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Stenographisches Protokoll

 

 

 

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86. Sitzung des Nationalrates der Republik Österreich

 

XXV. Gesetzgebungsperiode

 

Donnerstag, 9. Juli 2015

 

 


Stenographisches Protokoll

86. Sitzung des Nationalrates der Republik Österreich

XXV. Gesetzgebungsperiode                   Donnerstag, 9. Juli 2015

Dauer der Sitzung

Donnerstag, 9. Juli 2015: 9.05 – 19.25 Uhr

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Tagesordnung

1. Punkt: Erklärung des Bundeskanzlers gemäß § 19 Absatz 2 der Geschäftsordnung des Nationalrates zum Thema „Aktuelle Situation nach dem Referendum in Griechen­land“

2. Punkt: Bundesgesetz, mit dem das Schulorganisationsgesetz, das Schulunterrichts­gesetz, das Schulzeitgesetz 1985, das Schulpflichtgesetz 1985, das Schülerbeihilfen­gesetz 1983 und das Bildungsdokumentationsgesetz geändert werden

3. Punkt: Bundesgesetz, mit dem das Schulunterrichtsgesetz für Berufstätige, Kollegs und Vorbereitungslehrgänge sowie das Berufsreifeprüfungsgesetz geändert werden

4. Punkt: Bundesgesetz, mit dem das Bundestheaterorganisationsgesetz geändert wird

5. Punkt: Bundesgesetz, mit dem das Kunstförderungsgesetz geändert wird

6. Punkt: Bericht über den Bericht des Ständigen Unterausschusses des Rechnungs­hofausschusses gemäß § 32e Abs. 4 GOG betreffend Durchführung des Verlangens der Abgeordneten Wolfgang Zanger, Mag. Dr. Wolfgang Zinggl, Mag. Beate Meinl-Rei­singer, MES, Kolleginnen und Kollegen auf Prüfung der Gebarung des Bundesministe­riums für Unterricht, Kunst und Kultur (bzw. des Bundeskanzleramtes in der Zuständig­keit des Bundesministers für Kunst und Kultur, Verfassung und Medien) sowie der im Eigentum des Bundes stehenden Bundestheater-Holding GmbH

7. Punkt: Bundesgesetz, mit dem das Privatradiogesetz, das ORF-Gesetz, das Audio­visuelle Mediendienste-Gesetz und das KommAustria-Gesetz geändert werden

8. Punkt: Bericht über den Antrag 991/A der Abgeordneten Dr. Eva Glawischnig-Pies­czek, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundesge­setz über den Österreichischen Rundfunk (ORF-Gesetz, ORF-G) geändert wird

9. Punkt: Bericht über den Antrag 609/A der Abgeordneten Dieter Brosz, MSc, Mag. Ni­kolaus Alm, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Pri­vatradiogesetz geändert wird

10. Punkt: Bericht über den Antrag 1077/A(E) der Abgeordneten Mag. Nikolaus Alm, Kolleginnen und Kollegen betreffend Senkung der Rundfunkgebühren auf ein bundes­einheitliches Niveau

11. Punkt: Sammelbericht über die Petition Nr. 29 sowie über die Bürgerinitiativen Nr. 42 und 54


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll86. Sitzung / Seite 2

12. Punkt: Sammelbericht über die Petitionen Nr. 27, 30, 32, 37, 38 und 41 sowie über die Bürgerinitiativen Nr. 53, 56, 59, 62, 63, 64, 67 und 68

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Inhalt

Nationalrat

Mandatsverzicht des Abgeordneten Mag. Norbert Darabos ..................................... 16

Personalien

Verhinderungen .............................................................................................................. 16

Geschäftsbehandlung

Redezeitbeschränkung nach Beratung in der Präsidialkonferenz gemäß § 57 Abs. 3 Z 2 der Geschäftsordnung .......................................................................................................... 39

Fragestunde (13.)

Justiz ............................................................................................................................. 16

Dr. Johannes Jarolim (152/M)

Mag. Michaela Steinacker (138/M); Mag. Harald Stefan, Dr. Jessi Lintl

Christian Lausch (144/M); Ing. Mag. Werner Groiß

Mag. Albert Steinhauser (155/M)

Christoph Hagen (151/M)

Dr. Nikolaus Scherak (141/M); Mag. Albert Steinhauser

Mag. Ruth Becher (153/M); Mag. Philipp Schrangl, Mag. Gerald Loacker

Eva-Maria Himmelbauer, BSc (139/M); Mag. Dr. Klaus Uwe Feichtinger

Mag. Harald Stefan (145/M); Mag. Gertrude Aubauer

Mag. Albert Steinhauser (156/M); Dr. Harald Troch

Mag. Elisabeth Grossmann (154/M)

Mag. Friedrich Ofenauer (140/M)

Bundesregierung

Vertretungsschreiben ..................................................................................................... 16

Ausschüsse

Zuweisungen .................................................................................................................. 38

Verhandlungen

1. Punkt: Erklärung des Bundeskanzlers gemäß § 19 Absatz 2 der Geschäfts­ordnung des Nationalrates zum Thema „Aktuelle Situation nach dem Referendum in Griechenland“ ............................. 40

Bundeskanzler Werner Faymann ............................................................................... 40


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll86. Sitzung / Seite 3

Verlangen auf Durchführung einer Debatte gemäß § 81 Abs. 1 der Geschäftsord­nung                   40

Redner/Rednerinnen:

Heinz-Christian Strache .............................................................................................. 43

Mag. Andreas Schieder ............................................................................................... 46

Mag. Werner Kogler ..................................................................................................... 49

Dr. Reinhold Lopatka ................................................................................................... 52

Ing. Waltraud Dietrich .................................................................................................. 56

Dr. Josef Cap ................................................................................................................ 57

Mag. Dr. Matthias Strolz .............................................................................................. 60

Bundesminister Dr. Johann Georg Schelling .......................................................... 63

Gabriele Tamandl ......................................................................................................... 67

Bernhard Themessl ..................................................................................................... 68

Dr. Christoph Matznetter ............................................................................................. 71

Mag. Bruno Rossmann ............................................................................................... 73

Dr. Angelika Winzig ...................................................................................................... 75

Ing. Robert Lugar ......................................................................................................... 76

Dr. Rainer Hable ........................................................................................................... 78

Rouven Ertlschweiger, MSc ....................................................................................... 80

Kai Jan Krainer ............................................................................................................. 81

2. Punkt: Bericht des Unterrichtsausschusses über die Regierungsvorlage (681 d.B.): Bundesgesetz, mit dem das Schulorganisationsgesetz, das Schulunterrichtsge­setz, das Schulzeitgesetz 1985, das Schulpflichtgesetz 1985, das Schülerbeihilfen­gesetz 1983 und das Bildungsdokumentationsgesetz geändert werden (746 d.B.)                                                                                                                                       82

Redner/Rednerinnen:

Ing. Robert Lugar ......................................................................................................... 83

Marianne Gusenbauer-Jäger ...................................................................................... 86

Gerhard Schmid ........................................................................................................... 87

Brigitte Jank .................................................................................................................. 87

Dr. Walter Rosenkranz ................................................................................................. 89

Dr. Harald Walser ......................................................................................................... 91

Bundesministerin Gabriele Heinisch-Hosek ............................................................ 92

Mag. Dr. Matthias Strolz .............................................................................................. 94

Elmar Mayer .................................................................................................................. 96

Dr. Karlheinz Töchterle ................................................................................................ 98

Dr. Walter Rosenkranz (tatsächliche Berichtigung) .................................................... 99

Mag. Helene Jarmer ..................................................................................................... 99

Eva-Maria Himmelbauer, BSc .................................................................................. 101

Julian Schmid, BA ..................................................................................................... 102

Dr. Franz-Joseph Huainigg ....................................................................................... 103

Entschließungsantrag der Abgeordneten Ing. Robert Lugar, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Approbation von nicht-gegenderten Schulbüchern“ – Ableh­nung ........................  85, 104

Entschließungsantrag der Abgeordneten Dr. Harald Walser, Kolleginnen und Kollegen betreffend Inklusion in der Schule, Umsetzung der UN-Behinderten­rechtskonvention – Ablehnung .  100, 104

Annahme des Gesetzentwurfes in 746 d.B. ................................................................ 104

3. Punkt: Bericht des Unterrichtsausschusses über die Regierungsvorlage (682 d.B.): Bundesgesetz, mit dem das Schulunterrichtsgesetz für Berufstätige, Kollegs und Vorbereitungslehrgänge sowie das Berufsreifeprüfungsgesetz geändert werden (747 d.B.) .............................................. 105


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll86. Sitzung / Seite 4

Redner/Rednerinnen:

Peter Wurm ................................................................................................................. 105

Mag. Elisabeth Grossmann ...................................................................................... 107

Ing. Robert Lugar ....................................................................................................... 108

Asdin El Habbassi, BA .............................................................................................. 109

Dr. Harald Walser ....................................................................................................... 110

Andrea Gessl-Ranftl .................................................................................................. 111

Ing. Manfred Hofinger ................................................................................................ 112

Bundesministerin Gabriele Heinisch-Hosek .......................................................... 113

Entschließungsantrag der Abgeordneten Peter Wurm, Kolleginnen und Kolle­gen betreffend Wiederholungen von Teilprüfungen beziehungsweise von Prü­fungsgebieten der abschließenden Prüfung (Matura) – Ablehnung ..........................................................................................  106, 114

Annahme des Gesetzentwurfes in 747 d.B. ................................................................ 113

4. Punkt: Bericht des Kulturausschusses über die Regierungsvorlage (679 d.B.): Bundesgesetz, mit dem das Bundestheaterorganisationsgesetz geändert wird (708 d.B.) ..................................... 114

Redner/Rednerinnen:

Wendelin Mölzer ......................................................................................................... 114

Elisabeth Hakel ........................................................................................................... 115

Mag. Dr. Wolfgang Zinggl ......................................................................................... 116

Mag. Dr. Maria Theresia Fekter ................................................................................ 119

Dr. Jessi Lintl .............................................................................................................. 120

Bundesminister Dr. Josef Ostermayer ................................................................... 120

Katharina Kucharowits .............................................................................................. 122

Mag. Beate Meinl-Reisinger, MES ............................................................................ 123

Dipl.-Kffr. (FH) Elisabeth Pfurtscheller .................................................................... 124

Dr. Harald Walser ....................................................................................................... 125

Mag. Andrea Kuntzl ................................................................................................... 125

Annahme des Gesetzentwurfes in 708 d.B. ................................................................ 126

5. Punkt: Bericht des Kulturausschusses über die Regierungsvorlage (588 d.B.): Bundesgesetz, mit dem das Kunstförderungsgesetz geändert wird (709 d.B.) ........................................................ 127

Redner/Rednerinnen:

Wendelin Mölzer ......................................................................................................... 127

Hermann Krist ............................................................................................................ 129

Martina Diesner-Wais ................................................................................................ 130

Mag. Dr. Wolfgang Zinggl ......................................................................................... 130

Bundesminister Dr. Josef Ostermayer ................................................................... 131

Entschließungsantrag der Abgeordneten Wendelin Mölzer, Kolleginnen und Kol­legen betreffend Transparenz in der Kunstförderung – Ablehnung ...............................................  128, 131

Annahme des Gesetzentwurfes in 709 d.B. ................................................................ 131

6. Punkt: Bericht des Rechnungshofausschusses über den Bericht des Ständi­gen Unterausschusses des Rechnungshofausschusses gemäß § 32e Abs. 4 GOG betreffend Durchführung des Verlangens der Abgeordneten Wolfgang Zan­ger, Mag. Dr. Wolfgang Zinggl, Mag. Beate Meinl-Reisinger, MES, Kolleginnen und Kollegen auf Prüfung der Gebarung des Bundesministeriums für Unterricht, Kunst und Kultur (bzw. des Bundeskanzleramtes in der Zuständigkeit des Bun­desministers für Kunst und Kultur, Verfassung und Medien) sowie der im Eigen­tum des Bundes stehenden Bundestheater-Holding GmbH (649 d.B.)                          132


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll86. Sitzung / Seite 5

Redner/Rednerinnen:

Wendelin Mölzer ......................................................................................................... 132

Elisabeth Hakel ........................................................................................................... 133

Mag. Dr. Wolfgang Zinggl ......................................................................................... 134

Claudia Durchschlag ................................................................................................. 135

Dr. Jessi Lintl .............................................................................................................. 137

Bundesminister Dr. Josef Ostermayer ................................................................... 138

Katharina Kucharowits .............................................................................................. 140

Mag. Beate Meinl-Reisinger, MES ............................................................................ 141

Mag. Josef Lettenbichler ........................................................................................... 142

Wolfgang Zanger ........................................................................................................ 143

Johann Hell ................................................................................................................. 147

Ing. Manfred Hofinger ................................................................................................ 148

Rudolf Plessl ............................................................................................................... 149

Elmar Mayer ................................................................................................................ 150

Dr. Gabriela Moser ..................................................................................................... 151

Entschließungsantrag der Abgeordneten Wolfgang Zanger, Kolleginnen und Kollegen betreffend Ausweitung der Prüfungskompetenz des Rechnungshofes – Ablehnung .........  145, 154

Kenntnisnahme des Berichtes des Ständigen Unterausschusses des Rechnungs­hofausschusses gemäß § 32e Abs. 4 GOG in 649 d.B. ...................................................................................... 153

Kenntnisnahme des Ausschussberichtes 649 d.B. ..................................................... 153

Gemeinsame Beratung über

7. Punkt: Bericht des Verfassungsausschusses über die Regierungsvorlage (632 d.B.): Bundesgesetz, mit dem das Privatradiogesetz, das ORF-Gesetz, das Audiovisuelle Mediendienste-Gesetz und das KommAustria-Gesetz geändert wer­den (700 d.B.) ..................................................... 154

8. Punkt: Bericht des Verfassungsausschusses über den Antrag 991/A der Ab­geordneten Dr. Eva Glawischnig-Piesczek, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz über den Österreichischen Rund­funk (ORF-Gesetz, ORF-G) geändert wird (701 d.B.)                  154

9. Punkt: Bericht des Verfassungsausschusses über den Antrag 609/A der Ab­geordneten Dieter Brosz, MSc, Mag. Nikolaus Alm, Kolleginnen und Kollegen be­treffend ein Bundesgesetz, mit dem das Privatradiogesetz geändert wird (702 d.B.)                                                                                                                        154

10. Punkt: Bericht des Verfassungsausschusses über den Antrag 1077/A(E) der Abgeordneten Mag. Nikolaus Alm, Kolleginnen und Kollegen betreffend Senkung der Rundfunkgebühren auf ein bundeseinheitliches Niveau (703 d.B.) ...................................................................................................................... 154

Redner/Rednerinnen:

Dieter Brosz, MSc .............................................................................................  154, 169

Dr. Josef Cap .....................................................................................................  156, 170

Christoph Hagen ........................................................................................................ 158

Mag. Wolfgang Gerstl ................................................................................................ 159

Mag. Nikolaus Alm ..................................................................................................... 160

Mag. Harald Stefan ..................................................................................................... 162

Bundesminister Dr. Josef Ostermayer ................................................................... 165

Dr. Peter Wittmann .................................................................................................... 167

Johann Singer ............................................................................................................ 167

Dr. Harald Troch ......................................................................................................... 168


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll86. Sitzung / Seite 6

Entschließungsantrag der Abgeordneten Mag. Nikolaus Alm, Kolleginnen und Kol­legen betreffend eine Opt-Out-Option für die Rundfunkgebühren – Ablehnung ....................................  166, 171

Entschließungsantrag der Abgeordneten Herbert Kickl, Kolleginnen und Kol­legen betreffend Offenlegung der Einkünfte von ORF-Mitarbeitern, die Nachrich­ten-/Informations-/Wirtschafts-Formate mediengattungsunabhängig gestalten und/
oder moderieren – Ablehnung .............................................................................  163, 171

Annahme des Gesetzentwurfes in 700 d.B. ................................................................ 171

Kenntnisnahme der drei Ausschussberichte 701, 702 und 703 d.B. .......................... 171

11. Punkt: Sammelbericht des Ausschusses für Petitionen und Bürgerinitiativen über die Petition Nr. 29 sowie über die Bürgerinitiativen Nr. 42 und 54 (725 d.B.) ...................................................... 171

Redner/Rednerinnen:

Dr. Johannes Hübner ................................................................................................. 171

Hermann Lipitsch ....................................................................................................... 176

Gerhard Schmid ......................................................................................................... 177

Hermann Gahr ............................................................................................................ 177

Rupert Doppler ........................................................................................................... 178

Dipl.-Ing. Dr. Wolfgang Pirklhuber ..................................................................  179, 185

Christian Hafenecker, MA ......................................................................................... 180

Martina Schenk ........................................................................................................... 181

Michael Pock ............................................................................................................... 182

Johann Hechtl ............................................................................................................. 183

Dr. Angelika Winzig .................................................................................................... 184

Entschließungsantrag der Abgeordneten Christian Hafenecker, MA, Kollegin­nen und Kollegen betreffend Ende der österreichischen TTIP- und CETA-Voll­machten an die Kommission – Ablehnung          175, 186

Kenntnisnahme des Ausschussberichtes 725 d.B. hinsichtlich der Petition Nr. 29 sowie der Bürgerinitiativen Nr. 42 und 54 ................................................................................................................ 186

12. Punkt: Sammelbericht des Ausschusses für Petitionen und Bürgerinitiativen über die Petitionen Nr. 27, 30, 32, 37, 38 und 41 sowie über die Bürgerinitiativen Nr. 53, 56, 59, 62, 63, 64, 67 und 68 (726 d.B.)    ............................................................................................................................. 187

Redner/Rednerinnen:

Edith Mühlberghuber ................................................................................................. 187

Erwin Preiner .............................................................................................................. 187

Ing. Christian Höbart .................................................................................................. 188

Mag. Gertrude Aubauer ............................................................................................. 189

Dipl.-Ing. Dr. Wolfgang Pirklhuber ........................................................................... 190

Martina Schenk ........................................................................................................... 191

Michael Pock ............................................................................................................... 192

Michael Ehmann ......................................................................................................... 194

Rupert Doppler ........................................................................................................... 194

Martina Diesner-Wais ................................................................................................ 195

Gerhard Schmid ......................................................................................................... 196

Harry Buchmayr ......................................................................................................... 197

Mag. Wolfgang Gerstl ................................................................................................ 197

Mag. Friedrich Ofenauer ........................................................................................... 198

Mag. Johannes Rauch ............................................................................................... 199

Kenntnisnahme des Ausschussberichtes 726 d.B. hinsichtlich der Petitionen Nr. 27, 30, 32, 37, 38 und 41 sowie der Bürgerinitiativen Nr. 53, 56, 59, 62, 63, 64, 67 
und 68  .......................................................................................................................... 199


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll86. Sitzung / Seite 7

Eingebracht wurden

Anträge der Abgeordneten

Mag. Nikolaus Alm, Kolleginnen und Kollegen betreffend Streichung des Anhörungs­rechts der Landeshauptleute bei der Bestellung von ORF-Landesdirektoren (1281/A)(E)

Mag. Aygül Berivan Aslan, Kolleginnen und Kollegen betreffend Frauenförderung in der Filmbranche (1282/A)(E)

Mag. Beate Meinl-Reisinger, MES, Kolleginnen und Kollegen betreffend Harmonisie­rung der schulautonomen Tage (1283/A)(E)

Herbert Kickl, Kolleginnen und Kollegen betreffend Offenlegung der Einkünfte von ORF-Mitarbeitern, die Nachrichten-/Informations-/Wirtschafts-Formate mediengattungs­unabhängig gestalten und/oder moderieren (1284/A)(E)

Dr. Susanne Winter, Kolleginnen und Kollegen betreffend Nisthilfen für Wildbienen (1285/A)(E)

Wolfgang Zanger, Kolleginnen und Kollegen betreffend Ausweitung der Prüfungskom­petenz des Rechnungshofes (1286/A)(E)

Ulrike Weigerstorfer, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Tiere sind mit Empfind­samkeit ausgestattete lebende Wesen“ (1287/A)(E)

Ulrike Weigerstorfer, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Aufnahme veganer und vegetarischer Produkte in den Codex Alimentarius“ (1288/A)(E)

Ulrike Weigerstorfer, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Endgültiges Verbot von Gly­phosat“ (1289/A)(E)

Ing. Waltraud Dietrich, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Verpflichtendes Mindest­geräusch für Kraftfahrzeuge“ (1290/A)(E)

Ing. Waltraud Dietrich, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Verpflichtendes Mindest­geräusch für Kraftfahrzeuge“ (1291/A)(E)

Gabriele Tamandl, Kai Jan Krainer, Kolleginnen und Kollegen betreffend neue Vor­anschlags- und Rechnungsabschlussvorschriften (1292/A)(E)

Asdin El Habbassi, BA, Katharina Kucharowits, Petra Steger, Julian Schmid, BA, Rouven Ertlschweiger, MSc, Dr. Nikolaus Scherak, Kolleginnen und Kollegen be­treffend Kinderrechte-Monitoring und Jugendpartizipation (1293/A)(E)

Anfragen der Abgeordneten

Leopold Steinbichler, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft betreffend „Plastiksackerl“ (6043/J)

Leopold Steinbichler, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft betreffend „Ersatz für Milchprodukte“ (6044/J)

Werner Amon, MBA, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Justiz be­treffend Strafverfahren gegen Gabriel Lansky wegen § 256 StGB (6045/J)

Martina Schenk, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Europa, Inte­gration und Äußeres betreffend „Einsatz von Visagisten, Stilberatern und Friseuren auf Steuerzahlerkosten“ (6046/J)


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll86. Sitzung / Seite 8

Martina Schenk, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz betreffend „Einsatz von Visagisten, Stilberatern und Friseuren auf Steuerzahlerkosten“ (6047/J)

Martina Schenk, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Inneres be­treffend „Einsatz von Visagisten, Stilberatern und Friseuren auf Steuerzahlerkosten“ (6048/J)

Martina Schenk, Kolleginnen und Kollegen an den Bundeskanzler betreffend „Einsatz von Visagisten, Stilberatern und Friseuren auf Steuerzahlerkosten“ (6049/J)

Martina Schenk, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Landesvertei­digung und Sport betreffend „Einsatz von Visagisten, Stilberatern und Friseuren auf Steuerzahlerkosten“ (6050/J)

Martina Schenk, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Kunst und Kul­tur, Verfassung und Medien betreffend „Einsatz von Visagisten, Stilberatern und Fri­seuren auf Steuerzahlerkosten“ (6051/J)

Martina Schenk, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Finanzen be­treffend „Einsatz von Visagisten, Stilberatern und Friseuren auf Steuerzahlerkosten“ (6052/J)

Martina Schenk, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Gesundheit be­treffend „Einsatz von Visagisten, Stilberatern und Friseuren auf Steuerzahlerkosten“ (6053/J)

Martina Schenk, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft betreffend „Einsatz von Visagisten, Stil­beratern und Friseuren auf Steuerzahlerkosten“ (6054/J)

Martina Schenk, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Bildung und Frauen betreffend „Einsatz von Visagisten, Stilberatern und Friseuren auf Steuerzah­lerkosten“ (6055/J)

Martina Schenk, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Verkehr, In­novation und Technologie betreffend „Einsatz von Visagisten, Stilberatern und Friseu­ren auf Steuerzahlerkosten“ (6056/J)

Martina Schenk, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Familien und Jugend betreffend „Einsatz von Visagisten, Stilberatern und Friseuren auf Steuerzah­lerkosten“ (6057/J)

Martina Schenk, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Wissenschaft, Forschung und Wirtschaft betreffend „Einsatz von Visagisten, Stilberatern und Friseu­ren auf Steuerzahlerkosten“ (6058/J)

Werner Neubauer, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft betreffend Austritt von Radioaktivität in Temelín (6059/J)

Edith Mühlberghuber, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Justiz be­treffend Sachwalterschaften (6060/J)

Mag. Günther Kumpitsch, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für In­neres betreffend Einbrüche und Diebstähle in Graz und Umgebung (6061/J)

Carmen Schimanek, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Landesver­teidigung und Sport betreffend Hubschrauberstützpunkt Vomp (6062/J)


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll86. Sitzung / Seite 9

Mag. Günther Kumpitsch, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Kunst und Kultur, Verfassung und Medien betreffend Förderungen für den Verein „KiG“ (Kul­tur in Graz. Plattform für interdisziplinäre Vernetzungsarbeit) (6063/J)

Mag. Günther Kumpitsch, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Bil­dung und Frauen betreffend Förderungen für den Verein „KiG“ (Kultur in Graz. Platt­form für interdisziplinäre Vernetzungsarbeit) (6064/J)

Mag. Günther Kumpitsch, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Bil­dung und Frauen betreffend Förderungen für den Verein „Poika“ (Verein zur Förderung von gendersensibler Bubenarbeit in Erziehung und Unterricht) (6065/J)

Mag. Günther Kumpitsch, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Kunst und Kultur, Verfassung und Medien betreffend Förderungen für den Verein „Jukus“ (Verein zur Förderung von Jugend, Kultur und Sport) (6066/J)

Mag. Günther Kumpitsch, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Ge­sundheit betreffend Förderungen für den Verein „Jukus“ (Verein zur Förderung von Ju­gend, Kultur und Sport) (6067/J)

Mag. Günther Kumpitsch, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Bildung und Frauen betreffend Förderungen für den Verein „Jukus“ (Verein zur Förde­rung von Jugend, Kultur und Sport) (6068/J)

Mag. Günther Kumpitsch, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Eu­ropa, Integration und Äußeres betreffend Förderungen für den Verein „Jukus“ (Verein zur Förderung von Jugend, Kultur und Sport) (6069/J)

Carmen Schimanek, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Bildung und Frauen betreffend Dolmetscher für Migrantenkinder in Tiroler Volksschulen (6070/J)

Edith Mühlberghuber, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Inneres betreffend Anzahl der Frauen und Minderjährigen unter den Asylwerbern (6071/J)

Dr. Walter Rosenkranz, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Fami­lien und Jugend betreffend nicht-deutschsprachige Kindergärten im Bundesland Bur­genland (6072/J)

Dr. Walter Rosenkranz, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Fami­lien und Jugend betreffend nicht-deutschsprachige Kindergärten im Bundesland Kärn­ten (6073/J)

Dr. Walter Rosenkranz, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Fami­lien und Jugend betreffend nicht-deutschsprachige Kindergärten im Bundesland Nie­derösterreich (6074/J)

Dr. Walter Rosenkranz, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Fa­milien und Jugend betreffend nicht-deutschsprachige Kindergärten im Bundesland Ober­österreich (6075/J)

Dr. Walter Rosenkranz, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Fami­lien und Jugend betreffend nicht-deutschsprachige Kindergärten im Bundesland Salz­burg (6076/J)


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll86. Sitzung / Seite 10

Dr. Walter Rosenkranz, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Fa­milien und Jugend betreffend nicht-deutschsprachige Kindergärten im Bundesland Stei­ermark (6077/J)

Dr. Walter Rosenkranz, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Fa­milien und Jugend betreffend nicht-deutschsprachige Kindergärten im Bundesland Tirol (6078/J)

Dr. Walter Rosenkranz, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Fa­milien und Jugend betreffend nicht-deutschsprachige Kindergärten im Bundesland Vor­arlberg (6079/J)

Dr. Walter Rosenkranz, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Fa­milien und Jugend betreffend nicht-deutschsprachige Kindergärten im Bundesland Wien (6080/J)

Josef A. Riemer, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Gesundheit betreffend: Lehrer tötet Kaninchen (6081/J)

Dr. Gabriela Moser, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Verkehr, Innovation und Technologie betreffend ASFINAG Spatenstich-Feier in Linz (6082/J)

Georg Willi, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Verkehr, Innovation und Technologie betreffend Anflugverfahren am Flughafen Wien: Curved Approach (6083/J)

Georg Willi, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Verkehr, Innovation und Technologie betreffend Bundesbeitrag zur geplanten „Stadtstraße“ und ihren „Ne­benwirkungen“ in Wien-Donaustadt (6084/J)

Georg Willi, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Verkehr, Innovation und Technologie betreffend fragliche Rechtskonformität der Schienennetznutzungsbe­dingungen (SNNB) der ÖBB (6085/J)

Mag. Aygül Berivan Aslan, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Bil­dung und Frauen betreffend Frauen in der Filmbranche (6086/J)

Mag. Dr. Matthias Strolz, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Bil­dung und Frauen betreffend Bedürfnisse von Familien mit chronisch kranken Kindern (6087/J)

Mag. Dr. Matthias Strolz, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Ge­sundheit betreffend Bedürfnisse von Familien mit chronisch kranken Kindern (6088/J)

Dr. Erwin Rasinger, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Gesundheit betreffend: Mystery shopping bespitzelt niedergelassene ÄrztInnen, Psychotherapeu­tInnen und PatientInnen (6089/J)

Georg Willi, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Verkehr, Innovation und Technologie betreffend treffsichere Ausgestaltung der Förderungen im Alpentransit zwecks effizienter Verlagerung des Güterverkehrs auf die Schiene (6090/J)

Josef Schellhorn, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Wissenschaft, Forschung und Wirtschaft betreffend Teilnahme an Sitzungen des Ministerrats der EU in den Jahren 2013 bis 2015 (6091/J)

Gerhard Schmid, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Justiz betref­fend Schließung von Bezirksgerichten Flachgau / Salzburg (6092/J)


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll86. Sitzung / Seite 11

Rupert Doppler, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Verkehr, In­novation und Technologie betreffend personell besetzte Bahnhöfe im Bundesland Tirol (6093/J)

Rupert Doppler, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Verkehr, In­novation und Technologie betreffend personell besetzte Bahnhöfe im Bundesland Stei­ermark (6094/J)

Rupert Doppler, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Verkehr, In­novation und Technologie betreffend personell besetzte Bahnhöfe im Bundesland Bur­genland (6095/J)

Rupert Doppler, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Verkehr, In­novation und Technologie betreffend personell besetzte Bahnhöfe im Bundesland Wien (6096/J)

Rupert Doppler, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Verkehr, In­novation und Technologie betreffend personell besetzte Bahnhöfe im Bundesland Nie­derösterreich (6097/J)

Rupert Doppler, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Verkehr, In­novation und Technologie betreffend personell besetzte Bahnhöfe im Bundesland Oberösterreich (6098/J)

Rupert Doppler, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Verkehr, In­novation und Technologie betreffend personell besetzte Bahnhöfe im Bundesland Kärn­ten (6099/J)

Rupert Doppler, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Verkehr, In­novation und Technologie betreffend personell besetzte Bahnhöfe im Bundesland Vor­arlberg (6100/J)

Rupert Doppler, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Verkehr, In­novation und Technologie betreffend personell besetzte Bahnhöfe im Bundesland Salz­burg (6101/J)

Ing. Robert Lugar, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Finanzen be­treffend „Hypo-Italien“ (6102/J)

Christian Lausch, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Justiz be­treffend Auszahlung einer sogenannten Abgangsprämie an Häftlinge (6103/J)

Carmen Schimanek, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Inneres betreffend Familienverfahren (6104/J)

Mag. Günther Kumpitsch, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Lan­desverteidigung und Sport betreffend Amokfahrt in der Innenstadt von Graz (6105/J)

Mag. Günther Kumpitsch, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für In­neres betreffend Amokfahrt in der Innenstadt von Graz (6106/J)

Mag. Günther Kumpitsch, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Justiz betreffend Amokfahrt in der Innenstadt von Graz (6107/J)

Carmen Schimanek, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Verkehr, Innovation und Technologie betreffend Brenner Basistunnel Zulaufstrecke – Informa­tionsdefizit II (6108/J)

Elmar Podgorschek, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Finanzen betreffend Auswirkungen eines möglichen Grexit sowie einer möglichen Zinswende auf das Budget der Republik Österreich (6109/J)

Erwin Angerer, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Wissenschaft, Forschung und Wirtschaft betreffend „Finanzgebarung und Expansionsstrategie Ver­bund International GmbH“ (6110/J)


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll86. Sitzung / Seite 12

Walter Rauch, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Verkehr, Inno­vation und Technologie betreffend Zustand österreichischer Schnellstraßen und Auto­bahnen (6111/J)

Walter Rauch, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Verkehr, Inno­vation und Technologie betreffend Zustand von Brücken auf den österreichischen Schnell­straßen und Autobahnen (6112/J)

Walter Rauch, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Verkehr, Inno­vation und Technologie betreffend Sperre von Eisenbahnkreuzungen aufgrund Sanie­rungsarbeiten im Bezirk Südoststeiermark (6113/J)

Anneliese Kitzmüller, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Finanzen betreffend Überschreitungen der im § 5 FLAG normierten Einkommensgrenze für den Bezug der Familienbeihilfe (6114/J)

Christian Hafenecker, MA, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Verkehr, Innovation und Technologie betreffend Verbotsliste für Kfz-Kennzeichen und Kooperation mit dem MKÖ (6115/J)

Barbara Rosenkranz, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Familien und Jugend betreffend Kindergartenpflicht für Vierjährige (6116/J)

Barbara Rosenkranz, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Bildung und Frauen betreffend wissenschaftliche Grundlagen des Grundsatzerlasses zur Sexu­alpädagogik (6117/J)

MMMag. Dr. Axel Kassegger, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Finanzen betreffend Bilanzierung der Europäischen Zentralbank (EZB) (6118/J)

Wendelin Mölzer, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Inneres be­treffend Verteilung von Asylwerbern in Kärnten (6119/J)

Anneliese Kitzmüller, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Familien und Jugend betreffend Unterstützungsmaßnahmen für Familien mit psychisch auffäl­ligen Kindern (6120/J)

Dr. Reinhard Eugen Bösch, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Landesverteidigung und Sport betreffend Reformen der EU-Battlegroups (6121/J)

Barbara Rosenkranz, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Familien und Jugend betreffend Konsequenzen aus Kritik am Bildungserlass zur Sexualpädago­gik (6122/J)

Walter Rauch, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Bildung und Frauen betreffend Druckschriftenabonnements in den Bundesministerien (6123/J)

Walter Rauch, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Europa, Inte­gration und Äußeres betreffend Druckschriftenabonnements in den Bundesministerien (6124/J)

Walter Rauch, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Finanzen betref­fend Druckschriftenabonnements in den Bundesministerien (6125/J)

Walter Rauch, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Familien und Jugend betreffend Druckschriftenabonnements in den Bundesministerien (6126/J)

Walter Rauch, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Gesundheit be­treffend Druckschriftenabonnements in den Bundesministerien (6127/J)

Walter Rauch, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Inneres betref­fend Druckschriftenabonnements in den Bundesministerien (6128/J)

Walter Rauch, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Justiz betreffend Druckschriftenabonnements in den Bundesministerien (6129/J)


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll86. Sitzung / Seite 13

Walter Rauch, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Kunst und Kultur, Verfassung und Medien betreffend Druckschriftenabonnements in den Bundesministe­rien (6130/J)

Walter Rauch, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Land- und Forst­wirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft betreffend Druckschriftenabonnements in den Bundesministerien (6131/J)

Walter Rauch, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Landesverteidi­gung und Sport betreffend Druckschriftenabonnements in den Bundesministerien (6132/J)

Walter Rauch, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Verkehr, Innova­tion und Technologie betreffend Druckschriftenabonnements in den Bundesministerien (6133/J)

Walter Rauch, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Wissenschaft, Forschung und Wirtschaft betreffend Druckschriftenabonnements in den Bundesminis­terien (6134/J)

Walter Rauch, Kolleginnen und Kollegen an den Bundeskanzler betreffend Druck­schriftenabonnements in den Bundesministerien (6135/J)

Philip Kucher, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Inneres be­treffend „Ermittlungen und Anzeigen nach § 222 StGB (Tierquälerei) durch die Exeku­tive im Jahr 2014“ (6136/J)

Philip Kucher, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Justiz betreffend „Anzeigen bzw. Strafverfahren nach § 222 StGB (Tierquälerei) im Jahr 2014“ (6137/J)

Mag. Gerald Loacker, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Wissen­schaft, Forschung und Wirtschaft betreffend Ruhestandsversetzung aufgrund von Dienst­unfähigkeit im Bundesministerium für Wissenschaft, Forschung und Wirtschaft (6138/J)

Mag. Gerald Loacker, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Verkehr, Innovation und Technologie betreffend Ruhestandsversetzung aufgrund von Dienstun­fähigkeit im Bundesministerium für Verkehr, Innovation und Technologie (6139/J)

Mag. Gerald Loacker, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Landes­verteidigung und Sport betreffend Ruhestandsversetzung aufgrund von Dienstunfähig­keit im Bundesministerium für Landesverteidigung und Sport (6140/J)

Mag. Gerald Loacker, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft betreffend Ruhestandsversetzung auf­grund von Dienstunfähigkeit im Bundesministerium für Land- und Forstwirtschaft, Um­welt und Wasserwirtschaft (6141/J)

Mag. Gerald Loacker, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Kunst und Kultur, Verfassung und Medien betreffend Ruhestandsversetzung aufgrund von Dienst­unfähigkeit im Bundesministerium für Kunst und Kultur, Verfassung und Medien (6142/J)

Mag. Gerald Loacker, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Justiz betreffend Ruhestandsversetzung aufgrund von Dienstunfähigkeit im Bundesministeri­um für Justiz (6143/J)

Mag. Gerald Loacker, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Inneres betreffend Ruhestandsversetzung aufgrund von Dienstunfähigkeit im Bundesministeri­um für Inneres (6144/J)


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll86. Sitzung / Seite 14

Mag. Gerald Loacker, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Gesund­heit betreffend Ruhestandsversetzung aufgrund von Dienstunfähigkeit im Bundesminis­terium für Gesundheit (6145/J)

Mag. Gerald Loacker, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Familien und Jugend betreffend Ruhestandsversetzung aufgrund von Dienstunfähigkeit im Bun­desministerium für Familien und Jugend (6146/J)

Mag. Gerald Loacker, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Finanzen betreffend Ruhestandsversetzung aufgrund von Dienstunfähigkeit im Bundesministeri­um für Finanzen (6147/J)

Mag. Gerald Loacker, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Europa, Integration und Äußeres betreffend Ruhestandsversetzung aufgrund von Dienstunfä­higkeit im Bundesministerium für Europa, Integration und Äußeres (6148/J)

Mag. Gerald Loacker, Kolleginnen und Kollegen an den Bundeskanzler betreffend Ru­hestandsversetzung aufgrund von Dienstunfähigkeit im Bundeskanzleramt (6149/J)

Mag. Gerald Loacker, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Bildung und Frauen betreffend Ruhestandsversetzung aufgrund von Dienstunfähigkeit im Bun­desministerin für Bildung und Frauen (6150/J)

Mag. Gerald Loacker, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz betreffend Ruhestandsversetzung aufgrund von Dienst­unfähigkeit im Bundesministerium für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz (6151/J)

Dr. Gabriela Moser, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Landesver­teidigung und Sport betreffend Verdacht auf vorsätzliche Konkursverschleppung im Ös­terreichischen Schwimmverband seit März 2014 (6152/J)

Mag. Elisabeth Grossmann, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Justiz betreffend Zusammenhang zwischen geringen oder keinen Unterhaltszahlungen und Kinderarmut in Österreich (6153/J)

Anfragebeantwortungen

der Bundesministerin für Gesundheit auf die Anfrage der Abgeordneten MMMag. Dr. Axel Kassegger, Kolleginnen und Kollegen (4784/AB zu 4969/J)

des Bundesministers für Finanzen auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Christiane Brunner, Kolleginnen und Kollegen (4785/AB zu 4975/J)

des Bundesministers für Finanzen auf die Anfrage der Abgeordneten MMMag. Dr. Axel Kassegger, Kolleginnen und Kollegen (4786/AB zu 4967/J)

des Bundesministers für Kunst und Kultur, Verfassung und Medien auf die Anfrage der Ab­geordneten MMMag. Dr. Axel Kassegger, Kolleginnen und Kollegen (4787/AB zu 4972/J)

des Bundesministers für Landesverteidigung und Sport auf die Anfrage der Abgeord­neten Dr. Peter Pilz, Kolleginnen und Kollegen (4788/AB zu 4954/J)

des Bundesministers für Landesverteidigung und Sport auf die Anfrage der Abgeord­neten MMMag. Dr. Axel Kassegger, Kolleginnen und Kollegen (4789/AB zu 4962/J)

des Bundesministers für Verkehr, Innovation und Technologie auf die Anfrage der Ab­geordneten Dr. Peter Pilz, Kolleginnen und Kollegen (4790/AB zu 4953/J)

des Bundesministers für Justiz auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Peter Pilz, Kol­leginnen und Kollegen (4791/AB zu 4951/J)


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll86. Sitzung / Seite 15

des Bundesministers für Justiz auf die Anfrage der Abgeordneten MMMag. Dr. Axel Kassegger, Kolleginnen und Kollegen (4792/AB zu 4971/J)

des Bundesministers für Wissenschaft, Forschung und Wirtschaft auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Peter Pilz, Kolleginnen und Kollegen (4793/AB zu 4958/J)

des Bundesministers für Wissenschaft, Forschung und Wirtschaft auf die Anfrage der Ab­geordneten MMMag. Dr. Axel Kassegger, Kolleginnen und Kollegen (4794/AB zu 4959/J)

der Bundesministerin für Bildung und Frauen auf die Anfrage der Abgeordneten MMMag. Dr. Axel Kassegger, Kolleginnen und Kollegen (4795/AB zu 4965/J)

des Bundesministers für Wissenschaft, Forschung und Wirtschaft auf die Anfrage der Abgeordneten Sigrid Maurer, Kolleginnen und Kollegen (4796/AB zu 4957/J)

des Bundesministers für Wissenschaft, Forschung und Wirtschaft auf die Anfrage der Abgeordneten Sigrid Maurer, Kolleginnen und Kollegen (4797/AB zu 4956/J)

des Bundesministers für Verkehr, Innovation und Technologie auf die Anfrage der Abge­ordneten MMMag. Dr. Axel Kassegger, Kolleginnen und Kollegen (4798/AB zu 4963/J)


 


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll86. Sitzung / Seite 16

09.05.26Beginn der Sitzung: 9.05 Uhr

Vorsitzende: Präsidentin Doris Bures, Zweiter Präsident Karlheinz Kopf, Dritter Präsi­dent Ing. Norbert Hofer.

*****

 


Präsidentin Doris Bures: Meine sehr geehrten Damen und Herren, ich wünsche Ih­nen einen schönen guten Morgen und eröffne die 86. Sitzung des Nationalrates.

Die Amtlichen Protokolle der 83. und 84. Sitzung vom 7. Juli 2015 sind in der Parla­mentsdirektion aufgelegen und unbeanstandet geblieben.

Als verhindert gemeldet sind die Abgeordneten Bayr, Mag. Muttonen, Angerer, Ing. Hackl, Mag. Haider, Mag. Hauser, Dr. Nachbaur und Mag. Vavrik.

09.06.19Mandatsverzicht

 


Präsidentin Doris Bures:Von der Bundeswahlbehörde ist die Mitteilung eingelangt, dass Herr Abgeordneter Mag. Nobert Darabos auf sein Mandat verzichtet hat.

Vertretung von Mitgliedern der Bundesregierung

 


Präsidentin Doris Bures: Für diese Sitzung hat das Bundeskanzleramt über Vertre­tung von Mitgliedern der Bundesregierung, welche sich in einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union aufhalten, folgende Mitteilung gemacht:

Die Bundesministerin für Familien und Jugend Dr. Sophie Karmasin wird durch den Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft Dipl.-Ing. Andrä Rupprechter, der Bundesminister für Verkehr, Innovation und Technologie Alois Stöger durch den Bundesminister für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz Rudolf Hundstorfer vertreten.

*****

Ich gebe bekannt, dass diese Sitzung heute von ORF 2 bis 13 Uhr live übertragen wird. ORF III wird diese Sitzung ab 13 Uhr übertragen, wobei jener Teil der Sitzung, der deutlich über 19.45 Uhr hinausgeht, zeitversetzt gesendet wird.

09.07.22Fragestunde

 


Präsidentin Doris Bures: Wir gelangen nun zur Fragestunde.

Die Fragestellungen durch die Damen und Herren Abgeordneten werden von den bei­den Rednerpulten im Halbrund aus vorgenommen; die Beantwortung durch den Herrn Bundesminister für Justiz erfolgt vom Rednerpult der Abgeordneten aus.

Für die Anfrage- und Zusatzfragesteller ist jeweils 1 Minute Redezeit vorgesehen. Die Beantwortung der Anfrage soll 2 Minuten, jene der Zusatzfrage jeweils 1 Minute nicht übersteigen. Wenige Sekunden vor Ende der jeweiligen Redezeit werde ich auf deren Ablauf aufmerksam machen.

Bundesministerium für Justiz

 


Präsidentin Doris Bures: Damit gelangen wir zur 1. Anfrage; das ist jene des Herrn Abgeordneten Dr. Jarolim. – Bitte.

 



Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll86. Sitzung / Seite 17

Abgeordneter Dr. Johannes Jarolim (SPÖ): Frau Präsidentin! Herr Bundesminister, herzlich willkommen hier im Parlament, an dieser für dich unüblichen Stelle, aber wir sehen das als Zeichen der Solidarität und freuen uns daher besonders.

Meine erste Frage geht in Richtung Sammelklage. Wann können und dürfen wir mit einem Entwurf für eine Sammelklage – im Interesse der vielen Geschädigten, aber auch der Richterschaft, da es sich um eine Vereinfachung der Situation bei Gericht handelt – rechnen?

Es ist so, dass es gerade bei Großschadensereignissen wie etwa Kaprun, aber auch bei sonstigen Schadenszufügungen, etwa im Bereich des Finanzmarktes – ich sage hier nur Meinl European Land –, immer wieder zu einer großen Anzahl von Geschä­digten kommt, die im Wesentlichen alle den gleichen Schaden erlitten haben, alle auf die gleiche Art und Weise an der Nase herumgeführt wurden und eigentlich die gleiche Rechtsfrage zu lösen haben.

Nun kann man jedem Einzelnen sagen, er soll bei Gericht seine Ansprüche durch­setzen, mit hohen Kosten und einer Vielzahl von Richtern, die in jedem einzelnen Pro­zess angerufen werden müssen, oder man kann eine international übliche Einrichtung, nämlich die Sammelklage, verwenden, wodurch viele Kläger in einem einzigen Ver­fahren, mit einem einzigen Richter und überschaubaren Kosten ihren Anspruch durch­setzen können.

Wir haben bereits seit 2006 in unserer gemeinsamen Regierungsvereinbarung gere­gelt, dass wir so etwas umsetzen wollen. Die Frage ist: Wann können wir gemeinsam die Fahne der Vernunft hissen, und wann dürfen wir den Brandstetter’schen Vorschlag für eine derartige Sammelklage erwarten?

*****

Die schriftlich eingereichte Anfrage, 152/M, hat folgenden Wortlaut:

„Wann endlich ist mit einer Vorlage betreffend die allgemein verlangte Sammelklage mit den Zielen Gerichtsentlastung, KonsumentInnenstärkung und Qualitätssicherheit für Produkte zu rechnen?“

*****

 


Präsidentin Doris Bures: Herr Bundesminister, bitte.

 


Bundesminister für Justiz Dr. Wolfgang Brandstetter: Vielen Dank, lieber Herr Jus­tizsprecher, für diese Frage. Sie ist absolut berechtigt, und wie du ja weißt, ist diese Fra­ge in den vergangenen Legislaturperioden schon intensiv diskutiert worden.

Noch gab es kein wirkliches Ergebnis, mit dem alle Betroffenen zufrieden gewesen wä­ren. Aber Tatsache ist: Wir müssen einen vernünftigen Weg finden, um mit diesen Mas­senverfahren umzugehen, einerseits im Interesse der rechtssuchenden Bevölkerung, die mit Recht natürlich auch eine entsprechende Gegenleistung für ihre Gebühren er­warten darf, andererseits drängt die Zeit, weil, wie ich aus vielen Gesprächen mit Rich­terinnen und Richtern weiß, die Belastung in diesem Bereich für die Richterschaft ein Ausmaß erreicht hat, das dringend nach einer praktischen Lösung schreit, das muss ich schon sagen.

Es ist für mich ganz entscheidend, vor allem im Gespräch mit den betroffenen Richte­rinnen und Richtern, die täglich sozusagen an der Front diese Belastungen letztlich zu tragen haben, eine vernünftige Lösung zu finden.


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll86. Sitzung / Seite 18

Ich glaube auch, dass das in dieser Legislaturperiode möglich sein wird. Ich bin opti­mistisch, weil wir jetzt, wie du ja weißt, auch mit deiner Unterstützung und Hilfe wesent­liche legistische Vorhaben umsetzen konnten, und wenn ich mir jetzt vorstelle, dass du als Justizsprecher gemeinsam mit der Justizsprecherin Steinacker so etwas wie ein dy­namisches Duo bildest, dann bin ich sicher, dass wir diese praktische Verbesserung im Bereich der Massenverfahren im Rahmen dieser Legislaturperiode massiv angehen und letztlich auch lösen werden können. Das ist für mich einer der Schwerpunkte, ab Herbst möchte ich mich dem verstärkt widmen.

 


Präsidentin Doris Bures: Zusatzfrage? – Herr Abgeordneter, bitte.

 


Abgeordneter Dr. Johannes Jarolim (SPÖ): Danke, Herr Bundesminister für diese Hoffnung gebende Antwort.

In diesem Zusammenhang habe ich noch eine zweite Frage. Es gibt ein gutes Instru­ment der Verfahrensvereinfachung sowohl zugunsten der Betroffenen als auch der Richter, nämlich die Musterklage, die derzeit nur beim Arbeits- und Sozialgericht mög­lich ist. In Angelegenheiten, die jeweils eine größere Anzahl von Menschen betreffen, können einzelne berechtigte Körperschaften den Obersten Gerichtshof direkt anrufen, wie er diese Rechtssache sieht. Dies bedeutet eine erhebliche Verkürzung aller Ver­fahren und sonstigen Rechtsstreitigkeiten.

Die Frage ist: Gelingt es auch, dass wir das nicht nur im Arbeits- und Sozialge­richtsverfahren, sondern auch in anderen Bereichen umsetzen, in denen zentrale, we­sentliche Fragen für große Diskussionen sorgen – wir reden ja von Streitverhinderung, wo auch immer in der Gesellschaft. Können Sie sich vorstellen, diese Möglichkeit ana­log zum § 54 ASGG auch in anderen Bereichen zu installieren?

 


Präsidentin Doris Bures: Herr Bundesminister, bitte.

 


Bundesminister für Justiz Dr. Wolfgang Brandstetter: Nun, du kennst die aktuelle höchstgerichtliche Judikatur, die diese Möglichkeit eher eng sieht. Das heißt, es be­dürfte hier entsprechender legistischer Maßnahmen, um in diesem Bereich eine Erwei­terung zu erreichen. Es ist für mich einer von mehreren Lösungsansätzen, der jetzt gemeinsam mit allen anderen Vorschlägen auf dem Tisch liegt und intensiv mit allen Betroffenen diskutiert werden sollte, damit wir die bestmögliche Lösung finden, im In­teresse der rechtssuchenden Bevölkerung, aber auch im Interesse der Justiz, die in diesem Bereich – ich kann es ja noch einmal sagen – wirklich bis an die Grenze des Zumutbaren und oft auch darüber hinaus belastet wird.

 


Präsidentin Doris Bures: Damit gelangen wir zur 2. Anfrage; das ist jene der Frau Abgeordneten Mag. Steinacker. – Bitte.

 


Abgeordnete Mag. Michaela Steinacker (ÖVP): Guten Morgen, Herr Bundesminister. Das österreichische Erbrecht ist bereits mehr als 200 Jahre alt, unsere Gesellschaft hat sich enorm verändert, wir haben in der Rechtsprechung ständig Weiterentwicklungen zu verzeichnen, und natürlich ist auch unsere Sprache in diesen Jahren anders gewor­den.

Wir haben uns im Rahmen der Erbrechtsreform das Ziel gesetzt, das Erbrecht zu mo­dernisieren und anzupassen. Wir haben eine umfangreiche Reform umgesetzt. 350 Pa­ragraphen des bürgerlichen Rechts sind angetastet und verändert worden, das ist fast ein Viertel aller Paragraphen des bürgerlichen Rechts. Es gab natürlich auch eine Be­gutachtung, in der auch noch Änderungen – ich denke, gewichtige Änderungen – ein­gebracht wurden.

Herr Bundesminister, meine Frage lautet:


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll86. Sitzung / Seite 19

138/M

„Welche wesentlichen Änderungen kommen mit der anstehenden Reform des Erb­rechts auf die Bürgerinnen und Bürger zu?“

 


Präsidentin Doris Bures: Bitte, Herr Bundesminister.

 


Bundesminister für Justiz Dr. Wolfgang Brandstetter: Da kann ich mich kurz fas­sen. Die wesentlichen Änderungen betreffen das Pflichtteilsrecht. Wir haben das Pflicht­teilsrecht für die Vorfahren beseitigt, wir haben damit im Zusammenhang das Erbrecht für die Ehegatten gestärkt, und wir haben vor allem die Möglichkeit geschaffen, dass die Erben Pflichtteilsberechtigte mit entsprechenden Teilzahlungen, mit Stundungen, allenfalls auch unter gerichtlicher Kontrolle, auszahlen können, damit wirtschaftliche Einheiten nicht notwendigerweise zerschlagen werden müssen. Das halte ich für das ganz Zentrale: die Möglichkeit, Pflichtteilsansprüche nicht sofort befriedigen zu müs­sen, sondern im Interesse der Erhaltung von wirtschaftlichen Einheiten, Kleinunterneh­men, Familienbetrieben und Ähnlichem mehr eine längere Frist dafür zu haben.

Darüber hinaus gibt es ein Novum, das für den einzelnen Bürger auch wirklich sichtbar sein wird: die Möglichkeit, dass Pflegeleistungen, die von Verwandten erbracht wurden, von Amts wegen im Zuge des Verlassenschaftsverfahrens Berücksichtigung finden sol­len, sofern sie nicht bereits abgegolten wurden. Das halte ich auch für ganz wesentlich, und es war uns auch ein sehr wichtiges Anliegen, eine Regelung für diese Leistungen zu finden, die oft im verwandtschaftlichen Umfeld erbracht werden und bei denen es oft so ist, dass gerade diejenigen, die sie erbringen, weil sich sonst niemand dazu bereit erklärt, nicht unbedingt die sind, die dann auch entsprechend konsequent auf ihre An­sprüche bedacht sind.

Das wollen wir ändern, und es wird in Zukunft so sein, dass im Zuge eines Verlas­senschaftsverfahrens der Gerichtskommissär einen entsprechenden Ausgleich finden wird, und ich denke, das wird in vielen Fällen auch gelingen. Es ist mir auch sehr wich­tig, dass das in das neue Erbrecht Eingang gefunden hat.

 


Präsidentin Doris Bures: Zusatzfrage? – Bitte, Frau Abgeordnete.

 


Abgeordnete Mag. Michaela Steinacker (ÖVP): Ganz eine kurze vertiefende Frage: Herr Bundesminister, Sie haben die Pflegeleistungen angesprochen. Wir leben in einer wirklich immer älter werdenden Gesellschaft.

Wie konkret kann nun eine Familie darauf vertrauen, dass diese Berücksichtigung auch ausgewogen ist und es zu keinen Streitigkeiten im Verlassenschaftsverfahren kommt?

Die Berücksichtigung gerade dieser Leistungen ist wichtig, es ist aber auch immer eine Sache, bei der verschiedene Menschen verschiedene Meinungen haben. Es ist auch ein ganz klares Signal an unsere Gesellschaft, sich um den Nächsten zu kümmern.

Da würde ich gerne noch konkreter wissen, wie man sich das als Mensch, der dann möglicherweise auch einen Antrag stellt, vorstellen kann.

 


Präsidentin Doris Bures: Herr Bundesminister, bitte.

 


Bundesminister für Justiz Dr. Wolfgang Brandstetter: Das kann man sich konkret so vorstellen – und das ist eben das Neue –, dass sich der Gerichtskommissär im Zuge des Verlassenschaftsverfahrens von sich aus ansehen wird, wer Pflegeleistungen er­bracht hat, ob sie abgegolten wurden oder nicht, ob die Pflege im Bereich der Ver­wandtschaft geleistet wurde. Dann kann der Gerichtskommissär mit den Betroffenen in Kontakt treten und einen entsprechenden Ausgleich erzielen. Ich bin überzeugt, dass es unter Einsatz der Autorität des Gerichtskommissärs und des Gerichtes gelingen wird, gerade die in diesem Bereich immer wieder drohenden Streitigkeiten sogar zu verhin­dern.


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll86. Sitzung / Seite 20

Ich denke, dass das auch eine Methode ist, um von vornherein mithilfe des Gerichts und des Gerichtskommissärs klarzumachen: Wenn da noch offene Ansprüche vorhan­den sind, dann sollten diese im Rahmen des Verlassenschaftsverfahrens auch ent­sprechend berücksichtigt werden. Das ist letztlich auch eine Streitprävention, davon bin ich überzeugt.

 


Präsidentin Doris Bures: Weitere Zusatzfrage? – Bitte, Herr Abgeordneter Mag. Stefan.

 


Abgeordneter Mag. Harald Stefan (FPÖ): Sehr geehrter Herr Bundesminister, Sie ha-
ben gerade ausgeführt, dass das Erbrecht novelliert und sehr viele Änderungen und Modernisierungen vorgenommen wurden.

Ein wesentlicher Kritikpunkt dabei war, dass Ausdrücke teilweise, zum Beispiel im Zu­sammenhang mit letztwilligen Verfügungen, nicht konsistent verwendet wurden, oder auch, dass Begriffe in unserem Erbrecht und in der EU-Erbrechtsverordnung anders verwendet wurden.

Daher meine Frage: Werden Sie den Auftrag geben, das Erbrecht noch einmal dahin gehend zu überarbeiten, diese Ungenauigkeiten auszubessern?

 


Präsidentin Doris Bures: Herr Bundesminister, bitte.

 


Bundesminister für Justiz Dr. Wolfgang Brandstetter: Ich habe das derzeit nicht vor, weil ich von unserer Fachabteilung auch weiß, dass die Terminologie, die da ge­wählt wurde, eine durchaus zukunftsträchtige ist. Wir werden sehen, wie sich die Ter­minologie auf europäischer Ebene entwickelt. Derzeit haben wir keine Absicht, etwas zu ändern, vor allem auch deshalb nicht, weil ja völlig klar ist, was jeweils mit den Be­griffen gemeint ist.

Ich glaube, man würde nur Verwirrung stiften, wenn man wieder etwas ändert. Es soll jetzt einmal so bleiben, wie es ist, und wir werden sehen, ob sich nicht auch andere auf europäischer Ebene unserer Terminologie anschließen werden.

 


Präsidentin Doris Bures: Weitere Zusatzfrage? – Bitte, Frau Abgeordnete Dr. Lintl.

 


Abgeordnete Dr. Jessi Lintl (STRONACH): Sehr geehrter Herr Minister, Sie bezeich­nen die erleichterte Übergabe von Familienbetrieben durch eine Neuregelung betref­fend die Stundung des Pflichtteilanspruchs als eine der wichtigsten Neuerungen der Erbrechtsnovelle. Für diese Stundung fallen die gesetzlichen Zinsen in Höhe von 4 Pro­zent an.

Wie beurteilen Sie die ökonomische Schieflage, dass einerseits die Pflichtteilsschuld­ner derzeit einen Kredit zu günstigeren Konditionen eingeräumt bekämen, andererseits der Pflichtteilsberechtigte momentan eine wesentlich höhere Verzinsung erlangt, als auf dem Markt erreichbar wäre?

 


Präsidentin Doris Bures: Herr Bundesminister, bitte.

 


Bundesminister für Justiz Dr. Wolfgang Brandstetter: Frau Abgeordnete, das, was Sie als ökonomische Schieflage bezeichnen, ist genau der Grund, wieso es praktisch kein Problem sein kann.

Der Zinssatz ist nun einmal generell im Gesetz so vorgegeben. Diese 4 Prozent sind derzeit – derzeit! – relativ hoch, aber es ist ja jedem Erben, der Pflichtteilsberechtigte auszahlen muss, unbenommen, günstigere Kredite aufzunehmen. Daher ist das mit Si­cherheit praktisch kein Problem. Der gesetzliche Zinssatz gilt ja nicht nur für den Be­reich des Erbrechts, er gilt generell. Man darf dabei eines nicht vergessen: Es geht auch um die Wahrnehmung der Interessen der Pflichtteilsberechtigten, so ist es ja nicht!

Wir greifen damit in die Rechte der Pflichtteilsberechtigten ein, aus verständlicherweise guten Gründen und im Rahmen dessen, was verfassungsrechtlich zulässig ist.


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Aber dass auch die Pflichtteilsberechtigten einmal grundsätzlich einen Anspruch auf Verzinsung haben, ist für mich völlig unverzichtbar. Das geht gar nicht anders. Derzeit liegt der gesetzliche Zinssatz bei 4 Prozent, aber jeder, der als Erbe zahlungspflichtig ist, hat derzeit ja auch die Möglichkeit, sich günstiger zu finanzieren, und damit ist das praktisch kein Problem.

 


Präsidentin Doris Bures: Damit gelangen wir zur 3. Anfrage; das ist jene des Herrn Abgeordneten Lausch. – Bitte.

 


Abgeordneter Christian Lausch (FPÖ): Guten Morgen, Herr Bundesminister! Obwohl im Bundespersonalplan 2014 bereits 100 zusätzliche Planstellen für die Exekutive bei der Justiz festgeschrieben sind und Sie mehrmals, etwa im April 2014, diese 100 zu­sätzlichen Planstellen versprochen haben, sind bis dato 27 Planstellen der Justiz zu­gewiesen. In den Berichten der Volksanwaltschaft wird gleichzeitig auch immer darauf hingewiesen, dass zu wenig Personal im Strafvollzug zur Verfügung steht. Die am meisten belastete und größte Justizanstalt in der Josefstadt hat zum Beispiel bis dato keine einzige Planstelle von diesen 27 beziehungsweise 100 versprochenen erhalten.

Daher meine Frage, Herr Bundesminister:

144/M

„Wann wird das Justizpersonal an welchen Justizvollzugsanstalten aufgestockt, zumal Sie zusätzliches Personal versprochen haben?“

 


Präsidentin Doris Bures: Bitte, Herr Bundesminister.

 


Bundesminister für Justiz Dr. Wolfgang Brandstetter: Herr Abgeordneter, Sie ken­nen natürlich auch aus eigener beruflicher Erfahrung die Personalnöte im Bereich des Strafvollzuges sehr gut. Ich bin letztlich froh darüber, dass wir im Vorjahr wenigstens diese 100 neuen Planstellen zugewiesen bekommen haben, die jetzt sukzessive be­setzt werden können. Derzeit sind von diesen 100 neuen Planstellen 27 besetzt und an jene Einrichtungen zugewiesen, die sie nun einmal am dringendsten benötigen.

Warum dauert das seine Zeit? – Das wissen Sie natürlich auch sehr gut. Gerade der Beruf des Justizwachebeamten erfordert eine wirklich intensive und gute Ausbildung. Das dauert knapp mehr als ein Jahr. Nächste Woche werden wir in der Justizwache wieder Beamte ausmustern können, die dann ihre Ausbildung abgeschlossen haben werden. Das heißt, wir werden eben dieses Kontingent von 100 neuen Planstellen suk­zessive besetzen können und, wie gesagt, dort zuweisen, wo sie am dringendsten be­nötigt werden.

Da haben wir jetzt mit der neuen Organisationseinheit, glaube ich, auch die Möglich­keit, rascher auf entsprechende Engpässe zu reagieren. Wie Sie auch wissen, sind ja auch von diesen 100 Planstellen 30 durch das Mobilitätsprogramm des Bundes abzu­decken, und da muss ich wirklich sagen, dass das sehr gut funktioniert. Ja, wir haben sogar nach sehr konstruktiven Gesprächen mit dem Verteidigungsministerium im Rah­men des Mobilitätsprogramms die Möglichkeit, mehr, nämlich zusätzlich weitere 30 Per­sonen, zu bekommen, die eben vom Verteidigungsministerium in den Bereich der Jus­tizwache wechseln wollen. Das macht absolut Sinn.

Das heißt, es dauert eben seine Zeit, das hilft nichts. Aber immerhin, das, was hier an zusätzlichen Ressourcen zur Verfügung gestellt wurde, können wir sukzessive einset­zen, und wir können es auch wirklich dringend brauchen, denn – wie Sie richtig sagen, da kann ich Ihnen nur recht geben – wir brauchen mehr Ressourcen, und es ist auch die Kritik der Volksanwaltschaft in diesem Bereich – wie ich immer wieder gesagt ha­be – grundsätzlich berechtigt.

 


Präsidentin Doris Bures: Zusatzfrage? – Bitte, Herr


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Abgeordneter.

 


Abgeordneter Christian Lausch (FPÖ): Herr Bundesminister, der Strafvollzug und die Justiz sehen sich zunehmend mit budgetären Engpässen konfrontiert, die sich auch auf die Personalsituation auswirken.

Den Häftlingen wird, wie gesetzlich geregelt, wenn sie aus der Haft entlassen werden, das Hausgeld und die angesparte Rücklage zugewiesen und ausbezahlt. Das ist so in Ordnung, weil gesetzlich so vorgesehen.

Jedoch werden etwa in der Justizanstalt Stein beziehungsweise in deren Außenstellen den Häftlingen zusätzlich als sogenanntes Zuckerl bei der Haftentlassung teilweise meh­rere hundert Euro, die sogenannte Abgangsprämie, aus dem Budget der Justizanstal­ten und somit aus Steuergeld ausbezahlt.

Dieser Umstand wurde nachweislich vor mehreren Wochen der Vollzugsdirektion – nun­mehr Generaldirektion – zur Kenntnis gebracht, und somit natürlich auch Ihnen, und es wurde sogar angeregt, die Korruptionsstaatsanwaltschaft mit dem Fall zu betrauen.

Daher meine Frage jetzt an Sie, Herr Bundesminister: Welche Maßnahmen wurden im Zusammenhang mit dieser Abgangsprämie aufgrund welcher Erkenntnisse Ihrerseits ge­setzt?

 


Präsidentin Doris Bures: Bitte, Herr Bundesminister.

 


Bundesminister für Justiz Dr. Wolfgang Brandstetter: Herr Abgeordneter, der von Ihnen genannte Sachverhalt wird gerade von dieser neuen Organisationseinheit, die wir mit 1. Juli geschaffen haben, nämlich der Generaldirektion für den Strafvollzug, über­prüft. Mit 1. Juli, das heißt, seit wenigen Tagen ist diese neue Generaldirektion, die ei­ne ganz neue Behörde für den Strafvollzug darstellt, in Amt und Würden.

Daher bitte ich um Verständnis dafür, dass es jetzt im Zuge der kompletten Neuord­nung und Neuorientierung des Strafvollzugs durch diese ganz neue Behörde nach we­nigen Tagen natürlich nicht möglich ist, Ihnen im Detail zu sagen, was sich kurzfristig, was sich mittelfristig und was sich langfristig ändern wird. Aber eines kann ich Ihnen versprechen: Es wird sich im Strafvollzug sehr vieles ändern – und das ist auch not­wendig.

Mit der neuen Generaldirektion verfügen wir über die richtige organisatorische Grund­lage dafür. Da geht es jetzt sozusagen Schlag auf Schlag und eines nach dem ande­ren, das kann ich Ihnen zusagen.

 


Präsidentin Doris Bures: Noch eine Zusatzfrage? – Bitte, Herr Abgeordneter Mag. Groiß.

 


Abgeordneter Ing. Mag. Werner Groiß (ÖVP): Herr Minister, mit 1. Juli haben wir, wie Sie gerade gesagt haben, die Generaldirektion für den Strafvollzug im Bundesministe­rium für Justiz implementiert.

Daher die Frage: Was sind da die wesentlichen Veränderungen?

 


Präsidentin Doris Bures: Bitte, Herr Bundesminister.

 


Bundesminister für Justiz Dr. Wolfgang Brandstetter: Die wesentliche Verände­rung ist, dass wir damit über eine sehr straffe, zentrale Organisationseinheit verfügen, mit kurzen Entscheidungswegen. Wir haben ganz bewusst den Strafvollzug und seine Verwaltung wieder weiter in das Ministerium holen wollen, und das macht absolut Sinn.

Wir haben auch mit den Abteilungen, die wir neu geschaffen haben, und mit den je­weiligen Persönlichkeiten, die diese Abteilungen leiten, wirklich die Gewähr, dass wir all das, was an Reformarbeit zu leisten ist – und das ist sehr, sehr viel, nicht nur, was die langfristige Perspektive betrifft, sondern auch im täglichen Ablauf der Dinge –, wirk­lich in den Griff bekommen werden und wir mit dieser neuen Organisationseinheit die Grundlage dafür schaffen, auch im Bereich des Strafvollzugs die Wende zum Besseren erreichen zu können, und das ist notwendig.

 



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Präsidentin Doris Bures: Damit gelangen wir zur 4. Anfrage, das ist jene des Herrn Abgeordneten Mag. Steinhauser. – Bitte.

 


Abgeordneter Mag. Albert Steinhauser (Grüne): Sehr geehrter Herr Minister, ich möchte ein Thema ansprechen, das vielen Österreicherinnen und Österreichern schwer im Magen liegt, und zwar die steigenden Mietkosten. In den letzten fünf Jahren sind die Mieten im Bereich des MRG um bis zu 20 Prozent gestiegen. Dieser Prozentsatz liegt deutlich über dem Steigen der Löhne und deutlich über der Inflation.

Das heißt aber auch, dass immer mehr Geld für Wohnen ausgegeben werden muss. Es ist keine Seltenheit mehr, dass eine vierköpfige Familie, die ein Familieneinkommen von 2 000 € hat, 1 000 € für die Miete ausgibt. Die Nebeneffekte sind auch klar: ein geringerer Lebensstandard, Verschuldung und im Extremfall sogar die Delogierung.

Im Wahlkampf haben SPÖ und ÖVP Reformen im Mietrecht angekündigt, allein, sie kommen nicht. (Ruf bei der ÖVP: Frage! Abg. Brosz: 1 Minute Redezeit! Er hat 1 Mi­nute! Schau in die Geschäftsordnung! Abg. Moser wendet sich in Richtung ÖVP und hält ein Exemplar der Geschäftsordnung des Nationalrates in die Höhe.) Ich weiß, dass eine Arbeitsgruppe gescheitert ist.

Sie sind der verantwortliche Justizminister, und mich interessiert Ihre persönliche Mei­nung. Daher meine konkrete Frage:

155/M

„Welche konkreten Reformen sind aus Ihrer Sicht als verantwortlicher Bundesminister notwendig, um leistbares Wohnen über das Mietrechtsgesetz wieder sicherzustellen?“

 


Präsidentin Doris Bures: Bitte, Herr Bundesminister.

 


Bundesminister für Justiz Dr. Wolfgang Brandstetter: Sehr geehrter Herr Abgeord­neter, Tatsache ist, dass im Regierungsprogramm – und das ist für mich maßgeblich – vorgesehen ist, eine Novellierung des Mietrechtsgesetzes im Sinne einer Vereinheit­lichung und auch im Sinne einer Verbesserung vorzunehmen, weil es sehr stark zer­splittert ist und weil es sicherlich insgesamt eine Neuregelung braucht.

Ich bitte aber schon zu bedenken, dass die Kompetenzlage so aussieht, dass ich mit meinem Ressort nur für den zivilrechtlichen Aspekt des Mietrechts zuständig bin. All das, was gefördertes Wohnen betrifft – Wohnungsgemeinnützigkeitsgesetz und Ähnli­ches mehr – liegt nicht in meinem Kompetenzbereich.

Daher würde ich auch davor warnen, sich vom zivilrechtlichen Mietrecht Wunder zu erwarten, was die Schaffung der Möglichkeit leistbaren Wohnens betrifft. So wün­schenswert das für uns alle ist – das wünschen wir uns alle! –, man darf das reine Zi­vilrecht und das Mietrecht nicht überfordern.

Das, was dringend notwendig war – und das bezieht sich jetzt auf Ihre Frage, was die konkreten Umsetzungsschritte sind –, haben wir zum Teil ja schon gemacht. Sie wis­sen, wir haben diese sogenannte Thermenregelung ja vorgezogen. Die Pflicht zur Er­haltung von Wärmeaufbereitungsgeräten wurde bereits mit der Wohnrechtsnovel­le 2015 neu geregelt – wie ich glaube, sinnvoll geregelt, im Interesse der Mieter. Das ist bereits am 1. Jänner 2015 in Kraft getreten. Jetzt ist es eben so, dass es auf poli­tischer Ebene, wie Sie ja wissen, Gespräche zwischen den Bautensprechern der bei­den Regierungsparteien gibt.

Ich hoffe, dass diese Gespräche vorankommen, weil es meiner Meinung nach notwen­dig ist, dass einmal die Eckpunkte einer Reform des Mietrechts feststehen müssen. Ich brauche das politische Commitment über diese zentralen Regelungen, die hier ge­wünscht sind, dann können wir gerne wieder auf den Plan treten und mit der zuständi-


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gen Fachabteilung, die eine extreme und – das ist ja erfreulich – auch juristische Kom­petenz hat, jene Hilfestellung leisten, die notwendig ist, um das Mietrecht im zivilrechtli­chen Bereich auch zu modernisieren. Aber zuerst braucht es diesen politischen Grund­konsens und der braucht offenbar noch Zeit.

 


Präsidentin Doris Bures: Zusatzfrage? – Bitte, Herr Abgeordneter Mag. Steinhauser.

 


Abgeordneter Mag. Albert Steinhauser (Grüne): Herr Minister, es ist natürlich ein Mix aus sozialem Wohnbau und Neubau, aber auch dem Mietrechtsgesetz. Ich möchte Sie aber nicht so leicht aus der Verantwortung entlassen. Sie sind der zuständige Ressort­minister und Sie müssen ja ungefähre Vorstellungen haben, wie leistbares Wohnung möglich ist. Die bisherigen Reformen haben damit nichts zu tun.

Ich frage daher – unüblich – noch einmal ganz konkret nach: Wenn Sie Eckpunkte de­finieren, was sind die Eckpunkte aus Ihrer Sicht, so wie das Mietrechtsgesetz jetzt gilt, damit im Bereich des Mietrechtsgesetzes leistbares Wohnen wieder möglich ist? Sie müssen ja eine Meinung haben!

 


Präsidentin Doris Bures: Bitte, Herr Bundesminister.

 


Bundesminister für Justiz Dr. Wolfgang Brandstetter: Lieber Herr Abgeordneter Steinhauser, Sie haben mich noch nie leicht aus der Verantwortung entlassen, das ist auch gut so. Ich kann Ihnen aber nur sagen, dass wir uns, was mein Ressort betrifft, wirklich extrem bemüht haben, im Vorjahr schon, zur Konsensfindung beizutragen. Es hätte keinen Sinn, jetzt meine persönlichen Vorstellungen, was das Mietrecht betrifft, hier zu verabsolutieren. Ich bin auf das angewiesen, was auf Konsens beruht und um­setzbar ist. Derzeit haben wir dieses Ergebnis noch nicht.

Wir haben uns wirklich sehr angestrengt, auch in meiner Fachabteilung, um mit allen Betroffenen, mit allen Akteuren sinnvolle und konstruktive Gespräche zu führen. Die hat es auch gegeben.

Dann waren wir an einem Punkt, an dem klar war, es gibt grundsätzliche Auffas­sungsunterschiede hinsichtlich der Frage, inwieweit man in den Markt eingreifen kann, soll und darf. Das ist die zentrale Frage, eine Grundfrage, eine politische Frage letzt­lich. Und diese politische Frage hat eigentlich hier im Haus getroffen zu werden. Wir haben das umzusetzen und die Hilfestellung dafür zu leisten, dass es hier zu einer tragfähigen Regierungsvorlage kommt. Darauf freue ich mich, ich hoffe, es dauert nicht mehr allzu lange.

 


Präsidentin Doris Bures: Damit gelangen wir zur 5. Anfrage; das ist jene des Herrn Abgeordneten Hagen. – Bitte.

 


Abgeordneter Christoph Hagen (STRONACH): Frau Präsidentin! Herr Bundesminis­ter! Im „Mittagsjournal“ am 30. Mai 2015 haben Sie betreffend den „Po-Grapsch“-Pa­ragraphen, § 218 Strafgesetzbuch, Folgendes gesagt – ich zitiere –:

„Es ist praktisch nicht möglich, einen Tatbestand zu formulieren, der wirklich verlässlich das Strafwürdige vom anderen trennt. Ich habe das Gespräch mit Kollegin Heinisch-Hosek gesucht, es gibt ja auch andere Möglichkeiten, man könnte auch an einen Ver­waltungsstraftatbestand denken.“

Daher meine Frage, Herr Bundesminister:

151/M

„Warum haben Sie nicht verhindert, dass die Ihrer eigenen Aussage zufolge zu unbe­stimmte Formulierung betreffend ,Po-Grapschen‘ (sexuelle Belästigung) als Tatbestand nunmehr doch Einzug in das Kriminalstrafrecht findet?“

 


Präsidentin Doris Bures: Bitte, Herr


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Bundesminister.

 


Bundesminister für Justiz Dr. Wolfgang Brandstetter: Sehr geehrter Herr Abgeord­neter, grundsätzlich sehe ich meine Aufgabe als Justizminister nicht darin, irgendetwas zu verhindern, sondern einen sinnvollen Konsens in einem Bereich zu ermöglichen, den ich für sehr wichtig halte. Ich glaube, wir sind uns schon darüber einig, dass die Verschärfung des Sexualstrafrechts, wie das hier im Haus beschlossen wurde, etwas sehr Sinnvolles ist.

Es war im Detail tatsächlich – da haben Sie recht – die Frage offen: Wie kann man die notwendige Erweiterung des bereits bestehenden Tatbestandes der sexuellen Belästi­gung so formulieren, dass auch die grundsätzlichen rechtsstaatlichen Anforderungen an die Bestimmtheit von Straftatbeständen erfüllt sind? Das ist nicht so einfach. Es wä­re – und das war meine ursprüngliche Auffassung – im Bereich des Verwaltungsstraf­rechts leichter, das zu formulieren als im Bereich des Kriminalstrafrechts, das nun ein­mal von vornherein strengeren Anforderungen unterliegt. Wir haben aber dann – und das ist genau das, was ich meine, wenn ich davon spreche, dass man einfach in konstruktiver Weise nach einem Konsens suchen muss –, denke ich, doch gemeinsam eine Formulierung gefunden, von der ich meine, dass sie den Anforderungen der Be­stimmtheit einerseits Rechnung trägt, aber andererseits das kriminalpolitisch sehr wohl sinnvolle Anliegen auch entsprechend umsetzt.

Das ist der Grund, und dieser neue, oder neu gefundene, Tatbestand, der jetzt schon beschlossen wurde, hat mit dem ursprünglichen Vorschlag, der wirklich zu unbestimmt war und daher zu Recht gestrichen werden musste, weil er im Zuge der Begutachtung auch zu Recht kritisiert wurde, gar nichts mehr zu tun. Das ist viel klarer, hat viel klarere Konturen, ist viel bestimmter, hat daher meine volle Unterstützung und hat, wie wir ja erlebt haben, auch die ausreichende Unterstützung hier im Hohen Haus gefun­den.

 


Präsidentin Doris Bures: Zusatzfrage? – Bitte, Herr Abgeordneter Hagen.

 


Abgeordneter Christoph Hagen (STRONACH): Herr Minister, Sie wissen, dass ich im Zivilberuf Polizeibeamter bin und das auch zu vollziehen habe. Ich habe als Polizei­beamter schon die Erfahrung gemacht, dass oft Gesetze gemacht wurden, die dann nicht vollziehbar waren und gleich wieder reformiert werden mussten, weil sie gar nicht ausführbar waren.

Daher noch einmal meine Frage an Sie: Welche Umstände haben Sie von Ihrer ur­sprünglichen Meinung abgebracht?

 


Präsidentin Doris Bures: Bitte, Herr Bundesminister.

 


Bundesminister für Justiz Dr. Wolfgang Brandstetter: Das war letztlich der Aus­tausch von Argumenten, wie es immer vorkommt, wenn man eben konstruktiv nach ei­ner Lösung sucht, in der Überzeugung, dass das kriminalpolitische Anliegen an sich berechtigt ist. Sie wissen ja auch, wir haben entsprechende internationale Vorgaben, die man berücksichtigen muss. Ich denke vor allem an die Istanbul-Konvention und an Ähnliches mehr.

Also ich glaube nicht, dass dieser Tatbestand in der praktischen Vollziehung besonde­re Schwierigkeiten machen wird, aber diese Bedenken wurden geäußert. Deshalb ha­be ich ja auch den Auftrag, bis Ende 2018 jedenfalls eine spezielle Evaluierung vorzu­legen, aus der ersichtlich ist, in wie vielen Fällen dieser Tatbestand zur Anwendung ge­langt ist und ob er sich in der Praxis bewährt hat.

Ich persönlich glaube, dass es aufgrund der Formulierung, die wir jetzt gefunden ha­ben, möglich sein wird, diesen Tatbestand genauso anzuwenden, wie er gedacht ist, nämlich vernünftig, eingeschränkt auf die Fälle, die wirklich strafwürdig sind. Davon bin ich überzeugt, und ich bin überzeugt, Herr Abgeordneter, Sie haben in Ihrem Beruf als


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Polizeibeamter schon viele, wahrscheinlich auch schwierigere Aufgaben gelöst, als die­sen Tatbestand vernünftig anzuwenden. (Beifall bei Abgeordneten der SPÖ.)

 


Präsidentin Doris Bures: Damit gelangen wir zur 6. Anfrage; das ist jene des Herrn Abgeordneten Dr. Scherak. – Bitte.

 


Abgeordneter Dr. Nikolaus Scherak (NEOS): Frau Präsidentin! Sehr geehrter Herr Bundesminister! Sie wissen ja, dass wir im Zusammenhang mit forensischen Gutach­ten doch immer wieder die Diskussion haben, was die Qualität der Gutachten betrifft. Das kann, muss aber nicht, sage ich auch gleich dazu, damit zu tun haben, dass sehr wenige Gutachter einen Hauptteil dieser Gutachten übernehmen, wie aus einer Anfra­gebeantwortung aus Ihrem Ministerium hervorgeht.

Es ist so, dass zum Beispiel bei den psychologischen Gutachten die fünf meistbestell­ten Gutachter rund 65 Prozent der Gesamtgutachten machen. Fakt ist aber jedenfalls, dass laut einer Studie der Universität Ulm herausgekommen ist, dass zum Beispiel die Hälfte der Gutachten eine transparente Darstellung vermissen haben lassen, nicht zwi­schen empirischen Tatsachen und subjektiven Schlussfolgerungen differenziert haben, 20 Prozent der Gutachten zirkelschlussartige Argumentationsketten beinhaltet haben, sich in 40 Prozent der Gutachter unter anderem auf den gesunden Menschenverstand berufen hat und alles in allem in 45 Prozent der Fälle eine moralisierende, wertende Haltung erkennbar war.

Also ich will jetzt nicht sagen, dass die Studie vernichtend ist, aber sie zeigt zumindest einen unangenehmen Zustand dahin gehend. Sie ist allerdings aus dem Jahr 2011. Was mich interessieren würde, ist, was Sie seitdem getan haben.

Daher meine Frage, Herr Bundesminister:

141/M

„Welche Schritte wurden vom BMJ auf Basis der äußerst negativen Ergebnisse der Studie der Uni Ulm aus 2011 betreffend die Qualität von Gutachten (Kunzl – Qualitäts­analyse österreichischer Gutachten zur Zurechnungsfähigkeit und Gefährlichkeitspro­gnose von Sexualstraftätern) gesetzt?“

 


Präsidentin Doris Bures: Bitte, Herr Bundesminister.

 


Bundesminister für Justiz Dr. Wolfgang Brandstetter: Herr Abgeordneter, diese Fra­ge ist durchaus berechtigt. Die Studie aus Ulm ist etwas, was man ernst nehmen muss. Jetzt auf die österreichischen Verhältnisse bezogen, muss man aber sagen, dass es Sinn macht – und das ist immer mein Ansatz –, mit den unmittelbar Betroffenen im Be­reich der Justiz zu sprechen, aber auch dann ergibt sich eindeutig, dass wir im Bereich der Sachverständigen und der Sachverständigenbestellung wirklich Probleme haben, die es zu lösen gilt.

Wenn Sie jetzt fragen, was konkret geschehen ist: Na ja, wir haben im Herbst des Vor­jahres versucht, mit einem Entwurf für eine Gebührenanspruchsgesetz-Novelle die Vergütungen für die Sachverständigen zu erhöhen, maßvoll zu erhöhen, im Einverneh­men mit allen – mit fast allen – Betroffenen, muss ich sagen, damit auch da die Attrak­tivität dieser Tätigkeit als Sachverständiger angehoben werden kann. Letztlich ist aber dieser Vorschlag im Rahmen der Begutachtung von allen abgelehnt worden, auch von der Ärzteschaft; ihr ging er nicht weit genug.

Wir haben hier wirklich das Problem, dass einerseits die budgetären Nöte durchschla­gen, andererseits mir völlig klar ist, wir müssen auch die Tätigkeit für die Sachverstän­digen und Gutachter gerade im Justizbereich attraktivieren. Das ist einfach notwendig.


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Und wir haben nicht zuletzt deshalb im Bereich der neuen Generaldirektion für den Strafvollzug eine eigene Kompetenzstelle für den Maßnahmenvollzug geschaffen im Bereich der Betreuungsabteilung, um speziell diesem Thema mehr Aufmerksamkeit zu widmen.

Letztlich ist mir das Problem bewusst. Wir tun, was wir können, es wird auch um bud­getäre Probleme gehen, aber die Sorge ist völlig berechtigt, dass im Bereich der Sach­verständigen und der Gutachter einfach nicht das herauskommt, was wünschenswert wäre. Da müssen wir ansetzen und das tun wir, so gut wir können.

 


Präsidentin Doris Bures: Zusatzfrage? – Bitte, Herr Abgeordneter Dr. Scherak.

 


Abgeordneter Dr. Nikolaus Scherak (NEOS): Die budgetären Probleme und die bud­getären Nöte sind mir bewusst. Nichtsdestotrotz: Die Relation bei den psychologischen Gutachten habe ich schon genannt; was meiner Meinung nach noch gravierender ist, ist die Situation, was die psychiatrischen Gutachten betrifft. Da hat der meistbestellte Gutachter insgesamt 365 Gutachten im Jahr 2014 erstellt. Jetzt heißt das, das sind 1,5 Gutachten pro Arbeitstag, beziehungsweise, wenn er die ganze Woche durcharbei­tet, ein Gutachten pro Tag.

Herr Bundesminister, ich kann so lange darüber nachdenken, wie ich will, aber ich kann mir nicht vorstellen, dass man innerhalb eines Tages ein wirklich qualitativ hoch­wertiges Gutachten zustande bringt.

Was mich interessieren würde: Welche Schlüsse ziehen Sie daraus, wenn es möglich ist, dass ein Gutachter offensichtlich pro Tag ein Gutachten erstellen kann? Und wie glauben Sie, dass in irgendeiner Art und Weise da die Qualität gewahrt werden kann?

 


Präsidentin Doris Bures: Bitte, Herr Bundesminister.

 


Bundesminister für Justiz Dr. Wolfgang Brandstetter: Herr Abgeordneter, Sie wis­sen, dass das, was ich tun kann, darin besteht, dass ich versuchen kann, an den Rah­menbedingungen etwas zu verbessern. Das tun wir. Ich kann nur nicht in Akte der un­abhängigen Justiz eingreifen, wenn es um die Bestellung von Sachverständigen geht. Das kann ich nicht, das würde ich auch nie tun. Aber die Rahmenbedingungen für die Tätigkeit der Sachverständigen müssen wir ändern. Das ist das, was letztlich auch mein Ziel ist.

Da haben wir natürlich auch die Notwendigkeit, uns mit dem Gesundheitsressort ab­zustimmen. Das tun wir auch. Aber letztlich ist das schon ein tiefsitzendes Problem. Im Zuge der Neuausrichtung des Strafvollzugs und der Reformen, die wir in diesem Be­reich planen, werden wir dieser Problematik wirklich größtes Augenmerk schenken.

Ich kann mir auch vorstellen, dass da oder dort in diesem Bereich vielleicht auch le­gistische Maßnahmen angedacht werden können. Aber im Rahmen dessen, was ich tun kann, ist schon einiges versucht worden; bisher leider noch nicht mit dem Erfolg, den wir uns alle wünschen. Aber wir bleiben dran und wir lassen nicht locker.

 


Präsidentin Doris Bures: Weitere Zusatzfrage? – Bitte, Herr Abgeordneter Mag. Stein­hauser.

 


Abgeordneter Mag. Albert Steinhauser (Grüne): Sehr geehrter Herr Minister, die Fra­ge der Gutachtenqualität ist nicht nur beim Maßnahmenvollzug relevant, sondern auch in vielen anderen Bereichen: in Schadenersatzprozessen, Pensionsprozessen, Pflege­geldprozessen. Das Wesen ist ja, dass oft das Urteil eins zu eins auf eine gutachter­liche Entscheidung aufbaut, weil keine Rechtsfragen zu klären sind. Das heißt, die gutachterliche Qualität ist besonders wichtig. Mich interessiert der Aspekt der Quali­tätskontrolle als solcher. Derzeit gibt es im Justizsystem keine Qualitätskontrolle für ge­richtliche Gutachten.


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Welche Schritte können Sie sich vorstellen, damit in Zukunft ein funktionierendes Sys­tem der Qualitätskontrolle von Gerichtsgutachten implementiert wird?

 


Präsidentin Doris Bures: Bitte, Herr Bundesminister.

 


Bundesminister für Justiz Dr. Wolfgang Brandstetter: Herr Abgeordneter, jetzt ha­ben Sie genau den Punkt des tieferliegenden Problems getroffen. Letztlich geht es ja auch um die entsprechende Ausbildung der Gutachter oder der künftigen Gutachter, wo man auf allen Ebenen ansetzen muss. Ich kann mich jetzt schon aus Zeitgründen nur auf das konkret beschränken, wo wir tatsächlich bereits Umsetzungsmaßnahmen begonnen haben. Sie kennen die Empfehlungen der Expertengruppe Maßnahmenvoll­zug.

Da wurde auch ein Katalog von Qualitätskriterien für die Sachverständigen, für die Gutachter im psychiatrischen Bereich entwickelt. Und genau diesen Katalog wollen wir jetzt Punkt für Punkt im Rahmen der Generaldirektion für Strafvollzug umsetzen.

Insgesamt ist es nicht zuletzt auch ein Ausbildungsproblem. Wir versuchen ja in ande­ren Bereichen – etwa bei der Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft –, jetzt durch den Einsatz eigener Experten dem Problem entgegenzuwirken. Das funktioniert auch sehr gut. Ich denke, dass das auch die Zukunft sein wird, dass wir mit eigenen Experten arbeiten, die auch eine entsprechende Ausbildung bekommen können, die sich qualifizieren.

Aber das ist, wie alles im Bereich der spezifischen Ausbildung, in diesem hochqualifi­zierten Bereich etwas, das längere Zeit braucht. Da werden wir noch viel zu tun haben, aber wir haben damit begonnen, wir sind am Anfang.

 


Präsidentin Doris Bures: Damit gelangen wir zur 7. Anfrage; das ist jene der Frau Ab­geordneten Mag. Becher. – Bitte.

 


Abgeordnete Mag. Ruth Becher (SPÖ): Herr Minister! Ich möchte zum Thema Mietrecht zurückkehren und ein anderes Schwergewicht darauf legen.

Es ist ja bekannt, dass das Mietrecht, so wie es jetzt gilt, sehr zerklüftet ist. Es gibt sehr viele unterschiedliche Anwendungsbereiche. Es sind dafür unterschiedliche Umstände verantwortlich – je nachdem, wann der Mietvertrag abgeschlossen wurde, welche För­derung verwendet wurde, und so weiter. Es ergeben sich in der Praxis sehr viele Pro­bleme.

Um das in einem Beispiel zu sagen: In einem Haus, wenn eine Hausgemeinschaft bei einer Veranstaltung zusammenkommt, kann es durchaus sein, dass sechs Mieter, wenn sie sich über ein mietrechtliches Problem unterhalten, nicht die gleiche rechtliche Aus­gangssituation haben, weil eben unterschiedliche Anwendungsbereiche von der Miet­zinsbildung her zur Geltung kommen.

Der zweite Bereich ist, dass die Judikatur sehr unsicher ist; zum Beispiel bei den Zu- und Abschlägen, die angewendet werden, gibt es, wenn man die Instanzen durchgeht, unterschiedliche Bewertungen.

Daher komme ich zu meiner Frage:

153/M

„Wie stehen Sie persönlich als Bundesminister zum Regierungsübereinkommen in Be­zug auf das Mietrecht, insbesondere mit den Parametern Einheitlichkeit, Transparenz, Leistbarkeit und Zurückdrängung der Befristungen?“

 


Präsidentin Doris Bures: Bitte, Herr


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Bundesminister.

 


Bundesminister für Justiz Dr. Wolfgang Brandstetter: Liebe Frau Abgeordnete, Sie sind ja auch SP-Bautensprecherin und daher jetzt mit diesen politischen Gesprächen beschäftigt, die hoffentlich dazu führen werden, dass wir hier rascher zu einer Eini­gung, was die wesentlichen Eckpunkte der künftigen Mietrechtsreform betrifft, kommen werden. Ich wünsche mir das sehr.

Unser Mietrecht ist sehr lange historisch gewachsen, und so sieht es auch aus. Es ist richtig, dass es da eine Modernisierung braucht, Stichwort „Friedenskronenzins“ und Ähnliches mehr. Ja, da gibt es wirklich die Notwendigkeit, einfach zu modernisieren, und ich bin gerne dazu bereit. Nur: Ich brauche halt, wie gesagt, den Grundkonsens auf politischer Ebene.

Aber ich bin davon überzeugt, Sie werden sich entsprechend einbringen; und wenn es so weit ist, werden Sie mir sagen, dass wir auch mit unserer juristischen Fachkompe­tenz weitermachen und eine hoffentlich gediegene Regierungsvorlage fertigstellen kön­nen. Ich wünsche es mir; ich kann momentan nicht mehr tun.

 


Präsidentin Doris Bures: Zusatzfrage? – Bitte, Frau Abgeordnete Mag. Becher.

 


Abgeordnete Mag. Ruth Becher (SPÖ): Eine weitgehende Vereinheitlichung brächte wahrscheinlich auch eine Entlastung der Gerichte – Bezirksgerichte, Landesgerichte.

Sehen Sie das auch so, Herr Minister?

 


Präsidentin Doris Bures: Bitte, Herr Bundesminister.

 


Bundesminister für Justiz Dr. Wolfgang Brandstetter: Es wäre, wenn es dazu kä­me, ein angenehmer Nebeneffekt, aber das ist nicht der Hauptgrund, warum wir ein neues Mietrecht brauchen.

 


Präsidentin Doris Bures: Weitere Zusatzfrage? – Bitte, Herr Abgeordneter Mag. Schrangl.

 


Abgeordneter Mag. Philipp Schrangl (FPÖ): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr ge­ehrter Herr Bundesminister! Die stetig steigenden Wohnkosten sollten für Sie ja kein neues Phänomen sein. Die Mieten sind im Durchschnitt von 2010 bis 2014 um un­glaubliche 15,1 Prozent gestiegen. Auch die Zahl der Bürger, die um Wohnbeihilfe an­suchen, hat sich innerhalb der letzten Jahre nahezu verdoppelt.

Daher meine Frage, Herr Bundesminister: Werden Sie als verantwortlicher Ressortmi­nister, da es für die Bautensprecher anscheinend unmöglich zu sein scheint, eine Lö­sung herbeizuführen, die Agenda Mietrecht zur Lösung dieser leidigen Frage wieder zurück ins zuständige Ressortministerium holen?

 


Präsidentin Doris Bures: Bitte, Herr Bundesminister.

 


Bundesminister für Justiz Dr. Wolfgang Brandstetter: Sehr geehrter Herr Abgeord­neter, ich bin eigentlich davon überzeugt und habe die begründete Hoffnung, dass es relativ rasch, jedenfalls im Rahmen der Legislaturperiode, zur notwendigen politischen Einigung kommen wird, die dann die Basis für eine Modernisierung und Neuregelung des Mietrechts sein wird.

Grundsätzlich kann ich auch Ihnen jetzt nur sagen, dass im Rahmen meiner Kompe­tenz – das wissen Sie natürlich – ja nur der zivilrechtliche Aspekt überarbeitet werden kann und auch muss: im Sinne einer Modernisierung und auch im Sinne einer Ver­einfachung. Das stimmt schon.

Man darf jedoch nicht vergessen, dass man mit zivilrechtlichen Maßnahmen zwar Marktmechanismen, Markteffekte da oder dort abdämpfen kann, aber man kann sie nicht völlig außer Kraft setzen. Daher ist es letztlich so ein großes Problem, um das es hier geht. Es ist eigentlich kein Zufall, dass es bisher nicht gelungen ist, diese so schwierige Materie im Konsens neu zu regeln.


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Wir werden uns weiter darum bemühen, aber ich muss schon sagen, ich kann jetzt als für das Mietrecht im zivilrechtlichen Sinn verantwortlicher Minister nicht Wunder wirken, die dann gewisse Effekte bringen, die ja dem Markt geschuldet sind und die natürlich da oder dort auch wirklich unangenehme Konsequenzen haben – das sehe ich schon –, die können wir nicht einfach vom Tisch wischen. Aber das, was möglich ist, machen wir gerne.

 


Präsidentin Doris Bures: Weitere Zusatzfrage? – Bitte, Herr Abgeordneter Mag. Lo­acker.

 


Abgeordneter Mag. Gerald Loacker (NEOS): Herr Bundesminister, Sie haben sich gerade auf den Markt bezogen. In anderen Ländern hat es bereits Systeme von Miet­zinsbeschränkungen gegeben, die wieder aufgehoben werden mussten, weil es lang­fristig mangels Investitionen zu Verschlechterungen der Bausubstanz gekommen ist.

Welche Anstrengungen hat das BMJ unternommen, um Daten, Fakten und Studiener­gebnisse auch aus dem Ausland zusammenzutragen und zu evaluieren, um in der Folge Evidenzbasis für die Auswirkungen solcher Mietzinsbeschränkungen nach der Methode auch von Abgeordneter Ruth Becher zu schaffen?

 


Präsidentin Doris Bures: Bitte, Herr Bundesminister.

 


Bundesminister für Justiz Dr. Wolfgang Brandstetter: Herr Abgeordneter, Sie kön­nen sicher sein, dass die in meinem Bereich zuständige Fachabteilung über entspre­chendes, auch statistisches Material verfügt. Das wurde auch im Zuge der wirklich um­fangreichen Diskussionen eingesetzt, die es im Vorjahr gab. Es gab ja dann auch Ein­zelgespräche mit den Vertretern der jeweiligen Interessengruppen. Meine Spitzenbe­amten haben sich wirklich sehr bemüht, Überzeugungsarbeit zu leisten. Also diese Studien, diese Vergleichswerte, fließen natürlich in die Diskussion und in die Überzeu­gungsarbeit ein – selbstverständlich, das ist keine Frage.

Aber ich denke, dass eines von allen gewollt wird, nämlich ein einheitliches, vernünfti­ges Mietrecht, das eben gewisse Unschärfen oder auch unlogische Elemente nicht mehr enthalten soll. Auf der anderen Seite geht es aber auch darum, dass man den Markt nicht in der Weise überfordert, dass es dann vielleicht auch wieder die Tendenz zu Entwicklungen gibt, die wir alle nicht wollen, nämlich dass irgendwelche Zahlungen mehr oder weniger ohne Beleg erfolgen. Das haben wir in der Vergangenheit ja immer wieder erlebt.

Und das, muss ich schon sagen, wäre heute auch nicht mehr machbar, denn wir haben in diesem Bereich die Gesetzeslage entsprechend verschärft. Sie wissen das. Mit un­seren Verschärfungen, die wir in den letzten Jahren auch im Bereich des Finanzstraf­rechts, des Steuerrechts und der Geldwäsche umgesetzt haben, kann man nur davor warnen, dass es solche Entwicklungen wieder geben könnte. Das wollen wir alle nicht.

Jetzt gilt es eben, den richtigen Kompromiss zu finden, um einerseits klarzustellen, es kommt zu einer Regelung, mit der auch der Markt leben kann, um andererseits aber auch klarzustellen, dass hier alles, was rechtlich getan werden kann, um das leistbare Wohnen zu fördern, auch tatsächlich getan wird. Da sind wir momentan mittendrin.

 


Präsidentin Doris Bures: Damit gelangen wir zur 8. Anfrage; das ist jene der Frau Ab­geordneten Himmelbauer. – Bitte.

 


Abgeordnete Eva-Maria Himmelbauer, BSc (ÖVP): Frau Präsidentin! Sehr geehrter Herr Minister! In der Debatte zum Strafrechtsänderungsgesetz wurde auch vorgestern wieder klar, dass die Bewertung von Delikten und die Höhe der Strafrahmen durchaus unterschiedlich betrachtet wird. Was dem einen zu viel ist, ist dem anderen vielleicht wiederum zu wenig.


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Für uns ist klar: Straftaten gegen den höchstpersönlichen Lebensbereich haben eine höhere Gewichtung und sollten damit auch stärker bestraft werden.

Deswegen auch meine Frage, Herr Minister:

139/M

„Sehen Sie mit der nun vorliegenden Reform des StGB die Zielsetzung, eine ausge­wogene Balance der Strafrahmen zwischen Vermögensdelikten und Delikten gegen Leib und Leben herzustellen, erfüllt?“

 


Präsidentin Doris Bures: Bitte, Herr Bundesminister.

 


Bundesminister für Justiz Dr. Wolfgang Brandstetter: Frau Abgeordnete, ich den­ke, das Grundanliegen dieser Reform wurde im Wesentlichen verwirklicht. Wie Sie richtig sagen: Da oder dort hätte man sich vielleicht mehr gewünscht – von verschiede­nen Richtungen her betrachtet.

Aber diese Neuorientierung ist gelungen. Es ist mittlerweile klar geworden, dass mit dieser Novelle zum Strafgesetzbuch der strafrechtliche Schutz von Persönlichkeitswer­ten und der strafrechtliche Schutz der individuellen Persönlichkeitssphäre auch tat­sächlich einen höheren Stellenwert bekommen haben – in Relation zu den reinen Ver­mögensdelikten und deren strafrechtlichem Schutz. Und das ist gut so. Wie wir ge­sehen haben, auch hier im Haus findet das ja wirklich breite Zustimmung.

 


Präsidentin Doris Bures: Zusatzfrage? – Bitte, Frau Abgeordnete Himmelbauer.

 


Abgeordnete Eva-Maria Himmelbauer, BSc (ÖVP): Mit der StGB-Reform kommt es auch zu neuen Straftatbeständen, unter anderem im wichtigen Themenbereich Cyber-Mobbing; aus jugendpolitischer Sicht ein ganz wichtiger Bereich, der auch angegangen werden muss.

Cyber-Mobbing ist etwas anderes als Mobbing, weil es einfach in der Ausprägung anders ist. Es ist in der Öffentlichkeit anders. Es endet nicht am Schulhof oder im Büro, sondern geht bis nach Hause.

Deswegen auch da meine Frage: Was ist von diesem neuen Straftatbestand zu er­warten?

 


Präsidentin Doris Bures: Bitte, Herr Bundesminister.

 


Bundesminister für Justiz Dr. Wolfgang Brandstetter: Wir erwarten uns gerade von diesem Straftatbestand sehr viel, weil er das richtige Signal zur richtigen Zeit ist. Es ist ja auch im Zuge der Debatte hier im Haus dieser tragische Selbstmord eines jungen Menschen erwähnt worden, der über das Internet gemobbt wurde. Ich denke, dass es schon sinnvoll und notwendig ist, dem auch mit strafrechtlichen Mitteln entgegenzu­wirken. Das können wir mit diesem Tatbestand des Cyber-Mobbings. Ich glaube daher, dass es wirklich zur richtigen Zeit die richtige Maßnahme ist, die wir mit diesem ganz neuen Tatbestand gesetzt haben.

 


Präsidentin Doris Bures: Zusatzfrage? – Bitte, Herr Abgeordneter Dr. Feichtinger.

 


Abgeordneter Mag. Dr. Klaus Uwe Feichtinger (SPÖ): Frau Präsidentin! Guten Mor­gen, Herr Bundesminister! Wir haben ja bereits mehrfach gehört, dass wir im Bereich des materiellen Strafrechts, also im Strafgesetzbuch, relativ umfangreiche Maßnahmen beschlossen haben, relativ große Veränderungen vorgenommen haben.

Jetzt wissen alle hier im Haus und insbesondere Sie, weil Sie ja auch sehr schnell darauf reagiert haben, dass wir auch in einem anderen Feld des Strafrechts, im Straf­vollzug, gewisse Probleme haben. Ich spreche insbesondere den Maßnahmenvollzug


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an, also die Unterbringung von geistig abnormen Rechtsbrechern. Meine Frage an Sie, da Sie den Strafvollzug wieder sozusagen an sich gezogen haben:

Wie sehen Ihre konkreten Pläne aus? Welche Schritte planen Sie im Hinblick auf die Reform des Maßnahmenvollzugs, welchen zeitlichen Horizont haben Sie dafür?

 


Präsidentin Doris Bures: Bitte, Herr Bundesminister.

 


Bundesminister für Justiz Dr. Wolfgang Brandstetter: Klare Frage, klare Antwort: Wir folgen hier eins zu eins den Empfehlungen der Expertengruppe Maßnahmenvoll­zug. Diese Empfehlungen sind auch öffentlich zugänglich. Die kann man sich im In­ternet anschauen oder herunterladen. Da ist eine Reihe von Vorschlägen enthalten, die wir jetzt mit dieser neuen zentralen Steuerungs- und Organisationseinheit der General­direktion für den Strafvollzug auch tatsächlich umsetzen werden können.

Ich kann jetzt nicht versprechen, wie lange es dauern wird, bis wir den Strafvollzug dort haben, wo er einfach sein muss. Es ist auch, denke ich, etwas, was dieses Land ver­dient: dass wir einen Strafvollzug haben, von dem man uneingeschränkt sagen kann – uneingeschränkt! –, er ist absolut auf der Höhe der Zeit, er ist durchwegs MRK-kon­form, er ist etwas zum Herzeigen. Das hat diese Republik verdient und das wollen wir erreichen. Wir haben in vielen Bereichen des Strafvollzugs jetzt schon ein absolut ho­hes Niveau, wo es nichts daran auszusetzen gibt, aber wir haben gewisse Schwach­stellen, und die müssen wir ausmerzen.

Die Arbeit daran hat jetzt intensiv mit dieser neuen Organisationseinheit mit 1. Juli be­gonnen. Das wird sicher eine Zeit brauchen. Es ist eine große Baustelle, die wir hier zu bearbeiten haben. Aber wir sind da auch – und das freut mich – sehr konstruktiv in Kontakt mit der Volksanwaltschaft und den Institutionen, die den Strafvollzug entspre­chend ihren gesetzlichen Vorschriften zu kontrollieren haben.

Ich glaube daher, dass es gelingen wird, jedenfalls in dieser Legislaturperiode schon sehr viel zu erreichen.

 


Präsidentin Doris Bures: Damit gelangen wir zur 9. Anfrage; das ist jene des Herrn Abgeordneten Mag. Stefan. – Bitte.

 


Abgeordneter Mag. Harald Stefan (FPÖ): Herr Bundesminister, im Zuge der Steuer­reform wurde unter anderem auch die Grunderwerbsteuer geändert, wurden dabei vor allem die Familien belastet, weil jetzt bei der Übertragung von Liegenschaften zwi­schen Familienangehörigen die Steuer vom Verkehrswert und nicht mehr vom dreifa­chen Einheitswert berechnet wird. Bei den Gerichtsgebühren ist das noch anders.

Daher meine konkrete Frage, Herr Bundesminister:

145/M

„Ist der Bestand der Familienprivilegierung gemäß § 26a Gerichtsgebührengesetz, näm­lich die Berechnung der Eintragungsgebühr vom dreifachen Einheitswert anstatt des Verkehrswertes, gesichert?“

 


Präsidentin Doris Bures: Bitte, Herr Minister.

 


Bundesminister für Justiz Dr. Wolfgang Brandstetter: Es ist derzeit nicht geplant, etwas daran zu ändern. Das kann ich dazu sagen.

 


Präsidentin Doris Bures: Zusatzfrage? – Bitte, Herr Abgeordneter Mag. Stefan.

 


Abgeordneter Mag. Harald Stefan (FPÖ): Das klingt ganz gut, obwohl „derzeit“ mich nicht ausreichend zufriedenstellt, gebe ich zu.


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Aber dazu meine Zusatzfrage. Es hat sich gezeigt, dass die Berechnung des Verkehrs­wertes, die ja zum Teil jetzt schon Geltung hat, sehr kompliziert ist und sehr großen Aufwand erfordert.

Meine konkrete Frage: Ist vom Justizministerium her geplant, ein Instrumentarium an die Hand zu geben, um diese Berechnung zu vereinfachen und damit auch die Verwal­tung insgesamt zu vereinfachen?

 


Präsidentin Doris Bures: Bitte, Herr Bundesminister.

 


Bundesminister für Justiz Dr. Wolfgang Brandstetter: Herr Abgeordneter, alles, was Verwaltungsvereinfachung bedeutet, ist mir recht, ist mir willkommen.

Die Problematik der Einheitswerte ressortiert, wie Sie wissen, primär ins Bundesminis­terium für Finanzen. Ich kann nur sagen: Soweit wir da eine Zuständigkeit haben, wol­len wir an dem konkret angesprochenen § 26a GGG derzeit jedenfalls nichts ändern.

Sollte sich das Gesamtsystem einmal ändern müssen, dann wird es hier möglicher­weise Änderungen geben. Aber derzeit haben wir nichts geplant, und von uns gibt es diesbezüglich auch sicher keine Initiative.

 


Präsidentin Doris Bures: Weitere Zusatzfrage? – Bitte, Frau Abgeordnete Mag. Au­bauer.

 


Abgeordnete Mag. Gertrude Aubauer (ÖVP): Frau Präsidentin! Geschätzter Herr Bundesminister! Gerade Familien können durch Gerichtsverfahren in vieler Hinsicht betroffen sein, auch wenn es um den Schutz und die Fürsorge für ältere Menschen geht, die ihre Angelegenheiten nicht mehr selbst besorgen können.

Ich spreche die Sachwalterschaften an. Die Beschwerden häufen sich. Es wird zu früh besachwaltet, zu umfangreich, zu lang. Wir sind daher sehr froh darüber, dass Sie an einer Neuregelung arbeiten.

Meine Frage daher an Sie, Herr Bundesminister:

Welche Änderungen sind im Bereich des Sachwalterrechts geplant und wie weit sind die Fortschritte gediehen?

 


Präsidentin Doris Bures: Bitte, Herr Bundesminister.

 


Bundesminister für Justiz Dr. Wolfgang Brandstetter: Frau Abgeordnete, Sie spre­chen zu Recht ein Problem an, mit dem wir uns schon länger beschäftigen, nämlich die Tatsache, dass es wahrscheinlich zu rasch und in zu vielen Fällen zur Besachwalte­rung von Personen kommt. Dem sollte man dort, wo es geht, entgegenwirken.

Es gibt seit März 2014 das Modellprojekt „Unterstützung zur Selbstbestimmung“, und wir überlegen ernsthaft, die Möglichkeiten auch im Bereich der Angehörigenvertretung zu erweitern und auch im Bereich der Vorsorgevollmacht etwas Konkretes zu tun, um die Situation zu verbessern.

Ich glaube aber, dass man gerade an diesem Punkt etwas erkennt, und ich bin sehr froh, dass ich hier jetzt die Gelegenheit habe, das einmal grundsätzlich zu sagen: Wir in der Justiz stoßen immer dann, wenn wir versuchen, Probleme, die bei uns sichtbar werden, an ihrer Wurzel zu bekämpfen – etwa im Zusammenhang mit Mediationsmaß­nahmen im Bereich der Familiengerichtshilfe beziehungsweise der Jugendgerichtshilfe oder auch im Bereich der sinnvollen Verhinderung von Sachwalterschaften –, an unse­re Grenzen, und zwar vor allem auch an unsere budgetären Grenzen.

Das ist ein Aspekt, den ich zu berücksichtigen bitte, weil das, glaube ich, ein ganz zen­traler Gedanke ist: Wenn man wirklich die Probleme an der Wurzel lösen will, dann darf man nicht an Kompetenzgrenzen Halt machen, da sich nämlich oft kompetenzübergrei­fende Probleme zeigen. (Präsidentin Bures gibt das Glockenzeichen.) – Ich bin gleich fertig!


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Ich halte viel von diesen Projekten zur Unterstützung der Selbstbestimmung und zur Verhinderung von allzu frühen Sachwalterschaften. Ich hoffe, dass wir in diesem Be­reich all das umsetzen können werden, was wir uns vorstellen, und zwar im Interesse der Betroffenen und der Aufrechterhaltung ihrer Selbstbestimmungsfähigkeit. Zudem hoffe ich, dass wir auch die budgetären Möglichkeiten dafür haben werden, denn eine intensivere Betreuung ist immer aufwendiger und kostenintensiver als irgendein einfa­ches Gerichtsurteil oder eine einfache Entscheidung.

 


Präsidentin Doris Bures: Damit gelangen wir zur 10. Anfrage; das ist jene des Herrn Abgeordneten Mag. Steinhauser. – Bitte.

 


Abgeordneter Mag. Albert Steinhauser (Grüne): Sehr geehrter Herr Minister, die Schlie­ßung von Bezirksgerichten ist als großes Reformprojekt angekündigt worden. Ob eine Schließung eines Bezirksgerichts sinnvoll ist, kann natürlich immer nur im Einzelfall beurteilt werden. Für die betroffene Gemeinde oder das Umland der Gemeinde ist das immer eine heikle Frage, Stichwort: Ausdünnung des ländlichen Raumes.

Ein Nutzen, der versprochen wurde, waren Einsparungen. Jetzt ist es an der Zeit, zu überprüfen, ob 2014 dieser Nutzen auch tatsächlich eingetroffen ist. Es sind ja zahlrei­che Bezirksgerichte geschlossen worden.

Meine Frage daher, Herr Bundesminister:

156/M

„Wie hoch waren die Einsparungen bei den laufenden Kosten, die aufgrund der Zu­sammenlegung von Bezirksgerichten in den Bundesländern Oberösterreich, Niederös­terreich und der Steiermark im Jahr 2014 realisiert wurden?“

 


Präsidentin Doris Bures: Herr Bundesminister, bitte.

 


Bundesminister für Justiz Dr. Wolfgang Brandstetter: Herr Abgeordneter, ich kann Ihnen hiezu noch keine konkreten Zahlen nennen; dafür wäre es zu früh. Es ist ja auch der Prozess dieser Zusammenlegung von Bezirksgerichten noch nicht in allen Berei­chen wirklich abgeschlossen. Selbst dort, wo das beschlossen wurde, sind wir mit der faktischen Umsetzung noch nicht wirklich fertig.

Aber das macht nichts, weil die Einsparung im monetären Sinn ja nicht das Zentrale ist. Es ist völlig klar, dass es, wenn man gewisse Standorte nicht mehr hat und somit auch keine Miete mehr zahlen muss, Einsparungen gibt. Das kann niemand bestreiten.

Das war aber nicht der wesentliche Aspekt. Der wesentliche Aspekt ist, dass man die Serviceleistung für den Bürger durch Infocenter verbessert, die man bei größeren Ein­heiten einrichten kann. Wenn man größere Einheiten hat, dann kann man auch die Vertretung der Richter leichter sicherstellen. Man kann die Sicherheitseinrichtungen, die leider auch notwendig sind, leichter errichten und finanzieren. Außerdem kann man Barrierefreiheit sicherstellen. – All das sind Punkte, die dafür sprechen, dass es zu kleine Einheiten im Interesse der Verbesserung der Serviceleistung für die Bürger nicht mehr geben soll.

Andererseits sage ich Ihnen ganz offen: Ich bin kein Freund von Kahlschlägen in diesem Bereich. Ich glaube, dass es wichtig ist, dass die Justiz auch in den Regionen draußen auf dem Land mit entsprechenden Einheiten vertreten ist. Diese sollen aber eine sinnvolle Größe haben.

Dieser Prozess ist noch nicht abgeschlossen. Wir haben in der Vergangenheit von 141 Bezirksgerichten auf 116 Bezirksgerichte reduziert, und es wird, wenn es nach un­seren Plänen geht, eine weitere, aber sehr maßvolle Reduzierung geben.


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Mir ist nämlich auch wichtig, dass man die Dinge nicht nur unter einem rein monetären Aspekt, was sozusagen unterm Summenstrich herauskommt, beziehungsweise im Sin­ne Ihrer Frage betrachtet, was das jetzt zahlenmäßig bedeutet. Vielmehr meine ich, dass man sich gut überlegen muss, welche regionalpolitischen und verkehrspolitischen Faktoren eine Rolle spielen. Der zentrale Punkt ist aber meines Erachtens die Verbes­serung des Serviceangebots für den Bürger, der ja auch Gebühren dafür zahlt, dass er ein bestmögliches Service bekommt. – Das ist das Hauptanliegen, das wir damit ver­folgen.

 


Präsidentin Doris Bures: Zusatzfrage? – Bitte.

 


Abgeordneter Mag. Albert Steinhauser (Grüne): Es gab immer zwei Argumente: Es stimmt schon, dass es einerseits qualitative Argumente gab, die Sie jetzt auch aufge­zählt haben. Es wurden aber natürlich auch immer wieder finanzielle Gründe für Ge­richtsschließungen angeführt.

Ich interpretiere Ihre Antwort jetzt einmal so, dass für das Jahr 2014 noch keine nen­nenswerten Einsparungen realisiert werden konnten.

Meine Zusatzfrage lautet: Bisher waren nur drei Bundesländer betroffen. Sind weitere Bezirksgerichtsschließungen geplant? Und wenn ja: Welche Bezirksgerichte in wel­chen Bundesländern werden das sein?

 


Präsidentin Doris Bures: Herr Bundesminister, bitte.

 


Bundesminister für Justiz Dr. Wolfgang Brandstetter: Es gibt – wie gesagt – na­türlich Einsparungen. Das liegt ja auf der Hand.

Ich kann Ihnen aber noch keine konkreten Zahlen nennen, weil der Prozess der Zu­sammenlegung von Bezirksgerichten, der bereits beschlossen wurde, noch nicht in al­len Bereichen faktisch umsetzbar war. Das ist so. Da oder dort wird es auch noch Veränderungen geben müssen, weil sich einfach in der Zwischenzeit auch die Um­stände und Verhältnisse geändert haben.

Das Wesentliche aus meiner Sicht ist allerdings, dass wir den richtigen Kompromiss hinsichtlich der Mindestgröße finden müssen, die ein Gericht haben sollte, um das Service für den Bürger in einem Ausmaß sicherstellen zu können, wie wir uns das er­warten und wie sich das der Bürger zu Recht erwartet. Andererseits bleibe ich aber auch dabei, dass es wichtig ist, dass man in der Region auch weiterhin Bezirksgerichte hat.

Ich bin also, um es konkret zu sagen, kein Freund der sogenannten Eingangslösungen. Ich glaube, dass es wichtig ist, dass es auch weiterhin Bezirksgerichte mit einer ent­sprechenden Mindestgröße gibt. Ich meine, dass es auch wichtig ist, dass die Justiz auf diese Weise auch auf dem Land präsent und auch ein Identifikationsfaktor für den Bürger ist.

Um Ihre Frage konkret zu beantworten: Es wird weitere, aber – wie gesagt – sehr maß­volle Reduzierungen geben, und zwar vor allem auch immer im Einvernehmen mit den jeweils betroffenen Ländern, denn diese wissen am besten, was regionalpolitisch sinn­voll ist und was nicht.

 


Präsidentin Doris Bures: Weitere Zusatzfrage? – Bitte, Herr Abgeordneter Dr. Troch.

 


Abgeordneter Dr. Harald Troch (SPÖ): Herr Bundesminister, mir ist zu Ohren ge­kommen, dass Sie das Projekt Bezirksgericht Salzburg-Flachgau Neu mit Bedacht – um nicht zu sagen: mit einer bestimmten Skepsis – sehen.

Drei Bemerkungen vorweg zur Erläuterung oder Präzisierung meiner Frage.

Es gibt Überlegungen, dass auf der grünen Wiese ein Neubau hingeklotzt werden soll, und zwar nicht in Salzburg, sondern sehr dezentral. Dann gäbe es für die meisten Be-


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wohner der 37 betroffenen Gemeinden ein Problem im Zusammenhang mit der Er­reichbarkeit, denn die öffentlichen Verkehrsanbindungen sind doch radial nach Salz­burg ausgerichtet. Zweitens würde dieser kostenintensive Neubau auch dem erklärten Prinzip der Einsparungen bei der Zusammenlegung von Bezirksgerichten zuwiderlau­fen. In Salzburg selbst gäbe es ein Gebäude der Bundesimmobiliengesellschaft, das ab 2018 frei werden würde und sehr zentral beim Hauptbahnhof gelegen ist.

Meine Frage nun: Wie können Sie sicherstellen, dass es bei der Realisierung des Pro­jekts Bezirksgericht Salzburg-Flachgau Neu nicht zu einer Geldverschwendung kommt und eine gute Erreichbarkeit sichergestellt wird?

 


Präsidentin Doris Bures: Herr Bundesminister, bitte.

 


Bundesminister für Justiz Dr. Wolfgang Brandstetter: Herr Abgeordneter, klare Fra­ge, klare Antwort: Ich stehe den Plänen, die es in Salzburg hinsichtlich einer Verbesse­rung der Gerichtsstruktur gibt, weder mit Skepsis noch mit Euphorie gegenüber, son­dern ich bin sachpolitisch offen für entsprechende Argumente. Es gibt Diskussionen, es gibt vor allem auch Gespräche mit dem Land Salzburg, und ich bin offen für all das, was seitens des Landes an sinnvollen Lösungen vorgeschlagen wird, denn für mich kommt – wie ich schon vorhin gesagt habe – eine Lösung, die nicht im Einvernehmen mit den Ländern erfolgt, nicht in Frage.

Es gibt Überlegungen in mehrere Richtungen: Es gibt Gespräche mit dem Land, und Sie können sicher sein, dass auch das Land Salzburg sicherlich nie etwas vorschlagen würde, was auf Geldverschwendung hinausläuft, sondern dass es auch dem Land Salzburg um die Verbesserung der Serviceeinrichtungen für die Bürgerinnen und Bür­ger geht.

Da finden wir uns, da haben wir dasselbe Interesse, und genau in diesem Geist führen wir Gespräche. Ich kann derzeit noch nicht sagen, wann wir hier zu einem Ende kom­men werden, aber momentan geht es mir vor allem darum, wirklich auch seitens des Landes zu erfahren, welche Vorschläge konkret als sinnvoll erachtet werden, und dann werden wir schon gemeinsam die beste Lösung finden.

 


Präsidentin Doris Bures: Damit gelangen wir zur 11. Anfrage; das ist jene der Frau Abgeordneten Mag. Grossmann. – Bitte.

 


Abgeordnete Mag. Elisabeth Grossmann (SPÖ): Herr Bundesminister, nicht erst nach der tragischen Amokfahrt in Graz eines Mannes, der einige Zeit zuvor wegen fa­miliärer Gewalt weggewiesen worden war, wissen wir, dass von solchen Personen ein besonderes Gefahrenpotenzial ausgeht. – Ich habe auch einige Zeit in der Familien- und Frauenberatung gearbeitet und wurde dort mit dramatischen Lebenssituationen kon­frontiert.

Daher richte ich an Sie die Frage, Herr Bundesminister:

154/M

„Inwieweit erachten Sie es bei Wegweisungen nach dem Gewaltschutzgesetz für erfor­derlich, die Täterarbeit zu forcieren und die Zusammenarbeit mit anderen Behörden zu optimieren?“

 


Präsidentin Doris Bures: Bitte, Herr Bundesminister.

 


Bundesminister für Justiz Dr. Wolfgang Brandstetter: Frau Abgeordnete, betref­fend den ersten Teil Ihrer Frage muss ich der guten Ordnung halber sagen, dass die­ser primär den Kompetenzbereich des Innenressorts betrifft. Gefahrenabwehr und Si­cherheitspolizeigesetz gehören ins Innenressort.


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Was aber den zweiten Teil betrifft, muss ich sagen: Auch ich halte es für sehr sinnvoll, dass man in diesem Zusammenhang alle möglichen Präventionsmaßnahmen ergreift, um diesen Gefahren entgegenzuwirken. Das, was wir aus Sicht meines Ressorts tun können, ist, eine bestmögliche Vernetzung und einen bestmöglichen Informationsaus­tausch zwischen den jeweiligen Behörden des Innenressorts und des Justizressorts si­cherzustellen. Das geschieht, und die Frau Innenministerin hat auch zu einem Runden Tisch eingeladen, damit wir noch einmal über die Verbesserung der bestehenden Ver­netzung sprechen und gemeinsam überlegen, was wir diesbezüglich wirklich gemein­sam tun können, um diesem schwierigen Problem entsprechend entgegenzuwirken.

Es ist dies ein Problem, das sehr betroffen macht. Wir erleben das auch im Bereich der Justiz. Daher ist es wichtig, dass man, wenn man damit rechnen muss, dass Men­schen von gerichtlichen Entscheidungen persönlich zutiefst betroffen sind und daher Gefahren von ihnen ausgehen könnten, diese in weiterer Folge so betreut, dass Ge­fahren aufgrund dieser gerichtlichen Entscheidungen möglichst hintangehalten wer­den. – Da finden wir uns.

 


Präsidentin Doris Bures: Zusatzfrage? – Bitte, Frau Abgeordnete.

 


Abgeordnete Mag. Elisabeth Grossmann (SPÖ): Sie haben die ressortübergreifende Problematik angesprochen: Erachten Sie es unter Umständen auch für erforderlich, eine umfassendere, ressortübergreifend Arbeitsgruppe auch unter Einbeziehung der Länder – denn gerade im Bereich der Sozialfürsorge sind ja auch die Länder zustän­dig – einzusetzen, um hier ein möglichst lückenloses Netzwerk aufzubauen?

 


Präsidentin Doris Bures: Herr Bundesminister, bitte.

 


Bundesminister für Justiz Dr. Wolfgang Brandstetter: Ja, das halte ich für sinnvoll. Es gibt jetzt aber auch schon entsprechende Verständigungspflichten, und zwar auch hinsichtlich der Institutionen, für die die Länder eine entsprechende Kompetenz haben.

Ich meine, dass dieser Runde Tisch, der von der Frau Innenministerin initiiert wurde, gerade auch den Sinn hat, dass kompetenzübergreifend noch besser zusammengear­beitet werden kann. Und es wird auch in verstärktem Maße geschehen, dass wir, was wir im Bereich der Justiz jetzt schon tun, etwa im Bereich der Jugendgerichtshilfe mit den Kompetenzträgern, konkret den Ländern, die ja für die Jugendwohlfahrt zuständig sind, zusammenarbeiten. Das macht Sinn, und so gesehen bin ich sehr froh darüber, dass es diesen Runden Tisch gibt und dass wir gemeinsam mit allen betroffenen Kom­petenzträgern nach den besten Lösungen suchen.

 


Präsidentin Doris Bures: Damit gelangen wir nun zur 12. Anfrage; das ist die des Herrn Abgeordneten Mag. Ofenauer. – Bitte.

 


Abgeordneter Mag. Friedrich Ofenauer (ÖVP): Frau Präsidentin! Guten Morgen, Herr Bundesminister! Am Dienstag dieser Woche wurde eine Änderung des Staatsanwalt­schaftsgesetzes beschlossen, mit der ein Weisungsrat neu eingeführt wurde, Berichts­pflichten der Staatsanwälte neu geregelt wurden und ein Hinweisgebersystem normiert wurde.

Herr Bundesminister, meine Frage lautet:

140/M

„Was erwarten Sie sich von der gesetzlichen Implementierung der bisher im Probebe­trieb erfolgreich eingeführten Whistleblower-Homepage?“

 


Präsidentin Doris Bures: Herr Bundesminister, bitte.

 


Bundesminister für Justiz Dr. Wolfgang Brandstetter: Ich erwarte mir davon, dass es jetzt eben eine tragfähige Rechtsgrundlage für dieses Whistleblower-System gibt,


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll86. Sitzung / Seite 38

das sich bisher durchaus bewährt hat. Dieses befand sich bis jetzt im Probebetrieb, hat sich aber so bewährt, dass wir dieses in einen Regelbetrieb überführen wollten. Das ist jetzt mit dieser Rechtsgrundlage, die im Staatsanwaltschaftsgesetz geschaffen wurde, geschehen.

Ich bin dankbar für diese Frage, weil das fast ein bisschen untergegangen ist im Zu­sammenhang mit der Änderung im Weisungsrecht. Es ist wesentlich, dass wir diese Einrichtung auf einer gesicherten rechtlichen Basis fortführen können, und es wurde auch allen Gefahren, die mit einer solchen Whistleblower-Hotline, mit einem solchen anonymen Hinweisgebersystem verbunden sein könnten, die sich im Probebetrieb ge­zeigt haben, Rechnung getragen.

Man kann im Ergebnis sagen, dass etwa in 40 Prozent der Fälle an solchen Hinweisen nichts dran ist, dass aber die restlichen 60 Prozent sehr wohl etwas im Hinblick auf Er­mittlungsansätze hergeben. Daher macht es Sinn, diese Einrichtung fortzuführen, und das haben wir mit dieser Änderung im Staatsanwaltschaftsgesetz jetzt getan.

 


Präsidentin Doris Bures: Zusatzfrage? – Bitte, Herr Abgeordneter.

 


Abgeordneter Mag. Friedrich Ofenauer (ÖVP): Herr Bundesminister, Sie haben ge­rade gesagt, dass an einem Teil der Fälle nichts dran ist.

Einerseits liegt es im Interesse des Staates und auch der Betriebe, dass Gesetze oder auch interne Regelungen eingehalten werden. Andererseits wird aber gerade unter dem Schutz der Anonymität manchmal leichtfertig eine Anschuldigung erhoben, die wiederum zu Konsequenzen oder zu Entscheidungen führt, die Folgen für die Beschul­digten haben.

Es stellt sich daher die Frage für mich: Wie geht man im Interesse eventuell unge­rechtfertigt beschuldigter Personen und im Interesse des Schutzes dieser Personen vor ungerechtfertigten Anzeigen vor, und wer kontrolliert eigentlich die Staatsanwälte?

 


Präsidentin Doris Bures: Herr Bundesminister, bitte.

 


Bundesminister für Justiz Dr. Wolfgang Brandstetter: Herr Abgeordneter, das, was Sie jetzt erwähnen, ist ein Problem, das jedem schon im Rahmen des Probebetriebs bewusst war. Ich kann Ihnen aber versichern, dass wir uns das auch wirklich sehr ge­nau angeschaut haben und dass diejenigen, die mit diesem anonymen Hinweisgeber­system im Bereich der Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft zu tun haben, Profis sind, die in der Lage sind, sehr rasch die Spreu vom Weizen zu trennen.

Wir haben ja auch die Möglichkeit einer Rückfrage unter Wahrung der Anonymität, und dann ist es für jemanden, der in diesem Bereich wirklich versiert ist – und das sind die Staatsanwältinnen und Staatsanwälte dort wirklich –, relativ rasch möglich, zu entschei­den, ob ein Hinweis weiter verfolgt werden soll oder ob es sich um einen Hinweis han­delt, der es nicht wert ist, weiter verfolgt zu werden.

Bis jetzt hat sich das wirklich bewährt, und diese Gefahr, die Sie jetzt erwähnt haben, hat sich nicht wirklich realisiert. Deshalb wollten wir ja aus dem Probebetrieb einen Re­gelbetrieb machen, und das ist jetzt mit dieser Änderung im StAG geschehen.

 


Präsidentin Doris Bures: Danke vielmals, Herr Bundesminister. Alle Anfragen sind zum Aufruf gelangt. (Beifall bei der ÖVP.)

Damit ist die Fragestunde beendet.

10.16.15Einlauf und Zuweisungen

 


Präsidentin Doris Bures: Hinsichtlich der eingelangten Verhandlungsgegenstände und deren Zuweisungen verweise ich gemäß § 23 Abs. 4 der Geschäftsordnung auf die im Sitzungssaal verteilte Mitteilung.


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll86. Sitzung / Seite 39

Die schriftliche Mitteilung hat folgenden Wortlaut:

A. Eingelangte Verhandlungsgegenstände:

1. Anfragebeantwortungen: 4784/AB bis 4798/AB

B. Zuweisungen in dieser Sitzung:

zur Vorberatung:

Außenpolitischer Ausschuss:

Antrag 1280/A(E) der Abgeordneten Werner Neubauer, Kolleginnen und Kollegen be­treffend Selbstbestimmungsrecht der Südtiroler

Familienausschuss:

Antrag 1278/A(E) der Abgeordneten Anneliese Kitzmüller, Kolleginnen und Kollegen betreffend kein Wegfall bzw. keine Kürzung der Familienbeihilfe für Studierende auf­grund von Ferialarbeit in der vorlesungsfreien Zeit!

Antrag 1279/A(E) der Abgeordneten Carmen Schimanek, Kolleginnen und Kollegen betreffend Maßnahmen zur raschen Ermöglichung einer Familienorientierten Rehabili­tation

Unterrichtsausschuss:

Antrag 1276/A(E) der Abgeordneten Dr. Walter Rosenkranz, Kolleginnen und Kollegen betreffend Beginn der allgemeinen Schulpflicht für „Frühchen“

Ausschuss für Wirtschaft und Industrie:

Antrag 1277/A(E) der Abgeordneten MMMag. Dr. Axel Kassegger, Kolleginnen und Kollegen betreffend die Aufhebung der Wirtschaftssanktionen gegen die Russische Fö­deration

Wissenschaftsausschuss:

Antrag 1275/A(E) der Abgeordneten Herbert Kickl, Kolleginnen und Kollegen betref­fend Zuverdienstgrenze Studienbeihilfe

*****

Behandlung der Tagesordnung

 


Präsidentin Doris Bures: Es ist vorgeschlagen, die Debatte über die Punkte 7 bis 10 der Tagesordnung zusammenzufassen.

Wird dagegen ein Einwand erhoben? – Das ist nicht der Fall.

Wir gehen in die Tagesordnung ein.

Redezeitbeschränkung

 


Präsidentin Doris Bures: Zwischen den Mitgliedern der Präsidialkonferenz wurde Kon­sens über die Dauer der Debatten erzielt. Demgemäß wurde eine Tagesblockzeit von 8 „Wiener Stunden“ vereinbart, sodass sich folgende Redezeiten ergeben: SPÖ und ÖVP je 108, FPÖ 100, Grüne 84 sowie STRONACH und NEOS je 44 Minuten.

Gemäß § 57 Abs. 7 der Geschäftsordnung beträgt die Redezeit für die gesamte Tages­ordnung von jenen Abgeordneten, die keinem Klub angehören, im Rahmen dieses Be­schlusses je 22 Minuten. Darüber hinaus wird die Redezeit von Abgeordneten, die kei­nem Klub angehören, auf 5 Minuten je Debatte beschränkt.


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Wir kommen sogleich zur Abstimmung über die eben dargestellten Redezeiten.

Ich bitte jene Damen und Herren, die diesem Vorschlag zustimmen, um ein diesbezüg­liches Zeichen. – Das ist einstimmig angenommen.

10.17.391. Punkt

Erklärung des Bundeskanzlers gemäß § 19 Abs. 2 der Geschäftsordnung des Na­tionalrates zum Thema „Aktuelle Situation nach dem Referendum in Griechenland“

 


Präsidentin Doris Bures: Damit gelangen wir zum 1. Punkt der Tagesordnung.

Ich begrüße den Herrn Bundeskanzler und die Mitglieder der Bundesregierung.

Im Anschluss an diese Erklärung wird im Sinne des § 81 der Geschäftsordnung ent­sprechend dem vorliegenden Verlangen von fünf Abgeordneten auch eine Debatte da­rüber stattfinden.

Herr Bundeskanzler, ich erteile Ihnen das Wort. – Bitte. (Abg. Kickl: Kaliméra!)

 


10.18.14

Bundeskanzler Werner Faymann: Sehr verehrte Frau Präsidentin! Sehr verehrte Mit­glieder der Bundesregierung! Sehr verehrte Abgeordnete! Meine Damen und Herren! Am Sonntag wird ein Europäischer Rat stattfinden. Das ist jener Zeitpunkt, von dem selbst jene, die sehr optimistisch sind, sagen, dass dann die letzte Möglichkeit besteht, für Griechenland eine sogenannte Brückenfinanzierung und dementsprechend in der Folge auch ein neues Programm zu verabschieden.

Nun wissen wir alle, dass Griechenland seit der Wirtschaftskrise 2008 in vielerlei Hin­sicht besonders getroffen wurde. Einerseits sind mehreren Regierungen Fehler unter­laufen, die im eigenen Land nicht wegzureden sind. Außerdem gibt es keine funktionie­renden Finanz- und Steuerbehörden, es gibt kein funktionierendes Grundbuch, und es gibt im Bereich von Rechtsstaatlichkeit und Betrugsbekämpfung große Mängel. – Dafür kann die jetzige Regierung nicht allein verantwortlich sein, dazu ist sie zu kurz im Amt.

Jedenfalls hat außerdem auch die Wirtschaftskrise jene Spekulanten auf den Plan ge­rufen, die mit eigenen Wetten gegen die Währung, gegen Griechenland beziehungs­weise gegen die Anleihen Griechenlands zwar für ihre eigene Brieftasche ganz gut ab­geschnitten haben, Griechenland aber durch Spekulation und durch spekulative Atta­cken in eine schwierige Situation gebracht haben.

Es ist also eine ausgesprochen unangenehme Ausgangslage, weil es jetzt nicht darum geht, am Sonntag darüber zu befinden, ob die griechische Regierung einen Fehler ge­macht hat oder nicht. – Da wären sich die 18 Regierungschefs der Eurozone, alle au­ßer Griechenland, einig. Es war ein Fehler der griechischen Regierung, aus einem Verhandlungsprozess auszusteigen und damit nicht bis zuletzt die Möglichkeit zu nutzen, einen Kompromiss für die Fortsetzung eines Programms – und das war ja bis vor Kurzem noch möglich – herbeizuführen.

Die Fortsetzung eines Programms wäre um vieles leichter, als ein neues Programm ins Leben zu rufen. Die Fortsetzung eines Programms verlangt von der Kompromissfähig­keit auch einiges, aber nicht annähernd so viel wie ein neues Programm, noch dazu in einer Situation, wo ja seither viel Negatives für Griechenland passiert ist. Die ge­schlossenen Banken haben dazu geführt, dass in Griechenland der Bedarf noch ein­mal gestiegen ist und daher die Situation für die griechische Wirtschaft und damit für die Stabilität des Landes, für die Finanzen des Landes keinesfalls besser geworden ist.

Aus meiner Sicht war dies also ein Fehler in einer Europäischen Union, die von Kom­promissfähigkeit lebt – bei aller Kritik, die dann in den Parlamenten zu Recht oder zu


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Unrecht erfolgt. Denn ein Kompromiss bedeutet natürlich, dass man schlussendlich etwas auch in Kauf nimmt, was man eigentlich nicht eingebracht hat, sonst wäre es ja bekanntlich kein Kompromiss. Diese Kompromissfähigkeit ist eine Voraussetzung, um bei 19 Staaten in der Eurozone und bei 28 Staaten in der Europäischen Union zu Er­gebnissen zu kommen, denn bei der Einführung der gemeinsamen Währung wurden leider – und das wissen wir heute, das ist natürlich ein schwerer Nachteil – nicht aus­reichend Regelwerke geschaffen, die wir mit Mehrheit einsetzen könnten. Daher ist diese erforderliche Einstimmigkeit eine, die eine besondere Kompromissfähigkeit ver­langt.

Nun ist Griechenland in einer ausgesprochen schwierigen Situation, diese außeror­dentliche Kompromissfähigkeit unter Beweis zu stellen – wenn 2,5 Millionen Menschen keine Krankenversicherung mehr haben, wenn das Land in Arbeitslosigkeit und Ju­gendarbeitslosigkeit versinkt, wenn viele Klein- und Mittelbetriebe sehen, dass ihre Perspektive schlecht ist, weil sie sich davor fürchten, wenn sie eine Investition in Euro tätigen, das dann nicht in Euro zurückverdienen zu können, weil die Perspektive in der Eurozone alle vier Wochen zur Disposition steht und die ganze Welt darüber diskutiert, wie lange denn das Land noch in der Eurozone bleibt.

Es hat also diese Krise ja nicht jene getroffen, die ihr Geld ohnehin in der Schweiz ha­ben (Abg. Kickl: Schon wieder die böse Schweiz!), nicht jene getroffen, die ohnehin rechtzeitig durch Wirtschaftsprüfer, Steuerberater und Finanzexperten ihr Geld in Si­cherheit gebracht haben, sondern diese Krise hat jene getroffen, die sich am wenigsten dagegen wehren konnten (Abg. Belakowitsch-Jenewein: Wirklich?! Wahnsinn!) – weil sie ein Spital benötigen, weil sie Unterstützung benötigen, weil sie keine Arbeit haben, weil ganze Familien von der Pension der Großmutter leben, weil sie keine Arbeit und keine Aussicht auf einen Ausbildungsplatz haben. Das heißt, die Falschen sind getrof­fen worden.

Das ist der Grund, warum wir eine Verpflichtung haben, auch diesen letzten Augen­blick, diese letzte Möglichkeit zu nutzen, nochmals die Regierung dabei zu unterstüt­zen, einen Vorschlag vorzulegen, der auch akzeptabel ist.

Den Vorschlag können aber nicht wir vorlegen, selbst wenn wir uns hier im Parlament einig wären, selbst wenn sich alle 18 Parlamente in der Eurozone mit Ausnahme von Griechenland einig wären – und da gibt es auch große Unterschiede, da brauchen wir uns nichts vorzumachen, es gibt Zurufe an die griechische Bevölkerung, die niedrigs­ten Pensionen zu kürzen, in einer Zeit, wo die Menschen nicht einmal mehr davon leben können (Abg. Belakowitsch-Jenewein: … in Österreich auch!), es gibt Vor­schläge, die mit einer Haltung Österreichs, das immer den Respekt Menschen gegen­über geachtet hat, das immer eine soziale Absicherung als Ziel hatte und darauf auch in der Realität in unserem Leben geachtet hat, nichts zu tun haben.

Es gibt also Vorschläge, die unbrauchbar sind, aber es gibt genauso Vorschläge aus den Ländern der Europäischen Union, die notwendig und richtig sind, die insbesondere den Weg der zusätzlichen Rechtsstaatlichkeit einfordern, weil ja nicht einzusehen ist, dass ein Land, in dem Steuergesetze zu 90, 95, 97 Prozent eingehalten werden, in einem Land, wo nur die Hälfte oder noch weniger bereit sind, gewisse Steuern zu zah­len. etwas mitfinanzieren muss.

Es gibt also sehr gerechtfertigte Vorschläge, die in ein Programm fließen müssen. Dieses Programm kann aber nur die griechische Regierung vorlegen. Dieses Pro­gramm wird in diesen Stunden intensiv von der griechischen Regierung vorbereitet. Der Antrag wurde gestern gestellt, er stellt aber nur den Start dar. Entscheidend ist das, was jetzt an konkreten Abläufen und Programmpunkten vorgelegt wird. Diese müssen eine Glaubwürdigkeit darüber enthalten, mit welchen inhaltlichen Gesetzen, Forderungen und Weichenstellungen Griechenland gedenkt, wieder auf einen Kurs zu


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kommen, der berechenbar, der stabil ist und der es den Partnern auch ermöglicht, darauf zu vertrauen. (Abg. Belakowitsch-Jenewein: Ganz bestimmt! – Weitere Zwi­schenrufe bei der FPÖ.)

Da sind wir eigentlich beim Kern der Sache: Haben die Finanzminister und Regie­rungsverantwortlichen Ende der Woche Vertrauen dahin gehend … – Sie (in Richtung FPÖ) finden das alles nur lustig, Ihnen sind die Leute in Griechenland egal, Ihnen sind sowieso die Menschen völlig egal, lachen Sie! Lachen Sie über die Menschen, das passt zu Ihnen! Ihr Gesicht kennen wir längst! (Beifall bei der SPÖ sowie bei Abge­ordneten von ÖVP und Grünen. – Abg. Kickl: Hören Sie doch auf mit diesem Schmarrn! – Zwischenruf des Abg. Strache. – Neuerlicher Zwischenruf des Abg. Kickl. – Ruf bei der SPÖ – in Richtung des Abg. Kickl –: Gib a Ruah! – Ruf bei der FPÖ: Uns sind die Österreicher nicht egal! – Abg. Kickl: Haben Sie schon eine eigene Position oder sind Sie der Merkel-Papagei?)

Daher ist es uns ein Anliegen – und ich bin davon überzeugt, auch vielen anderen Ab­geordneten dieses Hauses –, dass es gelingt, bis Ende dieser Woche so etwas wie ein Programm mit entsprechenden, auch konkreten Punkten der Realisierung vorzulegen, das glaubwürdig ist, das Vertrauen schafft, denn nur ein glaubwürdiges Programm lässt die Finanzminister und dann uns als Regierungsverantwortliche in eine Situation kommen, die sagt, nun sind wir auch bereit, über Brückenfinanzierungen zu reden.

Das allein ist ein schwieriges Kapitel. Es ist bei einem neuen Programm, das ja gar nicht so schnell beschlossen werden kann, wie die Banken wieder öffnen müssen, not­wendig, Zwischenlösungen, die es in dieser Form noch nie gegeben hat, mit verschie­densten technischen Möglichkeiten, worüber auf Hochtouren beraten wird, zu schaffen.

Es ist also auch keine Kleinigkeit, dafür zu sorgen, dass ein Programm, das einmal vom Grundsatz her als chancenreich und glaubwürdig eingestuft wird, dann auch in die Realität umgesetzt wird. Es sind Beschlüsse im griechischen Parlament notwendig, es sind Vorwegmaßnahmen notwendig, die im griechischen Parlament zu fassen sind, es sind Beschlüsse in den Parlamenten der anderen Mitgliedstaaten notwendig, zum Teil sogar, wie in Deutschland, um diese Verhandlungen überhaupt aufzunehmen. Es sind mindestens 40 Tage, 50 Tage notwendig, um das dann auch im Detail auszuformulieren.

Wer sagt, dass am Sonntag alles wie in Hollywood mit einem guten Ende einfach ab­zuhaken ist, der würde den Menschen nicht das Richtige sagen. (Abg. Kickl: Das sagt maximal der Tsipras!)

Es wäre eine Chance, diesen Prozess dann ernsthaft abzuwickeln. Diese Ernsthaftig­keit hat in den letzten vier Monaten gefehlt. Dieser Ernsthaftigkeit, dieser Chance, die­ser Möglichkeit, abzuschließen, hat leider das Aufstehen vom Verhandlungstisch nichts Gutes gebracht, und das hat auch ein Ergebnis verunmöglicht.

Es sind also beide Seiten gefordert: Zuerst ist die griechische Regierung gefordert, et­was vorzulegen, das auch Vertrauen schafft, und dann sind die 18 Finanzminister der Eurozone gefordert, und dort, wo weitere Beschlüsse notwendig sind, die alle betreffen, natürlich auch alle anderen Nicht-Euroländer und Finanzminister, Regierungschefs. In der Folge sind wir gemeinsam gefordert, einem Weg zuzustimmen, der die Zustimmung von uns braucht, von unserem Parlament, von Ihnen.

Daher bitte ich Sie, sich in diesen Tagen nicht darauf zu konzentrieren, zu sagen, es ist eh schon alles egal, reden wir gleich über die humanitären Hilfen, die im negativen Fall unzweifelhaft notwendig wären, sondern wir müssen diese letzte Chance auch offenen Herzens und aus tiefer Überzeugung, wenn die griechische Regierung das vorlegt, auf­greifen!

Es liegt nicht in der Hand des österreichischen Parlaments (Ruf bei der FPÖ: Gott sei Dank!), aber es liegt in unserer Hand, wie wir in dieser Phase wahrgenommen werden:


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als eine konstruktive Kraft, auf der Seite der griechischen Bevölkerung, oder als eine destruktive Kraft.

Ich bitte Sie um die konstruktive Linie! (Beifall bei der SPÖ sowie bei Abgeordneten von ÖVP und Grünen. – Abg. Kickl: Ein Jammer, ein echter Jammer! Wenn das das Gipfelergebnis ist, na gute Nacht!)

10.29


Präsidentin Doris Bures: Ich danke dem Herrn Bundeskanzler für seine Erklärung.

Wir gehen in die Debatte ein.

Als Erster zu Wort gemeldet: Herr Klubobmann Strache. – Bitte.

 


10.30.17

Abgeordneter Heinz-Christian Strache (FPÖ): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Herr Bundeskanzler! Sehr geehrte Damen und Herren auf der Regierungsbank! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Die Erklärung des Bundeskanzlers hat wieder eines ge­zeigt, nämlich sein Lieblingsmotto: Nichts Genaues weiß man nicht! Das war das, was heute so herausgekommen ist. Zahlen von möglichen weiteren Belastungen, weitere Vorgehensweisen, wie Sie sich das konkret vorstellen, oder irgendeine konkrete öster­reichische Position, die Sie einmal vertreten, habe ich völlig vermisst. Aber ich kenne Sie nicht anders, Herr Faymann. (Beifall bei der FPÖ.)

Herr Bundeskanzler, Sie sind der große Tsipras-Versteher. – Wir sind aber die Ver­steher der österreichischen Steuerzahler, die es wirklich satt haben, weiter Geld in ein Fass ohne Boden zu pumpen. (Beifall bei der FPÖ.)

So gesehen ist alles, was wir da erleben, ein Sinnbild dessen, was wir auch schon die letzten Jahre erleben mussten: völlige Handlungsunfähigkeit, Hilflosigkeit, keine eigene österreichische Position – ja, vielleicht der Merkel-Papagei, wenn es darum geht, Posi­tionen, die andere vorgeben, nachzuhoppeln, statt eigene Positionen zu haben.

Ich kann nur sagen, die einzige logische Konsequenz aus dem Ergebnis des Refe­rendums in Griechenland kann natürlich letztlich nur der „Grexit“ sein, ein geordneter Ausstieg Griechenlands aus dem Euro. Alles andere ist vergebene Liebesmüh. Alles andere bedeutet, dass der jetzt schon große Schaden nur noch weiter anwachsen und ansteigen wird. Man muss doch irgendwann einmal ehrlich mit dem Thema umgehen!

Der „Grexit“ wäre sowohl für die Währungsunion als auch für Griechenland selbst die beste Lösung. So könnte das Land durch die Wiedereinführung der Drachme abwer­ten, sich erholen. Da bestünde dann vielleicht einmal die Chance, dass wir das eine oder andere Geld, das wir da hineingepumpt haben, irgendwann einmal wiedersehen. Wenn man das nicht tut, wird es keine Rückzahlungsmöglichkeiten geben.

Sie haben heute selbst gesagt, die Kriterien, die sich die Europäischen Union gegeben hat, die gibt es irgendwie nicht, die sind zu wenig vorhanden. – Die gab es sehr wohl. Es gab die Maastricht-Kriterien, die man selbst nicht ernst genommen hat in der Euro­päischen Union. Man hat ausdrücklich die Maastricht-Kriterien verletzt, wo definitiv auch verankert war, dass die Europäischen Union mit dem Eurosystem keine Schulden­union wird, und dann haben Sie hier im Hohen Haus mit einer Verfassungsmehrheit von SPÖ, ÖVP und Grünen gegen den Maastricht-Vertrag diesen Europäischen Stabi­litätsmechanismus und diese Schuldenunionsentwicklung beschlossen. (Beifall bei der FPÖ. – Abg. Kogler: Das hat aber mit Griechenland nichts zu tun! Die griechischen Be­schlüsse waren alle vorher!)

Wir Freiheitlichen haben als einzige Partei bereits zu Beginn der Krise davor gewarnt, Milliarden und Abermilliarden an Steuergeld nach Griechenland zu pumpen und dort zu versenken – Geld, das nicht einmal der Bevölkerung zugutekommt, sondern letztlich


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dem maroden Finanzsektor, den Banken, den Spekulanten. Dort kommt doch das Geld an – und nicht bei der griechischen Bevölkerung.

Ich sage: Damit muss endlich Schluss sein! Die Österreicher haben genug gezahlt. In den vergangenen Jahren sind über 300 Milliarden € an Rettungsgeldern in Griechen­land versenkt worden – über 300 Milliarden €, 9 Milliarden € davon aus Österreich. Das Ergebnis: Griechenland ist genau so pleite wie zuvor. (Abg. Kogler: Das stimmt ja nicht!) Ja, es sind 9 Milliarden €, wahrscheinlich sogar 11 Milliarden € mit den Investi­tionen, die dort von österreichischer Seite von Firmen, von Banken investiert worden sind. (Abg. Schieder: Das ist völlig falsch!)

Wir müssen unbedingt verhindern, dass jetzt noch mehr Geld versenkt wird, und des­halb ist es hoch an der Zeit, dass sich Griechenland natürlich aus dem Euro verab­schiedet. Die Kriterien wurden ja von Beginn an nicht erfüllt, indem man sich da hi­neingeschwindelt hat. Spätestens als man draufgekommen ist, dass sich da hinein­geschwindelt wurde, hätte man, wenn man sich als Europäische Union ernst genom­men hätte, die Konsequenzen ziehen müssen. Genau das ist nicht passiert.

Die Entwicklung in Griechenland zeigt aber auch, dass der Euro in seiner jetzigen Form und so, wie er sich letztlich weiter fortsetzt, auch mit dem ESM, eine Fehl­konstruktion darstellt. Das wird auf Dauer in der Form nicht aufrechtzuerhalten sein. Wir haben seit längerer Zeit darauf aufmerksam gemacht, dass es notwendig wäre, auch eine Teilung der Eurozone zu diskutieren. Es gibt viele EU-Mitglieder, die nicht Teil der Eurozone und trotzdem Teil der Europäischen Union sind. Das ist nicht un­bedingt ein Widerspruch. (Beifall bei der FPÖ. – Abg. Hagen: Die Idee hat der Frank Stronach gehabt!)

Es wäre durchaus vernünftig, über eine Teilung der Währungsunion, entweder in einen harten „Nord-Euro“ und einen weichen „Süd-Euro“ oder auch wieder in nationale Wäh­rungen, nachzudenken, um aus dieser Misere herauszukommen.

Mit dem Ergebnis der Volksabstimmung in Griechenland ist ja außerdem der endgülti­ge Beweis dafür erbracht, dass alle bisherigen Versprechungen und Ankündigungen der österreichischen Bundesregierung im Zusammenhang mit der Abwicklung der Grie­chenlandpakete falsch gewesen sind.

Wer dauerhaft so danebenliegt, und zwar bei allen Analysen, allen Vorsehungen, allen Bekundungen, die wir in den letzten Jahren zu diesem Thema gehört haben, hat keine Legitimation, ohne Volksabstimmung auch nur über einen einzigen weiteren Cent für Griechenland eine Entscheidung zu treffen. (Beifall bei der FPÖ.)

Es kann doch nicht sein, dass der Schuldner, in dem Fall Griechenland, eine Volksab­stimmung vornimmt. Die Demokratie besagt ja, dass die Herrschaft, die Macht vom Volk auszugehen hat – so gesehen ein richtiger Ansatz, der wird ja nur bei uns nicht ernst genommen.

Der Schuldner hat eine Volksabstimmung vorgenommen (Abg. Lopatka: Zur falschen Frage!), und die Bevölkerungen der Geberländer sollen weiter zwangsgenötigt wer­den?! – Nein! Wenn der Schuldner eine Volksabstimmung macht, haben selbstver­ständlich auch die Geberländer einmal das Volk entscheiden zu lassen. Da kann es doch nicht sein, dass wieder von oben über die Bevölkerung drübergefahren wird, wei­ter Milliarden nachzuschießen. (Beifall bei der FPÖ.)

In Brüssel wird mit weiteren Milliarden zulasten der österreichischen Steuerzahler und zum Vorteil der Banken und Spekulanten jongliert, ohne dass die Bevölkerungen der Geberländer darüber befragt werden sollen. Es kann eben nicht sein, dass man weiter auf einem Weg ist, auch vonseiten der österreichischen Regierung als Trittbrettfahrer, der von Banken- und Spekulanteninteressen bestimmt wird, statt den eigenen österrei-


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chischen Kurs, die eigenen österreichischen Interessen einmal in den Vordergrund zu stellen. Bevor auch nur ein einziger weiterer österreichischer Cent in Aussicht gestellt oder gar überwiesen wird, sind daher natürlich die Österreicherinnen und Österreicher zu befragen.

Das wäre das Gebot der Stunde und das Gebot der Zeit, und das Ergebnis einer solchen Befragung kann die einzige Legitimation sein, dass da noch ein weiterer Cent überwiesen wird – oder eben nicht. Genau das verlangen wir auch, Herr Faymann. Die österreichische Bevölkerung weiß im Gegensatz zu Ihnen und zur Regierung, dass der „Grexit“ die einzige Möglichkeit ist, einen Kurs des sinnlosen Verbrennens von Geld zu beenden. (Abg. Kogler: Es ist genauso teuer!)

Schauen Sie, der Schaden ist ja da. Sie können den Schaden weiter explodieren lassen. (Abg. Kogler: Na eh! Sie dürfen auch so argumentieren, aber Sie dürfen nicht sagen, dass das nichts kostet!) Das ist das gleiche Spiel wie bei der Hypo Alpe-Adria, wo eine Verstaatlichung ohne Not stattgefunden hat (Abg. Schieder: … kennen sich bei der Hypo auch aus! – weitere Zwischenrufe bei der SPÖ), dann jahrelang nichts getan wurde, und dann ist der Schaden von 5, 6 Milliarden € auf 20 Milliarden € explo­diert. (Beifall bei der FPÖ. – Zwischenruf des Abg. Krist.)

Durch das Nichtstun der letzten Jahre und Ihre ESM-Schuldenunionspolitik ist der Schaden ja auch in Griechenland explodiert. Der wäre wesentlicher kleiner, hätten wir von Beginn an auch dort richtig und konsequent gehandelt. (Neuerlicher Beifall bei der FPÖ.)

Genau mit der direkten Demokratie haben Sie leider, nämlich alle anderen Parteien in diesem Hohen Haus, wenig zu tun. Genau dort kommen wir wieder hin. Rot und Schwarz haben das ja skandalöserweise in den letzten Tagen auch aufgezeigt.

Ausgerechnet am Tag des Referendums in Griechenland haben Sie Ihre geplante De­mokratiereform abgeblasen, wo bei erfolgreichen Volksbegehren automatisch auch ei­ne Volksbefragung vorgesehen gewesen wäre. – Ein richtiger Schritt, aber Sie haben eben Angst vor der eigenen Bevölkerung. Sie haben Angst vor der österreichischen Bevölkerung. Sie haben Angst, die Bevölkerung endlich entsprechend mitentscheiden zu lassen, nämlich verbindlich mitentscheiden zu lassen. Sie sollten also keine Angst haben, sondern endlich ein Umdenken zeigen, dass man vor der eigenen Bevölkerung keine Angst zu haben braucht, wenn man sie endlich ernst nimmt und auf sie hört und nicht permanent eine Politik gegen die eigene Bevölkerung betreibt. (Beifall bei der FPÖ.)

Genau das ist ja Ihr Problem. Deshalb ist es schon verständlich, dass Sie die Demo­kratiereform jetzt einmal abgeblasen haben. Sie haben eben Panik davor, die eigene Bevölkerung ernst zu nehmen oder ernst nehmen zu müssen.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, Tatsache ist jedenfalls, dass es völlig absurd ist, der griechischen Tragödie noch einen weiteren Akt hinzuzufügen. Es ist letztlich Zeit für eine finale Entscheidung, die schon längst fällig gewesen wäre. Erstens, und ich kann es nur wiederholen, wäre sie nach dem Hineinschummeln in die Eurozone fällig gewesen, nachdem man draufgekommen ist, dass es ein Hineinschummeln war. Da hätte man schon konsequent sein müssen. Aber man hätte spätestens bei der Ver­schuldensentwicklung Griechenlands konsequent sein müssen, wo man damals eben nicht den Weg eines Europäischen Stabilitätsmechanismus, einer Schuldenunionsent­wicklung gehen hätte dürfen, sondern sich an die Maastricht-Kriterien hätte halten müs­sen.

Aber jetzt herzugehen und wieder keine Konsequenzen zu ziehen, sondern diese Tra­gödie fortzusetzen, das ist wirklich grob fahrlässig. Da würde jeder Unternehmer in der Privatwirtschaft zu Recht irgendwann einmal vor dem Richter stehen. Das ist eine un­verantwortliche Vorgehensweise! (Beifall bei der FPÖ.)


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Die einzige Konsequenz kann nur sein: Kein weiterer Cent aus Österreich für Grie­chenland, in dem Fall in Wirklichkeit ja für Banken und Spekulanten, ohne Legitimation durch die österreichische Bevölkerung im Rahmen einer Volksabstimmung! Das ver­lange ich. (Zwischenruf des Abg. Krist.)

Da möchte ich einmal hören, wie Sie nicht herumreden, so wie gestern in der „ZiB 2“, Herr Faymann! (Anhaltender Beifall bei der FPÖ. – Abg. Jarolim: Das war jetzt eine beschämende Rede! – Abg. Strache – auf dem Weg zu seinem Sitzplatz –: Schön, wenn es Sie beschämt hat! Schön, wenn Sie beschämt sind! – Abg. Kickl: Bringts den Jarolim in Großaufnahme, bitte!)

10.40


Präsidentin Doris Bures: Als Nächster zu Wort gemeldet: Herr Klubobmann Mag. Schie­der. – Bitte.

 


10.40.45

Abgeordneter Mag. Andreas Schieder (SPÖ): Frau Präsidentin! Herr Bundeskanzler! Sehr geehrte Damen und Herren auf der Regierungsbank! Sehr geehrte Damen und Herren Abgeordnete! Werte Zuschauer an den Fernsehbildschirmen! Werte Zuschau­er, viele von Ihnen haben sich sicherlich, wie sehr viele Menschen in Österreich in den letzten Tagen, die Frage gestellt, wie es in Griechenland weitergeht. Viele haben sich in einer Vielzahl von Emotionen auch sicherlich wiedergefunden: wenn man die Fern­sehbilder sieht, wenn man die verzweifelten griechischen Pensionisten sieht, die um ihre karge, ohnehin schon gekürzte Pension fürchten und sich gleichzeitig die Frage stellen, wo da die Lösung sein kann.

Ich glaube, es ist notwendig, hier im Parlament auch eine fundierte, sachliche Diskus­sion zu führen und einiges an Populismen einmal zur Seite zu stellen, denn wir sehen zwei Krisen: die Krise Griechenlands und auch eine Krise der Europäischen Union und der europäischen Institutionen. (Abg. Kickl: Aber einen größeren Populisten als den Tsipras gibt es nicht! Aber linker Populismus – ist Ihnen wurscht!)

Wir sind aber auch an das erinnert, was vor einigen Jahren, 2008, passiert ist, als die Lehman-Pleite war. Alle haben gesagt: Eine Bank, die schuldhaft so viel Mist gebaut hat, lassen wir pleitegehen, dann merkt es sich die Bank endlich! Das hat sich aber nicht die Bank, Lehman gemerkt, sondern die ganze Welt, denn das war der Ausbruch der Weltwirtschaftskrise. Und die Leute, die den Ausbruch der Weltwirtschaftskrise am stärksten merken, sind immer die kleinen Leute, die es sich nicht richten können. (Zwi­schenruf der Abg. Belakowitsch-Jenewein.)

Daher ist die politische Lehre aus dem, genauso wie bei Griechenland, nicht einfach zuzuschauen und in der stracheschen Brutalo-Logik einfach zu sagen: Die müssen jetzt hinunter, damit sie es sich merken!, denn das führt zu sozialer Verwüstung, und das ist aus meiner Sicht vollkommen unverantwortlich. (Beifall bei der SPÖ, bei Abge­ordneten der Grünen sowie des Abg. Rasinger.)

Was wir auch sehen, ist, dass die Austeritätspolitik, diese radikale Austeritätspolitik, die Griechenland, auch im Unterschied zu anderen Ländern in Europa, aufgezwungen worden ist, gescheitert ist. Es ist eine Spirale nach unten. Es ist das Defizit zwar redu­ziert worden, der Staatshaushalt sogar im Vorjahr zu einem Primärüberschuss ge­bracht worden, nur nützt das dann nichts, wenn das Wirtschaftswachstum dadurch noch stärker einbricht, dass alle Investitionen, die Konsumkraft und dergleichen zu­rückgefahren sind. (Abg. Kogler: Ja, aber das ist seit fünf Jahren passiert!)

Das heißt nicht, dass man nicht sparen muss, das heißt auch nicht, dass man Struk­turen nicht ändern muss, das heißt auch nicht, dass man nicht auch radikale Schnitte machen muss, aber man muss es gescheit machen. Und wir wissen: Aus einer Krise


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kann man nur rauswachsen! Raussparen kann man sich nicht aus der Krise, denn das führt zur Spirale nach unten. (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der Grünen. – Abg. Kogler – in Richtung SPÖ –: Das machen Sie ja seit fünf Jahren! Was gibt es da zu applaudieren?)

Stupide Sparpakete und Kürzungen führen eben nicht zur Lösung. Jetzt ist man ver­sucht, zu sagen: Intelligent muss man es machen! Natürlich ist die Behauptung, etwas intelligent zu machen, leichter aufzustellen, als es wirklich so zu machen.

Aber wo liegen meiner Meinung nach die Chancen, die vielleicht auch die Antworten für die Zukunft bieten? – Strukturen zu ändern; dort, wo Unterinvestitionen sind, auch endlich zu investieren. Ein Beispiel aus der griechischen Realität: Der Eisenbahnan­schluss des Hafens von Piräus ist seit Jahrzehnten nicht erneuert worden und muss dringend erneuert werden, um auch die wirtschaftliche Leistung eines Hafens zur Ver­sorgung mit Gütern für eine funktionierende Volkswirtschaft zu bringen.

Solche Dinge gehören angegangen, auch, dort zu investieren, wo es notwendig ist, und dort zu sparen, wo es eben nicht dem Wachstum nützt. Es geht darum, Struktur­bereinigungen vorzunehmen, Bürokratieabbau zu machen, Liberalisierungen – dort, wo Lizenzen und so weiter zu falschen Allokationen führen – durchzuführen.

Das ist ein schwieriger Prozess, und bisher hat es keine Regierung in Griechenland geschafft – und es hat auch keine, wenn wir es ehrlich sagen, begonnen, das über­haupt anzugehen. Gleichzeitig muss man auch sagen: Die Troika, die Institutionen ha­ben das auch nie von Griechenland verlangt, weil es immer nur darum ging, mit dem Sparstift einfach trivial zu kürzen.

Das Zweite, was ich auch sagen möchte: Was uns gar nicht weiterhilft, ist, wenn sich europäische Politiker treffen und erzählen, wie schrecklich die ECOFIN-Sitzungen wa­ren. Dieses Herumstierln in der Vergangenheit im dem Sinne, dass der Varoufakis ner­vig war, weil er so Warme-Luft-Reden und spieltheoretische Vorträge gehalten hat, nützt uns nichts bei der Lösung der Krise – egal, ob es richtig oder falsch ist. Die Frage ist nicht: Wie waren die ECOFIN-Sitzungen? Wie waren die Europäischen Räte? Wie wa­ren die Verhandlungen? Die einzige Frage, die zählt, ist: Was werden wir für die Zu­kunft tun? (Beifall bei der SPÖ sowie der Abg. Aslan. – Abg. Kickl: Und was es kos­tet!) – Auch was es kostet, das kann man ja auch berechnen. Sie stellen halt nur diese Frage. (Abg. Kickl: Was kostet es? Sagt uns das einmal!)

Nur: Die volkswirtschaftliche Trivialerkenntnis des Herrn Strache, zurück in die Drach­me, ist halt auch falsch, denn wir wissen: Das Umwechseln vom Euro in die Drachme vernichtet wiederum Vermögen, und zwar wiederum nicht das Vermögen der Milliarden­reeder in Griechenland, sondern wiederum jener Leute, die sich jetzt schon vor dem Bankomaten prügeln, weil sie Angst haben, dass sie nicht einmal mehr 10 € für ihre täglichen Bedürfnisse bekommen. (Zwischenruf des Abg. Deimek.) Daher ist dieser Vor­schlag ein sehr zynischer und falscher. (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der ÖVP. – Zwischenruf der Abg. Belakowitsch-Jenewein.)

Schauen wir uns an, was bisher in Griechenland passiert ist! Die Löhne sind ungefähr um 37 Prozent gesunken, die Renten oder Pensionen, wie man bei uns sagt, um fast 47 Prozent gekürzt worden. Der Konsum ist um 31 Prozent eingebrochen, die Arbeits­losenrate auf 29 Prozent angestiegen und das Bruttoinlandsprodukt um 31 Prozent ge­sunken. Das heißt, das Ergebnis ist: Dort ist Verwüstung in sozialer Hinsicht angerich­tet worden. (Abg. Deimek: Besser als in der Slowakei …!)

Das Ärgste ist allerdings – und das muss ich auch ganz klar sagen – Folgendes: Ich finde es unverantwortlich, dass es eine linke Regierung wie die Syriza zulässt, dass das Geld so gekürzt wird, dass die Bankomaten nichts mehr ausspucken und die klei­nen Leute eine tägliche fundamentale Angst haben, dass sie nicht mehr ihr Leben, ihre


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Lebensmittel und all das finanzieren können. (Abg. Strache: Sie bestätigen das Er­folgsprogramm des Euro in Griechenland! – Abg. Kickl: Und das mit 300 Milliarden € Investitionen!)

Dass man das zulässt, ist ein Fehler von allen, die daran beteiligt waren, die griechi­sche Regierung genauso wie europäische Institutionen, denn die Bargeldsperre für das Volk ist die brutalste und unsozialste Form der Kürzungspolitik, die man durchführen kann, und daher auch das Ungerechteste. (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der Grünen. – Zwischenruf des Abg. Strache.)

Das führt gleichzeitig auch dazu, dass die Wirtschaft stillsteht, keiner investiert, keiner Waren bestellen kann, die er nachher verkaufen kann, die gesamte Volkswirtschaft zum Erliegen kommt, und das heißt wiederum, dass die kleinen Leute draufzahlen.

Aus meiner Sicht ist es notwendig, kritisch-solidarisch zu sein mit Griechenland (Abg. Deimek: Unsere Pensionen …!): solidarisch mit Griechenland, auch solidarisch mit der Regierung in Griechenland. Aber vor allem heißt Solidarität ein Ende der brutalen Kür­zungspolitik, und solidarisch zu sein heißt für mich auch: Es muss eine Lösung für das Problem geben! (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Kickl: Jetzt wissen wir noch immer nicht, was es kostet!)

Kritisch heißt für mich auch: Es braucht konkrete Projekte. Es braucht eine fundamen­tale Verwaltungserneuerung in diesem Land. Dass nur 17 Prozent des Besitzes im Grundbuch verzeichnet sind und der Rest nicht, das sind Zustände, die nicht gehen. Wir brauchen Steuern für die Reichen. Wir brauchen Initiativen, wie man das Geld, das die griechischen Millionäre schon seit Jahren in der Schweiz geparkt haben, auch wie­der zurück ins Land bekommt. (Abg. Kickl: Schweiz schuld! – Abg. Kogler – in Rich­tung des Abg. Kickl –: Ja schon auch!)

Die zweite Lehre ist die, dass sich die Eurozone auch fragen muss, wie sie sich in Zukunft organisieren will. (Abg. Kickl: Das kann schon auch sein, dass die Sozialisten das Land mitverwüstet haben!) Wir brauchen nicht nur die Koordinierung der Fiskal­politik, wie wir sie haben, wir brauchen auch eine Politik, die die Ungleichgewichte in Europa in Schach hält und damit auch schaut, dass sie nicht zu groß werden.

Wir müssen das Leistungsbilanzproblem innerhalb der Eurozone in den Griff kriegen. Wir brauchen eine koordinierte Steuerpolitik auf europäischer Ebene, und wir brauchen auch eine Koordinierung bei der Steuerverwaltung, sodass einheitliche oder zumindest Mindeststandards in der Qualität der Steuereintreibung und Finanzverwaltung endlich auch in allen Ländern der Eurozone greifen. (Zwischenruf des Abg. Hübner.)

Ich möchte aber zum Schluss noch eines sagen (Abg. Kickl: „Am besten wäre so ein Einheitsstaat!“): Ich weiß auch, warum Sie, Herr Kickl, und Sie, Herr Strache, hier he­rauskommen und alles in Grund und Boden reden wollen. (Abg. Kickl: Ja, das ist ja der Einheitsstaat, was Sie skizzieren! Das wollen wir nicht!) Die Aufbauleistung Euro­pas nach dem Zweiten Weltkrieg ist so fundamental – und Sie wollen sie nicht, denn Sie wollen kein geeintes Europa. (Abg. Kickl: Sie wollen nur nicht hören, dass die So­zialisten Griechenland verwüstet haben!) Sie wollen das geeinte Europa zerstören, und deswegen freuen Sie sich jetzt, dass Europa an der Kippe steht. (Abg. Strache: Die Sozialisten haben Griechenland verwüstet! – Abg. Kickl: Ja, die haben eine Spur der Verwüstung durch Griechenland gezogen!)

Für mich als Sozialisten heißt das – wenn Sie das einmal hören wollen und sich viel­leicht einmal mit etwas Vernünftigem auseinandersetzen wollen –: Die Aufbauleistung dieses geeinten Europas ist so wertvoll, dass wir sie mit einer Krise, wie wir sie jetzt haben, nicht aufs Spiel setzen dürfen. (Abg. Kickl: Ach, wir? Wir?)

Im Vergleich zur Aufbauleistung ist das Problem Griechenland lösbar, wenn alle Seiten ein bisschen mehr Willen an den Tag legen. Mit Sturheit zerstört man Europa (Abg. Neu-


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bauer: Wer war denn stur?), mit Flexibilität und Lösungswillen rettet man Europa. Und das ist für mich als Sozialdemokraten das Wichtigste. (Lang anhaltender Beifall und Bra­voruf bei der SPÖ. – Abg. Neubauer: Das war jetzt die schlechteste Rede!)

10.50


Präsidentin Doris Bures: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Mag. Kogler. – Bitte.

 


10.51.22

Abgeordneter Mag. Werner Kogler (Grüne): Frau Präsidentin! Herr Bundeskanzler! Meine Damen und Herren! Jetzt geht es wirklich um etwas. Das kann nicht wieder der Gipfel sein mit der ultimativen Frist, um am Gipfel die ultimative Frist auszurufen. So lautet ja auch die Schilderung, und die halte ich diesmal für plausibel, weil man sich aber auch selbst schon alles so verbaut und so verstellt hat, dass die Glaubwürdigkeit so ramponiert ist, dass die europäischen sogenannten Staatenlenkerinnen und Staa­tenlenker selber draufkommen, dass jetzt einmal etwas Nachhaltigeres passieren muss. Das ist einmal grundsätzlich etwas Gutes.

Aber – und das kann ich allen Beteiligten nicht ersparen, im Übrigen durchaus auch der griechischen Seite nicht, keine Sorge – wie hier geradezu verantwortungslos in den letzten Wochen hasardiert wurde, gepokert wurde, auf den letzten Tag hin und wieder drüber – und es war nicht nur die griechische Seite –, das ist schon sehr, sehr beach­tenswert. Wir werden ja vielleicht noch ein paar Theorien diskutieren können, was da dahinter steckt, denn wenn wir diese Gründe beseitigen, kann es ja viel schneller eine Einigung oder eine Lösung geben.

Worum geht es denn überhaupt? Es kann in Europa ja nicht nur um ein Währungs­gebiet, um eine Währungsunion gehen, sondern es wird ja auch um eine, ja, von mir aus auch Wirtschaftsunion, eine Wirtschaftsunion der wirtschaftlichen Vernunft gehen. Das ist ja alles komplett unvernünftig, was da passiert. Das hat ja mit vernünftiger Wirt­schafts- und Währungspolitik schon gar nichts mehr zu tun. Aber wir brauchen vor al­lem natürlich auch eine Union der Solidarität und eine Union der Kooperation und der Kompromisse. (Beifall bei den Grünen sowie bei Abgeordneten der SPÖ.) – Und der Kompromisse! Das gilt für beide Seiten.

Das ist jetzt alles nichts Neues. Das war in den Communiqués, in den Reden, in den Verlautbarungen immer wieder beinhaltet. Auch jetzt ist ja immer alles quasi in der Er­klärung fragmentarisch da. Es ist ja nicht so, dass das nicht gesagt wurde. Aber getan wurde etwas anderes!

Ich komme dann schon noch zur griechischen Seite, aber ich bleibe jetzt einmal bei der Seite der Staatsführungen der Euro-Länder. – Also seids mir nicht bös, ich werde den Verdacht nicht los, dass hier auch absichtlich besonders – unter Anführungszeichen – „streng“ und oft mit – jedenfalls für mich – nicht nachvollziehbaren Schleifen vorgegan­gen wird, weil eines nicht passieren darf: dass diese gewählte Regierung in Griechen­land unter einer linken Mehrheitsführung, blöderweise mit ziemlich rechten Einspreng­seln … – Also das sind nicht unsere Freunde, damit wir uns da nicht missverstehen, ganz im Gegenteil. Ich finde es auch völlig falsch, dass dieser – eben von der äußers­ten Rechten gestellte – Verteidigungsminister die Sparmaßnahmen im Verteidigungs­bereich blockiert. Aber was hätte man sich denn sonst erwarten sollen? Es war ein Feh­ler, dass Syriza nicht mit einer anderen, durchaus pro-europäischeren Partei koaliert hat. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der NEOS. – Abg. Kickl: Das schreit ja nach Sanktionen! Das schreit nach Sanktionen!)

Aber das ist eine andere Frage. Wir bleiben jetzt einmal auf dieser Seite. Und da stel­len wir fest, dass es ja gar nicht so viele Gründe geben kann, warum man sich so ver­hält. Aber ich habe einen Verdacht – den müssen Sie einmal ausräumen –: Es darf nicht sein, dass dort irgendetwas passiert, was nach einem auch nur minimalen Erfolg aus-


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schaut, solange in Spanien nicht gewählt wurde. Es soll eben nicht so sein, dass Pode­mos (Abg. Lopatka: Absurd!) – die linke Gruppe dort – einen Aufschwung erfährt. (Abg. Lopatka: Absurd! – Abg. Steinhauser: Das ist offensichtlich! Ihr fürchtet euch …!) Das ist ein mögliches Argument (Abg. Lopatka: Das ist absurd!), aber das ist ein sehr politisches, und da würde ich bei aller ideologischer Auseinandersetzung doch dafür werben, das Größere, das Ganze und das Gemeinsame in den Vordergrund zu­rücken. Und das fehlt mir bei dieser Taktiererei, bei diesem Hasard. (Beifall bei den Grünen.)

Und deshalb ist das verantwortungslos. Deshalb der Appell der Europäischen Grünen, dass man sich in dieser Zeit – und nicht nachher und wieder und neu – zusammenge­setzt und etwas probiert hätte. Natürlich hat sich die griechische Seite da auch nicht besonders kooperativ gezeigt. Aber Tsipras ist innenpolitisch nicht viel anderes übrig geblieben – innenpolitisch nämlich –, als diese Volksabstimmung auszurufen.

Insgesamt bin ich davon – und dieses Argument bekomme ich selber nicht weg – nicht nur begeistert, denn in Wirklichkeit eröffnet es ja nur dem Kollegen Strache und an­deren die Möglichkeit zu sagen, jetzt stimmen wir in allen Geberländern auch ab. Na bravo, das brauchen wir dann noch. Also das wird nicht der Weg in die Kompromiss-Union und in die solidarische Union sein.

So, jetzt komme ich aber auch nicht umhin, kurz die geschichtliche Strecke zu skiz­zieren, die wir da beobachten mussten. Wir haben ja immer die Linie vertreten – das ist ja nicht neu, das ist schon 10, 15, 20 Jahre her –, dass solche Länder wie Griechen­land am besten nicht in die Währungsunion hinein sollten. Nur – zum zehnten Mal –: Der Austritt ist nicht kostenlos, es ist völlig asymmetrisch, er kostet sehr viel Geld. Und eine ungeordnete Pleite – das sei in diese Richtung gesagt – ist das Teuerste, das man organisieren kann. Wenn Sie die 8 oder 9 Milliarden € ausrufen, die da mögli­cherweise untergehen können, dann kann das nur passieren, überhaupt nur – und das ist die oberste Decke –, wenn man die völlig chaotisch in die Pleite gleiten lässt. An­sonsten, da brauchen Sie sich nur die Zahlen anzuschauen, ist das ganz anders handelbar. Aber dazu werden wir noch kommen. Nur, es ist eben nicht so leicht, aus der Union im Währungsgebiet auszutreten, wie einzutreten. Es ist aber eine legitime Position – das möchte ich schon dazusagen –, sowohl ökonomisch als auch politisch.

Aber die Geschichte der Versäumnisse ist ja interessant: Ganze Garnisonen von kon­servativen und sozialdemokratischen Regierungen in Griechenland haben gefladert und waren korrupt – bis zu den Bürgermeistern hinunter! Das kann man sich ja an­schauen. Und das sind die Leute, die Sie immer hofiert haben! 2005: Schüssel emp­fängt Karamanlis, die Zukunft von Europa! – So wurde es uns hier präsentiert. Das war ja alles erkennbar.

Ja, mit falschen Zahlen ist man in die Union hineingegangen – da haben aber alle zu­geschaut –, und dann ist Folgendes organisiert worden – zulasten der europäischen Steuerzahler heute –: Dass die griechischen günstigen Kredite, die sie natürlich ge­kriegt haben, dazu verwendet worden sind, dass die deutschen Banken, die französi­schen, die britischen und die amerikanischen Banken ein Supergeschäft gemacht ha­ben. Und das korrespondiert genau mit jenen riesigen Milliardenzahlungen wieder an die deutsche, französische, britische und amerikanische Rüstungsindustrie. (Abg. Pirkl­huber: Richtig!) Die haben das höchste Rüstungsbudget von Europa gehabt pro Kopf und sind heute noch kaum herunten! (Beifall bei den Grünen.)

Aber das tun die nicht alleine. Das passiert unter Mithilfe der Konservativen und leider auch der Sozialdemokraten. Und das war der Grund, warum man 2011 – wir holen auf in der Geschichte – nicht eine geordnete Pleite organisiert hat (Abg. Kickl: Richtig!): weil diese alle bedient werden sollen. Damals war das Land schon pleite! Hier wurde es gesagt (Abg. Kickl: Das stimmt!), von Alexander Van der Bellen und von mir. – Was


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von Ihnen gesagt worden ist, weiß ich nicht. Das interessiert mich nicht immer gleich. Aber jedenfalls war es hier. (Abg. Strache: Kommen Sie einmal zum Kern des Pro­blems!) Das Land war insolvent und nicht illiquid! So wurde es gesagt, so ist es auch richtig. Und gerettet wurden die Falschen! Das ist das einzige Argument, wo wir über­einstimmen: Gerettet wurden damit ganz andere. (Abg. Strache: Deswegen haben die Grünen den ESM möglich gemacht? Damit die Militärindustrie bedient werden kann!)

Das entschuldigt nicht, was Griechenland alles falsch gemacht hat, aber das war die Aufstellung in den letzten Jahren. Und heute stehen wir da, und ein Schuldenschnitt – das ist jetzt g’hupft wie g’hatscht – würde bedeuten, dass der europäische Steuerzah­ler drankommt. (Abg. Strache: Nur die Geberländer zahlen, sonst niemand!) Trotzdem wird ein Schuldenschnitt in einer gewissen Art und Weise unausweichlich sein, weil das alles nicht mehr tragfähig ist. Nur: Da haben uns die gleichen Staatenlenker hi­neinmanövriert, die jetzt den Griechen noch extra die Presse ansetzen. Sie haben die Falschen gefüttert und alimentiert: die Rüstungsindustrie und die Banken – aber nicht diejenigen, denen es mit dieser falschen Wirtschafts- und Sozialpolitik jetzt immer noch enger zusammengeht in Griechenland. Schauen Sie sich doch an, wo das Rezept hin­führt!

Ja, ein Kranker, ein selbstverschuldeter Kranker vielleicht, wie Griechenland – so et­was gibt es ja, dass man selber schuld ist, wenn man irgendeine Krankheit kriegt, mag ja sein – ist von der Therapie – und zwar von einer Zwangstherapie, weil der Patient nicht mehr flüchten konnte –, von der Zwangstherapie Ihrerseits immer noch viel krän­ker geworden, kränker, als er ursprünglich schon war. Das ist doch das Problem! Wenn Sie dem Einbeinigen noch ein Bein amputieren, wird er nicht schneller laufen. (Abg. Pirklhuber: So ist es!) Das ist die Methode dieser Kürzungspolitik. Nicht, dass an der richtigen Stelle nicht gespart werden sollte! – Es bleiben ja noch drei Minuten Zeit, das zu erläutern.

Jetzt wird also genau diese wirtschafts- und finanzpolitische Wende gebraucht werden. Das Problem haben wir ja in ganz Europa! Schauen Sie sich den Patienten dort, aber auch anderswo an: 50 Prozent Jugendarbeitslosigkeit – eine ganze Generation wird verheizt! Wer soll denn das verantworten?! Und die Therapie soll immer noch die gleiche bleiben?! – Nein! (Abg. Pirklhuber: Das funktioniert nicht!) Das muss anders organisiert werden!

Abgesehen davon, dass die geopolitische Situation, und deshalb ist dieser Hasard so wahnwitzig, ja gar nicht zulässt, dass Griechenland weiter zerbröselt oder abdriftet: Ukraine – Russland; Irak – Syrien; Libyen existiert nicht mehr. Woher kommen denn die ganzen Flüchtlingsströme? Das kann man ja alles nicht sich selbst überlassen! Das ist doch ein Irrsinn, was da hasardiert wird! (Präsident Kopf übernimmt den Vorsitz.)

Also wird man wieder geordnet verhandeln müssen. Und worauf hin? – Erstens: die Schuldentragfähigkeit. Es ist jeder ein Lügner, der behauptet, das kann alles, so wie es dasteht, unter normalen Marktbedingungen zurückgezahlt werden. 180 Prozent – da würden Sie die deutsche Volkswirtschaft ruinieren, wenn Sie das auf diese Art und Weise rückzahlbar gestalten wollen. Also wird man es korrekt schneiden müssen. Der IWF sagt, ein Drittel. Das ist aber eh noch viel. Wenn sie 95 Prozent Staatsschulden hätten – das ist immer noch mehr, als Österreich hat, und da müssen sie aber mit der Situation starten, die sie haben –, dann ist es genau ein Schnitt um die Hälfte. Wie man das organisiert, ist eine andere Frage. Vermutlich wird es politisch nur gehen, indem man Schuldenstreckungen, Zinserleichterungen et cetera macht. – Das muss einmal irgendwo gesagt werden. Und das ist eben die Folge der falschen Politik bisher, auch der Griechen selber.

Was muss dort getan werden? – Ja, die berühmten Steuersysteme, keine Frage. Der Grundstückskataster – ein Ärgernis, es wird nicht angegangen. Ich erwarte mir auch von


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der linken Regierung, dass da etwas passiert, aber ich sage nur dazu: Fünf Monate Zeit sind etwas anderes als 15 Jahre, in denen schon in die falsche Richtung gewirtschaftet wurde – auch in Griechenland: von den Eliten falsch gewirtschaftet; das sagte ich ja.

Wir brauchen auch die Unterstützung von Europa für die 200 bis 300 Milliarden, die schwarz im Ausland liegen. Die kommen nicht von alleine zurück. Sie liegen auch nicht nur in der Schweiz! Sie liegen in der City of London und teilweise sogar in Österreich. Das wäre doch eine vernünftige Maßnahme, hier einmal miteinander zu schauen, wie wir da – wenn man so will: „Repatriierung des Geldes“, damit haben wir ja in Österreich Erfahrung – 20 bis 25 Prozent durchschnittlichen Steuersatz draufkriegen! Na das sind 50 Milliarden, damit kommt man schon eine Zeit lang über die Runden. Und so weiter und so fort.

Natürlich muss das Staatswesen dort anders organisiert werden, das ist ja keine Fra­ge. Und das sollte auch zur Bedingung werden – da bin ich wirklich dafür, denn so kann es auch nicht weitergehen. Aber es muss so passieren, dass eben die berühmte Luft zum Atmen bleibt. Und es werden dort ja tatsächlich auch Haushaltsüberschüsse gemacht – das passiert ja, und es hat schon Zeiten gegeben, wo dort laufend die Ein­nahmen die Ausgaben übertroffen haben, zu einer Zeit, wo wir das noch gar nicht zu­sammengebracht haben. Es ist eben der Schuldenberg, der sie auch erdrückt.

Deshalb muss da an allen Stellen gleichzeitig etwas passieren. Eine einfache Lösung gibt es nicht. Das sei auch in Richtung dieser blauen Reihen hier gesagt. Wer behaup­tet, ein komplexes Problem einfach lösen zu können, liegt einfach schief und will allen anderen etwas Falsches erklären. Deshalb sind Sie die falschen Propheten! (Beifall bei Grünen und NEOS sowie bei Abgeordneten der SPÖ.)

Der Rest bleibt schwierig. Auf dem Weg zu einer wirklichen, vernünftigen Lösung, ja, zu einer durchaus auch brauchbaren Wirtschaftsunion wird es in Europa ohne eine So­lidarunion eben nicht gehen. Oder wir kriegen wirklich ganz andere Probleme, von de­nen wir heute nur reden, aber die in Wahrheit noch niemand wirklich erfassbar gemacht hat.

Ein Allerletztes, für den Fall, dass ein ESM-Antrag kommt. – Ehrlich gesagt, ich halte das ja für sehr schwierig einbettbar in das ESM-System. Die Regeln sind dort sehr streng. Aber es werden ohnedies sicher wieder alle Regeln gebrochen, vielleicht ist das auch vernünftig. Eines kann ich Ihnen aber trotzdem sagen: Es wäre sicher im Sinn der Erfindung von damals und der rechtlichen Vorschriften, die wir hier haben, dass wir das im Plenum beschließen und nicht nur im Ausschuss. Hier wird die Debatte öffentlich geführt. Hier können die Argumente ausgetauscht werden. Hier sind sie nach­vollziehbar. Und insofern hätte das wenigstens den Vorteil, dass die Argumente trans­parent auf dem Tisch liegen.

Das ist schon das Einzige, worin ich mit dem Kollegen Strache einer Meinung bin: dass man das offen debattieren können muss. – Auch Ihre Position genießt Respekt, dort, wo Sie wirtschaftspolitisch andere Vorstellungen haben. Sie hat dort zurückgewiesen zu werden, wo Sie herumhetzen. (Beifall bei den Grünen sowie bei Abgeordneten der SPÖ.)

11.04


Präsident Karlheinz Kopf: Nun gelangt Herr Klubobmann Dr. Lopatka zu Wort. – Bitte.

 


11.04.31

Abgeordneter Dr. Reinhold Lopatka (ÖVP): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Herr Bun­deskanzler! Hohes Haus! (Heiterkeit und Zwischenrufe. – Der Redner blickt in Richtung Präsidium.) – Pardon: Herr Präsident! – Die Frau Präsidentin hat uns verlassen.


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Wie geht man mit einem Partner um (Abg. Schieder: Apropos!), der sich nicht an ge­meinsam erarbeitete Regeln hält? – Ich (in Richtung des Abg. Schieder) spreche von Tsipras! (Lebhafte allgemeine Heiterkeit und Beifall bei der ÖVP.) – Vor dieser unbe­quemen Frage stehen wir (Abg. Kogler: Aber der Kollege Schieder ist unangenehm beunruhigt!), seit Tsipras an der Spitze der griechischen Regierung steht.

Meine Damen und Herren, es ist dies ein Partner, der offenkundig vom Konflikt lebt und nicht vom Kompromiss und der damit etwas, was Europa bisher ausgezeichnet hat – dieses durchaus erfolgreiche europäische Modell des geduldigen Verhandelns, oft auch des schwierigen Verhandelns, aber des Austarierens gegenseitiger Interes­sen, um dann zu einem Ergebnis zu kommen –, jetzt fundamental in Frage stellt.

Wir haben tatsächlich mit Griechenland eine Herausforderung, die Europa bisher noch nicht hatte. Tsipras war ja auf den ersten Blick durchaus ein sympathischer Mann. Er ist mit Vorschusslorbeeren begrüßt worden, er ist von der Linken in Europa gefeiert worden. (Abg. Strache: Tsipras hat einen neuen Freund in Werner Faymann gefun­den!) Aber eigentlich hat niemand in so kurzer Zeit so viel Vertrauen so nachhaltig zer­stört, wie es Tsipras hier gelungen ist.

Sie haben recht: Von Peter Pilz bis hin auch zu unserem Bundeskanzler hat es durch­aus Zuspruch gegeben. (Abg. Strache: Gibt’s immer noch!) Am 27. Jänner dieses Jahres, also ein halbes Jahr ist das her, hat Bundeskanzler Faymann gemeint:

„Wir“, die SPÖ, „teilen mit Syriza“ – das ist dieses Wahlbündnis von Tsipras – „auch die Position, dass Privatisierungen [] der falsche Weg“ sind. „Auch beim Kampf einer­seits gegen Steuerbetrug und andererseits für Steuern auf große Vermögen haben wir inhaltliche Überschneidungen.“

Was ist jetzt, ein halbes Jahr später, die Bilanz von Tsipras? Was hat er umgesetzt? Was hat dieses Bündnis von Maoisten, Trotzkisten und Kommunisten umgesetzt? (Abg. Kickl: Bravo! Bravo!) Ja, was ist geschehen in Griechenland? Wissen Sie, was gesche­hen ist? – Eines ist passiert: Im Dezember, bevor diese Regierung gekommen ist, hat­ten wir für Griechenland noch eine Prognose von einem Wirtschaftswachstum (Zwi­schenruf des Abg. Krainer) – ja, Kollege Krainer, vielleicht stört Sie das, dass das hier angesprochen wird (Abg. Strache: Der hat „Das Kapital“ studiert, der Herr Krainer!) – von 2,4 Prozent. Was haben wir jetzt? – Nichts haben wir! Alles vernichtet! (Ruf bei den Grünen: Von der Euro-Gruppe!)

Meine Damen und Herren, was ist die Aufgabe eines Regierungschefs? – Die Aufgabe eines Regierungschefs ist es, Lösungen zu bringen; Lösungen zu bringen für das Volk, dessen Regierung er vorsteht. Ein Regierungschef ist nicht dazu da, Freund und Feind zu verwirren. Das ist nicht seine Aufgabe. Aber das zeichnet Tsipras aus: eine Sprung­haftigkeit, eine Unberechenbarkeit. Vielleicht ist es Inkompetenz, ich weiß es nicht. (Ruf: … Sturheit und Problemverweigerung!)

Ganz klar ist, dass sich mittlerweile das Klima in Europa seitens der Sozialdemokraten anders darstellt, als es jetzt vom Kollegen Krainer angesprochen wird.

„Tsipras ist unberechenbar und manipuliert die Menschen in Griechenland, das hat fast demagogische Züge.“ – Schulz sagt das, der Präsident des Europäischen Parlaments. (Beifall bei der ÖVP. – Abg. Rossmann: Das war schon ein Unfug!)

Sigmar Gabriel meint: Verhandlungen sind jetzt „kaum noch vorstellbar“. Tsipras habe „die letzten Brücken eingerissen“. – So der Vorsitzende der SPD. (Abg. Steinhauser: Jetzt versteh’ ich, warum ihr keine Lösung zusammenbringt! – Ruf bei den Grünen: Das ist nur destruktiv!)

Kollege Krainer, ich hoffe, dass auch bei Ihnen Altkanzler Franz Vranitzky so geschätzt wird, wie er bei vielen in der Sozialdemokratie nach wie vor hohes Ansehen genießt. Wissen Sie, was Vranitzky vor wenigen Tagen gesagt hat? – Ich zitiere:


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„Ich möchte in so historisch dramatischen Zeiten“ – er hat recht – „niemanden an den Pranger stellen. Aber die griechische Regierung hat ein sehr selbst gebasteltes Ver­ständnis von internationalen Verhandlungsvorgängen.“

Einer sieht es anders – er hat es heute auch wieder hier im Haus gesagt –: unser Bun­deskanzler, den Tsipras als seinen neuen Freund sieht. Was hat der Bundeskanzler gestern im „Morgenjournal“ gesagt? (Abg. Kickl – in Richtung SPÖ weisend –: Da braut sich was zusammen! – Abg. Strache – in Richtung SPÖ weisend –: Da ist Nervo­sität!) – Sie können es sofort nachhören, es ist noch auf ORF.at abrufbar. – Bundes­kanzler Faymann hat gemeint, man könne für die Missstände in Griechenland nicht die-
se Regierung Tsipras verantwortlich machen. Es seien Lasten der Vorgängerregierun­gen. (Zwischenrufe bei SPÖ und Grünen, darunter Abg. Pirklhuber: Ein Lösungsvor­schlag!)

Meine Damen und Herren, ich sage Ihnen, man kann das sehr wohl. Nach einem hal­ben Jahr Regierung Tsipras erwarte ich mir, dass von dieser Regierung etwas einge­leitet wird, das in die richtige Richtung geht! (Beifall bei der ÖVP.)

Ich sage Ihnen, Europa braucht in allen Ländern aktive und reformfreudige Regie­rungschefs und nicht Zögerer und Zauderer. (Abg. Pirklhuber: Ein Sachargument!) Und Tsipras ist ein solcher. (Abg. Pirklhuber: Kein einziges Sachargument!) Nichts ist in Griechenland bisher in die richtige Richtung gegangen, aber schon gar nichts, sage ich Ihnen! (Beifall und Bravoruf bei der ÖVP.)

Wer wie ein Partner behandelt werden will ... (Abg. Gisela Wurm: Letztklassig!) – Nein, letztklassig ist, wenn man sich nicht wie ein Partner benimmt. Schauen Sie sich an, was die Sozialdemokraten europaweit von Tsipras halten! Ich habe Ihnen gerade vor­her auch Ihren Altkanzler Vranitzky zitiert. (Abg. Pirklhuber: Mit dieser Art von Sturheit wird Europa an die Wand gefahren, Herr Kollege Lopatka!) Nehmen Sie erfahrene Politiker ernst, sage ich Ihnen, gerade aus Ihrer Parteienfamilie europaweit! (Beifall bei der ÖVP.)

Wer wie ein Partner behandelt werden will, muss sich auch wie ein Partner verhalten, das sage ich Ihnen. Der muss Grundregeln ernst nehmen und darf nicht immer nur für Unterhaltung sorgen. Denken Sie auch an den Abgang des Finanzministers in Grie­chenland! Unterhaltung ist zu wenig in einer solch ernsten Situation. Da gebe ich dem Bundeskanzler recht, als er das vorher angesprochen hat.

Da geht es nicht darum, irgendetwas zu finden, worüber man vielleicht lachen kann. (Abg. Pirklhuber: Wer hat Ihnen denn diese Rede geschrieben? – Das ist ja unglaub­lich!) Ich sage Ihnen: Demokratie heißt für Regierungschefs, Verantwortung zu über­nehmen. Und man kann, wenn es schwierig wird, diese Verantwortung nicht an den Nagel einer Volksabstimmung hängen, das sage ich Ihnen auch! (Beifall bei der ÖVP. – Abg. Kogler: Was ist denn jetzt die Lösung?)

Es ist ein Missbrauch, über etwas abstimmen zu lassen, was zu diesem Zeitpunkt gar nicht mehr möglich war. Sie wissen es: Tsipras hat über ein Programm abstimmen las­sen, das es gar nicht mehr gegeben hat. (Abg. Kogler: 15 Jahre griechische Konser­vative – ein Fiasko! Ihre Parteikollegen dort sind ja mit einem Fuß schon im Häfen! Wo­von reden Sie denn?)

Ich weiß schon, dass Radikale immer wieder auch versuchen, mit Volksabstimmungen demokratische Entscheidungsprozesse in repräsentativen Demokratien auszuhebeln. Aber ich sage Ihnen, dieses wichtige Instrument in einer Demokratie kann auch miss­braucht werden! (Ruf bei den Grünen: Sie sind unbelehrbar!) Auch Volksabstimmun­gen können missbraucht werden!


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Was hat Griechenland mit dieser Abstimmung vom letzten Sonntag gewonnen? – Nichts, sage ich Ihnen! (Abg. Strache: Demokratie! Herrschaft des Volkes!) Griechen­land hat an Vertrauen verloren – von Tsipras angezettelt! (Beifall bei der ÖVP.)

Ja, wir müssen solidarisch sein, sonst geht dieses Projekt Europäische Union zugrun­de. Aber solidarisch sein darf kein Freibrief sein, denn Europa ist kein Selbstbedie­nungsladen! (Beifall bei der ÖVP. – Abg. Kickl: Kollege Lopatka, der Dollfuß hat das alles nicht gebraucht! – Abg. Strache: Der Dollfuß hat die eigene Bevölkerung …!)

Was sollen sich jene Regierungen in Irland, in Spanien, in Portugal, in den baltischen Staaten denken (Abg. Belakowitsch-Jenewein: Österreich haben Sie vergessen!), die Sanierungsprogramme umgesetzt haben, wenn das jetzt für Griechenland nicht gelten soll?!

Und wir müssen schon mit einem Mythos aufräumen: dass die Europäische Union bisher von den Griechen nur Sparmaßnahmen gefordert hat. Sie wissen es: 50 Milliar­den € hat man den Griechen erlassen – ein beachtlicher Schuldenschnitt! (Abg. Stein­hauser: Ihr seid destruktiv!) Man darf nicht so tun, als ob wir den Griechen nicht die Zinsen erstreckt hätten, als ob nicht die Zahlungsfristen verlängert worden wären. All das ist passiert! Niemand will die Griechen aus der Eurozone vertreiben. Nur: Die Grie­chen müssen ihre Hausaufgaben erfüllen – und das können nicht wir hier machen, das sage ich Ihnen schon! (Beifall bei der ÖVP.)

Die Regierung Tsipras betreibt ein teuflisches Spiel. Die Menschen in Griechenland haben ja auch das Vertrauen verloren. Ich weiß nicht, ob Sie es wissen, aber: Rund die Hälfte der griechischen Spareinlagen ist in den letzten Monaten von den Griechen und Griechinnen außer Landes transferiert worden. Wenn das kein Misstrauensvotum die­ser Regierung gegenüber ist!?

Warum hat Tsipras nicht begonnen, das zu machen, was ihm empfohlen worden ist, zum Beispiel von Christine Lagarde: die Liste abzuarbeiten und mit der Schweiz Ver­handlungen zu führen, um dort an Gelder heranzukommen? Wer hat das Tsipras im letzten halben Jahr verboten, mit der Schweiz solche Verhandlungen aufzunehmen? Wer hat Tsipras daran gehindert, die exorbitant hohen Militärausgaben in Griechenland herunterzusetzen? Wer hat ihn daran gehindert? – Wir nicht, sage ich Ihnen! (Beifall bei der ÖVP.)

Oder: das Frühpensionssystem in Griechenland zu ändern; oder: sinnvolle Privatisie­rungen zu machen.

Wir wollen die Griechen nicht fallen lassen. Aber Tsipras darf sein eigenes Volk auch nicht in Geiselhaft nehmen. (Beifall bei der ÖVP. – Abg. Kogler: Vorschläge!)

Daher, meine Damen und Herren – ich komme damit zum Schluss –, ich hoffe, dass die Regierungschefs in Europa kühlen Kopf bewahren (Ruf bei den Grünen: So wie Sie!), und ich hoffe, dass Österreich auf der richtigen Seite steht. (Zwischenruf des Abg. Kogler.) Ich sage Ihnen, Kollege Kogler, was ich mit „richtiger Seite“ meine:

In Frankreich ist letzte Woche eine Meinungsumfrage gemacht worden. Diese hat er­geben, dass 24 Prozent der Franzosen ihrem Staatspräsidenten vertrauen, wenn es um die Lösung der Krise zwischen Griechenland und der Europäischen Union geht. 44 Prozent der Franzosen vertrauen in dieser Umfrage Angela Merkel. Sie vertrauen Angela Merkel mehr als ihrem eigenen Mann an der Spitze.

Auch ich persönlich vertraue Angela Merkel. (Beifall bei der ÖVP. – Lebhafte Zwi­schenrufe bei den Grünen.) Ich vertraue Angela Merkel und den skandinavischen Re­gierungschefs, dass sie da das Richtige machen. Und ich ersuche Sie, Herr Bundes­kanzler, auf der richtigen Seite zu stehen, wenn die Regierungschefs diese zweifels­ohne schwierige Entscheidung zu treffen haben, damit dieses Projekt Europäische Uni-


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on eine gute Zukunft hat. Ich bin nach wie vor zuversichtlich, wenngleich die Situation schwieriger ist als jemals zuvor. (Beifall und Bravorufe bei der ÖVP. – Ruf bei der SPÖ: Doktor Seltsam! – Abg. Kogler: So was soll einmal eine Europapartei gewesen sein! – Abg. Pirklhuber: Lopatka, der Pressesprecher von Frau Merkel!)

11.17


Präsident Karlheinz Kopf: Als Nächste gelangt Frau Klubobfrau Ing. Dietrich zu Wort. – Bitte. (Unruhe im Sitzungssaal. – Präsident Kopf gibt das Glockenzeichen.)

Meine Damen und Herren, ich ersuche Sie, auch der nächsten Rednerin Ihre Aufmerk­samkeit zu schenken!

 


11.17.38

Abgeordnete Ing. Waltraud Dietrich (STRONACH): Geschätzter Herr Präsident! Herr Bundeskanzler! Geschätzte Mitglieder der Bundesregierung! Hohes Haus! Meine Da­men und Herren! Gestern sind dunkle Wolken über Österreich gezogen, wir haben das eine oder andere schwere Gewitter gehabt. Jetzt ziehen dunkle Wolken über die Wäh­rungsunion.

Ich habe den Ausführungen einiger Kollegen ganz genau zugehört, und da habe ich unter anderem gehört: Unser Wunsch wäre eine Union der Kompromisse. – Da frage ich Sie, Herr Kollege Kogler: Ist es ein Kompromiss, wenn die einen zahlen und die anderen verbrauchen? (Abg. Strache: Das ist der Kompromiss: Der eine zahlt, der andere kassiert!) – Ich sage Ihnen, das ist mit uns nicht zu machen. Wir wollen ein faires System, wo jeder seinen Beitrag leistet! (Beifall beim Team Stronach.)

Und es kann nicht sein, dass die einen Auflagen ohne Ende haben, Auflagen, die sie fast erdrücken, und die anderen sagen: Nein, Auflagen wollen wir nicht, aber der Euro­zone wollen wir angehören! – Das ist ein Weg, den wir auch nicht mittragen werden. (Abg. Kogler: Eh nicht!) Wir wollen eine Union der Fairness, wo wirklich jeder, der da­bei ist, auch seinen Beitrag leistet.

Und Fairness bedeutet für uns auch, dass wir Volksabstimmungen ernst nehmen (Bei­fall beim Team Stronach sowie bei Abgeordneten der FPÖ – Abg. Strache: So ist es! Aber das ist ja auf einmal nicht demokratisch!), dass das, was ein Volk für sich als den richtigen Weg festlegt, von uns akzeptiert wird. Es wäre überheblich, wenn wir Öster­reicher sagen, wir wissen, was die Griechen zu machen haben. Die Griechen haben entschieden, sie haben das Volk befragt, und das ist die Basis, auf der wir vertrauen, das ist die Grundlage, zu der wir stehen und die wir akzeptieren.

Meine geschätzten Damen und Herren, auch das Wort „Glaubwürdigkeit“ ist gefallen. – Wie glaubwürdig ist es, wenn ein Volk eine Abstimmung gegen weitere Spar- und Re­formmaßnahmen macht – mit einem Votum von über 60 Prozent – und auf der anderen Seite am nächsten Tag der Bundeskanzler dann wieder weiterverhandelt und so tut, als ob nichts wäre? Glaubt dann wirklich irgendjemand in diesem Raum, dass das grie­chische Volk tatsächlich ab nun alles einhalten wird, wogegen es gerade gestimmt hat? – Ich sage Ihnen: Wir glauben es nicht! Wir glauben, dass das griechische Volk das Recht hat, seinen Weg festzulegen. Und das hat es mit diesem Referendum ge­macht.

Ich weiß schon, die Währungsunion ist an einer ganz schwierigen Stelle angelangt. Nicht umsonst hat Frank Stronach im Wahlkampf gesagt, dass der Euro in der Form, wie er besteht, für die Volkswirtschaften nicht gut ist. Frank Stronach hat von zwei Wäh­rungen, von zwei Euros gesprochen und wurde von Ihnen allen belächelt, und man hat gesagt: Was meint er damit überhaupt? (Zwischenruf des Abg. Kickl.)

Frank Stronach hat recht gehabt: Jedem Land seinen Euro und parallel dazu eine Ver­rechnungseinheit! – Das ist es nämlich, was die Griechen jetzt bräuchten! (Beifall beim Team Stronach.)


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Meine geschätzten Damen und Herren, die Griechen haben eine Entscheidung getrof­fen, bei der sie sich gegen Spar- und Reformauflagen ausgesprochen haben, sie wol­len aber in der Eurozone bleiben. – Ich sage Ihnen: Dagegen sind wir zu 100 Prozent!

Die EU ist eine Gemeinschaft von Staaten, von sehr unterschiedlichen Staaten. Die baltischen Staaten haben sich selbst strenge Regeln auferlegt, haben den Haushalt saniert, haben sich bemüht. Die Spanier, die Irländer und die Portugiesen sind geeig­nete Reformmaßnahmen angegangen. Aber die Griechen schieben alles auf die Troi­ka, da ist an allem die Troika schuld. Aber die Troika ist nicht schuld daran, dass die Steuermoral in Griechenland sehr, sehr schlecht ist, dass man dort noch nicht einmal ein Grundbuch eingeführt hat oder vollständig führen kann und dass Griechenland eine korrupte Regierung hat. Das hat Griechenland selbst zu verantworten.

Und zur Erinnerung: Die Griechen sind bereits mit falschen Zahlen in die EU gekom­men. Sie haben dann den Euro bekommen, niedrige Zinsen, hohe Kredite und haben quasi eine Scheinblüte erlebt – eine Scheinblüte, die nur deshalb möglich war, weil die Zinsen so niedrig waren. Und jetzt stehen sie vor einer Riesenpleite, vor einer Riesen­schuldensumme.

Geschätzte Damen und Herren, aus unserer Sicht gibt es nur zwei Lösungen: ent­weder ein hartes Sparprogramm, wo sich die Griechen wirklich an alles halten – aber dagegen haben sie ja gestimmt –, oder der Weg in eine eigene Währung.

Wir vertreten die Position: Lieber ein Ende mit Schrecken als ein Schrecken ohne Ende!

Eine dritte Lösung nach dem Modell einer Transferunion, wo dann einige Staaten auf Dauer ständig Leistungen für andere erbringen und für andere arbeiten, werden wir nicht mittragen. Und was wir auch nicht mittragen werden, das ist eine Fiskalunion: europaweit einheitliche Fiskalgesetze. Wir wollen, dass jeder Staat seine Eigenständig­keit behält.

Meine geschätzten Damen und Herren! Wir in Österreich haben auch sehr viele Men­schen, denen es schlecht geht. Wir haben über 1 Million Armutsgefährdete, wir haben viele Pensionisten, die am Abend im Supermarkt stehen und warten, bis das Brot verbilligt wird. Denken wir nicht nur an die Griechen, denken wir auch an unsere Leute! Wir kriminalisieren Unternehmer. Wir treiben Unternehmer ins Eck. Die Menschen ha­ben oft wirklich nicht mehr die Möglichkeit, ihren eigenen Lebensunterhalt zu finanzie­ren. Und auf der anderen Seite wollen wir den reichen Onkel spielen?! – Das ist ein Weg, den wir auf keinen Fall mitgehen wollen!

Griechenland hat entschieden, das Volk von Griechenland hat eine Entscheidung ge­troffen. Und wir werden das akzeptieren. (Beifall beim Team Stronach.)

11.24


Präsident Karlheinz Kopf: Nun gelangt Herr Abgeordneter Dr. Cap zu Wort. – Bitte.

 


11.24.25

Abgeordneter Dr. Josef Cap (SPÖ): Herr Klubobmann Lopatka, ich möchte Sie nur daran erinnern: Wir alle sind nicht wahlberechtigt in Griechenland. Sie haben hier eine Rede gehalten, als wären Sie im griechischen Parlament. Ich war ganz verwirrt. Aber vielleicht wollten Sie uns auch nur zeigen, wie es dort zugeht. Aber ehrlich gesagt: Da­mit kann ich gar nichts anfangen! (Beifall bei SPÖ und Grünen.)

Oder Sie wollten sich als Nachfolger von Samaras bewerben, der nämlich gerade zu Recht endlich gegangen ist (neuerlicher Beifall bei der SPÖ), wie alle Medien grenz­überschreitend geschrieben haben – einer der Hauptverantwortlichen für dieses ganze Desaster dort, ein Repräsentant der alten Kaste der Korrupten, der nicht einmal zur Schlusskundgebung der Befürworter des „Ja“ hat hingehen können, weil alle gesagt haben, dass er sich verstecken muss, weil er einer der Hauptverantwortlichen ist.


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll86. Sitzung / Seite 58

Also das nächste Mal bitte auf Griechisch und nicht auf Deutsch, wenn Sie wieder dazu Stellung nehmen wollen! (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Lopatka: Wofür ist Tsipras zu­ständig?)

Wahrscheinlich haben Sie auch nur die griechischen Medien und nicht auch die deut­schen gelesen. Dort steht nämlich fast in jedem zweiten Artikel, wer wirklich der Zaude­rer und Zögerer ist, nämlich die Frau Merkel. (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Lopatka: Nein! Der Tsipras!) Mir ist der Tsipras egal. Der Tsipras hat … (Neuerlicher Zwischen­ruf des Abg. Lopatka.) Nein, Merkel! (Abg. Lopatka hält das Nachrichtenmagazin „Der Spiegel“ in die Höhe, auf dessen Titelblatt die deutsche Bundeskanzlerin Merkel unter der Überschrift „Die Trümmerfrau. Scheitert der Euro, scheitert Merkels Kanzlerschaft“ abgebildet ist.) „Die Trümmerfrau“ ist aber auch nicht gerade eine Werbung für die Frau Merkel. (Ironische Heiterkeit bei der SPÖ. – Weiterer Zwischenruf des Abg. Lo­patka.) „Die Trümmerfrau“ ist auch keine Werbung! Ich sage das nur, wie es ist. Aber wir können das Ganze auch noch erweitern.

Tsipras hat es zumindest geschafft, dass er jetzt in Brüssel mit dem Pouvoir aller Par­teien im griechischen Parlament – außer Rechts- und Linksaußen (Abg. Strache: Er koaliert ja mit Rechtsaußen! Das passt logischerweise nicht zusammen!) – sitzt, und damit hat er jetzt ein Verhandlungspouvoir, plus das Ergebnis des Referendums. Und jetzt hoffe ich, dass etwas Gescheites herauskommt. Und das wird sich jetzt heraus­stellen.

Und: Gescheit ist was? – Und da muss man endlich einmal für die österreichischen Steuerzahlerinnen und Steuerzahler deutlich etwas sagen: Die wollen eine Lösung ha­ben, wo sie die Chance haben, dass möglichst viel von ihrem Geld wieder – wie auch immer – zurückkommt. (Abg. Strache: „Ein Geschäft“!) Und das bedeutet, dass man nicht Hilfs-, sondern Wachstumsprogramme braucht – Programme, durch welche es dort Beschäftigung und Aufschwung gibt (Abg. Strache: Flugzeugträger und U-Boote!), wo man Handel treiben kann, wo es Steuereinnahmen gibt und wo man allfällig Schul­den zurückzahlen kann. Alles andere geht zulasten des österreichischen und europäi­schen Steuerzahlers! Daher bin ich dafür, dass genau diese Linie eingeschlagen wird. (Beifall bei der SPÖ.)

Jetzt komme ich zu den „Grexit“-Befürwortern und Pleite-Befürwortern, die sind mir ja die Liebsten, die da herausgehen und sagen: „Grexit, Grexit!“ Alle sagen: Ja, „Grexit“, das ist die Lösung! Aber kein Mensch weiß, was das ist. Gerade nur irgendwie aus dem Euro raus, aber keiner weiß wohin. Und dann reden sie von irgendwelchen Schuld­scheinen oder sonst irgendetwas.

Das ist die teuerste Lösung! Das wird Ihnen (in Richtung FPÖ) jeder Ökonom sagen – bis auf den Herrn Sinn, dem sinn-losen Herrn Sinn. (Abg. Strache: Na geh!) Aber sonst haben alle in Wahrheit bis jetzt nachgewiesen, dass der „Grexit“ … (Zwischen­rufe bei der FPÖ.) – Das sagen seine Nachfolger im Institut, eh nicht ich. Ich würde es nicht wagen, das zu sagen, aber die sagen das. (Weitere Zwischenrufe bei der FPÖ.)

Das ist in Wahrheit das Teuerste für den Steuerzahler. Da werden die Haftungen schla­gend. Da zahlt Deutschland statt 50 gleich 80 Milliarden, und zwar auf Nimmerwie­dersehen! Und in Österreich sind dann 10 Milliarden oder 9 Milliarden weg, und zwar auf Nimmerwiedersehen! Das ist daher in Wirklichkeit kein Konzept. (Abg. Strache: Es darf keinen Schuldenschnitt geben!) Daher bin ich der Meinung, dass man eine an­dere Lösung anstreben sollte – sollte!, es muss ja einen Konsens geben –, und das muss man auch sagen und sich in diese Richtung bewegen.

Herr Klubobmann Strache, Sie haben Mut eingefordert. Das einzig Mutige an Ihrer Rede war, dass Sie die Hypo Alpe-Adria erwähnt haben. (Heiterkeit und Beifall bei der SPÖ.) Das muss ich schon sagen, denn: Wo waren Ihre Vorschläge? Was haben Sie


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hier auf den Tisch gelegt? (Abg. Strache: Keine Verstaatlichung! Den Griss-Bericht le­sen: Verstaatlichung ohne Not!) Na ja, mit Überschriften arbeiten – das hat auch Tsip­ras teilweise gemacht, mit Überschriften gearbeitet. Aber Sie wollen sich doch von Tsipras absetzen. Sie sind ja die Alternative, der Anti-Tsipras. Also müssen Sie hier bitte auch etwas auf den Tisch legen. Und das haben Sie nicht getan. Daher war das nicht mutig, und daher war das auch keine Hilfe. (Zwischenruf des Abg. Kickl.)

Aber ich möchte noch etwas sagen: In einem Leitartikel der Zeitung „Die Zeit“ sagt Bernd Ulrich etwas ganz Wichtiges, und zwar: „Ein traditionell dysfunktionales System ist durch den erschummelten Euro-Beitritt ungesund liquide geworden und hat mit dem billigen Geld genau dieses System gemästet – so lange, bis nichts mehr ging. Nun steht den Griechen ein verspäteter Reformprozess bevor (…)“

Treffender kann man es nicht beschreiben. Die Schuldfrage können wir dann diskutie­ren. Die wissen wir aber eh, das haben wir eh schon x-mal erwähnt.

Aber ich sage noch etwas: Es gibt ein paar, die meinen, man soll jetzt in Richtung Me­ga-Finanzminister, Einschränkung der nationalen Budgetsouveränitäten der Parlamen­te gehen. Das will ich schon gar nicht – nach dieser Performance der Troika, die mit ihren Prognosen dauernd danebengehaut hat und gesagt hat: Plus 3,5 Prozent Wachs­tum! Und dann kommen minus 25 Prozent raus. Dann kommt es zu einem Anstieg der Arbeitslosigkeit, einem Sinken der Beschäftigung und einer Reduktion im Pensionssys­tem.

Und jetzt gibt es sogar eine Diskussion in New York bei der Frau Lagarde über dieses Chaos, das die bei den Verhandlungen mitzuverantworten hat – und die ganze Troika. Das muss man auch dazusagen, wenn man zu Recht Kritik an Tsipras und Co hier äu­ßert.

Und das will ich nicht, denn das Nächste, was dann kommt, ist, dass das österrei­chische Pensionssystem, die österreichische Krankenversicherung, das österreichi­sche Gesellschaftsmodell infrage gestellt werden – all das, was die Österreicherinnen und Österreicher erkämpft haben. Und das können wir hier nicht wollen! Davon bin ich zutiefst überzeugt! (Beifall bei SPÖ und Grünen. – Abg. Kickl: Herr Kollege! Der Schieder hat das genaue Gegenteil gesagt! Seid ihr euch nicht einig? Der Schieder sieht das alles ein bisschen anders!)

Außer man will, dass es überhaupt eine neue Ordnung gibt. Russland, China, Indien, Brasilien haben sich schon positioniert. Griechenland, Russland, China – ich weiß nicht, wer das will. Ich will das nicht! Ich will – und da bin ich übrigens total der Meinung vom Klubobmann Schieder – ein starkes Europa, eine starke Eurozone, dass wir auf Augen­höhe mit den anderen ökonomischen Zentren agieren können, ein Friedensprojekt, dass es da nicht wieder eine Entwicklung gibt, die wir schon vor Jahrzehnten hatten. Das ist das, was wir hier wollen und wollen sollen! Und dafür lohnt es sich in diesem Zusam­menhang auch zu kämpfen, und zwar wirklich zu kämpfen. (Beifall bei der SPÖ sowie bei Abgeordneten der ÖVP.)

Vielfach ist diese ganze Diskussion natürlich überfrachtet, wo halt mit Rezepten und Ideologien gearbeitet wird, und da stimme ich dem Herrn Bundeskanzler natürlich zu: Die Armen sind diejenigen, die vor den Bankomaten stehen, diejenigen, die jetzt den Preis für die Superreichen zahlen, die in der Schweiz ihr ganzes Geld schon längst ins Trockene gebracht haben. Aber da brauchen wir eine größere Lösung (Abg. Strache: Und die armen Österreicher müssen wieder zahlen!), und die geht weit über das Pro­blem mit Griechenland hinaus: dass man die Steuerhinterzieher, die Steuervermeider, die Tolerierer dieser Entwicklung zur Verantwortung zieht. Und wo sitzen die, die die Finanztransaktionssteuer behindern und die als Erste über ein Referendum gespro­chen haben? – In London sitzen die! Der Herr Cameron ist das! Dort sind diejenigen,


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die in Wirklichkeit die Totengräber sind! Das muss man auch hier im österreichischen Parlament einmal in aller Deutlichkeit sagen! (Beifall und Bravorufe bei der SPÖ sowie Beifall bei Abgeordneten der Grünen. – Abg. Hübner: Der Cameron ist also schuld an der Griechenland-Krise!)

11.32


Präsident Karlheinz Kopf: Als Nächster gelangt Herr Klubobmann Dr. Strolz zu Wort. – Bitte.

 


11.32.09

Abgeordneter Mag. Dr. Matthias Strolz (NEOS): Herr Präsident! Geschätzte Regie­rungsmitglieder! Liebe Kolleginnen, liebe Kollegen! Liebe Bürgerinnen und Bürger vor den Bildschirmen und auf der Galerie! Wir diskutieren hier zu Griechenland, und ja, vielfach angesprochen: Es geht hier weniger um Griechenland, sondern es geht in die­sen Tagen um Europa! Und das müssen wir verstehen.

Das ist ganz zentral! Ich weigere mich, zu akzeptieren, dass wir dieses europäische Einigungsprojekt aufgrund eines Falles wie Griechenland zu Grabe tragen wollen. Das halte ich für absurd! Griechenland repräsentiert 1,2 Prozent der Wirtschaftsleistung der Europäischen Union. Wenn wir diese Griechenland-Krise nicht auf die Reihe krie­gen, dann haben wir keine Chance, irgendetwas auf diesem europäischen Kontinent auf die Reihe zu bekommen. (Beifall bei NEOS und Grünen.)

Und das an die Adresse der FPÖ: Jetzt solche Krisen zu nutzen, um zu sagen: Ja, bauen wir einen sechs Meter hohen Zaun rund um Österreich, führen wir den Schilling ein, und alles wird gut!, das ist absurd. (Abg. Belakowitsch-Jenewein: Wer hat das gesagt?)

Wenn wir nicht gemeinsam marschieren, wenn wir in Europa ... (Weitere Zwischenrufe bei der FPÖ.) Ich komme noch dazu, dass hier von Rot und Schwarz ein eklatantes Managementversagen betrieben wurde – auf österreichischer Ebene, auf europäischer Ebene –, aber vorneweg zu Ihrer Haltung, die da heißt: Österreich als Insel der Seli­gen, einen Zaun rundherum, und alles bleibt gut! – Das ist absurd!

Entweder organisieren wir ein gemeinsames Europa, oder es werden alle diese Länder gemeinsam absteigen. Dann werden Ihre Enkel (in Richtung FPÖ) Au-pair sein in In­dien, aber nicht, weil es für eine Auslandserfahrung lustig ist, sondern weil sie keine andere Chance haben. (Beifall bei den NEOS. – Zwischenruf des Abg. Deimek.)

Die Frauen werden in China die Altenpflege machen, und die Männer werden in den Arabischen Emiraten in den Baugruben stehen. Das ist Europa in zwei Generationen, wenn wir nicht gemeinsam marschieren! (Abg. Höbart: Das ist ein Unsinn!)

Das ist kein Unsinn! Der Abstieg geht schnell. Schauen Sie in die Geschichte! Noch vor hundert Jahren sind die Kinder aus dem Tal, wo ich aufgewachsen bin, auf die Kindermärkte in Süddeutschland gegangen, weil eben bei uns kein Wohlstand und kei­ne Wirtschaftskraft vorhanden waren. Vor hundert Jahren sind die Kinder noch auf den Kindermarkt gegangen.

Vor 70 Jahren ist in Wien jeder fünfte Säugling verstorben – vor 70 Jahren! –, weil wir nach dem Zweiten Weltkrieg eine Hungersnot hatten. 70 Jahre! So schnell kann es ge­hen. Wissen Sie, wo Griechenland damals in der Entwicklung war? Ich komme damit natürlich zu den nationalen Regierungen. Griechenland war Anfang der neunziger Jah­re hinsichtlich Staatsverschuldung besser unterwegs als Österreich heute. So schnell kann es gehen! In zweieinhalb Jahrzehnten kann sich das Blatt wenden, wenn man Managementversagen auf breiter Front zulässt. (Zwischenruf des Abg. Deimek.)

Noch einmal: Entweder Europa marschiert gemeinsam oder Europa wird nicht vorkom­men!, und zwar werden das meine Kinder und meine Enkelkinder erleben. Europa wird


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nicht mehr vorkommen. Es wird Deutschland den Löffel an Mexiko abgeben, und davor wird Frankreich den Löffel am Tisch der „großen Acht“ an Indonesien abgegeben ha­ben und davor Großbritannien seinen Rang an Indien, China, Brasilien. (Abg. Podgor­schek: … Cameron!) Ja. Also, Europa wird sich gemeinsam organisieren

Und jetzt komme ich zu dem Managementversagen in Europa.

Wenn Sie, Herr Cap, hier so eine feurige Rede für Europa halten, dann muss ich sa­gen: Wer hat denn die Griechen abgeräumt, die griechischen Bürgerinnen und Bür­ger? – Es waren Ihre Schwesterparteien, die PASOK, die Sozialisten, und die Nea Di­mokratia, die die Griechen systematisch mit korrupten Regierungen, die von den Grie­chen selbst gewählt wurden, abgeräumt haben. (Abg. Kogler: Richtig! Da hat er recht! – Zwischenrufe bei der SPÖ.) Und da hätte ich erwartet, dass schon viel früher die Sozialisten und die Konservativen aufstehen und den Griechen sagen, unter Part­nern: So geht das nicht! Ihr seid ein korrupter Haufen, da stellen wir einen Baum auf, da machen wir nicht mit!

Aber da ist nichts von Ihnen gekommen. (Zwischenruf des Abg. Matznetter.) Nüsse! Nichts ist gekommen. Nichts – und das ist der Vorwurf! (Weitere Zwischenrufe bei der SPÖ.)

So wie in den letzten sechs Monaten die Verhandlungsposition nicht erkennbar war. Diese demokratische Spitze, die derzeit von den Sozialdemokraten und von den Kon­servativen in Europa gestellt wird, ist planlos. Sie wissen nicht, wohin sie diesen Konti­nent führen, und sie sind nicht fähig, eine Krise zu lösen in einem Land, das 1,2 Pro­zent der europäischen Wirtschaftskraft repräsentiert. (Abg. Belakowitsch-Jenewein: Was ist der Ansatz?)

Was ist der Ansatz, was ist zu tun? – Der Ansatz von NEOS ist klar: Solidarität gegen Reformen! Wir werden mit dem griechischen Volk solidarisch sein, wenn sie auch in klare Reformen gehen. Und die Griechen müssen auch wissen, dass sie in Zukunft eben keine korrupten Regierungen mehr wählen sollten, denn sonst werden sie den Preis dafür zahlen müssen. Das haben sie über Jahre hinweg gemacht.

Sechs-Punkte-Plan. – Herr Bundeskanzler, natürlich müssen wir so ehrlich sein und sagen: Griechenland wird einen Schuldenschnitt brauchen. Griechenland hat derzeit 320 Milliarden Schulden. Griechenland kann nie und nimmer – nie und nimmer! – ohne Schuldenschnitt auf die Füße kommen. Wenn wir wollen, dass die Selbstmordrate wei­ter zunimmt, die Kindersterblichkeit weiter zunimmt et cetera, et cetera, die Leute vor dem Haus schlafen, vor den Banken schlafen, dann müssen wir sagen: Wir verweigern einen Schuldenschnitt und ihr Griechen macht euch das selbst! Aber dann importieren wir uns einen Bürgerkrieg in die Europäische Union.

Wenn wir sagen: Das wollen wir nicht!, dann müssen wir sagen: Ja, es wird einen Schuldenschnitt geben, als Teil einer geordneten Insolvenz! Und dann muss man auch ehrlich sagen, Herr Kanzler: Das wird natürlich auch für Österreich teuer!

Wir hatten zwei Schuldenschnitte: einen Schuldenschnitt im März 2012, wo wir 105 Mil­liarden durch Schuldenschnitt und Umschuldungsmaßnahmen rausgeschlichtet haben, und einen verdeckten Schuldenschnitt im November 2012, als wir die Schuldenerstre­ckung vollzogen haben. Die Österreicherinnen und Österreicher haben da schon längst mitbezahlt, das soll man auch einmal klar dazusagen. Ich gehe davon aus, dass das, je nachdem, wie man es bewertet, mehr als eine Milliarde ausmacht. Und der nächste Schuldenschnitt wird auch die Österreicherinnen und Österreicher etwas kosten.

Das soll man ehrlich sagen! Und deswegen ist es nur unser Recht, den Griechen auch klar unsere Konditionen mit auf den Weg zu geben.


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Herr Bundeskanzler! Sechs Punkte sind es, die Griechenland liefern muss. Dieser ge­wählte Premier in Griechenland muss jetzt liefern. Tsipras muss liefern und darf nicht die ganze Europäische Union wie am Nasenring durch die Manege ziehen.

Erster Punkt: Wettbewerbsfähigkeit des Landes. – Viele Teile sind in einer Planwirt­schaft, die noch dazu von Korruption und Klientelwirtschaft durchzogen ist. Diese Be­reiche sind zu öffnen, damit Arbeitsplätze geschaffen werden können. Das sagen alle Expertinnen und Experten. Und das müssen Sie einmal Ihren Kollegen von den So­zialisten und Konservativen mit auf den Weg geben. Das ist seit vielen Jahren ersicht­lich. Also: Wettbewerbsfähigkeit des Landes erhöhen.

Zweitens: moderne Steuereintreibungsmethoden, ein modernes Steuersystem, Mo­dernisierung der Verwaltung, auch mit einem Grundbuch. – Warum haben Sie das nicht schon längst erzwungen, als europäischer Partner?! Wenn wir hineinzahlen, dann können wir so etwas auch erzwingen. Strenge Rechnung, gute Freunde! Und wenn wir als Freunde solidarisch sind, dann erwarten wir, dass solche modernen europäischen Standards auch umgesetzt werden.

Drittens: entschlossenes Einbinden der Steuerflüchtlinge und der Oligarchen. – Das ist doch so unerklärlich: dass die Griechen die Schweizer noch nicht in die Pflicht ge­nommen haben! Die Österreicher haben es ja auch geschafft, dass sie die Schweizer in die Pflicht nehmen. (Zwischenrufe bei der SPÖ.)

Das müsst ihr eurer Schwesterpartei sagen, die da über Jahre und Jahrzehnte regiert hat. Es ist unwürdig, dem österreichischen Steuerzahler gegenüber zu sagen: Österrei­cher zahlt! – und die griechischen Oligarchen sitzen auf Milliardentöpfen. Da brauchen wir Druck von Ihren Schwesterparteien und von Ihnen!

Ich kann doch den Letten nicht sagen, die 300 € Durchschnittspension haben, den Slo­waken, die weniger Durchschnittspension haben als die Griechen: Zahlt mit im Schul­denschnitt!, wenn wir nicht gleichzeitig die Oligarchen in den Schwitzkasten nehmen, und zwar ordentlich. Und das müssen Ihre Schwesterparteien machen!

Viertens: weitere Privatisierungen. – In Griechenland sind von 11 Millionen Menschen 800 000 Menschen in Jobs im öffentlichen Bereich. Das ist doch absurd! Jeder Cousin von einem Parteimitglied hat dort einen Job bekommen. Die Lohnsumme im öffentli­chen Bereich wurde von 2001 bis 2009 verdoppelt! Das ist absurd! Das ist Vettern­wirtschaft der schlimmsten Art. Da könnte selbst der Häupl noch etwas lernen.

Fünftens: Militärausgaben runter! – Es ist natürlich eine Sauerei, dass die Griechen Militärausgaben haben in einem Umfang, der aus europäischer Sicht weder notwendig noch nachvollziehbar ist. Und dann sagen sie, sie wollen sie um 200 Millionen hinun­tersetzen. Das ist nicht zu akzeptieren. Da müssen Sie Druck ausüben!

Sechste Bedingung: Entschlossenes Zurückdrängen der Korruption. – Ich will hier ei­ne klare Legislation, wie der Englische Ausdruck dafür lautet, ich will hier Gesetzge­bung sehen, wie die Griechen die Korruption zurückdrängen.

Wenn diese Bedingungen gegeben sind, dann wird Österreich wahrscheinlich solida­risch sein, denn es wird solidarisch sein müssen. Aber klar ist auch: Wenn die Grie­chen gemäß diesen sechs Punkten nicht liefern, wenn Tsipras und seine Regierung das nicht liefern, dann kann ich Ihnen sagen: nur aus purer Freundschaft und Naivität werden die österreichischen Steuerzahlerinnen und Steuerzahler nicht einspringen, und schon gar nicht die Slowaken und die Letten.

Sie haben die letzten sechs Monate Zeit vergeigt, gemeinsam mit den Griechen. Sie haben jetzt nur mehr wenige Wochen Zeit. Und wir werden bald zurück sein im Hohen Haus, denn wir werden, so wie es ausschaut, eine Sondersitzung brauchen – ESM-Un-


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terausschuss, aber auch eine NR-Sondersitzung –, und es wird nicht anders gehen, als hier ein klares Reformprogramm auf den Tisch zu legen.

Unsere Losung: Solidarität mit dem griechischen Volk gegen klare Reformvorschläge, und wir müssen die politische Klasse dort, wo Korruption ist, entschlossen in die Zie­hung nehmen! (Beifall bei den NEOS und bei Abgeordneten der Grünen.)

11.41


Präsident Karlheinz Kopf: Nun hat sich Herr Bundesminister Dr. Schelling zu Wort gemeldet. – Bitte.

 


11.42.02

Bundesminister für Finanzen Dr. Johann Georg Schelling|: Herr Präsident! Hohes Haus! Herr Bundeskanzler! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen auf der Regierungs­bank! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich war bei all diesen Verhandlungen hautnah dabei. Ich zähle schon nicht mehr mit, wie viele Sondervereinbarungen wir, seit ich Finanzminister bin, mit Griechenland zu treffen hatten.

Es war für uns wirklich auch nicht sehr angenehm – und das hat zu einer schweren Vertrauenskrise geführt –, dass Dinge vereinbart wurden, die am nächsten Tag keine Gültigkeit mehr hatten. Und wer von Ihnen möchte in einem Kreis der Finanzminister sitzen und von einem Finanzminister-Kollegen als Terrorist beschimpft werden? – Nie­mand!

Daher haben wir dann gesagt: Nein, wir setzen die Verlängerung des Programmes nicht fort, wenn die griechische Regierung nicht klar macht, was der Herr Bundes­kanzler sagt und was auch ich sage. Wir brauchen ein Programm mit klaren Bedingun­gen! Daher wurde dieses zweite Programm gestoppt.

Ich darf noch einmal ganz kurz auf den Prozess hinweisen: Vom sogenannten Mem­orandum of Understanding aus dem Jahr 2012 ausgehend hat man der neuen grie­chischen Regierung die Chance gegeben, und zwar am 20. Februar, Maßnahmen zu setzen, die Maßnahmen, die im Memorandum drinnen stehen, ersetzen können, wenn sie gleichwertig sind. Man hat daher den Pakt aus 2012 flexibilisiert.

Man hat gesagt: Jeder, der einen Vorschlag einbringt, hat die Chance, dass dieser Vor­schlag seriös bewertet und als Alternativvorschlag akzeptiert wird! Aber, meine sehr geehrten Damen und Herren, wenn vier Monate lang kein Vorschlag kommt, dann ist doch die Fragestellung: Meint man das wirklich noch ernst oder nicht?

Ein zweiter Punkt ist in diesem Zusammenhang sehr wichtig, und das möchte ich schon ausdrücklich betonen, weil da immer wieder so die „Sturheit“ zum Vorschein kommt. Ich kann Ihnen sagen, wer stur war, ich war dabei. (Zwischenruf bei den Grü­nen.) Nein, es hat verschiedene gegeben, die das aus unterschiedlichen Überlegungen heraus gemacht haben. Nur, eines möchte ich klarstellen: Hollande, Merkel und Jun­cker haben sich in Berlin getroffen und gesagt: Wenn aus Griechenland keine Alterna­tivvorschläge kommen, dann beauftragen wir die Institutionen, einen Vorschlag zu ent­wickeln und mit Griechenland zu verhandeln!

Wir haben die Initiative gesetzt – nicht Griechenland! – und haben Vorschläge entwi­ckelt, und zwar in einem sogenannten Non-Paper. Das ist eine besondere Eigenschaft. Warum? – Weil es Parlamente gibt, wie das deutsche Parlament, die das gar nicht ver­handeln dürfen. Bevor nicht ein Mandat dazu vorliegt, dürfen sie von den bestehenden Programmen nicht abweichen.

Natürlich haben wir uns diese Programmschritte sehr genau angeschaut, und wir ka­men dann zu dem Punkt, dass wir sehr nahe an einer Lösung waren. Aber dann kam die griechische Regierung und hat gesagt: Aus! Keine Verhandlungen mehr! Referen­dum!


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In dieser Sitzung habe ich meinen Kollegen Varoufakis gefragt: Was wirst du denn tun, wenn Griechenland mit „Ja“ stimmt? Und daraufhin hat er mir gesagt: Dann unter­schreibe ich das vorliegende Papier! – So nahe waren wir an einer Lösung! Und dann hat dieses Referendum dazu geführt, dass über etwas abgestimmt wurde, was gar nicht existiert. Und es wurde auch nicht das griechische Volk gefragt: Wollt Ihr im Euro bleiben oder wollt Ihr in der EU bleiben?, sondern es wurde über ein Programm abge­stimmt, das nicht existiert.

Jetzt kommt der entscheidende Punkt – und jetzt mache ich mir langsam Sorgen, weil immer wieder die Demokratie und die Akzeptanz der demokratischen Wahlergebnisse eingefordert werden, und ich bin derjenige, der diese hundertprozentig akzeptiert, und ich akzeptiere auch dieses Referendum –: Wenn nach dem Referendum von derselben Regierung, die eine Empfehlung abgegeben hat, mit „Nein“ zu stimmen, der Antrag auf ein drittes Programm kommt, das sie davor ausgeschlossen hat, dann frage ich mich: Wie sollen wir denn weiter vorgehen? (Beifall bei der ÖVP sowie der Abgeordneten Hable und Lugar.)

Dieser Antrag auf ein ESM-Programm liegt nun vor, und der neue griechische Finanz­minister, mit dem ich ein längeres Gespräch hatte, schreibt in seinem Brief auch, dass dieses Programm und der Antrag auf dieses Programm auch jene Punkte inkludiert, die bisher von Griechenland abgelehnt wurden, nämlich dass eine gescheite Steuerre­form und auch eine vernünftige Pensionsreform gemacht werden.

Der nächste Schritt ist daher, dass innerhalb der nächsten 48 Stunden von der griechi­schen Regierung ein Papier vorzulegen ist, in dem die sogenannten Prior Actions ent­halten sind.

Was passiert dann? Was sind die Maßnahmen? Wann kommen sie ins Parlament? Wann werden sie umgesetzt? – Die Stimmung, die bei der letzten Sitzung der Euro-Fi­nanzminister war, war so, dass bereits am Montag oder Dienstag nächster Woche das griechische Parlament diese Prior-Actions-Liste beschließen will. – Das ist ein klares Signal in Richtung Herstellen von Vertrauen zwischen den Partnern.

Wir werden jetzt, wenn die Liste da ist, prüfen: Wie tragfähig ist diese Liste? Wie viel Reformwillen enthält das Ganze?

Ich möchte auch wirklich einmal mit der Argumentation aufräumen, das sei ein Spar­programm gewesen. – 70 Prozent des alten Memorandum of Understanding sind ein klassisches Reformprogramm, aber Reformen wurden weder von der Vorgängerregie­rung noch von dieser Regierung eingeleitet.

Und fragen Sie doch einfach einmal, warum Griechenland bis heute das nicht gemacht hat, was wir mit der Schweiz gemacht haben, nämlich ein Abkommen, um das zu ge­nerieren! Warum geschieht das nicht? Welche eigenen Punkte können sie machen?

Jüngst, bei einer der letzten Sitzungen, ist mir aufgefallen: Wir haben hier, in diesem Parlament, beschlossen, dass wir auf Basis der europäischen Richtlinie ein Bankenab­wicklungsgesetz beschließen. Wissen Sie, wer das nicht hat? – Griechenland! (Ruf bei der SPÖ: Aber sonst hat es auch noch niemand!) Nein, das stimmt nicht, etwa die Hälf­te hat es beschlossen und die andere Hälfte nicht, und alle haben ein Mahnschreiben bekommen. Bevor ich sage „niemand“, würde ich mich einmal schlaumachen, wer es beschlossen hat. Wir zum Beispiel schon! Und es ist gut, dass wir das haben. (Zwi­schenruf des Abg. Matznetter.)

Nur: Wenn ich seit Monaten in einer Situation bin, wo ich nicht weiß, wie lange die griechischen Banken noch zu finanzieren sind, und man dann fahrlässig ist und so ein Gesetz nicht beschließt, dann muss – und das muss ich wirklich sagen – mein Appell in die Richtung gehen: Setzen Sie vertrauensfördernde Maßnahmen in Griechenland, damit wir zu einem guten Ergebnis kommen! (Beifall bei der ÖVP.)


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Der Antrag, der zum ESM vorliegt, ist noch so unspezifisch, hat auch noch kein Volu­men, und was noch fehlt, sind die Bewertungen der notwendigen Geldgeber, es muss nämlich auch noch die sogenannte DSA gemacht werden, nämlich wie nachhaltig die Schuldentragfähigkeit ist, und es müssen die sogenannten Financial Needs, also wie groß der Gesamtbedarf über einen längeren Zeitraum ist, festgelegt werden. Das Pro­gramm, das jetzt beantragt wird, soll eine Laufzeit von drei Jahren haben.

Herr Abgeordneter Kogler hat es, glaube ich, richtig gesagt: Das Programm, das jetzt kommt, hat strengere Bedingungen als das Programm davor. Und warum ist das so? – Weil wir alle gemeinsam in den europäischen Parlamenten beim ESM Folgendes klar­gemacht haben: Eigentümer dieses Fonds sind jeweils die Nationalstaaten! Und wir wollen haben, dass strenge Richtlinien herrschen, bevor Geld vergeben wird!

Das ist auch der Grund, warum möglicherweise dann in einer Sondersitzung der Gou­verneur – in diesem Fall ich als Repräsentant Österreichs – eine Genehmigung oder Nicht-Genehmigung erhält, dem ESM-Kredit zuzustimmen. Das sind strenge Richtli­nien, die sind strenger als davor.

Das hat man, glaube ich, beim Poker übersehen. (Abg. Kogler: Das glaube ich auch!) Und das ist genau der Punkt, wo alle bemüht waren, und zwar bis zum letzten Au­genblick, zu einer Lösung zu kommen. Wir sind – und das sage ich hier in aller Deut­lichkeit – verantwortlich dafür, dass wir bis Sonntag in der Nacht verhandeln, um zu ei­ner Lösung zu kommen.

Wenn es dort zu keiner Lösung kommt, dann kommt es zu einer Lösung, die für uns alle möglicherweise einen Schaden herbeiführt – aber es kommt zu einer Lösung. Das muss man sich bewusst machen. Es wird nach dem Sonntag keine Möglichkeit mehr geben, weil die EZB der griechischen Nationalbank keine Liquidität mehr zur Verfü­gung stellen kann und damit in Wahrheit eine Insolvenz des Landes eintreten wird.

Es wurde von einem Investitionsprogramm gesprochen. Ja, auch das haben wir ange­boten, dass wir verstärkt aus den europäischen Fonds Investitionsmittel nach Grie­chenland bringen. Aber, meine sehr geehrten Damen und Herren, wenn wir uns die griechische Wirtschaft an zwei Beispielen anschauen, dann kommen wir schon auch zu der Erkenntnis, dass dort viele Hausaufgaben zu machen sind. Griechische Be­triebe wandern aus Griechenland ab und produzieren in Bulgarien und in Rumänien. Und: Griechenland importiert mehr Obst und Gemüse, als es selbst produziert – und das als mediterranes Land!

Das heißt, da sind schon die Aufgaben anzugehen, damit die griechische Wirtschaft den Schwung erhält, eine nachhaltige Schuldentilgung vornehmen zu können.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, in dem Brief, den uns die griechische Regie­rung geschickt hat und den wir jetzt bearbeiten, steht auch drinnen, dass sich die griechische Regierung weiterhin dazu verpflichtet, die Schulden zurückzuzahlen. Daher darf ich auch noch auf das Thema Schuldenschnitt eingehen.

Ich habe klar gesagt, dass ich nicht für einen Schuldenschnitt bin. Man kann über Ver­änderungen reden; das haben wir immer gemacht. Ich mache darauf aufmerksam, dass der österreichische bilaterale Kredit von 1,6 Milliarden zweimal reduziert wurde, was die Zinsenleistung anlangt – wir liegen jetzt bei EURIBOR plus 50 Punkte, das ist so niedrig, wie Deutschland finanziert. Wir haben 2012 einen Kapitalschnitt gemacht, der übrigens die Banken mit 100 Milliarden getroffen hat und nicht jemand anderen.

Wenn man jetzt aber von einem Schuldenschnitt spricht, ohne dass die Konditionali­täten des Programms klar sind, dann nützt das auch der griechischen Regierung nichts, weil im Budget nichts ankommt, weil Griechenland ja nichts zurückzahlt. Gegen­über uns gibt es eine Schuldentilgungsfreistellung bis 2020, beim EFSF bis 2023, Kreditlauf-


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zeiten bis 2041 und 2054, und außer der Zahlung der Zinsen erfolgt derzeit nichts. Das würde bedeuten, dass kein Geld ins griechische Budget kommt, um das annähernd er­reichen zu können.

Außerdem möchte ich diesen einen Punkt, der auch angesprochen wurde, mit dem Primärüberschuss noch einmal klarstellen: Das größte Entgegenkommen in den Ver­handlungen war – und das hat Griechenland auch respektiert –, dass wir von einer ur­sprünglichen Schuldentragfähigkeit von 4,5 Prozent Primärüberschuss heruntergegan­gen sind auf 1 Prozent, 2 Prozent, 3 Prozent und 3,5 Prozent, um der griechischen Wirtschaft die Chance zu geben, die Primärüberschüsse zu investieren – und nicht nur zur Schuldentilgung zu verwenden. Das ist ein Programm, das wir proaktiv angegan­gen sind. Das zur Frage Sturheit. Wir haben dieses Programm proaktiv gesetzt. (Abg. Pirklhuber: Ohne Schuldenschnitt keine Chance!)

Noch einmal: Ich glaube, Sie kennen nicht einmal die Struktur der griechischen Schul­den, und daher sollte man auch nicht von Schuldenschnitt reden. (Zwischenrufe bei den Grünen.) – Ich kenne sie auf den Euro genau, weiß, wo sie sind. Da sind Fonds dahinter, die das überhaupt nicht bewegen können, und daher kann man restrukturie­ren, aber keinen Schuldenschnitt vornehmen.

Außerdem sage ich Ihnen, das schlechteste Signal ist jedenfalls, wenn man jetzt in der letzten Verhandlungsrunde noch mit diesen Themen kommt. Jetzt muss ein Programm verhandelt werden. Das hat Griechenland beantragt, und es liegt in unserer Verant­wortung, das anständig zu verhandeln. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der SPÖ.)

Meine sehr geehrten Damen und Herren, bisher sind die Reaktionen der Märkte sehr verhalten. Es geht ein bisschen hinauf und ein bisschen hinunter, aber es ist kein gro­ßer Crash.

Wie schaut es nun mit den Risken Österreichs aus? Die habe ich schon einmal dar­gestellt: 1,6 Milliarden bilateraler Kredit, 3,9 Milliarden Haftung im EFSF, und dann ha­ben wir noch die sogenannten SMPs in der EZB. Alles basiert darauf, dass das Risiko dann schlagend werden wird, wenn der griechische Staat tatsächlich Insolvenz anmel­den muss. Wobei die schlagenden Fragen der Garantien zweitrangig sind, weil sie nicht mit Griechenland zusammenhängen, sondern mit den Fonds, in diesem Fall mit dem EFSF.

Zur Frage: Ist „Grexit“ die beste Lösung? – Nun gibt es welche, die sagen, ja natürlich, das ist die einzige Chance. – Ich sage, kurz- und mittelfristig ist das eine Katastrophe. Die griechischen Schulden steigen von 200 Prozent auf 400 Prozent. Jeder Import nach Griechenland – und Griechenland hat eine Industrialisierungsquote von 7 Pro­zent, Österreich hat eine von 23 Prozent – wird doppelt so teuer. Das Einzige, das dann billiger wird, ist der Tourismus, aber es wird niemand hinfahren, wenn es dort nichts zu kaufen gibt.

Meine Damen und Herren, ob das wirklich so vernünftig wäre, sollte man auch mit be­denken – neben der Frage, welcher Schaden auf der politischen Ebene, auf der geo­politischen Ebene, für die Währungsunion und für Europa entsteht.

Deshalb haben wir uns gemeinsam dazu bekannt, bis zur letzten Minute darum zu kämpfen, eine Lösung zu finden und Griechenland in der EU und im Euro zu halten. (Abg. Kuzdas: Schade, dass das der Strache nicht hört!) – Bitte? (Abg. Kuzdas: Der Strache sollte das hören! – Abg. Tamandl: Ja, weil es ihn nicht interessiert!) – Ja, der hört sicher draußen mit, ich bin überzeugt davon. (Beifall des Abg. Loacker.)

Daher war das auch – das möchte ich hier einmal mehr betonen – eine abgestimmte Linie, die wir in der Bundesregierung hatten und haben: Es wird bis zur letzten Minute


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darum gekämpft, ein Verhandlungsergebnis zu finden. Dazu stehe ich auch, und das machen wir.

Ich darf am Samstag, der Herr Bundeskanzler darf am Sonntag wieder nach Brüssel reisen, um da zu Lösungen zu kommen. (Ruf bei der FPÖ: Zum 725. Mal!)

Ich darf auch Ihnen diese Antwort geben: Wenn man bereit ist, dieses Erfolgsprojekt Europa als Friedensprojekt fortzusetzen … (Abg. Hübner: Wo ist das ein „Erfolgspro­jekt“?– Das sehen nur Sie nicht, weil Sie auf dem einen Auge ziemlich blind sind! (Bei­fall bei ÖVP, SPÖ, Grünen und NEOS. – Zwischenrufe bei der FPÖ.)

Meine sehr geehrten Damen und Herren, wenn man eine Partnerschaft ernst nimmt, dann hat man die unmittelbare Verpflichtung, bis zum letzten Punkt darum zu kämpfen, einen Kompromiss und eine Lösung zu finden. Dafür stehen wir! Und wenn wir am Sonntag scheitern, dann werden Sie alle ganz komisch dreinschauen. – Vielen herzli­chen Dank. (Beifall bei ÖVP und SPÖ sowie bei Abgeordneten von Grünen und NEOS.)

11.56


Präsident Karlheinz Kopf: Als Nächste gelangt Frau Abgeordnete Tamandl zu Wort. – Bitte.

 


11.56.28

Abgeordnete Gabriele Tamandl (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Bundeskanzler! Herr Finanzminister! Werte weitere Regierungsmitglieder! Sehr ge­ehrte Damen und Herren! Ich frage mich, wie die Freiheitliche Partei das sieht: Ihr Klubobmann und Bundesparteiobmann, Herr Strache, hält hier immer vollmundig Re­den – und dann geht er wieder. (Zwischenruf des Abg. Deimek.) Anscheinend interes­siert ihn die Debatte so wenig und interessieren ihn auch die Verhandlungen mit Grie­chenland so wenig! (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der SPÖ.)

Der Herr Finanzminister hat schon alles gesagt. (Abg. Deimek: Dann können Sie schon gehen!) Und es ist immer wieder so, im Budgetausschuss genauso wie hier: Wenn der Herr Finanzminister spricht, kann man eine Stecknadel fallen hören. Das bedeutet nichts anderes, als dass das, was er sagt, Hand und Fuß hat. Und er weiß tatsächlich, wie diese Verhandlungen gelaufen sind. (Zwischenruf bei der FPÖ.)

Wie die Freiheitliche Partei Verhandlungen sieht, das sehen wir ja: Im Ausschuss und hier im Plenum regen Sie sich immer auf, weil Sie nie dabei sind, weil Sie entweder vom Verhandlungstisch aufstehen oder an den Verhandlungen gar nicht teilnehmen. (Zwi­schenrufe bei der FPÖ.)

Ich glaube, dass wir da auf einem besseren Weg sind, indem wir nämlich mit den Grie­chen Vereinbarungen treffen, wie wir Ihnen tatsächlich helfen können.

Herr Kollege Strolz – jetzt ist er auch ganz leise – hat vorgeworfen, die Partner in Eu­ropa hätten keine Vorschläge unterbreitet. (Zwischenruf des Abg. Höbart.) – Ganz ehr­lich, wenn man dem Herrn Finanzminister jetzt zugehört hat, dann weiß man, dass sich die Partner in Europa jede Mühe gegeben haben, auch selbst Reformpakete auf den Tisch zu legen, denn ohne Reformen wird es nicht gehen. (Beifall bei der ÖVP. – Zwi­schenruf des Abg. Strolz.)

Wie wollen wir hier in Österreich und alle anderen europäischen Staaten unseren Völ­kern erklären, dass wir Reformen durchführen müssen, dass sie Reformen in Kauf nehmen müssen? Es wurde heute schon die Wirtschaft strapaziert. Wir machen Be­trugsbekämpfungsgesetze. Wir schauen, dass unsere Steuern eingetrieben werden. (Abg. Höbart: „Eingetrieben werden“, ja!) Wir stocken unseren Bereich Betriebsprü­fung auf, damit wir unser Steuersystem in Schuss halten. Und was machen die Grie­chen? – 70 Milliarden aushaftende Steuern, und da wird von einer Steueramnestie ge­sprochen, die künftig in Kraft treten soll.


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Wie soll denn das funktionieren? – Es gibt kein Grundbuch, keinen Kataster, es gibt kein funktionierendes Steuersystem, es gibt keine funktionierende Finanzverwaltung – und das muss man einfordern. Aber da kann man nicht immer wieder sagen, wir sollen vom Verhandlungstisch aufstehen und sollen die Griechen ziehen lassen. (Zwischenruf des Abg. Kogler.)

Der Herr Finanzminister hat es auch ganz klar angesprochen: Das wäre für die Grie­chen noch viel schlimmer, weil sich die gar nicht selbst erhalten können, weil sie so viel importieren müssen. Wie gibt es das, dass ein Land, das die gleichen klimatischen Voraussetzungen wie Italien und Spanien hat, Obst und Gemüse importieren muss in einem Ausmaß, das gar nicht vorstellbar ist.

Wir sind der Meinung, Solidarität ist angesagt – das ist überhaupt keine Frage –, und wir sind auch der Meinung, dass die Verhandlungen bis zum Schluss zu führen sind. Wir müssen schauen, dass wir ein Paket zusammenbringen, wo wir Reformen einfor­dern, wo sich die Griechen dazu bekennen, dass künftig Steuern eingetrieben werden, dass künftig auch auf den Inseln Steuern bezahlt werden. Bitte, auf den Inseln macht die Umsatzsteuer 30 Prozent weniger aus, obwohl dort der Tourismus floriert. Wie gibt es denn das, dass auf den Inseln 25 Prozent mehr Tourismusumsatz gemacht wird und 20 Prozent weniger Steuern bezahlt werden? – Das muss bekämpft werden, und es ist erforderlich, dafür Programme zu machen. (Beifall bei der ÖVP.)

Da heute auch immer wieder gesagt wird, das ist alles so schlimm, wir haben den ESM hier beschlossen und so weiter, darf ich Ihnen eines in Erinnerung rufen: Länder, die in den Programmen drinnen sind, wie beispielsweise Ungarn, Portugal, Irland, Spanien, Zypern, haben sich durchaus positiv entwickelt. (Abg. Rossmann: Zu welchen Kos­ten?) Die haben ein wesentlich besseres Wirtschaftswachstum, die haben eine besse­re Entwicklung, was die Arbeitslosigkeit beziehungsweise Beschäftigung betrifft, und sind jetzt auch, was die Leistungsbilanz beziehungsweise deren Defizite betrifft, in die positive Zone gekommen. Das heißt, die Programme greifen, aber die Länder müssen ihren Beitrag dazu leisten.

Ich darf auch an den Bundeskanzler appellieren, der ja in Griechenland war und Herrn Premierminister Tsipras auf die Schulter geklopft und gemeint hat, dass er ihn unter­stützen wird, und sagen: Herr Premierminister Tsipras hat sein Land in Geiselhalft ge­nommen und hat eine Abstimmung herausgefordert, wo er der Bevölkerung noch ge­sagt hat, dass sie mit Nein stimmen soll. Und ganz besonders arg ist, dass einige Ab­geordnete und einige Politiker der SPÖ es auch noch begrüßt haben, dass die Grie­chen mit Nein gestimmt haben, wie beispielsweise Kollegin Holzinger, die jetzt gerade wegschaut, weil sie ganz genau weiß, dass ich sie erwähne.

Das geht nicht! Wir tragen hier Verantwortung, und wir werden diese Verantwortung wahrnehmen. (Beifall bei der ÖVP. – Abg. Schieder: Aber es darf schon jeder seine ei­gene Meinung haben?!)

12.01


Präsident Karlheinz Kopf: Nun gelangt Herr Abgeordneter Themessl zu Wort. – Bitte. (Abg. Schieder – in Richtung ÖVP –: Gebt uns das Formular, mit dem man bei der Ta­mandl einreichen kann um seine eigene Meinung!)

 


12.01.41

Abgeordneter Bernhard Themessl (FPÖ): Herr Präsident! Herr Bundeskanzler! Mei­ne Dame und meine Herren auf der Regierungsbank! Werte Kolleginnen und Kollegen! Ich wende mich zuerst einmal an alle Zuschauer zu Hause, auch wenn jetzt Mittagszeit ist und die Gefahr besteht, dass ich Ihnen den Appetit verderbe: Wenn Sie jetzt die Ausführungen der SPÖ- und ÖVP-Abgeordneten gehört haben, dann müssen Sie ja zur


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Meinung kommen, zur Ansicht gelangen, dass in den nächsten Jahren bei solch „guter“ Zusammenarbeit unheimlich viel geschehen wird.

Diese Regierungsperiode geht, wenn sie ordnungsgemäß zu Ende geht, ja noch drei Jahre, und da frage ich Sie, liebe Zuseherinnen und Zuseher: Glauben Sie wirklich, dass diese Bundesregierung in der Lage ist, die Probleme, die wir in Österreich haben, zu lösen? (Abg. Lopatka: Mit dem Finanzminister!) – Ich glaube es nicht! Ich wünsche Ihnen, liebe Zuseherinnen und Zuseher, aber trotzdem noch einen guten Appetit! (Bei­fall bei der FPÖ. – Abg. Lopatka: Was haben Sie gegen den Finanzminister? Der ist der Wichtigste in der Bundesregierung!) – Ich habe gar nichts gegen den Finanzminis­ter, auf den komme ich dann noch zu sprechen, bei den strengen Richtlinien!

Herr Kollege Lopatka, ich bin der Letzte, der hier heraußen Herrn Tsipras verteidigen möchte, aber wenn Sie sagen, Herr Tsipras hat in den letzten fünf Monaten alles kaputt gemacht (Ruf bei der ÖVP: Nein! – Abg. Lopatka: Nein, nichts gemacht!), dann frage ich Sie: Was hat er kaputt gemacht? Hat er genau die „positive“ Arbeit Ihres konserva­tiven Kollegen Samaras der letzten fünf Jahre kaputt gemacht? (Beifall bei der FPÖ sowie bei Abgeordneten von Grünen und NEOS. – Zwischenruf des Abg. Kogler.)
Die hat ja dazu geführt, dass wir in dieser schrecklichen Situation sind. Was denken Sie sich eigentlich! Das, was Sie von sich geben, ist ja hanebüchen! (Zwischenruf der Abg. Fekter.)

Und jetzt komme ich zu Griechenland und zu einigen Aussagen von Ihnen. Herr Cap hat es ja richtig angesprochen: Wachstumsprogramme brauchen wir! Ich sage Ihnen, ich habe hier von diesem Rednerpult aus nach Ausbruch der Wirtschaftskrise im Jahr 2008, als es darum ging, das erste Hilfspaket zu verabschieden, das erste Geld – nach Befassung hier im österreichischen Parlament – nach Griechenland zu überwei­sen – das waren 454 Millionen € –, gesagt, dass das der völlig falsche Weg ist und dass überhaupt kein Weg an einem geordneten Austritt Griechenlands vorbeiführen wird. (Zwi­schenruf bei der ÖVP.)

Damals hat man vom ersten Rettungspaket gesprochen, von 120 Milliarden €. Und da haben Sie gesagt, ein „Grexit“ würde in etwa 300 Milliarden € oder mehr kosten. Herr Kollege Lopatka, in der Zwischenzeit haben wir 332 Milliarden € nach Griechenland ge­schickt, inklusive Schuldenschnitt, der stattgefunden hat. Jetzt frage ich Sie: Wie lange wollen Sie da noch zuschauen und so weitermachen? – Jetzt kommt das nächste Hilfs­paket? Das ist ja hanebüchen! (Beifall bei der FPÖ.)

Ich habe Ihnen von diesem Rednerpult aus auch gesagt, wenn man schon Geld hinun­terschickt, soll man es dazu verwenden, die Wirtschaft zu stabilisieren, um Arbeits­plätze zu sichern und keine sozialen Unruhen heraufzubeschwören. Sie haben mich ausgelacht, und heute kommt Herr Cap heraus und sagt, wir brauchen Wachstumspro­gramme. Darauf kommen Sie nach sieben Jahren?! – Na gratuliere! Und Sie sind ge­nauso. Das ist ja Unsinn! (Beifall bei der FPÖ.)

Das Land Griechenland hatte im Jahr 2008 343 Milliarden US-Dollar Wirtschaftswachs­tum, also BIP. Interessanterweise wird ja das Wirtschaftswachstum der Eurostaaten in allen internationalen Statistiken in US-Dollar ausgewiesen – das sagt auch etwas über die internationale Wertigkeit des Euro aus.

In der Zwischenzeit hatte Griechenland im Jahr 2014 ein BIP von 243 Milliarden US-Dollar. Das heißt, das Bruttoinlandsprodukt ist um 100 Milliarden US-Dollar gesunken! Was glauben Sie, wie jemand Schulden zurückzahlen kann, wenn er nichts verdient? Das geht ja gar nicht! (Beifall bei der FPÖ. – Abg. Höbart: So ist es!)

Ich sage Ihnen noch etwas: Es gibt einen alten Spruch, der lautet: Spare in der Zeit, so hast du in der Not! – Das hat keiner der europäischen Staaten gemacht, auch nicht Ös­terreich. Wir machen auch Jahr für Jahr Schulden, auch in den wirtschaftlich guten Zei­ten.


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Für Griechenland aber haben Sie bei all Ihren Programmen diesen Spruch umgedreht. Sie haben den Griechen vor Jahren gesagt: Spare in der Not, da hast du Zeit dazu! – Ja glauben Sie, dass das funktionieren kann? Was glauben Sie, woher die Griechen das Geld nehmen? (Abg. Rädler: Es ist nicht Fasching! – Weitere Zwischenrufe bei der ÖVP.)

Und jetzt geht das ungebrochen weiter. (Abg. Rädler: Raus aus der Bütt!) Herr Fi­nanzminister, Sie haben hier von strengen Richtlinien gesprochen und davon, dass sie eingehalten werden müssen. Sie haben auch gesagt, dass das Friedensprojekt Europa weitergeführt werden muss. Aber mit dieser Politik, die die EZB, die die EU-Staaten machen, wird genau dieses Friedensprojekt gefährdet. Es kommt zu sozialen Unru­hen – sehen Sie nach Spanien, nach Portugal, nach Griechenland! Das ist ja eine Ge­fährdung dieses Friedensprojektes, das ist ja das Wahnsinnige an dieser ganzen Sache.

Und jetzt frage ich Sie, Herr Bundesminister: Was funktioniert in dieser EU? – Bei Aus­bruch der Krise im Jahre 2008 gab es EU-weit 15 Millionen Arbeitslose. In der Zwi­schenzeit wurden über 600 Milliarden € verblasen, aus EFSF, ESM, und, und, und – mit dem „Erfolg“, dass im Jahr 2013 25 Millionen Europäer und Europäerinnen arbeits­los waren und jetzt immer noch 23 Millionen arbeitslos sind. (Zwischenbemerkung von Bundesminister Schelling.)

In Griechenland, in Spanien, in Portugal hat jeder zweite Jugendliche keinen Arbeits­platz – und dann reden Sie von einem Friedensprojekt und dessen Schutz?! Das passt doch nicht zusammen. (Beifall bei der FPÖ. – Neuerliche Zwischenbemerkung von Bun­desminister Schelling.)

Jetzt komme ich zu den strengen Richtlinien, die Sie einfordern. Wissen Sie, meine Damen und Herren von Rot und Schwarz, alle, die schon länger hier im Parlament sitzen, kennen wahrscheinlich dieses Büchlein, das „Euro-Buch“ (der Redner hält die­ses in die Höhe), herausgegeben von einer rot-schwarzen Bundesregierung im De­zember 1997.

Und jetzt komme ich dann zu ein paar Aussagen des Herrn Finanzministers. (Bundes­minister Schelling: Haben Sie zugehört?) Dieses Büchlein strotzt vor Fehleinschät­zungen und Richtlinien, die Sie nie eingehalten haben – nicht nur die Griechen, auch andere Länder nicht!

Ich bringe Ihnen nur zwei Beispiele. Da steht ganz klar drinnen: Die Währungsunion wird die Ungleichheit im Wohlstand, bei sozialen Leistungen, Steuern und dem wirt­schaftlichen Entwicklungsstand in der Europäischen Union nicht auflösen. Ebenso wie in den USA gibt es trotz einheitlicher Währung heute noch große Unterschiede im Wohlstand, und, und, und. Und weiters: Für das Funktionieren einer gemeinsamen Wäh­rung ist die vollständige Anpassung der Preise, Löhne und Gehälter und letztlich des Wohlstandes nicht entscheidend.

Herr Finanzminister, die Stabilität einer Währung ist das Spiegelbild einer funktionie­renden Wirtschaft eines Landes – und nichts anderes! Das ist eine krasse Fehlein­schätzung, die es damals schon gegeben hat.

Jetzt komme ich zu Ihren strengen Richtlinien, die aber niemand einhält. In diesem Büch­lein steht weiters:

Weiterhin kann jedem Mitgliedstaat durch einen einstimmigen Beschluss aller EU-Mit­glieder finanziell geholfen werden. Der Maastricht-Vertrag, Artikel 103a, sieht dies je­doch nur für außergewöhnliche Ereignisse, wie zum Beispiel Erdbeben oder Naturka­tastrophen, vor.

Und dann steht hier ganz klar und ausdrücklich: Eine hohe Staatsverschuldung kann jedoch nicht als solches außergewöhnliches Ereignis erkannt werden. – Zitatende.


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Und was machen Sie? – Wir haften für andere Mitgliedstaaten. Wir halten uns selbst nicht daran. Das erste Land in der EU, das sich an die Maastricht-Kriterien nicht ge­halten hat, war übrigens Deutschland. (Beifall bei der FPÖ.)

12.09


Präsident Karlheinz Kopf: Nun gelangt Herr Abgeordneter Dr. Matznetter zu Wort. – Bitte.

 


12.09.34

Abgeordneter Dr. Christoph Matznetter (SPÖ): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine Damen und Herren hier im Hohes Haus! Meine Damen und Herren vor den Fernsehschirmen! Ich bin ja selten mit Kollegen Themessl einer Meinung, aber manche der Dinge, die er hier gesagt hat, entbehren nicht einer gewissen Wahrheit. Das Pro­blem ist nur, Herr Kollege, der Hauptadressat dafür wäre Ihr eigener Klubobmann HC Strache gewesen, nur ist der mit Kollegem Kickl abhandengekommen (Ruf bei der FPÖ: Der ist kränklich!), denn der hat ja das Gegenteil von dem, was Sie als richtig erkennen, hier vorgeschlagen. (Abg. Neubauer: Wo ist euer Klubobmann Schieder? Wo ist der Herr Bundeskanzler bei seiner Erklärung? Der Herr Bundeskanzler ist bei seiner eigenen Erklärung nicht da! Das ist doch ein Witz!) – Es geht nicht darum, hier zu sein, sondern darum, dass Herr Kollege Themessl bei Dingen recht hat, die kontra­diktorisch zu den Ausführungen von Herrn Strache sind.

Ich halte mich damit nicht lange auf, denn ich glaube, diesbezüglich sind wir ziemlich einer Meinung, Griechenland wird umfassende Strukturreformen benötigen. (Abg. Kas­segger: Und nicht machen!) Ich möchte das Augenmerk aber auch darauf richten, wer alles noch Strukturreformbedarf hat.

Die Geschichte mit dem Grexit ist jetzt, glaube ich, auch durch den Herrn Finanzmi­nister klargestellt. Undenkbar also eine Lösung à la HC Strache. (Zwischenruf des Abg. Zanger.– Nicht einer Meinung.

Noch einmal, auch für die einfachsten Gemüter (Abg. Belakowitsch-Jenewein: Also für Sie selbst!): Wenn heute die Drachme eingeführt wird, wird sie sofort – da werden Sie mir zustimmen – im Minimum auf die Hälfte des Wertes abwerten. Und in welcher Währung sind die Schulden Griechenlands, in Drachmen oder in Euro, Herr Kollege? In Euro! Hallo, rechnen! Das heißt, sie verdoppeln sich in der Sekunde. Und die Wirt­schaftsleistung in US-Dollar, wie Ihnen Ihr Fraktionskollege Themessl gerade erklärt hat, wie wird sich die dann entwickeln, Herr Kollege? Und wie wird die Relation zum Euro ausschauen, Herr Kollege?

Daher stimmt die Rechnung von Hans Jörg Schelling: Die Griechen hätten dann 400 Pro­zent Schulden. – Einen solch unsinnigen Weg zu empfehlen, das kann wirklich nur Stra­che! (Beifall bei SPÖ und ÖVP, bei Abgeordneten der Grünen sowie der Abg. Meinl-Reisinger. – Abg. Neubauer: Das war schon gut, dass Sie nicht mehr Staatssekretär sind!)

Aber zu unseren Hauptproblemen, die wir haben: Die Strukturreform braucht auch die Wirtschafts- und Währungsunion, die wir heute haben. Wir haben eine gemeinsame Währung eingeführt. Wir haben einen Binnenmarkt der 28 Länder, aber es gibt keine Struktur, die berücksichtigt, wie man den unterschiedlichen Wertschöpfungsgrad der Regionen im Binnenmarkt ausgleicht.

Um das auch den Damen und Herren vor dem Bildschirm so zu erklären, dass man es auch versteht, zeige ich es am Beispiel Österreich: Nehmen wir an, die Europäische Union wäre Österreich, und eine kleine Region – die Heimatregion des Kollegen Lo­patka in der Oststeiermark oder ein Zipfel vom Waldviertel –, die in den letzten 2 000 Jah­ren noch nie eine Wertschöpfung hatte, die ausreichend war, wäre ein autonomer Mit-


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gliedstaat. Und dann hätten wir noch das System, dass jede dieser Regionen ihre Steuern selbst einhebt.

Wissen Sie, wie viel Wien da kriegen würde, wenn das nicht an das Finanzministerium fließen würde? (Abg. Belakowitsch-Jenewein: Nichts, denn Wien ist bankrott!) – Das Zwei- bis Dreifache jenen Anteils, den es über den Finanzausgleich hat, weil hier die Firmensitze sind, weil hier die Zentralen sind.

Und dann würde mit dem Waldviertel diskutiert und gesagt werden: Freunde, ihr könnt ja nicht einmal genug zum Leben produzieren, und dann kommt ihr auch noch und macht Schulden! Es würde über Jahre eine ungleiche Bilanz erstellt werden, und dann würden wir uns wundern, dass die nicht mehr zahlen können. – Das funktioniert nicht und kann nicht funktionieren!

Deswegen haben wir in Österreich einen Finanzausgleich, deswegen heben wir die Steuern zentral ein und verteilen sie an alle. Das ist das funktionierende System. Fehlt dieser Teil, dann haben wir in der gesamten Europäischen Union, aber vor allem in der Eurozone ebenfalls weiterzuarbeiten, weil wir auch reformpflichtig sind, nicht nur die griechischen Freunde.

Die Handelsbilanzungleichheiten funktionieren nämlich nicht auf Dauer. Ein Kaufmann, der seine Kunden jeden Tag anschreiben lässt, wird am Ende kein Geld bekommen und zusperren müssen. Das geht nicht.

Zur Rolle der EZB: Es gibt einen ganz guten Artikel in der gestrigen Ausgabe des „Standard“ von András Szigetvari dazu, wie viel Schuld eigentlich die EZB dazu bei­trägt.

Finanzminister Schelling hat uns im Budgetausschuss zu Recht darauf hingewiesen, dass die 90 Milliarden ELA-Kredite ja kein weiterer Kredit der anderen Mitgliedstaaten sind. Das ist eine Verrechnungsposition der griechischen Nationalbank. Es ist nicht die EZB, die das zur Verfügung stellt. Sie darf nur mitreden und es genehmigen oder ver­bieten, damit nicht eine nationale Notenbank das Geldvolumen beliebig ausweitet.

Aber in Zeiten von 0,2 Prozent Inflation, in denen die EZB selbst einen 1 600-Milliar­den-Kauf von Wertpapieren vornimmt, zu sagen, das Mitgliedsland Griechenland dürfe nicht mehr mehr als 90 Milliarden haben, ist eine reine Strafsanktion, ist sachlich nicht gerechtfertigt. Das ist ein Strangulieren-Wollen, damit es dort eskaliert.

Herr Kollege Lopotka, das ist keine Partnerschaft. (Ruf bei der FPÖ: Lopatka!) Grie­chenland wird massiv unter Druck gesetzt! Und der Weg des Bundeskanzlers, zu re­den und für eine vernünftige Lösung zu sorgen, ist tausendmal besser, als das Schoß­hündchen für deutsche Politiker zu sein. (Beifall bei der SPÖ sowie bei Abgeordneten der Grünen. – Zwischenrufe bei der ÖVP.)

Da nehme ich die Frau Merkel und unsere eigenen Freunde von der SPD nicht aus: zaudern, zögern und nur Partikularinteressen vertreten. Und hier wird Ihre Partnerschaft gefordert sein – und das wäre die bessere Aufgabe, die Sie erfüllen können, als hier Brandreden zu halten, Herr Lopotka (Ruf bei der FPÖ: Lopatka!), in unserer Partner­schaft.

Reden Sie einmal mit Frau Merkel oder mit Herrn Seehofer – dem wirtschaftspoliti­schen Kapazunder aus München. (Ruf bei der FPÖ: Einmal geht es noch: Lopotka!) Das sind die Scharfmacher in der deutschen Innenpolitik, die provozieren das. Das wä­re ein besserer Dienst, als hier von diesem Rednerpult aus solche Reden zu halten. (Beifall bei der SPÖ. – Zwischenrufe.) – Auch nicht besser, wir machen es ja. Wir re­den offen mit denen. Falsche Position. Der Bundeskanzler hat die richtige Position – übrigens, Hans Jörg Schelling auch besser. (Abg. Lopatka: Franz Vranitzky! Orientie­ren Sie sich an Franz Vranitzky! – Weitere Zwischenrufe bei ÖVP und FPÖ.) Aber Herr Lopotka (Rufe: Lopatka!) hat sie nicht.


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In diesem Fall: mehr Schelling, weniger Lopotka – weniger Merkel und mehr Werner Faymann! (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Lopatka: Wo ist Faymann? Wir wollen Fay­mann sehen!)

12.16


Präsident Karlheinz Kopf: Als Nächster gelangt Herr Abgeordneter Mag. Rossmann zu Wort. – Bitte. (Abg. Lopatka: Herr Rossmann, wissen Sie, wo der Herr Bundes­kanzler ist? – Ruf bei der ÖVP: Das war der rote Faschingsprinz, jetzt kommt der Herr Professor! – Weitere anhaltende Zwischenrufe.)

 


12.16.18

Abgeordneter Mag. Bruno Rossmann (Grüne): Herr Präsident! Herr Minister! Frau Ministerin! Hohes Haus! Herr Lopatka (Abg. Lopatka: Ja!), das ist schon ein starkes Stück: Sie stellen sich hier heraus, haben keinen einzigen Lösungsvorschlag für die Griechenland-Problematik gemacht, unterstellen aber Tsipras Manipulation und unter­stellen ihm, dass er innerhalb von fünf Monaten nicht in der Lage gewesen wäre, die Missstände der Vorgängerregierungen zu beseitigen! (Abg. Lopatka: Das war nicht ich, das war Schulz! – Zwischenruf der Abg. Fekter.)

Herr Lopatka, jetzt frage ich Sie: Was haben Sie zur Aufklärung der Missstände der schwarz-blauen Regierung zwischen 2000 und 2006 beigetragen? – Das beantworten Sie uns einmal! (Beifall bei den Grünen. – Zwischenrufe bei der ÖVP.)

Nun beginne ich mit einem Witz, aber einem ernst gemeinten Witz, entnommen habe ich ihn einem Essay des slowenischen Philosophen Slavoj Žižek:

„Ein junger Grieche sucht das australische Konsulat in Athen auf und fragt nach einem Arbeitsvisum. ,Warum wollen Sie Griechenland verlassen?‘, fragt der Beamte. ,Aus zwei Gründen‘, antwortet der Grieche. ,Erstens‘ (Abg. Lopatka: Tsipras!) – nein, hören Sie einmal zu! – ,befürchte ich, dass Griechenland die EU verlassen wird, was zu noch mehr Armut und Chaos im Land führen wird ...‘ – ,Aber‘, unterbricht ihn der Beamte, ,das ist totaler Unsinn, Griechenland wird in der EU bleiben und sich der Finanzdisziplin unter­werfen!‘ – ,Tja‘, entgegnet der Grieche ruhig, ,das ist mein zweiter Grund.‘“

Und dieser Witz ist wirklich ein ernsthafter (Abg. Lopatka: Den hat nicht einmal der Kogler verstanden!) und zeigt in Wirklichkeit das Dilemma, vor dem sich die europäi­sche Politik und die Lösung der Griechenland-Frage befinden. (Abg. Rädler: Vorschlag, Herr Professor!) – Kommt noch.

Der Kampf, der sich im Moment vor unseren Augen abspielt, ist ein Kampf um mehr Demokratie; nicht Demokratie im Merkel’schen Sinn von marktkonformer Demokratie. Es ist aber auch ein Kampf um die europäische ökonomische und politische Leitkultur.

Es hat hier sehr viele Reden gegeben, in denen immer wieder betont wurde, was Griechenland tun muss – Griechenland muss, Griechenland muss, Griechenland muss (Abg. Lopatka: Na wer sonst?!) –, aber nur sehr wenige, in denen gesagt wurde, was die Euro-Gruppe machen muss (Abg. Lopatka: Wir haben schon viel gemacht! – Abg. Fekter: … gezahlt, gezahlt, gezahlt! Milliarden gezahlt!), welche Aufgaben und Verant­wortung die Euro-Gruppe wahrnehmen muss.

Die politischen Eliten der Union haben ein Regelwerk entworfen, stülpen dieses Re­gelwerk nicht nur über Griechenland drüber, sondern auch über alle anderen europäi­schen Staaten – Austeritätspolitik, Kürzungspolitik ohne Ende (Abg. Lopatka: Nein!) – und sind allen Ernstes der Meinung, das, was sie hier vorschlagen, sei völlig ideologie­frei. Mitnichten ist das ideologiefrei! Das ist nur eine andere Ideologie als andere Staa­ten, darunter auch die Syriza-Regierung, verfolgen.

Wenn die Regierung Syriza mit diesem Regelwerk, das ihnen übergestülpt wird, nicht einverstanden ist und grundsätzlichere Fragen in Bezug auf die Ausrichtung der euro-


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päischen Politik aufwirft, dann heißt es gleich: Sie wollen sich vor den konkreten Lö­sungen drücken! Aber wozu haben denn diese Regulierungsmaßnahmen in Griechen­land und in der Europäischen Union geführt? (Abg. Lopatka: Wo ist Ihr Vorschlag?) Wozu hat denn dieses endlose Spardiktat geführt? Griechenland hat sechs Sparkurse hinter sich, mit einer Schrumpfung des Bruttoinlandsproduktes von mehr als 20 Pro­zent.

Blenden wir einmal zurück ins Jahr 2010! Bei den Prognosen für das Jahr 2011 hat es geheißen: Mit einer Schrumpfung von 4 Prozent wird Griechenland aus der Krise he­rauskommen. Mittlerweile sind wir bei mehr als 20 Prozent. Da kann doch irgendetwas nicht stimmen an diesem Kürzungs- und Spardiktat! Es funktioniert schlicht und einfach nicht. (Abg. Lopatka: Warum hat es in Irland funktioniert, in Portugal?) Es kann nicht funktionieren!

Wie hoch war denn der Preis in Irland, Herr Kollege? Schauen Sie sich einmal die Arbeitslosenquoten an, in Griechenland und überall! (Abg. Lopatka: Die Arbeitslosig­keit geht zurück in der Eurozone!) Und schauen Sie sich an – darauf werde ich noch zu sprechen kommen – einen Vergleich zwischen der Eurozone und der USA! Eine Ver­längerung dieses Spardiktates – und darüber hat Griechenland in dieser Abstimmung befunden – würde das Ganze nur noch verschärfen. Und ich verstehe, warum die Griechen in diesem Referendum Nein gesagt haben. (Beifall bei den Grünen.)

Die Folgen dieser Kürzungspolitik sind ja sattsam bekannt. Das, was Griechenland ge­genwärtig erlebt, haben wir in Europa in den Auswirkungen seit der Weltwirtschafts­krise 1929 nicht mehr erlebt. Es ist ein humanitäres und soziales Desaster ausgebro­chen. 40 Prozent der Kinder leben in Armut, die Säuglingssterblichkeit steigt rasant an, und wir erleben eine Jugend ohne Zukunft. 50 Prozent Jugendarbeitslosigkeit! Und ich denke, genau das dürfen und wollen wir in Europa nicht zulassen. Das ist eine Schan­de für Europa! (Beifall bei den Grünen sowie bei Abgeordneten der SPÖ.)

Am Prüfstand im Zusammenhang mit der Lösung der Griechenland-Politik steht näm­lich die gesamte Wirtschaftspolitik der Europäischen Union. Die Wirtschaftspolitik der Europäischen Union baut auf zwei Bausteinen auf: Erstens: Kürzungspolitik ohne En­de, Austeritätspolitik um jeden Preis. Zweitens: Stärkung der Wettbewerbsfähigkeit, und die wird zum Dogma erhoben.

Vergleichen wir die Entwicklung in den USA und die Entwicklung der Eurozone nach der Krise 2007, dann sehen wir, dass das Wirtschaftswachstum in den USA steil nach oben geht, dort ist man weit über dem BIP-Niveau des Jahres 2007. (Abg. Lopatka: Das ist Ihr Modell, die USA? Das werden wir uns merken!) Die Eurozone wird vielleicht gerade einmal heuer das Niveau von 2007 erreichen. Die Arbeitslosenquote in den Eurozoneländern steigt, in den USA sinkt die Arbeitslosenquote. Trotz des Austeritäts­kurses steigen die Staatsschulden in fast allen Ländern. Ich würde aber sagen: gerade deshalb! Nicht trotz des Austeritätskurses, sondern genau deshalb, weil es diesen gibt! Und es steht jetzt ein Kurswechsel in Europa an. Es steht ein Kurswechsel an! Es kann nicht darum gehen, dass pausenlos nur auf Griechenland und auf das, was Griechenland machen muss, geschielt wird. Dort rennt sicher vieles falsch, und da ist auch viel Richtiges gesagt worden; Werner Kogler hat schon auf vieles hingewiesen. Aber es geht auch um die Zukunft der Eurozone, um die Zukunft Europas. (Beifall bei den Grünen.)

Jetzt besteht die Chance für einen einmaligen Kurswechsel in Europa. Und diese Chan­ce muss wahrgenommen werden. Es besteht die Chance für eine Zeitenwende, weg von einer Kürzungspolitik ohne Wenn und Aber hin zu einer sozialen und ökologischen Politik in Griechenland, aber auch in der EU. Wir brauchen in Europa schlicht und ein­fach eine Rückkehr zu dem, was wir den alten Wohlfahrtsstaat genannt haben. Wer das heute fordert – Syriza fordert im Prinzip nichts anderes –, wird sofort ins Lager der


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radikalen Linken eingeordnet. Vor 30, 40 Jahren war das noch das Standard-Reper­toire sozialdemokratischer Politik in den skandinavischen Staaten, von Dänemark bis zu Schweden. Warum wir zu dem heute nicht mehr zurückkehren, verstehe ich wirklich nicht.

Wie kann ein Kurswechsel gelingen? Und ein Kurswechsel, da bin ich mir ganz sicher, muss gelingen. Er kann nicht gelingen, wenn wir den technokratischen Eliten in Eu­ropa dieses Projekt weiter überlassen! (Beifall bei den Grünen.)

Was notwendig ist, ist eine politische Entscheidung. Nicht der ECOFIN-Rat mit Tech­nokraten à la Dijsselbloem soll das entscheiden! Nein! Der Europäische Rat soll am Sonntag eine Entscheidung darüber treffen, wie es in Griechenland weitergeht, wie es in Europa in der Zukunft weitergeht.

Zweitens wird es notwendig sein, die gegenseitigen Schuldzuweisungen ad acta zu legen. Es wird daher notwendig sein, dass die Staaten viel stärker aufeinander zuge­hen und sich nicht mehr gegenseitig Verschiedenstes an den Kopf werfen. Und ja, Griechenland muss ein tragfähiges Zukunftsprogramm entwerfen. Das steht außer Fra­ge! Aber es muss auch ein humanitäres Programm geben, das jenes Desaster be­seitigt, das die Politik der letzten Jahre, die europäische Politik der letzten Jahre ange­richtet hat. Das braucht es.

Und die Eurozone muss endlich erkennen, dass dieser Kürzungskurs, die Spardiktate des Austeritätskurses gescheitert sind. (Beifall bei den Grünen sowie bei Abgeordneten der SPÖ.)

Was es braucht, ist ein sozial-ökologisches Wachstumsmodell zum Nutzen aller in Eu­ropa, vom Süden bis zum Norden. Es geht um uns alle! Es geht um dich, um mich, es geht um die Griechen, es geht um die Leute und Menschen in den baltischen Staaten und dergleichen mehr. Und dafür muss sich der Herr Bundeskanzler beim kommenden Rat am Sonntag einsetzen. Es steht einfach zu viel auf dem Spiel. Gelingt das nicht, droht die Eurozone auseinanderzubrechen – mit hohen Kosten. Die Eurozone könnte nur allzu leicht – das sollte man sich schon vor Augen halten – am Misthaufen der Ge­schichte landen. Und mit ihr der Wohlfahrtsstaat europäischen Zuschnitts. Das ist das Letzte, was wir brauchen könnten. – Vielen Dank. (Beifall bei den Grünen sowie bei Abgeordneten der SPÖ.)

12.27


Präsident Karlheinz Kopf: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Dr. Winzig. – Bitte.

 


12.27.30

Abgeordnete Dr. Angelika Winzig (ÖVP): Herr Präsident! Geschätzte Damen und Her­ren der Bundesregierung! (Abg. Belakowitsch-Jenewein: Damen sind keine da!) Ge­schätzte Kolleginnen und Kollegen! Die Zeitungen haben die griechische Tragödie vom letzten Sonntag mit der Schlagzeile „Des Griechen Wille ist sein Himmelreich“ betitelt. In Wahrheit ist es ein Himmelfahrtskommando für die griechische Bevölkerung. (Beifall bei der ÖVP.)

Während die Länder, die in Not geraten sind, Reformprozesse eingeleitet haben, hat sich Griechenland diesen verweigert, obwohl die Troika auch sehr vernünftige Vor­schläge gemacht hat. Das Reformpotenzial ist grenzenlos. Und es gibt nicht nur die großen Themen, es gab auch kleine, kurzfristige Maßnahmen zur Belebung der Wirt­schaft.

Griechenland hat eine sehr restriktive Wirtschaftsstruktur, in vielen Bereichen, in vielen Branchen mit limitierten Konzessionen. Und es ist oft einfacher, Konzessionen zu ver­kaufen, als selber ein Geschäft zu führen. Der Industriesektor ist kaum vorhanden, ob­wohl ganz Europa längst auf Reindustrialisierung setzt, es gibt eine hohe Import- und


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eine niedrige Exportquote, „Verstaatlichung statt Privatisierung“ ist das Motto. Auch un­sere ehemaligen staatlichen defizitären Zuschussbetriebe wie die Voest, wie die Len­zing AG haben sich erst durch die Privatisierung zu erfolgreichen Industriebetrieben entwickelt. (Beifall bei der ÖVP.)

Ein Grundbuch ist nicht vorhanden. Welcher Investor investiert, um unternehmerisch tätig zu sein, ohne Rechtssicherheit?! Die hohen Rüstungsausgaben sind schon ange­sprochen worden, die sich weder mit dem Türkei-Konflikt noch mit der nato-Mitglied­schaft rechtfertigen lassen. Eine zeitgemäße Finanzverwaltung fehlt, sodass selbst die Europäische Kommission vorschlagen musste, die Einhebung der Immobiliensteuer über die Stromrechnung abzuwickeln.

Und die EU-Förderungen, die bei uns in den Regionen sehr gute wirtschaftliche Wir­kungen hatten – denken Sie nur an das Burgenland! –, konnten nicht abgeholt werden, weil die Strukturen fehlten, obwohl die EU sogar auf die Kofinanzierung verzichtet hat. Und ich glaube nicht, dass es eine organisatorische Meisterleistung war, bei uns LEADER-Regionen aufzubauen. Auch das Abkommen für Finanzen und Steuern, das die Schweiz schon vor fünf Monaten angeboten hat, wurde nicht in Angriff genommen.

Da gäbe es jetzt noch viele Reformbeispiele, Fakt ist: Die Bringschuld, was die Re­formen betrifft, wurde von der griechischen Regierung nicht erfüllt.

Griechenland steht jetzt kurz vor einem totalen Zusammenbruch, und ich sehe auch die Unterstützungsbereitschaft der europäischen Steuerzahlerinnen und Steuerzahler nur in sehr geringem Maße.

Ich kann zwar einen greisen Kubaner verstehen, dass er zu dem Referendums-Nein gratuliert, was ich aber nicht verstehe und was ein Hohn für die österreichischen Steu­erzahlerinnen und Steuerzahler ist, ist die Gratulation der SPÖ-Landesrätin aus Ober­österreich Jahn sowie von der Abgeordneten Holzinger aus Vöcklabruck. Das ist ein Hohn für unsere Steuerzahlerinnen und Steuerzahler – noch dazu mit der Anmerkung: Jetzt kann Griechenland ohne Druck von Europa Arbeitsplätze schaffen.

Bruno Kreisky hat einmal den Ausspruch zu einem jungen Journalisten getätigt: „Herr Redakteur, lernen S’ Geschichte!“ – Ich kann den Kollegen nur empfehlen: Lernen Sie auch Volkswirtschafts- und Betriebswirtschaftslehre, damit Sie endlich wissen, wie Ar­beitsplätze geschaffen werden! Nämlich durch das Engagement von Unternehmerin­nen und Unternehmern – und nicht durch den Missbrauch der Solidarität Europas und nicht durch den Missbrauch der österreichischen Steuerzahlerinnen und Steuerzahler durch den populistischen griechischen Regierungschef Tsipras. (Beifall und Bravorufe bei der ÖVP.)

12.31


Präsident Karlheinz Kopf: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Ing. Lugar. – Bitte.

 


12.31.21

Abgeordneter Ing. Robert Lugar (STRONACH): Herr Präsident! Hohes Haus! Ja, das griechische Volk leidet, aber es gibt auch andere Völker auf dieser Welt, die leiden. Nur: Der Unterschied ist der, dass viele Völker, die auf diesem Planeten leiden, in einer Diktatur leben und sich deshalb nicht selbst helfen können. Das griechische Volk lebt in keiner Diktatur. Das griechische Volk könnte sich selbst helfen und müsste nicht weiter leiden, aber anscheinend will das griechische Volk sich nicht selbst helfen. Ganz im Gegenteil: Wenn es darum geht, etwas zu verändern, wird zu 60 Prozent mit Nein ge­stimmt.

Schauen wir uns einmal an, wie sich das griechische Volk sehr wohl selbst helfen könnte! Erstes Beispiel: Allein die Steuerschuld des griechischen Volkes beim Finanz­amt beträgt 70 Milliarden €. Das heißt, wenn die Griechen eine Volksabstimmung ma-


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chen würden und zu 60 Prozent dafür stimmen würden, dass sie endlich diese Steu­erschulden von 70 Milliarden dem Staat geben, dann hätte Griechenland bis 2018 kein Problem, denn bis 2018 brauchen sie angeblich nur 50 Milliarden €. Das heißt, sie könnten aus eigener Kraft das ohne Probleme stemmen, aber das griechische Volk sagt Nein. Und die Frage ist jetzt: Was sagen wir da dazu?

Oder, ein zweites Beispiel: Herr Schieder hat gesagt, die Lösung des Problems sei der Hafen von Piräus, dort brauchen sie neue Gleisanlagen. – Die Lösung wäre noch viel einfacher: Man bräuchte nur den Verwaltungsapparat in Griechenland auf das Maß zu reduzieren, wie wir es in Österreich haben. Die Griechen haben doppelt so viele Staatsbedienstete, doppelt so viele! Auch da könnten die Griechen mit 60 Prozent in einer Umfrage sagen: Ja, das wollen wir! Aber was sagen die Griechen? – Sie sagen nein. Und die Frage ist: Was sagen wir?

Noch ein treffenderes Beispiel: Herr Varoufakis wurde gefragt, warum er denn nicht die Mehrwertsteuer ganz leicht erhöhen will. Wissen Sie, was er geantwortet hat, der Herr Varoufakis, der Herr Oberfinanzminister? – Das bringt nichts, denn wir sind ja bisher nicht in der Lage gewesen, die bestehende Mehrwertsteuer einzuheben; was würde das dann bringen, wenn wir die Mehrwertsteuer erhöhen?

Na, da könnten wir einmal die griechische Bevölkerung abstimmen lassen: Wollt ihr ei­nen Staat, der seine Mehrwertsteuer einhebt? Die könnten mit 60 Prozent Ja sagen, aber nein, das griechische Volk hat Nein gesagt. Jetzt ist die Frage: Was sagen wir dazu? Was sagen wir dazu, wenn die griechische Bevölkerung einfach nicht will? Mei­ne Antwort ist ganz einfach: Die griechische Bevölkerung kann machen, was sie will. Das spielt überhaupt keine Rolle, was die machen, ob die ihre Steuern einheben, ob die dreimal so viele Beamte haben wie wir, es ist egal, was sie machen. Nur: Die Frage ist, ob wir dafür zahlen wollen!

Das ist die zentrale Frage! Da geht es nicht um Euro und um Zusammenbruch. Das ist alles egal, da passiert gar nichts. Wenn die Griechen tatsächlich aus der Eurozone ausscheiden oder wenn sie Schuldscheine vergeben oder den Euro umstempeln, ei­nen „griechischen Euro“ daraus machen, dann wird uns das alle nicht belasten, aber es wird die Griechen belasten, und zwar sehr. Und das weiß auch der Herr Tsipras; der ist ja nicht dumm.

Was glauben Sie, warum er sechs Monate verhandelt und dann, wenn die Verhand­lungen kurz vor dem Abschluss stehen, diese selbst mit einer Volksabstimmung torpe­diert und das eigene Volk dazu motiviert, dagegen zu stimmen? Na, was glauben Sie, warum? – Der will ja gar nicht! Der will ja gar nicht, dass dieses Hilfsprogramm wei­tergeht, denn dann müsste er Reformen machen, und das will er nicht. Denn das Ein­zige, was ihm gefährlich werden könnte, sind Reformen. Der Euro ist ihm egal, die Schulden sind ihm egal, das ist ihm alles egal. Das Einzige, was für ihn zählt, ist: Wenn ich im eigenen Land Reformen mache, dann werde ich nicht wiedergewählt!, weil das in Griechenland einfach so funktioniert. Die Griechen wollen keine Steuern zahlen, die haben sich da wunderbar eingerichtet in ihrem System, die leben so, und das ist auch gut so. Ich will auch aus den Griechen keinen besseren Deutschen machen. Das wird auch nicht funktionieren. (Beifall beim Team Stronach.)

Es geht nicht darum, den Griechen da irgendwelche guten Ratschläge zu geben. Es geht darum, zu entscheiden, ob wir dafür zahlen wollen. Das ist die zentrale Entschei­dung!

Herr Schieder hat da ein Problem damit, weil er sagt, er ist Sozialist. Da vergisst er dann das Demokratische natürlich. In dem Moment vergisst er es, denn wenn es da­rum geht, das Volk zu befragen, da vergisst man natürlich, dass man Sozialdemokrat ist. Da ist man dann Sozialist, und als Sozialist muss man zu seinem Partner stehen!


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Und dass der Herr Finanzminister das jetzt auch so sieht, hat er heute auch gesagt: Man muss zu seinem Partner stehen!

Jetzt frage ich Sie einmal, Herr Minister: Wie ist das zum Beispiel, wenn in einer Familie der Mann, anstatt dass er das Geld nach Hause bringt, es am Abend im Wirts­haus durchbringt, das ganze Geld versäuft und die Kinder zu Hause Hunger haben und die Frau immer wieder sagt: So geht es nicht weiter!, und der Mann immer wieder sagt: Ja, ich werde mich bessern, das wird nie wieder vorkommen!, wenn jahrelang das Geld versoffen wird und sich keiner um die Kinder kümmert? Was ist dann mit der Part­nerschaft? Wie lang soll die Frau dann noch zusehen? Wie lang wollen wir den Grie­chen noch Glauben schenken, wie lange? (Bundesminister Schelling: Herr Lugar, bis Sonntag!) – Bis Sonntag, ganz genau! Ich hoffe, dass Sie nicht über die Hintertür ir­gendwelche Kunstgriffe auspacken, um die Griechen wieder mit Geld zu versorgen, wo sie uns doch tausendfach, hunderttausendfach bewiesen haben, dass sie einfach nicht wollen.

Wenn andere sagen, das ist nicht zu schaffen, dann stimmt das nicht. Lettland hatte – genauso wie Griechenland – 2009 die gleiche Situation. Lettland ist absolut vergleich­bar mit Griechenland. Lettland hat genauso eine BIP-Schrumpfung von einem Viertel hinnehmen müssen, genauso viel Arbeitslosigkeit, ist also das absolut gleiche Beispiel. Der Unterschied ist nur der, dass Lettland damals, 2009, die richtigen Entscheidungen getroffen hat, nämlich harte Einschnitte zu machen, ein Sparprogramm zu fahren und die Verwaltung zu reduzieren – all das, was jetzt die Troika will und was so furchtbar ist in den Augen der Linken. All das hat Lettland gemacht, und Lettland steht heute gut da, weil sich die lettische Bevölkerung hinter ihre Regierung gestellt und gesagt hat: Ja, wir wollen aus eigener Kraft aus dieser Misere raus! Und die Griechen stellen sich hinter ihre Regierung und sagen gemeinsam mit ihrer Regierung: Nein, wir wollen das nicht! Gefälligst sollen die anderen für uns zahlen! – Es mag sein, dass das aus der Sicht der Griechen vernünftig ist, aber es ist nicht vernünftig, dafür zu zahlen! (Beifall beim Team Stronach.)

12.37


Präsident Karlheinz Kopf: Als Nächster gelangt Herr Abgeordneter Dr. Hable zu Wort. – Bitte.

 


12.37.51

Abgeordneter Dr. Rainer Hable (NEOS): Herr Präsident! Hohes Haus! Geschätzte Mit­glieder der Bundesregierung! Werte Bürgerinnen und Bürger! Lassen Sie mich nun ge­gen Ende der Debatte zum Thema Griechenland versuchen zusammenzufassen und zu erläutern, wie wir in dieses Schlamassel hineingeraten sind, was jetzt die Situation ist, und vor allem, wie wir aus diesem Schlamassel wieder herauskommen.

Wie sind wir, wie ist Griechenland in dieses Schlamassel hineingeraten? Griechenland ist ein Land, das zutiefst geprägt ist von Klientelpolitik. Das kennen wir auch aus Ös­terreich, aber Griechenland hat das bis zum Exzess übertrieben, ist auch zutiefst ver­wurzelt in der Geschichte und nicht von heute auf morgen zu beenden. Aber das be­deutet, dass es relativ wenig Sinn fürs Gemeinwesen gibt und sehr viel Sinn für die ei­gene Klientel. Das bedeutet, dass es ein tiefes Misstrauen gegenüber allen staatlichen Institutionen gibt – mit der Folge, dass das Staatswesen nicht funktioniert.

Es wäre die Mitgliedschaft Griechenlands in der Europäischen Union, im Euro eine Chance gewesen, eine Chance gewesen zu modernisieren. Nur ist diese Chance nicht ergriffen worden von den griechischen Regierungen, sondern sie haben die niedrigen Zinsen, die der Euro gebracht hat, dazu benützt, sich zu verschulden. Zuerst der öf­fentliche Sektor, dann ist der private Sektor gefolgt, dann sind die Löhne gestiegen, zuerst im öffentlichen Sektor, dann hat der private Sektor mitziehen müssen. Das wäre


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ja an sich noch nicht das Problem, wenn die Löhne steigen. Das Problem ist nur, wenn die Produktivität nicht mit steigt, und das ist passiert. Im Ergebnis hat diese griechi­sche Finanz- und Wirtschaftspolitik dazu geführt, dass das Land, dass die griechische Wirtschaft nicht mehr wettbewerbsfähig ist. Und das muss man wissen, wenn man nach Lösungen sucht.

Und wie stehen wir jetzt da? Wie ist die Lage jetzt, sieben Jahre nach der Finanzkrise, nach fünf Jahren Rettungsprogramme? Rund 300 Milliarden € sind nach Griechenland geflossen, in der einen oder anderen Form. Ja, auch ein Teil davon zu Banken. Das ist auch zu kritisieren. Es wäre besser gewesen, wenn Banken direkt gerettet worden wä­ren – und nicht über den griechischen Umweg. Aber es ist nicht alles dort hineinge­flossen, zirka ein Drittel davon ist an Banken geflossen. Der Rest ist benützt worden, um ein System, das chronisch mehr ausgibt, als es einnimmt, über Wasser zu halten und zu finanzieren.

Was definitiv nicht passiert ist, sind Reformen, auch das ist klar, notwendige struktu­relle Reformen. Was schon passiert ist: dass sich in diesen fünf Jahren Rettungspro­gramme die Gläubigerstruktur vollkommen geändert hat. Nämlich von einer Mehrheit von privaten Gläubigern sind wir zu einer fast ausschließlich öffentlichen Gläubiger­struktur gekommen. Jetzt haften, jetzt zahlen die europäischen Steuerzahler.

Das Tragische an dieser Sache ist, dass der Streit jetzt nicht zwischen Griechenland und privaten Banken und Investoren geführt wird, sondern zwischen Griechenland und anderen europäischen Staaten. Das heißt, diese Umstrukturierung der griechischen Schulden von privat zu öffentlich hat das europäische Einigungsprojekt in den letzten fünf Jahren geschädigt. Das war sicherlich ein Fehler, den uns auch wir, den sich auch die europäischen Staaten vorwerfen lassen müssen.

Aber wie kommen wir jetzt aus diesem Schlamassel heraus? – Wir kommen sicherlich nicht aus diesem Schlamassel heraus, wenn wir den Kurs der letzten fünf Jahre fort­setzen. Denn, wie es so schön heißt: Wahnsinn ist, wenn man immer wieder dasselbe macht und glaubt, dass etwas anderes herauskommt!

Daher können wir nicht dasselbe weitermachen und glauben, dass sich jetzt in Grie­chenland die Situation ändert. Wir können nicht auf Kosten der europäischen und der österreichischen Steuerzahler weiter Milliarden in ein Fass ohne Boden hineinschütten, wenn es ein Fass ohne Boden bleibt. Und ein Fass ohne Boden bleibt es, wenn keine Strukturreformen geschehen.

Jetzt muss man auch klar und deutlich festhalten, dass Reformen von außen nicht auf­zwingbar sind. Das funktioniert weder bei einzelnen Menschen, das funktioniert auch nicht bei Ländern. Man kann sich nur ändern, wenn man innerlich davon überzeugt ist, dass Änderung notwendig ist, und dann diesen Weg beschreitet.

Das heißt, die Lösung liegt nicht in Brüssel, sondern die Lösung liegt in Athen. Die Lö­sung liegt bei der griechischen Regierung. Diese griechische Regierung muss Ver­antwortung übernehmen! Es ist egal, ob sie diese Verantwortung übernimmt, indem sie Reformen einleitet innerhalb oder außerhalb des Euro – das hat alles Vor- und Nach­teile –, aber entscheidend ist, dass die griechische Regierung Verantwortung über­nimmt, sich für einen Weg entscheidet und diesen Weg konsequent weitergeht.

Diese Führungsverantwortung brauchen wir in diesem gemeinsamen europäischen Haus. Wenn wir die nicht haben, wird dieses gemeinsame europäische Haus weiter beschä­digt werden. Wenn die griechische Regierung Führungsverantwortung über­nimmt, dann wird es auch an der europäischen Solidarität nicht fehlen. – Danke. (Beifall bei den NEOS.)

12.43



Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll86. Sitzung / Seite 80

Präsident Karlheinz Kopf: Als Nächster zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Ertl­schweiger. – Bitte.

 


12.43.53

Abgeordneter Rouven Ertlschweiger, MSc (STRONACH): Herr Präsident! Werter Herr Bundeskanzler! Werte Frau Bundesministerin! Herr Finanzminister! Geschätzte Kol­leginnen und Kollegen! Griechenland: ein Thema, das uns alle massiv betrifft. Wir ha­ben heute in der Debatte gesehen, wie hoch die Emotionen gekocht sind.

Kollege Kucher von der SPÖ hat vorher gesagt – das hat mir gefallen –: Die Wahrheit liegt in der Mitte. Ja, die Wahrheit liegt in der Mitte, und eines ist klar: Wir zahlen die Zeche! Ganz egal, wie die Zeche ausschauen wird, ob das jetzt die 9 Milliarden € sind, für die wir grosso modo im schlechtesten Fall geradestehen müssen – wie Kollege Krainer heute dem „Kurier“ gegenüber gesagt hat –, oder ob wir zahlen müssen für die humanitäre Hilfe, die nötig sein wird, wenn Griechenland de facto wirklich pleite ist. Denn niemand kann sich dann aus der Verantwortung stehlen und sagen, Österreich tritt nicht für eine humanitäre Hilfe ein. Das wird es nicht spielen. Das heißt, wir zahlen die Zeche in jedem Fall.

Eines beweist das Beispiel Griechenland wieder: Die Leidtragenden und die wirklich ar­men Hunde in diesem ganzen Spiel sind wieder die Menschen, Menschen, die vor dem Bankomaten stehen, am Tag 60 € abheben können, die nicht ihre Schäfchen im Trockenen haben wie die Milliardäre oder Millionäre, das sind die armen Menschen, meine sehr verehrten Damen und Herren!

Kollege Lugar hat es heute gesagt: Die Problematik ist, dass Griechenland über Jahre hinweg nicht gelernt hat, überhaupt Steuern zu zahlen, oder dass die Griechen für die Selbstverständlichkeit des Steuerzahlens gar nie sensibilisiert worden sind. Estland, Lettland, Litauen, auch diese Länder haben wirtschaftliche Krisen hinter sich, aber auch diese Länder haben es geschafft, und zwar durch politischen Willen und durch schmerz­hafte Reformen, einen Turnaround zu erreichen. Das wird auch den Griechen nicht er­spart bleiben.

Kein funktionierendes Steuersystem, kein Grundbuch, kein Verständnis dafür, Steuer zu zahlen – ich meine, das ist doch einer Europäischen Union unwürdig, bitte! Wo gibt es denn das auf der Welt? Auf welchem Planeten leben wir?

Wenn ich höre, 70 Milliarden € beträgt die Steuerschuld der Griechen beim Finanzamt, dann frage ich mich, wie das möglich sein kann. Wenn das in Österreich der Fall ist, steht am nächsten Tag die Finanzpolizei vor der Tür. Was heißt am nächsten Tag? Am selben Tag! Das heißt, da ist wirklich eine Solidarität angesagt, aber eine Solidarität, die Prioritäten verlangt.

Meine Damen und Herren, Solidarität ist aber auch unseren Mitbürgern, der österrei­chischen Bevölkerung gegenüber angesagt, denn: Wie viele Menschen leben hier an der Armutsgrenze? Wie viele Menschen sind hier arbeitslos? Wie viele Menschen brau­chen hier eine nötige finanzielle Unterstützung? Gehen Sie hinaus auf die Straße, re­den Sie mit den Menschen: Hier ist das Verständnis enden wollend, dass wir weiterhin Geld, Milliarden nach Griechenland pumpen, und die eigenen Leute haben kein Geld. Das versteht niemand! So kann es nicht sein! (Beifall beim Team Stronach.)

Deshalb ist auch mein Appell an den Herrn Bundeskanzler, wenn er zu den Ge­sprächen fährt: Vertreten Sie bei der EU vor allem auch Österreichs Interessen, bei al­lem Verständnis für eine gemeinsame Zielsetzung! Das bedeutet für mich: keine wei­teren Zahlungen nach Griechenland, aber humanitäre Unterstützung für die Bevölke­rung, wenn es wirklich zum Fall des Falles kommen sollte. Sorgen Sie dafür, dass un-


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ser Geld zurückgezahlt wird – egal, wann – und dass die Haftungen möglichst nicht schlagend werden, denn das ist es, was wirklich über uns schwebt wie ein Damokles­schwert!

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Die griechische Linke ist eine Hoffnung für ganz Europa, haben vor der Wahl von Tsipras einige Abgeordnete behauptet. Die grie­chische Linke ist eine Hoffnung für ganz Europa. – Wenn so eine Hoffnung für Europa ausschaut, na dann gute Nacht! (Beifall beim Team Stronach sowie bei Abgeordneten der ÖVP.)

Da muss ich mir wirklich die Frage stellen: Was soll daran eine Hoffnung sein? Die Menschen zahlen keine Steuern – das ist keine Solidarität dem europäischen Gedan­ken gegenüber, sondern das ist in Wirklichkeit eine Gemeinheit allen anderen Men­schen in Europa gegenüber!

Lassen Sie mich zurückkommen zum Anfang meiner Rede: Die Wahrheit liegt in der Mitte. Griechenland darf nicht aus seiner Pflicht entlassen werden! Griechenland muss endlich Reformen angehen! In Griechenland muss man endlich lernen, Steuern zu be­zahlen! Und Griechenland muss endlich lernen, den europäischen Gedanken solida­risch zu leben!

Die Europäische Union ist eine Union der Solidarität, aber, meine sehr verehrten Da­men und Herren, in dieser Union muss jeder seine Hausaufgaben erfüllen – auch Grie­chenland! (Beifall beim Team Stronach.)

12.48


Präsident Karlheinz Kopf: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Krainer. – Bitte.

 


12.48.34

Abgeordneter Kai Jan Krainer (SPÖ): Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich glaube, Kollege Rossmann hat einen wichtigen Vergleich gezogen, nämlich: Wie ist die Europäische Union mit der Krise umgegangen, jetzt nicht nur in Griechenland, sondern in fast allen Ländern, mit welcher Politik, mit welcher Form – und wie sind die Vereinigten Staaten damit umgegangen?

Wenn man sich das ansieht, dann fällt schon eines auf: Die Europäische Union hat sehr auf das Defizit und die Verschuldungsquoten geschaut und hat Fragen wie Wirt­schaftswachstum und Arbeitslosigkeit entweder gar nicht beachtet oder nur sehr unter­geordnet beachtet, wohingegen die Vereinigten Staaten, etwas salopp gesagt, gemeint haben: Wachstum, Arbeitsplätze sind wichtig, das Defizit und die Verschuldung sind uns eigentlich egal.

Jetzt, nach fünf Jahren, kann man sehen: Welche Politik war erfolgreicher? Auf welche Zahlen war es wichtiger zu blicken? Waren das die Verschuldungsquote und das Defi­zit, oder waren das Wachstum, Beschäftigung und Arbeitsplätze?

Der Vergleich schaut einfach – relativ nüchtern betrachtet – so aus, dass es anschei­nend der vernünftigere Weg war, zu sagen: Verschuldung und Defizit sind im Augen­blick der Krise nicht wichtig, sondern wesentlich ist Wachstum, wesentlich ist Beschäfti­gung – und wenn wieder ein Wachstumskurs erreicht ist, wenn die Beschäftigungs­zahlen in Ordnung sind, dann kann man sich wieder um die öffentlichen Haushalte, um Defizitfragen kümmern.

Der Weg, der in der Europäischen Union gegangen wurde, nämlich: entscheidend sind fast einzig und allein Defizit und Verschuldung, hat nicht dazu geführt, dass Wachs­tums- und Beschäftigungskrise Hand in Hand zurückgehen und auch miterledigt wer­den, sondern am Beispiel Griechenland – aber nicht nur am Beispiel Griechenland, da


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können Sie fast jedes Land zum Vergleich heranziehen – zeigt sich, dass er zu höherer Arbeitslosigkeit und auch oft zu höherer Verschuldung geführt hat.

Man muss sich das einfach nüchtern anschauen, unabhängig von irgendeiner partei­politischen – ich sage einmal – Kleingeldwechslerei, welcher Weg der richtigere oder der erfolgreichere gewesen ist. Wir können uns heute vielleicht auch etwas entspann­ter die dreißiger Jahre anschauen. Wie hat Europa damals auf die Krise reagiert, wozu hat das geführt, und was ist in den USA unternommen worden? Sie werden sehen, dass die einen mit ihrer Wirtschaftspolitik erfolgreicher waren als die anderen.

Ich meine, es wäre an der Zeit, dass wir uns anschauen, wo unser Fokus liegt. Ich glaube nämlich, dass insgesamt in der Europäischen Union zu wenig Rücksicht ge­nommen wird auf entscheidende Fragen wie Wachstum und Beschäftigung und ein zu hoher Fokus, fast ein Fetisch, auf Verschuldung und auf Defizitquoten liegt. Da muss einfach ein Umdenken stattfinden.

Es gibt noch etwas, was man sagen muss, weil die Kritik gekommen ist, die Griechen wollen keine Steuern zahlen, die wollen mehr oder weniger nur auf Kosten anderer leben. Also ich behaupte einmal, dass diejenigen in Griechenland, die keine Steuern oder zu wenig Steuern zahlen, nicht die sind, die in den letzten fünf Jahren 30, 40 Pro­zent ihres Einkommens verloren haben. Und auch diejenigen, die gesagt haben, diese Austeritätsprogramme, diese Sparprogramme – Kollege Schieder hat das sehr schön dargestellt; Pensionen minus 40 Prozent, Löhne minus 35 Prozent, aber bei den Prei­sen nicht minus 35 oder minus 40 Prozent –, die Personen … (Ruf bei der ÖVP: Tsip­ras!) – Nein, das hat auch mit Tsipras nichts zu tun.

Tsipras ist seit fünf Monaten im Amt, und man kann ihm vieles zu Recht vorwerfen, aber die konservative Regierung davor war fünf Jahre im Amt, und der haben Sie über­haupt nie irgendetwas vorgeworfen. Die Versäumnisse, jede Kritik an Tsipras, die zu Recht geäußert wird – zu Recht! –, müssen Sie zehnmal heftiger gegenüber Ihren ei­genen Parteifreunden in Griechenland äußern, denn die hatten zehnmal so viel Zeit, diese Reformen durchzuführen, die Sie zu Recht jetzt bei Tsipras bemängeln. (Beifall bei SPÖ und Grünen.)

Und auch das muss man sagen: Ich finde, dass die Debatte heute weitgehend kons­truktiv war, aber – ganz ehrlich – so unfassbar, wie die Rede von Lopatka war, war keine Rede hier. So eine unfassbare Rede! (Beifall des Abg. Loacker. – Zwischenrufe bei der ÖVP.) Dass so ein wichtiges Thema nur für eine politische Schmutzkübelkam­pagne verwendet wird, dazu muss man sagen, im Vergleich zur Rede von Herrn Lo­patka war sogar Kollege Strache konstruktiv. Das war beschämend für dieses Haus! (Beifall bei der SPÖ. – Zwischenrufe bei der ÖVP.)

12.53


Präsident Karlheinz Kopf: Zu Wort ist dazu niemand mehr gemeldet. Die Debatte ist geschlossen.

12.53.482. Punkt

Bericht des Unterrichtsausschusses über die Regierungsvorlage (681 d.B.): Bun­desgesetz, mit dem das Schulorganisationsgesetz, das Schulunterrichtsgesetz, das Schulzeitgesetz 1985, das Schulpflichtgesetz 1985, das Schülerbeihilfenge­setz 1983 und das Bildungsdokumentationsgesetz geändert werden (746 d.B.)

 


Präsident Karlheinz Kopf: Wir kommen nun zum 2. Punkt der Tagesordnung.

Auf eine mündliche Berichterstattung wurde verzichtet.

Als Erster zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Ing. Lugar. – Bitte.

 



Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll86. Sitzung / Seite 83

12.54.24

Abgeordneter Ing. Robert Lugar (STRONACH): Herr Präsident! Hohes Haus! Zual­lererst möchte ich folgenden Antrag einbringen:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Ing. Lugar, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Approbation von nicht-gegenderten Schulbüchern“

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die österreichische Bundesregierung, insbesondere die Bundesministerin für Bildung und Frauen, wird dazu aufgefordert, dass § 9 Abs. 1 Z 1 lit. i und g der Verordnung über die Gutachterkommissionen zur Eignungserklärung dieser Unterrichtsmittel (BGBL Nr. 348/1994) dahingehend abgeändert wird, dass präzisiert wird, was mit Gleichstel­lung gemeint ist und dass die Genderschreibweise nicht die Voraussetzung für eine Zulassung von Schulbüchern darstellt.“

*****

Worum geht es bei diesem Antrag? – Wir haben in der Vergangenheit erleben müssen, dass die Frau Minister diese Verordnung missbraucht hat, um zu verhindern, dass nicht-gegenderte Schulbücher in den Unterricht kommen. Das heißt, wir haben jetzt im Unterricht nur noch gegenderte Schulbücher, wodurch das Lesen immer schwieriger wird. Da wir ein Viertel der Kinder nicht in die Lage versetzen können, sinnerfassend lesen zu lernen, ist die Frage, ob das sinnvoll ist, ob es sinnvoll ist, diese frauenpoliti­sche Maßnahme auf dem Rücken unserer Kinder umzusetzen. Letztlich wird es da­durch noch schwieriger, sinnerfassend lesen zu lernen, und in Wirklichkeit hat niemand etwas davon.

Zu den Studien, die von den Grünen und auch von der Frau Ministerin immer wieder genannt werden, die angeblich beweisen, dass das Gendern, und zwar durchgehend, die Chancen der Frauen am Arbeitsmarkt oder sonstwo verbessert, muss man sagen, sie sind nicht haltbar. Wenn man sich die Studie von der Freien Universität Berlin an­schaut, dann sieht man, dass da sehr unsauber gearbeitet wurde, und zwar um einer politischen Indoktrinierung zu dienen, und auch Sie, Frau Ministerin, versuchen, das durch die Hintertür, über das Bildungsressort, in die Köpfe der Menschen zu bringen.

Jetzt weiß ich auch, dass es sehr unschlau ist, dass man als Frauenministerin noch ei­nem zweiten Ressortbereich vorsteht, weil Sie anscheinend bereit sind, das auszunüt­zen. Sie sind bereit, als Frauenministerin über den Umweg des Bildungsressorts Frau­enpolitik zu machen, die Sie für richtig halten, die aber in der Sache kontraproduktiv, und zwar sehr kontraproduktiv, ist. (Präsident Hofer übernimmt den Vorsitz.)

Das heißt, Sie nehmen unsere Kinder in Geiselhaft (Abg. Gisela Wurm: Ach so?!), Sie zwingen sie dazu, etwas zu tun, das keinen Sinn macht, nämlich durchzugendern. Das kann man ja sehr wohl machen, wenn man es freiwillig macht und auf eine vernünftige Art und Weise, aber wenn dann der Lesefluss absolut behindert wird, das Lesen letzt­lich keinen Spaß mehr macht (Abg. Gusenbauer-Jäger: Wer sagt das?) und die Kin­der dann aufhören zu lesen, dann haben Sie einen volkswirtschaftlichen Schaden an­gerichtet, der nicht wiedergutzumachen ist. Das ist Ihnen aber anscheinend egal. Es ist Ihnen egal, weil es um Ihre soziale oder sozialistische Frauenpolitik, um Ihre feministi­sche Politik geht, die Sie hier auf dem Rücken der Kinder einfach durchdrücken wollen. (Abg. Katzian: Na, na, Kollege!)

Das ist das Problem, das ist wirklich das Problem bei Ihnen, Frau Minister – auch wenn es darum geht, die Sonderschule umzubenennen, und das ist auch der Grund dafür,


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll86. Sitzung / Seite 84

dass wir dagegenstimmen –, das ist genau das Problem, das wir mit Ihnen haben: Dort, wo Sie etwas bewegen könnten, machen Sie nichts, und dann, wenn Sie die Fin­ger davon lassen sollten, nämlich bei dieser Genderschreibweise in Schulbüchern, sind Sie plötzlich aktiv! (Beifall beim Team Stronach.)

Da stimmt doch etwas nicht! Da stimmt doch etwas nicht, wenn Sie auf der einen Seite im Bildungsbereich immer wieder vorgeben, etwas bewegen zu wollen, und Sie auf der anderen Seite, nämlich dann, wenn die Landeshäuptlinge aus der Diskussion ausstei­gen, nicht das Vernünftigste machen, das man machen könnte, nämlich eine Autono­mie gegen die Länder einzuführen, Privatschule für alle … (Zwischenruf der Abg. Gi­sela Wurm.) – Wir waren in den Niederlanden, wir waren in Holland und haben gese­hen, dass es funktioniert.

Das heißt, der Staat finanziert die Privatschulen genauso wie die öffentlichen Schulen, dadurch entsteht automatisch die Autonomie, die Sie angeblich wollen, und auf der an­deren Seite wird den Landeshäuptlingen und deren Schulen endlich einmal eine or­dentliche Konkurrenz zur Seite gestellt. Dann müssen sich die Landeshäuptlinge be­wegen, aber das wollen Sie nicht. (Abg. Gusenbauer-Jäger: Zur Sache?!) Sie wollen ja im Bildungsbereich in Wirklichkeit gar nichts bewegen, Frau Minister! (Abg. Gisela Wurm: Herr Präsident! Er spricht nicht zum Thema!)

Sie nützen das Bildungsressort aus, um sozusagen eine gute PR zu machen, und in Wirklichkeit geht es Ihnen um Frauenpolitik, die aber auch nicht den Frauen nützt, son­dern nur Ihren Ansprüchen des Feminismus, und zwar eines sehr destruktiven Femi­nismus, Genüge tut. (Beifall des Abg. Haider.) Diesen Vorwurf, Frau Ministerin, müs­sen Sie sich gefallen lassen! Also hören Sie damit auf, linke Ideologie auf Kosten unse­rer Schüler zu verbreiten, und bewegen Sie endlich einmal etwas in den Bereichen, in denen Sie etwas bewegen können! (Beifall beim Team Stronach und bei Abgeordneten der FPÖ.)

Wenn Sie schon etwas für die Frauen tun wollen, dann schaffen Sie einmal in Ihrem Ministerium Ordnung! Wenn Sie draußen in den Privatbetrieben eine Frauenquote ha­ben wollen, das aber im eigenen Ministerium nicht zustande bringen, dann frage ich mich, mit welcher Berechtigung Sie das fordern.

Oder: Wenn die Volksschule praktisch durchgehend weiblich ist (Heiterkeit) – warum machen Sie da nichts, wenn Sie schon 50 : 50 wollen?! Ich habe kein Problem damit, aber wenn Sie schon 50 : 50 fordern, dann bitte auch dort! Es geht nicht darum, dass wir in den Autowerkstätten oder bei den Maurern am Bau plötzlich 50 Prozent Frauen sehen wollen, das ist für mich auch verzichtbar, aber wenn Sie wollen, okay, aber wenn Sie schon in Ihrem eigenen Bereich, in Ihrem eigenen Ressort nichts bewegen, dann hören Sie auf, uns in anderen Bereichen zu belästigen, und machen Sie endlich einmal Ihre Hausaufgaben! (Beifall beim Team Stronach.)

Ein Punkt noch zum Schluss – der Herr Kanzler ist leider nicht mehr da, aber Sie kön­nen es ihm ausrichten –: Ich gratuliere ihm, ich gratuliere dem Herrn Bundeskanzler zu seiner Entscheidung – normalerweise bin ich nicht so begeistert über die Entscheidun­gen des Herrn Bundeskanzlers, auch was Griechenland und Sonstiges betrifft, aber in dem Fall muss ich ihm gratulieren –, Sie, Frau Ministerin, endlich abzuberufen, eine neue Ministerin vorzuschlagen. Ich glaube, das ist eine sehr, sehr gute Entscheidung, und ich glaube, dass Österreich und die Schüler sich das wirklich verdient haben. (Bei­fall beim Team Stronach. – Abg. Keck: Eine ganz schlechte Rede!)

13.00


Präsident Ing. Norbert Hofer: Ich darf bekannt geben, dass der von Herrn Abgeord­netem Lugar eingebrachte Antrag ausreichend unterstützt und ordnungsgemäß einge­bracht ist.


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll86. Sitzung / Seite 85

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Ing. Lugar, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Approbation von nicht-gegenderten Schulbüchern“

eingebracht im Zuge der Debatte zu TOP 2: Bericht des Unterrichtsausschusses über die Regierungsvorlage (681 d.B.): Bundesgesetz, mit dem das Schulorganisationsge­setz, das Schulunterrichtsgesetz, das Schulzeitgesetz 1985, das Schulpflichtgesetz 1985, das Schülerbeihilfengesetz 1983 und das Bildungsdokumentationsgesetz geändert wer­den (746 d.B.)

§14 Abs. 1 Schulunterrichtsgesetz besagt, dass Unterrichtsmittel (z.B. Schulbücher) Hilfsmittel sind, die der Unterstützung oder der Bewältigung von Teilaufgaben des Un­terrichtes und zur Sicherung des Unterrichtsertrages dienen.

Basierend auf §14 und §15 des Schulunterrichtsgesetzes gibt es Kriterien in der Ver­ordnung über die Gutachterkommissionen zur Eignungserklärung dieser Unterrichts­mittel, die unter anderem eine Beurteilung bezüglich der Gleichbehandlung von Frauen und Männern und der Erziehung zur partnerschaftlichen Gestaltung der gesellschaft­lichen Entwicklungen vorsehen. Gleichzeitig hat das zu beschließende Gutachten die Feststellung hinsichtlich der Erfüllung der Erfordernisse gemäß §14 Abs. 2 zu enthal­ten, insbesondere hinsichtlich der sprachlichen Gestaltung und der guten Lesbarkeit.

Im Jahr 1999 wurde erstmals ein Leitfaden zur Darstellung von Frauen und Männer in Unterrichtsmitteln, wie etwa in Schulbüchern, erstellt, der Leitfaden wurde vom Bun­desministerium im Jahr 2012 aktualisiert. In der Öffentlichkeit übliche, vom Ministerium so bezeichnete, „Sparschreibungen“ sollen im Unterstufen-Unterricht und in Schulbü­chern der Unterstufe nicht, in der Oberstufe in Sprachlehrbüchern thematisiert und in anderen Oberstufen-Schulbüchern in der Öffentlichkeit üblichen Formen der geschlech­tergerechten Schreibweise verwendet werden.

Nun ist es so, dass die Schulpraxis dem nicht entspricht bzw. die Schulbücher, die Schulbuchverlage und die Schulbuchautoren der Verordnung nicht entsprechen kön­nen.

Es werden auch bei Schulbüchern in der Unterstufe Sparschreibungen verwendet, es werden auch bei Sprachlehrbüchern in der Unter- und Oberstufe Sparschreibungen nicht nur thematisiert, sondern mit und ohne Thematisierungen verwendet und es ist alles andere als klar, welche die in der Öffentlichkeit üblichen geschlechtergerechten Schreibweisen sind.

Schulbücher sollten aktuell und verlässlich sein, sie sollten nicht durchgesetzte Schreib­weisen nicht selbst durchsetzen wollen, sondern, adäquat den Wörterbüchern, dem Regelgebrauch folgen (wie er derzeit im amtlichen Regelwerk von 2006 festgelegt ist). In der Literatur, in den Medien, in den EU-Arbeitssprachen, im Amtsblatt der EU, im in­ternationalen Schriftverkehr sind keine zweigeschlechtlichen Kurzschreibweisen zu finden – größtenteils auch keine ausgeschriebenen. In jüngeren österreichischen Ge­setzen, Verordnungen und Erlässen wird die Nennung beider Geschlechter unsyste­matisch bzw. exemplarisch in einzelnen Gesetzespassagen ausgeführt, manchmal mit variierenden Kurzschreibweisen, manchmal ausgeschrieben, manchmal auch gar nicht, manchmal mit Ein- und mit Mehrzahlen.

Zudem ist uns aus Verlagskreisen bekannt, dass seit dem Jahr 2012 Schulbücher, die nicht gegendert sind, grundsätzlich nicht mehr approbiert werden, obwohl die Verord­nung keine konkreten Angaben zum Gendern in Schulbüchern vorsieht.


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll86. Sitzung / Seite 86

Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher nachstehenden

Entschließungsantrag

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die österreichische Bundesregierung, insbesondere die Bundesministerin für Bildung und Frauen, wird dazu aufgefordert, dass §9 Abs. 1 Z 1 lit. i und g der Verordnung über die Gutachterkommissionen zur Eignungserklärung dieser Unterrichtsmittel (BGBL Nr. 348/1994) dahingehend abgeändert wird, dass präzisiert wird, was mit Gleich­stellung gemeint ist und dass die Genderschreibweise nicht die Voraussetzung für eine Zulassung von Schulbüchern darstellt.“

*****

 


Präsident Ing. Norbert Hofer: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Gusenbauer-Jä­ger. – Bitte.

 


13.00.53

Abgeordnete Marianne Gusenbauer-Jäger (SPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Frau Bundesministerin! Werte Kolleginnen und Kollegen! Liebe ZuseherInnen hier und vor den Fernsehschirmen! Auch wenn von den Oppositionsparteien diese Bildungsreform unter großer medialer Unterstützung immer wieder schlechtgeredet wird oder versucht wird, sie schlechtzureden, so sprechen die Fakten eine andere Sprache. Ich kann hier gleich Herrn Lugar als Beispiel anführen: Zu der gesamten Bildungsreform fällt ihm nichts anderes ein als das Gender-Thema. Das ist eigentlich traurig. (Abg. Lugar: Sie haben nicht zugehört!)

Die von uns heute diskutierten Beispiele sind weitere Mosaiksteine dafür, dass das funktioniert. Zu nennen wäre einmal die Umsetzung der PädagogInnenbildung Neu. Es wird durch den Datenverbund eine Möglichkeit geschaffen, dass man eine ord­nungsgemäße Informationsweitergabe schafft, zum Beispiel bei der Matrikelnummer, Inskription und so weiter. Die Kosten dafür von 86 400 € teilen sich die entsprechenden Bildungseinrichtungen.

Doch nicht nur im technischen Bereich wurden Reformschritte unternommen, sondern eine ganz wichtige Aufgabe ist für mich die Sensibilisierungsmaßnahme im Bereich der beeinträchtigten Menschen. Für meine Fraktion ist allerdings klar, dass es nur die In­klusion geben darf, also die Teilhabe von beeinträchtigten Kindern am Normal-, am Regelunterricht. Das ist für uns oberstes Prinzip. Es gibt allerdings Kinder, die nicht die Möglichkeit haben, daran teilzunehmen, für diese braucht es eine spezielle Schule. Diese speziellen Schulen nannte man bis jetzt Sonderschulen für schwerstbehinderte Kinder und werden jetzt umbenannt in Sonderschulen für Kinder mit erhöhtem Förder­bedarf. Somit endet eine jahrzehntelange Stigmatisierung, und das ist gut so (Beifall der Abg. Yilmaz), und es endet auch eine Diskriminierung von Eltern und Kindern in dieser Angelegenheit. Der alte Begriff „schwerstbehindert“ sagt nämlich nichts aus über körperliche oder geistige Behinderung.

Einen weiteren sehr positiven Schritt sehe ich auch darin, dass jetzt inklusiv unterrich­tete Kinder, also Kinder, die in der Neuen Mittelschule unterrichtet werden, ein Jahres- und Abschlusszeugnis bekommen. Bis jetzt bekamen sie nur ein Jahreszeugnis, ab jetzt haben sie auch ganz offiziell einen Pflichtschulabschluss.

Ein weiteres Beispiel für zeitgemäße Bezeichnung ist auch die Umbenennung von den – bis jetzt – Schulen für Fremdenverkehrsberufe auf Schulen für Tourismus. Das, geschätzte Damen und Herren, mag jetzt für viele nicht als ein sehr wichtiger Schritt er-


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll86. Sitzung / Seite 87

achtet werden, doch ich bin zutiefst davon überzeugt, dass eine zeitgemäße Bezeich­nung für zeitgemäße Unterrichtsinhalte eine Notwendigkeit ist.

An dieser Stelle darf ich allen Lehrerinnen und Lehrern zu Beginn der Ferienzeit ein großes Lob aussprechen für ihre geleistete Arbeit, die sie nicht immer unter den besten Bedingungen machen können. – Ich danke für Ihre Aufmerksamkeit. (Beifall bei der SPÖ.)

13.04


Präsident Ing. Norbert Hofer: Zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Schmid. – Bitte.

 


13.04.26

Abgeordneter Gerhard Schmid (ohne Klubzugehörigkeit): Sehr geehrter Herr Präsi­dent! Sehr geehrte Frau Bundesminister! Zum Thema Bildung: Bildung ist eines der höchsten Güter und entscheidend für den weiteren Lebensweg. Die Umbenennung ein­zelner Schultypen hat mit Bildung jedoch wenig zu tun und ist lediglich parteipolitisch motiviert.

Bildung an Schulen beginnt bei den Volksschulen, welche seit Längerem von höheren Ausländerzahlen geprägt sind. Dies geht mittlerweile schon so weit, dass deutschspra­chige Kinder an vielen Volksschulen zu Minderheiten geworden sind. Unsere deutsche Muttersprache als absolute Grundlage für Bildung rückt somit immer mehr in den Hin­tergrund, sodass neben zusätzlichen Sprachfördermaßnahmen in Vorschulen auch die Verpflichtung zur deutschen Sprache auch in den Pausen unerlässlich zu sein scheint.

Die Möglichkeit, im zweiten Bildungsweg auf Fachschulen, aber auch auf Hochschulen Abschlüsse zu erlangen, ist auszubauen und finanziell zu unterstützen; dies auch mit der Begründung, dass deren Absolventen bereits mitten im Leben stehen und oft Fami­lien zu versorgen haben.

Aufgrund eines ORF-Berichtes über „Karlis Schulbox“, mittels welcher BAWAG P.S.K.-Bankomatkarten und Smartphones an vielen Volksschulen beworben wurden, stellte ich unlängst eine parlamentarische Anfrage an die Frau Minister. In ihrer Anfragebeant­wortung erklärte sie diese Werbung als nicht gesetzeskonform und räumte ein, sie in Zukunft unterbinden zu wollen.

Hoffen wir, dass es zu Beginn des kommenden Schuljahres nicht mehr zu solchen Ak­tionen kommt, denn Werbung ist mit Bildung in keiner Weise vereinbar. – Danke.

13.06


Präsident Ing. Norbert Hofer: Zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Jank. – Bitte.

 


13.06.28

Abgeordnete Brigitte Jank (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Frau Ministerin! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Ja, wir nehmen heute einige viel­leicht kleinere Änderungen vor, etwa die Umbenennung von Schulen, wir regeln aber auch die Reifeprüfungen für Berufsbildende Schulen und Kollegs und die Berufsreife­prüfung – alles Maßnahmen, die notwendig und wichtig sind.

Hervorheben möchte ich den Umstand – und da unterscheide ich mich von dem, was Kollege Lugar vorhin gesagt hat –: Sprache schafft schon Realitäten. Die Frage ist nur, ob man dann die richtigen Maßnahmen setzt. Aber dass wir die Sonderschulen für schwerstbehinderte Kinder in Sonderschulen für Kinder mit erhöhtem Förderbedarf um­benennen, ist ebenso eine Realität, weil insbesondere die Eltern das sehr stark als dis­kriminierend empfunden haben. Ich glaube, die Umbenennung ist ein gutes Zeichen, auch wenn das natürlich inhaltlich noch keine Verbesserung oder Veränderung für die­se Kinder herbeiführt.

Über den Datenverbund wird noch einer meiner Kollegen sprechen, glaube ich. Ich er­laube mir nur, eine kleine leise Kritik anzubringen: Es ist schon interessant, wie über-


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bürokratisiert wir im schulischen Bereich sind. Wir brauchen selbst für das Zusam­menführen von Daten, wenn sich zwei Bildungseinrichtungen zusammenschließen und ein gemeinsames Programm machen, eine gesetzliche Regelung.

Ich würde vor allem gerne über den im Ausschuss vorgestellten und diskutierten Be­richt des Qualitätssicherungsrates sprechen. Der Qualitätssicherungsrat wurde im Zu­ge der PädagogInnenbildung neu eingesetzt, um die Etablierung einer qualitätsvollen PädagogInnenausbildung sicherzustellen. Ziel ist, die bestmögliche Bildung von Kin­dern und Jugendlichen zu gewährleisten. Dieser Qualitätssicherungsrat hat seinen ers­ten Bericht vorgestellt und darin schon etliche Handlungsfelder aufgezeigt. Diese Hand­lungsfelder gilt es, ein bisschen näher anzuschauen, und vor allem gilt es, sie auch umzusetzen. Und ich glaube, mich richtig zu erinnern, dass Sie, Frau Ministerin, gesagt haben, dass Sie auch in Ihrem Verantwortungsbereich diese Anleitungen und diese Handlungsfelder des Qualitätssicherungsrates durchaus aufgreifen werden.

Laut diesem nun vorliegenden Bericht fehlen nämlich klare Entscheidungs- und Verant­wortungsstrukturen, und zwar sowohl in den Institutionen, also PHs und Unis, als auch zwischen diesen beiden Institutionen. Es wird Handlungsbedarf bei der Personalaus­stattung und der Qualifizierung des wissenschaftlichen Nachwuchses aufgezeigt. Bei den Universitäten betrifft das vorrangig den Bereich der praxisorientierten Fachdidaktik, bei den Pädagogischen Hochschulen primär das wissenschaftliche Lehrpersonal auf der Primarstufe.

Laut QSR wäre es auch wichtig, dass an den Pädagogischen Hochschulen mehr Zeit für Forschung bleibt. Dienstrechtlich ist das ja bereits umgesetzt, in der Praxis hat man aber festgestellt, dass man noch nicht so weit ist.

Eine wesentliche Forderung des Qualitätssicherungsrates ist die Forderung nach mehr Autonomie für die Pädagogischen Hochschulen. Das unterstreiche ich zur Gänze und hoffe, dass zumindest schrittweise die Umstellung oder die Entlassung in die Autono­mie für die Pädagogischen Hochschulen Realität werden kann.

Unter Autonomie verstehe ich die Übertragung von Verantwortung und das Recht auf Selbstbestimmung. Die Autonomie ist mit Sicherheit ein entscheidender Faktor für ein effizientes Bildungssystem. Internationale Beispiele zeigen deutlich, dass vor allem dort eine hohe, qualitätsvolle Bildung gelingt, wo kompetente PädagogInnen in autono­men Schulen eigenverantwortlich an der Umsetzung vorgegebener Bildungsziele arbei­ten können.

Nicht zuletzt deshalb, meine sehr geehrten Damen und Herren, arbeitet auch die Bil­dungsreformkommission der Regierung an dieser Thematik. Und ich erwarte mir, dass man zu den Fragen pädagogischer, organisatorischer, personeller und finanzieller Au­tonomie zu entsprechenden Ergebnissen kommt. Die Kommission arbeitet dort zügig voran, auch wenn man vielleicht in den letzten Tagen kurz den Eindruck gehabt haben könnte, dass Sand ins Getriebe gekommen wäre. Nein, so ist es nicht, es wird zügig weitergearbeitet, und es werden auch Fortschritte erzielt. Es gibt auch ein fixes Endda­tum, nämlich den 17. November, wo die Ergebnisse dann präsentiert werden.

Wir werden aber auch nicht umhinkommen, uns mit finanziellen Fragen auseinander­zusetzen. Welche Aufgaben etwa müssen nicht von hoch qualifizierten PädagogInnen erbracht werden? Welche Verbesserungspotenziale bestehen für die Finanzierung der Nachrüstung bei der Schulinfrastruktur – Stichwort Digitale Schule, Stichwort Contract­ing? Wie gehen wir fair mit Schulen in Brennpunktgegenden um? Wir werden uns aber auch die Frage stellen müssen – und wir werden sie auch beantworten müssen –: Wie schaut unser gesamtheitliches Bildungskonzept im Bereich der Allgemeinbildung aus? – Auch eine Frage, die der Qualitätssicherungsrat aufgeworfen hat.


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll86. Sitzung / Seite 89

Abschließend möchte ich mich dem Dank von meiner Vorrednerin an die Lehrerinnen und Lehrer anschließen, aber ich möchte auch noch ein großes Lob und ein herzliches Dankeschön allen Schülervertreterinnen und Schülervertretern aussprechen, und zwar all jenen, die uns im Unterausschuss als Experten zur Verfügung gestanden sind. In fachkundiger, kompetenter und eloquenter Weise haben sie gezeigt, dass unser Schul­system auch Exzellenz hervorbringt. – Danke. (Beifall bei der ÖVP.)

13.12


Präsident Ing. Norbert Hofer: Zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Dr. Rosen­kranz. – Bitte.

 


13.12.24

Abgeordneter Dr. Walter Rosenkranz (FPÖ): Herr Präsident! Frau Bundesministerin! Es geht heute um ein kleines Gesetz mit deklarativer Wirkung. Im Bereich der Sonder­schule wird ein Türschild ausgewechselt – weil diskriminierend. Wir haben bereits ge­hört, dass Diskriminierungen nicht für einen zeitgemäßen Unterricht taugen, auch nicht, wenn das Schild nicht passt. Es wurde übrigens auch – es ist nur so noch nicht er­wähnt worden – das Wort „Fremdenverkehr“ für diskriminierend befunden, weshalb wir dieses jetzt endlich gegen „Tourismus“ austauschen. Also in diesem epochalen Be­reich befinden wir uns jetzt.

Frau Kollegin Gusenbauer-Jäger sagt, es wird immer alles so furchtbar schlechtgere­det, was in der Bildungsreform passiert ist. – Frau Kollegin Gusenbauer-Jäger, welche Bildungsreform? Meinen Sie die Neue Mittelschule, zerpflückt vom Rechnungshof, zer­pflückt ob der Ergebnisse? Meinen Sie die Zentralmatura mit den Verunsicherungen, die es gegeben hat, mit dem Verwaltungsaufwand bei der vorwissenschaftlichen Arbeit und im Vorfeld? Meinen Sie die Reform bei der Lehrerbildung, in deren Zusammen­hang der Bericht des Qualitätssicherungsrates, den Frau Kollegin Jank angesprochen hat, bereits aufgezeigt hat, wo dringend Verbesserungen notwendig sind? (Beifall bei der FPÖ.)

Oder meinen Sie vielleicht so einzelne Typenfragen bis hin zu dem Vorhaben des Ver­teidigungsministers, ein so hervorragendes Schulangebot einer differenzierten Ober­stufenschule, nämlich das Militärrealgymnasium in Wiener Neustadt, zuzusperren?

Sind das Ihre Bildungsreformen? (Abg. Gusenbauer-Jäger nimmt auf einem dem Red­nerpult näher gelegenen Sitz Platz.) – Gut, dass Sie näher kommen, dass ich die Zwi­schenrufe wirklich hören kann, ohne auf sie eingehen zu wollen, denn es gibt so viele Dinge, die ich Ihnen allen sagen muss, weshalb ich mich nicht auf Sie allein einlassen kann.

Kollege Lugar hat das Gendern angesprochen und gemeint – als einzigen Punkt –: Das wissen wir schon, dass sich die Frau Bundesministerin in der Bildungspolitik nicht so wohlfühlt wie in der Frauenpolitik. – Aber sie bringt natürlich schon auch Dinge in den Bildungsbereich ein. Ich denke da – und das ist noch viel zu wenig hier im Haus diskutiert worden, dafür werden wir aber noch sorgen – an den Sexualkundeerlass. Wir haben die Beispiele aus Baden-Württemberg, aus Basel, aus Berlin, wir wissen, was dort tatsächlich passiert. Wir wollen diese frühe Sexualisierung von Kindern mit Rol­lenspielen, mit Betasten unter der Tuchent und Ähnlichem, Nachbildungen von Ge­schlechtsteilen schon in Kindergarten und Volksschule nicht. Nein, das wollen wir nicht haben! (Beifall bei FPÖ und Team Stronach. – Abg. Rädler: Wo gibt es das? Wo?) – In Berlin, in Basel, in Baden-Württemberg, die Beispiele sind schon alle bekannt. Ich gebe das dann gerne an alle weiter, man braucht nur ein bisschen nachzulesen und sich nur ein bisschen zu informieren, was hier tatsächlich passiert.

Das werden wir uns in einer Debatte sicherlich noch ganz genau anschauen. Das geht alles so „subkutan“, so an allem vorbei in den Unterrichtsbereich hinein, noch dazu im-


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mer mit der Aussage: Es werden der Schule ja immer mehr Aufgaben aufgebürdet, die Schule wird belastet mit diesen Dingen, weil es das Elternhaus nicht mehr leisten kann. – Gerade bei der Sexualerziehung sind die Eltern komplett wurscht, das wird den Eltern weggenommen. Es wird hinten herum auch noch nachgefragt: Was sagen denn die Eltern zu Hause? Da gibt es dann Fragebögen. Fragebögen gibt es viele, wir sehen ja, wo das hinführt. – Kollege Mayer lacht. Das ist das Einzige, das bei der sozialisti­schen Bildungspolitik rauskommt: Lachen. – Na gut, wunderbar. (Beifall bei der FPÖ.)

Jetzt zur Bildungsreform. – Wenn das alles so toll ist, wieso gibt es dann die ange­sprochene Bildungsreformkommission, aus der sich bereits zwei Landeshauptleute ver­abschiedet haben, weshalb sich jetzt Gott sei Dank der allmächtige Gottseibeiuns Mi­chael Häupl schwergewichtig in diese Kommission hineingeworfen hat? Wenn die Kom­mission bis November fertig sein soll, wird er als Landeshauptmann das Ende nicht mehr erleben. Das ist das Problem, das er haben wird, denn Häupl wird sicherlich nicht mehr Landeshauptmann von Wien sein, wenn das passiert. (Beifall bei der FPÖ.)

Aber ich habe noch einen anderen Punkt, und ich sehe jetzt gerade den Kollegen, der gestern gemeint hat, mit solchen Reden mache ich mir hier herinnen keine Freunde. Ich lasse Sie jetzt (in Richtung des Abg. Knes) teilhaben an meinem großen Weistum: Ich bin bereits mit Freunden hier hereingekommen und brauche keine neuen Freunde zu suchen, am allerwenigsten in einer Partei wie der Ihren, die „Freundschaft“ in der Grußformel hat, Ihr „Genossen“. Ich weiß nämlich mittlerweile, was dieses „Freund­schaft“ bedeutet, und verzichte dankend. (Beifall bei der FPÖ.)

Ich brauche mir nur anzuschauen, wie das Ministerium für Bildung und Frauen allein im Jahr 2014 1 Million € an Beratungskosten ausgegeben hat. (Bundesministerin Heinisch-Hosek: Das ist die Unwahrheit!) – Das sind Ihre Angaben. (Bundesministerin Heinisch-Hosek: Nein!) Das ist die Excel-Liste, Frau Bundesministerin! (Rufe und Gegenrufe zwischen Abgeordneten von SPÖ und FPÖ.) Wir haben zusammengezählt, offensicht­lich können Sie nicht zusammenzählen. (Beifall bei der FPÖ.) Das ist das Problem, dass man bereits bei den Grundrechnungsarten seine Schwierigkeiten hat. Wir haben zu­sammengezählt.

Ich komme auf den Kollegen „Freundschaft“ zurück … (Bundesministerin Heinisch-Ho­sek: Sie wissen ganz genau, dass das die Unwahrheit ist! Sie wissen es ganz ge­nau!) – Frau Bundesminister, das ist nicht richtig! Das ist die Liste, da haben Sie die Liste (der Redner hält sie in Richtung Bundesministerin Heinisch-Hosek), zählen Sie zusammen! Auch das ist eine Arbeitsverweigerung, wenn man das nicht kann. (Beifall bei der FPÖ.)

Frau Bundesminister! 274 000 €, ein Viertel dieser Summe, hat allein der ehemalige SPÖ-Kommunikationschef Ecker aus diesem Topf bekommen. – Das ist die Freund­schaft, die Sie (in Richtung des Abg. Knes) meinen, die ich aber ablehne. (Beifall bei der FPÖ.) Das ist Ihre Freundschaft, da schauen Sie natürlich. (Beifall und Zwischenruf des Abg. Knes.Jetzt klatschen Sie sogar dazu. Also wenn ein roter Genosse eine Viertelmillion bekommt, dann klatscht der Genosse. Wunderbar, das freut mich.

Jetzt kommen wir zur inhaltlichen Frage dieser Bildungsdebatte insgesamt.

„Die Welt“, 7. Juli 2015: „Finnlands Pisa-Wunder entpuppt sich als Irrtum“

 „Alle waren sie da. Gleich nachdem das Wunder geschehen war, kamen sie. Die Bil­dungsexperten, Bildungspolitiker, Bildungserklärer und Bildungsverklärer. Heerscharen. Alle Parteien und Verbände. Sie alle sind in den letzten 15 Jahren mindestens einmal nach Finnland gereist.“

„Die schöne neue Schulwelt wurde bewundert und kopiert, weil sie in das Gesellschafts­bild vieler Parteien passte, …“


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Dann werden die Grünen aus einem deutschen Bundesland zitiert: „Wir Grünen wollen Schulen nach finnischem Vorbild schaffen.“

Und jetzt? – „Lernerfolg schwindet wundersamerweise“; innerhalb von zehn Jahren ei­ne Jahresstufe.

„In keinem Land gehen Schüler so ungern zur Schule“

Zur Autonomie: Was sagt Schweden, wo die Autonomie ja eingeführt wurde, mittler­weile dazu? – Bei allen positiven Ansätzen, die die Autonomie hat – und jetzt wende ich mich an den Kollegen Strolz, weil er auch ein Fürkämpfer ist –, aber:

„Seither müssen schwedische Schulen um Schüler aktiv werben. Die Folge war, dass ein Run auf gute Schulen einsetzte und schlechte noch schlechter dastanden. Zudem fand eine starke soziale Segregation statt. Die Leistung der Schweden wurde gleich­zeitig mitnichten besser, weil viele Schulen damit für sich warben, besonders viele gute Noten und Abschlüsse zu vergeben. Dies drückte zwangsläufig das Niveau nach un­ten.“

Das ist mit Sicherheit nicht die Autonomie, die wir wollen, die wir uns vorstellen. (Zwi­schenruf der Abg. Gusenbauer-Jäger.) – Sie haben Ihre Vorbilder in Finnland, in Schwe­den, die Sie reinbringen wollen, aber ich sage Ihnen eines: Immer dann, wenn aufs Aus­land, auf die Erfahrungen geschielt wurde, dann wurde es in Österreich gut gedacht und – vor allem unter den SPÖ-Bundesministerinnen der letzten Jahre – schlecht ge­macht. (Beifall bei der FPÖ.)

13.19


Präsident Ing. Norbert Hofer: Zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Dr. Walser. – Bitte.

 


13.20.01

Abgeordneter Dr. Harald Walser (Grüne): Herr Präsident! Frau Ministerin! Hohes Haus! Herr Kollege Rosenkranz, bei Ihnen kann man sicher sein, dass Sie zielgerichtet die falschen bildungspolitischen Themen aufgreifen und hier mit einer gekünstelten Aufge­regtheit Unsinn von sich geben (Abg. Mayer: Blanker Unsinn!), von wegen frühe Sexu­alisierung von Kindern. (Beifall bei den Grünen sowie bei Abgeordneten der SPÖ.)

Bitte, die Zeiten sind vorbei, in denen Erwachsene keine Ahnung von Verhütung hat­ten, keine Ahnung davon, was im Körper vorgeht. Zum Glück leben wir in anderen Zei­ten (Zwischenrufe der Abgeordneten Mölzer und Peter Wurm), zum Glück sind wir heute in der Lage, in unseren Schulen vernünftig mit Kindern über Sexualität zu reden (Zwischenrufe der Abgeordneten Rädler, Peter Wurm und Deimek), ihnen zu helfen, wenn sie Fragen haben, Probleme zu diskutieren. Das ist die Aufgabe der Schule, und natürlich nimmt niemand den Eltern diese Aufgabe ab. (Abg. Deimek: Aber er hat eigentlich recht, besonders bei den Grünen ist das wichtig!) Das ist doch absoluter Unsinn, sondern Schule hat die Aufgabe, unterstützend einzugreifen. (Zwischenruf des Abg. Peter Wurm.)

Den PISA-Artikel haben Sie leider auch nicht sinnerfassend gelesen, denn in diesem „Welt“-Artikel über PISA wird überhaupt nicht bezweifelt, dass die PISA-Ergebnisse gut sind. Es wird über die Methoden, wie man zu diesen Ergebnissen kommt, diskutiert – darüber müsste man reden –, und da will niemand eins zu eins ein Schulsystem aus skandinavischen Ländern übernehmen. Es will auch niemand das Schulsystem aus Hongkong oder aus Singapur übernehmen (Abg. Walter Rosenkranz: „Wir Grünen wollen Schulen nach finnischem Vorbild schaffen“, Zitat!), sondern wir wollen ein Schul­system, das auf unseren Traditionen aufbaut, aber mehr Gerechtigkeit bietet als die­ses. Ihr blaues altnationales (Abg. Höbart: Altnational!) Elitenprogramm, das Sie ver­treten wollen, Ihre These betreffend Schule, die Sie aus dem 19. Jahrhundert übernom-


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men haben – das passt nicht mehr ins 21. Jahrhundert. Tut mir leid! (Beifall bei den Grünen sowie bei Abgeordneten der SPÖ.)

Frau Ministerin, wir haben heute mehrere Gesetze zu ändern, ein Sammelsurium. Es sind zum Teil Regeln – ich sage, die Zeiten ändern sich, die Politik muss reagieren –, die einfach überholt waren, Reformen, die notwendig sind, weil wir Strukturen haben, Benennungen haben, die überholt sind; dazu gehört natürlich vor allem die Sonder­schule, dazu gehört auch die Tourismusschule. Das ist okay, das muss sein.

Was weniger okay ist und wo wir große Probleme haben, sind aber Reparaturen bei Gesetzen, die wir vor zwei Jahren in diesem Haus beschlossen haben. Wir Grüne ha­ben Sie – Ihre Vorgängerin – und die Regierungsparteien damals gewarnt, beispiels­weise bei diesem Schulpflichtgesetz. Dieses Gesetz sieht eine derartige bürokratische Abfolge an Sanktionen gegen Schulschwänzerinnen und Schulschwänzer vor, fünf Stu­fen sind da vorgesehen: Gespräch mit dem Direktor; Einbindung von Schulpsycholo­ginnen und Schulpsychologen; Schulsozialarbeiter müssen kontaktiert werden (Zwi­schenruf des Abg. Lugar); es müssen da irgendwie Protokolle verfasst werden; über diese Protokolle muss wieder diskutiert werden, und, und, und.

Also das ist ein Procedere, da sind wir schon längst in den großen Ferien, bis Schü­lerinnen und Schüler, die im November geschwänzt haben, in irgendeiner Form sank­tioniert sind. Dass wir das reparieren müssen, das ist bitte hausgemacht. Ich glaube, dass wir hier heute sagen: Ja, lassen wir die Lehrerinnen und Lehrer, die Direktorinnen und Direktoren an den Schulen entscheiden, wie man da vorgehen muss!, das ist über­fällig und das können wir hier nur unterstützen. Ich sage noch einmal dazu: In den skandinavischen Ländern – von den Blauen heftig bekämpft – gibt es ein Verhältnis von einer Schulpsychologin, einem Schulpsychologen zu 800 Schülerinnen und Schü­lern; in Österreich ist das Verhältnis eins zu 8 200. – Da müssen wir ansetzen, da ha­ben wir enorm viel Reformbedarf.

Über weitere Reformen wird Kollegin Jarmer noch sprechen, sie wird auch einen ent­sprechenden Antrag einbringen. Ich darf nur eines vorwegnehmen: die Umbenennung der „Sonderschulen für schwerstbehinderte Kinder“ in „Sonderschulen für Kinder mit er­höhtem Förderbedarf“.

Das ist für uns ein ganz zentrales Thema, deshalb wird sich Kollegin Jarmer aus­schließlich dem widmen; ich sage Ihnen nur: Die Reaktion der Betroffenen ist eindeu­tig.

Der Unabhängige Monitoringausschuss schreibt: Diese Reform „bleibt in kleinen Schrit­ten hängen“. BIZEPS, eine ganz wichtige Organisation, die sich für Kinder mit Defiziten einsetzt, spricht von „Pseudo-Aktivitäten“. Die Arbeiterkammer sagt, „dringlicher erscheint die Umsetzung wichtiger Inklusionsmaßnahmen“. Die Österreichische Arbeitsgemein­schaft für Rehabilitation schreibt, dass „die Änderung einer Bezeichnung für die Son­derschule allein nichts an dem Stigma für Menschen mit Behinderungen und deren Aus­sonderung und Benachteiligung zu verändern vermag“.

Da müssen wir ansetzen. Wir haben die entsprechenden Hinweise seitens der UNO, seitens internationaler Organisationen schon bekommen. Bitte, schauen Sie sich das an! Nehmen Sie künftig grüne Einwände ernster, dann ersparen Sie sich solche Repa­raturgesetze! (Beifall bei den Grünen.)

13.25


Präsident Ing. Norbert Hofer: Zu einer Stellungnahme hat sich Frau Bundesministerin Heinisch-Hosek zu Wort gemeldet. – Bitte.

 


13.25.39

Bundesministerin für Bildung und Frauen Gabriele Heinisch-Hosek: Bevor ich kurz auf die Gesetzesänderungen eingehe – es sind ja schon viele Redebeiträge, konstruk-


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tive Redebeiträge, auch kritisch konstruktive Redebeiträge dazu abgegeben worden –, lege ich Wert auf eine Richtigstellung.

Es ist völlig legitim, dass die Parteien des Hohen Hauses über Anfragen und deren Beantwortungen quasi das eine oder andere hier in der Öffentlichkeit aufzeigen kön­nen, darüber diskutieren lassen können; mitunter sind auch Richtigstellungen vorzu­nehmen, wie sie von mir jetzt vorgenommen wird. Wenn eine Partei dieses Hohen Hauses fragt, was in den Jahren 2010 bis 2014 an diversen Beraterhonoraren ausge­geben wurde, und sich dann auf ein Jahr bezieht, mit dem ich als Ministerin in Bezug auf diese Zahlen, die von Ihnen genannt wurden, Herr Kollege Rosenkranz, nichts zu tun habe, weil ich mit dieser Agentur keinen einzigen Vertrag abgeschlossen habe
und auch weil bis zum Jahr 2013 meine Vorgängerin für einige dieser Beraterhonorare und Summen verantwortlich gezeichnet hat (Ruf bei der FPÖ: Ihr Ressort!) – ich kann das für das Jahr 2014 mit knapp 230 000 € beziffern, was mich betrifft –, dann ist das in einer Relation dermaßen unrichtig, dass es mich dazu bewogen hat, diesen Zwi­schenruf zu tätigen.
(Beifall bei Abgeordneten der SPÖ. – Zwischenrufe der Abgeord­neten Kitzmüller, Mölzer und Lausch.)

Diese Richtigstellung war mir wichtig, ganz einfach, um hier dem Publikum und den an­deren im Hohen Haus vertretenen Parteien vor Augen zu führen, dass ich Seriosität sehr schätze, dass ich konstruktive Kritik annehmen kann, weil das zu meinem Job ge­hört, dass ich es aber nicht gerne habe, wenn hier Unrichtigkeiten und Unwahrheiten verbreitet werden. Es war mir wichtig, das zu Beginn zu sagen.

Weiters möchte ich sagen, dass jene Gesetzesvorlage, die diesen Datenverbund schafft, eine lange, lange Vorgeschichte hat und von meiner Vorgängerin und Herrn Kollegen Töchterle verhandelt wurde, nämlich die PädagogInnenbildung Neu. Da haben wir es wirklich gut geschafft, die Zusammenarbeit zwischen Universitäten und Pädagogischen Hochschulen zu stärken, mit all den eventuellen Kinderkrankheiten, die immer noch da sind. Man hat in der Vergangenheit begonnen und versucht jetzt weiter, diese Kinder­krankheiten sukzessive, Schritt für Schritt zu heilen. Das ist ganz klar.

Dazu gehört auch, dass Datenverbünde zwischen zwei Einrichtungen geschaffen wer­den: den autonomen Universitäten, Pädagogischen Hochschulen. Da muss klargestellt werden, dass Matrikelnummern und die Situation der Studierenden einfacher werden und dass der Verwaltungsaufwand geringer wird. Daher ist es, wie ich glaube – und die Kolleginnen und Kollegen, die sich dazu positiv geäußert haben –, nur zu begrüßen, dass dieser Datenverbund zwischen Hochschulen und Universitäten nun eingerichtet wird.

Ich bin auch der Meinung, dass Umbenennungen ein erster Schritt sein können, näm­lich konkret die Umbenennung von „Sonderschule für schwerstbehinderte Kinder“ in „Son­derschule für Kinder mit erhöhtem Förderbedarf“. Da müssen wir auch weitertun.

Ich darf überdies berichten – auch wenn hier entgegengesetzte Meinungen dargelegt wur­den, dass da nichts weitergehe –, dass wir ab Herbst in drei Bundesländern tatsäch­liche inklusive Modellregionen einrichten werden: in der Steiermark, in Tirol und in Kärn­ten. Man setzt sukzessive das um, was die UN-Behindertenrechtskonvention uns quasi vorgibt, nämlich die Sondereinrichtungen so einzudämmen oder so zu reduzieren, dass alle Kinder sich in ihrer Eigenart, in ihrer Eigenheit, in ihrer individuellen Gegebenheit, mit ihren Talenten, Begabungen, Defiziten wiederfinden können in einem Schulsystem, in dem sie sich wohlfühlen. Wir starten das in drei Bundesländern, und das finde ich außerordentlich wichtig und richtig.

Da heute auch noch ein Antrag eingebracht wird, möchte ich nur betonen und daran erinnern: Inklusion ist für mich mehr, als nur eine Sinnesbehinderung herauszuneh­men. Ich komme selbst aus dem Bereich der Schwerhörigen- und Gehörlosenpädago-


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gik, aber vielleicht könnten wir uns gemeinsam, über alle Parteien hinweg, in diesem Haus darauf verständigen, dass Inklusion alle Arten von Beeinträchtigungen – wenn wir wie bei diesem Antrag schon von Beeinträchtigungen sprechen – betrifft. Das wäre für andere Arten von Behinderungen förderlich, würde ich glauben. Die Umbenennung dieser Schulen ist der erste Schritt.

„Schulen für Tourismus“ statt „Schulen für Fremdenverkehrsberufe“: Dem werden meh­rere Schritte folgen, die ich natürlich begrüßen möchte, weil ich glaube, dass damit nicht nur Schritte gesetzt werden, sondern auch der Fortschritt dargelegt werden soll, damit in diesen Lehranstalten, in diesen Schulen konkrete Berufsbilder der Zukunft auch richtig benannt werden können.

Einige technische Anpassungen, die auch vorgenommen werden, beinhalten diese Ge­setzesänderungen auch.

Ich freue mich überdies, dass etliche Abgeordnete, die vor mir gesprochen haben, auch viele andere Bereiche den Bildungsbereich betreffend erwähnt haben. Auch ich stehe nicht an, auf die Ergebnisse des Qualitätssicherungsrates zu verweisen, der sich ge­nau anschaut, in welchem Verhältnis Universitäten und Pädagogische Hochschulen die Arbeit aufgenommen haben, wie diese Arbeit Fortschritte macht, wie die Lehrpläne, sprich die Curricula dieser beiden Einrichtungen zusammengeführt werden können.

Ich freue mich außerordentlich, dass der Verbund Süd diese gemeinsame Ausbildung nicht nur für die Primarstufe, sondern auch für die Sekundarstufe schon mit kommen­dem Studienjahr beginnen wird; die anderen drei Cluster werden nächstes Jahr folgen.

In diesem Sinne bewegt sich Bildung vorwärts, und die Schritte, die wir heute auch wieder setzen, sind zum Teil kleine Veränderungen, wenn Sie so wollen auch Repara­turen von früher, aber auf der anderen Seite, glaube ich, gute Weichenstellungen für die Zukunft unserer Kinder. (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der ÖVP.)

13.32


Präsident Ing. Norbert Hofer: Als nächster Redner gelangt Herr Klubobmann Dr. Strolz zu Wort. – Bitte.

 


13.32.10

Abgeordneter Mag. Dr. Matthias Strolz (NEOS): Herr Präsident! Frau Ministerin! Lie­be Kolleginnen und Kollegen! Liebe Bürgerinnen und Bürger auf der Galerie, vor den Bildschirmen, wo immer Sie uns zuhören! Wir besprechen hier kleine Korrekturen, An­passungen, im Bildungsbereich, Reparaturen, wie die Frau Ministerin es bezeichnet hat. Wir werden bei diesen Reparaturen – bei diesem Tagesordnungspunkt und auch beim nächsten – mitgehen. Es geht einerseits um Umbenennungen, es geht anderer­seits um Datenaustausch zwischen den Universitäten und Pädagogischen Hochschu­len.

Das sind Bewegungen in die richtige Richtung, Frau Ministerin, aber es sind natürlich keine relevanten Schritte; das sind nicht einmal Trippelschritte. Was Österreich braucht, ist eine entschlossene Bildungswende, das möchte ich bei dieser Gelegenheit noch einmal unterstreichen und herausarbeiten.

Wir kennen die Zahlen: Ein Fünftel kann mit 15 Jahren noch nicht lesen, fast 10 000 jun­ge Menschen verlassen das Pflichtschulsystem ohne weitere Ausbildung – keine Leh­re, keine Schule; sie nehmen ein Trikot in die Hand, auf dem steht: Dauerkunde Ar­beitsmarktservice. Wir wissen, dass die Hälfte der Arbeitslosen nur einen Pflichtschul­abschluss hat, und da kommen offensichtlich pro Jahr fast 10 000 dazu.

Wir wissen, dass wir die zweite Generation der Migrantenkinder – und das sind viele Tausende, Zehntausende jedes Jahr in Wien; im Volksschulbereich sind das mittlerwei-


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le mehr als die Hälfte – ganz systematisch verlieren. Wir versenken ihre Talente. (Zwi­schenruf des Abg. Peter Wurm.)

Das wurde gerade letzte Woche von der Tageszeitung „Die Presse“ wieder herausge­arbeitet, Generalhypothese – ich befürchte sogar, es gibt einige, denen diese Hypothe­se gefällt –: Ausländerkinder sind doppelt so dumm wie Inländerkinder, weil sie in Son­derschulen doppelt so hoch repräsentiert sind wie in AHS und in berufsbildenden hö­heren Schulen.

Das heißt, wir versenken bewusst Talente, die wir im Land haben, die wir unbedingt brauchen, denn das sind unsere Kinder, sie werden die Pensionen zahlen: für mich, für Sie, egal, welcher Couleur. Entweder sie zahlen, oder wir haben keine Pension, so ein­fach wird das sein, und deswegen, aber vor allem als menschliche Pflicht, haben wir diese Menschen in die Entfaltung zu begleiten.

Stellen Sie sich vor, Sie haben ein Kind, es hat Talente – und diese Talente kommen nicht in die Entfaltung. Das ist für mich als Vater etwas vom Schlimmsten, das ich mir vorstellen kann: wenn ich weiß, mein Kind wollte die Flügel breit spannen, aber es kommt nicht dazu – weil es die falsche Muttersprache hat. Das kann kein Grund sein, den ich akzeptieren werde; solange ich irgendetwas zu sagen habe, werde ich in die­sem Parlament dagegen aufstehen. (Beifall bei den NEOS.)

Ich unterstütze deswegen auch den Ansatz von Beate Meinl-Reisinger; sie sagt: Ich reiße diesem fetten Politapparat 120 Millionen € raus – in Wien, denn in Wien ist das Problem am drängendsten. Sie sagt ganz klar, woher sie das Geld nimmt, zum Bei­spiel: Halbierung der Parteienförderung – dann ist Wien immer noch über dem Vorarl­berger Niveau, also niemand muss Angst vor amerikanischen Verhältnissen haben –, Halbierung des Gemeinderates – der braucht nicht so groß zu sein wie der amerikani­sche Senat, die Stadt ist ein bisschen kleiner –, Halbierung des Werbeetats – die Be­weihräucherung ist jenseitig.

Also wir könnten Geld holen, wenn wir wollten, Frau Ministerin! Was ich als Mitglied des Parlaments, des Nationalrates wirklich vermisse, ist Klarheit. Ich habe nach der Jahreshälfte noch immer keine Klarheit, wie Sie die 343 Millionen € auftreiben, die Ih­nen heuer fehlen; ich habe noch immer keine Klarheit, wo Sie die 600 Millionen €, die Ihnen im nächsten Jahr fehlen, hernehmen.

Soll man da kapitulieren? Irgendwie schwankt man zwischen Zynismus, Kapitulation und doch immer wieder den Finger in die Wunde legen – und diese Wunde blutet bei den jungen Menschen; nicht nur ein Jahr, sondern ein Leben lang, wenn wir diese Wunde aufreißen. Deswegen werden wir nicht müde werden, hier diese Themen anzu­sprechen.

Abschließend noch einmal die Einladung, Frau Ministerin, uns mit auf die Reise zu nehmen – wir brauchen breite nationale Dialogprozesse –, auf den Weg zum 17. No­vember, zu Ihrer Schulautonomiestrategie. Nehmen Sie die Opposition bitte mit auf die Reise! Wir repräsentieren 50 Prozent dieses Landes. Es kann nicht sein, dass wir am Vorabend irgendetwas auf den Tisch geknallt bekommen, nach dem Motto: Friss, Vo­gel, oder stirb!

Letzter Punkt, weil ihn Kollege Rosenkranz angeschnitten hat: Schulautonomie. Schul­autonomie ist nie Selbstzweck für die NEOS, sondern wir sagen: Bringen wir die Pä­dagogen in die Entfaltung. Es gibt ganz viele Beherzte, die gebremst werden, weil sie das falsche Parteibuch haben, weil sie nicht dürfen – Bürokratie und so weiter. Man muss aber nichts kopieren! Wir schauen uns alles an. Ich war in Schweden und habe sogar eine Pressekonferenz gemacht und gesagt, was wir eben nicht von den Schwe­den kopieren wollen.


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Natürlich hat Schweden die Autonomie in einer Art und Weise umgesetzt, wie wir es nicht wollen: Wir wollen keine Trennung in gute und schlechte Schulen, wir wollen kei­ne Segregierung der Schülerpopulation nach sozialen Kriterien, sondern im Gegenteil. Wenn Sie unsere Konzepte lesen – und damit sollte die Sozialdemokratie eine Freude haben und uns unterstützen können, auch die ÖVP –, sehen Sie, wir wollen eine index­basierte Standortfinanzierung, das heißt, eine Anreizfinanzierung, um durchmischte Schü­lerpopulationen zu haben. Ich halte das für wichtig, für eine Frage der Chancengerech­tigkeit.

Die jungen Menschen brauchen Chancen; wenn wir ihnen diese nehmen, weil wir nur Trippelschritte machen wie heute, dann wird das nicht gut ausgehen. (Beifall bei den NEOS.)

13.37


Präsident Ing. Norbert Hofer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Mayer. – Bitte.

 


13.38.02

Abgeordneter Elmar Mayer (SPÖ): Herr Präsident! Frau Ministerin! Werte Kollegin­nen und Kollegen! Das Durchatmen ist gerade ein bisschen freier, nach den Reden von Harald Walser und Matthias Strolz. Kollege Rosenkranz hat in seiner bekannten und durchaus bewährten Manier versucht, die Bildungsdebatte auf Stammtischniveau herunterzubrechen, es ist leider Gottes nichts anderes, und es freut mich, wenn nach mir Kollege Töchterle spricht, damit die Debatte wieder das Niveau erreicht, das das Thema einfach verdient.

Man weiß ganz genau, es gibt natürlich Probleme, aber die Probleme sind aktuell, die diskutieren wir, es gibt Konzepte dafür. Und es stimmt ganz einfach nicht – um das auch klar zu sagen –, dass man irgendwie dahinlaviert und irgendetwas tut und dass keine Reformen gemacht werden.

Sie wissen ganz genau, dass es eines der wichtigsten Projekte dieser Bundesregie­rung ist, im Bereich der Frühförderung entscheidende Schritte zu setzen. Wer nur ein bisschen Ahnung von der Bildungspolitik hat, ein bisschen weiß, wie sich Entwicklung abspielt, und sich ein bisschen mit der Neurowissenschaft beschäftigt hat, der weiß, dass das der entscheidende Bereich für die jungen Generationen ist, dass da mög­lichst viel des kreativen Potenzials, das da ist, herausgeholt, gefördert, geweckt und auch Fehlentwicklungen, Defizite, die da sind, abgebaut werden müssen. Das ist ein ganz wichtiger Aspekt.

Das Zweite: die Bildungsstandards. Das wurde von vielen vor Jahren noch belächelt, bei der Beschlussfassung kritisiert; die neue Matura wurde heute wieder kritisiert. In der Zwischenzeit, nach der erfolgreichen Erstetappe, sind die Zwischenrufe schon et­was leiser, und sie werden zur Gänze verklingen, weil es international moderner und guter Standard ist und uns dahin bringt, dass wir kompetente Abgänger der höheren Schulen haben und Universitäten und Betriebe – egal, wo die Absolventen dann hin­gehen – wissen, mit welchem Niveau, mit welchen Kompetenzen junge Menschen zu ihnen kommen.

Dasselbe betrifft die Bildungsstandards für die 4. und 8. Schulstufe: Auch das ist in Entwicklung begriffen, da muss man noch lernen, da gibt es noch die einen oder an­deren Stolpersteine, das ist überhaupt keine Frage. Aber ganz entscheidend ist, dass wir wissen, auch die Lehrer wissen, die Schulen wissen: Jawohl, wir müssen in Rich­tung Kompetenzen hinarbeiten! Kinder mit zehn Jahren sollen diese und jene Kompe­tenzen haben, mit 14 Jahren sollen sie diese und jene Kompetenzen haben.

Das sind daher ganz entscheidende Dinge, die man da vorantreibt; die kann man jetzt schlechtmachen oder mit Nebensächlichkeiten kleinmachen, irgendein Detail heraus­greifen – was natürlich geschickte Oppositionspolitik ist –, aber in der Sache muss man


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sagen: Die Bildungspolitik ist in Summe auf einem guten Weg. (Abg. Walter Rosen­kranz: Raus aus dem Elfenbeinturm!)

Zwei Dinge möchte ich noch sagen: Die neue PädagogInnenausbildung – wie wurde sie kritisiert?! – Jetzt im Qualitätssicherungsrat sieht man, da ist auf höchster Ebene – auf fachlicher und wissenschaftlicher und durchaus auch praktischer Ebene – das Be­mühen da, zu schauen: Wie kann man die Vorzüge, die die Universitäten haben, in die Ausbildung an den PHs hineinbringen und die Vorzüge, die die PHs haben, in die Uni­versitäten hineinbringen?

Das haben wir immer gesagt, jeder, der ein bisschen etwas über das System weiß: Ja­wohl, in diese Richtung soll es gehen! Das ist eine Entwicklung, die noch ein paar Jah­re braucht, aber wir werden à la longue am Ende des Tages eine PädagogInnenausbil­dung haben, PädagogInnen haben, die tatsächlich auf dem modernsten Stand ausge­bildet sind, wo wir wissen, sie können dann das, was wir uns vorstellen und mit dem Gesetz beschließen wollen, auch tatsächlich im Schulalltag umsetzen. Dazu braucht es eine breite und fundierte Ausbildung, und da ist man jetzt auf dem Weg. Ich glaube, es wird noch einige Stolperer geben, es wird noch einige Punkte geben, die die Oppo­sition durchaus kritisieren kann, aber man soll den Weg in Summe nicht schlechtma­chen.

Zwei konkrete Beispiele, weil die Ministerin da ist, weil es mein eigenes Bundesland betrifft und ich das einfach – so ist halt mein Naturell – loswerden möchte:

Das eine ist: Ich bedanke mich für die Unterstützung aus dem Land Vorarlberg. Das Land Vorarlberg hat ein Forschungsprojekt auf Schiene gebracht – auf wissenschaftli­cher Basis, unter Einbindung von Erziehungswissenschaftlern, Eltern, Lehrern und Schü­lern – und ein Konzept erarbeitet, das sich sehen lassen kann, wo man sagt: Jawohl, es gibt jetzt ein Projekt, wie wir glauben, dass man die Schule der 10- bis 14-Jährigen optimieren könnte!

Wirtschaftskammer, Elternverein, Industriellenvereinigung, Lehrer – bis auf eine kleine Gruppe kritischer AHS-Gewerkschafter, das muss ich zugeben – sind alle dafür, ja ein ganzes Land ist dafür. Wir haben auch versucht, einen Antrag einzubringen. Weil es im Land immer heißt: Ja, das Land tut, und der Bund ist säumig!, wollte man einen Ent­schließungsantrag machen. Ich bedanke mich bei allen Kollegen der Opposition, die von sich aus gesagt haben: Natürlich, das würden wir gemeinsam mittragen! (Abg. Walter Rosenkranz: Was ist denn die Meinung der ÖVP Vorarlberg?) Umso größer war meine Enttäuschung, als der Koalitionspartner sagte: Nein, für ist das noch zu früh, jetzt noch nicht, vielleicht irgendwann später! (Zwischenruf des Abg. Sieber.)

Man muss das Eisen schmieden … – Übrigens, Herr Kollege Rosenkranz: Hut ab vor Kollegen Themessl, der gesagt hat: Ich unterschreibe diesen Antrag, ich bin dabei!, obwohl Kollege Rosenkranz im Parlament das pure Gegenteil erzählt. (Zwischenruf des Abg. Walter Rosenkranz.) Soll so sein! (Beifall bei der SPÖ sowie des Abg. Lo­acker. – Zwischenrufe der Abgeordneten Walter Rosenkranz und Sieber.)

Der zweite Bereich, der mir noch ein Anliegen ist, weil ich weiß, dass es viele betrifft – viele in Vorarlberg, nicht in ganz Österreich –: Es gibt eine Fehlentwicklung im Bereich der Pädagogischen Hochschule, das betrifft jetzt 40 Studenten, die aufgrund dieser Re­gelung nicht direkt in den Schuldienst eintreten können, um dann nicht verlustig zu ge­hen.

Das neue Lehrerdienstrecht wurde hier im Haus auch von vielen ganz, ganz schlecht­gemacht, als das Schlimmste, das es gibt, bezeichnet – und jetzt haben wir einen Kampf darum: Möglichst viele wollen in das neue Lehrerdienstrecht hinein. Es gibt eine Grup­pe von Studenten, die hier ausgeklammert sind, zum Teil sogar durch Verschulden der


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Pädagogischen Hochschule. Ich meine, das könnte man noch reparieren, und ich wür­de da um Ihre Unterstützung bitten. – Danke schön. (Beifall bei der SPÖ.)

13.44


Präsident Ing. Norbert Hofer: Als nächster Redner zu Wort gemeldet ist Herr Abge­ordneter Dr. Töchterle. – Bitte.

 


13.44.15

Abgeordneter Dr. Karlheinz Töchterle (ÖVP): Herr Präsident! Frau Ministra! Hohes Haus! Ja, es ist ein Gesetz, das als Sammelsurium bezeichnet wurde, das tatsächlich eine größere Fülle kleinerer Regelungen enthält, die aber gleichwohl wichtige Schritte auf dem richtigen Weg sind. Ich greife eine Regelung heraus, die heute schon ein paar Mal angesprochen wurde, auch da und dort ein bisschen kritisch, nämlich diesen Da­tenverbund. Er befördert ein Anliegen, das mir wichtig ist und das heute auch schon ein paar Mal gewürdigt wurde – dafür danke ich –, nämlich die PädagogInnenbildung Neu.

Dieser Datenverbund ermöglicht die inzwischen notwendig gewordene Basis für ein ge­deihliches Zusammenarbeiten der beiden Institutionen Pädagogische Hochschulen und Universitäten. Warum ist das inzwischen notwendig geworden? – Es gibt in der Tat auch – das muss man kritisch sagen – eine Bürokratisierung dieser Bildungsinstitu­tionen, aber diese Bürokratisierung ist eine internationale Entwicklung, die in die Rich­tung geht, dass sich inzwischen nicht mehr wie früher im tertiären Sektor alles auf eine große Schlussprüfung und eine große Schlussarbeit – früher war das meistens eine Doktorarbeit – konzentriert, sondern dass man international Studien in Einzelteile, in Module und damit auch in Einzelprüfungen zerlegt und für diese Einzelteile dann auch sogenannte European-Credit-Transfer-System-Punkte vergibt.

Es wird also alles zerschnitten, und es muss deswegen auch alles sehr genau belegt werden, weil an diesen Dingen letztlich dann nicht nur der Studienerfolg hängt – dieser summiert sich dann einfach auf –, sondern weil an diesen Dingen inzwischen auch viele andere Dinge hängen, wie zum Beispiel die Vergabe von Stipendien, die An­spruchsberechtigung für Familienbeihilfe, auch die Möglichkeit, Studien fortzusetzen, wenn sie sukzessiv und konsekutiv geregelt sind, und natürlich auch die Frage des Zu­griffs auf die Wählerlisten für die zweijährlich stattfindenden österreichischen Hochschü­lerschaftswahlen.

Es hängt also viel dran, deswegen muss es einen solchen Datenverbund geben, und er muss auch funktionieren, deswegen war es wichtig, dies gesetzlich festzulegen. Es ist eine wichtige und gute Basis für eine gut funktionierende Kooperation von Univer­sitäten und Pädagogischen Hochschulen. Diese Kooperation lässt sich in der Tat gut an; es ist auch schon erwähnt worden, dass besonders der Verbund Süd-Ost – also die Steiermark, das Burgenland und Kärnten – da sehr weit ist, vor allem dank der Ini­tiative von Vizerektor Martin Polaschek von der Universität Graz.

Es sind auch die anderen Verbünde – West mit Tirol und Vorarlberg, Mitte mit Salzburg und Oberösterreich – auf gutem Weg. Am schwierigsten gestaltet es sich interessan­terweise im Verbund Ost, also in Niederösterreich und Wien, aber auch da sind in letz­ter Zeit einige bedeutende Schritte gemacht worden, sodass man sagen kann: Das Ganze ist auf gutem Weg und die Studien werden bald beginnen können! Ich bin über­zeugt, dass das, was wir 2013 hier im Hohen Haus beschlossen haben, eine Erfolgs­geschichte wird.

International wird das von Experten durchaus sehr positiv gesehen und kommentiert, nur national wird es kaum wahrgenommen. Deswegen danke ich auch all jenen, die das immer wieder als positiven Schritt erwähnen. Das ist wichtig. Wir müssen es im Bewusstsein der Bevölkerung verankern, dass wir damit – indem wir möglichst kompe-


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tente Lehrerausbildung sicherstellen – etwas ganz Bedeutendes für die Zukunft der Bil­dung in Österreich tun.

Das tun wir auch mit diesem Gesetz oder einem Teil dieses Gesetzes, hinsichtlich des­sen ich um Zustimmung ersuche. – Vielen Dank. (Beifall bei der ÖVP.)

13.48


Präsident Ing. Norbert Hofer: Zu einer tatsächlichen Berichtigung hat sich Herr Ab­geordneter Dr. Rosenkranz zu Wort gemeldet. – Bitte.

 


13.48.38

Abgeordneter Dr. Walter Rosenkranz (FPÖ): Herr Präsident! Herr Kollege Mayer hat in seiner Rede soeben behauptet, Kollege Themessl hätte etwas unterschrieben bezie­hungsweise würde etwas unterschreiben hinsichtlich der Modellregion Vorarlberg.

Das ist – auch nach einer Rücksprache mit ihm – tatsächlich unrichtig. Kollege The­messl hat nichts unterschrieben, und er wird auch nichts unterschreiben, weil es näm­lich noch gar nichts gibt, das auf dem Tisch liegt. (Beifall bei der FPÖ. – Zwischenruf des Abg. Mayer.)

13.49


Präsident Ing. Norbert Hofer: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Mag. Jarmer. – Bitte.

 


13.49.00

Abgeordnete Mag. Helene Jarmer (Grüne) (in Übersetzung durch einen Gebärden­sprachdolmetscher): Sehr geehrter Herr Präsident! Hohes Haus! Sehr geehrte Frau Mi­nisterin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Liebe Zuschauer zu Hause vor den Fernseh­schirmen! Thema Bildung: Wir sind wieder da. Mein Kollege Harald Walser hat bereits vorhin die Umbenennung der Sonderschulen angesprochen.

Eines muss klargestellt werden: Selbstverständlich ist es gut, das Schildchen an der Tür zu verändern, die Diskriminierung ist damit quasi abgeschafft. Ich würde sagen, das ist der kleinste Schritt, ein Mini-Schritt, der in Bezug auf Reformen gemacht wurde. Nur den Namen zu wechseln, genügt nicht, die Umbenennung auf „Kinder mit erhöh­tem Förderbedarf“ ist nicht ausreichend.

Was bedeutet denn erhöhter Förderbedarf? Was bedeutet das genau? Sind da nur Kin­der mit Behinderungen gemeint? Hat nicht jeder Mensch Defizite, Stärken und Schwä­chen? Warum wird wieder mit Begrifflichkeiten gespielt und werden Menschen wieder in ein Eck gestellt, wo sie nicht hingehören? Mit einer Umbenennung ist es nicht getan! Wenn die Regierungsparteien meinen, dem sei so, bitte sehr.

Ein wichtiger Punkt: Nur das Schildchen an der Tür auszuwechseln, wird nichts nutzen. Substanzielle Reformen sind notwendig; siehe die UN-Konvention für Menschenrechte! Dieser Schritt widerspricht dem, was die UN-Konvention sagt. Ein gemeinsames Leben soll das Ziel sein, ein gemeinsames Lernen, ein gemeinsames Lehren. Der jetzige Stand ist das nicht. Man sammelt alle in einer Einrichtung, man ändert den Namen, sie werden in einem Eck versteckt und unterrichtet. Das ist Segregation! Diese Segrega­tion besteht weiterhin, allerdings unter einem anderen Namen.

Auf der einen Seite verstehe ich natürlich, dass Sonderschulen optimal sind. Da gibt es sehr viele Angebote, die Eltern entlasten, Therapien, Logopäden und so weiter, die El­tern nicht selbst organisieren müssen. Aber die Zeiten haben sich geändert. Diese Ins­titutionen, Regelschulen und Sonderschulen kann man zusammenführen, das nennt sich Inklusion. Die Modellregionen, die derzeit vorherrschen, sind nicht ausreichend. Das ist nicht das Endziel.

Wir von den Grünen bringen daher aus diesem Grund folgenden Antrag ein:


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Entschließungsantrag

der Abgeordneten Dr. Harald Walser, Mag. Helene Jarmer, Kolleginnen und Kollegen betreffend Inklusion in der Schule, Umsetzung der UN-Behindertenrechtskonvention

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesministerin für Bildung und Frauen wird aufgefordert, die Verpflichtungen aus der UN-Behindertenrechtskonvention wahrzunehmen und dem Nationalrat die ge­setzlichen Grundlagen für ein Inklusives Schulsystem vorzulegen. Insbesondere sollen Sonderschulen und andere ausgrenzende Schulformen abgeschafft werden.

Die Zentren für Inklusiv- und Sonderpädagogik sollen zukünftig als Beratungsstelle für Eltern, Lehrkräfte und SchülerInnen dienen, weiters sollen sie die Ressourcen im inklu­siven Schulsystem verwalten und die regionale Entwicklung der Inklusion vorantreiben.“

*****

Ich bin mir auch jetzt schon sicher, was in Zukunft das Ergebnis sein wird. Vergessen Sie jedoch nicht: Wir haben von der Kommission Hausaufgaben bekommen, die bis zum Jahre 2020 erledigt werden müssen. Es wird dann wieder überprüft und nachge­fragt, welche Ziele umgesetzt wurden. Und ich möchte hier nicht weiterhin die nächsten Jahre darüber diskutieren: Was tun wir? – dieses oder jenes –, sondern ich möchte strukturelle Reformen sehen. Diese sollen hier im Haus entschieden werden. – Danke sehr. (Beifall bei den Grünen.)

13.53


Präsident Ing. Norbert Hofer: Der Entschließungsantrag ist ausreichend unterstützt, ordnungsgemäß eingebracht und steht daher mit in Verhandlung.

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Dr. Harald Walser, Mag.a Helene Jarmer, Kolleginnen und Kollegen betreffend Inklusion in der Schule, Umsetzung der UN-Behindertenrechtskonvention

eingebracht im Zuge der Debatte über Bericht des Unterrichtsausschusses (746 d.B.) über ein Bundesgesetz, mit dem das Schulorganisationsgesetz, das Schulunterrichts­gesetz, das Schulzeitgesetz 1985, das Schulpflichtgesetz 1985, das Schülerbeihilfen­gesetz 1983 und das Bildungsdokumentationsgesetz geändert werden (681 d.B.)

Begründung

Mit der Unterzeichnung der UN-Behindertenrechtskonvention hat sich Österreich dazu verpflichtet, ein Inklusives Schulsystem einzuführen. Aussondernde Einrichtungen wie Sonderschulen stehen der Umsetzung von Inklusion entgegen.

Die Umbenennung der „Sonderschulen für schwerstbehinderte Kinder“ in „Sonderschu­len für Kinder mit erhöhtem Förderbedarf“ soll zwar die diskriminierende Bezeichnung „schwerstbehindert“ durch eine weniger diskriminierende Umschreibung ersetzen, an der grundlegenden Ausrichtung der Sonderschule als Sonderanstalt für SchülerInnen mit Behinderungen und damit der Segregation von SchülerInnen mit und ohne Behin­derungen ändert die Bezeichnungsänderung aber nichts.

Der Monitoringausschuss, der über die Umsetzung der UN-Behindertenrechtskonven­tion wacht, kritisiert daher auch den vorliegenden Begutachtungsentwurf des Bildungs-


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ministeriums zur Umbenennung der Sonderschulen scharf: „Ein substanzieller Beitrag zur Umsetzung der Konvention ist sieben Jahre nach Ratifizierung nur bedingt zu er­kennen, der Ausschuss vermisst nach wie vor tiefgreifende Reformen.“ Das Beratungs­zentrum BIZEPS spricht in seiner Stellungnahme gar von „Pseudo-Aktivitäten“, be­zeichnet die Sonderschule als „menschenrechtlich inakzeptable Strukturen“ fordert end­lich konkrete Maßnahmen zur Inklusion und die Einhaltung der völkerrechtlichen Ver­pflichtungen.

Zur Umsetzung eines Inklusiven Schulsystems wird eine entsprechende Infrastruktur be­nötigt, die Eltern, SchülerInnen und Schulen bei der Umsetzung unterstützt. Die Zent­ren für Inklusiv- und Sonderpädagogik sollen in Zukunft unabhängig von Sonderschul­standorten agieren. Sie sollen die Verwaltung von Zusatzressourcen übernehmen, die regionale Planung des Ausbaus der Inklusion betreiben, Schulen und Schulerhalter bei der Umsetzung von Inklusion unterstützen, Eltern, SchülerInnen und Lehrkräfte sowie Schulleitungen beraten und unterstützen, den Einsatz von nicht-pädagogischem Perso­nal (AssistentInnen, TherapeutInnen, SchulbegleiterInnen u.ä.) ermöglichen, SchülerIn­nentransporte koordinieren etc. Die Zentren für Inklusiv- und Sonderpädagogik werden so zu Drehscheiben und Entwicklungsmotoren für die Inklusive Schule.

Die unterfertigenden Abgeordneten stellen daher folgenden

Entschließungsantrag

Der Nationalrat wolle beschließen:

Die Bundesministerin für Bildung und Frauen wird aufgefordert, die Verpflichtungen aus der UN-Behindertenrechtskonvention wahrzunehmen und dem Nationalrat die ge­setzlichen Grundlagen für ein Inklusives Schulsystem vorzulegen. Insbesondere sollen Sonderschulen und andere ausgrenzende Schulformen abgeschafft werden.

Die Zentren für Inklusiv- und Sonderpädagogik sollen zukünftig als Beratungsstelle für Eltern, Lehrkräfte und SchülerInnen dienen, weiters sollen sie die Ressourcen im in­klusiven Schulsystem verwalten und die regionale Entwicklung der Inklusion vorantrei­ben.

*****

 


Präsident Ing. Norbert Hofer: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Himmelbauer. – Bitte.

 


13.53.20

Abgeordnete Eva-Maria Himmelbauer, BSc (ÖVP): Herr Präsident! Geschätzte Frau Minister! Werte Kolleginnen und Kollegen! Die wesentlichen Punkte der Vorlage sind bereits angesprochen worden.

Kurz zum Thema Datenaustausch: Ganz klar, wenn es hier auch eine technische Zu­sammenarbeit zwischen Pädagogischen Hochschulen und Universitäten gibt, wenn es gemeinsame Studien, gemeinsame Studierende und eine gemeinsame Verwaltung gibt, dann ist es natürlich sehr sinnvoll, hier auch Doppelgleisigkeiten zu unterbinden und die Verwaltung zu verringern und auch einen Mehrwert für die Studierenden insgesamt zu erreichen. Das ergibt sich natürlich aus der PädagogInnenbildung NEU. Mein Kol­lege Karlheinz Töchterle hat sich schon darauf bezogen.

Ich möchte nur einen Aspekt ansprechen – und das ist sicherlich ein Thema, bei dem ich mich auch wiederhole, da ich hier im Plenum auch schon das letzte Mal den The­menbereich Unterricht angesprochen habe und er mir eigentlich sehr wichtig ist –: Das


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Parlament, der Nationalrat und auch der Bundesrat beschäftigen sich sehr intensiv mit dem Thema Digitalisierung. Wir haben eine Pilotstudie mit dem Thema „Industrie 4.0“ laufen. Ebenso beschäftigt sich der Bundesrat mit dem Thema „Veränderung in der di­gitalen Welt“.

Ich möchte noch einmal die Notwendigkeit und Bedeutung digitaler Kompetenzen für junge Menschen betonen, da sie einfach am besten sowohl auf wirtschaftliche als auch gesellschaftliche Weiterentwicklungen vorbereiten. Natürlich geschieht in diesem Be­reich sehr vieles, was Lernplattformen und Tools betrifft, das ist absolut sinnvoll. Den­noch soll in der Schule auch noch viel mehr Wissen mitgegeben werden, wo es nicht nur darum geht, Word und Excel zu erlernen, sondern auch um eine differenzierte Aus­einandersetzung mit dem Thema innerhalb einer digitalen Umgebung, und wo es auch darum geht, Werte unterscheiden zu lernen: Wie sind Werte online und offline?, die Chancen und Risiken aufzugreifen, aber auch ein generelles Verständnis dafür zu ha­ben, wie etwas in einer technischen Welt funktioniert, also Basiskenntnisse beispiels­weise im Programmieren zu erwerben.

Was hat das jetzt mit der PädagogInnenbildung NEU zu tun? – Irgendwo muss man natürlich starten. Es ist nicht nur ein Thema des Lehramtsstudiums Informatik, sondern ich sehe das durchaus als Basismodul, das in allen Lehramtsstudien mit enthalten sein sollte. Und ich hoffe natürlich auf größtmögliche Unterstützung. (Beifall bei der ÖVP.)

13.55


Präsident Ing. Norbert Hofer: Zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Schmid. – Bitte.

 


13.55.57

Abgeordneter Julian Schmid, BA (Grüne): Sehr geehrter Herr Präsident! Werte Ab­geordnete! Frau Ministerin! Wir von den Grünen werden dieser Gesetzesvorlage zu­stimmen. Wir finden, das sind gescheite Reformen. Das Problem ist nur, dass es sozu­sagen sehr, sehr, sehr kleine Reformen sind! Diese sind im Endeffekt wirklich winzig. Und mein Problem ist: Wir brauchen in Österreich keine Mini-Mini-Schritt-Reformen in der Bildungspolitik, sondern eigentlich eine Bildungsrevolution.

Herr Abgeordneter Mayer, ich würde Ihnen gerne etwas zu Ihrer Rede sagen –Ent­schuldigung, dass ich Sie beim Reden störe –, ich würde gerne ein kurzes Feedback geben und muss jetzt ein bisschen ein Bad-Cop sein. Denn wenn Sie meinen, dass das österreichische Bildungssystem auf einem guten Weg ist, dann muss ich wirklich sagen, dass ich das eigentlich als eine massive Fehleinschätzung empfinde. Es ist okay, Sie können es so sehen. Aber das, was ich Ihnen gerne vortragen möchte, wä­ren einfach ein paar Zahlen, die Hard Facts des österreichische Bildungssystems, wo ich finde, dass wir alle hier schon einmal darüber nachdenken sollten.

Zum Beispiel diese 10 000 Jugendlichen, die NEETs – Personen, die „Not in Educa­tion, Employment or Training“ sind –, die die Schule abbrechen und danach ohne Job und Ausbildung da stehen. Es werden 10 000 mehr pro Jahr. Das sind insgesamt schon 85 000 Jugendliche in Österreich. Jedes Jahr sind es 10 000 mehr! Erstens einmal ist das total unfair, und zweitens sind das unglaubliche Kosten, die in Zukunft auf Österreich und unsere Gesellschaft zukommen. Ich meine, das ist so ziemlich der schlimmste Super-GAU, den man verursachen kann, dass junge Leute ohne Job und ohne Ausbildung dastehen. 10 000 pro Jahr – das finde ich total heftig! Das ist kein guter Weg. Und es werden, wie gesagt, immer mehr.

Auf der anderen Seite werden jedes Jahr 2 500 weniger Lehrstellen angeboten. Das heißt, jedes Jahr werden 2 500 weniger Lehrstellen von Betrieben angeboten. Es sind immer mehr Junge, die auf Lehrstellen warten und die kein Angebot bekommen. (Zwi­schenruf der Abg. Gusenbauer-Jäger.) Auf jeden Fall, finde ich, ist das ein großes Pro­blem. Und ich will einfach nur sagen, dass das kein guter Weg ist.


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Auf der anderen Seite werden jedes Jahr 120 Millionen € – ich gebe nur Zahlen an – für Privatnachhilfe ausgegeben, weil die Prüfungen sonst offensichtlich nicht mehr ge­schafft werden und das in der Schule sozusagen nicht mehr geht. In Österreich gehen nur 8 Prozent der Kinder, deren Eltern einen Pflichtschulabschluss haben, hinterher auf die Uni. Auf der anderen Seite machen nur 6 Prozent der Kinder aus Akademikerhaus­halten eine Lehre. Also man hat da überhaupt keine Durchdringung.

Was ich mir erträume, ist – und ich glaube, es ist die Sozialdemokratie, die davon träu­men sollte –, dass jedes Kind in Österreich wirklich die Möglichkeit hat, etwas anderes zu machen als die eigenen Eltern. (Beifall bei den Grünen.) Und ich finde, da müssen wir hin. Aber es wird momentan nur schlimmer, denn wir haben eher eine auseinander­klaffende Bildungssegregation. (Abg. Peter Wurm: Und wer ist schuld daran?)

Es sind übrigens, liebe FPÖ, 1 500 Jugendliche momentan in Traiskirchen, die seit Mo­naten keine Möglichkeit haben, zum Beispiel einen Deutschkurs zu machen. Ich selbst habe mit diesen Jugendlichen schon geredet. Auch sie sind Teil des österreichischen Bildungssystems, dürfen aber keinen Deutschkurs machen, stehen wirklich nur da und können warten. Und das ist auch eine Frechheit und momentan auch kein guter Weg des österreichischen Bildungssystems.

Außerdem wird, Frau Kollegin Himmelbauer, die erwähnte Digitalisierung auf uns zu­kommen. Das kann bedeuten – und da gibt es einige Studien dazu –, dass wahr­scheinlich 50 Prozent der Jobs, die wir bisher sozusagen gekannt haben, wegfallen kön­nen und dass wir intensiv – das sagen alle Studien, es gibt keine einzige Studie, die et­was anderes sagt – in den Bildungssektor investieren müssen. Aber das, was momen­tan sozusagen geschieht, ist, dass zum Beispiel 300 Millionen im Bildungssystem feh­len – 300 Millionen! – und man nicht weiß, wie dieses Geld im Budget aufgebracht wer­den soll. Es ist nicht die Frau Ministerin dafür verantwortlich, sondern insgesamt die Bundesregierung unter ÖVP und SPÖ. Sie sind wirklich dafür verantwortlich, dass das Bildungssystem eigentlich unterfinanziert ist.

Auf der anderen Seite – ich will nur noch eine Zahl nennen – verteilen wir hier im Par­lament als Vertreter der Bundesrepublik Österreich jedes Jahr 160 Milliarden €. Jedes Jahr! Ich finde, es kann nicht sein, dass wir für das Bildungssystem, für das jeder Euro extrem viel wert ist und welches den Kern des Arbeitsmarktes, unserer Demokratie und der künftigen Wirtschaft darstellt, überhaupt kein Geld haben, aber für die Hypo auf der anderen Seite 14 Milliarden € sofort lockergemacht werden.

Jetzt noch die allerletzte Zahl: Die SPÖ, Herr Mayer, hat in ihrem letzten Wahlpro­gramm auf 70 Seiten hundertmal das Wort „Bildung“ erwähnt, die ÖVP hat – das habe ich nachgezählt – auf 40 Seiten 69 Mal das Wort „Bildung“ erwähnt. Also das sind ein­mal die Hard Facts an Zahlen, und ich finde, es gibt nichts Teureres als nicht in Bildung zu investieren.

Das heißt, bitte ändern Sie da Ihren Kurs! Wir brauchen wirklich eine Bildungsrevo­lution und mehr Investitionen in die Bildung. Bitte, sehr geehrte Regierung, das, finde ich, könnten wir schon einmal hinkriegen. – Danke schön. (Beifall bei den Grünen.).

14.01


Präsident Ing. Norbert Hofer: Zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Huainigg. – Bitte.

 


14.01.37

Abgeordneter Dr. Franz-Joseph Huainigg (ÖVP): Herr Präsident! Frau Ministerin! Ho­hes Haus! Wir unterstützen die Umbenennung der Sonderschulen für Schwerstbehin­derte in „Schulen für Kinder mit erhöhtem Förderbedarf“, da die Bezeichnung „schwerst­behinderte Kinder“ nicht mehr zeitgemäß ist und auch eine Diskriminierung darstellt.

Wir müssen aber auch generell darauf achten, welche Begriffe wir verwenden. Denn wenn zum Beispiel Kollege Walser von „Kindern mit Defiziten“ spricht, dann ist es auch


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nicht die richtige Art, damit umzugehen, denn es geht um die Fähigkeiten und nicht um die Defizite, wie es auch in der UN-Konvention über die Rechte von Menschen mit Behinderungen steht. Es geht generell nicht um die Änderung von Namensschildern, sondern es geht um einen Paradigmenwechsel, und da begrüße ich auch die Ankündi­gung der Ministerin, dass es die Modellregionen in Kärnten, in der Steiermark und in Tirol ab September geben wird. Ich bin gespannt, wie das umgesetzt wird, denn es sind drei unterschiedliche Modelle. In Tirol legt man vor allem mehr Wert auf die El­ternberatung, in Kärnten gibt es keine Sonderschulen mehr, und in der Steiermark ist man sehr weit bei der Integration von behinderten Kindern. Es wird spannend sein, hier gemeinsame Werte und Richtungen zu finden.

Im Ausschuss wurde auch das Thema der PädagogInnenbildung NEU, die sehr gut läuft, diskutiert. Und ich begrüße auch, dass ab jetzt jeder Pädagoge in der Ausbildung Grundkenntnisse in der Inklusions- und Sonderpädagogik bekommt. Wichtig wäre, dass auch behinderte StudentInnen an den Hochschulen studieren können, was auch im Ge­setz vorgesehen ist. Und da wäre es noch notwendig, dass Zahlen erhoben werden und nach diesen Erkenntnissen auch Möglichkeiten gefunden werden, hier besser zu för­dern.

Einen letzten Punkt möchte ich noch anführen: Wenn wir von Inklusion und gleichbe­rechtigter Teilhabe reden, dann ist es wichtig, dass, wenn man behinderte Kinder zur Welt bringt, diese auch die Chance haben, ein gleichberechtigtes Leben zu führen. Und da ist wichtig – und da möchte ich Sie als Ministerin, nicht als Bildungsministerin, sondern als Frauenministerin ansprechen –, dass wir uns zusammensetzen und darü­ber diskutieren, wie man die Rechte der Frauen stärkt, damit sie auch mehr Mut haben, ein behindertes Kind zur Welt zu bringen, und wie man die Rahmenbedingungen dafür verbessern kann.

Abschließend sage ich wie bei jeder Rede, dass es um die Menschenwürde geht, die wichtig ist und die auch in der Verfassung verankert werden soll. – Danke. (Beifall bei der ÖVP sowie bei Abgeordneten der Grünen.)

14.06

14.06.10

 


Präsident Ing. Norbert Hofer: Zu Wort ist dazu niemand mehr gemeldet. Die Debatte ist geschlossen.

Wünscht die Frau Berichterstatterin ein Schlusswort? – Das ist nicht der Fall.

Wir gelangen nun zur Abstimmung über den Gesetzentwurf samt Titel und Eingang in 681 der Beilagen.

Ich ersuche jene Damen und Herren, die für diesen Gesetzentwurf sind, um ein Zei­chen der Zustimmung. – Das ist mehrheitlich angenommen.

Wir kommen sogleich zur dritten Lesung.

Ich bitte jene Damen und Herren, die dem vorliegenden Gesetzentwurf auch in dritter Lesung ihre Zustimmung erteilen, um ein diesbezügliches Zeichen. – Auch das ist die Mehrheit. Der Gesetzentwurf ist somit auch in dritter Lesung angenommen.

Wir gelangen weiters zur Abstimmung über den Entschließungsantrag der Abgeord­neten Ing. Lugar, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Approbation von nicht-gegen­derten Schulbüchern“.


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Ich bitte jene Damen und Herren, die für diesen Entschließungsantrag sind, um ein Zei­chen der Zustimmung. – Das ist abgelehnt.

Wir gelangen ferner zur Abstimmung über den Entschließungsantrag der Abgeordne­ten Dr. Walser, Kolleginnen und Kollegen betreffend Inklusion in der Schule, Umset­zung der UN-Behindertenrechtskonvention.

Ich bitte jene Damen und Herren, die für diesen Entschließungsantrag sind, um ein Zei­chen der Zustimmung. – Das ist abgelehnt.

14.08.023. Punkt

Bericht des Unterrichtsausschusses über die Regierungsvorlage (682 d.B.): Bundes­­gesetz, mit dem das Schulunterrichtsgesetz für Berufstätige, Kollegs und Vorberei­tungslehrgänge sowie das Berufsreifeprüfungsgesetz geändert werden (747 d.B.)

 


Präsident Ing. Norbert Hofer: Wir gelangen nun zum 3. Punkt der Tagesordnung.

Auf eine mündliche Berichterstattung wurde verzichtet.

Zu Wort gemeldet hat sich Herr Abgeordneter Wurm. – Bitte.

 


14.08.23

Abgeordneter Peter Wurm (FPÖ): Herr Präsident! Geschätzte Frau Minister! „Und täg­lich grüßt das Murmeltier“; seit Jahren und Jahrzehnten dasselbe Spiel. (Zwischenrufe bei der ÖVP.) Wechselnde Minister auf der Regierungsbank, in der Regel von Rot, manchmal auch von Schwarz, kündigen Österreich die Revolution im Schul- und Bil­dungsbereich an. Und was kommt dabei heraus? – Die Ergebnisse, die heute auch meine Vorredner bereits angeführt haben. Das Ergebnis ist wirklich vernichtend.

Wir sprechen nicht von einer Verbesserung der Bildungspolitik in Österreich. Wir spre­chen auch nicht mehr von einem Stillstand der Bildungspolitik, nicht einmal bei den Ihnen wohlgesinnten Experten, sondern wir sprechen seit Jahren von einem Rück­schritt in der Bildungspolitik. Alle Zahlen, Daten und Fakten, die vorliegen, zeigen ein eindeutiges Bild.

Ich möchte es noch einmal kurz erwähnen: Wir haben 10 000 junge Menschen, die oh­ne Schulabschluss die Schule verlassen. Wir haben je nach Schätzung zwischen 25 Pro­zent und 30 Prozent der Schulabsolventen, die nach neun Jahren nicht sinnerfassend lesen, rechnen und schreiben können. Und Sie stellen sich her und kündigen schon wieder eine neue Expertenrunde und wieder ein neues Versuchssystem an.

Ich meine, man muss irgendwann einmal zur Kenntnis nehmen, dass in den letzten Jahren und Jahrzehnten alle Versuche kläglich gescheitert sind. Das, was Sie immer in Sonntagsreden versprechen, dass die Jugend, die Kinder bei Ihnen im Mittelpunkt stehen, ist eben nicht die Realität. Es sind sehr, sehr viele Interessen, die Sie berück­sichtigen, aber genau die Kinder und Jugendlichen, die Ausbildung stehen seit Jahren und Jahrzehnten nicht im Mittelpunkt Ihrer Interessen. Meiner Meinung nach ist das ei­ne Bankrotterklärung selbstverständlich dieser Ministerin, ja der gesamten Bundesre­gierung. (Beifall bei der FPÖ.)

Ich möchte ganz kurz an einem sehr einfachen Beispiel – und da geht es nicht um Ideologie – erklären, warum wir in Österreich in diesem Bereich nichts weiterbringen, und ich bringe in diesem Zusammenhang folgenden Antrag ein:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Peter Wurm, Dr. Rosenkranz und weiterer Abgeordneter betreffend Wiederholungen von Teilprüfungen beziehungsweise von Prüfungsgebieten der ab­schließenden Prüfung (Matura)

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesministerin für Bildung und Frauen wird aufgefordert, über eine Verordnung einen Wiederholungstermin für Teilprüfungen beziehungsweise für Prüfungsgebiete der


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abschließenden Prüfung, der noch im gleichen Schuljahr des Haupttermins liegt, zu er­möglichen.“

*****

Ich erkläre kurz den Hintergrund: Wir haben je nach Jahrgang zwischen 40 000 und 50 000 Leute, die zur Matura antreten; in etwa 10 Prozent scheitern. Das heißt, die ha­ben dann die berühmte Nach-Matura.

Jetzt haben wir vorgeschlagen, wie es gehört, im Ausschuss, ganz regulär und einfach diesen Schülern – und das sind eben geschätzt 4 000 bis 5 000 jedes Jahr – die Mög­lichkeit zu geben, ihre Nach-Matura vor der Sommerpause zu erledigen. Also ein völlig pragmatischer, unideologischer Lösungsansatz für diese Jugendlichen. Was man näm­lich nicht vergessen darf: Für sehr, sehr viele sollte eigentlich das Berufsleben begin­nen, das Studium beginnen, das Bundesheer beginnen, und, und, und.

Die Realität derzeit ist, wir haben die meisten Nach-Matura-Prüfungen Ende Septem­ber, Anfang Oktober. Das heißt, da fallen sehr viele Jugendliche durch den Rost und verlieren wertvolle Zeit. (Zwischenruf des Abg. Walser.)

Dieser pragmatische Ansatz würde allen Jugendlichen, die dieses Nach-Matura-Pro­blem haben, helfen, und zwar über alle Parteigrenzen hinweg, also nicht den freiheitli­chen oder grünen Jugendlichen, sondern allen. Das wäre ganz einfach zu lösen. Man müsste nur vor dem Schulende, sprich Ende Juni/Anfang Juli, den Schülern die Mög­lichkeit geben – nicht, sie zwingen –, diese Nach-Matura zu machen und damit wirklich ab Sommerbeginn eigentlich in ein neues Leben zu starten.

Es ist völlig klar, dass es auch von der Lernkurve her besser wäre. Wenn die Schüler eine Sommerpause haben, drei Monate quasi aus dem Rhythmus sind und dann noch einmal neu losstarten müssen, dann ist völlig klar, dass das für Schüler nicht ange­nehm ist und auch deren Erfolg nicht steigert.

Das heißt, mir hat keiner erklären können, was gegen diesen völlig pragmatischen Vor­schlag spricht.

Nur, was war die Realität? – So wie mittlerweile hier gelernt: Der Antrag ist schubla­disiert, ist vertagt worden. Die Regierung und die Frau Minister sind nicht einmal in der Lage, so ein einfaches, pragmatisches, für alle Schüler sinnvolles System umzusetzen. Daran erkennt man, dass der Vorteil oder die Entwicklung der Kinder und Jugendlichen für diese Frau Minister eben nicht im Mittelpunkt steht.

Da muss ich schon beide Regierungsparteien an den Ohren ziehen und sagen: Bitte schön, so kann es nicht weitergehen! (Zwischenruf des Abg. Obernosterer.) Wenn Sie nicht einmal die einfachsten Dinge im Bildungsbereich schnell lösen können, wie wol­len Sie dann jemals große Problemfelder lösen? – Danke. (Beifall bei der FPÖ.)

14.14


Präsident Ing. Norbert Hofer: Der von Herrn Abgeordnetem Wurm eingebrachte Ent­schließungsantrag ist ausreichend unterstützt, wurde ordnungsgemäß eingebracht und steht daher mit in Verhandlung.

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Wurm, Dr. Rosenkranz und weiterer Abgeordneter

betreffend Wiederholungen von Teilprüfungen bzw. von Prüfungsgebieten der abschlie­ßenden Prüfung (Matura)


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eingebracht in der 86. Sitzung des Nationalrates, XXV. GP, am 9. Juli 2015 im Zuge der Behandlung der Behandlung von TOP 3, Bericht des Unterrichtsausschusses über die Regierungsvorlage (682 d.B.): Bundesgesetz, mit dem das Schulunterrichtsgesetz für Berufstätige, Kollegs und Vorbereitungslehrgänge sowie das Berufsreifeprüfungs­gesetz geändert werden (747 d.B.)

§36 des Schulunterrichtsgesetzes sieht für Wiederholungen von Teilprüfungen bzw. von Prüfungsgebieten der abschließenden Prüfung folgende Termine vor:

a) innerhalb der ersten sieben Wochen des Schuljahres,

b) innerhalb von sieben Wochen nach den Weihnachtsferien und

c) innerhalb der letzten neun oder, wenn es die Terminorganisation erfordert, zehn Wo­chen des Unterrichtsjahres.

Da die Terminmöglichkeit nach Punkt c) in der Praxis mit dem Haupttermin zusammen­fällt, ist eine erstmalige Wiederholung frühestens gemäß Punkt a) innerhalb der ersten sieben Wochen des Schuljahres möglich, also in etwa nach vier Monaten.

Somit werden Schüler in ihrem weiteren Lebensweg möglicherweise entscheidend be­hindert, da weitere Planungen oft von der erfolgreichen Ablegung der Matura abhän­gen. Da ein früherer Wiederholungstermin laut Schulunterrichtsgesetzt möglich wäre, ist ein solcher mit einer Verordnung leicht umsetzbar.

Daher stellen die unterzeichnenden Abgeordneten folgenden

Entschließungsantrag

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesministerin für Bildung und Frauen wird aufgefordert, über eine Verordnung einen Wiederholungstermin für Teilprüfungen bzw. für Prüfungsgebiete der abschlie­ßenden Prüfung, der noch im gleichen Schuljahr des Haupttermins liegt, zu ermögli­chen.“

*****

 


Präsident Ing. Norbert Hofer: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Mag. Grossmann. – Bitte.

 


14.14.14

Abgeordnete Mag. Elisabeth Grossmann (SPÖ): Herr Präsident! Frau Ministerin! Mei­ne sehr geehrten Damen und Herren! Obwohl mein Vorredner da zu einem Rundum­schlag ausgeholt hat, möchte ich doch auf einen Teilaspekt seiner Rede eingehen, den beim letzten Tagesordnungspunkt auch schon Kollege Schmid angesprochen hat, näm­lich das Problem der SchulabbrecherInnen, das uns natürlich nicht kalt lässt. Wir ha­ben die niedrigste Jugendarbeitslosigkeit im europäischen Vergleich, aber das macht uns keineswegs zufrieden.

Es ist nach wie vor ein großer Handlungsauftrag, den wir auch annehmen, mit einer Vielzahl von Maßnahmen und Modellen. Wir haben das Jobcoaching, wir haben die Pro­duktionsschulen, wir lassen Jugendliche nicht allein, wir lassen sie nicht im Stich. Jeder arbeitslose Jugendliche ist einer oder eine zu viel. Bitte unterstützen Sie uns auch in diesem Engagement, indem wir auch aufmerksam sind, wenn Schüler/Schülerinnen nicht in der Schule erscheinen, dass man auch im persönlichen Umfeld entsprechende Aufmerksamkeit walten lässt und diesen jungen Menschen Hilfe angedeihen lässt.


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Wie gesagt, wir lassen junge Menschen keineswegs allein. Das möchte ich an dieser Stelle auch ganz besonders betonen. (Beifall bei der SPÖ.)

Meine sehr geehrten Damen und Herren, im vorliegenden Entwurf geht es darum, die Bestimmungen für die standardisierte teilzentrale Reifeprüfung, kurz Zentralmatura, auch für Schulen für Berufstätige, Vorbereitungslehrgänge und Kollegs einzuführen. Da­bei werden natürlich auch die speziellen Besonderheiten dieser Schulen berücksichtigt. Es handelt sich um eine ältere Zielgruppe, um Menschen, die sich neben dem Beruf, oft auch neben der Familie weiterbilden, eine Höher- oder Zusatzqualifikation erwerben wollen und damit auch immensen Herausforderungen ausgesetzt sind.

Durch die entsprechende Adaptierung auch bei der terminlichen Abfolge, Modularisie­rung soll diesen Umständen, auch den Lebensentwürfen, Rechnung getragen werden. Also auch ein sehr pragmatischer Zugang, den, glaube ich, alle mittragen könnten. Des­halb würde ich auch gar nicht einsehen, wenn sich eine Fraktion dagegen stellte, weil es dafür, wie ich meine, keine sachliche Rechtfertigung gibt. Ich danke aber allen, die diesen Gesetzentwurf mittragen und unterstützen.

Da wir gerade von der Matura reden: Die Zentralmatura ist – trotz aller Unkenrufe – her­vorragend verlaufen, und ich gratuliere allen Maturantinnen und Maturanten, deren El­tern und Lehrerinnen und Lehrern zum großen Erfolg. Alles Gute! (Beifall bei der SPÖ.)

14.17


Präsident Ing. Norbert Hofer: Zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Ing. Lugar. – Bitte.

 


14.17.30

Abgeordneter Ing. Robert Lugar (STRONACH): Herr Präsident! Hohes Haus! Frau Mi­nister, Sie haben gesagt, eine Diskussion ist notwendig. Aber genau dieser Diskussion wollen Sie sich ja nicht stellen. Denn von allen Rednern, die sich nach Ihrer Diktion kritisch geäußert haben, haben Sie nur auf einen einzigen reflektiert, und auch da nur auf einen einzigen Punkt, nämlich als Ihnen Herr Rosenkranz vorgeworfen hat, dass Sie viel Geld für Beratungsleistungen ausgeben. Jetzt sage ich Ihnen, mir ist es kom­plett egal, wie viel Geld Sie für Beratungsleistungen ausgeben, von mir aus geben Sie fünfmal so viel Geld aus, aber nützen Sie dann die Gelegenheit, lassen Sie sich bera­ten und tun Sie endlich einmal etwas!

Aber dass Sie daran nicht interessiert sind, tatsächlich etwas umzusetzen, sieht man einfach daran, dass Sie auf all die wichtigen Fragen, die heute hier gestellt wurden und auch immer wieder gestellt werden – auch im Ausschuss –, einfach nicht bereit sind, Antworten zu geben, zum Beispiel wenn es um dieses unselige Gendern geht. Da sind Sie nicht einmal bereit, etwas dazu zu sagen, obwohl der Bundeselternverband dahin­tersteht und Sie immer wieder auffordert, endlich mit diesem Unsinn aufzuhören. Auch die Mehrzahl der Eltern lehnt das zutiefst ab. Trotzdem sind Sie nicht bereit, heute hier Stellung zu nehmen, auch nicht dazu, wenn es um diese Frühsexualisierung der Kinder geht, wo man sich dann im Kindergarten gegenseitig aufs Pipi greift.

All diese Dinge sind Thema auch im Ausschuss gewesen, und Sie haben immer wieder gesagt, Sie nehmen dazu Stellung, aber Sie tun es nicht. Sagen Sie einmal heute hier, wie Sie das sehen! Wollen wir das tatsächlich, diese Frühsexualisierung nach sozialis­tischen Wunschträumen? (Abg. Königsberger-Ludwig: In Ihren Augen!) Wollen wir das wirklich? (Zwischenruf der Abg. Kucharowits.) Oder haben wir nicht Wichtigeres zu tun?

Oder wenn es um die Landesfürsten geht: Sie haben ja immer wieder gesagt, Sie wol­len mit den Landesfürsten endlich eine Schulreform vereinbaren. Und dann ziehen sich die Landesfürsten zurück und setzen Sie vor die Tür. Und auch dazu sagen Sie heute nichts!


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Ist das jetzt heute eine Bildungsdebatte oder ist das keine Bildungsdebatte, Frau Minis­terin? Sich einfach zurückzuziehen und zu sagen: Wir machen da irgendwo Mäuse­schritte, und da gibt es ohnehin ein bisschen etwas, und das erkläre ich jetzt!, aber die großen Baustellen auszuklammern und die großen Zusammenhänge hier nicht zu be­sprechen, das entspricht genau Ihrer Politik.

Ihre Politik heißt nichts anderes, als den Stillstand zu moderieren, mit kleinen Schritten irgendwo am Rande zu diskutieren – und mit Diskussionen, die keiner braucht, wie je­ne über die Frühsexualisierung der Kinder, wird abgelenkt und in der Sache wird nichts getan. (Zwischenruf der Abg. Kuntzl.)

Deswegen, Frau Ministerin: Nehmen Sie sich von mir aus eine Extra-Million aus Ihrem Budget heraus! Lassen Sie sich ordentlich beraten – aber hoffentlich von Menschen, die davon eine Ahnung haben. (Beifall beim Team Stronach. – Abg. Gessl-Ranftl: The­menverfehlung!)

14.20


Präsident Ing. Norbert Hofer: Zu Wort gelangt Herr Abgeordneter El Habbassi. – Bitte.

 


14.20.31

Abgeordneter Asdin El Habbassi, BA (ÖVP): Herr Präsident! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Frau Ministerin! Herr Kollege Lugar hat schon recht, wenn er das eine oder andere, wo man über das Ziel hinausschießt, hier kritisiert, aber jetzt geht es um etwas ganz anderes, nämlich um einen sinnvollen und auch notwendigen Schritt, und zwar um eine Änderung des Schulunterrichtsgesetzes für Berufstätige, Kollegs und Vor­bereitungslehrgänge – einfach kurz auf den Punkt gebracht: um die Zentralmatura auch für die Berufsreifeprüfung. Ich glaube, dass eigentlich wir alle hier diesbezüglich Kon­sens haben, dass es Sinn macht, diesen Schritt zu setzen.

Lassen Sie mich aber noch ganz allgemein ein paar Gedanken zum Thema Zentral­matura loswerden, die mich in letzter Zeit beschäftigt haben.

Ich bin sehr viel mit Schülern unterwegs und habe auch immer wieder Gruppen hier. Es gibt gute Gründe für die Einführung dieser Zentralmatura – wir alle teilen das Ziel –, nämlich die Gewährleistung einheitlicher Standards und eines Nachweises darüber – auch gegenüber dem Arbeitgeber, den Universitäten und so weiter –, dass von einem gewissen einheitlichen Grundlevel ausgegangen werden kann und nicht entsprechend all unseren Schultypen und Schulversuchen unterschiedliche Standards gegeben sind. Aus diesen Gründen macht es Sinn, die Matura zumindest teilweise zu zentralisieren.

Doch nur, weil etwas gut ist und weil die Zielsetzung gut ist, muss nicht gleich auch die Umsetzung gut sein. Ich möchte jetzt hier nicht auf alle Vorfälle, die passiert sind, ein­gehen – die unterschiedlichen Beginnzeiten, Terminkollisionen, Verschiebungen und alle möglichen Pannen, die vorgekommen sind –, sondern ich möchte angesichts der Tatsache, dass sich das Schuljahr dem Ende zuneigt und derzeit auch im ganzen Land die Schülervertretungswahlen stattfinden, vielleicht noch einmal einen kostenlosen Be­ratungstipp geben, den sehr viele hier immer wieder erwähnt haben, nämlich dass man einfach die Schulpartnerschaft ernstnimmt, dass man die Lehrerinnen und Lehrer, die Eltern, die Pädagogen, die Schülerinnen und Schüler selbst auch auf diese Reformrei­sen mitnimmt. (Abg. Grossmann: Direktwahlen der Schülervertreter!)

Wir haben einiges zu tun. Aber wir sind nicht so schlecht: Wir sind nicht so schlecht mit unserem Bildungssystem, wie uns manche hier darstellen wollen, aber es gibt auch ei­nen Reformbedarf, der ganz, ganz evident ist.

Schauen wir uns die Publikationen an – Kollege Schmid hat es vorhin erwähnt –: Wir stehen vor großen Herausforderungen, ob das die Digitalisierung ist, die Arbeitswelt, die


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dadurch komplett verändert wird, oder einfach auch die Problematik mit den NEETs, wie sie angesprochen worden ist. Es gibt viel zu tun, und da sollte man die Schulpart­nerinnen und Schulpartner mitnehmen.

Ich möchte im Zusammenhang mit dieser Reform jetzt auch allen, die da mitgewirkt ha­ben, danken, allen voran den Lehrerinnen und Lehrern, die mit der Umsetzung in den Schulklassen ihren Beitrag geleistet haben, und die Schülervertreter, die immer wieder all diese Probleme, die den Schülern und Eltern tatsächlich unter den Nägeln gebrannt haben, auch immer wieder in die Diskussion einzubringen versucht haben, für ihre Ar­beit loben.

Ich möchte einfach mit diesem vielleicht frommen Wunsch enden, dass man die jetzt frisch gewählten Schülervertreterinnen und Schülervertreter, die nächstes Jahr die Bun­desschülervertretung stellen werden, vielleicht etwas mehr einbindet, ihnen vielleicht etwas genauer zuhört, und all diese notwendigen Schritte auch immer mit Bedacht da­rauf macht, dass das sehr, sehr viele Leute betrifft, und dass es die Leute in einer Zeit betrifft, die für sie ganz entscheidend ist, nämlich für ihre Zukunft, für ihr endgültiges und weiteres Leben.

In diesem Sinne würde ich mir ein bisschen mehr Schulpartnerschaft wünschen und möchte noch anregen, dass man vielleicht mit Beginn des neuen Schuljahres in Sa­chen Schulpartnerbeirat oder auch Verankerung von Schülerparlamenten endlich Hand­lungen setzt und auch Entscheidungen trifft und nicht alle Dinge immer vor sich her­schiebt. – Danke schön. (Beifall bei der ÖVP.)

14.24


Präsident Ing. Norbert Hofer: Ich möchte darauf aufmerksam machen, dass wir mo­mentan nur sehr knapp beschlussfähig wären.

Zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Dr. Walser. – Bitte.

 


14.24.35

Abgeordneter Dr. Harald Walser (Grüne): Herr Präsident! Herr Kollege El Habbassi, ich nehme an, wenn ich den Ausdruck „scheinheilig“ verwenden würde, gäbe es einen Ordnungsruf.

 


Präsident Ing. Norbert Hofer: Wenn Sie sagen: Ihre Politik ist scheinheilig, gibt es keinen; wenn Sie sagen: Sie sind scheinheilig, dann gibt es einen.

 


Abgeordneter Dr. Harald Walser (fortsetzend): Okay. – Wir wollen es ja nicht provozie­ren, aber die Krokodilstränen, die Sie jetzt gerade weinen, bei Ihren Reisen durch Ös­terreich, wo Sie irgendwelche Schülervertreterinnen und Schülervertreter mitnehmen, sind nicht sehr glaubwürdig. (Unter Rufen werden von der Galerie Flugblätter in den Sit­zungssaal geworfen.)

Ich würde Ihnen empfehlen, bei den Reisen durch Österreich, durch Österreichs Schul­landschaft, vielleicht auch mit SchülerInnenvertretungen Kontakt aufzunehmen, die nicht so stark parteipolitisch geprägt sind wie die, mit denen Sie wahrscheinlich Kontakt ha­ben. Da hören Sie dann vielleicht auch ein bisschen etwas anderes.

Die Zentralmatura war hier herinnen – bis auf eine Fraktion, wenn ich mich recht erin­nere – als Innovation eigentlich unbestritten. Insofern verstehe ich auch die Kritik nicht ganz, die vom Kollegen Mayer mit dem Blick in unsere Richtung gekommen ist, dass das kritisiert worden ist. – Wir haben die Durchführung kritisiert und nicht die Zentral­matura als solche. Diese ist ein sehr sinnvolles Projekt.

Die Pannen, Herr Kollege El Habbassi, haben zum großen Teil einen gemeinsamen Nenner, auf den wir sie zurückführen können, und der heißt BIFIE. Dort ist das Pro­blem die parteipolitische Doppelbesetzung der Positionen von ganz oben bis relativ


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weit nach unten. Damit müssen wir aufhören, da sind dann aber beide Regierungs­parteien gefordert.

Das Gesetz, das wir hier beschließen, tragen wir selbstverständlich mit. Es ist vernünf­tig und richtig. Ich darf vielleicht noch ein paar Anmerkungen dazu machen.

Es ist mehrfach – vom Kollegen Töchterle, auch von der Kollegin Jank – die Verbüro­kratisierung unseres Schulsystems kritisiert worden. Und das zeigt sich auch hier, bei der Zentralmatura.

Mir schreibt ein Mathematik-Lehrer, dass er beim Beurteilungsraster für die Vorwissen­schaftliche Arbeit 36 Deskriptoren hat.

Mir schreibt ein Kollege mit dem Fach Deutsch, dass er sich schon selber nicht mehr auskennt, weil es Kategorien gibt wie: „über das Wesentliche hinausgehend erfüllt“ – das wäre dann ein Gut. Und dann heißt es wieder: „Inputtext vollständig erfasst“ – das ist auch nur ein Gut. „Vollständig“ ist aber schwer zu toppen. Vollständiger als voll­ständig ist schwer möglich. Daher gibt es da sehr, sehr viel Unsicherheit.

Ich glaube, da müssen wir ansetzen: weniger Deskriptoren, weniger Einschränkung der individuellen Möglichkeiten, die Lehrerinnen und Lehrer haben, gerade in einem Fach wie beispielsweise Deutsch.

Wie gesagt: Stehen wir zum Prinzip! Arbeiten wir daran, dass wir bei der Zentralmatura hier einen Schritt weiterkommen!

Im Zusammenhang mit den Schulen für Berufstätige vielleicht noch ein Hinweis: Die haben nämlich einen wesentlichen Vorteil gegenüber der AHS. Sie haben das, was wir in der AHS nur halbherzig gemacht haben, fast vollständig durchgeführt – das wäre die Modularisierung.

Das könnten wir ins System übernehmen, das haben wir auch von Anfang an gefor­dert. Dann hätten wir auch dort wieder einen wesentlichen Schritt weiter gemacht. – Danke. (Beifall bei den Grünen.)

14.28


Präsident Ing. Norbert Hofer: Zu Wort gelangt Frau Abgeordnete Gessl-Ranftl. – Bitte.

 


14.28.51

Abgeordnete Andrea Gessl-Ranftl (SPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Frau Minis­terin! Hohes Haus! Ich begrüße es sehr und ich finde es auch wichtig und richtig, aber vor allem auch notwendig hinsichtlich der Zentralmatura, dass das Schulunterrichtsge­setz für Berufstätige, Kollegs und Vorbereitungslehrgänge sowie das Berufsreifeprü­fungsgesetz geändert werden. Diese Novelle tritt ja 2017 in Kraft, und ab diesem Zeit­punkt kann nun auch die standardisierte Reifeprüfung an allen Schulen für Berufstätige stattfinden.

Durch diese Änderung kommt es zukünftig auch zu vergleichbaren Regelungen für alle Arten der Reifeprüfung – national wie auch international. Das heißt: einheitliche Grund­kompetenzen für alle Maturantinnen und Maturanten, gleiche Bedingungen für alle Schülerinnen und Schüler, natürlich unter Berücksichtigung der Schwerpunkte der AHS und der Berufsbezogenheit der BHS, Kompetenzorientierung, Objektivität durch stan­dardisierte Aufgaben, einheitliche Beurteilungskriterien sowie Vergleichbarkeit und Trans­parenz der Leistungen.

Weiters wird durch die Änderung des SchUG-BKV ja nun sichergestellt, dass Perso­nen, die neben ihrer beruflichen Tätigkeit eine Hochschulberechtigung erwerben, natür­lich die gleichen Rahmenbedingungen vorfinden. Diese gesetzliche Grundlage soll nun


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für acht Standorte in Österreich gelten, wobei es auch meiner Meinung nach wün­schenswert wäre, dass die Anzahl der AHS- und BHS-Abschlüsse in Österreich erhöht wird.

Abschließend wünsche ich allen Pädagoginnen und Pädagogen, allen Schülerinnen und Schülern sowie auch den Eltern erholsame Ferien. – Danke. (Beifall bei der SPÖ.)

14.31


Präsident Ing. Norbert Hofer: Zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Ing. Hofinger. – Bitte.

 


14.31.13

Abgeordneter Ing. Manfred Hofinger (ÖVP): Geschätzter Herr Präsident! Frau Minis­terin! Hohes Haus! Betreffend die Zentralmatura für Berufstätige, Kollegs und Vorberei­tungslehrgänge ist es, denke ich, ein wichtiger Punkt, auch da die Zentralmatura um­zusetzen. Ich möchte insofern auf dieses Thema eingehen, weil es einen Trend in die­se Richtung gibt.

Genau diese berufsbegleitenden Maturalehrgänge werden immer mehr angenommen, und ich sehe das in meinem persönlichen Umfeld, da immer mehr Jugendliche bezie­hungsweise junge Leute zwischen 20 und 25 – wenn sie sich in einer Gruppe befinden, ist es natürlich noch leichter – die Matura nachmachen, und daher, meine ich, haben wir da Handlungsbedarf. Und das sogenannte lebenslange Lernen wird immer trendi­ger, und daher ist es ganz wichtig, dass wir da einen Akzent setzen.

Zur Zentralmatura möchte ich eine persönliche Anmerkung machen: Ich war zuerst kein Freund davon, aber wenn man jetzt den ersten Maturajahrgang sieht, wie die Schülerinnen und Schüler abgeschlossen haben, sieht man doch eines: dass man hier einen guten Vergleich unter den Schulen hat. Auch für Lehrer liefert sie eine gute Ver­gleichsbasis, aber natürlich auch für die Schüler, die sich da wirklich nicht ungerecht beurteilt fühlen müssen, weil damit ein Standard eingeführt wird, an dem sich alle mes­sen können.

Ich muss zur oberösterreichischen Zentralmatura sagen, dass sie sehr gut umgesetzt wurde: 2 697 Maturanten haben nun in den vergangenen Monaten die Matura abge­legt. Wie gut sie umgesetzt wurde, kann man natürlich am besten beurteilen, wenn man sieht, wie viele die Matura nicht geschafft haben. Das waren in Oberösterreich 9,7 Prozent. Im Zehnjahresschnitt, in den vergangenen zehn Jahren, lag der Schnitt bei 9,5 Prozent. Man sieht also auch daran, dass es weder schwieriger noch leichter geworden ist.

Diese teilzentrale Reifeprüfung, die wir einführen, ist, denke ich, etwas ganz Wichtiges. Eine Matura ist zweifellos immer Voraussetzung für das Studium, aber natürlich ge­nauso für den Job beziehungsweise für das berufliche Weiterkommen. Daher meine ich, haben wir da auch Nachholbedarf in die Richtung, dass wir für die Berufstätigen hier eine Zentralisierung beziehungsweise eine Gleichstellung zwischen den Schülerin­nen und Schülern anstreben, ohne dass man die Semestergliederung aufweichen muss.

Grundsätzlich meine ich, dass wir in Zukunft mehr Akzente in der Erwachsenenbildung zu setzen haben, denn gerade in der momentanen Situation, in der es immer weniger Arbeitsplätze gibt, ist eine Matura dafür, einen Job zu bekommen oder ihn nicht zu be­kommen, ein ganz wesentliches Kriterium.

Wenn wir uns den Schnitt anschauen – vom Unterrichtsministerium veröffentlicht –, so haben in Österreich 31,8 Prozent der 25- bis 64-Jährigen die Matura als höchste Aus­bildung nachgewiesen. Diesbezüglich haben wir sicher Nachholbedarf und sollten den entsprechenden Prozentsatz noch erhöhen, ich möchte aber auch eines feststellen: Ich möchte die Lehre nicht hinter die Matura platzieren, denn es gibt auch dort gute Mög-


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lichkeiten, dass man die Lehre mit der Matura gut verbinden kann, denn wir brauchen natürlich auch Facharbeitskräfte.

In diesem Sinne wünsche ich allen Schülerinnen und Schülern schöne Ferien, den Familien mit ihren Kindern einen schönen Urlaub und bedanke mich nochmals bei allen Lehrerinnen und Lehrern für ihre Bemühungen. – Danke. (Beifall bei der ÖVP.)

14.34


Präsident Ing. Norbert Hofer: Zu einer Stellungnahme hat sich Frau Bundesminister Heinisch-Hosek zu Wort gemeldet. – Bitte.

 


14.35.05

Bundesministerin für Bildung und Frauen Gabriele Heinisch-Hosek: Herr Präsi­dent! Hohes Haus! Nur ganz kurz noch zum Abschluss: Ich finde es wirklich gut, wenn heute hier – hoffentlich einstimmig – beschlossen wird, dass wir quasi Externistinnen, Externisten, Schulen für Berufstätige über die Berufsreifeprüfung miteinschließen und es auch diesen Gruppierungen ab dem Jahr 2017 ermöglichen, bei der Matura quasi gleichermaßen grundlegende Kenntnisse unter Beweis zu stellen, aber auch die Stu­dierfähigkeit für alle Maturantinnen, Maturanten, egal, aus welchen Zugängen heraus sie die Matura, die Reifeprüfung, gemacht haben, sicherzustellen. Das bringt größere Objektivität.

Ich freue mich sehr, dass der erste Durchgang so gut gelungen ist. Die berufsbilden­den höheren Schulen sind nächstes Jahr dran und übernächstes Jahr die von mir und auch von Ihnen genannten Gruppen.

Abschließend möchte ich mich bei Ihnen allen für die Zusammenarbeit in diesem Jahr sehr herzlich bedanken, möchte es aber auch nicht verabsäumen, all jenen, die das Schuljahr gut hinter sich gebracht haben, einen angenehmen Urlaub zu wünschen – seien es die, die als Lehrende tätig waren, also Pädagoginnen, Pädagogen, seien es die, die für Schülerinnen und Schüler da waren, die ein bisschen Schwierigkeiten ge­habt haben, jene aus dem Gebiet der Schulpsychologie und alle, die in der Schulso­zialarbeit und ähnlichen Bereichen tätig sind, nicht zu vergessen auch all jene, die in der Schulverwaltung für uns da sind, die als Schulwarte und Schulwartinnen tagtäglich dafür sorgen, dass unsere Schulgebäude gut dastehen, aber auch das Reinigungsper­sonal, das viel Gutes geleistet hat. All jenen wünsche ich, wie gesagt, einen angeneh­men Urlaub!

Ich weiß, dass sich viele Lehrerinnen und Lehrer genau in diesen Wochen, in diesen Sommermonaten jetzt, auch vorbereiten – ich werde selbstverständlich an der einen oder anderen Veranstaltung teilnehmen –, das heißt, Pädagoginnen und Pädagogen nehmen den Sommer auch sehr gerne wahr, um sich selbst im Sinne der Kinder, der Schülerinnen und Schüler, fort- und weiterzubilden.

Uns allen – Ihnen, mir und allen Beteiligten, die im Bildungsbereich etwas voranbringen möchten – wünsche ich einen guten Start im September. – Vielen herzlichen Dank. (Beifall bei SPÖ, ÖVP und Grünen sowie der Abg. Meinl-Reisinger.)

14.37

14.37.10

 


Präsident Ing. Norbert Hofer: Zu Wort ist dazu niemand mehr gemeldet. Die Debatte ist geschlossen.

Wünscht der Herr Berichterstatter ein Schlusswort? – Das ist nicht der Fall.

Wir gelangen zur Abstimmung über den Gesetzentwurf samt Titel und Eingang in 682 der Beilagen.

Ich ersuche jene Damen und Herren, die für diesen Gesetzentwurf sind, um ein Zei­chen der Zustimmung. – Das ist mehrheitlich angenommen.


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Wir kommen sogleich zur dritten Lesung.

Ich bitte jene Damen und Herren, die dem vorliegenden Gesetzentwurf auch in dritter Lesung ihre Zustimmung erteilen, um ein diesbezügliches Zeichen. – Auch das ist die Mehrheit. Der Gesetzentwurf ist somit auch in dritter Lesung angenommen.

Wir gelangen nunmehr zur Abstimmung über den Entschließungsantrag der Abge­ordneten Peter Wurm, Kolleginnen und Kollegen betreffend Wiederholungen von Teil­prüfungen beziehungsweise von Prüfungsgebieten der abschließenden Prüfung (Ma­tura).

Ich bitte jene Damen und Herren, die für diesen Entschließungsantrag sind, um ein Zei­chen der Zustimmung. – Das ist abgelehnt. (Ruf: Schämen! – Ruf bei der SPÖ: Fremd­schämen!)

14.38.234. Punkt

Bericht des Kulturausschusses über die Regierungsvorlage (679 d.B.): Bundes­gesetz, mit dem das Bundestheaterorganisationsgesetz geändert wird (708 d.B.)

 


Präsident Ing. Norbert Hofer: Wir gelangen nun zum 4. Punkt der Tagesordnung.

Auf eine mündliche Berichterstattung wurde verzichtet.

Als Erster zu Wort gemeldet hat sich Herr Abgeordneter Mölzer. – Bitte.

 


14.38.50

Abgeordneter Wendelin Mölzer (FPÖ): Herr Präsident! Herr Minister! Hohes Haus! Wir alle kennen die Gründe, warum diese Novelle des Bundestheaterorganisationsgeset­zes notwendig geworden ist. Der Anlass dafür war einerseits, dass es am Burgtheater einen gröberen Finanzskandal gegeben hat, dessen genaue Hintergründe noch die Ge­richte beschäftigen und wo wir noch nicht genau wissen, wie weit kriminelle Machen­schaften Platz gegriffen haben, was aber zumindest sehr wahrscheinlich ist, anderer­seits wissen wir, dass der Rechnungshof in einem Bericht vor gut einem Jahr mehrere grundlegende Probleme in der Bundestheaterholding aufgedeckt hat.

Ich nenne da nur einige: zum Beispiel, dass die strategische Führung in der Holding nicht funktioniert hat, dass etwa Mehrjahrespläne nicht wirklich realisierbar oder rea­listisch waren, dass gröbere Finanzierungslöcher aufgetaucht sind, dass beispielswei­se die Koordination zwischen dem Ministerium und der Holding nicht funktioniert hat, dass etwa Vertragsverlängerungen vorgenommen wurden, ohne tatsächlich Ausschrei­bungen zu machen – beim Geschäftsführer Springer etwa, aber auch bei den einzel­nen Häusern. Das alles sind also Dinge, die Handlungsbedarf aufgezeigt haben.

Wir Freiheitlichen waren – und das ist bekannt – von Anfang an dafür, dass man die Holding wieder in den Bund eingliedert, auch und vor allem deshalb – was sich auch in den letzten zwei Jahren erwiesen hat –, weil wir keinerlei oder kaum parlamentarische Kontrolle ausüben konnten. Wir dürfen nicht vergessen, die Bundestheater bekommen vom Bund, von der öffentlichen Hand derzeit noch rund 148 Millionen €, das wird üb­rigens mit dieser Novelle unseres Erachtens zu Unrecht auf 162 Millionen € erhöht – viel, viel Steuergeld, für das auf jeden Fall eine gute und sorgfältige Kontrolle durch das Parlament notwendig wäre, was aber in der Vergangenheit eben nicht wirklich möglich war. Für uns wäre also diese Wiedereingliederung ein Weg gewesen.

Eine Alternative, die aufgezeigt wurde, wäre aus unserer Sicht eine tatsächliche Stär­kung der Holding gewesen bei gleichzeitiger Einführung besserer parlamentarischer Kon­trollrechte. – Jedoch wird keines davon, weder die Eingliederung noch eben diese tat­sächliche Stärkung der Holding, mit dieser vorliegenden Novelle umgesetzt.


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Ich habe es schon erwähnt: Die Basisabgeltung wird um 14 Millionen € erhöht. Das ist aus unserer Sicht deswegen nicht gerechtfertigt, weil wir ja dank verschiedenster Eva­luierungen gesehen haben, dass es großes Einsparungspotenzial geben würde und wir dem Steuerzahler da einiges an Geld sparen könnten. Darüber hinaus gibt es jetzt eben keine tatsächliche Stärkung der Holding, nur eine vermeintliche, bei gleichzeitiger Stär­kung des Ministers, aber ohne entsprechende Kontrollrechte. – All das ist aus unserer Sicht abzulehnen, weswegen wir auch gegen diese Novelle stimmen werden.

Dazu kommt noch ein kleiner Teilaspekt, über den wir uns auch wundern, nämlich dass in der Novelle der Staatsopernball in den kulturpolitischen Auftrag hineingeschrieben wird mit der Begründung, dass man sich dann Steuern sparen will bei der Abwicklung dieses doch recht erfolgreichen Balles. Es ist meines Erachtens beziehungsweise un­seres Erachtens ein völlig falsches Signal in Zeiten, in denen wir die Registrierkassen­pflicht einführen, die Mehrwertsteuersätze im Hotel- und Kulturbetrieb erhöhen, über­haupt verschiedenste Mehrbelastungen haben, dass sich der Staat, eine öffentliche Ins­titution, so sozusagen Steuern erspart.

All das bringt uns eben zur Ablehnung und lässt uns noch weiteren Handlungsbedarf orten. – Danke. (Beifall bei der FPÖ.)

14.42


Präsident Ing. Norbert Hofer: Zu Wort gelangt Frau Abgeordnete Hakel. – Bitte.

 


14.42.30

Abgeordnete Elisabeth Hakel (SPÖ): Herr Präsident! Herr Minister! Liebe Kollegin­nen und Kollegen! In den vergangenen eineinhalb Jahren haben wir uns – davon bin ich überzeugt – mit keiner Kulturinstitution so ausführlich und intensiv befasst wie mit den Bundestheatern und in weiterer Folge natürlich mit dem Burgtheater und dem Fi­nanzskandal dort.

Mit der heute vorliegenden Novelle des Bundestheaterorganisationsgesetzes werden die Rahmenbedingungen für die Bundestheater sowohl organisatorisch als auch in fi­nanzieller Hinsicht festgelegt, und das heißt, die jetzt vorgesehenen Regelungen sehen klare Verantwortungen vor. Lassen Sie mich kurz erklären, was das bedeutet.

Die einzelnen Töchter der Bundestheaterholding, also die Staatsoper, das Burgtheater und die Volksoper, bleiben in ihrer künstlerischen Verantwortung unabhängig, und das ist für mich ein zentraler, wichtiger Punkt. Der Bundesminister für Kunst und Kultur wird auch wie bisher für die kulturpolitischen Leitlinien beziehungsweise Rahmenbedingun­gen zuständig sein.

Die Bundestheaterholding wird in Zukunft noch stärker die wirtschaftliche Steuerung aller Tochtergesellschaften übernehmen, und das bedeutet, dass der zukünftige Hol­dinggeschäftsführer – diese Position wird dieses Jahr noch ausgeschrieben – in engem Kontakt mit den einzelnen Tochtergesellschaften stehen wird. Seine Aufgabe wird es sein, die gesetzlich vorgegebenen Regeln und vom Ministerium vorgegebenen Leitli­nien auch mit Leben zu erfüllen und umzusetzen. Er wird das effiziente Zusammen­wirken der Theater steuern und ein waches Auge auf die Kontrolle haben müssen.

Der Kulturminister wird in Zukunft auch nicht nur die künstlerische Geschäftsführung ent­scheiden, sondern auch die Personalentscheidungen im kaufmännischen Bereich tref­fen. Das wird auch vonseiten der Bundestheater als eine deutliche Aufwertung des kauf­männischen Geschäftsführers gesehen, und das ist auch gut so.

Ein weiterer wichtiger Punkt, der in Zukunft auch weiterhin vom Bundesminister für Kunst und Kultur entschieden wird, ist die Verteilung der Basisabgeltung. Die Basisab­geltung – das ist auch im Rechnungshof-Unterausschuss immer wieder deutlich gewor­den – ist in den letzten 15 Jahren nicht ausreichend an die Inflation angepasst worden


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und ist mittlerweile trotz drastischer Einsparungen vor allem im Personalbereich ein­deutig zu niedrig und der Hauptgrund für die finanziellen Engpässe der Bundesthea­terholding. Daher kann es auch nur eine logische und vor allem richtige Konsequenz geben, nämlich die Basisabgeltung ab dem Jahr 2016 zu erhöhen. (Beifall bei der SPÖ.)

Gleichzeitig wird mit einer dreijährigen Leistungs- und Zielvereinbarung ein wichtiges neues Instrument geschaffen, um den Bundestheatern eine mehrjährige Planungssi­cherheit zu ermöglichen. Leistungs- und Zielvereinbarungen werden sowohl zwischen dem Kulturministerium und der Holding als auch zwischen der Holding und den Toch­tergesellschaften abgeschlossen und sollen beispielsweise Personal-, Einnahmen- und auch Ausgabenpläne zur Sicherung ausgeglichener Budgets enthalten.

Zu begrüßen ist auch, dass in Zukunft die Geschäftsführung jeder Gesellschaft – auch das ist eine wichtige Neuerung – innerhalb von sechs Monaten ab Bestellung ein Un­ternehmenskonzept vorlegen muss. Das wird zu mehr Transparenz beitragen und klar darlegen, welcher Weg von den Theatern in den nächsten Jahren beschritten werden soll.

Ich habe mich mit der Novelle des Bundestheaterorganisationsgesetzes sehr intensiv und ausführlich beschäftigt und war auch in alle Prozesse eingebunden, und daher kann ich heute aus voller Überzeugung sagen, dass hier eine gute Novelle vorliegt, die verhindern soll, dass ähnliche Finanzskandale, wie sie am Burgtheater passiert sind, noch einmal passieren können.

Die Holding wird als strategische Management-Holding positioniert und ihre Struktur optimiert und ihre Aufgaben präzisiert. Ihre Kompetenzen werden klar festgelegt. Damit wird die größte Strukturreform der Bundestheater seit 15 Jahren umgesetzt und lang­fristig die Zukunft der Bundestheater gesichert.

Dafür möchte ich mich auch ausdrücklich bei Bundesminister Ostermayer bedanken, da er in der Vergangenheit in dieser Frage rasch gehandelt und basierend auf Fakten nun auch die richtigen Schlüsse gezogen hat. (Beifall bei der SPÖ.)

14.47


Präsident Ing. Norbert Hofer: Zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Mag. Dr. Zinggl. – Bitte.

 


14.47.06

Abgeordneter Mag. Dr. Wolfgang Zinggl (Grüne): Herr Präsident! Herr Minister! Mei­ne Damen und Herren! Das neue Gesetz sollte – angestoßen durch das Desaster im Burgtheater; Kollegin Hakel hat es erwähnt – eigentlich bessere Kontrollmöglichkeiten bei den Bundestheatern schaffen, und ich sehe vier Felder im Gesetz, mit denen das probiert wird, wenn auch mit – meiner Ansicht nach – wenig Aussicht auf große Wir­kung.

Der erste Punkt ist: Was schon bisher Aufgabe der Bundestheaterholding war und was auch im GmbH-Gesetz ganz deutlich niedergeschrieben steht, ist jetzt auch im Bun­destheaterorganisationsgesetz fixiert. Der Fehler dieser Strategie besteht meiner Mei­nung nach darin, dass eine Verdoppelung von Gesetzen keine Verdoppelung der Kon­trolle nach sich zieht. Das ist ungefähr so, wie wenn sich jemand zwei Mäntel über­einander anzieht und deswegen glaubt, vor Taschendiebstählen gefeit zu sein.

Wir brauchen uns nur ein Beispiel anzuschauen, nämlich die jetzt verpflichtend zu er­stellenden Leistungsvereinbarungen, die es auch bisher schon gegeben hat, allerdings ohne Sanktionsmöglichkeiten, also ohne Konsequenzen, wenn sie nicht erfüllt werden. Und sie sind nie erfüllt worden – es hat sich niemand darum geschert! –, also könnte es sein, dass sie auch in Zukunft nicht erfüllt werden.


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Der zweite Punkt betrifft die Kontrollmechanismen, die der Rechnungshof und sogar auch die Consultinggesellschaft, die von Ihnen, Herr Minister, beauftragt wurde, emp­fohlen haben. Die Bundestheaterholding sollte in ihren Regulierungsmöglichkeiten ge­stärkt werden. Dieser Ansicht sind wir auch: entweder Stärkung der Bundestheaterhol­ding oder deren Auflösung.

Ich gebe gerne zu, dass wir eher für die zweite Variante waren, aber jedenfalls ist die erste Variante auch nicht eingelöst worden, denn was wir jetzt haben, ist eine schwä­chere Bundestheaterholding mit weniger Regulierungsmöglichkeiten, und sie besteht trotzdem weiter.

Ich werde den Verdacht nicht los, dass der Sinn dieser Konstruktion darin besteht, die öffentliche und parlamentarische Kontrolle zu verhindern oder zu schmälern: Wenn ir­gendetwas schiefgeht, war es die Holding und ansonsten war es der Herr Minister.

Herr Minister, Sie haben sich jetzt selbst noch mehr finanzielle und personelle Regu­lierungsmöglichkeiten ins Gesetz hineingeschrieben. Sie haben sogar auch noch das Vetorecht des Delegierten aus dem Finanzministerium gecancelt, der immerhin ab und an ein Veto eingelegt hat, wenn es ganz drunter und drüber gegangen ist.

Was Sie bei dieser Verstärkung Ihrer Regulierungsmöglichkeiten nicht bedenken, ist, dass der Rechnungshof auch die Kontrollmechanismen des Ministeriums kritisiert hat. Schon bisher hatte ja Ihre Vorgängerin alle Möglichkeiten, über die Finanzen, über den Aufsichtsrat, der fast komplett von ihr bestellt war, auch über die Neubestellung der Geschäftsführung auf die Bundestheater einzuwirken und den Karren aus dem Dreck zu ziehen. Aber es ist nichts passiert! Das Einzige was passiert ist: Es ist immer mehr Geld nachgeschoben und hineingepumpt worden!

Damit komme ich zum dritten Punkt des neuen Gesetzes: Da die Führungsebene nicht wirtschaften konnte und ein Desaster produziert hat, werden die Bundestheater mit ei­ner Erhöhung von 14 Millionen € bedankt. Das kann kein Vorteil und kein Vorbild für die anderen Institutionen in Kultur und Kunst sein, die sich jahre- und jahrzehntelang ohne Erhöhung ihrer finanziellen Möglichkeiten abmühen und jetzt sehen, dass es bes­ser gewesen wäre, sie hätten schlecht gewirtschaftet, dann wäre eine Erhöhung drin­nen gewesen.

Deswegen habe ich auch diesbezüglich einen Abänderungsantrag eingebracht, den ich allerdings jetzt auf meinem Platz vergessen habe. Daher wird ihn vielleicht Kollege … (Abg. Brosz: Wart, ich hab ihn! – Bundesminister Ostermayer überreicht Abg. Zinggl den Antrag.) Ich habe ihn schon, danke. (Beifall bei den Grünen.)

Ich stelle daher folgenden Antrag:

Abänderungsantrag

der Abgeordneten Dr. Zinggl, Kolleginnen und Kollegen

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Regierungsvorlage 679 d.B. betreffend ein Bundesgesetz, mit das Bundestheater­organisationsgesetz geändert wird, in der Fassung des Berichts des Kulturausschus­ses (708 d.B.) wird wie folgt geändert:

1. In Z. 7 entfällt im § 7 Abs. 2 folgender Halbsatz:

‚ab dem 1. Jänner 2016 beträgt die jährliche Basisabgeltung 162,936 Millionen €.‘“

*****

Danke, Herr Minister.

(Beifall bei den Grünen sowie bei Abgeordneten der NEOS.)


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll86. Sitzung / Seite 118

Der vierte Teil betrifft den meiner Meinung nach wichtigen kulturpolitischen Auftrag, der jedenfalls mit einer Erhöhung und mit einer Basisabgeltung von 163 Millionen € ver­bunden wäre. Wir haben immer gehofft, dass es zu einer Schärfung dieses Auftrages kommt, da das, was bislang drinnen gestanden ist, praktisch jedes österreichische Theater erfüllt. Es ist tatsächlich zu einer Verbesserung gekommen, Kollege Mölzer hat es schon erwähnt, nämlich: In Zukunft muss jährlich ein Opernball veranstaltet werden. Das ist, glaube ich, keine wirkliche Verbesserung! – Danke. (Beifall bei den Grünen so­wie bei Abgeordneten der NEOS.)

14.52


Präsident Ing. Norbert Hofer: Herr Abgeordneter Dr. Zinggl, ich kann bestätigen, dass der Antrag, den Sie von Minister Ostermayer bekommen haben, identisch ist mit dem, den Sie einbringen wollten.

Der eingebrachte Abänderungsantrag ist ausreichend unterstützt, ordnungsgemäß ein­gebracht und steht daher mit in Verhandlung.

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:

Abänderungsantrag

der Abgeordneten Wolfgang Zinggl, Freundinnen und Freunde zum Bericht des Kultur­ausschusses über die Regierungsvorlage 679 d.B.: Bundesgesetz, mit dem das Bun­destheaterorganisationsgesetz geändert wird (708 d.B.)

Antrag

Der Nationalrat wolle beschließen:

Die Regierungsvorlage 679 d.B. betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundes­theaterorganisationsgesetz geändert wird, in der Fassung des Berichts des Kulturaus­schusses (708 d.B.), wird wie folgt geändert:

In Z. 7 entfällt in § 7 Abs. 2 folgender Halbsatz:

„ab dem 1. Jänner 2016 beträgt die jährliche Basisabgeltung 162,936 Millionen Euro.“

Begründung

Das Bundesministerium für Finanzen kritisiert in seiner Stellungnahme (2/SN-130/ME), dass eine in diesem Zusammenhang größere Flexibilität des Mitteleinsatzes wün­schenswert und etwa mit der Inanspruchnahme von „Zusatzmittel“ gemäß § 7 Abs. 2a Bundestheaterorganisationsgesetz zu erreichen wäre. So könnte die Basisabgeltungs­erhöhung unter sachlichen Gesichtspunkten auf die Absätze 2 (Basisabgeltung) und 2a („Zusatzmittel“) des § 7 verteilt werden, ohne sich der Höhe nach zur Gänze und im Vorhinein im Bundestheaterorganisationsgesetz festzulegen.

Damit würde auch der Kritik des Rechnungshofs (6/SN-130/ME) entsprochen, dass die Gewährung zusätzlicher Mittel in Form der Basisabgeltung an die Erreichung bestimm­ter Kennzahlen, die Setzung von Rationalisierungsmaßnahmen oder die Erfüllung be­stimmter Zielwerte geknüpft wird. Nach Ansicht des RH kann daher weder die Ange­messenheit der Erhöhung der Basisabgeltung überprüft werden, noch ein wirtschaftli­cher Mitteleinsatz sichergestellt werden.

Wird die Basisabgeltung der Bundestheater wie vorgesehen um 14 Millionen Euro er­höht und kriterienlos im Bundestheaterorganisationsgesetz fixiert, gibt es angesichts


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der budgetären Situation des Bundes keinen Spielraum für alle anderen Kultureinrich­tungen.

*****

 


Präsident Ing. Norbert Hofer: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Mag. Dr. Fek­ter. – Bitte.

 


14.53.17

Abgeordnete Mag. Dr. Maria Theresia Fekter (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Werter Herr Minister! Mir war der Antrag nicht bekannt. Es wäre vielleicht hilfreich, ihn den Kolleginnen und Kollegen auch zur Verfügung zu stellen, wenn wir zustimmen sol­len. (Abg. Zinggl: Das ist vielleicht ein Hinweis, dass Sie ihn unterstützen sollten!) Lie­ber Josef, ich habe gut aufgepasst, was er vorgebracht hat, und das genügt mir.

Nun zum Gesetz, das wir heute hier beschließen. Die Vorgeschichte ist folgende: ein sehr kritischer Rechnungshofbericht, acht Sitzungen des Unterausschusses zum Rech­nungshof in der Causa Bundestheaterholding; dann das ICG-Gutachten in Hinblick auf die Evaluierung dieser Organisationsform und nach dem Burgtheaterskandal und dem Kontrollversagen der Holding auch ein konkreter Expertenvorschlag von der ICG, wie wir diese Holding weiterentwickeln.

Wir sollen eine strategische Managementholding machen, und das haben wir getan. Der Herr Minister hat eine Regierungsvorlage vorgestellt, in der strukturelle Verbesse­rungen stattfinden, um die gegenseitige Abstimmung der Bühnengesellschaften mit der Holding zu verbessern. Es gibt im Gesetz einen klaren Kontrollauftrag und klar defi­nierte Controllinginstrumente. Für mich besonders erfreulich ist die in § 4 Abs. 1 Zif­fer 4 festgelegte Dreijahresleistungs- und ‑zielvereinbarung, die die Holding mit den Tochtergesellschaften abzuschließen hat. In diesen Vereinbarungen ist das gesamte Budget in Dreijahresplänen über Rechte und Pflichten festzulegen, und es ist darin auch festzulegen, welche Sonderinvestitionen unter Umständen geplant sind. Gleich­zeitig soll in dieser Zielvereinbarung auch eine Sanktionsmöglichkeit vorgesehen wer­den, wenn die jeweiligen Gesellschaften diese Zielvereinbarungen nicht einhalten.

Eine Zielvereinbarung ist der Schlüssel zur Planbarkeit und Effizienzkontrolle. Es ist nicht ein Nice-to-have und Wünsch-dir-was, sondern es ist für die Bühnengesellschaf­ten verpflichtend, derartige Dreijahrespläne zu erstellen und Zielvereinbarungen abzu­schließen, roulierend für jedes weitere Jahr und nicht bloß für die Sondermittel, son­dern für das gesamte Budget der jeweiligen Bühnengesellschaft. Die festgelegten Stra­tegien in dieser Leistungs- und Zielvereinbarung haben sich selbstverständlich auch an dem kulturpolitischen Auftrag zu orientieren, und diese Zielvorgaben sind jeweils nach den budgetären Möglichkeiten danach zu formulieren.

Budgetär statten wir die Bundestheater jetzt mit mehr Mitteln aus. Ich begrüße das, Herr Zinggl, auch deshalb, weil die Bühnengesellschaften damit nicht nur den kultur­politischen Auftrag erfüllen können, sondern das sichert auch den Fortbestand der Ge­sellschaften über das nächste Jahr hinaus. Es macht ja nichts, wenn wir zwar jetzt in Hinblick auf mehr Effizienz Vorschläge machen, die sich aber erst in Folgejahren aus­wirken, und die Bühnengesellschaften nicht positiv bilanzieren können.

Wir stärken die Holding über die Genehmigung der Unternehmenskonzepte und die Richtlinienkompetenz ganz eindeutig. Die wird wichtig sein, wenn man ein konzernein­heitliches Rechnungs- und Buchhaltungswesen einführt, wenn man Beteiligungs- und Finanz-Controllinginstrumente schafft, wenn es zu einheitlichen Regelungen bezüglich der Personalverrechnung kommen soll, wenn das interne Kontrollsystem und die Re­vision aufeinander abgestimmt werden sollen und die IT-Systeme soweit modernisiert werden, dass auch Effizienzpotenzial drinnen ist.


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Es wird deshalb notwendig sein, dass in der Holding starke Managementkompetenz vor­handen ist, und der Chef der Bundestheaterholding hat die Kontrolle über die Bühnen­gesellschaften auszuüben und geeignete Controllinginstrumente dafür zu implementieren.

Werter Herr Minister! Bei der künftigen Ausschreibung für diesen Posten wird beson­ders auf die Managementkompetenz zu achten sein. Mit den strukturellen Verbesse­rungen und der besseren budgetären Ausstattung schaffen wir nämlich schon eine gu­te Basis für unsere Bundestheater, deren Leistungen wir ja alle besonders schätzen – inklusive jener der Opernhäuser. Den Künstlerinnen und Künstlern sowie den betrof­fenen Institutionen fühlen wir uns verpflichtet und wir beschließen deshalb mit diesem Gesetz eine notwendige Weiterentwicklung zum Wohle des Kulturlandes Österreich. (Beifall bei der ÖVP.)

14.59


Präsident Ing. Norbert Hofer: Zu Wort gelangt Frau Abgeordnete Dr. Lintl. – Bitte.

 


14.59.12

Abgeordnete Dr. Jessi Lintl (STRONACH): Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Minis­ter! Hohes Haus! Sehr geehrte Damen und Herren! Paradiesische Zustände finanziel­ler Natur herrschen in den Bundestheatern im Vergleich zu deutschen Theatern. Bei der Befragung im Rechnungshofunterausschuss hat uns der Theaterexperte Gerd Leo Kuck ganz klar erklärt, dass es ausgabenseitig Sparpotenziale in enormer Höhe gäbe. (Abg. Hakel: Das ist der Oberexperte!)

Die Rechtfertigung für die enormen Ausgaben ist, dass der kulturpolitische Auftrag er­füllt werden muss, der sich vor allem auf die Beibehaltung der Qualität stützt. Aber ist nicht Qualität eine Sache der Definition? Ist die gegeben, wenn das Feuilleton jubelt, oder könnte man durch eine bessere Ausrichtung auf den Geschmack des Publikums Kartenverkäufe und auch Kartenpreise steigern?

Bevor nicht jede mögliche ausgabenseitige Einsparungsmöglichkeit ausgenutzt ist, hal­ten wir eine Erhöhung der Basisabgeltung für nicht gerechtfertigt, aber es ist halt ein­facher und bequemer, sich vom Steuerzahler das Geld zu holen. (Präsidentin Bures übernimmt wieder den Vorsitz.)

Für das Kulturland Österreich ist überhaupt zu hinterfragen, warum Oper und Theater nicht nach ökonomischen Gesichtspunkten zu führen sind. Ein bisschen mehr Fanta­sie, und die Schaffung neuer Modelle für privates Kultursponsoring sollte möglich sein. Auch Kultur verträgt Wettbewerb! (Beifall beim Team Stronach.)

Ein positives Beispiel dafür sind die neuen Säle im Musikverein, sie wurden zu einem maßgeblichen Teil durch private Sponsoren finanziert. Frank Stronach selbst hat mit sei­nem Magna-Konzern den gläsernen Saal mit fast 5 Millionen € unterstützt. (Neuerlicher Beifall beim Team Stronach.)

In der Sache Kultursponsoring ist modernes Denken gefragt. Staatliche Subventionen in Millionenhöhe deuten doch eher auf eine verordnete Kultur. Das Einfachste ist, den Steuerzahler wieder anzuzapfen.

Aus diesen Gründen stimmt meine Fraktion dieser Gesetzesvorlage nicht zu. – Danke schön. (Beifall beim Team Stronach.)

15.01


Präsidentin Doris Bures: Als Nächster zu Wort gelangt Herr Bundesminister Oster­mayer. – Bitte.

 


15.01.35

Bundesminister für Kunst und Kultur, Verfassung und Medien Dr. Josef Oster­mayer: Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren Abgeordnete! Inhaltlich ist eigentlich jetzt zur Bundestheaterorganisationsgesetz-Novelle sowohl von der Frau Ab-


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll86. Sitzung / Seite 121

geordneten Hakel als auch von der Frau Abgeordneten Fekter alles gesagt worden. Wir haben auch hier im Haus sehr viele, oft sehr intensive, oft auch sehr kontroversielle Diskussionen gehabt. Sie haben auch den Unterausschuss zum Rechnungshof bestrit­ten. Beim letzten Mal, ich glaube es war beim letzten Mal, als wir über dieses Thema diskutiert haben, war der Vorwurf, ich hätte die Ergebnisse des Unterausschusses nicht abgewartet und diese Novelle zu schnell vorgelegt.

Ich habe mir jetzt, nachdem es auf der Homepage des Parlaments veröffentlicht wurde, sowohl den Bericht als auch den Minderheitsbericht angeschaut, besonders intensiv natürlich auch den Minderheitsbericht, da ja die Frage war, ob es neue Ideen gibt, wie man den Bundestheaterkomplex besser organisieren könnte. Es war für mich auch die Frage, gibt es Ideen, die über das hinausgehen, was die ICG in dieser Organisations­analyse gemacht hat, wo ja dezidiert der Auftrag an die ICG war, sich auch Vergleiche und internationale Beispiele in alle Richtungen anzuschauen, auch in Hinblick auf die Frage, ob man überhaupt die Bundestheaterholding auflösen soll. Sie wissen, zu wel­chem Ergebnis die ICG gekommen ist.

Ich habe die ICG-Studie, sobald sie mir vorgelegen ist, auch veröffentlicht, und nach­dem ich dann den Minderheitsbericht gelesen habe und dort festgestellt wurde: „entwe­der – oder“, also entweder auflösen oder viel mehr stärken, sind wir den Weg auf Basis der ICG-Studie gegangen mit der strategischen Managementholding mit verstärkten Kon­troll- und Koordinierungskompetenzen.

In einer Situation, in der man Entscheidungen treffen muss, und das muss man in der Funktion, die ich jetzt habe, kann ich nicht entweder in die eine oder in die andere Rich­tung gehen, sondern man muss einen Weg gehen, und diesen Weg sind wir jetzt auf Basis dieser ICG-Studie gegangen. Davor hat es ja viele weitere, viele andere Schritte gegeben, die notwendig waren, seit ich am 1. März 2014 diese Funktion übernommen habe. Ich könnte Ihnen die ganzen Schritte aufzählen, ich habe es ja auch schon ge­macht, ich unterlasse es aber jetzt. Es waren sehr viele Maßnahmen notwendig, auch viele Maßnahmen, die personelle Veränderungen bedingt haben.

Vielleicht nur noch ein kurzer Ausblick, wie es weitergeht: Wenn diese Novelle heute beschlossen wird, dann auch im Bundesrat beschlossen und veröffentlicht wird, wird es als nächsten Schritt die Neubesetzung der Aufsichtsräte geben. Es werden ja die Auf­sichtsräte in Summe um ein Viertel, also von 40 auf 30, reduziert. Es wird auch mehr miteinander verknüpft, sodass insgesamt der Informationsaustausch ein besserer wird. Als nächsten Schritt – Günter Rhomberg war ja nach dem Pensionsantritt von Springer bereit, die Holding interimistisch bis Ende dieses Jahres zu führen – wird es im Sep­tember, also nach dem Inkrafttreten des Gesetzes, nach der Bestellung der Aufsichts­räte, auch die Ausschreibung des Geschäftsführers oder der Geschäftsführerin der Bun­destheaterholding geben.

Ich möchte diese Gelegenheit auch dazu nutzen, mich bei allen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern im Kabinett, in den Sektionen, in den Klubs zu bedanken, die ganz intensiv mitgearbeitet haben und beigetragen haben, dass es jetzt diese Bundestheaterorgani­sationsgesetz-Novelle gibt. Ich möchte mich auch bei den Direktorinnen und Direktoren in den Theatern und in der Holding für die geleistete Mitarbeit bedanken, auch bei den Aufsichtsräten und Aufsichtsrätinnen und auch bei Ihnen, bei den Abgeordneten hier im Hause. Wie gesagt, es hat manchmal sehr kontroversielle Diskussionen gegeben, aber es war auch der kontroversielle Redebeitrag ein Anlass, darüber nachzudenken, wie man es möglichst optimal lösen kann.

Ich bin davon überzeugt, dass es für die jetzige Situation und auch für die Zukunft die optimale Lösung ist. – Vielen herzlichen Dank. (Beifall bei der SPÖ sowie bei Abgeord­neten der ÖVP.)

15.06



Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll86. Sitzung / Seite 122

Präsidentin Doris Bures: Als Nächste zu Wort gelangt Frau Abgeordnete Kucharo­wits. – Bitte.

 


15.06.52

Abgeordnete Katharina Kucharowits (SPÖ): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr ge­ehrter Herr Minister! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Sehr geehrte Damen und Herren! Die heutige Novelle des Bundestheaterorganisationsgesetzes fußt auf Erkenntnissen, die wir aus der Vergangenheit gewonnen haben: zum einen aus dem Rechnungshof­bericht rund um die Geschehnisse des Burgtheaters und zum anderen ganz klar auch aus den Empfehlungen der ICG sowie – und das ist für uns Parlamentarierinnen und Parlamentarier ungemein zentral – aus dem Unterausschuss des Rechnungshofes.

Ich möchte kurz zwei für mich wesentliche Punkte aus dem Ausschuss wiederholend zusammenfassen.

Zum Ersten: Die Stärkung der Holding war eine ganz klare Forderung, und sie gelingt durch die optimierte Organisation der Aufsichtskontroll- und Steuerungsfunktion. Die Um­setzung wird durch einen Kompetenzkatalog ganz klar im Gesetz sichtbar und damit auch erweitert. Die Verantwortung und Aufgabe der Holding wird deutlich festgeschrie­ben.

Zum Zweiten: Die Erhöhung der Basisabgeltung ist von nahezu allen Auskunftsperso­nen ganz klar gefordert worden. Das geschieht mit dem 1. Jänner 2016. Die Erhöhung von 14 Millionen € auf 162,9 Millionen € geschieht nicht ohne Vorgaben oder Rahmen, sondern mit ganz klarer Planungssicherheit. Dreijährige Leistungs- und Zielvereinba­rungen dienen erstmalig auch als Instrument dazu.

Es ist für uns zentral, um eben den gesetzlich vorgeschriebenen kulturpolitischen Auf­trag auch zu erfüllen. Im Vergleich zu manchen Kolleginnen und Kollegen von den Op­positionsparteien, manchmal auch vom Koalitionspartner, heute auch wieder kommen­tiert vom Kollegen Zinggl, sehen wir diesen kulturpolitischen Auftrag auch ganz klar de­finiert. Den Vorwurf, er sei schwammig oder oberflächlich, teile ich einfach nicht, denn mit dieser Anzahl an Ziffern kann er auch gar nicht oberflächlich sein.

Ich möchte gerne Beispiele anführen: § 2 Abs. 1: „Förderung des Zeitgenössischen und innovativer Entwicklungen unter besonderer Berücksichtigung österreichischen Kunst­schaffens und dessen Stärkung im internationalen Vergleich.“ Kunstvermittlung beson­ders bei Kindern und Jugendlichen, Ziffer 3; oder auch Ziffer 4: „Schaffung von Zu­gangs- und Nutzungsmöglichkeiten für das gesamtösterreichische Publikum auch durch den Einsatz von elektronischen und anderen Massenmedien unter Berücksichtigung neu-
er medialer Entwicklung.“

Das bedeutet Kunst und Kultur für alle, und das ist für uns von der SPÖ ganz zentral. Wir von der SPÖ halten es für wichtig, diesen Auftrag zu erfüllen. Schließtage, noch mehr Kürzungen sowie keine Kunst- und Kulturvermittlung sind für uns kein Weg. Für die Grünen anscheinend schon, denn ich finde den Abänderungsantrag, der heute ein­gebracht wird, wirklich bedauerlich. Anscheinend ist Kunst- und Kulturvermittlung kein zentraler Punkt für euch, für Sie. Wir werden diesen Antrag ablehnen.

Wir wollen diesen Auftrag erfüllen, und deshalb stehen wir nicht nur ganz klar hinter der Erhöhung der Basisabgeltung, sondern haben diese auch gefordert. Zusätzlich zu fairen Gehältern für Künstlerinnen und Künstler, der guten Absicherung dieser, halten wir es gesellschaftspolitisch für wichtig, auf Kultur- und Kunstvermittlung zu setzen. Denn: Kunst und Kultur sollen allen Menschen zugänglich sein – und nicht nur jenen, die das nötige Kleingeld dafür haben! (Beifall bei der SPÖ.)

15.10


Präsidentin Doris Bures: Als Nächste kommt Frau Abgeordnete Mag. Meinl-Reisin­ger zu Wort. – Bitte.

 



Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll86. Sitzung / Seite 123

15.10.15

Abgeordnete Mag. Beate Meinl-Reisinger, MES (NEOS): Sehr geehrte Frau Präsi­dentin! Sehr geehrter Herr Bundesminister! Werte Kolleginnen und Kollegen! Nach den programmatisch leidenschaftlichen Worten meiner Vorrednerin komme ich jetzt viel­leicht doch ein bisschen wieder zu den Fakten zurück. (Abg. Kucharowits: Es waren Fakten!) – Ja, das sind Fakten gewesen, genau.

Unsere Kritik an diesem Bundestheaterorganisationsgesetz ist folgende – ich lese Ih­nen einfach mal vor, was in den letzten Jahren an Studien, an Papier auf Kosten der Steuerzahler produziert wurde –:

522 000 € haben die Evaluierung und die Effizienzanalyse der Bundestheater gekostet. 120 000 € davon sind an einen Dr. Richard Bock gegangen, dessen Ergebnisse viel­leicht sogar bis heute – man weiß es nicht genau – dem Herrn Bundesminister nicht bekannt waren. Uns sind sie im Rechnungshofunterausschuss bekannt gemacht wor­den.

Davor gab es schon eine Studie des Dr. Bock – da weiß ich leider nicht genau, was die gekostet hat – zum zukünftigen Finanzbedarf der Bundestheater.

Des Weiteren hat Herr Raddatz 120 000 € erhalten, der im Burgtheater und in den Bun­destheatern beraten hat, wie man denn den Laden effizienter führen könnte. 60 000 € hat dann die ICG-Analyse gekostet, von der Sie ja auch gesprochen haben und auf die Sie Ihre so „mutige“ Entscheidung gründen.

Ich komme jetzt einfach mal so auf über 700 000 €, die wir in den letzten Jahren aus­gegeben haben, um uns anzuschauen, wie man das effizienter und besser machen kann. Das wäre ja auch noch okay, wenn man es dann auch gemacht hätte. Aber das, was Sie jetzt ins Gesetz schreiben, ist erstens einmal schon 2008 in der Effizienzana­lyse ganz klar zum Ausdruck gebracht worden, also vor sieben Jahren, und das heißt: Sieben Jahre lang ist nichts passiert! Und das Zweite ist – und das ist mir schon sehr wichtig, zu sagen –: Der Großteil, den wir jetzt da in blumigen Worten hineinschreiben, ist ohnehin die Aufgabe einer Holding. Da brauchen Sie nur ins GmbH-Gesetz zu schauen.

Es ist wunderbar, dass wir jetzt programmatisch noch einmal festhalten, dass eine Holding die Aufgabe hat, zu kontrollieren und zu steuern. Schauen Sie bitte ins GmbH-Gesetz hinein! Schauen Sie sich an, was sonst im privatwirtschaftlichen Bereich an Ge­setzen da ist! Da braucht man dieses Gesetz wirklich nicht dazu!

Ich freue mich auch über die Zielvereinbarung, und ich freue mich vor allem, dass da Konsequenzen daran geknüpft werden.

Frau Kollegin Fekter, ich bin Ihnen sehr dankbar, dass Sie das noch einmal deutlich zur Sprache gebracht haben, dass es auf die gesamte, auch die Basisabgeltung geht, denn was diesen Punkt betrifft, Herr Minister, haben Sie im Ausschuss etwas anderes gesagt. Sie haben im Ausschuss nämlich gesagt, dass Sie der Meinung sind, dass es sich nicht auf die Basisabgeltung, sondern nur auf die variablen Mittel für Sonderinves­titionen bezieht. Auch ich bin froh – das möchte ich noch einmal hier sagen –, dass es natürlich nur dann geht, wenn es auch die Mittel der Basisabgeltung betrifft.

Zur Erhöhung der Basisabgeltung: Ich finde es ein bisschen billig – das geht in Rich­tung der Kolleginnen von der SPÖ –, sich hierherzustellen und zu sagen: Wenn man dieser Erhöhung der Basisabgeltung nicht zustimmt, dann ist man eine Feindin des kulturpolitischen Auftrags in Österreich!

Ich finde das unendlich billig! Ich weiß nicht, in welchem Unterausschuss Sie gesessen sind. (Zwischenruf des Abg. Neubauer.) Sie haben ja gesagt, Frau Hakel – ich habe es mir aufgeschrieben –, Sie haben sich das ganz genau angeschaut und das sei klar he-


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll86. Sitzung / Seite 124

rausgekommen. – Ich bin offensichtlich in einem anderen Ausschuss gesessen, ich habe anscheinend mit anderen Leuten geredet, denn für mich ist das nicht klar heraus­gekommen. Für mich ist aus der Diskussion klar herausgekommen, dass die Entschei­dung, was wir hier machen, nicht erst nach den Ergebnissen des Unterausschusses gefällt wurde, sondern das von langer Hand geplant war, und wir haben halt noch eine Studie produzieren lassen, die in Wirklichkeit zu dem Ergebnis kommt, dass man ha­ben will, den Minister zu stärken, der zukünftig auch die kaufmännischen Geschäftsfüh­rer bestellt, und die Holding in keiner Weise zu stärken.

Was Sie hier machen – und das meine ich in vollem Bewusstsein, wie wichtig dieser kulturpolitische Auftrag ist und welche Leistungen die Bundestheater bringen –, ist, sich zu den Schutzpatronen eines ineffizienten, feudalen Systems zu machen. Damit kann ich nicht leben, und daher werden wir von den NEOS dieser Novelle nicht zustimmen. (Beifall bei den NEOS sowie bei Abgeordneten der Grünen.)

15.14


Präsidentin Doris Bures: Als Nächste zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Pfurt­scheller. – Bitte.

 


15.15.01

Abgeordnete Dipl.-Kffr. (FH) Elisabeth Pfurtscheller (ÖVP): Sehr geehrte Frau Prä­sidentin! Sehr geehrter Herr Minister! Werte Kolleginnen und Kollegen! Werte Zusehe­rinnen und Zuseher vor den Bildschirmen! „Die Kunst muss nichts. Die Kunst darf al­les.“ – Das sagte einmal der ehemalige Staatssekretär Ernst Fischer in diesem Haus. Ja, sie darf alles. Da stimme ich zu, soweit es die künstlerische Freiheit betrifft.

Kunst braucht Raum, um sich entfalten zu können. Österreich kann auf eine sehr lan­ge, erfolgreiche und inhaltsreiche Kulturgeschichte zurückblicken und zu Recht stolz darauf sein. Speziell wenn man vom Land nach Wien kommt, ist man immer wieder sehr beeindruckt, was in Wien von Künstlern und Künstlerinnen geschaffen worden ist. Aber auch bei uns in den Regionen wird mit sehr viel Enthusiasmus und Herzblut ge­arbeitet und Kunst produziert.

Der wahre Schatz unseres Landes sind die Menschen, die hier leben und unsere Ge­sellschaft durch ihr Schaffen bereichern. Diese Menschen haben Österreich zu dem gemacht, was es heute ist. Damit Künstler und Künstlerinnen diesen schöpferischen Freiraum haben, sind wir von der Politik aufgefordert, die notwendigen Rahmenbedin­gungen zu schaffen.

Rahmenbedingungen bedeuten natürlich auch, dass wir uns um die Zurverfügungstel­lung von notwendigen Mitteln, Fördermitteln kümmern müssen und uns darüber unter­halten müssen. Hier entsteht der Kontrapunkt zu diesem eingangs genannten Zitat, dass die Kunst alles darf. Dieses Zitat stammt von einem Staatssekretär der KPÖ, und ich denke, die KPÖ war wahrscheinlich nicht dafür bekannt, dass sie sehr viele be­triebswirtschaftliche Ansätze geschätzt hat, und deswegen gibt es eben auch diese Einschränkung, zumindest für Kultur und Kunst, die erzeugt wird, gemacht wird, be­wegt wird. Für diesen Teil, der mit Steuergeld gefördert wird, unterstützt wird, bedeutet es auf jeden Fall, dass es einen vernünftigen betriebswirtschaftlichen Rahmen geben muss. Budgetäres Augenmaß ist auch in diesem Bereich angebracht. (Beifall bei der ÖVP.)

Die jüngsten Ereignisse rund um das Burgtheater haben uns gezeigt, dass die Verwen­dung von Fördertöpfen ohne adäquate Kontrolle schnell an ihre Grenzen stößt. Des­halb wollen wir mit dem vorliegenden Gesetz die Zusammenarbeit und die wechselsei­tige Abstimmung der Bundestheater verstärken. Wie das genau ausschauen soll, ha­ben meine Kolleginnen und Kollegen schon vorhin genau erklärt. Ich will Ihnen erspa­ren, dass ich da nochmals die Details nenne.


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll86. Sitzung / Seite 125

Der Bundestheaterkonzern wird organisatorisch neu ausgerichtet und etwas straffer organisiert. Nichtsdestotrotz soll dies aber mit Augenmaß geschehen, um der künstleri­schen Freiheit nach wie vor ihren Raum zu lassen.

Wir verdanken der österreichischen Kulturszene nicht nur Unterhaltung, sondern auch einen Wertewohlstand, der unser demokratisches Miteinander ungemein stärkt. Das müssen wir bei unseren Entscheidungen immer im Hinterkopf haben! – Vielen Dank. (Beifall bei der ÖVP.)

15.18


Präsidentin Doris Bures: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Dr. Walser. – Bitte.

 


15.18.48

Abgeordneter Dr. Harald Walser (Grüne): Frau Präsidentin! Herr Minister! Das ist ja durchaus erfreulich in Richtung einer Grundsatzdebatte gegangen: Wofür geben wir Geld aus in der Republik? Wer soll mit zusätzlichen Mitteln beglückt werden, die in Zei­ten wie diesen knapp sind?

Da haben wir, Frau Kollegin Kucharowits, bemerkenswerterweise gehört, dass sich die Sozialdemokratie für alle einsetzt: Alle sollen an Kulturereignissen teilnehmen können, daran partizipieren können, dabei mittun können, und mit diesem Gesetz kämen wir – wenn ich das richtig verstanden habe – dem einen Schritt näher.

Es gibt 14 Millionen € mehr für die Bundestheater, also 14 Millionen € mehr für einen Tanker in unserer Kulturlandschaft – 14 Millionen €, die aber dort fehlen, wo wir sie ei­gentlich bräuchten, nämlich bei den freien Kulturschaffenden.

Wenn Sie das in Ihrer Rede begründen und auch Kollegin Fekter das mit dem kultur­politischen Auftrag begründet, dann wundert uns schon, dass wir über diesen kultur­politischen Auftrag nicht intensiver diskutiert haben. Wenn der kulturpolitische Auftrag – das Einzige, was da zusätzlich gemacht wird – wirklich die Durchführung des Opern­balls ist, dann fragen sich der Österreicher und die Österreicherin, wohin steuert unse­re Kulturpolitik? – Das kann es doch bitte nicht sein!

Genau diese Diskussion haben wir auch im Ausschuss eingefordert, eine Diskussion darüber, was beispielsweise bei den Bundestheatern notwendig ist und eben weniger notwendig ist. Stichwort „Ballettschule“ – eine Diskussion, ob das wirklich zum kultur­politischen Auftrag gehört, ob das eine Frage der Ausbildung ist oder nicht.

Oder die große Thematik „Schauspiel-Akademie-„: Warum hat das Burgtheater keine eigene Schauspiel-Akademie? Wäre das nicht notwendig? Brauchen wir auf der ande­ren Seite drei Standorte? Ist das sinnvoll? Brauchen wir bei einem sehr, sehr kompe­tenten, großen Ensemble, einem Ensemble, das sich herzeigen lässt, wirklich derart vie­le Gastschauspieler, wie das der Fall ist, bei doch eher klammen Kassen?

Aus unserer Sicht haben wir nach diesem Gesetz wesentlich mehr offene Fragen
als befriedigend gelöste. Wir bitten daher und ersuchen und werden unseren Teil dazu beitragen, diese Diskussion zu befeuern. Die Einfügung des Opernballs in ein Gesetz als kulturpolitischen Auftrag ist allemal zu wenig! (Beifall bei den Grünen sowie der Abg. Meinl-Reisinger.)

15.21


Präsidentin Doris Bures: Als Nächste zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Mag. Kuntzl. – Bitte.

 


15.22.03

Abgeordnete Mag. Andrea Kuntzl (SPÖ): Sehr geehrte Damen und Herren! Wir be­schließen heute ein Gesetz über die Erneuerung der Organisation der Bundestheater,


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll86. Sitzung / Seite 126

der eine lange öffentliche Diskussion vorausgegangen ist: Prüfungen des Rechnungs­hofes, Empfehlungen des Rechnungshofes, im Haus hat der Rechnungshof-Unteraus­schuss getagt und auch Empfehlungen ausgearbeitet. Der Herr Minister hat eine Stu­die in Auftrag gegeben, die verschiedene Varianten geprüft und ausgearbeitet und Emp­fehlungen abgegeben hat.

Das Ergebnis – das kann man, glaube ich, mit Fug und Recht sagen –, das heute vor­liegt, ist die größte Strukturreform der Bundestheater seit ihrer Ausgliederung. Und das ist ja mittlerweile auch schon eine lange Zeit her, nämlich 15 Jahre.

Die Abwägung der Maßnahmen hat sich im Spannungsfeld bewegt zwischen einerseits der Wahrung der künstlerischen Freiheit für die Theater, andererseits der notwendigen Kontrolle, was in den letzten Jahren sehr deutlich geworden ist, und drittens der Plan­barkeit der Finanzierung in längerfristigen Zeiträumen.

Es sind entsprechend dieser Analysen, Diskussionen und Empfehlungen viele Maß­nahmen gesetzt worden beziehungsweise werden heute im vorliegenden Gesetz be­schlossen. Das eine betrifft die Sicherstellung, die längere Planbarkeit der Finanzie­rung durch die Basisabgeltung, die erhöht wird und auf längere Zeit auch vertraglich festgelegt wird.

Frau Kollegin Lintl, da unterscheiden wir uns sehr vom Zugang des Teams Stronach. Wir bekennen uns zur öffentlichen Finanzierung der Bundestheater, wir wollen nicht, dass die Theater abhängig werden von der Gunst von Millionären, die ihnen private Mittel zur Verfügung stellen oder nicht. Wenn zusätzlich Mittel kommen, so ist uns das willkommen, aber das kann keine Basis für die Finanzierung der Bundestheater sein. (Beifall bei der SPÖ.)

Die Holding wird durch die Maßnahmen, die wir heute setzen, gestärkt. Ich habe ge­sagt, es hat eine Studie gegeben, die verschiedene Varianten ausgearbeitet hat und die zu dem Schluss gekommen ist, dass eine strategische Management-Holding die sinnvollste Variante für die Österreichischen Bundestheater wäre. Das ist das Konzept, das in dieses Gesetz eingeflossen ist. Und: Der Minister bekommt bessere Durchgriffs­rechte. Ich denke, das ist gut und richtig, denn es geht um öffentliche Mittel und um öf­fentliches kulturpolitisches Interesse. Da ist auch die politische Entscheidung gefragt und angebracht.

Die Verantwortungen werden klar geregelt und aufgeteilt. Die Bühnen erhalten weiter­hin die Unabhängigkeit in der künstlerischen Verantwortung. Es ist uns sehr wichtig ge­wesen, dass das weiterhin gewährleistet wird. Die Holding bekommt eine zentrale Rol­le bei der Gebarung, bei der Kontrolle und beim Controlling und, wie gesagt, der Mi­nister bei der Festlegung der kulturpolitischen Leitlinien und bei der Ernennung der künstlerischen und kaufmännischen Geschäftsführer und bei der Verteilung der Basis­abgeltung, um da die entsprechenden Schwerpunkte festzulegen.

Es ist also eine tatsächlich auf breiter Diskussion und Fakten basierende, sehr ausge­wogene Reform, die heute hier vorliegt. (Beifall bei der SPÖ.)

15.26

15.26.20

 


Präsidentin Doris Bures: Zu Wort ist dazu niemand mehr gemeldet. Die Debatte ist geschlossen.

Wünscht die Frau Berichterstatterin ein Schlusswort? – Das ist nicht der Fall.

Wir gelangen nun zur Abstimmung über den Gesetzentwurf in 679 der Beilagen.

Hiezu haben die Abgeordneten Dr. Zinggl, Kolleginnen und Kollegen einen Abände­rungsantrag eingebracht.


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll86. Sitzung / Seite 127

Ich werde daher zunächst über den vom erwähnten Abänderungsantrag betroffenen Teil und schließlich über die restlichen, noch nicht abgestimmten Teile des Gesetzent­wurfes abstimmen lassen.

Die Abgeordneten Dr. Zinggl, Kolleginnen und Kollegen haben einen Abänderungs­antrag betreffend Ziffer 7 eingebracht.

Wer hierfür stimmt, den ersuche ich um ein Zeichen. – Das ist die Minderheit. Abge­lehnt.

Wir kommen sogleich zur Abstimmung über diesen Teil des Gesetzentwurfes in der Fassung der Regierungsvorlage.

Ich bitte jene Mitglieder des Hohen Hauses, die hierfür sind, um ein diesbezügliches Zeichen. – Das ist die Mehrheit. Angenommen.

Schließlich kommen wir zur Abstimmung über die restlichen, noch nicht abgestimmten Teile des Gesetzentwurfes samt Titel und Eingang in der Fassung der Regierungsvor­lage.

Ich bitte jene Damen und Herren, die hierfür ihre Zustimmung erteilen, um ein diesbe­zügliches Zeichen. – Das ist die Mehrheit. Angenommen.

Wir kommen sogleich zur dritten Lesung.

Ich bitte jene Damen und Herren, die auch in dritter Lesung für den vorliegenden Ge­setzentwurf sind, um ein Zeichen der Zustimmung. – Das ist die Mehrheit. Der Gesetz­entwurf ist somit auch in dritter Lesung angenommen.

15.27.525. Punkt

Bericht des Kulturausschusses über die Regierungsvorlage (588 d.B.): Bundes­gesetz, mit dem das Kunstförderungsgesetz geändert wird (709 d.B.)

 


Präsidentin Doris Bures: Damit gelangen wir zum 5. Punkt der Tagesordnung.

Auf eine mündliche Berichterstattung wurde verzichtet.

Als Erster zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Mölzer. – Bitte.

 


15.28.20

Abgeordneter Wendelin Mölzer (FPÖ): Frau Präsidentin! Herr Minister! Hohes Haus! Die vorliegende Novelle des Kunstförderungsgesetzes regelt im Wesentlichen eine Spe­senvariante für die Beirats- und Jurymitglieder, wogegen an sich grundsätzlich nicht unbedingt etwas einzuwenden ist. Aber aus unserer Sicht wird bei dieser kleinen No­velle des Kunstförderungsgesetzes ein Anlass ausgelassen, einen aus unserer Sicht wesentlichen Missstand zu bereinigen.

Wie wir wissen, ist im Kunstförderungsgesetz die Vergabe im Grunde genommen von rund 100 Millionen € an Steuergeldern und Subventionen im Kunstbereich durch das Kunst- und Kulturressort geregelt. Bei dieser Vergabe werden Beiräte und Jurys hinzu­gezogen, um das entsprechend zu verteilen. Dabei ist leider Gottes immer wieder fest­zustellen, dass Personen, die Mitglieder in den Beiräten oder Jurys sind und Förde­rungen empfehlen, leider Gottes auch oft in sehr kurzen Zeiträumen, im gleichen Jahr mit jenen Personen identisch sind, die Förderungen erhalten.

Das ergibt keine gute Optik. Es ist vielleicht auf den ersten Blick nicht unbedingt pro­blematisch, aber wenn man sich überlegt, dass das öfter vorkommt, dann sehen wir das schon so.

Beispiele dafür gibt es einige. Etwa war Martina Theininger im Jahr 2013 gleichzeitig Mitglied im Beirat für Filmkunst sowie in der Jury des Startstipendiums für Filmkunst und


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll86. Sitzung / Seite 128

hat im gleichen Jahr von dieser Abteilung eine Förderung von 5 000 € bekommen. Ein weiteres Beispiel ist Elisabeth Scharang, die in der Projektkommission saß, die ent­scheidet, welche eingereichten Filmprojekte gefördert werden sollen, und selbst eben­so eine Förderung in der Höhe von etwa 9 500 € bekommen hat. Das sind also Dinge, die, glaube ich, nicht sehr schön sind.

In diesem Sinne und auch, um Transparenz herzustellen, darf ich folgenden Antrag einbringen:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Mölzer, Dr. Rosenkranz, Kolleginnen und Kollegen betreffend Trans­parenz in der Kunstförderung

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Der Bundesminister für Kunst und Kultur, Verfassung und Medien wird aufgefordert, in den Förderrichtlinien gem. § 8 Kunstförderungsgesetz Vorkehrungen zu treffen, dass für Personen, die gem. § 9 Kunstförderungsgesetz in Beiräte oder Jurien berufen wur­den, in jenem Jahr in dem sie über die Gewährung von Förderungen mit beraten, selbst keine Förderungen im Sinne des Kunstförderungsgesetzes erhalten.“

*****

Ich denke, dieser Antrag würde da Transparenz schaffen, und hoffe auf breite Zustim­mung. Die Ausrede, dass es vielleicht zu wenig Fachexperten für diverse Beiräte oder Jurys gäbe, glaube ich, zählt nicht. Wir haben bei den bildenden Künsten auf jeden Fall eine sehr große Auswahl, aber auch in der Literatur in deutscher Sprache genug Ex­perten, damit das problemlos möglich wäre. – Danke schön. (Beifall bei der FPÖ.)

15.31


Präsidentin Doris Bures: Der Entschließungsantrag ist ordnungsgemäß eingebracht und steht daher mit in Verhandlung.

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Mölzer, Dr. Rosenkranz und weiterer Abgeordneter betreffend Trans­parenz in der Kunstförderung

eingebracht in der 86. Sitzung des Nationalrates, XXV. GP, am 9. Juli 2015 im Zuge der Behandlung der Behandlung von TOP 5, Bericht des Kulturausschusses über die Regierungsvorlage (588 d.B.): Bundesgesetz, mit dem das Kunstförderungsgesetz ge­ändert wird (709 d.B.)

Das Kunst- und Kulturministerium fördert jährlich künstlerisches Schaffen in Österreich und seine Vermittlung im Ausmaß von knapp 100 Millionen Euro. Wie der einzelne Kunstschaffende zu einer Förderung kommt, ist im Kunstförderungsgesetz geregelt. Die­ses Gesetz sieht auch vor, dass zur Vorbereitung und Vorberatung von Förderungsan­gelegenheiten Beiräte oder Jurys eingesetzt werden können.

Im jährlichen Kunstbericht ist nachzulesen, wer in diese Beiräte und Jurys berufen wurde und wer Förderungen bekommen hat. So kann auch immer wieder festgestellt werden, dass Personen, die Förderungen empfehlen, ident sind mit Personen, die För­derungen erhalten.


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll86. Sitzung / Seite 129

Beispielsweise war Frau Martina Theininger 2013 im Beirat Filmkunst und in der Jury Startstipendium für Filmkunst (beide Abteilung V/3) und hat im gleichen Jahr von dieser Abteilung eine Förderung von 5.000 Euro bekommen. Oder Frau Elisabeth Scharang saß in der Projektkommission, die entscheidet, welche eingereichten Filmprojekte ge­fördert werden, und bekam selbst eine Förderung von 9.480 Euro.

Im Sinne von Transparenz sollten jenen Personen, die gem. § 9 Kunstförderungsge­setz in Beiräte oder Jurys berufen wurden, nicht im gleichen Zeitraum auch eine Förde­rung im Sinne des Kunstförderungsgesetzes erhalten.

Daher stellen die unterzeichnenden Abgeordneten folgenden

Entschließungsantrag

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Der Bundesminister für Kunst und Kultur, Verfassung und Medien wird aufgefordert, in den Förderrichtlinien gem. § 8 Kunstförderungsgesetz Vorkehrungen zu treffen, dass für Personen, die gem. § 9 Kunstförderungsgesetz in Beiräte oder Jurien berufen wur­den, in jenem Jahr in dem sie über die Gewährung von Förderungen mit beraten, selbst keine Förderungen im Sinne des Kunstförderungsgesetzes erhalten.“

*****

 


Präsidentin Doris Bures: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Krist. – Bitte.

 


15.31.24

Abgeordneter Hermann Krist (SPÖ): Sehr geschätzte Frau Präsidentin! Herr Bun­desminister! Hohes Haus! Ich möchte das Kunstförderungsgesetz nur kurz für die Zu­seherinnen und Zuseher erläutern, damit sie wissen, worum es geht.

Das Kunstförderungsgesetz sieht unter anderem vor, dass der Bundesminister zur Vor­bereitung und Vorberatung von Förderungsangelegenheiten einzelner Kunstsparten Bei­räte und Jurys einsetzen kann; aktuell gibt es 13 Beiräte und 50 Jurys. Die haben bera­tende Funktion. Die Mitglieder haben die Aufgabe, inhaltliche Empfehlungen für die jähr­lich rund 6 000 einlangenden Förderansuchen abzugeben.

Mit der vorliegenden Novelle wird dieses Kunstförderungsgesetz um eine Verordnungs­ermächtigung ergänzt, die dem Bundeskanzler die Möglichkeit zur Festlegung von Sit­zungsgeldern für die Mitglieder von Beiräten und Jurys im Bereich Kunstförderung gibt. Auch Reisekosten- und Barauslagenersatz können dann per Verordnung pauschaliert werden. 2014 waren 107 Männer und 123 Frauen als ExpertInnen in diesen Beiräten und Jurys tätig. Es wurden rund 187 000 € an Reisekosten und Sitzungsgeldern aufge­wendet. Wenn man das dividiert, kommt man drauf, dass es eine vertretbare Größe bei dieser wichtigen Angelegenheit ist. Künftig werden die Reisekosten entsprechend den im Bundesdienst geltenden Reisegebührenvorschriften 1955 abgegolten.

Die Sitzungsgelder sind durch Verordnung des Kanzlers entsprechend den einzelnen beirats- und juryspezifischen Anforderungen festzulegen. Darüber hinaus kann die Ver­ordnung im Interesse der Verwaltungsökonomie auch eine Pauschalierung vorsehen.

Die Neuregelung, meine Damen und Herren, verursacht keine Mehrkosten für den Bund und sieht auch keine Erweiterungen dieser Vergütungen vor. Das ist, denke ich, eine positive Entwicklung in Richtung sparsamer Verwaltung und Transparenz.

Festhalten möchte ich noch, dass sich das System, wonach unabhängige ExpertInnen in diversen Beiräten und Jurys ihre Empfehlungen für die Entscheidung des Ressorts abgeben, über die Jahre hin gut bewährt hat. Das sind ExpertInnen, diese Menschen


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sind vom Fach, sie haben hohes Fachwissen und können bewährte Strukturen im Be­reich der zeitgenössischen Kunst sicher einschätzen. Gleichzeitig kann auf neue Ent­wicklungen und innovative Vorhaben im Bereich der Kunst rasch reagiert werden, da­mit neue Impulse ausreichend Raum erhalten, denn letztendlich geht es darum, posi­tive Rahmenbedingungen für die Kunst zu schaffen und die Kunstschaffenden bei ihrer Arbeit optimal zu unterstützen.

Ich danke an dieser Stelle allen BeirätInnen und Jurymitgliedern für ihre wertvolle und unterstützende Tätigkeit.

Zum Kollegen Mölzer möchte ich sagen, dass das grundsätzlich verständlich ist und ich es durchaus nachvollziehen kann. Trotzdem möchte ich aber – Sie haben es kurz erwähnt – sagen: Die wirklichen ExpertInnen in Österreich sind nicht so breit gesät. Wir glauben, dass es gescheiter ist, dass wir österreichische statt ausländische ExpertIn­nen im Einsatz haben. Es ist aber wesentlich, dass, wenn eine Expertin durch ein ei­genes Projekt betroffen ist, sie in diesem Beirat gar nicht mitstimmen darf.

Ich denke, das ist eine gute Lösung, und daher würden wir auch gerne so verbleiben. – Danke. (Beifall bei der SPÖ.)

15.34


Präsidentin Doris Bures: Als Nächste zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Dies­ner-Wais. – Bitte.

 


15.34.37

Abgeordnete Martina Diesner-Wais (ÖVP): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Herr Bun­desminister! Meine Damen und Herren hier im Plenum! Kunst und Kultur prägt unser Land, auch nach außen hin. Daher ist es natürlich besonders notwendig, Kunst und Kultur zu fördern, sonst ist das nicht möglich.

Unser Kunst- und Kulturministerium fördert unsere Künstler mit jährlich 90 Millionen €. Den detaillierten Umfang dahin gehend, wie die Mittel eingesetzt werden, sehen wir im Kunstbericht. Das Kunstförderungsgesetz regelt genau den Zugang zu den Förde­rungsmitteln. Für die Vorbereitung der Förderungen gibt es eben die Fachabteilung in der Kunstsektion, die Beiräte und die Jurys, die da tätig werden.

Derzeit erfolgt die Vergütung so, dass die Mitglieder der Beiräte und Jurys ihre Rech­nungen und Reisekosten legen. Dafür soll jetzt eben noch eine gesetzliche Grundlage geschaffen werden, um Rechtssicherheit zu geben. Mein Kollege vor mir hat es auch schon angesprochen, dass im Jahr 2014 13 Beiräte und 50 Jurys im Einsatz waren, die 187 000 € aufgewendet haben. Diese Abgeltung soll jetzt klar und transparent geregelt werden. Durch die Verordnungsermächtigung hat der Bundeskanzler eben die Möglich­keit, das auch in einem pauschalen System festzulegen.

Wir begrüßen die Änderung, denn die Beiräte leisten gute Arbeit. Sie achten auf hohe Qualität bei ihrer Expertise, aber auch darauf, dass sozusagen das optimale Maß an Förderung bereitgestellt wird.

Ich sage noch dazu, dass die Förderung insbesondere so angelegt werden soll, dass die Kunst verschiedene Bevölkerungskreise anspricht und für diese auch leicht zu­gänglich ist – insbesondere natürlich auch für die Bevölkerung im ländlichen Raum. (Bei­fall bei der ÖVP.)

15.36


Präsidentin Doris Bures: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Dr. Zinggl. – Bitte.

 


15.36.51

Abgeordneter Mag. Dr. Wolfgang Zinggl (Grüne): Frau Präsidentin! Ich bewundere im­mer alle Kollegen und Kolleginnen, die zu einer solch einfachen Sache so lange reden


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll86. Sitzung / Seite 131

können. (Heiterkeit der Abg. Hakel.) Ich bin mir gar nicht sicher, ob es dafür ein Gesetz gebraucht hätte, aber soll sein. Wir werden dem zustimmen.

Aber schauen wir uns das Gesetz einmal gemeinsam an, das schon allein vom Namen her überholungsbedürftig klingt: Kunstförderungsbeitragsgesetz. In diesem Gesetz ist ein Kunstförderungsbeitragsbeirat eingesetzt, und dieser Kunstförderungsbeitragsbei­rat hat Mitglieder, und zwar 21, mit den Ersatzmitgliedern insgesamt 46. Ich bin schon lange genug in der Branche, und es hat mir noch niemand sagen können, was dieser Kunstförderungsbeitragsbeirat und seine Mitglieder machen. Vielleicht schauen wir uns das einmal genauer an. – Danke. (Beifall bei den Grünen sowie des Abg. Loacker.)

15.37


Präsidentin Doris Bures: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Bundesminister Dr. Ostermayer. – Bitte, Herr Bundesminister.

 


15.37.53

Bundesminister für Kunst und Kultur, Verfassung und Medien Dr. Josef Oster­mayer: Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren Abgeordnete! Herr Abge­ordneter Zinggl, es ist versprochen, das schaue ich mir an.

Zum Herrn Abgeordneten Mölzer möchte ich noch sagen: Das Thema Befangenheit ist natürlich etwas, bei dem man genau hinschauen muss. Ich würde es als falsch erach­ten, wenn man aktive Kunstschaffende, Kulturschaffende ausschließen würde, weil ich glaube, dass wir genau deren Expertise brauchen. Ich vermute, dass wir, wenn wir je­ne, die in Beiräte gehen, während dieser Zeit von Förderungen ausschließen würden – wenn sie zum Beispiel drei Jahre in einem Beirat sind –, nur wenige finden würden, die bereit wären, in einen Beirat zu gehen.

Ich habe einen anderen Weg gewählt. Ich habe vor, ich glaube, eineinhalb Monaten, als wir das letzte Mal über dieses Thema diskutiert haben, Sektionschefin Ecker beauf­tragt, sich über den Sommer sozusagen diese Governance-Regeln, also quasi die Ge­schäftsordnung der Beiräte, noch einmal anzuschauen und zu schauen, ob es sinnvoll ist, dort nachzuschärfen. Ich glaube, dass das der richtige Weg ist, und ich werde dann im Herbst, nachdem sie sich das angeschaut hat, gerne auch im Kulturausschuss oder wo auch immer darüber berichten. – Danke. (Beifall bei der SPÖ sowie des Abg. Prinz.)

15.39

15.39.11

 


Präsidentin Doris Bures: Zu Wort ist dazu niemand mehr gemeldet. Die Debatte ist geschlossen.

Wünscht die Frau Berichterstatterin ein Schlusswort? – Das ist nicht der Fall.

Damit gelangen wir zur Abstimmung über den Gesetzentwurf samt Titel und Eingang in 588 der Beilagen.

Ich ersuche jene Damen und Herren, die für diesen Gesetzentwurf sind, um ein Zei­chen der Zustimmung. – Das ist die Mehrheit und somit angenommen.

Wir kommen sogleich zur dritten Lesung.

Ich bitte jene Damen und Herren, die dem vorliegenden Gesetzentwurf auch in dritter Lesung ihre Zustimmung geben, um ein diesbezügliches Zeichen. – Das ist somit auch in dritter Lesung mit Mehrheit angenommen.

Wir gelangen nunmehr zur Abstimmung über den Entschließungsantrag der Abge­ordneten Mölzer, Kolleginnen und Kollegen betreffend Transparenz in der Kunstförde­rung.

Ich bitte jene Damen und Herren, die für diesen Entschließungsantrag sind, um ein Zei­chen der Zustimmung. – Das ist die Minderheit. Abgelehnt.


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15.39.406. Punkt

Bericht des Rechnungshofausschusses über den Bericht des Ständigen Unter­ausschusses des Rechnungshofausschusses gemäß § 32e Abs. 4 GOG betreffend Durchführung des Verlangens der Abgeordneten Wolfgang Zanger, Mag. Dr. Wolf­gang Zinggl, Mag. Beate Meinl-Reisinger, MES, Kolleginnen und Kollegen auf Prü­fung der Gebarung des Bundesministeriums für Unterricht, Kunst und Kultur (bzw. des Bundeskanzleramtes in der Zuständigkeit des Bundesministers für Kunst und Kultur, Verfassung und Medien) sowie der im Eigentum des Bundes stehen­den Bundestheater-Holding GmbH (649 d.B.)

 


Präsidentin Doris Bures: Wir gelangen nun zum 6. Punkt der Tagesordnung.

Auf eine mündliche Berichterstattung wurde verzichtet.

Als Erster zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Mölzer. – Bitte.

 


15.41.08

Abgeordneter Wendelin Mölzer (FPÖ): Frau Präsidentin! Herr Minister! Wir haben ja heute schon relativ ausführlich über die Bundestheater gesprochen, über deren Zu­kunft, wenn man so will.

Im Ständigen Unterausschuss des Rechnungshofausschusses haben wir versucht, uns die Vergangenheit anzusehen. Ich komme zur Geschichte – für die Zuseher vor den Fernsehschirmen und auf der Galerie –, dazu, wie das zustande gekommen ist. Wir al­le haben vor zirka zwei Jahren, wie heute schon erwähnt, den großen Skandal im Burg­theater miterlebt, der sozusagen der Anlass gewesen ist, dass man da näher hinge­schaut hat, dass das in den parlamentarischen Fokus gerückt ist.

Es hat sich leider Gottes relativ schnell herausgestellt, dass es mit normalen parlamen­tarischen Mitteln – Anfragen und dergleichen, Diskussion mit dem zuständigen Res­sortminister, der damals natürlich gewechselt hat, das war zugegebenermaßen in einer Übergangsphase – nicht möglich war, da tatsächlich tiefere und nähere Aufklärung zu leisten.

Wir haben aber dann in weiterer Folge durch den Rechnungshofbericht, der im ersten Halbjahr 2014 an die Öffentlichkeit gelangt ist, verschiedene Verdachtsmomente bestä­tigt bekommen, was Missstände betrifft – jetzt nicht im Burgtheater, sondern in der Hol­ding insgesamt. Ich habe heute schon erwähnt, dass der Rechnungshof da mehrere Punkte kritisiert hat, die eben nicht erfüllte strategische Führungsrolle der Bundesthea­ter, die unrealistischen mehrjährigen Finanzierungskonzepte, dann – auch wesentlich – die fehlende Reaktion des Kulturressorts darauf, die fehlenden Maßnahmen, die das Kulturressort von der Holding zur Verbesserung der finanziellen Situation hätte einfor­dern müssen.

Dann ist da der Umstand – Frau Kollegin Meinl-Reisinger hat es heute schon er­wähnt –, dass man mehrere Studien in Auftrag gegeben hat, die sehr teuer waren; da­bei wurden vom Rechnungshof diese Optimierungspotenziale, die angegeben wurden, nicht erkannt. Da sind wir dann bei der Arbeit des Unterausschusses und auch bei un­serem Minderheitsbericht, den es gibt, weil wir dem Bericht des Ausschusses als sol­chem nicht zustimmen können.

Im Grunde genommen wäre da noch viel mehr Einsparungspotenzial gewesen. Wir konnten im Unterausschuss – das ist, glaube ich, jetzt auch wichtig – mehrere Punkte über die Kritik des Rechnungshofes hinaus finden, und zwar geht es da im Wesent­lichen einerseits natürlich um die politische Verantwortung, andererseits aber eben um die Frage, inwieweit es möglich gewesen wäre, früher oder rechtzeitig zu reagieren.


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll86. Sitzung / Seite 133

Zum einen ist es einmal so, dass die Finanzsituation der Bundestheater sicher seit 2008 als angespannt zu bezeichnen ist und dass das dem Ressort und allen Beteilig­ten, insbesondere auch der Bundesministerin und auch Dr. Springer bekannt war. Zum anderen ist es so, dass eben daran anschließend zu erwarten gewesen wäre, dass man Maßnahmen zur Effizienzsteigerung ergreift und nicht nur – wie wir das leider heute auch beschlossen haben – mehr Geld hineinschießt, sondern es wäre besser gewesen, die bis zu 30 Millionen € Einsparungspotenzial umzusetzen.

Dazu kommt dann noch der Umstand – da kommen wir auch zur politischen Verant­wortung des aktuellen Ministers –, dass zentrale Unterlagen vom Kulturressort bis in das Frühjahr 2014 hinein nicht an den Rechnungshof weitergeleitet wurden. Damit liegt sicher auch bei Ihnen, Herr Minister, Mitverantwortung dafür, dass dann auch der Un­terausschuss – der nicht so leicht arbeiten, aber immerhin ein bisschen mehr Licht ins Dunkel bringen konnte – nicht alle Unterlagen optimal erhalten hat, was unseres Er­achtens einfach nicht sein darf.

Für uns ist die politische Verantwortung, glaube ich, klar. Man hat hier vielleicht mit Sektionschef Franz ein Bauernopfer gefunden. Die Beamten waren vielleicht auch Teil des Problems, das hat der Rechnungshof einmal gesagt.

Für die Zukunft ist aber auf jeden Fall der Zustand der Vergangenheit nicht optimal – das ist natürlich dann wieder das Problem, wenn wir heute auf die beschlossene No­velle des Bundestheaterorganisationsgesetzes zurückkommen –, weil eben zu wenig parlamentarische Kontrolle da ist und sehr, sehr viele Steuermittel fehlen. – Danke. (Beifall bei der FPÖ.)

15.45


Präsidentin Doris Bures: Als Nächste zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Ha­kel. – Bitte.

 


15.45.24

Abgeordnete Elisabeth Hakel (SPÖ): Frau Präsidentin! Herr Minister! Liebe Kollegin­nen und Kollegen! Gemeinsam mit zahlreichen Auskunftspersonen haben wir uns in den letzten Monaten mit der Vergangenheit und der Zukunft der Bundestheater aus­einandergesetzt; und – welch ein Wunder! – die „smoking gun“, die von der Opposition durch permanentes Skandalisieren der Vorfälle im Burgtheater und des Rechnungshof­berichtes zur Bundestheater-Holding versucht wurde heraufzubeschwören, wurde nicht gefunden.

Durch den Ausschuss wurde nämlich deutlich, dass es bei den Bundestheatern klarere Aufgabendefinitionen und Verantwortlichkeiten braucht. Das war auch das Hauptziel der Ausarbeitung der Novelle des Bundestheaterorganisationsgesetzes, das wir heute schon beschlossen haben, und das ist uns auch gelungen.

Insgesamt war die Stimmung im Ausschuss konstruktiv. Auch vonseiten der Auskunfts­personen gab es großes Bestreben, die Fragen der Abgeordneten präzise zu beant­worten. Auf diesem Weg möchte ich mich auch bei allen, die die Arbeit im Ausschuss ermöglicht haben, und jenen, die uns Rede und Antwort gestanden sind, bedanken. (Bei­fall bei der SPÖ. – Abg. Neubauer: „Tosender Applaus“ vonseiten der SPÖ!)

Als demokratiepolitisch wichtiges Zeichen habe ich auch empfunden, dass sogar ehe­malige Regierungsmitglieder in Person von Claudia Schmied und Franz Morak in den Ausschuss geladen wurden. Das zeigt die Bemühung nach größtmöglicher Transparenz.

Lassen Sie mich folgende Punkte, die für mich von besonderer Bedeutung sind und die sich durch den Ausschuss herauskristallisiert haben, etwas näher erklären:

Die Beschäftigten an den Bundestheatern vollbringen jeden Abend großartige Leistun­gen. Die Belegschaft hat in den letzten Jahren auch zahlreiche Rationalisierungsmaß-


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nahmen und Einsparungen mitgetragen und damit einen wesentlichen Beitrag zur Ef­fizienzsteigerung der Bundestheater geleistet.

Dem Bund kommt als 100-prozentigem Eigentümer der Bundestheater-Holding beson­dere Verantwortung für die Beschäftigten zu, die es auch in Zukunft entsprechend wahr­zunehmen gilt. Prekarisierung und Lohndumping, wie sie leider in vielen Bereichen, vor allem auch in der Kulturbranche, immer wieder vorkommen, sind kein Modell für die Bundestheater. (Beifall der Abgeordneten Kucharowits und Mayer.)

Betrachtet man die finanzielle Situation der Bundestheater, so ist es von großer Bedeu­tung, zwei Themen zu trennen, einerseits die Nichtvalorisierung der Basisabgeltung und andererseits die Vorfälle im Burgtheater mit ihren finanziellen Auswirkungen. Da muss eine präzise Trennung erfolgen, in einem Fall geht es um die politische Verant­wortung, die mit der Erhöhung der Basisabgeltung ab 2016 auch übernommen wurde, und im anderen Fall wird eine Klärung durch die Gerichte erfolgen. Nötige Maßnah­men, die selbstverständlich getroffen werden müssen, um eine Wiederholung von Mal­versationen wie im Burgtheater in Zukunft zu verhindern, wurden in der Novelle des Bundestheaterorganisationsgesetzes, das heute beschlossen wurde, auch umgesetzt.

Die Rolle der Wirtschaftsprüfer gilt es durch ein Gericht zu klären; ein Verfahren ist be­reits anhängig. Die Wirtschaftsprüfer haben das interne Kontrollsystem des Burgthea­ters als funktionierend befunden und einen uneingeschränkten Bestätigungsvermerk erteilt. Es bleibt nach wie vor nicht nachvollziehbar, dass die Missstände im internen Kontrollsystem im Burgtheater nicht bereits früher von den Wirtschaftsprüfern entdeckt worden sind.

Die Möglichkeit der Holding, Einfluss auf die Tochtergesellschaften in finanziellen Be­langen auszuüben, waren bisher beschränkt. Auch gab es Strukturmängel und keine klaren Verantwortungshierarchien. Das wurde jetzt in der Novelle des Bundestheater­organisationsgesetzes geändert. Die Rolle der Holding wurde in den Bereichen Auf­sicht, Kontrolle und wirtschaftliche Steuerung ganz klar gestärkt.

Die Bundestheater nehmen eine Ausnahmestellung im österreichischen und internatio­nalen Kulturleben ein. Neben der Erfüllung des kulturpolitischen Auftrages, den wir heute schon ein bisschen andiskutiert haben, gehen von den Bundestheatern nicht zu unterschätzende Impulse für Wachstum, Beschäftigung und Tourismus aus. Unser Ziel muss es daher sein, die Bundestheater als österreichische Leitbetriebe mit herausra­gender Bedeutung für Kunst und Kultur, aber auch für Tourismus, Wirtschaft und gute Arbeitsplätze zu erhalten.

Ich betone noch einmal: Schließtage, Schließungen von Spielstätten und Entlassung von Personal sind aus meiner, sind aus unserer Perspektive kein zukunftsträchtiger Weg.

Mit der heutigen Novelle des Bundestheaterorganisationsgesetzes ist uns ein zukunfts­trächtiger Weg ganz sicher gelungen. (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der ÖVP.)

15.50


Präsidentin Doris Bures: Als Nächster zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Dr. Zinggl. – Bitte.

 


15.50.07

Abgeordneter Mag. Dr. Wolfgang Zinggl (Grüne): Frau Präsidentin! Ich möchte mich zunächst einmal ganz ausdrücklich bei allen Kollegen und Kolleginnen im Unteraus­schuss für die Zusammenarbeit bedanken. Die hat wirklich sehr gut funktioniert.

Auf die mangelnde Bereitschaft seitens des Ministeriums, uns mit Unterlagen und Zeu­gen zu versorgen, möchte ich jetzt weniger eingehen. Es ist sogar ein bisschen ver-


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ständlich, dass das Ministerium so reagiert, denn eines hat der Ausschuss jedenfalls zutage gefördert: Es hat Kontrolldefizite auf allen Ebenen gegeben – Wirtschaftsprü­fung, Aufsichtsrat, Holding selbstverständlich und eben auch seitens des Ministeriums.

Das Problem bei der Holding war in erster Linie, dass, obwohl die Bilanzen Jahr für Jahr größere Defizite und immer mehr mangelnde Liquidität aufgezeigt haben, keine Gegensteuerung zu erkennen war. Das hat uns der ehemalige Sektionschef im Kul­turministerium auch sehr schön vorgetragen, indem er uns erzählt hat, dass immer nur nach Geld gerufen wurde und er damit beschäftigt war, regelmäßig die übertriebenen Wünsche der Holding anzuzweifeln.

Ich zitiere ihn: „(…) die sind“ – also die Holding – mit Bedürfnissen „von 70 Millionen dahergekommen, die sich dann in ein paar Wochen auf 10 Millionen reduzieren haben lassen“.

Auch der Aufsichtsratsvorsitzende hat sich dazu bekannt, vor allem höhere Zuschüsse im Auge gehabt zu haben. Zitat: „(…) Einsparungen, die man jetzt machen kann, hel­fen uns nicht, wir brauchen mehr Geld.“

Lediglich der Vertreter des Finanzministeriums hat immer wieder darauf hingewiesen, dass es so nicht weitergehen kann. Ich zitiere ihn einfach: „Wir können nicht warten bis wir quasi mitten an der Wand stehen, sondern wir müssen rechtzeitig (…) Maßnahmen ergreifen.“ Aber es ist nichts passiert.

Das hat er immer wieder im Aufsichtsrat geäußert und hat sogar gelegentlich sein Veto eingelegt. Zum Dank dafür hat das Finanzministerium im neuen, gerade beschlosse­nen Bundestheaterorganisationsgesetz sein Vetorecht verloren.

Womit wir schon bei der Verantwortung des Ministeriums wären. Der Rechnungshof hat ganz deutlich festgestellt: „Die Eigentümerrechte der Steuerzahler seien durch das Kulturressort jahrelang nicht wahrgenommen worden.“

Diesbezüglich befragt, hat uns der Sektionschef im Ministerium auch gesagt, es hätte eine Vielzahl von Besprechungen mit der Ministerin gegeben und sie wäre zu allen Zei­ten über die triste Lage informiert gewesen. Aber, sein Zitat: „Da gab es durch die Mi­nisterin eine Festlegung: Sie wollte keine Strukturmaßnahmen.“

Der Unterausschuss hat auch etwas aufgedeckt. Das war keine „smoking gun“, Frau Kollegin Hakel, aber exemplarisch ist es allemal für die mangelnde Transparenz des Ministeriums. Bis zum Ausschuss war nämlich eine Studie, vom Ministerium selbst in Auftrag gegeben, nicht veröffentlicht worden und nicht einmal dem Rechnungshof über­reicht worden. In dieser Studie wird von 21,7 Millionen € Einsparungspotenzial geschrie­ben. Der verantwortliche Sektionschef dazu: Die Festlegung seitens des Ministerbüros war, „die Berichte werden nicht übergeben“. Und diese Haltung hätte sich auch unter Bun­desminister Ostermayer nicht geändert.

Zusammenfassend können wir fragen: Was hat sich geändert? Was haben wir aus dem Ganzen gelernt? – Nichts! Die Finanzierung der Bundestheater wird jährlich um 14 Millionen € erhöht, so, als wäre im Burgtheater nichts geschehen. – Danke. (Beifall bei den Grünen.)

15.54


Präsidentin Doris Bures: Als Nächste zu Wort gelangt Frau Abgeordnete Durch­schlag. – Bitte.

 


15.54.11

Abgeordnete Claudia Durchschlag (ÖVP): Frau Präsidentin! Herr Bundesminister! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Wir haben uns in acht sehr konstruktiven Sit­zungen sehr intensiv mit der massiven Kritik des Rechnungshofs beschäftigt, wir haben


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uns durch Zeugenbefragung und das Studium der vorliegenden Dokumente auch inten­siv informiert und wir haben versucht, zu einem abschließenden Bild zu kommen.

Ich darf mich in dem Zusammenhang, wie meine Vorredner auch schon, sehr herzlich bei den Mitarbeitern der Parlamentsdirektion und auch des Klubs bedanken, die uns in diesen acht Sitzungen wirklich sehr kompetent und äußerst engagiert unterstützt und begleitet haben. – Herzlichen Dank dafür!

Was sind jetzt die Erkenntnisse aus dem Ausschuss? Wie schauen Handlungsfelder und Optionen aus? – Beginnen wir mit dem Themenblock „Vorbereitung, Durchführung und Umsetzung der rechtlichen Evaluierung ... sowie der Effizienzanalysen“.

Die Evaluierung selbst war schon unter Staatssekretär Franz Morak angedacht, stand dann auch im Regierungsprogramm und war daher geplant und notwendig. Der Rech­nungshof, namentlich Dipl.-Ing. Kratschmer, kritisierte, dass mit der Erarbeitung und vor allem mit der Bezifferung der notwendigen Maßnahmen nicht die Wirtschaftsprüfungs­gesellschaft selbst, sondern die Bundestheater-Holding beauftragt wurde.

Auch wenn man dem Argument, dass man Betroffene zu Beteiligten machen wollte, durchaus etwas abgewinnen kann, so zeigt das Ergebnis doch, dass die Vorgangs­weise nicht ganz optimal war, besonders auch die Tatsachen, dass es unterschiedliche Berichte gab, dass es unterschiedliche Bewertungen hinsichtlich der Einsparungsmög­lichkeiten gab und dass nicht alle Berichte öffentlich zugänglich waren – ja, dass es mit dem Bericht von Dr. Bock sogar einen Bericht gab, den nicht einmal die zuständigen Aufsichtsratsmitglieder kannten.

Diese Tatsachen zeigen, dass es im System durchaus Verbesserungsbedarf gibt, und zwar im Sinn von: Wie transparent gestaltet der zuständige Minister das System? Wie stellt er sicher, dass alle die für ihre Arbeit und ihre Entscheidungen erforderlichen Un­terlagen rechtzeitig und auch umfassend zur Verfügung gestellt bekommen? – Das er­warte ich mir doch auch vom neuen Bundestheaterorganisationsgesetz.

Beim Themenblock „Wahrnehmung der strategischen Führungsrolle durch die Bundes­theater-Holding“ war auch die grundsätzliche Konstruktion hinterfragt worden. Mag. Max Kothbauer, der Aufsichtsratsvorsitzende der Holding, hat die Konstruktion als „hat­schert“ bezeichnet. Das Problem war, so Kothbauer, dass die Holding zwar offiziell für die Steuerung des Budgets zuständig war, aber eben keine Instrumente zur Durchset­zung hatte. Er durfte sozusagen nur den Jahresabschluss absegnen. Dieselben Schwie­rigkeiten ergaben sich dann auch bei der Erstellung der Dreijahrespläne.

Vielleicht hat das auch zu einer Haltung geführt, die man umschreiben konnte mit: Wir haben ja eh keine Möglichkeiten. In dieses Bild passen dann auch Schilderungen des Aufsichtsratsmitgliedes Dr. Steger, damals noch als Vertreter des Finanzministeriums, der immer wieder – und Kollege Zinggl hat es schon gesagt – Maßnahmen zur Verbes­serung der Liquiditätssituation eingefordert hat, die aus seiner Sicht aber erst sehr spät und erst nach einem mühevollen Prozess gesetzt wurden. Da hoffe ich doch sehr – und ich bin diesbezüglich auch zuversichtlich –, dass die neue Konstruktion dann in ein paar Jahren von niemandem mehr als „hatschert“ bezeichnet wird.

Wenn wir jetzt zum Themenbereich Verantwortung des Kulturressorts hinsichtlich der nicht oder verspätet vorgelegten Finanzierungs- und Strategieberichte kommen, ergibt sich ein durchaus unterschiedliches Bild. Zum einen hat Mag. Stoss die Zusammen­arbeit und die Abstimmungen mit dem Ministerium als „laufend“, „friktionsfrei und kons­truktiv“ beschrieben, andererseits berichtet Gerd Leo Kuck von Einsparungsvorschlä­gen in der Höhe von 30 Millionen €, die er gemacht habe, die dann nach einem Ge­spräch im Ministerium auf 20 Millionen € reduziert wurden und schlussendlich durch die Holding mit 12 Millionen € beziffert wurden.


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Als Laie im Bereich der Theaterführung fragt man sich natürlich, wie man zu so unter­schiedlichen Auffassungen kommen kann, und vor allem frage ich mich, was die Moti­vation war, nicht die größtmögliche Einsparung in Angriff zu nehmen. Vielleicht liegt eine mögliche Erklärung in der Bemerkung von Gerd Leo Kuck, dass Menschen in der Verantwortung sein müssten, die nicht „geliebt werden“ wollen, sondern auch Konflikt­situationen aushalten müssen. Vielleicht geht es daher auch um die Personalauswahl. Dipl.-Ing. Rhomberg hat gemeint: Der Hauptfehler liegt darin, dass man die Leute zu wenig prüft, denen man Verantwortung für so große Unternehmen überträgt. Das be­deutet, dass bei Ihnen, Herr Minister, künftig sehr viel Verantwortung bei der Auswahl des Holding-Chefs dahin gehend liegt, großes Augenmerk auf Managementqualitäten und vor allem auch Konfliktlösungskompetenzen zu legen, wenn es zum Beispiel um Einsparungen oder das Einfordern der Budgetdisziplin geht.

Was die Vertragsverlängerung von Matthias Hartmann und Dr. Springer angeht, so konnte aus meiner Sicht im Ausschuss nicht zufriedenstellend geklärt werden, warum der Vertrag von Matthias Hartmann gegenüber dem Vorvertrag, den noch Staatsse­kretär Morak abgeschlossen hat, dann doch wesentlich großzügiger war, und man ist dem nachmaligen Burgtheaterdirektor auch in Bezug auf zusätzliche Einnahmen durch seine eigene Regietätigkeit doch sehr weitgehend entgegengekommen. Auch die feh­lende Ausschreibung der Vertragsverlängerung von Holding-Chef Dr. Springer wurde vom Rechnungshof kritisiert, auch wenn es da vonseiten des Ministeriums eine andere Rechtsmeinung gibt.

Zusammenfassend kann man sagen: Es wird sehr stark von der Personalauswahl durch den Herrn Bundesminister abhängen, wie sich die Holding weiterentwickelt. Da­bei kommt dem Holding-Chef als Aufsichtsrat der Teilgesellschaften eine Schlüsselrolle zu, besonders auch, was die Kontrollfunktion angeht.

Die Dreijahrespläne, die es bis jetzt eigentlich auch schon hätte geben müssen, müs­sen auf jeden Fall mit neuem Leben erfüllt werden, um auch den Gesellschaften Pla­nungssicherheit zu geben.

Was keinesfalls passieren sollte, ist, dass der kulturpolitische Auftrag als Killerargu­ment gegen notwendige Sparmaßnahmen herhalten muss. Insofern kann ich der Mei­nung des Kollegen Zinggl und anderer, die das neu diskutiert sehen wollen, durchaus etwas abgewinnen.

Insgesamt – und da bin ich bei meinen Vorrednern – habe ich den Ausschuss als sehr konstruktiv und auch sehr informativ erlebt und bedanke mich auch bei allen Kolleginnen und Kollegen für das konsensuale Klima. (Beifall bei der ÖVP sowie des Abg. Zinggl.)

15.59


Präsidentin Doris Bures: Als nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Dr. Lintl zu Wort gemeldet. – Bitte.

 


16.00.20

Abgeordnete Dr. Jessi Lintl (STRONACH): Frau Präsidentin! Sehr geehrter Herr Mi­nister! Sehr geehrte Damen und Herren! Auch ich habe den Ausschuss als sehr kons­truktiv empfunden und möchte mich dafür beim Vorsitzenden, Kollegen Zanger, und bei allen Mitarbeitern und Kollegen bedanken.

Auch wenn die entscheidenden Auskunftspersonen Erinnerungslücken hatten, nicht von der Verschwiegenheitspflicht entbunden wurden oder deren Ladung generell ver­hindert wurde, so haben doch die Erkenntnisse des Rechnungshof-Unterausschusses für uns die Kritik des Rechnungshofes bestätigt.

Im Rechnungshof-Unterausschuss-Mehrheitsbericht steht, dass das Ministerium und die Holding ihren Aufgaben nachgekommen sind. Das sehen wir anders und haben des-


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halb eine abweichende Stellungnahme verfasst. In Bezug auf die Holding sehen wir sehr wohl Verfehlungen, nämlich mangelnde interne Kontrolle und fehlendes Vier-Au­gen-Prinzip, eine strategische Finanzplanung, die hauptsächlich das Hoffen auf eine Erhöhung der Basisabgeltung beinhaltete, eine nebulose Abschreibepraxis, wodurch die tatsächliche Finanzsituation verschleiert wurde. Auch das Ministerium hat in unse­ren Augen seine Kontrollaufgaben nicht wahrgenommen. Es wurde viel zu lange zuge­schaut und es wurden keine Qualitätssicherungsmaßnahmen eingefordert. (Beifall des Abg. Hagen.)

Generell ist die Reaktion des Ministeriums auf mangelhafte Quartalsberichte der Hol­ding nicht nachvollziehbar. Ebenso widersinnig war die Beauftragung der Holding selbst, ihr eigenes Optimierungspotenzial zu bewerten, und die Studie von Bock und Kuck hat ein doppelt so hohes Einsparungspotenzial festgestellt. Warum das Ministe­rium die Differenz in diesem Einsparungspotenzial nicht hinterfragt hat, bleibt ein Rät­sel.

Vollkommen unverständlich ist aber, dass das Ergebnis des Rechnungshof-Unteraus­schusses nicht abgewartet wurde, bevor das Bundestheaterorganisationsgesetz in die Begutachtung geschickt wurde.

Aber abgesehen von all diesen Kritikpunkten ist es in meinen Augen unbestritten und ein hoher kultureller Wert, dass das Burgtheater schlichtweg das beste deutschspra­chige Theater ist. Es hat eine große Tradition, großartige Künstler und Publikumslieb­linge hervorgebracht. Wir sind sehr stolz darauf. Gerade deshalb müssen wir gut da­rauf aufpassen. – Danke schön. (Beifall beim Team Stronach.)

16.02


Präsidentin Doris Bures: Als Nächster hat sich Herr Bundesminister Dr. Ostermayer zu Wort gemeldet. – Bitte.

 


16.02.49

Bundesminister für Kunst und Kultur, Verfassung und Medien Dr. Josef Oster­mayer: Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren Abgeordnete! Frau Abge­ordnete Lintl, ich danke Ihnen ganz herzlich für die lobenden Worte betreffend das Burgtheater. Tatsächlich hat das Burgtheater auch im letzten Jahr das künstlerisch ho­he Niveau beibehalten können, in der wahrscheinlich schwierigsten Phase, die es je in seiner langen Geschichte erlebt hat.

Ich möchte mich daher auch bei der Burgtheaterdirektorin Karin Bergmann und beim kaufmännischen Direktor Thomas Königstorfer bedanken, die in einer ganz schwieri­gen Phase das Haus übernommen haben, mit all den Schwierigkeiten, die es gegeben hat. Der Dank gilt natürlich auch allen anderen Mitarbeitern in der Direktion, in der Technik, im Ensemble, die trotz all dieser Probleme wunderbare Arbeit geleistet haben. Ich nenne nur zwei Punkte: Theatertreffen in Berlin – von zehn Produktionen waren zwei Produktionen des Burgtheaters eingeladen –, auch bei den Mülheimer Theaterta­gen und so weiter. – Vielen herzlichen Dank dafür.

Ich möchte nur noch ganz kurz auf den Minderheitsbericht Bezug nehmen, weil man­che Punkte darin durchaus Anstoß waren, weiter zu überlegen, aber ich habe es schon vorher beim Bundestheaterorganisationsgesetz gesagt: Ich hätte aufgrund dieses Min­derheitsberichtes nicht erkennen können, wie wir die Novelle anders gemacht hätten, da auch nicht ein einziges schlüssiges Konzept dargestellt wird, sondern zwei Alter­nativen dargestellt werden. (Abg. Meinl-Reisinger: War das die Aufgabe des Unter­ausschusses?)

Das habe ich nicht gesagt, dass das die Aufgabe des Unterausschusses war, sondern das galt der Kritik, dass der Bericht bezüglich des Bundestheaterorganisationsgesetzes


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nicht abgewartet wurde. Das wäre sich noch mit einer Abänderung ausgegangen, wenn da etwas drin gewesen wäre, was wir alle miteinander als sinnvoll und notwendig erachtet hätten.

In diesem Bericht steht auch drin, dass ich untätig geblieben wäre. Ich möchte jetzt doch kurz erläutern, welche Schritte gesetzt wurden.

Ich bin am 1. März 2014 zuständig geworden. Was ich am ersten Tag gemacht habe, war, dass ich die Zuständigen zu mir geholt habe, gesagt habe, ich möchte auf Basis des forensischen Berichtes, auf Basis der Erkenntnisse, die es zu diesem Zeitpunkt gegeben hat, eine rechtliche Prüfung dahin gehend, welche Schritte wir setzen müs­sen, um Schaden vom Burgtheater, um Schaden von der Republik abzuwenden. Da­raufhin ist Dr. Angermair mit einem Gutachten beauftragt worden, der die Fragen schritt­weise abgearbeitet hat.

Auf Basis des Gutachtens habe ich am 11. März den Burgtheaterdirektor abberufen, habe dann am 19. März interimistisch Karin Bergmann bestellt, die sich dankenswer­terweise in dieser ganz schwierigen Phase bereit erklärt hat, diese Aufgabe zu über­nehmen. Wir haben dann die Ausschreibung der künstlerischen Direktion vorgenom­men. Springer ist dann in Pension gegangen, ich habe interimistisch Günter Rhomberg gewonnen. Wir haben die ICG-Studie ausgeschrieben, in Auftrag gegeben. Wir haben den Aufsichtsrat neu bestellt, nach der Ausschreibung für die künstlerische Direktion
ist eine Findungskommission eingesetzt worden. Karin Bergmann ist dann im Okto­ber 2014 bestellt worden.

Wir haben die ICG-Studie veröffentlicht, wir haben auf Basis der ICG-Studie die legis­tischen Arbeiten begonnen, in Begutachtung geschickt und dann das übliche Proze­dere der Gesetzwerdung durchlaufen. Ich habe eine neue Geschäftseinteilung in der Sektion gemacht, es ist neu ausgeschrieben worden, und die Sektionsleitung ist neu bestellt worden.

Ich bin guten Gewissens, dass wir keinen Schritt verabsäumt haben, dass auch das Burgtheater keine Schritte verabsäumt hat, um möglichst Schaden von der Republik ab­zuwenden, um möglichst das Burgtheater wieder in ruhiges Fahrwasser zu bringen. Ich habe immer gesagt: Mir ist lieber, es gibt eine Diskussion über das, was auf der Bühne stattfindet, als das, was hinter der Bühne stattfindet.

Es hat hier auch einmal den Vorwurf gegeben – und das ist auch im Minderheitsbericht so festgehalten –, dass ich keine Weisung an den Holding-Chef gegeben hätte, dass zwei Personen von der Verschwiegenheit entbunden werden. Es hat eine rechtliche Stellungnahme des Anwalts des Burgtheaters gegeben, der meinte, dass dann ein Schaden für das Burgtheater und damit die Republik entstehen könnte, dass unsere Prozessposition in mehreren Verfahren, die es ja auch gibt, verschlechtert werden könnte, und genau deshalb habe ich keine Weisung gegen den Rat des Rechtsvertre­ters des Burgtheaters gegeben.

Sie haben damals gesagt: Aber es ist ja vertraulich. – Ich habe dann den Minderheits­bericht gesehen, der natürlich öffentlich ist und in dem auch viele Zitate von Aussagen gebracht wurden, die dort getroffen worden waren, abgesehen davon, dass der Anwalt die Meinung vertreten hat, dass es für den Ausschuss oder auch für sonstige Äuße­rungen keine Trennung der Verschwiegenheitsentbindung geben würde. (Abg. Meinl-Reisinger: Was aber nicht stimmt!) Deshalb halte ich es auch im Nachhinein für rich­tig, dass ich keine Weisung entgegen den Rat des Anwalts an den Holding-Chef gege­ben habe.

Ich glaube, dass wir mit dem heutigen Beschluss des Bundestheaterorganisationsge­setzes, der jetzt erfolgt ist, eine Verbesserung der Struktur erreicht haben, die auch in Zukunft eine Stabilisierung herbeiführt.


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll86. Sitzung / Seite 140

Noch zwei kleine Anmerkungen zum Minderheitsbericht: Der Vertreter des Finanzmi­nisteriums heißt Gerhard Steger und nicht Georg, wie es da drinsteht, und Franz Morak war Staatssekretär und nicht Sektionschef. – Vielen herzlichen Dank. (Beifall bei der SPÖ sowie des Abg. Gerstl.)

16.09


Präsidentin Doris Bures: Als Nächste zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Kucha­rowits. – Bitte.

 


16.09.15

Abgeordnete Katharina Kucharowits (SPÖ): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr ge­ehrter Herr Minister! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Liebe Zuseherinnen und Zuseher! Ich muss noch einmal auf Kollegen Zinggl betreffend Vetorecht reagieren. Wir haben das im Ausschuss schon diskutiert.

Das hat natürlich mit dem vorvorigen Tagesordnungspunkt zu tun, aber es stellt sich für mich schon die Frage einer – wie soll ich sagen – demokratischen Vorgehensweise. Wenn auf Regierungsebene ein Budget ausverhandelt wurde, wir das dann im Parla­ment so annehmen oder auch abändern, und dann hat eine Person im Rahmen des Aufsichtsrats die Möglichkeit, ein Veto einzulegen, dann halte ich das nicht für demo­kratisch und halte es für gut, dass es nicht so geregelt ist. Das wollte ich noch ein­gangs festhalten. (Beifall bei der SPÖ. – Zwischenruf des Abg. Zinggl.)

Nun zum Unterausschuss des Rechnungshofausschusses: Konkret haben wir uns ein halbes Jahr lang intensiv mit dem Bericht befasst, mit der Aufgabe der Holding, mit der Verantwortlichkeit der Geschäftsführung, der Aufsichtsräte sowie der Wirtschaftsprüfe­rinnen und -prüfer und eben auch mit der finanziellen Situation der Theater an sich. 26 Auskunftspersonen wurden befragt, Mitglieder des Aufsichtsrats, Wirtschaftsprüfe­rinnen und -prüfer, Berater und – ich möchte dies noch einmal erwähnen – eben auch eine ehemalige Ministerin und ein ehemaliger Staatssekretär.

In meinen Ausführungen lege ich den Schwerpunkt auf das interne Kontrollsystem des Burgtheaters. Wir haben uns damit sehr ins Detail gehend befasst. Wir haben das vor allem mit den WirtschaftsprüferInnen beziehungsweise mit den Agenturen disku­tiert, denn in dem Bereich sind einige Dinge sehr hinterfragenswert. Wieso hat das in­terne Kontrollsystem uneingeschränkte Bestätigungsvermerke vonseiten der Wirt­schaftsprüfer erhalten, und zwar sowohl von PwC bei allen Prüfungen als auch noch am 25. Jänner 2013 von KPMG? Diese Fragen sind ganz klar offen geblieben, aber viele davon werden Gerichte klären beziehungsweise werden durch die Justiz geprüft, das wissen wir. Nachvollziehbar ist trotzdem nicht, dass diese Missstände im IKS nicht schon viel, viel früher durch die Wirtschaftsprüferinnen und -prüfer entdeckt wurden.

Klar ist aber auch: Bei uneingeschränkten Bestätigungsvermerken von ausgebildeten WirtschaftsprüferInnen verlassen sich sowohl der Aufsichtsrat als auch das Kulturres­sort darauf, denn es handelt sich da ja um ExpertInnen und nicht um Laien.

In diesem Zusammenhang wurden die unterschiedlichen Abschreibungsmodalitäten der Agenturen ebenfalls diskutiert. Wie kann es sein, dass Produktionen einmal drei Jahre und einmal fünf Jahre abgeschrieben wurden? Warum wurde diese Information nicht weitergeleitet? Warum wurde nicht explizit darauf hingewiesen? Auch die Aus­kunftspersonen haben uns bestätigt, dass das nicht geschehen ist. Die Rolle der Wirt­schaftsprüfungsagenturen und deren Verantwortlichkeit werden, wie bereits gesagt, durch die Justiz geprüft.

Abschließend möchte ich nochmals betonen, dass es aus unserer Sicht mit der Novel­le, die wir unter dem vorvorigen Tagesordnungspunkt beschlossen haben, gelungen ist, Kontrolle, Transparenz und finanzielle Absicherung ohne Einschränkung der künst­lerischen Freiheit für die Bundestheater zu gewährleisten. (Beifall bei der SPÖ.)

16.12



Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll86. Sitzung / Seite 141

Präsidentin Doris Bures: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Mag. Meinl-Reisinger. – Bitte.

 


16.12.26

Abgeordnete Mag. Beate Meinl-Reisinger, MES (NEOS): Frau Präsidentin! Sehr ge­ehrter Herr Minister! Frau Kollegin Kucharowits: Worauf hingewiesen? Dass sich die Dauer der Abschreibung verändert hat? Wo sind Sie? – Weg! Schade! (Zwischenrufe bei der SPÖ.) Das ist öffentlich einsehbar. Das steht im Jahresabschluss; da können Sie nachschauen. Da steht drinnen, über welche verschiedenen Zeiträume abgeschrie­ben wird. Das können Sie nachlesen, kann der Aufsichtsrat nachlesen, kann die Mi­nisterin nachlesen, der Sektionschef nachlesen und kann ich nachlesen. Man braucht sich nur aus dem Firmenbuch den Jahresabschluss zu holen. Kein Problem, oder? Da­rauf muss man nicht extra hinweisen! (Abg. Kucharowits: Danke für die Belehrung!)

Bitte, gerne! Es ist manchmal so unerträglich, was man hier zu hören bekommt! (Abg. Katzian: Das ist aber jetzt schon ein bisserl präpotent!)

Schauen Sie, ganz ehrlich, wenn so etwas gesagt wird … Dieses Thema hat mich in meiner ersten Dringlichen Anfrage beschäftigt, und damals, vor über einem Jahr, habe ich hier an dieser Stelle die Frage gestellt: Seit wann war dem Ministerium bekannt, dass es finanzielle Probleme im Burgtheater gibt, dass es eine derartige Liquiditätssi­tuation gibt? Der Herr Minister hat mir damals zur Antwort gegeben, dass er dazu nichts sagen kann, dass er erst das Ergebnis des forensischen Gutachtens abwarten muss. (Zwischenbemerkung von Bundesminister Ostermayer.)

Das ist richtig! Sie waren damals noch nicht zuständig. Sie waren bereit, Auskunft zu geben. Sie haben aber ein Ministerbüro, und in diesem Ministerbüro gibt es Herrn Schulz. Der war davor schon Mitarbeiter. Sie hätten also auch gut gebrieft sein können. Die Aussage, dass Sie erst den forensischen Bericht abwarten müssen, ist einfach auch deswegen unerträglich, weil man auch in den Jahresabschlüssen hätte nachse­hen können. Man muss nur ins Firmenbuch gehen, dann kann man sehen, was die Außenstände waren, was die Kredite waren. Daraus ersieht man die Liquiditätssitua­tion. So viel zu Thema! Das habe ich vor über einem Jahr gesagt. (Ruf bei der SPÖ: Warum fragen Sie?)

Ich möchte jetzt noch Bezug nehmen darauf, was Frau Kollegin Durchschlag gesagt hat: Auch ich glaube, dass es ganz wesentlich darauf ankommen wird, wer zukünftig dieser Holding vorsteht. In der vorangegangenen Debatte war davon die Rede, dass es ein waches Auge auf Kontrolle braucht. Es ist völlig klar, dass dieses wache Auge nicht vorhanden war, dass es also sehr wohl auch ein personelles Problem war. Nach dem eben beschlossenen Gesetz kann es sogar vier wache Augen geben, vielleicht zwei rote und zwei schwarze. Ich hoffe, sie sind wach genug, um diese Kontrollaufgaben wahrzunehmen.

Dass die Kontrolle eigentlich Aufgabe des Geschäftsführers der Holding hätte sein müssen, hat der Rechnungshof unmissverständlich festgestellt. Dass es auch ein Kon­trollversagen aufseiten des Ministeriums gegeben hat, hat der Rechnungshof unmiss­verständlich zum Ausdruck gebracht. Das sind die beiden Punkte, weshalb ich mich so gegen diesen Mehrheitsbericht stelle, der sonst in vielen Bereichen sehr umfangreich ist und sehr viel abdeckt.

Sie sagen: Die Bundestheater-Holding hat alle nötige Schritte zur Effizienzsteigerung gesetzt. – Das sehe ich nicht so, diese Einschätzung teile ich überhaupt nicht. Eine weitere Feststellung ist: Das Kulturressort und die zuständigen Minister trifft kein Kon­trollversagen. Ganz ehrlich, diese Auffassung teile ich auch nicht. Das war eigentlich auch gar nicht Gegenstand der Beratungen, denn das hat ja der Rechnungshof schon unmissverständlich festgehalten. Diese Aussage ist also schlichtweg falsch.


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll86. Sitzung / Seite 142

Ich habe auch gedacht – lange gedacht –: Na ja, möglicherweise hat der Sektionschef da seine Aufgaben nicht besonders gut wahrgenommen und da ist irgendwie nie be­sprochen worden, wie die Lage eigentlich ist. – Ich muss jedoch zugeben, dass bei mir nach den Aussagen, die der Sektionschef im Unterausschuss gemacht hat, schon ein anderes Bild entstanden ist, nämlich dass es sehr wohl von seiner Seite immer wieder Hinweise darauf gegeben hat, wie es um die finanzielle Situation bestellt ist, und dass es eine politische Entscheidung der Ministerin war, keine Schritte zu setzen, weil man das nicht tun wollte.

In diesem Zusammenhang finde ich es sehr schade, dass wir Florian Schulz nicht hören konnten. Das ist der zuständige Mitarbeiter, der offensichtlich auch Kontakt zu Sektionschef Franz hatte und auch jetzt im Büro des Ministers ist. Da hätte bei so manchen Fragen sehr viel Licht ins Dunkel gebracht werden können. Und ich hätte auch gerne DDr. Wagner von der KPMG gehört, der leider nicht von seiner Verschwie­genheitspflicht entbunden wurde.

Ein letzter Punkt noch: Es gibt keine Alternative zur Basisabgeltung. Das ist die Aus­sage des Mehrheitsberichts. Ich habe schon vorhin ausgeführt, dass ich das nicht so sehe. Es sind Studien aufgetaucht – mag sein, dass Sie das nicht als Smoking Gun bezeichnen –, in denen eindeutig festgestellt wird, dass es höhere Effizienzsteigerungs­potenziale gibt als das Ministerium, die Holding oder auch Sie von der Mehrheit die Öf­fentlichkeit glauben lassen wollen.

Diese Studien sind aufgetaucht, und ich hoffe sehr, dass diese Studien auch gelesen werden, denn natürlich ist die Situation des Burgtheaters jetzt nicht leicht, und Frau Bergmann und Herr Königstorfer haben auch meinen größten Respekt, weil sie in ei­ner solchen Situation Maßnahmen setzen müssen. Man hätte schon vor sieben, acht Jahren damit anfangen müssen.

Letzter Satz: Frau Kollegin Hakel, Sie haben gesagt: Die politische Verantwortung wurde mit der Erhöhung der Basisabgeltung übernommen. – Das kann ich nicht so ste­hen lassen in einem Fall, in dem es um Kontrollversagen geht, um Entscheidungen sei­tens des Ministeriums, die unterlassen wurden, in dem wir erst durch Bohren und Nach­haken in mehreren Anfragen und letztlich auch im Unterausschuss draufgekommen sind, welche Studien unter Verschluss gehalten worden sind.

Wir haben sehr wohl die Fragen gestellt: Gab es eine politische Verantwortung für die­ses Bundestheaterdesaster, dieses finanzielle Desaster? Hätte man es verhindern kön­nen? Und Sie antworten darauf, man nimmt die politische Verantwortung wahr, indem man einfach die Basisabgeltung erhöht.

Das ist mir, ehrlich gesagt, zu einfach, denn dann könnte man jegliche politische Ver­antwortung durch den Griff in den Steuertopf wahrnehmen, und das ist wirklich nicht das, was ich will. – Danke. (Beifall bei den NEOS.)

16.18


Präsidentin Doris Bures: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Mag. Lettenbichler. – Bitte.

 


16.19.03

Abgeordneter Mag. Josef Lettenbichler (ÖVP): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geschätzter Herr Bundesminister! Hohes Haus! Ich weiß nicht, wie es Ihnen, den an­deren Mitgliedern des Unterausschusses, gegangen ist, aber für mich war das eine recht spannende Zeit. Die Auskunftspersonen, die sehr bemüht waren und auch sehr offen Auskunft gegeben haben, haben uns doch Einblicke gewährt, die durchaus in die Tiefe gingen, die interessant waren, zum Teil aber auch ernüchternd.

Ernüchternd ist für mich vor allem der Umstand beziehungsweise Zustand, dass über so lange Zeit, über Jahre hinweg, an der Politik vorbei, an den Kontrollorganen vorbei,


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll86. Sitzung / Seite 143

aber auch an den Wirtschaftsprüfern vorbei in diesem Ausmaß Misswirtschaft betrie­ben werden konnte.

Deshalb bin ich auch froh darüber, dass seitens der Bundesregierung, seitens des Par­laments heute die richtigen Konsequenzen gezogen wurden, indem wir das neue Bun­destheaterorganisationsgesetz beschlossen haben. Ich sehe es schon so, dass es da­durch zu strukturellen Verbesserungen kommt, indem es klare Verantwortlichkeiten gibt und es auch zu einer Stärkung der kaufmännischen Verantwortung kommt.

Für mich besonders interessant – und das ist meiner Ansicht nach für die Zukunft die Hauptaussage und die Hauptbotschaft, die wir mitnehmen können – sind die Anmer­kungen von Gerd Leo Kuck gewesen, einem anerkannten deutschen Dramaturgen, Regisseur und Intendanten, auch mit Wiener Geschichte. Er war auch in Zürich aktiv. In klaren Worten hat er geäußert, was vielleicht mitunter das Hauptproblem war. Er hat gesagt, dass er ein großes Harmoniebedürfnis festgestellt hat. Das haben auch schon meine Vorrednerin und auch Kollegin Durchschlag zum Ausdruck gebracht.

Herr Bundesminister, es ist wichtig, und ich gehe davon aus, dass bei der Personal­auswahl verstärkt auf Managementqualitäten gesetzt wird, auf die Auswahl von Per­sonen, die auch Nein sagen können, die nicht jedem Wunsch der verschiedenen Kör­perschaften, Institutionen und der Belegschaft entsprechen wollen und entsprechen wer­den.

Das ist die zentrale Botschaft, die wir mitnehmen sollten. So wie wir das jetzt beim Burgtheater sehen, das wir auf gute Beine gestellt haben, sollten wir darauf auch bei der Holding und auch bei den Institutionen verstärkt das Augenmerk richten.

Was mich schon im Ausschuss und auch heute wieder ein wenig gestört hat, ist die Begründung „kulturpolitischer Auftrag“. Das muss für vieles herhalten und wurde immer wieder bemüht, um mehr Geld lukrieren zu können. Wir stehen auch dazu, dass wir die Basisabgeltung erhöhen.

„Kulturpolitischer Auftrag!“ – damit darf ich schließen – darf jedoch nicht eine Ausrede, sondern soll vielmehr Ansporn sein, auch unangenehme Maßnahmen, Einsparungen etwa, durchzuführen. Nochmals: Ansporn – und nicht Ausrede. – Danke für Ihre Auf­merksamkeit. (Beifall bei der ÖVP.)

16.22


Präsidentin Doris Bures: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Zanger. – Bitte.

 


16.22.05

Abgeordneter Wolfgang Zanger (FPÖ): Frau Präsident! Herr Bundesminister! Was Kol­lege Lettenbichler angesprochen hat, das Harmoniebedürfnis, das Herr Kuck im Aus­schuss angesprochen hat, ist das, was auch mir zentral und als Erstes einfällt, wenn ich den Ausschuss Revue passieren lasse. Das hat sich für mich so nach dem Motto angehört: Hauptsache Harmonie, und Geld ist dann eigentlich auch kein Problem.

Frau Kollegin Hakel, wenn Sie behaupten, das Ergebnis des Unterausschusses war, was jetzt im neuen Gesetz ausgedrückt wird, dann muss ich Sie fragen, ob Sie wirklich glauben, dass das die ultimative Lösung ist. Wir sind einander ja im Ausschuss nicht mit rauchenden Colts gegenübergesessen, das werden wir auch jetzt nicht tun. Wenn man solche Ergebnisse geliefert bekommt und wenn man sieht, woran es eigentlich krankt, dann muss man wirklich strukturelle Veränderungen vornehmen. (Abg. Hakel: Haben Sie die Novelle gesehen?)

Wir haben uns darüber unterhalten, ob wir die Holding stärken sollen oder nicht, ob wir andere Wege beschreiten sollen. Faktum ist, da kann man viel mehr tun, und es ist zu


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll86. Sitzung / Seite 144

wenig, wenn wir heute in Wirklichkeit weiterwurschteln wie bisher und die Basisabgel­tung erhöhen. Das ist nicht das, was ich mir unter strukturellen Reformen oder Verän­derungen vorstelle (Abg. Hakel: Was stellen Sie sich vor?) – ganz einfach, ohne dass wir da jetzt gleich wieder groß hin- und herhacken müssen. (Präsident Kopf übernimmt den Vorsitz.)

Ich muss feststellen, der Ausschuss war sehr diszipliniert, und das ist auch der Sinn dieses Unterausschusses, mit dessen Hilfe wir erkennen sollen, wo wir Schwächen ha­ben und wie man diese Schwächen ausmerzen kann. Disziplin und Konstruktivität der Ausschussmitglieder hat mich wirklich sehr gefreut. Das lässt mich hoffnungsfroh in die Zukunft blicken.

Was wirklich so etwas Ähnliches wie ein Tabubruch war, war die Ladung der ehemali­gen Ministerin Schmied und des ehemaligen Staatssekretärs Morak. Ich denke, das kann durchaus auch beispielgebend für die Zukunft sein, und zwar nicht nur im Unteraus­schuss, sondern durchaus auch im Rechnungshofausschuss selbst. Schließlich wissen wir jetzt und Ihr habt das auch erfahren, dass wir da niemanden abschießen, sondern einfach Auskünfte erhalten wollen. Darum geht es! Das muss nicht immer ein politi­scher Kleinkrieg werden. Wir wollen Auskünfte erhalten, und wir haben sie ja zum Teil auch bekommen. Es war ja wirklich eine tolle Geschichte.

Insgesamt hat es meiner Ansicht nach im Ausschuss schon auch ein paar Defizite ge­geben, etwa Ihre Weigerung, die Weisung zu erteilen, Herrn Wagner von seiner Ver­schwiegenheitspflicht zu entbinden. Dazu, dass Herr Florian Schulz nicht in den Aus­schuss gekommen ist, sage ich jetzt einmal: Sein Name ist oft gefallen und es ist zu­tage getreten, dass er doch eine sehr verantwortungsvolle Position innegehabt und sehr viel Wissen angehäuft hat. Das hat man erahnen können. Darüber hätten wir noch ein bisschen enger verhandeln müssen, ich sage es einmal so.

Die Unterlagenbeschaffung ist wahrscheinlich eine Frage der Ausgestaltung dieses Ausschusses überhaupt. Es ist mir ein bisschen zu wenig, wenn man auf den guten Willen von Auskunftspersonen angewiesen ist, ob man etwas bekommt oder nicht. Da müssen wir vielleicht einmal darüber nachdenken, ob man das nicht verändern kann. (Abg. Moser: Dringend darüber nachdenken!) – Dringend! Ich sagte ja, das sind die Ergebnisse, die ich aus der Ausschusstätigkeit mitgenommen habe.

Es gibt ja insgesamt noch Kontrolldefizite in diesem Land, und dazu passend möchte ich jetzt noch einen Antrag einbringen, der auf Kontrollrechte des Rechnungshofes ab­zielt, weil es auch da noch Defizite gibt.

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Wolfgang Zanger, Kolleginnen und Kollegen

betreffend Ausweitung der Prüfungskompetenz des Rechnungshofes

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesregierung wird aufgefordert, dem Nationalrat eine Regierungsvorlage zu­zuleiten, die unter Gewährleistung der finanziellen Bedeckung eine Ausweiterung der Prüfungskompetenzen des Rechnungshofes vorsieht. Damit sollen insbesondere fol­gende Kontrolllücken geschlossen werden:

Unternehmen, an denen die öffentliche Hand mit mindestens 25 % beteiligt ist;

Unternehmen, die vom Staat Unterstützung in Form finanzieller Zuschüsse oder Haf­tungsübernahmen erhalten;

Gemeinnützige Wohnbauträger;


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll86. Sitzung / Seite 145

Verwendung von EU-Mitteln, die direkt an die Förderungsempfänger ausbezahlt wer­den (sogenannte Direktzahlungen der EU);

Gemeinden mit weniger als 10.000 Einwohnern.“

*****

Das sind, glaube ich, wesentliche Punkte, und ich ersuche um Unterstützung.

Abschließend sage auch ich noch Danke für die wirklich interessante Ausschussgestal­tung den Kolleginnen und Kollegen, den Mitarbeitern der Parlamentsdirektion und auch den Mitarbeitern des Stenographischen Protokolls; insbesondere die Sitzung mit Herrn Bock war ja doch eine Herausforderung, auch für die Protokollanten. – Ich danke. (Bei­fall bei der FPÖ sowie bei Abgeordneten von Grünen und NEOS.)

16.27


Präsident Karlheinz Kopf: Der von Herrn Abgeordnetem Zanger soeben einge­brachte Entschließungsantrag ist ausreichend unterstützt und steht mit in Verhandlung.

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:

Entschließungsantrag

des Abgeordneten Wolfgang Zanger und weiterer Abgeordneter

betreffend Ausweitung der Prüfungskompetenz des Rechnungshofes

eingebracht im Zuge der Debatte über den Tagesordnungspunkt 6. Bericht des Rech­nungshofausschusses über den Bericht des Ständigen Unterausschusses des Rech­nungshofausschusses gemäß § 32e Abs. 4 GOG betreffend Durchführung des Verlan­gens der Abgeordneten Wolfgang Zanger, Mag. Dr. Wolfgang Zinggl, Mag. Beate Meinl-Reisinger, MES, Kolleginnen und Kollegen auf Prüfung der Gebarung des Bundes­ministeriums für Unterricht, Kunst und Kultur (bzw. des Bundeskanzleramtes in der Zuständigkeit des Bundesministers für Kunst und Kultur, Verfassung und Medien) so­wie der im Eigentum des Bundes stehenden Bundestheater-Holding GmbH (649 d.B.): in der 86. Sitzung des Nationalrates, XXV. GP, am 9. Juli 2015.

Es besteht dringend die Notwendigkeit, die in mehreren Bereichen der externen öffent­lichen Finanzkontrolle gegebenen Kontrolllücken zu schließen und dem Rechnungshof eine Kontrollbefugnis einzuräumen.

Für die Kontrolle wirtschaftlicher Unternehmen durch den Rechnungshof ist derzeit ent­weder eine mindestens 50 % ige Beteiligung, oder eine gleichzuhaltende tatsächliche Beherrschung durch die öffentliche Hand (Bund, Länder, Gemeinden mit mindestens 10.000 Einwohnern oder RH-unterworfene Rechtsträger) vorgesehen. So zeigt ein in­ternationaler Vergleich von entsprechenden Zuständigkeitsregelungen etwa, dass im Unternehmensbereich eine Prüfungszuständigkeit von Einrichtungen der externen öf­fentlichen Finanzkontrolle bereits bei jedweder Beteiligung der öffentlichen Hand be­steht (wie bspw. der Obersten Rechnungskontrollbehörden von Ungarn und Polen). Aber auch auf nationaler Ebene ist in mehreren Bundesländern das Beteiligungsausmaß zur Auslösung einer Prüfung herabgesetzt. So haben die Länder Burgenland, Kärnten, Salz­burg und Steiermark eine Kontrolle von Unternehmen durch den Landesrechnungshof schon ab einer 25% igen Beteiligung vorgesehen. Eine entsprechende Prüfungskompe­tenz sollte auch für den Bundesrechnungshof vorgesehen werden und in Artikel 126b Abs. 2, Artikel 127 Abs. 3 und Artikel 127a Abs. 3 B-VG sowie in § 12 Abs. 1, § 15 Abs. 1 und § 18 Abs. 1 RHG somit die Wortfolge in "25 vH" anstelle von "50 vH" geändert wer­den. Auf die Herabsetzung des Beteiligungserfordernisses wurde auch schon 2005 im


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll86. Sitzung / Seite 146

Österreich-Konvent hingewiesen. Bis jetzt ist diese dringend notwendige Änderung lei­der noch nicht in die politische Tat umgesetzt worden.

Eine solche Neuregelung würde, wie der Rechnungshof schon in seinen Berichten Rei­he Bund 2004/7, 2006/12 und 2007/16 festgestellt hat, seine Zuständigkeit auch in die­sen Fällen eindeutig regeln, in denen das betreffende Unternehmen zwar nach den gel­tenden Vorschriften der Zuständigkeit durch den Rechnungshof unterliegt, die für die Kon­trolle erforderlichen Syndikatsverträge allerdings oftmals nicht bekannt oder schwer zu­gänglich sind – was den gebotenen Nachweis der Prüfungszuständigkeit des Rech­nungshofes auch in einem allfälligen Verfahren vor dem Verfassungsgerichtshof nach Artikel 126a B-VG sehr erschwert. Diese teilweise langen und aufwendigen Verfahren können durch die Absenkung des maßgeblichen Schwellenwerts auf 25% vermieden wer­den.

Weiters begründet – im Gegensatz zur Rechtslage vor 1977 – auch die Übernahme von Ertrags- und Ausfallhaftungen durch die öffentliche Hand für Unternehmen bzw. Privatrechtssubjekte keine Prüfungszuständigkeit des Rechnungshofes. Zur Übernah­me von Haftungen zählen etwa:

Bundeshaftungen zu Gunsten einer ClearingsteIle

Haftungen als Bürge oder als Bürge und Zahler (d.h. Wahlmöglichkeit des Kreditge­bers/der Kreditgeberin die Forderung bei Zahlungsrückständen beim Hauptschuldner/
bei der Hauptschuldnerin oder gleich beim Bürgen/bei der Bürgin einzutreiben)

Garantien für von Kreditinstituten ausgegebenen Wertpapieremissionen

die Übernahme von Haftungen (Garantien, Bürgschaften, Schuldbeitritt) für Verbind­lichkeiten des betroffenen Rechtsträgers bzw. Verbindlichkeiten gegenüber dem betrof­fenen Rechtsträger

direkte Zuführung von Mitteln an betroffene Unternehmen bzw. Erleichterung der Mit­telzufuhr durch Dritte

der Erwerb gesellschaftsrechtlicher Beteiligungen und

die Übernahme einer Bundeshaftung für die Verpflichtungen von Sicherungseinrichtun­gen der Banken nach Maßgabe einer besonderen gesetzlichen Ermächtigung, falls die­se Sicherungseinrichtungen die Auszahlung der gesicherten Ansprüche nicht voll leis­ten können.

Auch ist es dem Rechnungshof bis dato verwehrt die Gebarung von gemeinnützigen Wohnbauvereinigungen, unabhängig von Beteiligungsverhältnissen der öffentlichen Hand, zu überprüfen. Diese Wohnbauvereinigungen erhalten jedoch Milliarden Euro an öf­fentlichen Förderungen und sind von Ertragssteuern befreit.

Laut dem EU-Finanzbericht 2012 erhielt Österreich 1,856 Mrd. Euro an EU-Mitteln. An sogenannten Direktzahlungen der EU flossen an öffentliche und private Einrichtungen sowie natürliche Personen Mittel in der Höhe von 283,6 Mio. Euro. Diese fallen nicht in die Prüfungskompetenz des Rechnungshofes. Sinnvoll wäre es daher, auch Direktzah­lungen der EU in die Prüfungszuständigkeit des Rechnungshofes einzubeziehen, um auch in solchen Fällen Aussagen über die Wirtschaftlichkeit und Zweckmäßigkeit des Einsatzes von Gemeinschaftsmittel treffen zu können. Die Republik Österreich als Mit­glied und Nettozahlerin der EU sollte ein vitales Interesse daran haben, dass die EU-Mittel wirtschaftlich und wirksam verwendet werden.

Die Prüfkompetenz des Rechnungshofs ist derzeit auch im Bereich der Gemeinden stark beschränkt. Aus eigener Initiative darf der Rechnungshof nur in Gemeinden mit mindestens 10.000 Einwohnern tätig werden, was nur auf 86 der insgesamt 2.102 Ge­meinden in Österreich zutrifft. Die in diesem Bereich bestehende Kontrolllücke sollte


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll86. Sitzung / Seite 147

daher durch die Einbeziehung aller Gemeinden in die öffentliche Finanzkontrolle ge­schlossen werden.

Vor diesem Hintergrund stellen die unterfertigten Abgeordneten folgenden

Entschließungsantrag

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesregierung wird aufgefordert, dem Nationalrat eine Regierungsvorlage zu­zuleiten, die unter Gewährleistung der finanziellen Bedeckung eine Ausweiterung der Prüfungskompetenzen des Rechnungshofes vorsieht. Damit sollen insbesondere fol­gende Kontrolllücken geschlossen werden:

Unternehmen, an denen die öffentliche Hand mit mindestens 25 % beteiligt ist;

Unternehmen, die vom Staat Unterstützung in Form finanzieller Zuschüsse oder Haf­tungsübernahmen erhalten;

Gemeinnützige Wohnbauträger;

Verwendung von EU-Mitteln, die direkt an die Förderungsempfänger ausbezahlt wer­den (sogenannte Direktzahlungen der EU);

Gemeinden mit weniger als 10.000 Einwohnern."

In formeller Hinsicht verlangen die unterfertigten Abgeordneten die Zuweisung dieses Antrages an den Rechnungshofausschuss.“

*****

 


Präsident Karlheinz Kopf: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Hell. – Bitte.

 


16.27.48

Abgeordneter Johann Hell (SPÖ): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine Da­men und Herren! Herr Abgeordneter Zanger, ich kann Sie beruhigen: Es wird laufend Prozesse und Veränderungen geben, natürlich auch im Bereich der Kultur. Wir würden nicht hier stehen, wenn die Zeit stehenbliebe und sich keine Veränderungen ergäben.

Ich darf mich in meinen Ausführungen aber noch einmal mit der Umsetzung der Eva­luierung auseinandersetzen und aus meiner Sicht einige wesentliche Dinge zusam­menfassen. Die Evaluierung wurde ja bereits im Regierungsprogramm 2007 und 2008 vereinbart. Frau Bundesminister Schmied hat 2011 dann der Bundestheater-Holding den Auftrag erteilt, einen Maßnahmenkatalog zu erstellen. Der Maßnahmenkatalog enthält 133 Einzelmaßnahmen – unter der Vorgabe Weiterentwicklung und Verbesserung der Struktur und andererseits, die finanziellen Verbesserungspotenziale auf der Ertrags- und Aufwandseite zu untersuchen.

Das Gesamtpotenzial aller Optimierungsmaßnahmen betrug unter der Prämisse der Aufrechterhaltung der bisherigen Qualität und des kulturellen Angebotes 12,3 Millio­nen € auf fünf Jahre gerechnet.

Die von der Holding dargestellten Maßnahmen und das ermittelte Optimierungspoten­zial wurden auch von Ernst & Young als plausibel, sachlich gerechtfertigt und umsetz­bar qualifiziert.

Festzuhalten ist, meine sehr geschätzten Damen und Herren, dass der Bundestheater­konzern durch die seit der Ausgliederung 1999 real sinkende Basisabgeltung eine lau­fende Verschlechterung des EGTs in Kauf nehmen musste.


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Die Bundestheater haben daher bei gleichbleibendem Leistungsumfang in diesen 14 Jah­ren circa 200 Millionen € weniger an finanziellen Mitteln aus der öffentlichen Hand zur Verfügung gehabt, daher waren zahlreiche Sparmaßnahmen notwendig, diese wurden auch umgesetzt.

Wesentliche Einsparungen wurden im Personalbereich durchgeführt. Vonseiten der Belegschaftsvertretung wurde dem Ausschuss über den Beitrag der Beschäftigten zur Einsparung berichtet. Der Personalstand ist seit der Ausgliederung um 200 Mitarbeiter reduziert worden. Man hat sich auf Nulllohnrunden, verspätete Lohnabschlüsse, Ga­genreduktionen und Gehaltseinbußen geeinigt; auch ein neuer, billigerer Kollektivver­trag wurde abgeschlossen.

Es ist daher verständlich, wenn die Belegschaftsvertretung im Rahmen der Befragun­gen im Unterausschuss darauf aufmerksam gemacht hat, dass es unter den derzeiti­gen Rahmenbedingungen nur mehr schwer möglich ist, arbeitsrechtliche Vorschriften, wie zum Beispiel die Einhaltung der Ruhezeiten, auch weiter einhalten zu können. In diesem Zusammenhang darf ich Ihnen hier noch einen Satz aus einem E-Mail der Be­legschaftsvertretung zur Kenntnis bringen:

Ich habe auch im Untersuchungsausschuss meine Aussagen getätigt und bin ent­täuscht darüber, wie wenig die Opposition meine Aussagen ernst genommen hat. – Zitatende. (Abg. Brosz: Von wem war das Mail? Vom Ostermayer? – Ruf bei der SPÖ: Nein, vom Betriebsrat!)

Meine sehr geschätzten Damen und Herren, ich glaube, mit der vorhin beschlossenen Novelle des Bundestheaterorganisationsgesetzes ist hier ein wichtiger Schritt gesetzt worden. – Danke. (Beifall bei der SPÖ.)

16.31


Präsident Karlheinz Kopf: Als Nächster gelangt Herr Abgeordneter Ing. Hofinger zu Wort. – Bitte.

 


16.31.40

Abgeordneter Ing. Manfred Hofinger (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Geschätz­ter Herr Minister! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Die Struktur der Bundestheater-Hol­ding hat leider in den vergangenen Jahren insofern versagt, als die Finanzströme nicht abgesprochen kontrolliert worden sind. Ich sehe daher den Unterausschuss wirklich als sehr gutes Mittel, um da Aufklärung zu schaffen.

Mit der Untersuchung der Ungereimtheiten betreffend die finanzielle Gebarung und Füh­rung des Bundestheaters unter Direktor Hartmann sowie Holding-Chef Georg Springer und der damaligen SPÖ-Kulturministerin Claudia Schmied haben wir uns im kleinen Un­tersuchungsausschuss ausführlich auseinandergesetzt und auch den notwendigen Ände­rungsbedarf erkannt.

Es ist in zahlreichen Befragungen gelungen, die Schwachstellen in den Abläufen des Bundestheaterkonzerns ans Licht zu bringen. Dennoch blieben auch Fragen bezüglich des Informationsflusses zwischen dem Ministerium, dem Rechnungshof und der Thea­terholding offen.

Andere Vorgänge werden noch von den Gerichten geklärt. Natürlich aber müssten aus den Ergebnissen dieses Unterausschusses Konsequenzen gezogen werden, und zwar von jeder einzelnen Organisation der Theaterholding. Sie alle müssen in Zukunft ein gu­tes Programm im Sinne ihres kulturellen Auftrages, aber ebenso und genauso wichtig, glaube ich, für ihre finanziellen Mittel erstellen.

Auch die Politik hat die erforderlichen Konsequenzen gezogen: Die Bundestheater-Holding erhält künftig eine neue Struktur mit einer stärkeren Kontroll- und Steuerungs-


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funktion. Damit beweisen wir, dass durch Kontrolle und Aufklärung neue Maßstäbe ge­setzt werden, die Schwachstellen wie die eingangs erwähnten in Zukunft verhindern sol­len.

Einer Diskussion über den kulturpolitischen Auftrag der Bundestheater sollen wir uns dennoch auch in Zukunft nicht verschließen. Insgesamt kann man aber sagen, dass die Gespräche im Ausschuss wirklich hervorragend waren und immer der Wille zur Aufklä­rung zu erkennen war.

Abschließend möchte ich mich noch kurz auf die Leistungen unserer Theaterhäuser zu sprechen kommen, denn auf diese sind wir stolz. Ein besonderer Dank gilt dabei den Künstlern und (Abg. Moser: Und Künstlerinnen!) vor allem aber auch Künstlerinnen und jenen, die hinter den Kulissen für einen reibungslosen Ablauf sorgen. Sie alle sind ein Aushängeschild für unsere kulturelle Vielfalt und die Qualität in unserem Land. – Danke. (Beifall bei der ÖVP. – Zwischenruf des Abg. Darmann.)

16.34


Präsident Karlheinz Kopf: Nun gelangt Herr Abgeordneter Plessl zu Wort. – Bitte.

 


16.34.33

Abgeordneter Rudolf Plessl (SPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Geschätzter Minis­ter! Sehr geehrte Kollegen! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich möchte mich zuerst gleich recht herzlich bedanken: Bei den Parlamentsmitarbeitern, bei den Klub­mitarbeitern, aber auch beim Vorsitzenden Zanger für seine Unterstützung und objek­tive Führung des Ausschusses. (Allgemeiner Beifall.)

Im Zeitraum von 19. November 2014 bis 19. Mai 2015 wurden an insgesamt acht Aus­schussterminen 26 Auskunftspersonen befragt. Es ist schon mehrmals erwähnt wor­den, ich möchte das aber nochmals festhalten: Erstmals sind auch Regierungsmitglie­der befragt worden. Das war nicht selbstverständlich, und am Anfang ist uns immer vorgehalten worden, wir würden da irgendetwas verzögern, keine Auskunft geben und so weiter – das ist also ein wichtiges Zeichen gewesen.

Es gab auch einige einstimmige Beschlüsse: Die Termine, aber auch die Ladungslisten wurden immer einstimmig beschlossen. Zum Schluss hat es natürlich Diskussionen ge­geben, unterschiedliche Berichte wurden hier behandelt: Mehrheitsberichte von SPÖ und ÖVP, Minderheitsberichte von Freiheitlichen, Grünen und NEOS und eine persönli­che Stellungnahme des Teams Stronach.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, es gab aber auch Schwachstellen, die wir aufgezeigt haben. Es gibt ja auch kriminelle Vorgänge, bei denen Gerichte berufen sind, eine Abklärung durchzuführen. Auch das interne Kontrollsystem ist beleuchtet worden, wobei angeregt worden ist, in diesem Bereich mehr Personal tätig werden zu lassen. Auch eine Stellungnahme der Wirtschaftsprüfer, die damals uneingeschränkte Bestätigungsvermerke ausgestellt haben, ist hinterfragt worden, und wir müssen auch da weiter in die Zukunft denken.

Weiters möchte ich noch kurz das Thema Verschwiegenheitspflicht ansprechen. Es hätte uns sehr gefreut, Martin Wagner im Ausschuss befragen zu dürfen. Wenn er zu­erst schon seinen Bericht der Presse mitteilt, noch bevor der Auftraggeber die Informa­tion erhalten hat, dann ist das ja schon hinterfragenswert – wie so etwas gehen kann, dass jemand einen Auftrag bekommt und dann zuerst zu den Medien geht, bevor der Auftraggeber überhaupt einmal den Bericht bekommt.

Einsparungen waren notwendig und sind auch umgesetzt worden, das haben auch viele, viele Dinge belegt. Es ist auch angesprochen worden, dass wir für eine Eva­luierung und Effizienzanalyse 500 000 € ausgegeben haben. Ich möchte nur festhalten, dass mit all den Maßnahmen, die umgesetzt worden sind – Personalreduzierungen, Valo­risierung, Basisabgeltungen und so weiter –, allein durch die 500 000 €, die investiert wor-


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den sind, 16 Millionen € Einsparungen vorliegen. Das wäre ein Verhältnis von 1 : 32. Für jeden Euro für den Evaluierungsbericht sind 32 € Einsparungspotenzial gehoben wor­den – ich finde das in Ordnung.

Zum Schluss noch eine Anmerkung betreffend Gerd Leo Kuck, der da von verschie­denen Personen immer wieder als Fachmann dargestellt worden ist, auch hier in der Diskussion: Der Fachmann – der sich selbst als Fachmann bezeichnet – hat, glaube ich, einmal eine Vergangenheit in Österreich gehabt, das stimmt. Er hat aber auch eine Vergangenheit in Deutschland, wo eine Spielstätte nach seiner Evaluierung zugesperrt worden ist.

Mir geht es jedoch vor allem um Österreich, und da habe ich ihn auch gefragt, von wo er die Informationen nach seinem Bericht bekommen hat. Er war ja zwei Jahre für Ernst & Young und Dr. Bock tätig und hat da für 10 000 € mitgearbeitet – und dann sagt er mir im Ausschuss einfach, dass er alle Informationen, die er ab diesem Zeit­punkt erhalten hat, über die Zeitungen bezogen hat. Also ich glaube, wenn man das ernst nimmt, dann zum Schluss zu sagen, welche Einsparungen noch möglich wären – das entbehrt jeder Grundlage, das ist selbsterklärend.

Am Ende haben wir mit dem Bundestheaterorganisationsgesetz die richtige Entschei­dung getroffen, und ich hoffe auf eine gute Zukunft. – Danke schön. (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Jarolim: Wieso redet der Pilz nicht zu dem Tagesordnungspunkt? – Abg. Pilz: Sag es nicht zu oft, sonst schimpft er!)

16.38


Präsident Karlheinz Kopf: Als Nächster gelangt Herr Abgeordneter Mayer zu Wort. – Bitte.

 


16.38.47

Abgeordneter Elmar Mayer (SPÖ): Herr Präsident! Herr Minister! Werte Kolleginnen und Kollegen! Da sich schon alle beim Vorsitzenden und bei allen bedankt haben, kann ich es, denke ich, der Redezeit wegen kurz halten. Es ist der Rechnungshofbericht sehr interessant – das ist auch der Zugang zum Thema von meiner Seite; ich bin ja nicht Mitglied des Kulturausschusses und war in der Sache nicht von Anfang an im De­tail bewandert.

Umso interessanter war es aber, das als Außenstehender und unter dem Kontrollas­pekt mitbeleuchten zu können. Eine möglichst sachliche Auseinandersetzung mit der Causa war unser erklärtes Ziel. Für uns alle war eigentlich auch die Frage wichtig, wie wir verhindern, dass so etwas in Zukunft noch einmal passieren kann. Ich glaube, das ist eine der wichtigen Aufgaben, die wir als Kontrollgremium haben.

Ein Kontrollversagen konnte natürlich nicht gefunden werden, weder bei der Holding noch bei der Ministerin, obwohl es immer zu finden versucht wurde, auch nicht die „smoking gun“, die von der Opposition groß angekündigt wurde. Sie war nicht da, auch wenn Kollegin Meinl-Reisinger – erfreulicherweise im Gegensatz zu anderen, muss ich sagen, Kollegen Zanger, Zinggl und wie sie alle heißen – immer wieder mit Schaum vor dem Mund dasselbe versucht hat, zehnmal den Minister dasselbe gefragt hat, Din­ge, die eigentlich geklärt sind.

Herr Minister Ostermayer hat sich in der Sache von Anfang an sehr interessiert und engagiert eingebracht wie kein anderer. Ihn da immer anzugehen – und wir haben heute auch noch einmal versucht, das Ganze sachlich abzuhandeln –, das ist, meine ich, leider ein kleiner Wermutstropfen beim ganzen Bericht und auch bei der heutigen Diskussion. (Beifall bei der SPÖ.)

Aber es soll so sein, wenn man es haben will. Vielleicht brauchen wir es auch ein biss­chen für den Wiener Wahlkampf – ich weiß es nicht, aber es soll so sein. (Zwischenruf des Abg. Zanger.)


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Nun noch zum zweiten Bereich, das scheint mir wichtig zu sein. Es geht ja um unmit­telbare Verantwortung. Natürlich sind Fehler passiert, aber natürlich ist das auch auf­gearbeitet und aufgezeigt worden. Der Hauptpunkt ist jedoch – und das ist auch wich­tig, jenen darzulegen, die nicht mit im Ausschuss waren –: Noch im Jahr 2013 haben die Wirtschaftsprüfer alles für in Ordnung erklärt. (Abg. Moser – eine Zeitung in die Hö­he haltend –: Nein, nein!)

Die Wirtschaftsprüfer haben gegenüber der Ministerin und auch gegenüber dem Auf­sichtsrat alles für in Ordnung erklärt. Wirtschaftsprüfer haben das Interne Kontrollsys­tem des Burgtheaters für funktionierend befunden und einen uneingeschränkten Be­stätigungsvermerk erteilt. Daraufhin haben sich die Mitglieder der Aufsichtsräte, aber auch das Kulturressort verlassen – worauf auch sonst, genau darum ist die Wirtschafts­prüfung auch miteingesetzt worden.

Es bleibt nach wie vor nicht nachvollziehbar, dass die Missstände im IKS im Burgthea­ter nicht bereits früher von den Wirtschaftsprüfern entdeckt worden sind. Die Rolle der Wirtschaftsprüfer – auch das wurde heute bereits diskutiert – gilt es, durch das Gericht zu klären; die Verfahren sind ja bereits anhängig, wie wir wissen.

Abschließend, meine Damen und Herren: Es ist gelungen – und das wurde bereits lo­bend erwähnt –, auch ehemalige Regierungsmitglieder wie die frühere Ministerin Clau­dia Schmied und den Staatssekretär Franz Morak in den Ausschuss zu laden. Das war mir auch persönlich ein großes Anliegen, und ich meine, es war auch demokratiepoli­tisch ein wichtiges Signal.

Ich glaube aber auch, wenn man die Aussage der Ministerin objektiv betrachtet – und sie hat nach bestem Wissen und Gewissen Auskunft erteilt, meine ich –: Es ist schwie­rig, Minister, die nicht mehr im Amt sind, in solche Ausschüsse einzuladen und Details abzufragen, wenn sie keinen Zugang mehr zu den Akten und zu den Unterlagen ha­ben. Auch das muss man sehen. Ich bin dafür, dass man sie in Unterausschüsse ein­lädt, gar keine Frage. Dieses Problem wurde hier auch von ihr selbst schon deutlich auf­gezeigt.

Dem Kollegen Walser – er ist jetzt leider nicht im Saal – wollte ich nur sagen: Natürlich geht auch unser kulturpolitischer Auftrag weit über das hinaus, nicht nur was die Bun­destheater betrifft. Was speziell das heute hier beschlossene Gesetz betrifft, so behan­delt es ausschließlich das Burgtheater, und da freut es mich, dass dieses in keiner Weise eingeschränkt wurde.

Der Ausschuss war aus meiner Sicht konstruktiv, er war konsensual. Wir haben mit dem Ziel, dass sich das nicht mehr wiederholen darf, einen wichtigen Schritt gesetzt. Der neue Kulturminister – das ist mir ganz wichtig, das zum Abschluss noch zu sa­gen – hat entschlossen und professionell agiert.

Ich bin der Überzeugung, dass wir mit dem heute beschlossenen Gesetz in eine gute Zukunft mit den Bundestheatern gehen. Dass diese uns Kulturinteressierten auf höchs­tem künstlerischen Niveau viel Freude bereiten, Österreich im Ausland weiterhin als das Kulturland erkennbar machen und sich nun, so hoffen wir alle gemeinsam, finan­ziell in sicheren Gewässern befinden, dazu wünschen wir Ihnen viel Glück und danken Ihnen, Herr Minister, für die bisherige Arbeit. – Danke schön. (Beifall bei der SPÖ.)

16.43


Präsident Karlheinz Kopf: Als Nächste zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Dr. Mo­ser. – Bitte.

 


16.44.04

Abgeordnete Dr. Gabriela Moser (Grüne): Herr Präsident! Herr Minister! Meine Da­men und Herren hier und vor den Fernsehschirmen! Mehr Kultur, mehr Kunst, mehr


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Burgtheater fürs gleiche Geld – das wäre möglich gewesen. Das wäre möglich gewe­sen, wenn die Rechnungsrealitäten, wenn die Fakten, wenn die Effizienzmöglichkeiten wahrgenommen, wenn die Reformschritte unternommen und wenn die Strukturschwä­chen beseitigt worden wären.

Unser Ausschuss hat ja ergeben, dass sehr wohl auf vielen Ebenen Handlungsbedarf gegeben war. Sie, Herr Minister Ostermayer, haben ja auch aufgezählt, was inzwi­schen alles geschehen ist, und insofern ja bezeugt, dass es dringend notwendig war, Dinge zu verändern, neue Vorgaben zu machen und einmal gründlich aufzuräumen.

Wir haben hier letztendlich das Resultat eines – wie soll man denn sagen – Sittenbil­des in einem Mehrheitsbericht und einem Minderheitsbericht vor uns liegen. Dieses Sit­tenbild zeigt genau, wo der Kopf in den Sand gesteckt worden ist, wo vonseiten des Ministeriums Vogel-Strauß-Politik betrieben worden ist.

KPMG, der Wirtschaftsprüfer Podoschek hat ja schon im Dezember 2012 attestiert, dass es Liquiditätsengpässe gibt, dass eine Abschreibungsproblematik vorliegt. Aber die Ministerin: Kopf in den Sand, oder Kopf ums Eck, Ohr zu, weg damit – ist ja unan­genehm, da müsste man ja eingreifen.

Kollegin Fekter hat sich ja zu Recht teilweise direkt schmerzhaft, hat man gemerkt, an ihre Zeit als Finanzministerin erinnert, denn immer wieder, wenn das Geld zu knapp wird, liegt der Weg zur Finanzministerin, zum Finanzminister nahe. Dann wird natürlich nicht das Effizienzpotenzial gehoben, werden nicht die Strukturen verbessert, nicht die Strukturschwächen beseitigt, sondern es wird einfach wieder das Füllhorn ausge­schüttet, und das Fass verliert halt, ja meine Güte, schön langsam den Boden.

Ich will aber das Burgtheater nicht als Fass ohne Boden bezeichnen, das soll bitte nicht so im Raum stehen bleiben, sondern als Möglichkeit, für dasselbe Geld mehr Kultur zu bieten, mehr Theater zu bieten und auch gute Qualität zu bieten.

Das Problem lag auch darin, dass die Frau Ministerin ja den Auftrag gab, Studien an­zustellen, wie man besser wirtschaftet, wie man Geld im Theaterbereich besser ein­setzt, aber nicht handelte. Sie hat ja auch diverse Unterlagen bekommen, nur interes­santerweise hat sie die beste Studie, sprich, wo das meiste Effizienzpotenzial attestiert wird, völlig ignoriert.

Claudia Schmied hat sich bei ihrer Befragung im Ausschuss natürlich nicht daran er­innern können, und da denke ich mir: Was ist das für eine Wirtschaftskompetenz von einer Person, die ja an sich als Wirtschaftlerin in die Politik gegangen ist?! Das war ja noch das Süffisante, das ich auch noch erleben musste. (Abg. Fekter: Sektionschef Franz auch!) – Ja natürlich, Sektionschef Franz hat ja immer wieder gesagt, das war der politische Wille. Es war die Politik, die da weiterwirtschaften ließ, wie es halt so gegangen ist. Da sind wir bei einem zweiten Problem – einerseits beim Problem der Wirtschaftsprüfung, dass die auch nicht gescheit funktioniert hat, und beim nächsten Problem, nämlich der Steuerung ausgegliederter Unternehmungen. (Zwischenruf bei der ÖVP.)

Die Holding ist ja ein ausgegliedertes Unternehmen, und die Steuerung war mangel­haft. Jetzt hören wir, da müssen Menschen dran mit Konfliktfähigkeit, da müssen Men­schen dran mit Durchsetzungsfähigkeit – ja warum hat man das nicht gleich gemacht? Dieses Problem haben wir nicht nur beim Burgtheater oder bei der Bundestheater-Hol­ding, dieses Problem haben wir in vielen anderen Bereichen der Republik.

Damit komme ich zu ein paar grundsätzlichen Dingen, die Sie als Kulturminister viel­leicht nicht so interessieren, aber vielleicht als Regierungsverhandler auf allen Ebenen sehr wohl interessieren.


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Herr Minister, wir brauchen insgesamt nicht nur eine bessere Kontrolle vor Ort in den Unternehmungen, in den einzelnen Betrieben, wir brauchen auch eine bessere Kon­trollkultur gegenüber dem Rechnungshof. Es ist nicht hinzunehmen, dass dem Rech­nungshof Unterlagen schlichtweg verweigert werden.

Der Rechnungshof bekam gar nicht diese Studie von Bock, in der dieses Effizienz­potenzial von 30 Millionen € umrissen war – das bekam er gar nicht! (Zwischenruf des Abg. Plessl.) Ich meine, was ist denn das für eine Haltung, wenn man sozusagen die Kontrollorgane der Republik halb dumm sterben lässt? Wo sind wir denn da?!

Damit bin ich beim Nächsten: Wir haben im Rechnungshofausschuss an sich vorge­habt, die Frau Ministerin zu laden – wurde uns verweigert. Herr Kollege Mayer hat ja gesagt, sie habe keinen Einblick mehr in Akten, insofern stehe sie dann arm da wie ein Waisenkind und könne sich höchstens auf ihr Gedächtnis verlassen.

Nichtsdestotrotz, wenn es um einschneidende Maßnahmen geht, merke man sich die doch ein Leben lang. Da braucht man keine Akten, keine unterstützende Beamten­schaft, keine Sektionschefs und keine Kabinettsmitglieder, die einem irgendwie Zettel unterschieben, sondern da kann man sich durchaus auf sein Gedächtnis verlassen. Das ist, finde ich, auch eine Sache von Kontrollkultur, dass wir im normalen Rech­nungshofausschuss von ehemaligen MinisterInnen Rede und Antwort bekommen.

Damit bin ich beim letzten Punkt, den ich ansprechen möchte, der sogenannten Ver­antwortungskultur. Es ist ja wirklich eigenartig: Jede Politikerin/jeder Politiker auf der Regierungsbank hat als eines der Lieblingswörter sicherlich das Wort Verantwortung. So, was heißt denn das konkret? – Wenn Fehlentscheidungen getroffen werden, wenn er wegschaut, wenn er nicht handelt, wenn Vogel-Strauß-Politik gemacht wird, weil es halt bequemer ist – so war es ja, Kopf in den Sand und so weiter –, wo bleibt denn da die Verantwortung? Dann verlässt man das Amt, und dann ist schon gar nichts mehr von der Verantwortung da, denn es gibt keine Konsequenzen.

Das ist ja das, was die Bevölkerung ärgert. Da wird Steuergeld verschwendet. Da wird Steuergeld nicht effizient eingesetzt, und wir – besonders wir Grünen – müssen ja im Nachhinein im Rechnungshofausschuss darauf dringen, dass verantwortungsvoller Um­gang mit Steuergeld wirklich zur obersten Leitlinie wird.

Deswegen ist für mich auch dieser Unterausschuss ein weiterer Aufruf, endlich einmal diese Verantwortungskultur auch politisch zu reformieren. Wie wir das machen, müs­sen wir diskutieren, dass wir es machen müssen, ist klar.

Zum Schluss noch ganz kurz: Die Unterlagen des Unterausschusses, glaube ich, könn­ten sehr gut für ein Stück im Burgtheater herangezogen werden, und dieses neue Burgtheater-Stück sollte heißen: „Vogel Strauß, komm heraus“, aus der Politik näm­lich. – Danke schön. (Beifall bei den Grünen sowie der Abg. Lintl.)

16.50

16.50.10

 


Präsident Karlheinz Kopf: Zu Wort ist dazu niemand mehr gemeldet. Die Debatte ist geschlossen.

Wir kommen zur Abstimmung über den Antrag des Rechnungshofausschusses, den Bericht des Ständigen Unterausschusses des Rechnungshofausschusses gemäß § 32e Abs. 4 GOG in 649 der Beilagen zur Kenntnis zu nehmen.

Ich bitte jene Damen und Herren, die dafür sind, um ein Zeichen. – Das ist mit Mehr­heit angenommen.

Wir gelangen nun zur Abstimmung über den Antrag des Rechnungshofausschusses, seinen Bericht 649 der Beilagen zur Kenntnis zu nehmen.

Wer dafür ist, gebe bitte ein Zeichen. – Das ist wiederum mit Mehrheit angenommen.


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Wir kommen nun zur Abstimmung über den Entschließungsantrag der Abgeordneten Zanger, Kolleginnen und Kollegen betreffend Ausweitung der Prüfkompetenz des Rech­nungshofes.

Wer dafür ist, gebe bitte ein Zeichen. – Das ist die Minderheit. Der Antrag ist damit ab­gelehnt.

16.52.007. Punkt

Bericht des Verfassungsausschusses über die Regierungsvorlage (632 d.B.): Bun­desgesetz, mit dem das Privatradiogesetz, das ORF-Gesetz, das Audiovisuelle Me­diendienste-Gesetz und das KommAustria-Gesetz geändert werden (700 d.B.)

8. Punkt

Bericht des Verfassungsausschusses über den Antrag 991/A der Abgeordneten Dr. Eva Glawischnig-Piesczek, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundes­gesetz, mit dem das Bundesgesetz über den Österreichischen Rundfunk (ORF-Gesetz, ORF-G) geändert wird (701 d.B.)

9. Punkt

Bericht des Verfassungsausschusses über den Antrag 609/A der Abgeordneten Dieter Brosz, MSc, Mag. Nikolaus Alm, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Privatradiogesetz geändert wird (702 d.B.)

10. Punkt

Bericht des Verfassungsausschusses über den Antrag 1077/A(E) der Abgeordne­ten Mag. Nikolaus Alm, Kolleginnen und Kollegen betreffend Senkung der Rund­funkgebühren auf ein bundeseinheitliches Niveau (703 d.B.)

 


Präsident Karlheinz Kopf: Wir kommen nun zu den Punkten 7 bis 10 der Tages­ordnung, über welche die Debatte unter einem durchgeführt wird.

Auf eine mündliche Berichterstattung wurde verzichtet.

Als Erster zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Brosz. – Bitte.

 


16.53.19

Abgeordneter Dieter Brosz, MSc (Grüne): Herr Präsident! Zu meinem Bedauern spricht Josef Cap heute nicht vor mir, denn er hätte uns jetzt wahrscheinlich erklärt, dass wir heute die größte Mediennovelle der letzten 20 Jahre mit umfassenden Änderungen des ORF-Gesetzes beschließen, die ganz wichtig für die Unabhängigkeit des Hauses und für die journalistische Möglichkeit, dort zu arbeiten, ist.

Tatsache ist, wir haben eine Novelle mit mehreren Änderungen im Medienbereich, wo­von einige Dinge durchaus vernünftig sind, aber wenn man betrachtet, was eigentlich notwendig wäre, müsste man ein bisschen mehr machen. Der Kollege Katzian sitzt da gleich in der Nähe: Die Probleme der Austria könnte man aus der Sicht eines Austria-Fans wahrscheinlich auch nicht lösen, wenn man die Sprenganlagen austauschen wür­de. (Zwischenruf des Abg. Katzian.) Da muss man ein bisschen mehr machen. Aber viel mehr ist es nicht, was da geschieht.

Werbebestimmungen im Privatradiobereich werden gelockert, übrigens ein bisschen ein problematischer Punkt. Ich finde es nicht besonders positiv, dass Nachrichtenmo-


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deratoren jetzt auch werben dürfen. Eine Trennung zwischen Werbung und Redaktion wäre eigentlich durchaus sinnvoll. Im ORF könnte man eigentlich noch stärker anden­ken, wohin man damit kommt.

Bezüglich des Reminder-Verbots ist auch eine Änderung im ORF-Gesetz drinnen, übri­gens auch eine, die der ORF selbst kritisiert. Da geht es nämlich darum, wenn insbe­sondere Sportsendungen übertragen werden und es dort Einblendungen von Sponso­ren gibt, sagen wir einmal in Champions League beziehungsweise in Schirennen, dass das sozusagen keine Einnahmen lukriert, die der ORF bekommt, und deshalb erlaubt sein sollte.

Jetzt sagt der ORF nur, die Bestimmung, die Sie ins Gesetz schreiben, reicht deshalb nicht, weil die Judikatur eine völlig andere ist. Die Judikatur geht nämlich davon aus, dass in dem Moment, in dem der ORF Rechte kauft, er automatisch Einfluss darauf hat, was gezeigt wird, was bei der Champions League oder auch bei Olympia vielleicht etwas unrealistisch ist. (Zwischenruf des Abg. Katzian.) Dem ORF kann man ja viel zu­trauen, aber dass der ORF einen besonderen Einfluss darauf hat, welche Dinge dort eingeblendet werden, ist eher unrealistisch. Die Judikatur geht aber genau davon aus, dass er das kann.

Die Stellungnahme des ORF besagt, das, was Sie beschließen, wird die Probleme nicht lösen, wir werden die gleichen Probleme haben, die wir vorher hatten. Er hat auch ei­nen Vorschlag gemacht, wie es gegangen wäre, der auch nicht berücksichtigt worden ist.

Dass wir im Bereich der Apps beim ORF nichts verändern, halte ich eigentlich für eine Fehlleistung – das gehört geändert –, denn man kann beim ORF viel kritisieren, aber die Anknüpfung an die moderne Technologie sollte möglich sein, und Apps sollten auch zulässig sein.

Wenn man den ORF kritisiert, kann man über viele Dinge reden. Wir bekommen diesen Bericht über den ORF ja jährlich vorgelegt. Das finde ich besonders amüsant, da gibt es immer eine Seite, bei der eine Probewoche herangezogen wird, um zu über­prüfen, ob das Kriterium der anspruchsvollen Sendungen vom ORF erfüllt wird. Da muss man dazu sagen, erstens ist das immer die gleiche Woche, das heißt, der ORF weiß schon vorher, dass es die erste Septemberwoche ist, in der geprüft wird. Also, wenn man in die erste Septemberwoche möglichst viel hineingibt, was anspruchsvoll ist, erfüllt man das Kriterium. Das ist nicht besonders intelligent für eine Probewoche.

Zweitens ist das jedes Jahr das Gleiche: Etwa die Hälfte der anspruchsvollen Sendun­gen sind Kriminalserien – „Tatort“ beziehungsweise andere Kriminalserien. Serien, die am Rande irgendetwas mit Wissenschaft zu tun haben, auch wenn es im Science-Fiction-Bereich ist, reichen schon, um anspruchsvoll zu sein. Trotzdem gibt es Tage, an denen keine einzige anspruchsvolle Sendung zwischen 20 und 22 Uhr stattfindet. Also selbst nach dieser Science-Fiction-, „Mei-liabste-Weis“-Skala – das ist nämlich auch drinnen – gibt es Tage, an denen man das Kriterium nicht erfüllt. Also über die Frage, was der öffentlich-rechtliche Anspruch ist und ob der wirklich erfüllt wird, könnte man trefflich diskutieren. Das fehlt aber und kommt da auch nicht vor.

Jetzt rede ich aber darüber, was eigentlich in dieser Novelle enthalten sein sollte. Ich schaue den Kollegen Ostermayer an; wir hatten vor der letzten Wahl eine Arbeitsgrup­pe – der Kollege Cap und andere Abgeordnete waren auch dabei –, in der wir über die Strukturreform im ORF gesprochen haben. Dort wäre auch angestanden, wie man im Bereich des Privatfernsehens eine Medienförderung macht, was für Österreich notwen­dig und zeitlich absolut dringlich wäre.

Der Medienstandort ist in einer schwierigen Situation. Das betrifft die Printmedien, Stichwort: Weg von Inseratenpolitik als Werbeförderung, hin zu einer objektiven Pres-


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seförderung, also deutlich mehr Presseförderung, dafür mit den Inseraten hinunter­gehen. Man kann auch überlegen, ob – da kommt der Antrag vom Kollegen Alm – die­se ORF-Gebühr so noch Sinn macht oder ob man etwas Neues bräuchte. Die Diskus­sion über eine Haushaltsabgabe kann man meiner Meinung nach in Zusammenhang mit der Medienförderung führen, wo es auch darum geht, alle neuen Formen fördern zu können – im Online-Bereich –, innovative Medien zu fördern. Aber all das findet nicht statt, all das kommt nicht hinein. Drei Jahre ist es her. Jetzt gibt es diese Mediennovel­le mit ein paar Kleinigkeiten drinnen.

Von dem her kann ich nur sagen: Einige Schritte sind zum Teil, andere nicht gelungen. Für eine Zustimmung der Grünen reicht es diesmal absolut nicht. Ich würde mir wirklich wünschen, dass wir beginnen, in diesem Land Medienpolitik zu machen und nicht or­ganisatorische Strukturreform zu betreiben, gerade, was die Unabhängigkeit des ORF betrifft. Ich verweise nur auf die Stellungnahme des Redakteursrats – das kann sich je­der anschauen. Darin sind sehr viele Punkte, bei denen es um die Unabhängigkeit des Hauses gehen würde. All das findet nicht statt.

Also, Politik wäre etwas mehr als Verwaltungsarbeit, und ich weiß nicht, ob man ernst­haft damit rechnen kann, dass wir in Österreich im Jahr 2015 beginnen, Medienpolitik zu betreiben. Wünschen würde ich es mir. (Beifall bei den Grünen sowie des Abg. Alm.)

16.58


Präsident Karlheinz Kopf: Als Nächster gelangt Herr Abgeordneter Dr. Cap zu Wort. – Bitte.

 


16.58.37

Abgeordneter Dr. Josef Cap (SPÖ): Ich mag ja einfach die Strategie der Grünen. Wir kennen uns ja schon seit langer, langer Zeit, waren in unzähligen Ausschüssen, En­queten, Diskussionen. Im Endeffekt arbeiten sie immer sehr konstruktiv mit – vor al-
lem der Dieter –, aber am Schluss stimmen sie dann doch nicht zu. (Zwischenruf des Abg. Brosz.)

Ich erinnere mich an dieses Rundfunkgesetz, bei dem wir eine Zweidrittelmehrheit ge­braucht haben: Am Schluss waren es dann die Freiheitlichen und nicht die Grünen, aber auf dem Weg dorthin haben die Grünen durchaus mitgearbeitet, haben sich ge­freut, dass da ein paar Dinge drinnen waren. Und als es darum gegangen ist, Verant­wortung zu übernehmen, indem man hier im Plenum zustimmt, hast du einmal kurz ab­gewunken, und die Sache war erledigt. (Abg. Brosz: Warum? Weißt du noch, warum? Wegen der absurden Onlinebestimmungen!)

Welche Form von verantwortungsvoller, gestaltender Medienpolitik das ist, weiß ich nicht, aber ich will es mir mit dir nicht verscherzen. Ich will dir ja nur sagen, dass ich das beobachte, dass ich das sehe, aber dass ich natürlich auf deine, wie soll ich sa­gen, konstruktive Mitarbeit auch in Zukunft größten Wert lege, weil sie ja wirklich kons­truktiv ist. Nur den letzten Schritt, da müssen wir noch üben, dass der vielleicht doch noch zustande kommt.

Was wir hier heute vorliegen haben, ist die Logik, die sich aufgrund der Notwendigkeit der Präzisierung des Reminder-Verbots ergibt. Das war der Ausgangspunkt, und wie es eben so ist, kommen, wenn man so etwas macht, dann noch einige andere Ver­besserungen oder Veränderungen hinzu im Sinne der Absicherung dieses dualen Sys­tems, dass wir einen öffentlich-rechtlichen Bereich haben, dass wir einen privaten Be­reich haben, und das finde ich auch gut so.

Ich finde, es ist nicht das größte Medienpaket der letzten 20 Jahre, aber es ist wie­derum ein Schritt in die richtige Richtung, und dem werden weitere Schritte folgen. Das mit den Apps ist sicherlich etwas, über das man noch reden muss, überhaupt darüber,


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dass der ORF die Chance hat, mit den technischen Neuerungen Schritt zu halten, und dass er sich diesbezüglich einbringen kann.

Ich war auch in dieser Arbeitsgruppe im Bundeskanzleramt und habe das sehr inter­essant gefunden. Es hat da sehr viele ausgezeichnete, internationale Experten gege­ben. Und wenn du dich noch erinnerst (in Richtung des Abg. Brosz), hat jeder seinen Bericht mit einer sehr positiven Analyse und Darstellung der Arbeit des öffentlich-recht­lichen Rundfunks in Österreich begonnen. Dann haben sie Vergleiche mit den Anstal­ten, aus denen sie kommen, gezogen.

Das war eigentlich eine sehr positive Arbeitsgruppe, die sehr stark unterstrichen hat, dass auch der ORF auf dem richtigen Weg ist. Der hatte ja eine gewisse Zeit ein Pro­blem. (Abg. Brosz: Bei der Struktur…!) Da hat es ja nicht immer schwarze Zahlen ge­geben. Das wurde damals auch sehr grundlegend und positiv reflektiert, und man hat dann Analysen und Vorhabenskonzepte für die nächsten Jahre erstellt.

Auch im Ausschuss habe ich gesagt – denn meistens enden unsere Debatten ja mit einer Thematisierung des Programms, wobei sich jeder von den Mediensprechern oder von denen, die sich da einbringen, faktisch als Programmmacher darstellt –: Wenn alle Parteien hier hin und wieder unzufrieden mit der Berichterstattung des ORF oder mit der Objektivität oder Unabhängigkeit sind, dann ist das das beste Kompliment für den ORF und für seine Journalistinnen und Journalisten. Die machen dann anscheinend wirklich unabhängige Berichterstattungsarbeit. Diese Unzufriedenheit an sich ist sehr positiv, und es ist zu wünschen, dass es auch in Zukunft ein gewisses Maß an Unzu­friedenheit gibt; das sollte man, glaube ich, in diesem Zusammenhang ruhig auch er­wähnen.

Es ist zwar jetzt nicht Diskussionspunkt hier, aber was uns auch im Ausschuss be­schäftigt hat und dort erledigt wurde, ist der ORF-Jahresbericht 2014, wo übrigens zum fünften Mal in Folge über eine positive Bilanzierung berichtet wurde. Das muss man auch erst einmal machen, nämlich im Vergleich mit den anderen europäischen ... (Zwi­schenruf des Abg. Brosz.) – Nein, sehr viele private, die außerdem Probleme haben. Und es ist so, dass die Werbeeinnahmen eine gewisse Zeit lang aufgrund der Wirt­schaftskrise zurückgegangen sind.

Du musst ja auch die Balance zwischen Werbeeinnahmen und Gebühren haben. Die ganzen Gebühren bekommt ja nicht der ORF, sondern das geht teilweise in die Länder hinein, ist teilweise ein Kulturbeitrag. Aber es geht sich aus, und es ist sich auch auf­grund der sehr peniblen, sehr tollen Organisation des Song Contests ausgegangen, wofür es im Stiftungsrat Standing Ovations für alle gab, die daran beteiligt waren, an­gefangen von Alexander Wrabetz über Kathi Zechner, Edgar Böhm bis zum Kaufmän­nischen Direktor Richard Grasl – alle, die daran mitgewirkt haben.

Ich finde, wenn ich das alles so resümiere, es ist beachtlich, dass man bei der Siche­rung für den Kulturbeitrag, der Filmwirtschaft und des Standorts Österreich mitfinan­ziert und erfolgreich ist, von der Goldenen Palme bis zur Oscar-Preisverleihung. Ich kann mich nicht erinnern, dass jemals schon eine Geschäftsführung des ORF in der Zeit, in der sie tätig war, an Oscar-Preisverleihung, Goldener Palme und Song Contest beteiligt war. Das musst du erst einmal machen.

Das ist auch gelungen, das ist auch ein Erfolgsrezept, und ich glaube, dass man da gar nicht groß in parteipolitischen Streit ausbrechen soll zum Schaden von uns und zum Schaden der Arbeit der 1 600 fleißigen Journalistinnen und Journalisten, sondern ich glaube, da sollten diejenigen, die ihren Job gut gemacht haben, ihren Job nächstes Jahr dann einfach weitermachen. Das wäre das Allergescheiteste, ob das der Alexan­der Wrabetz als Generaldirektor ist, ob das der Kaufmännische Direktor Grasl ist, die Kathi Zechner oder der Technische Direktor. Das ist ein gutes Team, die haben das,


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glaube ich, sehr, sehr gut gemacht: schwarze Zahlen, Preisverleihungen, Superquoten im Vergleich mit den anderen Öffentlich-Rechtlichen in Europa.

Trotzdem kann man kritisch reflektieren und anmerken – warum auch nicht? –, aber man soll sich nicht einmischen und nicht intervenieren. Man kann anmerken, weiterent­wickeln und schauen, dass es da nicht eine Entwicklung gibt, dass der ORF – das war eines der wichtigsten Dinge, die Dieter vorhin gesagt hat – sozusagen abgekoppelt von technischen Neuerungen ist.

Wenn es so in diese Richtung weitergeht – und mir fehlt jetzt leider die Zeit, um das noch im Detail darzustellen –, dann, glaube ich, ist das Unternehmen richtig unterwegs. Was wir heute signalisieren, ist, dass uns aber auch der private Bereich sehr wichtig ist, dessen Bedürfnisse wir auch unterstützen wollen, wo auch das österreichische Ele­ment eine wichtige Rolle spielt.

Ob das jetzt die Diskussion zur Presseförderung oder in Zukunft die große Frage Print- versus Onlinemedien – wie finanziert sich das? –, die Auseinandersetzung mit Google, mit Facebook ist, die ganz großen Zukunftsfragen werden wir hier noch zu diskutieren und zu beantworten haben, und das werden wir auch machen. Aber wir sollten uns nicht schlechter machen, weder unsere Arbeit noch die Arbeit eines erfolgreichen ös­terreichischen Unternehmens, nämlich des ORF. (Beifall bei der SPÖ.)

17.05


Präsident Karlheinz Kopf: Als Nächster gelangt Herr Abgeordneter Hagen zu Wort. – Bitte.

 


17.05.40

Abgeordneter Christoph Hagen (STRONACH): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Hohes Haus! Ganz so toll ist es nicht, wie Kollege Cap vorhin versucht hat, uns beizu­bringen.

Zuerst einmal das Positive: Die Regierungsvorlage betreffend das ORF-Gesetz und das Privatradiogesetz hat sicher durchaus manche positiven Aspekte, die absolut lo­benswert sind, aber – und jetzt kommt das Aber – nicht nur die ORF-Redakteure kriti­sieren den starken politischen Einfluss, der dort getätigt wird. Sie haben jetzt versucht, das gutzureden, dass es gut ist, dass es ein bisschen politische Einmischung gibt. Ich sehe das als etwas weniger gut – das erkläre ich Ihnen dann anhand von ein paar Bei­spielen.

Die Werbelimits für die Privaten sind natürlich auch eine Benachteiligung gegenüber dem ORF, der ja die Zwangsgebühren kassieren kann, wobei man sich dann schon fragen muss: Der ORF wirbt mittlerweile sehr, sehr stark, teilweise schon mehr als die Privatunternehmen. Das ist doch ein bisschen eigenartig. Ich glaube, er könnte sich, wenn er etwas sparsamer wäre, durch die Werbeeinnahmen schon selbst erhalten.

Meine Damen und Herren, die ORF-Gebühren – darauf möchte ich noch einmal zu­rückkommen – gehören abgeschafft, die sind nicht mehr gerechtfertigt. (Abg. Schopf: Warum?) Meine Damen und Herren, ich habe es jetzt gerade angesprochen: Es gibt sehr viele Werbeeinschaltungen im ORF, teilweise mehr als in den Privaten. Der Bil­dungsauftrag, mit dem man es immer begründet (Abg. Schopf: Warum?) – hören Sie mir zu, dann können Sie schreien –, der kommt im ORF sehr, sehr schwach herüber. (Abg. Cap: Na geh!) – Nein, wirklich.

Das Einzige, das mir jetzt noch positiv auffällt, ist „60 Minuten Politik“ in ORF III, wo es eine objektive Berichterstattung gibt, weil dort nichts zusammengeschnitten werden kann. Auch das Parlament wird live übertragen, auch da gibt es eine objektive Berichterstat­tung.

Dann aber wird es schon parteipolitisch, und ich möchte nur ein paar Beispiele nennen, bei denen diese Unparteilichkeit nicht gegeben ist. (Abg. Brosz: … diese Interviews


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll86. Sitzung / Seite 159

mit dem Stronach!) Es gibt verschiedene politische Diskussionen im ORF, und dann wird einfach eine gewisse Oppositionspartei namens „Team Stronach“ nicht eingela­den. Es gibt eine Diskussion, nachdem zwei Mandatare vom Team Stronach zur ÖVP gewechselt haben, bei der der Innenpolitikchef des ORF sich kaputtlacht – muss ich fast sagen – und dann kommt und sagt, er wisse gar nicht, ob das Team Stronach noch Klubstärke hat. Herr Bürger, damit Sie es auch wissen: Klubstärke im Parlament hat man mit fünf Mandataren, wir haben neun. Also da sind wir von Ihrer Befürchtung noch weit entfernt.

Noch einmal zu diesen Gebühren. Wie wird das gerechtfertigt, dass ich, wenn ich in Wien eine Dienstwohnung und in Vorarlberg eine private Wohnung oder ein Haus ha­be, zweimal GIS-Gebühren zahlen muss? In Wien zahle ich im Jahr 300 €, in Vorarl­berg 240 €, also in Vorarlberg 40 € pro zwei Monate und in Wien 50 €. Das macht insgesamt 540 €. Das ist schon ein Punkt, an dem man ansetzen muss.

Wie gesagt, die Werbung habe ich angesprochen, mit etwas Sparsamkeit könnte man den ORF gut selbst erhalten. Aber was macht der ORF? – Der ORF und die Regierung verdoppeln die Chefposten im ORF, der Proporz wird nun etwas nach oben gehoben. Meine Damen und Herren, das ist der falsche Weg, und deswegen werden wir dem Ganzen nicht zustimmen. – Danke. (Beifall beim Team Stronach.)

17.09


Präsident Karlheinz Kopf: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Mag. Gerstl. – Bitte.

 


17.09.39

Abgeordneter Mag. Wolfgang Gerstl (ÖVP): Herr Präsident! Meine sehr geehrten Da­men und Herren! Ja, man kann zu Recht sagen, das ist kein großes Medienpaket, aber viele kleine Medienpakete können auch einiges bewirken.

Wer Josef Cap zuvor zugehört hat: Das war meiner Ansicht nach schon bemerkens­wert, dass er auf einmal den ORF gleichwertig neben die vielen privaten Anbieter ge­stellt hat. Das war bei Josef Cap nicht immer selbstverständlich, würde ich sagen.

Diese Novelle ist, glaube ich, eine sehr ausgewogene Novelle, da sie einerseits die Wirtschaftlichkeit der privaten Anbieter unterstützt – ihnen damit auch etwas hilft – und andererseits die Unabhängigkeit des ORF gewährleistet. Ich glaube, das kann man schon ganz positiv hervorheben. (Zwischenruf des Abg. Brosz.) Dabei liegt es jetzt anscheinend an mir, einen Rollentausch vorzunehmen. Früher hat Josef Cap den ORF sehr gelobt. Heute hat er ihn zwar auch gelobt, aber die Privaten noch stärker.

Ich möchte daher noch eines zum ORF sagen: Wir wollen ihm zum Eurovision Song Contest ein Lob aussprechen. Ich glaube, das hat er sich auch in diesem Haus ver­dient. Der ORF hat die Abwicklung des Eurovision Song Contests erstklassig gemacht. Er hat damit Österreich bestens im Ausland präsentiert und in diesem Sinne auch ei­nen guten Dienst für Österreich geleistet, meine Damen und Herren!

Damit möchte ich aber zu den Punkten kommen, die eigentlich noch gar nicht wirklich angeschnitten worden sind, nämlich was die Novelle wirklich bringt – damit die Zuse­herinnen und Zuseher das auch genau verfolgen können.

Die Reminder-Verbot-Aufhebung – besser gesagt: -Präzisierung – wurde schon ange­sprochen. Stellen Sie sich vor, der ORF überträgt ein Skirennen und der ÖSV hat als Sponsor eine bestimmte Autofirma – damit ich jetzt nicht auch noch Werbung mache, nenne ich sie nicht –, dann darf der ORF das nicht senden, weil genau dieses Emblem vom ÖSV dabei ist. Darüber braucht er sich also in Zukunft keine Sorgen zu machen. (Zwischenruf des Abg. Brosz.) Das ist also nicht etwas, was die Regulierungsbehörde


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll86. Sitzung / Seite 160

dann in irgendeiner Weise beim ORF einschränken würde. Diese Zeiten werden zu­dem nicht auf die sonstigen Zeiten, die der ORF als Werbezeiten hat, angerechnet.

Der zweite Punkt ist der Must-Carry-Bereich. Das heißt, bei allen österreichischen Ka­belnetzbetreibern müssen die Sender mit Österreich-Bezug bevorzugt genannt, also nach vorne gereiht werden. Ich glaube, dass das im Sinne von Österreich und der Mei­nungsvielfalt auch ein ganz wichtiger Punkt ist.

Der dritte Punkt ist eine Erweiterung der sogenannten Funkhaus-Lösung. Das heißt, dass sich die privaten Hörfunkbetreiber organisatorisch zusammenschließen können. Solange gewährleistet ist, dass die redaktionelle Unabhängigkeit in den jeweiligen Re­daktionen gegeben ist, dürfen sie organisatorisch intensiv zusammenarbeiten. Das stärkt ihre Wirtschaftlichkeit und ihr Auftreten in einem gemeinsamen Radio-Center.

Der vierte Bereich ist die Zusammenfassung von Zulassungen zur Erweiterung des Ver­sorgungsgebietes durch private Sender. Auch das stärkt die Wirtschaftlichkeit der ent­sprechenden terrestrisch angebotenen Hörfunksender.

Die Novelle bringt auch eine Erleichterung für regionale TV-Sender. Für alle regionalen und lokalen Fernsehprogramme wird die Werbezeit etwas erhöht. Das sichert auch die­se regionalen Programmangebote. Das halte ich ebenso für ganz wichtig. Die Sehe­rinnen und Seher wollen diese Regionalangebote, glaube ich, verstärkt sehen. Da müs­sen wir schauen, dass die Wirtschaftlichkeit für diese Betreiber auch gegeben ist.

Das Radiowerbeverbot wird auch für Fernsehnachrichten-Moderatoren aufgehoben. Da ist – was eigentlich praktisch in der Vergangenheit kein Gewicht hatte – eine Möglich­keit geschaffen worden, eine weitere Tätigkeit von Spezialisten zuzulassen.

Gesichert wird auch beim ORF, dass das ORF-Gesetz nicht nur von der Muttergesell­schaft, sondern auch bei allen Tochtergesellschaften eingehalten wird, auch dann, wenn diese nur rein kommerziellen Zwecken dienen, zum Beispiel dem Werbezeiten-Ver­kauf. Auch dann unterliegen sie dem ORF-Gesetz und damit der Regulierungsbehörde.

Meine Damen und Herren, ich glaube, dass wir mit diesen Gesetzen den privaten An­bietern das Leben erleichtern und dem ORF professionelles Arbeiten ermöglichen! In diesem Sinne: Glück auf dem dualen Rundfunk- und Fernsehsystem in Österreich! (Bei­fall bei der ÖVP sowie des Abg. Cap.)

17.14


Präsident Karlheinz Kopf: Als Nächster gelangt Herr Abgeordneter Mag. Alm zu Wort. – Bitte.

 


17.14.26

Abgeordneter Mag. Nikolaus Alm (NEOS): Herr Präsident! Herr Minister! Hohes Haus! Von einem kleinen Medienpaket zu reden, ist wirklich zu groß gegriffen: Es ist ein mi­nimales Medienpaket, ein Nano-Medienpaket, ein Pico-Medienpaket. Wenn wir den ORF weiterhin in dieser Granularität reformieren, dann wird es wirklich noch ein paar Jahr­hunderte dauern, bis etwas weitergeht.

Herr Minister Ostermayer hat das offensichtlich erkannt, denn er hat am 1. Juli seine „Arbeitsgruppe zur Reform des digitalen Medienmarktes“ einberufen. Es dürfte sich dabei um einen Herrenzirkel mit Vertretern des ORF, des VÖZ, ein paar Politikern und anderen Teilnehmern, für die man auch nicht unbedingt gendern muss, handeln. Es geht um einen „Schulterschluss“, durch den „die heimische Medienvielfalt in Zeiten des globalen Wettbewerbs nachhaltig gestärkt werden soll“.

Es passiert aber das Gegenteil. In Österreich haben wir im Medienbereich eine politi­sche Versorgung mit Inseraten in einer Größenordnung von 200 Millionen € für den Printbereich. Es gibt einen in den Gremien parteipolitisch durchdrungenen ORF, der noch


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll86. Sitzung / Seite 161

dazu durch eine Behinderung bei den neuen Technologien wie Social Media, App-Ver­bot et cetera weiteren Einschränkungen unterliegt.

Das heißt, Medienpolitik in Österreich ist im Wesentlichen Machtpolitik. Die Regierung macht auch nicht viel mehr als die ohnehin schon mickrige Presseförderung weiter zu kürzen und über ein Leistungsschutzrecht mit zu fantasieren. (Beifall bei NEOS und Grü­nen.)

Das heißt, diese Runde aus Interessenvertretern und Regierungsparteien diskutiert über die Zukunft der Medien, über Aggregation, über vertikale Integration, Desintegra­tion und Over-the-top Content. Ich glaube, nicht wirklich. Dass da etwas passiert, ist stark zu bezweifeln. In diesem Fall geht es auch nicht wirklich um Interessenausgleich. In diesem Fall sollte es um einen Paradigmenwechsel in der Medienpolitik gehen – wir brauchen diesen Paradigmenwechsel.

Die derzeitige Medienpolitik behebt weder die traditionelle Verzerrung, die es auf dem österreichischen Medienmarkt gibt – die Sie über die letzten Jahrzehnte zugelassen ha­ben –, noch nimmt sie Rücksicht auf die neuen Herausforderungen, die Digitalisierung, Vernetzung und Globalisierung mit sich bringen.

Was ist denn die Aufgabe von Medienpolitik in einer Demokratie? – Das ist die Adres­sierung von Marktversagen. Vor 50, 60, 70 Jahren hatten Sie in einem gewissen Be­reich ein Marktversagen, wo es notwendig war, Infrastruktur aufzubauen, wo es demo­kratisch legitimiert war, dort hinein zu investieren.

Bei der Infrastruktur gibt es heutzutage kein Marktversagen. Es gibt kein Marktversa­gen im Vertrieb der Inhalte. Es gibt kein Marktversagen in der technischen Produktion von Inhalten. Es gibt höchstens noch ein Marktversagen in der Produktion von öffent­lich-rechtlichen Inhalten, in der Schaffung von Public Value. Genau dort muss eine Medienförderung im 21. Jahrhundert auch ansetzen. Doch dort setzen Sie Ihre Me­dienpolitik sicher nicht an. Das gilt im Übrigen nicht nur für den ORF, sondern für alle Medien.

Wie kann man das erreichen? – In zwei Schritten: Man kann erstens einmal Medien­politik nicht mehr als Machtpolitik verstehen. Das bedeutet die Entpolitisierung des ORF, die komplette Streichung der direkten Medienförderung, die Streichung der Wer­beabgabe, eine Strukturreform im ORF, eine Verkleinerung des Stiftungsrats analog zu einem Aufsichtsrat der AG, wie wir es schon mehrfach gefordert haben, einen Umbau des Publikumsrats zu einer echten Stifterversammlung und solche Kleinigkeiten wie die Streichung des Anhörungsrechts der Landeshauptleute. Der zweite Schritt wäre dann eine Förderung von Vielfalt und Journalismus und ein Weg von der Finanzierung eines Medienhauses hin zur Förderung von öffentlich-rechtlichen Inhalten.

Das Ganze ist ein Prozess. Nach der Entpolitisierung des ORF sollte man darüber spre­chen, wie man dieses Unternehmen vertikal an der Wertschöpfungskette desintegrie­ren kann. Vertrieb ist, wie gesagt, etwas, das der Markt heute ausgezeichnet überneh­men kann. Das heißt, die Konzentration der Förderung sollte sich auf den Bereich er­strecken, wo öffentlich-rechtliche Inhalte produziert werden. Zusätzlich braucht man ei­ne Medienförderung neu, die eben nicht Vertrieb und Organisation, sondern Public Val­ue, Technologie und Medien fördert.

Ich erwarte, dass diese Entwicklungen im Nationalrat diskutiert werden und nicht in Herrenzirkeln von Interessenvertretern.

Einen Entschließungsantrag zum Opt-Out aus der GIS habe ich noch mitgebracht. Es ist auch zu überlegen, ob man das nicht evaluieren sollte.

Ich stelle daher folgenden Antrag:


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll86. Sitzung / Seite 162

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Mag. Alm, Kolleginnen und Kollegen betreffend eine Opt-Out-Option für die Rundfunkgebühren

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesregierung wird aufgefordert, die Treffsicherheit der geräteabhängigen Rund­funkgebühr unabhängig evaluieren zu lassen. Sofern eine solche Evaluierung ergibt, dass die Rundfunkgebühr in ihrer derzeitigen Form ORF-Seher_innen nicht mehr treff­sicher feststellen kann, sind alternative Finanzierungsmodelle zu erarbeiten.“

*****

(Beifall bei NEOS und Grünen. – Abg. Cap: Wer will das wirklich?)

17.19


Präsident Karlheinz Kopf: Ich habe hier einen anderen Antrag liegen als den, den Sie verlesen haben. Wir klären das; ich gebe dann die Einbeziehung in die Debatte und die ordnungsgemäße Einbringung bekannt.

Als Nächster gelangt Herr Abgeordneter Mag. Stefan zu Wort. – Bitte.

 


17.19.58

Abgeordneter Mag. Harald Stefan (FPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehr­ter Herr Minister! Sehr geehrte Damen und Herren! Wenn es um den ORF geht, dann tritt immer der Anwalt des ORF, Herr Dr. Cap, eloquent hervor und berichtet uns hier sehr blumig, wie positiv nicht alles sei.

Ich bin immer wieder auch von der Argumentation beeindruckt: Wenn alle unzufrieden sind, dann ist das das beste Argument für den ORF – das ist zumindest amüsant.

Es gibt allerdings schon so etwas wie eine professionelle Medienanalyse, die belegt, wer wie oft und in welcher Form im ORF vorkommt. Spätestens dann stellt man fest, dass manche zu Unrecht und manche zu Recht unzufrieden sind. Da gibt es also schon auch objektive Kriterien.

Wenn man sich mit diesem Thema auseinandersetzt, dann muss man schon auch im­mer wieder zu demselben Punkt kommen: Welchen Auftrag hat der ORF? Wie kommt er dem Auftrag nach? Da sind riesige Mängel. Das wird dann auch immer wieder dar­gestellt und zu Recht kritisiert.

Auch wir weisen immer wieder darauf hin, wo der ORF in Wirklichkeit weit von seinem öffentlich-rechtlichen Auftrag, seinem Bildungsauftrag, abweicht – zum Beispiel wenn er beginnt, mit Flimmit und anderen professionellen Anbietern am Markt zu konkur­rieren und mit den Zwangsgebühr-finanzierten Filmen dann noch einmal ein Geschäft machen will, oder wenn es wie jetzt möglich ist, dass Moderatoren auch zusätzlich Wer­bung machen. Das sind Bereiche, die mit dem öffentlich-rechtlichen Auftrag einfach nicht zusammenpassen. (Beifall bei der FPÖ.)

Die Aufweichung des Reminder-Verbots, also das von Sponsorhinweisen während Sen­dungen, ist schon angesprochen worden. Das ist da auch in der Formulierung ein biss­chen eigenartig. Kollege Brosz hat schon zu Recht angeführt, dass das in Wirklichkeit wahrscheinlich eine Scheinlösung ist.

All das zusammen führt uns dazu, dass wir mehr Transparenz einfordern. Es geht um ein gebührenfinanziertes Medium, insofern kann durchaus verlangt werden, dass jene, die dieses Medium betreiben, ihre Gehälter und ihre Nebentätigkeiten offenlegen – ähn­lich wie wir es hier tun, ähnlich wie es das Unvereinbarkeits- und Transparenz-Gesetz vorsieht.


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll86. Sitzung / Seite 163

Es kommt nämlich immer häufiger vor, dass ORF-Moderatoren oder jene, die an der inhaltlichen Ausgestaltung von Sendungen teilnehmen, zu Veranstaltungen eingeladen werden, dort auftreten und offensichtlich Nebenjobs haben, die möglicherweise gut be­zahlt sind oder die in anderer Form durch Sachleistungen oder indirekte Leistungen ab­gegolten werden. Das würde uns durchaus interessieren.

Wenn man von einer Objektivität eines Mediums ausgeht – das ist ja immer das The­ma des ORF – und wenn man davon ausgeht, dass das Medium mittels Gebühren fi­nanziert wird, dann wollen wir auch wissen, von wo diese Moderatoren und diese Mit­arbeiter zusätzlich Geld beziehen und wem sie dann möglicherweise dankbar oder von wem sie abhängig sind.

Ich stelle daher einen entsprechenden Antrag, mit dem das gewährleistet werden soll:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Herbert Kickl, Mag. Harald Stefan, Mag. Gernot Darmann, Kollegin­nen und Kollegen betreffend Offenlegung der Einkünfte von ORF-Mitarbeitern, die Nach­richten-/Informations-/Wirtschafts-Formate mediengattungsunabhängig gestalten und/oder moderieren

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesregierung und insbesondere der Bundesminister für Kunst und Kultur, Ver­fassung und Medien werden aufgefordert, dem Nationalrat eine Regierungsvorlage vor­zulegen, die gewährleistet, dass moderierende und/oder programmgestaltende Mitar­beiter – mediengattungsunabhängig – der Nachrichten-/Informations-/Wirtschafts-For­mate des ORF oder seiner Tochtergesellschaften ihre Einkünfte durch den ORF und seiner Tochtergesellschaften und auch etwaige Nebeneinkünfte von anderen, aufge­schlüsselt nach Auftraggeber und auszahlender Stelle, die Höhe des Entgelts sowie et­waige Sachleistungen und die als Abgeltung für diese Nebentätigkeit geleisteten Zah­lungen und/oder Sachleistungen an Dritte auf der ORF-Homepage offenzulegen ha­ben.“

*****

(Beifall bei der FPÖ. – Zwischenruf des Abg. Brosz.)

Das wäre ein wesentlicher Beitrag zur Transparenz. Da wüssten wir: Wes Brot ich ess, des Lied ich sing. Wir hätten dann einen konkreten Hinweis und könnten uns ein bes­seres Bild davon machen, wie transparent der ORF ist und wie unabhängig seine Mit­arbeiter sind. (Beifall bei der FPÖ.)

17.24


Präsident Karlheinz Kopf: Der von Herrn Abgeordnetem Mag. Stefan eingebrachte Ent­schließungsantrag ist ausreichend unterstützt und steht daher mit in Verhandlung.

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:

Entschließungsantrag

des Abgeordneten Herbert Kickl, Mag. Harald Stefan, Mag. Gernot Darmann und wei­terer Abgeordneter

betreffend Offenlegung der Einkünfte von ORF-Mitarbeitern, die Nachrichten-/Informa­tions-/Wirtschafts-Formate mediengattungsunabhängig gestalten und/oder moderieren

eingebracht im Zuge der Debatte über den Bericht des Verfassungsausschusses über die Regierungsvorlage (632 d.B.): Bundes-gesetz, mit dem das Privatradiogesetz, das


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll86. Sitzung / Seite 164

ORF-Gesetz, das Audiovisuelle Medien-dienste-Gesetz und das KommAustria-Gesetz geändert werden (700 d.B.) (TOP 7), am 9. Juli. 2015, in der XXV. GP in der 86. Sit­zung des Nationalrates.

Angelehnt an das Unvereinbarkeits- und Transparenz-Gesetz müssen ORF-Mitarbei­ter, die Nachrichten-/Informations-/Wirtschafts-Formate mediengattungsunabhängig ge­stalten und/oder moderieren, ihre Einkünfte offenlegen. Diese Regelung umfasst alle Ne­beneinkünfte und auch die Gehälter, die durch den ORF und dessen Tochtergesell­schaften ausgezahlt werden.

In den letzten Jahren hat es sich gezeigt, dass ORF-Moderatoren immer wieder als Moderatoren oder Teilnehmer bei politischen Parteien und bei von Lobbies oder priva­ten Unternehmen haupt- oder mitfinanzierten Veranstaltungen auftreten. Es ist anzu­nehmen, dass diese Tätigkeiten durch finanzielle Abgeltung und/oder Sachleistung wie auch Leistungen an Dritte entschädigt werden.

Diese Moderatoren werden großteils durch die ORF-Enterprise (Vermarktungstochter des ORF) vermarktet (siehe: http://stars.orf.at/star-anfrage).

Wie zum Beispiel Thurnher Ingrid, Adrowitzer Roland, Bernhard Nadja, Rafreider Ro­man, Ahrens Angelika, Löw Raimund.

Diese Regelungen sollen auch für Moderatoren und Programmgestalter gelten, die nicht auf der genannten Homepage vermarktet werden. Zu erwähnen ist Armin Wolf, der als Moderator zum Beispiel beim Werbeplanung Summit aufgetreten ist.

Durch solche Nebentätigkeiten ist die Möglichkeit gegeben, dass die ORF-Moderatoren und/oder Programmgestalter in der Ausübung ihrer beruflichen Tätigkeit beim ORF nach den im ORF-Gesetz normierten Vorgaben zur unabhängigen und objektiven Mo­deration und Programmgestaltung beeinträchtigt und befangen sein könnten.

Aufgrund der verpflichtenden ORF-Gebühren (GIS) ist es im allgemeinen und speziel­len Interesse der Gebührenzahler, eine transparente Darstellung der Einkommensver­hältnisse u.a. der oben genannten Personen gewährleistet zu bekommen. Es muss für die Gebührenzahler ersichtlich sein, ob ein Moderator und/oder Programmgestalter bei seiner beruflichen Tätigkeit beim ORF durch die Auftraggeber von Nebentätigkeiten einer möglichen politischen wie auch einer kommerziellen Einflussnahme unterliegen könnten.

Die Einkünfte, Nebeneinkünfte, Sachleistungen sowie auch Leistungen an Dritte haben auf der ORF-Homepage (www.orf.at) veröffentlicht zu werden. Veröffentlicht werden müssen die ausgezahlten Einkünfte durch den ORF und seiner Tochtergesellschaften, die Nebeneinkünfte aufgeschlüsselt nach Auftraggeber und der auszahlenden Stelle, die Höhe des Entgelts sowie etwaige Sachleistungen und die als Abgeltung für diese Nebentätigkeit geleisteten Zahlungen und/oder Sachleistungen an Dritte.

Daher stellen die unterfertigten Abgeordneten folgenden

Entschließungsantrag

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesregierung und insbesondere der Bundesminister für Kunst und Kultur Ver­fassung und Medien werden aufgefordert, dem Nationalrat eine Regierungsvorlage vor­zulegen, die gewährleistet, dass moderierende und/oder programmgestaltende Mitarbei­ter – mediengattungsunabhängig – der Nachrichten-/Informations-/Wirtschafts-Forma­te des ORF oder seiner Tochtergesellschaften ihre Einkünfte durch den ORF und seiner Tochtergesellschaften und auch etwaige Nebeneinkünfte von anderen, aufgeschlüsselt nach Auftraggeber und auszahlender Stelle, die Höhe des Entgelts sowie etwaige Sach-


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll86. Sitzung / Seite 165

leistungen und die als Abgeltung für diese Nebentätigkeit geleisteten Zahlungen und/oder Sachleistungen an Dritte auf der ORF-Homepage offenzulegen haben.“

*****

 


Präsident Karlheinz Kopf: Als Nächster gelangt Herr Bundesminister Dr. Ostermayer zu Wort. – Bitte.

 


17.24.43

Bundesminister für Kunst und Kultur, Verfassung und Medien Dr. Josef Oster­mayer: Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Sehr geehrter Herr Abgeordne­ter Alm, mein Eindruck war, dass Sie ein bisschen abwertend von Herrenrunde oder so geredet haben. Ich habe mir dann die Rednerliste angeschaut und war erstaunt, dass sich ausschließlich Männer als Redner zum Thema Medien zu Wort gemeldet ha­ben.

Ich kann Ihnen kurz erläutern, warum ich diesen Weg gewählt habe. Wir hatten eine Diskussion, bei der es um die Frage ging, wie wir die Medienvielfalt in Österreich wah­ren und stärken und den Medienstandort in Österreich sichern können. Es gab ver­schiedene Vorschläge, bei denen es unter anderem auch um rechtliche Fragen ging – ob wir das im Staat oder nur auf europäischer Ebene regeln können.

Deswegen habe ich dann eingeladen, diese Diskussion und auch die Diskussion über weitere Punkte zu führen, weil ich davon überzeugt bin, dass es sinnvoll ist, gerade in diesem Bereich der Medien möglichst konsensuale und breit getragene Lösungsvor­schläge zu haben. (Zwischenruf des Abg. Willi.)

Ich würde nie auf die Idee kommen, zu sagen, dass das jetzt ein großes Medienpaket ist. Ich habe es auch für mich selbst als kleines Paket, das wir nun umsetzen, definiert. Wir haben versucht, eine Lösung der kleineren anstehenden Probleme zu finden und gleichzeitig eine intensivere Diskussion über die größeren Probleme zu führen, egal, ob es sich um Geoblocking, Leistungsschutzrecht oder andere Bereiche handelt. Das ist der eine Punkt. (Zwischenruf des Abg. Brosz.)

Der zweite Punkt ist, dass Sie, Herr Abgeordneter Brosz, genau wissen, dass ich da­mals zu dieser Runde zum Thema Strukturreform im ORF mit allen damals im Par­lament vertretenen Parteien eingeladen habe. Ich habe Frau Deltenre, die Generaldi­rektorin der European Broadcasting Union, Roger de Weck von der SRG und Ulrich Wilhelm vom Bayerischen Rundfunk eingeladen, weil der Rechnungshof damals in sei­nem ORF-Rechnungshofbericht den Bayerischen Rundfunk als analoges Beispiel ge­nannt hat. Wir haben auch Universitätsprofessor Berka gehört. Es hat relativ viele ge­geben, die davon gesprochen haben, dass einerseits eine Verkleinerung – wie Sie es auch gesagt haben – des Kontrollgremiums, also des Stiftungsrates auf eine Größe, wie sie üblicherweise Aufsichtsräte haben, und andererseits die Verbreiterung des Publi­kumsrates ein sinnvoller Weg wäre.

Es gibt auch Beispiele in Deutschland und in der Schweiz. Ein Beispiel, das immer wie­der als Vorbild genannt wurde, war die BBC. Da waren wir uns, glaube ich, bald einig, dass dieses System bei uns nicht adäquat wäre. Der Vorsitzende der BBC, des Trusts, wird im Übrigen vom Minister bestellt. Ich glaube nicht, dass das die Vorgangsweise wäre, die eine breite Mehrheit finden würde. In Wahrheit haben wir da eine … (Ruf bei der SPÖ: Ich finde ihn …!) – Danke.

In Wahrheit haben wir keinen Konsens dazu gefunden, wer die Nominierungsaufgabe hat. Auch das Beispiel, das Sie genannt haben, hat dort ganz einfach nicht die Breite gehabt.


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll86. Sitzung / Seite 166

Man könnte es folgendermaßen zusammenfassen: Die Zeit war damals jedenfalls noch nicht reif. Vielleicht kommt es aber in dieser Legislaturperiode noch dazu, dass wir ei­nen gemeinsamen Vorschlag, wie wir das umsetzen können, finden.

Es gibt einige Punkte, die wir in der Vergangenheit gemacht haben. Beispielsweise ha­ben wir die Mehrwertsteuer bei Printprodukten – Büchern, Zeitungen et cetera – nicht auf 13 Prozent angehoben. Bei anderen Punkten müssen wir jetzt einmal schlicht und einfach eine Diskussion führen. Wenn wir zu sinnvollen gemeinsamen Vorschlägen kom­men wollen, müssen wir ohnehin diskutieren.

Ziel war auch, dass – was wir, ich glaube, 2009 bei der Enquete hier im Haus erlebt haben, nämlich das Match untereinander in Österreich – langsam das Bewusstsein ein­kehrt, dass die eigentlichen Gegner nicht die Medien im Land sind, sondern dass die Konkurrenz eine ganz andere ist und man sich überlegen muss, wie man trotz dieser Konkurrenz eine stabile Basis finden kann, damit die Medienvielfalt in Zukunft gewähr­leistet wird.

Ich danke allen, die an dieser kleinen Mediennovelle mitgewirkt haben, und allen, die dann zustimmen! (Beifall bei der SPÖ sowie bei Abgeordneten der ÖVP.)

17.29


Präsident Karlheinz Kopf: Der vorhin von Herrn Abgeordnetem Alm mündlich schon eingebrachte Entschließungsantrag liegt mir jetzt auch schriftlich mit den erforderlichen Unterschriften vor. Er ist ordnungsgemäß eingebracht ist und steht daher mit in Ver­handlung.

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Niko Alm, Kollegin und Kollegen betreffend eine Opt-Out Option für die Rundfunkgebühren eingebracht im Zuge der Debatte über TOP 3 Bundesgesetz, mit dem das Privatradiogesetz, das ORF-Gesetz, das Audiovisuelle Mediendienste-Ge­setz und das KommAustria-Gesetz geändert werden (632 d.B.)

Die an Empfangsgeräte gekoppelte Gebührenfinanzierung des ORF war eine histo­risch, den Gegebenheiten entsprechend nachvollziehbare Finanzierungsform des öf­fentlich-rechtlichen Rundfunks. Durch den Eintritt von Privatsendern in den österrei­chischen Rundfunkmarkt und die Digitalisierung haben sich jedoch die Rahmenbe­dingungen und Nutzungsgewohnheiten der Zuseher maßgeblich gewandelt. Während die Koppelung der Gebühren an ein TV- oder Radiogerät vor einigen Jahrzehnten noch treffsicher die Seher und Hörer des ORF feststellbar machte, ist dies heute höchst wahrscheinlich nicht mehr der Fall. Jeder Besitzer eines internetfähigen Mobiltelefons oder Computers verfügt über ein Gerät, das den ORF-Empfang ermöglicht. Im Ver­gleich zu einem analogen TV- oder Radiogerät ist dies aber bei weitem nicht der Hauptzweck dieser Geräte. Außerdem ist mit der Vervielfachung des Mitbewerbs – ge­meint sind nicht nur österreichische Privatsender, sondern auch das Angebot via Kabel und Satellit – eine Abnahme der Nutzung des ORF Rundfunks fast schon zwingend ge­geben. Die Treffsicherheit der gerätebezogenen Rundfunkgebühren nimmt daher wohl immer weiter ab. NEOS bekennt sich zu einem leistungsfähigen öffentlich-rechtlichen Medienhaus, das sich mit den Nutzungsgewohnheiten der Bevölkerung entwickelt und ständig modernisiert. Dazu muss die Finanzierung dieser Institution jedoch entwe­der treffsicher und verursacherbezogen erhoben werden (dafür ist die geräteabhängige Ge­bührenfinanzierung vermutlich mittlerweile ungeeignet) oder transparent, beispielswei­se über das Budget erfolgen.

Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgenden


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll86. Sitzung / Seite 167

Entschließungsantrag

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesregierung wird aufgefordert, die Treffsicherheit der geräteabhängigen Rund­funkgebühr unabhängig evaluieren zu lassen. Sofern eine solche Evaluierung ergibt, dass die Rundfunkgebühr in ihrer derzeitigen Form ORF-Seher_innen nicht mehr treff­sicher feststellen kann, sind alternative Finanzierungsmodelle zu erarbeiten.“

*****

 


Präsident Karlheinz Kopf: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Dr. Wittmann. – Bitte.

 


17.30.06

Abgeordneter Dr. Peter Wittmann (SPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehr­ter Herr Bundesminister! Hohes Haus! Ich bin ganz verwundert, dass man da von Re­form und Medienpaket im Zusammenhang mit dem ORF spricht. Dabei geht es eigent­lich nur um ein ganz kleines Problem des ORF, ein technisches Problem. Da ist näm­lich das Reminderverbot, wofür er gar nichts kann. Der ORF kann nichts dafür, wenn auf internationalen Märkten Sponsorverträge abgeschlossen werden, die dann mit dem Übertragungsrecht mitübernommen werden.

Wenn der ORF keinen finanziellen Vorteil daraus erzielt, kann man dem ORF auch keinen Vorwurf in diesem Zusammenhang machen. Dass man die Verfahren zur Ein­stellung bringt, die daraus resultieren, ist ein vernünftiger Weg. Das hat nichts mit einer ORF-Reform oder mit einer ORF-Bevorzugung zu tun.

Es wird nur über den ORF gesprochen. Ziel dieses Rundfunkpaketes ist aber in Wirk­lichkeit die Stärkung des dualen Systems, die Stärkung der kleinen, privaten Unter­nehmen, die in der Lage sind, mehr Werbezeiten zu gestalten, denen mehr Werbezeit zugestanden wird, wenn sie nicht international, sondern nur in Österreich ausstrahlen.

Die Must-Carry-Regelung wurde verstärkt. Das heißt, dass private Fernsehsender mit einer großen österreichischen Identifikation in verschiedensten Bereichen einen fairen Zugang zu den Kabelnetzen bekommen sollen. Das ist auch eine Verbesserung für die privaten Fernsehsender.

Das Dritte ist, dass man kleinen Rundfunksendern ermöglicht, Regiengemeinschaften zu bilden, nämlich administrative und andere Verwaltungstätigkeiten zusammenzule­gen, wobei jedoch eine eigenständige, unabhängige Redaktionsarbeit gewährleistet wird. Es ist doch nur gut, wenn man diese Kosten in einer Synergie nutzt und nicht je­der sein eigenes Zentrum aufbauen muss.

Im Großen und Ganzen ist die Zielrichtung dieses Rundfunkpaketes die Stärkung des privaten Sektors und die Reparatur eines falschen rechtlichen Ansatzes beim Remind­erverbot. (Beifall bei der SPÖ.)

17.32


Präsident Karlheinz Kopf: Als Nächster gelangt Herr Abgeordneter Singer zu Wort. – Bitte.

 


17.32.35

Abgeordneter Johann Singer (ÖVP): Herr Präsident! Herr Minister! Sehr geehrte Da­men und Herren! Auch ich sehe dieses vorliegende Medienpaket für mehr Programm für Österreich und klare Spielregeln als positiv für alle. Ich sehe das als weiteren Schritt zur Sicherung einer pluralistischen, freien und unabhängigen Medienlandschaft. Die vor­liegende Regierungsvorlage wurde schon entsprechend erläutert. Ich darf mich in mei-


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ner Wortmeldung auf die Oppositionsanträge beziehen, die mit diesem Tagesordnungs­punkt miterledigt werden.

Ein Antrag der NEOS zielt auf eine Senkung der Rundfunkgebühren auf ein bundesein­heitliches Niveau und das Abschaffen der Landesabgaben. Die Vereinheitlichung be­ziehungsweise die Abschaffung der Landesabgabe wird auch von uns immer wieder thematisiert. Oberösterreich und Vorarlberg haben diesen Schritt schon gesetzt. Aller­dings würde die Abschaffung der Landesabgabe zu einer Finanzierungslücke in den einzelnen Bundesländern führen. Daher soll es aus meiner Sicht eine Neuregelung, wenn es die Bundesländer wollen, dann geben, wenn man da auch entsprechend im Fi­nanzausgleich eine Lösung findet.

Sehr geehrte Damen und Herren, die Grünen treten für die Streichung des Anhörungs­rechts der Landeshauptleute bei der Bestellung der ORF-Landesdirektoren ein. Aus meiner Sicht wurde das klar dem föderalen Prinzip des ORF-Gesetzes widersprechen, das nämlich betont, ich zitiere:

„Der Österreichische Rundfunk hat bei Erfüllung seines Auftrages auf die Grundsätze der österreichischen Verfassungsordnung, insbesondere auf die bundesstaatliche Glie­derung nach dem Grundsatz der Gleichbehandlung der Länder (…) Bedacht zu neh­men (…).“

Meiner Ansicht nach wäre die Streichung eine föderalistisch fragwürdige Haltung ge­genüber den Bundesländern. (Abg. Brosz: Wo gibt’s denn das im Bund?) Es geht nämlich nicht um eine politische Einflussnahme, denn, sehr geehrte Damen und Her­ren, wir reden von einem Anhörungsrecht und nicht von einem Entscheidungsrecht. (Hei­terkeit bei den Grünen. – Abg. Brosz: … politische Einflussnahme!)

Wir sind uns wohl alle darin einig, dass regionale Inhalte eine wachsende Bedeutung haben, wie es eine Studie des ORF-Publikumsrates auch verdeutlicht. Damit ist eine Konsultation der Länder im Vorfeld aus meiner Sicht sinnvoll.

Ja, sehr geehrte Damen und Herren, der regionale Gedanke ist unserer Bevölkerung sehr wichtig. – Herzlichen Dank. (Beifall bei der ÖVP sowie bei Abgeordneten der SPÖ.)

17.35


Präsident Karlheinz Kopf: Als nächster und vorläufig letzter Redner zu diesem Ta­gesordnungspunkt gelangt Herr Abgeordneter Dr. Troch zu Wort. – Bitte.

 


17.35.22

Abgeordneter Dr. Harald Troch (SPÖ): Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Her­ren! Wenn wir einen Blick auf die digitale Medienszene werfen, dann können wir sa­gen: David gegen Goliath. Die internationale Medienszene wird beherrscht von Google, Amazon, Youtube und ähnlichen Giganten, die eigentlich als Konzerne agieren. Wel­che Chance haben da eigentlich österreichische Sender?

Der ORF ist ja bekannt, dann gibt es gotv, aber es gibt ja auch lokale Sender wie kult1.tv aus Bad Kleinkirchheim oder beispielsweise den Lech Zürs Infokanal.

Da stellt sich die Frage: Was kann die Politik tun, um die Wettbewerbsfähigkeit, vor al­lem jene dieser kleinen Sender zu stärken? Die Politik kann da einiges tun, zum Bei­spiel eben heute dieses kleine Rundfunkpaket beschließen, das SPÖ und ÖVP hier vorlegen.

Da gibt es auch eine wirtschaftliche Dimension: Die Existenz der privaten Sender muss erleichtert werden, und es muss gesichert werden, dass professionelles Arbeiten mög­lich wird. Es gibt die kulturelle Dimension: Wir wollen österreichischer Kultur, vor allem österreichischer Musik eine Bühne geben und diese Bühne sichern.


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Es gibt eine politische und demokratische Dimension: Meinungsvielfalt basiert in unse­rer modernen Zeit auf Medienvielfalt. Und es gibt die Regionalität: Auch regionale Kul­tur, regionale Tendenzen sollen in der Medienvielfalt ihren Ausdruck finden.

Konkret: Was passiert? – Für private Radiosender wird es mehr gesetzliche Möglich­keiten zur Kooperation miteinander geben. Infrastruktur kann geteilt werden: Zusam­menarbeit im Bereich der Vermarktung, allerdings redaktionell und bei der Eigentümer­struktur weithin getrennter Betrieb, man nennt das Funkhausbetrieb.

Wettbewerbsfähigkeit verbessern bedeutet allerdings in diesem Fall, beim Werbezeit­limit etwas zu bessern. Lokale Fernsehsender werden in Zukunft 24 Minuten pro Stun­de Werbespots senden dürfen statt bisher zwölf. Ich glaube, das ist ein Fortschritt, ge­rade in Tourismusregionen, denn diese lokalen Radiosender sind auch eine wichtige Informationsquelle für die Vermarktung, den Verkauf touristischer wirtschaftlicher An­gebote.

Dieses Rundfunkpaket soll vor allem auch die Position der Sender stärken, die lokales und österreichisches Programm ausstrahlen, nämlich gegenüber den Kabelanbietern. Es darf nicht sein, dass die europäischen Kabelanbieter internationale Fernsehstatio­nen bei guten Sendeplätzen bevorzugen und kleine österreichische Sender das teu­er erkaufen müssen. Im Gegenteil: Wir wollen, dass Sender, die österreichisches Kultur­gut anbieten, hier mit ihren Eigenproduktionen bevorzugt werden.

Zum Kollegen Alm noch eine Bemerkung: Sie kritisieren Herrenzirkel in der Medien­branche – Ich sage einmal, der größte Herrenzirkel, den es hier im Haus gibt, ist die Fraktion der NEOS! 90 Prozent von Ihnen sind Männer; heute sind nur Männer hier. Das ist kein Vorwurf, aber wenn es so ist, so muss ich sagen: Wer im Glashaus ist, sollte nicht mit Steinen werfen, sondern auch ein bisschen selbstkritisch über die Ge­schlechterzusammensetzung in der eigenen Fraktion nachdenken.

Ich möchte mich abschließend bei Minister Ostermayer sehr, sehr herzlich bedanken.

Die Medienreformkommission hat ihre Arbeit aufgenommen. Nach dem Motto „Und sie bewegt sich doch“ gibt es auch in der Medienszene in Österreich eine Bewegung. Die Herausforderungen des 21. Jahrhunderts werden hier angenommen. Schauen wir, dass dieses Match, dieser Wettbewerb „David gegen Goliath“ ein gutes, österreichisches Hap­py End nimmt! – Danke. (Beifall bei SPÖ und ÖVP.)

17.39


Präsident Karlheinz Kopf: Zweite Wortmeldung: Herr Abgeordneter Brosz. – Bitte.

 


17.40.01

Abgeordneter Dieter Brosz, MSc (Grüne): Wäre nicht notwendig gewesen, wenn ich gleich hinter Josef Cap geredet hätte, aber jetzt war es doch notwendig. Nur zur Klar­stellung über die Frage der Mitarbeit der Grünen bei dieser Gesetzesmaterie: Damals haben wir eine Zweitdrittelmaterie verhandelt, nämlich das ORF-Gesetz. Es war da­mals es eine lustige Verhandlungssituation, weil wir, glaube ich, drei Verhandlungsrun­den hatten. Die waren meistens so, dass in einem Zimmer die Mediensprecher und die Vertreter der Politik gesessen sind und im Nebenzimmer sind der VÖZ und die ORF-Spitze gesessen. Die Opposition hat die nie gesehen. Wir haben nur gewusst, dass sie im Nebenzimmer sitzen.

Immer, wenn wir gesagt haben, da wäre vielleicht eine Einigung, sind dann die Politiker hinübergegangen, haben die Sitzung unterbrochen, sind zum VÖZ und zum ORF ge­gangen und haben gesagt: Das könnten wir uns vorstellen, dürfen wir das auch so be­schließen? Insofern war das eine relativ unbefriedigende Verhandlungssituation, weil das im Parlament noch dazu eine besondere Verhöhnung dieses Hauses ist.


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Dann kam die besondere Situation, dass sich nach der letzten Verhandlungsrunde die Vertreter des VÖZ und des ORF geeinigt haben, dass sie genau diese massiven Be­schränkungen im Online-Bereich, im Social Media-Bereich ins Gesetz hineinschreiben. Das war nach der letzten Verhandlungsrunde!

Der ORF hat den Vorteil gehabt, dass sie ein paar Werbeeinnahmen lukrieren durften. Dafür war die Abschneidung von den Social-Media-Kanälen da, die „Forenverbote“ wa­ren drinnen, all das wurde in dieser letzten Runde geregelt. Dann sind wir weggegan­gen und haben gesagt: Dann stimmen wir nicht zu! Die FPÖ hat dann diesem Gesetz zugestimmt – das, nur um der Wahrheit Genüge zu tun.

Zweiter Punkt zu der Frage der Mitarbeiter und der Einladung – ist ja schön, wenn du noch einmal kommst, du kannst es vielleicht dann neu erklären, Kollege Cap –, nur zur Klarstellung: Weder Kollege Alm noch die anderen Kollegen von der Opposition noch ich wurden zu der Arbeitsgruppe vom Herrn Ostermayer eingeladen. Es sollte eine mög­lichst breite Konsensfindung geben, damit man jetzt sozusagen Medienpolitik disku­tiert. Die breite Konsensfindung erfolgt aber offenbar ohne Einbindung von vier der ins­gesamt sechs Fraktionen in diesem Haus.

Wenn du noch einmal redest, Kollege Cap, kannst du gleich ein gutes Wort beim Herrn Ostermayer einlegen. Mit dem Kollegen Alm habe ich geredet. Wir zwei würden kom­men. Ich gehe auch davon aus, dass die anderen kommen würden. Wenn es hier eine positive Möglichkeit der Intervention von dir gibt, wären wir durchaus geneigt, uns zu beteiligen. Und wenn etwas Gescheites herauskommt, stimmen wir nachher bestimmt zu. Versprochen! (Beifall bei Grünen und NEOS.)

17.42


Präsident Karlheinz Kopf: Nun hat sich tatsächlich noch einmal Herr Abgeordneter Dr. Cap zu Wort gemeldet. – Bitte.

 


17.42.12

Abgeordneter Dr. Josef Cap (SPÖ): Das ist eine gute Idee, der Herr Minister soll alle Mediensprecher einladen. Auch ich halte das für eine gute Idee, wird aufgegriffen. Aber jetzt musst du dann zustimmen, das vergisst du doch nicht? Das sage ich nur auch da­zu. (Allgemeine Heiterkeit. – Abg. Pirklhuber: Wenn es gute Vorschläge sind!)

Das andere. Was hast du gegen den VÖZ und gegen den ORF? Das war ja transpa­rent. Es ist ja nicht so, dass die sich irgendwie heimlich durch den Hintereingang in ein Hinterzimmer hineingeschummelt haben, sondern es hat jeder gewusst, dass dann, wenn wir so eine große Regelung machen – das war damals eine große, mit Zweidrit­telmehrheit –, selbstverständlich der ORF, aber auch die Zeitungsherausgeber dabei eine Rolle spielen sollen.

Ich finde das gar nicht unanständig. Wir leben in einem politischen System. Auch bei anderen Dingen, die geregelt werden, sind immer Interessenvertreter, Organisationen, Kammern, wer auch immer, einbezogen. Das ist nichts Schlechtes, sondern etwas Gu­tes. Dann wurde eben diskutiert, und man hat sich auf einem bestimmten Gesetzestext geeinigt.

Aber das hat meiner Meinung nach nicht gerechtfertigt – bei den vielen, vielen anderen Punkten, wo uns die Zeit fehlt, dass wir das aufarbeiten –, dass du beziehungsweise ihr am Schluss dann nicht zugestimmt habt. Das würde ich meinen. Aber das ist meine subjektive Meinung, du hast eine andere subjektive Meinung. Aber wir werden das in guter alter österreichischer Manier noch auszudiskutieren haben, und – ich spüre es – wir kommen uns mental näher, Dieter, es wird gelingen. (Beifall bei der SPÖ sowie bei Abgeordneten der ÖVP. – Abg. Pirklhuber: Ein gutes Angebot!)

17.43

17.43.10

 



Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll86. Sitzung / Seite 171

Präsident Karlheinz Kopf: Zu Wort ist dazu niemand mehr gemeldet. Die Debatte ist geschlossen.

Wir kommen zur Abstimmung, die ich über jeden Ausschussantrag getrennt vor­nehme.

Zuerst kommen wir zur Abstimmung über Tagesordnungspunkt 7: Entwurf betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Privatradiogesetz, das ORF-Gesetz, das Audiovisuelle Mediendienste-Gesetz und das KommAustria-Gesetz geändert werden, samt Titel und Eingang in 700 der Beilagen.

Wer sich dafür ausspricht, der gebe bitte ein Zeichen. – Das ist mit Mehrheit ange­nommen.

Wir kommen sogleich zur dritten Lesung.

Ich bitte jene Damen und Herren, die diesem Entwurf auch in dritter Lesung zustimmen wollen, um ein Zeichen. – Das ist wiederum mit Mehrheit angenommen.

Wir kommen nun zur Abstimmung über den Entschließungsantrag der Abgeordneten Mag. Alm, Kolleginnen und Kollegen betreffend eine Opt-Out-Option für die Rundfunk­gebühren.

Wer spricht sich dafür aus? – Das ist die Minderheit. Der Antrag ist abgelehnt.

Nun kommen wir zur Abstimmung über den Entschließungsantrag der Abgeordneten Kickl, Kolleginnen und Kollegen betreffend Offenlegung der Einkünfte von ORF-Mitar­beitern, die Nachrichten-/Informations-/Wirtschafts-Formate mediengattungsunabhängig gestalten und/oder moderieren.

Wer spricht sich dafür aus? – Das ist die Minderheit. Dieser Antrag ist abgelehnt.

Wir kommen zur Abstimmung über Tagesordnungspunkt 8: Antrag des Verfassungs­ausschusses, seinen Bericht 701 der Beilagen zur Kenntnis zu nehmen.

Wer spricht sich dafür aus? – Das ist mit Mehrheit angenommen.

Nun kommen wir zur Abstimmung über Tagesordnungspunkt 9: Antrag des Verfas­sungsausschusses, seinen Bericht 702 der Beilagen zur Kenntnis zu nehmen.

Wer sich hiefür ausspricht, der gebe bitte ein Zeichen. – Das ist wiederum mit Mehr­heit angenommen.

Nun kommen wir zur Abstimmung über Tagesordnungspunkt 10: Antrag des Verfas­sungsausschusses, seinen Bericht 703 der Beilagen zur Kenntnis zu nehmen.

Wer spricht sich dafür aus? – Das ist wiederum die Mehrheit und somit angenommen.

17.45.5911. Punkt

Sammelbericht des Ausschusses für Petitionen und Bürgerinitiativen über die Petition Nr. 29 sowie über die Bürgerinitiativen Nr. 42 und 54 (725 d.B.)

 


Präsident Karlheinz Kopf: Wir gelangen nun zum 11. Punkt der Tagesordnung.

Auf eine mündliche Berichterstattung wurde verzichtet.

Als Erster gelangt Herr Abgeordneter Dr. Hübner zu Wort. – Bitte.

 


17.46.21

Abgeordneter Dr. Johannes Hübner (FPÖ): Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Zu diesem Tagesordnungspunkt liegen uns mehrere Petitionen zu den in die­sem Haus schon ausführlich behandelten möglichen Abkommen mit Kanada und den USA, TTIP und CETA vor.


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Die Petitionswerber sind beunruhigt über ähnliche Dinge, über die wir uns hier in die­sem Hohen Haus und in diversen Ausschüssen schon beunruhigt haben, nämlich über die Globalisierungsfolgen, die darin enthalten sind, die Öffnung unseres Landwirt­schaftsmarktes, die Gefährdung der kleinbäuerlichen Landwirtschaftsstrukturen, die Öff­nung des Marktes für Produkte, die wir in Europa so nie produzieren und zulassen wollten und würden, bis hin zur Aushebelung unserer Demokratie und unserer eigenen Rechte, die Gesetze durch die sogenannten Investitionsschutzabkommen zu schaffen, sprich überstaatliche Schiedsgerichte.

Wie ist der Stand der Angelegenheit? – Österreich hat eine Resolution gefasst, in der es klargestellt hat: Unter den jetzigen Bedingungen, vor allem mit den Investitions­schutzklauseln, ist das Abkommen mit den USA für uns unakzeptabel. – Gut. Aber wie sieht es auf europäischer Ebene aus? Wie ist der Stand?

Frau EU-Kommissarin Cecilia Malmström, die zuständig ist für die Verhandlungen mit den USA, hat bei uns im Parlament – es waren viele Kollegen dabei – klargestellt: Die­ses Abkommen kommt mit den Investitionsschutzklauseln ohne Wenn und Aber.

Alle Mitglieder der Europäischen Kommission sagen dasselbe. Gestern hat das Euro­päische Parlament, das dafür nicht wirklich zuständig ist, aber doch gewisse Zustim­mungsrechte hat, das grüne Licht gegeben, nämlich auch hinsichtlich der Investitions­schutzklauseln beziehungsweise der Schiedsgerichte, mit der einzigen Ausnahme, dass es gesagt hat, na ja, diese Schiedsgerichte sollen irgendwie richterlichen Einschlag ha­ben. Das heißt, die Sache ist praktisch gegessen.

Was hat Österreich getan? Österreich lässt das bestehende Verhandlungsmandat der Europäischen Kommission unverändert gelten. Dieses Verhandlungsmandat gibt es tatsächlich, das ist in der Ratssitzung vom 13. Juni 2013 erteilt worden. Bei der Ratssit­zung war man bezeichnenderweise nicht einmal durch den Außenminister, sondern nur durch Herrn Botschafter Heiss vertreten.

Bei diesem Verhandlungsmandat ist der Vorschlag der Kommission über die grundle­genden Vereinbarungen zu TTIP vorgelegen. Da gibt es zwei Seiten, ganz klar, unter anderem auch über das Investitionsschutzabkommen und die Schiedsklauseln.

Der österreichische Botschafter Heiss – ich habe mir das Protokoll herausgesucht – hat damals dazu gesagt, er begrüßt den vorliegenden Vorschlag inklusive der ganzen Schiedsklauseln und sieht seine Sorgen und Wünsche im Kompromisstext der Prä­sidentschaft ausreichend berücksichtigt. Er tritt daher für einen raschen Übergang in die Verhandlungsphase ein.

Jetzt können wir uns vorstellen, wie die österreichischen Bedenken und der Wunsch des österreichischen Nationalrates, den wir in dieser Resolution geäußert haben, in die­sem Fall auf europäischer Ebene berücksichtigt werden; noch dazu, wo sich die Euro­päische Kommission bis heute nicht dazu bekannt hat, dass ein sogenanntes ge­mischtes Abkommen vorliegt – das heißt, dass wir im Nationalrat überhaupt noch die Chance haben, mitzubestimmen.

Wenn es kein gemischtes Abkommen gibt, dann ist der Nationalrat nicht weiter zu be­fassen, dann schließen die europäischen Institutionen mit Bindungswirkung für Öster­reich ab.

Die sagen natürlich nicht – gescheit, wie sie sind –, das ist kein gemischtes Abkom­men, sondern das wissen wir nicht, das müssen die Juristen entscheiden. Das ist aber immerhin seit 2013 der Stand, dass man es nicht weiß, und dass die Juristen entschei­den müssen.

Vorsorglich entscheiden natürlich diese Juristen nie, sondern zuerst wird das Verhand­lungsmandat vollständig erfüllt, und das Abkommen abgeschlossen. Ich würde mich


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nicht wundern, wenn dann die Juristen auf einmal entscheiden: Jetzt ist es doch kein gemischtes Abkommen, wir brauchen die einzelnen Parlamente nicht.

Aber selbst wenn es ein gemischtes Abkommen wäre, und wenn das Parlament be­fasst würde, glaubt wirklich jemand im Saal – inklusive ÖVP –, dass die Republik Ös­terreich dann – allein oder vielleicht im Bund mit einem zweiten Staat – dieses Abkom­men blockieren würde, die Ratifizierung verweigern würde? Glaubt das jemand ernst­haft – bei dem, was wir heute zum Beispiel bei der Griechenland-Diskussion gehört haben –, dass die österreichischen Vertreter vor das Parlament treten und sagen: Lie­be Freunde! Unsere Meinungen, unsere Grundsätze konnten nicht durchgesetzt wer­den. Österreich wird das Freihandelsabkommen mit den USA daher nicht ratifizieren und aus der europäischen Front ausscheren. Glaubt das jemand? Ich kann es mir nicht vorstellen. (Abg. Rasinger: Sie!) – Ich glaube es auch nicht, vor allem, wenn man sich anschaut, was heute von den Regierungsvertretern hier zu Griechenland produziert wurde.

Wir haben eine Situation, zu der die SPÖ durchaus zu Recht gesagt hat: Die Situation in Griechenland ist verheerend, die soziale Situation ist verheerend, die Gesundheits­situation, die Arbeitslosigkeit – verheerend.

Wie ist das passiert? Ist das passiert, da man das Land allein gelassen hat, da das Land vor sich allein hingetrieben ist? Nein! Das ist passiert, nachdem wir innerhalb von fünf Jahren 280 Milliarden € in dieses Land hineingepumpt haben. 280 Milliarden! Und jetzt sind wir dort, dass Griechenland gegenüber dem Jahr 2010, als wir mit der Infu­sion begonnen haben, ein um fast 100 Milliarden € geringeres Bruttosozialprodukt hat. Das Bruttosozialprodukt ist bis jetzt um etwa 26,5 Prozent zurückgegangen.

Die halbe Jugend ist arbeitslos. Wir haben das alle gehört. Das Gesundheitswesen steht vor dem völligen Stillstand. Ein solches Debakel ist in der europäischen Geschich-
te einzigartig. Einzigartig!

Das ist eine Fehleinschätzung, eine mutwillige Verschleuderung von Steuergeld, eine vorsätzliche Anrichtung eines gigantischen Schadens, wie wir es noch nie gesehen haben. 280 Milliarden – das muss man sich einmal auf der Zunge zergehen lassen! Das sind Beträge, die ja niemandem klar sind.

Der berühmte Marshall-Plan – zu dem von Kai Jan Krainer immer wieder kommt: Ja, wir haben ja auch vom Marshall-Plan gelebt – hat mit Kaufkraft Ende der vierziger Jah­re 50 Millionen US-Dollar umfasst. Nach heutiger Evaluierung muss man davon aus­gehen, dass der Dollar weniger als ein Hundertstel des damaligen Wertes hat. Also man muss es mit mehr als 100 – da gibt es Schätzungen zwischen 105 und 120 – multi­plizieren. Das heißt, der Wert des gesamten Marshall-Plans liegt nach heutiger Kauf­kraft zwischen 5 Milliarden und 7 Milliarden US-Dollar, nicht Euro.

Von den 50 Millionen sind 10 Millionen auf Deutschland entfallen, das heißt, der be­rühmte Marshall-Plan hat für Deutschland nach heutiger Kaufkraft maximal einen Wert von 1,2 bis 1,3 Milliarden € gehabt.

Und wir haben in fünf Jahren 280 Milliarden € in Griechenland versenkt, davon 7 bis 8 Milliarden € sozusagen auf österreichischer Rechnung. (Abg. Kogler: Das stimmt doch nicht!) Dass wir es noch nicht gezahlt haben, sondern nur dafür haften, macht ja das Ganze nur noch schlimmer, da wir die Schmerzen gar nicht gefühlt haben, und die Verantwortlichen in der Lage sind, uns zu erklären: Das kostet uns eh nichts, das sind Haftungen. Und auch wenn die Haftungen schlagend werden, die Fonds sind ja dann nicht im Konkurs, die sind ja nicht zahlungsunfähig. Das heißt, dann müssen wir noch immer nicht einzahlen, das können wir noch ein paar Jahre hinauszögern. Das ist ja der einzige Grund, warum es hier weitergegangen ist.


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Die einzigen Antworten, die wir von unserem Finanzminister bekommen: Mit Ihren Aus­führungen gefährden Sie das Friedensprojekt Europa! – Am Sonntag, wenn wir uns nicht mit den Griechen einigen, dann kann ich Ihnen eines sagen – da war ich sehr ge­spannt, was Schelling uns denn sagt – : Da werden Sie blöd schauen!

Also das sind unsere Leute! Statt dass man endlich ehrlich vor die Leute hintritt und sagt: Wir haben hier bei einem Wahnsinnsprojekt mitgemacht. Wir haben uns von Leu­ten täuschen lassen, die nicht vernunftmäßig vorgehen, sondern die „religiöse“ Ziele ver­folgen, die meinen, die Eurozone ist etwas „Heiliges“, koste es, was es wolle, die mei­nen, wir haben gewisse Grundsätze, die wir durchziehen, koste es, was es wolle, die meinen, es ist vollkommen egal, wie viel die Steuerzahler dafür bluten, Hauptsache wir folgen unseren Grundsätzen. Wir haben diesen Leuten kritiklos nachgeheult und müs­sen jetzt eingestehen: 280 Milliarden sind verbraten worden, um ein Land in den Ruin zu stürzen. Das haben wir ja gemacht.

Zu diesen 280 Milliarden muss man ja noch die Nettozahlungen aus den Kohäsions- und Regionalfonds dazurechnen, die da gar nicht beinhaltet sind. Das waren noch ein­mal circa 4,1 bis 4,3 Milliarden pro Jahr. Das sind die sogenannten Nettozahlungen, die dazukommen. Das ist auch unser Geld, denn wir zahlen ja ungefähr 1,5 Milliarden netto in die EU ein. Also auch da steckt natürlich österreichisches Geld drinnen.

Das muss man für die letzten fünf Jahre geistig noch dazurechnen. Und das Einzige, was man hört, ist: Da werden Sie blöd schauen, wenn wir uns am Sonntag nicht eini­gen. Eine Einigung am Sonntag heißt natürlich weitere 50 bis 150 Milliarden € an mit­tel- und langfristigen Zusagen, sonst ist Griechenland in der jetzigen Eurozonen-Ver­fassung überhaupt nicht flottzumachen.

So eine Regierung, so eine österreichischen Vertretung, mit dieser Entschlossenheit, mit dieser Ehrlichkeit und mit dieser Wahrung der steuerlichen österreichischen Inter­essen, wird dann unsere ohnehin zaghafte Opposition gegen TTIP und CETA durch­setzen.

Haben Sie je gehört, dass wir bei der Kommission deponiert haben: Liebe Freunde, da gibt es einen Beschluss, mit diesen Investitionsschutzklauseln gibt es keine österreichi­sche Zustimmung?! Und, liebe Freunde, macht einmal klar, ob das ein gemischtes Ab­kommen ist, oder wollt ihr dann über uns drüberfahren und egal, was wir sagen, sagen: Ach, die Juristen haben gesagt, es ist leider nicht gemischt, ihr könnt nicht mitreden!

Haben wir das jemals gehört? Von Bundeskanzler Faymann natürlich nicht, aber der Finanzminister tritt ja immer – zumindest nach außen hin – rhetorisch energisch auf. Von ihm habe ich das auch noch nie gehört. Das wäre doch das absolute Minimum!

Da wir das alles nie und nimmer hören, halten wir es für erforderlich, dass die Vertreter des österreichischen Volkes, nämlich wir, einen Beschluss darüber fassen und die Re­gierung – sagen wir es einmal vorsichtig ausgedrückt – ermuntern, das zu tun, was getan werden muss.

Und das kann nur mehr eines sein, nämlich der Europäischen Kommission das Man­dat, das hier ohne Wenn und Aber einfach so hineingegeben wurde, bis auf weiteres zu entziehen. Etwas anderes gibt es nicht. (Beifall bei der FPÖ.)

Ich bringe daher folgenden Antrag ein:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Hafenecker, Hübner, Mölzer und weiterer Abgeordneter betreffend Ende der österreichischen TTIP- und CETA- Vollmachten an die Kommission

Der Nationalrat wolle beschließen:


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„Die Bundesregierung wird aufgefordert, die der europäischen Kommission erteilten Voll­machten und Mandate für Verhandlungen zum Abschluss eines Freihandelsabkom­mens mit den Vereinigten Staaten und Kanada unverzüglich zu widerrufen beziehungs­weise aufzukündigen.“

*****

Vielen Dank. (Beifall bei der FPÖ.)

17.58


Präsident Karlheinz Kopf: Der von Herrn Abgeordnetem Dr. Hübner eingebrachte Ent­schließungsantrag ist ausreichend unterstützt und steht daher mit in Verhandlung.

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Hafenecker, Hübner, Mölzer und weiterer Abgeordneter

betreffend Ende der österreichischen TTIP und CETA Vollmachten an die Kommission

eingebracht im Zuge der Debatte über den Tagesordnungspunkt 11. Sammelbericht des Ausschusses für Petitionen und Bürgerinitiativen über die Petition Nr. 29 sowie über die Bürgerinitiativen Nr. 42 und 54 (725 d.B.): in der 86. Sitzung des Nationalra­tes, XXV. GP, am 9. Juli 2015.

Die für die TTIP Verhandlungen zuständige EU-Kommissarin Malmström, sowie alle anderen verantwortlichen Mitglieder der Kommission haben klargestellt, dass sie für den Abschluss des Freihandelsvertrages TTIP mit den Vereinigten Staaten – praktisch ohne „wenn und aber“ – sind, da dies hunderttausende – manchmal hört man sogar „Millionen“ – Arbeitsplätze schaffen und sichern würde. Kritische Stimmen über die Un­haltbarkeit dieser Behauptungen, die Nachteile dieses Abkommens für die europäische Wirtschaft, die Ökologie, insbesondere die Regionalität und die Kleinstrukturierung der Landwirtschaft, werden ebenso wie die drohenden schweren Schäden für Demokratie und Selbstbestimmung der Europäischen Völker (Schiedsgerichte und dergleichen) beiseitegeschoben. Nachverhandlungen hinsichtlich des für die österreichischen und europäischen Interessen ebenso schädlichen CETA – Freihandelsabkommens mit Ka­nada lehnt Kommissarin Malmström überhaupt kategorisch ab.

Auch das Europäische Parlament hat nunmehr quasi „grünes Licht“ für den Abschluss des TTIPs in der sich nun abzeichnenden Form gegeben.

Maßgebliche Kreise der österreichischen Gesellschaft, die Mehrheit der Abgeordneten des österreichischen Parlamentes und die Mehrzahl der politischen Parteien lehnen den Abschluss von TTIP in dieser Form klar ab. Das der europäischen Kommission – auch von Österreich – erteilte Verhandlungsmandat droht von der Kommission gegen den Willen und gegen die Interessen Österreichs genutzt zu werden. Sein Widerruf ist daher unabdingbar, vor diesem Hintergrund stellen die unterfertigten Abgeordneten fol­genden

Entschließungsantrag

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesregierung wird aufgefordert, die der europäischen Kommission erteilten Vollmachten und Mandate für Verhandlungen zum Abschluss eines Freihandelsabkom-


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mens mit den Vereinigten Staaten und Kanada unverzüglich zu widerrufen bzw. aufzu­kündigen.“

*****

 


Präsident Karlheinz Kopf: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Lipitsch. – Bitte.

 


17.58.15

Abgeordneter Hermann Lipitsch (SPÖ): Herr Präsident! Liebe Kolleginnen! Liebe Kol­legen! Ich kann mich sehr wohl erinnern, dass sich Bundeskanzler Faymann dezidiert gegen diese Schiedsgerichte ausgesprochen hat. (Nein-Rufe bei der FPÖ. – Abg. Hüb­ner: Aber das nutzt ja nichts!)

Ich möchte nur anführen, dass wir uns im Petitions- und Bürgerinitiativenausschuss mit diesen drei Initiativen beschäftigt haben und zu dem Entschluss gekommen sind, hier ein eigenes Hearing zu machen, um Informationen zu erhalten. Die bisherigen Erfah­rungen haben gezeigt, dass es leider Gottes an mangelnden Informationen, aber auch unter Umständen an falscher Kommunikation liegt, dass so viele Gerüchte in die Welt gesetzt werden.

Die Lebensmittel, den Arbeitnehmerschutz, aber besonders den Investorenschutz hat man in den Medien breit diskutiert. Und ich sage es noch einmal: Bundeskanzler Fay­mann hat sich aktiv gegen diese Schiedsgerichte ausgesprochen.

Wir haben die Experten eingeladen, und ich möchte unserem Vorsitzenden, dem Kol­legen Pock, recht herzlich danken. Es war ja im Petitionsausschuss sogar möglich, Dr. Christian Burgsmüller, ein Mitglied des Kabinetts der zuständigen EU-Kommissarin, hier zu haben und die neuesten Informationen zu erhalten. Es ist ja derzeit so, dass mit dem Beschluss der Resolution im EU-Parlament, aber auch mit der Ermächtigung des US-Kongresses für Präsident Obama natürlich versucht wird, die Verhandlungen so schnell wie möglich weiterzuführen.

Aber es waren dann auch EU-Parlamentarier hier, Josef Weidenholzer und Angelika Mlinar sind Rede und Antwort gestanden, NGOs waren hier, aber auch Vertreter des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales und des Bundesministeriums für Wirt­schaft.

Die Erstunterzeichner dieser Bürgerinitiativen hatten die Möglichkeit, auch ihre Sicht­weise der Dinge klar darzulegen. Da hat man natürlich gesehen, wie unterschiedlich die Meinungen und Zugänge der Einzelnen sind.

Es war für uns zum Abschluss klar, es darf zu keinerlei Verschlechterung der hohen Qualität unserer Lebensmittel kommen. Da waren wir uns einig. Standards im Konsu­mentenschutz dürfen nicht aufgeweicht werden, Lohndumping und Aushöhlung von Ar­beitnehmerInnenschutz dürfen nicht stattfinden und nationale Gesetze und Richtlinien dürfen nicht ausgehebelt werden und dem Investorenschutz zum Opfer fallen.

Ich möchte den EU-Parlamentariern der SPÖ gratulieren, die jetzt im EU-Parlament ge­gen diese Resolution gestimmt haben und sie haben diesen Standpunkt, den wir hier vertreten haben, auch im EU-Parlament vertreten. (Beifall bei der SPÖ.)

Dazu muss man einmal ein recht herzliches Danke sagen. Es hat aber auch gezeigt, dass wir in Hinkunft sehr viel an Diskussion und Information brauchen werden, wenn diese Diskussionen dementsprechend weiterlaufen. (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Pirkl­huber: Wozu war die Diskussion, Herr Kollege?)

18.01


Präsident Karlheinz Kopf: Als Nächster zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Schmid. – Bitte.

 



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18.01.24

Abgeordneter Gerhard Schmid (ohne Klubzugehörigkeit): Herr Präsident! Mein Bei­trag befasst sich ebenfalls mit den Freihandelsabkommen.

Grundsätzlich können sich Freihandelsabkommen durchaus wirtschaftsfördernd aus­wirken, es sind genügend Beispiele vorhanden. Die in Verhandlung befindlichen Ab­kommen jedoch sind allein aufgrund der permanenten Informationsverweigerung abzu­lehnen. Vorgaben, Wünsche, Verhandlungspositionen, Forderungen seitens der Repu­blik sind bis dato nicht bekannt und sollen dem Vernehmen nach auch nicht bekannt werden.

Österreich ist für qualitativ hochwertige Produkte bekannt, Amerika ist dagegen der Pro­duzent von Massenprodukten. Aus unserer österreichischen Sicht ist Gentechnik und Gentechnikfreiheit eine besonders sensible Causa, somit ein wichtiges Thema.

Dies wirft die Frage auf, wo und durch wen unsere Lebensmittelsicherheit und unsere gesetzlich hohen Ansprüche überwacht und kontrolliert werden, dies gerade ange­sichts der zu erwartenden steigenden Zahl der Importe.

Eine Förderung des herkunftsorientierten Kaufverhaltens heimischer Produkte wirkt ge­rade für unsere KMUs wirtschaftsbelebender als die gefährlichen und undurchschau­baren Abkommen, von welchen ausschließlich Großkonzerne aus Übersee profitieren.

Einer Unterzeichnung der Verträge zu den Freihandelsabkommen kann zugunsten der heimischen Wirtschaft und Landwirtschaft nicht zugestimmt werden. – Danke. (Beifall bei Abgeordneten der FPÖ sowie des Abg. Doppler. – Abg. Krist: Das war eine Traum­rede!)

18.03


Präsident Karlheinz Kopf: Als Nächster zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Gahr. – Bitte.

 


18.03.26

Abgeordneter Hermann Gahr (ÖVP): Herr Präsident! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Wir nehmen heute eine Petition und zwei Bürgerinitiativen zu TTIP und CETA zur Kenntnis, und ich kann schon sagen, dass wir uns im Hearing und auch in den Ausschüssen intensiv mit diesem Thema auseinandergesetzt haben. Ich möchte mich beim Vorsitzenden bedanken, das hat wirklich von der Ladung und von der Aus­gewogenheit her absolut entsprochen.

Es hat auch eine interessante und spannende Diskussion gegeben. Ich glaube, es wä­re wichtig, dass wir uns weiterhin gerade auf breiter Basis informieren. Es braucht zu diesen Themen einfach Aufklärung und Information. Aber, Kollege Hübner, ich glaube, es braucht auch Sachlichkeit. Wir können hier nicht in Panik verfallen und alles schlecht­reden. Österreich ist derzeit an 60 Handelsabkommen beteiligt. Dieses überdimensio­nale Handelsabkommen, das zur Verhandlung ansteht, braucht deshalb eine intensive Vorbereitung und einen intensiven Abtausch. Wir können da nur weiterkommen, wenn wir wieder Vertrauen gewinnen.

Die Bilanz in dem Ausschuss ist ja durchaus auch so, dass der Kabinettschef von Kommissarin Malmström über die aktuellen Entwicklungen berichtet hat. Er hat uns ja ganz klar mitgeteilt, dass es einen Fahrplan gibt. Bis Jahresende soll es auch ein Er­gebnis geben.

Es gibt durchaus unterschiedliche Positionen, ob es heuer überhaupt zu einem Ab­schluss kommen kann. Aber er hat auch klar betont, dass dieses Abkommen gerade für Österreich als exportorientiertes Land von großer Bedeutung ist. Er hat uns auch klar mitgeteilt, dass die Chancen und Risiken abgewogen werden.


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Durch das Hearing wurde natürlich auch klar, dass es gerade in Österreich aus Sicht der Landwirtschaft durchaus eine kritische Position gibt. Österreich hat ja, was die Land­wirtschaft betrifft, ganz andere Voraussetzungen als die USA, und der gestrige Be­schluss zum Gentechnikverbot hat auch gezeigt, dass wir hier durchaus unterschied­lich sind. Wir können einfach sagen, wir sind da nicht dabei oder wir bringen uns aktiv ein. Das ist auf jeden Fall der bessere Weg, denn die Bevölkerung in Österreich möch­te auch zukünftig in hohem Maße Gentechnikfreiheit. Sie möchte auch zukünftig Re­gionalität und sie möchte auch zukünftig den Biolandbau. Ich glaube, da müssen wir uns intensiv einbringen. (Beifall bei der ÖVP.)

Wichtig ist aus meiner Sicht, dass es hier kein Ausspielen von Landwirtschaft und Wirt­schaft geben darf, und dass wir geschlossen auftreten. Wichtig ist auch, dass wir diese kritischen Themen, die es ja durchaus gibt, kommunizieren. TTIP ist keine Glaubens­frage, sondern es ist sehr wohl eine Zukunftsfrage, welcher wir uns stellen müssen. (Neuerlicher Beifall bei der ÖVP.)

Es darf nicht über die Köpfe der Menschen hinweg entschieden werden, es braucht einen Prozess und eine kluge Strategie. Ich glaube, gestern wurde ja im Europäischen Parlament ein Beschluss gefasst, mit dem es durchaus gelungen ist, das Verhandlungs­mandat zu verschärfen und zu präzisieren. (Abg. Hübner: Wo?)

Mir ist wichtig, dass die Ängste und Sorgen der Bürgerinnen und Bürger in die Ver­handlungen eingebracht werden. Ja, es geht um Schutzklauseln, es geht um den refor­mierten Investitionsschutz, es geht um Übergangszeiträume und es geht um Quoten.

Man muss heute zum Beispiel auch so manche Überschriften ein wenig kritisch be­trachten. Es schaut ja fast schon so aus, als ob das alles schon gegessen wäre. Aus meiner Sicht ist es ganz klar, es gibt derzeit nur ein Verhandlungsmandat. Othmar Ka­ras hat auch ganz klar festgestellt, dass das Märchen, dass es die Privatisierung der Wasserversorgung geben soll, dezidiert ausgeschlossen wird. (Abg. Hafenecker: Ach, der Karas!)

Wir wollen also ein faires Freihandelsabkommen. Wir wollen unsere Bedingungen vor­behaltlos einbringen, und ich glaube, zum Schluss ist es wichtig, dass wir auch Wirt­schaft und Landwirtschaft in diesem Maß sehen, dass wir ja Wirtschaftswachstum brau­chen, damit wir Arbeitsplätze sichern.

Kollege Hübner, ich würde Sie wirklich einladen, einige Tiroler Betriebe wie Sandoz, Swarovski Optik oder Thöni zu besuchen und diese zu fragen, wie weit sie als Han­delspartner weltweit unterwegs sind, dann würden Sie hier nicht so einseitige Posi­tionen verbreiten. – Vielen Dank. (Beifall bei der ÖVP.)

18.08


Präsident Karlheinz Kopf: Als Nächster zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Dopp­ler. – Bitte.

 


18.08.06

Abgeordneter Rupert Doppler (ohne Klubzugehörigkeit): Herr Präsident! Hohes Haus! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Lieber Herr Dr. Hübner, ich darf dir ganz herz­lich zu deinen Ausführungen gratulieren! Du hast den Nagel auf den Kopf getroffen; ge­nauso ist es.

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Sammelbericht über Petitionen und Bürger­initiativen: In einigen Petitionen bringen Leute, ja sogar Gemeinden, große Sorgen zum Freihandelsabkommen zum Ausdruck. Diese Sorgen und Bedenken sind berechtigt.

Bei diesem Freihandelsabkommen geht es in keiner Weise um die Bedürfnisse und Anliegen der Menschen, sondern um die reine Profitgier der Großkonzerne, wie bereits


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von Dr. Hübner angesprochen. Da werden Geheimverhandlungen geführt, es soll nie­mand wissen. Aber das geschieht nicht zum Wohl der Menschen und der Bürger, son­dern zum Wohl der Großkonzerne.

Seit gestern wissen wir, dass dieses Freihandelsabkommen zwischen der EU und den USA ohne Wenn und Aber umgesetzt wird. Das lehne ich, so wie viele Bürger in unse­rem Land, ab. – Danke schön. (Beifall bei Abgeordneten der FPÖ sowie des Abg. Schmid.)

18.09


Präsident Karlheinz Kopf: Als Nächster zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Dr. Pirkl­huber. – Bitte.

 


18.09.32

Abgeordneter Dipl.-Ing. Dr. Wolfgang Pirklhuber (Grüne)|: Herr Kollege Doppler, Herr Kollege Hübner! Werter Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Worum es uns bei dieser Diskussion über den Sammelbericht zu diesen Initiativen gehen sollte, ist, dass wir die Bürgerinnen und Bürger auf allen Ebenen ernst nehmen müssen. (Abg. Doppler: Er ist schon wieder umgefallen! So wie gestern!)

Der Ausschuss für Petitionen und Bürgerinitiativen – und das möchte ich auch an Kol­legen Pock richten, er ist dort Vorsitzender – hat einen guten Weg gefunden, damit im Rahmen der bestehenden Geschäftsordnung umzugehen.

Wir alle – ich hoffe, ich sage das jetzt richtig – hätten uns natürlich gewünscht, dass dieses Hearing öffentlich ist. Aber leider gibt es im Rahmen der Geschäftsordnung diese Möglichkeit gar nicht. Es war also kein öffentliches Hearing, aber es war ein sehr interessantes und gutes Hearing.

Welche Bürgerinitiativen standen denn zur Diskussion? – Ich selbst habe eine Reso­lution einer Gemeinde eingebracht, in der es keinen grünen Gemeinderat gibt. Diese Resolution der Gemeinde Lanzenkirchen steht nur stellvertretend für inzwischen viele, viele Gemeinderäte in Österreich, nämlich mehr als 200, die per Beschluss von der ös­terreichischen Bundesregierung fordern, vier, fünf Punkte umzusetzen.

Erstens fordern sie mehr Transparenz in den Verhandlungen. Sie fordern ganz klar, dass die europäischen und nationalen Konsumentenschutzbestimmungen und Umwelt­standards nicht unterminiert werden dürfen. Sie fordern aber auch den Schutz der eu­ropäischen und nationalen ArbeitnehmerInnenrechte. Und sie sind ganz massiv gegen den bestehenden Verhandlungsteil „Investor-State Dispute Settlement“, gegen diese In­vestor-Staat-Klagen-Mechanismen, die im Rahmen dieser Freihandelsabkommen dis­kutiert werden.

Das sind Gemeinderatsbeschlüsse, wobei ÖVP-Bürgermeister oder SPÖ-Bürgermeis­ter genau diese Forderungen der Bürgerinnen und Bürger unterstützen. Das ist an bei­de Seiten gerichtet – an Sie hier, als Abgeordnete aus diesen Wahlkreisen. (Abg. Kog­ler: Jawohl! Wen vertretet ihr eigentlich?!) – Da steht doch etwas im Raum, nämlich dass wir hier im Parlament endlich dazu beitragen müssen, dass es eine öffentliche De­batte gibt. Bis heute gibt es keine Parlamentarische Enquete dazu!

Wir werden im nächsten Hauptausschuss dieses Hauses einen Antrag einbringen, möglichst gemeinsam – das ist das Angebot an alle Fraktionen hier –, möglichst ge­meinsam einen gemeinsamen Antrag nach dieser Debatte, nach den Wünschen der Bürgerinnen und Bürger, nämlich zu einer Parlamentarischen Enquete im Herbst zu kommen, damit wir uns dann den Fortschritt der Verhandlungen ansehen können und auch mit der Öffentlichkeit diskutieren, nämlich mit den interessierten Kreisen sowohl unter Einschluss der Medien als auch der entsprechenden Stakeholder.

Ich glaube, das sollte unser Ziel sein, und das ist auch das Ziel dieser Initiativen, die wir im Ausschuss für Petitionen und Bürgerinitiativen sehr, sehr gut eingebunden ha-


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ben. Wir hatten eine sehr konkrete, eine sehr interessante und detaillierte Diskussion. Insofern möchte ich auch gerne ein bisschen auf dieses Hearing eingehen.

Meine Damen und Herren, viele von Ihnen waren ja nicht dabei. Es ist uns gelungen, einen Vertreter aus dem Kabinett der EU-Kommissarin Malmström zu bekommen, Dr. Christian Burgsmüller war für die Kommission bei diesem Hearing, und es waren von allen Fraktionen nominierte Expertinnen/Experten da. Von den Petenten selbst, von der Bürgerinitiative war Mag. Alexandra Strickner da. Sie ist bekannt als Aktivistin und Kämpferin für fairen Handel, für eine Transaktionssteuer und ähnliche Dinge im Rahmen von „Attac“, einer Initiative, die europaweit für mehr faire und gerechte Politik, auch im wirtschaftlichen Zusammenhang, aktiv ist.

Wir hatten aber auch Kollegin Irmi Salzer von der Österreichischen Bergbauernvereini­gung, VertreterInnen der Umweltorganisationen, wie Heidemarie Porstner von „GLO­BAL 2000“ und andere ExpertInnen in diesem Hearing dabei.

Ich sage Ihnen, es war schon sehr bemerkenswert, als Dr. Burgsmüller von der Kom­mission auf die Frage, wie es denn derzeit mit der Verhandlungsposition, was die Im­portquoten von Rind-, Schweinefleisch und Geflügelfleisch aus den USA betrifft, aus­schaut, eher lapidar festgestellt hat: Meine Damen und Herren, das kann ich Ihnen noch nicht sagen, denn das ist eine Causa prima, und die wird in der letzten Verhand­lungsnacht wahrscheinlich zwischen Juncker und Obama verhandelt werden.

Wissen Sie, was das heißt? – Geheimverhandlungen bis zum Schluss! Es ist völlig un­klar! Es ist auch zutage getreten, dass es keine Folgenabschätzung für den Bereich der Lebensmittel und der Landwirtschaft derzeit für Österreich gibt.

Meine Damen und Herren, das sind drängende Fragen! Drängende Fragen, die offen sind. Daher ist meine Conclusio noch einmal: Wir brauchen eine Parlamentarische En­quete. Wir brauchen einen Neustart auch bei diesen Verhandlungen, denn wir brau­chen nicht mehr Freihandel, sondern wir brauchen mehr fairen Handel im Interesse der Konsumenten und Konsumentinnen und auch im Interesse der österreichischen Land­wirtschaft. – Danke schön. (Beifall bei den Grünen.)

18.15


Präsident Karlheinz Kopf: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Hafenecker. – Bitte.

 


18.15.15

Abgeordneter Christian Hafenecker, MA (FPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Ho­hes Haus! Wenn Kollege Gahr sagt, Abgeordneter Karas hätte im EU-Parlament alles, was TTIP betrifft, im Griff, dann ist das wohl eher als gefährliche Drohung zu verste­hen – und würde mich nicht unbedingt beruhigen. (Abg. Gahr: Das habe ich nicht ge­sagt!)

Ich möchte nur ganz zum Petitionsausschuss im Allgemeinen kurz Stellung nehmen und möchte mich dem Kollegen Pirklhuber anschließen. Ich bin auch der Meinung, dass wir mit dem Ausschuss auf einem guten Weg sind und möchte mich auch beim Vorsitzenden Pock dafür bedanken, dass wir diese Hearings ins Leben gerufen haben. Es ist uns damit ein großer Schritt nach vorne gelungen.

Die Experten ermöglichen uns in diesen Hearings einen größeren Einblick in die Ma­terie. Wir führen umfassende Diskussionen und setzen uns entsprechend mit dem The­ma auseinander.

Aber wie auch Kollege Pirklhuber schon gesagt hat, auch für uns Freiheitliche hat das einen Schönheitsfehler, nämlich dass diese Hearings nicht öffentlich sind. Somit haben die Initiatoren dieser Bürgerinitiativen und Petitionen nicht die Möglichkeit, von diesen Informationen zu profitieren, wie wir es im Hohen Haus tun. Man schließt die Initiatoren aus. Ich denke, das ist ein falsches Signal, das wir aussenden.


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Genau dieses TTIP-Abkommen ist ja auch ein Beispiel dafür, warum es wichtig wäre, diese Hearings öffentlich zu machen. Wir wissen, dass hier ein riesengroßes öffent­liches Interesse besteht. Wir kennen das große, ungebrochene Interesse der Medien. Ich glaube, wir sollten uns wirklich im Herbst zusammensetzen und im Rahmen einer Geschäftsordnungsdiskussion überlegen, ob wir Mittel und Wege ermöglichen können, dass wir diese Hearings öffentlich machen.

Mein Appell lautet: Setzen wir bitte diesen guten Weg fort! In diesem Sinne würden wir den Ausschuss und das Hohe Haus noch mehr für die Öffentlichkeit, für die Bevöl­kerung, für unsere Bürger öffnen. Das wäre ein gutes Signal. – Danke schön. (Beifall bei der FPÖ.)

18.17


Präsident Karlheinz Kopf: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Schenk. – Bitte.

 


18.17.23

Abgeordnete Martina Schenk (STRONACH): Herr Präsident! Hohes Haus! Sehr ge­ehrte Damen und Herren! Meine Vorredner haben schon einiges zu diesem Sammel­bericht ausgeführt. Ich möchte aber auch noch, logischerweise, ein paar Worte dazu sagen.

Wir haben ein Hearing im Ausschuss gehabt, das zweite Hearing in diesem Halbjahr. Ich finde es auch sehr positiv, wie meine beiden letzten Vorredner, dass wir das Hea­ring einberufen haben und heuer bereits zwei Hearings zu so wichtigen Themen im Rahmen des Petitionsausschusses abgehalten haben.

Ich spreche mich natürlich auch dafür aus, dass der Zugang zu diesen Hearings öffent­lich wird, da wir dann der breiten Öffentlichkeit die Themen übermitteln können, diese sich einbringen kann und das sicher sinnvoll wäre.

Bei diesem Hearing wurden – es wurde schon angesprochen – eine Petition und zwei Bürgerinitiativen behandelt, die weit mehr als 10 000 Unterstützer erfahren haben. Es hat jede Fraktion in diesem Hearing einen Experten nominiert. Es war ein Vertreter des Büros der zuständigen EU-Kommissarin Malmström im Ausschuss. Es waren Expertin­nen/Experten, wie gesagt, geladen.

Wenn man die Stellungnahmen und die Standpunkte, die abgegeben wurden, zusam­menfasst, so kann man, glaube ich, sagen, dass die negativen Aspekte die positiven überwiegen. Fasst man die Probleme und die Vorbehalte, die Ängste, die Bedenken der Bürgerinnen und Bürger zusammen, dann hat man gesehen, dass sich das auch im Hearing wiedergespiegelt hat, und das wurde auch von den Expertinnen und Ex­perten im Ausschuss bestätigt.

Man muss grundsätzlich dazu sagen, was TTIP und CETA betrifft, das war von vorn­herein schon mehr oder weniger zum Scheitern verurteilt, da die Verhandlungen von vornherein hinter verschlossenen Türen begonnen wurden. Es wurde immer eine gro­ße Geheimniskrämerei darum gemacht, was, wo, wie, wer mit wem. Und das geht jetzt leider auch weiter.

Kollege Pirklhuber hat es vorhin schon ausgeführt, das, was der Kabinettsmitarbeiter der EU-Kommissarin beim Hearing von sich gegeben hat, war, dass wieder alles un­durchsichtig ist, nicht für die Öffentlichkeit zugänglich ist und dass bis zum Schluss ge­heim verhandelt wird; und dann wird vielleicht die Bevölkerung darüber informiert oder werden die nationalen Parlamente eingebunden, was ja nach wie vor auch unklar ist.

Jetzt können wir den Medien entnehmen, dass gestern das EU-Parlament grünes Licht für TTIP gegeben hat, und die Resolution sieht nun anstelle des viel kritisierten Investo­renschutzes mittels privater Schiedsgerichte ein neues System zur Streitbeilegung vor.


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Wie dieses neue System aussieht, ist aber auch noch unklar. Da spielt man wieder in die Hände der Kritiker, und ich meine, auch zu Recht.

Es liegt hier viel im Argen, und ich darf daran erinnern, dass es sich bei TTIP um ein „living agreement“ handelt, das heißt, es können ständig neue Klauseln eingeführt wer­den, es kann immer herumgefeilt, herumgebastelt werden, und es wird keiner darüber informiert.

Die Verantwortlichen sollen sich an der Nase nehmen und vor allem die massiven Be­denken der Bürgerinnen und Bürger ernst nehmen, denn schließlich machen wir ja alle, nicht nur auf nationaler Ebene, sondern auch auf EU-Ebene, Politik für die Bürger, für die Menschen! Und diese wollen in einer sicheren Welt leben, wollen qualitativ hoch­wertige Nahrungsmittel haben, wollen keine Pestizide, keine Umweltverschmutzung. Der Tierschutz, die Landwirtschaft, es gibt sehr viele Bereiche, die sehr davon betrof­fen wären, und das hätte auf die ganze Bevölkerung negative Auswirkungen.

Wenn man sich all die Initiativen ansieht, nicht nur hier im Hohen Haus, sondern auch außerhalb, so sieht man: Es hat zum Beispiel der oberösterreichische Landtag im Jän­ner dieses Jahres eine einstimmige Resolution verabschiedet und sich gegen TTIP aus­gesprochen. (Abg. Pirklhuber: Das ist richtig! – Abg. Winzig: Ist ja gar nicht wahr!) – Natürlich ist das wahr! Vielleicht informieren Sie sich einmal! Wenn Sie nicht wissen, was in Oberösterreich passiert, dann ist es Ihr Problem und nicht gerade ein gutes Bei­spiel, mit dem Sie hier vorangehen! Die Oberösterreicherinnen und Oberösterreicher sehen das auch so, haben auch ihre Bedenken ausgesprochen.

Es ist durchaus legitim, dass man diese Ängste zeigt und dass man diese Ängste aus­spricht. Wir sind dafür da, dass wir diese Ängste entkräften! Aber wir können sie nicht entkräften, da wir nicht über die ausreichenden Informationen verfügen. Hier brauchen wir mehr Information, hier brauchen wir mehr Aufklärung! Und hier sind wir noch lange nicht am Ende der Fahnenstange angelangt!

TTIP und CETA sind keine gmahde Wiesn, wie man so schön sagt, und es wird noch viel Aufklärungsbedarf und vor allem Diskussionsbedarf geben. – Danke. (Beifall beim Team Stronach.)

18.22


Präsident Karlheinz Kopf: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Pock. – Bitte.

 


18.22.16

Abgeordneter Michael Pock (NEOS): Sehr geehrter Herr Präsident! Geschätzte Kol­leginnen und Kollegen! Werte Zuseherinnen und Zuseher! Ich möchte vorab auf das Hearing an sich eingehen, wie sich das gestaltet hat, weshalb wir dieses Hearing abge­halten haben.

Wir hatten drei Bürgerinitiativen, die sich mit dem Thema Freihandelsabkommen mit den USA beziehungsweise mit Kanada beschäftigt haben – alle drei sehr kritisch. Da­hinterstehend waren auch NGOs wie „ATTAC“ und „GLOBAL 2000“. In Summe wurden diese Anliegen von knapp 15 000 Menschen unterstützt.

Unser Ansinnen als Petitionsausschuss – und das war unabhängig von allen Fraktio­nen, das war Konsens – war die Idee, dass wir ein Hearing abhalten, um nähere Infor­mationen zu bekommen, aber auch, um mit den Initiatoren und Initiatorinnen in einen entsprechenden Austausch zu gehen, um bestimmte Missverständnisse ausräumen zu können.

Was waren die wesentlichen Punkte? – Neben den Parlamentsfraktionen waren eine Europaabgeordnete von NEOS, ein Europaabgeordneter von der Sozialdemokratie ver­treten, es waren Mitarbeiter des Wirtschafts- und des Sozialministeriums anwesend, ein


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Kabinettsmitarbeiter der Europäischen Kommission sowie die Initiatoren und Initiatorin­nen und weitere Experten.

Im Wesentlichen kann man sagen, dass jene Bedenken, die die Wirtschaft und die Ar­beitsplätze betreffen, zur Gänze ausgeräumt worden sind. Man hat klar artikulieren können und auch schon kalkulieren können, welche Vorteile das Freihandelsabkom­men mit sich bringen würde. Man hat gesagt: Zwischen 0,3 Prozent und 0,5 Prozent Wirtschaftswachstum für Österreich dauerhaft, in etwa 20 000 neue Arbeitsplätze. Das war auf der wirtschaftliche Seite.

Man hat dazu weiters kommuniziert, dass es nicht ein Abkommen ist, das ausschließ­lich auf der Konzernebene für viel Freude sorgen wird, denn wir haben, was die EPU und KMU in Europa betrifft, knapp 250 000 Betriebe, die in Summe 28 Prozent des Ex­ports in die USA ausmachen. Das bedeutet, klein- und mittelständische Betriebe wür­den von diesem Freihandelsabkommen auch profitieren.

Was war die Kehrseite der Medaille? – Die Kehrseite der Medaille war, dass in dem Bereich, in dem sehr viel Sorge besteht, nämlich im Bereich der Landwirtschaft – Gen­technik nehme ich jetzt einmal teilweise aus –, sehr viel ungeklärt ist. Man hat selbst vonseiten des Landwirtschaftsministeriums gesagt, es werde Gewinner und Verlierer geben, man wisse aber nicht, wer gewinnen und wer verlieren wird. Es wird in der letz­ten Nacht entschieden werden, denn das Thema Landwirtschaft wird dann nicht mehr auf europäischer Ebene diskutiert, sondern, wie mein Vorredner schon gesagt hat, zwi­schen Obama und Juncker, damit man zu einer Einigung kommt. An diesem Abend wird, mutmaße ich fast, Herr Faymann nicht gesondert eingeladen.

Was darüber hinaus auch noch nicht geklärt ist, ist die Frage des sogenannten Rechts auf Selbstbestimmung der Nationalstaaten auf beiden Seiten – aufseiten der USA bei den Bundesstaaten und in Europa bei den Nationalstaaten. Grundsätzlich ist die Idee, dass Nationalstaaten, wie wir das gestern auch gemacht haben, selbst beschließen können, keinen gentechnikmodifizierten Anbau zu betreiben. Die Frage ist, ob das nach TTIP hält.

Unser Ansinnen ist, dass wir, ähnlich den Vorschlägen der Grünen, eine Enquete im Nationalrat machen, denn wir können nicht ein Freihandelsabkommen beschließen, wenn wir die Auswirkungen nicht kennen. Daher braucht es einen weiteren parlamen­tarischen Diskurs, und den ab Herbst. – Danke schön. (Beifall bei NEOS und Grünen.)

18.25


Präsident Karlheinz Kopf: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Hechtl. – Bitte.

 


18.25.40

Abgeordneter Johann Hechtl (SPÖ): Herr Präsident! Geschätztes Hohes Haus! Zum Thema Freihandelsabkommen, und zwar zu TTIP und CETA, ist schon sehr viel gesagt worden. Der Sammelbericht wurde in zwei Teile geteilt, wobei der erste Teil speziell aufgrund dieser Bürgerinitiativen und dieser Petition sich gerade mit dem Spezialthema der Freihandelsabkommen TTIP und CETA befasst.

Wir haben im Petitionsausschuss einen neuen Weg beschritten, womit wir im Rahmen der Geschäftsordnung an Grenzen gestoßen sind. Es stellt sich die Frage: Wie gehen wir mit diesen gesteckten Grenzen weiterhin um? Wie legen wir es aus, wenn es so wichtige Themen wie TTIP, CETA und ISDS gibt?

Geschätzte Damen und Herren, aus unserer Sicht sind diese Freihandelsabkommen Einschnitte in unseren Rechtsstaat. Gerade die privaten Schiedsgerichte sind ein Aus­höhlen unseres Rechtssystems, unseres Rechtsstaates. Das können wir so nicht zur Kenntnis nehmen!


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Unser Bundeskanzler Werner Faymann hat schon rechtzeitig und als Erster in dieser Republik gesagt, dass es für ihn nicht infrage kommt, dass Freihandelsabkommen mit solchen privaten Schiedsgerichten gutgeheißen werden. (Abg. Kitzmüller: Das hat er aber nur bei uns gesagt!) – Er hat sich klar gegen solche privaten Schiedsgerichte und diese Freihandelsabkommen ausgesprochen, wenn sie die Umweltstandards, wenn sie den Arbeitnehmerschutz, wenn sie die Arbeitsstandards beeinträchtigen.

Geschätzte Damen und Herren, wir haben im Parlament – das wurde schon gesagt – bereits 2014 einen Antrag mehrheitlich beschlossen und uns in diesem Antrag klar ge­gen die privaten Schiedsgerichte in TTIP ausgesprochen. Dabei bleibt es vonseiten un­serer Fraktion!

Ich möchte auch die Standfestigkeit und die Stärke unserer Abgeordneten im EU-Par­lament nochmals hervorheben, die bei dieser Resolution ihre Stärke gezeigt haben und gegen diese Resolution im EU-Parlament gestimmt haben.

Für uns sind solche Regeln, wie private Schiedsgerichte für Investoren – unabhängig davon, wie sie auch in Zukunft heißen mögen oder genannt werden –, jede Senkung des Schutzstandards für Arbeitnehmer, jede Senkung des Konsumentenschutzes, auch des Umweltschutzes, jede Liberalisierung der öffentlichen Dienstleistungen nicht an­nehmbar und werden daher abgelehnt.

Ich denke, diese Bürgerinitiativen und diese Petitionen unterstreichen unsere Haltung. – Danke. (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Pirklhuber: Aber da müssen wir etwas dagegen tun! Da braucht es eine parlamentarische Enquete!)

18.28


Präsident Karlheinz Kopf: Nun gelangt Frau Abgeordnete Dr. Winzig zu Wort. – Bitte.

 


18.28.26

Abgeordnete Dr. Angelika Winzig (ÖVP): Herr Präsident! Geschätzte Damen und Her­ren! Ich darf beim Kollegen Gahr anschließen. Mir tut es auch leid, dass es im Ver­gleich zu anderen europäischen Ländern bei uns nicht möglich ist, eine sachliche De­batte über TTIP zu führen.

Fakt ist jedoch, Österreich ist eine Exportnation. Wir verdanken unseren Wohlstand, un­sere Lebensqualität unserer 60-prozentigen Exportquote. Wenn wir dieses hohe Ni­veau halten wollen, dann müssen wir auf Überseemärkte gehen. Wir haben geopoliti­sche Krisen in Osteuropa, im Mittleren und Nahen Osten, und auch der europäische Markt schwächelt.

Ich sehe TTIP als Chance, nehme aber auch die Ängste der Bevölkerung ernst. Wir wollen auch keinen totalen Freihandel, denn selbst nach Abschluss von TTIP können in der EU nur Waren zirkulieren, die entweder den EU-Regeln entsprechen oder ge­genseitig anerkannt sind. Die Daseinsvorsorge, wie etwa die Wasserversorgung und so weiter, ist ohnedies ausgeschlossen.

Kollege Hübner, zum Investitionsschutz möchte ich Ihnen sagen: Ich glaube, wir sind einer Meinung, dass wir für unsere Unternehmerinnen und Unternehmer einen Investi­tionsschutz brauchen. Es hat sich der Herr Vizekanzler für einen zeitgemäßen Investi­tionsschutz auf europäischer Ebene eingesetzt. Er ist bekanntermaßen kein Freund von Schiedsgerichten.

Ich komme jetzt zu den Befürchtungen bezüglich der amerikanischen Konzerne. Kolle­ginnen und Kollegen, die gegen TTIP sind oder Angst vor amerikanischen Konzernen haben, verstehe ich nicht, denn wenn ich hier so schaue, sehe ich, dass Apple, Google und Microsoft hier im Haus bestens vertreten sind und alle hier diese Produkte nutzen.


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Natürlich werden auch unsere industriellen Leitbetriebe profitieren, und das ist gut so, denn sie sind die Auftraggeber für die KMUs. Auch unsere KMUs sind exportaffin – da­zu möchte ich dann auf die Studie von Attac kommen, Herr Kollege Pirklhuber –, aber natürlich ist es einfacher, bis jetzt den Binnenmarkt zu nutzen. Es ist kostengünstiger und einfacher vom Aufwand her.

Ich sehe das selbst. Ich exportiere nach Norwegen und nach Schweden; Schweden ist natürlich als EU-Land wesentlich kostengünstiger. Mir bestätigen aber auch viele Klein­betriebe – der Herr Gahr ist auf die größeren eingegangen – mit vier Mitarbeitern, dass sie Chancen hätten, auf dem amerikanischen Markt reüssieren.

Ich denke nur an die Firma CNC Technik Kolm, die erfolgreich Motoren für Modell­flugzeuge in die USA exportiert, die extra eine Firma beauftragen muss, weil sie das nicht selbst abwickeln kann. Genauso ist es bei der kleinen Konditorei Ottet, die ihre berühmten Klimt-Pralinen super in Amerika verkaufen könnte – Spezialitäten! Daher zeigt für mich diese eigenartige Interpretation historischer KMU-Zahlen von Attac in ers­ter Linie auf, wie weit diese Organisation fern der betrieblichen Realität ist.

Meiner Ansicht nach beweist Attac die Abgehobenheit bei der Suche nach einem Prak­tikanten für die TTIP-STOPPEN-Kampagne, und zwar wird da ein Praktikant gesucht – bitte passen Sie auf, meine Damen und Herren! (Abg. Rädler: Zuhören!) – für 25 bis 30 Wochenstunden. Was glauben Sie, was der dafür bekommt?! – 200 € bis 250 €. (Bei­fall des Abg. Loacker. – Abg. Prinz: Das ist ja ein Wahnsinn!) Also ich gratuliere! – Wenn das ein Unternehmer ausschreibt, dann laufen die selbsternannten Gutmen­schen aber Sturm.

Ich bin überzeugt davon, dass ein gut verhandeltes Abkommen eine große Chance für uns ist. Wir haben jetzt ein Zeitfenster. Asien ist nicht mehr im Rückspiegel. Asien ist auf der Überholspur, und zwar nicht nur durch das transpazifische Abkommen, son­dern auch durch das ostasiatische Abkommen, worüber zehn Staaten verhandeln, die 40 Prozent des Welthandels ausmachen. Sollte es nicht gelingen, dann kann ich den Führern der Anti-Kampagnen inklusive „Kronen Zeitung“ „gratulieren“, denn Sie haben Österreich und die EU in die Bedeutungslosigkeit der Weltwirtschaft geführt. (Beifall bei der ÖVP.)

18.32


Präsident Karlheinz Kopf: Zum zweiten Mal zu Wort gemeldet hat sich Herr Abge­ordneter Dr. Pirklhuber. – Bitte.

 


18.33.03

Abgeordneter Dipl.-Ing. Dr. Wolfgang Pirklhuber (Grüne): Herr Präsident! Meine Da­men und Herren! Kollegin Winzig hat es mit einer derart eklatanten, ignoranten Rede geradezu herausgefordert – das kann ich nicht anders bezeichnen. (Beifall bei den Grü­nen. – Zwischenrufe bei der ÖVP.) So gegen die eigenen Bürgermeisterinnen und Bürgermeister von ÖVP – in diesem Fall – und SPÖ vorzugehen (Abg. Rädler: So ein Blödsinn!), die bis jetzt in ihren Gemeinderäten Beschlüsse fassen und klipp und klar sa­gen, wie das läuft, meine Damen und Herren, das ist Ausschaltung von Demokratie, das ist eine verstärkte Involvierung von Konzernen in die politische Entscheidungsfin­dung auf legale Art und Weise, nämlich wenn diese Verträge kommen. Das können wir nicht ignorieren, Frau Kollegin Winzig. Ein paar KMUs vorzuschieben, um den großen Konzernen die Leiter zu machen, dazu darf sich dieses Parlament nicht hergeben. (Bei­fall bei den Grünen. – Abg. Rädler: Maschinenstürmer!)

Daher würde ich noch gerne beim Kollegen Hechtl anknüpfen und wirklich das Ersu­chen an die Sozialdemokratie, aber auch an die Volkspartei richten, das, was von der Arbeiterkammer vorliegt, nämlich eine klare Resolution, ein klares Bekenntnis für fairen


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Handel, für regionale Produkte (Beifall bei Grünen und SPÖ – Zwischenrufe bei der ÖVP) und gegen die Aushöhlung der österreichischen Qualitätsproduktion auf dem Rü­cken der Bäuerinnen und Bauern, auf dem Rücken der KonsumentInnen und im Inter­esse großer amerikanischer Konzerne, vorzulegen. Diese Bitte ist auch an den Kolle­gen Schultes und den Kollegen Auer gerichtet. Ich würde mir das genauso von der Ös­terreichischen Landwirtschaftskammer erwarten.

Wenn hier Kollegin Winzig sagt, dass der, der sich vor diesen US-Konzernen fürchtet, keine Ahnung hat, weil Microsoft und Google und so weiter schon hier vertreten sind, dann frage ich, meine Damen und Herren, wo denn die Steuerschwindler oder die Steuerabtaucher sind, die keinen Cent mehr für die Allgemeinheit zahlen wollen. Das sind genau jene Konzerne, die auf den Steueroasen ihre Briefkastenfirmen halten, um keinen Cent mehr beitragen zu müssen. (Zwischenrufe der Abgeordneten Podgorschek, Rädler und Strasser.)

Jetzt sage ich noch etwas zu der amerikanischen Agrarindustrie: Da ist es ganz klar, und die haben öffentlich, und zwar transparent – ich kann Ihnen jedes Schreiben zei­gen, Frau Kollegin Winzig (Zwischenruf des Abg. Strasser) – und klipp und klar ge­sagt, die Regelungen der Europäischen Union im Bereich der Gentechnik sind ein mas­sives Handelshemmnis, damit können sie, nämlich die amerikanischen Lebensmittel­industriekonzerne, ihre mais- und sojahaltigen Produkte nicht nach Europa exportieren, weil sie es dann kennzeichnen müssten, dann würde draufstehen: hergestellt mit gen­technisch veränderten Soja, mit gentechnisch veränderten Mais. (Abg. Rädler: Rede­zeit aus!)

Das wollen wir nicht. Das wollen unsere Bürgerinnen und Bürger in Europa nicht und das wollen auch unsere Bäuerinnen und Bauern nicht. (Die Abgeordneten Kassegger und Podgorschek: Wir wollen das auch nicht!) – Gott sei Dank.

Wir haben ein Gentechnik-Anbauverbots-Rahmengesetz gestern beschlossen. Geben Sie sich daher einen Ruck, diese Chance besteht jetzt gemeinsam! Das ist wirklich ein Angebot – darum möchte ich es noch einmal erneuern –, gemeinsam eine Initiative zu setzen, um auf Basis dieses nichtöffentlichen Hearings eine parlamentarische Enquete für den Herbst vorzubereiten.

Kollege Pock und ich, wir sind gerne bereit dazu, und ich hoffe, auch Sie von der So­zialdemokratie und von der Österreichischen Volkspartei. Geben Sie sich einen Ruck beim nächsten Hauptausschuss! – Danke schön. (Beifall bei den Grünen sowie des Abg. Pock. – Zwischenruf des Abg. Rädler.)

18.36

18.36.44

 


Präsident Karlheinz Kopf: Zu Wort ist dazu niemand mehr gemeldet. Die Debatte ist geschlossen.

Wir gelangen nun zur Abstimmung über den Antrag des Ausschusses für Petitionen und Bürgerinitiativen, seinen Bericht 725 der Beilagen hinsichtlich der Petition Nr. 29 sowie der Bürgerinitiativen Nr. 42 und 54 zur Kenntnis zu nehmen.

Ich bitte jene Damen und Herren, die dafür sind, um ein Zeichen der Zustimmung. – Das ist mit Mehrheit angenommen.

Wir kommen weiters zur Abstimmung über den Entschließungsantrag der Abgeordne­ten Hafenecker, Kolleginnen und Kollegen betreffend Ende der österreichischen TTIP- und CETA-Vollmachten an die Kommission.

Ich bitte jene Damen und Herren, die dafür sind, um ein Zeichen der Zustimmung. – Das ist die Minderheit. Der Antrag ist abgelehnt.


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18.37.2812. Punkt

Sammelbericht des Ausschusses für Petitionen und Bürgerinitiativen über die Pe­titionen Nr. 27, 30, 32, 37, 38 und 41 sowie über die Bürgerinitiativen Nr. 53, 56, 59, 62, 63, 64, 67 und 68 (726 d.B.)

 


Präsident Karlheinz Kopf: Nun kommen wir zum 12. Punkt der Tagesordnung.

Auf eine mündliche Berichterstattung wurde verzichtet.

Zu Wort gelangt Frau Abgeordnete Mühlberghuber. – Bitte.

 


18.38.08

Abgeordnete Edith Mühlberghuber (FPÖ): Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Hohes Haus! Beim Sammelbericht des Ausschusses für Petitionen und Bür­gerinitiativen beziehe ich mich auf die Petition Nr. 27 betreffend „Verantwortung für be­hinderte und pflegebedürftige Menschen in Österreich“. Bei dieser Petition wird darauf hingewiesen, dass viele Pflegebedürftige in Akutbetten in Spitälern betreut werden, was unnötige Kosten verursacht. Es werden Tausende pflegebedürftige Menschen in Akutbetten versorgt, weil die Strukturen für die Langzeitpflege und die Geriatrieversor­gung unzureichend sind. Das verursacht zusätzliche Kosten, ohne den Betroffenen ei­ne bessere Lebensqualität bieten zu können. Eine echte Gesundheitsreform ist daher überfällig.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Österreich investiert im Vergleich zu anderen Ländern relativ geringe Mittel in Langzeitpflege – zirka 1,3 Prozent des Bruttoinlands­produkts. Gleichzeitig schlagen sich aber die Kosten im Gesundheitssystem durch sub­optimale Organisationsstrukturen mit rund 3 Milliarden € pro Jahr zusätzlich nieder.

Daher ist es dringend notwendig, endlich die von namhaften Gesundheitsökonomen vorgeschlagene Finanzierung einer Gesundheitsleistung aus einem Topf sicherzustel­len und die Kosten für überzählige Akutbetten zugunsten der Geriatrieversorgung und der Pflege umzuschichten. (Beifall bei der FPÖ.)

Gefordert wird in dieser Petition eine echte Gesundheitsreform zur Finanzierung der Langzeitpflege, eine automatische jährliche Wertanpassung der Freibeträge für behin­derte Menschen und eine automatische jährliche Wertanpassung des Pflegegeldes an die Inflation.

Diese Petition, die eine Verbesserung und vor allem Kostenersparnis für behinderte und pflegebedürftige Menschen vorsehen würde, hat im Ausschuss leider keine Zu­stimmung für eine Zuweisung an den Sozialausschuss gefunden. (Abg. Schimanek: Typisch!) Sie wurde von den Regierungsparteien nur zur Kenntnis genommen. Das ist eben sehr schade für behinderte und pflegebedürftige Menschen. – Vielen Dank. (Bei­fall bei der FPÖ. – Abg. Königsberger-Ludwig: „Menschen mit Behinderung“, so heißt das!)

18.40


Präsident Karlheinz Kopf: Als Nächster zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Preiner. – Bitte.

 


18.41.03

Abgeordneter Erwin Preiner (SPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Kolleginnen und Kollegen! Ich denke, dass Petitionen und Bürgerinitiativen, die von Bürgern, aber auch von Gemeindevertretungen an das Hohe Haus gerichtet werden, zumindest zur Kennt­nis genommen werden sollen. Ich erwarte mir von allen Fraktionen im Hohen Haus, dass das jetzt beim letzten Tagesordnungspunkt passiert, denn die Menschen haben sich etwas überlegt, wenn sie sich mit entsprechenden Sachverhalten auseinanderset­zen und an das Parlament wenden.


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In meinen weiteren Ausführungen beziehe ich mich auf die Petition Nr. 38 „Mehr Steu­ergerechtigkeit hilft auch den Kommunen“. Schwerpunkt dieser Petition ist die For­derung, dass der unsozial hohe Eingangssteuersatz von 36,5 Prozent auf 25 Prozent reduziert und dass auch die Einführung von mehr Steuerstufen realisiert wird. Mit dem Beschluss der Steuerreform am Dienstag dieser Woche ist diesen beiden Hauptforde­rungen entsprechend Genüge getan worden; die Steuerreform tritt mit 1. Jänner 2016 in Kraft.

Kolleginnen und Kollegen! Dadurch haben die Menschen auch mehr netto vom Brutto im Börsel. Es wird auch der Privatkonsum gesteigert, die Wertschöpfung dadurch gesi­chert – auch in strukturschwächeren ländlichen Regionen –, sodass auch Arbeitsplätze gesichert oder neue geschaffen werden. Ein Wermutstropfen dabei, was die Gegenfi­nanzierung betrifft, ist, dass der Höchststeuersatz von 55 Prozent erst ab einem Jah­reseinkommen von einer Million Euro greift.

Ich denke, dass es in Zukunft für eine positive Gemeindeentwicklung weiter notwendig ist, dass Förderungen für den Siedlungswasserbau zur Verfügung stehen, nicht gekürzt werden, des Weiteren, dass die Grundsteuer auch zukünftig eine Kommunalsteuer zu bleiben hat und im Zuge der Diskussionen und Debatten für den neuen Finanzaus­gleich 2016 die Finanzmittel für die Kommunen im gesamten Bundesgebiet nicht ge­kürzt werden. – Ich danke für Ihre Aufmerksamkeit. (Beifall und Bravorufe bei der SPÖ.)

18.43


Präsident Karlheinz Kopf: Als Nächster zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Ing. Hö­bart. – Bitte.

 


18.43.23

Abgeordneter Ing. Christian Höbart (FPÖ): Herr Präsident! Hohes Haus! Zum einen stelle ich einmal mehr fest, dass Bürgeranliegen in diesem Hohen Haus nichts zählen, denn einmal mehr – das ist auch immer wieder festzustellen – werden gerade Initiati­ven aus dem Petitionsausschuss am Ende der Tagesordnung diskutiert. Das sollte man seit Langem umstellen (Ruf bei der ÖVP: Das ist für die Präsidiale!), denn, wenn wir uns anschauen, was für Petitionen letztendlich im Ausschuss bearbeitet werden, wie viele Tausende Menschen oft ihre Stimme abgeben, dann hat dies doch mehr Wertschätzung verdient, als immer am Ende der Tagesordnung behandelt zu werden. (Beifall bei der FPÖ.)

Ich werde jetzt eine Petition hier vorbringen, die leider auf brutale, deutliche Art und Weise schon von der Bundesregierung durchgepeitscht wurde, nämlich – und da muss ich schmunzeln – eine Petition zur sogenannten Dienststellenstrukturanpassung. Das ist also nichts anderes, als dass auf der einen Seite Polizeidienststellen und auf der anderen Seite Diensthundeinspektionen geschlossen wurden, nämlich in ganz Öster­reich. Gerade auch Niederösterreich wurde da beinhart getroffen, und wir stehen jetzt vor der Situation, dass die Kriminalitätswellen, die unsere Republik überschwemmen, ge­rade den Osten des Bundeslandes Niederösterreich ständig, stark und heftig treffen – auch meinen Heimatbezirk Mödling. Da merken wir also nichts von der sogenannten Dienststellenstrukturanpassung.

Das wäre dasselbe – das hat unser Klubobmann auch schon mehrfach gesagt –, wie wenn man Spitäler schließt und dann von einer besseren Gesundheit spricht oder wenn man Schulen schließt und dann alle gescheiter werden. Es ist natürlich auch so, dass wir, wenn man Polizeidienststellen schließt, mit Sicherheit nicht von einer besseren Kri­minalitätsbekämpfung sprechen können, denn, dass dann mehr Polizei auf der Straße sei, was uns auch die Innenministerin erzählt hat, das stimmt nicht, kann ich Ihnen sa­gen.

Vor allem jetzt werden durch das vorherrschende Asylchaos beispielsweise in Nieder­österreich sämtliche Streifen aus anderen Bezirken in Traiskirchen zusammengezogen,


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weil man über 3 000 Asylwerbern nicht mehr Herr wird. Dort gibt es ein Problem nach dem anderen. (Zwischenruf des Abg. Scherak.)

Dort werden Mädchen belästigt, dort fangen Matratzen zum Brennen an, dort gibt es Ausschreitungen, dort gibt es ein Problem nach dem anderen. Jeder, der das noch nicht gesehen hat, sollte sich das vor Ort anschauen. Da muss es massive Polizeiprä­senz geben.

Eine moderne Sicherheitspolitik sieht sicherlich nicht so aus, dass man Polizeidienst­stellen schließt. Letztendlich muss man das tun, was wir Freiheitliche schon seit Jahren fordern, nämlich endlich mehr Polizisten einstellen. In Wien kann man auch von einem Sicherheitsnotstand sprechen, und mit solchen sogenannten Dienststellenstrukturan­passungen wird das sicherlich nicht lösbar sein.

Es gibt noch eine Sache, die mir an der Stellungnahme des BMI zu dieser Petition aufgefallen ist. Darin wird davon gesprochen, dass zusammen mit den Landespolizei­direktionen das subjektive Sicherheitsgefühl gehoben werden soll. – Sehr geehrte Da­men und Herren, soll das Gefühl gehoben werden – oder soll es faktisch besser wer­den?

Wir Freiheitliche sagen: Wir wollen, dass es faktisch besser wird, dass bessere Sicher­heit in Zukunft vorherrscht, denn Sicherheit ist ein Grundbedürfnis der Menschen in un­serem Lande. (Beifall bei der FPÖ.)

18.46


Präsident Karlheinz Kopf: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Mag. Aubauer. – Bitte.

 


18.46.59

Abgeordnete Mag. Gertrude Aubauer (ÖVP): Herr Präsident! Herr Kollege Höbart, zu Ihrer Eingangskritik zur Tagesordnung: Es ist 18.45 Uhr; das ist in den Medien die beste Sendezeit, Primetime. (Beifall bei der ÖVP. – Zwischenruf des Abg. Deimek.) Ich glaube, wir können sehr zufrieden sein.

Meine Damen und Herren! Es ist schön, dass sich immer mehr Menschen mit ihren An­liegen über Petitionen und Bürgerinitiativen an das Parlament wenden. Das ist erfreu­lich. Dieses Engagement erfordert viel Einsatzkraft, Durchhaltevermögen – man muss Unterschriften sammeln – und viel Zeitaufwand. Ich habe großen Respekt vor all die­sem Einsatz, und ich sage an dieser Stelle hier einen herzlichen Dank. (Beifall bei Ab­geordneten von ÖVP und SPÖ.)

Die Ausschussarbeit ist so verlaufen – ich glaube, da darf ich für alle sprechen –, dass wir uns sehr bemühen, diese Anliegen auch sehr ernst zu nehmen und auch verant­wortungsvoll damit umzugehen. Manches braucht in der Erledigung vielleicht länger als erwartet.

Ich nenne folgendes Beispiel: Eine Petition, die breitest von Abgeordneten aus fünf Parteien und vom Österreichischen Seniorenrat, der mehr als zwei Millionen Pensionis­ten vertritt, unterstützt wird, hat das Ziel, dass Pensionisten in den Organen der Selbst­verwaltung im Bereich der Krankenversicherung Stimmrecht bekommen. Was ein biss­chen sperrig klingt, das ist ganz einfach: Wer zahlt, der soll auch mitbestimmen kön­nen. Wir warten nun auf eine weitere Stellungnahme des Gesundheitsministeriums und eine des Verfassungsdienstes im Bundeskanzleramt. Warum erzähle ich das so aus­führlich? – Gute Entscheidungen brauchen eben oft mehr Zeit.

Zur Kenntnis genommen ist der Wunsch einer Bürgerinitiative nach einer SeniorInnen-Jahreskarte für ganz Österreich. Verbesserungen für Senioren sehen wir als ganz wich­tiges Anliegen an, aber Sie wissen, es gelten verschiedene Tarifregionen in Österreich.


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Bevor man von einer bundesweiten Senioren-Jahreskarte sprechen kann, könnten wir zumindest einen bundesweit anerkannten Ausweis einführen, sozusagen einen Aus­weis für Seniorenermäßigung – e-card, Foto drauf, das wäre dann schon ein Pensionis­tenausweis.

Generell zeigen sich – das ist schon sehr wichtig – die Sorgen der Bürger, wie man der Bürokratie entgeht und wie man möglichst lange im Alter mobil bleibt. Damit haben wir uns zu befassen und gute Angebote zu liefern. Ein besonderes Anliegen ist uns, allen eine menschenwürdige und hochwertige Pflege und Unterstützung für pflegebedürftige sowie behinderte Menschen sicherzustellen. Das verlangt eine Petition.

Das Pflegegeld wurde seit seiner Einführung fünfmal erhöht. Um weitere Verbesserun­gen zu schaffen, wird mit 1. Jänner 2016 das Pflegegeld in allen Stufen um 2 Prozent erhöht. Das ist schon fix.

Werte Kolleginnen und Kollegen, ich darf daran erinnern, dass wir alle hier im Haus im Zuge der Parlamentarischen Enquete-Kommission „Würde am Ende des Lebens“ ein­stimmige Empfehlungen beschlossen haben. Wir wollen die Hospiz- und Palliativver­sorgung deutlich verbessern, flächendeckend für Österreich anbieten, und jetzt geht es darum, das umzusetzen. – Danke. (Beifall bei der ÖVP.)

18.50


Präsident Karlheinz Kopf: Zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Dr. Pirklhuber. – Bitte.

 


18.50.40

Abgeordneter Dipl.-Ing. Dr. Wolfgang Pirklhuber (Grüne): Herr Präsident! Meine Da­men und Herren! Es ist durchaus richtig, was Kollegin Aubauer sagt: Auch wenn es diesmal zu später Stunde ist, ist es in einer guten Sendezeit. Das stimmt. Aber oft ist es anders, und darum hat Kollege Höbart schon auch recht, dass wir gezielt schauen sollten, dass Bürgeranliegen und Petitionen immer wieder auch sehr prominent disku­tiert werden.

Einen Schritt haben wir heute schon gemacht, indem wir einen eigenen Sammelbericht für Themen machen, die sachlich zusammenpassen, damit man noch fokussierter da­rüber diskutieren und sich unterhalten kann. Das finde ich sehr sinnvoll.

Ich stelle fest, dass dieser Sammelbericht sehr unterschiedliche Themen beinhaltet. Er zeigt, dass wir auf einem Weg gut unterwegs sind, aber auf einem anderen Weg an­scheinend immer wieder Abzweigungen haben, die nicht verständlich sind. Ich möchte den guten Weg diesmal voranstellen, und zwar sind das Zuweisungen von Bürgerinitia­tiven, die ganz wesentlich von der Bevölkerung unterstützt wurden.

Ich nehme als Beispiel etwa die Bürgerinitiative „Mehr RECHTE für Tiere!“ oder auch die Bürgerinitiative betreffend „Aufstockung der Vorbereitungsstunden bei der mündli­chen Matura der standardisierten kompetenzorientierten Reife- und Diplomprüfung“. Das sind Überlegungen, die dann weiter diskutiert werden können, in einem Fall im Unter­richtsausschuss und im anderen Fall im Justizausschuss.

Weiters gibt es auch die Bürgerinitiative betreffend „Herausnahme von Cannabis aus dem Österreichischen Suchtmittelgesetz“. Diese Bürgerinitiative hat über 30 000 Unter­stützungen gehabt und wurde dem Justizausschuss zugewiesen und dort behandelt.

Meine Damen und Herren! Aber wir haben auch andere Initiativen. Ich verstehe zum Beispiel überhaupt nicht, warum die Kolleginnen und Kollegen der SPÖ und der ÖVP die Petition „Klima- und Energiewende 2014“, die meine Kollegin Brunner eingebracht hat, in der das Klimabündnis Österreich eine ganz richtige Strategie einfordert, nämlich ganz offensiv die erneuerbaren Energien und Strategien voranzutreiben, um die 20-20-20-Ziele der Europäischen Union und die Entwicklungsziele für 2030 ambitioniert vo-


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ranzubringen, weiterzubringen, auszubauen, einfach nur zur Kenntnis nimmt. Diese ist zukunftsorientiert, gibt eine Perspektive.

Also bitte: Eine solche Initiative von einer NGO, über eine Abgeordnete hier einge­bracht, sollte dem Umweltausschuss zugewiesen werden. Dort werden gerade heuer Klimaschutz und die Paris-Verhandlungen im November zu internationalen Klimaschutz­zielen behandelt. Ganz klar: So eine Initiative nur zur Kenntnis zu nehmen, obwohl das 2015 ganz oben auf der Agenda steht, ist tatsächlich das Gegenteil von einer guten Umsetzungs- und Usancenpraxis. Da meine ich, das ist korrigierbar und sollte in den nächsten Sitzungen des Ausschusses korrigiert werden, damit es solche Dinge nicht mehr gibt.

Daher werden wir diesem Bericht diesmal unsere Zustimmung tatsächlich verweigern, weil es nur so möglich ist, sichtbar zu machen, dass wir mit dieser Vorgangsweise ein­fach nicht zufrieden sind. Meine Damen und Herren! Das muss man klipp und klar sa­gen – daher diesmal keine Zustimmung zu diesem Sammelbericht.

Darüber hinaus bin ich auch immer noch zuversichtlich und motiviert, die Verbesserun­gen, die wir in den letzten Jahren im Bürgerinitiativen- und Petitionsausschuss begon­nen haben, auch weiterhin voranzutreiben. Meine Kollegin Musiol und ich haben dazu auch einen Entschließungsantrag eingebracht. Dieser liegt im entsprechenden Ausschuss.

Ich weiß ja, das Demokratiepaket ist noch lange nicht fertig, und da braucht es einen Anschub, und ich bin überzeugt, wir Abgeordnete aus dem Bürgerinitiativen- und Peti­tionsausschuss haben viele Erfahrungen, die wir da noch konkret und sinnvoll einbrin­gen werden. – Danke schön. (Beifall bei den Grünen.)

18.54


Präsident Karlheinz Kopf: Als Nächste zu Wort gelangt Frau Abgeordnete Schenk.

Ich mache bei dieser Gelegenheit darauf aufmerksam, dass eine ziemlich massive Um­reihung in der Rednerliste aufgrund einer Änderung bei den Pro- und Contra-Meldun­gen stattgefunden hat. Bitte bei der Rednerliste die Computereintragungen zu beachten!

Bitte, Frau Abgeordnete Schenk.

 


18.55.23

Abgeordnete Martina Schenk (STRONACH): Herr Präsident! Hohes Haus! Sehr ge­ehrte Damen und Herren! Ich beziehe mich in meiner Rede auf eine Petition und eine Bürgerinitiative, eine Petition unserer Fraktion, meiner Kollegin Ing. Waltraud Dietrich, unserer Klubobfrau, die sich „Für den Erhalt des Bankgeheimnisses – Stopp dem to­talen Überwachungsstaat!“ ausspricht.

Leider wurde gestern mit den Stimmen von Rot, Schwarz und Grün das Bankgeheim­nis abgeschafft. Den Wünschen der österreichischen Bürgerinnen und Bürger wurde nicht Rechnung getragen. Das Bankgeheimnis gibt es de facto nicht mehr. Diese Petition gibt es aber noch, und sie kann nach wie vor online unterstützt werden. (Abg. Rossmann: Das Geheimnis gibt es auch noch!)

Es ist auch so, dass wir eine Stellungnahme seitens des Finanzministeriums und auch seitens des BKA angefordert haben. Dieser Stellungnahme des BKA wurde leider nicht zugestimmt. Die Abgeordneten der Regierungsparteien haben lediglich der Stellung­nahme des Finanzministeriums zugestimmt. Das möchte ich an dieser Stelle auch kri­tisch bemerken, weil ich nicht verstehe, warum man nicht einmal eine Stellungnahme anfordern kann und diese auch von allen Fraktionen beschlossen wird, wie es grund­sätzlich üblich ist.

Der weitere Punkt bezieht sich auf die Bürgerinitiative der aktion leben, bei der es da­rum geht, die Zahl anonymisierter Schwangerschaftsabbrüche zu erheben, weil es in Ös-


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terreich eben keine Zahlen dazu gibt. Es gibt keine statistische Erfassung. Ich habe da­zu auch schon einige Male einen Antrag gestellt. Der letzte Antrag war vom 22. April dieses Jahres. Dieser Antrag wurde dann im Gleichbehandlungsausschuss behandelt. Da hat man gesehen, dass es Meinungsverschiedenheiten zwischen den Abgeordne­ten der Regierungsfraktionen von Rot und Schwarz gibt. Die Abgeordneten der ÖVP wa­ren inhaltlich eher dafür, die Abgeordneten der SPÖ waren dagegen. Das ist auch nicht verwunderlich.

Dieser Antrag wurde vertagt, und wir haben nun eben diese Bürgerinitiative, zu der wir drei Stellungnahmen – vom Gesundheitsministerium, vom Familienministerium und vom Frauenministerium – angefordert haben. Die Anforderung der Stellungnahmen wurde ein­stimmig beschlossen. (Beifall beim Team Stronach.)

Noch ein paar Worte dazu: Diese Bürgerinitiative hatte bereits bei der Einbringung in den Nationalrat 48 590 Unterstützerinnen und Unterstützer. Diese Zahl sollte man sich vor Augen halten, und dieses Anliegen sollte man ernst nehmen. Es ist auch nicht zu verstehen, dass Österreich eines der wenigen Länder in der EU ist, wo es noch keine solche Statistik gibt. Dass sich vor allem die Abgeordneten der SPÖ beharrlich wei­gern, diese einzuführen, ist nicht zu verstehen, denn den Familien und Frauen soll ja geholfen werden. Es wird auch in keiner Weise an der Fristenlösung gerüttelt. Das soll an dieser Stelle festgehalten werden.

Abschließend noch generell zum Petitionsausschuss und zu den Anliegen der Bürge­rinnen und Bürger: Allen Redebeiträgen kann man entnehmen, dass diese so wichtig sind: direkte Demokratie, Miteinbindung der Bürgerinnen und Bürger. Wenn es dann aber darum geht, das tatsächlich umzusetzen, schaut es wieder anders aus. Das erin­nert mich irgendwie an die Rechnungshofberichte, bei denen auch relativ wenig umge­setzt wird.

Wir haben aber – und ich möchte es Kollegen Pock, unserem Ausschussvorsitzenden, nicht vorwegnehmen – darüber gesprochen, dass wir vielleicht, analog zu Deutschland, eine Statistik, eine Auflistung dazu einführen, welche Petitionen, welche Bürgerinitia­tiven umgesetzt wurden, wie weit die Ministerien den Bürgerwünschen nachgekommen sind, und diese veröffentlichen, um den Bürgerinnen und Bürgern eine gewisse Wert­schätzung entgegenzubringen und zurückzugeben, was gemacht wurde und was nicht.

Das werden wir – wie eine Reihe anderer Dinge, die heute schon angesprochen wur­den – in einer der nächsten Sitzungen oder in einer Fraktionsführerrunde zu bespre­chen haben, denn ich glaube, das wäre ein wichtiges Zeichen dafür, dass wir nicht nur reden, sondern handeln. – Danke schön. (Beifall beim Team Stronach.)

18.59


Präsident Karlheinz Kopf: Als Nächster zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Pock. – Bitte.

 


18.59.42

Abgeordneter Michael Pock (NEOS): Sehr geehrter Herr Präsident! Geschätzte Kol­leginnen und Kollegen! Werte Zuseherinnen und Zuseher! Ich möchte gleich zu Beginn darauf eingehen: Ich war jener Abgeordnete, aufgrund dessen es jetzt eine Umreihung der Redner gegeben hat. Ich habe mein Stimmverhalten auf contra gestellt und möchte das in Richtung der Sozialdemokraten und Konservativen auch begründen.

Wir haben in den letzten eineinhalb Jahren meiner Meinung nach doch sehr intensiv daran gearbeitet, den Petitionsausschuss weiter aufzuwerten. Wir haben einige Erfolge gehabt. Der letzte große Erfolg war das Hearing zu TTIP und CETA. Wir sind aber in manchen Dingen nicht weitergekommen.

Wie Sie vielleicht wissen – ich habe es auch schon öfter erzählt –: Ich habe in diesem Jahr bereits 50 Workshops in verschiedenen Bundesländern darüber abgehalten – im-


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mer am Abend –, wie man als Bürger und Bürgerin ohne Inanspruchnahme einer Par­tei oder eines Abgeordneten/einer Abgeordneten auch direkt im Parlament mitbestim­men kann.

Die einzige Möglichkeit, das zu tun, ist mittels Bürgerinitiative. Die Menschen, die bei den Workshops dabei sind, haben nicht die Erwartungshaltung, dass ,wenn sie eine Bürgerinitiative im Parlament einreichen, das dann eins zu eins umgesetzt wird. Das sind keine Träumer und Träumerinnen. Da geht es tatsächlich um ein wesentliches An­liegen: dass sie gehört werden. (Präsidentin Bures übernimmt wieder den Vorsitz.)

Es geht grundsätzlich darum, dass Stellungnahmen eingeholt werden, dass die Ent­scheidungsträger und Entscheidungsträgerinnen in diesem Land wissen, dass es die­ses Anliegen gibt, dass die Fraktionen eine politische Debatte führen und dann zu ei­ner Entscheidung kommen. Das verspreche ich oder habe ich im letzten Jahr, in den letzten sechs Monaten bereits fünfzig Mal versprochen, dass ich mich dafür einsetze. Bisher ist das in den letzten Sitzungen meist geglückt, aber in der letzten Sitzung nicht.

Ich möchte ein Beispiel herausgreifen, nämlich die Bürgerinitiative aus dem Görtschitz­tal, die sich mit dem Thema HCB beschäftigt hat. Alle Fraktionen kennen dieses The­ma. Grundsätzlich ist aufgrund der falschen Verarbeitung von Schadstoffen Erde kon­taminiert worden. Die Menschen, die rundherum leben, die dort auch ihre Kinder auf den Feldern spielen lassen, haben eine Bürgerinitiative gestartet, mit dem konkreten Wunsch an den Nationalrat, dass man prüft, wie man Bundeskompetenzen in Zukunft anders gestalten kann, damit solche Umweltskandale nicht mehr passieren können.

Was haben wir gemacht? – Wir haben gestern beispielsweise ein Umweltinformations­gesetz verabschiedet, das dem entgegenwirken würde. Wir haben es aber nicht ge­schafft, diese Bürgerinitiative zu nehmen und dem Umweltausschuss zuzuweisen. Wir haben sie zur Kenntnis genommen. Und was passiert? – Es ist dann genau dieses Ver­sprechen gebrochen, dass wir Menschen – wie Kollegin Aubauer vorhin schon gesagt hat – ernst nehmen, die 500 Unterschriften sammeln. Das ist uns nicht gelungen. Des­wegen werde ich heute auch gegen diesen Sammelbericht stimmen und hoffe, dass ich das in Zukunft nicht mehr tun muss.

Ich möchte aber auch einen Ausblick auf das zweite Halbjahr geben und möchte ins­besondere an die Sozialdemokratie und die Konservativen, aber auch an alle anderen Parlamentsfraktionen appellieren, dass wir intensiv an zwei Punkten arbeiten müssen. Wir müssen auf der einen Seite zumindest einen Minimalkonsens finden, der durch die Mehrheit getragen wird, um den Ausschuss aufzuwerten. Wir reden nach wie vor von der Öffnung des Ausschusses.

Wir reden nach wie vor davon, dass Initiatoren und Initiatorinnen grundsätzlich am Aus­schuss teilnehmen können, dass es leichter ist, Auskunftspersonen einzuladen, und wir reden vor allem auch darüber, dass es nicht mehr eine „Gnade“ ist, die das Hohe Haus vergibt, dass Menschen in dieses Haus kommen, sondern dass es ein Recht der Bür­gerinnen und Bürger wird. Das ist eine zentrale Forderung.

Als zweiten relevanten Punkt für den Petitionsausschuss möchte ich auch noch eines heranziehen: Wir haben derzeit – das hat Kollegin Schenk davor auch schon ange­sprochen – sehr große Schwachstellen im Bereich der Berichtspflicht gegenüber den Bürgerinnen und Bürgern. Die Bundesrepublik Deutschland informiert einmal im Jahr darüber, was mit Petitionen geschehen ist, welche konkrete Gesetzesmaterie aufgrund einer eingegangenen Petition entstanden ist.

Wir haben derzeit nicht einmal den Ansatz. Die Bürgerinnen und Bürger erhalten die Rückmeldung, dass die Petition, die Bürgerinitiative erledigt ist. Sie erfahren nicht, was damit weiter passiert ist. Sie erfahren nicht, ob sie damit die Republik verändert haben oder nicht.


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Das darf in Zukunft nicht mehr passieren. Da werde ich massiv Druck aufbauen. Sie ken­nen mich bereits. Ich werde entschlossen auf Sie zukommen und mit Ihnen verhan­deln. – Danke schön. (Beifall bei den NEOS und bei Abgeordneten der Grünen.)

19.03


Präsidentin Doris Bures: Als Nächster zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Ehmann. – Bitte.

 


19.03.55

Abgeordneter Michael Ehmann (SPÖ): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Werte Kolle­ginnen und Kollegen! Hohes Haus! Ich möchte mich stellvertretend für meinen Kolle­gen, den Abgeordneten Walter Bacher aus Salzburg, in meinem Beitrag der Petition Nr. 44 betreffend die „Unterstützung des Erhalts einer bundesweiten, flächendecken­den Gesundheitsversorgung am Beispiel der Krankenhäuser Tamsweg und Mittersill“ widmen.

Worum geht es in Kürze? – Der eine Bereich betrifft die Kooperation zweier Spitäler in Salzburg, nämlich Mittersill und Zell am See, der andere Bereich die Bettenreduktion in Tamsweg.

Kurz zu Mittersill: Seit Bekanntwerden der Pläne für das Tauernklinikum vor vielen Mo­naten wurden trotz mehrmaliger Ankündigungen bis dato noch keine konkreten Kon­zepte vorgelegt. Im Herbst 2014 wurde ein Grundsatzbeschluss gefasst. Ein medizini­sches Konzept gibt es jedoch bis jetzt noch nicht beziehungsweise ist es zumindest noch nicht bekannt. Grundsätzlich sehen wir die Kooperation auf Augenhöhe positiv, aber natürlich gibt es dazu noch viele Fragen.

Kurz zu Tamsweg: Dort ist eine Bettenreduktion von 139 auf 84 Betten geplant, obwohl gerade im saisonalen touristischen Bereich das Krankenhaus im Winter oftmals über Gebühr ausgelastet ist. Das stellt nicht nur die Gesundheitsversorgung im Bezirk Lun­gau und Umgebung infrage, sondern es geht auch – gerade in Zeiten wie diesen – um Arbeitsplätze in strukturschwachen Regionen.

Das sind viele Fragen, die sich zukünftig in der strategischen Ausrichtung der Gesund-heitsversorgung der Region stellen. Aber vor allem stellt sich die Bevölkerung die Fra­ge, die sich gerade in diesem Bereich von Salzburg befindet, und das zu Recht – näm­lich weiterhin eine gesicherte Versorgung auch im dezentralen Raum von Salzburg si­cherzustellen.

Wir sind folgendermaßen vorgegangen: Wir haben im Petitionsausschuss eine Stel­lungnahme der Landesregierung eingefordert, denn diese ist schlussendlich Spitaler­halter, und wir warten gespannt auf das Ergebnis zur Diskussion. Jedenfalls wäre es möglicherweise schon ein Lösungsansatz, in die Richtung zu denken, alle Kranken­häuser der betroffenen Region unter das Dach der SALK zu bringen – das sind die Salzburger Landeskliniken –, dort zusammenzufassen und selbstverständlich weiter-
hin die dezentrale Versorgung sicherzustellen. – Danke. (Beifall bei der SPÖ sowie der Abg. Aubauer.)

19.06


Präsidentin Doris Bures: Als Nächster zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Doppler. – Bitte.

 


19.06.25

Abgeordneter Rupert Doppler (ohne Klubzugehörigkeit): Frau Präsidentin! Hohes Haus! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Präsident Kopf hat mich vorhin wieder zu­rückgeschickt, jetzt habe ich mich mit ihm ein bisschen über Altach unterhalten, wo es neue Spieler gibt, und darüber, und ob Altach weiterhin den Wienern Parole bieten kann. Das ist natürlich ein sportlicher Aspekt und hat nichts mit Petitionen und Bürger-


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initiativen zu tun, aber, liebe Freunde, auch ein Ausflug in den Fußball muss erlaubt bleiben.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, Petitionen und Bürgerinitiativen sind eine wich­tige und richtige Einrichtung, wenn sich Anliegen und Sorgen der Menschen im Parla­ment wiederfinden und hier beraten, diskutiert und behandelt werden.

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich nehme zur Petition Nr. 27 Stellung, was die „Verantwortung für behinderte und pflegebedürftige Menschen in Österreich“ be­trifft. Ich kenne sehr viele Menschen mit einer Behinderung. Ich kenne auch sehr viele Menschen, die pflegebedürftig sind, und diese haben wahrlich ein sehr hartes Los. Auf dem Rücken dieser Menschen zu sparen – diese haben es schwer genug, liebe Da­men und Herren –, ist einfach nicht richtig und angebracht.

Das Pflegegeld – von Kollegin Mühlberghuber bereits angesprochen – gehört jährlich an­gepasst. Die steuerlichen Freibeträge gehören ebenfalls jährlich angepasst, damit die­se Menschen, die ein solch schweres Los haben, eine Erleichterung empfinden, was die finanzielle Seite betrifft. – Herzlichen Dank. (Beifall bei Abgeordneten der FPÖ.)

19.08


Präsidentin Doris Bures: Als Nächste zu Wort gelangt Frau Abgeordnete Diesner-Wais. – Bitte.

 


19.08.10

Abgeordnete Martina Diesner-Wais (ÖVP): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren im Hohen Haus! Der Ausschuss für Petitionen und Bürgerinitiativen hat sich zu einem guten Instrument der Bürgeranliegen entwickelt. Wir haben im letzten Ausschuss 45 Tagesordnungspunkte behandelt, und wir haben sie nach bestem Wis­sen und Gewissen erledigt.

Zur Rede von Frau Kollegin Schenk: Ich sehe, dass die Initiativen behandelt werden. Wir haben uns bemüht, und es kann nicht jede erfüllt werden.

Das Besondere vor der letzten Ausschusssitzung war: Es gab regen Gebrauch von den elektronischen Unterstützungen, und das ist natürlich auch sehr erfreulich.

Ich möchte kurz über die Petition Nr. 32, „Klima- und Energiewende 2014“, sprechen, die zur Kenntnis genommen worden ist. (Abg. Pirklhuber: Leider!) Herr Kollege Pirkl­huber! Im Ausschuss wird es ja behandelt, und du hast es ja selbst gesagt … (Abg. Pirklhuber: … nicht der Fachausschuss!) – Ja, im Fachausschuss Umwelt wird es ja trotzdem behandelt, weil das heuer ein starkes Thema ist, und daher, denke ich, finden wir uns dort wieder. (Abg. Pirklhuber: Die Petition aber nicht!)

Eingebracht wurde die Petition vom Klimabündnis Österreich, und damit wurden große umweltpolitische Forderungen angesagt. Erfreulich ist, dass wir 950 Klimabündnisge­meinden haben, und auch meine Heimatgemeinde Schrems ist eine Klimabündnisge­meinde (Abg. Pirklhuber: Warum haben Sie es nicht zugewiesen? – Das sind alles Argumente!) – ja, eh –, wir haben auch die Stellungnahmen aus dem Umweltministe­rium, dem Wirtschafts- und Finanzministerium eingeholt, und in diesen finden wir breite Unterstützung hinsichtlich der Forderungen, die aufgestellt wurden.

Wenn es um die Energiewende geht, so ist auch mein Bundesland Niederösterreich da­bei, Bestrebungen zu unternehmen und Maßnahmen zu setzen, um eine energieautar­ke Region zu werden.

Ein weltweites Klimaschutzabkommen, der Ausbau erneuerbarer Energie und eine Stei­gerung der Energieeffizienz werden gefordert, lauter wichtiger Dinge, sowie keine Steu­ern und Abgaben auf Ökostromanlagen und auf den Eigenstromverbrauch. Diese letz­ten Punkte sind speziell auch von Vertretern des Waldviertels gefordert worden, und dorthin hat es ja auch schon einen kleinen Schritt gegeben mit der Änderung des Elek-


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trizitätsabgabegesetzes, das im Juli 2014 beschlossen worden ist, in dem ein Freibe­trag für die selbst hergestellte und selbst verbrauchte Energie im Ausmaß bis zu 25 000 Kilowattstunden beschlossen worden ist. Dadurch gibt es eine weitgehende Be­freiung von der Elektrizitätsabgabepflicht und auch eine Verwaltungsvereinfachung.

Es konnten auch noch drei Bürgerinitiativen in die Fachausschüsse weitergeleitet wer­den. Ich spreche da von der „Herausnahme von Cannabis aus dem Österreichischen Suchtmittelgesetz“ und auch von „Mehr RECHTE für Tiere!“, die dem Justizausschuss zugewiesen worden sind und dort im Zuge der Diskussionen mitverhandelt werden.

Ein Punkt ist auch noch die Bürgerinitiative Nr. 64, bei der es um die Aufstockung der Vorbereitungsstunden für die mündlichen Matura geht, wozu heuer der erste Versuch gelaufen ist. Diese wurde an den Unterrichtsausschuss weitergeleitet, in dem man ja aus den Erfahrungen von heuer schon etwas für die Zukunft aufsetzen kann.

Wir sind auf einem guten Weg, und es ist heute schon sehr oft angesprochen worden, dass es ein guter Ausschuss ist. Wir leisten gute Arbeit für die Bürger und Bürgerinnen, und das wollen wir natürlich so fortführen.

Ich möchte alle dazu animieren, viele Beiträge einzubringen. Wir werden sie wirklich nach bestem Wissen und Gewissen bearbeiten. (Beifall bei der ÖVP.)

19.12


Präsidentin Doris Bures: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Schmid. – Bitte.

 


19.12.27

Abgeordneter Gerhard Schmid (ohne Klubzugehörigkeit): Frau Präsidentin! Hohes Haus! Zur Schließung von Polizeidienststellen: Die Sicherheit Österreichs basiert auf drei Säulen: der Polizei, dem Bundesheer und der Justiz. Bei allen diesen Säulen wird in den letzten Jahren ein drastischer Abbau betrieben, welcher von der Bevölkerung nicht nachvollzogen werden kann.

Die massiv zunehmende Anzahl von Fremden mit einer aliquoten Anzahl solcher, die leider nichts Gutes im Schilde führen, erfordert eine Verstärkung unserer Sicherheits­bestimmungen und Sicherheitseinrichtungen und nicht deren Ausdünnung. Die damit zusätzlich importierte Gefährdung kann nicht bestritten und darf nicht verharmlost wer­den.

Von der vom Innenministerium mehrfach verkündeten Aufstockung der Anzahl von Po­lizeibeamten ist im ländlichen Raum leider nichts zu bemerken. Die Schließung von Polizeidienststellen in ländlichen Gebieten wirkt sich besonders nachteilig aus. Bekannt sind Ausrückungsradien und Anfahrtsstrecken von 40 Kilometern und mehr und dem­entsprechend lange Anfahrtszeiten. Und das in Zeiten wie diesen, in denen ein An­spruch der Bevölkerung auf mehr Sicherheit durchaus begründet und nachvollziehbar erscheint.

Das Vorhaben, Asylwerber bezirksweise unterzubringen, verbessert die Situation kei­nesfalls. Ebenso ist die Unterbringung traumatisierter Asylwerber in aktiven Kasernen parallel zum Dienstbetrieb und Ausbildungsdienst als sicherheitspolitische Fehlleistung anzusehen.

Sicherheit geht vor, und daher sollte neben Grenzkontrollen auch ein Assistenzeinsatz unseres Heeres in als Schleuserrouten bekannten Grenzgebieten angedacht werden. Ob dies allerdings mit einem sehr abgeschlankten Heer noch möglich ist, bleibt dahin­gestellt.

Frau Innenminister, Herr Minister für Landesverteidigung, handeln Sie! Handeln Sie im Interesse der Sicherheit unserer Bevölkerung! – Danke.

19.14


Präsidentin Doris Bures: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Buchmayr. – Bitte.

 



Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll86. Sitzung / Seite 197

19.15.08

Abgeordneter Harry Buchmayr (SPÖ): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Ich möchte zur Petition Nr. 32 betreffend Klima- und Ener­giewende ein paar Worte sagen. Es hängt vielleicht auch damit zusammen, in welcher Art und Weise die durchaus berechtigten und sehr wichtigen Maßnahmen zum Klima­schutz vorgetragen und diskutiert werden. Bei diesem Thema herrscht gerade auch im Umweltausschuss oft nicht unbedingt das beste Diskussionsklima.

Wichtig wird sein – deutlich wichtiger –, welche Festlegungen von der UN-Klimakonfe­renz in Paris 2015 vom 30. November bis 11. Dezember getroffen werden. Die Festle­gungen dort gelten für 194 Mitgliedstaaten der UN-Klimarahmenkonvention. Sehr, sehr wichtig wird sein, welche verbindlichen Zusagen große Emittenten wie China und die USA dort machen.

In Österreich ist es durch umfangreiche Maßnahmen gelungen, die Energieeffizienz deut­lich zu verbessern. Obwohl das reale Bruttoinlandsprodukt in Österreich zwischen 1973 und 2013 um 138,2 Prozent gewachsen ist, erhöhte sich der Bruttoinlandsverbrauch von Energie bis zum Jahr 2013 nur um 55,1 Prozent. In Summe wurde damit die gesamte Energiemenge sogar um 34,9 Prozent verringert.

Es gibt eine Reihe konzertierter Maßnahmen. Mit dem Energieeffizienzgesetz wurden 20 Prozent an Einsparungen bis zum Jahr 2020 avisiert, eine Einsparung von 310 Pe­tajoule. Es gibt sehr, sehr viele Förderungen im Hausbereich, im Umbaubereich, für Heizanlagen. Es gibt auch sehr große Auswirkungen auf die Wirtschaft durch diese Förderungen. So wurden allein mit den Bundesförderungen die letzten fünf Jahre über 3,66 Milliarden € an Investitionen ausgelöst und 18 Millionen Tonnen CO2, gerechnet über eine Nutzungsdauer von 30 Jahren, eingespart.

Auch im Bereich der erneuerbaren Energien ist sehr viel geschehen. Österreich ist mit einem Anteil erneuerbarer Energien von 78,4 Prozent eines der Länder, die dabei am besten abschneiden.

Frau Kollegin Brunner möchte ich noch daran erinnern, dass Österreich sehr aktiv und auch mit System im Bereich Klimaschutz und Umweltschutz unterwegs ist. Betrachtet man die reale Situation, weiß in Österreich jede Partei – oder ich korrigiere: fast jede Partei – um die absolute Wichtigkeit des Umweltschutzes. (Abg. Brunner: Verbal, ja!) Und oft denkt man sich, dass die Koalitionsparteien langfristig oft grüner denken als die Grünen. – Danke. (Beifall bei der SPÖ. – Heiterkeit bei den Grünen. – Abg. Brunner: Der war gut!)

19.18


Präsidentin Doris Bures: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Mag. Gerstl. – Bitte.

 


19.18.26

Abgeordneter Mag. Wolfgang Gerstl (ÖVP): Frau Präsidentin! Ich möchte heute zu zwei Petitionen, die aus Wien kommen, reden. Die erste Petition ist: „Rettet den Hörndl­wald!“ Diese Petition haben in der Zwischenzeit bereits Tausende Bürger unterstützt. Der Hörndlwald ist Teil des Biosphärenparks Wienerwald, welcher seinerseits eine UNESCO-Modellregion für Nachhaltigkeit ist. Die Stadt Wien möchte dieses Grünge­biet mit einer Sonderkrankenanstalt für medizinisch-psychiatrische Rehabilitation ver­bauen, was vollkommen unverständlich ist. Gleichzeitig möchte die Stadt Wien die Kran­kenanstalt am Steinhof verkaufen, weil sie das Geld für ein neues Krankenhaus in Wien Nord benötigt.

Dagegen richtet sich die zweite Petition, die auch schon von Tausenden Bürgern unter­stützt worden ist, nämlich die für einen Maßnahmenkatalog zum Schutz unseres Kul­turerbes und im Besonderen zum Schutz von Steinhof.


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll86. Sitzung / Seite 198

Meine Damen und Herren, ich möchte Sie alle ermuntern, diese beiden Anliegen zu un­terstützen, denn die Herkunft ist die Basis für die Hinkunft, und diese Basis wollen wir uns einfach nicht nehmen lassen.

In diesem Sinne: Schützen wir den Hörndlwald und Steinhof und stoppen wir die Zer­störungswut der Stadt Wien! (Beifall bei der ÖVP.)

19.19


Präsidentin Doris Bures: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Mag. Ofenauer. – Bitte.

 


19.19.52

Abgeordneter Mag. Friedrich Ofenauer (ÖVP): Frau Präsidentin! Geschätzte Kolle­ginnen und Kollegen! Sehr verehrte Zuseherinnen und Zuseher! Eine der Petitionen, die eingebracht wurden, beschäftigt sich mit dem Thema: Mehr Steuergerechtigkeit hilft den Kommunen.

Diese Petition zielt unter anderem auf die Senkung des Eingangssteuersatzes auf 25 Pro­zent ab – und ist damit auch ein Beispiel dafür, dass zumindest ein Teil einer Petition umgesetzt wurde, denn vorgestern wurde die Steuerreform, unter anderem mit der Än­derung des Einkommensteuergesetzes, beschlossen. Demnach sinkt ab 1. Jänner 2016 der Eingangssteuersatz von derzeit 36,5 Prozent auf 25 Prozent, was ja auch in dieser Petition gefordert wurde.

Durch die jetzt sechs Tarifstufen gibt es eine flachere Progression. Das bringt steuerli­che Entlastungen für die Bevölkerung im Ausmaß von mehr als 5 Milliarden €.

Gleichzeitig wird der Kampf gegen Steuersünder intensiviert und an einzelnen Steuer­schrauben gedreht, ohne allerdings einen Großangriff auf Erbschaften oder Vermögen zu starten.

Die Experten erwarten sich von dieser Reform einen Anstieg der Konsumausgaben und damit auch positive Konjunktureffekte.

Damit ist diese Petition inhaltlich zumindest teilweise erledigt.

Eine weitere Petition trägt den Titel „Nein zum absoluten Rauchverbot!“. Mit dem Beschluss des Tabakgesetzes in dieser Woche ist auch klar, dass es kein absolutes Rauchverbot geben wird, wie es in dieser Petition befürchtet wurde, nämlich ein Rauchverbot, das sich auch auf private Räume, auf private Häuser oder Fahrzeuge erstreckt, sondern mit dieser Änderung des Tabakgesetzes wird der Nichtraucher­schutz in der Gastronomie umgesetzt – ein wichtiger Schritt, um international mit vie­len Ländern gleichzuziehen sowie ein Beitrag für ein gesünderes Leben der Mitmen­schen, die über das Passivrauchen eventuell gesundheitliche Schwierigkeiten bekom­men könnten. In diesem Zusammenhang nicht zu vergessen sind aber auch die Ar­beitnehmerinnen und Arbeitnehmer in der Gastronomie, die sich ihren Arbeitsort auch nicht aussuchen können.

Keine Rede ist dabei davon, das Rauchen auch in privaten Räumen zu verbieten.

Eine Petition der NEOS fordert gläserne Parteien statt gläserne Bürger. Dazu ist zu sa­gen, dass das Parteiengesetz 2012 sowohl Kontrollpflichten als auch Sanktionen vor­sieht und die Parteien Rechenschaftsberichte abzugeben haben, wobei es bei Verstö­ßen sogar Geldbußen geben kann.

Es ist sicher besser, die Wirksamkeit und die Praktikabilität abzuwarten, bevor schon wieder über Änderungen debattiert wird. Außerdem denke ich, dass durch die gesetz­liche Regelung der Parteienfinanzierung klargestellt ist, woher das Geld hiefür kommt, nämlich von den Steuerzahlern – und dass damit keine Abhängigkeiten geschaffen wur­den, sondern Verantwortlichkeiten.


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll86. Sitzung / Seite 199

Anders wäre es, wenn man alleine auf einzelne große private Spenden angewiesen wäre und dann einem potenten Geldgeber verantwortlich, ja vielleicht sogar verpflichtet wäre.

Ich bin der Meinung, dass mit der vorhandenen Regelung ausreichend Transparenz ge­schaffen ist in Bezug auf die Finanzierung der Parteien. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der SPÖ.)

19.23


Präsidentin Doris Bures: Als vorerst Letzter zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Mag. Rauch. – Bitte.

 


19.23.16

Abgeordneter Mag. Johannes Rauch (ÖVP): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Werte Kolleginnen und Kollegen! Ich will in aller gebotenen Kürze noch auf eine Petition ein­gehen, nämlich auf die Petition Nr. 37, bei der es um das Thema Schließung von Poli­zeidienststellen in Österreich geht. Wir haben in diesem Bericht wieder eine Petition zu diesem Thema drinnen; auch in anderen Ausschüssen wurde dieses Thema bespro­chen.

Es geht um ein Moderner-Werden der österreichischen Polizei, um eine Zentralisierung der Polizeidienststellen, auch darum, mehr Beamte in den Außendienst zu bringen. Das ist Sinn und Zweck dieser Reform gewesen. Man sieht ja schon die ersten Erfolge, wenn man sich nur die Kriminalitätsentwicklung im Jahre 2015 anschaut: Tendenz fal­lend.

Ich will jedenfalls jetzt diese Sitzung nicht in die Länge ziehen, sondern Ihnen allen einen schönen Sommer wünschen. Man sieht sich ja sicherlich bei der einen oder an­deren Sondersitzung. – Vielen Dank. (Beifall bei der ÖVP.)

19.24

19.24.10

 


Präsidentin Doris Bures: Zu Wort ist dazu niemand mehr gemeldet. Die Debatte ist geschlossen.

Wünscht der Herr Berichterstatter ein Schlusswort? – Das ist nicht der Fall.

Damit gelangen wir nun zur Abstimmung.

Wir stimmen ab über den Antrag des Ausschusses für Petitionen und Bürgerinitiativen, seinen Bericht 726 der Beilagen hinsichtlich der Petitionen Nr. 27, 30, 32, 37, 38 und 41 sowie der Bürgerinitiativen Nr. 53, 56, 59, 62, 63, 64, 67 und 68 zur Kenntnis zu nehmen.

Ich bitte jene Damen und Herren, die hiezu ihre Zustimmung geben, um ein entspre­chendes Zeichen. – Das ist die Mehrheit. Angenommen.

Die Tagesordnung ist erschöpft.

19.25.18Einlauf

 


Präsidentin Doris Bures: Ich gebe noch bekannt, dass in der heutigen Sitzung die Selbständigen Anträge 1281/A(E) und 1293/A(E) eingebracht wurden.

Ferner sind die Anfragen 6043/J bis 6153/J eingelangt.

*****


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll86. Sitzung / Seite 200

Die nächste Sitzung des Nationalrates, die geschäftsordnungsmäßige Mitteilungen und Zuweisungen betreffen wird, berufe ich für 19.26 Uhr ein, das ist gleich im Anschluss an diese Sitzung.

Diese Sitzung ist geschlossen.

19.25.56Schluss der Sitzung: 19.25 Uhr

Impressum:

Parlamentsdirektion

1017 Wien