technische Voraussetzungen, die EU-weit einheitlich gere­gelt werden, sind positiv, und es wird auch mehr Rechtssicherheit dadurch geschaffen. Das Weitere haben ja im Prinzip meine Vorredner schon gesagt. Da sind wir einer Mei­nung.

Was den Antrag der Abgeordneten Heinzl und Bartenstein zum Kraftfahrgesetz betrifft: Auch diesem werden wir unsere Zustimmung geben. Bei Einsätzen der Bundesanstalt für Verkehr in allen Bundesländern hat sich in den vergangenen Jahren gezeigt, dass noch erhebliche Mängel bei ausländischen Lkws zu verzeichnen sind und oft Gefahr in Verzug ist, daher hoffe ich auch, dass zusätzlich zu den bestehenden Kontrollstellen auf den Autobahnen weitere Verkehrskontrollplätze geschaffen werden, dass das rasch umgesetzt wird. – Auch dem werden wir also zustimmen.

Was den weiteren Antrag zur Gefahrgutbeförderung betrifft: Da sind mit Jahreswechsel neue Bestimmungen für die internationale Beförderung gefährlicher Güter in der Zivil-


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luftfahrt in Kraft getreten. Die Austro Control wird zur zuständigen Behörde für die in diesem Zusammenhang nunmehr erforderlichen Genehmigungen erklärt. Der Verwal­tungsaufwand wird auf mehr als das Doppelte geschätzt. Für die Schulungsanerken­nungen fällt ein Betrag von 581 € an, und die Verwaltungsabgabe – das ist der einzige Minuspunkt dabei –, erscheint mir mit 1 300 € doch etwas hoch.

Grundsätzlich sind diese beiden Anträge und die Regierungsvorlage zum Bundesstra­ßen-Mautgesetz aber zu begrüßen, und wir werden dem auch unsere Zustimmung ge­ben. (Beifall beim BZÖ.)

18.19


Präsident Fritz Neugebauer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Hagen. – Bitte.

 


18.20.04

Abgeordneter Christoph Hagen (STRONACH): Sehr geehrter Herr Präsident! Frau Bundesminister! Hohes Haus! Auch wir werden zustimmen, weil wir von der Sinnhaf­tigkeit dieser Regierungsvorlage überzeugt sind. Ich glaube, es ist notwendig, dass man nicht fünf Geräte für die Lkw-Maut – das ist jetzt übertrieben, zwei hatte man bis­her – in einem Lkw drinnen haben muss, sondern dass es mit einem machbar ist. Das ist eine deutliche Verbesserung sowohl für die Betriebe als auch für die Fahrer. Hiermit werden Vereinfachungen geschafft. Und deswegen wollen wir hiezu unsere Zustim­mung geben.

Die anderen Punkte wurde ja schon von den Kollegen vorhin diskutiert und angespro­chen. Diese will ich jetzt nicht wiederholen.

Ich möchte aber auf ein anderes Thema eingehen, das auch mit Verkehr zu tun hat, eines meiner Lieblingsthemen, meine Damen und Herren. Der liebe Spritpreis ist ein Verkehrsthema. Er ist natürlich auch ein Wirtschaftsthema, Frau Minister. Aber Sie sind Teil der Regierung, und deswegen möchte ich Ihnen als Verkehrsministerin das mit auf den Weg geben, denn jeder Verkehrsteilnehmer oder Fahrzeuglenker ist davon be­troffen.

Ein kleines Beispiel. Ich war gestern in Hamburg. Deutschland schlägt 7 Prozent mehr Steuern auf den Spritpreis auf als Österreich. Da ich ein sparsames Dieselfahrzeug lenke, interessiert mich immer der Dieselpreis. Ich habe an der Tankstelle in Hamburg auf den Dieselpreis geschaut und habe gesehen, Diesel kostet 1,336 €. Gestern Nacht bin ich nach Friedrichshafen am Bodensee zurückgekommen, auch in Deutschland, und habe bei den Tankstellen einen Dieselpreis von 1,365 € gesehen.

In der Meinung, dass in Österreich, weil wir ja weniger Steuern auf den Spritpreis ha­ben, Diesel wesentlich günstiger ist, hat mich dann der Schreck getroffen, als ich über die Grenze gefahren bin. In Österreich sage und schreibe: 1,409 € und 1,399 €!

Meine Damen und Herren! Wer verdient dieses Körberlgeld? – Das muss mir einmal jemand erklären: In Deutschland, wie gesagt, 7 Prozent mehr Steuern, aber der Sprit­preis ist trotzdem wesentlich günstiger als in Österreich. Und das ist keine Eintags­fliege, das ist mir schon öfter aufgefallen. Jetzt ist halt die Frage: Kassiert hier die Re­gierung? Kassieren hier die Ölmultis und die Regierung schaut zu, weil sie mitkassiert? Oder wer auch immer. Ich glaube, der Letzte, der davon etwas hat, ist der Tankstellen­pächter, denn er wird ausgesaugt wie eine Laus, auf Deutsch gesagt.

Das ist schon ein Punkt, Frau Minister. Ich weiß, Sie sind zwar fachlich jetzt nicht direkt zuständig, aber Sie sind Mitglied der Regierung. Das ist ein Punkt, den man schon ein­mal offen ansprechen muss, denn die Melkkuh der Nation ist der Autofahrer, meine Damen und Herren. Ich glaube, das kann man nicht oft genug sagen. Der Autofahrer wird in Österreich abgezockt. Und da gibt es Möglichkeiten, die schier unmöglich sind, oder das ist endlos, was hier abgeht. Der Autofahrer zahlt immer in allen Bereichen die Zeche.


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Da wird alles Mögliche vorgeschoben, nur um den Autofahrer abzukassieren. Das ist unfair, meine Damen und Herren. Wir wissen, die sehr vielen Pendler, die auf das Auto angewiesen sind, und auch die Frächter – wenn wir jetzt wieder beim Thema Lkw sind – sind die „Lackierten“, weil sie in Europa nicht wettbewerbsfähig sind, nicht nur bei den Spritpreisen. Da geht es um mehr. Da geht es auch um die Kosten für die Lkw-Lenker, da geht es um die Lohnnebenkosten, und, und, und. Also das Thema Auto be­ziehungsweise Verkehr ist in Österreich das Thema, bei dem sich der Staat die Ta­schen vollstopft und den Österreichern und Österreicherinnen das Geld aus den Ta­schen zieht.

Das finde ich äußerst unfair, meine Damen und Herren. Da gehört angesetzt. Erklären Sie mir bitte einmal, wie es sein kann, dass bei einer wesentlich höheren Steuerbelas­tung der Sprit in Deutschland wesentlich günstiger ist als in Österreich? Das geht auf keine Kuhhaut. Ich glaube, da sollte man einmal die Wettbewerbsbehörde einschalten. Ich bin zwar schon für einen freien Markt, aber wenn der Tankstellenpächter nichts ver­dient, gehört das geändert. Wer auch immer sich groß die Taschen anfüllt – und da ge­he ich halt von den Ölraffinerien aus, von der OMV angefangen bis zu weiß ich wem, und natürlich vom Bund, der auch mitkassiert.

Auf jeden Liter Sprit kommt die Mineralölsteuer und die Mehrwertsteuer auf die Mine­ralölsteuer auch noch. Das wissen ja viele Leute nicht, dass noch Mehrwertsteuer auf die Mineralölsteuer gezahlt werden muss. Das sind schon Dinge, die einmal aufgezeigt gehören. Hier sollte endlich einmal gehandelt werden, denn der österreichische Auto­fahrer hat schon genug gezahlt. – Danke. (Beifall beim Team Stronach.)

18.25


Präsident Fritz Neugebauer: Nächste Rednerin: Frau Bundesministerin Bures. – Bitte.

 


18.25.03

Bundesministerin für Verkehr, Innovation und Technologie Doris Bures: Herr Prä­sident! Herr Abgeordneter Deimek, Sie haben natürlich recht, dass eine Reihe von Punkten von Abgeordneten angesprochen wurde, die nicht direkt mit der jetzigen Ge­setzesänderung zu tun haben. Aber es zeigt ein bisschen die Breite meines Ressorts, wofür ich nicht ganz undankbar bin. Darum erlauben Sie mir, auch wenn es nicht zur Novelle gehört, aber weil mir es ganz wichtig ist, kurz etwas dazu zu sagen, was Herr Abgeordneter Schmuckenschlager erwähnt hat.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, es ist so, dass wir im Herbst die Digitale Divi­dende, nämlich Funkfrequenzen versteigern werden. Und die sind öffentliches Eigen­tum. Wir haben ein Mindestgebot in der Ausschreibung von rund 500 Millionen € for­muliert. Und was ich gesagt habe, ist, dass ich gerne hätte, dass wir einen Teil, näm­lich die Hälfte dieses Geldes in eine digitale Infrastruktur investieren (Abg. Dipl.-Ing. Deimek: Nein! ! Das bringt viel mehr!), dass wir 250 Millionen € hernehmen, um die Kluft beim Zugang zu schnellen Internetverbindungen zwischen Stadt und Land zu schließen, damit wir keine Kluft haben, wenn es um eine moderne Wissensgesellschaft und auch den Zugang dazu zwischen Jung und Alt geht, und dass wir genau in diesen Bereich investieren.

Und ja, ich habe dann gesagt, dass ich in einem ganz anderen Zusammenhang der Auffassung bin, wenn wir leistbares Wohnen erreichen wollen – und ich bin davon überzeugt, dass es wichtig ist, alles zu tun, damit sich Menschen ihre Miete auch leisten können (Abg. Kopf: Auch Eigentum!) –, dass dies einer der entscheidenden Punkte ist, dass wir das Angebot erhöhen.

Deshalb habe ich das nur als eine der möglichen Finanzierungen – ich glaube, es geht nicht, dass man sagt, mehr Investitionen, aber nicht sagt, woher das Geld kommen


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll203. Sitzung / Seite 191

soll – als Vorschlag genannt, aber ja, ich bin dafür, dass wir in Zeiten wie diesen ein Konjunkturpaket zum Thema Wohnen schnüren, dass wir in diesem Bereich, ob das jetzt der zweite Teil der Digitalen Dividende ist oder nicht, heute ein Konjunkturpaket schnüren, bei dem es um mehr soziales, leistbares Wohnen geht, dass wir heute in diesen Bereich investieren, heute damit Wachstum generieren, Beschäftigung gene­rieren und morgen Wohnungen für die jungen Leute haben, die sie sich leisten können. Und ich stehe dazu, dass ich dafür bin, dass wir das tun. (Demonstrativer Beifall bei den Grünen sowie Beifall bei der SPÖ.)

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Zurückkommend auf das Bundesstraßen-Mautgesetz, das zu meinem Ressort gehört, und auch zu der Frage, was Autofahrerin­nen und Autofahrer zahlen. Was die Pkw-Bemautung betrifft: Das österreichische Vig­nettensystem ist wirklich anerkannt; nicht nur, dass es eine hohe Akzeptanz der Auto­fahrerinnen und Autofahrer dafür gibt, hat die EU-Kommission in allen Ländern, die dieses Vignettensystem haben, eine vergleichende Studie gemacht. Und Österreich ist darin auch als Best Practice-Beispiel angeführt.

Wir haben bei der Lkw-Bemautung eine Reihe an Maßnahmen gesetzt. Nicht nur, dass wir eine kilometerabhängige Maut bei Lkw haben, nicht nur, dass wir alles ausnützen, um Verlagerungen von der Straße auf die Schiene zu forcieren und wir damit auch Querfinanzierungen einheben, wir haben auch eine Ökologisierung der Lkw-Maut in Österreich eingeführt. Seit Anfang 2010 ist es so, dass jene Lkw, die einen geringeren Schadstoffausstoß haben, also die moderneren EURO-Klassen der Lkw, auch eine ge­ringere Maut zahlen.

Und daher werden wir auch in den nächsten Wochen mit einer Anrechnung der exter­nen Kosten, was Lärm und Luftverschmutzung betrifft, in Begutachtung gehen und werden die Umsetzung der Wegekostenrichtlinie in Angriff nehmen, weil es uns darum geht, Mobilität in Österreich so umweltfreundlich wie nur irgend möglich zu organi­sieren.

Lassen Sie mich nur ein Beispiel nennen, weil wir uns angesehen haben, ob diese Ökologisierung der Lkw-Maut funktioniert. Und sie funktioniert! Sie hat total positive Wirkungen gezeigt. Ich sage Ihnen zwei Zahlen. Die eine ist, dass sich in den letzten zwei Jahren der Anteil der Fahrzeuge, die den geringsten Schadstoffausstoß haben, von 30 Prozent auf fast 60 Prozent fast verdoppelt hat. Das bedeutet in der Folge, dass wir einen Rückgang von 8 Prozent bei den Stickoxidemissionen und von 10 Prozent bei den Partikelemissionen haben. Das heißt, diese Ökologisierung war ein richtiger Schritt, den wir gesetzt haben, und wir werden das auch mit der Einrechnung externer Kosten fortsetzen.

Ein zweiter Punkt in aller Kürze: die Frage der Verkehrssicherheit und der Investi­tionen. Ich glaube, das Allerwichtigste für die Autofahrerinnen und Autofahrer ist, dass sie sicher auf Österreichs Straßen unterwegs sind. Es gibt eine Reihe von Gesetzen und Maßnahmen, die man treffen kann, und wir müssen unter anderem auch aus der Bemautung in die Verkehrssicherheit investieren. Jeder zweite Euro, den wir in den Ausbau von Autobahnen und Schnellstraßen investieren, sind Sicherheitsinvestitionen, sind zweite Tunnelröhren, sind Maßnahmen, wodurch die Straßenbeläge sicherer ge­macht werden, sind Maßnahmen, wodurch wir mehr Lkw-Stellplätze zur Verfügung stellen, damit die Lkw-Fahrer auch ihre Ruhezeiten einhalten können.

All diese Investitionen – wie gesagt, jeder zweite Euro – gehen in die Verkehrssicher­heit, weil neben der Frage, wie man den Verkehr auf der einen Seite ökologisch or­ganisiert, ist der zweite Schwerpunkt die Verkehrssicherheit. Und beides spiegelt sich in dieser Novelle wider. (Beifall und Bravoruf bei der SPÖ.)


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll203. Sitzung / Seite 192

18.31


Präsident Fritz Neugebauer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Keck. – Bitte.

 


18.31.12

Abgeordneter Dietmar Keck (SPÖ): Herr Präsident! Frau Bundesminister! Zum Abge­ordneten Hagen, der uns die Spritpreissituation in Deutschland erklärt hat: Ich würde ihm empfehlen, nach Italien zu fahren. Ich habe es vorige Woche genossen. Dort kos­tet 1 Liter Diesel zwischen 1,70 € und 2 €. Also das sind gewaltige Summen, die man dort bezahlen muss. Ich war froh, als ich wieder in Österreich war  (Zwischenruf des Abg. Dipl.-Ing. Deimek.) – Eineinhalb Tage war ich drüben, also nicht auf Urlaub. – Ich war froh, als ich wieder in Österreich war und 1,36 € für 1 Liter Diesel bezahlt habe.

Aber, Frau Bundesminister, nicht nur in Österreich, sondern praktisch in allen EU-Län­dern haben wir eine Lkw-Maut. Obwohl dies fast ein Gleichklang in den europäischen Staaten ist, fehlt es leider trotzdem an einem einheitlichen Abrechnungsstandard für diese Maut. Quer durch Europa gibt es ja unterschiedlichste Systeme, vom Kassieren an Mautstellen, das geht über die Radarmessung, über Mikrowellen bis hin zur Satelli­tenortung.

Ich darf anmerken, dass wir aber in Österreich das modernste System für diese Maut­verrechnung in den EU-Ländern besitzen. Ziel muss es sein, dass es künftig ein inter­kompatibles System in ganz Europa gibt. In einem Europa, in dem es keine Grenz­kontrollen mehr gibt, in dem wir mit einer gemeinsamen Währung bezahlen, darf es nicht sein, dass wir unterschiedlichste Mautsysteme mit unterschiedlichsten Kontroll­techniken haben, meine Damen und Herren.

Die nunmehrige Festlegung von einheitlichen Merkmalen bei technischen Kompeten­zen ist eine ganz wichtige Sache, die wir hier mit dieser Novelle beschließen. (Beifall bei der SPÖ.)

18.32


Präsident Fritz Neugebauer: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Himmelbauer. – Bitte.

 


18.32.52

Abgeordnete Eva-Maria Himmelbauer, BSc (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Frau Bundesministerin! Hohes Haus! Es wurde schon öfters angesprochen, die EU-Richtlinie soll die Voraussetzung dafür schaffen, über Ländergrenzen hinweg diese mit verschiedenen Mautsystemen zu überqueren. Ein Vertrag, ein Dienstleister, aber vor allem ein On-Board-Gerät sollen sicherstellen, dass bei dieser Überquerung keine zu­sätzlichen Handlungen der Lenker oder der Transportunternehmen erforderlich sind.

Das bedeutet auch eine Vereinfachung im grenzüberschreitenden Verkehr. Damit sol­len unnötiger Verwaltungsaufwand, unnötiger Zeitaufwand und die damit verbundenen Kosten reduziert werden. Ich finde es aber auch wichtig zu betonen, dass hiebei keine Entscheidung über das zu verwendende System getroffen wird beziehungsweise nicht in den Wettbewerb der technischen Systeme und nicht in die Tarifbestimmungen und in die Systemwahl der Mitgliedsländer eingegriffen wird.

Der Standard, sowohl in technischer als auch in vertraglicher Sicht, soll die Mautbetrei­ber auffordern, sicherzustellen, dass mit den EETS-Providern ein mögliches Gerät ge­schaffen wird, das verschiedene Mautsysteme unterstützt. Wir wissen ja, in Deutsch­land wird das satellitenbasierte System eingesetzt. Bei uns in Österreich wird eine Mi­krowellentechnologie eingesetzt, wie es mein Vorredner schon gesagt hat.

Das ist eine gangbare Lösung. Wir haben es schon im September 2011 gezeigt: Zwi­schen Österreich und Deutschland gibt es ja eben über die Grenzen hinweg ein Lkw-Mautsystem mit TOLL2GO. Das war damals schon ein wichtiger Zwischenschritt, um die Kompatibilität der elektronischen Mautsysteme sicherzustellen.

Mit dieser Vorlage werden wir den nächsten Schritt setzen. (Beifall bei der ÖVP.)

18.34



Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll203. Sitzung / Seite 193

Präsident Fritz Neugebauer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Jury. – Bitte.

 


18.34.58

Abgeordneter Josef Jury (FPÖ): Herr Präsident! Sehr verehrte Frau Minister! Ich nehme diese Debatte zum Anlass, auf ein großes Verkehrsproblem in meinem Heimat­bezirk, in Spittal an der Drau hinzuweisen.

Es geht hier um die Lieserschlucht, das ist ein Teil der Katschberg Bundesstraße, der B99, die durch Felsstürze immer wieder für den Verkehr gesperrt ist. Durch verschie­dene Felssicherungsarbeiten und Sanierungsmaßnahmen ist so eine wichtige Ver­kehrsstraße in die Bezirksstadt Spittal an der Drau monatelang gesperrt.

Die Ausweichstrecke geht durch ein Wohngebiet über den Fratres. 13 000 Autos ver­pesten dort täglich die Luft, verursachen Lärm und sorgen für ein nicht geringes Sicher­heitsrisiko für Anwohner und Kinder. Es gäbe eine Lösung, und zwar, dass man einen Teil der Tauern Autobahn, insgesamt 6 Kilometer, vom Knoten Spittal/Millstättersee bis Spittal Ost vignettenfrei, sprich mautfrei führt. Damit wäre diese Belastung für die An­rainer der Bezirksstadt Spittal völlig aufgehoben. Das wäre eine gute Lösung.

Die ganzen Kommunalpolitiker, vordergründig der geschäftsführende Bürgermeister der Stadt Spittal, Bernd Sengseis, haben mich darum gebeten, diesen Antrag einzu­bringen. Ich appelliere an die hier anwesenden Parteien im Hohen Haus, doch einmal über ihren Schatten zu springen und vor allem für die kleinen Leute die Vignettenpflicht für dieses Teilstück aufzuheben. Vor allem Pensionisten sind auf diesem Straßenstück unterwegs, die sich die Vignette nicht mehr leisten wollen, weil sie einfach nur von Seeboden nach Spittal fahren, 10 Kilometer, und sich dafür keine Vignette kaufen möchten.

Deshalb bringe ich folgenden Antrag ein:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Josef Jury, DI Gerhard Deimek und weiterer Abgeordneter

an die Bundesministerin für Verkehr, Innovation und Technologie

betreffend temporäre Aufhebung der Vignettenpflicht auf der Tauern Autobahn zwi­schen Spittal Ost und Spittal West

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesministerin für Verkehr, Innovation und Technologie wird ersucht, alles Er­forderliche zu tun, damit es im Zuge von Totalsperren der B 99 Katschberg Straße im Bereich der Lieserschlucht zu einer zeitgleichen temporären Aufhebung der Vignetten­pflicht für die Tauern Autobahn im Streckenabschnitt Knoten Spittal/Millstättersee bis Spittal an der Drau – Ost kommt.“

*****

Danke sehr. (Beifall bei FPÖ und Team Stronach.)

18.37


Präsident Fritz Neugebauer: Der Antrag ist ordnungsgemäß eingebracht und wird mitverhandelt.

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll203. Sitzung / Seite 194

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Josef Jury, DI Gerhard Deimek und weiterer Abgeordneter

an die Bundesministerin für Verkehr, Innovation und Technologie

betreffend temporäre Aufhebung der Vignettenpflicht auf der Tauernautobahn zwi­schen Spittal Ost und Spittal West

eingebracht im Zuge der Debatte zu TOP 12, Bericht des Verkehrsausschusses über die Regierungsvorlage (2298 d.B.): Bundesgesetz, mit dem das Bundesstraßen-Maut­gesetz 2002 geändert wird (2353 d.B.) in der 203. Sitzung des Nationalrates am
22. Mai 2013

Aufgrund von Sanierungsarbeiten und Felssicherungsmaßnahmen im Bereich der Ertl­wand/Lieserschlucht kommt es immer wieder zu einer Totalsperre der Katschberg Straße (B 99). Die derzeitige Hauptausweichroute führt dabei über die bewohnte Frat­resstraße. Private Zählungen im Zuge einer der letzten Totalsperren der Lieserschlucht haben ein Verkehrsaufkommen von bis zu 13.000 Fahrzeugen pro Tag ergeben. Durch das hohe Verkehrsaufkommen kommt es in diesem Gebiet zu massiven Lärm- und Schmutzbelastungen für die Anrainer. Alternativ zur Route über die Fratresstraße kann auch die mautpflichtige Tauernautobahn zwischen Spittal Ost und Spittal West befah­ren werden.

Um die immer häufigere extreme Belastung der Anrainer der Fratresstraße zu mindern, wäre es sinnvoll, den Streckenabschnitt der Tauernautobahn zwischen den Ausfahrten Spittal Ost und Spittal West für den Zeitraum von Sanierungsarbeiten der B 99/Lieser­schlucht und einer damit verbundenen Totalsperre der B 99 von der Vignettenpflicht zu befreien; dies insbesondere dann, wenn es zu einer länger andauernden Totalsperre kommt.

Dies wäre beispielsweise mit einer Verordnung zum Bundesstraßen-Mautgesetz mög­lich.

In diesem Zusammenhang stellen die unterfertigten Abgeordneten folgenden

Entschließungsantrag

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesministerin für Verkehr, Innovation und Technologie wird ersucht alles Erfor­derliche zu tun, damit es im Zuge von Totalsperren der B 99 Katschberg Straße im Be­reich der Lieserschlucht zu einer zeitgleichen temporären Aufhebung der Vignetten­pflicht für die Tauernautobahn im Streckenabschnitt Knoten Spittal/ Millstättersee bis Spittal an der Drau – Ost kommt."

*****

 


Präsident Fritz Neugebauer: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Hakel. – Bitte.

 


18.38.03

Abgeordnete Elisabeth Hakel (SPÖ): Herr Präsident! Sehr geehrte Frau Minister! Noch einmal zur Wiederholung: Die Änderung des Bundesstraßen-Mautgesetzes schafft die Voraussetzung für die technische und vertragliche Umsetzung eines euro­päischen elektronischen Mautdienstes.

Zusätzlich berücksichtigt die Novelle Änderungen, die aufgrund des Verwaltungsge­richtsbarkeits-Ausführungsgesetzes notwendig sind.


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll203. Sitzung / Seite 195

Weiters wird ein fakultatives Vermittlungsverfahren bei Streitigkeiten zwischen der ASFINAG und Mautdienstanbietern festgelegt, das weder die Zuständigkeiten der örtli­chen Gerichte noch jene von Verwaltungsbehörden berührt.

Ein Punkt, der auch noch in dieser Novelle enthalten ist, stellt jetzt klar, dass Blaulicht­fahrzeuge, die sich im Einsatz befinden, keiner Mautpflicht unterliegen und einfach durchfahren können.

Auch die Einführung des Tatbestandes der Mautprellerei ist im Gesetz enthalten. Maut­prellerei ist nämlich dann gegeben, wenn es der Zulassungsbesitzer unterlässt, bei vorläufiger Zuordnung eines Fahrzeuges zu einer Tarifgruppe den fehlenden Nachweis der EURO-Emissionsklasse nachzubringen. Zusätzlich werden Fahrunternehmer ver­pflichtet, ihre Arbeitnehmer zeitgerecht vom Einlangen einer Ersatzmautaufforderung zu unterrichten. Das dient dazu, dass die Fahrer, die Fahrunternehmer vor Verwal­tungsstrafen bewahrt werden – und das ist gut so. (Beifall bei der SPÖ sowie bei Ab­geordneten der ÖVP.)

18.39


Präsident Fritz Neugebauer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Lausch. – Bitte.

 


18.39.40

Abgeordneter Christian Lausch (FPÖ): Herr Präsident! Frau Bundesministerin! Ho­hes Haus! Auch wir werden, wie die Vorredner schon angekündigt haben, der Ände­rung des Bundesstraßen-Mautgesetzes zustimmen, obwohl wir auch Bedenken haben.

Wir sind für einheitliche Technologien wie bei den Lkw mit den GO-Boxen, das ist ab­solut okay, aber das soll kein Vorreiter sein und nicht in die Richtung gehen, dass das dann auch für Pkws kommt. Eine einheitliche EU-Maut ist mit uns sicher nicht zu ma­chen, die würden wir ablehnen.

Wir haben also schon unsere Bedenken, aber im Großen und Ganzen geht dieses Ge­setz in die richtige Richtung, daher unsere Zustimmung.

Mauteinnahmen sind wichtig, ja, weil natürlich, wie schon gesagt wurde, Sicherheit und auch Lärmschutz ihren Preis haben, Geld kosten.

Immer mehr Bürger sind von Straßenlärm gesundheitlich beeinträchtigt. Daher muss man schauen, wie man da sinnvoll helfen kann.

In diesem Sinne bringe ich folgenden Antrag ein:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Carmen Gartelgruber, Kolleginnen und Kollegen betreffend die zu­künftigen Belastungen der Bevölkerung von Angath – steigender Lärm und Abgase durch einen geplanten Autobahnparkplatz- und Raststättenausbau sowie durch den Bau einer offenen Bahntrasse statt Untertunnelung

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die zuständige Bundesministerin für Verkehr, Innovation und Technologie wird drin­gend ersucht, alles Erforderliche zu unternehmen, damit im Bereich von Angath umge­hend effektive Lärmschutzmaßnahmen, insbesondere im Zuge des geplanten Raststät­tenausbaus als auch im Zuge der künftigen Trassenführung der Unterinntalbahn, ergrif­fen werden.“

*****

(Beifall bei der FPÖ.)


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll203. Sitzung / Seite 196

Ich denke, Lärmschutz ist ein sehr wichtiges Thema und sollte hier auch angegangen werden – auch mit den Mauteinnahmen. Das macht Sinn und ist eine Vorbeugung vor Erkrankungen, die durch Lärm verursacht werden. Somit gehört das unbedingt umge­setzt. – Danke schön. (Beifall bei der FPÖ.)

18.42


Präsident Fritz Neugebauer: Der eingebrachte Entschließungsantrag wird mit ver­handelt.

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Carmen Gartelgruber, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesmi­nisterin für Verkehr, Innovation und Technologie betreffend die zukünftigen Belastun­gen der Bevölkerung von Angath – steigender Lärm und Abgase durch einen ge­planten Autobahnparkplatz- und Raststättenausbau sowie durch den Bau einer offene Bahntrasse statt Untertunnelung

eingebracht im Zuge der Debatte zu TOP 12, Bericht des Verkehrsausschusses über die Regierungsvorlage (2298 d.B.): Bundesgesetz, mit dem das Bundesstraßen-Maut­gesetz 2002 geändert wird (2353 d.B.) in der 203. Sitzung des Nationalrates am 22. Mai 2013

Die Inntal Autobahn durchschneidet in Angath den historischen Ortskern und liegt hö­her als der Ort. Rund 300 Angather Familien sind massiv vom Autobahnlärm und von Abgasen betroffen.

Diskussionen bezüglich verbesserter Lärmschutzmaßnahmen gibt es seit langem, ge­schehen ist bislang nichts. Anstelle von Lärmschutzmaßnahmen wird es durch einen geplanten Ausbau der bestehenden Autobahnraststätte samt einem Mehr an Park­plätzen sowie zu einer offenen Streckenführung im Zuge der Ausbaumaßnahmen bei der Bahn in Zusammenhang mit dem Projekt Brenner Basistunnel zu einer Verschlech­terung bei der Lärm- und auch Abgas-Situation kommen.

Umweltschutzverbesserungsprogramm auf der Tauernautobahn bzw. Lärmschutzmaß­nahmen am Knoten Steinhäusl beweisen, dass Lärmschutzmaßnahmen auch in schwierigen Geländeverhältnissen sehr wohl möglich sind und folglich Tirol in Bezug auf Lärmschutzmaßnahmen an der Inntalautobahn zweitklassig behandelt wird.

Der gegen den Willen der Gemeinde geplante Rastplatzausbau im Bereich Angath wird zu einen massiven zusätzlichen Belastung der Anrainer führen; durch die Entfernung eines bewaldeten Gebietes kommt der Lärm vom Rastplatz direkt nach Angath.

Weiters wurden im Zuge einer Sanierung der Autobahn im Bereich Angath die Stahl­leitschiene durch Betontrennwand ersetz. Darüber, inwieweit dies eine der Ursachen für die gestiegene Lärmbelastung der Bevölkerung ist, gibt es bislang keinerlei Aus­künfte.

Verstärkt werden die Sorgen der Anrainer insbesondere in Bezug auf Lärm durch ge­plante Änderungen der Trassenführung in Zusammenhang mit dem Bau der Unterinn­taltrasse im Zuge des Baus des Brenner Basistunnels. Hier soll es bei der BBT-Zu­laufstrecke nach derzeitigen Planungen im Bereich des Rastplatzes zu einer oberir­dischen Trassenführung kommen. An eine Einhausung ist derzeit offensichtlich nicht gedacht.

In diesem Zusammenhang richten die unterfertigten Abgeordneten an die Bundesmi­nisterin für Verkehr, Innovation und Technologie folgenden


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll203. Sitzung / Seite 197

Entschließungsantrag

Der Nationalrat wolle beschließen

„Die zuständige Bundesministerin für Verkehr, Innovation und Technologie wird drin­gend ersucht, alles Erforderliche zu unternehmen, damit im Bereich von Angath umge­hend effektive Lärmschutzmaßnahmen, insbesondere im Zuge des geplanten Raststät­tenausbaus als auch im Zuge der künftigen Trassenführung der Unterinntalbahn, er­griffen werden.“

*****

18.42.30

 


Präsident Fritz Neugebauer: Weitere Wortmeldungen liegen dazu nicht vor. Ich schließe daher die Debatte.

Die Abstimmung erfolgt über jeden Ausschussantrag getrennt.

Abstimmung über Tagesordnungspunkt 12: Entwurf betreffend ein Bundesgesetz,
mit dem das Bundesstraßen-Mautgesetz geändert wird, samt Titel und Eingang in 2353 der Beilagen.

Wer für diesen Entwurf ist, den bitte ich um ein Zeichen der Zustimmung. – Das ist mit Mehrheit angenommen.

Wenn Sie auch in dritter Lesung zustimmen, bitte ich Sie um Ihr Zeichen. – Das ist
mit Mehrheit beschlossen. Der Gesetzentwurf ist somit auch in dritter Lesung ange­nommen.

Abstimmung über den Entschließungsantrag der Abgeordneten Jury, Kolleginnen und Kollegen betreffend temporäre Aufhebung der Vignettenpflicht auf der Tauern Au­tobahn zwischen Spittal Ost und Spittal West.

Wer diesen Antrag unterstützt, den bitte ich um ein Zeichen. – Der Antrag ist abge­lehnt.

Abstimmung über den Entschließungsantrag der Abgeordneten Gartelgruber, Kolle­ginnen und Kollegen betreffend die zukünftigen Belastungen der Bevölkerung von An­gath – steigender Lärm und Abgase durch einen geplanten Autobahnparkplatz- und Raststättenausbau sowie durch den Bau einer offenen Bahntrasse statt Untertun­nelung.

Wer für diesen Entschließungsantrag ist, den bitte ich um ein Zeichen. – Der Antrag ist abgelehnt.

Abstimmung über Tagesordnungspunkt 13: Entwurf betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Kraftfahrgesetz 1967 geändert wird, samt Titel und Eingang in 2354 der Bei­lagen.

Wer diesen Gesetzentwurf unterstützt, den bitte ich um ein Zeichen. – Das ist mit Mehrheit angenommen.

Wenn Sie auch in dritter Lesung für diesen Entwurf sind, bitte ich um Ihr zustimmendes Zeichen. – Der Entwurf ist mit Mehrheit beschlossen und somit auch in dritter Lesung angenommen.

Abstimmung über Tagesordnungspunkt 14: Entwurf eines Bundesgesetzes, mit dem das Gefahrgutbeförderungsgesetz geändert wird, samt Titel und Eingang in 2355 der Beilagen.

Im Falle der Zustimmung bitte ich Sie um Ihr unterstützendes Zeichen. – Das ist ein­stimmig angenommen.


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll203. Sitzung / Seite 198

Wenn Sie auch in dritter Lesung dafür sind, bitte ich um Ihre Zustimmung. – Ein­stimmig beschlossen. Der Entwurf ist auch in dritter Lesung angenommen.

18.44.1715. Punkt

Bericht des Umweltausschusses über die Regierungsvorlage (2295 d.B.): Bun­desgesetz, mit dem das Klimaschutzgesetz geändert wird (2313 d.B.)

 


Präsident Fritz Neugebauer: Wir kommen zum 15. Punkt der Tagesordnung.

Auf eine mündliche Berichterstattung wurde verzichtet.

Wir gehen in die Debatte ein.

Zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Jannach. – Bitte, Herr Kollege.

 


18.44.36

Abgeordneter Harald Jannach (FPÖ): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Wir re­den heute über eine Novelle des Klimaschutzgesetzes, mit der festgelegt wird, wie hoch die sektoralen Höchstgrenzen für die Emissionen bis zum Jahr 2020 sein sollen. Bereits im Jahr 2011 wurde das Klimaschutzgesetz verabschiedet – ohne unsere Zu­stimmung, wohlgemerkt, da wir das Klimaschutzgesetz als viel zu umfassend beurteilt haben, wie Sie das hier auch präsentiert haben. Österreich – und das ist ja keine neue Weisheit – verfehlt seine Klimaschutzziele und auch die Kyoto-Verpflichtungen bei Weitem. Und dem sollte nach Ihren Ausführungen von 2011 dieses Klimaschutzgesetz entgegenwirken.

Wir haben damals darauf hingewiesen, dass das Klimaschutzgesetz ein zahnloser Pa­piertiger ist. Es hat keinen rechtsverbindlichen Charakter. Und wenn es keinen rechts­verbindlichen Charakter hat und Sie als Bundesminister die Bundesländer nicht unter Androhung von Strafen und Sanktionen verpflichten können, den Klimaschutz einzu­halten, dann wird das nicht funktionieren. – Das hat sich leider bewahrheitet.

Wir haben damit ein wirklich zahnloses Gesetz, das im Grunde genommen gar nichts regelt und schon gar nicht dem Umweltschutz hilft.

Wir haben damals kritisiert – und durch die jetzige Novelle ändert sich ja daran nichts –, dass kein konkretes Ziel festgelegt worden ist, dass es keine Verpflichtung der Bun­desländer gibt, nämlich keine mit Sanktionen belegten Verpflichtungen zur Einhaltung gewisser Klimaschutzmaßnahmen.

Sie sind – und das sind Sie leider heute auch noch – ein Bittsteller bei den Landes­hauptleuten. Sie sind auf den Goodwill der Landeshauptleute angewiesen, dass es hier eine Änderung gibt.

Wir Freiheitliche fordern eine ganz klare Verpflichtung der Bundesländer, nicht über Ar­tikel-15a-Vereinbarungen, die es auch noch nicht gibt, sondern sogar eine verfas­sungsrechtliche Regelung, die den Klimaschutz festschreibt und mit der die Bundeslän­der verpflichtet werden, die Klimaschutzmaßnahmen einzuhalten. (Beifall bei der FPÖ.)

Wir haben damals auch kritisiert – und auch das hat sich nicht geändert –, dass Sie ein Nationales Klimaschutzkomitee eingerichtet haben, einen Nationalen Klimaschutzbei­rat, so nach der Devise: Wenn ich nicht weiter weiß, gründe ich einen Arbeitskreis.

Ergebnisse dieser Beiräte wurden uns nicht zur Kenntnis gebracht, geschweige denn irgendwelche Maßnahmen.

Ich komme noch kurz zu den Stellungnahmen von einzelnen Organisationen und Län­dern zu dieser Novellierung des Klimaschutzgesetzes und beginne mit dem Öko-


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll203. Sitzung / Seite 199

Büro, das ist die Stellungnahme aller Umweltschutzorganisationen in Österreich. Das ökobüro kritisiert ebenfalls, dass das Gesetz an einer mangelnden Verbindlichkeit leidet. Es gibt in diesem Gesetz keine Transparenz.

Weiters die Stellungnahme der Landwirtschaftskammer, Ihrer eigenen Organisation, wenn man so will, auch sie kritisiert, dass die Maßnahmen hier nicht durchgeführt wer­den können:

„Die THG-Reduktion“ – die Treibhausgasreduktion – „für die Landwirtschaft würde un­ter Zugrundelegung eines Produktionsanstiegs, der betriebswirtschaftlich erforderlich und volkswirtschaftlich gewünscht ist, eine Reduktion um 5 % bedeuten, dies wird als undurchführbar angesehen und daher abgelehnt.“

Von der Landwirtschaftskammer also eine negative Stellungnahme. Auch vom Umwelt­dachverband gibt es eine negative Stellungnahme. Und sogar die niederösterreichi­sche Landesregierung hat eine negative Stellungnahme abgegeben, auch unter dem Aspekt, dass die Begutachtungsfrist für diese Novelle mehr als kurz war. Sie hat aus­geführt, dass diesem Gesetz so gut wie gar nicht zugestimmt werden kann.

Wir verlangen – abschließend – einen rechtsverbindlichen Charakter dieses Gesetzes, eine verfassungsgesetzliche Festlegung der Klimaschutzziele, damit sie auch eingehal­ten werden. Bis jetzt ist das nicht gelungen.

Leider muss ich feststellen, dass die letzten fünf Jahre fünf verlorene Jahre für den Kli­maschutz in Österreich waren. Sie haben sich hinter diesen Komitees versteckt, es gibt keine einzige Maßnahme.

Wir haben – und das ist positiv – eine österreichische Klimaschutzstrategie, und wir würden uns wünschen, dass wenigstens diese Maßnahmen hier rechtsverbindlich um­gesetzt würden, denn dann hätten wir meiner Ansicht nach die Klimaschutzproblematik in Österreich gelöst.

Das jetzt vorliegende Gesetz, das eine sektorale Beschränkung der Emissionen fest­legt, löst das Problem des Klimaschutzes in keiner Weise. Es ist lediglich eine Ab­sichtserklärung; eine Absichtserklärung, der keine Sanktionen folgen.

Wir fordern Sie auf, dieses Gesetz dahingehend abzuändern, dass es verpflichtenden Charakter bekommt!

Und im Zuge der gesamten Debatte über das Lebensministerium insgesamt sind wir zur Ansicht gekommen, dass wir das Umweltschutzministerium vom Landwirtschafts­ministerium unbedingt zu trennen haben, um einen glaubwürdigen, ehrlichen Umwelt­schutzminister zu haben. (Beifall bei der FPÖ.)

18.49


Präsident Fritz Neugebauer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Mag. Hammer. – Bitte.

 


18.49.38

Abgeordneter Mag. Michael Hammer (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr ge­ehrter Herr Bundesminister! Wir beschließen heute eine Novelle zum Klimaschutzge­setz, welche die Sektorziele für die Jahre 2013 bis 2020 markiert. Und damit – und das steht im Widerspruch zu dem, was mein Vorredner gesagt hat – bekommt Österreich abermals verbindliche Ziele in den wesentlichen Sektoren, und Klimaschutz wird in Ös­terreich verbindlich und koordiniert.

Grundsätzlich gibt es Jahr für Jahr Auskunft darüber, wie die einzelnen Sektoren da­stehen, ob die Ziele erreicht werden und ob Maßnahmen zu setzen sind, um den Ziel­pfad zu erreichen.


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll203. Sitzung / Seite 200

Wir haben im Umweltausschuss nicht nur über dieses Klimaschutzgesetz debattiert, sondern auch den Fortschrittsbericht zum Klimaschutzgesetz besprochen. Wir haben festgestellt, dass Österreich in wesentlichen Sektoren ganz gut unterwegs ist. Die we­sentlichsten Abweichungen sind vor allem im Verkehrssektor zu verzeichnen. Da muss man natürlich dazusagen, dass eine Problematik im Tanktourismus im Grenzbereich besteht und einige Abweichungen sich dadurch begründen. Wesentliche Bereiche, wie vor allem der Abfallbereich, unterschreiten die Ziele teilweise deutlich.

Auffallend ist, dass im Industrie- und Verkehrsbereich ein leichtes Ansteigen der Emis­sionen zu verzeichnen ist. Das begründet sich aber durchaus mit der erfreulichen Ent­wicklung, dass sich unsere Wirtschaft von der Wirtschaftskrise erholt hat und diese Überschreitungen auch damit zusammenhängen. Da braucht es, glaube ich, eine Grundfeststellung zum Klimaschutz. Es ist einfach notwendig, dass unsere Betriebe und unsere Industrie trotz Klimaschutz und im Zusammenhang mit Klimaschutz wettbe­werbsfähig sind, weil damit die Arbeitsplätze und unser Wohlstand abgesichert werden können.

Es ist nun einmal so, dass Wirtschaftswachstum und das Ansteigen von Emissionen nicht gänzlich entkoppelt werden können, wie das speziell von den Grünen immer wie­der gesagt wird. Es gibt einfach einen Zusammenhang, und damit begründen sich auch Steigerungen durch ein höheres Wirtschaftswachstum. (Zwischenruf der Abg. Mag. Brunner.)

Es braucht aber generell im Zusammenhang mit dem Klimaschutz eine weltweite Sicht und kein alleiniges österreichisches und europäisches Vorpreschen. Ich darf da Jean-Claude Juncker zitieren, der beim heutigen EU-Gipfel gesagt hat: Es braucht eine ge­meinsame Kraftanstrengung, es bringt nichts, wenn wir immer weiter vorpreschen, während sich andere zurücklehnen und nichts tun. (Abg. Mag. Brunner: Wir preschen nicht vor, wir sind Schlusslicht!) Ich glaube, wir brauchen ein gemeinsames Vorgehen. (Beifall bei der ÖVP.)

Klimaschutz soll wirksam sein, ist wichtig und notwendig, darf aber nicht unrealistische und standortgefährdende Maßnahmen zum Ziel haben. Wir brauchen einen Klima­schutz mit Maß und Ziel – das ist: Ausbau erneuerbarer Energieträger, sanftere Mobili­tät, neue Mobilitätsformen, Ausbau des öffentlichen Verkehrs, thermische Qualität von Gebäuden und Energieeffizienz. Ich glaube, in diesem Bereich tut Österreich sehr viel, wir erzielen gute Fortschritte. Ich glaube, das ist der richtige und wichtige Weg.

Die ÖVP und speziell unser Umwelt- und Lebensminister Berlakovich sind ein Garant dafür, dass effizienter Klimaschutz betrieben wird und dass Betriebe und Arbeitsplätze nicht durch überbordende Maßnahmen gefährdet werden. Das bringt uns alle nicht weiter. (Beifall bei der ÖVP.)

18.52


Präsident Fritz Neugebauer: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Mag. Brunner. – Bitte.

 


18.52.45

Abgeordnete Mag. Christiane Brunner (Grüne): Herr Präsident! Herr Minister! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Zuseherinnen und Zuseher! Was soll ich jetzt nach meinem Vorredner sagen, um das vielleicht wieder ein bisschen ins rechte Licht zu rü­cken? – Also vom Vorpreschen Österreichs kann leider keine Rede sein. Es ist mittler­weile, glaube ich, bekannt, dass Österreich Klimaschutzschlusslicht in der EU ist. Wir haben als einziges Land die Kyoto-Ziele nicht erreicht. Österreich hat sich dazu ver­pflichtet, gegenüber 1990 13 Prozent an CO2-Emissionen einzusparen. Tatsächlich lie­gen wir bei plus 8. Von einem Alleingang Österreichs kann also überhaupt keine Rede sein.


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll203. Sitzung / Seite 201

Es wäre aber notwendig, dass Österreich einmal vorprescht. Wenn jemand die interna­tionalen Verhandlungen beobachtet, so sieht er: Klimaschutz und der Klimawandel sind die größte Herausforderung unseres Jahrhunderts. (Beifall bei den Grünen.) Ich finde es traurig und beschämend, dass die Regierungschefs dieser Erde nicht fähig sind, ein Klimaabkommen zu erreichen, das uns hilft, den Klimawandel in den Griff zu bekom­men.

Was ist standortgefährdend? – Ich finde, das ist, wenn es Regionen auf unserem Pla­neten gibt, in denen das Überleben nicht mehr sicher ist – nämlich nicht das Überleben von irgendwelchen Wirtschaftsbetrieben, sondern das Überleben von Menschen. Das ist bereits so. Deswegen finde ich es unverantwortlich, wenn Österreich da seine Rolle nicht einnimmt.

Es ist schon angesprochen worden, dass vor eineinhalb Jahren dieses Klimaschutzge­setz hier gegen unsere Stimmen, trotz unserer massiven Kritik beschlossen wurde. Dieses Klimaschutzgesetz trägt die Handschrift der Industriellenvereinigung. Es hat vier Seiten, und so schaut es auch aus. Nur weil Klimaschutzgesetz draufsteht, heißt das noch lange nicht, dass auch Klimaschutz drinnen ist.

Durch dieses Gesetz ist in den letzten Jahren kein einziges Gramm CO2 eingespart worden. Es wurden Gremien und Beiräte eingerichtet. Ich finde es ja ganz gut, wenn man auch in unterschiedlichen Konstellationen miteinander spricht, nur dazu brauchen wir kein Gesetz, denn, Herr Minister, das wäre Ihre ureigenste Aufgabe: mit allen Stakeholdern und allen, die in diesem Bereich zuständig sind, zu sprechen.

Von einem Gesetz erwarte ich mir, dass Folgendes drinnen steht: Welche Ziele verfol­gen wir? Mit welchen Maßnahmen erreichen wir diese Ziele? Wer ist wofür zuständig? Was geschieht bis wann? Wie wird kontrolliert, und was geschieht, wenn nichts ge­schieht? Welche Sanktionen gibt es dann? – All das steht in diesem Gesetz nicht drinnen, deswegen ist auch nichts geschehen. (Abg. Neubauer: Darum ist es ein Schmarr’n!)

Das Umweltbundesamt weist in jedem Klimaschutzbericht, den wir auch immer wieder im Umweltausschuss diskutieren, darauf hin, dass Österreich nicht nur die Kyoto-Ziele verfehlt hat, sondern dass wir, wenn wir so weitermachen wie bisher, auch die EU-2020-Ziele nicht erreichen werden. Das ist mehr als peinlich, denn die EU-2020-Ziele sind für Österreich alles andere als ambitionierte Ziele. Das ist für Österreich ein Null­ziel.

Die EU-2020-Ziele werden auf der Basis des Jahres 2005 berechnet, da hatte Öster­reich das All-Time-High bei den CO2-Emissionen. Das ist jetzt unser Basisjahr, von dort aus werden Reduktionen gerechnet. International wird das Basisjahr 1990 herangezo­gen. Wenn wir das gegenüberstellen, sind die EU-Ziele für Österreich ein Nullziel, also ein Zurück an den Start. Mit Ihrer Klimaschutzpolitik werden wir nicht einmal dieses Nullziel erreichen, sondern mehr ausstoßen, als es noch 1990 der Fall war. Das ist peinlich und hat mit aktiver Klimaschutzpolitik überhaupt nichts zu tun. (Beifall bei den Grünen.)

Jetzt gibt es eine Novelle dieses Gesetzes. Es ist schon angesprochen worden, dass die Begutachtungsfrist dafür mehr als kurz war. Diese Novelle wäre eine Chance ge­wesen, die Klimapolitik in Österreich völlig neu aufzustellen. Ich begrüße, dass Sie zumindest erstmals Gesprächsbereitschaft gezeigt haben und auch mit der Opposition darüber gesprochen haben. Es ist aber keine einzige unserer Anmerkungen in dieses Gesetz eingeflossen. Die Novelle ist jetzt eine Tabelle, in der die Verpflichtung auf Sektoren aufgeteilt wird. Das mag ein erster Schritt sein, nur wird eben dieses Nullziel auf Sektoren aufgeteilt, und es gibt überhaupt keine Verpflichtungen. Den Verpflich­tungsmechanismus gibt es nach wie vor nicht. Jeder weiß: Solange es diesen Mecha-


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll203. Sitzung / Seite 202

nismus nicht gibt, wird in Österreich im Bereich Klimaschutz weiterhin nichts gesche­hen. Das können wir uns einfach nicht leisten.

Dass es anders geht, zeigen uns andere Länder. Großbritannien zeigt das: Da stehen Ziele drinnen, da stehen Maßnahmen drinnen, da stehen Kontrollen und Sanktionen drinnen. Auch ein Bundesland wie Nordrhein-Westfalen zeigt es. Es geht in anderen Ländern, nur Österreich ist in der Klimapolitik leider auf Tauchstation.

Herr Bundesminister, wir würden sogar mehr Kompetenzen für Sie vorsehen. Wir hät­ten Klimaschutz als Bedarfskompetenz angesehen, weil ich glaube, dass der Klima­schutz im Staat und vor allem auch innerhalb der Regierung eine andere Stellung ha­ben muss. Ich stelle fest, dass diese Regierung völlig unfähig ist, mit diesem Thema umzugehen. Der Bundeskanzler hat gestern im EU-Hauptausschuss zum Thema Ener­giepolitik das Wort Klimaschutz nicht einmal in den Mund genommen – auch auf Rück­frage nicht.

Die Zuständigkeiten sind zersplittert. Sie machen ein Klimaschutzgesetz, bei dem letzt­lich niemand verantwortlich ist. Wenn es so weitergeht, wird Österreich leider weiterhin Schlusslicht bleiben. Für mich als Umweltschützerin ist das höchstgradig peinlich.

Ich finde, dass gerade ein Land wie Österreich prädestiniert wäre, Vorreiter im Klima­schutz zu sein und anderen Regionen auf der ganzen Erde etwas zu zeigen. Es wird von uns auf den Klimakonferenzen auch erwartet, zu zeigen, wie man Wohlstand und Klimaschutz in Einklang bringen kann. Das ist möglich. Wer soll es schaffen, wenn nicht ein Land wie Österreich? Mit dieser Regierung werden wir es nicht schaffen. Des­wegen: Österreich braucht ein eigenständiges, starkes und engagiertes Umweltminis­terium. (Beifall bei den Grünen.)

18.58


Präsident Fritz Neugebauer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Weninger. – Bitte.

 


18.59.02

Abgeordneter Hannes Weninger (SPÖ): Herr Präsident! Herr Minister! Liebe Kollegin Brunner! In Erinnerung an den gestrigen EU-Hauptausschuss: Ein Großteil der Debatte bestand darin, dass wir ganz massiv diskutiert und auch einstimmig beschlossen ha­ben, dass Österreich in der Nachhaltigkeitsfrage auf europäischer Ebene dafür kämpft, dass Atomkraftwerke und CCS-Technologie nicht als nachhaltige Maßnahmen zum Kli­maschutz verwendet werden. Diesen Kampf auf europäischer Ebene hat der Bundes­kanzler heute mit aller Vehemenz und mit allem Nachdruck, wie auch in den aktuellen Medienberichten zu verfolgen ist, im Sinne unserer gestrigen Diskussion geführt.

Meine Damen und Herren, wovon gehen wir aus? – Wir gehen einmal aus vom Klima- und Energiepaket der Europäischen Union, die sich verpflichtet hat, die Treibhausgas­emissionen bis 2020 gegenüber dem Vergleichszeitraum 1990 um mindestens 20 Pro­zent – in vielen Diskussion wird 30 Prozent angeboten – zu reduzieren.

Die österreichische Energiestrategie sieht vor, dass wir den Endenergieverbrauch auf dem Niveau von 2005 stabilisieren, den Anteil der erneuerbaren Energien auf 34 Pro­zent erhöhen und die Energieeffizienz um mindestens 20 Prozent steigern. Das sind Ziele, die vielleicht dem einen oder anderen zu wenig sind. Trotzdem sind es ambitio­nierte Ziele, die auch im wirtschaftlichen und sozialen Zusammenhang gesehen wer­den müssen. Wenn es nach den Experten des Umweltbundesamts geht, sind diese strategischen Ziele durchaus geeignet – ich zitiere –, „die Treibhausgasemissionen maßgeblich zu senken“.

Jetzt zum Gesetz selbst: Lieber Kollege Jannach! Zu deiner Kritik: Ihr habt damals dem Klimaschutzgesetz nicht zugestimmt, weil die verbindlichen Sektorenziele gefehlt ha­ben und Gremien eingerichtet wurden. Im Klimaschutzbeirat haben wir als Parlamen-


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tarier die Möglichkeit, gemeinsam mit NGOs, Wissenschaftlern und Sozialpartnern die Sektorenziele zu erarbeiten. Jetzt haben wir – spät aber doch – den Anhang 2, in dem die verbindlichen Sektorenziele festgeschrieben sind. Es liegt jetzt an den Ländern, am Bund und an den einzelnen Sektoren, die vorgegebenen Ziele zu erfüllen.

Unser Ziel ist es, das Zwei-Grad-Ziel zu erreichen. Das heißt, dass der Anstieg der globalen Temperatur auf weniger als zwei Grad begrenzt wird. Das ist ein ambitionier­tes Ziel. Das ist ein Ziel, das nur gemeinsam in einer Art Weltinnenpolitik erreicht wer­den kann. Österreich leistet seinen Beitrag. Wir brauchen aber auch Bündnispartner auf internationaler Ebene.

Mit der heutigen Novelle machen wir einen weiteren Schritt im Bereich des Klimaschut­zes, den ich unterstütze. Ich gebe dem Herrn Minister aber mit auf den Weg, dass durchaus noch großer Handlungsbedarf besteht, um ambitionierte Klimaschutzper­spektiven für die Ziele bis 2050 zu entwickeln. (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordne­ten der ÖVP.)

19.02


Präsident Fritz Neugebauer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Mag. Widmann. – Bitte.

 


19.02.19

Abgeordneter Mag. Rainer Widmann (BZÖ): Herr Präsident! Hohes Haus! Das Kli­maschutzgesetz hat uns auch im Umweltausschuss sehr intensiv beschäftigt, und, Herr Minister, wir haben es dort mit vielen Argumenten, die bereits genannt worden sind, in­haltlich zerpflückt. Das Einzige, das jetzt konkretisiert worden ist, sind die sektoralen Höchstgrenzen bei den Treibhausgasemissionen. Das hat man jetzt festgelegt – das ist aber auch schon alles –, in der Anlage 2, das ist der Kern dieser Novelle. (Präsident Dr. Graf übernimmt wieder den Vorsitz.)

Die Generalkritik am Klimaschutzgesetz bleibt aber voll aufrecht: Es gibt keine klaren Verantwortlichkeiten. Das Einzige, das klar geregelt ist, Herr Umweltminister, ist, dass Sie als Umweltschutzminister die Verhandlungen für den Klimaschutz führen. No na – es fehlt noch, das im Gesetz hinzuzufügen. Das ist das Einzige, das klar geregelt ist. Es gibt keine klaren Zielvorgaben innerhalb der Sektoren: Wie? Bis wann? Welche Maßnahmen müssen erreicht werden? Das gibt es auch nicht. Und es gibt da auch keine Sanktionen, Herr Minister. (Abg. Neubauer: Ganz bewusst gibt es die nicht!) Wenn Bund und Land wieder streiten, wer was wo umzusetzen hat, dann kann ich mir gut vorstellen, was herauskommt: heiße Luft, und zwar gegen den Klimaschutz, aber mit Sicherheit keine entsprechende Reduktion von Treibhausgasen.

Diese Kritik bestätigt auch der Rechnungshof, wenn er meint, dass wir, wenn diese Verantwortlichkeiten fehlen, wie von 2008 bis 2012 wieder Zertifikate werden nach­kaufen müssen. Das war eine Kleinigkeit von 650 Millionen – so locker, die kaufen wir dann nach, wenn das nicht greifen wird. Das wird auch wieder der Fall sein.

Die Arbeiterkammer sagt generell – und das sollte sich die SPÖ hinter die Ohren schreiben –: Diese Reduktionsverpflichtungen wurden ohne sachliche Grundlage fest­gelegt. Ohne sachliche Grundlage – aha, das ist die Politik dieser Bundesregierung! Es geht noch weiter: Das BMVIT – die Frau Minister war vorhin hier – hat in der Stellung­nahme auch gesagt, dass es keine Akkordierung gab. – Reden Sie nicht miteinander? Dann kommt das Argument des Ministers: Na ja, es war ja im Ministerrat! – Ja, poli­tisch haben Sie es akkordiert, aber sachlich, fachlich haben Sie es nicht akkordiert. Das gilt es zu kritisieren, und das findet sich auch in vielen anderen Stellungnahmen.

Das Einzige, das wirklich wichtig wäre, anstatt sich mit zahnlosen Papiertigern abzuge­ben, die nie greifen werden, wäre, ordentliche Energiepolitik in diesem Land zu ma-


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chen. Das ist der beste Klimaschutz überhaupt. Aber auch dazu fehlt in vielen Be­reichen der Mut. Beispiel Ökostromausbau: Warum kann man nicht hergehen und die Ökostromförderung dahin gehend umbauen, dass man etwa im Bereich der Photo­voltaik sagt, dass jeder Häuselbauer auf seinem Hausdach eine Photovoltaikanlage für den eigenen Stromverbrauch installieren kann und dafür eine Förderung bekommt? Das soll für den Eigenverbrauch sein, anstatt große Photovoltaikfelder auf die grüne Wiese zu stellen, an denen sich auch noch einige wenige entsprechend durch die Ein­nahmen bereichern.

Ein ordentliches Energieeffizienzgesetz wird oder sollte demnächst hier verabschiedet werden. Was liegt denn vor? – Was hier vorliegt, ist kein Energieeffizienzgesetz, son­dern ein Nullgesetz. Das bringt überhaupt nichts. Im Gegenteil: Die Industrie fürchtet sogar entsprechend starke Standortnachteile, und dort, wo man etwas machen könnte, macht man nichts, dort gibt es nur reine Absichtserklärungen. (Beifall beim BZÖ.)

Im Bereich Verkehr wäre auch die gesamte Regierung gefordert: Stichwort E-Mobilität, Stichwort Ausbau des öffentlichen Verkehrs. Da geschieht ja auch nichts, da stecken Sie nach wie vor in den Kinderschuhen. Es fehlt etwa auch der Mut zum massiven Ausbau der Klein- und – ich sage das extra dazu – auch der Großwasserkraft. Es wird die Grünen ein bisschen reizen, wenn ich sage: Warum bauen wir Hainburg nicht? – Ja, bauen wir doch Hainburg! Damit retten wir letztlich auch die Au und den Au­hirschen, weil sie sonst die Donau eingraben wird. Das sind Dinge, die man wird disku­tieren müssen.

Oder: Was ist mit dem Leitungsausbau in Österreich? Wenn man Ökostromanlagen haben will, dann braucht man auch entsprechende Leitungen. Da hat man auch nicht den Mut, vor Landtagswahlen, etwa in Salzburg, entsprechende Entscheidungen durchzusetzen, obwohl die Gesetze vorliegen würden. Ich bin ja gespannt, ob mit die­ser komischen Jamaika-Koalition zwischen ÖVP, Grünen und Stronach etwas weiter­geht. Also ich gratuliere den Grünen jetzt schon dazu, dass sie sich mit dem Team Stronach ins Bett legen, und wünsche ihnen viel Erfolg.

Sie sehen, Herr Minister, es gäbe konkret viel zu tun, und Sie tun nichts. Daher werden wir das Klimaschutzgesetz als zahnlosen Papiertiger ablehnen. (Beifall beim BZÖ.)

19.06


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Als nächster Redner gelangt Herr Abgeordneter Ing. Windisch zu Wort. 2 Minuten Redezeit. – Bitte.

 


19.06.44

Abgeordneter Ing. Franz Windisch (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Bun­desminister! Das Klimaschutzgesetz ist ein Kernelement unserer Regierungsprogram­me im Bereich Umwelt. Es sieht eindeutig Reduktionen im CO2-Äquivalenzbereich mit dem klaren Ziel von minus 16 Prozent auf Basis des Jahres 2005 für die nächsten sieben Jahre vor. Klare Ziele wurden auch mit den einzelnen Ressorts verbindlich aus­gehandelt.

Zu aktuellen Ereignissen: Wer gestern das Gewitter über Wien erlebt hat, muss zuge­ben, dass wir selbstverständlich eine Klimaverschiebung haben – Hagel, Hitze, Dürre und dergleichen. Was man aber oft vergisst, ist, dass auch verstärkter Schädlingsdruck dabei ist. Denken wir an den Buchsbaumzünsler, der jetzt zum Beispiel in ganz Ost­österreich auftritt und alles zusammenfrisst. Ähnliches werden wir in Hinkunft mit dem Maiswurzelbohrer auch beim Mais haben, der natürlich auch durch die Klimaverschie­bung da ist. (Ruf beim BZÖ: Das ist ja so ein Blödsinn!)

Das Observatorium in Hawaii hat analysiert, dass die CO2-Anstiege extrem sind. Der „Kurier“ hat gestern geschrieben, die Klimadebatte sei unsexy. Das mag vielleicht sein,


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll203. Sitzung / Seite 205

aber trotzdem ist sie wichtig. Es ist ein Prozess, der über Jahrzehnte läuft und daher schleichend ist. Er ist sehr komplex und kompliziert, und oft sind sich auch die Wis­senschaftler nicht einig, aber auch – und das passt zur heutigen Debatte – der stän­dige Alarmismus, dieses Geschrei darüber stumpft ab. Ein Flugreisender will nicht per­manent als Klimaverbrecher hingestellt werden.

Heute in der Früh beim Kaffee ist mir fast das Kipferl im Mund stecken geblieben. Ich habe die „Ö3“-Werbung zur Umstellung auf Heizen mit Öl gehört. Heizen mit Heizöl, heizen mit gefärbtem Diesel ist meines Erachtens das Unintelligenteste, das man ma­chen kann, diese Wundersubstanz Diesel bloß zu verbrennen, bloß Energie, nämlich Wärme daraus zu schaffen. (Beifall bei Abgeordneten der ÖVP.)

Wir brauchen einen klaren Impuls für erneuerbare Energieformen, für die Biomasse, für die Sonne im Bereich der Hitze, der Wärme. Es gilt, Green Jobs zu schaffen, Einkom­men zu schaffen, krisenfeste Energieformen zu finden, Versorgungssicherheit herzu­stellen und damit letztendlich der Umwelt zu dienen. (Beifall bei der ÖVP.)

19.09


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Als nächster Redner gelangt Herr Abgeordneter Tad­ler zu Wort. 3 Minuten. – Bitte.

 


19.09.32

Abgeordneter Erich Tadler (STRONACH): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Bun­desminister! Hohes Haus! Klimaschutz ist ja schon lange kein Nischenthema mehr, das wissen wir seit der letzten Sondersitzung.

Herr Minister! Mit dieser Regierungsvorlage, mit der eine Aufteilung von Höchstmen­gen von Treibhausgasemissionen auf Sektoren vorgenommen wird, ist Ihnen kein gro­ßer Wurf gelungen. Offenbar will die EU hier genau kontrollieren. Österreich ist ja ver­pflichtet, die Treibhausgasemissionen in Sektoren, die nicht dem Emissionshandel un­terliegen, bis 2020 um 16 Prozent gegenüber 2005 zu reduzieren. Doch wie soll das wirklich möglich sein, meine sehr geehrten Damen und Herren?

Herr Minister, im Ausschuss sprachen Sie über die Sektorenaufteilung. Ich nehme es Ihnen ehrlich ab, dass es in den Bundesländern eine schwierige Aufgabe war. Sie sprachen von Dichtung und Wahrheit in den Bundesländern. Sie sprachen auch davon, wie Sie alle in das Boot geholt haben. Ich weiß nicht, wie es Ihnen dann gelungen ist, aber es macht den Anschein, als werde über die Bundesländer hinweg entschieden. Die diesbezüglichen Stellungnahmen der Länder – das haben wir ja schon gehört – sind eindeutig. Es wurde vonseiten der Länder wiederholt darauf hingewiesen, dass die Reduktionsziele in keinem Verhältnis zu den Verursacheranteilen stehen, gerade im Grenzbereich – das haben wir auch schon gehört –, wo der Tanktourismus floriert und rund 5 Millionen Tonnen zu veranschlagen sind.

Kollege Widmann hat auch schon gesagt, dass der Rechnungshof hurtig kritisiert hat, dass Sie keine klaren Ziele verfolgen. Die Arbeiterkammer sprach davon, dass alles ohne sachliche Grundlagen zustande gekommen sei. Die Stellungnahme – noch ein­mal – des BMVIT wiederum sprach davon, dass überhaupt nichts akkordiert wurde. – Kurz: ein großes Durcheinander mit Kompetenzmängeln. – Danke sehr. (Beifall beim Team Stronach.)

19.11


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Zu einer Stellungnahme hat sich Herr Bundesminis­ter Dipl.-Ing. Berlakovich zu Wort gemeldet. – Bitte.

 


19.11.45

Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft Dipl.-Ing. Nikolaus Berlakovich: Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr geehrten Da-


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men und Herren! Hohes Haus! Herr Abgeordneter, wenn nichts mit dem BMVIT akkor­diert wäre, können Sie davon ausgehen, dass das Gesetz nicht durch den Ministerrat gegangen wäre. So viel zu Ihren Aussagen, die sich in Luft auflösen, denn das wäre sonst nicht bis hierher ins Hohe Haus gekommen.

Der Klimawandel ist eindeutig eine Bedrohung, aber viele sehen das nicht so. In Sonn­tagsreden beschwören viele in Österreich und auch weltweit, wie wichtig der Klima­wandel ist. Allein, es geschieht zu wenig, sonst wären wir im Klimaschutz in Österreich und auch weltweit weiter. (Abg. Dr. Glawischnig-Piesczek: Selbsterkenntnis ist der erste Weg zur Besserung!) Das trifft auch auf Grüne zu und auf andere, die in ihrer Retropolitik noch immer nicht erkannt haben, dass Kyoto 2012 beendet wurde und wir uns jetzt weltweit in einer neuen Periode befinden.

Die internationalen Klimaschutzverhandlungen sind eine zähe Angelegenheit. Die UNO bemüht sich seit langem, 195 Mitgliedsländer ins Boot zu bekommen. Die Europäische Union und auch Österreich sind die, die als Vorreiter gelten. Ohne Übertreibung ge­sagt, die Entwicklungsländer sehen uns als solche, weil wir die Einzigen sind – der Kontinent, die Europäische Union –, die Klimaschutzziele bis 2020 haben. Viele andere haben das nicht.

Auch viele Industriestaaten außerhalb der Europäischen Union verabschieden sich von verbindlichen Zielen. So bleiben wir als Gemeinschaft und viele Entwicklungsländer, die auf uns setzen. Die großen Player wie China, wie Indien, wie die USA, wie Russ­land haben keinerlei Verpflichtungen. Trotzdem wurde international erreicht, dass es bis 2015 einen Klimaschutzvertrag geben soll, der 2020 in Rechtskraft tritt. Die Ver­handlungen sind eindeutig sehr zäh, das ist ja unbestritten. Viele leisten dort Wider­stand. Aber es gibt keine Alternative dazu.

Auch in Österreich gibt es viele, die den Kopf in den Sand stecken und sagen: Ein Ge­witter da, eine Überschwemmung dort, so schlimm wird das alles ohnehin nicht. Es ist aber nicht so. Wir müssen handeln, und wir können damit auch Österreich verändern. Und wir haben auch Erfolge: Es ist im Vorjahr erstmals gelungen, dass sich das Wirt­schaftswachstum vom Energieverbrauch entkoppelt hat. Genau dort müssen wir hin, dass wir nicht Wirtschaftswachstum und gleichzeitig steigenden Energieverbrauch ha­ben. Das ist gelungen. Das heißt, wir sind auf einem richtigen Weg.

Wir sind auch beim Umbau unseres Energiesystems positiv unterwegs. Mit einem An­teil von 31 Prozent an erneuerbarer Energie im Gesamtenergiemix sind wir an vierter Stelle in der Europäischen Union. Wir unterstützen auch viele Länder. Das ist nicht selbstverständlich. Gerade wenn jetzt die Staats- und Regierungschefs zusammensit­zen, dann wird dort diskutiert: Für 2020 haben wir die EU-Klima- und -Energieziele. Wie geht es 2030 weiter? – Da gibt es viele Staaten, die sagen: Ja, ein Klimaschutzziel sollten wir haben, aber ein erneuerbares Ausbauziel brauchen wir nicht.

Viele Länder sagen: Wir brauchen Energie, wir brauchen billige Energie, und die könn­ten wir erreichen, indem wir auf Atomkraft setzen. Sie wollen Technologieneutralität, was heißt, dass erneuerbare Energie der Atomkraft gleichgesetzt würde. Dann kann auch die Atomkraft mit staatlichen Mitteln gefördert werden. Ich habe mich dagegen ausgesprochen, Energieminister Mitterlehner hat sich auf unserem gemeinsamen infor­mellen Rat in Irland dagegen ausgesprochen, und Österreich spricht sich insgesamt dagegen aus. Aber in Europa spielt sich vieles anderes ab, und Österreich ist an der Spitze jener Staaten, die gegen die Atomkraft auftreten und für die erneuerbare Ener­gie. Aber dieser Kampf wird schwieriger und aufwendiger. Wir bleiben aber trotzdem dran. (Beifall bei der ÖVP.)

So ist auch das Klimaschutzgesetz hier zu verstehen. Wir sind nach Großbritannien der zweite Staat in der Europäischen Union, der überhaupt ein Klimaschutzgesetz hat.


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Warum ist das entstanden? – Weil eben in Österreich viele den Klimaschutz nicht ernst genommen haben, verschiedene auf Bundesebene, verschiedene Sektoren, aber auch in den Bundesländern. Mir war es ein großes Anliegen, alle ins Boot zu bekommen, die Bundesstellen und auch die Bundesländer, was auch gelungen ist. Wir haben 2011 das Klimaschutzgesetz beschlossen. Es war wichtig, dass alle erstmals verbindlich für den Klimaschutz sind und gemeinsam in eine Richtung arbeiten. (Abg. Mag. Brunner: Es ist ja nicht verbindlich!)

Seit dem Jahr 2005 sinken die Treibhausgasemissionen. Natürlich kann man sich her­stellen und sagen: Ein Gesetz spart kein Kilo CO2. Das ist lächerliche Polemik. Die Treibhausgasemissionen sinken. Sie müssten stärker sinken, zugegeben, aber trotz­dem ist die Tendenz bis auf ein Jahr, in dem der Wirtschaftsaufschwung da war, so, dass die Treibhausgasemissionen sinken.

2012 wurde Kyoto beendet. Jetzt sind wir in einer neuen Periode. Sie können sich in der parteipolitischen Polemik weiterhin dabei aufhalten: Kyoto, und man hätte, und was war denn da nicht alles! Wir ziehen die Konsequenzen daraus und sind jetzt, ab 2013, in einer neuen Klimaschutzperiode, die bis 2020 geht – EU-Klima- und -Energieziele. Das klare Ziel Österreichs ist, dass wir vorne im Klimaschutz mitspielen, dass wir zu den Ländern gehören, die vorne dabei sind beim Klimaschutz in Europa. Das werden wir auch machen. Insofern sind wir auch für Ziele bis 2030.

Bei diesem Klimaschutzgesetz, bei dieser Novelle war entscheidend – und das war die große Aufgabe –, dass erstmals die Sektoren Verantwortung übernehmen. Der Ver­kehr, die Energie und Wirtschaft, die Landwirtschaft, die Abfallwirtschaft, die Raumwär­me – die Sektoren übernehmen Verantwortung und nicht ein einzelnes Ministerium. Das ist auch richtig, weil es ein gesamtgesellschaftliches Anliegen ist. Die Sektoren ha­ben Reduktionspfade, und der Unterschied zur Kyoto-Periode ist, dass diesmal jährlich abgerechnet wird und nicht am Ende der Periode. 2013, 2014, 2015 und Folgende werden die Klimaschutzziele abgerechnet. Daher war es so wichtig, dass wir Sekto­renziele verankern. Jeder Sektor – der Verkehr, die Wirtschaft – soll zeigen, wie sehr er die 2020-Treibhausgasziele erfüllt. Das war der erste Punkt.

Der zweite Punkt: Maßnahmen. Ich halte es nicht für sinnvoll, dass man Maßnahmen in Gesetzen festschreibt. Wenn neue Technologien auftreten, muss man Gesetze no­vellieren. Wir haben uns mit den Bundesländern auf einen Maßnahmenkatalog geei­nigt. Gemeinsam mit den Bundesländern wurde ein Maßnahmenkatalog für die einzel­nen Sektoren erarbeitet, wie Treibhausgase zu reduzieren sind. Das Besondere an die­sem Maßnahmenpaket ist, dass es bereits im nächsten Jahr dahin gehend evaluiert, also bewertet wird, ob die Maßnahmen im Verkehr, in der Wirtschaft, im Gebäude­bereich und so weiter wirklich die Ziele erreichen oder ob man sie verschärfen muss. Das müssen Sie sehen, bevor Sie sich hier herstellen und alles in Grund und Boden reden. Das ist Ihr gutes Recht, aber es ist trotzdem falsch, denn wir haben etwas er­reicht.

Das Nächste ist der Klimaschutz-Verantwortlichkeitsmechanismus: Bund und Länder haben vereinbart, dass es, wenn wir die Ziele nicht erreichen, eine Kostentragung gibt. Was jetzt noch läuft, ist, dass die Bundesländer das im Rahmen des Finanzausgleichs debattieren wollen. Sie müssen aber auf jeden Fall ihre Verantwortung übernehmen.

Ich muss schon etwas dazu sagen, dass hier einige Vertreter der Opposition beklagen, dass es diverse Gremien gibt. Erstens sind der Klimaschutzbeirat und das Klima­schutzkomitee so organisiert worden, dass die Parlamentsparteien drinnen sind. Es wäre auch nicht schlecht, wenn Sie einmal kommen würden, denn Sie waren in vielen Fällen gar nie dabei. Es waren Vertreter der SPÖ, der ÖVP und der Grünen dabei, aber von anderen Parteien hat man wenig gesehen. Sich hier herzustellen und groß


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über den Klimaschutz zu schimpfen, aber nicht zu den Sitzungen zu kommen, ist eine dünne Vorstellung. Die Sozialpartner und Bundesländervertreter sind dabei, damit man gemeinsam Strategien entwickelt. Daher sind diese Dinge sehr wohl abgestimmt. Wenn man nicht dabei ist, kann man nichts abstimmen, aber dann muss man das zur Kenntnis nehmen, was andere entscheiden.

Wir haben entschieden und gesagt, dass wir diese Maßnahmenpakete machen. Klar ist, dass wir unsere Klimaschutzziele erreichen müssen – nicht um der Ziele willen, sondern weil es wichtig ist, um Lebensqualität abzusichern und gleichzeitig Österreich nachhaltig in Richtung einer Wirtschaft zu verändern, die kohlenstoffarm ist, die Treib­hausgase reduziert und damit auch neue Arbeitsplätze, Green Jobs, nachhaltige Ar­beitsplätze schafft, für die Ökologie. Herzlichen Dank für die Mitarbeit allen, die sich hier positiv eingebracht haben. (Beifall bei der ÖVP.)

19.19


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Als vorläufig letzter Redner zu diesem Tagesord­nungspunkt ist Herr Abgeordneter Dr. Pirklhuber zu Wort gemeldet. 3 Minuten Rede­zeit. – Bitte.

 


19.20.01

Abgeordneter Dipl.-Ing. Dr. Wolfgang Pirklhuber (Grüne): Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Herr Bundesminister! Bevor ich auf Ihre Ausführungen eingehe, möchte ich bei der Rede meiner Umweltsprecherin Christiane Brunner anknüpfen, sie hat das nämlich wirklich sehr klar auf den Punkt gebracht: Klimaschutz und Klima­schutzmaßnahmen sind die große Herausforderung des 21. Jahrhunderts. Wenn ich mich an die heutige Rede von Bundesminister Mitterlehner erinnere, dann war die zu­mindest in Bezug auf die Exportchancen der grünen Technologien weitaus ambitionier­ter als Ihre Eigenanalyse. Bei Ihrer eigenen Analyse haben Sie, Herr Bundesminister Berlakovich, eines klargemacht – ein gewisser Teil an Selbsterkenntnis ist offensicht­lich durchgesickert –, Sie haben gesagt, es passiert zu viel an Retro-Politik. Sie haben recht.

Diese Retro-Politik ist aber jene, die Sie mit zu verantworten haben. (Bundesminister Dipl.-Ing. Berlakovich: Ja, früher, das ist die Vergangenheit!) – Sie sind nicht erst seit gestern im Amt. Sie reden von der Vergangenheit, die aktuelle Klimaschutzpolitik, Herr Bundesminister, vor dem Hintergrund dieses Dilemmas des Nichterreichens von Kyoto-Zielen und gekennzeichnet durch Verschleppung, ist einfach skandalös! So geht es nicht, meine Damen und Herren!

Herr Bundesminister, wenn Sie jetzt schönreden wollen, dass es sektorale Ziele gibt, dann stimme ich Ihnen zu, diese sind notwendig und richtig. Aber schauen wir uns an, was in den Zielen enthalten ist. Die Ziele gehen über die derzeitigen Treibhausgas­emissionen hinaus. Für den Sektor Industrie zum Beispiel sind es im Jahr 2011 6,1 Mil­lionen Tonnen CO2 gewesen. Für 2020 sind 6,5 Millionen Tonnen vorgesehen. Das sind 400 000 Tonnen mehr. Für den Verkehr ist im Vergleich zu 1990 sogar ein Zu­wachs um 66 Prozent vorgesehen. Und Sie reden von ambitionierten Zielen!

Meine Damen und Herren, das ist sicher nicht ambitioniert, und das muss man einmal festhalten. Das ist ein Teil der grünen Kritik, weil es eben andere, ambitioniertere Ziele gibt, auch was die Transparenz des Prozesses betrifft. Nordrhein-Westfalen stellt sämt­liche Arbeitsprotokolle in das öffentliche Netz. Jeder Bürger, jede Bürgerin kann sich aktiv an diesem Prozess beteiligen. Wir, die Parteien, sind zwar im Klimaschutzbeirat, aber nicht im Komitee, Herr Bundesminister! Und zur Transparenz der Prozesse: Was mit unseren Anträgen passiert, ist nicht nachvollziehbar.

Also Sie sehen: Wenn Sie ernst genommen werden wollen, müssen Sie in allen Be­reichen Ihrer Politik für mehr Transparenz, für mehr Öffentlichkeit sorgen und für jenen


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Diskussionsprozess, den sich die Bürgerinnen und Bürger in diesem Land erwarten und den sie auch verdient haben.

Meine Damen und Herren, daher geht es darum, wirklich ein Umweltministerium zu entwickeln und überhaupt einmal auf den Weg zu bringen, das die Ziele einer Bür­gerInnenbeteiligung und eines gesellschaftlichen Aufbruchs in diesem Land organisiert. Hier knüpfe ich noch einmal an die Umweltsprecherin der Grünen, Christiane Brunner, an, die darauf hinweist – und das nicht erst seit heute oder seit gestern macht, wie manche Vorredner –, dass wir ein eigenständiges Umweltministerium brauchen. Chris­tiane Brunner macht das schon seit einigen Jahren, und sie hat völlig recht: Wir brau­chen ein eigenständiges Umweltministerium, und wir werden es auch bekommen, Herr Bundesminister, früher, als Sie glauben. – Danke schön. (Beifall bei den Grünen.)

19.23


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Zu einer weiteren Stellungnahme hat sich Herr Bun­desminister Berlakovich zu Wort gemeldet. – Bitte.

 


19.23.11

Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft Dipl.-Ing. Nikolaus Berlakovich: Herr Abgeordneter Pirklhuber, ich wünsche Ihnen viel Glück dabei.

Um Ihre Aussagen zum Jahr 2011 hier klarzustellen, bitte schauen Sie sich an, wie die Wahrheit ist (der Redner zeigt eine Grafik): Bei den EU-Klima- und -Energiezielen, die wir gemeinsam als Europäische Union eingegangen sind und jeder einzelne Mitglied­staat, ist nicht das Jahr 2011, von dem Sie hier fabulieren, entscheidend, sondern die Jahre 2008 bis 2010. 2008, 2009 und 2010 werden im Durchschnitt genommen, und das ist dann der Basisbezug dafür, wie der Reduktionspfad aussieht. Der ist hier einge­zeichnet. Es müssen alle Sektoren reduzieren, und so geht es hinunter.

Also erzählen Sie da nicht irgendwelche Schauermärchen! (Beifall bei der ÖVP. – Abg. Mag. Brunner: Das war ja nicht die Aussage!)

19.24

19.23.20

 


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Zu Wort ist dazu niemand mehr gemeldet. Ich schließe daher die Debatte.

Wünscht der Herr Berichterstatter ein Schlusswort? – Das ist nicht der Fall.

Wir gelangen zur Abstimmung über den Gesetzentwurf samt Titel und Eingang in 2295 der Beilagen.

Ich ersuche jene Damen und Herren, die für diesen Gesetzentwurf sind, um ein Zei­chen der Zustimmung. – Das ist mit Mehrheit angenommen.

Wir kommen sogleich zur dritten Lesung.

Ich ersuche jene Damen und Herren, die dem vorliegenden Gesetzentwurf auch in drit­ter Lesung ihre Zustimmung erteilen, um ein diesbezügliches Zeichen. – Auch das ist die Mehrheit. Der Gesetzentwurf ist somit auch in dritter Lesung angenommen. (Abg. Dr. Glawischnig-Piesczek: Überschriftengesetz!)

19.24.4716. Punkt

Bericht des Umweltausschusses über die Regierungsvorlage (2252 d.B.): Bun­desgesetz, mit dem das Umweltverträglichkeitsprüfungsgesetz 2000 geändert und das Bundesgesetz über den Umweltsenat aufgehoben wird (2314 d.B.)


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll203. Sitzung / Seite 210

17. Punkt

Bericht des Umweltausschusses über die Regierungsvorlage (2290 d.B.): Bun­desgesetz, mit dem das Emissionszertifikategesetz 2011, das Bundesluftreinhal­tegesetz, das Umweltinformationsgesetz, das Bundes-Umwelthaftungsgesetz, das Chemikaliengesetz 1996, das Altlastensanierungsgesetz, das Abfallwirt­schaftsgesetz 2002 und das Wasserrechtsgesetz 1959 geändert werden (Verwal­tungsgerichtsbarkeits-Anpassungsgesetz – Umwelt, Abfall, Wasser) (2315 d.B.)

18. Punkt

Bericht des Umweltausschusses über die Regierungsvorlage (2292 d.B.): Bun­desgesetz mit dem das Umweltförderungsgesetz, das Emissionszertifikatege­setz 2011, das Wasserbautenförderungsgesetz 1985, das Umweltmanagementge­setz und das Wasserrechtsgesetz 1959 geändert werden (Umweltrechtsanpas­sungsgesetz 2013) (2316 d.B.)

19. Punkt

Bericht des Umweltausschusses über die Regierungsvorlage (2293 d.B.): Bun­desgesetz, mit dem das Abfallwirtschaftsgesetz 2002 (AWG-Novelle Industrie­emissionen) und das Altlastensanierungsgesetz geändert werden (2317 d.B.)

 


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Wir gelangen nun zu den Punkten 16 bis 19 der Ta­gesordnung, über welche die Debatte unter einem durchgeführt wird.

Zum Vorbringen einer Druckfehlerberichtigung zu Punkt 17 erteile ich dem Berichter­statter, Herrn Abgeordnetem Ing. Schultes, das Wort. – Bitte. (Abg. Mag. Brunner: Aha, ist ein Fehler passiert?)

 


19.25.52

Berichterstatter Ing. Hermann Schultes: Sehr geehrter Herr Präsident! Hohes Haus! Ich bringe folgende Druckfehlerberichtigung zum Bericht des Umweltausschusses über die Regierungsvorlage Verwaltungsgerichtsbarkeits-Anpassungsgesetz – Umwelt, Ab­fall, Wasser in 2315 der Beilagen vor:

„Zum Berichterstatter für das Plenum wurde Abgeordneter Ing. Hermann Schultes ge­wählt.“ – Danke schön. (Abg. Mag. Gaßner: Und wo war jetzt der Fehler?)

 


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Auf eine mündliche Berichterstattung zu den weite­ren Punkten wurde verzichtet.

Zu Wort gemeldet hat sich Herr Abgeordneter Neubauer. 4 Minuten Redezeit. – Bitte.

 


19.26.38

Abgeordneter Werner Neubauer (FPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Bundesminister! Ja, Herr Bundesminister Berlakovich, fünf Jahre Umweltschutz zum Thema Umwelt, Wasser, Klima haben Sie nun hinter sich. Eigentlich müsste man nach fünf Jahren das Resümee ziehen, nicht Sie schützen die Umwelt und das Klima und das Wasser, sondern die Umwelt, das Klima und das Wasser müssten eigentlich vor Ihnen geschützt werden. (Demonstrativer Beifall bei Grünen und BZÖ. – Abg. Dr. Glawischnig-Piesczek: Genau!)

Sie haben in den letzten fünf Jahren wirklich ganz eindeutig versagt und Sie haben nichts zuwege gebracht. Und wenn Sie hier von einer Retropolitik sprechen, dann kön­nen Sie ja nur sich selbst meinen. Denn angesichts dessen, was Sie bis jetzt geleistet haben – und da rede ich noch gar nicht von den armen Bienen, die Sie millionenfach auf dem Gewissen haben –, ist es wirklich unglaublich, sich hier herzustellen und alle


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anderen zu kritisieren, ohne auch nur einmal zu sagen, jawohl, hier hätten wir wirklich mehr weiterbringen können. (Beifall bei der FPÖ sowie der Abg. Dr. Glawischnig-Piesczek.)

Bei den Tagesordnungspunkten, die wir heute hier zu behandeln haben, gibt es einige Punkte – wie das Umweltverträglichkeitsprüfungsgesetz –, bei denen wir der Meinung sind, hier haben wir das typische Phänomen einer österreichischen Bundesregierung. Einerseits handelt sie bei Umweltverträglichkeitsprüfungen, wenn es um grenznahe Atomkraftwerke und grenznahe Atomrestmülllager, um Erweiterungen von Atomkraft­werken geht, seit über zehn Jahren überhaupt nicht. Da ist der Regierung auch keine Ausrede zu schade, um irgendwelche Erklärungen gegenüber unseren Nachbarn ab­zugeben, warum man hier eigentlich nichts machen kann.

Gleichzeitig haben wir hier einen Antrag auf Änderung des UVP-Gesetzes, wo es da­rum geht, dass wir für einen Industriestandort nach unserer Rechtsansicht und dem Rechtsstandpunkt sehr vieler eigentlich das gelindeste Mittel anwenden müssten, was hier komplett negiert wird. Wir haben in der Gewerbeordnung zahlreiche Bestimmun­gen, die hier angewendet werden hätten können, wie etwa in § 74 der Gewerbeord­nung, ebenso wie in den §§ 77, 79 und 81.

All diese Paragraphen hätte man hier einarbeiten können, um gleichzeitig zu verhin­dern, dass zum Beispiel grenzüberschreitende Schigebiete wie in Oberösterreich durch diese Änderung in der Zukunft massiv gefährdet sind. Wir werden mit dieser heutigen Beschlusslage dieses Schigebiet am Hochficht grenzüberschreitend mit Tschechien nicht verwirklichen können. Das gebe ich Ihnen für diese Beschlussfassung mit auf Ih­ren Weg.

Wir haben gerade vor wenigen Minuten noch einen Abänderungsantrag hereinbekom­men, laut dem – man höre und staune – Altanlagen, die nach dem Wasserrechtsgesetz bis 2015 hätten saniert werden müssen, plötzlich eine Verlängerung bis 2021 – also um sage und schreibe sechs Jahre – erhalten sollen, die aber jetzt bereits massiv die Umwelt gefährden.

Wir als Freiheitliche werden so einer Vorlage nicht unsere Zustimmung geben, sehr ge­ehrter Herr Bundesminister Berlakovich. (Beifall bei der FPÖ.)

Eine kurze Anmerkung darf ich mir noch zur heutigen EU-Sitzung erlauben. Also wenn man hier aus Österreich verfolgt, was in Brüssel oder in Straßburg passiert, dann kann man wirklich nur mehr den Kopf schütteln. In einer Zeit, in der nach Tschernobyl und Fukushima die ganze Welt aufgeschrien hat und man gehofft hat, dass die Menschen zur Vernunft kommen, in einer Zeit, in der Deutschland auf Alternativenergien um­rüstet, dreht die EU den Hahn zu, unterstützt die Atomlobby, will in Zukunft den Bau von Atomkraftwerken wieder subventionieren und gleichzeitig den Freibrief für Schie­fergasabbau geben.

Das ist eine Entwicklung, meine sehr geehrten Damen und Herren, da hätte ich mir in Europa von österreichischen Umweltpolitikern härtere Worte erwartet als die, die heute in Brüssel gefallen sind. Das war mir ganz ehrlich zu wenig. (Beifall bei der FPÖ.)

Wenn Sie beim letzten Tagesordnungspunkt der Umweltagenden sagen, dass das Emissionszertifikategesetz geändert wird, so ist mir auch das zu wenig. Und wenn Sie sagen, dass die oberösterreichische Umweltanwaltschaft sogar massiv die Verfas­sungsrechtlichkeit bei dieser Gesetzesvorlage einmahnt, dann können Sie mit der Zustimmung der Freiheitlichen nicht rechnen. (Beifall bei der FPÖ sowie der Abg. Dr. Glawischnig-Piesczek.)


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll203. Sitzung / Seite 212

19.31


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Als nächster Redner zu Wort gelangt Herr Abgeord­neter Ing. Schultes. 4 Minuten. – Bitte.

 


19.31.54

Abgeordneter Ing. Hermann Schultes (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine geschätzten Kolleginnen und Kollegen hier im Hohen Haus! Wenn wir heute das Umweltverträglichkeitsprüfungsgesetz diskutieren, dann deswe­gen, weil eine besondere Maßnahme notwendig ist. Durch die Einführung der Bundes­verwaltungsgerichtshöfe hat eine Institution, die wir im Umweltbereich schon sehr lan­ge hatten, nämlich der Umweltsenat, ihre Notwendigkeit verloren und ist in die neuen Bundesverwaltungsgerichte überzuführen.

Der Umweltsenat selbst war zu seiner Zeit als Provisorium geplant – und hat sich of­fensichtlich als Berufungsinstanz bewährt. Der Umweltsenat hat seine Arbeit gut ge­macht und wurde deswegen auch bis zum heutigen Tag weiterentwickelt. Im Umwelt­senat sind Richter nicht hauptamtlich, sondern im Rahmen einer Nebenbeschäftigung als Richter tätig und haben ganz offensichtlich die Dinge gut weiterentwickelt. Die Ver­fahrensdauern wurden immer kürzer, die Zusammenarbeit mit den Projektbetreibern immer besser, und letztendlich wurde der rechtliche Hintergrund ordentlich weiterent­wickelt.

Ich will mich daher an dieser Stelle ganz besonders bei allen bedanken, die in diesen vielen Jahren diesen Umweltsenat weiterentwickelt, gestaltet und durch ihre persönli­che Arbeitskraft auch umgesetzt haben. Da ist gute Arbeit geleistet worden; viele or­dentliche Umweltverträglichkeitsprüfungen konnten abgewickelt werden. Ein Danke an all die Damen und Herren. – Ich freue mich über den Applaus des Hohen Hauses für diese Menschen. (Beifall bei der ÖVP. – Heiterkeit bei FPÖ, SPÖ und Grünen über den erst verzögert erfolgten Beifall.)

Kolleginnen und Kollegen, genau das ist der spannende Punkt: Umweltarbeit und Um­weltpolitik in unserem Land haben viel mit Arbeit, mit Schweiß zu tun und haben damit zu tun, dass Menschen ihre Projekte sehr, sehr ordentlich entwickeln und abwickeln.

Für euch von den Grünen – jetzt sind schon zwei, drei mehr im Saal als vorher – ist Umweltpolitik das große Spektakel, die Show (Zwischenruf der Abg. Mag. Brunner) und der tägliche Anlass, um mehr Gesetze, mehr Verordnungen, mehr Verbote zu ver­langen. Für uns ist Umweltpolitik das, was mit Hausverstand und Augenmaß umge­setzt werden kann, das, was letztendlich in der wirklichen Welt der Menschen die täg­liche Umweltsituation verbessert. (Zwischenruf des Abg. Dr. Pirklhuber.) Und das ist mehr wert als ein billiges Lachen, das ist ein ordentliches Dankeschön an die wert, die sich wirklich darum bemühen. (Beifall und Bravorufe bei der ÖVP.)

Meine Damen und Herren, wir haben in der Geschichte dieser Umweltverträglichkeits­prüfung einiges gelernt. Wir haben gelernt, wie wir die verschiedenen Themenbereiche ordentlich abhandeln. Ich kann gerade zum Thema Wasser sagen: Hier wissen wir, wie wir mit großen Projekten umgehen, wir wissen, wie wir mit der Wasserrahmenrichtlinie umgehen, wir können den Fortschritt in der Gewässergüte tatsächlich überall sehen und messen und gleichzeitig die Wertschöpfung aus der Nutzung des kostbaren Was­sers erhöhen. Und das ist eine wichtige Geschichte: wirtschaften, wertschöpfen und schützen. Das ist es, was wir umsetzen müssen.

Mein Vorredner, der Kollege von der Freiheitlichen Partei, hat sich aufgeregt, weil ein Abänderungsantrag kommen wird, der Anlagen, die schon länger in Betrieb sind, mit einer längeren Betriebsgenehmigung weiter zulassen wird. Wissen Sie, worum es da geht? Da geht es um Klein- und Hauskläranlagen von Privatpersonen, die diese – rechtlich ordentlich abgehandelt – vor Jahren errichtet haben. Die Anlage funktioniert heute noch, und der Besitzer müsste sie, wenn er sie auf einen hohen Standard brin­gen wollte, um viel Geld umbauen. Vielleicht ist in der Gemeinde gerade ein Kanalpro­jekt in Ausarbeitung, aber ihr Freiheitlichen wollt die kleinen Leute mit der Umweltpolitik


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sekkieren. Herzlichen Gruß an die Freiheitliche Partei, so schaut euer wahres Gesicht aus!

Meine Damen und Herren! Ich freue mich sehr, dass wir bei der Umweltverträglich­keitsprüfung weiterkommen. Ich freue mich sehr, dass das Bundesverwaltungsgericht eingerichtet wird, und ich wünsche diesem wichtigen Gerichtskörper eine gute Überlei­tung, eine gute Arbeit und letztendlich einen guten Dienst für Österreich, denn wir brau­chen das Berufungsrecht für die Bürger, für die Bürgergesellschaft und für all jene, die legale Einwände einzubringen haben, wenn ein Projekt betrieben wird. Denn nur mit guter Prüfung können gute Projekte dauerhaft verwirklicht werden. – Danke schön. (Beifall bei der ÖVP.)

19.36


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Als nächste Rednerin zu Wort gelangt Frau Abge­ordnete Mag. Brunner. 6 Minuten Redezeit. – Bitte.

 


19.36.24

Abgeordnete Mag. Christiane Brunner (Grüne): Herr Präsident! Herr Minister! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Sehr geehrte Zuseherinnen und Zuseher, so Sie uns von zu Hause aus noch zuschauen! Zugänge zur Umweltpolitik wurden angespro­chen. Herr Kollege Schultes, in diesen Tagesordnungspunkten werden 15 Gesetzes­materien behandelt. Sie haben jetzt eine angesprochen, nämlich das UVP-Gesetz, das sehr wichtig ist, gerade wenn es darum geht, welchen Zugang man zur Umweltpolitik hat.

Dieses Gesetz regelt Beteiligungsmöglichkeiten und die Prüfung von Anlagen auf ihre Umweltverträglichkeit hin. Ich finde, genau darum geht es: Prüfung auf Umweltverträg­lichkeit – es darf nur das passieren, was wirklich umweltverträglich ist – und Beteili­gungsmöglichkeiten für die Menschen, die sich in ihrer Freizeit, mit ihrem eigenen Geld ehrenamtlich für die Umwelt engagieren – egal, ob in NGOs, ob in BürgerInneninitia­tiven oder ganz einfach als AnrainerIn. Gott sei Dank gibt es davon sehr, sehr viele in Österreich – nicht in der Regierung, aber in Österreich –, und ich möchte mich hier bei all diesen Menschen bedanken, denn dieses Engagement ist bitter nötig. (Beifall bei den Grünen.)

Welchen Zugang man zur Umweltpolitik hat, zeigt sich auch daran, was man in dieses Gesetz hineinschreibt. Wenn man nämlich einen ordentlichen Zugang hat, dann unter­stützt man diese Menschen, die sich für die Umwelt engagieren. Ich glaube, man kann den Zugang zur Umweltpolitik auch daran messen, mit welchen Interessenvertretungen man zusammenarbeitet – ob vielleicht mit Umwelt-NGOs und Bürgerinitiativen oder vielleicht mit der Industriellenvereinigung und diversen Chemielobbys. (Abg. Ing. Schul­tes: Die einen arbeiten, die anderen stehen herum!)

Ich glaube, es ist in Österreich mittlerweile sehr klar, wie hier die Rollen verteilt sind, und die Bürgerinnen und Bürger können sich mittlerweile, glaube ich, ein sehr gutes Bild machen. (Beifall bei den Grünen.)

Als Vorsitzende des Umweltausschusses ist es mir aber auch ein Anliegen, hier zu the­matisieren – ich habe es schon gesagt –, dass in diesen drei Tagesordnungspunkten 15 Gesetzesmaterien behandelt werden. (Abg. Mag. Josef Auer: Vier Tagesordnungs­punkte!) Ich finde, das zeigt den Umgang der Regierung mit der Umweltpolitik.

Wir hatten in den vergangenen Umweltausschüssen in dieser Periode vielleicht ein, zwei Regierungsvorlagen – wenn überhaupt – auf der Tagesordnung. Demgegenüber standen unzählige Anträge der Opposition. Jetzt, im letzten Ausschuss – die Legisla­turperiode geht dem Ende zu – sind über 20 Regierungsvorlagen durchgewunken worden und sollen auch heute hier durchgewunken werden. Eine seriöse, kontinuierli­che Umweltarbeit stelle ich mir anders vor.


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll203. Sitzung / Seite 214

Es ist jetzt hier leider in der kurzen Debatte am Ende der Tagesordnung auch nicht möglich, auf all diese Gesetzesmaterien einzugehen, so wie sie es verdienen würden und wie es auch notwendig wäre. Es wird immer gesagt: Na ja, da ist es ohnehin nur um ein paar Anpassungen, was die Verwaltungsgerichtsbarkeit angeht, gegangen. Ja, natürlich sind es Anpassungen. Wenn man es sich aber genauer anschaut – und das haben wir, trotz der Fülle und trotz der Kürze der Zeit, natürlich gemacht, wie wir das immer machen, und nicht nur im Umweltbereich, sondern in allen anderen Bereichen auch –, dann findet man doch Änderungen, die, gerade was die BürgerInnenbeteili­gung und die Umweltinteressen angeht, sehr negativ sind.

Ich werde jetzt auf ein paar „Highlights“ im negativen Sinne eingehen. Das erste ist das UVP-Gesetz, das schon angesprochen wurde. Die Partizipationsmöglichkeiten für Bür­gerInnen haben sich überhaupt nicht verbessert, im Gegenteil: Sie haben sich ver­schlechtert, vor allem, was das Feststellungsverfahren angeht. (Abg. Ing. Schultes: Stimmt ja nicht!) Da hier UVP-Gesetze aus anderen Ländern angesprochen wurden: Auch das österreichische Umweltverträglichkeitsprüfungsgesetz ist nicht EU-konform. (Neuerlicher Zwischenruf des Abg. Ing. Schultes.)

Es wird in dem UVP-Gesetz das Fortbetriebsrecht eingeführt oder beibehalten, von dem ich finde, dass das mit Rechtsstaatlichkeit überhaupt nichts mehr zu tun hat. Darin ist geregelt, dass zum Beispiel, wenn der Verwaltungsgerichtshof bei einem großen Straßenprojekt einen Bescheid aufhebt – also keine gültige Baugenehmigung mehr vorliegt –, der Bau trotzdem bis zu einem Jahr lang fortgeführt werden darf. Wo ist da der Rechtsstaat? (Abg. Ing. Schultes: Was hätten Sie gerne?) – Wenn es keinen Be­scheid gibt, dann darf nicht gebaut werden! Das gilt für jeden Häuslbauer, und das muss für Straßenprojekte auch gelten! (Beifall bei den Grünen.)

Es ist in diesem Gesetz kein Energieeffizienzgebot vorgesehen. Es ist nicht vorgese­hen, dass Energieeffizienz ein Genehmigungskriterium für Anlagen sein muss. Da fra­ge ich mich: Weiß in dieser Regierung die rechte Hand noch, was die linke tut? Bun­desminister Mitterlehner macht ein Energieeffizienzgesetz, im Umweltverträglichkeits­prüfungsgesetz von Minister Berlakovich kommt das nicht einmal vor. Also frage ich mich, wie hier der Zugang zu Umwelt- und Energiepolitik ist.

Zum Wasserrechtsgesetz. Ein sehr aktuelles Beispiel: An der Schwarzen Sulm finden gerade Demonstrationen statt, weil dort die Bagger auffahren, um einen der wert­vollsten Naturräume, die wir überhaupt noch haben, zu zerstören. Mit dieser Novelle hätten wir die Möglichkeit gehabt, dem Einhalt zu gebieten, nämlich indem man das wasserwirtschaftliche Planungsorgan – das bereits eine erfolgreiche Berufung einge­legt hatte, die dann aber zurückgewiesen wurde, da das Organ nicht weisungsfrei ist – weisungsfrei gestellt hätte. Damit hätten wir hier die Möglichkeit, tatsächlich Umwelt­schutz zu betreiben.

Zum § 53 Wasserrechtsgesetz. Auch hier sieht man, wie der Zugang nicht nur zur Um­weltpolitik, sondern zur Politik generell ist. Die Planungen, die Rahmenplanungen wer­den an die Wirtschaft ausgelagert. Energiekonzerne können wasserwirtschaftliche Plä­ne darüber abliefern, wo sie ein Kraftwerk für notwendig halten. Das hat dann auch spezielles Gewicht und wird in Verfahren dann auch so bewertet. Es kann nicht sein, dass sich die Energiewirtschaft und die Konzerne hier das öffentliche Interesse selbst ausstellen. Eine Rahmenplanung ist Aufgabe der öffentlichen Hand, Herr Minister. Ich hätte Sie aufgefordert, diese aus energiewirtschaftlicher und ökologischer Sicht not­wendige Planung selbst in die Hand zu nehmen und nicht den Konzernen zu überlas­sen. (Beifall bei den Grünen. – Bundesminister Dipl.-Ing. Berlakovich: Das glauben Sie doch selbst nicht!) – Ja, natürlich glaube ich das! Ich nehme ernst, was wir ver­treten, im Gegensatz zu Ihnen.


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Ganz allgemein ist bei allen Gesetzen die Parteienstellung von NGOs und BürgerInnen massiv zu kritisieren und weitaus unzureichend. Wir entsprechen auch der Aarhus-Konvention nicht. Auch die Information an die BürgerInnen ist unzureichend – Stich­wort Umweltinformationsgesetz. Ihren Zugang dazu, Herr Minister Berlakovich, haben wir auch bei den Bienen gesehen. Es gibt aber im Umweltinformationsgesetz generell keine Rechtssicherheit. Bürgerinnen und Bürger können sich nicht darauf verlassen, dass sie zumindest eine Mitteilung oder einen Bescheid erhalten, auch wenn Sie ihnen keine Auskunft erteilen. Deswegen bringe ich folgenden Abänderungsantrag ein:

Der Nationalrat wolle beschließen:

Die Regierungsvorlage betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Emissionszertifikate­gesetz 2011, das Bundesluftreinhaltegesetz, das Umweltinformationsgesetz, das Bun­des-Umwelthaftungsgesetz, das Chemikaliengesetz 1996, das Altlastensanierungsge­setz, das Abfallwirtschaftsgesetz 2002 und das Wasserrechtsgesetz 1959 geändert werden (Verwaltungsgerichtsbarkeits-Anpassungsgesetz – Umwelt, Abfall, Wasser) (2290 d.B.) in der Fassung des Berichtes des Umweltausschusses (2315 d.B.) wird wie folgt geändert:

In Art 3 (Umweltinformationsgesetz) wird folgende Zif 1 eingefügt:

„1. § 8 Abs 1 lautet wie folgt:

(1) Werden die verlangten Umweltinformationen nicht oder nicht im begehrten Umfang mitgeteilt, so ist auf Antrag des/der Informationssuchenden hierüber binnen zwei Mo­naten ein Bescheid zu erlassen. Dieser Antrag kann auch gleichzeitig mit dem Begeh­ren auf Mitteilung von Umweltinformationen gestellt werden. Zuständig zur Erlassung des Bescheides ist die informationspflichtige Stelle soweit sie behördliche Aufgaben besorgt. Über gleichgerichtete Anträge kann unter einem entschieden werden.

Art 3 Zif 1 bis 3 (alt) erhalten die Ziff 2 bis 4.

*****

Es geht darum, dass BürgerInnen mehr Möglichkeiten bei der Beteiligung haben, aber auch mehr Rechtssicherheit, wenn es darum geht, Informationen in Umweltfragen zu erhalten. All das wären wichtige Schritte neben vielen anderen, die wir heute, wie ge­sagt, nicht beleuchten können.

Aber es zeigt sich wieder einmal: Für eine seriöse Umweltdebatte hier im Haus, im Parlament und vor allem für eine seriöse Umweltpolitik braucht Österreich dringend ein eigenständiges, starkes und engagiertes Umweltministerium. (Beifall bei den Grünen. – Abg. Dr. Glawischnig-Piesczek: Es ist nur eine Frage der Zeit, bis wir es bekommen!)

19.45


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Der soeben eingebrachte Abänderungsantrag ist ausreichend unterstützt und steht mit Verhandlung.

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:

Abänderungsantrag

der Abgeordneten Christiane Brunner, Freundinnen und Freunde zum Bericht des Umweltausschusses über die Regierungsvorlage (2290 d.B.): Bundesgesetz, mit dem das Emissionszertifikategesetz 2011, das Bundesluftreinhaltegesetz, das Umweltinfor­mationsgesetz, das Bundes-Umwelthaftungsgesetz, das Chemikaliengesetz 1996, das Altlastensanierungsgesetz, das Abfallwirtschaftsgesetz 2002 und das Wasserrechtsge-


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setz 1959 geändert werden (Verwaltungsgerichtsbarkeits-Anpassungsgesetz – Um­welt, Abfall, Wasser) (2315 d.B.)

Antrag

Der Nationalrat wolle beschließen:

Die Regierungsvorlage betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Emissionszertifika­tegesetz 2011, das Bundesluftreinhaltegesetz, das Umweltinformationsgesetz, das Bundes-Umwelthaftungsgesetz, das Chemikaliengesetz 1996, das Altlastensanie­rungsgesetz, das Abfallwirtschaftsgesetz 2002 und das Wasserrechtsgesetz 1959 ge­ändert werden (Verwaltungsgerichtsbarkeits-Anpassungsgesetz – Umwelt, Abfall, Was­ser) (2290 d.B.) in der Fassung des Berichtes des Umweltausschusses (2315 d.B.) wird wie folgt geändert:

In Art 3 (Umweltinformationsgesetz) wird folgende Zif 1 eingefügt:

„1. § 8 Abs 1 lautet wie folgt:

(1) Werden die verlangten Umweltinformationen nicht oder nicht im begehrten Umfang mitgeteilt, so ist auf Antrag des/der Informationssuchenden hierüber binnen zwei Mo­naten ein Bescheid zu erlassen. Dieser Antrag kann auch gleichzeitig mit dem Begeh­ren auf Mitteilung von Umweltinformationen gestellt werden. Zuständig zur Erlassung des Bescheides ist die informationspflichtige Stelle soweit sie behördliche Aufgaben besorgt. Über gleichgerichtete Anträge kann unter einem entschieden werden.

Art 3 Zif 1 bis 3 (alt) erhalten die Ziff 2 bis 4.

Begründung

Das Aarhus Convention Compliance Committee stellte im März 2012 fest, dass Öster­reich Art 4 Abs 7 der Aarhus-Konvention verletzt (ACCC/C/210-48). Im Umweltinforma­tionsgesetz fehle ein zügiger und effektiver Rechtsschutz. Im Fall der Auskunftsverwei­gerung muss der/die Auskunftssuchende extra einen Bescheid beantragen. Reagiert die Behörde nicht auf diesen Antrag, kann erst nach 6 Monaten die nächste Instanz, derzeit der Unabhängige Verwaltungssenat, ab 1.1.2014 das Verwaltungsgericht ange­rufen werden.

Diese Mängel werden durch den ggst Abänderungsantrag beseitigt. Es wird klarge­stellt, dass der Antrag auf bescheidmäßige Erledigung einer Auskunftsverweigerung bereits mit dem Begehren auf Mitteilung von Umweltinformationen eingereicht werden kann. Damit läuft die Entscheidungspflicht der Behörde schon von Anfang an. Ist die Behörde untätig, kann bereits nach zwei Monaten der UVS bzw das Verwaltungsge­richt wegen Säumnis angerufen werden, denn der Bescheid ist nun „binnen zwei Mo­naten“ zu erlassen. Damit kann man Auskunftsbegehren nicht mehr „aussitzen“, denn es wird ein rascher Rechtsschutz zur Verfügung gestellt.

Da ein gesondertes Inkrafttreten des neuen § 8 Abs 1 UIG nicht vorgesehen wird, tritt diese Neuerung bereits mit Kundmachung des Gesetzes in Kraft.

*****

 


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Plessl. 2 Mi­nuten sind eingestellt. – Bitte.

 


19.45.09

Abgeordneter Rudolf Plessl (SPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Geschätzter Herr Minister! Werte Kolleginnen und Kollegen! Frau Kollegin Brunner, es sind vier Tages-


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ordnungspunkte: 16 bis 19. Sie haben, glaube ich, drei gesagt. Ich weiß, dass Sie alles schlechtreden, aber es gibt nicht nur schlechte Sachen, wie Sie immer so mitteilen, sondern es gibt auch sehr viele positive Dinge, die wir heute mit dem Umweltverträg­lichkeitsprüfungsgesetz umsetzen.

Ein Punkt, der mir als Bürgermeister sehr wichtig ist, ist, dass die budgetären Ein­schnitte aus dem Jahr 2011, speziell die Kürzung im Wasserwirtschaftsbereich, deut­lich zurückgenommen werden. Das ist ein wichtiger Punkt für die Kommunen. Schön, dass sich unsere Ausdauer, aber auch mein Einsatz im Ausschuss und in den Plenar­sitzungen ausgezahlt haben, und dass die Kommunen und die Gemeinden gemeinsam mit den Städten in Österreich 2013 zusätzlich 45 Millionen € für diese notwendigen In­vestitionen bekommen, 2014 sind es sogar noch einmal 100 Millionen €!

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Gerade diese notwendigen Investitionen zur Instandhaltung, aber auch zur Erweiterung, sind ein wichtiger Bereich. Das müssen wir unterstützen, sonst hätten die verantwortlichen Bürgermeister und die Kommunen eine Gebührenerhöhung durchführen müssen – was wir natürlich ablehnen. (Beifall bei SPÖ und ÖVP.)

Sehr geehrte Damen und Herren! Die Förderung der Siedlungswasserwirtschaft hat enorm wichtige volkswirtschaftliche Effekte: die inländische Wertschöpfung wird zum Beispiel gesteigert, der lokale Arbeitsmarkt wird belebt, die lokale und regionale Le­bensqualität wird gesichert, aber auch die Attraktivität Österreichs als Tourismus- und Wirtschaftsstandort wird erhöht. Ein sehr wichtiger Punkt ist auch, dass der ökologi­sche Zustand der Gewässer verbessert wird.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Zum Schluss noch ein Ansatz: Wir sollten schauen, dass in den durchzuführenden Finanzausgleichsverhandlungen der Investi­tionserhebungsbericht des Ministeriums als Grundlage herangezogen wird, um auch den Kommunen weitere Investitionen zu ermöglichen. – Danke. (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der ÖVP.)

19.47


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Als nächster Redner zu Wort gemeldet ist Herr Ab­geordneter List. 3 Minuten Redezeit. – Bitte.

 


19.47.15

Abgeordneter Kurt List (BZÖ): Herr Präsident! Herr Noch-Bundesminister Berlako­vich! Hohes Haus! Diese gemeinsame Debatte von Regierungsvorlagen aus dem Um­weltbereich ermöglicht eine gezielte Nachlese zur letzten Sondersitzung. Jetzt soll nämlich eine Novelle auch das Umweltinformationsgesetz ändern. Dieses Gesetz und vor allem seine Auslegung durch Bundesminister Berlakovich steht ständig im Mittel­punkt von heißen Diskussionen.

Heiße Diskussionen finden auch über das aktuelle Bienensterben statt. Das ist ein Rie­senskandal! Unter dem Vorwand von Datenschutz und Amtsgeheimnis hat Noch-Mi­nister Berlakovich lange vorsätzlich jede Information über den Einsatz von Pestiziden verweigert. (Abg. Ing. Schultes: Das stimmt doch alles nicht! Das sind Unterstellun­gen!) Berlakovich und die ÖVP schütten unsere Umwelt mit Tonnen von Giften zu und vernichten Leben. Erst auf öffentlichen Druck ist Giftminister Berlakovich seiner ver­dammten Informationspflicht nachgekommen. (Abg. Ing. Schultes: Das ist ja unerhört, solche Beschimpfungen in diesem Haus!)

Geschätzte Damen und Herren! Die Bürger haben ein Recht, zu erfahren, welche Gif­te, welche Pestizide in welcher Menge mit welchen Konsequenzen in das Ökosystem gebracht werden. (Beifall beim BZÖ.)


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll203. Sitzung / Seite 218

Im Zeitraum von nur einem Jahr wurden von den Landwirten – vor allem von der Ös­terreichischen Volkspartei – 10 600 kg, 1,6 Tonnen Neonicotinoide eingesetzt. Das ist ein bekanntes Nervengift. Das sind Gifte, die unter Duldung der ÖVP in den Nahrungs­kreislauf gelangen und vorerst das Weiterleben der wichtigen Bienen massiv gefähr­den.

Minister Berlakovich droht mit der Gentechnikkeule und sucht nicht nach Alternativen für eine gesunde Landwirtschaft. Alternativen wie beispielsweise Fruchtfolgeänderun­gen sind ausreichend vorhanden, werden aber von der ÖVP ständig blockiert. Berla­kovich ist ein Lobbyist von Giftkonzernen und von diesen abhängig. Berlakovich steht für die Verschwendung von Steuergeldern in Millionenhöhe. Berlakovich hat für seine Selbstdarstellung, für seine Eitelkeit zumindest 29 Millionen € für Inserate verbraten. (Zwischenruf des Abg. Ing. Schultes.) Das ist eine Ungeheuerlichkeit, die auch vom Rechnungshof sehr, sehr schwer gerügt wird.

Berlakovich ist laufend in einem Interessenkonflikt zwischen Umwelt und Landwirt­schaft. Das BZÖ fordert sofort eine Kompetenzentrennung, da sind wir auf einer Ebene mit den Grünen und den Freiheitlichen. Berlakovich ist als Umwelt- und Landwirt­schaftsminister längst gescheitert. (Beifall beim BZÖ.)

Auch beim Klimaschutz – das haben wir heute schon diskutiert – und in der Anti-Atom­politik hat Minister Berlakovich versagt. Er ist ein rücktrittsreifer Minister. Deshalb hat auch die gesamte Opposition hier im Hohen Haus Giftminister Berlakovich kürzlich das Misstrauen ausgesprochen.

Vom Koalitionspartner, den Sozialdemokraten, wird Berlakovich leider nicht in die Wüste geschickt. Sie stellen einen roten Freiheitsbrief aus, damit Berlakovich seine Fehler in fünf Monaten bis zur Wahl reparieren kann. – Dieser Zeitraum ist viel zu kurz. Auslaufminister Berlakovich benötigt für sein Versagen in Natur und Umwelt Jahrzehn­te, um die angerichteten Schäden zu sanieren.

Gerüchten zufolge steht die Ablöse ohnehin unmittelbar bevor: Kollege Auer, der jetzt nicht da ist, Grillitsch oder auch Schultes kommen in Frage; wir haben es heute schon diskutiert. Auch eine Frau wird genannt, Elisabeth Köstinger, offenbar im Hinblick auf die ÖVP-Frauenquote. Diese Personen werden jetzt als Nachfolger dieses gescheiter­ten Umweltministers gehandelt. (Zwischenruf des Abg Gahr.)

Herr Berlakovich, nehmen Sie mit dem letzten Funken von Anstand freiwillig den Hut! Treten Sie zurück!

Geschätzte Damen und Herren! Abschließend noch zu diesen vier Regierungsvorla­gen: Diese sind alle mangelhaft, und damit sind sie auch ein Sittenbild Ihrer geschei­terten Umweltpolitik. Deshalb lehnt auch das BZÖ diese Vorlagen ab. (Beifall beim BZÖ.)

19.51


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Steindl. 3 Minu­ten Redezeit. – Bitte.

 


19.51.44

Abgeordneter Konrad Steindl (ÖVP): Herr Präsident! Geschätzter Herr Bundesminis­ter! Herr Kollege List! Sehr überzeugend war die aufgeschriebene Rede nicht, die Sie da von sich gegeben haben und mit welcher Sie unseren verdienten Umweltminister hier ganz schlecht dastehen lassen haben! (Beifall bei der ÖVP. – Abg. Dr. Glawisch­nig-Piesczek: Ich verstehe kein Wort! Reden Sie bitte ein bisschen lauter!) – Das kann ich gerne tun!

Erstens: Zu diesem UVP-Verfahren wurde heute schon hinlänglich gesprochen. Es ist mit Sicherheit so, dass die Verwaltungsgerichtbarkeit jetzt mehr Effizienz auch in den Ländern und natürlich auf Bundesebene bringen kann.


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll203. Sitzung / Seite 219

Zum Zweiten möchte ich zum Abänderungsantrag von Frau Kollegin Brunner ein paar Punkte klarstellen und darlegen, warum die ÖVP hier nicht mitstimmen wird: Erstens arbeitet die Europäische Kommission derzeit eine Richtlinie dazu aus, und wir warten die Stellungnahme der Kommission ab und treffen dann hier die Entscheidungen. Zweitens wird der § 73 AVG mit der sechsmonatigen Frist meist nicht ausgenutzt, und somit ist auch eine dringende Änderung wahrscheinlich gar nicht notwendig. Drittens geht der Abänderungsantrag nur punktuell auf Themenbereiche ein, umfasst aber nicht die gesamte Rechtsmaterie und würde damit eigentlich mehr Rechtsunsicherheit brin­gen, als das von Haus aus hier geplant wäre. Insgesamt kommen wir aber, wie ich glaube, mit den Auswirkungen, die sich derzeit bei den Behörden zeigen, gut zurecht, und das mit den zwei Monaten wäre gerade im Hinblick auf die Information und die be­scheidmäßige Erledigung verwaltungstechnisch gar nicht so einfach durchzuführen.

Lassen Sie mich abschließend aber noch etwas sagen: Es wird hier wie von einem Land gesprochen, das Öko- oder Umweltstandards eines Entwicklungslandes hat. Tat­sächlich wird hier in Österreich aus meiner Sicht wirklich engagierte Klima- und Um­weltpolitik gemacht. Letztlich haben wir gerade im Zusammenhang mit dem CO2-Aus­stoß als Land, das mitten in Europa liegt, einen entsprechenden Transitverkehr und vor allem CO2-Belastung durch Tankexport zu verzeichnen, was natürlich die Bilanz ent­sprechend aufwertet.

Zusätzlich möchte ich daran erinnern, wie viele Maßnahmen gerade die Industrie, aber auch die klein- und mittelständische Wirtschaft ergriffen haben, um ihre Emissionen und insbesondere die CO2-Emissionen zu verringern. Es wurden zahlreiche Investitio­nen getätigt, um die Abwasserqualität insgesamt weitgehend zu verbessern. In Öster­reich befinden sich die Seen und vor allem die Flüsse in einer beneidenswerten Situa­tion innerhalb der europäischen Länder, und das ist nicht zuletzt auch auf das Engage­ment unserer Industrie- und Wirtschaftsbetriebe zurückzuführen.

Auch in Bezug auf erneuerbare Energie befinden wir uns im Spitzenfeld der europäi­schen Länder, und ich kann sagen, dass Österreich ein wirklich vorbildliches Umwelt­land geworden ist. (Beifall bei der ÖVP.)

19.55


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Als nächster Redner zu Wort gelangt Herr Abgeord­neter Tadler. 2 Minuten. (Abg. Ing. Schultes  in Richtung des sich zum Rednerpult begebenden Abg. Tadler –: Schön sprechen!)

 


19.55.32

Abgeordneter Erich Tadler (STRONACH): Herr Präsident! Hohes Haus! Unsere Be­geisterung für diese Verwaltungsgerichtsbarkeits-Novelle 2012, die als größte Verwal­tungsreform aller Zeiten verkauft wurde, hält sich mittlerweile sehr stark in Grenzen, meine sehr geehrten Damen und Herren. Jetzt, da hinsichtlich der einzelnen Instanzen Änderungen vorgenommen werden, melden sich immer mehr Experten aus den be­troffenen Gesetzesbereichen und machen auf Probleme aufmerksam, Herr Minister.

Alle Ministerien betonen immer wieder gebetsmühlenartig, Herr Schultes, dass die Fol­genabschätzung der Einrichtung des Bundesverwaltungsgerichtes bereits mit der Verwaltungsgerichtsbarkeits-Novelle 2012 und dem Bundesverwaltungsgerichtsge­setz 10/2013 durchgeführt wurde. Im Hinblick darauf erhebt sich die Frage, wieweit die­se Folgenabschätzung wirklich für die einzelnen Gesetze durchgeführt wird.

Wir vom Team Stronach sind grundsätzlich immer für eine Verwaltungsvereinfachung, damit die Verfahren vereinfacht und die Verwaltungskosten eingedämmt werden. – Danke. (Beifall beim Team Stronach.)

19.56



Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll203. Sitzung / Seite 220

Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Zu einer Stellungnahme hat sich Herr Bundesminis­ter Dipl.-Ing. Berlakovich zu Wort gemeldet. – Bitte.

 


19.56.43

Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft Dipl.-Ing. Nikolaus Berlakovich: Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Gut, Frau Abgeordnete Brunner, dass Sie wieder hierhergekommen sind! Erst stellen Sie sich hier vorne her und sagen, dass wir eine ordentliche Umweltdebatte führen so­llen, und dann waren Sie bei den letzten Rednern gar nicht hier, um das zu diskutieren. (Abg. Dr. Glawischnig-Piesczek: Ich bin da!) Das zum Thema der Ernsthaftigkeit Ihrer Debatte zum Umweltbereich: Erst beklagen Sie sich, und dann sind Sie als Rednerin bei der Diskussion gar nicht dabei! (Beifall bei der ÖVP.)

Wenn Ihnen die zu behandelnden Gesetze zu viel sind, dann müssen Sie halt einen Zahn zulegen, um die Gesetze abzuarbeiten, anstatt sich hier zu beklagen, dass es im Umweltbereich zu viel Arbeit gibt! (Abg. Dr. Glawischnig-Piesczek: Wo ist Ihr Klubob­mann? Kopf ist nie bei einer Debatte!)

Jedenfalls beziehen sich die meisten Gesetze, die hier novelliert werden, auf die Ver­waltungsgerichtsbarkeits-Novelle, und das betrifft auch das Umweltverträglichkeitsprü­fungsgesetz.

Der Umweltsenat, der als unabhängige Behörde beim Lebensministerium angesiedelt war, wird in die Bundesverwaltungsgerichtsbarkeit übergeführt. Der Umweltsenat hat sich im Lauf der Jahre beziehungsweise Jahrzehnte einen ausgezeichneten Ruf erar­beitet, und ich bedanke mich bei den Mitgliedern des Umweltsenates und auch bei den Mitarbeitern und Mitarbeiterinnen des Lebensministeriums, die ausgezeichnete Arbeit geleistet haben. – Herzlichen Dank. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der SPÖ.)

Wir haben eine Reihe von Novellen hier in diesem Hohen Haus zum UVP-Gesetz ge­macht. Alles war vom Bemühen getragen, beides zu erreichen, zum einen, Verfahren zu beschleunigen, und zum andern, auch Bürgerrechte zu stärken. Das war auch das Anliegen der letzten Novelle, mit welcher wir diese Dinge bewältigt haben, und der Effekt ist, dass wir Verfahrensverkürzungen in vielen Bereichen ohne Qualitätsverlust erreicht haben.

Dass Behördenleiter das Ende des Verfahrens bestimmen können und dass Gutach­ten, die vorhanden sind, nicht neu in Auftrag gegeben werden müssen, was sehr viel Geld und auch sehr viel Zeit kosten würde, wurde nicht deshalb vorgesehen, weil man Projekte durchdrücken will, sondern weil es ganz einfach Sinn macht, Geld und Büro­kratie zu sparen und effizientere Verfahren zu erreichen. Ich danke dafür, dass das immer gemeinsam, jedenfalls von wesentlichen Teilen dieses Hohen Hauses, getragen wurde. Wir sind nämlich in der Verwaltung insgesamt aufgerufen, effizienter zu arbei­ten.

Im Übrigen haben wir etliche Novellen, die wir hier behandeln, gemeinsam mit den Bundesländern im Zeichen der Deregulierung gemacht, um unnötige Verfahrensab­läufe effizienter zu machen und Dinge eben auch deregulieren zu können. So gehen beispielsweise Nassbaggerungen – um nur das Wasserrechtsgesetz zu nennen – an die Bezirksverwaltungsbehörde über, und es erfolgt eine Vereinfachung im Bereich der Gewässeraufsicht.

Das war ein sehr langer Prozess, den wir mit den Bundesländern abgehandelt haben. Das Lebensministerium war bei vielen Gesetzen sehr stark betroffen, ebenso das Wirt­schaftsministerium. Aber wir haben es erreicht, mit gemeinsamem Vorgehen diese Verfahren effizienter zu machen.


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll203. Sitzung / Seite 221

Im UVP-Gesetz haben wir dafür gesorgt, dass die bewährten Berufungsmöglichkeiten sowohl von Legalparteien als auch des Umweltanwalts und von Bürgerinitiativen und Umweltorganisationen weiter bestehen bleiben. Das ist sehr wichtig, um die Bürgerrechte zu stärken. (Zwischenruf der Abg. Mag. Brunner.)

Frau Abgeordnete, Sie sprechen das immer wieder an, und das wurde auch im Um­weltausschuss erwähnt: Sie beklagen, dass im Wasserrechtsgesetz sozusagen Rah­menpläne vorgelegt werden können. – Das ist keine Neuerung, das war bisher schon so. Lesen Sie das alte Gesetz! Das war bisher schon so. Und Sie verstehen nicht und wollen offensichtlich auch nicht verstehen – beziehungsweise betreiben hier einfach Polemik –, dass dieses Recht jedem zusteht, nicht nur den Wasserkraftbetreibern. Viel­mehr kann jeder, der Interesse an gewässerwirtschaftlichen Zielsetzungen hat, einen Rahmenplan vorlegen. Bitte lesen Sie das Gesetz! Schauen Sie sich das an, und ma­len Sie hier nicht einseitig irgendeinen Teufel an die Wand!

Auch NGOs, die Interesse an der wasserwirtschaftlichen Arbeit haben, haben das Recht, derartige Rahmenpläne vorzulegen. Im Übrigen legt die EU-Wasserrahmen­richtlinie fest, dass es zu keinen Verschlechterungen von Gewässern kommen darf. – Das heißt: Egal, wer einen Rahmenplan vorlegt, ob es die Energiewirtschaft ist oder ob es NGOs sind: Der Zustand von Gewässern darf nicht verschlechtert werden. Das hat es also vorher schon gegeben, und das ist auch jetzt in der Bestimmung weiterhin ent­halten.

Im Übrigen halte ich es schon für bemerkenswert, wenn Sie jetzt im gemeinsamen Regierungsprogramm in Tirol Kraftwerke haben, die Sie ständig kritisiert haben! Sie führen da eine schöne Liste von Kraftwerken auf, etwa Kaunertal oder Sellrain-Silz und andere. Man wird sehen, wie Sie sich dann verhalten werden. Hier reden Sie so und dann in Tirol eventuell anders. Es wird interessant sein, das zu verfolgen!

Abschließend: In der Siedlungswasserwirtschaft – Herr Abgeordneter, Sie haben es erwähnt – ist es unser gemeinsames Anliegen, dass wir einerseits betreffend Abwas­serentsorgung den hohen Standard halten. Die Gemeinden haben einen großen fi­nanziellen Aufwand, auch bei der Sanierung bestehender Anlagen. Diesbezüglich sind wir völlig einer Meinung. Und auch bei der Wasserversorgung haben wir im Zuge des Sanierungspakets, das wir schnüren mussten, Projekte verschoben, um dem Bund, den Ländern und auch den Gemeinden sparen zu helfen. Entsprechende Maßnahmen waren aber notwendig. Wir haben das Geld aus unserem Haus aufgestellt durch Effi­zienzen beziehungswiese aufgrund von Projekten, die nicht gemacht wurden, das be­treffende Geld aber nicht für etwas anderes verwendet, sondern für die Siedlungswas­serwirtschaft aufgewendet wurde.

Sie haben es erwähnt: 45 Millionen € sind es heuer, 100 Millionen € werden es das nächste Jahr sein. Das ist auch ein Impuls für die lokale Bauwirtschaft, dass die Men­schen einen Arbeitsplatz haben, vor allem aber um den hohen Standard im Umwelt­schutz, bei der Wasserversorgung und bei der Abwasserentsorgung aufrechterhalten zu können. – Herzlichen Dank für die Unterstützung. (Beifall bei der ÖVP und bei Ab­geordneten der SPÖ.)

20.02


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Zu einer tatsächlichen Berichtigung hat sich Frau Abgeordnete Mag. Brunner zu Wort gemeldet. Ich erinnere an die einschlägigen Be­stimmungen der Geschäftsordnung. – Bitte.

 


20.02.25

Abgeordnete Mag. Christiane Brunner (Grüne): Herr Präsident! Der Herr Bundesmi­nister hat gesagt, dass es schon immer der Fall war, dass Energiekonzerne Rahmen-


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll203. Sitzung / Seite 222

pläne festlegen können. (Bundesminister Dipl.-Ing. Berlakovich: Falsch! Ich habe ge­sagt, dass es immer schon möglich war, Wasserrahmenpläne vorzulegen!)

Auch die Energiekonzerne. (Bundesminister Dipl.-Ing. Berlakovich: Alle!)

Ich berichtige tatsächlich: Bisher hat § 53 gelautet: „Wer an der Verwirklichung der in §§ 30a, c und d festgelegten Ziele interessiert ist, kann“ einen solchen Plan einreichen.

Das sind Verschlechterungsverbot, Grundwassersanierung und Umweltschutzziele. Davon sind Energiekonzerne also ausgenommen.

Jetzt heißt § 53: „Wer an der Verwirklichung wasserwirtschaftlicher Zielsetzungen“ und auch der anderen interessiert ist.

Das heißt: Energiekonzerne waren bisher ausgenommen, jetzt sind sie es nicht mehr. (Beifall bei den Grünen.)

20.03


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Mag. Auer. 2 Minuten Redezeit. – Bitte.

 


20.03.30

Abgeordneter Mag. Josef Auer (SPÖ): Herr Minister! Wie schon erwähnt handelt es sich bei diesen vier Tagesordnungspunkten um fünf Gesetze. Ich müsste ein Zauberer sein und noch schneller sprechen als Kollegin Brunner, damit ich mehr darüber sagen könnte.

Ich bin Bürgermeister, und es ist mir ein Anliegen, in diesem Zusammenhang auch un­seren Minister, der ja sehr viel gescholten wird – Herr Kollege List hätte ihn ja schon fast weg diskutiert – von ganzem Herzen zu beglückwünschen. Ich danke für die gute Zusammenarbeit! Als Bürgermeister bin ich darüber sehr froh, vor allem über das Um­weltrechtsanpassungsgesetz und die Bestimmungen betreffend die Siedlungswasser­wirtschaft. (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Ich bin, so wie die Opposition immer sagt, bei den Leuten. Dabei geht es nicht um den Bürgermeister, sondern es geht um die Gemeinde. Wir sind 2 400 Einwohner bei uns in Radfeld im Inntal, und wir sind gerade dabei, diesbezüglich weiter zu arbeiten. Es geht um eine gute Wasserqualität, und es geht dann auch um eine gute Qualität beim Abwasser, wenn wir es wieder auf die Reise schicken, und zwar bei uns eben in den Inn oder ins Grundwasser.

Die Qualität des Wassers ist nicht nur hervorragend, wenn es gut aus der Quelle kommt oder es sich um qualitativ hochwertiges Grundwasser handelt, was ja auch wie­der davon abhängt, wie das Abwasser gereinigt wird. Die Qualität des Wassers ist auch von der Qualität der Leitungen sehr abhängig. Und wie in vielen anderen Ge­meinden haben wir auch das Problem, dass wir alte Leitungen haben, nämlich Stich­leitungen beziehungsweise eine Art Leitungssäcke, in denen das Wasser abgestanden ist und Leitungen auch rostig sind und so weiter.

Dazu kommt, dass früher vielfach keine Aufzeichnungen gemacht wurden. Der Bauhof und die Mitarbeiter wissen oft gar nicht, wo sich die Leitung befindet. Wir sind jetzt dabei, einen digitalen Leitungskataster zu machen, und wenn wir jetzt nicht aufgestockt und jetzt 45 Millionen € und nächstes Jahr 100 Millionen € hätten, dann könnten wir uns diese Arbeiten nicht leisten.

Dazu kommt auch noch das Volkswirtschaftliche, dass wir sonst viele Grabungsar­beiten umsonst machen müssten. Wenn wir jetzt irgendwo eine Straße sanieren, den Asphalt aufreißen und aufgrund des digitalen Katasters und der Fehlersuche wissen, dass da eine Leitung darunter liegt, die alt ist und ausgetauscht werden muss, dann


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll203. Sitzung / Seite 223

können wir diese gleichzeitig schon austauschen und haben nicht viel in den Sand ge­setzt, indem wir zuerst asphaltieren und es nach einem Jahr einen Wasserrohrbruch gibt und wir das Ganze wieder aufreißen müssen. (Beifall bei der SPÖ sowie bei Abge­ordneten der ÖVP.)

Nur einen Punkt möchte ich noch anschließen: Ich bin schon gespannt, wie verhalten die Grünen sein werden. Das Verhalten hat man jetzt schon gesehen, dass sie in Zu­kunft auch für die Wasserkraft sein werden. Ich habe schon vielfach hier für die Was­serkraft plädiert, damals haben sie immer anders argumentiert. Jetzt sind sie in Tirol in der Regierung. (Abg. Gahr: Noch nicht!) Jetzt schau ich mir das an: Für die Wasser­kraft wird es besser werden. (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der ÖVP.)

20.06


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Als nächster Redner zu Wort gelangt Herr Abgeord­neter Dr. Rosenkranz. 4 Minuten Redezeit. – Bitte.

 


20.06.35

Abgeordneter Dr. Walter Rosenkranz (FPÖ): Herr Präsident! Herr Bundesminister! In meiner Wortmeldung geht es um eine Novellierung im Bundesluftreinhaltegesetz. Es geht um einen Antrag, der von den Regierungsparteien und der FPÖ gemeinsam ein­gebracht wurde, und zwar auch in Erledigung eines Antrags, den ich bereits vor Mona­ten gestellt habe.

Es geht um ein zugegebenermaßen sehr geringes Problem, um ein kleines Problem räumlicher Natur. In Wirklichkeit geht es aber darum, dass es in einer Region, nämlich vor allem in der Wachau, die für den Weinbau weltweit bekannt ist, Erleichterungen für die Winzer gibt.

Es geht darum, dass bis jetzt das Verbrennen von abgeschnittenem Rebholz und un­erwünschtem Bewuchs auf den Trockenrasenflächen aus Gründen der Luftreinhaltung nur im Monat April zulässig war. Dieser Rebschnitt erfolgt in der kalten Jahreszeit, in den wirklich kalten Monaten, vor allem im Jänner und Februar. Und dann müsste die­ses abgeschnittene Rebholz liegen bleiben. Wir wissen jetzt aber ganz genau, wie sich das Klima entwickeln kann: Im März gibt es bereits sehr warme Temperaturen, die Ve­getation beginnt zu wachsen, und damit kommt es auch zum Schädlingsbefall.

Das heißt, man war aufgrund dieser Bestimmung gezwungen, unter Umständen den Schädlingsbefall des Rebholzes, das lange im Weingarten gelegen ist, mit Pestiziden zu bekämpfen, weil man gerade in diesen Regionen nicht die Möglichkeit hatte, das Rebholz, insbesondere maschinell, abzutransportieren. Das ist dort schwere Handar­beit, die erledigt werden muss, und daher war es ein Anliegen der Winzer speziell in der Wachau, Unterschriften auch in den einzelnen Gemeinden zu sammeln, und das ging bis zu einer Resolution des niederösterreichischen Landtages ans Parlament mit großer Mehrheit, eine Änderung vorzunehmen.

Dieser Änderung wurde jetzt insoweit Rechnung getragen, als dieser Zeitraum April auch auf den März ausgedehnt wurde. Das ist eine praktikable Lösung, mit der die Winzer auch leben können, weil zu dieser Zeit die Vegetation noch nicht so weit fortge­schritten ist und daher das Rebholz unproblematisch verbrannt werden kann.

Das hat nämlich einen Nebeneffekt: Nicht nur die Vegetation, sondern auch die Fauna entwickelt sich in dieser Zeit, und durch ein Abbrennen im April ist es sogar zu Bedro­hungen von Klein- und Kleinstlebewesen gekommen, die sich entwickelt haben und trotzdem sehr wohl den Charakter dieser Landschaft ausmachen. Ich denke hier insbe­sondere an die sattsam bekannte Smaragdeidechse.

Insgesamt glaube ich, dass das ein guter Schritt ist, der hier eingebaut wurde. Es hilft einigen österreichischen, niederösterreichischen, Wachauer Winzern. Es hilft allen


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll203. Sitzung / Seite 224

Winzern, die generell in Steillagen und in schwer unzugänglichen Lagen ihre wirklich harte Arbeit verrichten müssen, um zum Erfolgsprodukt des österreichischen Weins zu gelangen. Ich glaube, dass dies ein erster wichtiger Schritt in die Richtung ist, österrei­chischen Winzern etwas Gutes zu tun. (Beifall bei der FPÖ.)

20.09


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Prinz. 2 Minu­ten Redezeit. – Bitte.

 


20.09.49

Abgeordneter Nikolaus Prinz (ÖVP): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Geschätz­te Damen und Herren! Vorweg eine Bemerkung zu den Reden der Kollegin Brunner als Umweltsprecherin der Grünen.

Irgendwie habe ich da persönlich den Eindruck, dass da sehr viel Unzufriedenheit und Frust dabei ist. Vielleicht lässt sich das verringern, indem man sich mehr an der realen Lebenswelt der Menschen orientiert und vielleicht so etwas wie ein bisschen mehr ge­sunden Hausverstand in die Reden einfließen lässt. (Beifall bei der ÖVP.)

Sehr geehrter Herr Bundesminister Berlakovich, herzlichen Dank dafür, dass es in ge­meinsamen Verhandlungen mit der Finanzministerin Fekter, dem Gemeindebundpräsi­denten Mödlhammer und dem Vorsitzenden des Fonds in der Umweltförderung, Lan­deshauptmannstellvertreter Franz Hiesl, gelungen ist, dass wirklich eine entsprechen­de Mittelaufstockung von insgesamt 160 Millionen € (Zwischenruf des Abg. Mag. Gaß­ner) für die Jahre 2013 und 2014 möglich war. Das ist natürlich für die Gemeinden und Städte, aber auch für die Bauwirtschaft sehr wertvoll.

Positiv ist weiters, dass es gelungen ist, die Umweltförderung im Inland bis zum Jahr 2020 festzulegen, aber auch die Deckung der finanziellen Mittel für die thermische Sanierung bis zum Jahr 2016 zu verlängern. Mit der Novelle des Wasserbautenförde­rungsgesetzes wird die derzeit vom Ministerium wahrgenommene operative finanzielle Tätigkeit der schutzwasserwirtschaftlichen Maßnahmen ausgelagert und künftig vom Umwelt- und Wasserwirtschaftsfonds wahrgenommen beziehungsweise abgewickelt.

Hochwasserschutzprojekte werden damit auch zukünftig gemeinsam mit den Bundes­ländern erarbeitet. Für die betroffenen Gemeinden ändert sich in Wirklichkeit nichts. Die Zuständigkeiten sind klar geregelt: BMVIT für Donau und March, die WLV und da­mit die Forstsektion des Ministeriums für Bäche und die Umweltsektion für alle weite­ren Gewässer.

Ich komme selber aus einer vom Hochwasser betroffenen Gemeinde und kann nur sa­gen, dass es der Bevölkerung ziemlich egal ist, aus welchem Topf das Geld kommt. Wichtig ist, dass geholfen wird und Hochwasserschutz rasch umgesetzt wird. Herr Bundesminister, ich bitte darum, dass du dich auch zukünftig im Rahmen deiner Mög­lichkeiten für eine ausreichende finanzielle Deckung beim Hochwasserschutz einsetzt.

Ich darf abschließend noch folgenden Antrag einbringen:

Abänderungsantrag

der Abgeordneten Ing. Hermann Schultes und Hannes Weninger

Der Nationalrat wolle in zweiter Lesung beschließen:

Die Regierungsvorlage des Bundesgesetzes 2292 der Beilagen, mit dem das Umwelt­förderungsgesetz, das Emissionszertifikategesetz 2011, das Wasserbautenförderungs­gesetz 1985, das Umweltmanagementgesetz und das Wasserrechtsgesetz 1959 geän­dert werden (Umweltrechtsanpassungsgesetz 2013), wird wie folgt geändert:


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll203. Sitzung / Seite 225

Art. 5 (Änderung des Wasserrechtsgesetzes 1959)

(Abg. Dr. Lichtenecker: Schnell lesen: sehr gut! Jetzt prüfen wir noch sinnerfassend lesen!)

wird wie folgt geändert:

1. Nach Z 11 wird folgende Z 11a eingefügt:

‚11a. In § 33g Abs. 2 wird die Bezeichnung „2015“ durch die Bezeichnung „2021“ er­setzt.

2. In Z 23 wird in § 55p Abs. 1 erster Satz vor dem Wort „erlassen“ das Wort „zu“ ein­gefügt.

3. In Z 42 wird in § 145 Abs. 12 die Wortfolge „Ziffern 24 bis 26 (§ 55p) und Z 28 (§ 99)“ durch die Wortfolge „Ziffern 23 bis 25 (§ 55p)“ ersetzt.

*****

Als Begründung darf ich sagen, die Nassbaggerungen – das ist schon erwähnt wor­den – stellen in Wirklichkeit eine Verwaltungsvereinfachung dar.

Es sei mir noch erlaubt, eine Bemerkung zur Rede des Kollegen Neubauer zu machen, wo es um die Fristverlängerungen geht. Da wird in Wirklichkeit vielen geholfen, die seit Jahrzehnten Umweltschutz betreiben, vor allem den Kleinwasser-Abwasserentsor­gungsanlagen. Es ist vernünftig, wenn man die Frist von 2015 bis 2021 verlängert. (Beifall bei der ÖVP.)

 


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Herr Kollege, ganz kurz: Bleiben Sie noch da! Sie ha­ben den Abänderungsantrag eingebracht, aber im letzten Satz haben Sie nur Z 23
bis 25 zitiert. Ab dem Klammerausdruck p müssen Sie noch sagen „und Z 27 (§ 99)“. Das ist ja wichtig. – Bitte.

 


Abgeordneter Nikolaus Prinz (fortsetzend): Z 27 ist hundertprozentig erwähnt worden und § 99 in Klammer habe ich mir gespart, weil es oben schon erwähnt worden ist, aber damit ist das auch eingebracht. (Abg. Brosz: Das ist ein Gesetzestext! Wenn das nicht stimmt!)

20.13


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Ich habe mich vergewissert, und jetzt ist es von Ihnen noch ergänzt worden. Damit ist das ausreichend vorgebracht und ausreichend unterstützt. Der Abänderungsantrag steht daher mit in Verhandlung.

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:

Abänderungsantrag

der Abgeordneten Ing. Hermann Schultes, Hannes Weninger

zur Regierungsvorlage betreffend das Bundesgesetz mit dem das Umweltförde­rungsgesetz, das Emissionszertifikategesetz 2011, das Wasserbautenförderungsge-


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll203. Sitzung / Seite 226

setz 1985, das Umweltmanagementgesetz und das Wasserrechtsgesetz 1959 geän­dert werden (Umweltrechtsanpassungsgesetz 2013) (2292 d.B.) in der Fassung des Ausschussberichts (2316 d.B.)

Der Nationalrat wolle in 2. Lesung beschließen:

Die Regierungsvorlage des Bundesgesetzes (2292 d.B.) mit dem das Umweltförde­rungsgesetz, das Emissionszertifikategesetz 2011, das Wasserbautenförderungsge­setz 1985, das Umweltmanagementgesetz und das Wasserrechtsgesetz 1959 geän­dert werden (Umweltrechtsanpassungsgesetz 2013), wird wie folgt geändert:

Artikel 5 (Änderung des Wasserrechtsgesetzes 1959) wird wie folgt geändert:

1. Nach Z 11 wird folgende Z 11a eingefügt:

„11a. In § 33g Abs. 2 wird die Bezeichnung „2015“ durch die Bezeichnung „2021“ er­setzt.“

2. In Z 23 wird in § 55p Abs. 1 erster Satz vor dem Wort „erlassen“ das Wort „zu“ ein­gefügt.

3. In Z 42 wird in § 145 Abs. 12 die Wortfolge „Ziffern 24 bis 26 (§ 55p) und Z 28
(§ 99)“ durch die Wortfolge „Ziffern 23 bis 25 (§ 55p) und Z 27 (§ 99) “ ersetzt.

Begründung:

Zu Z 1: In einzelnen Bundesländern wird der Nachholbedarf bei der Durchführung der für Altanlagen erforderlichen Verfahren als beträchtlich eingeschätzt – weshalb selbst bei Anstrengung aller Kräfte die derzeit vorgesehene Fristerstreckungsmöglichkeit bis ins Jahr 2015 als nicht ausreichend erachtet wird.

Zu Z 3: Die Verlagerung der Zuständigkeit für Nassbaggerungen an die Bezirksverwal­tungsbehörde soll zeitgleich mit der Einführung der Verwaltungsgerichtsbarkeit am
1. Jänner 2014 in Kraft treten. Dies gilt auch für die Änderungen in § 55p WRG 1959 aufgrund unionsrechtlicher Implikationen (Außerkrafttreten der Fischgewässerrichtli­nie). Dementsprechend ist der fehlerhafte Verweis in § 145 Abs. 12 richtig zu stellen.

*****

 


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Huber. 3 Minu­ten Redezeit. – Bitte.

 


20.14.30

Abgeordneter Gerhard Huber (BZÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Hohes Haus! Es sollte in der Politik nicht darum gehen, recht zu haben, aber diesem Bundesminister geht es mit Gewalt darum, recht zu behalten, koste es, was es wolle. Vielleicht, wenn diese schwarz-rote Achse einmal endlich ihr Gespräch beendet, kann der Herr Minister auch einmal den Abgeordneten folgen. (Beifall beim BZÖ.)

Mit dieser Novelle wird nun das Umweltinformationsgesetz novelliert. Das war genau dieses Gesetz, hinter dem sich der Bundesminister versteckt hat, wo er seine Aus­kunftsverweigerung begründet hat und wo er gesagt hat, dieses Gesetz muss novelliert werden. Jetzt ist es da, jetzt wird es novelliert. Der Verfassungsexperte Mayer hat gesagt: Herr Minister, Sie müssen dieses Gesetz nicht novellieren, Sie müssen es nur lesen! – Offensichtlich hat der Minister es nicht gelesen. (Abg. Hornek: Wenn du es nur verstehen würdest!)

Es muss uns schon zum Nachdenken anregen, wenn wir einen Minister haben, dem der anerkannteste Verfassungsexperte in der ZiB 24 ausrichtet, dass sein Verhalten mit Haft bedroht ist. Das Verhalten dieses Bundesministers ist mit Haft bedroht (Ruf bei der ÖVP: Weißt du das?), und die Politik in diesem Haus ist wirklich bedenklich. Es ist beschämend – fürs Protokoll –, wenn sich Abgeordnete der ÖVP aufführen wie Zirkus­clowns. Das ist, glaube ich, nicht angebracht. (Beifall beim BZÖ.)

Hier geht es um ein Thema, das die Menschen berührt. Das ist ein Thema, das unsere Zukunft berührt – und Sie verhalten sich da wie Zirkusclowns. Ich sage Ihnen nur: Schämen Sie sich! (Zwischenrufe bei der ÖVP.)


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll203. Sitzung / Seite 227

Wie diese Bundesregierung mit der Demokratie umgeht, ist auch höchst bedenklich. Wir haben den Ausschuss gehabt. In diesem Ausschuss werden 11 Oppositionsan­träge vertagt. Das ist die Politik dieser ÖVP und der Beitragstäter! Und die SPÖ hilft da noch mit.

Wenn ich nicht wüsste, dass ich einen Ordnungsruf bekommen würde, würde ich jetzt sagen, dass ihr die verlogenste Politik betreibt, die es gibt. (Heiterkeit und Rufe bei der ÖVP: Ja! Ja!)

*****

 


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Herr Abgeordneter Huber, das war sogar mit Ansage und daher doppelt verwerflich. Für den Ausdruck „verlogenste Partei“ in Richtung ÖVP erteile ich Ihnen einen Ordnungsruf.

*****

Setzen Sie bitte fort!

 


Abgeordneter Gerhard Huber (fortsetzend): Herr Präsident! Damit kann ich leben, denn es geht wirklich um die Ernsthaftigkeit. Es ist so: Diese ÖVP streut uns massiv Sand in die Augen und verwischt alles. Nur aufgrund des medialen Druckes – da soll­ten wir uns alle zurückerinnern –, hat der Herr Spindelegger gesagt, „im Zweifel für die Bienen“. Was heißt das? – (Abg. Grillitsch: Im Zweifel für die Bauern!) „Im Zweifel für die Bienen“ heißt bei dieser ÖVP, dass Ihr euch wieder geweigert habt, unsere Anträge umzusetzen, dass Ihr weiterhin die Bienen mit Neonicotinoiden vergiftet, dass dieser Bundesminister das weiterhin für das gesamte Wintergetreide – da reden wir von 360 000 Hektar – erlaubt, dieses DDT in verschärfter Form, das 7 000 Mal toxischer ist. Das ist die Arbeit, das ist die Leistung, das ist die Wahrhaftigkeit, das ist die Glaub­würdigkeit von Spindelegger.

„Im Zweifel für die Bienen“ heißt, die SPÖ als Beitragstäter zum Mitstimmen zu über­reden und alles beim Alten zu belassen. Gerade nur das Mindestmaß dieser EU-Verordnung wird umgesetzt, alles andere ist nur Politik für Konzerne, Berlakovich-BASF. Da kann man sagen, das ist die Achse des Bösen, das ist die Achse, die Ös­terreich wirklich bedroht. (Ironische Heiterkeit bei der ÖVP. – Abg. Ing. Schultes: Spürst du dich noch?)

Herr Bundesminister, schauen Sie, die ÖVP lacht. (Zwischenbemerkung des Bundes­ministers Dipl.-Ing. Berlakovich.) Das ist nicht ernsthaft, das ist nicht seriös, wenn ein Herr Parteichef, wenn ein ÖVP-Obmann Spindelegger sagt, „im Zweifel für die Bienen“, und ihr nichts weiter macht, als zu versuchen, die Bevölkerung medial zu beruhigen und weiterhin nur Politik für die Konzerne zu machen, Politik gegen die Gesundheit, Politik gegen eine gesunde Ernährung, Politik für keine gute Landwirtschaft, Politik nur für Konzerne und zum Absichern von Pfründen.

Und diese SPÖ stimmt überall mit. Das ist traurig. Diesen Ordnungsruf davor, Herr Präsident, den nehme ich gerne in Kauf, weil ich hoffe, dass das einige Menschen se­hen. Die Wahrheit kommt dabei heraus. Das muss einmal gesagt werden! Die Wahr­heit muss auf den Tisch! (Ruf bei der ÖVP: Das ist deine Wahrheit!)

Diese Politik ist wirklich mehr als gescheitert, und ihr werdet das auch im September spüren. (Beifall beim BZÖ.)

20.19


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Als Nächster zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Keck. 2 Minuten Redezeit. – Bitte.

 



Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll203. Sitzung / Seite 228

20.19.55

Abgeordneter Dietmar Keck (SPÖ): Wir diskutieren heute das Abfallwirtschaftsgesetz und das Altlastensanierungsgesetz. Es sind ja bereits viele Argumente dazu gefallen. Wir haben hier Gesetze vorliegen, die den Einklang mit der Realität finden. Möglich ist das auch wegen einiger wichtiger Kompromisse, die hiezu gefunden werden konnten. Das ist richtig und gut so. Trotzdem ist es notwendig, einen Abänderungsantrag einzu­bringen.

Ich bringe folgenden Antrag ein:

Abänderungsantrag

der Abgeordneten Mag. Josef Lettenbichler, Dietmar Keck, Kolleginnen und Kollegen

Der Nationalrat wolle in zweiter Lesung beschließen:

„Die Regierungsvorlage eines Bundesgesetzes, mit dem das Emissionszertifikatege­setz 2011, das Bundesluftreinhaltegesetz, das Umweltinformationsgesetz, das Bundes-Umwelthaftungsgesetz, das Chemikaliengesetz 1996, das Altlastensanierungsgesetz, das Abfallwirtschaftsgesetz 2002 und das Wasserrechtsgesetz 1959 geändert werden (Verwaltungsgerichtsbarkeits-Anpassungsgesetz – Umwelt, Abfall, Wasser) (2290 d.B.), wird wie folgt geändert:

Artikel 6 (Änderung des Altlastensanierungsgesetzes) wird wie folgt geändert:

1. Die Ziffer 1 erhält die Bezeichnung „1a“ und folgende neue Ziffer 1 wird eingefügt:

‚1. § 3 Abs. 1a Z 11 lautet:

„11. Stahlwerksschlacken (LD-Schlacken, Elektroofenschlacken) und aufbereiteter, qualitätsgesicherter Asphaltaufbruch aus Stahlwerksschlacken, die eine der folgenden Voraussetzungen erfüllen:

a) Stahlwerksschlacken und aufbereiteter Asphaltaufbruch aus Stahlwerksschlacken, die im technisch notwendigen Ausmaß zulässigerweise im Ingenieur- und Straßenbau für die Herstellung einer Tragschicht mit gering durchlässiger Deckschicht verwendet werden, sofern durch ein Qualitätssicherungssystem gewährleistet wird, dass die erfor­derliche Qualität gegeben ist;

b) Stahlwerksschlacken, die sich für einen Einsatz gemäß lit. a eignen und in ein Mo­nokompartiment oder einen Kompartimentsabschnitt in einer Baurestmassendeponie oder einer Reststoffdeponie eingebracht werden, die im Hinblick auf eine spätere zu­lässige Verwertung eingerichtet wurden;

c) Stahlwerksschlacken, die als qualitätsgesicherte Ersatzrohstoffe für eine andere Verwertung als nach lit. a in ein Monokompartiment oder einen Kompartimentsab­schnitt in einer Reststoffdeponie eingebracht werden, die im Hinblick auf eine spätere zulässige Verwertung eingerichtet wurden.“‘

*****

(Beifall bei SPÖ und ÖVP. – Abg. Mag. Kogler: So genuschelt, das ist ja kein Antrag!)

20.22


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Der soeben eingebrachte Abänderungsantrag ist ausreichend unterstützt und steht mit in Verhandlung.

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll203. Sitzung / Seite 229

Abänderungsantrag

der Abgeordneten Mag. Josef Lettenbichler, Dietmar Keck Kolleginnen und Kollegen

zur Regierungsvorlage eines Bundesgesetzes, mit dem das Emissionszertifikatege­setz 2011, das Bundesluftreinhaltegesetz, das Umweltinformationsgesetz, das Bundes-Umwelthaftungsgesetz, das Chemikaliengesetz 1996, das Altlastensanierungsgesetz, das Abfallwirtschaftsgesetz 2002 und das Wasserrechtsgesetz 1959 geändert werden (Verwaltungsgerichtsbarkeits-Anpassungsgesetz – Umwelt, Abfall, Wasser) (2290 d.B.), in der Fassung des Ausschussberichtes (2315 d.B.)

Der Nationalrat wolle in 2. Lesung beschließen:

Die Regierungsvorlage eines Bundesgesetzes, mit dem das Emissionszertifikatege­setz 2011, das Bundesluftreinhaltegesetz, das Umweltinformationsgesetz, das Bundes-Umwelthaftungsgesetz, das Chemikaliengesetz 1996, das Altlastensanierungsgesetz, das Abfallwirtschaftsgesetz 2002 und das Wasserrechtsgesetz 1959 geändert werden (Verwaltungsgerichtsbarkeits-Anpassungsgesetz – Umwelt, Abfall, Wasser) (2290 d.B.), wird wie folgt geändert:

Artikel 6 (Änderung des Altlastensanierungsgesetzes) wird wie folgt geändert:

1. Die Ziffer 1 erhält die Bezeichnung “1a“ und folgende neue Ziffer 1 wird eingefügt:

‚1. § 3 Abs. 1a Z 11 lautet:

„11. Stahlwerksschlacken (LD-Schlacken, Elektroofenschlacken) und aufbereiteter, qualitätsgesicherter Asphaltaufbruch aus Stahlwerksschlacken, die eine der folgenden Voraussetzungen erfüllen:

a) Stahlwerksschlacken und aufbereiteter Asphaltaufbruch aus Stahlwerksschlacken, die im technisch notwendigen Ausmaß zulässigerweise im Ingenieur- und Straßenbau für die Herstellung einer Tragschicht mit gering durchlässiger Deckschicht verwendet werden, sofern durch ein Qualitätssicherungssystem gewährleistet wird, dass die erfor­derliche Qualität gegeben ist;

b) Stahlwerksschlacken, die sich für einen Einsatz gemäß lit. a eignen und in ein Mo­nokompartiment oder einen Kompartimentsabschnitt in einer Baurestmassendeponie oder einer Reststoffdeponie eingebracht werden, die im Hinblick auf eine spätere zu­lässige Verwertung eingerichtet wurden;

c) Stahlwerksschlacken, die als qualitätsgesicherte Ersatzrohstoffe für eine andere Verwertung als nach lit. a in ein Monokompartiment oder einen Kompartimentsab­schnitt in einer Reststoffdeponie eingebracht werden, die im Hinblick auf eine spätere zulässige Verwertung eingerichtet wurden. “‘

Begründung:

Zu Z 2 betreffend Art. 6 (Änderung des Altlastensanierungsgesetzes):

Allgemeines; zur erweiterten Beitragsbefreiung gemäß lit a: Mit der gegenständlichen Novelle wird die mit BGBl I 2011/15 eingeführte Ausnahme von der Beitragspflicht da­hingehend ergänzt, dass nicht nur der Ersteinbau von Stahlwerksschlacken im Stra­ßen- und Ingenieurbau, sondern auch deren Verwertungskreislauf geregelt wird. Dieser erweiterte Anwendungsbereich der Regelung ist vor dem Hintergrund der Zielrichtung des Abfallwirtschafts- und Altlastenrechts, den gesamten Lebenszyklus von Stoffkreis­läufen zu betrachten, zweckmäßig und geboten. Aus diesem Grund wird die Beitrags­befreiung auch auf aufbereiteten, qualitätsgesicherten Asphaltaufbruch aus Stahl­werksschlacken, die sich für den Wiedereinsatz im Ingenieur- und Straßenbau eignen,


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll203. Sitzung / Seite 230

erstreckt. Der damit verbundene Regelungsgedanke entspricht der für mineralische Baurestmassen bereits bestehenden Ausnahme in § 3 Abs. 1a Z 6 AlSAG.

Durch die Einfügung einer Legaldefinition des Begriffs „Stahlwerksschlacken“ im Klam­merausdruck des Einleitungssatzes wird klargestellt, dass darunter nur LD-Schlacken und Elektroofenschlacken, nicht aber zB Edelstahlschlacken zu verstehen sind. Dieses Begriffsverständnis lag schon der Novelle BGBl I 2011/15 zugrunde und wird nunmehr ausdrücklich im Gesetzestext verankert (schon im Bericht des Umweltausschusses zur Novelle 2011, 1085 BlgNR, 24. GP heißt es ausdrücklich: „Mit dem Begriff Stahlwerks­schlacke werden zusammenfassend die LD-Schlacke aus dem LD-Verfahren und die Elektroofenschlacke aus der Herstellung von Stahl im Elektrostahlverfahren bezeich­net“).

Anzumerken ist, dass die Bedingungen, unter denen ein (Wieder-)Einbau von Stahl­werksschlacken im Ingenieur- und Straßenbau (in der Tragschicht und der Deck­schicht) zulässig im Sinne dieser Bestimmung ist, im Rahmen einer Recycling-Bau­stoffverordnung näher geregelt werden wird; durch das Tatbestandselement „zulässi­gerweise“ trägt die gegenständliche Fassung auch künftigen Rechtsentwicklungen hin­sichtlich der Regulierung des Einsatzes von Stahlwerksschlacken vorsorglich Rech­nung.

Gleichermaßen werden gegebenenfalls weitere oder nähere Anforderungen an die in lit b und c genannten Monokompartimente sowie Kompartimentsabschnitte in einer No­velle zur Deponieverordnung 2008 zu regeln sein; erste Erfahrungen können unter Um­ständen im Zuge von Versuchsbetrieben gemäß § 44 Abs. 2 AWG 2002 gesammelt werden.

Klargestellt wird, dass die gegenständliche Änderung nur die Z 11 betrifft, nicht aber den nachfolgenden Satz (beginnend mit „Wer eine Ausnahme von der Beitragspflicht gemäß diesem Absatz in Anspruch nimmt, ). Dieser bleibt unverändert bestehen; die darin angeordnete Nachweispflicht gilt selbstverständlich auch für die Ausnahmetatbe­stände der Z 11.

2. Zur Betragsbefreiung gemäß lit b: Durch unter 1. genannten Regelungen der Re­cycling-Baustoffverordnung wird eine Verschärfung des Zulassungsregimes für den (Wieder-)Einbau von Stahlwerksschlacken im Straßen- und Ingenieurbau eingeführt werden, sodass der Vertrieb erzeugter Schlacken für den Straßen- und Ingenieurbau hinkünftig in geringeren Mengen und über längere Zeiträume hinweg erfolgen wird. Dies bedingt, dass – über die Möglichkeit einer bloßen Zwischenlagerung hinaus – die Möglichkeit der Errichtung von längerfristigen Pufferlagern für den späteren Einbau die­ser Schlacken geschaffen werden muss. Dafür sollen entsprechende, im Hinblick auf die spätere Verwertung qualitätsgesicherte Monokompartimente oder Kompartiments­abschnitte auf geeigneten Deponien eingerichtet werden, in denen die jeweilige Schla­ckenfraktion unvermischt für eine spätere Verwertung, wie zB durch Entnahme und einen geordneten Vertrieb bereitgehalten wird. Nach aktuellem Stand der Diskussion sind für die Einrichtung solcher Kompartimente Baurestmassendeponien jedenfalls ge­eignet; abgesehen davon ist es selbstverständlich zulässig, auch in höherwertigen De­ponien (zB Reststoffdeponien) die Einrichtung solcher Kompartimente zu genehmigen (zum Erfordernis der Trennung von anderen Fraktionen sh unter 3.). Im Hinblick darauf, dass Schlacken bei dieser Einlagerung schon einen aufwändigen Qualitätssi­cherungsprozess durchlaufen haben und über produktgleiche Qualitäten (und vielfach auch über eine REACH-Registrierung) verfügen, ist diese Beitragsbefreiung sachlich gerechtfertigt.

3. Zur Beitragsbefreiung gemäß lit c: Infolge der hinkünftig eingeschränkten Einsatzbe­dingungen im Straßenbau wird die Schlackenerzeugung verstärkt auf andere Verwen-


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dungszwecke umgestellt werden müssen. Neben Einsatzbereichen wie zB für die Ze­menterzeugung bzw. andere industrielle Anwendungen sind vor allem die laufenden Forschungsvorhaben zur Rückgewinnung von Schwermetallkomponenten zu nennen (dies insbesondere im Kontext des Urban Mining). Infolge der damit verbundenen, hö­heren Schwermetallkonzentration sollen die dafür vorgesehen Monokompartimente oder Kompartimentsabschnitte auf Reststoffdeponien eingerichtet werden (diese sind aber – im Hinblick auf die unterschiedlichen Verwertungswege – von jenen Komparti­menten zu trennen, die für im Straßen- und Ingenieurbau wiederverwendbare Fraktio­nen eingerichtet werden).

Auch bei den dort einzubringenden Schlackenfraktionen handelt es sich um gezielt im Rahmen der Schlackenerzeugung gesteuerte Qualitäten; allerdings bedeutet Qualitäts­sicherung in diesem Zusammenhang nicht die Einhaltung bestimmter normierter Eigen­schaften (da entsprechende Normen im gegenwärtigen Forschungsstadium naturge­mäß noch nicht existieren), sondern die gezielte Beeinflussung der Produktionsbedin­gungen im Hinblick auf derartige Forschungsvorhaben und Verwertungsmöglichkeiten. Darin liegt auch die sachliche Rechtfertigung für diese Beitragsbefreiung begründet.

Die unionsrechtlichen Kriterien für die gegebenenfalls erforderlichen Behandlungs­schritte, Lagerung und Deponierung werden eingehalten.

*****

 


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Dr. Pirklhuber. 3 Minuten Redezeit. – Bitte.

 


20.22.16

Abgeordneter Dipl.-Ing. Dr. Wolfgang Pirklhuber (Grüne): Meine Damen und Her­ren! Herr Bundesminister! Anhand dieses Abänderungsantrages vom Kollegen Keck sehen Sie, wie Regierungspolitik funktioniert – extrem schlecht. Es ist unglaublich: Der Minister wirft uns als Opposition vor, dass wir kritisieren, dass er 15 Gesetze in Sam­melgesetznovellen relativ kurzfristig vor Ende der Legislaturperiode noch schnell, schnell, schnell durchpushen will durch dieses Haus – und monatelang nichts tut!

Wir wollten zusätzliche Ausschusstermine haben. Wir haben auch Umweltausschüsse ohne eine einzige Regierungsvorlage erlebt, und das ist der Skandal! Und dann sind Sie so schlecht vorbereitet, dass hier ein Abänderungsantrag nach dem anderen kommt. Das ist Ihre Handschrift, Herr Bundesminister, wir kennen sie schon! Aber zei­gen Sie nicht in Richtung Bürgerrechte, wenn Sie hier heraußen stehen!

Zeigen Sie nicht in Richtung Bürgerrechte! Ich bin nicht angerührt, sondern ich finde es skandalös, dass ein Umweltminister großartig verkündet, die Bürgerrechte würden ge­stärkt, wir aber gleichzeitig von der Aarhus-Konvention, vom Compliance Committee eine Aufforderung haben – dringlich, und bereits seit März 2012 bekannt –, dass wir das Umweltinformationsgesetz nach der Aarhus-Konvention entsprechend ändern müssen.

Was haben Sie gemacht? – Nichts dazu bei der Änderung des Umweltinformationsge­setzes. Dann haben Sie öffentlich bekanntgegeben, dass es im Bereich der Information ein Problem gibt – die Kollegen haben es schon erwähnt –, was die Transparenz bei den Wirkstoffen der Pflanzenschutzmittel betrifft.

Da sind Sie schon verantwortlich. Wenn eine Ihnen zugeordnete Dienststelle oder öf­fentliche Einrichtung, nämlich die Agentur für Gesundheit und Ernährungssicherheit, beziehungsweise das Bundesamt für Ernährungssicherheit, wenn diese Einrichtung öf­fentlich bekanntgibt oder den Unterausschuss darüber informiert, dass sie der Amts-


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verschwiegenheit unterliegen, und dass diese Amtsverschwiegenheit mehr wert ist als das Umweltinformationsrecht, dann sind Sie mitverantwortlich, Herr Bundesminister!

Da haben Sie eine Möglichkeit. Sie hätten es inzwischen klären können. Wir haben Ihnen einen Brief geschickt, in dem wir Sie auffordern, diese Zahlen bekannt zu ge­ben – bis heute ist nichts passiert. Sie haben öffentlich gesagt, da braucht es eine No­velle des Umweltinformationsgesetzes. Wo ist der Abänderungsantrag der Regierungs­fraktionen? Wo ist er jetzt, damit diese Transparenz hergestellt wird? (Beifall bei Grü­nen und BZÖ.)

Zeigen Sie nicht auf die Bürger! Machen Sie Ihre Arbeit im Interesse Österreichs, im In­teresse einer wirklich effizienten Umweltpolitik! Das ist die Herausforderung, meine Da­men und Herren.

Natürlich kommt dann der Teil zu kurz, der auch zu einer parlamentarischen Debatte gehört, nämlich die guten Teile in diesem Gesetz auch zu bewerten, zu behandeln, zu diskutieren, nämlich die Aufstockung in der Siedlungswasserwirtschaft. Ja, natürlich ist das wichtig, weil Abwasserentsorgung im ländlichen Raum wichtig ist. Auch was die Umweltförderung betrifft, würden wir gerne ausführlich diskutieren.

So geht das nicht! Sie vermanschen mit Ihren Sammelgesetznovellen das eine mit dem anderen. So können wir das nicht machen. Daher, meine Damen und Herren, brauchen wir ein eigenständiges Umweltministerium und eine effiziente politische De­batte – und keine Sammelgesetznovellen, die alles ineinander vermanschen und dann noch dazu schlecht gemacht sind. So geht das nicht, Herr Umweltminister! (Beifall bei den Grünen.)

20.25


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Hörl. 2 Minuten Redezeit. – Bitte.

 


20.25.43

Abgeordneter Franz Hörl (ÖVP): Sehr geehrter Herr Bundesminister! Herr Präsident! Hohes Haus! Zuerst einmal möchte ich mich bei der grünen Fraktion und bei der Frau Klubobfrau bedanken. Daher habe ich mir heute als besonderes Zeichen, als Geste des Respekts vor dem sachlichen und konstruktiven Verhandlungsergebnis bei den Ti­roler Regierungsverhandlungen eine grüne Krawatte angelegt. Das sollte ein Zeichen des Respektes sein. (Abg. Neubauer: Stimmt ja eh nicht ! – Zwischenruf der Abg. Mag. Wurm.)

Ich würde mir wünschen, dass auch die Grünen auf Bundesebene ähnlich sachlich und konstruktiv arbeiten würden, wie wir das jetzt in Tirol erlebt haben. (Beifall bei der ÖVP.)

Wir sind also mitten in der Umsetzung der Verwaltungsgerichtsbarkeit. (Neuerlicher Zwischenruf des Abg. Neubauer.) – Herr Neubauer, zu Ihnen komme ich noch, warten Sie nur!

Ich möchte nur sagen, dass wir aus Tiroler Sicht natürlich in der konzeptionellen Um­setzung und in ihrer Gesamtheit die nicht zwingende Einrichtung dieser Verwaltungs­gerichtsbarkeit sehr kritisch gesehen haben, weil damit natürlich auch die größte Ent­machtung der Länder und der Politik in den Ländern vollzogen wird. Nachdem das aber der Konsens ist, den wir in diesem Haus nach vielen Jahrzehnten erarbeitet ha­ben – und ich möchte auch den Kollegen Gerstl würdigen –, geht es nun um die Um­setzung.

Es geht um die Ausstattung der UVS, es geht um die personelle Ausstattung. Es geht um die Anstellung von den notwendigen neuen Richtern. Dazu darf ich vermelden,


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dass wir hier im Bundesland Tirol relativ weit sind. Es ist unserem zuständigen Landes­rat Tratter gelungen, die Richter großteils aus der Beamtenschaft herbeizurufen, so­dass es den Anschein hat, das wir das, was uns angekündigt worden ist, nämlich dass es kostenneutral ist, auch zustande bringen – also eine sehr positive Entwicklung hier auch in Tirol.

Da meine Redezeit zu Ende geht und ich mich leider Gottes mit dem UVP, dem Um­weltsenat und dem Bundesverwaltungsgericht nicht mehr auseinandersetzen darf, darf ich noch dem Kollegen Neubauer etwas ausrichten: Ich verstehe, dass Sie sich bei Ski­gebieten nicht so auskennen (Abg. Neubauer: Mein Gott na!), ich verstehe auch, dass Sie sich möglicherweise an der Grenze zu Tschechien nicht so auskennen, aber ich darf Ihnen sagen, dass gerade Sie es waren, der immer eine Verschärfung der UVP, wenn es um Temelín ging, eingefordert hat. (Abg. Neubauer: Nicht die Verschärfung! Du kennst dich hinten und vorn nicht aus!)

In diesem Fall darf ich Sie beruhigen. Dieses wunderbare Skigebiet auf dem Hochficht im Dreiländereck Bayern, Böhmen und Oberösterreich wird also durchgehen. Ich bin auch guten Mutes, weil wir dort einen ausgezeichneten Vertreter haben, nämlich den Bezirksparteiobmann und Bundesminister Mitterlehner, der Ihnen helfen wird, das auch durchzusetzen. Wenn Sie einen Ratschlag brauchen, stehe auch ich gerne zur Ver­fügung.

Ich wünsche im Übrigen viel Erfolg, Herr Minister! (Beifall bei der ÖVP.)

20.28


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Schopf. 2 Mi­nuten Redezeit. – Bitte.

 


20.28.26

Abgeordneter Walter Schopf (SPÖ): Herr Präsident! Herr Minister! Liebe Kollegin­nen, liebe Kollegen! Mit der Verwaltungsgerichtsbarkeits-Novelle 2012 wurde bekannt­lich eine zweistufige Verwaltungsgerichtsbarkeit geschaffen. Demnach werden mit Wir­kung ab 1. Jänner 2014 je ein Verwaltungsgericht erster Instanz der Länder sowie zwei Verwaltungsgerichte erster Instanz beim Bund eingerichtet, und zwar ein Bundesver­waltungsgericht und ein Bundesfinanzgericht.

Meine Damen und Herren, unter anderem wird mit dieser Beschlusslage ab 1. Jän­ner 2014 quasi der Umweltsenat abgeschafft. Diese Kompetenzen wird in Zukunft der Bundesverwaltungsgerichtshof übernehmen. Dieser Umweltsenat hat in der Vergan­genheit pro Jahr zirka 30 Berufungsverfahren erledigt, und zwar wurde das erledigt von nebenberuflich tätigen Mitgliedern. Interessantes Detail, aber für die Betroffenen nicht unwesentlich, was die Verfahrensdauer betrifft: Die Verfahrensdauer betrug in diesem Umweltsenat zirka fünf bis sechs Monate durchschnittlich pro Fall.

In Zukunft werden die Verfahren von hauptberuflich tätigen Verwaltungsrichtern durch­geführt. Das bedeutet letztendlich auch, dass wir damit rechnen können, dass die Ver­fahrensdauer aufgrund dieser hauptberuflich tätigen Richter ganz sicher verkürzt wird.

Meine Damen und Herren, noch ein paar Sätze zu Umweltorganisationen, weil es da natürlich Diskussionen gab: Umweltorganisationen haben unter anderem zurzeit ein Antragsrecht auf Überprüfung negativer Feststellungsverfahren beim Umweltsenat. Wie wird das in Zukunft sein? – Auch in Zukunft haben Umweltorganisationen die Mög­lichkeit der Beschwerde. Sie haben eine Beschwerdemöglichkeit gegen einen nega­tiven Feststellungsbescheid eben beim Bundesverwaltungsgerichtshof. – Ich danke. (Beifall bei der SPÖ.)

20.30



Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll203. Sitzung / Seite 234

Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Zu einer tatsächlichen Berichtigung hat sich Herr Abgeordneter Neubauer in Bezug auf die Rede des Herrn Abgeordneten Hörl zu Wort gemeldet. Ich erinnere ausdrücklich an die einschlägigen Bestimmungen der Ge­schäftsordnung. – Bitte.

 


20.30.44

Abgeordneter Werner Neubauer (FPÖ): Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Bundes­minister! Sehr geehrte Damen und Herren! Herr Kollege Hörl hat vorhin behauptet, ich hätte mich früher immer für die Verschärfung der UVP-Richtlinie eingesetzt und wäre dafür eingetreten.

Ich berichtige tatsächlich: Ich habe mich nie für eine Verschärfung dieser UVP-Richt­linie, sondern für die Einhaltung der EU-Richtlinie eingesetzt – und das wird in diesem Haus ja wohl noch erlaubt sein. (Beifall bei der FPÖ.)

20.31


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Als vorläufig letzter Redner zu diesem Tagesord­nungspunkt ist Herr Abgeordneter Hornek zu Wort gemeldet. – Bitte.

 


20.31.00

Abgeordneter Erwin Hornek (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Hochgeschätzter Herr Bundesminister! Geschätzte Abgeordnete! Kolleginnen und Kollegen! Hohes Haus! Mit dem Umweltrechtsanpassungsgesetz 2013 sollen fünf wichtige Umweltge­setze geändert werden.

Zu Art. 1, Änderung des Umweltförderungsgesetzes: Das sieht vor, dass der Zusage­rahmen für die Siedlungswasserwirtschaft für das Jahr 2013 mit 45 Millionen € festge­setzt wird. Für das Jahr 2014 stehen sogar 100 Millionen € zur Verfügung.

Ich darf meinen Vorrednern, den beiden SPÖ-Bürgermeistern, nur beipflichten. Sie ha­ben hier sehr detailliert die Notwendigkeit zum Ausdruck gebracht, die im Zuge der Siedlungswasserwirtschaft gegeben ist. (Zwischenrufe bei der SPÖ.)

Sehr geehrte Damen und Herren, der Zusagerahmen für die Umweltförderung im In­land, auch UFI genannt, wird für den Zeitraum 2014 bis 2020 mit jeweils 90 Millionen € im Jahr festgesetzt, worüber ich mich sehr freue, weil damit viele Projekte, die umwelt­relevant sind, auch in Zukunft umgesetzt werden können. Persönlich freut es mich, dass die Erfolgsgeschichte der thermischen Sanierung bis zum Jahr 2016 verlängert wird – ebenfalls ein wichtiger Aspekt in diesem Bereich. Es wird in Zukunft keine Um­weltförderung mehr im Ausland geben.

Zu Art. 2, Änderung des Emissionszertifikategesetzes: Dabei handelt es sich in erster Linie um eine Anpassung an das Unionsrecht.

Zu Art. 3: Mit dieser Novelle werden die vom Bundesministerium für Land- und Forst­wirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft wahrgenommenen Tätigkeiten an eine Ab­wicklungsstelle ausgelagert. Die frei werdenden Personalkapazitäten werden für die Umsetzung der Hochwasserrichtlinie benötigt und auch verwendet.

Zu Art. 4, Änderung des Umweltmanagementgesetzes: Aufgrund der Änderung der EMAS-Verordnung ist das Umweltmanagementgesetz entsprechend anzupassen.

Zu Art. 5, Änderung des Wasserrechtsgesetzes 1959: Die Novelle des Wasserrechts­gesetzes sieht Verwaltungsvereinfachungen im Bereich des wasserrechtlichen Vollzu­ges vor. Es sollen gewisse Aufgabenstellungen in den Bereich der Bezirksverwaltungs­ebene verlagert werden. Es sollen auch in Bezug auf die Gewässeraufsicht Vereinfa­chungen erfolgen.

Geschätzte Damen und Herren, es gibt da viele Bausteine und positive Veränderungen zum Wohle unserer Umwelt. (Beifall bei der ÖVP.)

20.34



Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll203. Sitzung / Seite 235

Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Weitere Wortmeldung: Herr Abgeordneter Mag. Kog­ler. 3 Minuten Redezeit. – Bitte. (Abg. Mag. Kogler begibt sich zum Rednerpult und stellt dort ein Schild auf mit der Aufschrift: „Voves, Ihre Feigheit zerstört Natur“.)

 


20.34.20

Abgeordneter Mag. Werner Kogler (Grüne): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine Damen und Herren! Es wurde ja nicht unerwartungsgemäß im Kontext dieser Debatte auch die Fragestellung pro/contra Wasserkraft erörtert und immer wieder auch auf die Grünen verwiesen. Schauen Sie, jeder, der eine Zuschreibung vornimmt, die Grünen sind hundertprozentig gegen Wasserkraft oder bei anderer Gelegenheit zu hundert Prozent dafür, der beweist nur, dass er selber exakt gar nichts verstanden hat!

Es geht natürlich immer um Abwägungsfragen, allerdings vor dem Hintergrund, dass in Österreich die sogenannte Wasserkraft, vor allem auch, was unberührte Flussläufe be­trifft, bereits zu einem hohen Grad ausgebaut ist. Das muss Ihnen ja auch einmal klar sein: Wenn etwas zu einem hohen Grad ausgebaut ist, wird das auch nicht beliebig vermehrbar sein. Wir können keine zweite Donau graben. Wir können auch nicht jeden Gebirgsbach extra noch einmal irgendwo einfurchen, denn es wird deshalb auch nicht mehr hineinregnen. Das heißt, auch das ist beschränkt. Dann geht es aber darum, zu schauen: Wo sind die letzten großen Naturräume, die nicht mehr zerstört werden sollen?

In der Steiermark haben wir so ein Beispiel, wo in völliger – Herr Präsident, ich sage das in vollem Bewusstsein – Trottelhaftigkeit, in nachgerade umweltverbrecherischer Absicht von der steirischen Landesregierung, allen voran von Landeshauptmann Vo­ves – zugegeben, nicht in Ihrem Auftrag (in Richtung Bundesminister Dipl.-Ing. Berla­kovich), aber im Rahmen der mittelbaren Bundesverwaltung. Ich möchte den Minister an dieser Stelle ausdrücklich nicht attackieren, weil er es selber weiß, er kennt den Hintergrund: Das Umweltministerium hat in der Materie völlig dagegen Rechtsmeinung bezogen, aber aufgrund dieser trottelhaften Abfolgen, die nur eine Landesregierung zu­stande bringen kann, die entweder unfähig oder unwillig ist, ist es am Schluss passiert, dass irgendetwas Rechtskraft erwirkt hat, was nicht nur durch und durch ökologisch zerstörerisch, sondern auch durch und durch rechtswidrig ist – wie bei Hainburg, ärger noch, durch und durch rechtswidrig!

Dort werden Naturläufe zerstört, die unwiederbringlich sind. Schauen Sie sich das im Internet an, da können Sie genug davon erfahren! Das ist die Schwarze Sulm im Sü­den der Steiermark. Machen Sie sich kundig, Sie werden ohnehin noch mehr davon hören!

Was Landeshauptmann Voves damit aufgeführt hat, das 2007 zu genehmigen, obwohl Gewässergüte I, obwohl „Natura 2000“-Gebiet der Union: die hat mittlerweile ein Ver­tragsverletzungsverfahren deshalb eingeleitet – wieder einmal, nicht irgendwie herum­geredet, sondern ein Verfahren eingeleitet, das zunächst ruhend gestellt war. Aber als der Verfassungsgerichtshof das Ganze aufgehoben hat, weil eben dort so trottelhaft vorgegangen wurde von Voves und Konsorten, hat die Union das sofort wieder einge­leitet – zu Recht!

Jetzt entsteht die perverse Situation, dass das niemals hätte genehmigt werden dürfen, aber unter dem Vorwand der volkswirtschaftlichen Notwendigkeit – wegen ein paar Haushalten, ein paar tausend Haushalten, was da jährlich an Strom angeblich kommt, also ganz viel Naturzerstörung für ganz wenig Strom – der Ausnahmeparagraph gezo­gen wurde. Mittlerweile schaut die volkswirtschaftliche Geschichte aber so aus, dass wir Millionen-Strafzahlungen von der EU zu gewärtigen haben, also das, warum das gerade noch genehmigt wurde – ohnehin rechtswidrig –, sich in Wirklichkeit ins Gegen­teil verkehrt, weil volkswirtschaftlicher Schaden bis zum Exzess droht. Das hat die stei­rische Landesregierung zu verantworten!


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll203. Sitzung / Seite 236

Sie, Herr Bundesminister, sollten auch eingreifen, Sie haben auch Kompetenzen! (Abg. Dr. Glawischnig-Piesczek: Selbstverständlich!) Aber das muss gesagt werden, und das muss angegangen werden. Jetzt haben wir also die Situation: erstens rechtswidrig, zweitens volkswirtschaftlich blöd, drittens ein Haufen Schadenersatzzahlungen, wenn man so will, gegenüber der Union, und letztendlich eine zu bereinigende Situation, Herr Bundesminister, wo Sie selber auch sagen, die Landesregierung beziehungsweise der Landeshauptmann soll endlich entscheiden. Aber ich sage Ihnen, wenn er das nicht tut, dann müssen Sie auch etwas tun! Sie müssen ihn zumindest zur Räson bringen, darum appelliere ich an der Stelle!

Dort fahren jetzt die ersten Bagger herum. Aber wir werden die Widerstandkämpferin­nen und -kämpfer dort unterstützen. Ich sage Ihnen das ganz offen, weil es einfach wieder so ist wie schon öfter: Wenn Unrecht zu Recht wird, wird Widerstand zur Pflicht! (Abg. Dr. Glawischnig-Piesczek: Bescheid aufheben!) Lassen Sie sich das hinter die Ohren schreiben: So geht das nicht, die letzten Naturgebiete dort zerstören auf diese schäbige Art und Weise, und das unter den angeblichen Reformern in der Steiermark! Die werden sich noch wundern: Das wird ihr Waterloo! (Abg. Dr. Glawischnig-Pies­czek: Schwarze Sulm!) Also dieser Herr Voves ist bei mir unten durch! (Beifall bei den Grünen.)

20.39

20.39.10

 


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Zu Wort ist dazu niemand mehr gemeldet. Ich schlie­ße daher die Debatte.

Wünscht einer der Berichterstatter ein Schlusswort? – Das ist nicht der Fall.

Wir kommen zur Abstimmung, die ich über jeden Ausschussantrag getrennt vor­nehme.

Zunächst gelangen wir zur Abstimmung über Tagesordnungspunkt 16: Entwurf betref­fend ein Bundesgesetz, mit dem das Umweltverträglichkeitsprüfungsgesetz geändert und das Bundesgesetz über den Umweltsenat aufgehoben wird, samt Titel und Ein­gang in 2252 der Beilagen.

Ich ersuche jene Damen und Herren, die für diesen Gesetzentwurf sind, um ein Zei­chen der Zustimmung. – Das ist mit Mehrheit angenommen.

Wir kommen sogleich zur dritten Lesung.

Ich ersuche jene Damen und Herren, die dem vorliegenden Gesetzentwurf auch in dritter Lesung ihre Zustimmung erteilen, um ein entsprechendes Zeichen. – Auch das ist die Mehrheit. Der Gesetzentwurf ist somit auch in dritter Lesung angenommen.

Wir gelangen zur Abstimmung über Tagesordnungspunkt 17: Entwurf betreffend Verwaltungsgerichtsbarkeits-Anpassungsgesetz – Umwelt, Abfall, Wasser, in 2315 der Beilagen.

Hiezu liegen folgende Zusatz- beziehungsweise Abänderungsanträge vor: Zusatz- be­ziehungsweise Abänderungsantrag der Abgeordneten Mag. Brunner, Kolleginnen und Kollegen sowie Zusatz- beziehungsweise Abänderungsantrag der Abgeordneten Mag. Lettenbichler, Keck, Kolleginnen und Kollegen.

Ich werde daher zunächst über die von den erwähnten Zusatz- beziehungsweise Abän­derungsanträgen betroffenen Teile, der Systematik des Gesetzentwurfes folgend, und schließlich über die restlichen, noch nicht abgestimmten Teile des Gesetzentwurfes ab­stimmen lassen.

Die Abgeordneten Mag. Brunner, Kolleginnen und Kollegen haben einen Zusatz- be­ziehungsweise Abänderungsantrag eingebracht, der die Einfügung einer neuen Z 1 in


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll203. Sitzung / Seite 237

Art. 3 sowie die sich daraus ergebenden Änderungen der nachfolgenden Ziffernbe­zeichnungen zum Inhalt hat.

Wer hiefür eintritt, den bitte ich um ein Zeichen. – Das ist die Minderheit und somit ab­gelehnt.

Wir gelangen sogleich zur Abstimmung über Art. 3 des Gesetzentwurfes in der Fas­sung des Ausschussberichtes.

Ich ersuche jene Mitglieder des Hohen Hauses, die hiefür ihre Zustimmung erteilen, um ein Zeichen. – Das ist mit Mehrheit angenommen.

Die Abgeordneten Mag. Lettenbichler, Keck, Kolleginnen und Kollegen haben einen Zusatz- beziehungsweise Abänderungsantrag eingebracht, der die Einfügung einer neuen Z 1 in Art. 6 sowie die sich daraus ergebenden Änderungen der nachfolgenden Ziffernbezeichnungen zum Inhalt hat.

Ich ersuche jene Damen und Herren, die sich dafür aussprechen, um ein Zeichen der Zustimmung. – Das ist mit Mehrheit angenommen.

Wir kommen zur Abstimmung über die restlichen, noch nicht abgestimmten Teile des Gesetzentwurfes samt Titel und Eingang in der Fassung des Ausschussberichtes.

Ich ersuche jene Damen und Herren, die hiefür ihre Zustimmung erteilen, um ein Zei­chen. – Auch das ist mit Mehrheit angenommen.

Wir kommen sogleich zur dritten Lesung.

Ich ersuche jene Damen und Herren, die auch in dritter Lesung für den vorliegenden Gesetzentwurf sind, um ein Zeichen der Zustimmung. – Das ist die Mehrheit. Der Ge­setzentwurf wird somit auch in dritter Lesung angenommen.

Wir kommen zur Abstimmung über Tagesordnungspunkt 18: Entwurf betreffend Um­weltrechtsanpassungsgesetz 2013 in 2292 der Beilagen.

Hiezu haben die Abgeordneten Ing. Schultes, Weninger, Kolleginnen und Kollegen ei­nen Zusatz- beziehungsweise Abänderungsantrag eingebracht.

Ich werde daher zunächst über die von dem Zusatz- beziehungsweise Abänderungs­antrag betroffenen Teile und schließlich über die restlichen, noch nicht abgestimmten Teile des Gesetzentwurfes abstimmen lassen.

Die Abgeordneten Ing. Schultes, Weninger, Kolleginnen und Kollegen haben einen Zu­satz- beziehungsweise Abänderungsantrag betreffend Art. 5 eingebracht.

Wer dem seine Zustimmung erteilt, den ersuche ich um ein Zeichen. – Das ist mit Mehrheit angenommen.

Wir kommen zur Abstimmung über die restlichen, noch nicht abgestimmten Teile des Gesetzentwurfes samt Titel und Eingang in der Fassung der Regierungsvorlage.

Ich ersuche jene Damen und Herren, die hiefür ihre Zustimmung erteilen, um ein Zei­chen. – Auch das ist mit Mehrheit angenommen.

Wir kommen zur dritten Lesung.

Ich ersuche jene Damen und Herren, die auch in dritter Lesung für den vorliegenden Gesetzentwurf sind, um ein Zeichen der Zustimmung. – Das ist die Mehrheit. Der Ge­setzentwurf ist somit auch in dritter Lesung angenommen.

Schließlich gelangen wir zur Abstimmung über Tagesordnungspunkt 19: Entwurf be­treffend ein Bundesgesetz, mit dem das Abfallwirtschaftsgesetz und das Altlastensa­nierungsgesetz geändert werden, samt Titel und Eingang in 2293 der Beilagen.


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll203. Sitzung / Seite 238

Ich ersuche jene Damen und Herren, die für diesen Gesetzentwurf sind, um ein Zei­chen der Zustimmung. – Das ist mit Mehrheit angenommen.

Wir kommen zur dritten Lesung.

Ich ersuche jene Damen und Herren, die dem vorliegenden Gesetzentwurf auch in drit­ter Lesung ihre Zustimmung erteilen, um ein Zeichen. – Auch das ist die Mehrheit. Der Gesetzentwurf ist somit auch in dritter Lesung angenommen.

20.45.0120. Punkt

Bericht des Umweltausschusses über die Regierungsvorlage (2161 und Zu 2161 d.B): Bundesgesetz, mit dem das Strahlenschutzgesetz geändert wird (2318 d.B.)

 


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Wir gelangen zum 20. Punkt der Tagesordnung.

Auf eine mündliche Berichterstattung wurde verzichtet.

Zu Wort gemeldet hat sich Herr Abgeordneter Dr. Karlsböck. 4 Minuten Redezeit. – Bitte.

 


20.45.04

Abgeordneter Dr. Andreas Karlsböck (FPÖ): Herr Präsident! Herr Minister! Wir ver­handeln und sprechen über eine Abänderung des Strahlenschutzgesetzes. Das Strah­lenschutzgesetz ist, wenn wir es definieren wollen, das zentrale Gesetzeswerk in Ös­terreich zum Schutz von Mensch und Umwelt vor Schäden durch ionisierende Strahlen und ist, da das Wort „ionisierende Strahlen“ darin vorkommt, natürlich eine heikle Ma­terie.

In dem konkreten Gesetz geht es um eine Verwaltungsvereinfachung – vereinfachend gesagt –, indem jetzt einmal auf der einen Seite die Zuständigkeiten der Prüforgane in Bezug auf Strahleneinrichtungen bestimmt und verändert werden. Momentan ist es so, dass die Bezirksverwaltungsbehörden diese Prüfungen innehaben; das sind mittlerwei­le so um die hundert. Das wird auf neun Ämter in Landesregierungen reduziert. Das finden wir für einen ganz guten Schritt, weil dadurch tatsächlich Einsparungen sowohl in der Effizienz als auch beim Geld getätigt werden können.

Das zweite, grundsätzlichere Problem oder die entsprechende Veränderung ist die Überwachung der Strahleneinrichtungen als solche. Das ist eine ziemlich fachorientier­te Geschichte, aber dazu muss man wissen, dass ionisierende Strahlen, Röntgen­strahlen natürlich nicht gleich Röntgenstrahlen sind. In Röntgengeräten in ärztlichen Praxen, in ärztlichen Ordinationen werden Strahlen durch Röhren hergestellt. Das heißt, durch Spannung und Elektrizität werden Strahlen erzeugt, die eine unterschiedli­che Intensität haben.

Auf der anderen Seite: Wenn man „ionisierende Strahlen“, „Röntgen“ hört, meint man ja im Hinterkopf, auch wenn man sich nicht so sehr damit beschäftigt, so etwas wie Fu­kushima oder Tschernobyl. Das sind dann Strahlenquellen, die man grundsätzlich voll­kommen anders zu behandeln hat. Auch das kommt natürlich im medizinischen Betrieb vor. Wir sprechen jetzt hier zwar nicht ausschließlich, aber hauptsächlich von Strahlen­einrichtungen in Ordinationen.

Da ist es so, dass es momentan alle zwei Jahre eine Überprüfung von Amts wegen gibt. Diese Überprüfung alle zwei Jahre haben der Gesetzgeber und die prüfenden Stellen, haben sämtliche Fachleute als viel zu kurzfristig angesehen, eigentlich auch als unsinnig. Man hat diese jetzt auf vier Jahre erstreckt: vier Jahre bei Zahnärzten und bei Tierärzten; komischerweise drei Jahre bei allen anderen, also bei Radiologen.


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll203. Sitzung / Seite 239

Das ist etwas, was auch wir als einen Kritikpunkt sehen, weil überhaupt nicht einzuse­hen ist, warum eine Berufsgruppe, die mehr oder weniger dieselben Geräte verwendet wie die anderen, jetzt unterschiedlich behandelt wird. Das hat natürlich den Keim der Verfassungswidrigkeit in sich. Es hat uns eigentlich kein Experte erklären können, wa­rum hier, bitte, diese Unterschiede bestehen.

Aber das Wichtigste bei so einer Veränderung ist der Patient. Der Patient hat hier wirk­lich im Mittelpunkt zu stehen, und wenn wir so eine Veränderung an Prüfungsinterval­len vornehmen, muss natürlich auch abgeklärt sein, ob der Patient einen Nachteil erlei­den kann. Denn alles Wirtschaftliche für den Betreiber, alles Wirtschaftliche für die Be­hörde, Verwaltungsvereinfachung ist gut und schön, darf aber nicht auf Kosten der Si­cherheit der Menschen gehen!

Das können wir nach reichlicher Diskussion ausschließen. Ich weiß auch, wovon ich spreche, ich bin selbst davon betroffen. Ich betreibe selbst so ein Gerät oder solche Geräte, deswegen kann ich sagen, es gibt heute in Österreich neben dieser amtswe­gigen Kontrolle ein engmaschiges System. Es gibt ein zentrales Strahlenschutzregis­ter, das im Ministerium angesiedelt ist. Es gibt für die Mitarbeiter Dosimeter, es gibt ein Dosisregister. Es gibt die Konstanzprüfungen, die vom Behandler, vom Strahlenschutz­beauftragten, vom Betreiber von Einrichtungen durchzuführen sind.

Dann gibt es noch eine indirekte, viel wichtigere Kontrolle: Das ist die Kontrolle des Be­handlers, des Arztes selbst. Warum ist das eine so wichtige und ernst zu nehmende Kontrolle? – Weil das Krankenkassensystem in Österreich vorsieht, Röntgenaufnah­men nur dann zu bezahlen, wenn sie ordentlich angefertigt sind. Das wird auch kontrol­liert. Der Arzt weiß, wenn er eine Aufnahme macht und sie danach sofort betrachtet, ob das Gerät in Ordnung ist oder nicht, weil es natürlich auch eine rein ethische Frage ist, wenn man merkt, dass hier etwas nicht in Ordnung ist, das zu beenden.

Grundsätzlich muss gesagt werden, dass wir natürlich für jeden Abbau administrativer Belastungen eintreten. Dafür sind wir als freiheitliche Partei bekannt.

Dieses Gesetz bewirkt, dass es zu einer eklatanten Verbesserung im administrativen Bereich kommt. Und wenn ich das noch sagen darf, wir würden uns wünschen, dass in anderen Bereichen, auch in der Medizin, unsinnige administrative Belastungen zurück­gefahren werden.

Ich könnte jetzt viel sagen, die Redezeit ist aber gleich abgelaufen, ich möchte nur ei­nes noch sagen zu dem möglichen Einwand, dass Patienten doch gefährdet werden könnten, weil das Intervall von zwei Jahren auf vier Jahre verändert wird, vor allem im zahnärztlichen Bereich. Dazu möchte ich nur sagen, der eigentliche Notfall, der in einer zahnärztlichen Praxis in Bezug auf Röntgengeräte eintreten könnte, ist einzig und al­lein das Hängenbleiben des Auslöser-Relais der Röhre. Das heißt auf Deutsch, der Schalter klemmt. Da gibt es eine einfache Methode: Man zieht den Stecker, wie beim Fernseher, aus der Steckdose. Aber seit 20 Jahren gibt es sowieso nur mehr auto­matisierte Schutzschalter, die nach zwei Sekunden automatisch abdrehen. Es hat seit damals keinen einzigen Notfall gegeben.

Deswegen glauben wir, noch einmal, das ist eine vernünftige Regelung, um eine admi­nistrative Erleichterung für alle Beteiligten zu erwirken. (Beifall bei der FPÖ.)

20.51


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Mag. Hammer. 4 Minuten Redezeit. – Bitte.

 


20.51.13

Abgeordneter Mag. Michael Hammer (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Bundesminister! Strahlenschutz ist ein wesentliches Anliegen für den


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll203. Sitzung / Seite 240

Schutz der Bevölkerung. Das Strahlenschutzgesetz, das vorliegt, definiert grundsätzli­che Regelungen zum Schutz vor ionisierender Strahlung. Die vorliegende Novelle – das ist der wesentliche Kern dieser Novelle – bringt eine Rückverlagerung der Zustän­digkeit von den Bezirkshauptmannschaften zu den Landesregierungen. Es ist dies eine wesentliche Maßnahme im Bereich der Deregulierung von Materien zwischen Bund und Ländern.

Ich darf die Gelegenheit auch nutzen, hier zu erwähnen, dass in der laufenden Gesetz­gebungsperiode eine Vielzahl von derartigen Deregulierungsmaßnahmen zwischen Bund und Ländern, von Verwaltungsvereinfachungen getroffen worden ist. Und das sei auch all jenen gesagt, die immer wieder nörgeln, dass im Verwaltungsbereich keine Verbesserungen, keine Reformen stattfinden. Hier wurde eine Vielzahl von Deregulie­rungen durchgeführt, da wurde und wird viel umgesetzt.

Die Novelle des Strahlenschutzgesetzes bringt eine Bündelung der Kompetenzen mit einer Verlagerung von den rund 100 Bezirkshauptmannschaften hin zu den Landesre­gierungen und damit verbunden Effizienzsteigerungen, Kosteneinsparungen und weni­ger Bürokratie.

Es wird auch – mein Vorredner hat es auch schon angesprochen – das Prüfintervall der behördlichen Überprüfung von derzeit zwei auf drei oder vier Jahre ausgeweitet, und die Novelle gewährleistet neben der Bündelung der Kompetenzen und einer Kos­teneinsparung vor allem auch die Sicherstellung österreichweit einheitlicher Vorgangs­weisen und Standards, zusammengefasst: eine Sicherstellung der hohen Standards bei gleichzeitiger Effizienzsteigerung und Kosteneinsparung. (Beifall bei der ÖVP.)

20.52


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Als nächste Rednerin zu Wort gelangt Frau Abgeord­nete Mag. Brunner. 2 Minuten Redezeit. – Bitte.

 


20.52.52

Abgeordnete Mag. Christiane Brunner (Grüne): Herr Präsident! Von meinen Vorred­nern ist schon erwähnt worden, es geht um die Ausdehnung von Intervallen bei den Kontrollen von Strahlenbetrieben. Ich weiß nicht, wie Sie die hohen Standards sicher­stellen wollen, wenn gleichzeitig die Kontrollen reduziert werden. Die Jahreszahlen will ich jetzt nicht wiederholen. Es sind in den Stellungnahmen von einigen Seiten hier Be­denken geäußert worden. Ich glaube, im Umgang mit radioaktiven Stoffen ist höchste Sorgfalt geboten, daher braucht es intensive Kontrollen, um die Risiken zu minimieren, für PatientInnen, aber vor allem auch für Personen, die aus beruflichen Gründen dies­bezüglich besonders exponiert sind. Es ist für mich unverständlich, dass die Prüfinter­valle hier erweitert werden.

In der Schweiz sind vor einigen Jahren 17 000 Röntgenanlagen überprüft worden: 350 An­lageninhaberinnen und -inhabern wurde die Strahlenschutzbewilligung wegen fehlen­der Wartung entzogen. Und ich glaube, hier kann nur durch entsprechende Kontrollen gewährleistet werden, dass die Menschen, die damit in Berührung kommen, auch aus­reichend geschützt sind. Jetzt passiert leider das Gegenteil.

Ich bin der Meinung, Österreich braucht ein eigenständiges, starkes und engagiertes Umweltministerium. – Danke. (Beifall bei den Grünen.)

20.54


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Mag. Steßl-Mühlbacher. 2 Minuten Redezeit. – Bitte.

 


20.54.12

Abgeordnete Mag. Sonja Steßl-Mühlbacher (SPÖ): Herr Präsident! Herr Bundesmi­nister! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Frau Kollegin Brunner, es hätte mich


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll203. Sitzung / Seite 241

ja gewundert, wenn Sie diesem Gesetz zugestimmt hätten. Im Ausschuss war die Ar­gumentation noch ein bisschen anders.

Grundsätzlich muss man feststellen, dass es sich hierbei um eine Verwaltungsreform handelt. Von den Grünen wird ja des Öfteren immer wieder eine Verwaltungsreformie­rung verlangt. Jetzt machen wir eine, und die Grüne Partei ist dagegen – aber das sind wir gewohnt.

Ich glaube, dass die Novelle erstens eine Effizienzsteigerung bringt und dass es zwei­tens auch wichtig ist, dass ich von 100 Bezirksverwaltungsbehörden, wo ich eben nicht ein dementsprechendes Spezialwissen habe, wo ich nicht so viele Fälle an Strahlenbe­lastung habe, auf neun Stellen bündle.

Neben der Zuständigkeitsänderung haben wir auch eine Änderung bei den Überprü­fungsintervallen. Hier möchte ich feststellen, dass die Prüfungsintervalle nur dort aus­geweitet werden, wo wir mit einem geringen Gefährdungspotenzial rechnen.

In diesem Sinne werde ich dann noch näher bei meiner Druckfehlerberichtigung auf dieses Gesetz eingehen. – Danke. (Beifall bei der SPÖ.)

20.55


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Mag. Wid­mann. 3 Minuten Redezeit. – Bitte.

 


20.55.39

Abgeordneter Mag. Rainer Widmann (BZÖ): Herr Präsident! Ich denke, wir sollten dieses Strahlenschutzgesetz etwas differenzierter diskutieren. Es stimmt: Es gibt eine Verwaltungsvereinfachung, indem eine Konzentration der Verwaltungsverfahren bei den Landeshauptleuten passiert. Früher waren es rund 100 BHs, jetzt ist der Landes­hauptmann dafür zuständig – positiv, kann man nur unterstützen.

Was man aber nicht unterstützen kann, ist die Verlängerung der Prüfintervalle, weil sie unlogisch ist: Beim Zahnarzt – das ist jener mit der geringeren Ausbildung, was den Strahlenschutz betrifft – erhöht man den Prüfintervall für diese Röntgengeräte von zwei auf vier Jahre, während man bei den Radiologen, die eine höherwertige Ausbildung ha­ben, was den Strahlenschutz betrifft, die Prüfintervalle nur von zwei auf drei Jahre er­höht. Das ist an sich ein sachlicher Widerspruch, den auch jeder Nicht-Strahlenschutz­techniker versteht. Das ist nicht logisch.

Daher glaube ich, dass dieses Gesetz auch von Lobbyisten geprägt ist, dass man in­terveniert hat, die Prüfintervalle möglichst lange auszudehnen, um sich Kosten zu spa­ren. Und das Ganze – und das ist der Kern – passiert auf dem Rücken der Patienten, um den Preis der möglichen Gefährdung der Gesundheit der Menschen. Meine sehr geehrten Damen und Herren, das ist das, was wir nicht haben wollen! (Beifall bei Ab­geordneten des BZÖ.)

Und da bin ich dann bei der SPÖ. Ich habe immer darauf gewartet, ob es eine Diffe­renzierung gibt. Verwaltungsvereinfachung: ja; Schutz der Gesundheit, Schutz der Pa­tienten: nein. Also wer diesem Gesetz zustimmt, der gefährdet die Gesundheit der Menschen. Witzig ist auch die Stellungnahme des Gesundheitsministeriums dazu. Das Gesundheitsressort leitet, glaube ich, Minister Stöger, bei der SPÖ angesiedelt. Der schreibt über sein Ressort sinngemäß zurück: Er sieht das Ganze sehr positiv – Beto­nung auf „sehr positiv“ – und hat keine Einwände.

Also es wird weniger geprüft, damit die PatientInnen einer höheren Gefahr ausgesetzt, und das hat auch die Arbeiterkammer aufgezeigt. In der Schweiz etwa gab es 17 000 Kontrollen. Im Zuge dieser 17 000 Kontrollen hat man bei 350 Anlagen die Be­willigung entzogen, weil sie nicht entsprechend gewartet worden sind, weil sie letztlich


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll203. Sitzung / Seite 242

gesundheitsgefährdend waren. Das ist jede 50. Anlage! Das heißt, bei jedem 50. Zahn­arztbesuch sind Sie in Zukunft durchaus auch Gefahren ausgesetzt.

Daher: Wenn Sie eine Partei sind, die Gesundheit nicht nur im Programm stehen hat, eine Partei sind, die Gesundheit auch lebt und für den Schutz der Menschen etwas tun will, dann müssen Sie das Gesetz in der jetzigen Form ablehnen! (Beifall beim BZÖ.)

20.58


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Zu einer Stellungnahme hat sich Herr Bundesmi­nister Dipl.-Ing. Berlakovich zu Wort gemeldet. – Bitte.

 


20.58.17

Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft Dipl.-Ing. Nikolaus Berlakovich: Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr geehrten Da­men und Herren! Herr Abgeordneter, ohne dass ich jetzt der Anwalt des Kollegen Stö­ger bin: Sie können davon ausgehen, dass die österreichische Bundesregierung auf die Gesundheit der Menschen Wert legt. (Abg. Mag. Widmann: Da bin ich mir nicht si­cher!) Weder Kollege Stöger noch ich agieren leichtfertig bei diesen Überprüfungen, da können Sie sicher sein.

Es geht hier um ionisierende Strahlung mit einem sehr niedrigen Gefährdungspoten­zial. Und das, was vertretbar ist, auch von den Experten vertretbar ist, wird gemacht: Der Überprüfungszeitraum wird von zwei auf drei beziehungsweise vier Jahre ausge­dehnt, natürlich ohne eine Gefährdung von Leib und Leben der Menschen. (Präsidentin Mag. Prammer übernimmt wieder den Vorsitz.)

Es geht auch darum, im Zuge der Deregulierung hier Vereinfachungen zu erreichen. Die behördliche Zuständigkeit für den Strahlenschutz wandert in erster Instanz von den Bezirksverwaltungsbehörden zum Landeshauptmann. Das bringt Kosteneinsparungen und Effizienzsteigerungen, wie wir sie auch in anderen Gesetzesmaterien vorhin kons­tatiert haben, aber es bleiben die hohen Standards beim Strahlenschutz in Österreich erhalten. – Herzlichen Dank. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der SPÖ.)

20.59


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Zu Wort gelangt nun Frau Abgeordnete Gessl-Ranftl. – Bitte.

 


20.59.02

Abgeordnete Andrea Gessl-Ranftl (SPÖ): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Herr Mi­nister! Hohes Haus! Inhalt der Regierungsvorlage ist – das haben ja bereits meine Vor­rednerinnen und Vorredner erwähnt –, dass die erstinstanzliche Zuständigkeit für strah­lenschutzrechtliche Verfahren und die Intervalle für die periodische Überprüfung von Strahlenbetrieben geändert werden. Die Zuständigkeit für bewilligungspflichtige Tätig­keiten, Umgang sowie Arbeiten mit Strahlenquellen, soll von den Bezirksverwaltungs­behörden zu den Landeshauptleuten zurückverlagert werden. Überprüfungsintervalle sollen von zwei auf drei beziehungsweise vier Jahre erstreckt werden.

Zahn- und veterinärmedizinische Röntgeneinrichtungen werden alle vier Jahre über­prüft. Strahlenquellen mit einem höheren Gefährdungspotential sollen einer jährlichen Überprüfung unterzogen werden.

Zweck dieser Gesetzesänderung sind Effizienzsteigerung und Kosteneinsparung, wo­bei gleichzeitig aber auch die Qualität der Überprüfung aufrechterhalten wird. Waren bisher 100 Bezirksverwaltungsbehörden für Strahlenschutzverfahren zuständig, so sind dies nun neun Strahlenschutzbehörden in den Ländern. Des Weiteren werden sich nun bei den Ländern auch ökonomischere Verfahrensabwicklungen ergeben. – Danke. (Beifall bei der SPÖ.)

21.00



Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll203. Sitzung / Seite 243

Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Tadler. – Bitte.

 


21.00.59

Abgeordneter Erich Tadler (STRONACH): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Hohes Haus! Die Regierungsvorlage, haben wir ja schon gehört, enthält Regelungen über die Änderung des Instanzenzuges auf der Basis der Verwaltungsgerichtsbarkeits-Novel­le 2012. Wie ich heute schon des Öfteren gesagt habe, hält sich diesbezüglich unsere Begeisterung in Grenzen.

Wir vom Team Stronach stehen Verwaltungsreformen grundsätzlich immer offen ge­genüber, vor allem dann, wenn diese zwecks Effizienzsteigerung und Kosteneinspa­rung erfolgen. Die Ausweitung der Überprüfungsintervalle sollte aber genau beobachtet und dokumentiert werden, denn die Sicherheit und die Gesundheit der Bevölkerung sollten immer gewährleistet sein. – Danke. (Beifall beim Team Stronach.)

21.01


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Doppler. – Bitte.

 


21.01.52

Abgeordneter Rupert Doppler (FPÖ): Frau Präsidentin! Herr Minister! Hohes Haus! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Änderung des Strahlenschutzgesetzes: Man hat die Zuständigkeit von Landeshauptmann und Landeshauptfrau auf die BHs übertra­gen. Diese Änderung brachte auch das Problem mit sich, dass anstelle von neun im je­weiligen Amt der Landesregierung angesiedelten Strahlenschutzbehörden nunmehr zirka 100 Bezirksverwaltungsbehörden zuständig waren.

Das Problem sehe ich darin, dass die Zuständigkeit bei radiologischen Anlassfällen beim Landeshauptmann liegt und nicht bei den Bezirksverwaltungsbehörden. Die Lan­deshauptleutekonferenz hat den Beschluss gefasst, dass die Zuständigkeit von den BHs wieder zurück an die Landeshauptleute übertragen werden sollte. – So weit, so gut, meine sehr verehrten Damen und Herren!

Für mich nicht verständlich: Wenn in einer radiologischen Notstandssituation Schulen betroffen sein sollten – was wir nicht hoffen –, ist der oder die Bildungsministerin zu­ständig, der oder die wieder das Einvernehmen mit dem Umweltminister herstellen muss. Das ist ein nicht zufriedenstellender Zustand.

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Das Strahlenschutzgesetz – und, Herr Kolle­ge Widmann, da gebe ich Ihnen nicht recht – ist auch ein Gesetz zum Schutz des Le­bens und der Menschen, der Patienten und des Personals. Das soll man bei dieser ganzen Angelegenheit nicht ganz außer Acht lassen. – Herzlichen Dank. (Beifall bei der FPÖ.)

21.03


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Zu Wort ist dazu niemand mehr gemeldet. Die Debatte ist geschlossen.

Zum Vorbringen einer Druckfehlerberichtigung erteile ich Frau Berichterstatterin Mag. Steßl-Mühlbacher das Schlusswort. – Bitte.

 


21.03.25

Berichterstatterin Mag. Sonja Steßl-Mühlbacher (Schlusswort): Danke, Frau Präsi­dentin. – Ich bringe folgende Druckfehlerberichtigung zum gegenständlichen Bericht des Umweltausschusses (2318 der Beilagen) vor:

Der Ausschussantrag lautet wie folgt:


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll203. Sitzung / Seite 244

„Als Ergebnis seiner Beratungen stellt der Umweltausschuss somit den Antrag, der Nationalrat wolle dem von der Bundesregierung vorgelegten Gesetzentwurf (2161 der Beilagen) die verfassungsmäßige Zustimmung erteilen.“

21.04.10

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Wir gelangen zur Abstimmung über den Ge­setzentwurf samt Titel und Eingang in 2161 der Beilagen.

Ich ersuche jene Damen und Herren, die für diesen Gesetzentwurf sind, um ein Zei­chen der Zustimmung. – Das ist die Mehrheit. Angenommen.

Wir kommen sogleich zur dritten Lesung.

Ich bitte jene Damen und Herren, die dem vorliegenden Gesetzentwurf auch in dritter Lesung ihre Zustimmung erteilen, um ein entsprechendes Zeichen. – Das ist wiederum die Mehrheit. Der Gesetzentwurf ist somit auch in dritter Lesung angenommen.

21.04.4221. Punkt

Bericht des Ausschusses für Land- und Forstwirtschaft über die Regierungsvor­lage (2201 d.B.): Übereinkommen über das Europäische Forstinstitut; Annahme der spanischen Sprachfassung (2339 d.B.)

22. Punkt

Bericht des Ausschusses für Land- und Forstwirtschaft über die Regierungsvor­lage (2291 d.B.): Bundesgesetz, mit dem das Agrarverfahrensgesetz 1950, das Flurverfassungs-Grundsatzgesetz 1951, das Grundsatzgesetz 1951 über die Be­handlung der Wald- und Weidenutzungsrechte sowie besonderer Felddienstbar­keiten, das Güter- und Seilwege-Grundsatzgesetz 1967, das Forstgesetz 1975, das Forstliche Vermehrungsgutgesetz 2002, das BFW-Gesetz, das Düngemittel­gesetz 1994, das Futtermittelgesetz 1999, das Gesundheits- und Ernährungs­sicherheitsgesetz, das Pflanzenschutzgesetz 2011, das Pflanzenschutzmittelge­setz 2011, das Pflanzgutgesetz 1997, das Rebenverkehrsgesetz 1996, das Sorten­schutzgesetz 2001, das Weingesetz 2009, das Marktordnungsgesetz 2007 und das Vermarktungsnormengesetz geändert werden und das Agrarbehörden­gesetz 1950 aufgehoben wird (Verwaltungsgerichtsbarkeits-Anpassungsgesetz-BMLFUW – Land- und Forstwirtschaft) (2340 d.B.)

23. Punkt

Bericht des Ausschusses für Land- und Forstwirtschaft über die Regierungsvor­lage (2297 d.B.): Bundesgesetz, mit dem das Düngemittelgesetz 1994, das Futter­mittelgesetz 1999, das Gesundheits- und Ernährungssicherheitsgesetz, das Pflanzenschutzgesetz 2011, das Agrarkontrollgesetz, das Bundesgesetz über die Bundesämter für Landwirtschaft und die landwirtschaftlichen Bundesanstalten, das Börsesensale-Gesetz, das Vermarktungsnormengesetz, das Forstgesetz 1975 und das Weingesetz 2009 geändert werden und ein Bundesgesetz über die land­wirtschaftliche Produktenbörse erlassen wird (Agrarrechtsänderungsgesetz 2013) (2341 d.B.)

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Wir gelangen nun zu den Punkten 21 bis 23 der Tagesordnung, über welche die Debatte unter einem durchgeführt wird.

Auf eine mündliche Berichterstattung wurde verzichtet.

Als Erster zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Doppler. – Bitte.

 



Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll203. Sitzung / Seite 245

21.05.26

Abgeordneter Rupert Doppler (FPÖ): Frau Präsident! Herr Minister! Hohes Haus! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Agrarrechtsänderungsgesetz – ein Sammel­paket an Gesetzen: Dass hier einige Erleichterungen für die Bauern und Bäuerinnen dabei sind, bezweifle ich; sehr wohl gibt es solche für die EU, was das Marktord­nungsgesetz betrifft. Hier sollen Regelungen erlassen werden, die nach den Vorgaben der EU umgesetzt werden. So steht da im Vorblatt:

„Verhältnis zu den Rechtsvorschriften der Europäischen Union:

Die vorgesehenen Regelungen fallen nicht in den Anwendungsbereich des Rechts der Europäischen Union. Hinsichtlich einzelner Sonderverfahrensvorschriften im Bereich des MOG 2007 werden die erforderlichen flankierenden Regelungen zu Verordnungen der Europäischen Union vorgesehen.“

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich glaube, das ist nicht ganz ehrlich. Für die Bauern ist bis heute keine Erleichterung in Bezug auf den Antragsdschungel vorgese­hen, geschweige denn in Bezug auf die Almflächen – für die EU sehr wohl, was das Marktordnungsgesetz 2007 betrifft. Hier werden einfach EU-Verordnungen in dieses Gesetzespaket hineingeschmuggelt und zusätzlich die AMA mit mehr Befugnissen ausgestattet. Wir von der FPÖ lehnen solche Vorgangsweisen ab! – Herzlichen Dank. (Beifall bei der FPÖ.)

21.06


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Gahr. – Bitte.

 


21.06.57

Abgeordneter Hermann Gahr (ÖVP): Frau Präsident! Herr Bundesminister! Ge­schätzte Kolleginnen und Kollegen! Wir haben hier drei Gesetzesvorlagen des Aus­schusses für Land- und Forstwirtschaft. Es geht einerseits um das Agrarrechtsände­rungsgesetz, mit dem elf Gesetzesmaterien novelliert und neu erfasst werden, anderer­seits um das Verwaltungsgerichtsbarkeits-Anpassungsgesetz und um das Überein­kommen über das Europäische Forstinstitut.

Beim Agrarrechtsänderungsgesetz bringen wir zahlreiche Reformen durch. Es geht da­rum, dass wir aktuelle Entwicklungen miteinbeziehen und diesen Rechnung tragen, ge­rade was das Gesetz über die landwirtschaftliche Produktenbörse betrifft. Da geht es um eine zeitgemäße Rechtsgrundlage für die Organisation und Tätigkeit der landwirt­schaftlichen Produktenbörse in Wien. Derzeit geltende Regelungen werden in einem Bundesgesetz zusammengefasst.

Eine weitere Änderung betrifft das Düngemittelgesetz aus 1994. Hier waren Produkte gemäß Abfallwirtschaftsgesetz und Komposterden bisher vom Düngemittelgesetz aus­genommen. Diese werden nun neu aufgenommen und neu geregelt.

Die Novelle zum Forstgesetz aus dem Jahr 1975 befasst sich mit der Funktionsfähig­keit von Bringungsgenossenschaften. Hier geht es darum, dass wir den Bereich der Satzungen neu gestalten und die Aufsichtsbefugnisse und die Beschlusspraxis neu ausrichten.

Sehr begrüßenswert ist auch eine Deregulierung. So soll das vereinfachte Rodungsan­meldeverfahren auch bei befristeten Rodungen bis 1 000 m2 angewendet werden kön­nen. In fünf Jahren muss eine Wiederbewaldung erfolgen.

Im Pflanzenschutzgesetz gibt es klare Regelungen, was die Einfuhrkontrollen betrifft. Bisher war ja die Zuständigkeit der Zollorgane gegeben; zukünftig wird die Kontrolle vom Bundesamt für Ernährungssicherheit alleine sichergestellt.


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll203. Sitzung / Seite 246

Im Gesundheits- und Ernährungssicherheitsgesetz geht es um die Ratifizierung des In­ternationalen Vertrages über Pflanzengenetische Ressourcen für Ernährung und Land­wirtschaft.

Also insgesamt ein riesiges Paket, was das Agrarrechtsänderungsgesetz betrifft. Es bringt viele Neuerungen, Klarheit bezüglich Zuständigkeit und Verantwortung. Ich glau­be, wir müssen darauf achten, dass wir die Bestimmungen hinsichtlich Effizienz und Transparenz im Agrarrecht laufend anpassen.

Im Verwaltungsgerichtsbarkeits-Anpassungsgesetz gibt es Anpassungen von Regelun­gen aus dem Zuständigkeitsbereich des Bundesministeriums für Land- und Forstwirt­schaft an die mit 1. Jänner 2014 in Kraft tretende Verwaltungsgerichtsbarkeits-No­velle 2012. Diese Änderungen enthalten im Wesentlichen Anpassungen beim bisheri­gen Instanzenzug.

In der letzten Gesetzesnovelle betreffend das Europäische Forstinstitut geht es eigent­lich um eine sprachliche Anpassung. Bisher waren die Sprachen, in denen verfasst wurde, Englisch, Französisch und Deutsch. Zukünftig wird auch in spanischer Sprache verfasst.

Das Europäische Forstinstitut hat einen klaren Auftrag – 120 Mitglieder aus Wirtschaft und Forschung gibt es da. Auch Österreich ist vertreten, und zwar durch die BOKU und durch das Bundesministerium für Wirtschaft. Dabei geht es darum, die Nachhaltigkeit und den Holzmarkt in Europa zu steuern, die entsprechende Forschung nicht zu ver­nachlässigen, sondern sie immer wieder neu zu beleben und auszustatten, also insge­samt die Waldnutzung in Europa anzukurbeln.

In diesem Sinne begrüßen wir diese drei Gesetzesnovellen. Ich lade alle dazu ein, die­se mitzutragen und mitzubeschließen. – Vielen Dank. (Beifall bei der ÖVP.)

21.10


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Nun gelangt Herr Abgeordneter Dr. Pirklhuber zu Wort. – Bitte.

 


21.10.48

Abgeordneter Dipl.-Ing. Dr. Wolfgang Pirklhuber (Grüne): Frau Präsidentin! Herr Bundesminister! Meine Damen und Herren! Wieder ein Tagesordnungspunkt mit um­fangreichen Sammelgesetznovellen. Kollege Gahr hat hier versucht, konstruktiv ein bisschen einen Einblick in das Agrarrechtsänderungsgesetz zu geben. Allerdings, Kol­lege Gahr, gerade dann, wenn man in die Tiefe geht und Detailfragen klären würde, gibt es offene Fragen, und zwar konkret beim Forstgesetz die Verwaltungsvereinfa­chungen, die hier vorgesehen sind. Diese ermöglichen Fällungen in Biotopen, also Ein­zelflächenfällungen. Zum Beispiel allein durch die Streichung des Satzes „Fällungen in Windschutzanlagen bedürfen der behördlichen Anzeige“ ist es möglich, dass diese Fäl­lungen einfach durchgeführt werden, und zwar ohne Beteiligung der Behörden, die das prüfen könnten. Und das ist ein grundsätzliches Problem, auch was die Folgeentwick­lung von solchen Maßnahmen betrifft. Wir können aus diesen Gründen diesem Agrar­rechtsänderungsgesetz nicht unsere Zustimmung geben.

Herr Bundesminister, ich muss Ihnen sagen, dass es im Rahmen dieses Verwaltungs­gerichtsbarkeits-Anpassungsgesetzes, wo es eine Vollziehung und Nachvollziehung gibt, möglich gewesen wäre, wesentliche Schritte einer Problemlösung, die gerade jetzt akut ansteht, zu setzen, und zwar bei all den Gesetzen, die hier novelliert werden, vom Forstgesetz über das Futtermittelgesetz, das Gesundheits- und Ernährungssicherheits­gesetz, das Pflanzenschutzgesetz bis zum Sortenschutzgesetz, dem Weingesetz und dem Marktordnungsgesetz, dass es die Möglichkeit gegeben hätte, genau jene The-


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men aufzugreifen, die derzeit gesellschaftspolitisch in der Rangliste der Interessen der Bevölkerung ganz oben stehen.

Welche sind das? – Nehmen wir einmal das her, was der Minister unterstützt hat! Er hat persönlich, soweit mir bekannt ist, eine Petition der ARCHE NOAH zum Sorten­schutz, zum Schutz des Saatgutes und vor allem zum Schutz alter Sorten unterschrie­ben. Das ist etwas Positives. Aber wenn dann im Ausschuss ein Antrag von uns Grü­nen kommt, der genau in diese Richtung geht, nämlich Sortenschutz, Saatgut, Aus­tausch zwischen Landwirten, Erhaltung alter Sorten gemeinsam zu beschließen, kom­men keine Vorschläge vonseiten der Partei des Ministers, kommen keine Vorschläge vonseiten der ÖVP und gibt es auch keine Bereitschaft zu einer Zustimmung zum An­trag der Grünen. Ich weiß, wir haben noch Zeit bis zum nächsten Mal. Der Antrag ist vertagt worden. Aber das wäre eine gute Möglichkeit gewesen.

Stichwort zwei – kein Geheimnis –: Unser Antrag zum Verbot der Neonicotinoide wäre heute hier möglich gewesen, wenn wir uns im Ausschuss geeinigt hätten, wenn wir mu­tig genug gewesen wären, einen österreichischen Schulterschluss zu machen. Ich weiß, wir haben in der Sondersitzung beschlossen, dass wir mit dem Minister noch weiter diskutieren werden. Morgen werden die Vorschläge vorliegen. Aus diesen Grün­den akzeptieren wir auch diesen nächsten Schritt. Allerdings mit Zähneknirschen, sage ich ganz klipp und klar. Wir waren immer der festen Überzeugung, Nägel mit Köpfen sofort zu machen.

Ich bin sehr neugierig. Das ist die letzte echte Nagelprobe, ob wir fähig und bereit sind, hier als Parlamentarier aktiv die Dinge in die Hand zu nehmen, wenn es der Minister nicht macht. Das sage ich in Richtung SPÖ, wo ich weiß, dass die Bekenntnisse da sind und der Wille grundsätzlich bekundet wurde. Aber es geht wirklich darum, diese Nagelprobe auch einmal zu bestehen. Und die letzte Möglichkeit wird dann im Juni sein.

Abschließend, Herr Bundesminister, möchte ich Ihnen schon auch Folgendes sagen: Da auch das Marktordnungsgesetz hier heute auf der Tagesordnung ist und wir einen Problemfall in der Landwirtschaft haben, der enorme Auswirkungen auf das Tourismus­land Österreich hat, nämlich die Almenproblematik und die Auswirkungen des Förder­chaos und des Chaos mit der Kontrolle bei den Almflächen, hätten wir heute die Chan­ce gehabt, durch eine Änderung des Marktordnungsgesetzes – das wäre mein Vor­schlag gewesen – rückwirkend die Neufeststellung der Almflächen zu sichern und die Rückzahlungen der Bäuerinnen und Bauern, die anstehen würden, zu verhindern.

Und dazu habe ich eine ganz konkrete Auskunft aus der Europäischen Kommission. Ich zitiere aus einem Schreiben des Kabinetts von Kommissar Cioloş, also aus der EU-Kommission. Und in diesem Schreiben heißt es klipp und klar:

„Sowohl die Europäische Kommission in ihrem Rechnungsabschlussverfahren als auch der Europäische Rechnungshof haben Schwachstellen im österreichischen InVeKoS festgestellt.“

InVeKoS ist das Kontrollsystem. Und da geht es auch um die Rückzahlungsforderun­gen, die anstehen.

Herr Bundesminister, die Kommission hat klar gesagt, dass der Almleitfaden nicht funk­tioniert, weil er nicht umgesetzt wurde. Ich sage, er funktioniert nicht, weil er nicht funk­tionieren kann. Und es hat der Ex-Kommissar Fischler auch einmal anklingen lassen, dass das geprüft werden müsste.

Das wären die Chancen gewesen, bei diesem Tagesordnungspunkt einige brennende Fragen zu klären. Es wäre möglich gewesen, das auch von Regierungsseite vorzule­gen und heute hier gemeinsam zu beschließen. Sie haben diese Möglichkeit jedoch


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nicht genützt. Das ist schade für die Bäuerinnen und Bauern. Das ist schade auch für die Bienen. Das ist schade für die Saatguterhaltung und für die alten Sorten.

Wir werden aber trotzdem weiter daran arbeiten, dass wir diese Themen zu einer Lö­sung führen, denn es kann nicht sein, dass man Almbauern an die Wand fährt und da­mit den Tourismusstandort Österreich gefährdet. – Danke. (Beifall bei den Grünen.)

21.16


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Frau Abgeordnete Binder-Maier gelangt nun zu Wort. – Bitte.

 


21.16.25

Abgeordnete Gabriele Binder-Maier (SPÖ): Frau Präsidentin! Herr Bundesminister! Hohes Haus! Ich möchte mich bei diesen Tagesordnungspunkten mit zwei Schwer­punkten beschäftigen. Zunächst möchte ich festhalten, dass wir dem Übereinkommen über das Europäische Forstinstitut gerne unsere Zustimmung geben. In diesem Institut sind 120 Mitgliedsorganisationen vertreten. Es geht im Wesentlichen darum, auf euro­päischer Ebene Forschungsarbeiten in den Bereichen Forstpolitik, einschließlich Um­weltaspekte, Ökologie und Ressourcengesundheit, durchzuführen und auch richtungs­weisende Forschungsarbeiten vorzulegen.

Der zweite Bereich betrifft das Agrarrechtsänderungsgesetz. Elf wesentliche Schwer­punkte darin werden novelliert beziehungsweise gesetzt. Einer davon ist das Weinge­setz 2009 mit dem Kapitel „Obstwein“. Einzelne Erzeugnisse der Obstwein-Pyramide werden in dieser Verordnung neu definiert. Es geht um Produktspezifikationen: Obst­wein ohne nähere geographische Angaben, Obstwein mit der Angabe eines Bundes­landes, Qualitätsobstwein und regionaler spezifischer Qualitätsobstwein mit Herkunfts­profil.

Auf den Punkt gebracht, meine Damen und Herren – und als Mostviertlerin weiß ich das –: Es geht um den Most! Ich komme aus der Region der Birnbäume. (Beifall bei Abgeordneten der SPÖ.) Birnbam, wie man es bei uns im Mostviertel sagt.

Meine Damen und Herren, ich lade Sie alle ein, rund um den 1. Mai in unsere Region zu kommen. Es ist zum Niederknien. Wunderschön! Wir sind stolz auf unsere Region und unsere blühenden Birnenbäume. (Neuerlicher Beifall bei Abgeordneten der SPÖ.)

Wir sind stolz auf unsere Mostbauern. Und einer davon, der Mostbaron Bernhard Datz­berger aus Amstetten, begrüßt ausdrücklich diese Novellierung, geht es doch darum, dass dieses ehemalige Arme-Leute-Getränk, nämlich der Most, zu einem Produkt der Spitzenqualität herangereift ist und nun eine Zertifikation erhält, wenn es darum geht, die beste Qualität, die besten Betriebe, die beste Produktion vor den Vorhang zu bitten und die Garantie zu geben, dass wirklich jene Qualität, die ausgezeichnet worden ist, auch drinnen steckt.

In diesem Sinne, meine Damen und Herren: Wir sind wirklich stolz auf unsere  (Zwi­schenruf der Abg. Steibl.) Das nächste Mal, Ridi, nehmen wir ein Flascherl Most mit! – Wir sind stolz auf unsere Regionalität. Wir sind stolz auf diese Besonderheit, den Most. Und wir geben gerne dieser Novellierung unsere Zustimmung. (Beifall bei der SPÖ.)

21.19


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Herr Abgeordneter Huber gelangt nun zu Wort. – Bitte.

 


21.19.28

Abgeordneter Gerhard Huber (BZÖ): Sehr geehrte Frau Präsident! Herr Minister! Ho­hes Haus! Es hätte heute wirklich ein Tag sein können, an dem wir die Landwirtschaft nach vorne bringen, an dem wir bäuerliche Arbeitsplätze hätten absichern können, an


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll203. Sitzung / Seite 249

dem wir aktiv etwas gegen das Bauernsterben hätten unternehmen können – aber nein!

Im letzten Agrarausschuss vom 14. Mai gab es fünf Regierungsvorlagen. Diese werden heute beschlossen. Bei diesen Vorlagen geht es teilweise um die Umsetzung von EU-Diktaten. Aber darüber hinaus gab es – das muss man sich vorstellen! – elf durchaus vernünftige Anträge von der Opposition, die die Landwirtschaft nach vorne gebracht hätten, die den Stillstand in der Landwirtschaft beendet hätten. Na, was glaubt ihr, dass passiert ist? – Alle elf Anträge wurden vertagt, wurden schubladisiert, wurden von der ÖVP auf Eis gelegt.

Diese Landwirtschaftspolitik, die zurzeit stattfindet, diese ÖVP-Politik bringt die Land­wirte, bringt die Bauern nur noch mehr in Abhängigkeit. Die sogenannte Vertragsland­wirtschaft ist begleitet von Ungerechtigkeiten. Es gibt keinen fairen Wettbewerb mehr. Und was macht dieser Minister? Was macht die ÖVP? – Alle Anträge, die den Bauern­stand und die auch den Konsumenten mit in den Schulterschluss hereinnehmen und die ganze Landwirtschaft nach vorne bringen würden, werden vertagt. Vor dieser Situa­tion stehen wir heute!

Herr Minister! Ich weiß nicht, warum Sie sich nie vor die Bauern stellen. 1995 hat Ihre Partei gesagt: Wir müssen in die EU, damit wir einen fairen Wettbewerb haben, damit die Landwirte faire Bedingungen haben! Und welche Bedingungen haben wir heute? Vergleichen wir uns mit Südtirol! Vergleichen wir Italien mit Österreich! Wie ist dort die Situation? – Dort sind die Erzeugerpreise, die die Landwirte bekommen, um mindes­tens 50 Prozent höher. Der Konsument bezahlt dort für das Produkt im Supermarkt um mindestens 6, 7 Prozent weniger als bei uns.

Bei uns sind auch die Produktionsbedingungen haarsträubend. Während der italieni­sche Bauer für den Liter Diesel heute 74 Cent bezahlt, da er von der Mineralölsteuer zur Gänze befreit ist, bekommt der österreichische Bauer nichts zurück. 2012 hat Mi­nister Berlakovich, hat die ÖVP den Landwirten die Rückvergütung – diese kleine Rückvergütung, die es damals gegeben hat! – ersatzlos gestrichen.

Vergleichen wir Deutschland mit Österreich! Herr Minister, vergleichen wir uns mit Bayern! Heute bekommt der bayerische Landwirt für seine Produkte um rund 5 Prozent mehr als der österreichische und der Konsument bezahlt dort um 10 Prozent weniger als bei uns. Das ist österreichische Politik – Politik der Abhängigkeiten, in jedem Re­gister bis zur Gänze ausgeschöpft! Außerdem bekommt der bayerische Landwirt pro Liter Diesel 26 Cent rückvergütet, während der österreichische Landwirt nichts be­kommt.

Wenn man das alles vergleicht, dann muss man zu dem Schluss kommen, wie heute die Universitätsprofessoren der Universität für Bodenkultur, die ein Manifest zu einer Neuausrichtung der Landwirtschaft verfasst haben. Dieses Papier habe ich gerade erst bekommen. Ich bin wirklich überrascht, dass die anerkanntesten Universitätsprofes­soren zu dem Schluss kommen, dass diese Landwirtschaftspolitik wirklich gescheitert ist, dass sie neu ausgerichtet werden muss, dass es eine Wende braucht.

Ich will jetzt darauf nicht näher eingehen, aber ich kann Ihnen sagen, Herr Minister: Nicht nur, wenn wir vom Saatgut sprechen, wenn wir vom Mais sprechen, wenn wir von den Spritzmitteln sprechen, die Universitätsprofessoren der Universität für Bodenkultur vertreten heute, am 22. Mai 2013, wirklich das Agrarprogramm des BZÖ der letzten fünf Jahre, und zwar 1 : 1. Ich hoffe, da jetzt nur einige Spitzen des Eisberges hervor­getreten sind, dass Sie bereit sind, einzulenken. Ich hoffe, dass Sie diese Stillstands­politik endlich beenden und wirklich Politik für die Bauern machen.

Herr Bundesminister, die Situation, in der die Almbauern jetzt sind aufgrund dessen, was die AMA mit ihnen aufführt, ist unerträglich. Sie können die Landwirte, weil Ihre


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Behörden Verwaltungsfehler machen beziehungsweise Verwaltungsfehler im System sind, nicht zu Opfern machen. Diese Landwirte haben die Almförderung im guten Glau­ben erhalten, haben diese Gelder investiert, in den Bau von Ställen gesteckt, und Sie können jetzt nicht hergehen und bei den Landwirten, wie es mit einer Brutalität son­dergleichen gemacht wird, einfach ins Grundbuch schauen lassen. Damit wird den Landwirten ihre Existenz zerstört. Statt dessen sollten Sie sich schützend vor die Land­wirte stellen.

Herr Bundesminister, die Landwirte haben Angst vor Minister Berlakovich. Die Landwir­te haben Angst vor der ÖVP. Und die Landwirte haben Angst vor der AMA. Wenn wir nicht endlich anfangen, eine Politik für die Bevölkerung und für die Bauern zu machen und gegen die Chemiekonzerne und gegen gewisse Abhängigkeiten vorzugehen, wie etwa jene bei der AGRANA, wenn wir nicht endlich eine Politik mit Hausverstand ma­chen, dann geht das Agrarland Österreich unter!

Sie, Herr Bundesminister, haben schon so viele Existenzen ruiniert. Beenden Sie diese Ihre Politik endlich! Schauen wir, dass wir einen fairen Wettbewerb bekommen, dass wir den Bauern unter die Arme greifen, dass wir zu einem Feinkostladen werden und dass wir endlich das produzieren, was wir brauchen, dass wir eine Politik machen, die wirklich federführend ist!

Herr Minister, Sie wissen, dass wir nur mehr 80 Prozent des Getreides, das wir in Ös­terreich brauchen, produzieren. Was aber machen Sie, Herr Bundesminister? – Sie ge­ben Millionen an Förderungen, damit AGRANA, damit Raiffeisen ein Bioethanolwerk bauen kann. Damit werden die Landwirte in Abhängigkeiten gebracht, damit werden die Landwirte von Chemiekonzernen abhängig gemacht und dadurch leidet auch die Qualität unserer Produkte massiv.

Das ist der falsche Weg! Herr Minister, denken Sie sofort um, sonst läuft die Zeit ab! (Beifall beim BZÖ.)

21.26


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Herr Abgeordneter Grillitsch gelangt nun zu Wort. – Bitte.

 


21.26.16

Abgeordneter Fritz Grillitsch (ÖVP): Frau Präsident! Herr Bundesminister! Meine lie­ben Kolleginnen und Kollegen! Herr Kollege Huber, wissen Sie, wovor die Bäuerinnen und Bauern Angst haben? (Abg. Huber: Vor Ihnen, ja! Das ist die Wahrheit!) – Vor Un­wissenheit, vor Populisten und vor Instabilität. Und genau das haben Sie gerade jetzt vermittelt! (Beifall bei der ÖVP. – Neuerlicher Zwischenruf des Abg. Huber.)

Die Bäuerinnen und Bauern haben nicht Angst vor der Agrarpolitik, die die ÖVP und der Bauernbund in den letzten 20, 30 Jahren in diesem Lande gemacht haben. Auch beim EU-Beitritt haben wir es uns – und ich sage das sehr offen – nicht leicht gemacht, vor allem die bäuerlichen Menschen nicht und auch wir, die Interessenvertretung, nicht und auch wir als politisch Verantwortliche nicht, da wir gesagt haben: Im Sinne des Ganzen gehen wir diesen Weg mit einem „Ja, aber“ mit! (Abg. Huber: Haben wir faire Bedingungen?) Und wir sind diesen Weg erfolgreich mitgegangen. (Abg. Huber: Ah so!)

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Herr Abgeordneter Huber, wenn Sie Zwischen­rufe machen möchten, dann tun Sie das bitte nur von Ihrem Platz aus!

Herr Abgeordneter Grillitsch, Sie sind wieder am Wort.

 


Abgeordneter Fritz Grillitsch (fortsetzend): Herr Abgeordneter Huber, wir haben von Österreich aus Programme in Europa entwickeln können: ein Umweltprogramm, ein Bioprogramm. Kein Mensch hat uns das geglaubt, als wir das den Bäuerinnen und


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Bauern vorgestellt haben. Seit mehr als 15 Jahren haben die bäuerlichen Menschen in Österreich die Zusicherung, dass sie jährlich pünktlich ihre Ausgleichszahlungen be­kommen. (Neuerlicher Zwischenruf des Abg. Huber.)

Herr Kollege Huber, Sie haben das völlig vergessen. (Abg. Petzner: Das glauben Sie ja selber nicht, was Sie da erzählen!) Entschuldigung, habt ihr das alle vergessen? Das ist ein Faktum! Das ist eine Sicherheit, die die Bäuerinnen und Bauern auf dem Markt nicht gehabt haben, meine Damen und Herren. Auf dem Markt haben wir Preisvolatili­tät gehabt, aber in den Programmen haben wir Sicherheit, meine lieben Kolleginnen und Kollegen. (Beifall bei der ÖVP. – Abg. Huber: Deswegen haben so viele bäuerli­che Betriebe zugesperrt?)

Das ist die Agrarpolitik Österreichs in Europa: vorbildhaft, wegweisend, ökologisch, ökosozial. (Abg. Grosz: Das erklären Sie einmal den Bauern draußen!) Und wir sind auch einen Weg gegangen, den auch Kommissar Cioloş sehr würdigt, nämlich den Weg der Einkommenskombination in den Regionen draußen, wo wir den Bauern er­möglichen, neben der landwirtschaftlichen Produktion auch mit Urlaub auf dem Bau­ernhof, mit Maschinenringen und anderen Dienstleistungen in die Erwerbskombination einzusteigen, sodass sie nicht irgendwo in der Industrie oder in der Wirtschaft anderen Arbeitsplätze wegnehmen. Das ist eine erfolgreiche Agrarpolitik, die Niki Berlakovich in Österreich fortgesetzt hat. Und diesen Weg werden wir auch in Zukunft fortsetzen, auch wenn Sie ihn noch so schlechtreden. (Beifall bei der ÖVP. – Abg. Huber: Wie vie­le Betriebe haben seit Minister Berlakovich zugesperrt?)

Die Landwirtschaft und die Bäuerinnen und Bauern haben heute eine Perspektive, wie sie sie noch nie hatten. Davon bin ich überzeugt. (Abg. Huber: Abhängigkeit!) Nein, denn man weiß heute, dass man in 20 Jahren um 50 Prozent mehr Lebensmittel wird produzieren müssen.

Meine Damen und Herren, denken wir hier in diesem Hohen Haus nach! Wir haben die Frage zu beantworten und die Gesellschaft hat die Frage zu beantworten: Welche Form der Landwirtschaft kann dieses Ziel erreichen? – Eine industrielle Form, wo, so wie Sie gerade, ständig noch höhere Standards gefordert werden und alles zunichtege­macht wird und in die Industrie hineingedrängt wird, oder eine bäuerliche Landwirt­schaft, wie wir sie haben? (Beifall bei der ÖVP. – Abg. Grosz: Warum sehen das ei­gentlich die Bauern nicht so?)

21.29


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Tadler. – Bitte.

 


21.30.05

Abgeordneter Erich Tadler (STRONACH): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Herr Mi­nister! Hohes Haus! Das Konvolut an Novellierungen ... (Rufe und Gegenrufe zwischen den Abgeordneten Huber, Grosz und Grillitsch.– Ist der Huber’sche Dialog mit dem Herrn Grillitsch schon vorbei?

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Herr Abgeordneter Huber und Herr Abgeordne­ter Grosz! Es gibt eine Vereinbarung, gefasst in der Präsidiale, dass Zwischenrufe nur vom eigenen Platz aus erfolgen sollen. Wenn Sie sich nicht an diese Spielregeln hal­ten, werde ich Ihnen einen Ordnungsruf erteilen. (Beifall bei ÖVP und Team Stro­nach. Abg. Grosz: Frau Präsidentin, ich habe mich nur mit dem Grillitsch unterhal­ten! Abg. Riepl: Solange sie noch da sind, wollen sie alle Sessel ausprobieren!)

Herr Abgeordneter Tadler, Sie sind wieder am Wort.

 


Abgeordneter Erich Tadler (fortsetzend): Noch einmal: Über dieses Konvolut an No­vellierungen haben wir ja im Ausschuss genügend gehört. Kollege Pirklhuber hat das


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auch wieder erwähnt. Die Menge an Novellierungen wurde schon sehr stark kritisiert. Bezüglich der Änderungen der Instanzenzüge, die die gesamte Verwaltungsstruktur betreffen, kommt immer mehr zum Ausdruck, dass sich da verschiedenartige Probleme ergeben werden.

Wie heute schon mehrmals erwähnt wurde, sind die Folgen der gesamten Umgestal­tung überhaupt nicht abschätzbar. Was die Kosten dieses Anpassungsgesetzes be­trifft, so wurde in diversen Stellungnahmen zum Entwurf deutlich bemängelt, dass sich diese nicht genau beziffern lassen.

Das Agrarrechtsänderungsgesetz, das die Erweiterung des Tätigkeitsbereiches der AGES bezüglich des Bienensterbens regelt, ist wohl auf die sehr gute Oppositionsar­beit in diesem Hause zurückzuführen. Eine Wertschätzung gegenüber den Bienen, wie dies die Landwirtschaftskammer in ihrer Stellungnahme erkennt, sehe ich jedoch nicht.

Wir vom Team Stronach wollen eine schlanke und effiziente Verwaltung. Wir wollen nur so viel Verwaltung, wie unbedingt notwendig ist, Herr Minister. Ob dies mit dieser Novellierung gelingt, wird sich noch zeigen. (Beifall beim Team Stronach.)

21.32


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Es hat sich nun Herr Bundesminister Dipl.-Ing. Berlakovich zu Wort gemeldet. – Bitte.

 


21.32.22

Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft Dipl.-Ing. Nikolaus Berlakovich: Sehr geehrte Frau Präsidentin! Hohes Haus! Das Agrar­rechtsänderungsgesetz beziehungsweise die Änderungen diverser Gesetze wie jene des Weingesetzes und anderer von den Vorrednern angesprochener Gesetze basieren im Großen und Ganzen auf der Anpassung an die Änderungen in der Verwaltungsge­richtsbarkeit. Das ist wichtig danke, dass Sie das unterstützen.

Wir nutzen damit aber auch gleichzeitig die Möglichkeit, den Agrarsektor moderner auszurichten. All jene, die da Horrorszenarien an die Wand malen, mögen sich die Sta­tistik und die Zahlen darüber anschauen, wie sich die österreichische Land- und Forst­wirtschaft präsentiert.

Es kommt nicht von ungefähr, dass Europa jetzt bei der Reform der gemeinsamen Agrarpolitik einen Weg gehen will, den Österreich eingeschlagen hat, nämlich jenen ei­ner ökologischen und nachhaltigen Land- und Forstwirtschaft, auch einer kleinstruktu­rierten Landwirtschaft. (Abg. Dr. Pirklhuber: Nicht über die Agrarreform diskutieren! Reden Sie zur Sache, Herr Minister!) Schauen Sie sich auch diese Zahlen an! Wäh­rend es in vielen Teilen Europas – in Ostdeutschland, in Holland, in Dänemark – eine wirkliche Agrarindustrie gibt – wir lehnen das ab –, herrschen bei uns nach wie vor bäuerliche Betriebe vor. Natürlich ändern sich Bedingungen, aber im Größenvergleich haben wir nach wie vor diese bäuerlichen Betriebe, und denen wollen wir auch in Zu­kunft eine Chance einräumen.

Frau Abgeordnete Binder-Maier, Sie haben es angesprochen: Was im Zusammenhang mit dem Most geschehen ist, ist ein gutes Beispiel dafür. Früher war der Most sozu­sagen ein Nebenprodukt, doch es ist durch die Genussregionen und auch durch die agrarischen Mittel gelungen, dies auf ein höheres Qualitätsniveau zu heben und auch der Region mehr Wertschöpfung einzuhauchen. Die Menschen in der Region haben das genutzt. Genau das ist der Weg, den wir gehen: Wir wollen Lebensmittel, die in ei­ner Region verankert sind, eine besondere Qualität haben, einen Genuss versprechen und auch nachgefragt werden – in der Gastronomie, bei den Wirten, in der Hotellerie und bei den Touristen.


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Diesen Weg wollen wir weitergehen, und wir wollen auch die ökologisch orientierte Landwirtschaftspolitik fortsetzen. Auch die Einkommenschancen sind ja da! Was hier erzählt wird, stimmt ja alles nicht! Die Preissituation ist Gott sei Dank im Milch-, Ge­treide- und Fleischbereich eine positive, und wir wollen die Marktchancen nutzen. (Abg. Huber: Warum hören dann so viele auf?) Da können Sie hier erzählen, was Sie wollen.

Die Bauern tragen aber sehr wohl auch ökologische Verantwortung, daher auch ein paar Worte zu anderen Themen: Die Saatgutverordnung ist so ein Beispiel. Österreich hat die Saatgutverordnung in der Europäischen Union immer am liberalsten angewen­det. Wir haben immer den Spielraum maximal genutzt, um Kleinsämereien, Gärtnern, kleinen Bauern, Leuten, die ein paar Pflanzen auf Märkten weiterverkaufen, die Chan­ce zu geben, das auch zu tun. Wenn Saatgut jedoch im großen Stil verkauft wird, brau­chen die Bauern, die Käufer schon die Sicherheit, dass das auch rechtlich entspricht.

Bei dieser vorliegenden Novelle stehen wir am Beginn der Diskussion. Österreich hat auch in diesem Bereich klar gesagt, wir wollen weiterhin Kleinproduzenten unterstüt­zen. Das wird von den Menschen ja nachgefragt, überhaupt wenn es darum geht, alte, bäuerliche Sorten auch genetisch zu sichern. Wir legen Genbanken an, aber wir wollen auch am Markt Perspektiven einräumen.

Zum Thema Almen auch ein offenes Wort: Ausgangspunkt bei der Thematik war die europäische Ebene. Die Europäische Kommission hat Almen überprüft und hat Flä­chenabweichungen festgestellt. Der Europäische Rechnungshof hat daraufhin urgiert und gesagt, es müssen noch mehr Kontrollen erfolgen, weil Abweichungen da sind.

Ziel ist, dass wir den Bauern Rechtssicherheit geben, dass sie bei der Ermittlung der Futterfläche Rechtssicherheit haben. Genau das ist der Prozess, den wir jetzt auch durchführen werden. Wir haben gemeinsam mit den Agrarlandesräten und mit den KammerpräsidentInnen einen Almfahrplan erarbeitet, der festlegt, wie wir dieses The­ma sanieren. Dass das Unruhe erzeugt, weil es dabei viele Betroffene gibt, ist ver­ständlich.

Niemand sagt – weder ich, noch sonst irgendjemand –, dass Bauern bewusst etwas falsch gemacht haben, sondern wir wollen ihnen helfen. Wir haben zum Beispiel er­reicht, dass Bauern die Sanktionen erlassen werden, wenn sie die Flächen korrigieren. Diese Möglichkeit besteht nach wie vor.

Es ist vereinbart worden, dass die AMA eine Digitalisierung vornimmt. Wenn die passt, kann das der Bauer akzeptieren. Wenn der Bauer hingegen sagt, das passt ihm nicht, dann muss er vor Ort mit der Landwirtschaftskammer, die ja den Auftrag dazu durch das Ministerium hat, die Futterfläche feststellen. Dies ist nötig, um den Bauern die Si­cherheit zu geben, dass sie die Gelder ausbezahlt bekommen.

Wenn aber ein Bauer zu viel Fläche angegeben hat, dann muss er die Mittel zurück­zahlen. Das gilt für einen Almbauern, das gilt für einen Bauern im flachen Land – das gilt überall. Diese Verantwortung haben wir der Gesellschaft gegenüber, da ja da Steu­ergeld eingesetzt wird. Wenn die Fläche korrekt angegeben ist, bezieht der Bauer das Geld zu Recht. Wenn es aber Abweichungen gibt, muss das richtiggestellt werden. Niemand sagt, dass da irgendwelche unrechtmäßigen Dinge geschehen sind. Diese Richtigstellungen erfolgen in ganz Österreich, zum Beispiel beim Umweltprogramm und bei anderen Programmen sowie auch bei den Direktzahlungen. Sie wissen das ganz genau. Sie brauchen nicht so das Gesicht zu verziehen, das ist so. (Zwischenruf des Abg. Dr. Pirklhuber.) Das ist gelebte Praxis und in ganz Europa so.

Auch wenn Sie hier polemisieren wollen: Da geht es um Steuergeld, das ordnungs­mäßig verwaltet wird, und die Bauern, die das ordentlich machen, sollen dieses Geld auch bekommen. Dafür kämpfen wir auch in Zukunft. (Neuerlicher Zwischenruf des


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Abg. Dr. Pirklhuber.) Man sollte hier nicht polemisieren. Wir kämpfen für die Bauern, während Sie versuchen, parteipolitisches Kleingeld zu wechseln. (Beifall bei der ÖVP.  Weiterer Zwischenruf des Abg. Dr. Pirklhuber.)

21.37


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Zu einer tatsächlichen Berichtigung hat sich Herr Abgeordneter Huber zu Wort gemeldet. Herr Abgeordneter, Sie kennen die GO-Bestimmungen. – Bitte.

 


21.37.54

Abgeordneter Gerhard Huber (BZÖ): Herr Bundesminister Berlakovich hat gerade gesagt, dass die Erzeugerpreise in Österreich sehr hoch seien und dass es ein Blöd­sinn sei und nicht stimme, dass die Preise im Ausland anders seien. (Bundesminister Dipl.-Ing. Berlakovich: Das habe ich nicht gesagt! Zuhören!)

Ich möchte tatsächlich berichtigen, dass die Auszahlungspreise in Südtirol alleine bei der Milch um 56 Prozent höher sind und dass auch in Bayern die Auszahlungspreise höher sind. (Abg. Grillitsch: 56 Prozent?) Das betrifft alle Produkte. Bei Äpfeln haben wir ja jetzt erst gehört ... (Abg. Steibl: Das ist keine tatsächliche Berichtigung! Das ist ein Redebeitrag!)

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Herr Abgeordneter, bleiben Sie bei der tatsäch­lichen Berichtigung!

 


Abgeordneter Gerhard Huber (fortsetzend):  der Bauer erhält 49 Cent. – Das ist die Wahrheit! (Beifall beim BZÖ.)

21.38


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Als Nächste zu Wort gelangt Frau Abgeordnete Schönpass. – Bitte.

 


21.38.48

Abgeordnete Rosemarie Schönpass (SPÖ): Frau Präsidentin! Geschätzter Herr Mi­nister! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Herr Kollege Huber, wenn Sie hier ans Redner­pult treten, sollten Sie bei der Wahrheit bleiben. (Abg. Huber: Ich sage nur die Wahr­heit!)

Sie haben gemeint, dass die Anträge im Ausschuss schubladisiert, also vertagt worden sind. Das stimmt nicht. Herr Kollege Jannach hat eine Vertagung beantragt, damit wei­terdiskutiert werden kann, denn die Zeit hat nicht mehr gereicht. (Beifall bei SPÖ und ÖVP.)

Zum vorliegenden Agrarrechtsänderungsgesetz: Es umfasst, wie wir bereits gehört ha­ben, mehrere Bereiche. Ich beziehe mich auf das Forstgesetz 1975 und auf die Ver­waltungspraxis bei den Bringungsgenossenschaften. Ich habe als Bürgermeisterin des Öfteren mit Bringungsgenossenschaften zu tun, und es hat sich gezeigt, dass für deren Funktionsfähigkeit Verbesserungen notwendig sind. Entsprechende Regelungen sind daher vorgesehen. Diese notwendigen Regelungen betreffen Satzungsinhalte, die Or­gane, die Fassung von Beschlüssen, die Untergliederungen der Genossenschaft, die Kostenaufteilung sowie Aufsichtsbefugnisse der Behörde.

Für befristete Rodungen bis 1000 m2 wird das einfache Rodungsanmeldeverfahren er­möglicht werden. Dadurch erübrigt sich die gegenwärtig erforderliche Bescheid-Erlas­sung.

Diese Verwaltungsvereinfachung ist zu begrüßen. Weiters soll bei Teilungen von Grundstücken die Bescheinigungsnotwendigkeit durch die Forstbehörde entfallen. Wenn kein Wald betroffen ist, muss die Forstbehörde daher nicht mehr tätig werden. Auch soll die behördliche Anzeigepflicht von Fällungen in Windschutzanlagen entfallen.


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll203. Sitzung / Seite 255

Das grundsätzliche Rodungsverbot für diese Bereiche bleibt jedoch aufrecht. An den Bestimmungen betreffend die Rodung beziehungsweise Auflassung von Windschutz­anlagen ändert sich nichts. Die Erhaltung von Windschutzanlagen und die Gewährleis­tung von deren Schutzfunktionen sowie ökologischen Wirkungen bleiben daher voll­ends gewährt. (Beifall bei der SPÖ.)

21.40


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Linder. – Bitte.

 


21.41.09

Abgeordneter Maximilian Linder (FPÖ): Frau Präsidentin! Herr Minister! Geschätzte Kolleginnen! Geschätzte Kollegen! Beim Verwaltungsgerichtsbarkeits-Anpassungsge­setz für Land- und Forstwirtschaft können wir einfach nicht mitstimmen, weil in diesem Gesetz im Prinzip eine Besserstellung der Agrarmarkt Austria bei Prüfungen und bei Beschwerdeentscheidungen verpackt ist.

Im Prinzip hat die AMA – im Gegensatz zu allen anderen Institutionen und den Ge­richtsbarkeiten – das Recht, mit der Entscheidung nicht zwei, sondern vier Monate zu­zuwarten. Ich glaube, das kommt daher, dass die AMA einfach mit der Arbeit nicht mehr zurechtkommt, weil sie so einen Verwaltungswust aufgebaut hat. Und jetzt will sie plötzlich als einzige Institution eine Ausweitung der Fristen!

Wenn man das Thema der Futterflächenfeststellung auf den Almen mitverfolgt, kann man nur sagen, man sollte die AMA eher dazu zwingen, vernünftige Regeln zu finden, die für die Bauern praktikabel sind. So kann sie es auch schaffen, Entscheidungen zeit­gerecht zu treffen.

Wenn man jetzt die neue Regelung für die Futterflächenfeststellung hernimmt und hört, dass es – so wie Sie es sagen, Herr Minister – als Service betrachtet werden soll, dass den Bauern vom Bildschirm aus gesagt wird, welche Futterflächen sie auf den Almen haben, dann kommen da Stilblüten zustande, angesichts derer man wirklich nur mehr den Kopf schütteln kann. (Bundesminister Dipl.-Ing. Berlakovich: Der Bauer muss es ja nicht akzeptieren! Das wissen Sie ganz genau!) – Ich habe Ihnen das letztens schon gesagt, Herr Minister: Dann hat er umgehend die Prüfung im Haus. (Bundesminister Dipl.-Ing. Berlakovich: Das stimmt ja nicht! Das stimmt nicht! Red doch nicht so!) Der hat sich noch gar nicht umgedreht und hat noch gar nicht gesagt, er nimmt das nicht an, hat er schon die Prüfung im Haus!

Im Gailtal haben sie jetzt diese Futterfläche mitgeteilt gekriegt und haben erfahren, dass sie plötzlich nur mehr 0,7 Hektar pro GVE hätten. Die werden heuer einen Feld­versuch machen, indem sie 1,4 Hektar einzäunen und zwei Rinder hinauftreiben. Ich bin neugierig, wie die Öffentlichkeit darauf reagieren wird, dass die zwei Kühe da oben hungern werden. Das zeigt einfach, dass die AMA ein ganz weltfremdes Modell ge­wählt hat.

Herr Minister, wir fordern Sie auf: Schauen Sie, dass die AMA praktikable Lösungen für die Bauern findet! Dann wird sie es auch schaffen, ihre Entscheidungen zeitgerecht zu treffen, und wir müssen nicht eine Fristverlängerung für die AMA beschließen. (Beifall bei der FPÖ.)

21.43


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Mayer. –Bitte.

 


21.43.46

Abgeordneter Peter Mayer (ÖVP): Frau Präsidentin! Geschätzter Herr Bundesmi­nister! Meine Damen und Herren! Das Verwaltungsgerichtsbarkeits-Anpassungsgesetz trifft uns ja in den verschiedensten Materien, so auch in der Landwirtschaft.


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll203. Sitzung / Seite 256

Dazu möchte ich folgenden Antrag einbringen:

Abänderungsantrag

der Abgeordneten Jakob Auer, Mag. Gaßner, Kolleginnen und Kollegen

Der Nationalrat wolle in zweiter Lesung beschließen:

Die Regierungsvorlage des Bundesgesetzes (2291 d.B.), mit dem das Agrarverfah­rensgesetz 1950, das Flurverfassungs-Grundsatzgesetz 1951, das Grundsatzge­setz 1951 über die Behandlung der Wald- und Weidenutzungsrechte sowie besonderer Felddienstbarkeiten, das Güter- und Seilwege-Grundsatzgesetz 1967, das Forstge­setz 1975, das Forstliche Vermehrungsgutgesetz 2002, das BFW-Gesetz, das Dünge­mittelgesetz 1994, das Futtermittelgesetz 1999, das Gesundheits- und Ernährungssi­cherheitsgesetz, das Pflanzenschutzgesetz 2011, das Pflanzenschutzmittelge­setz 2011, das Pflanzgutgesetz 1997, das Rebenverkehrsgesetz 1996, das Sorten­schutzgesetz 2001, das Weingesetz 2009, das Marktordnungsgesetz 2007 und das Vermarktungsnormengesetz geändert werden und das Agrarbehördengesetz 1950 auf­gehoben wird (Verwaltungsgerichtsbarkeits-Anpassungsgesetz-BMLFUW – Land- und Forstwirtschaft), wird wie folgt geändert:

I. Artikel 2 (Änderung des Flurverfassungs-Grundsatzgesetzes 1951) wird wie folgt ge­ändert:

Z 6 lautet:

„Nach § 33 wird folgender § 33a samt Überschrift eingefügt:

„Übermittlungspflicht

§ 33a. Das Landesverwaltungsgericht hat dem Bundesminister für Land- und Forstwirt­schaft, Umwelt und Wasserwirtschaft schriftliche Ausfertigungen der in den Angelegen­heiten dieses Bundesgesetzes ergangenen Erkenntnisse zu übermitteln.“ “

II. Artikel 3 (Änderung des Grundsatzgesetzes 1951 über die Behandlung der Wald- und Weidenutzungsrechte sowie besonderer Felddienstbarkeiten) wird wie folgt ge­ändert:

Z 7 lautet:

„Nach § 33 wird folgender § 33a samt Überschrift eingefügt:

„Übermittlungspflicht

§ 33a. Das Landesverwaltungsgericht hat dem Bundesminister für Land- und Forstwirt­schaft, Umwelt und Wasserwirtschaft schriftliche Ausfertigungen der in den Angelegen­heiten dieses Bundesgesetzes ergangenen Erkenntnisse zu übermitteln.“ “

III. Artikel 4 (Änderung des Güter- und Seilwege-Grundsatzgesetzes 1967) wird wie folgt geändert:

Z 3 lautet:

„Nach § 16 wird folgender § 16a samt Überschrift eingefügt:

„Übermittlungspflicht

§ 16a. Das Landesverwaltungsgericht hat dem Bundesminister für Land- und Forstwirt­schaft, Umwelt und Wasserwirtschaft schriftliche Ausfertigungen der in den Angelegen­heiten dieses Bundesgesetzes ergangenen Erkenntnisse zu übermitteln.“ “

*****


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll203. Sitzung / Seite 257

Ich ersuche um Zustimmung zu diesem Abänderungsantrag, der zustande gekommen ist, weil es in der Begutachtungsphase ja auch Anregungen aus den Bundesländern gegeben hat, und hoffe, dass dem zugestimmt wird. – Danke. (Beifall bei der ÖVP.)

21.46


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Der soeben eingebrachte Abänderungsantrag ist ordnungsgemäß eingebracht und steht daher mit in Verhandlung.

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:

Abänderungsantrag

der Abgeordneten Jakob Auer, Mag. Kurt Gaßner, Kolleginnen und Kollegen

zur Regierungsvorlage eines Bundesgesetzes, mit dem das Agrarverfahrensge­setz 1950, das Flurverfassungs-Grundsatzgesetz 1951, das Grundsatzgesetz 1951 über die Behandlung der Wald- und Weidenutzungsrechte sowie besonderer Feld­dienstbarkeiten, das Güter- und Seilwege-Grundsatzgesetz 1967, das Forstge­setz 1975, das Forstliche Vermehrungsgutgesetz 2002, das BFW-Gesetz, das Dünge­mittelgesetz 1994, das Futtermittelgesetz 1999, das Gesundheits- und Ernährungssi­cherheitsgesetz, das Pflanzenschutzgesetz 2011, das Pflanzenschutzmittelgesetz 2011, das Pflanzgutgesetz 1997, das Rebenverkehrsgesetz 1996, das Sortenschutzge­setz 2001, das Weingesetz 2009, das Marktordnungsgesetz 2007 und das Vermark­tungsnormengesetz geändert werden und das Agrarbehördengesetz 1950 aufgehoben wird (Verwaltungsgerichtsbarkeits-Anpassungsgesetz-BMLFUW – Land- und Forstwirt­schaft) (2291 d.B.), in der Fassung des Ausschussberichtes (2340 d.B.)

Der Nationalrat wolle in 2. Lesung beschließen:

Die Regierungsvorlage des Bundesgesetzes (2291 d.B.), mit dem das Agrarverfah­rensgesetz 1950, das Flurverfassungs-Grundsatzgesetz 1951, das Grundsatzge­setz 1951 über die Behandlung der Wald- und Weidenutzungsrechte sowie besonderer Felddienstbarkeiten, das Güter- und Seilwege-Grundsatzgesetz 1967, das Forstge­setz 1975, das Forstliche Vermehrungsgutgesetz 2002, das BFW-Gesetz, das Dünge­mittelgesetz 1994, das Futtermittelgesetz 1999, das Gesundheits- und Ernährungssi­cherheitsgesetz, das Pflanzenschutzgesetz 2011, das Pflanzenschutzmittelgesetz 2011, das Pflanzgutgesetz 1997, das Rebenverkehrsgesetz 1996, das Sortenschutzge­setz 2001, das Weingesetz 2009, das Marktordnungsgesetz 2007 und das Vermark­tungsnormengesetz geändert werden und das Agrarbehördengesetz 1950 aufgehoben wird (Verwaltungsgerichtsbarkeits-Anpassungsgesetz-BMLFUW – Land- und Forstwirt­schaft), wird wie folgt geändert:

I. Artikel 2 (Änderung des Flurverfassungs-Grundsatzgesetzes 1951) wird wie folgt ge­ändert:

Z 6 lautet:

„Nach § 33 wird folgender § 33a samt Überschrift eingefügt:

„Übermittlungspflicht

§ 33a. Das Landesverwaltungsgericht hat dem Bundesminister für Land- und Forstwirt­schaft, Umwelt und Wasserwirtschaft schriftliche Ausfertigungen der in den Angelegen­heiten dieses Bundesgesetzes ergangenen Erkenntnisse zu übermitteln.“ “

II. Artikel 3 (Änderung des Grundsatzgesetzes 1951 über die Behandlung der Wald- und Weidenutzungsrechte sowie besonderer Felddienstbarkeiten) wird wie folgt ge­ändert:


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll203. Sitzung / Seite 258

Z 7 lautet:

„Nach § 33 wird folgender § 33a samt Überschrift eingefügt:

„Übermittlungspflicht

§ 33a. Das Landesverwaltungsgericht hat dem Bundesminister für Land- und Forstwirt­schaft, Umwelt und Wasserwirtschaft schriftliche Ausfertigungen der in den Angelegen­heiten dieses Bundesgesetzes ergangenen Erkenntnisse zu übermitteln.“ “

III. Artikel 4 (Änderung des Güter- und Seilwege-Grundsatzgesetzes 1967) wird wie folgt geändert:

Z 3 lautet:

„Nach § 16 wird folgender § 16a samt Überschrift eingefügt:

„Übermittlungspflicht

§ 16a. Das Landesverwaltungsgericht hat dem Bundesminister für Land- und Forstwirt­schaft, Umwelt und Wasserwirtschaft schriftliche Ausfertigungen der in den Angelegen­heiten dieses Bundesgesetzes ergangenen Erkenntnisse zu übermitteln.“ “

Begründung:

Zu Z I betreffend Art. 2 (Änderung des Flurverfassungs-Grundsatzgesetzes 1951), Z II betreffend Art. 3 (Änderung des Grundsatzgesetzes 1951 über die Behandlung der Wald- und Weidenutzungsrechte sowie besonderer Felddienstbarkeiten) und Z III be­treffend Art. 4 (Änderung des Güter- und Seilwege-Grundsatzgesetzes 1967):

In den Art. 3 Z 6, Art. 4 Z 6 und Art. 5 Z 3 des Begutachtungsentwurfes für ein Bun­desgesetz, mit dem das Agrarbehördengesetz 1950 aufgehoben wird und das Agrar­verfahrensgesetz 1950, das Flurverfassungs-Grundsatzgesetz 1951, das Grundsatzge­setz 1951 über die Behandlung der Wald- und Weidenutzungsrechte sowie besonderer Felddienstbarkeiten, das Güter- und Seilwege-Grundsatzgesetz 1967 und das Land­wirtschaftliche Siedlungs-Grundsatzgesetz geändert werden, wird eine Senatszustän­digkeit der Landesverwaltungsgerichte sowie die Mitwirkung von mindestens einem in Angelegenheiten der Bodenreform fachkundigen Laienrichter an der Rechtsprechung vorgeschlagen.

Im Rahmen des Begutachtungsverfahrens vertraten die Bundesländer Tirol, Oberöster­reich, Salzburg und Vorarlberg die Auffassung, dass es dem (Landes-)Ausführungsge­setzgeber überlassen bleiben sollte, festzulegen, ob und in welchen Angelegenheiten die Landesverwaltungsgerichte durch Einzelmitglied bzw. Senat zu entscheiden haben und ob die Beiziehung eines fachkundigen Laienrichters zweckdienlich sei. Die Bun­desländer Tirol und Oberösterreich hielten ausdrücklich fest, dass die gemäß Art. 135 Abs. 1 B-VG in der Fassung der Verwaltungsgerichtsbarkeits-Novelle 2012 erforderli­che Zustimmung derzeit nicht in Aussicht gestellt werden könne.

In sich jeweils auf die Regierungsvorlage zum Verwaltungsgerichtsbarkeits-Anpas­sungsgesetz-BMLFUW – Land- und Forstwirtschaft, 2291 der Beilagen zu den Steno­graphischen Protokollen des Nationalrates XXIV. GP, beziehenden Schreiben der Äm­ter der Landesregierungen von Tirol vom 25. April 2013, von Salzburg und Vorarlberg jeweils vom 30. April 2013 sowie von Oberösterreich vom 6. Mai 2013 wurde neuerlich bestärkt, dass eine Zustimmung dieser Bundesländer zur Kundmachung eines in die­sen Punkten der Regierungsvorlage entsprechenden Gesetzesbeschlusses nicht er­wartet werden könne.

*****

 



Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll203. Sitzung / Seite 259

Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Mag. Grossmann. – Bitte.

 


21.46.30

Abgeordnete Mag. Elisabeth Grossmann (SPÖ): Frau Präsidentin! Herr Minister! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich gratuliere zunächst einmal meinem Vor­redner zu dieser Marathonleseleistung. Jetzt aber einmal tief Luft holen – das war wirk­lich sehr beeindruckend!

Meine sehr geehrten Damen und Herren, heute beschließen wir einmal mehr eine gan­ze Menge an Agrarrechtsnormen mit unterschiedlichsten Inhalten, von der Produktion bis zur Vermarktung von Düngemitteln über die Ernährungssicherheit bis hin zu Ver­fahrensbestimmungen, Warenkennzeichnungen und so weiter – alles ist mit dabei. Es sind viele wichtige und richtige Bestimmungen, die zu einem guten Teil auch auf inter­nationale Abkommen zurückgehen und die Marktteilnahme Österreichs sichern sollen. Das sind alles von uns geprüfte und für gut befundene Materien.

Viele Rednerinnen und Redner sind ja schon ausführlich darauf eingegangen – ganz besonders auf den Most, den ich auch noch einmal hervorheben möchte. Nur muss bei dieser Fülle von Rechtsvorschriften Folgendes bedacht werden: Sie müssen auch an­gewendet werden, und zwar in erster Linie von den Produzentinnen und Produzenten, also von den Bäuerinnen und Bauern. Die müssten am besten Rechtswissenschaften, Betriebswirtschaftslehre, Chemie, Biologie, Pharmazie und alles Mögliche studiert ha­ben, um bestens auf ihren Beruf vorbereitet zu sein. Man kann also unglaublich viel falsch machen in der Landwirtschaft.

Der Herr Minister hat auch ausgeführt, wie herausfordernd dieser Bereich ist. (Zwi­schenruf der Abg. Steibl.) Sie geben mir das Stichwort, liebe Frau Kollegin: Gute Infor­mation und vor allem eine gute Ausbildung sind wichtiger denn je, denn es war wirklich noch nie so schwer wie jetzt, Bauer oder Bäuerin zu sein. Es ist ein anspruchsvoller Beruf, der mit der Tätigkeit vergangener Jahrzehnte nicht mehr vergleichbar ist. Das heißt, die Zukunft der Landwirtschaft liegt in der Ausbildung.

Deshalb appelliere ich unermüdlich an Sie, die landwirtschaftlichen Schulen tatkräftig zu unterstützen, und ersuche erneut den Herrn Minister darum, diese Lebensader wei­ter lebendig zu halten. (Beifall bei der SPÖ. Abg. Steibl: Aber jetzt reden Sie anders als daheim!)

21.49


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Mu­chitsch. – Bitte.

 


21.49.04

Abgeordneter Josef Muchitsch (SPÖ): Frau Präsidentin! Herr Bundesminister! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Die SPÖ wird dem Agrarrechtsänderungsgesetz ih­re Zustimmung geben. Warum? – Ganz einfach: Weil darin zwei wesentliche Punkte enthalten sind, die man über all diese elf Gesetzesmaterien spannen kann. Einerseits ist es eine Verwaltungsvereinfachung, wie zum Beispiel beim Forstgesetz, bei dem es Deregulierungen geben wird, sodass in Zukunft, wenn es zu Nutzungsänderungen kommt, die Forstbehörde nicht mehr dementsprechend mit eingebunden wird, wenn kein Wald vorhanden ist.

Andererseits wird aber, neben der Verwaltungsvereinfachung, auch sehr viel Klarheit geschaffen, wie zum Beispiel beim Weingesetz, wo bei landwirtschaftlichen Erzeugnis­sen, wie zum Beispiel beim Obstwein, das entsprechende Kapitel im Weingesetz ge­strafft wird.


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll203. Sitzung / Seite 260

Jetzt aber zu einem persönlichen Anliegen: Ich würde mir wirklich persönlich wün­schen, dass wir diese Maßnahmen der Verwaltungsvereinfachungen und Klarstellun­gen vielleicht auch im Bereich der Ferkel- und der Schweinezucht erreichen. Ich sage das deshalb ganz bewusst, weil die Steiermark als Tourismus- und Genussregion be­kannt ist, aber wenn wir nicht aufpassen, vor allem die Südsteiermark eine Gülleregion wird. Das ist deshalb der Fall, weil sich die Bauansuchen für Schweinefabriken in den Gemeinden häufen. Diese Tierfabriken werden immer größer. Die Leute, die diese Bauansuchen stellen, werden auch immer mutiger. Und deshalb auch hier der große Appell, klare Richtlinien zu schaffen, denn letztendlich soll die Steiermark beziehungs­weise die Südsteiermark auch Genuss- und Tourismusregion bleiben.

Wenn von 5,4 Millionen Schlachtungen und Verarbeitungen, die in Österreich stattfin­den, ein Drittel, also 1,8 Millionen, allein in der Südsteiermark stattfinden, dann ist es, glaube ich, ein Gebot der Stunde, achtzugeben. Ich appelliere daher an alle, die jetzt hier ans Rednerpult getreten sind und von bäuerlichen Strukturen gesprochen haben, diese auch in der weiteren Vorgangsweise dementsprechend zu berücksichtigen.

Wir stehen zur kleinstrukturierten Landwirtschaft, wir wollen die bestehenden landwirt­schaftlichen Betriebe schützen, aber wir sind gegen den Ausbau von Tierfabriken, weil das letztendlich nicht an einem Standort sein kann. – Danke schön. (Beifall bei der SPÖ.)

21.51


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Sacher. – Bitte.

 


21.52.04

Abgeordneter Ewald Sacher (SPÖ): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Herr Bundesmi­nister! Hohes Haus! Sehr geehrte Damen und Herren! Vom Kollegen Grillitsch wurde in der Debatte zu Recht darauf hingewiesen, dass wir nicht die große Agrarindustrie för­dern wollen und unterstützen wollen. Und das ist für mich der Anlass, zumal ich aus der Wachau komme, einmal eine Lanze für die Nebenerwerbsbauern zu brechen.

Gerade im Weinbau und im Obstbau in unserer Gegend, Herr Bundesminister, mit ih­ren Spezifika – mit den Steinterrassen, mit den Kellergassen –, sind es die Nebener­werbsbauern – denn die große Weinwirtschaft hat an der Erhaltung zum Beispiel der Kellergassen kein Interesse –, die kleinen Nebenerwerbsbauern – die in der Industrie oder sonstwo ihren Job haben –, die als Landschaftserhalter in der Wachau sehr wich­tig sind. (Beifall bei der SPÖ und Bravoruf des Abg. Pendl.)

Wir haben heute schon einen Beschluss gefasst im Zusammenhang mit dem Abbren­nen von Gehölzen. Wir sind Ihnen also sehr, sehr dankbar dafür, dass wir das zuwege gebracht haben, dass hier ein bisschen mehr Flexibilität möglich ist.

Ich möchte aber auch zu den Inhalten des heutigen Paketes, das wir hier beschließen, etwas sagen – Stichwort Düngemittelverordnung. Ich weiß, wovon ich rede, und ich ha­be ja schon mehrmals auch Anfragen an Sie gestellt, Herr Bundesminister. Ich appel­liere an das Verantwortungsbewusstsein und an die Vernunft, was die Düngung betrifft, denn wir haben immer noch Gebiete, wo die Nitratwerte im Trinkwasser zu hoch sind, alarmierend hoch sind, und das gilt vor allem auch für den Weinbau.

Und jetzt bin ich wieder bei den Nebenerwerbsbauern: Ich glaube, dass diese ihre Spritzmittel, auch im Obstbau, sehr gezielt und vorsichtig einsetzen, während dieser Pestizideinsatz, den wir im Zusammenhang mit dem Bienensterben diskutieren, eher in der großen Agrarindustrie erfolgt.

Und ein Letztes: Es gibt zwar keinen direkten Zusammenhang zur Novelle des Forst­gesetzes, aber immer wieder werden auch im Zusammenhang mit dem Tourismus und unserer schönen Landschaft die Wünsche der Mountainbiker an mich herangetragen.


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll203. Sitzung / Seite 261

Ich möchte einmal den Bundesforsten Danke dafür sagen, dass sie sehr weitgehend schon die Möglichkeiten des Mountainbikens eröffnet haben. Ich möchte sicher nicht dem Freebiken im Wald das Wort reden, aber auch da ein Appell: Wenn wir über die Forststraßen, über diese Bringungsgenossenschaften reden, dann könnte man in die­sem Zusammenhang auch die Erweiterung der Möglichkeiten des Mountainbikens für den Tourismus weiter andenken.

In diesem Sinne: auf weitere gute Zusammenarbeit! (Beifall bei der SPÖ sowie der Abg. Tamandl.)

21.54


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Zu Wort gelangt Frau Abgeordnete Hakel. – Bitte.

 


21.55.00

Abgeordnete Elisabeth Hakel (SPÖ): Frau Präsidentin! Sehr geehrter Herr Minister! Zu den Almbauern möchte ich noch etwas anmerken. Da handelt es sich ganz klar um einen Konflikt zwischen Brüssel und Landwirtschaftsministerium, und eines sollte man hier schon klarstellen: Dieser Konflikt sollte ganz sicher nicht von den Almbauern be­zahlt werden. Wenn hier etwas zu bezahlen oder nachzubezahlen ist, dann soll das das Landwirtschaftsministerium bezahlen.

Aber lassen Sie mich zu einem anderen Thema kommen: Für Winzer ist er Existenz­grundlage, für Genießer ist er flüssige Nahrung – der steirische Wein. Die Natur hat die Steiermark damit reich beschenkt. Der steirische Wein ist weit über die Grenzen hinaus bekannt. Er steht für Qualität – Qualität, die mit nationalen und internationalen Preisen ausgezeichnet wird.

Aber nicht nur für den Wein ist die Steiermark berühmt, sondern auch für das frische, saftige Obst. Kein Wunder, denn in einer Landschaft, die wie ein Paradies ausschaut, können auch nur Paradiesfrüchte wachsen. Der Apfel ist Österreichs Lieblingsobst und die steirische Apfelstraße der Hauptlieferant.

Der Apfel kann aber nicht nur frisch verzehrt werden, sondern auch in vielen verschie­denen Köstlichkeiten, vom Apfelessig über den Apfelkren bis hin zum Apfelsaft und na­türlich auch zum Apfelwein, also dem Most. (Abg. Steibl: Apfelstrudel!)

Womit ich jetzt auch schon beim Thema bin, denn durch die Änderung des Weingeset­zes werden in Zukunft die einzelnen Erzeugnisse der Obstpyramide völlig neu definiert. So ist nun die Erlangung einer staatlichen Prüfnummer für die Bereiche „Qualitätsobst­wein“ und „Regionalspezifischer Qualitätsobstwein mit Herkunftsprofil“ – es muss also in Zukunft die Region beziehungsweise das Bundesland angegeben sein – verpflich­tend.

Was die steirischen Bauern und Bäuerinnen betrifft, so bin ich davon überzeugt, dass diese im internationalen Vergleich einen Schritt voraus sein werden und auf freiwilliger Basis zusätzliche Qualitätskriterien ganz sicher erreichen werden. (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Steibl: Eine super Wahlrede! – Abg. Grosz: Könnten wir jetzt vielleicht ein Apfelstrudelrezept haben?)

21.57


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Mag. Gaßner. – Bitte.

 


21.57.09

Abgeordneter Mag. Kurt Gaßner (SPÖ): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Herr Bun­desminister! Meine Damen und Herren! Vieles wurde schon gesagt, vieles Richtige wurde schon gesagt. Manches war nicht ganz so in Ordnung. Eine kurze Replik auf


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll203. Sitzung / Seite 262

Kollegen Grillitsch, der gemeint hat, dass die österreichische Landwirtschaft deswegen so gut funktioniert, weil die Politik der ÖVP und vor allem die des Bauernbundes daran „schuld“ seien. (Demonstrativer Beifall und Bravorufe bei Abgeordneten der ÖVP.)

Herr Kollege Grillitsch! Ich bin der Meinung, dass der Fleiß und die Arbeitsamkeit unse­rer Bäuerinnen und Bauern daran „schuld“ sind, dass wir noch eine funktionierende Landwirtschaft haben. (Beifall bei der SPÖ. – Zwischenruf bei der ÖVP.) – Da gibt es sehr wohl einen großen Unterschied zwischen der Politik des Bauernbundes und dem Fleiß der Bäuerinnen und Bauern. Einen großen Unterschied!

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Wir haben das Agrarrechtsänderungsgesetz in Behandlung, und dort die Änderung das Gesundheits- und Ernährungssicherheitsge­setz betreffend, und da drinnen lese ich im § 8 Abs. 2 folgenden Punkt:

„Erarbeitung und Umsetzung von Maßnahmen zur Erhaltung und Verbesserung der Bienengesundheit, des Bienenschutzes und der Produktion qualitativ hochwertiger Bie­nenprodukte;“

Dabei geht es darum, dass die AGES jetzt per Gesetz dazu veranlasst wird, hier tätig zu werden. Sie brauchen jetzt nicht mehr irgendwelche chemische Industrien, die ihnen irgendwelche Studien finanzieren, sondern sie können das jetzt per Gesetz tun – und ich hoffe, dass sie es auch tun. Und, Herr Bundesminister, Sie und wir alle können die AGES bei dieser Tätigkeit am besten dadurch unterstützen, dass wir die Neonicotinoi­de, das Bienengift, verbieten. (Beifall bei der SPÖ sowie der Abgeordneten Dr. Pirkl­huber und Huber.)

21.59

21.59.10

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Zu Wort ist dazu niemand mehr gemeldet. Die Debatte ist geschlossen.

Schlusswort seitens der Berichterstattung wird keines verlangt.

Wir kommen zur Abstimmung, die ich über jeden Ausschussantrag getrennt vor­nehme.

Wir gelangen zur Abstimmung über Tagesordnungspunkt 21: Antrag des Ausschusses für Land- und Forstwirtschaft, dem Abschluss des Staatsvertrages: Übereinkommen über das Europäische Forstinstitut; Annahme der spanischen Sprachfassung, in 2201 der Beilagen gemäß Artikel 50 Abs. 1 Z 1 B-VG die Genehmigung zu erteilen.

Ich bitte jene Damen und Herren, die dazu ihre Zustimmung geben, um ein Zeichen. – Das ist einstimmig angenommen.

Wir kommen zur Abstimmung über Tagesordnungspunkt 22: Entwurf betreffend Ver­waltungsgerichtsbarkeits-Anpassungsgesetz-BMLFUW – Land- und Forstwirtschaft, 2291 der Beilagen.

Hierzu haben die Abgeordneten Jakob Auer, Mag. Gaßner, Kolleginnen und Kollegen einen Abänderungsantrag eingebracht. Ich werde daher zunächst über die vom er­wähnten Abänderungsantrag betroffenen Teile, der Systematik des Gesetzentwurfes folgend, und schließlich über die restlichen, noch nicht abgestimmten Teile des Ge­setzentwurfes abstimmen lassen.

Die Abgeordneten Jakob Auer, Mag. Gaßner, Kolleginnen und Kollegen haben einen Abänderungsantrag betreffend Artikel 2, 3 und 4 eingebracht.

Ich bitte jene Mitglieder des Hohen Hauses, die sich dafür aussprechen, um ein Zei­chen. – Das ist mit Mehrheit angenommen.

Schließlich komme ich zur Abstimmung über die restlichen, noch nicht abgestimmten Teile des Gesetzentwurfes samt Titel und Eingang in der Fassung der Regierungsvor-


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll203. Sitzung / Seite 263

lage, und ich bitte jene Damen und Herren, die dafür die Zustimmung erteilen, um ein entsprechendes Zeichen. – Das ist wiederum mehrheitlich angenommen.

Wir kommen sogleich zur dritten Lesung.

Ich bitte jene Damen und Herren, die auch in dritter Lesung für den vorliegenden Ge­setzentwurf sind, um ein Zeichen der Zustimmung. – Das ist die Mehrheit. Der Ge­setzentwurf ist somit auch in dritter Lesung angenommen.

Wir gelangen zur Abstimmung über Tagesordnungspunkt 23: Entwurf betreffend Agrar­rechtsänderungsgesetz 2013 samt Titel und Eingang in 2297 der Beilagen.

Ich ersuche jene Damen und Herren, die für diesen Gesetzentwurf sind, um ein Zei­chen der Zustimmung. – Das ist mehrheitlich angenommen.

Wir kommen sogleich zur dritten Lesung.

Ich bitte jene Damen und Herren, die auch in dritter Lesung für den vorliegenden Ge­setzentwurf stimmen, um ein Zeichen. – Das ist wiederum die Mehrheit. Der Gesetz­entwurf ist somit auch in dritter Lesung angenommen.

22.01.5724. Punkt

Bericht des Ausschusses für Land- und Forstwirtschaft über die Regierungsvor­lage (2294 d.B.): Bundesgesetz zur Durchführung der Biozidprodukteverordnung (Biozidproduktegesetz – BiozidprodukteG) (2342 d.B.)

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Wir gelangen zum 24. Punkt der Tagesordnung.

Auf eine mündliche Berichterstattung wurde verzichtet.

Als Erster gelangt Herr Abgeordneter Jannach zu Wort. – Bitte.

 


22.02.18

Abgeordneter Harald Jannach (FPÖ): Frau Präsidentin! Herr Bundesminister! Der 24. Punkt der Tagesordnung betrifft die Biozidprodukteverordnung der EU. Worum geht es da? – Im Grunde um Mittel wie Holzschutzmittel, Desinfektionsmittel, aber es ist zum Beispiel auch Rattengift darunter. Wenn sie in der falschen Dosis angewandt werden, sind es letztendlich auch gefährliche Chemikalien.

Die Verordnung zeigt ja einmal mehr, wie es in der Praxis läuft: Die EU gibt die Ver­ordnung vor, und diese ist in nationales Recht umzusetzen, ob Österreich das will oder nicht. Und ob wir ein Gesetz haben oder nicht, ist in dem Fall auch irrelevant. Wir ha­ben diese Verordnung umzusetzen. Das Bestreben dahinter: Das soll auch den freien Warenverkehr dieser Mittel, die ja gefährliche Chemikalien darstellen, in Europa weiter verbessern.

Es gibt dazu eine sehr kritische Stellungnahme der Salzburger Landesregierung – im Übrigen eine der ganz wenigen Stellungnahmen; sonst hat es kaum Stellungnahmen gegeben, aber diese ist dafür sehr vernichtend. Ich zitiere kurz daraus:

„Die im § 1 der nunmehrigen Regierungsvorlage enthaltenen neuen Bestimmungen sind unklar, zum Teil sprachlich verunglückt und begegnen aus der Sicht der Vollzieh­barkeit auch gravierenden Bedenken, da deren Interpretation eine regelrechte Denk­sportaufgabe bedeutet.“

Es ist also sehr, sehr schwierig.

Ich zitiere weiter: „Eine grundlegende Überarbeitung dieser Bestimmung wird daher dringend angeraten.“


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll203. Sitzung / Seite 264

Es wird sich hier vor allem auch um begriffliche Bestimmungen handeln. Es wurde im Ausschuss ein Abänderungsantrag von den Regierungsparteien eingebracht, die ge­meint haben, dass das damit ausgeräumt sei. Wir sehen das nicht so.

Was uns an dieser neuen Verordnung besonders aufstößt, das ist die sogenannte Uni­onszulassung. Das heißt, dass diese neuen Biozide, die eingesetzt werden können, in einem Mitgliedstaat zugelassen werden können, dann der EU-Kommission vorgelegt werden und dann für alle Mitgliedstaaten mehr oder weniger frei verfügbar sind und eingesetzt werden können. Wir wollen hier eine nationalstaatliche Regelung haben. Die Sicherheit vor allem bei diesen gefährlichen Mitteln ist uns wichtiger und sollte es uns wert sein, dass wir darüber nachdenken, das auch nationalstaatlich zu regeln und die Untersuchung dieser Mittel auf alle Fälle unter nationalstaatlicher Hoheit zu haben. (Beifall bei der FPÖ.)

Wie gesagt, daran nehmen wir Anstoß bei diesem Gesetz. Wir lehnen dieses Gesetz, diese neue Biozidverordnung ab, eben aus diesem Grund, dass wir eine nationalstaat­liche Regelung für diese Produkte wollen. Wir haben das auch bei den Pestiziden und im Chemikaliengesetz, und wir wollen uns auch bei diesen Produkten nicht darauf ver­lassen, dass andere europäische Länder festlegen, was in unserem Land eingesetzt werden kann. – Danke. (Beifall bei der FPÖ.)

22.05


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Ing. Schul­tes. – Bitte.

 


22.05.12

Abgeordneter Ing. Hermann Schultes (ÖVP): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Ge­schätzter Herr Bundesminister! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen im Hohen Haus! Das Biozidproduktegesetz setzt eine EU-Richtlinie um, und das können wir deswegen relativ unproblematisch tun, weil wir die vorausgehenden Richtlinien, die sich mit den Chemikalien beschäftigen, in diesem Haus schon rechtzeitig umgesetzt haben.

Wir erleben jetzt, dass dieses Gesetz Biozide – Produkte, die Sie im täglichen Leben verwenden – in Österreich sicher zulässig macht und Ihnen die Möglichkeit gibt, auch ordentlich damit umzugehen. Wenn Sie bei uns im Parlament aufs Klo gehen und sich dort die Hände waschen, finden Sie an der Wand einen Behälter mit einem Desinfek­tionsmittel: Dieses fällt unter das Biozidproduktegesetz. Wenn Sie zu Hause einen Gel­senstecker anwenden, fällt dieser unter das Biozidproduktegesetz. Wenn Sie „Tus macht Schluss mit lästigen Insekten“ verwenden, dann ist das ein Produkt, das unter das Biozidproduktegesetz fällt. Wenn Sie einen Hund haben und diesem ein Flohband geben, dann haben Sie etwas zu Hause, das unter dieses Gesetz fällt. Wenn Sie Ameiseninvasionen und –„autobahnen“ haben und dagegen was tun, dann haben Sie ebenfalls etwas zu Hause.

Überall dort, wo so ein toter Fisch drauf ist, handelt es sich um ein umweltgiftiges Pro­dukt. Es ist nicht anders als bei dem Thema, das wir unlängst diskutiert haben, es sind aber eben Präparate, Produkte, die man zu Hause verwendet. Durch dieses Biozidpro­duktegesetz und durch die europäische Durchsetzung dieser Richtlinie ist sicherge­stellt, dass diese vielen, vielen Produkte an einer Stelle ordentlich geprüft werden und diese Prüfung auf einem Niveau stattfinden kann, wie wir das in Österreich alleine für alle Produkte nie darstellen könnten. Unser Problem ist, dass wir bei den Pestiziden, die in der Landwirtschaft eingesetzt werden, also bei Pflanzenschutzmittelwirkstoffen, für viele in Österreich verwendete Wirkstoffe die Zulassung nur für die Verwendung des geprüften Wirkstoffes in Österreich für viele Kulturen gar nicht finanzieren können, weil die Firmen bei den geringen Absatzmengen die 20 000 €, die eine Sonderzulas­sung für Österreich allein kostet, kaum hereinspielen werden – oder die Produkte wür-


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll203. Sitzung / Seite 265

den so teuer werden, dass sie keiner mehr einsetzen kann. Das wird ein kommendes Problem.

Wir erleben, dass durch die europaweite Regelung dieser Zulassung die Biozidproduk­te wenigstens verfügbar sind. Und wir sehen, dass mit dieser neuen Richtlinie jeder dieser Wirkstoffe in der Europäischen Chemieagentur registriert ist und nachverfolgt werden kann, wo die Produkte sind. Wenn wirklich etwas passiert, man auf etwas draufkommt, kann man dann auch die Wege verfolgen und Menschen schützen.

Wir haben damit ein europäisches Sicherheitsnetz geschaffen. Und wenn Sie auf Ur­laub nach Jesolo fahren, dort das Gefühl haben, dass es vielleicht Gelsen gibt, und ein Produkt kaufen, dann können Sie sicher sein, dass das nach dem Standard geprüft ist, der auch in Österreich angewendet wird.

Tatsächlich ist es so, dass es um Produkte geht, die den Menschen unangenehme Schädlinge, Pilze, Krankheitserreger vom Körper halten sollen, und tatsächlich ist es so, dass wir viele Dinge, die wir in anderen Bereichen als Gifte bezeichnen, in diesem Bereich gerne in unserer Umgebung haben. Denn eines kann ich Ihnen sicher sagen: Wenn Sie Ihren Kühlschrank zu Hause anschauen, dann sind die möglichen und wahr­scheinlichen Pilze, die jeder daheim im Kühlschrank hat, bevor er ihn putzt, viel ge­fährlicher als alles, was Ihnen sonst noch im Leben passieren kann. Deswegen ist es gut, wenn Sie Ihren Kühlschrank ordentlich reinigen – die wichtigste Tätigkeit in Ihrem Haushaltsleben.

Zu dem Thema, mit dem wir hier zu tun haben, Neonicotinoide: Seien Sie sicher, vieles von dem, was wir hier im Biozidproduktegesetz haben und was Sie im täglichen Leben verwenden, sind Neonicotinoide, weil sie nun einmal für die Gesundheit des Menschen am wenigsten bedenklich sind. Und wenn man davon redet, dass es Nervengifte sind, dann eben nur für Insekten, aber das sind ja wir Gott sei Dank nicht. Für uns ist das nicht problematisch, und daher ist es in vielen Bereichen enthalten.

Wer das nicht haben will, und im privaten Bereich auch nicht, der soll es sagen. Aber der wird sich dann von vielem befreien müssen, das ihm das Leben komfortabel macht.

Weil immer wieder etwas passieren kann – bei uns haben einmal die Kinder, als sie klein waren, beim Autan zu trinken begonnen; das ist etwas zum Abwehren von Gelsen und zählt zu den Repellents; diese fallen auch hier darunter –, ist es ganz gut, wenn man eine Telefonnummer daheim hat, und zwar jene der Vergiftungszentrale. Es ist nämlich so, dass diese Materialien und diese Stoffe dann ungefährlich sind, wenn sie nicht in die Hände von Leuten geraten, die selber nicht sicher sind. Kinder sind nicht si­cher, und daher muss man aufpassen, denn es kann immer etwas passieren. Und da­her ist eine Telefonnummer wichtig, und ich würde alle ersuchen, schreibt euch die-
se auf, die könnt ihr brauchen, das ist nämlich die Vergiftungsinformationszentrale: 01 – 406 43 43.

Das kann man brauchen, und das ist wahrscheinlich die wichtigste Information des Ta­ges. Schreibt es euch auf! Wenn wirklich etwas passiert, seid ihr froh, wenn ihr sie habt. Ich wünsche einen schönen Abend. – Danke. (Beifall bei der ÖVP. Abg. Pendl: Danke!)

22.10


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Huber. – Bitte. (Abg. Dolinschek – in Richtung des sich zum Rednerpult begebenden Abg. Hu­ber –: Gerhard, außa mit der Wahrheit!)

 


22.10.21

Abgeordneter Gerhard Huber (BZÖ): Sehr geehrte Frau Präsident! Hohes Haus! Zu den Bioziden, dem Biozidproduktegesetz müssen wir uns schon einmal vor Augen füh-


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll203. Sitzung / Seite 266

ren: Was heißt das eigentlich? – Biozid, das kommt aus dem Griechischen: Bios be­deutet Leben (Oi-Rufe bei der ÖVP), und caedere kommt aus dem Lateinischen und bedeutet töten.

Das heißt übersetzt nichts anderes als Leben töten. Und wenn wir das jetzt alles über diese Richtlinie hören, muss man sich schon eines klar vor Augen halten, zum Beispiel beim Glyphosat: Da wissen wir von den anerkanntesten Experten, dass das ein wei­terentwickelter chemischer Kampfstoff ist, dass dieses so toxische Gift auf allen Kin­derspielplätzen in den Gemeinden, in den Schulen, auf Golfplätzen ausgebracht wird – nicht nur in der Landwirtschaft.

Die Landwirtschaft benützt es teilweise, um Getreide trocken zu spritzen. Das wird kurz vor der Ernte auf den Weizen ausgebracht. Dieser Weizen wird dann auch für Brot ver­wendet. (Ruf: Schwachsinn!) Und wie wir heute wissen, sind auch Biobrote bereits von diesen Produkten verseucht. Man kann es heute nachweisen, die Wissenschaft hat da enorme Fortschritte gemacht.

Wenn ich dann höre, dass Kollege Schultes sagt: Ja, Neonicotinoide sind auch davon betroffen und die sind das Wenigste für den Menschen!, dann müssen wir uns eines vor Augen halten: Weltweit wurde am meisten DDT 1963 produziert und als soge­nannte „Agent Orange-Bombe“ im Vietnam eingesetzt, wovon heute noch die Umwelt massiv betroffen ist, wo man die Umweltschäden heute noch sieht.

Das ist der Grundstoff der Neonicotinoide. Aber nicht nur, dass es davon abgeleitet ist. Wir wissen heute, von allen Experten bestätigt, dass diese Neonicotinoide 7 000 Mal toxischer sind, 7 000 Mal giftiger sind als DDT. Und noch eines, das müssen wir uns vor allem als Abgeordnete vor Augen halten: Weltweit wurden in der Hochblüte des DDT 1963 100 000 Kilogramm produziert. (Zwischenruf des Abg. Pendl.) Und auf­grund dieser ÖVP-Agrarpolitik bringen wir heute über 10 000 Kilogramm Neonicotinoi­de auf unsere Böden, auf unsere Äcker, und damit haben wir gleich viel Gift ausge­bracht wie 1963 weltweit DDT produziert wurde. Man braucht es nur umzurechnen: 7 000 Mal toxischer. Das sagt nicht das BZÖ, das sagt nicht der Gerhard Huber, son­dern das sagen die anerkanntesten Experten. (Ruf: Wer ist das?)

Wir wissen heute, dass bereits in Kleinstmengen das Glyphosat solche Schäden an­richtet, dass wir es im Wasser, dass wir es überall drinnen haben. Wir untersuchen es nur nicht. Und wenn man die SPÖ kurz anschaut: Wie viel Glyphosat wird jährlich von den österreichischen Bundesbahnen auf den Bahngleisen ausgebracht? Wissen Sie es? (Abg. Mag. Gaßner: Wieso schauen Sie da die SPÖ an?) – Ja, bitte. Wer ist die Frau Bundesminister für Verkehr?  Ich glaube schon, dass da die SPÖ zuständig ist.

Man muss sich anschauen, dass heute bei kleinen Strecken wie der Straßenbahn von Innsbruck ins Stubaital das gesamte Unkraut mit Glyphosat bekämpft wird, und dieses Glyphosat eins zu eins aufgrund der Lage ins Innsbrucker Grundwasser geht, das ist genau der Wasserspeicher oberhalb von Innsbruck. Die Kollegin Hakl wird es bestä­tigen.

Das beschließen wir heute mit diesem Biozidproduktegesetz. Ich hoffe, dass man doch einmal umdenkt, dass man endlich eine Politik macht, die für unsere Lebensmittel ist, die für uns ist, für unsere Bevölkerung und für die Landwirtschaft und nicht eine Politik, die nur Brüssel und den EU-Konzernen hilft. (Beifall beim BZÖ.)

22.14


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Frau Abgeordnete Königsberger-Ludwig gelangt nun zu Wort. – Bitte.

 


22.15.03

Abgeordnete Ulrike Königsberger-Ludwig (SPÖ): Frau Präsidentin! Herr Minister! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Ich möchte zu Beginn einfach auch klarstellen,


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll203. Sitzung / Seite 267

dass Biozide Wirkstoffe sind, die im nichtagrarischen Bereich eingesetzt werden, näm­lich in der Schädlingsbekämpfung.

Kollege Schultes hat das auch in seiner Rede gesagt: Wir alle haben derartige Mittel zu Hause, und deswegen ist es aus meiner Sicht wohl sehr, sehr erforderlich, dass wir ein Gesetz haben, das im Vorfeld die Inverkehrbringung dieser Biozide regelt. Und dieses Gesetz oder diese Novelle, die wir heute auch beschließen, regelt genau das, nämlich dass man im Vorfeld schon eine Risikobewertung macht zwischen der Wirksamkeit dieser Biozide und dem Risiko für Mensch, Tier und Umwelt.

Dieses Gesetz basiert ja auf einer Richtlinie aus dem Jahre 1998, wo es die erste Richtlinie gegeben hat, und jetzt wird das eigentlich auf den Erkenntnissen dieser Richtlinie weiterentwickelt. Das hat der Kollege Jannach, glaube ich, in seiner Rede ein bisschen anders gesagt. Dieses Gesetz, das wir heute beschließen, ist kein Diktat der EU, sondern es ist eine Weiterentwicklung der Richtlinie, auf die aufbauend wir im Jahr 2000 bereits ein Biozidgesetz beschlossen haben.

Das jetzige Gesetz bleibt ja in seinen Geltungsbereichen fast unberührt, also es sind nur einige Änderungen, die jetzt mit der Novelle tatsächlich auch umgesetzt werden. Das sind, wie ich finde, sehr wichtige Änderungen, wie zum Beispiel, dass eine neue Verordnung auch für Waren gültig sein wird, die mit Bioziden behandelt werden. Das ist ja eigentlich, finde ich, für den Konsumenten, für die Konsumentin tatsächlich eine Verbesserung. Das ist die eine Verbesserung, die ich sehr befürworte.

Die zweite Verbesserung, die ich befürworte, ist, dass Wirkstoffe zum Beispiel mit an­deren Eigenschaften, die ein Risiko für das Grundwasser darstellen, auch unter die zu ersetzenden Wirkstoffe fallen. Das sind ja durchaus positive Errungenschaften, die wir heute mit diesem Gesetz umsetzen.

Ich bin überzeugt davon, dass es wichtig ist, dass Konsumentinnen und Konsumenten wissen, dass die Mittel, die sie zu Hause haben, nicht ungefährlich sind, und dass sie daraus auch wirklich einen verantwortungsvollen Umgang mit den Mitteln ableiten. Ich bin aber auch überzeugt davon, Herr Minister, dass das Gesetz nur dann seine Wir­kung erzielen kann, wenn es auch ordentliche Kontrollen gibt. Und da sind Sie als Mi­nister wieder gefordert, da ja die Kontrollen in die mittelbare Kontrolle Ihres Ministeri­ums fallen.

Ich denke mir, das Gesetz ist gut. Wir müssen eben auch schauen, dass die Kontrollen dann auch tatsächlich ihre Wirkung haben werden. (Beifall bei der SPÖ.)

22.17


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Herr Abgeordneter Dr. Pirklhuber gelangt zu Wort. – Bitte.

 


22.17.52

Abgeordneter Dipl.-Ing. Dr. Wolfgang Pirklhuber (Grüne): Frau Präsidentin! Herr Bundesminister! Hohes Haus! Die KollegInnen haben ja schon erläutert, was Biozide sind, vielleicht brauche ich das nicht mehr zu wiederholen.

Die Änderung in der Situation ist die, dass früher eine EU-Richtlinie gegolten hat, auf deren Basis das Gesetz sozusagen aufgesetzt wurde. Jetzt gibt es aber die neue Bio­zidprodukteverordnung der Kommission, die unmittelbar rechtswirksam wird und ab 1. September 2013 EU-weit einheitlich anzuwenden ist. Und diese Anpassung ist jetzt quasi mit dieser Gesetzesnovelle vorzunehmen.

Einige Vorteile wurden ja schon erwähnt. Und wir halten – und das ist vielleicht der Un­terschied zum Kollegen Jannach – eine europaweite Regelung schon für sinnvoll, aus mehreren Gründen. Einer ist einfach der freie Warenverkehr und die heutigen offenen Grenzen. Die Konsumenten holen sich wo immer Produkte oder können sie kaufen. Sie sind im Urlaub und haben immer den Umgang mit ähnlichen Stoffen und Produk-


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll203. Sitzung / Seite 268

ten, und die sollten doch nach denselben Kriterien geprüft sein, und das sollte streng geregelt sein.

Es gibt auch Regelungen, was Nanowirkstoffe, nanotechnologisch produzierte Inhalts­stoffe betrifft, die ich auch für wesentlich halte. Gerade Elemente der Nanotechnologie werden uns in Zukunft noch stärker beschäftigen, im Lebensmittelumfeld und im wei­teren Sinne von den Kosmetika bis hin zu Biozidprodukten.

Es gibt aber doch auch einige Kritikpunkte unsererseits, und zwar an der EU-Strategie. Es gibt ein vereinfachtes Zulassungsverfahren für den Anhang 1, und wir meinen, dass das durchaus zu überdenken ist, nämlich in dieser Art und Weise sehr, sehr einfache Zulassungsverfahren, die dann natürlich von der Risikobewertung abhängig sind. Und Risiko zu bewerten ist, wie wir wissen, immer wieder ein Bereich, wo wir verschiedene Diskussionen führen.

Im besonderen Unterschied zur Pflanzenschutzmittel-Richtlinie der EU, die inzwischen auch schon das Paket 2009 vorsieht, nämlich Pläne für eine nachhaltige Verwendung vorzusehen oder die Erhebung von Markt- und Verwendungsstatistiken umzusetzen  die ja jetzt kommen in den nächsten ein, zwei Jahren , ist das in der Biozid-Richtlinie nicht vorgesehen.

Aufgrund dieser Mängel werden wir, trotz der grundsätzlich positiven Einstellung dazu, dass wir das europaweit einheitlich regeln, diesem Gesetz nicht die Zustimmung ge­ben, weil wir meinen, dass wir vertiefend, risikobasiert die Strategie noch verbessern müssen, die aufseiten der EU natürlich rechtsverbindlich umzusetzen ist, was trotzdem aus unserer Sicht nicht ausreicht.

In diesem Sinn: Ein Glas, das aus unserer Sicht halb leer und nicht halb voll ist. (Beifall bei den Grünen.)

22.20


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Es hat sich nun Herr Bundesminister Dipl.-Ing. Berlakovich zu Wort gemeldet. – Bitte.

 


22.20.55

Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft Dipl.-Ing. Nikolaus Berlakovich: Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Da­men und Herren! Biozidprodukte werden rund 22 Produktgruppen zugeordnet. Dabei sind zum Beispiel Desinfektionsmittel, Holzschutzmittel, aber auch Mauerschutzmittel gegen Schimmelbefall, also vieles, was im Haushalt verwendet wird – es ist schon an­gesprochen worden.

Klar ist, dass man im Gegensatz zu früheren Jahrzehnten heute viel verantwortungs­voller mit derartigen Mitteln umgeht. Auch wenn hier von manchen schon wieder Hor­rorszenarien gezeichnet werden, ist es eindeutig so, dass die Genehmigungsverfahren strenger sind – eindeutig. Auch die Kontrollen müssen sein, und man geht heutzutage sorgsamer um, was auch richtig ist.

Die Menschen brauchen Sicherheit im Landwirtschaftsbereich, forstwirtschaftlichen Be­reich, in der Industrie, aber auch im Haushalt, in den privaten Gärten, wo diese Mittel auch angewendet werden. Und was über allem steht, was da jetzt gemacht wird, ist, dass wir ein neues Gesetz brauchen, da die EU-Regelungen da sind, die Biozidproduk­teverordnung. Es ist auch sinnvoll, dass das europaweit geregelt wird, dass es einen einheitlichen Rechtsrahmen gibt. Bei offenen Grenzen und freiem Warenverkehr ist das unbedingt notwendig. – Herzlichen Dank. (Rufe bei der SPÖ – in Richtung ÖVP –: Hallo, ihr müsst klatschen!)


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll203. Sitzung / Seite 269

22.22


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Herr Abgeordneter Grillitsch gelangt nun zu Wort. – Bitte.

 


22.22.15

Abgeordneter Fritz Grillitsch (ÖVP): Meine Damen und Herren! Der Herr Minister hat jetzt ganz klar ausgeführt, dass wir dieses Gesetz brauchen, weil sich diese Biozidpro­dukte wesentlich von Pflanzenschutzmitteln dadurch unterscheiden, dass sie nicht zum Schutz von Pflanzen und Pflanzenerzeugnissen vorgesehen sind, sondern zu anderen Zwecken eingesetzt werden, etwa zum Schutz von Mauerwerk oder auch zur Desinfek­tion von Oberflächen oder Badewässer.

Und das, was, glaube ich, eine Ungeheuerlichkeit auch in dieser Diskussion ist, ist, da immer wieder auch einen Zusammenhang mit der Anwendung von Pflanzenschutzmit­teln in der Landwirtschaft herzustellen, beispielsweise mit Neonicotinoiden. Das ist wirklich eine Ungeheuerlichkeit, da gerade die Landwirte in Österreich streng kontrol­liert werden, geschult werden müssen und auch eine strenge Aufbehaltungsfrist für die­se Pflanzenschutzmittel haben, meine Damen und Herren.

Nehmen wir das zur Kenntnis, dass die Bäuerinnen und Bauern mit Pflanzenschutzmit­teln, wahrscheinlich wie niemand anderer in diesem Lande, wirklich äußerst verantwor­tungsbewusst umgehen! (Beifall bei der ÖVP.)

In diesem Sinne, meine Damen und Herren, sollten wir hier auch wirklich eine faire Dis­kussion führen, weil es nichts bringt, wenn wir gegenseitig mit den Fingern auf uns zei­gen und sagen: Gut, auf den Balkonen und im Garten ist alles erlaubt!, und die Bauern, die das wirklich alles ordnungsgemäß machen, werden dann noch dazu verurteilt. Das ist nicht fair! (Beifall bei der ÖVP.)

22.23


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Eßl. – Bitte.

 


22.23.42

Abgeordneter Franz Eßl (ÖVP): Frau Präsidentin! Herr Bundesminister! Meine ge­schätzten Damen und Herren! Ich gebe zu, dass es nicht ganz leicht ist, ruhig zu blei­ben, wenn man solche – unter Anführungszeichen – „Experten“ als Vorredner hat wie den Herrn Huber. Und trotzdem sollte man auch bei dieser Biozidprodukteverordnung, die wir heute diskutieren, doch bei der Sachlichkeit bleiben.

Wir wissen, dass es eine Biozidprodukte-Richtlinie der Europäischen Union gibt, die bis zum 1. September 2013 ihre Gültigkeit hat und durch eine Biozidprodukteverordnung ersetzt wird. Das erfordert auch, dass wir in Österreich die Gesetze entsprechend an­passen, und wir werden mit diesem neuen Biozidproduktegesetz das alte entspre­chend ablösen.

In der Regel sind diese Biozide chemische Bioprodukte, Chemikalien, deren Anwen­dung mit einem gewissen Risiko verbunden ist. Darum ist es einfach notwendig, dass man einen sorgsamen Umgang mit diesen Mitteln pflegt. Wichtig und einer der Vorteile dieses Gesetzes sind die Regelungen, die die vorgesehene Bewertung der Wirkstoffe, im Sinne der Überprüfung der Wirkstoffe auf ihre chemische Identität, beinhalten.

Ich behaupte auch – im Gegensatz zum Kollegen Jannach –, dass es ein Vorteil ist, wenn die produktspezifische Zulassung europaweit gemacht werden kann – eben freier Warenverkehr, sonst ist es weniger kontrollierbar. So kann man sicher sein, dass ein­gesetzte Mittel auch europaweit entsprechend zugelassen sind.

Es ist also dieses Gesetz die Umsetzung einer europäischen Änderung. Es ist dies ei­ne Grundlage für mehr Sicherheit und eine Vereinfachung für unsere Konsumenten, und ich glaube, wir sollten diesem Gesetz zustimmen. (Beifall bei der ÖVP.)

22.26

22.26.20

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Zu Wort ist dazu niemand mehr gemeldet. Die Debatte ist geschlossen.


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll203. Sitzung / Seite 270

Schlusswort wird seitens der Berichterstattung keines gewünscht.

Wir kommen zur Abstimmung über den Gesetzentwurf samt Titel und Eingang in 2342 der Beilagen.

Ich ersuche jene Damen und Herren, die für diesen Gesetzentwurf sind, um ein Zei­chen der Zustimmung. – Das ist mit Mehrheit angenommen.

Wir kommen sogleich zur dritten Lesung.

Ich bitte jene Damen und Herren, die auch in dritter Lesung diesem Gesetzentwurf die Zustimmung geben, um ein Zeichen. – Das ist wiederum die Mehrheit. Der Gesetzent­wurf ist somit auch in dritter Lesung angenommen.

22.26.3925. Punkt

Erste Lesung: Antrag der Abgeordneten Dr. Peter Fichtenbauer, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz über die Ge­schäftsordnung des Nationalrates (Geschäftsordnungsgesetz 1975) geändert wird (2226/A)

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Wir gelangen zum 25. Punkt der Tagesordnung.

Keiner der beiden Antragsteller ist anwesend, weswegen als Erster nach der Reihen­folge der Klubstärke Herr Abgeordneter Pendl zu Wort gelangt. – Bitte.

 


22.27.17

Abgeordneter Otto Pendl (SPÖ): Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Auch zur vorgeschrittenen Stunde, glaube ich, ist das ein Thema, das uns seit Langem beschäftigt. Es ist sicher, würde ich meinen, für alle, die Erfahrungen in Unter­suchungsausschüssen gesammelt haben, ein wichtiges Thema, ein sehr spannendes Thema. Wir kennen ja die Druckstellen genau, ob es um die Positionierung des Vorsit­zenden oder die Ausgestaltung des Vorsitzenden Neu geht oder um die Beweisbe­schlüsse oder darum, wer bei Streitigkeiten entscheidet. Vor allem die Frage des Min­derheitenrechts ist bekannt.

Ich glaube, wir waren bei den Verhandlungen sehr weit. Ich bin überzeugt davon, wenn man hier versucht, die Knackpunkte auszuarbeiten, die seinerzeit stehengeblieben sind und die wir alle kennen – ich erspare mir das aus Zeitgründen –, dann kann das eine ganz kreative, spannende Diskussion im Geschäftsordnungsausschuss werden. Ich glaube also, dass alle ein Interesse haben, dass wir, bevor wir wieder einmal einen Un­tersuchungsausschuss haben, auf alle Fälle einen Untersuchungsausschuss Neu brau­chen, denn sonst haben wir dieselben Diskussionen, die uns ja in der Vergangenheit immer wieder begleitet haben.

Ich darf für meine Fraktion sagen, wir gehen sehr offensiv und kreativ in diese Diskus­sion in den Ausschuss und hoffe, dass wir eine Lösung in unserem gemeinsamen Sin­ne erreichen werden. (Beifall bei der SPÖ sowie des Abg. Amon. Ruf: Erfrischend!)

22.28


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Amon. – Bitte.

 


22.28.58

Abgeordneter Werner Amon, MBA (ÖVP): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine Da­men und Herren! Erfrischend war nicht nur der Redebeitrag meines Vorredners, son­dern es ist wirklich bemerkenswert, dass es keiner der Antragsteller der Mühe wert fin­det, hier zu sein, wenn der Antrag debattiert wird. Also sehr ernst kann die FPÖ diesen


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll203. Sitzung / Seite 271

Antrag selbst nicht nehmen! Das ist mein Eindruck. (Beifall bei der ÖVP sowie bei Ab­geordneten der SPÖ.)

Der Antrag selbst beinhaltet ein paar ganz passable Vorschläge, muss man sagen. Aber er hat auch einige Schwächen, etwa wenn er davon spricht, dass in jeder Aus­schusswoche der Ausschuss an zwei Tagen tagen soll. Also hätten wir diese zwei Ta­ge beim letzten Untersuchungsausschuss genommen, dann würde er noch sehr, sehr lange andauern, denn, wie Sie wissen, haben wir ja eine Fülle von Wochen gehabt, wo wir mehr als zwei Tage getagt haben.

Bei anderen Bereichen ist das anders: Beispielsweise der Vorschlag, dass in einem Streitverfahren zwischen den Institutionen Parlament und etwa Ministerien eine Schlich­tungsstelle im Sinne des Verfassungsgerichtshofes eingerichtet werden soll, ist ein Vor­schlag, dem wir uns durchaus nahe fühlen.

Dass die oder der Vorsitzende allerdings alle Streitigkeiten zwischen den Fraktionen klärt, das ist auch im Lichte der Erfahrungen, Frau Dr. Moser, des letzten Ausschusses nicht unbedingt der Weisheit letzter Schluss, scheint mir. Daher, so glaube ich, brau­chen wir da schon noch eine ordentliche Diskussion.

Aber wie gesagt, es würde mich freuen, wenn künftig die Antragsteller anwesend sind und sich an der Debatte entsprechend beteiligen. (Beifall bei ÖVP und SPÖ. – Abg. Dr. Jarolim: Das war nicht erfrischend, das war berauschend!)

22.30


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Mag. Dar­mann. – Bitte.

 


22.31.05

Abgeordneter Mag. Gernot Darmann (FPÖ): Frau Präsidentin! Hohes Haus! Wie so oft hat es die ÖVP – namentlich Kollege Amon – nicht lassen können, mit voreiligen Schlüssen hier einen Erguss über das Hohe Haus ergehen zu lassen, denn, geschätz­te Damen und Herren, ich darf aufklären: Der freiheitliche Parlamentsklub hätte sehr wohl auch mit zwei Rednern zu dieser Thematik in der ersten Lesung antreten können. Das wollten wir Ihnen ersparen (Bravoruf bei der ÖVP – demonstrativer Beifall bei SPÖ und ÖVP), und zwar insofern, als ich, werte Damen und Herren, Kolleginnen und Kolle­gen – und darüber sollte man sich nicht lustig machen –, bewusst meinen Parlaments­klub ersucht habe, zu dieser Thematik reden zu dürfen. (Zwischenrufe der Abgeordne­ten Silhavy und Mag. Wurm.)

Wenn man der Geschäftsordnung mächtig ist – Zwischenrufe sollte man hier dann un­terlassen –, Frau Kollegin, dann weiß man Folgendes: Wenn ein Nicht-Antragsteller als Erster einer Fraktion hier redet, wird nach der Größe der Fraktionen vorgegangen (Zwi­schenrufe bei der SPÖ), geschätzte Kolleginnen und Kollegen, und deswegen werde ich nunmehr in medias res gehen und auch erörtern (Beifall bei der FPÖ), wieso wir überhaupt am heutigen Tage diese Thematik in dieser ersten Lesung diskutieren müs­sen. (Neuerliche Zwischenrufe bei der SPÖ.)

Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Kollege Amon schmunzelt und weiß genau, warum es überhaupt erst heute, im Mai des Jahres 2013, zu einer Diskussion dieser Thematik kommt, obwohl, geschätzte Damen und Herren, das Thema einer Stärkung der Kontrollrechte des Nationalrates durch die Möglichkeit der Einsetzung von Untersu­chungsausschüssen durch eine qualifizierte Minderheit bereits seit 2009 in Diskussion ist.

Gerade Sie, werte Kolleginnen und Kollegen von SPÖ und ÖVP, wissen ganz genau, wenn ich das Jahr 2009 anspreche, welchen Deal es seinerzeit zwischen Ihnen, Ihnen, den Kollegen der Grünen und jenen des BZÖ gegeben hat (Zwischenrufe bei der


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll203. Sitzung / Seite 272

ÖVP), nämlich für die Zweidrittelmehrheit, die Sie für eine Auflockerung des Bankge­heimnisses in Österreich gebraucht haben. (Abg. Petzner: Gernot, wo warst denn du?) – Bitte schön, da war ich nicht dabei, da war ich nicht mehr hier im Hohen Haus. (Neuerliche Zwischenrufe bei der ÖVP. – Abg. Klikovits: ... Demenz!)

Werte Kolleginnen und Kollegen, Sie haben sich also Ihre Zweidrittelmehrheit zur Auf­lösung und zur Auflockerung des Bankgeheimnisses in Österreich erkauft mit der Zu­sage, eine Einsetzung von Untersuchungsausschüssen durch eine qualifizierte Minder­heit hier im Nationalrat zu ermöglichen. Werte Damen und Herren, das wissen Sie ge­nau, das brauche ich Ihnen nicht nochmals zu sagen. (Beifall bei der FPÖ.)

Es wundert mich schon, mit welcher – leider muss ich das fast sagen – nicht Sach­lichkeit, sondern Überheblichkeit Sie jetzt hier agieren, zwischenrufen, genau wissend, dass diese Stärkung der Kontrollfunktionen, Kontrollmöglichkeiten des Nationalrates vorzunehmen ist. Sie wissen genau, dass es notwendig und seit Jahr und Tag verspro­chen ist, und zwar nicht nur von den Regierungs-, den Koalitionsparteien, sondern na­türlich auch von den Oppositionsparteien gewünscht, dass es hier eine Einsetzung ei­nes Untersuchungsausschusses durch eine qualifizierte Minderheit geben soll – natür­lich nebst der Beschlussfassung mit Mehrheit hier im Nationalrat – und dass wir hiezu entsprechende konkrete klare und einfache Vorschläge mit diesem vorliegenden An­trag meiner Kollegen Dr. Fichtenbauer, Mag. Stefan und weiterer Abgeordneter des Freiheitlichen Parlamentsklubs unterbreitet haben, werte Damen und Herren! (Abg. Sil­havy – auf spärlich besetzte Bankreihen der FPÖ weisend –: Ja, das sieht man eh!)

Wenn wir ins Detail gehen und uns auch in Erinnerung rufen, Frau Kollegin, was in den letzten Jahren hier passiert ist, dann sehen wir, dass insbesondere die Kollegen von SPÖ und ÖVP selbst die Stolpersteine in die Verhandlung mitgebracht haben, um ein Scheitern oder eine Verzögerung der Verhandlung zustande zu bringen, und es auf­seiten der SPÖ plötzlich ein Problem war, hier eine Schlichtungsstelle im Sinne des Verfassungsgerichtshofes zu finden, falls es Probleme zwischen Ministerien und dem Untersuchungsausschuss gibt. Und auf der anderen Seite wollte plötzlich die ÖVP, dass Abgeordnete in einem Untersuchungsausschuss keine Immunität mehr haben sollen. – Das kann es ja wohl nicht sein, geschätzte Damen und Herren! (Abg. Mag. Kogler: Na und? – Abg. Scheibner: Abgeordnete im Untersuchungsausschuss mit Immunität?)

Insofern war es einmal notwendig, hier eine klare, machbare Vorgehensweise zu fin­den. (Zwischenrufe bei der ÖVP. – Abg. Mag. Stefan – in Richtung ÖVP –: Vorzuverur­teilen haben Sie nicht notwendig!) Und, Herr Kollege Klubobmann Kopf, es war auch notwendig, diese Vorgehensweise in einem Geschäftsordnungsausschuss sachlich zu diskutieren. (Beifall bei der FPÖ.)

Ich hoffe doch, werte Damen und Herren, dass es Ihnen und uns allen hier im Natio­nalrat wichtig genug sein wird (Zwischenruf der Abg. Silhavy), auch die Einsetzung von Untersuchungsausschüssen durch eine qualifizierte Minderheit zu ermöglichen; denn jahrelang mit Schlagzeilen in den Medien zu glänzen, werte Kolleginnen und Kol­legen der Regierungsparteien, immer wieder zu zelebrieren, wie man doch die Opposi­tionsparteien in ihren Rechten aufwerten wolle, es aber dann schlussendlich jahrelang nur bei Worten zu belassen und keine Taten zu setzen, das wird zu wenig sein.

Es wird eine Nagelprobe im Geschäftsordnungsausschuss sein, zu welchen sachlichen Beschlüssen dieser Nationalrat und die Vertreter aller Fraktionen im Geschäftsord­nungsausschuss auch bereit sind, um hier tatsächlich eine Aufwertung der Kontroll­rechte des Nationalrates stattfinden zu lassen. – Herzlichen Dank. (Beifall bei der FPÖ. – Zwischenruf der Abg. Silhavy.)

22.36



Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll203. Sitzung / Seite 273

Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Brosz. – Bitte.

 


22.37.04

Abgeordneter Dieter Brosz, MSc (Grüne): Frau Präsidentin! Die interessanten Dis­kussionen im Geschäftsordnungsausschuss kann ich mir schon blendend vorstellen. Da ja die Regierungsparteien auch der Meinung sind, dass wir im September keine Sit­zung mehr brauchen, wird es noch viele Geschäftsordnungsausschüsse geben, wo man das interessant debattieren kann. (Abg. Scheibner: Richtig! Beifall bei Grünen und BZÖ.)

Es gibt hier offenbar eine klare Aufgabenteilung. Also die ganze Debatte beginnt ja am Beginn der Periode. Ich glaube, der Kollege Scheibner hat auch einen Antrag auf Min­derheitsrecht gestellt; wir haben einen Antrag gestellt. Die Anträge gibt es jetzt schon seit 2008, und sie wurden mehrfach debattiert. Und was mich in der Periode eigentlich immer gewundert hat, war, in welche absurde Position sich die SPÖ freiwillig begeben hat. Es gab eine weitgehende Übereinkunft.

Die Geschichte war übrigens kein Junktim, denn wir haben die Lockerung des Bankge­heimnisses damals unterstützt, aber wir haben auch ausverhandelt, dass es eine Un­terschrift gegeben hat – Kollege Cap wird sich erinnern können: Drei Buchstaben, „Cap“, stehen auf dem Papier drauf; „Kopf“, vier Buchstaben, steht auch drauf. Beide haben unterschrieben, dass es den Untersuchungsausschuss als Minderheitsrecht ge­ben soll, sogar mit einem Zeitplan. (Zwischenruf des Abg. Mag. Gaßner. – Abg. Dr. Cap: Wie viele Buchstaben hast du?) – „Kogler“ war drauf, der hat mehr Buch­staben (Abg. Mag. Kogler: Sechs!), also gemeinsam war mehr drinnen. Auf jeden Fall hätten wir das auch eingehalten.

Der Punkt ist nur, dass das Papier, das Sie unterschrieben haben, leider wenig wert ist – das ist ja auch eine Aussage, die man im Parlament bei uns treffen kann –, und die Debatten in diesem Ausschuss, Komitee, wo immer das stattgefunden hat, waren ja eher skurril, denn in den letzten Perioden war es so, dass eher die ÖVP blockiert und gesagt hat, sie will diesen Untersuchungsausschuss nicht. In dieser Periode hat die ÖVP gesagt: Okay, gut, machen wir! – Dann hat sie einen willigen Partner gefun­den, nämlich mit der SPÖ, die dann immer gesagt hat: Na ja, eigentlich schon, aber so nicht!, und insbesondere wenn es irgendwo eine Klärungsstelle geben soll, die über Streitigkeiten entscheiden kann: Na, das wollen wir gar nicht!

Es ist ja auch der Herr Kollege Pendl statt des Kollegen Kräuter als Verhandler in den U-Ausschuss gekommen. Da konnte man sich auch ein Bild machen – offenbar gab es den Druck von oben aus der Parteichef-Geschichte. (Abg. Amon: Jarolim! Jarolim!) – Nein, nein, der Kräuter war zuerst. Nein, der Kollege Pendl sitzt im Geschäftsord­nungsausschuss. Offenbar war ja der Druck da, dass gerade ein gewisser Bundes­kanzler, der offenbar Berührungsängste mit Untersuchungsausschüssen hat, dann ge­sagt hat, eigentlich wollen wir das nicht.

Jetzt haben wir de facto noch genau zwei Wochen Zeit, denn wenn man es durch­setzen will, brauchen wir eine erste Lesung, brauchen eine zweite Lesung. Selbst wenn man den alten Antrag nimmt, werden wir es bis Juni abschließen müssen. Das ist ja jetzt offenbar die letzte Chance, die da ist.

Das ist ja das Nächste, was ich völlig absurd finde, denn ihr hättet jetzt die Chance gehabt, das zu bereinigen. Wenn ihr es nicht jetzt bereinigt, ist es ein Wahlkampfthe­ma. (Abg. Mag. Kogler: So schaut es aus!) Das ist eine Entscheidung, die die Regie­rungsparteien tragen können. Offenbar ist es eine besonders interessante Wahlkampf­aufstellung, zu sagen: Wir wollen keine Kontrolle! – Mich wundert ja gar nichts mehr.


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll203. Sitzung / Seite 274

Berlakovich hat zwei Tage vor der Salzburger Wahl gesagt: Wir wollen keine Bienen! – Ich meine, man kann alles probieren; man kann versuchen, so Wahlen zu gewinnen. (Abg. Mag. Kogler: Genau! So denkt der ...!) Es hat ja auch da nicht funktioniert.

Es hätte noch die Chance bestanden, das Problem jetzt zu lösen. Wenn Sie es jetzt nicht lösen, wird es bei den Nationalratswahlen ein Thema werden – und mit Sicherheit auch nach den Wahlen. Mittlerweile gibt es ja auch in Kärnten die Übereinkunft, dass ein Untersuchungsausschuss als Minderheitsrecht kommen soll. In den Ländern, in de­nen die ÖVP regiert, gibt es im Übrigen in vielen Fällen den Untersuchungsausschuss als Minderheitsrecht. Also auf Dauer ist ja die derzeitige Regelung nicht aufrechtzuer­halten.

Wenn Bundeskanzler Faymann bei den TV-Konfrontationen die Frage der Kontrollver­weigerung debattieren möchte, sein Nicht-Erscheinen, ja, gerne! Es kann sich jeder aussuchen, worauf die Themenschwerpunkte gelegt werden. Ihr habt offenbar die Stra­tegie gewählt, das zum Wahlkampfthema zu machen. Wir nehmen das an und werden das sicher debattieren. (Zwischenruf des Abg. Mag. Gaßner.)

Für uns Grüne ist – ich sage das noch einmal – die Einsetzung eines Untersuchungs­ausschusses als Minderheitsrecht eine Koalitionsbedingung, egal, wie die Wahlen aus­gehen. Ohne solch ein Kontrollrecht wird es in Österreich keine vernünftige Kontrolle im Parlament geben. Und ich hoffe, dass, wer immer von ÖVP und SPÖ dann in der Regierung bleiben wird, die Regierungspartei erkennt, dass Kontrolle notwendig ist, eine Kernaufgabe des Parlaments ist und dass die Blockadehaltung, Kontrolle zu ver­weigern, der Vergangenheit angehören sollte. (Beifall bei den Grünen. – Abg. Mag. Kog­ler: Ein Wahnsinn! Nicht hingehen, zudecken, verweigern! Das ist ein Wahnsinn! Die Schande des Parlaments!)

22.40


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Petzner. – Bitte.

 


22.41.04

Abgeordneter Stefan Petzner (BZÖ): Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Es ist sehr schade, dass das in dieser Gesetzgebungsperiode nicht mehr zustande kom­men wird, obwohl es dazu, wie Kollege Brosz schon richtig gesagt hat, zahlreiche An­träge geben hat, beginnend mit jenem des Herrn Kollegen Scheibner im Jahr 2008 bis jetzt, dass der Untersuchungsausschuss ein Minderheitsrecht werden soll. Es gibt da­für sogar mit Brief und Siegel die Unterschrift der beiden Koalitionsklubobmänner Cap und Kopf. (Abg. Mag. Kogler: Die müssen unter 50 Prozent!)

Ich finde es sehr bedauerlich, dass diese Unterschriften nichts wert sind. Und natürlich wird man auch im Wahlkampf thematisieren müssen, dass Sie nicht nur etwas ver­sprechen, was Sie dann nicht halten, sondern dass Ihre eigene Unterschrift, Herr Klub­obmann Cap, überhaupt nichts wert ist. Die Opposition hat, was diese Einigung von damals betrifft, ihren Teil erfüllt. Sie haben das bis heute nicht getan, und daran wird man Sie dann auch im Nationalratswahlkampf im Herbst erinnern müssen, meine Da­men und Herren. Und es ist auch völlig richtig, dass man Sie daran erinnert. (Beifall beim BZÖ.)

Warum Sie Angst haben, dass der Untersuchungsausschuss ein Minderheitsrecht wird, liegt ja vielleicht auch darin begründet, dass in jedem Skandal schon sehr viel ÖVP und auch sehr viel SPÖ drinsteckt. Nehmen Sie nur den Telekom-Skandal her: Was heute (Zwischenruf der Abg. Tamandl) – hören Sie einmal zu, Frau Tamandl! –, was also heute Herr Rudolf Fischer, was heute der ehemalige Telekom Austria Vorstand Rudolf Fischer vor Gericht gesagt hat (Zwischenruf des Abg. Höfinger), hat eine sehr, sehr


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll203. Sitzung / Seite 275

große Dimension, weil er zu den aktuellen Vorwürfen in Richtung Gernot Rumpold und FPÖ betreffend 500 000 € gesagt hat, dass diese 500 000 € nichts sind im Vergleich zu dem, was an parteinahe Agenturen, Vorfeldorganisationen und Bürgermeister von wem geflossen ist? – Von SPÖ und ÖVP! Bauernbund, OmniMedia, echo medienhaus, alle diese Firmen hat er genannt. (Beifall bei BZÖ und Grünen. – Zwischenruf des Abg. Scheibner. – Abg. Grosz: Wo sind die ...?)

Wenn ich mir eines von der Justiz wünsche, ist es, dass sie nicht nur gegen Personen, sage ich einmal, des dritten Lagers so konsequent und hartnäckig vorgeht, sondern auch gegen Personen der Regierungsparteien – denn eines fällt schon auf, meine Da­men und Herren: Wenn es um Anklagen in eine gewisse politische Richtung geht, ist man sehr, sehr schnell, auch mit den Vorverurteilungen, auch mit den Vorverurteilun­gen durch die Medien. Und wenn es um die Großparteien geht, wenn es um den Bau­ernbund geht?

Herr Grillitsch, Sie können gerne einen Offenbarungseid leisten: Was hat er denn heu­te vor Gericht gemeint, der Herr Telekom Austria Vorstand Fischer (Zwischenruf des Abg. Neubauer), mit den Zahlungen an den Bauernbund, wo er sagt, das sind mehr als 500 000 €? Was hat er gemeint, Herr Kollege Cap, mit den Zahlungen der Telekom Austria an das echo medienhaus?

Ich wünsche mir, meine Damen und Herren, dass auch dort die Justiz so konsequent und hart vorgeht wie bei anderen, dass erst gar nicht der Verdacht aufkeimt, dass sie auch aus parteipolitischen Motiven heraus handelt. (Abg. Dr. Graf: Wunschdenken!) Das will ich hier heute auch ganz bewusst gesagt haben. (Beifall beim BZÖ. – Zwi­schenrufe bei der ÖVP.)

Wenn Aufklärung, dann gilt das für alle, unabhängig von der parteipolitischen Farbe, und dann gilt das nicht nur für den Untersuchungsausschuss, sondern dann gilt das erst recht auch für die Justiz, die die Aufgabe hat, unabhängig, objektiv und neutral all­fälligen strafrechtlich relevanten Vorwürfen nachzugehen. (Zwischenruf des Abg. Riepl.)

Nehmen wir ein zweites Beispiel, warum sich ÖVP und SPÖ so sehr weigern, den Un­tersuchungsausschuss als Minderheitsrecht einzuführen. – Herr Kollege Cap, jetzt kommt wieder Ihr Lieblingsthema, nämlich die Notverstaatlichung der Hypo Alpe-Adria. (Abg. Grosz: Dem schießen ja schon senkrecht die Tränen aus den Augen!)

Ich frage mich ja immer eines: Sie predigen hier seit dem Jahr 2009 gemeinsam mit der Österreichischen Volkspartei konsequent, wie böse und wie kriminell und wie schlimm all die Kärntner da unten waren. – Jetzt geht das BZÖ selbst her – das BZÖ, das laut Ihrer Auffassung Betroffener ist – und sagt: Setzen wir einen Untersuchungs­ausschuss ein! (Abg. Mag. Kogler: Wer ist dagegen? Rot und Schwarz!) Machen wir einen Untersuchungsausschuss zu dieser ganzen Hypo-Causa! (Abg. Mag. Kogler: Richtig!) So wie es in Kärnten schon einen mit dem Rolf Holub gegeben hat, machen wir auch einen nationalen! Schauen wir gleich die Kommunalkredit dazu an (Abg. Mag. Kogler: Die sogenannte Notverstaatlichung!), schauen wir gleich die ÖVAG dazu an, und machen wir einen Banken-Untersuchungsausschuss neu! Das war der Antrag des BZÖ.

Wer hat diesen Antrag abgelehnt? – (Abg. Grosz: Rot und Schwarz!) Und wer hat ihn unterstützt? – Alle drei Oppositionsparteien: FPÖ, Grüne und BZÖ haben sich für die­sen neuerlichen Banken-Untersuchungsausschuss ausgesprochen. (Abg. Mag. Kog­ler: 10-Milliarden-Loch!) Wer ist dagegen?  Die Österreichische Volkspartei und die österreichische Sozialdemokratie, obwohl es hier, meine Damen und Herren, um Steu­ermilliarden geht! (Beifall bei BZÖ, FPÖ und Grünen.) Das geht über 10, 15, 20 Milliar­den €.


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll203. Sitzung / Seite 276

Wenn bei diesen Summen kein Untersuchungsausschuss notwendig ist, dann frage ich mich, wo dann? (Abg. Grosz: Vertuschen und zudecken!) Und erst recht frage ich mich, Herr Kollege Amon und Herr Kollege Cap, na was haben denn die Regierungs­parteien zu verschweigen, zu vertuschen und unter den Teppich zu kehren, dass sie nicht bereit sind, diese Hypo-Notverstaatlichung zu untersuchen und anzuschauen, dass sie nicht bereit sind, die Notverstaatlichung und die Wirtschaft, die seit der Not­verstaatlichung bei der Kommunalkredit gemacht wurde, anzuschauen, und dass sie nicht bereit sind (Zwischenruf des Abg. Hörl – Abg. Huber: Hypo Tirol!), Herr Kollege Hörl, die Notverstaatlichung und ihre Folgen bei der österreichischen Volksbanken­gruppe anzuschauen. Das verstehe ich überhaupt nicht!

Ich kann Ihnen genau den Grund sagen, Herr Kollege Hörl: Weil die Österreichische Volkspartei mit den Finanzministern Pröll und Fekter bis zum Hals in diesem Schla­massel drinsteckt! Das ist die Wahrheit, meine Damen und Herren! (Beifall bei BZÖ, Grünen und FPÖ.)

Aber ich prophezeie Ihnen eines: Wir werden nicht nur weiter für Aufklärung und für die Zuteilung der politischen Verantwortung für diese Misswirtschaft, die Sie seit 2009 in allen drei dieser Staatsbanken zu verantworten haben, und generell für Aufklärung in diesen Bereichen sorgen, sondern wir werden auch weiter – und letztendlich und am Ende des Tages, davon bin ich überzeugt, mit Erfolg – für den Untersuchungsaus­schuss als Minderheitsrecht in diesem Parlament kämpfen, meine Damen und Herren, damit wir endlich auch in diesem Bereich europäische Standards haben, die in Deutsch­land und anderen europäischen Ländern längst Usus sind und wo Österreich schon seit Jahren hinterherhinkt. (Zwischenruf des Abg. Höfinger.)

Meine Damen und Herren, dafür wird das BZÖ kämpfen. Dafür werden wir im Wahl­kampf auch ganz, ganz offensiv eintreten und den Menschen klar und ehrlich sagen (Zwischenruf des Abg. Hörl), wer bereit ist, Verantwortung zu übernehmen, wer bereit ist, aufzuklären, wer bereit ist, alle Karten auf den Tisch zu legen, und wo die Vertu­scher und wo die Blockierer und wo die Verhinderer und wo die Unter-den-Teppich-Kehrer sitzen.

Das BZÖ hat nicht nur im Korruptions-Untersuchungsausschuss gezeigt, dass es of­fensiv für Aufklärung steht, sondern wir haben das mit unserem Antrag gezeigt, was den Banken-Untersuchungsausschuss neu betrifft, wir haben das mit unseren Anträ­gen bewiesen, was den Untersuchungsausschuss als Minderheitsrecht hier im Natio­nalrat betrifft, und wir werden das auch in Zukunft beweisen.

Sie haben mit all Ihren Verhaltensweisen offengelegt – und das gilt es, auch den Men­schen klarzumachen –, dass Sie aus all diesen Skandalen überhaupt nichts gelernt haben, dass Sie nicht für mehr Kontrolle, nicht für mehr Transparenz, nicht für mehr Oppositionsrechte sind, sondern dass Sie den Status quo fortsetzen wollen.

Jeder, der sich diese Skandale anschaut (Zwischenruf des Abg. Höfinger) – BUWOG, Telekom, Staatsbanken-Skandal –, der sieht, um welche Dimension, und vor allem, um welche Summe es hier letztendlich auch für den österreichischen Steuerzahler geht. Wir kämpfen um dieses Steuergeld, und wir kämpfen auch um mehr Transparenz, mehr Kontrolle und mehr Oppositionsrechte in diesem Hohen Haus  nicht nur in die­ser Legislaturperiode, sondern auch in der kommenden. (Beifall beim BZÖ. – Zwi­schenrufe bei der ÖVP.)


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll203. Sitzung / Seite 277

22.49


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Hagen. – Bitte.

 


22.49.36

Abgeordneter Christoph Hagen (STRONACH): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Ho­hes Haus! Ich mache es jetzt ein bisschen kürzer und unaufgeregter: Kontrolle durch die Oppositionsparteien ist sehr wichtig und notwendig.

Dieser Antrag ist sehr berechtigt. Es hat sich auch in der Vergangenheit gezeigt, wie berechtigt dieser Antrag ist. Und es ist auch wichtig, dass er heute behandelt wird.

Denken wir ein bisschen darüber nach  es ist hier von einigen Kollegen vorhin oh­nehin schon angesprochen worden , was die Vergangenheit so gebracht hat! Unter­suchungsausschüsse – da müssen wir jetzt diese Legislaturperiode anschauen oder die vorigen – hat es immer dann gegeben, wenn die öffentliche Meinung oder der öf­fentliche Druck auf die regierenden Parteien zu stark geworden ist und wenn die Me­dien entsprechenden Druck ausgeübt haben. Dann haben sich die regierenden Par­teien gezwungenermaßen bewegt. Und dann hat es einen Untersuchungsausschuss gegeben, den man dann halt so larifari dahinfahren lassen und irgendwann abgewürgt hat.

Damit die Opposition Kontrolle ausüben kann, das ist ja Aufgabe der Opposition, muss man ihr das Handwerkszeug in die Hände geben. Versprochen wurde es 2009, das wissen wir alle. Geschehen ist nichts. Also die Berechtigung ist da.

Meine Damen und Herren, Sie können jetzt beweisen, dass Sie Handschlagqualität ha­ben: Kollege Cap, Kollege Kopf, Antrag unterschrieben oder, besser gesagt, dieses Abkommen unterschrieben. Sie können jetzt zeigen, dass Sie – ich darf den Begriff jetzt nicht nennen, sonst bekomme ich einen Ordnungsruf – etwas in der Hose haben und der Opposition entgegenkommen. Ich glaube, dass es notwendig ist, dass hier Be­wegung hineinkommt. Ich weiß nicht, welche Konstellation nach dieser Nationalrats­wahl dann hier das Sagen haben wird. Es ist für alle ein Vorteil.

Ich kann Sie von der SPÖ, von der ÖVP, alle hier im Haus nur ersuchen, gehen wir ge­meinsam diesen Weg und setzen wir gemeinsam diesen Schritt! Der Antrag hat seine Berechtigung. Unterstützen wir ihn gemeinsam und machen wir etwas Vernünftiges für den österreichischen Parlamentarismus und für die Kontrolle in diesem Haus! Das wä­re der richtige Weg, deswegen werden wir diesen Antrag unterstützen. (Beifall beim Team Stronach.)

22.51


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Zu Wort ist niemand mehr gemeldet. Die De­batte ist geschlossen.

Ich weise den Antrag 2226/A dem Geschäftsordnungsausschuss zu.

Die Tagesordnung ist erschöpft.

22.52.08Einlauf

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Ich gebe noch bekannt, dass in der heutigen Sitzung die Selbständigen Anträge 2290/A(E) bis 2305/A eingebracht wurden.

Ferner sind die Anfragen 14791/J bis 14872/J eingelangt.

*****

Die nächste Sitzung des Nationalrates berufe ich für Donnerstag, den 23. Mai 2013, 9 Uhr, ein.


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll203. Sitzung / Seite 278

Die Tagesordnung ist der im Saal verteilten schriftlichen Mitteilung zu entnehmen.

Diese Sitzung ist geschlossen.

22.52.37Schluss der Sitzung: 22.52 Uhr

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Parlamentsdirektion

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