PLenarsitzung
des Nationalrates


Stenographisches Protokoll

 

66. Sitzung des Nationalrates der Republik Österreich

Mittwoch, 27., und Donnerstag, 28. März 2019

 

XXVI. Gesetzgebungsperiode

 

 

 

Großer Redoutensaal

 


Stenographisches Protokoll

66. Sitzung des Nationalrates der Republik Österreich

XXVI. Gesetzgebungsperiode

Mittwoch, 27., und Donnerstag, 28. März 2019

Dauer der Sitzung

Mittwoch, 27. März 2019: 9.06 – 24.00 Uhr

Donnerstag, 28. März 2019: 0.00 – 0.11 Uhr

*****

Tagesordnung

1. Punkt: Bericht über das Volksbegehren „Don’t smoke“

2. Punkt: Bericht über die Petition Nr. 1/PET: „DON’T SMOKE, das Nicht­raucher­schutzgesetz muss bleiben“, überreicht von den Abgeordneten Dr. Pamela Rendi-Wagner, MSc, Mag. Dr. Matthias Strolz und Dr. Peter Kolba

3. Punkt: Bericht über den Antrag 405/A der Abgeordneten Dr. Pamela Rendi-Wagner, MSc, Mag. Gerald Loacker, Daniela Holzinger-Vogtenhuber, BA, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz über das Herstellen und Inverkehrbringen von Tabakerzeugnissen und verwandten Erzeugnissen sowie die Werbung für Tabakerzeugnisse und verwandte Erzeugnisse und den Nichtrauche­rinnen- bzw. Nichtraucherschutz (Tabak- und Nichtraucherinnen- bzw. Nichtraucher­schutzgesetz – TNRSG) geändert wird

4. Punkt: Bericht über den Antrag 515/A der Abgeordneten Mag. Karin Greiner, Kolle­ginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz über das Herstellen und Inverkehrbringen von Tabakerzeugnissen und verwandten Erzeug­nissen sowie die Werbung für Tabakerzeugnisse und verwandte Erzeugnisse und den Nichtraucherinnen- bzw. Nichtraucherschutz (Tabak- und Nichtraucherinnen- bzw. Nichtraucherschutzgesetz – TNRSG) geändert wird

5. Punkt: Bericht über den Antrag 610/A(E) der Abgeordneten Daniela Holzinger-Vogtenhuber, BA, Kolleginnen und Kollegen betreffend Schutz von Kindern und Jugendlichen vor Passivrauch

6. Punkt: Bericht in Entsprechung der Entschließung des Nationalrates vom 5. Juli 2018 betreffend Liberalisierung von Cannabis zu medizinischen Zwecken, Nr. 27/E XXVI. GP, vorgelegt von der Bundesministerin für Arbeit, Soziales, Gesundheit und Kon­sumentenschutz

7. Punkt: Bundesgesetz, mit dem das Rezeptpflichtgesetz geändert wird


Nationalrat, XXVI.GPStenographisches Protokoll66. Sitzung, 27. und 28. März 2019 / Seite 2

8. Punkt: Bericht über den Antrag 646/A(E) der Abgeordneten Mag. Gerald Loacker, Kolleginnen und Kollegen betreffend Maßnahmen gegen die restriktive Stellen­pla­nungspolitik der Kassen und Ärztekammern

9. Punkt: Bericht über den Antrag 607/A der Abgeordneten Werner Herbert, Mag. Friedrich Ofenauer, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Beamten-Dienstrechtsgesetz 1979, das Gehaltsgesetz 1956 und das Ver­tragsbedienstetengesetz 1948 geändert werden (Dienstrechts-Novelle 2019)

10. Punkt: Bericht über den Antrag 603/A der Abgeordneten Mag. Wolfgang Gerstl, Mag. Harald Stefan, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Staatsdruckereigesetz 1996 geändert wird

11. Punkt: Bericht über den Antrag 604/A der Abgeordneten Mag. Wolfgang Gerstl, Mag. Harald Stefan, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Verwaltungsgerichtshofgesetz 1985 geändert wird

12. Punkt: Bericht über den Antrag 664/A(E) der Abgeordneten Dr. Gudrun Kugler, Dr. Susanne Fürst, Kolleginnen und Kollegen betreffend Verhinderung von Parallel­gesellschaften und Radikalisierung

13. Punkt: Bericht über den Antrag 605/A(E) der Abgeordneten Dr. Gudrun Kugler, Dr. Susanne Fürst, Kolleginnen und Kollegen betreffend entschlossene Bekämpfung von Schlepperei und Menschenhandel

14. Punkt: Bericht über den Antrag 620/A der Abgeordneten Mag. Dr. Rudolf Taschner, Wendelin Mölzer, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Schulorganisationsgesetz, das Schulunterrichtsgesetz, das Schulunterrichtsgesetz für Berufstätige, Kollegs und Vorbereitungslehrgänge und das Privatschulgesetz geändert werden

15. Punkt: Bericht über den Antrag 649/A(E) der Abgeordneten Douglas Hoyos-Trauttmansdorff, Kolleginnen und Kollegen betreffend arbeitslos gewordene AMS Trainer_innen

16. Punkt: Bericht über den Antrag 656/A(E) der Abgeordneten Stephanie Cox, BA, Kolleginnen und Kollegen betreffend geschlechtersensible Pädagogik im Elementar­bereich und in der frühkindlichen Erziehung

17. Punkt: Bericht über den Antrag 561/A der Abgeordneten Gabriela Schwarz, Dr. Brigitte Povysil, Kolleginnen und Kollegen gemäß § 99 Abs. 1 GOG auf Beauftra­gung des Rechnungshofes mit der Durchführung eines besonderen Aktes der Geba­rungsprüfung hinsichtlich Ressortführung des Gesundheitsministeriums in der XXIV. und XXV. Gesetzgebungsperiode in den Jahren 2009 bis 2017 durch SPÖ-Gesund­heitsminister

18. Punkt: Tätigkeitsbericht 2018 des Rechnungshofes – Reihe BUND 2018/67

19. Punkt: Bericht des Rechnungshofes betreffend Allgemeiner Einkommens­be­richt 2018 – Reihe Einkommen 2018/1

20. Punkt: Bericht des Rechnungshofes betreffend Inklusiver Unterricht: Was leistet Österreichs Schulsystem? – Reihe BUND 2019/4

21. Punkt: Bericht des Rechnungshofes betreffend IT-Betreuung an Schulen – Reihe BUND 2018/47

22. Punkt: Bericht des Rechnungshofes betreffend Schulversuche; Follow-up-Über­prüfung – Reihe BUND 2018/49


Nationalrat, XXVI.GPStenographisches Protokoll66. Sitzung, 27. und 28. März 2019 / Seite 3

23. Punkt: Bericht des Rechnungshofes betreffend Schulstandortkonzepte/-festlegun­gen im Bereich der allgemein bildenden Pflichtschulen in den Ländern Oberösterreich und Steiermark; Follow-up-Überprüfung – Reihe BUND 2017/41

24. Punkt: Bericht des Rechnungshofes betreffend Nationalstiftung für Forschung, Technologie und Entwicklung; Follow-up-Überprüfung – Reihe BUND 2017/43

25. Punkt: Bericht des Rechnungshofes betreffend Technische Universität Wien – Finanzsituation; Follow-up-Überprüfung – Reihe BUND 2018/28

26. Punkt: Bericht des Rechnungshofes betreffend Beteiligungen von Universitäten an Un­ternehmen; Medizinische Universität Wien und Universität Linz – Reihe BUND 2018/53

27. Punkt: Erste Lesung: Antrag der Abgeordneten Dr. Alfred J. Noll, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz über den Zugang zu Informationen (Infor­ma­tionsfreiheitsgesetz – IFG) (631/A)

28. Punkt: Erste Lesung: Antrag der Abgeordneten Dr. Alfred J. Noll, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesverfassungsgesetz, mit dem das Bundes-Verfas­sungs­gesetz (B-VG) geändert wird (632/A)

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Inhalt

Personalien

Verhinderungen .............................................................................................................. 42

Geschäftsbehandlung

Einwendungen des Abgeordneten Mag. Dr. Wolfgang Zinggl gegen die Tages­ordnung gemäß § 50 der Geschäftsordnung .......................................................................................................... 42

Durchführung einer Debatte gemäß § 50 Abs. 4 der Geschäftsordnung ...................... 68

RednerInnen:

Mag. Dr. Wolfgang Zinggl ...................................................................................... ..... 68

August Wöginger .................................................................................................... ..... 69

Mag. Jörg Leichtfried ............................................................................................. ..... 71

Dr. Walter Rosenkranz .........................................................................................  72, 75

Dr. Peter Pilz ........................................................................................................... ..... 73

Dr. Alfred J. Noll ..................................................................................................... ..... 74

Dipl.-Ing. (FH) Martha Bißmann ............................................................................ ..... 76

Karl Nehammer, MSc .............................................................................................. ..... 77

Einwendungen finden keine Mehrheit ............................................................................ 78

Antrag der Abgeordneten Andreas Ottenschläger, Rudolf Plessl, Dr. Reinhard Eugen Bösch, Michael Bernhard und Dr. Peter Pilz, die dem Unter­suchungs­ausschusses zur Untersuchung der politischen Verantwortung im Zu­sam­menhang mit dem Kampfflugzeugsystem „Eurofighter Typhoon“ von Anfang 2000 bis Ende 2017 (1/US XXVI. GP) zur Berichterstattung gesetzte Frist gemäß § 43 Abs. 2 GOG um drei Monate zu erstrecken – Annahme .....................................................................................  80, 307

Redezeitbeschränkung nach Beratung in der Präsidialkonferenz gemäß § 57 Abs. 5 GOG                    81


Nationalrat, XXVI.GPStenographisches Protokoll66. Sitzung, 27. und 28. März 2019 / Seite 4

Ersuchen des Abgeordneten Mag. Jörg Leichtfried um Erteilung eines Ord­nungsrufes                            48

Aktuelle Stunde (18.)

Thema: „Mindestsicherung NEU – mehr Fairness für uns Österreicher statt Zuwanderung in das Sozialsystem“ ............................................................................................................... 43

RednerInnen:

Dr. Walter Rosenkranz ........................................................................................... ..... 43

Bundesministerin Mag. Beate Hartinger-Klein ................................................... ..... 46

August Wöginger .................................................................................................... ..... 49

Dr. Pamela Rendi-Wagner, MSc ................................................................................. 51

Dr. Dagmar Belakowitsch ...................................................................................... ..... 52

Mag. Gerald Loacker .............................................................................................. ..... 54

Daniela Holzinger-Vogtenhuber, BA .................................................................... ..... 56

Kira Grünberg ......................................................................................................... ..... 57

Josef Muchitsch ...................................................................................................... ..... 59

Mag. Johann Gudenus, M.A.I.S. ............................................................................ ..... 60

Josef Schellhorn ..................................................................................................... ..... 62

Mag. Bruno Rossmann .......................................................................................... ..... 64

Dipl.-Ing. (FH) Martha Bißmann ............................................................................ ..... 65

Efgani Dönmez, PMM ............................................................................................. ..... 67

Bundesregierung

Vertretungsschreiben ..................................................................................................... 42

Ausschüsse

Zuweisungen .................................................................................................  78, 305, 307

Auslieferungsbegehren

gegen den Abgeordneten Mag. Johann Gudenus, M.A.I.S. ........................................ 79

Dringlicher Antrag

der Abgeordneten Dr. Pamela Rendi-Wagner, MSc, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Die Bundesregierung muss Farbe bekennen: Solidarische Finan­zierung aus den öffentlichen Budgetmitteln statt neuer Belastungen durch eine Pflegeversicherung!“ (666/A)(E) ................................. 148

Begründung: Dr. Pamela Rendi-Wagner, MSc, ......................................................... 151

Bundeskanzler Sebastian Kurz ................................................................................ 154

Debatte:

Josef Muchitsch ................................................................................................  157, 191

August Wöginger ..............................................................................................  158, 190

Petra Wagner .............................................................................................................. 160

Mag. Gerald Loacker .................................................................................................. 161

Daniela Holzinger-Vogtenhuber, BA .................................................................... ... 163

Gabriele Heinisch-Hosek ....................................................................................... ... 165

Mag. Ernst Gödl ...................................................................................................... ... 167

Dr. Brigitte Povysil ................................................................................................. ... 169

Dr. Nikolaus Scherak, MA ...................................................................................... ... 170

Mag. Bruno Rossmann .......................................................................................... ... 172

Birgit Silvia Sandler ................................................................................................... 175


Nationalrat, XXVI.GPStenographisches Protokoll66. Sitzung, 27. und 28. März 2019 / Seite 5

Martina Diesner-Wais ................................................................................................. 176

Mag. Christian Ragger ............................................................................................... 177

Dr. Irmgard Griss .................................................................................................... ... 179

Ing. Markus Vogl ..................................................................................................... ... 180

Gabriela Schwarz ................................................................................................... ... 182

Dr. Dagmar Belakowitsch ...................................................................................... ... 183

Bundesministerin Mag. Beate Hartinger-Klein ................................................... ... 184

Dr. Pamela Rendi-Wagner, MSc (tatsächliche Berichtigung) ................................... 186

Dipl.-Ing. Karin Doppelbauer ................................................................................. ... 186

Alois Stöger, diplômé ............................................................................................. ... 187

Bundesminister Dr. Josef Moser .......................................................................... ... 189

Entschließungsantrag der Abgeordneten Mag. Bruno Rossmann, Kolleginnen und Kollegen betreffend „die Valorisierung des Pflegegeldes“ – Ablehnung .....................................................  174, 192

Ablehnung des Selbständigen Entschließungsantrages 666/A(E) ............................... 191

Verhandlungen

Gemeinsame Beratung über

1. Punkt: Bericht des Gesundheitsausschusses über das Volksbegehren (434 d.B.) „Don’t smoke“ (533 d.B.) ......................................................................................................................................... 81

2. Punkt: Bericht des Gesundheitsausschusses über die Petition Nr. 1/PET: „DON’T SMOKE, das Nichtraucherschutzgesetz muss bleiben“, überreicht von den Abgeordneten Dr. Pamela Rendi-Wagner, MSc, Mag. Dr. Matthias Strolz und Dr. Peter Kolba (534 d.B.) ............................................... 81

3. Punkt: Bericht des Gesundheitsausschusses über den Antrag 405/A der Ab­geordneten Dr. Pamela Rendi-Wagner, MSc, Mag. Gerald Loacker, Daniela Holzinger-Vogtenhuber, BA, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundes­gesetz, mit dem das Bundesgesetz über das Herstellen und Inverkehrbringen von Tabakerzeugnissen und verwandten Erzeugnissen sowie die Werbung für Tabakerzeugnisse und verwandte Erzeugnisse und den Nichtraucherinnen- bzw. Nichtraucherschutz (Tabak- und Nichtraucherinnen- bzw. Nichtraucherschutz­gesetz – TNRSG) geändert wird (535 d.B.) ................................... 81

4. Punkt: Bericht des Gesundheitsausschusses über den Antrag 515/A der Abgeordneten Mag. Karin Greiner, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz über das Herstellen und Inverkehr­bringen von Tabakerzeugnissen und verwandten Erzeugnissen sowie die Wer­bung für Tabakerzeugnisse und verwandte Erzeugnisse und den Nichtrauche­rinnen- bzw. Nichtraucherschutz (Tabak- und Nichtraucherinnen- bzw. Nicht­raucherschutzgesetz – TNRSG) geändert wird (536 d.B.)                    82

5. Punkt: Bericht des Gesundheitsausschusses über den Antrag 610/A(E) der Abgeordneten Daniela Holzinger-Vogtenhuber, BA, Kolleginnen und Kollegen betreffend Schutz von Kindern und Jugendlichen vor Passivrauch (537 d.B.) ................................................................................................... 82

RednerInnen:

Philip Kucher ........................................................................................................... ..... 82

Josef A. Riemer ....................................................................................................... ..... 85

Mag. Gerald Loacker .............................................................................................. ..... 86

Gabriela Schwarz ................................................................................................... ..... 87

Daniela Holzinger-Vogtenhuber, BA ................................................................  89, 110

Bundesministerin Mag. Beate Hartinger-Klein ......................................................... 90

Peter Wurm ..........................................................................................................  91, 106


Nationalrat, XXVI.GPStenographisches Protokoll66. Sitzung, 27. und 28. März 2019 / Seite 6

Dietmar Keck ................................................................................................................ 93

Peter Wurm (tatsächliche Berichtigung) ....................................................................... 96

Martina Diesner-Wais ................................................................................................... 97

Daniela Holzinger-Vogtenhuber, BA (tatsächliche Berichtigung) ............................. 98

Dr. Irmgard Griss .................................................................................................... ..... 99

Ricarda Berger ........................................................................................................ ... 100

Mag. Karin Greiner ............................................................................................  101, 111

Rebecca Kirchbaumer ............................................................................................ ... 102

Ing. Markus Vogl ..................................................................................................... ... 103

Gabriel Obernosterer ............................................................................................. ... 104

Mag. Ruth Becher ................................................................................................... ... 105

Walter Bacher .......................................................................................................... ... 107

Mag. Ruth Becher (tatsächliche Berichtigung) ........................................................... 108

Hermann Krist ............................................................................................................ 109

Gabriel Obernosterer (tatsächliche Berichtigung) ..................................................... 111

Mag. Dr. Wolfgang Zinggl .......................................................................................... 111

Entschließungsantrag der Abgeordneten Philip Kucher, Kolleginnen und Kol­legen betreffend „Nichtraucherschutz und Rauchverbot in der Gastronomie“ – Ablehnung ...........  95, 114

Entschließungsantrag der Abgeordneten Daniela Holzinger-Vogtenhuber, BA, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Schutz von Kindern und Jugendlichen vor Passivrauch durch Einleiten von Gesprächen mit den Jugendschutz­referen­tinnen und Jugendschutzreferenten der Bundesländer“ – Ablehnung            112, 114

Kenntnisnahme der fünf Ausschussberichte 533, 534, 535, 536 und 537 d.B. ........... 114

6. Punkt: Bericht des Gesundheitsausschusses über den Bericht in Entsprechung der Entschließung des Nationalrates vom 5. Juli 2018 betreffend Liberalisierung von Cannabis zu medizinischen Zwecken, Nr. 27/E XXVI. GP, vorgelegt von der Bundesministerin für Arbeit, Soziales, Gesundheit und Konsumentenschutz (III-233/538 d.B.) ................................................................................................................ 114

RednerInnen:

Ing. Maurice Androsch ........................................................................................... ... 115

Dr. Brigitte Povysil ................................................................................................. ... 116

Mag. Gerald Loacker .............................................................................................. ... 117

Gabriela Schwarz ................................................................................................... ... 118

Daniela Holzinger-Vogtenhuber, BA .................................................................... ... 119

Dr. Brigitte Povysil (tatsächliche Berichtigung) ......................................................... 122

Mag. Gerhard Kaniak ................................................................................................. 122

Ing. Maurice Androsch (tatsächliche Berichtigung) .................................................. 123

Bundesministerin Mag. Beate Hartinger-Klein ....................................................... 124

Entschließungsantrag der Abgeordneten Daniela Holzinger-Vogtenhuber, BA, Mag. Gerald Loacker, Philip Kucher, Kolleginnen und Kollegen betreffend „unabhängiger Bericht zum Stand der internationalen Forschung über die Wirk­samkeit von Cannabis in der Medizin“ – Ablehnung ...  121, 126

Kenntnisnahme des Berichtes III-233 d.B. ................................................................... 125

Annahme der dem schriftlichen Ausschussbericht 538 d.B. beigedruckten Ent­schließung betreffend „Liberalisierung von Cannabis zu medizinischen Zwecken“ (E 56) ............................. 125


Nationalrat, XXVI.GPStenographisches Protokoll66. Sitzung, 27. und 28. März 2019 / Seite 7

7. Punkt: Bericht des Gesundheitsausschusses über die Regierungsvorlage (503 d.B.): Bundesgesetz, mit dem das Rezeptpflichtgesetz geändert wird (539 d.B.) ............................................... 126

RednerInnen:

Dr. Brigitte Povysil ................................................................................................. ... 126

Gabriele Heinisch-Hosek ....................................................................................... ... 127

Mag. Johann Gudenus, M.A.I.S. (tatsächliche Berichtigung) ................................... 127

Johann Singer ......................................................................................................... ... 128

Mag. Gerhard Kaniak .............................................................................................. ... 129

Annahme des Gesetzentwurfes in 539 d.B. ................................................................. 129

8. Punkt: Bericht des Gesundheitsausschusses über den Antrag 646/A(E) der Abgeordneten Mag. Gerald Loacker, Kolleginnen und Kollegen betreffend Maß­nahmen gegen die restriktive Stellenplanungspolitik der Kassen und Ärztekam­mern (540 d.B.) ......................................................................... 130

RednerInnen:

Mag. Gerald Loacker .............................................................................................. ... 130

Dr. Brigitte Povysil ................................................................................................. ... 131

Mag. Verena Nussbaum ......................................................................................... ... 132

Josef Schellhorn ..................................................................................................... ... 133

Angela Fichtinger ................................................................................................... ... 136

Mag. Gerhard Kaniak .............................................................................................. ... 137

Bundesministerin Mag. Beate Hartinger-Klein ................................................... ... 138

Entschließungsantrag der Abgeordneten Josef Schellhorn, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Modernisierung der Selbstverwaltung – Versicherten­ver­tre­ter­wahlen jetzt“ – Ablehnung               134, 139

Kenntnisnahme des Ausschussberichtes 540 d.B. ...................................................... 139

9. Punkt: Bericht des Verfassungsausschusses über den Antrag 607/A der Ab­geordneten Werner Herbert, Mag. Friedrich Ofenauer, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Beamten-Dienstrechtsgesetz 1979, das Gehaltsgesetz 1956 und das Vertragsbedienstetengesetz 1948 geändert werden (Dienstrechts-Novelle 2019) (545 d.B.) ........................................................................ 139

RednerInnen:

Mag. Selma Yildirim ................................................................................................ ... 140

Mag. Friedrich Ofenauer ........................................................................................ ... 141

Mag. Gerald Loacker .............................................................................................. ... 142

Werner Herbert ....................................................................................................... ... 143

Mag. Selma Yildirim (tatsächliche Berichtigung) ....................................................... 145

Vizekanzler Heinz-Christian Strache ................................................................... ... 145

Melanie Erasim, MSc .............................................................................................. ... 147

Annahme des Gesetzentwurfes in 545 d.B. ................................................................. 192

10. Punkt: Bericht des Verfassungsausschusses über den Antrag 603/A der Abgeordneten Mag. Wolfgang Gerstl, Mag. Harald Stefan, Kolleginnen und Kolle­gen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Staatsdruckereigesetz 1996 ge­ändert wird (546 d.B.) ................................................. 192

RednerInnen:

Christoph Stark ....................................................................................................... ... 192

Angela Lueger ......................................................................................................... ... 194

Mag. Harald Stefan ................................................................................................. ... 196


Nationalrat, XXVI.GPStenographisches Protokoll66. Sitzung, 27. und 28. März 2019 / Seite 8

Entschließungsantrag der Abgeordneten Angela Lueger, Kolleginnen und Kol­legen betreffend „größtmögliche Sicherheitsstandards und Datenschutzstandards bei Ausschreibungen für sensible Dokumente der Republik Österreich“ – Ableh­nung ................................................................  195, 197

Annahme des Gesetzentwurfes in 546 d.B. ................................................................. 196

11. Punkt: Bericht des Verfassungsausschusses über den Antrag 604/A der Abgeordneten Mag. Wolfgang Gerstl, Mag. Harald Stefan, Kolleginnen und Kolle­gen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Verwaltungsgerichts­hof­ge­setz 1985 geändert wird (547 d.B.) .................................... 197

RednerInnen:

Mag. Josef Lettenbichler ........................................................................................ ... 197

Dr. Peter Wittmann ................................................................................................. ... 198

Mag. Harald Stefan ................................................................................................. ... 199

Annahme des Gesetzentwurfes in 547 d.B. ................................................................. 199

12. Punkt: Bericht des Ausschusses für Menschenrechte über den Antrag 664/A(E) der Abgeordneten Dr. Gudrun Kugler, Dr. Susanne Fürst, Kolleginnen und Kolle­gen betreffend Verhinderung von Parallelgesellschaften und Radikalisierung (531 d.B.) ................................................. 199

RednerInnen:

Dr. Alma Zadić, LL.M. ................................................................................................. 200

Dr. Susanne Fürst ................................................................................................... ... 203

Dr. Harald Troch ..................................................................................................... ... 204

Dr. Gudrun Kugler .................................................................................................. ... 206

Dr. Stephanie Krisper ............................................................................................. ... 207

Hannes Amesbauer, BA ......................................................................................... ... 208

Renate Gruber ......................................................................................................... ... 210

Staatssekretärin Mag. Karoline Edtstadler .......................................................... ... 210

Angela Baumgartner .............................................................................................. ... 211

Robert Laimer ............................................................................................................. 212

Claudia Plakolm .......................................................................................................... 213

Maria Großbauer ........................................................................................................ 214

Dipl.-Ing. (FH) Martha Bißmann ................................................................................ 215

Efgani Dönmez, PMM ................................................................................................. 216

Entschließungsantrag der Abgeordneten Dr. Harald Troch, Kolleginnen und Kollegen betreffend „konsequente Bekämpfung rechtsextremer Aktivitäten und des Antisemitismus“ – Ablehnung    205, 218

Annahme der dem schriftlichen Ausschussbericht 531 d.B. beigedruckten Ent­schließung betreffend „Verhinderung von Parallelgesellschaften und Radikalisie­rung“ (E 57) ....................... 218

13. Punkt: Bericht des Ausschusses für Menschenrechte über den Antrag 605/A(E) der Abgeordneten Dr. Gudrun Kugler, Dr. Susanne Fürst, Kolleginnen und Kolle­gen betreffend entschlossene Bekämpfung von Schlepperei und Menschen­han­del (532 d.B.) .............................................................. 218

RednerInnen:

Dr. Susanne Fürst ................................................................................................... ... 218

Sabine Schatz ......................................................................................................... ... 220

Dr. Gudrun Kugler .................................................................................................. ... 221

Dr. Alma Zadić, LL.M. ................................................................................................. 222


Nationalrat, XXVI.GPStenographisches Protokoll66. Sitzung, 27. und 28. März 2019 / Seite 9

Hannes Amesbauer, BA ......................................................................................... ... 226

Birgit Silvia Sandler ................................................................................................ ... 227

Staatssekretärin Mag. Karoline Edtstadler .......................................................... ... 228

Mag. Klaus Fürlinger .............................................................................................. ... 229

Josef A. Riemer ....................................................................................................... ... 229

Kira Grünberg ......................................................................................................... ... 230

Entschließungsantrag der Abgeordneten Dr. Alma Zadić, LL.M., Kolleginnen und Kollegen betreffend „Kooperation zwischen EU und Libyen im Bereich Grenzschutz und Migrationsmanagement sowie die aktuelle Menschenrechts­situation in Libyen“ – Ablehnung ...............................................  223, 231

Annahme der dem schriftlichen Ausschussbericht 532 d.B. beigedruckten Ent­schließung betreffend „entschlossene Bekämpfung von Schlepperei und Men­schenhandel“ (E 58) ............ 231

14. Punkt: Bericht des Unterrichtsausschusses über den Antrag 620/A der Abge­ordneten Mag. Dr. Rudolf Taschner, Wendelin Mölzer, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Schulorganisationsgesetz, das Schul­unterrichtsgesetz, das Schulunterrichtsgesetz für Berufstätige, Kollegs und Vor­bereitungslehrgänge und das Privatschulgesetz geändert werden (541 d.B.)                      231

RednerInnen:

Mag. Dr. Sonja Hammerschmid ............................................................................ ... 231

Mag. Dr. Rudolf Taschner ...................................................................................... ... 233

Douglas Hoyos-Trauttmansdorff .......................................................................... ... 235

Wendelin Mölzer ..................................................................................................... ... 236

Christian Kovacevic ............................................................................................... ... 237

MMMag. Gertraud Salzmann ................................................................................. ... 238

Eva Maria Holzleitner, BSc .................................................................................... ... 239

Mag. Gerald Hauser ................................................................................................ ... 240

Bundesminister Dr. Heinz Faßmann .................................................................... ... 241

Ing. Manfred Hofinger ............................................................................................ ... 242

Dipl.-Kffr. (FH) Elisabeth Pfurtscheller ................................................................ ... 243

Annahme des Gesetzentwurfes in 541 d.B. ................................................................. 244

15. Punkt: Bericht des Unterrichtsausschusses über den Antrag 649/A(E) der Abgeordneten Douglas Hoyos-Trauttmansdorff, Kolleginnen und Kollegen be­treffend arbeitslos gewordene AMS Trainer_innen (542 d.B.)     ............................................................................................................................. 244

RednerInnen:

Dipl.-Ing. Alois Rosenberger ................................................................................. ... 245

Walter Bacher .......................................................................................................... ... 246

Wendelin Mölzer ..................................................................................................... ... 246

Douglas Hoyos-Trauttmansdorff .......................................................................... ... 247

Stephanie Cox, BA ..................................................................................................... 248

Dipl.-Ing. Christian Schandor ................................................................................... 249

Bundesminister Dr. Heinz Faßmann .................................................................... ... 250

Annahme der dem schriftlichen Ausschussbericht 542 d.B. beigedruckten Ent­schließung betreffend „arbeitslos gewordene AMS Trainer_innen“ (E 59) ...................................................... 250

16. Punkt: Bericht des Unterrichtsausschusses über den Antrag 656/A(E) der Abgeordneten Stephanie Cox, BA, Kolleginnen und Kollegen betreffend ge­schlechtersensible Pädagogik im Elementarbereich und in der frühkindlichen Erziehung (543 d.B.) ............................................................................. 250


Nationalrat, XXVI.GPStenographisches Protokoll66. Sitzung, 27. und 28. März 2019 / Seite 10

RednerInnen:

Katharina Kucharowits .......................................................................................... ... 250

Angelika Kuss-Bergner, BEd ................................................................................ ... 251

Stephanie Cox, BA ..................................................................................................... 253

Edith Mühlberghuber ................................................................................................. 254

Dr. Maria Theresia Niss, MBA ................................................................................... 255

Dipl.-Ing. Christian Schandor ................................................................................... 256

Kenntnisnahme des Ausschussberichtes 543 d.B. ...................................................... 257

17. Punkt: Bericht des Rechnungshofausschusses über den Antrag 561/A der Abgeordneten Gabriela Schwarz, Dr. Brigitte Povysil, Kolleginnen und Kollegen gemäß § 99 Abs. 1 GOG auf Beauftragung des Rechnungshofes mit der Durchführung eines besonderen Aktes der Gebarungsprüfung hinsichtlich Res­sort­führung des Gesundheitsministeriums in der XXIV. und XXV. Gesetzge­bungsperiode in den Jahren 2009 bis 2017 durch SPÖ-Gesundheitsminister (517 d.B.) .................................................. 257

RednerInnen:

Mag. Karin Greiner ................................................................................................. ... 257

Mag. Maria Smodics-Neumann ................................................................................. 259

Dr. Irmgard Griss .................................................................................................... ... 260

Dr. Brigitte Povysil ................................................................................................. ... 261

Mag. Dr. Wolfgang Zinggl ...................................................................................... ... 262

Christoph Zarits ...................................................................................................... ... 263

Philip Kucher ........................................................................................................... ... 264

Wolfgang Zanger .................................................................................................... ... 265

Annahme des Antrages in 517 d.B., den Rechnungshof gemäß § 99 Abs. 1 GOG mit einer besonderen Gebarungsüberprüfung zu beauftragen ....................................................................... 266

18. Punkt: Bericht des Rechnungshofausschusses über den Tätigkeitsbericht 2018 des Rechnungshofes – Reihe BUND 2018/67 (III-228/515 d.B.) ...................................................................... 266

RednerInnen:

Mag. Josef Lettenbichler ........................................................................................ ... 266

Mag. Karin Greiner ................................................................................................. ... 267

Alois Kainz .............................................................................................................. ... 268

Dr. Irmgard Griss ....................................................................................................... 269

Rudolf Plessl ............................................................................................................... 270

Rechnungshofpräsidentin Dr. Margit Kraker ......................................................... 271

Christian Lausch ........................................................................................................ 272

Kenntnisnahme des Berichtes III-228 d.B. ................................................................... 273

19. Punkt: Bericht des Rechnungshofausschusses über den Bericht des Rech­nungshofes betreffend Allgemeiner Einkommensbericht 2018 – Reihe Einkom­men 2018/1 (III-223/516 d.B.)                    273

RednerInnen:

Johann Singer ......................................................................................................... ... 274

Mag. Ruth Becher ................................................................................................... ... 275

Wolfgang Zanger .................................................................................................... ... 276

Dr. Irmgard Griss ....................................................................................................... 277

Mag. Bruno Rossmann .............................................................................................. 277

Dr. Maria Theresia Niss, MBA ............................................................................... ... 281

Wolfgang Knes ........................................................................................................... 282


Nationalrat, XXVI.GPStenographisches Protokoll66. Sitzung, 27. und 28. März 2019 / Seite 11

Mag. Gerald Hauser ................................................................................................ ... 282

Rechnungshofpräsidentin Dr. Margit Kraker ......................................................... 284

Mario Lindner .............................................................................................................. 285

Entschließungsantrag der Abgeordneten Mag. Bruno Rossmann, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Mindestlohn“ – Ablehnung ..................................................................................  279, 286

Kenntnisnahme des Berichtes III-223 d.B. ................................................................... 285

Gemeinsame Beratung über

20. Punkt: Bericht des Rechnungshofausschusses über den Bericht des Rech­nungshofes betreffend Inklusiver Unterricht: Was leistet Österreichs Schul­system? – Reihe BUND 2019/4 (III-242/550 d.B.)   ............................................................................................................................. 286

21. Punkt: Bericht des Rechnungshofausschusses über den Bericht des Rech­nungshofes betreffend IT-Betreuung an Schulen – Reihe BUND 2018/47 (III-188/551 d.B.) .............................. 286

22. Punkt: Bericht des Rechnungshofausschusses über den Bericht des Rechnungshofes betreffend Schulversuche; Follow-up-Überprüfung – Reihe BUND 2018/49 (III-191/552 d.B.) .........              286

23. Punkt: Bericht des Rechnungshofausschusses über den Bericht des Rechnungshofes betreffend Schulstandortkonzepte/-festlegungen im Bereich der allgemein bildenden Pflichtschulen in den Ländern Oberösterreich und Steiermark; Follow-up-Überprüfung – Reihe BUND 2017/41 (III-41/553 d.B.)          ............................................................................................................................. 286

24. Punkt: Bericht des Rechnungshofausschusses über den Bericht des Rech­nungshofes betreffend Nationalstiftung für Forschung, Technologie und Ent­wicklung; Follow-up-Überprüfung – Reihe BUND 2017/43 (III-43/554 d.B.) ............................................................................................................. 286

25. Punkt: Bericht des Rechnungshofausschusses über den Bericht des Rech­nungshofes betreffend Technische Universität Wien – Finanzsituation; Follow-up-Überprüfung – Reihe BUND 2018/28 (III-139/555 d.B.) ................................................................................................................ 286

26. Punkt: Bericht des Rechnungshofausschusses über den Bericht des Rech­nungshofes betreffend Beteiligungen von Universitäten an Unternehmen; Medi­zinische Universität Wien und Universität Linz – Reihe BUND 2018/53 (III-199/556 d.B.) ................................................................................. 286

RednerInnen:

Hermann Gahr ......................................................................................................... ... 287

Irene Hochstetter-Lackner ..................................................................................... ... 288

Walter Rauch ........................................................................................................... ... 289

Dr. Irmgard Griss .................................................................................................... ... 290

Stephanie Cox, BA ................................................................................................. ... 291

Rechnungshofpräsidentin Dr. Margit Kraker ......................................................... 291

Angela Baumgartner .............................................................................................. ... 293

Mag. Ruth Becher ................................................................................................... ... 294

Peter Gerstner ......................................................................................................... ... 295

Mag. Andreas Hanger ............................................................................................. ... 296

Doris Margreiter ...................................................................................................... ... 296

Mag. Gerald Hauser ................................................................................................ ... 298

Angela Fichtinger ................................................................................................... ... 299

Andreas Kollross .................................................................................................... ... 299

Dr. Jessi Lintl .......................................................................................................... ... 300

Hannes Amesbauer, BA ......................................................................................... ... 301


Nationalrat, XXVI.GPStenographisches Protokoll66. Sitzung, 27. und 28. März 2019 / Seite 12

Kenntnisnahme der sieben Berichte III-242, III-188, III-191, III-41, III-43, III-139 und III-199 d.B.               ............................................................................................................................. 302

27. Punkt: Erste Lesung: Antrag der Abgeordneten Dr. Alfred J. Noll, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz über den Zugang zu Informationen (Informationsfreiheitsgesetz – IFG) (631/A)                  303

RednerInnen:

Dr. Alfred J. Noll ..................................................................................................... ... 303

Nikolaus Prinz ......................................................................................................... ... 304

Dr. Peter Wittmann ................................................................................................. ... 304

Mag. Philipp Schrangl ............................................................................................ ... 305

Zuweisung des Antrages 631/A an den Verfassungsausschuss ................................. 305

28. Punkt: Erste Lesung: Antrag der Abgeordneten Dr. Alfred J. Noll, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesverfassungsgesetz, mit dem das Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) geändert wird (632/A)      ............................................................................................................................. 305

RednerInnen:

Dr. Alfred J. Noll ..................................................................................................... ... 305

Mag. Peter Weidinger ............................................................................................. ... 306

Zuweisung des Antrages 632/A an den Verfassungsausschuss ................................. 307

Eingebracht wurden

Petition .......................................................................................................................... 79

Petition betreffend „Erhalt des Status ,Welterbe für das historische Zentrum von Salzburg‘“ (Ordnungsnummer 20) (überreicht vom Abgeordneten Mag. Dr. Wolf­gang Zinggl)

Bürgerinitiative ............................................................................................................. 79

Bürgerinitiative betreffend „Gegen Bankomatgebühren – für einen unentgeltlichen Zugang zum eigenen Bargeld in Österreich!“ (Ordnungsnummer 60)

Regierungsvorlagen .................................................................................................... 79

510: Erklärung der Republik Österreich über den Einspruch gegen den Beitritt der Republik der Philippinen zum Übereinkommen zur Befreiung ausländischer öffentlicher Urkunden von der Beglaubigung

511: Protokoll zur Änderung des am 25. und 30. April 2007 unterzeichneten Luftverkehrsabkommens zwischen den Vereinigten Staaten von Amerika und der Europäischen Gemeinschaft und ihren Mitgliedstaaten

512: Bundesgesetz über die Wahrnehmung konsularischer Aufgaben (Konsular­gesetz – KonsG)

514: Bundesgesetz, mit dem ein Bundesgesetz betreffend Grundsätze für die Sozialhilfe (Sozialhilfe-Grundsatzgesetz) und ein Bundesgesetz über die bundes­weite Gesamtstatistik über Leistungen der Sozialhilfe (Sozialhilfe-Statistikgesetz) erlassen und das Bundesgesetz zur Integration rechtmäßig in Österreich auf­hältiger Personen ohne österreichische Staatbürgerschaft(lntegrationsgesetz-IntG) geändert werden


Nationalrat, XXVI.GPStenographisches Protokoll66. Sitzung, 27. und 28. März 2019 / Seite 13

544: Bundesgesetz zur Durchführung von Verpflichtungen aus dem Protokoll von Nagoya sowie der Verordnung (EU) Nr. 511/2014

Berichte ......................................................................................................................... 79

Vorlage 41 BA: Monatserfolg Jänner 2019; BM f. Finanzen

III-260: Bericht betreffend Versorgung psychisch Erkrankter durch die Sozialver­sicherung – Reihe BUND 2019/8; Rechnungshof

III-261: Bericht betreffend psychosoziale Angebote in den Ländern Salzburg und Steiermark – Reihe BUND 2019/9; Rechnungshof

III-262: Bericht betreffend ARE Austrian Real Estate GmbH (Konzern) – Reihe BUND 2019/10; Rechnungshof

III-263: Bericht betreffend mittelfristige Haushaltsplanung der Länder Nieder-österreich und Oberösterreich sowie der Stadt Wien – Reihe BUND 2019/11; Rechnungshof

III-264: Bericht betreffend Unterricht für Kinder und Jugendliche mit Flucht­erfahrung – Reihe BUND 2019/12; Rechnungshof

III-265: Bericht betreffend Nachkontrollen gemäß Umweltverträglich­keitsprü­fungs­gesetz bei Bundesstraßen – Reihe BUND 2019/13; Rechnungshof

III-266: Gemeinwirtschaftlicher Leistungsbericht 2017; BM f. Verkehr, Innovation und Technologie

III-267: Bericht über die Tätigkeiten und Ergebnisse der 18. Wiederauffüllung der Internationalen Entwicklungsorganisation (IDA-18), der 14. Wiederauffüllung des Afrikanischen Entwicklungsfonds (ADF-14) sowie der 11. Wiederauffüllung des Asiatischen Entwicklungsfonds (AsDF-11); BM f. Finanzen

III-268: Nationaler Bildungsbericht Österreich 2018; BM f. Bildung, Wissenschaft und Forschung

Anträge der Abgeordneten

Dr. Pamela Rendi-Wagner, MSc, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Die Bun­desregierung muss Farbe bekennen: Solidarische Finanzierung aus den öffentlichen Budgetmitteln statt neuer Belastungen durch eine Pflegeversicherung!“ (666/A)(E)

Doris Margreiter, Kolleginnen und Kollegen betreffend Reform hin zu wirtschaft­liche­ren Abschreibungsregeln im Steuerrecht (667/A)(E)

Doris Margreiter, Kolleginnen und Kollegen betreffend Fortführung Ausnahme bei handelsüblichen Bezeichnungen gem. RKS-VO (668/A)(E)

Josef Muchitsch, Kolleginnen und Kollegen betreffend Grundsatzgesetz für eine bedarfsorientierte Mindestsicherung (669/A)(E)

Birgit Silvia Sandler, Kolleginnen und Kollegen betreffend Maßnahmen zur Verbes­serung der Arbeitsbedingungen für Menschen mit Behinderungen (670/A)(E)

Dr. Pamela Rendi-Wagner, MSc, Kolleginnen und Kollegen betreffend Schaffung einer einheitlichen Anlaufstelle für Pflegehilfestellungen (Pflegeservicestellen) in allen Bundesländern (671/A)(E)


Nationalrat, XXVI.GPStenographisches Protokoll66. Sitzung, 27. und 28. März 2019 / Seite 14

Dr. Pamela Rendi-Wagner, MSc, Kolleginnen und Kollegen betreffend Pflege­quali­tätsgesetz (672/A)(E)

Dr. Pamela Rendi-Wagner, MSc, Kolleginnen und Kollegen betreffend Schaffung eines Pflegegarantiefonds (673/A)(E)

Doris Margreiter, Kolleginnen und Kollegen betreffend Modernisierung des Wahl­rechts für die Wirtschaftskammer (674/A)(E)

Angela Lueger, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundes-Verfassungsgesetz und das Bundesgesetz über die Geschäftsordnung des Nationalrates (Geschäftsordnungsgesetz 1975) geändert werden (675/A)

Mag. Dr. Wolfgang Zinggl, Kolleginnen und Kollegen betreffend Welterbe im Flächen­widmungsplan der Stadt Wien (676/A)(E)

Douglas Hoyos-Trauttmansdorff, Kolleginnen und Kollegen betreffend Medien­kompetenz in der Erwachsenenbildung zum Aufbau einer resilienten Gesellschaft (677/A)(E)

Mag. Bruno Rossmann, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundespflegegeldgesetz geändert wird (678/A)

Mag. Gerald Loacker, Kolleginnen und Kollegen betreffend Evaluierung zur Senkung der Hebesätze zur Entlastung der Pensionsversicherung (679/A)(E)

Mag. Gerald Loacker, Kolleginnen und Kollegen betreffend Liberales Bürgergeld (680/A)(E)

Mag. Gerald Loacker, Kolleginnen und Kollegen betreffend Reparatur der Raucher­regelung in der Gastronomie bevor der VfGH sie kippt (681/A)(E)

Mag. Gerald Loacker, Kolleginnen und Kollegen betreffend Modernisierung der Selbst­verwaltung – Versichertenvertreterwahlen jetzt (682/A)(E)

Josef Schellhorn, Kolleginnen und Kollegen betreffend Abschaffung der kalten Pro­gression (683/A)(E)

Josef Schellhorn, Kolleginnen und Kollegen betreffend Archivierung digitaler Archi­valien der obersten Bundesorgane durch das Staatsarchiv (684/A)(E)

Claudia Gamon, MSc (WU), Kolleginnen und Kollegen betreffend Gewaltambulanzen (685/A)(E)

Dr. Stephanie Krisper, Kolleginnen und Kollegen betreffend Abschaffung der Inlän­derdiskriminierung beim Zuzug ausländischer Familienangehöriger (686/A)(E)

Dr. Stephanie Krisper, Kolleginnen und Kollegen betreffend Öffentliche Anhörung der Leiter_innen des Bundesamtes für Verfassungsschutz und Terrorismusbekämpfung, des Abwehramtes und des Heeresnachrichtenamtes (687/A)(E)

Douglas Hoyos-Trauttmansdorff, Kolleginnen und Kollegen betreffend Das Öster­reichische Bundesheer finanziell auf stabile Beine stellen (688/A)(E)

Douglas Hoyos-Trauttmansdorff, Kolleginnen und Kollegen betreffend Entrepreneur­ship Education an Pflichtschulen (689/A)(E)

Josef Schellhorn, Kolleginnen und Kollegen betreffend verbesserte Spenden­absetz­barkeit im Kulturbereich (690/A)(E)


Nationalrat, XXVI.GPStenographisches Protokoll66. Sitzung, 27. und 28. März 2019 / Seite 15

Josef Schellhorn, Kolleginnen und Kollegen betreffend Haus der Geschichte als eigenständiges Bundesmuseum (691/A)(E)

Douglas Hoyos-Trauttmansdorff, Kolleginnen und Kollegen betreffend Öffnung des Österreichischen Bundesheeres für in Österreich ansässige EU-Bürger_innen (692/A)(E)

Douglas Hoyos-Trauttmansdorff, Kolleginnen und Kollegen betreffend Lehrerdienst­recht abschaffen (693/A)(E)

Mag. (FH) Maximilian Unterrainer, Kolleginnen und Kollegen betreffend Erhöhung des Budgets bei Österreich Werbung (694/A)(E)

Mag. Klaus Fürlinger, Mag. Harald Stefan, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Allgemeine Sozialversicherungsgesetz geändert wird (695/A)

Mag. Thomas Drozda, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz über die Errichtung eines Fonds zur Förderung der Beiträge der selbstständigen Künstler zur gesetzlichen Sozialversicherung (Künstler-Sozialver­sicherungsfondsgesetz – K-SVFG) geändert wird (696/A)

Daniela Holzinger-Vogtenhuber, BA, Kolleginnen und Kollegen betreffend verpflich­tende Kennzeichnung von nichttextilen Teilen tierischen Ursprungs (697/A)(E)

Mag. Dr. Klaus Uwe Feichtinger, Kolleginnen und Kollegen betreffend Sofortmaß­nahmen gegen den Klimanotstand (698/A)(E)

Birgit Silvia Sandler, Kolleginnen und Kollegen betreffend Rückforderungen von Kinderbetreuungsgeld – Schluss mit den Schikanen (699/A)(E)

Mag. Dr. Wolfgang Zinggl, Kolleginnen und Kollegen betreffend die Beantwortung parlamentarischer Anfragen (700/A)(E)

Mag. Ruth Becher, Kolleginnen und Kollegen betreffend Einführung einer Spezial­bestimmung Mietwucher als Verwaltungsstraftatbestand (701/A)(E)

Anfragen der Abgeordneten

Erwin Preiner, Kolleginnen und Kollegen an den Bundeskanzler betreffend freiwillige, unbezahlte Arbeit und Ehrenamt (2930/J)

Erwin Preiner, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für öffentlichen Dienst und Sport betreffend freiwillige, unbezahlte Arbeit und Ehrenamt (2931/J)

Erwin Preiner, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für EU, Kunst, Kultur und Medien betreffend freiwillige, unbezahlte Arbeit und Ehrenamt (2932/J)

Erwin Preiner, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Frauen, Familien und Jugend betreffend freiwillige, unbezahlte Arbeit und Ehrenamt (2933/J)

Erwin Preiner, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Bildung, Wis­senschaft und Forschung betreffend freiwillige, unbezahlte Arbeit und Ehrenamt (2934/J)

Erwin Preiner, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Arbeit, Soziales, Gesundheit und Konsumentenschutz betreffend freiwillige, unbezahlte Arbeit und Ehrenamt (2935/J)


Nationalrat, XXVI.GPStenographisches Protokoll66. Sitzung, 27. und 28. März 2019 / Seite 16

Erwin Preiner, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Verkehr, Inno­vation und Technologie betreffend freiwillige, unbezahlte Arbeit und Ehrenamt (2936/J)

Erwin Preiner, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Inneres betref­fend freiwillige, unbezahlte Arbeit und Ehrenamt (2937/J)

Erwin Preiner, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Europa, Inte­gra­tion und Äußeres betreffend freiwillige, unbezahlte Arbeit und Ehrenamt (2938/J)

Erwin Preiner, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Nachhaltigkeit und Tourismus betreffend freiwillige, unbezahlte Arbeit und Ehrenamt (2939/J)

Erwin Preiner, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Landesver­tei­digung betreffend freiwillige, unbezahlte Arbeit und Ehrenamt (2940/J)

Erwin Preiner, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Finanzen betreffend freiwillige, unbezahlte Arbeit und Ehrenamt (2941/J)

Erwin Preiner, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Verfassung, Reformen, Deregulierung und Justiz betreffend freiwillige, unbezahlte Arbeit und Ehrenamt (2942/J)

Erwin Preiner, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Digitalisierung und Wirtschaftsstandort betreffend freiwillige, unbezahlte Arbeit und Ehrenamt (2943/J)

Mag. Dr. Sonja Hammerschmid, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Bildung, Wissenschaft und Forschung betreffend Schulentwicklungsplan (2944/J)

Mag. Jörg Leichtfried, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Verkehr, Innovation und Technologie betreffend Ergebnisse des Pilotversuchs mit LKW-Abbie­geassistenten (2945/J)

Hermann Krist, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Verfassung, Reformen, Deregulierung und Justiz betreffend aufschiebende Wirkung Verwaltungs­gerichtsverfahrensgesetz (2946/J)

Petra Wimmer, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Nachhaltigkeit und Tourismus betreffend angekündigte Verbesserung der Mobilität im Tourismus (2947/J)

Mag. Andrea Kuntzl, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Bildung, Wissenschaft und Forschung betreffend Studienförderung – Entwicklung und Reform­bedarf „SelbsterhalterInnen-Stipendien“ (2948/J)

Mag. Andrea Kuntzl, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Bildung, Wissenschaft und Forschung betreffend Nationale Strategie zur sozialen Dimension in der Hochschulbildung – Stand der Umsetzung (2949/J)

Mag. Andrea Kuntzl, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Bildung, Wissenschaft und Forschung betreffend Studienabbruch infolge von Studiengebühren für Erwerbstätige (2950/J)

Dr. Peter Wittmann, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Inneres betreffend „Sicherheitszentrum Wiener Neustadt“ (2951/J)

Dr. Peter Wittmann, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Verfassung, Reformen, Deregulierung und Justiz betreffend „Sicherheitszentrum Wiener Neustadt“ (2952/J)


Nationalrat, XXVI.GPStenographisches Protokoll66. Sitzung, 27. und 28. März 2019 / Seite 17

Erwin Preiner, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Digitalisierung und Wirtschaftsstandort betreffend Treibhausgas-Emissionen in Österreich (2953/J)

Erwin Preiner, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Nachhaltigkeit und Tourismus betreffend Treibhausgas-Emissionen in Österreich (2954/J)

Erwin Preiner, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Verkehr, Inno­vation und Technologie betreffend Treibhausgas-Emissionen in Österreich (2955/J)

Erwin Preiner, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für öffentlichen Dienst und Sport betreffend Treibhausgas-Emissionen in Österreich (2956/J)

Erwin Preiner, Kolleginnen und Kollegen an den Bundeskanzler betreffend Treib­hausgas-Emissionen in Österreich (2957/J)

Erwin Preiner, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Nachhaltigkeit und Tourismus betreffend Lebensmittelverschwendung (2958/J)

Erwin Preiner, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Arbeit, Soziales, Gesundheit und Konsumentenschutz betreffend Lebensmittelverschwendung (2959/J)

Erwin Preiner, Kolleginnen und Kollegen an den Bundeskanzler betreffend Lebens­mittelverschwendung (2960/J)

Erwin Preiner, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für öffentlichen Dienst und Sport betreffend Lebensmittelverschwendung (2961/J)

Ing. Maurice Androsch, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Nach­haltigkeit und Tourismus betreffend die Gesundheit der Bienen und anderer Insekten muss der Politik wichtig sein (2962/J)

Ing. Maurice Androsch, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Arbeit, Soziales, Gesundheit und Konsumentenschutz betreffend die Gesundheit der Bienen und anderer Insekten muss der Politik wichtig sein (2963/J)

Birgit Silvia Sandler, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Inneres betreffend Stilllegung und Nachnutzung von Häusern, in denen AsylwerberInnen unter­gebracht waren (2964/J)

Ing. Markus Vogl, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Arbeit, Soziales, Gesundheit und Konsumentenschutz betreffend Verweigerte Umsetzung des SV Kollektivvertrages (2965/J)

Dr. Irmgard Griss, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Verfassung, Reformen, Deregulierung und Justiz betreffend Vertrauensleute ÖAAB im Amt der NÖ Landesregierung (2966/J)

Dr. Stephanie Krisper, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Europa, Integration und Äußeres betreffend Rückübernahmeabkommen (2967/J)

Dr. Stephanie Krisper, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Inneres betreffend Rückübernahmeabkommen (2968/J)

Dr. Stephanie Krisper, Kolleginnen und Kollegen an den Bundeskanzler betreffend Rückübernahmeabkommen (2969/J)

Dr. Irmgard Griss, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Finanzen betreffend Haftung der Zollspediteure für die Entrichtung der Einfuhrumsatzsteuer im EU-Ausland (2970/J)


Nationalrat, XXVI.GPStenographisches Protokoll66. Sitzung, 27. und 28. März 2019 / Seite 18

Mag. Gerald Loacker, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Digita­lisierung und Wirtschaftsstandort betreffend Missbrauchsverdacht bei Betriebs­tank­stellen, Folgeanfrage (2971/J)

Mag. Bruno Rossmann, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Finanzen betreffend Bewerbung der Steuerreform „Entlastung Österreich“ (2972/J)

Mag. Bruno Rossmann, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Nachhaltigkeit und Tourismus betreffend „Wärmestrategie“ (2973/J)

Renate Gruber, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Verkehr, Inno­vation und Technologie betreffend Donauschifffahrt – Entsorgung von Fäkalien in der Donau (2974/J)

Renate Gruber, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Arbeit, Sozia­les, Gesundheit und Konsumentenschutz betreffend Smart Meter (2975/J)

Renate Gruber, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Nachhaltigkeit und Tourismus betreffend plastikfreie Städte und Gemeinden (2976/J)

Rudolf Plessl, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Nachhaltigkeit und Tourismus betreffend Aktuelle Gefährdungslage des Grundwassers im Marchfeld (2977/J)

Elisabeth Feichtinger, BEd, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Nachhaltigkeit und Tourismus betreffend Notfallzulassung von verbotenen und Bienen tötenden Neonicotinoiden (2978/J)

Elisabeth Feichtinger, BEd, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Nachhaltigkeit und Tourismus betreffend die Verwendung des Insektengiftes Thiacloprid (2979/J)

Petra Bayr, MA MLS, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Nachhaltigkeit und Tourismus betreffend den Einsatz erneuerbarer Energien (2980/J)

Petra Bayr, MA MLS, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Digitalisierung und Wirtschaftsstandort betreffend die neue Außenwirtschaftsstrategie (2981/J)

Petra Bayr, MA MLS, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Europa, Integration und Äußeres betreffend die neue Außenwirtschaftsstrategie (2982/J)

Petra Bayr, MA MLS, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Europa, Integration und Äußeres betreffend den entwicklungspolitischen Beirat (2983/J)

Petra Bayr, MA MLS, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Europa, Integration und Äußeres betreffend den Zero Draft der OEIGWG (2984/J)

Mag. Karin Greiner, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für öffentlichen Dienst und Sport betreffend Kürzung der Förderungen für NGOs und Vereine (2985/J)

Mag. Karin Greiner, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Digita­lisierung und Wirtschaftsstandort betreffend Kürzung der Förderungen für NGOs und Vereine (2986/J)

Mag. Karin Greiner, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Verfassung, Reformen, Deregulierung und Justiz betreffend Kürzung der Förderungen für NGOs und Vereine (2987/J)


Nationalrat, XXVI.GPStenographisches Protokoll66. Sitzung, 27. und 28. März 2019 / Seite 19

Mag. Karin Greiner, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Finanzen betreffend Kürzung der Förderungen für NGOs und Vereine (2988/J)

Mag. Karin Greiner, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Landesver­teidigung betreffend Kürzung der Förderungen für NGOs und Vereine (2989/J)

Mag. Karin Greiner, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Nach­haltigkeit und Tourismus betreffend Kürzung der Förderungen für NGOs und Vereine (2990/J)

Mag. Karin Greiner, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Europa, Integration und Äußeres betreffend Kürzung der Förderungen für NGOs und Vereine (2991/J)

Mag. Karin Greiner, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Inneres betreffend Kürzung der Förderungen für NGOs und Vereine (2992/J)

Mag. Karin Greiner, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Verkehr, Innovation und Technologie betreffend Kürzung der Förderungen für NGOs und Vereine (2993/J)

Mag. Karin Greiner, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Bildung, Wissenschaft und Forschung betreffend Kürzung der Förderungen für NGOs und Ver­eine (2994/J)

Mag. Karin Greiner, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Frauen, Familien und Jugend betreffend Kürzung der Förderungen für NGOs und Vereine (2995/J)

Mag. Karin Greiner, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für EU, Kunst, Kultur und Medien betreffend Kürzung der Förderungen für NGOs und Vereine (2996/J)

Mag. Karin Greiner, Kolleginnen und Kollegen an den Bundeskanzler betreffend Kürzung der Förderungen für NGOs und Vereine (2997/J)

Mag. Karin Greiner, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Arbeit, Soziales, Gesundheit und Konsumentenschutz betreffend Kürzung der Förderungen für NGOs und Vereine (2998/J)

Daniela Holzinger-Vogtenhuber, BA, Kolleginnen und Kollegen an die Bundes­minis­terin für Arbeit, Soziales, Gesundheit und Konsumentenschutz betreffend Bezieher einer so genannten „Hitler-Rente“ in Österreich (2999/J)

Mag. Bruno Rossmann, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Ver­kehr, Innovation und Technologie betreffend „erneut steigende Treibhausgase im Verkehrsbereich“ (3000/J)

Mag. Bruno Rossmann, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Nach­haltigkeit und Tourismus betreffend „erneut steigende Treibhausgase in Österreich“ (3001/J)

Mag. Beate Meinl-Reisinger, MES, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Verfassung, Reformen, Deregulierung und Justiz betreffend Stand der Ermittlungen in der „Causa Waldhäusl: Die NSA und die Kickback-Frage“ (3002/J)

Claudia Gamon, MSc (WU), Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Arbeit, Soziales, Gesundheit und Konsumentenschutz betreffend Einsatz von Cloud Computing im öffentlichen Sektor (3003/J)


Nationalrat, XXVI.GPStenographisches Protokoll66. Sitzung, 27. und 28. März 2019 / Seite 20

Claudia Gamon, MSc (WU), Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Europa, Integration und Äußeres betreffend Einsatz von Cloud Computing im öffent­lichen Sektor (3004/J)

Claudia Gamon, MSc (WU), Kolleginnen und Kollegen an den Bundeskanzler betref­fend Einsatz von Cloud Computing im öffentlichen Sektor (3005/J)

Claudia Gamon, MSc (WU), Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Frauen, Familien und Jugend betreffend Einsatz von Cloud Computing im öffentlichen Sektor (3006/J)

Claudia Gamon, MSc (WU), Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für öffentlichen Dienst und Sport betreffend Einsatz von Cloud Computing im öffentlichen Sektor (3007/J)

Claudia Gamon, MSc (WU), Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Bildung, Wissenschaft und Forschung betreffend Einsatz von Cloud Computing im öffentlichen Sektor (3008/J)

Claudia Gamon, MSc (WU), Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für EU, Kunst, Kultur und Medien betreffend Einsatz von Cloud Computing im öffentlichen Sektor (3009/J)

Claudia Gamon, MSc (WU), Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Finanzen betreffend Einsatz von Cloud Computing im öffentlichen Sektor (3010/J)

Claudia Gamon, MSc (WU), Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Verfassung, Reformen, Deregulierung und Justiz betreffend Einsatz von Cloud Computing im öffentlichen Sektor (3011/J)

Claudia Gamon, MSc (WU), Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Inneres betreffend Einsatz von Cloud Computing im öffentlichen Sektor (3012/J)

Claudia Gamon, MSc (WU), Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Digitalisierung und Wirtschaftsstandort betreffend Einsatz von Cloud Computing im öffentlichen Sektor (3013/J)

Claudia Gamon, MSc (WU), Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Landesverteidigung betreffend Einsatz von Cloud Computing im öffentlichen Sektor (3014/J)

Claudia Gamon, MSc (WU), Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Nachhaltigkeit und Tourismus betreffend Einsatz von Cloud Computing im öffentlichen Sektor (3015/J)

Claudia Gamon, MSc (WU), Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Verkehr, Innovation und Technologie betreffend Einsatz von Cloud Computing im öffentlichen Sektor (3016/J)

Dr. Stephanie Krisper, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Inneres betreffend Polizeirekrutierung: BMI wirbt mit absurdem Gehalt und Luxusauto (3017/J)

Angela Lueger, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Arbeit, Soziales, Gesundheit und Konsumentenschutz betreffend Entlohnung am sogenannten „persönlichen Feiertag“ (3018/J)

Angela Lueger, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für öffentlichen Dienst und Sport betreffend Entlohnung am sogenannten „persönlichen Feiertag“ (3019/J)


Nationalrat, XXVI.GPStenographisches Protokoll66. Sitzung, 27. und 28. März 2019 / Seite 21

Walter Bacher, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Inneres betref­fend Einsatz der Body-Cams in Österreich – datenschutzrechtliche Aspekte (3020/J)

Mag. Gerald Loacker, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Arbeit, Soziales, Gesundheit und Konsumentenschutz betreffend Message Control bei Sta­tistik Austria (3021/J)

Dr. Stephanie Krisper, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Inneres betreffend Gesetzwidrige Umbenennung der Erstaufnahmestellen in Ausreisezentren (3022/J)

Dr. Johannes Jarolim, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Verfas­sung, Reformen, Deregulierung und Justiz betreffend politische Verfahren und die Rolle des Generalsekretärs des Bundesministeriums für Verfassung, Reformen, De­regulierung und Justiz (3023/J)

Angela Lueger, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Inneres betreffend „Bestellung des Leiters des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl“ (3024/J)

Dr. Irmgard Griss, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Verfassung, Reformen, Deregulierung und Justiz betreffend „Die Qualität von Gutachten zur Beurteilung der psychischen Gesundheit“ (3025/J)

Dipl.-Ing. Karin Doppelbauer, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Nachhaltigkeit und Tourismus betreffend Nationaler Aktionsplan über die nachhaltige Verwendung von Pflanzenschutzmitteln 2017–2021 (3026/J)

Dipl.-Ing. Karin Doppelbauer, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Nachhaltigkeit und Tourismus betreffend Bericht „Digitalisierung in der Landwirtschaft“ (3027/J)

Claudia Gamon, MSc (WU), Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Bildung, Wissenschaft und Forschung betreffend Medienkompetenz in der Erwachse­nenbildung (3028/J)

Douglas Hoyos-Trauttmansdorff, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Landesverteidigung betreffend Zweckwidmung der Einnahmen aus Geldbußen für die VAM (3029/J)

Douglas Hoyos-Trauttmansdorff, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Bildung, Wissenschaft und Forschung betreffend Bildungsstandards (3030/J)

Mag. Jörg Leichtfried, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Verkehr, Innovation und Technologie betreffend Vorgänge rund um den LKW-Sicherheitsgipfel (3031/J)

Daniela Holzinger-Vogtenhuber, BA, Kolleginnen und Kollegen an den Bundes­minister für Inneres betreffend Gewalt bei Obsorgestreitigkeiten (3032/J)

Daniela Holzinger-Vogtenhuber, BA, Kolleginnen und Kollegen an den Bundes­minister für Verfassung, Reformen, Deregulierung und Justiz betreffend Gewalt bei Unterhaltsstreitigkeiten (3033/J)

Mag. Jörg Leichtfried, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Verfas­sung, Reformen, Deregulierung und Justiz betreffend Mitwirkung an einer verfassungs­rechtlich bedenklichen und neuerlich gleichheitswidrigen Lösung betreffend das EuGH-Urteil zum Karfreitag (3034/J)


Nationalrat, XXVI.GPStenographisches Protokoll66. Sitzung, 27. und 28. März 2019 / Seite 22

Mag. Jörg Leichtfried, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Verkehr, Innovation und Technologie betreffend Mitwirkung an einer verfassungsrechtlich be­denk­lichen und neuerlich gleichheitswidrigen Lösung betreffend das EuGH-Urteil zum Karfreitag (3035/J)

Mag. Jörg Leichtfried, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Nach­haltigkeit und Tourismus betreffend Mitwirkung an einer verfassungsrechtlich bedenk­lichen und neuerlich gleichheitswidrigen Lösung betreffend das EuGH-Urteil zum Karfreitag (3036/J)

Mag. Jörg Leichtfried, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Lan­desverteidigung betreffend Mitwirkung an einer verfassungsrechtlich bedenklichen und neuerlich gleichheitswidrigen Lösung betreffend das EuGH-Urteil zum Karfreitag (3037/J)

Mag. Jörg Leichtfried, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Inneres betreffend Mitwirkung an einer verfassungsrechtlich bedenklichen und neuerlich gleich­heitswidrigen Lösung betreffend das EuGH-Urteil zum Karfreitag (3038/J)

Mag. Jörg Leichtfried, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Digita­lisierung und Wirtschaftsstandort betreffend Mitwirkung an einer verfassungsrechtlich bedenklichen und neuerlich gleichheitswidrigen Lösung betreffend das EuGH-Urteil zum Karfreitag (3039/J)

Mag. Jörg Leichtfried, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Bildung, Wissenschaft und Forschung betreffend Mitwirkung an einer verfassungsrechtlich bedenklichen und neuerlich gleichheitswidrigen Lösung betreffend das EuGH-Urteil zum Karfreitag (3040/J)

Mag. Jörg Leichtfried, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Arbeit, Soziales, Gesundheit und Konsumentenschutz betreffend Mitwirkung an einer verfas­sungsrechtlich bedenklichen und neuerlich gleichheitswidrigen Lösung betreffend das EuGH-Urteil zum Karfreitag (3041/J)

Mag. Jörg Leichtfried, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Europa, Integration und Äußeres betreffend Mitwirkung an einer verfassungsrechtlich bedenk­lichen und neuerlich gleichheitswidrigen Lösung betreffend das EuGH-Urteil zum Kar­freitag (3042/J)

Mag. Jörg Leichtfried, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für öffent­lichen Dienst und Sport betreffend Mitwirkung an einer verfassungsrechtlich bedenk­lichen und neuerlich gleichheitswidrigen Lösung betreffend das EuGH-Urteil zum Kar­freitag (3043/J)

Mag. Jörg Leichtfried, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Frauen, Familien und Jugend betreffend Mitwirkung an einer verfassungsrechtlich bedenklichen und neuerlich gleichheitswidrigen Lösung betreffend das EuGH-Urteil zum Karfreitag (3044/J)

Mag. Jörg Leichtfried, Kolleginnen und Kollegen an den Bundeskanzler betreffend Mitwirkung an einer verfassungsrechtlich bedenklichen und neuerlich gleichheits­widrigen Lösung betreffend das EuGH-Urteil zum Karfreitag (3045/J)

Mag. Jörg Leichtfried, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für EU, Kunst, Kultur und Medien betreffend Mitwirkung an einer verfassungsrechtlich bedenk­lichen und neuerlich gleichheitswidrigen Lösung betreffend das EuGH-Urteil zum Kar­freitag (3046/J)


Nationalrat, XXVI.GPStenographisches Protokoll66. Sitzung, 27. und 28. März 2019 / Seite 23

Mag. Jörg Leichtfried, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Finanzen betreffend Mitwirkung an einer verfassungsrechtlich bedenklichen und neuerlich gleichheitswidrigen Lösung betreffend das EuGH-Urteil zum Karfreitag (3047/J)

Dipl.-Ing. Karin Doppelbauer, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Nachhaltigkeit und Tourismus betreffend Digitalisierung in den Schulen (3048/J)

Douglas Hoyos-Trauttmansdorff, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für öffentlichen Dienst und Sport betreffend Gratulationsschreiben via Zeitungs­anzei­gen (3049/J)

Doris Margreiter, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Digitalisierung und Wirtschaftsstandort betreffend Versicherungsvermittlungsnovelle 2018 und ihre Wirkung (3050/J)

Eva Maria Holzleitner, BSc, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Nachhaltigkeit und Tourismus betreffend Produkte in denen ausbeuterische Kinder­arbeit steckt (3051/J)

Eva Maria Holzleitner, BSc, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Arbeit, Soziales, Gesundheit und Konsumentenschutz betreffend Produkte in denen ausbeuterische Kinderarbeit steckt (3052/J)

Eva Maria Holzleitner, BSc, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Bildung, Wissenschaft und Forschung betreffend Produkte in denen ausbeuterische Kinderarbeit steckt (3053/J)

Eva Maria Holzleitner, BSc, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Europa, Integration und Äußeres betreffend Produkte in denen ausbeuterische Kin­derarbeit steckt (3054/J)

Eva Maria Holzleitner, BSc, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Digitalisierung und Wirtschaftsstandort betreffend Produkte in denen ausbeuterische Kinderarbeit steckt (3055/J)

Eva Maria Holzleitner, BSc, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Frauen, Familien und Jugend betreffend Produkte in denen ausbeuterische Kinderarbeit steckt (3056/J)

Mag. Gerald Loacker, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Inneres betreffend Sprachnachweis zum Erwerb der Staatsbürgerschaft (3057/J)

Dr. Stephanie Krisper, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Ver­fassung, Reformen, Deregulierung und Justiz betreffend Umgang mit Dschihad-Rück­kehrer_innen (3058/J)

Claudia Gamon, MSc (WU), Kolleginnen und Kollegen an den Bundeskanzler betreffend Umsetzung des europäischen Aktionsplans gegen Desinformation (3059/J)

Claudia Gamon, MSc (WU), Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für EU, Kunst, Kultur und Medien betreffend Umsetzung des europäischen Aktionsplans gegen Desinformation (3060/J)

Claudia Gamon, MSc (WU), Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Europa, Integration und Äußeres betreffend Umsetzung des europäischen Aktions­plans gegen Desinformation (3061/J)

Josef Schellhorn, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Digita­lisierung und Wirtschaftsstandort betreffend WKO-Kampagne („Hier kommt Ihr Heizöl – Liefersicherheit für viele Jahre“) (3062/J)


Nationalrat, XXVI.GPStenographisches Protokoll66. Sitzung, 27. und 28. März 2019 / Seite 24

Dr. Stephanie Krisper, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Inneres betreffend Umgang mit Dschihad-Rückkehrer_innen (3063/J)

Dr. Stephanie Krisper, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Europa, Integration und Äußeres betreffend Umgang mit Dschihad-Rückkehrer_innen (3064/J)

Eva Maria Holzleitner, BSc, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für EU, Kunst, Kultur und Medien betreffend Produkte in denen ausbeuterische Kinderarbeit steckt (3065/J)

Mag. Bruno Rossmann, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Nachhaltigkeit und Tourismus betreffend „Energieeffizienzstrategie“ (3066/J)

Dipl.-Ing. Karin Doppelbauer, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Finanzen betreffend Budgetsteigerungen in der UG 11-Inneres (3067/J)

Douglas Hoyos-Trauttmansdorff, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Bildung, Wissenschaft und Forschung betreffend Karenzunterbrechung in den Sommerferien (3068/J)

Katharina Kucharowits, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Verfas­sung, Reformen, Deregulierung und Justiz betreffend Versprechen einhalten – Unter­halts­garantie umsetzen! (3069/J)

Katharina Kucharowits, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Frauen, Familien und Jugend betreffend Armut von Kindern bekämpfen – neue Kinder­kostenanalyse jetzt umsetzen! (3070/J)

Katharina Kucharowits, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Bildung, Wissenschaft und Forschung betreffend Kettenverträge an den Hochschulen abschaf­fen (3071/J)

Katharina Kucharowits, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Frauen, Familien und Jugend betreffend Versprechen einhalten – Unterhaltsgarantie umsetzen! (3072/J)

Dr. Stephanie Krisper, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Inneres betreffend Umfärbung im BM.I (3073/J)

Mag. Thomas Drozda, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für EU, Kunst, Kultur und Medien betreffend fehlende Personalentscheidungen in Bundes­kultureinrichtungen (3074/J)

Daniela Holzinger-Vogtenhuber, BA, Kolleginnen und Kollegen an die Bundes­ministerin für Arbeit, Soziales, Gesundheit und Konsumentenschutz betreffend Evalu­ierung Mutter-Kind-Pass (MuKi-Pass) (3075/J)

Daniela Holzinger-Vogtenhuber, BA, Kolleginnen und Kollegen an die Bundes­ministerin für Arbeit, Soziales, Gesundheit und Konsumentenschutz betreffend Impf­schutz durch Mutter-Kind-Pass (MuKi-Pass) (3076/J)

Mag. Bruno Rossmann, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Finanzen betreffend den Bericht des Bundesministeriums für Finanzen über den Monatserfolg Dezember 2018 (3077/J)

Dr. Alma Zadić, LL.M., Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Verfas­sung, Reformen, Deregulierung und Justiz betreffend Schubhaft in österreichischen (Polizei-)Anhaltezentren (3078/J)


Nationalrat, XXVI.GPStenographisches Protokoll66. Sitzung, 27. und 28. März 2019 / Seite 25

Michael Bernhard, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für EU, Kunst, Kultur und Medien betreffend Auslandsreisen und Treffen des Bundesministers (3079/J)

Angela Lueger, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Inneres be­treffend Ausschöpfung bestehender Maßnahmen zur Außerlandesbringung von aus­reisepflichtigen Personen (3080/J)

Mag. Bruno Rossmann, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Finanzen betreffend Energieabgabenvergütung (3081/J)

Mag. Jörg Leichtfried, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Verfas­sung, Reformen, Deregulierung und Justiz betreffend Stand des Verfahrens in der NS-Liederbuch-Causa (3082/J)

Dipl.-Ing. (FH) Martha Bißmann, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Verkehr, Innovation und Technologie betreffend der Umsetzung, der gemeinsam mit dem BMNT erarbeiteten und beschlossenen #mission2030, seitens des BMVIT im Generellen und konkret in den zwei staatlichen Unternehmungen die Österreichischen Bundesbahnen (ÖBB) und der Autobahnen- und Schnellstraßen-Finanzierungs-Aktien­gesellschaft (ASFINAG) (3083/J)

Dr. Stephanie Krisper, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Inneres betreffend Im Regierungsprogramm angekündigte Migrationsstrategie (3084/J)

Christian Kovacevic, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Bildung, Wissenschaft und Forschung betreffend unbegründete Verzögerung des Starts der neuen HTL in Reutte (3085/J)

Daniela Holzinger-Vogtenhuber, BA, Kolleginnen und Kollegen an die Bundes­ministerin für Frauen, Familien und Jugend betreffend Novellierung Gesetzestext zum Kinderbetreuungsgeld für Krisenpflegeeltern (3086/J)

Mag. Dr. Sonja Hammerschmid, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Bildung, Wissenschaft und Forschung betreffend „Sprachfortschritte in den Deutsch­förder­klassen“ (3087/J)

Sabine Schatz, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Verkehr, Inno­vation und Technologie betreffend das faschistische Ustaša-Treffen in Bleiburg/Kärn­ten (3088/J)

Sabine Schatz, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Verfassung, Reformen, Deregulierung und Justiz betreffend das faschistische Ustaša-Treffen in Bleiburg/Kärnten (3089/J)

Sabine Schatz, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Inneres betref­fend das faschistische Ustaša-Treffen in Bleiburg/Kärnten (3090/J)

Sabine Schatz, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Inneres betref­fend rechtsextreme, rassistische/fremdenfeindliche und antisemitische Straftaten im Jahr 2018 (3091/J)

Sabine Schatz, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Inneres betref­fend Schieß- und Waffenübungen der „C18 Kampftruppe Adolf Hitler“ in Vorarlberg (3092/J)

Mag. Gerald Loacker, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Frauen, Familien und Jugend betreffend Automatisches Pensionssplitting mit opting-out (3093/J)


Nationalrat, XXVI.GPStenographisches Protokoll66. Sitzung, 27. und 28. März 2019 / Seite 26

Andreas Kollross, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Inneres be­treffend erwünschten Veränderungen der Personalsituation der Polizei im Bezirk Baden (3094/J)

Andreas Kollross, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Inneres betreffend erwünschten Veränderungen der Personalsituation der Polizei im Bezirk Mödling (3095/J)

Mario Lindner, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Bildung, Wissen­schaft und Forschung betreffend Verein Teen Star (3096/J)

Mario Lindner, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Bildung, Wissen­schaft und Forschung betreffend Clearing-Stellen in den Landesbildungsdirektionen (3097/J)

Mag. Bruno Rossmann, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Arbeit, Soziales, Gesundheit und Konsumentenschutz betreffend Fusionskosten durch die sogenannte Sozialversicherungsreform (3098/J)

Stephanie Cox, BA, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Bildung, Wissenschaft und Forschung betreffend „Ethik- und konfessioneller Religionsunterricht“ (3099/J)

Dr. Peter Pilz, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Verfassung, Reformen, Deregulierung und Justiz betreffend „Ermittlungen gegen Airborne Tech­nologies und Erik Prince“ (3100/J)

Mag. Dr. Wolfgang Zinggl, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Nachhaltigkeit und Tourismus betreffend „Raubbau am Boden“ (3101/J)

Dr. Peter Pilz, Kolleginnen und Kollegen an den Bundeskanzler betreffend „Frei­lassung des Filmemachers Oleg Senzow“ (3102/J)

Dr. Peter Pilz, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Europa, Inte­gration und Äußeres betreffend „Freilassung des Filmemachers Oleg Senzow“ (3103/J)

Dr. Peter Pilz, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für EU, Kunst, Kultur und Medien betreffend „Freilassung des Filmemachers Oleg Senzow“ (3104/J)

Mag. Gerald Loacker, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Finanzen betreffend Post-Pensionskasse (3105/J)

Eva Maria Holzleitner, BSc, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Bildung, Wissenschaft und Forschung betreffend geplanter HTL mit Schwerpunkt Digitalisierung in Oberösterreich (3106/J)

Dr. Stephanie Krisper, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Inneres betreffend Folgeanfrage zu Postenbesetzungen im BVT (3107/J)

Dr. Stephanie Krisper, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Verfas­sung, Reformen, Deregulierung und Justiz betreffend Verfahrensführung im Strafver­fahren 6 St 10/18g (Kloibmüller u.a.) (3108/J)

Mag. Andreas Schieder, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Inneres betreffend Rechtsfragen im Zusammenhang mit der bevorstehenden Europawahl 2019 und einem allfälligen Brexit (3109/J)

Mag. Dr. Wolfgang Zinggl, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Nachhaltigkeit und Tourismus betreffend „Insektensterben: Ursachen und Maßnah­men“ (3110/J)


Nationalrat, XXVI.GPStenographisches Protokoll66. Sitzung, 27. und 28. März 2019 / Seite 27

Daniela Holzinger-Vogtenhuber, BA, Kolleginnen und Kollegen an die Bundes­minis­terin für Frauen, Familien und Jugend betreffend Vorstudien zur Evaluierung des Kin­der­betreuungsgeldes und Umsetzung des Rechtanspruchs auf den Papamonat (3111/J)

Daniela Holzinger-Vogtenhuber, BA, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminis­ter für öffentlichen Dienst und Sport betreffend Umsetzung des Rechtanspruchs auf den Papamonat (3112/J)

Daniela Holzinger-Vogtenhuber, BA, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesminis­terin für Arbeit, Soziales, Gesundheit und Konsumentenschutz betreffend Umsetzung des Rechtanspruchs auf den Papamonat (3113/J)

Dr. Stephanie Krisper, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Inneres betreffend Rechtsextreme Schattennetzwerke in Österreich (3114/J)

Douglas Hoyos-Trauttmansdorff, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Landesverteidigung betreffend Umsetzung der Rechnungshofempfehlungen bezüg­lich Frauen beim Bundesheer (3115/J)

Dr. Stephanie Krisper, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Inneres betreffend Einladung des Freiheitlichen Bildungsinstituts ins BMI (3116/J)

Sabine Schatz, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Landes­verteidi­gung betreffend das rechtsextreme Netzwerk der deutschen Bundeswehr mit Verbin­dungen nach Österreich (3117/J)

Sabine Schatz, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Inneres betref­fend das rechtsextreme Netzwerk der deutschen Bundeswehr mit Verbindungen nach Österreich (3118/J)

Sabine Schatz, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Verfassung, Reformen, Deregulierung und Justiz betreffend das rechtsextreme Netzwerk der deut­schen Bundeswehr mit Verbindungen nach Österreich (3119/J)

Sabine Schatz, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Inneres betref­fend „der rechtsextreme Terrorist von Christchurch/Neuseeland und seine Verbindun­gen nach Österreich“ (3120/J)

Rainer Wimmer, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Finanzen betreffend entsandter ArbeitnehmerInnen (3121/J)

Dr. Stephanie Krisper, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Inneres betreffend Zahlen für Pressekonferenz, aber nicht für Parlament (3122/J)

Walter Bacher, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesregierung betreffend „Verfah­rensstand der ePrivacy-Verordnung“ (3123/J)

Douglas Hoyos-Trauttmansdorff, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Landesverteidigung betreffend Broschüre zum Zustand des ÖBH (3124/J)

Daniela Holzinger-Vogtenhuber, BA, Kolleginnen und Kollegen an die Bundes­ministerin für Nachhaltigkeit und Tourismus betreffend Schlachtungen von Nutztieren in Österreich (3125/J)

Mag. Gerald Loacker, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Arbeit, Soziales, Gesundheit und Konsumentenschutz betreffend Verteilung der Pensionsein­kommen aus Töpfen des Staates, des staatsnahen Bereichs und der Pensionsver­sicherung (3126/J)


Nationalrat, XXVI.GPStenographisches Protokoll66. Sitzung, 27. und 28. März 2019 / Seite 28

Michael Bernhard, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Verfassung, Reformen, Deregulierung und Justiz betreffend Ermittlungen der Staatsanwaltschaft Wien in der Causa Eurofighter (3127/J)

Daniela Holzinger-Vogtenhuber, BA, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesminis­terin für Frauen, Familien und Jugend betreffend bedenkliche Inhaltsstoffe in Baby­keksen (3128/J)

Daniela Holzinger-Vogtenhuber, BA, Kolleginnen und Kollegen an die Bundes­ministerin für Arbeit, Soziales, Gesundheit und Konsumentenschutz betreffend bedenk­liche Inhaltsstoffe in Babykeksen (3129/J)

Dr. Alma Zadić, LL.M., Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Inneres betreffend Aussagekräftige und valide Statistiken zur Schubhaft in österreichischen (Polizei-)Anhaltezentren (3130/J)

Dr. Alma Zadić, LL.M., Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Inneres betreffend Schubhaft und Anhaltung im Jahr 2018 (3131/J)

Dr. Alma Zadić, LL.M., Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Inneres betreffend Zustände und Bedingungen in Betreuungseinrichtungen und Sonderbetreu­ungsstellen der Grundversorgung des Bundesministeriums für Inneres (3132/J)

Dr. Alma Zadić, LL.M., Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Inneres betreffend Zustände und Bedingungen in österreichischen (Polizei-)Anhaltezentren – Folgeanfrage (3133/J)

Dr. Irmgard Griss, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Inneres betreffend Strafrechtliche Vermögensabschöpfung (3134/J)

Dr. Irmgard Griss, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Verfassung, Reformen, Deregulierung und Justiz betreffend Strafrechtliche Vermögensabschöpfung (3135/J)

Stephanie Cox, BA, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Bildung, Wissenschaft und Forschung betreffend „QuereinsteigerInnen und Lehrkräftemangel“ (3136/J)

Stephanie Cox, BA, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Verkehr, Innovation und Technologie betreffend „Zulassung und Sicherheitsüberwachung von Schienenfahrzeugen“ (3137/J)

Mag. Dr. Wolfgang Zinggl, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für EU, Kunst, Kultur und Medien betreffend „Handlungsbedarf im Denkmalschutz“ (3138/J)

Dr. Stephanie Krisper, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Inneres betreffend Aktueller Stand – Medienerlass des BMI (3139/J)

Dr. Stephanie Krisper, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Ver­fassung, Reformen, Deregulierung und Justiz betreffend Einstellung des Verfahrens in der Causa „FPÖ fordert Ausschluss von Musliminnen und Muslimen vom Zugang zum Gemeindebau“ (3140/J)

Douglas Hoyos-Trauttmansdorff, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Landesverteidigung betreffend Verbindungen zu rechtsextremen Schattennetz­wer­ken (3141/J)

Mag. Thomas Drozda, Kolleginnen und Kollegen an den Bundeskanzler betreffend „Einfärbung von staatsnahen bzw. ausgelagerten Betrieben“ (3142/J)


Nationalrat, XXVI.GPStenographisches Protokoll66. Sitzung, 27. und 28. März 2019 / Seite 29

Mag. Thomas Drozda, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Finanzen betreffend „Einfärbung von staatsnahen bzw. ausgelagerten Betrieben“ (3143/J)

Mag. Thomas Drozda, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Verfas­sung, Reformen, Deregulierung und Justiz betreffend „Einfärbung von staatsnahen bzw. ausgelagerten Betrieben“ (3144/J)

Mag. Thomas Drozda, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Europa, Integration und Äußeres betreffend „Einfärbung von staatsnahen bzw. ausgelagerten Betrieben“ (3145/J)

Mag. Thomas Drozda, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Digita­lisierung und Wirtschaftsstandort betreffend „Einfärbung von staatsnahen bzw. aus­gelagerten Betrieben“ (3146/J)

Mag. Thomas Drozda, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Arbeit, Soziales, Gesundheit und Konsumentenschutz betreffend „Einfärbung von staatsnahen bzw. ausgelagerten Betrieben“ (3147/J)

Mag. Thomas Drozda, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Bildung, Wissenschaft und Forschung betreffend „Einfärbung von staatsnahen bzw. ausgela­gerten Betrieben“ (3148/J)

Mag. Thomas Drozda, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Frauen, Familien und Jugend betreffend „Einfärbung von staatsnahen bzw. ausgelagerten Be­trieben“ (3149/J)

Mag. Thomas Drozda, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Inneres betreffend „Einfärbung von staatsnahen bzw. ausgelagerten Betrieben“ (3150/J)

Mag. Thomas Drozda, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Lan­desverteidigung betreffend „Einfärbung von staatsnahen bzw. ausgelagerten Betrie­ben“ (3151/J)

Mag. Thomas Drozda, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Nach­haltigkeit und Tourismus betreffend „Einfärbung von staatsnahen bzw. ausgelagerten Betrieben“ (3152/J)

Mag. Thomas Drozda, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für öffent­lichen Dienst und Sport betreffend „Einfärbung von staatsnahen bzw. ausgelagerten Betrieben“ (3153/J)

Mag. Thomas Drozda, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Verkehr, Innovation und Technologie betreffend „Einfärbung von staatsnahen bzw. ausgela­gerten Betrieben“ (3154/J)

Mag. Thomas Drozda, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für EU, Kunst, Kultur und Medien betreffend „Einfärbung von staatsnahen bzw. ausgelagerten Betrieben“ (3155/J)

Mag. Gerald Loacker, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Arbeit, Soziales, Gesundheit und Konsumentenschutz betreffend Pensionssplitting (3156/J)

*****

Dr. Peter Pilz, Kolleginnen und Kollegen an den Präsidenten des Nationalrates betreffend „22. Europäischer Polizeikongress am 19. und 20.2.2019 in Berlin“ (25/JPR)


Nationalrat, XXVI.GPStenographisches Protokoll66. Sitzung, 27. und 28. März 2019 / Seite 30

Anfragebeantwortungen

der Bundesministerin für Arbeit, Soziales, Gesundheit und Konsumentenschutz auf die Anfrage der Abgeordneten Philip Kucher, Kolleginnen und Kollegen (2501/AB zu 2533/J)

des Bundesministers für öffentlichen Dienst und Sport auf die Anfrage der Abge­ordneten Philip Kucher, Kolleginnen und Kollegen (2502/AB zu 2546/J)

des Bundesministers für öffentlichen Dienst und Sport auf die Anfrage der Abgeord­neten Philip Kucher, Kolleginnen und Kollegen (2503/AB zu 2542/J)

des Bundesministers für Verkehr, Innovation und Technologie auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Alma Zadić, LL.M., Kolleginnen und Kollegen (2504/AB zu 2596/J)

der Bundesministerin für Arbeit, Soziales, Gesundheit und Konsumentenschutz auf die Anfrage der Abgeordneten Philip Kucher, Kolleginnen und Kollegen (2505/AB zu 2528/J)

des Bundesministers für Bildung, Wissenschaft und Forschung auf die Anfrage der Abgeordneten Philip Kucher, Kolleginnen und Kollegen (2506/AB zu 2543/J)

der Bundesministerin für Frauen, Familien und Jugend im Frauen, Familien und Jugend auf die Anfrage der Abgeordneten Philip Kucher, Kolleginnen und Kollegen (2507/AB zu 2530/J)

der Bundesministerin für Digitalisierung und Wirtschaftsstandort auf die Anfrage der Abgeordneten Philip Kucher, Kolleginnen und Kollegen (2508/AB zu 2520/J)

des Bundesministers für Bildung, Wissenschaft und Forschung auf die Anfrage der Abgeordneten Philip Kucher, Kolleginnen und Kollegen (2509/AB zu 2529/J)

des Bundesministers für EU, Kunst, Kultur und Medien im EU, Kunst, Kultur und Medien auf die Anfrage der Abgeordneten Philip Kucher, Kolleginnen und Kollegen (2510/AB zu 2531/J)

des Bundesministers für EU, Kunst, Kultur und Medien im EU, Kunst, Kultur und Medien auf die Anfrage der Abgeordneten Philip Kucher, Kolleginnen und Kollegen (2511/AB zu 2532/J)

der Bundesministerin für Digitalisierung und Wirtschaftsstandort auf die Anfrage der Abgeordneten Philip Kucher, Kolleginnen und Kollegen (2512/AB zu 2541/J)

der Bundesministerin für Frauen, Familien und Jugend im Frauen, Familien und Jugend auf die Anfrage der Abgeordneten Philip Kucher, Kolleginnen und Kollegen (2513/AB zu 2544/J)

des Bundesministers für Landesverteidigung auf die Anfrage der Abgeordneten Philip Kucher, Kolleginnen und Kollegen (2514/AB zu 2523/J)

des Bundesministers für Landesverteidigung auf die Anfrage der Abgeordneten Philip Kucher, Kolleginnen und Kollegen (2515/AB zu 2537/J)

der Bundesministerin für Arbeit, Soziales, Gesundheit und Konsumentenschutz auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Jörg Leichtfried, Kolleginnen und Kollegen (2516/AB zu 2616/J)

des Bundesministers für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Philip Kucher, Kolleginnen und Kollegen (2517/AB zu 2526/J)


Nationalrat, XXVI.GPStenographisches Protokoll66. Sitzung, 27. und 28. März 2019 / Seite 31

des Bundeskanzlers auf die Anfrage der Abgeordneten Philip Kucher, Kolleginnen und Kollegen (2518/AB zu 2545/J)

des Bundeskanzlers auf die Anfrage der Abgeordneten Philip Kucher, Kolleginnen und Kollegen (2519/AB zu 2547/J)

der Bundesministerin für Europa, Integration und Äußeres auf die Anfrage der Abge­ordneten Philip Kucher, Kolleginnen und Kollegen (2520/AB zu 2525/J)

des Bundesministers für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Philip Kucher, Kolleginnen und Kollegen (2521/AB zu 2535/J)

des Bundesministers für Finanzen auf die Anfrage der Abgeordneten Philip Kucher, Kolleginnen und Kollegen (2522/AB zu 2539/J)

des Bundesministers für Finanzen auf die Anfrage der Abgeordneten Philip Kucher, Kolleginnen und Kollegen (2523/AB zu 2522/J)

der Bundesministerin für Europa, Integration und Äußeres auf die Anfrage der Abge­ord­neten Philip Kucher, Kolleginnen und Kollegen (2524/AB zu 2536/J)

des Bundesministers für Verfassung, Reformen, Deregulierung und Justiz auf die Anfrage der Abgeordneten Philip Kucher, Kolleginnen und Kollegen (2525/AB zu 2521/J)

des Bundesministers für Verfassung, Reformen, Deregulierung und Justiz auf die Anfrage der Abgeordneten Philip Kucher, Kolleginnen und Kollegen (2526/AB zu 2540/J)

der Bundesministerin für Nachhaltigkeit und Tourismus auf die Anfrage der Abgeord­neten Philip Kucher, Kolleginnen und Kollegen (2527/AB zu 2538/J)

der Bundesministerin für Nachhaltigkeit und Tourismus auf die Anfrage der Abgeord­neten Philip Kucher, Kolleginnen und Kollegen (2528/AB zu 2524/J)

des Bundesministers für Verkehr, Innovation und Technologie auf die Anfrage der Abgeordneten Angela Lueger, Kolleginnen und Kollegen (2529/AB zu 2574/J)

der Bundesministerin für Arbeit, Soziales, Gesundheit und Konsumentenschutz auf die Anfrage der Abgeordneten Angela Lueger, Kolleginnen und Kollegen (2530/AB zu 2571/J)

des Bundesministers für Verfassung, Reformen, Deregulierung und Justiz auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Stephanie Krisper, Kolleginnen und Kollegen (2531/AB zu 2548/J)

der Bundesministerin für Arbeit, Soziales, Gesundheit und Konsumentenschutz auf die Anfrage der Abgeordneten Daniela Holzinger-Vogtenhuber, BA, Kolleginnen und Kollegen (2532/AB zu 2566/J)

des Bundesministers für öffentlichen Dienst und Sport auf die Anfrage der Abgeord­neten Angela Lueger, Kolleginnen und Kollegen (2533/AB zu 2573/J)

des Bundesministers für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Douglas Hoyos-Trauttmansdorff, Kolleginnen und Kollegen (2534/AB zu 2564/J)

des Bundesministers für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Sabine Schatz, Kolleginnen und Kollegen (2535/AB zu 2549/J)


Nationalrat, XXVI.GPStenographisches Protokoll66. Sitzung, 27. und 28. März 2019 / Seite 32

des Bundesministers für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Jörg Leichtfried, Kolleginnen und Kollegen (2536/AB zu 2552/J)

des Bundesministers für Finanzen auf die Anfrage der Abgeordneten Angela Lueger, Kolleginnen und Kollegen (2537/AB zu 2579/J)

des Bundesministers für Finanzen auf die Anfrage der Abgeordneten Kai Jan Krainer, Kolleginnen und Kollegen (2538/AB zu 2558/J)

des Bundesministers für Finanzen auf die Anfrage der Abgeordneten Kai Jan Krainer, Kolleginnen und Kollegen (2539/AB zu 2557/J)

des Bundesministers für EU, Kunst, Kultur und Medien im EU, Kunst, Kultur und Medien auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Dr. Wolfgang Zinggl, Kolleginnen und Kollegen (2540/AB zu 2560/J)

des Bundesministers für EU, Kunst, Kultur und Medien im EU, Kunst, Kultur und Medien auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Dr. Wolfgang Zinggl, Kolleginnen und Kollegen (2541/AB zu 2561/J)

des Bundesministers für EU, Kunst, Kultur und Medien im EU, Kunst, Kultur und Medien auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Dr. Wolfgang Zinggl, Kolleginnen und Kollegen (2542/AB zu 2562/J)

des Bundesministers für EU, Kunst, Kultur und Medien im EU, Kunst, Kultur und Medien auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Dr. Wolfgang Zinggl, Kolleginnen und Kollegen (2543/AB zu 2563/J)

des Bundesministers für EU, Kunst, Kultur und Medien im EU, Kunst, Kultur und Medien auf die Anfrage der Abgeordneten Angela Lueger, Kolleginnen und Kollegen (2544/AB zu 2576/J)

der Bundesministerin für Frauen, Familien und Jugend im Frauen, Familien und Jugend auf die Anfrage der Abgeordneten Angela Lueger, Kolleginnen und Kollegen (2545/AB zu 2577/J)

des Bundesministers für Finanzen auf die Anfrage der Abgeordneten Kai Jan Krainer, Kolleginnen und Kollegen (2546/AB zu 2556/J)

des Bundesministers für Finanzen auf die Anfrage der Abgeordneten Kai Jan Krainer, Kolleginnen und Kollegen (2547/AB zu 2555/J)

des Bundesministers für Finanzen auf die Anfrage der Abgeordneten Kai Jan Krainer, Kolleginnen und Kollegen (2548/AB zu 2554/J)

des Bundesministers für Finanzen auf die Anfrage der Abgeordneten Kai Jan Krainer, Kolleginnen und Kollegen (2549/AB zu 2553/J)

der Bundesministerin für Arbeit, Soziales, Gesundheit und Konsumentenschutz auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Jörg Leichtfried, Kolleginnen und Kollegen (2550/AB zu 2584/J)

der Bundesministerin für Arbeit, Soziales, Gesundheit und Konsumentenschutz auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Gerald Loacker, Kolleginnen und Kollegen (2551/AB zu 2567/J)

des Bundesministers für öffentlichen Dienst und Sport auf die Anfrage der Abgeord­neten Dr. Alma Zadić, LL.M., Kolleginnen und Kollegen (2552/AB zu 2605/J)


Nationalrat, XXVI.GPStenographisches Protokoll66. Sitzung, 27. und 28. März 2019 / Seite 33

des Bundesministers für Bildung, Wissenschaft und Forschung auf die Anfrage der Abgeordneten Angela Lueger, Kolleginnen und Kollegen (2553/AB zu 2570/J)

des Bundesministers für Bildung, Wissenschaft und Forschung auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Dr. Sonja Hammerschmid, Kolleginnen und Kollegen (2554/AB zu 2551/J)

des Bundesministers für Landesverteidigung auf die Anfrage der Abgeordneten Angela Lueger, Kolleginnen und Kollegen (2555/AB zu 2581/J)

der Bundesministerin für Digitalisierung und Wirtschaftsstandort auf die Anfrage der Abgeordneten Angela Lueger, Kolleginnen und Kollegen (2556/AB zu 2578/J)

der Bundesministerin für Arbeit, Soziales, Gesundheit und Konsumentenschutz auf die Anfrage der Abgeordneten Daniela Holzinger-Vogtenhuber, BA, Kolleginnen und Kollegen (2557/AB zu 2588/J)

des Bundeskanzlers auf die Anfrage der Abgeordneten Angela Lueger, Kolleginnen und Kollegen (2558/AB zu 2575/J)

des Bundesministers für Verfassung, Reformen, Deregulierung und Justiz auf die An­frage der Abgeordneten Dr. Alfred J. Noll, Kolleginnen und Kollegen (2559/AB zu 2568/J)

des Bundesministers für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Angela Lueger, Kolleginnen und Kollegen (2560/AB zu 2580/J)

des Bundesministers für Verfassung, Reformen, Deregulierung und Justiz auf die Anfrage der Abgeordneten Angela Lueger, Kolleginnen und Kollegen (2561/AB zu 2582/J)

des Bundesministers für Verfassung, Reformen, Deregulierung und Justiz auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Gerald Loacker, Kolleginnen und Kollegen (2562/AB zu 2569/J)

des Bundesministers für Verfassung, Reformen, Deregulierung und Justiz auf die Anfrage der Abgeordneten Sabine Schatz, Kolleginnen und Kollegen (2563/AB zu 2550/J)

der Bundesministerin für Nachhaltigkeit und Tourismus auf die Anfrage der Abge­ordneten Kai Jan Krainer, Kolleginnen und Kollegen (2564/AB zu 2559/J)

der Bundesministerin für Nachhaltigkeit und Tourismus auf die Anfrage der Abge­ordneten Angela Lueger, Kolleginnen und Kollegen (2565/AB zu 2583/J)

der Bundesministerin für Europa, Integration und Äußeres auf die Anfrage der Abge­ordneten Angela Lueger, Kolleginnen und Kollegen (2566/AB zu 2572/J)

des Bundesministers für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Alma Zadić, LL.M., Kolleginnen und Kollegen (2567/AB zu 2565/J)

des Bundesministers für Landesverteidigung auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Alma Zadić, LL.M., Kolleginnen und Kollegen (2568/AB zu 2600/J)

des Bundesministers für EU, Kunst, Kultur und Medien im EU, Kunst, Kultur und Medien auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Alma Zadić, LL.M., Kolleginnen und Kollegen (2569/AB zu 2593/J)

der Bundesministerin für Arbeit, Soziales, Gesundheit und Konsumentenschutz auf die Anfrage der Abgeordneten Daniela Holzinger-Vogtenhuber, BA, Kolleginnen und Kollegen (2570/AB zu 2591/J)


Nationalrat, XXVI.GPStenographisches Protokoll66. Sitzung, 27. und 28. März 2019 / Seite 34

der Bundesministerin für Digitalisierung und Wirtschaftsstandort auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Alma Zadić, LL.M., Kolleginnen und Kollegen (2571/AB zu 2604/J)

des Bundesministers für Finanzen auf die Anfrage der Abgeordneten Kai Jan Krainer, Kolleginnen und Kollegen (2572/AB zu 2756/J)

des Bundesministers für Finanzen auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Alma Zadić, LL.M., Kolleginnen und Kollegen (2573/AB zu 2602/J)

des Bundesministers für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Stephanie Cox, BA, Kolleginnen und Kollegen (2574/AB zu 2589/J)

des Bundesministers für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Nikolaus Scherak, MA, Kolleginnen und Kollegen (2575/AB zu 2586/J)

des Bundesministers für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Alma Zadić, LL.M., Kolleginnen und Kollegen (2576/AB zu 2597/J)

des Bundesministers für Verfassung, Reformen, Deregulierung und Justiz auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Dr. Wolfgang Zinggl, Kolleginnen und Kollegen (2577/AB zu 2587/J)

des Bundesministers für Verfassung, Reformen, Deregulierung und Justiz auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Alma Zadić, LL.M., Kolleginnen und Kollegen (2578/AB zu 2592/J)

des Bundesministers für Verfassung, Reformen, Deregulierung und Justiz auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Alma Zadić, LL.M., Kolleginnen und Kollegen (2579/AB zu 2603/J)

des Bundesministers für Verfassung, Reformen, Deregulierung und Justiz auf die Anfrage der Abgeordneten Stephanie Cox, BA, Kolleginnen und Kollegen (2580/AB zu 2590/J)

der Bundesministerin für Europa, Integration und Äußeres auf die Anfrage der Abge­ordneten Dr  Alma Zadić, LL.M., Kolleginnen und Kollegen (2581/AB zu 2598/J)

des Bundesministers für Bildung, Wissenschaft und Forschung auf die Anfrage der Abge­ordneten Dr. Alma Zadić, LL.M., Kolleginnen und Kollegen (2582/AB zu 2594/J)

des Bundesministers für Bildung, Wissenschaft und Forschung auf die Anfrage der Abgeordneten Douglas Hoyos-Trauttmansdorff, Kolleginnen und Kollegen (2583/AB zu 2585/J)

der Bundesministerin für Nachhaltigkeit und Tourismus auf die Anfrage der Abge­ordneten Dr. Alma Zadić, LL.M., Kolleginnen und Kollegen (2584/AB zu 2599/J)

des Bundeskanzlers auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Alma Zadić, LL.M., Kolle­ginnen und Kollegen (2585/AB zu 2601/J)

der Bundesministerin für Frauen, Familien und Jugend im Frauen, Familien und Jugend auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Alma Zadić, LL.M., Kolleginnen und Kollegen (2586/AB zu 2606/J)

des Bundesministers für Verkehr, Innovation und Technologie auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Jörg Leichtfried, Kolleginnen und Kollegen (2587/AB zu 2622/J)

des Bundesministers für Verkehr, Innovation und Technologie auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Irmgard Griss, Kolleginnen und Kollegen (2588/AB zu 2657/J)


Nationalrat, XXVI.GPStenographisches Protokoll66. Sitzung, 27. und 28. März 2019 / Seite 35

des Bundesministers für Verkehr, Innovation und Technologie auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Bruno Rossmann, Kolleginnen und Kollegen (2589/AB zu 2771/J)

des Bundesministers für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Alma Zadić, LL.M., Kolleginnen und Kollegen (2590/AB zu 2609/J)

der Bundesministerin für Digitalisierung und Wirtschaftsstandort auf die Anfrage der Abgeordneten Rudolf Plessl, Kolleginnen und Kollegen (2591/AB zu 2607/J)

der Bundesministerin für Arbeit, Soziales, Gesundheit und Konsumentenschutz auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Alma Zadić, LL.M., Kolleginnen und Kollegen (2592/AB zu 2626/J)

der Bundesministerin für Arbeit, Soziales, Gesundheit und Konsumentenschutz auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Gerald Loacker, Kolleginnen und Kollegen (2593/AB  2629/J)

des Bundesministers für öffentlichen Dienst und Sport auf die Anfrage der Abge­ordneten Mag. Jörg Leichtfried, Kolleginnen und Kollegen (2594/AB zu 2618/J)

des Bundesministers für öffentlichen Dienst und Sport auf die Anfrage der Abge­ordneten Doris Margreiter, Kolleginnen und Kollegen (2595/AB zu 2713/J)

des Bundesministers für Verfassung, Reformen, Deregulierung und Justiz auf die Anfrage der Abgeordneten Dr Alma Zadić, LL.M., Kolleginnen und Kollegen (2596/AB zu 2608/J)

des Bundesministers für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Nikolaus Scherak, MA, Kolleginnen und Kollegen (2597/AB zu 2627/J)

der Bundesministerin für Digitalisierung und Wirtschaftsstandort auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Jörg Leichtfried, Kolleginnen und Kollegen (2598/AB zu 2614/J)

der Bundesministerin für Frauen, Familien und Jugend im Frauen, Familien und Jugend auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Jörg Leichtfried, Kolleginnen und Kollegen (2599/AB zu 2619/J)

des Bundesministers für EU, Kunst, Kultur und Medien im EU, Kunst, Kultur und Medien auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Jörg Leichtfried, Kolleginnen und Kollegen (2600/AB zu 2620/J)

des Bundesministers für Bildung, Wissenschaft und Forschung auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Jörg Leichtfried, Kolleginnen und Kollegen (2601/AB zu 2615/J)

des Bundesministers für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Jörg Leichtfried, Kolleginnen und Kollegen (2602/AB zu 2612/J)

des Bundesministers für Verfassung, Reformen, Deregulierung und Justiz auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Johannes Jarolim, Kolleginnen und Kollegen (2603/AB zu 2630/J)

des Bundesministers für Verfassung, Reformen, Deregulierung und Justiz auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Beate Meinl-Reisinger, MES, Kolleginnen und Kollegen (2604/AB zu 2628/J)

des Bundesministers für Verfassung, Reformen, Deregulierung und Justiz auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Irmgard Griss, Kolleginnen und Kollegen (2605/AB zu 2624/J)


Nationalrat, XXVI.GPStenographisches Protokoll66. Sitzung, 27. und 28. März 2019 / Seite 36

des Bundesministers für Verfassung, Reformen, Deregulierung und Justiz auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Jörg Leichtfried, Kolleginnen und Kollegen (2606/AB zu 2623/J)

des Bundesministers für Landesverteidigung auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Jörg Leichtfried, Kolleginnen und Kollegen (2607/AB zu 2611/J)

der Bundesministerin für Europa, Integration und Äußeres auf die Anfrage der Abge­ordneten Mag. Jörg Leichtfried, Kolleginnen und Kollegen (2608/AB zu 2617/J)

des Bundesministers für Verfassung, Reformen, Deregulierung und Justiz auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Nikolaus Scherak, MA, Kolleginnen und Kollegen (2609/AB zu 2625/J)

des Bundesministers für Finanzen auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Jörg Leichtfried, Kolleginnen und Kollegen (2610/AB zu 2613/J)

der Bundesministerin für Nachhaltigkeit und Tourismus auf die Anfrage der Abge­ordneten Mag. Jörg Leichtfried, Kolleginnen und Kollegen (2611/AB zu 2610/J)

des Bundeskanzlers auf die Anfrage der Abgeordneten Mag Jörg Leichtfried, Kolle­ginnen und Kollegen (2612/AB zu 2621/J)

des Bundesministers für Bildung, Wissenschaft und Forschung auf die Anfrage der Abgeordneten Douglas Hoyos-Trauttmansdorff, Kolleginnen und Kollegen (2613/AB zu 2633/J)

der Bundesministerin für Digitalisierung und Wirtschaftsstandort auf die Anfrage der Abgeordneten Dipl.-Ing. Karin Doppelbauer, Kolleginnen und Kollegen (2614/AB zu 2631/J)

des Bundesministers für Verfassung, Reformen, Deregulierung und Justiz auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Irmgard Griss, Kolleginnen und Kollegen (2615/AB zu 2632/J)

des Bundesministers für Verkehr, Innovation und Technologie auf die Anfrage der Abgeordneten Claudia Gamon, MSc (WU), Kolleginnen und Kollegen (2616/AB zu 2646/J)

des Bundesministers für EU, Kunst, Kultur und Medien im EU, Kunst, Kultur und Medien auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Dr. Wolfgang Zinggl, Kolleginnen und Kollegen (2617/AB zu 2663/J)

des Bundesministers für EU, Kunst, Kultur und Medien im EU, Kunst, Kultur und Medien auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Dr. Wolfgang Zinggl, Kolleginnen und Kollegen (2618/AB zu 2802/J)

des Bundesministers für Verkehr, Innovation und Technologie auf die Anfrage der Abgeordneten Douglas Hoyos-Trauttmansdorff, Kolleginnen und Kollegen (2619/AB zu 2800/J)

des Bundesministers für Verkehr, Innovation und Technologie auf die Anfrage der Abgeordneten Alois Stöger, diplômé, Kolleginnen und Kollegen (2620/AB zu 2667/J)


Nationalrat, XXVI.GPStenographisches Protokoll66. Sitzung, 27. und 28. März 2019 / Seite 37

des Bundesministers für Verkehr, Innovation und Technologie auf die Anfrage der Abgeordneten Petra Wimmer, Kolleginnen und Kollegen (2621/AB zu 2735/J)

des Bundesministers für Verkehr, Innovation und Technologie auf die Anfrage der Abgeordneten Petra Wimmer, Kolleginnen und Kollegen (2622/AB zu 2743/J)

des Bundesministers für Verkehr, Innovation und Technologie auf die Anfrage der Abgeordneten Sabine Schatz, Kolleginnen und Kollegen (2623/AB zu 2845/J)

des Bundesministers für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Daniela Holzinger-Vogtenhuber, BA, Kolleginnen und Kollegen (2624/AB zu 2639/J)

des Bundesministers für öffentlichen Dienst und Sport auf die Anfrage der Abgeord­neten Claudia Gamon, MSc (WU), Kolleginnen und Kollegen (2625/AB zu 2651/J)

des Bundesministers für Landesverteidigung auf die Anfrage der Abgeordneten Daniela Holzinger-Vogtenhuber, BA, Kolleginnen und Kollegen (2626/AB zu 2637/J)

der Bundesministerin für Digitalisierung und Wirtschaftsstandort auf die Anfrage der Abgeordneten Daniela Holzinger-Vogtenhuber, BA, Kolleginnen und Kollegen (2627/AB zu 2636/J)

der Bundesministerin für Arbeit, Soziales, Gesundheit und Konsumentenschutz auf die Anfrage der Abgeordneten Claudia Gamon, MSc (WU), Kolleginnen und Kollegen (2628/AB zu 2641/J)

des Bundeskanzlers auf die Anfrage der Abgeordneten Daniela Holzinger-Vogtenhuber, BA, Kolleginnen und Kollegen (2629/AB zu 2635/J)

des Bundesministers für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Claudia Gamon, MSc (WU), Kolleginnen und Kollegen (2630/AB zu 2650/J)

des Bundesministers für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Dr Stephanie Krisper, Kolleginnen und Kollegen (2631/AB zu 2655/J)

des Bundesministers für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Beate Meinl-Reisinger, MES, Kolleginnen und Kollegen (2632/AB zu 2656/J)

des Bundesministers für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Jörg Leichtfried, Kolleginnen und Kollegen (2633/AB zu 2658/J)

des Bundesministers für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Angela Lueger, Kolleginnen und Kollegen (2634/AB zu 2660/J)

des Bundesministers für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Sabine Schatz, Kolleginnen und Kollegen (2635/AB zu 2671/J)

des Bundesministers für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Sabine Schatz, Kolleginnen und Kollegen (2636/AB zu 2678/J)

des Bundesministers für EU, Kunst, Kultur und Medien im EU, Kunst, Kultur und Medien auf die Anfrage der Abgeordneten Daniela Holzinger-Vogtenhuber, BA, Kolleginnen und Kollegen (2637/AB zu 2638/J)

des Bundesministers für Verfassung, Reformen, Deregulierung und Justiz auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Stephanie Krisper, Kolleginnen und Kollegen (2638/AB zu 2634/J)

des Bundesministers für Bildung, Wissenschaft und Forschung auf die Anfrage der Abgeordneten Claudia Gamon, MSc (WU), Kolleginnen und Kollegen (2639/AB zu 2647/J)


Nationalrat, XXVI.GPStenographisches Protokoll66. Sitzung, 27. und 28. März 2019 / Seite 38

des Bundesministers für Bildung, Wissenschaft und Forschung auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Andrea Kuntzl, Kolleginnen und Kollegen (2640/AB zu 2659/J)

des Bundesministers für Bildung, Wissenschaft und Forschung auf die Anfrage der Abgeordneten Ing. Reinhold Einwallner, Kolleginnen und Kollegen (2641/AB zu 2668/J)

des Bundesministers für Finanzen auf die Anfrage der Abgeordneten Claudia Gamon, MSc (WU), Kolleginnen und Kollegen (2642/AB zu 2648/J)

des Bundesministers für Finanzen auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Irmgard Griss, Kolleginnen und Kollegen (2643/AB zu 2674/J)

des Bundesministers für Finanzen auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Irmgard Griss, Kolleginnen und Kollegen (2644/AB zu 2675/J)

des Bundesministers für Finanzen auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Irmgard Griss, Kolleginnen und Kollegen (2645/AB zu 2673/J)

des Bundesministers für Finanzen auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Irmgard Griss, Kolleginnen und Kollegen (2646/AB zu 2672/J)

der Bundesministerin für Europa, Integration und Äußeres auf die Anfrage der Abge­ordneten Claudia Gamon, MSc (WU), Kolleginnen und Kollegen (2647/AB zu 2649/J)

des Bundesministers für Landesverteidigung auf die Anfrage der Abgeordneten Claudia Gamon, MSc (WU), Kolleginnen und Kollegen (2648/AB zu 2642/J)

des Bundesministers für Finanzen auf die Anfrage der Abgeordneten Alois Stöger, diplômé, Kolleginnen und Kollegen (2649/AB zu 2669/J)

des Bundesministers für Verfassung, Reformen, Deregulierung und Justiz auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Irmgard Griss, Kolleginnen und Kollegen (2650/AB zu 2640/J)

des Bundesministers für Verfassung, Reformen, Deregulierung und Justiz auf die Anfrage der Abgeordneten Claudia Gamon, MSc (WU), Kolleginnen und Kollegen (2651/AB zu 2653/J)

der Bundesministerin für Europa, Integration und Äußeres auf die Anfrage der Abge­ordneten Ing. Maurice Androsch, Kolleginnen und Kollegen (2652/AB zu 2665/J)

des Bundesministers für Verfassung, Reformen, Deregulierung und Justiz auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Dr. Wolfgang Zinggl, Kolleginnen und Kollegen (2653/AB zu 2664/J)

der Bundesministerin für Frauen, Familien und Jugend im Frauen, Familien und Jugend auf die Anfrage der Abgeordneten Claudia Gamon, MSc (WU), Kolleginnen und Kollegen (2654/AB zu 2643/J)

des Bundesministers für Verfassung, Reformen, Deregulierung und Justiz auf die Anfrage der Abgeordneten Sabine Schatz, Kolleginnen und Kollegen (2655/AB zu 2670/J)

des Bundesministers für Verfassung, Reformen, Deregulierung und Justiz auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Irmgard Griss, Kolleginnen und Kollegen (2656/AB zu 2676/J)


Nationalrat, XXVI.GPStenographisches Protokoll66. Sitzung, 27. und 28. März 2019 / Seite 39

des Bundesministers für EU, Kunst, Kultur und Medien im EU, Kunst, Kultur und Medien auf die Anfrage der Abgeordneten Claudia Gamon, MSc (WU), Kolleginnen und Kollegen (2657/AB zu 2652/J)

des Bundesministers für EU, Kunst, Kultur und Medien im EU, Kunst, Kultur und Medien auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Stephanie Krisper, Kolleginnen und Kollegen (2658/AB zu 2654/J)

des Bundesministers für EU, Kunst, Kultur und Medien im EU, Kunst, Kultur und Medien auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Dr. Wolfgang Zinggl, Kolleginnen und Kollegen (2659/AB zu 2662/J)

der Bundesministerin für Nachhaltigkeit und Tourismus auf die Anfrage der Abgeord­neten Claudia Gamon, MSc (WU), Kolleginnen und Kollegen (2660/AB zu 2644/J)

der Bundesministerin für Nachhaltigkeit und Tourismus auf die Anfrage der Abgeord­neten Ing. Maurice Androsch, Kolleginnen und Kollegen (2661/AB zu 2666/J)

der Bundesministerin für Arbeit, Soziales, Gesundheit und Konsumentenschutz auf die Anfrage der Abgeordneten Daniela Holzinger-Vogtenhuber, BA, Kolleginnen und Kollegen (2662/AB zu 2683/J)

der Bundesministerin für Digitalisierung und Wirtschaftsstandort auf die Anfrage der Abgeordneten Claudia Gamon, MSc (WU), Kolleginnen und Kollegen (2663/AB zu 2645/J)

der Bundesministerin für Digitalisierung und Wirtschaftsstandort auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Stephanie Krisper, Kolleginnen und Kollegen (2664/AB zu 2661/J)

der Bundesministerin für Digitalisierung und Wirtschaftsstandort auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Bruno Rossmann, Kolleginnen und Kollegen (2665/AB zu 2686/J)

des Bundesministers für Landesverteidigung auf die Anfrage der Abgeordneten Daniela Holzinger-Vogtenhuber, BA, Kolleginnen und Kollegen (2666/AB zu 2685/J)

der Bundesministerin für Europa, Integration und Äußeres auf die Anfrage der Abge­ordneten Dr. Alma Zadić, LL.M., Kolleginnen und Kollegen (2667/AB zu 2687/J)

der Bundesministerin für Europa, Integration und Äußeres auf die Anfrage der Abge­ordneten Dr. Alma Zadić, LL.M., Kolleginnen und Kollegen (2668/AB zu 2688/J)

der Bundesministerin für Europa, Integration und Äußeres auf die Anfrage der Abge­ordneten Dr. Alma Zadić, LL.M., Kolleginnen und Kollegen (2669/AB zu 2689/J)

der Bundesministerin für Europa, Integration und Äußeres auf die Anfrage der Abge­ordneten Dr. Alma Zadić, LL.M., Kolleginnen und Kollegen (2670/AB zu 2690/J)

der Bundesministerin für Europa, Integration und Äußeres auf die Anfrage der Abge­ordneten Dr. Alma Zadić, LL.M., Kolleginnen und Kollegen (2671/AB zu 2691/J)

der Bundesministerin für Europa, Integration und Äußeres auf die Anfrage der Abge­ordneten Dr. Alma Zadić, LL.M., Kolleginnen und Kollegen (2672/AB zu 2692/J)


Nationalrat, XXVI.GPStenographisches Protokoll66. Sitzung, 27. und 28. März 2019 / Seite 40

der Bundesministerin für Europa, Integration und Äußeres auf die Anfrage der Abge­ordneten Dr. Alma Zadić, LL.M., Kolleginnen und Kollegen (2673/AB zu 2693/J)

der Bundesministerin für Europa, Integration und Äußeres auf die Anfrage der Abge­ordneten Dr. Alma Zadić, LL.M., Kolleginnen und Kollegen (2674/AB zu 2694/J)

der Bundesministerin für Europa, Integration und Äußeres auf die Anfrage der Abge­ordneten Dr. Alma Zadić, LL.M., Kolleginnen und Kollegen (2675/AB zu 2695/J)

der Bundesministerin für Europa, Integration und Äußeres auf die Anfrage der Abge­ordneten Dr. Alma Zadić, LL.M., Kolleginnen und Kollegen (2676/AB zu 2696/J)

der Bundesministerin für Europa, Integration und Äußeres auf die Anfrage der Abge­ordneten Dr. Alma Zadić, LL.M., Kolleginnen und Kollegen (2677/AB zu 2697/J)

der Bundesministerin für Europa, Integration und Äußeres auf die Anfrage der Abge­ordneten Dr. Alma Zadić, LL.M., Kolleginnen und Kollegen (2678/AB zu 2698/J)

der Bundesministerin für Europa, Integration und Äußeres auf die Anfrage der Abge­ordneten Dr. Alma Zadić, LL.M., Kolleginnen und Kollegen (2679/AB zu 2699/J)

des Bundesministers für Finanzen auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Bruno Rossmann, Kolleginnen und Kollegen (2680/AB zu 2684/J)

der Bundesministerin für Europa, Integration und Äußeres auf die Anfrage der Abge­ordneten Dr. Alma Zadić, LL.M., Kolleginnen und Kollegen (2681/AB zu 2700/J)

der Bundesministerin für Europa, Integration und Äußeres auf die Anfrage der Abge­ordneten Dr. Alma Zadić, LL.M., Kolleginnen und Kollegen (2682/AB zu 2701/J)

des Bundesministers für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Peter Pilz, Kolle­ginnen und Kollegen (2683/AB zu 2704/J)

des Bundesministers für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Nikolaus Scherak, MA, Kolleginnen und Kollegen (2684/AB zu 2706/J)

der Bundesministerin für Europa, Integration und Äußeres auf die Anfrage der Abge­ordneten Dr. Alma Zadić, LL.M., Kolleginnen und Kollegen (2685/AB zu 2702/J)

des Bundesministers für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Bruno Rossmann, Kolleginnen und Kollegen (2686/AB zu 2681/J)

der Bundesministerin für Europa, Integration und Äußeres auf die Anfrage der Abge­ordneten Dr. Alma Zadić, LL.M., Kolleginnen und Kollegen (2687/AB zu 2703/J)

des Bundesministers für Verfassung, Reformen, Deregulierung und Justiz auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Jörg Leichtfried, Kolleginnen und Kollegen (2688/AB zu 2679/J)

des Bundesministers für Bildung, Wissenschaft und Forschung auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Dr. Sonja Hammerschmid, Kolleginnen und Kollegen (2689/AB zu 2707/J)

der Bundesministerin für Nachhaltigkeit und Tourismus auf die Anfrage der Abge­ordneten Dipl.-Ing. Karin Doppelbauer, Kolleginnen und Kollegen (2690/AB zu 2705/J)

des Bundeskanzlers auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Bruno Rossmann, Kolleginnen und Kollegen (2691/AB zu 2680/J)

des Bundeskanzlers auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Bruno Rossmann, Kolleginnen und Kollegen (2692/AB zu 2682/J)


Nationalrat, XXVI.GPStenographisches Protokoll66. Sitzung, 27. und 28. März 2019 / Seite 41

des Bundesministers für öffentlichen Dienst und Sport auf die Anfrage der Abge­ordneten Mag. Gerald Loacker, Kolleginnen und Kollegen (2693/AB zu 2777/J)

der Bundesministerin für Arbeit, Soziales, Gesundheit und Konsumentenschutz auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Gerald Loacker, Kolleginnen und Kollegen (2694/AB zu 2710/J)

 

 


 


Nationalrat, XXVI.GPStenographisches Protokoll66. Sitzung, 27. und 28. März 2019 / Seite 42

09.06.46Beginn der Sitzung: 9.06 Uhr

Vorsitzende: Präsident Mag. Wolfgang Sobotka, Zweite Präsidentin Doris Bures, Dritte Präsidentin Anneliese Kitzmüller.

09.06.48*****


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Meine sehr geehrten Damen und Herren Abge­ordnete! Ich darf Sie recht herzlich zur 66. Sitzung des Nationalrates begrüßen, die Sitzung ist eröffnet. Die Zuseherinnen und Zuseher auf der Galerie, aber auch zu Hause vor den Fernsehschirmen seien herzlich willkommen geheißen!

Die Amtlichen Protokolle der 63., der 64. und der 65. Sitzung vom 27. Februar 2019 sind in der Parlamentsdirektion aufgelegen und wurden nicht beanstandet.

Als verhindert gemeldet sind heute die Abgeordneten Barbara Krenn, Nico Marchetti, Petra Steger und Mag. Beate Meinl-Reisinger, MES.

Vertretung von Mitgliedern der Bundesregierung


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Für den heutigen Sitzungstag hat das Bundes­kanzleramt über die Vertretung von Mitgliedern der Bundesregierung folgende Mittei­lung gemacht:

Der Herr Bundesminister für Inneres Herbert Kickl wird durch die Staatssekretärin im Bundesministerium für Inneres Mag. Karoline Edtstadler vertreten.

*****

Ich darf bekannt geben, dass diese Sitzung von ORF 2 wie üblich bis 13 Uhr live übertragen wird, von ORF III bis 19.15 Uhr live und dann zeitversetzt.

Außerdem ist wiederum ein Parlamentsfotograf während der Sitzung unterwegs.

*****

Abgeordneter Zinggl hat sich zu Wort gemeldet, ich darf ihm dieses erteilen.


9.08.15

Abgeordneter Mag. Dr. Wolfgang Zinggl (JETZT) (zur Geschäftsbehandlung): Einen schönen guten Morgen! Herr Präsident, wir sind mit der heutigen Tagesordnung nicht einverstanden. Es ist mittlerweile überhaupt nicht mehr argumentierbar, dass wir an zwei Tagen hier bis spät in die Nacht diskutieren, wenn es die Möglichkeit eines dritten Plenartages gibt – und es gäbe diese Möglichkeit.

Wir haben in der Präsidiale diese Unannehmlichkeit wiederholt besprochen. Wir haben gesagt, wenn es einen dritten Tag gibt, wollen wir den, wenn die Tagesordnung über­bordend ist, nutzen. Jetzt ist sie überbordend, und ein dritter Tag würde es möglich machen, die Aufmerksamkeit der Bevölkerung in aller Frische auf wichtige Themenbe­reiche zu lenken, wie zum Beispiel Rechnungshofberichte, den Einkommensbericht oder auch die Erhöhung der Parteienförderungen.

Sie, Herr Präsident, haben mir versichert, dass es diesmal zu einem dritten Plenartag kommen wird. Ich verstehe nicht, warum das wieder nicht passiert – aber ich ahne es:


Nationalrat, XXVI.GPStenographisches Protokoll66. Sitzung, 27. und 28. März 2019 / Seite 43

Offensichtlich sind die Regierungsfraktionen daran interessiert, schnell, schnell zu später Stunde wichtige Gesetze zu beschließen, zu diskutieren, unter möglichstem Ausschluss der Öffentlichkeit, und Sie, Herr Präsident, machen den Regierungsfrak­tionen dabei offenbar die Mauer.

Ich erhebe daher jetzt laut § 50 der Geschäftsordnung einen Einwand gegen die Tagesordnung und ersuche die Tagesordnungspunkte zum Rechnungshof, das sind die Punkte 17 bis 26, von der Tagesordnung zu nehmen! – Danke sehr.

9.09


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Gibt es noch eine Wortmeldung dazu? – Wenn das nicht der Fall ist, darf ich mitteilen, dass ich dieser Einwendung nicht nahetreten werde und daher der Nationalrat zu entscheiden hat.

In der gemäß § 50 der Geschäftsordnung stattfindenden gemeinsamen Debatte be­schränke ich die Redezeit auf 5 Minuten und die Zahl der Redner pro Klub auf drei. Die Durchführung dieser Debatte erfolgt nach der Aktuellen Stunde.

09.10.25Aktuelle Stunde


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Wir gelangen nun zur Aktuellen Stunde mit dem Thema:

„Mindestsicherung NEU – mehr Fairness für uns Österreicher statt Zuwanderung in das Sozialsystem“

Als Erster zu Wort gemeldet ist Abgeordneter Klubobmann Rosenkranz. Er hat 10 Mi­nu­ten Redezeit, er weiß das, und ich darf ihm das Wort erteilen. – Bitte.


9.10.51

Abgeordneter Dr. Walter Rosenkranz (FPÖ): Herr Präsident! Frau Bundesministerin! Aktuelle Stunde zu dem Thema: Fairness für uns Österreicher, keine Zuwanderung ins Sozialsystem – Begriffe wie Fairness und Gerechtigkeit oder Schlagworte wie: Leistung muss sich lohnen!, Wer arbeitet, darf nicht der Dumme sein!, Keine Zuwanderung ins Sozialsystem!, haben wir Freiheitlichen eigentlich seit vielen Jahren von vielen Teilen der Bevölkerung regelmäßig gehört.

Wir haben solche Maßnahmen auch in unser Wahlprogramm hineingeschrieben. Nach den letzten Wahlen sind diese Probleme offensichtlich für eine große Zahl der Bürger in diesem Land so stark gewesen, dass sich das auch im Regierungsprogramm – das, was die FPÖ gemeinsam mit der ÖVP beschlossen hat und umsetzt – wiederfindet. Dazu einmal eine kleine Randbemerkung: Es ist ja anscheinend wirklich schon ein Wunder, dass Wahlversprechen auch gehalten werden, wenn man sich darüber wun­dern muss (Zwischenrufe bei der SPÖ), und so gesehen ist auch dieser Schritt ein wichtiger.

Weil sich hier schon ein leichtes Murren erhebt: Es ist ganz egal, was und wie diese Bundesregierung etwas macht, es gibt immer Aufregung, Kritik, Skandalisierung, Verteufelung von Opposition, NGOs und manchen Medien, die halt – und das ist in der Demokratie durchaus zulässig – mit dieser Regierung, mit dieser Mehrheit keine Freude haben. Es ist auch verständlich: Wenn man von der Macht weg ist, wenn man von Subventionen weg ist, wenn man von Inseraten weg ist, dann ist halt in manchen Bereichen die Komfortzone nicht mehr so groß.


Nationalrat, XXVI.GPStenographisches Protokoll66. Sitzung, 27. und 28. März 2019 / Seite 44

Vielen Menschen – und das zeigen eigentlich sämtliche Umfragen – gefallen aber die Maßnahmen, die diese Bundesregierung setzt – und dies geschieht rasch! Es muss ja rasch umgesetzt werden! Was als Problem erkannt wird, soll einer raschen Lösung zugeführt werden. Daher hat diese Bundesregierung auch sehr rasch gehandelt, und wenn ich mich richtig erinnere, Frau Bundesministerin, war es bei einer Regierungs­klausur im Mai, als man bereits Grundzüge für eine Reform der Mindestsicherung, für eine Mindestsicherung Neu, festgelegt hat.

Die Arbeitszeitflexibilisierung ist ein weiteres Beispiel: Was hat es da für Aufregung gegeben, Demonstrationen und, und, und, alles Mögliche, weil das zur Sklaverei, zur Knechtschaft führen wird! Jetzt ist mehr als ein halbes Jahr vergangen, und wo hört man diese Unkenrufe jetzt? – Sie haben sich in Schall und Rauch aufgelöst, weil es das eben nicht gibt. Alles, was seitens der Opposition heraufbeschworen wird, tritt eben nicht ein, und das ist das Entscheidende dabei. (Beifall bei FPÖ und ÖVP.)

Genau das ist auch der Anspruch, und das werden wir auch bei dieser Frage der neuen Mindestsicherung sehen: dass wir mehr und richtige Fairness schaffen. Es haben sehr, sehr, sehr viele Österreicher gesehen, dass viele Menschen nach Öster­reich gekommen sind und mit Nichtarbeit mehr Mittel aus dem Sozialtopf bekommen als die unzähligen Menschen, die in diesem Land arbeiten. Das ist nicht verständlich und dieses Problem gehört gelöst. (Beifall bei FPÖ und ÖVP.)

Es ist natürlich auch eine Frage der Kompetenzregelung. Ich weiß, ein Kritikpunkt an dieser Lösung, die jetzt angedacht ist, ist aus den Reihen der NEOS gekommen, Kolle­ge Loacker hat das geäußert. Er hat gesagt, auch dieses Gesetz schaffe es nicht, dass es in den Bundesländern einheitliche Regelungen gibt. – Na ja, das ist halt beim Föde­ralismus, bei einem sogenannten Grundsatzgesetz des Bundes die logische Konsequenz. Natürlich, Kollege Loacker, wäre es für uns ganz interessant, eine einheitliche Rege­lung zu haben, nur: Wir haben die Bundesländer, wir stehen auch zum Föderalismus, und wir haben genau diese Verfassungssituation. Eines noch, Kollege Loacker: Wir können bei dringenden Problemen nicht darauf warten, dass die NEOS eine Mehrheit in der Landeshauptleutekonferenz erzielen (Abg. Scherak: Das dauert noch ein bissl!), denn das würden selbst heute geborene Kinder bei einer durchschnittlichen Lebens­erwartung nicht erleben können. Auf so etwas können, wollen und dürfen wir gar nicht warten. Wir müssen Probleme heute und mit den jetzt zu Gebote stehenden Mitteln lösen.

Daher gibt es dieses Grundsatzgesetz, mit dem wir aber dennoch gewisse Rahmen­bedin­gungen für die Bundesländer geschaffen haben. Das alles sind Bedingungen, die positiv sind, auch für die Bezieher dieser Sozialleistung, denn auch eines ist dieser Bundesregierung ganz wichtig: dass man endlich auch unterscheidet und die Begriff­lichkeiten zwischen Fragen der Sozialleistung und einer Versicherungsleistung nicht verwischt. Eines ist klar: Bei der Arbeitslosenversicherung zahlen Menschen schon etwas in diesen Topf hinein, und daher gibt es Arbeitslosengeld und die Notstandshilfe; das ist das eine. Das andere ist für diejenigen Menschen, die hier sind, die in diesem Land keine entsprechenden Versicherungsbeiträge geleistet haben, die aber das Über­leben, das Leben gesichert haben müssen. Da gibt es einen Sockelbetrag.

Die Mindestsicherung soll auch nicht so sein, dass man sagt: Ja, eigentlich ist das ausreichend, ich will und brauche eigentlich gar nicht zu arbeiten! – Das ist der falsche Ansatz! Wenn ich mehr haben möchte, dann soll eigentlich der Weg in den Arbeits­prozess das Entscheidende sein. Das ist der Grundgedanke dieses Gesetzes: insgesamt die Motivation zu erhöhen, tatsächlich arbeiten zu gehen.

Dazu gibt es mehrere Möglichkeiten, die wir geschaffen haben. Wir wollen, um zur vollen Höhe zu kommen, die Ertüchtigung haben. Das heißt: Jemand, der unsere


Nationalrat, XXVI.GPStenographisches Protokoll66. Sitzung, 27. und 28. März 2019 / Seite 45

Sprache nicht spricht – oder dann sogar Englisch können muss –, der bekommt es, wenn er klar zeigt: Ja, ich möchte arbeiten! Ich möchte mich ertüchtigen! – Dann be­kommt er die Kurse dafür bezahlt, um so schnell wie möglich in ein normales Erwerbs­leben zu kommen.

Ansonsten sei auch eines klargestellt: Alleinerzieher, Menschen mit Beeinträchtigun­gen und Handicaps, sie alle werden durch dieses Gesetz in keinster Weise tangiert, sondern sie werden Leistungen bekommen.

Wir haben auch eines gemacht: Sachleistungen werden in Zukunft im Vordergrund stehen. Wir haben auch die Situation – da wir ja sehen, dass die Wohnsituation in Österreich, der Wohnungsmarkt, die Mietpreise inhomogen sind, dass es Städte gibt, wo die Mietpreise höher sind –, dass die Länder bis zu 30 Prozent Zuschläge für die Wohnkosten gewähren können. Das heißt, auch da gibt es individuell Möglichkeiten für die Länder.

Eines haben wir den Ländern im Rahmen des Grundsatzgesetzes aber natürlich auch vorgegeben: In den ersten drei Jahren gibt es keinen Zugriff auf – insbesondere – das Immobilienvermögen, denn gerade diese drei Jahre müssen so zumutbar sein, dass man nach der ersten Notsituation im Berufsleben auch wieder Tritt fassen kann. Da wird man nicht zugreifen, denn das würde auch alle ungerecht belasten, die sich etwas geschaffen haben und durch eine bestimmte Notsituation jetzt vor einer Problem­situation stehen.

Ein weiteres Problem, das angesprochen wurde und zu dem man immer Kritik hört, betrifft die Kinder: Die Kinder werden jetzt benachteiligt, weil es vom ersten, zweiten dritten Kind weg eine Staffelung vom grundsätzlich höheren Ausgangsbetrag gibt. Was wird dabei aber übersehen und immer pfleglich weggelassen? – Die Familienbeihilfe bleibt für jedes Kind selbstverständlich gleich. Das ist das Entscheidende, das ist die Leistung. Wo gibt es denn den Betrieb, die Tischlerei, den Installationsbetrieb, in dem man 1 600, 1 700 Euro netto verdient, in dem ein Angestellter, in dem der Arbeit­neh­mer, also der, den wir in Österreich – unter Anführungszeichen – „ganz besonders unterstützen wollen“, zu seinem Chef geht und sagt: Bitte, ich habe drei Kinder, wo bleiben meine Zuschläge beim Gehalt?! – Das gibt es nicht! Wir haben eine Lösung geschaffen, dass man durch diese Mindestsicherung Neu ein Grundeinkommen erreicht (Beifall bei FPÖ und ÖVP) und dass ganz klargestellt ist: Wir wollen keine Zuwan­derung ins Sozialsystem.

Eines macht uns dabei schon Sorgen: Wir sehen, dass in einem Bundesland, nämlich konkret in Wien, das bis jetzt anscheinend das Eldorado war, um diejenigen, die noch nicht so lange hier in Österreich leben, zu belohnen, weiterhin Milch und Honig für diejenigen fließen sollen, die vielleicht nicht arbeiten wollen. Die Beispiele haben wir gesehen. Ich glaube, die Situation Wiens wird von den weiteren Rednern aus meiner Fraktion noch speziell beleuchtet werden.

Wir wollen ein faires, ein gerechtes Österreich für diejenigen, die hier Leistung ablie­fern, und alle anderen wollen wir dazu bringen, dass sie genau diese Werte, nämlich dass sich Leistung in Österreich lohnen muss, beachten. Dieses Gesetz ist der beste Weg dahin.

Frau Bundesministerin, ich bedanke mich bei Ihrem Ressort für die viele Arbeit, die im Detail steckt, und dafür, dass man alle Bedenken, die sich in verfassungsrechtlicher Hinsicht, in europarechtlicher Hinsicht ergeben haben, ausräumt. Es ist ein weiterer Beitrag dieser Bundesregierung für ein faires, gerechtes Österreich. (Beifall bei FPÖ und ÖVP.)

9.21



Nationalrat, XXVI.GPStenographisches Protokoll66. Sitzung, 27. und 28. März 2019 / Seite 46

Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Ich darf die Schülerinnen und Schüler der Vienna Business School Hamerlingplatz und der Tourismusschule Bad Ischl recht herzlich begrüßen. Herzlich willkommen im Hohen Haus! (Allgemeiner Beifall.)

Zu Wort gemeldet ist Frau Bundesministerin Hartinger-Klein. – Bitte.


9.21.28

Bundesministerin für Arbeit, Soziales, Gesundheit und Konsumentenschutz Mag. Beate Hartinger-Klein: Herr Präsident! Hohes Haus! Mit unserem neuen Sozial­hilfe-Grundsatzgesetz bringen wir die Fairness und die soziale Gerechtigkeit in unser Land zurück – Fairness für unsere Österreicherinnen und Österreicher, weil wir nicht wollen, dass weiterhin hart verdientes Steuergeld an ausländische Wirtschaftsflüchtige verteilt wird (Beifall bei FPÖ und ÖVP); Fairness für unsere hart arbeitenden Menschen in diesem Land (Abg. Loacker: Wer schreibt Ihnen denn solches Zeug? Um 1,50 Euro geschrieben! – Zwischenruf des Abg. Schellhorn), die jeden Tag Leistung erbringen, weil es nicht länger sein darf, dass viele unserer steuerzahlenden Arbeiter, Ange­stell­ten und Unternehmer unter dem Strich schlechter dastehen als jene, die arbeiten könnten, aber nicht arbeiten wollen (Beifall bei FPÖ und ÖVP); Fairness für unsere sozial wirklich Bedürftigen durch zielgerichtete Hilfe für jene Menschen, die wirklich unsere Hilfe brauchen, nämlich natürlich Personen, die arbeiten wollen, aber leider nicht können.

Meine Damen und Herren! Sprechen wir einmal über den bedauernswerten Zustand, der von den sozialdemokratisch geführten Regierungen zu verantworten ist! (Abg. Leichtfried: Wer schreibt Ihnen so was? Eine schlechte Arbeit!) Reden wir über die Missstände, die von der rot-grünen Landesregierung in Wien nicht nur achselzuckend hingenommen werden, sondern mit Zähnen und Klauen verteidigt werden, weil Rot-Grün die illegale Einwanderung braucht, fördert und mit der Mindestsicherung auch künftig fördern will! (Beifall bei FPÖ und ÖVP. – Abg. Heinisch-Hosek: ... unfassbar! – Zwischenruf des Abg. Krainer.)

Kommen wir zu den Fakten: Derzeit befinden sich mehr als 12 600 Menschen mit subsidiärem Schutzstatus in unserem Land, die von der Mindestsicherung leben. Von der rot-grünen Landesregierung in Wien wurde diese fremde Armutszuwanderung jah­relang unterstützt und gefördert. (Abg. Krainer: Herr Präsident, nicht schlafen!) Näm­lich wie? – Indem diesen Personen vom ersten Tag an die volle Mindestsicherung zuerkannt wurde. Diesen Missstand beseitigen wir mit unserem Grundsatzgesetz: Es wird keine Mindestsicherung mehr für subsidiär Schutzberechtigte geben, in Überein­stimmung mit unionsrechtlichen Vorgaben wird diese nunmehr auf soziale Kernleis­tungen, sprich: auf die Grundsicherung, beschränkt. (Beifall bei FPÖ und ÖVP.)

Der zweite Punkt: Für ausreisepflichtige Personen wird es künftig überhaupt keine An­sprüche mehr geben. Man muss sich das einmal vorstellen: Bisher wurde ausreise­pflichtigen Personen, also illegalen Einwanderern, deren Ausreisepflicht am Ende eines rechtsstaatlichen Verfahrens letztinstanzlich festgestellt wurde, in manchen Fällen unverändert weiterhin Mindestsicherung – oder sonstige soziale Hilfeleistungen – ge­währt. (Ruf bei der ÖVP: Ungeheuerlich!) Diese Bundesregierung stellt nun klar: Illegale Einwanderer haben in unserem Land nichts verloren. (Beifall bei FPÖ und ÖVP.) Diese Personen müssen so schnell wie möglich ausreisen und sollen nicht weiterhin Sozialleistungen beziehen. Wir stellen nun endlich diesen Sozialmagneten ab. (Abg. Leichtfried: Ist das die falsche Rede, Frau Ministerin? Haben Sie das vorher durchgelesen?)

Künftig werden bei der Gewährung von Sozialhilfe auch fremdenpolizeiliche und inte­grationspolitische Ziele im gesamtstaatlichen Interesse angemessen zu berücksich­ti­gen sein. Diese Fairness, meine Damen und Herren, haben sich unsere Staatsbürger,


Nationalrat, XXVI.GPStenographisches Protokoll66. Sitzung, 27. und 28. März 2019 / Seite 47

unsere Österreicherinnen und Österreicher wirklich verdient. (Beifall bei FPÖ und ÖVP.)

Fairness bringt dieses Gesetz endlich auch für alle hart arbeitenden Menschen in unserem Land, vor allem für jene Menschen in Österreich, die bereits jahrelang einen Beitrag für Österreich und für unser Sozialsystem geleistet haben. Es macht keinen Sinn, unser Land durch attraktive Sozialleistungen für Einwanderer attraktiv zu machen, die womöglich gar nicht arbeiten wollen. Ganz im Gegenteil: Es macht Sinn, für leistungswillige Menschen attraktiv zu sein, die dann aber in einer Notlage auch voll von ihren bisherigen Leistungen profitieren können. Das ist sinnvoll und gerecht, für Missbrauch gibt es daher keinen Platz. (Beifall bei FPÖ und ÖVP.)

Derzeit sind mehr als die Hälfte aller Mindestsicherungsbezieher keine österreichi­schen Staatsbürger. Das ist ein erschreckend hoher Anteil, meine Damen und Herren. Diese Mindestsicherungsbezieher müssen natürlich – von schutzwürdigen Ausnahmen abgesehen – dem Arbeitsmarkt zur Verfügung stehen. Diese Bereitschaft ist aber nichts wert, wenn es keine Arbeitgeber gibt, die einen Mindestsicherungsbezieher ein­stellen wollen. Dieses Problem betrifft nicht Personen, die typischerweise am Arbeits­markt vermittelbar sind und nur vorübergehend Mindestsicherung beziehen. Dieses Problem betrifft vor allem Personen, die neu zugewandert sind, schlecht Deutsch sprechen und über keine Qualifikation verfügen. (Beifall bei der FPÖ und bei Abgeord­neten der ÖVP. – Zwischenruf der Abg. Heinisch-Hosek.)

Es kann aber nicht sein, dass Bezieher, die qualifiziert und vermittelbar sind, schlech­tergestellt werden als Bezieher, die unqualifiziert und unvermittelbar sind. Genau das war aber bisher der Fall. Wir schaffen Fairness für alle Arbeitnehmerinnen und Arbeit­nehmer. Wir aktivieren unvermittelbare Zuwanderer, indem wir einen Teil der Sozial­hilfeleistungen in arbeitsmarktbezogene Sachleistungen umwandeln, in Deutschkurse oder, wenn bereits ausreichend Deutschkenntnisse bestehen, in sonstige berufliche Qualifizierungsmaßnahmen. (Beifall bei FPÖ und ÖVP.)

Wir stellen sicher, dass Integrationsleistungen erfüllt werden, dass Wertekurse besucht werden und dass Deutsch gelernt wird. Erst nach Abschluss dieser grundsätzlichen Integration, nach Herstellung einer grundsätzlichen Vermittelbarkeit am österreichi­schen Arbeitsmarkt, also erst dann, wenn ein entsprechender Wille gezeigt wurde, selbst Leistungen für unsere Gesellschaft zu erbringen, ist es gerechtfertigt, Mindest­sicherung zu gewähren (Beifall bei FPÖ und ÖVP), denn Integration ist vor allem eine Holschuld der Zuwanderer und keine Bringschuld der österreichischen Aufnahme­ge­sellschaft.

Mit dem neuen Grundsatzgesetz schaffen wir auch weitere Anreize, die es den Men­schen erleichtern, wieder in das Erwerbsleben einzusteigen. So wird künftig bei einem Wiedereinstieg ins Erwerbsleben ein hoher Freibetrag vorgesehen. Bis zu 35 Prozent des Nettoeinkommens werden für den Zeitraum eines vollen Jahres nicht mehr auf die Sozialhilfe angerechnet. Dadurch werden gezielt jene arbeitsfähigen Bezieher belohnt, die Sozialhilfe wirklich als vorübergehende Hilfe zur Selbsthilfe begreifen und auch tatsächlich bereit sind, wieder in das Erwerbsleben einzusteigen und nicht mehr von den Leistungen der Sozialhilfe abhängig zu sein.

Immer wieder wurden wir zu Unrecht mit falschen Zahlen und falschen Argumenten kritisiert. So wurde etwa wiederholt behauptet, das dritte Kind wäre nur 43 Euro wert. Das ist eine Zahl, die falscher nicht sein kann. Man fragt sich schon, ob diese Kritiker, vor allem die Kritiker aus den Reihen der Sozialdemokratie, den Entwurf überhaupt gelesen haben. (Abg. Heinisch-Hosek: Was ist denn das für eine Unterstellung? Das ist wirklich unfassbar! – Abg. Drozda: 140 Stellungnahmen, Frau Ministerin! – Weitere Zwischenrufe bei der SPÖ.)


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Erstens verpflichtet das Gesetz dazu, Mehrleistungen, die zur weiteren Unterstützung hinsichtlich des Lebensunterhalts für Minderjährige vorgesehen sind, auf alle Minder­jährigen gleichmäßig aufzuteilen. Das bedeutet, dass bei einem Haushalt von Mindest­sicherungsbeziehern für das dritte Kind wie für jedes Kind (Abg. Heinisch-Hosek: 1,50 Euro am Tag!) rund 133 Euro monatlich gewährt werden – 133 Euro monatlich pro Kind! Zweitens stellt das Gesetz klar, dass die Familienbeihilfe und sonstige familien­bezogene Leistungen des Bundes nunmehr einheitlich nicht angerechnet werden dürfen, also zusätzlich zu leisten sind. Somit stehen jedem Haushalt mit drei Kindern durchschnittlich weitere 612 Euro an Familienbeihilfe zur Verfügung. In manchen Län­dern, meine Damen und Herren, war das bisher nicht der Fall. (Beifall bei der FPÖ und bei Abgeordneten der ÖVP.) Einem Haushalt von Mindestsicherungsbeziehern können also auch künftig – und wir sprechen hier nur über den Unterhalt für die Kinder – monatlich circa 1 000 Euro gewährt werden; das sind 333 Euro pro Kind.

Richtig ist, dass die Leistungen für die Kinder nunmehr degressiv gestaffelt sind. Diese Staffelung ist aber richtig, notwendig und gerecht. Ein durchschnittlicher Arbeitnehmer erhält keine weitere Unterstützung und kein höheres Nettoeinkommen, egal ob er zwei, drei oder fünf Kinder hat. (Abg. Vogl: ... Familienbonus, Frau Ministerin!) Wir wollen nicht länger zusehen, wie Großfamilien mit zehn Kindern und mehr – es handelt sich meist um Familien aus dem afrikanischen und arabischen Raum (Abg. Heinisch-Hosek: Unfassbar! Unfassbar!) – Sozialleistungen in einer Höhe beziehen, die von durchschnittlichen Arbeitnehmern und Arbeitnehmerinnen unterm Strich niemals er­reichbar ist. (Beifall bei der FPÖ und bei Abgeordneten der ÖVP. – Abg. Drozda: Absicht oder Unwissenheit?)

Unser Grundsatzgesetz bringt endlich Fairness für bedürftige Personen, die arbeiten wollen, aber nicht arbeiten können. Ich nenne Ihnen hier abschließend nur fünf Bei­spiele, die ebenso zur sozialen Fairness beitragen (Zwischenruf des Abg. Jarolim): erstens der Katalog an schutzwürdigen Personen; zweitens die Alleinerzieher; drittens die Menschen mit Behinderung; viertens wird vor allem der Zugriff der Sozialbehörden auf das Eigenheim künftig für drei Jahre ausgeschlossen sein. Österreichische Arbeits­lose, die bereits etwas geleistet und gespart und sich Wohneigentum geschaffen haben, aber unverschuldet in Not geraten sind, brauchen künftig keine Scheu zu haben, Mindestsicherung zu beziehen. (Beifall bei der FPÖ und bei Abgeordneten der ÖVP.) Und fünftens: Unsere flexible und sozial gerechte Härtefallregel ermöglicht es den Ländern, zielgerecht Menschen mit Sachleistungen jeder Art zu unterstützen und Personen zu helfen, die wirklich unverschuldet in Not geraten sind.

Unser Grundsatzgesetz bringt Fairness für Staatsbürger, Fairness für Erwerbstätige und Hilfe für jene, die Hilfe brauchen. (Beifall bei der FPÖ und bei Abgeordneten der ÖVP.)

9.33

*****


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Herr Abgeordneter Klubobmann Leichtfried hat sich zur Geschäftsbehandlung zu Wort gemeldet. – Bitte.


9.33.11

Abgeordneter Mag. Jörg Leichtfried (SPÖ) (zur Geschäftsbehandlung): Vielen Dank, Herr Präsident.

Also abgesehen davon, dass das die schlechteste, tendenziöseste und unpackbarste Rede war, die ich je - - (Beifall bei der SPÖ. – Zwischenrufe bei der FPÖ.)



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Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zur Geschäftsbehandlung! Sie können das in der Debatte vorbringen. Zur Geschäftsbehandlung, bitte!


Abgeordneter Mag. Jörg Leichtfried (SPÖ) (fortsetzend): Abgesehen davon hat die Frau Ministerin gesagt, dass Rot und Grün illegale Schlepperei fördern. (Beifall bei der FPÖ. – Ruf bei der FPÖ: Richtig, ja!) Das ist ein unfassbarer, strafrechtlicher Vorwurf gegenüber demokratischen Parteien, und da erwarte ich von Ihnen einen Ordnungsruf, Herr Präsident. (Beifall bei der SPÖ. – Zwischenrufe bei der FPÖ.)

9.33


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Sie können das in der Debatte vorbringen. In der Aktuellen Stunde ist keine tatsächliche Berichtigung vorgesehen. (Rufe bei der SPÖ: Zur Geschäftsordnung! Herr Präsident, kennen wir die Geschäftsordnung nicht?) – Ja, ich kenne die Geschäftsordnung. (Weitere Zwischenrufe bei der SPÖ.)

Zu Wort gemeldet ist Abgeordneter Wöginger. – Bitte. (Abg. Leichtfried: Herr Prä­sident, entschuldigen Sie, ich habe einen Ordnungsruf verlangt, das entspricht der Ge­schäftsordnung, und da haben Sie darüber zu entscheiden, ob Sie den erteilen oder nicht! Ich meine, so geht es überhaupt nicht! – Beifall bei der SPÖ und bei Abgeord­neten von JETZT.) – Ich werde das Protokoll anfordern und mir das anschauen. (Abg. Höbart: ... Salzamt!)

*****

Zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Klubobmann Wöginger. (Abg. Höbart: Für solche Sachen gibt es das Salzamt!) Alle weiteren Redner haben 5 Minuten Redezeit. (Abg. Jarolim: Das war ein haarsträubender Unsinn von der Ministerin!)


9.34.41

Abgeordneter August Wöginger (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Frau Bundes­ministerin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Die Aufregung der SPÖ zeigt wieder einmal (Zwischenruf der Abg. Heinisch-Hosek), dass wir auf dem richtigen Weg sind. (Beifall bei ÖVP und FPÖ.) Ich verstehe das auch ganz gut, denn ich könnte einer Mindestpensionistin in Wien, die wahrscheinlich noch SPÖ-Mitglied ist, auch nicht erklären, dass sie letzten Endes pro Monat gleich viel Geld zur Verfügung hat wie ein Asylberechtigter, der neben ihr einzieht. Das versteht kein Mensch in Österreich, meine Damen und Herren, und auch die Mitglieder der Sozialdemokratie nicht. (Beifall bei ÖVP und FPÖ.)

Wenn Sie gerne ein anderes Beispiel hätten: Ein Mitarbeiter der MA 48, der in Wien mit der Müllabfuhr mitfährt, verdient vielleicht, wenn es gut geht, gut 2 000 Euro brutto; und eine Familie mit drei Kindern bezieht in der Mindestsicherung 2 600 Euro pro Monat, 14 Mal im Jahr. Das versteht niemand, meine Damen und Herren! Wir bereinigen diese Missstände mit diesem Sozialhilfe-Grundsatzgesetz. (Beifall bei ÖVP und FPÖ.)

Sozialhilfe bedeutet, meine Damen und Herren, dass wir jenen helfen, die diese Hilfe brauchen, die sich selbst helfen möchten, aber nicht können. Wir können aber jenen Menschen, die sich selbst helfen könnten, aber nicht wollen, auf Dauer keine Unter­stützung geben. Das ist ein Leitsatz in der Sozialhilfe, meine Damen und Herren! (Bei­fall bei ÖVP und FPÖ.)

Die ehemalige Arbeiterpartei SPÖ verkauft jetzt die arbeitenden Menschen regelrecht (Abg. Belakowitsch: Sind ja keine Arbeiter mehr!), weil man sagt: Na, es ist eh wurscht, ob du etwas arbeitest oder nicht, wichtig ist, dass du im Monat genug Geld kriegst! (Zwischenrufe bei der SPÖ.) Da wird zugesehen, wenn die anderen in der Früh aufstehen und in die Arbeit gehen, und am Ende hat der, der nicht arbeiten geht, mehr


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Geld als der, der in die Hacken geht. Meine Damen und Herren, da hört es sich mit der Logik der Sozialdemokratie auf! (Beifall bei ÖVP und FPÖ.)

Weil auch sehr viel an Unwahrheiten zu diesem Thema verbreitet wird, ein Beispiel, das mehr sagt als tausend Worte (Zwischenruf bei der SPÖ): Eine fünfköpfige Familie, also Eltern mit drei Kindern, wird in Zukunft in Österreich 1 600 Euro netto an Sozialleistung bekommen. Das haben wir vorgesehen, mit Maximalbeträgen, das ist richtig, und es benötigt auch manchen Spielraum, sonst können wir kein Grund­satzgesetz für alle neun Bundesländer verabschieden. 1 600 Euro netto pro Monat! (Abg. Heinisch-Hosek: Wie setzt sich das zusammen? Erklären Sie uns das!) Dazu kommen 600 Euro Familienbeihilfe. Eine fünfköpfige Familie hat ein Einkommen von 2 200 Euro netto pro Monat zur Verfügung. (Abg. Heinisch-Hosek: Was für eine Rech­nung ist denn das?) Jetzt frage ich Sie, meine Damen und Herren, was an dieser Maßnahme unsozial sein soll. Ich verstehe das nicht, und auch die Menschen ver­stehen es nicht. (Abg. Heinisch-Hosek: Rechnen Sie’s uns vor!) Es ist weltweit wahr­scheinlich die höchste Sozialleistung, die wir da geben, aber wir müssen sie refor­mieren. (Beifall bei ÖVP und FPÖ.)

Wirklich ärgerlich ist (neuerlicher Zwischenruf der Abg. Heinisch-Hosek), dass man anscheinend derzeit, wenn die Roten in Opposition sind, in Österreich keine sachliche Diskussion mehr führen kann. Wenn man drei Kinder hat, stehen für diese drei Kinder 1 000 Euro pro Monat zur Verfügung, und es steht im Gesetz, dass es zu gleichen Teilen auf minderjährige Personen aufzuteilen ist. Ich habe zumindest in der Volks­schule noch gelernt: Wenn man 1 000 Euro durch drei dividiert, dann ergibt das 333 Euro pro Monat (Zwischenruf bei der SPÖ) und nicht 44 Euro. Es sind 333 Euro, meine Damen und Herren! (Beifall bei ÖVP und FPÖ.)

Nennen Sie mir einen Kollektivvertrag, eine Gehaltstabelle, in der unterschieden wird, wie viele Kinder man hat! (Zwischenruf des Abg. Klaus Uwe Feichtinger.) Ja, legen Sie ihn her! Ich glaube, es gibt noch einen Kollektivvertrag im Bankenbereich, bei dem man 50 Euro fürs Kind bekommt; ansonsten gibt es das nicht. Es ist egal, wo man arbeitet, man bekommt einen Gehalt, der ist in den Lohn- und Gehaltstabellen abgesichert, und die Sozialpartner verhandeln ihn, aber es ist egal, ob man ein Kind hat, drei Kinder hat, fünf Kinder hat, sieben Kinder hat; darauf wird in den Kollek­tivverträgen keine Rücksicht genommen. Daher ist es notwendig, hier diese Beschrän­kung einzuführen, weil wir Gerechtigkeit hinsichtlich Einkommen der arbeitenden Bevölkerung und Sozialleistungen herstellen wollen. (Beifall bei ÖVP und FPÖ.)

Es muss ein Anreizsystem geschaffen werden, damit die Menschen zurück in die Arbeitswelt kommen. Wir haben einen Fachkräftemangel – jeder Betrieb sucht Fach­kräfte –, und es gibt mehr Mindestsicherungsbezieher, als das Burgenland Einwohner hat. Da stimmt im System etwas nicht, meine Damen und Herren! Daher gehen wir dieses Sozialhilfe-Grundsatzgesetz an. (Zwischenruf des Abg. Knes.)

Abschließend: Die Bundeshauptstadt müsste dieser Regierung zu Dank verpflichtet sein. Warum? – Weil der Sozialtourismus damit beendet wird. Wenn bei mir daheim im Innviertel ein Asylwerber einen positiven Bescheid bekommen hat, dann ist er in den Zug gestiegen und nach Wien gefahren. Warum? – Weil er dort die höchste Sozial­leistung bekommt (Zwischenruf der Abg. Lueger), und natürlich fährt man dann dort­hin, wo man das meiste Geld bekommt! Das beenden wir, meine Damen und Herren, mit diesem Sozialhilfe-Grundsatzgesetz! (Beifall bei ÖVP und FPÖ.)

Schlusssatz: „Wien, Wien, nur du allein“, das spielt es nicht. (Abg. Schieder: ... Redezeit, Herr Präsident! – Abg. Heinisch-Hosek: Redezeit ist aus!) Das gilt auch für die Bundeshauptstadt Wien. Wir werden alle rechtlichen Möglichkeiten ausschöpfen, damit dieses Gesetz auch im Bundesland Wien (Abg. Heinisch-Hosek: Redezeit!) um-


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gesetzt und vollzogen wird – wenn notwendig, werden wir es beim Finanzausgleich sanktionieren. So geht es nicht, meine Damen und Herren! (Anhaltender Beifall bei der ÖVP und Beifall bei der FPÖ.)

9.40


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Ich darf die Mitglieder des außenpolitischen Aus­schusses des Deutschen Bundestages herzlich willkommen heißen. Herzlich willkom­men! (Allgemeiner Beifall.)

Als Nächste zu Wort gemeldet ist Frau Klubobfrau Rendi-Wagner. – Bitte.


9.41.14

Abgeordnete Dr. Pamela Rendi-Wagner, MSc (SPÖ): Herr Präsident! Sehr geehrte Frau Bundesministerin! Hohes Haus! Sehr geehrte Damen und Herren! Tarnen, täuschen und mit dem Finger auf Menschen zeigen (Ruf bei der FPÖ: SPÖ also!), das ist die schwarz-blaue Regierungspolitik der letzten 15 Monate. (Ruf: ... nicht aufgepasst!) Wenn ich mir den Titel Ihrer heutigen Aktuellen Stunde anschaue und vor allem wenn ich Ihnen in den letzten Minuten zugehört habe – und das musste ich leider, muss ich fast sagen (Abg. Belakowitsch: Hallo, „leider“?! – Zwischenruf des Abg. Rosenkranz) –, dann sehe ich, dass sich genau das heute wieder zeigt: mit dem Finger auf Menschen zeigen.

Ihre Worte heute, Frau Bundesministerin – ich wäre Ihnen (in Richtung Bundes­ministerin Hartinger-Klein, die mit einem Mitarbeiter spricht) dankbar, wenn Sie der Debatte aktiv folgen würden –, waren, und das möchte ich Ihnen schon persönlich sagen, das Menschenverachtendste (Abg. Heinisch-Hosek: Ja!), das ich aus Ihrem Mund je gehört habe. (Anhaltender Beifall bei der SPÖ sowie des Abg. Noll. – Abg. Haider: Wenn euch nichts mehr einfällt, ist es menschenverachtend!) Sie sind Sozialministerin. Dass Sie nicht Gesundheitsministerin sind, haben wir schon in den letzten 15 Monaten gesehen, gehört und gespürt, aber Sie sind offenbar auch keine Sozialministerin. (Abg. Haider: Sie sind keine Oppositionsführerin!)

Wir Sozialdemokratinnen und -demokraten haben eine andere Einstellung, und das ist kein Wunder. Wir sind der festen Überzeugung, dass Menschen arbeiten wollen; sie wollen arbeiten und ihren Beitrag leisten, für sich und für andere in der Gesellschaft. (Beifall bei der SPÖ. – Zwischenruf des Abg. Bösch.) Und ja, es gibt viele, die nicht arbeiten können, gerade auch Menschen, für die wir da sein wollen und da sein müssen. Ich bin überzeugt, wir sind überzeugt – und das ist der grundlegende Unter­schied zwischen uns und Ihnen –: Menschen wollen ihren Beitrag leisten. (Beifall bei der SPÖ.)

Es wäre Aufgabe der Politik, Menschen, die in einer schlechten Situation sind, die Hand zu reichen, statt mit dem Finger auf sie zu zeigen – jenen, die aus den ver­schiedensten Gründen arbeitslos sind, oder jenen, die nicht genug zum Leben haben, obwohl sie arbeiten gehen. Ja, es wäre Aufgabe der Politik, diesen Menschen eine Perspektive zu geben, wie wir es damals mit der Aktion 20 000 gemacht haben. (Zwischenruf der Abg. Belakowitsch.)

Die Fragen, die sich mir und anderen in diesem Land stellen, sind: Will diese Regie­rung überhaupt, dass Menschen mehr Möglichkeiten, mehr Chancen, mehr soziale Sicherheit haben? Will diese Regierung überhaupt, dass Menschen aus Notsituationen wieder gut rauskommen? Sind für Sie als Regierung und für Sie als Sozialministerin alle Kinder in diesem Land gleich viel wert? (Ruf bei der FPÖ: Hallo, zuhören! Wieder nicht zugehört! ... vorgeschriebene Rede!)

Wenn wir uns heute den Vorschlag Ihrerseits zur Mindestsicherung Neu beziehungs­weise Sozialhilfe anschauen, dann ist die Antwort drei Mal Nein. Sie wollen mit diesem


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sozialen Kürzungsprogramm Druck auf Menschen ausüben, Sie wollen ihn erhöhen, sodass sie es noch schwerer in ihrem Leben haben. Ja, Sie spielen eiskalt mit den Menschen. (Abg. Haider: Ich glaube, Sie spielen Theater, sonst spielt hier niemand!) Sie spielen mit den Menschen in den Niedriglohnsektoren und spielen sie gegen jene aus, die sich auf dem Arbeitsmarkt schwertun; das sind vor allem die Langzeit­arbeitslosen, das ist die große Zahl der Mindestsicherungsbezieher. Und Sie treiben wie immer einen Keil in unsere Gesellschaft. (Beifall bei der SPÖ.)

Schauen wir uns die schwarz-blaue Arbeitsmarktpolitik – und das ist Ihre Zustän­digkeit – der letzten 15 Monate an (Abg. Haider: Die ist gut! Die ist hervorragend, diese Politik!): 12-Stunden-Tag, Stopp der Aktion 20 000, Hungerlohn von 1,50 Euro pro Stunde für Asylwerber (Abg. Haider: ... in der Grundversorgung!), Zwangsarbeit für Asylwerber, Kürzungen beim AMS-Budget (Abg. Belakowitsch: Sie haben 1 Euro gezahlt!), Kürzungen bei der Sprachförderung, Personalabbau bei den AMS-Trainerin­nen und -trainern. – Der Grund für all diese Kürzungen und Ihre Arbeitsmarktpolitik ist ein einziger: Österreich soll ein Billiglohnland werden, Arbeit soll billiger werden. (Bei­fall bei der SPÖ.) Das ist nichts anderes als systematisches Lohn- und Sozialdumping auf dem Rücken aller Österreicherinnen und Österreicher. (Abg. Steinacker: Wie soll denn das gehen, bei den bestehenden Gesetzen ...? – Abg. Deimek: Den Kollektiv­vertrag ... die SPÖ nicht zur Kenntnis!)

Sehr geehrte Damen und Herren! Wir sind überzeugt, eine gute Arbeit ist jene, die einen Lohn bietet, von dem man gut leben kann, die Arbeitsbedingungen bietet, die nicht krank machen, die Menschen in ihrem Leben Würde gibt. (Zwischenruf der Abg. Belakowitsch.) Sie wiederum glauben, dass Armut, Hunger und Angst vor Delogie­rung Menschen bessere Chancen auf dem Arbeitsmarkt geben. Ist das Ihr Ernst? Glauben Sie wirklich, dass dieser Druck Menschen bessere Chancen auf dem Arbeits­markt eröffnet?

Aber nicht nur das: Mit dieser neuen Regelung verschärfen Sie die Kinderarmut in diesem Land. Sie kürzen Familien mit Kindern die Mindestsicherung um 40 Millionen Euro – dieselbe Summe übrigens, die Sie im letzten Jahr für Ihre Kabinette in der schwarz-blauen Bundesregierung für reine PR- und Werbeposten ausgegeben haben. (Beifall und Oh-Rufe bei der SPÖ.)

Künftig soll jedes dritte Kind um 1,50 Euro am Tag leben – das hat kein Kind in diesem Land verdient. Kein Kind hat diese Unfairness verdient! (Beifall bei der SPÖ.) Sie verfrachten 70 000 Kinder in eine Perspektivlosigkeit – und ich frage mich: Wer ist als Nächster dran, Frau Bundesministerin? (Abg. Zanger: Redezeit!)

Sehr geehrte Damen und Herren! Für Kinderarmut, Spaltung, Sozialabbau und Lohn­dumping wird die Sozialdemokratie niemals zur Verfügung stehen. – Danke schön. (Anhaltender Beifall und Bravorufe bei der SPÖ.)

9.47


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Abgeordnete Belakowitsch. – Bitte.


9.47.38

Abgeordnete Dr. Dagmar Belakowitsch (FPÖ): Herr Präsident! Frau Bundesminister! Werte Kolleginnen und Kollegen! Frau Kollegin Rendi-Wagner, es fällt mir fast schwer, jetzt nichts zu Ihrer Rede zu sagen, obwohl ich mir das eigentlich vorgenommen habe (Zwischenruf bei der SPÖ), aber sie strotzt ja wirklich vor Fehlinformationen. Sie stellen sich hierher und erklären, Mindestsicherungsbezieher seien die Langzeitarbeitslosen in unserem Land. Frau Rendi-Wagner, bitte sprechen Sie nicht mehr zu Sozialmaterien! Sie wissen doch ganz genau, Langzeitarbeitslose bekommen in Österreich Sondernot-


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standshilfe. Das sollten selbst Sie wissen, Sie sind immerhin die Klubobfrau Ihrer Frak­tion. (Beifall bei der FPÖ und bei Abgeordneten der ÖVP. – Zwischenruf des Abg. Stöger.)

Jetzt aber zu dem, was wir heute hier eigentlich zu besprechen haben: die Reform der Mindestsicherung. (Anhaltende Zwischenrufe bei der SPÖ. – Präsident Sobotka gibt das Glockenzeichen.) – Ich weiß ja nicht, warum ihr euch da so aufregen müsst. (Abg. Heinisch-Hosek: Weil Sie die Unwahrheit sagen! – Weitere Zwischenrufe bei der SPÖ.) Offensichtlich ist es euch peinlich, dass eure Klubobfrau nicht einmal weiß, wer was in diesem Land bezieht. Vielleicht könnte man ihr einmal Nachhilfe geben, das wäre wahrscheinlich gar nicht so schlecht. (Beifall bei der FPÖ und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Das ist wahrscheinlich auch der Grund dafür, dass ihr in den Umfragen von Umfrage zu Umfrage weiter runterfallt und immer weiter verliert. Das ist der Grund: Ihr kennt euch überhaupt nicht aus. (Zwischenruf der Abg. Heinisch-Hosek.) Was ihr hier macht, ist, an den Lebensrealitäten der Menschen vorbeireden. Das ist es doch. (Beifall bei der FPÖ und bei Abgeordneten der ÖVP.) Ihr habt euch darauf kapriziert, einigen Großfamilien aus dem Zuwandererbereich das Geld nachzuwerfen, wie das vor allem in Wien passiert ist.

Frau Kollegin Rendi-Wagner, Sie sind ja aus der Wiener Landesgruppe (Abg. Rosenkranz: Noch nicht so lange!): Was haben Sie denn dort unternommen, als Sie von den Missständen im Zusammenhang mit dem Mindestsicherungsgesetz in Wien gehört haben, als Sie das gelesen haben? Ist Ihnen da nicht auch übel geworden? Es hat in Wien Familien gegeben, die 3 000, 4 000 Euro Mindestsicherung bezogen haben (Heiterkeit und Zwischenruf der Abg. Heinisch-Hosek), es hat Zuwanderer gegeben, es hat Asylanten gegeben, die schon längst das Land verlassen haben, aber der Fonds Soziales Wien hat immer noch ausbezahlt. (Zwischenruf des Abg. Plessl.) Was haben Sie im Wiener Landesvorstand dagegen unternommen? – Wahrscheinlich gar nichts. (Beifall bei der FPÖ und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Genau das ist ja das Problem. Warum hat es das Gesetz überhaupt gebraucht? – Wegen der rot-grünen Landesregierung in Wien. Das war nämlich überhaupt die ein­zige in ganz Österreich, die in keiner Art und Weise bereit war, die Missstände aufzu­decken, abzustellen und wieder zu einer normalen Lebensrealität zurückzukommen.

Was glauben Sie denn?! Was soll sich denn ein Alleinverdiener denken, der mit 1 700, 1 800 Euro heimgeht und auch drei Kinder versorgen muss? Was glauben Sie eigentlich, was sich der denkt, wenn er in der Zeitung liest, dass eine Familie mit vier Kindern, asylberechtigt, 3 000 Euro Mindestsicherung erhält? Das entspricht doch keiner Realität mehr! Das ist das, was jetzt abgestellt wird. Genau dafür braucht es diese Reform. (Beifall bei FPÖ und ÖVP.)

Mindestsicherung ist kein Ersatzeinkommen. Mindestsicherung ist für jene Menschen, die in Not geraten sind, sie ist da, um ihnen zu helfen. Genau das machen wir, und genau das ist die Gerechtigkeit, die mit diesem neuen Gesetz geschaffen wird. Jeder von uns kann in die Lage kommen, dass man sich selbst nicht helfen kann, wie etwa durch eine Scheidung, durch eine Krankheit, es gibt zig Gründe, und für diese Menschen soll das soziale Netz gespannt sein und gespannt bleiben. Genau darum geht es. Sie ist aber nicht für irgendjemanden, der glaubt, er muss in das Sozialsystem zuwandern. Das ist das, was Sie gemacht haben! (Beifall bei FPÖ und ÖVP.)

Man hört Berichte, dass die Western Union Bank bekannt gegeben hat, dass alleine im Jahr 2016 nur die syrischen Asylberechtigten 2 Millionen Euro in die Heimat nach Syrien überwiesen haben – da sind noch keine Afghanen, keine Pakistani, keine Marokkaner, keine Ägypter und so weiter dabei. (Abg. Gudenus: Das ist die Umver-


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teilung ... Nahen Osten!) Wenn so viel Geld von unseren Steuermitteln in deren Heimat überwiesen wird, dann haben wir etwas falsch gemacht, dann haben die Leute einfach zu viel Geld im Monat zur Verfügung. (Beifall bei FPÖ und ÖVP. Zwischenruf des Abg. Stöger.)

Das kann nicht der Sinn einer Sozialhilfe sein. Es kann nicht der Sinn der Sozialhilfe sein, dass wir die ganze Welt retten. So tragisch das jetzt ist, aber Österreich ist nicht in der Lage, mit seiner Sozialhilfe die Wirtschaft in all diesen Ländern wieder aufzu­bauen, und das wollen wir auch nicht. (Abg. Gudenus: Die SPÖ schafft das!) Darum ist es ja auch so dringend notwendig, dass es diese Reform gibt.

Jetzt zu den Details: Wer wird denn von der Reform profitieren? Es sind bei­spiels­weise die alleinerziehenden Mütter, die oftmals nicht wissen, wie sie über die Runden kommen – sie bekommen einen Aufschlag. Es sind Menschen mit Beeinträchti­gun­gen – sie bekommen einen Aufschlag. (Abg. Heinisch-Hosek: ... Kannbestimmung!) Frau Kollegin Heinisch-Hosek! Ich weiß ja nicht, welches Problem Sie haben. (Abg. Heinisch-Hosek: ... Kannbestimmung ...!) Können Sie nicht einfach einmal nur zuhören? Sie sind die personifizierte Inkompetenz und glauben, das durch per­ma­nen­tes Reinschreien kompensieren zu müssen. (Beifall bei FPÖ und ÖVP. Zwischenruf der Abg. Heinisch-Hosek.)

Was Sie gemacht haben, ist, dass Sie den Vermögenszugriff reingebracht haben. Die Frist dafür haben wir jetzt verlängert. Wir stehen auch auf dem Standpunkt, dass man es innerhalb von drei Jahren wieder schaffen kann, zurück in den Arbeitsmarkt zu kommen. Der Zugriff auf das Eigenheim, in dem man wohnt, ist für diese Menschen eben nicht mehr gegeben, und ich glaube, das ist auch ein weiterer Fortschritt.

Zu der Kindergeschichte, die Sie hier so aufblasen: Wissen Sie, die einzigen Profiteure waren diese Großfamilien, die dann in Wien sofort eingebürgert worden sind. Das waren die Profiteure Ihres Kinderzuschlags in Wien! Man stellt sich eh die Frage – und das sollte man sich einmal anschauen –, was da in den letzten zehn Jahren in Wien wirklich passiert ist, ob die auch wirklich alle Voraussetzungen erfüllt haben. (Abg. Heinisch-Hosek: ... menschenverachtend!) Dass Menschen aus ganz Österreich nach Wien gezogen sind, weil sie in Wien mehr Mindestsicherung für sich und ihre Familie erhalten haben, als sie beispielsweise in Oberösterreich oder in Tirol hätten verdienen können, ist die Realität. Das wird abgestellt, denn die Bundesregierung ist angetreten, um das System gerecht zu machen. – Das tut sie und dafür herzlichen Dank! (Beifall bei FPÖ und ÖVP. – Ruf bei der FPÖ: Bravo!)

9.53


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Herr Abgeordneter Loacker ist zu Wort gemel­det. – Bitte.


9.53.17

Abgeordneter Mag. Gerald Loacker (NEOS): Herr Präsident! Sehr geehrte Frau Bun­desministerin! Die Zweite Nationalratspräsidentin Bures ist gerade hinausge­gan­gen, und ich hoffe, sie geht mit den Mitgliedern des Deutschen Bundestages jetzt einen Kaffee trinken, denn ich geniere mich heute für das Hohe Haus! (Beifall bei NEOS und SPÖ.) Es geht hier leider oft so zu, geschätzte Damen und Herren!

Was die Bundesregierung uns zum Thema Sozialhilfe und Mindestsicherung erzählt, ist genau das, nämlich eine Erzählung, man könnte es auch als Märchen bezeichnen. Märchen haben oft einen wahren Kern, aber sie sind halt nicht viel mehr als eine Erzählung. Sebastian Kurz und Ministerin Hartinger-Klein stellen sich vor die Bevölkerung und erzählen die Geschichte der Bürger, die arbeiten und die Dummen


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sind, und sie erzählen, dass daran die Ausländer und deren Kinder schuld sind – so weit die Erzählung, so weit das Märchen.

Schaut man sich aber die tatsächlichen Zahlen an, dann sieht man, dass 50 bis 60 Prozent – je nach Bundesland – der Mindestsicherungsbezieher alleinstehend sind. Die Alleinstehenden sind mit großem Abstand die größte Gruppe, und die zweitgrößte Gruppe sind Alleinerziehende mit einem Kind. (Abg. Heinisch-Hosek: Genau!) Die Familien mit den vielen Kindern, die in der Erzählung vorkommen, sind eine super, super Minderheit. (Abg. Belakowitsch: Aber in Wien nicht!)

Das ist aber die Erzählung. Das ist die Geschichte, die uns unsere Geschichten­erzäh­lerin Ministerin und der Geschichtenerzähler Bundeskanzler und der Geschichten­erzähler Klubobmann Rosenkranz hier servieren. (Beifall bei den NEOS und bei Abgeordneten der SPÖ.)

Was die Geschichtenerzähler in ihrer Erzählung auch weglassen, ist das Faktum der Aufstocker. 70 Prozent der Mindestsicherungsbezieher bekommen einen Teil Mindest­sicherung auf einen anderen Bezug aufgestockt. (Abg. Belakowitsch: Nein, 42 Pro­zent, Sie können sich die Zahlen schon einmal anschauen!) Das sind sehr oft Bezüge aus der Arbeitslosenversicherung, weil sie Arbeitslosengeld oder Notstandshilfe be­kom­men, und liegt das unter dem Mindestsicherungsrichtsatz, dann wird aufgestockt. Das sind 70 Prozent (Abg. Belakowitsch: Also im Jahr 2017 waren es 42 Prozent, neuere Zahlen haben wir nicht!), aber das kommt in der Geschichte unserer Erzäh­lerinnen und Erzähler nicht vor. Das, was uns das Erzählerpaar Kurz und Hartinger-Klein hier vorgaukelt, entspricht einfach nicht der Realität. Es ist eine Geschichte, die viele Bürger gerne hören und deswegen wird sie so gerne erzählt. (Beifall bei den NEOS. – Zwischenruf der Abg. Belakowitsch.)

Wollte man eine ordentliche Reform der Sozialhilfe – oder wie man das auch immer betiteln mag –, dann müsste man hin zum liberalen Bürgergeld, nämlich zu einer Leistung aus einer Hand, und nicht dahin, die Menschen zu Bittstellern zu degradieren und sie zu verschiedenen Behörden zu schicken, wo sie überall noch einmal neu ansuchen müssen. Man hätte Mindestsicherung und Notstandshilfe in einem Schwung reformieren müssen, alles andere ergibt keinen Sinn, und das hat auch schon der Rechnungshof 2014 in seinem Bericht geschrieben.

„Der RH verkannte nicht die systembedingt unterschiedlichen Anspruchs­voraus­setzun­gen und Ziele und die sich daraus ergebenden Leistungsunterschiede der Mindest­siche­rung und der Notstandshilfe. Dessen ungeachtet hielt er es für zweckmäßig, insbesondere im Falle längerer Bezugszeiträume eine Harmonisierung beider Systeme zu erwägen. Der RH empfahl daher [...] auf eine Harmonisierung bzw. Überführung in ein einziges Versorgungssystem für jene Fälle, in denen längere Notstandshilfe- bzw. Mindestsicherungsbezugsdauern vorlagen, hinzuwirken.“ – Ja, das kommt alles nicht.

Das, was uns die Regierung bei Erwerbsanreizen kredenzt, ist natürlich auch eine Mogelpackung. In Wahrheit braucht es flexible Zuverdienstgrenzen, weg von alles oder nichts oder niedlichen Boni, die man ausschüttet. Es ist auch niemandem geholfen, wenn Sie Sprachkenntnisse postulieren, die man in vielen Bundesländern unseres Landes gar nicht erwerben kann, denn wenn oana in Vorarlberg ischt, dann lernat a ned so Hochdütsch, dass’r a Prüfung bestoht, aber für d’Boustell langat des allwil (Beifall bei den NEOS) – wenn einer in Vorarlberg ist, lernt er nicht so Hochdeutsch, dass es für eine Prüfung reicht, aber für die Baustelle reicht es allemal. Und gell (in Richtung Abg. Gahr), Hermann, in Tirol is des a so! (Heiterkeit und Beifall bei den NEOS.)

Will man ein System der sozialen Sicherung umsetzen, das es den Bürgerinnen und Bürgern ermöglicht, so schnell wie möglich aus der staatlichen Abhängigkeit heraus-


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zukommen, dann muss man in Richtung liberales Bürgergeld gehen und darf das nicht auf der Ausländergeschichte, auf einer Erzählung aufsetzen.

Ein Nebeneinander von solchen Leistungen ist bürokratisch unsinnig und ist gegenüber den Bezieherinnen und Beziehern dieser Leistungen unfair, weil man sie von Behörde zu Behörde schickt. Und ja, es ist keine leichte Aufgabe, ein neues System zu schaf­fen, es ist keine leichte Aufgabe, Notstandshilfe und Mindestsicherung zusammen­zuführen. Es wäre schwierig, es wäre ein echt großer Wurf. Ich weiß, Geschichten zu erzählen, das geht leichter. (Beifall bei den NEOS und bei Abgeordneten der SPÖ.)

9.58


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Frau Abgeordnete Holzinger-Vogtenhuber ist zu Wort gemeldet. – Bitte.


9.58.27

Abgeordnete Daniela Holzinger-Vogtenhuber, BA (JETZT): Herr Präsident! Ge­schätzte Kolleginnen und Kollegen! Liebe Mitbürgerinnen und Mitbürger! Ja, es ist so weit: Der nächste große Wurf der Bundesregierung zeichnet sich ab. Die Mindest­siche­rung wird wieder zur Sozialhilfe. Anstatt durch bundeseinheitliche Standards die mindeste Absicherung eines menschenwürdigen Lebens festzuschreiben und zu ga­rantieren, anstatt sich zum Ziel zu setzen, Armut und soziale Ausgrenzung zu bekämp­fen, so wie man das auch in der 15a-Vereinbarung zur Bedarfsorientierten Mindest­sicherung getan hatte, anstatt also den erfolgreichen Weg von zwischen 2010 und 2016 weiterzuführen und wieder aufzugreifen, haben sich die Türkisen und die Blauen hingesetzt und das Rad der Zeit weit, weit zurückgedreht.

Sie haben das Rad in eine gute alte Zeit zurückgedreht, in der noch die Armen bekämpft wurden und nicht etwa die Ursachen, die diese Armut hervorrufen. Es war eine sehr einfache und eine sehr selbstgerechte Zeit, in der es auch als Leistung galt, zu reich, zu schön oder aus zu gutem und wohlhabendem Hause zu sein. Aber was ist jetzt mit den Armen, die in dieser Situation sind und auf Hilfe durch die Gemeinschaft angewiesen sind? – Die waren damals selbst schuld, und das sind sie jetzt auch – Punkt.

Die Herren und Damen der Regierung haben nicht nur am Rad gedreht, Sie haben sich zudem auch neue Ziele gesteckt. Und diese neuen Ziele stellen nun an die Stelle von Armutsbekämpfung nur mehr die Unterstützung für Lebensunterhalt und Wohnbedarf; großzügig bereitgestellt natürlich aus Geldern und Mitteln der Sozialhilfe. So etwas wie einen Mindeststandard, wie eine Mindestunterstützung, eine Untergrenze, gibt es nicht mehr. Was es aber dafür gibt, ist eine Obergrenze.

Die uralte neue Sozialhilfe kann aber noch mehr: Durch erhebliche Kürzungen für Menschen, die zu geringe Sprachkenntnisse mitbringen, sagen Sie, wird das Ganze zum Integrationsturbo. Das ist natürlich nicht mit dem Kriminalitätsturbo zu verwech­seln, denn wer zum Leben zu wenig Geld hat oder als Unterstützungsleistung bereit­gestellt bekommt, weil er sich in einer Notsituation befindet, und vielleicht zudem noch zwei kleine Kinder hat, geht natürlich nicht stehlen, sondern wird sich in den nächsten Deutschkurs setzen. Das ist zumindest das, was die Regierung glaubt.

Um aber fair zu bleiben – das Vorhaben ist natürlich nicht nur negativ. Es ist zumindest der Versuch einer bundesweit einheitlichen Regelung, nämlich die neun unterschied­lichen Fleckerlteppiche und neun unterschiedlichen Sozialhilfegesetze zu vereinheit­lichen. Aber, großes Aber – Kollege Loacker möchte an dieser Stelle gerne ansetzen, wie ich seinen Aussendungen der letzten Tage entnehmen konnte –, auch das passiert nicht. Es werden lediglich Obergrenzen festgeschrieben. Den Bundesländern steht es aber, so wie es aktuell festgeschrieben ist, in ihrer Ausführungsgesetzgebung völlig frei


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und beliebig zu, diese Obergrenze zu unterschreiten, nämlich Sachleistungen, wie auch immer geartet, zur Verfügung zu stellen, um damit wiederum einen Fleckerl­teppich aus neun unterschiedlichen Länderregelungen zu schaffen. Und am Ende des Tages wird es die Postleitzahl sein, die wiederum den Grad der Unterstützung, der finanziellen Unterstützung bestimmen wird.

Das Problem also bleibt dasselbe, es wird nur verschlimmert. Wozu es am Ende des Tages führen wird, ist keine bundeseinheitliche Lösung, sondern ein Wettbewerb der Bundesländer untereinander, wer unattraktiver für Zuwanderer ist, wer unattraktiver für Menschen ist, die sich in einer Notsituation befinden; ein race to the bottom, könnte man auch sagen.

Die blauen Kürzungsfantasien sind ja für die Länder keine Grenze, nein, es gibt sogar die Möglichkeit, diese Obergrenze, die festgeschrieben ist, beliebig mit Sachleistungen und dementsprechend zusammengesetzten Sach- und finanziellen Leistungen zu unterschreiten. Jene Länder, die Ihre Vorgabe annehmen, werden am Ende des Tages jene sein, die dieses race to the bottom gewinnen; dann, Kollege Wöginger, könnte wiederum der Weg nach Wien angetreten werden. Ich gehe davon aus, dass dieses Beispiel aus der Luft gegriffen war. Selbst Sie haben den Weg nach Wien angetreten. (Zwischenruf des Abg. Wöginger.)

Ich möchte hier aber schon betonen: Wenn wir wieder eine Situation haben werden, in der Menschen, die in einer Notsituation sind, in jene Bundesländer getrieben werden, in denen noch ein Mindestmaß an Unterstützung für ein menschenwürdiges Leben gewährleistet ist, dann ist die aktuelle Situation nichts anderes, als sie vorher gewesen ist, und stellt keine Verbesserung in diesem Sinn dar. (Beifall bei JETZT.)

Um zum Schluss zu kommen: Das Thema dieser Aktuellen Stunde der FPÖ ist meiner Meinung nach denkbar schlecht gewählt. Wir haben erst am 15. April ein öffentliches ExpertInnenhearing zur Mindestsicherungsreform und dem möchte zumindest ich nicht vorgreifen. Dementsprechend hoffe ich natürlich noch auf Verbesserungen, die wir vielleicht gemeinsam erreichen können, und deshalb möchte ich es auch vermeiden, zu sagen, was ich aktuell wirklich über diese Vorlage denke. – Vielen Dank. (Beifall bei JETZT.)

10.04


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Frau Abgeordnete Grünberg ist zu Wort gemel­det. – Bitte.


10.04.48

Abgeordnete Kira Grünberg (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Geschätzte Frau Minister! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Liebe Zuseherinnen und Zuseher! Mit dem Sozialhilfe-Grundsatzgesetz oder – umgangssprachlich – mit der Mindestsicherung Neu wird ein weiteres Vorhaben des aktuellen Regierungsprogramms umgesetzt. Das vorrangige Ziel dabei ist, die wesentlichen Grundsätze der Sozialhilfe neu zu regeln und österreichweit zu harmonisieren. Es ist notwendig geworden, die entsprechenden Regelungen an die aktuelle Situation anzupassen, weil sich in den vergangenen Jahren doch einiges verändert hat.

Zudem kennen wir alle den Aufwand und die Unübersichtlichkeit, die neun ver­schie­dene Regelungen in unseren neun Bundesländern mit sich bringen. Am eigenen Leib und sehr direkt erfahre ich das bei der persönlichen Assistenz für Menschen mit Behinderungen. Auch diesbezüglich gibt es in den neun Bundesländern ganz unter­schied­liche Regelungen. Eine bundesweit einheitliche Regelung oder Harmonisierung ist keineswegs eine Absage an die Länder. Ganz im Gegenteil: Die Bundesländer spielen hierbei eine wesentliche Rolle, sie haben in der Ausführungsgesetzgebung


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einiges an Handlungsspielraum und viel an Verantwortung. Ein kleinster gemeinsamer Nenner macht sehr viel Sinn. (Abg. Vogl: Wo ist der gemeinsame Nenner?) Es wird in diesem Bereich nun also erstmals ein Grundsatzgesetz geschaffen, verbunden mit der Einführung einer neuen Statistik zur Sozialhilfe. Nur so können informierte und faktenbasierte Entscheidungen getroffen werden.

Das neue Sozialhilfe-Grundsatzgesetz gewährt besonders schützenswerten Personen­gruppen, wie zum Beispiel Menschen mit Behinderungen oder Alleinerziehenden, Zu­schläge. Die gesetzten Maßnahmen für diese besonders schützenswerten Personen­grup­pen möchte ich an dieser Stelle ganz besonders hervorstreichen. In den vergan­genen Wochen und Monaten wurde leider viel zu oft nach dem Motto: Alles wird schlechter!, Unsicherheit geschürt. Viele Menschen mit Behinderungen haben sich voller Angst und Verunsicherung an mich gewandt. Eine reißerische Schlagzeile wird schnell für bare Münze genommen und leider nicht weiter hinterfragt. Übrig geblieben ist gefährliches Halbwissen, das keinem von uns nützt.

Noch lange bevor die Verhandlungen zur Mindestsicherung Neu tatsächlich begonnen hatten, wussten manche schon alles, und das anscheinend auch noch besser. Ganz besonders schockiert hat mich eine Aussage der vergangenen Tage. Ich zitiere: „Ist es jetzt ein Bonus, behindert zu sein“? – Und das aus dem Mund einer Soziallandesrätin. Solche Ausführungen möchte ich gar nicht weiter kommentieren, denn das ist für mich einfach nur beleidigend. (Beifall bei ÖVP und FPÖ.)

Es sollte allen klar sein, dass Menschen mit Behinderungen einen Mehraufwand und mehr Kosten in ihrem Alltag zu bewältigen haben. Ich finde es mehr als legitim, diese mit öffentlichen Mitteln auszugleichen.

Zurück zur eigentlichen Sache: Menschen mit Behinderungen erhalten in Zukunft einen Mindestsicherungszuschlag von 18 Prozent des Netto-Ausgleichszulagenrichtsatzes, das entspricht 160 Euro pro Monat. Das war ursprünglich eine Kannbestimmung und wurde nun zu einer Mussbestimmung. Das bedeutet also, dass die Bundesländer diese 18 Prozent mehr für Menschen mit Behinderungen zahlen müssen. (Beifall bei ÖVP und FPÖ.)

Das Grundsatzgesetz stellt außerdem klar, dass die erhöhte Familienbeihilfe unberührt bleibt. Auch wird den Ländern die Möglichkeit eingeräumt, für Menschen mit Behin­derungen eigene Bedarfsgemeinschaften einzurichten, denn nur so können die diversen Wohn- und Lebensformen den Bedürfnissen von Menschen mit Behinderun­gen gerecht gemacht werden. Des Weiteren können Menschen mit Behinderungen von der Haushaltsdeckelung ausgenommen werden. Sie sollen ihre Leistung ungekürzt erhalten. Diese Regelungen im Kontext von Behinderung sind schon alleine deshalb bemerkenswert, weil sie tatsächlich ein Novum sind. In der früheren 15a-Vereinbarung war diesbezüglich überhaupt keine Regelung enthalten.

Was zum Beispiel auch gehörlosen Menschen große Sorge bereitet hat, war das Er­brin­genmüssen eines Nachweises der Sprachkompetenz. Das ist auch geklärt, dieser entfällt, und auch Menschen mit komplexen Kommunikationsstörungen sind vom Nach­weis der Sprachkompetenz ausgenommen.

Abschließend halte ich fest, dass im Bereich Behinderung substanziell nachgebessert und auf die Stellungnahmen der Interessenvertretungen gut eingegangen worden ist. Herbert Pichler, der Präsident des Österreichischen Behindertenrates, hat das be­stätigt. Bei ihm möchte ich mich stellvertretend für alle bedanken, die sich intensiv in den Gesetzwerdungsprozess eingebracht haben. – Vielen Dank. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der FPÖ.)

10.10



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Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Herr Abgeordneter Muchitsch ist zu Wort gemel­det. – Bitte.


10.10.46

Abgeordneter Josef Muchitsch (SPÖ): Sehr geschätzte Damen und Herren! Herr Prä­sident! Frau Bundesministerin! Ich habe jetzt allen Rednern ohne dazwischen­zurufen zugehört, weil es mir wichtig ist, zu erkennen, was die Motive für dieses geplante neue Gesetz sind.

Ich bin in einer Zeit großgeworden, in den Siebziger- und Achtzigerjahren, als hier in diesem Haus Gesetze gemacht worden sind, die Kinderarmut beseitigt haben. Umso mehr ist es für mich heute ein sehr schlimmer Tag, wenn ich zuhören muss, wie wieder über die Ausländerkarte versucht wird, Dinge schönzureden und den Menschen draußen vor den Fernsehschirmen Sand in die Augen zu streuen, damit sie nicht sehen, was dieses neue Gesetz tatsächlich an Armut auslösen wird.

Ich bin Herrn Klubobmann Rosenkranz, der jetzt leider nicht hier ist (Abg. Rosenkranz – mit Bundesministerin Hartinger-Klein sprechend –: Ach so, hier bin ich! Hallo! Zu deiner Linken!) – zu meiner Linken; es wäre schön, wenn du einmal so handeln würdest –, dankbar, dass er dieses Thema heute eingebracht hat, weil uns das vor dem Hearing und vor der Beschlussfassung Ende April die Möglichkeit gibt, noch einmal unsere Positionen darzulegen. Vielleicht besteht auch die Möglichkeit, doch etwas mehr an Veränderung an diesem Gesetz herbeizuführen, als es der Ministerrat in seinem Vortrag am 28. November – oder mit zwei kleinen Änderungen am 15. März dieses Jahres – getan hat.

Der Titel „Mindestsicherung NEU – mehr Fairness für uns Österreicher statt Zuwan­derung in das Sozialsystem“ ist nur etwas falsch gewählt, Herr Rosenkranz. Er ist insofern falsch gewählt, als er – wenn es nach dem Geschäftsführer der Caritas, Herrn Bodmann, geht – richtig heißen müsste: Mindestsicherung Neu: Armutsbeschleuniger und -verfestiger. Das ist nur ein Zitat aus 142 Stellungnahmen, von denen es lediglich drei nicht so kritisch wie alle anderen sehen: Das war die Wirtschaftskammer, das war die Industriellenvereinigung und das war das Land Niederösterreich. (Abg. Heinisch-Hosek – in Richtung des mit Bundesministerin Hartinger-Klein sprechenden Abg. Rosenkranz –: Können Sie zuhören? – Abg. Greiner: Unmöglich!) – Herr Klubobmann Rosenkranz, offenbar ist es nicht wichtig, welche Position wir als Opposition in dieser Aktuellen Stunde beziehen.

Ich muss die Kollegen und Kolleginnen von FPÖ und ÖVP – wenn Sie sich schon hier herausstellen und von Fairness und Gerechtigkeit sprechen – schon fragen: Ist es fair und gerecht, eine Politik zu machen, bei der Arme noch ärmer werden? (Abg. Belakowitsch: Stimmt ja nicht!) Ist es fair und gerecht, eine Politik zu machen, bei der Ihnen eine Sozialleistung ab dem dritten Kind nur mehr 44 Euro wert ist? (Abg. Belakowitsch: Stimmt ja nicht! In welchem Kollektivvertrag gibt es das?)

Jetzt kann man hergehen und sich durchaus auch einmal das Argument von Klubob­mann Wöginger und das Argument der Frau Sozialministerin anschauen, die behaup­ten, es sind 133 Euro pro Kind. Rechnen wir zusammen: für das erste Kind 221 Euro, für das zweite Kind 139 Euro, für das dritte Kind nur mehr 44 Euro, dividiert durch drei, dann sind wir bei 133 Euro. Ich frage jetzt die Jugend (in Richtung Galerie), die da oben sitzt, ich frage die jungen Menschen zu Hause vor den Fernsehschirmen (Abg. Rosenkranz: Plus Familienbeihilfe!), die sich das jetzt ausrechnen können: Ist es möglich, mit 133 Euro pro Monat ein Kind zu versorgen? (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Hauser: Plus Familienbeihilfe! Du sagst immer nur die halbe Wahrheit!) Ist es möglich, diese Kinder am Musikunterricht, an Schulexkursionen teilhaben zu lassen und ihnen


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Verpflegung – Essen – und Wohnen zu ermöglichen? Ist das möglich? (Abg. Rosenkranz: Beppo Muchitsch, es gibt auch Familienbeihilfe!)

Wir haben 2010 für die Mindestsicherung ganz bewusst (Ruf bei der ÖVP: Warum immer nur halb informieren?), gemeinsam mit der ÖVP, den Titel Mindestsicherung gefunden – weg von der Sozialhilfe –, weil Sozialhilfe so ein Wort ist, das Sie hier auch verwenden, und dann, Frau Ministerin, noch behaupten: Die wollen nicht arbeiten, die das beziehen, wollen nicht arbeiten! (Abg. Heinisch-Hosek: Das ist ein Wahnsinn! – Abg. Greiner: Sehr zynisch! Sehr zynisch!)

Das ist ja unglaublich! Wissen Sie, warum? – Weil von den 308 000 Menschen, die Mindestsicherung beziehen, 86 000 Menschen arbeitslos sind. Die sind aber nicht freiwillig arbeitslos. Alle anderen sind Aufstocker, das sind Frauen, die arbeiten, die einen Teilzeitjob haben, das sind Menschen, die krank sind, das sind Menschen, die in Pension sind, das sind Menschen, die eine Behinderung haben. (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Greiner: So schaut’s aus! – Zwischenruf des Abg. Wöginger.)

Sie stellen sich hierher und sagen, die wollen nicht arbeiten. Frau Belakowitsch geht hierher und sagt, dass das keine Langzeitarbeitslosen sind. Da sind sehr wohl Men­schen dabei, die arbeiten wollen und keinen Anspruch auf eine andere Leistung haben. Fakt ist, die Sozialhilfe Neu führt letztendlich dazu, dass die Armut in diesem Land steigt. (Abg. Rosenkranz: Verarmung?) Das hat sich ein Land mit einem interna­tionalen Ansehen wie Österreich nicht verdient.

Letztes Argument: Schauen Sie, Herr Rosenkranz, wenn 977 Millionen Euro aus dem Budget für die Mindestsicherung aufgewendet werden – Zahlen aus dem Jahr 2017 –, dann sind das 0,9 Prozent sämtlicher Sozialausgaben dieser Republik. 3 Prozent der Menschen, die sich legal in Österreich aufhalten – und nicht illegal, wie es Herr Rosenkranz gesagt hat –, beziehen 0,9 Prozent sämtlicher Sozialausgaben dieser Republik; und dann ist es Ihnen nicht wert, das auch dementsprechend zu verbessern, nein, Sie fahren es noch hinunter. (Abg. Rosenkranz: Auch nicht! Aber es kann schon Herr Leichtfried nicht richtig zuhören bei Ministerräten!)

Mein Appell, meine Bitte an Sie, an ÖVP und FPÖ: Denken Sie in den nächsten vier Wochen wirklich noch einmal darüber nach, ob Sie die Kinderarmut in diesem Land weiter verstärken wollen! Bitte tun Sie es nicht! (Beifall bei der SPÖ.)

10.17


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Ich darf die Mentoring-Gruppe aus Kärnten recht herzlich begrüßen. (Allgemeiner Beifall.)

Zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Gudenus. – Bitte.


10.17.57

Abgeordneter Mag. Johann Gudenus, M.A.I.S. (FPÖ): Herr Präsident! Herr Kollege Muchitsch, kurz zu dir: Das, was du gesagt hast, ist ein Musterbeispiel dafür, wenn man die Märchen, die man erzählt, auch selbst glaubt. So viele Fehlinformationen: zum Beispiel zu sagen, dass großteils arbeitende Menschen betroffen sind. Nur 8 Prozent der Aufstocker arbeiten auch, Herr Kollege Muchitsch (Abg. Muchitsch: Kranke, Be­hinderte, Pensionisten!), das solltest du als Sozialexperte wissen. Anscheinend gibt es diesbezüglich auf deiner Seite Nachholbedarf, denn nur 8 Prozent arbeiten wirklich. (Beifall bei der FPÖ und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Ich komme noch einmal zu dir zurück, aber zuerst einmal ein herzliches Dankeschön an Frau Bundesministerin Hartinger (Zwischenrufe bei der SPÖ), denn Frau Bun­des­ministerin Hartinger ist die Sozial- und Gesundheitsministerin, die seit über einem Jahr, seit 15 Monaten, die wirklich heißen Eisen der Sozial- und Gesundheitspolitik nicht nur


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anpackt, sondern erfolgreich löst. (Beifall bei der FPÖ und bei Abgeordneten der ÖVP. – Abg. Loacker: Und sich jedes Mal die Finger dabei verbrennt!) Danke sehr, Frau Ministerin, beherzt packst du die heißen Eisen an!

Heute diskutieren wir das Sozialhilfe-Grundsatzgesetz, das auch so ein heißes Eisen ist. Zwei Anreize werden mit diesem Gesetz gesetzt: ein Integrationsanreiz – ganz klar, mit den Deutschprüfungen, die verlangt werden – und ein Arbeitsanreiz; aber auch ein dritter, ganz wichtiger Anreiz, nämlich ein Anreiz für Sozialzuwanderer aus dem Ausland, nicht mehr nach Österreich zu kommen. Auch das ist ein Erfolg des neuen Sozialhilfegesetzes. Danke sehr, Frau Ministerin! (Beifall bei der FPÖ und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Die SPÖ spricht immer von Armutsbekämpfung. Wissen Sie, was Sie in den letzten Jahren in Österreich und vor allem im rot-grünen Wien gemacht haben? – Sie haben die Armut vermehrt. (Widerspruch bei der SPÖ.) Sie haben zu den 420 000 Menschen, die bis zum Jahr 2015 im rot-grünen Wien schon in Armut gelebt haben, noch einige Zehntausend Leute mehr, die arm sind, nach Wien geholt. Mindestens zwei Drittel der Asylwerber, die seit 2015 in Österreich gelandet sind, sind nach Wien gegangen. Und warum wohl? – Wegen des Pullfaktors Mindestsicherung im rot-grünen Wien.

Das wird hiermit abgestellt, meine sehr geehrten Damen und Herren! Das ist ein großer Erfolg dieser Koalition, und darüber kann man auch gerne reden. (Beifall bei FPÖ und ÖVP.)

Nur ein paar Beispiele, kommen wir zu ein paar Zahlen – ich möchte Sie nicht allzu lange langweilen, aber mit Zahlen lässt sich ein System ja gut darstellen –: Wien, Stand 2018, Gesamtzahl Bezieher Mindestsicherung 130 000, davon 46 800 Asyl­wer­ber und subsidiär Schutzberechtigte, also 35 Prozent. Das sind die Zahlen aus dem Jahr 2018.

Gehen wir zurück zu den Highlights von 2017: Gesamtzahl 150 000, Staatsbürger 73 000, Staatenlose beziehungsweise Personen mit unbekannter Staatsbürgerschaft 21 000, also 14 Prozent Staatenlose beziehungsweise Personen mit unbekannter Staatsbürgerschaft. Dafür müssen die Österreicher aufkommen! Man fragt sich nur, warum. Doch genau mit diesem System des strukturellen Sozialmissbrauchs wird Schluss gemacht, dafür sorgen wir in dieser Regierung. – Danke, Frau Sozialminis­terin! (Beifall bei der FPÖ und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Wien, nämlich das rot-grüne Wien, diese Stadtregierung, eigentlich eine Fremdherr­schaft über Wien, hat sich in den letzten Jahren als Weltsozialamt beziehungsweise als Magnet für Massenzuwanderung dargestellt. – Damit wird endlich Schluss gemacht, meine sehr geehrten Damen und Herren! Wir machen diesem strukturellen Sozialmiss­brauch und Machtmissbrauch einen Strich durch die Rechnung, und das ist gut so, meine sehr geehrten Damen und Herren! (Beifall bei der FPÖ und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Noch eine Zahl, gehen wir zu den Kosten der Mindestsicherung im Jahr 2010: Damals waren es noch 283 Millionen Euro in der Stadt Wien. 2017 waren es 960 Millionen Euro. – Der Budgetvoranschlag der Stadt Wien 2017 hat gezeigt, dass bis zum Jahr 2022 1,6 Milliarden Euro an Kosten nur für die Mindestsicherung erwartet werden. Das sind rund 15 Prozent des Gesamtbudgets der Stadt Wien.

Damit muss Schluss gemacht werden! Es kann nicht sein, dass so viel Geld für illegale Zuwanderer – wie Sie richtig gesagt haben – aufgewendet wird, die sich nicht inte­grieren wollen, die den radikalen Islamismus in Wien verbreiten wollen und im Endef­fekt die Gesellschaft unterminieren wollen. Nein! Damit muss Schluss sein! Damit wird


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Schluss gemacht, meine sehr geehrten Damen und Herren! (Beifall bei der FPÖ und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Rechnungshofbericht 2017: Der Rechnungshof beanstandet, dass auch Personen, die keinen Lichtbildausweis vorweisen, monatlich 837 Euro Mindestsicherung bekämen. Die zuständige Magistratsabteilung MA 40 habe zudem nur 63 Prozent der zur Kon­trolle vorgeschriebenen Akten tatsächlich intern geprüft – es wurden also nur 63 Pro­zent intern geprüft. Zudem sei bei vielen Akten jede Kontrolle unmöglich, weil sie verschollen seien, sagt der Rechnungshof, und das in Wien, im rot-grünen Wien, im Zentrum des strukturellen Sozialmissbrauchs.

Das sagt der Rechnungshof, meine sehr geehrten Damen und Herren: Bei 30 000 Akten fehlen noch die Angaben über die Staatszugehörigkeit. Auch an Nicht-Österreicher, deren Aufenthaltsbewilligung abgelaufen ist, wird monatelang Sozialgeld ausgeschüt­tet. 27 Kinder waren nicht auffindbar.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Damit machen wir jetzt Schluss. Wir sorgen für mehr Fairness, für mehr Gerechtigkeit. Wir werden auch dafür sorgen, dass das rot-grüne System des Sozialmissbrauchs in Zukunft keine Chance mehr hat, weiter sein Unwesen zu treiben! (Beifall bei der FPÖ und bei Abgeordneten der ÖVP.)

10.23


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Herr Abgeordneter Schellhorn ist zu Wort ge­meldet. – Bitte.


10.23.50

Abgeordneter Josef Schellhorn (NEOS): Herr Präsident! Geschätzte Frau Minister! Ich konstatiere oder muss zur Erkenntnis kommen, dass Ihre Rede – wie Kollege Loacker auch gesagt hat – wahrscheinlich nicht mehr als 1,50 Euro gekostet haben kann. Das, was Kollege Gudenus von sich gegeben hat, war deutlich billiger. (Heiter­keit und Beifall bei NEOS und bei Abgeordneten der SPÖ.)

Die Rede war an Zynismus nicht zu überbieten. Das ist einmal Grundsatz Nummer eins: Wenn Sie – und in Ihrer Rede als Ministerin repräsentieren Sie auch Österreich – von ausländischen Wirtschaftsflüchtlingen sprechen, dann scheint Ihnen nicht bewusst zu sein, welche Probleme in diesem Land wirklich herrschen! (Abg. Belakowitsch: Sie haben keine Ahnung, welche Probleme es hier gibt! Gehen Sie einmal in einen Ge­meindebau!)

In diesem Land herrschen andere Probleme, auch ein Fachkräftemangel. Wir brauchen einen qualifizierten Zuzug. All das sind Probleme, die die Unternehmen in diesem Land auch beschäftigen. (Abg. Stefan: Das ist doch nicht widersprüchlich!) Wir brauchen hier aber nicht ein Thema, das Sie sozusagen immer wieder aufbringen, nämlich das Thema der Angst und der Angstmache. – Das ist einmal das Grundproblem. (Abg. Belakowitsch: Welche Angst?)

Wenn Kollege Rosenkranz davon spricht - - Es gab ja zwei wirkliche Schlagwörter bei meinen Vorrednern, nämlich den sogenannten Sozialtourismus und dass der, der arbeitet, nicht der Dumme sein darf. Diese zwei Schlagwörter gibt diese Regierung immer wieder von sich. Das ist ja auch das Kernproblem: Wer arbeitet, der darf nicht der Dumme sein. Der Grund dafür ist, dass Sie es auch in dieser Legislaturperiode nicht schaffen, dass die Mitarbeiter mehr verdienen und weniger kosten. (Abg. Gudenus: Mister Ahnungslos!) Es ist einfach auch ein Grundproblem, dass Sie die kalte Progression fortschreiben und Mitarbeiter – etwa der Tischler, von dem Sie sprechen, mit 1 600 oder 1 700 Euro, wovon er nichts sieht – brutto zu viel kosten, ihnen aber netto zu wenig übrig bleibt. Das ist eines der Probleme.


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Darum bringen Sie solche Themen auf und sagen: Wer arbeitet, darf nicht der Dumme sein! – Nein: Für jemanden, der arbeitet, muss es sich auch lohnen! (Abg. Stefan: Das ist doch kein Widerspruch! Themaverfehlung!) Aber das schaffen Sie nicht! Diese Problematik schaffen Sie nicht! (Abg. Rosenkranz: Doch! Aber nicht mit diesem Gesetz! Wir sind bei einem anderen Thema!)

Zum zweiten Punkt, Sozialtourismus, und zu dem, was Kollege Wöginger angebracht hat: Was haben denn die NEOS die ganze Zeit gesagt? (Abg. Gudenus: Wer sind die NEOS? Wer ist das?) Die NEOS haben die ganze Zeit, auch in der letzten Legislaturperiode, ein Konzept vorgestellt, in dem auch eine Residenzpflicht enthalten ist. Das hat Beate Meinl-Reisinger auch immer klar gesagt: Man braucht eine Resi­denzplicht. – Das haben Sie nicht geschafft. Sie haben Ihre Probleme wieder an die Länder abgeschoben. Was kommt dabei heraus? – Dass es bei den Ländern auch verschiedene Soziallandesräte gibt, und jetzt könnte man einmal weiterdenken - - (Abg. Rosenkranz: Wie wollen Sie es bei einem Grundsatzgesetz? Wir arbeiten verfassungskonform!) – Sie waren dran, und jetzt bin ich dran! (Abg. Rosenkranz: Sie können doch nicht wider besseres Wissen solche Sachen erzählen!) Sie waren dran, und jetzt bin ich dran! Ich habe Sie zuerst auch nicht unterbrochen, ich habe Ihnen genau zugehört!

Gehen wir jetzt einmal von dem Beispiel Oberösterreich aus. Dort hätte man eventuell einen Soziallandesrat, der von der FPÖ ist. Was macht dieser? – Der macht etwas ganz anderes als etwa der Soziallandesrat in Niederösterreich, in Kärnten, in der Steiermark, vielleicht auch in Salzburg oder wo auch immer – da findet das auf diese zynische Art und Weise statt. Damit, das auf die Länder zu schieben, haben Sie das Problem nicht gelöst, sondern dieser Pullfaktor wird weiterhin bestehen, solange Sie nicht eine Residenzpflicht einführen. Das ist halt einmal das Thema, da können Sie nicht aus! (Beifall bei den NEOS.)

Was Sie machen, ist, einfach mit der Angst zu spielen. Das ist Ihre polemische Art, Regierungspolitik zu betreiben! Das ist auf der anderen Seite auch falsch. (Zwi­schen­rufe der Abgeordneten Rosenkranz und Gudenus.)

Es wird jetzt zum Beispiel Ausführungsgesetze in den Ländern geben, die besagen, in welcher Höhe und ob sie AlleinerzieherInnen einen Bonus gewähren. Das kann von Land zu Land unterschiedlich sein. Zum Beispiel: Wen Sie überhaupt von der Sozial­hilfe ausschließen, kann von Land zu Land unterschiedlich sein. Stimmt das? – Ja. Das heißt: Hier kommt auch ein Wettbewerb dazu und wird das Problem nicht gelöst. Das Problem würden Sie lösen, wenn Sie wirklich einen Arbeits- und Qualifizierungsbonus schaffen. Dieser Arbeits- und Qualifizierungsbonus muss auch wirklich gelebt werden! Das haben Sie faktisch abgestellt, diesbezüglich haben Sie nichts getan. Sie haben nur gesagt, dass ein Bonus zusteht, wenn jemand brav Deutsch lernt. Gleichzeitig werden aber die Deutschkurse eingeschränkt. Das ist das Kernproblem. Sie wollen gar nicht, Sie wollen nur polemisch in diesem Land Angst verbreiten! Das ist Ihr Thema. (Beifall bei den NEOS.)

Schade eigentlich, schade für die Bürger in Österreich, schade für die Unternehmen, die händeringend Fachkräfte suchen, weil wir Zuzug brauchen, schade für alle Steuer­zahlerinnen und Steuerzahler.

Letzter Punkt: Kollege Wurm, der jetzt leider nicht da ist – doch, da kommt er! –, hat von dem Datensalat 2015 in dieser Causa gesprochen. Im Hinblick darauf hat er Ihren Vorgängern Stöger und Hundstorfer den Kopf gewaschen. – Wir haben es bis heute nicht geschafft, dass wir diesen Datensalat aufdröseln, um Daten zu haben. (Abg. Rosenkranz: Wir gehen aber verfassungskonform vor!) Auch das ist eines Ihrer Versäumnisse! Sie spielen nur mit der Angst! Peinlich, peinlich, peinlich! (Beifall bei


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den NEOS. – Abg. Rosenkranz: Die NEOS haben bereits die Verfassung in Österreich abgeschafft! – Abg. Gudenus: Sie wollen ja Österreich abschaffen! – Abg. Rosenkranz: Ah ja, stimmt auch! – Weitere Zwischenrufe bei der FPÖ.)

10.29


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Rossmann. – Bitte.


10.30.00

Abgeordneter Mag. Bruno Rossmann (JETZT): Herr Präsident! Hohes Haus! (Unruhe im Saal.) Sind Sie jetzt bereit, mir zuzuhören? (Zwischenruf des Abg. Rosenkranz.) Das würde mich freuen, und es würde Ihnen, glaube ich, sehr guttun! Lauschen Sie also, was ich zu sagen habe!

Wir sprechen bei der Bedarfsorientierten Mindestsicherung über das unterste soziale Auffangnetz in unserem Lande, und die Aufgabe dieses untersten sozialen Auffang­netzes muss wohl darin bestehen – wenn man Sozialpolitik betreiben will, die diesen Namen verdient –, allen Menschen, die auf diese Mindestsicherung angewiesen sind, eine gesellschaftliche Teilhabe und damit auch ein Leben in Würde zu gewährleisten.

Stellen wir uns jetzt die Frage, ob diese Mindestsicherung Neu diesen Ansprüchen gerecht wird. – Ich würde sagen: Nein! Was wird nämlich hier getan? – Mindest­siche­rung Neu kürzt. Sie kürzt nicht nur, das ist richtig, aber in entscheidenden Punkten wird gekürzt, etwa bei Familien mit Kindern. Das ist nun einfach so, das kann man drehen und wenden, wie man will: Das dritte Kind bekommt nur mehr 43 Euro, und das verschärft die Kinderarmut. Alle Rechenkünste, die Sie anstellen, können nicht darüber hinwegschwindeln, Herr Gudenus! (Abg. Gudenus: Sie können nicht rechnen, peinlich, peinlich!)

Außerdem gibt es – auch das kann man nicht wegreden – massive Einschränkungen und Kürzungen für Zuwanderer mit schlechten Deutschkenntnissen. Gleichzeitig aber, meine Damen und Herren von der FPÖ und von der ÖVP, kürzen Sie die budgetären Mittel für Deutschkurse. – Einschnitte dieser Art im untersten sozialen Netz habe ich in den letzten Jahrzehnten mit Sicherheit nicht erlebt. Mit diesen Kürzungen werden Menschen noch weiter in den Abgrund getrieben.

Das Ziel muss es aber sein, Existenz zu sichern und Chancen zu fördern, aber damit hat die Regierung nichts im Sinn! Die Chancen von Kindern werden verschlechtert. – Das nennen Sie soziale Gerechtigkeit zurückbringen, Frau Ministerin? Familien werden krankmachenden Lebensbedingungen ausgesetzt. – Das nennen Sie soziale Gerech­tigkeit, Frau Ministerin? (Abg. Neubauer: Das ist Unsinn!) Menschen werden bis weit in die Mittelschicht hinein in ein drohendes Almosenregime getrieben. – Das nennen Sie soziale Gerechtigkeit? Das nennen Sie Fairness? – Nein!

Ich frage mich immer wieder, welches Problem diese Regierung mit Armen hat. Was nämlich tut die Regierung – und das ist ja nicht die erste Maßnahme dieser Art? – Sie bekämpft die Armen im Land und nicht die Armut. Die Aufgabe wäre es aber, die Armut zu bekämpfen. So, wie Sie das anlegen, geht das aber nicht: Wenn Sie in vorgelagerten Bereichen immer wieder eine Politik betreiben, die darauf ausgerichtet ist, alles zu tun, um Menschen in diese sozialen Netze zu treiben, dann darf man sich nicht wundern, wenn es dort immer mehr Menschen werden!

Einige dieser Maßnahmen kann man ja rasch erwähnen: Indexierung der Familien­beihilfen für Kinder in der EU und in Drittstaaten, Streichung der Aktion 20 000, Kür­zungen von Deutschkursen, wie ich bereits erwähnt habe. Dazu kommen Maßnahmen, die geplant sind, etwa die geplante Abschaffung der Notstandshilfe. Es droht nach wie vor Hartz IV. Das letzte Tüpfelchen auf dem i war allerdings der von Innenminister Kickl


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angekündigte Stundenlohn für Asylwerber in der Höhe von 1,50 Euro, und der Kanzler applaudiert und stimmt zu! – Ich finde das äußerst unanständig, ja ich finde das men­schenverachtend!

Mit dieser Politik, meine Damen und Herren von ÖVP und FPÖ, spalten Sie, spielen Sie Arme gegen Arme und Inländer gegen Ausländer aus! Damit tun Sie alles, nur nicht eine Politik betreiben, die im Sinne einer modernen Sozialpolitik ist und im Sozialbereich eine existenzsichernde Grundsicherung für alle schafft. Das Ziel einer modernen Mindestsicherung würde aber darin bestehen, Grundrechte statt Almosen, Grundrechte mit ausreichenden Mitteln für ein menschenwürdiges Leben zu schaffen, Chancen zu schaffen statt Abstieg, sozialen Ausgleich zu schaffen anstatt zu spalten und zu hetzen und Achtung zu schaffen statt zu beschämen.

Wir diskutieren hier über das unterste soziale Auffangnetz, über Mittel in der Größen­ordnung von 1 Milliarde Euro. Würde die Politik und würden der Herr Kanzler und der Herr Finanzminister mehr tun, um die Steuerflucht von Großkonzernen zu stoppen, dann könnten wir uns eine soziale Politik leisten, welche die von mir genannten Bedin­gungen erfüllt.

Schauen wir also darauf, dass diese sozialen Netze das sind, was sie sein sollen: da zur Sicherung der Existenz von Menschen und eines menschenwürdigen Lebens. Schauen wir darauf, dass wir eine Politik betreiben können, die zu null Armut führt und nicht dort kürzt, wo nicht gekürzt werden soll! – Danke sehr. (Beifall bei JETZT und bei Abgeordneten der SPÖ.)

10.35


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Ich darf die Schülerinnen und Schüler der Neuen Mittelschule Neunkirchen recht herzlich bei uns im Hohen Haus begrüßen. – Herzlich willkommen! (Allgemeiner Beifall.)

Zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Bißmann. – Bitte.


10.36.08

Abgeordnete Dipl.-Ing. (FH) Martha Bißmann (ohne Klubzugehörigkeit): Guten Morgen, Herr Präsident! Guten Morgen, Hohes Haus! Liebe Bürgerinnen und Bürger! Frau Ministerin! Kolleginnen und Kollegen! Ich würde mich sehr gerne hier ans Red­nerpult stellen und unserer Regierung Applaus spenden für eine progressive, huma­nistische und nachhaltige Politik, die unser schönes Land Österreich fit macht für die Zukunft. (Beifall des Abgeordneten Schmuckenschlager.)

Bei der Reform der Mindestsicherung müsste ich mich allerdings für den Applaus stark verbiegen. Leider wird Österreich in diesem Zusammenhang nämlich in vergangene Zeiten zurückkatapultiert. Es beginnt schon bei der Bezeichnung: Ich bin Bezieherin von Mindestsicherung!, impliziert, dass ich in einem Land lebe, in dem jeder Mensch das Recht hat, abgesichert zu sein. Ich bin Sozialhilfeempfängerin!, nimmt der betrof­fenen Person den letzten Rest an Würde.

Wir leben also in einem Land, in dem die Sozialhilfe wiedereingeführt wird, und das in einer Zeit, in der wir kurz davor stehen, dass ein Land nach dem anderen das bedin­gungslose Grundeinkommen einführt. Diesbezüglich sind sich alle Zukunftsforscher einig, auch in Österreich, wie der bekannte Philosoph Richard David Precht kürzlich in der ORF-Sendung „Im Zentrum“ verlautbart hat.

Herr Klubobmann Rosenkranz! Frau Ministerin! Warum wollen Sie angesichts dieser Entwicklungen dann aber die Stimmung im Land verschlechtern und reihenweise redliche Bürgerinnen und Bürger vorsätzlich in die Armut stoßen? Genau das passiert nämlich durch die geplante Reform der Mindestsicherung.


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Wer glaubt, dass nur Zuwanderer von den Kürzungen betroffen sind, der irrt sich. Tatsächlich werden auch die Kinder einheimischer Familien den Magenschlag spüren, der nicht zuletzt den Zugang zur Bildung, der oft der einzige Ausweg aus Armut ist, erschwert. Diese neue Sozialhilfe schafft nur eines, nämlich die nächste Generation an Sozialhilfeempfängern, und nicht mehr arbeitende und steuerzahlende Mitbürgerinnen und Mitbürger.

Armut war nie einfach, doch seit dieser Regierung sind Armutsbetroffene einfach selbst schuld, weil sie angeblich nicht wollen und weil ihnen anscheinend die Anreize fehlen. Die Mindestsicherung hat diesen Namen, weil sie genau das Mindeste ist, das benötigt wird, um ein Leben, und zwar ein würdiges Leben, leben zu können. Die Sozialhilfe sichert vielleicht das Überleben, mehr nicht. Soziale oder kulturelle Teilhabe für Armutsbetroffene, Kinobesuche, Frau Ministerin, brauchen die anscheinend nicht. Um den Kindern ein halbwegs normales Leben in einer Gemeinschaft zu ermöglichen, sollen sich doch die Eltern mehr anstrengen! Wenn sie nur wollen, dann geht das schon!

Armut macht krank, die Betroffenen und ihre Familien. Gleich, ob hier geboren oder nicht: Armut hat kein Mascherl. Sie hält sich an keine Geburtsurkunde. Jeder kann betroffen sein.

Was bringt es nun, die Armen gegen die Ärmsten auszuspielen? – Nichts, außer eine Politik des Auseinanders statt des Miteinanders. Und um jenen, die von den Kürzungen betroffen sind, das Gefühl zu geben, dass sie nicht am schlimmsten betroffen sind, setzt man bei den Zuwanderern noch eins drauf. Bringt die neue Sozialhilfe Fair­ness? – Nein. Sie bringt den Armutsbetroffenen noch mehr Angst, noch mehr Isolation, noch mehr Ausgrenzung. Sie bringt der Mindestpensionistin oder dem Mindest­invali­ditätsrentner nicht mehr Geld. Kein Mensch wacht eines Tages auf und sagt zu sich: Toll, ab heute bleibe ich zu Hause und kassiere Mindestsicherung, mein Traumleben!

Armut treibt einen in die Isolation. Sie macht es still und leise; sie bringt Depressionen und Burn-out; sie lässt weder schlafen noch Ruhe finden. Wenn diese sogenannte Reform nun nur noch mehr Armut und Krankheit bringt, worauf zielt sie dann eigentlich ab?

Die Wahrheit ist, die Sozialhilfe soll nicht den Zuwanderern diesen sogenannten Traum vom Sozialstaat nehmen, sie soll nicht Armutsbetroffenen helfen, nein, sie soll Men­schen in Österreich, die jetzt noch in scheinbar guten Arbeitsverhältnissen sind, Angst machen und somit Türen für den Niedriglohnsektor beziehungsweise in Richtung von noch mehr prekären Arbeitsverhältnissen öffnen – Stichwort Lohndumping. (Abg. Hauser: Ah geh ... Kollektivverträge! So ein Blödsinn!)

Wir sind eine Gesellschaft, wir brauchen keine Politik, die aufhetzt. Was wir in diesem Land brauchen, ist Solidarität mit Not leidenden Mitmenschen, mit Mitmenschen in Notsituationen. Ich erwarte mir von einer modernen Regierung faire Umverteilung von Wohlstand, den wir hier in diesem Land haben, Steuern für superreiche globale Kon­zerne, etwa die Finanztransaktionssteuer. Damit könnte man mit links das bedingungs­lose Grundeinkommen für alle finanzieren und damit dauerhaft Frieden und Wohlstand in unserem Land sichern.

Ich habe diese Rede gemeinsam mit einer armutsbetroffenen Mitbürgerin erstellt. Ihr Name ist Daniela Brodesser, sie wohnt mit vier Kindern und Ehemann in Oberöster­reich. Es ist mir wichtig, dass wir hier zeigen, dass wir Volksvertreterinnen und Volks­vertreter auch diese armutsbetroffenen Menschen – gerade diese Menschen! – ver­treten. – Vielen Dank. (Beifall bei Abgeordneten der NEOS.)

10.41



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Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Efgani Dönmez. – Bitte.


10.41.50

Abgeordneter Efgani Dönmez, PMM (ohne Klubzugehörigkeit): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Frau Ministerin! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Liebe ZuhörerInnen auf der Galerie! Als Letztredner hat man das Glück und das Pech, dass vieles schon gesagt worden ist, weshalb man es nicht zu wiederholen braucht.

Ich habe mir die Zahlen angesehen. In Österreich beziehen 307 853 Personen Min­dest­sicherung. Zwei Drittel davon sind Menschen, die krank sind, die Beeinträchti­gun­gen haben, die Pension beziehen; 52 Prozent davon sind Menschen, die trotz einer Beschäftigung eine Aufstockung benötigen; und „nur“ – unter Anführungszeichen – 28 Prozent davon sind Arbeitslose. Sehr, sehr viele alleinerziehende Frauen und 83 000 Kinder leben in Haushalten, in denen Mindestsicherung bezogen wird.

Es ist auch Faktum, dass 63 Prozent der Mindestsicherungsbezieher in Wien leben. Auch dadurch, dass wir in Oberösterreich und auch Niederösterreich die Vorausset­zungen verschärft haben, ist eben die Sogwirkung in Richtung Wien eine verstärkte. Auch Kollege Wöginger hat das in seiner Rede angeführt. Es ist auch ein Faktum, dass 60 Prozent der Mindestsicherungsbezieher Menschen mit Migrationshintergrund sind, und gerade auch die Wanderungsbewegungen 2015, 2016, 2017 haben da zu einem massiven Anstieg beigetragen.

Faktum ist auch, dass es quer durch alle Wissenschaften, die sich mit Migration und mit Soziologie befassen, ganz klar und unumstritten ist, dass Zuwanderung und Sozialstaat nicht zusammenpassen und nicht kompatibel sind.

Ich habe mir das angeschaut: Im Privatberuf bin ich unter anderem auch Sozial­arbeiter, und ich bin, während die Kollegen hier geredet haben, auf die Seite finanz.at gegangen und habe dort in die Maske des Mindestsicherungsrechners alleinerziehend mit zwei Kindern eingegeben. Wissen Sie, welcher Betrag da herausgekommen ist? – 1 425,47 Euro pro Monat. Dann habe ich mir noch den „Spaß“ – unter Anführungs­zeichen – gemacht, mir auf der Sozialarbeiterplattform gewisse Stellen anzuschauen, die ausgeschrieben sind. Es ist schwierig, dass man überhaupt eine Vollzeitstelle findet, aber ich habe eine gefunden, bei der man eben Arbeitslose wieder ins Arbeits­leben begleiten und unterstützen soll. Wissen Sie, was dort ein Sozialarbeiter in der Stufe 8 der Verwendungsgruppe 1 – falls er überhaupt dort eingesetzt wird – verdient? – 1 785,90 Euro im Monat. (Abg. Martin Graf: Brutto oder netto?) – Brutto.

Ich tausche mich mit sehr vielen Kollegen, die auch im Sozialbereich tätig sind, aus und wir treffen uns. Wissen Sie, was die mir erzählen? – Die sagen, dass sich, wenn sie jemanden, der schwer bis kaum vermittelbar ist, weil eben viele Voraussetzungen nicht passen, in den Arbeitsmarkt vermitteln sollen, die Jobs, die sie ihm anbieten können, für den nicht rentieren, dass er arbeiten geht, weil er durch die öffentlichen Leistungen eh mehr Geld bekommt. – Da ist etwas falsch! Dass das behoben gehört, dazu stehe ich auch als Sozialarbeiter. (Beifall bei ÖVP und FPÖ.)

Ich hoffe aber, dass Sie, geschätzte Kolleginnen links der Mitte, auch applaudieren. Genauso halte ich es für falsch, dass wir viele, viele Bereiche haben, wo Menschen hart arbeiten und mit dem, was sie erarbeiten, kaum überleben können, weil einfach die Lebenshaltungskosten so hoch sind. Diesbezüglich ist es auch wichtig, dass die Löhne angehoben werden.

Ich weiß, da kommt dann das Argument: Wir stehen im internationalen Wettbewerb um die besten Köpfe und so weiter! – Ja, Leistung und Qualität kosten etwas. Ich kann nicht das Geld für einen Dacia hinlegen, wenn ich einen Mercedes will. Wir sind im


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internationalen Wettbewerb um die besten Köpfe; und da müssen wir attraktiver werden, damit die sich auch für Österreich entscheiden.

Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Schlusssatz bitte!


Abgeordneter Efgani Dönmez, PMM (fortsetzend): Ich komme zum Schlusssatz, Herr Präsident.

Die beste Prävention gegen Mindestsicherung, gegen Sozialhilfe ist der soziale Aufstieg. Der soziale Aufstieg führt über den Weg der Bildung. Geschätzte Kolleginnen und Kollegen, ich, der Herr Präsident, die Frau Ministerin und wir alle wären nicht hier, wenn wir nicht den Weg der Bildung gegangen wären. Das ist nämlich die beste Prävention gegen Armut. – Danke. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der FPÖ.)

10.47


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Da die Rednerliste geschlossen ist, darf ich zum Begehren des Ordnungsrufs des Klubobmanns Leichtfried zurückkommen. Ich habe mir das Protokoll kommen lassen. Der Vorwurf, dass es da um einen strafrechtlichen Vorwurf ging, erschließt sich mir nicht. (Rufe bei der SPÖ: Wah!) – Darf ich ausreden?

Daher würde ich die Ministerin ersuchen, missverständliche Formulierungen nicht mehr zu verwenden, sodass diese Vorwürfe nicht stattfinden können, und das beim nächsten Mal klarer zu formulieren. Da ist weder eine Person noch eine Partei adressiert, son­dern das ist im Abstrakten geblieben, daher lasse ich es bei dieser dement­sprechen­den Korrektur. (Abg. Krainer: ... sinnerfassendes Lesen ...! – Weitere Zwischenrufe bei der SPÖ.)

Zu Wort ist dazu niemand mehr gemeldet. Die Debatte ist geschlossen.

10.48.12Einwendungen gegen die Tagesordnung gemäß § 50 GOG


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Wir kommen nunmehr zur Debatte über die Einwendungen des Abgeordneten Zinggl hinsichtlich der Absetzung der Tagesord­nungs­punkte 17 bis 26.

Gemäß der Usance darf ich dem Abgeordneten, der die Einwendung vorgebracht hat, das Wort erteilen. Es sind 5 Minuten veranschlagt. – Bitte.


10.48.39

Abgeordneter Mag. Dr. Wolfgang Zinggl (JETZT): Ich glaube, niemand wird uns vorwerfen, dass wir uns nicht regelmäßig und konstruktiv an der Erarbeitung der Tagesordnungen für die Parlamentsdebatten beteiligt haben und beteiligen. Ich glaube auch, es ist nicht abwegig, dass wir es als krank empfinden, dass manche für die Öffentlichkeit sehr wichtige Themen in die Abendstunden verschoben und verräumt werden – Themen, an denen sich die Öffentlichkeit eigentlich mit größter Aufmerksamkeit beteiligen würde.

Für die Öffentlichkeit von Interesse ist zum Beispiel die Erhöhung der Parteienför­derung. Während die Regierung im Zusammenhang mit dem Pflegegeld an keine Erhöhung denkt, während die Regierung die steigenden Preise zur Kenntnis nimmt, aber die Familienbeihilfe, die Studienbeihilfe, die Pensionen, die Mindestsicherung nicht dementsprechend anpasst, genehmigen sich ÖVP und FPÖ genau mit dem Argument, dass die Preise gestiegen sind, höhere Parteigelder.

Gerade wenn es um diese Steigerung der Parteigelder geht, wäre es, glaube ich, wich­tig, dass wir das hier im Hohen Haus gemeinsam mit der Öffentlichkeit durchdisku-


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tieren, und zwar zu einer Zeit, zu der auch die Fernsehzuschauer daran teilnehmen können, und nicht, wie das jetzt geschieht, morgen Abend um 21 Uhr. Diese Strategie kennt natürlich jeder Vorsitzende eines Kegelvereins: Unangenehme Themen setzt man am besten ganz an den Schluss der Tagesordnung, denn da sind alle schon müde und wollen nach Hause gehen.

Ein unangenehmes Thema in diesem Zusammenhang ist ja auch der Einkom­mens­bericht des Rechnungshofes. Darin wird nämlich deutlich, wie die Schere zwischen denen, die viel verdienen, und denen, die sehr wenig verdienen, immer weiter aus­einandergeht. Während die einen sich tagtäglich abrackern und nicht wissen, wie sie die Miete zahlen sollen, gibt es sehr wenige, die viel und immer mehr verdienen, und zwar nicht unbedingt, weil sie das ihrer Arbeitsleistung zu verdanken haben (Zwi­schenruf des Abg. Neubauer), sondern durchaus auch, weil sie mit Finanzgeldern spekulieren oder keine Steuern zahlen. (Zwischenruf des Abg. Hauser.)

Dieser Einkommensbericht, werte Kollegen und Kolleginnen, wird morgen als 19. Punkt der Tagesordnung etwa um 22 Uhr diskutiert. Dafür gibt es sicher einen Grund. Ich hätte gerne gehabt, dass wir solche Debatten zu einer Zeit führen, zu der auch Fern­sehzuseherinnen und ‑zuseher daran teilnehmen können, etwa am Freitagvormittag. Dann erkennen diese nämlich, wohin die Gelder gehen und wohin sie gehen könnten. (Beifall bei JETZT.)

Herr Präsident, ich glaube, es kann nicht sein und es ist nicht im Interesse eines lebendigen Parlamentarismus, dass Sie solch wichtige Themen in die späten Abendstunden verschieben und auf diese Art und Weise verräumen lassen. Es darf nicht in Ihrem Interesse sein, einen geplanten Arbeitstag, nämlich den Freitag, der durchaus für die Debatte zur Verfügung gestanden wäre, einfach fallen zu lassen, ihn nicht in Anspruch zu nehmen – einfach nur deshalb, weil ein paar Abgeordnete lieber nach Hause zur Mama fahren wollen, denn das ist kein Grund. (Beifall bei JETZT. – Widerspruch bei ÖVP und FPÖ.) – Na ja, dass dieser Widerspruch gerade von der Seite kommt, das wissen wir, denn es ist übliche Praxis, zu sagen: Wir müssen am Freitagnachmittag im eigenen Wahlkreis kämpfen! – Immer ist es der Freitag, an dem der Wahlkreis besucht werden soll. (Abg. Winzig: Schauen wir uns einmal Ihre Vorzugsstimmen an! – Weitere Zwischenrufe bei ÖVP und FPÖ.)

Herr Präsident, Sie machen der Regierung mit Ihren Entscheidungen ständig die Mauer! Wenn wir zu Ihnen gehen und sagen: Die Anfragebeantwortungen sind nicht ent­sprechend dem Gesetz, sind schleißig; die Anfragen werden oft überhaupt nicht oder falsch beantwortet!, dann hören Sie sich das an, lehnen sich zurück, und es geschieht nichts. Die Anfragebeantwortungen werden nicht besser, sondern schlechter.

Wenn die Regierung Themen, die eigentlich in den Sozialausschuss gehören, im Wirt­schaftsausschuss haben möchte, dann halten Sie der Regierung auch hier die Stange, machen die Mauer und dann werden diese Themen im Wirtschaftsausschuss dis­kutiert. Wenn sich an dieser eigenwilligen Interpretation von Neutralität nichts ändert, werden wir uns weiterhin über Einwendungen zu Wort melden. (Beifall bei JETZT.) Wir von JETZT werden jedenfalls nicht zulassen, dass das Parlament zur Abstimmungs­maschinerie der Regierung wird. – Danke. (Beifall bei JETZT.)

10.53


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Herr Klubobmann Wöginger ist zu Wort gemel­det. – Bitte.


10.53.49

Abgeordneter August Wöginger (ÖVP): Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Herr Kollege Zinggl, es überspannt jetzt den Bogen, uns vorzuwerfen,


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dass wir am Freitag zur Mama heimfahren. Wir sind Abgeordnete, die von der Bevöl­kerung direkt gewählt sind, und wir nehmen unsere Wahlkreisarbeit wahr. Viele von uns haben am Freitag Sprechtage und sind bei der Bevölkerung. (Beifall bei ÖVP und FPÖ sowie des Abg. Dönmez. – Zwischenruf des Abg. Noll.)

Zum Glück denkt nicht der Großteil der österreichischen Bevölkerung wie Sie von der Liste JETZT, denn der Großteil der Bevölkerung in diesem Land arbeitet am Freitagvormittag noch, und das ist auch gut so. (Beifall bei ÖVP und FPÖ sowie des Abg. Dönmez. – Abg. Wurm: Ja, genau!)

Zum Dritten: Was ist es überhaupt noch wert, wenn die Klubdirektorin von JETZT die Tagesordnung mit einer Unterschrift bestätigt? Ich meine, die Bevölkerung weiß das ja gar nicht: In diesem Haus gibt es keinen Sitzungstag, keinen Ausschusstermin, dem nicht alle fünf Fraktionen zustimmen. Das ist einzigartig, auch wenn man es mit anderen Parlamenten vergleicht. Wir leben diese Usance seit vielen Jahren. Jetzt aber kommen wir auf einmal in die Situation, dass die kleinste Fraktion mit sieben Abge­ordneten davon abweicht. Denen haben wir übrigens noch geholfen, dass sie über­haupt in den Ausschüssen sitzen. (Abg. Wurm: Ja eben, war eh ein Fehler!) Dass ihr überhaupt in den Ausschüssen sitzt, habt ihr uns allen zu verdanken, denn dadurch, dass Abgeordnete Bißmann euch verlassen hat, wärt ihr gar nicht mehr in den Ausschüssen gewesen, liebe Damen und Herren von der Liste JETZT! (Beifall bei ÖVP und FPÖ sowie des Abg. Scherak.)

Zuerst unterschreibt die Klubdirektorin wie die anderen Fraktionen den Rundlauf und wir haben die Tagesordnung, dann aber geht man her und wendet ein. Bei uns spricht jetzt nur ein Redner, denn wenn wir die Zeit jetzt nicht verplempern würden, dann hätten wir mit dieser Tagesordnung schon anfangen können! (Beifall bei ÖVP und FPÖ.)

Wenn ich mir diese Tagesordnung anschaue, dann ist der Umfang für zwei Tage okay. Wir haben am ersten Tag 8,5 „Wiener Stunden“. „Wiener Stunden“ sind in etwa Stun­den. Das ist ja auch schon ein Zirkus: Damit wir den kleinen Fraktionen pro Abgeord­netem etwas mehr Minuten geben, müssen wir zu Beginn der Gesetzgebungsperiode „Wiener Stunden“ verhandeln. Diesbezüglich haben wir jedes Mal eine Diskussion, dass die kleinen Fraktionen ein bisschen mehr bekommen. Das ist in Ordnung und soll so sein!

Wir haben also heute 8,5 und morgen 7,5 „Wiener Stunden“; dazu kommt die Aktuelle Stunde, und es sind Dringliche Anfragen angekündigt – na, dann sind wir halt einmal bei 12 Stunden. Wir von der Volkspartei und auch die Freiheitlichen halten das aus. Ich lade Sie also ein, auch an diesen 12 Stunden teilzunehmen! (Beifall bei ÖVP und FPÖ sowie des Abg. Dönmez.)

Zu den Plenartagen insgesamt: Wir haben voriges Jahr mit 54 Sitzungen – da sind aber auch die Zuweisungssitzungen dabei – an 31 Tagen getagt. Ich vergleiche das nicht mit dem Jahr 2017, denn das war das Wahljahr. 2016 haben wir aber mit insge­samt 51 Sitzungen an 26 Tagen getagt. Erstens kann uns also niemand vorwerfen, dass wir zu wenig Sitzungstage hätten, zweitens sind wir gerne bereit, einen zusätz­lichen Sitzungstag abzuhalten, wenn die Tagesordnung es erfordert. Das haben wir im Dezember auch getan, als dies aufgrund der Anzahl der Volksbegehren in erster Lesung erforderlich war. Da haben wir einen zusätzlichen Tag vereinbart, der in der Planung des Nationalrates nicht vorgesehen war. Wenn die Inhalte es erfordern, dann machen wir das. (Zwischenruf des Abg. Knes.)

Wir können aber nicht alles um 10 oder 11 Uhr vormittags diskutieren. Herr Kollege Zinggl, das ist halt leider nicht möglich. Das Volksbegehren Don’t smoke ist jedoch als erster Tagesordnungspunkt an prominente Stelle gesetzt. Darüber und auch über den


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weiteren Verlauf der Tagesordnung waren sich alle einig, es wurde ja letzten Endes von den Klubdirektorinnen und Klubdirektoren auch unterschrieben. Dass, wenn 8 Stunden vereinbart sind, diese 8 Stunden dann auch ablaufen und irgendetwas dann um 18 Uhr oder 19 Uhr drankommt, ist eigentlich logisch. Und wenn ich um 15 Uhr dann noch eine Dringliche Anfrage ansetze, was natürlich das gute Recht der Oppo­sition ist, dann verschiebt sich das noch einmal um 3 Stunden nach hinten. (Zwischen­ruf der Abg. Bißmann.)

Eines sage ich noch dazu: Meiner Meinung nach verfolgen am Abend, wenn die Leute heimkommen, mindestens so viele die Liveübertragung der Sitzung wie am Vormittag um 10 Uhr oder 11 Uhr. (Beifall bei ÖVP und FPÖ. – Zwischenruf des Abg. Zinggl.) Nur weil Sie immer glauben, dass das prominent ist, heißt das noch lange nicht, dass die österreichische Bevölkerung das auch so sieht oder wahrnimmt.

Letzte Anmerkung: Wir haben einmal ausgemacht, Sie blockieren keine Ausschüsse. Als wir letzten Endes bereit waren, zu ermöglichen, dass Sie wieder in jedem Aus­schuss vertreten sind, hat es geheißen, wenn die anderen vier Fraktionen sich auf einen Ausschusstermin einigen, werden Sie das nicht blockieren. (Zwischenruf des Abg. Zinggl.) Das haben wir in der Präsidiale diskutiert. Nun haben wir eine Vierpar­teieneinigung für eine Sitzung des Wirtschaftsausschusses am 2. April, und ich appelliere an Sie, meine Kolleginnen und Kollegen von der Liste JETZT, diese Ver­einbarung auch einzuhalten! Wir haben dafür gesorgt, dass Sie wieder in den Aus­schüssen vertreten sind, obwohl das nicht mehr der Fall gewesen wäre, also blockieren Sie nicht die Termine für unsere Ausschüsse! Das fordern wir auch ein. (Beifall bei ÖVP und FPÖ sowie des Abg. Dönmez.)

10.59


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Herr Abgeordneter Leichtfried ist zu Wort gemel­det. – Bitte.


10.59.20

Abgeordneter Mag. Jörg Leichtfried (SPÖ): Herr Präsident! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Ich werde versuchen, die Emotion aus dem Thema wieder ein bisschen herauszunehmen (Zwischenruf bei der FPÖ), denn es ist schon eine interessante Frage, die Herr Kollege Zinggl da aufgeworfen hat. Letztendlich geht es nämlich darum: Wie wollen wir, dass dieser Nationalrat, dieses Parlament in der Öffentlichkeit wahrgenommen wird?

Ich kann für mich sprechen, indem ich sage: Ich möchte, dass dieses Parlament als ein sehr starkes, aktives Parlament wahrgenommen wird. Ich bin mir nicht sicher, ob alle Abgeordneten der Regierungsparteien das auch so sehen. Diesen Unterschied macht für mich diese Debatte relativ gut sichtbar, denn ein starkes, aktives Parlament braucht auch Öffentlichkeit. Darüber kann man trefflich streiten. Kollege Wöginger hat gemeint, es sei kein Problem, wenn Sitzungen bis Mitternacht andauern. Ich sehe das doch etwas anders, ich finde, dass Parlamentssitzungen zu Zeiten stattfinden sollten, zu denen Menschen auch in der Lage und bereit sind, sich das anzusehen. Da sind natürlich der Tag und der frühe Abend für mich eigentlich besser als spät in der Nacht. (Beifall bei der SPÖ sowie des Abg. Noll. – Abg. Wurm: ... freut die Sozialdemo­kraten! – Zwischenruf der Abg. Povysil.)

Wenn man den heutigen Tag anschaut, geschätzte Damen und Herren, dann muss ich Sie schon fragen: Wenn wir bis 1 Uhr nachts hier tagen, glauben Sie, da schaut noch irgendjemand zu? (Abg. Wurm: Die Österreicher arbeiten da normalerweise!) Ich glaube, da werden ganz wenige zuschauen, und das ist einfach nicht im Sinn der Sache, im Sinn eines starken Parlaments. (Abg. Wurm: Na geh bitte! Die arbeiten um


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diese Tageszeit!) Ja, ich weiß, Sie wollen kein starkes Parlament, das ist aber Ihre Angelegenheit, geschätzte Damen und Herren! (Beifall bei der SPÖ.)

Deshalb – ich sage es ganz offen (Zwischenruf des Abg. Deimek), die Idee stammt ja nicht von mir, die Idee stammt eigentlich vom Herrn Nationalratspräsidenten – wäre ich dafür, dass wir uns darüber Gedanken machen, wie wir Sitzungen in Zukunft zeitlich begrenzen können, auch zu dem Preis, dass es mehr Sitzungen gibt. (Präsidentin Bures übernimmt den Vorsitz.)

Es ist schon so: Selbstverständlich ist die Arbeit des Abgeordneten im Wahlkreis, aber die Arbeit des Abgeordneten ist auch hier im Parlament, Herr Wöginger. Das sollte man schon auch einmal zur Kenntnis nehmen. (Beifall bei der SPÖ sowie der Abg. Zadić.)

Wir werden uns daher in Zukunft dafür einsetzen, dass Sitzungen kürzer sind, Sitzun­gen öfters stattfinden, und ich würde Sie einladen, darüber einmal in Ruhe nachzu­denken und das gegebenenfalls auch zu unterstützen. – Danke schön. (Beifall bei der SPÖ sowie der Abg. Zadić.)

11.02


Präsidentin Doris Bures: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Klubobmann Dr. Walter Rosenkranz. – Bitte.


11.02.10

Abgeordneter Dr. Walter Rosenkranz (FPÖ): Frau Präsidentin! Im Sinne eines starken Parlaments, das über die wichtigen Dinge diskutieren sollte, werde ich es relativ kurz machen.

Die Klubdirektoren haben sich auf eine Tagesordnung geeinigt. Es war ursprünglich im Gespräch, dass wir, wenn zwei Volksbegehren – nämlich auch das Frauenvolks­begehren – im Rahmen dieser Parlamentstage abgehandelt werden sollten, einen dritten Tag brauchen. Auf Wunsch der Opposition ist es nicht dazu gekommen, man wollte noch mehr Zeit dafür haben. Dem sind wir nachgekommen, daher war die logische Konsequenz, auch für die Klubdirektorin der Liste JETZT, dass man den dritten Tag nicht brauchen wird.

Was aber war es denn in Wirklichkeit? – Kollege Zinggl hat geglaubt, dass jetzt die beste Fernsehzeit ist, denn die Erwerbstätigen in Österreich haben ja von 9 bis 17 Uhr nichts anderes zu tun, als an ihren Arbeitsplätzen – ob sie in der Stadt herumfahren und dort für Sauberkeit sorgen, ob der Polizist auf seinem Posten sitzt – Parlaments­debatten anzuschauen. Das ist ja das Hauptinteresse. (Heiterkeit der Abg. Winzig.)

Es ist wie eigentlich alles, was von der Liste JETZT kommt, vorgeschoben. Wenn sachliche Argumente ausgehen, dann hängt man sich an solchen Formalismen auf. Es ist darum gegangen, einmal den Nationalratspräsidenten anzupatzen, es ist darum gegangen, irgendwelche Anfragebeantwortungen zu thematisieren. Wenn die Liste JETZT sagt: Wir müssen auch die Arbeit im Wahlkreis machen!, dann ist das ja der Treppenwitz der Geschichte. – Das ist alles, was es dazu zu sagen gibt.

Kollege Leichtfried, vielleicht ist es schwierig, aber es war bereits zu Beginn der Sitzung, wo die Konzentration an sich noch besser sein sollte: Sie haben bei Ihrer Forderung nach einem Ordnungsruf für Ministerin Hartinger-Klein gesagt, die Ministerin hätte die Worte rot-grüne Schlepperei verwendet. – „Schlepperei“ hat sie nicht ein Mal in ihrer ganzen Rede gesagt, geschweige denn von irgendetwas anderem in dieser Richtung. Das heißt, Sie haben schon Freud’sche Verhörer, und das brauchen wir gar nicht. (Beifall bei der FPÖ und bei Abgeordneten der ÖVP.)

11.04



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Präsidentin Doris Bures: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Dr. Peter Pilz. – Bitte.


11.04.22

Abgeordneter Dr. Peter Pilz (JETZT): Frau Präsidentin! (Abg. Höbart: Der Mister Alpbach!) Werte Kolleginnen und Kollegen! Morgen in der Nacht, wenn es nach den Regierungsparteien geht – und es geht leider nach den Regierungsparteien (Abg. Belakowitsch – erheitert –: Leider! – Heiterkeit bei der FPÖ. – Abg. Hafenecker: Was haben Sie für ein Demokratieverständnis?) –, soll hier über die Erhöhung der Parteien­finanzierung diskutiert werden. (Zwischenrufe der Abgeordneten Belakowitsch, Gudenus und Zanger.) Warum, meine Damen und Herren von der Freiheitlichen Partei, nicht bei Tageslicht? Warum scheuen Sie das Tageslicht, wenn über die Erhöhung der Parteienfinanzierung diskutiert wird? (Weitere Zwischenrufe bei der FPÖ.) Warum scheuen Sie das? Das ist die entscheidende Frage. (Beifall bei JETZT und bei Abgeordneten der SPÖ. – Zwischenrufe der Abgeordneten Belakowitsch und Neubauer.)

Es gibt in Österreich viel zu valorisieren. (Abg. Zanger: ... ist der ORF! – Weitere Zwischenrufe bei der FPÖ.) Warum valorisieren Sie nicht das Pflegegeld? Warum valorisieren Sie nicht die Kinderbeihilfe? Warum valorisieren Sie nicht die Studien­beihilfen? Warum valorisieren Sie nicht so, damit die Menschen, die das in dieser Republik wirklich brauchen, endlich mehr kriegen? (Abg. Hafenecker: Ist Ihre Gemein­dewohnung schon valorisiert worden?)

Der Grund liegt, glaube ich, in einem ganz einfachen Zustand. Nach Meinung von ÖVP und FPÖ gibt es nur zwei wirklich Arme, deren Not man lindern muss: die arme ÖVP und die arme FPÖ. (Abg. Deimek: Sie besitzen eine Einstellung, die wir ... nicht brauchen!) Da muss valorisiert werden, nicht bei den zu Pflegenden, nicht bei den Studierenden, nicht bei den kinderreichen Familien, egal, ob ihre Eltern Inländer, Inländerinnen oder Ausländer, Ausländerinnen sind. Nein, die sind Ihnen alle wurscht! Die kleinen Leute sind Ihnen alle wurscht! Es geht Ihnen darum: unser Steuergeld für unsere Parteien – das ist das Prinzip der Freiheitlichen Partei, das ist das Prinzip der ÖVP, und Sie sind einfach zu feig, das bei Tageslicht zu diskutieren. (Beifall bei JETZT sowie des Abg. Muchitsch.)

Deswegen sagen wir, wir wollen eine Tagesordnung, bei der darüber bei Tageslicht diskutiert wird. Warum? – Sie wissen doch ganz genau (Abg. Höbart: Herr Pilz, was Sie in der Nacht machen, möchte man gar nicht wissen!), am Nachmittag ist Redak­tionsschluss. Am Abend, wenn wir mitten in der Nacht die Valorisierung der Parteien­förderung diskutieren, ist die „Zeit im Bild“ schon vorbei. Dann fühlen Sie sich in Sicherheit, dann glauben Sie, die Menschen, die Sie gewählt haben (Abg. Höbart: Was machen Sie so in der Nacht? In Alpbach zum Beispiel?), erfahren nichts mehr über die Art und Weise, wie Sie mit Steuergeldern umgehen. (Abg. Höbart: Onkel Alpbach!)

Und dann sollen wir mitten in der Nacht diskutieren, wie es wirklich ausschaut (Ruf bei der FPÖ: Geh, geh, geh!), warum 62 Millionen Euro, die sich die Österreichische Volkspartei aus Steuertöpfen nimmt, zu wenig sind?! (Ruf bei der FPÖ: Fahren Sie nach Alpbach! – Zwischenruf des Abg. Nehammer.) Und dann wollen Sie mitten in der Nacht und nicht bei Tageslicht diskutieren, woher die ÖVP Geld für Wahlkämpfe hat, das weit über die gesetzliche Parteienfinanzierung hinausgeht?! Und dann wollen Sie nicht diskutieren, wer die edlen Spenderinnen und Spender für ÖVP und FPÖ sind?! Und dann wollen Sie nicht diskutieren, ob und wie viel Sie vom Spekulanten Tojner und vom Spekulanten Benko erhalten haben?! (Zwischenruf der Abg. Winzig.) Das wollen Sie alles nicht bei Tageslicht diskutieren?! (Abg. Nehammer: In Alpbach passiert ja nichts! Reden wir über Alpbach!)


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Genau um diese Fragen geht es. Es geht um die Frage, wem die Parteien in dieser Republik gehören (Abg. Nehammer: Reden wir über Alpbach! Reden wir über Alpbach, Herr Kollege!) und wem die Regierungsparteien in dieser Republik gehören. Das wollen wir bei Tageslicht diskutieren (Abg. Nehammer: Ja! Über Alpbach bei Tageslicht!), und deswegen wenden wir uns gegen diese Tagesordnung. (Beifall bei JETZT. – Abg. Nehammer: Bei Tageslicht! Alpbach!)

Nur noch eines: Wissen Sie, Herr Kollege Gudenus, Sie waren seinerzeit der teuerste arbeitslose Politiker im Wiener Gemeinderat (Abg. Gudenus: Sie sind der billigste Gemeindebaubewohner!), der teuerste arbeitslose Politiker! (Beifall bei JETZT. – Ruf bei der FPÖ: Das ist der Rossmann! – Weitere Zwischenrufe bei der FPÖ.) Wissen Sie, was Sie fordern würden (Abg. Gudenus – in Richtung des mit erhobenem Zeige­finger gestikulierenden Redners –: Geben Sie den Stinkefinger weg, bitte! Stinkefinger weg! Hände weg! Hände weg, Herr Pilz!), wenn Asylwerber, Asylsuchende in Öster­reich eine so geringe Arbeitsbereitschaft hätten wie freiheitliche Abgeordnete? Wissen Sie, was Sie sagen würden, wenn Asylwerber hergehen (Zwischenruf der Abg. Belakowitsch) und sagen würden: Wir sind nicht bereit, mehr als zwei Tage pro Monat zu arbeiten!? Wissen Sie, dass Ihr Arbeitsplatz das Plenum des - - (Anhaltende Zwischenrufe bei der FPÖ.) – Was regt Sie so auf?

Herr Gudenus, wir müssen für freiheitliche Abgeordnete (Abg. Gudenus: Hände weg, bitte!) bald eine Arbeitspflicht einführen! Sie sind ja nicht einmal bereit, an Ihrem Arbeitsplatz im Parlament mehr als zwei Tage im Monat zu erscheinen, und das ist der Punkt. (Abg. Gudenus: Der billigste Gemeindebaubewohner! Ist ja unglaublich!) Sie werfen anderen Faulheit vor (Abg. Winzig: Sie gehen nur in Ausschüsse, wo die Medien dabei sind!), Sie werfen anderen Arbeitsverweigerung vor, Sie werfen anderen vor, dass sie zu Unrecht Einkommen beziehen, und Sie als die faulsten Abgeordneten dieser Republik (Rufe bei der FPÖ: Jetzt reicht’s! – weitere Zwischenrufe bei der FPÖ) nehmen sich 8 000 Euro pro Monat und weigern sich, einen dritten Tag pro Monat im Nationalrat anwesend zu sein! (Abg. Gudenus: Gerichtsflüchtling! – Ruf bei der FPÖ: Kinderschänder! – Weitere Zwischenrufe bei der FPÖ.) Das ist eine Schande, und es ist wichtig, die Menschen in dieser Republik bei Tageslicht darüber zu informieren. (Beifall bei JETZT und bei Abgeordneten der SPÖ.)

11.09


Präsidentin Doris Bures: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Dr. Noll. – Bitte. (Ruf bei der FPÖ: Tageslicht in Alpbach für Pilz-Aufklärung! – Abg. Belakowitsch: Geht es jetzt um Sonderzeit?)


11.10.08

Abgeordneter Dr. Alfred J. Noll (JETZT): Mir geht es ja nicht ums Tageslicht (Abg. Belakowitsch: Danke!), mir geht es vielmehr um etwas ganz anderes. Ich bin jetzt seit 16 Monaten in diesem Haus und auch als teilnehmender Beobachter in einem Theater, in dem andere schon sehr viel länger sitzen (Abg. Belakowitsch: Ist ja kein Theater! – Weiterer Ruf bei der FPÖ: Ah, Sie sehen das als Theater?! – Abg. Loacker:  ... beste Beitrag zur Löwinger-Bühne!), und mich wundert einiges.

Das Erste ist zunächst einmal: Wenn wir 28 Tagesordnungspunkte wie heute haben, zusätzlich auch den Immunitätsausschuss, zusätzlich eine Aktuelle Stunde, dann ist es nicht so, wie Herr Wöginger sagt, dass wir um 18 Uhr oder um 19 Uhr fertig sind, sondern wir werden weit in die Nacht hinein hier sitzen.

Jetzt wissen wir sowohl aus der Lernpsychologie als auch aus der Kognitions­for­schung: Durchschnittlich ist jemand mit halbwegs durchschnittlichen geistigen Fähig­keiten in der Lage, am Tag so um die 6 Stunden konzentriert zu arbeiten. Die letzten


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16 Monate haben mich nicht davon überzeugt, dass diese Versammlung hier von Leuten bevölkert wäre, die überdurchschnittliche Geisteskräfte haben. (Ruf bei der ÖVP: Danke!) Ich glaube also, es ist ein Gutteil dessen, was das österreichische Parlament ausmacht (Zwischenruf des Abg. Amon), leider so, dass die Tagesordnung die Leute gar nicht wirklich fordert, weil wir bei all diesen Tagesordnungspunkten – wir können ja die 28 Tagesordnungspunkte des heutigen Tages nehmen – jetzt am Vormittag schon wissen, wie sie ausgehen, welche Abstimmungsergebnisse wir hier haben.

Das ist auch der Grund, warum ich das Ganze etwas despektierlich Theater nenne, und es gibt gute Aufführungen und es gibt schlechte Aufführungen. Wenn wir alles vorher schon wissen können und das, was wir hier machen, nur Schaustellerei ist, insbesondere deshalb, weil die Regierungsfraktionen sich leider – zumindest in der Zeit, in der ich im Haus bin – zu einer willfährigen Vollzugsmaschine für Regierungs­dekrete erniedrigt haben, dann ist auch klar, warum diese Tagesordnungen für die Regierungsfraktionen so leicht und akzeptabel sind – weil es ohnedies ganz egal ist, was auf dieser Tagesordnung draufsteht, weil hier im Haus nicht diskutiert wird, weil hier im Haus nicht disputiert wird, sondern weil alles vorher schon entschieden ist.

Der reelle und richtige Punkt, den Peter Pilz hier angesprochen hat – und Sie mögen es gerne hören wollen oder auch nicht –, ist: Berichtet wird in Österreich über die Mas­senmedien; und die Massenmedien berichten über die Diskussionen beziehungsweise Verlautbarungen und die Schaustellereien hier im Haus, und das geschieht bis 19.30 Uhr. Deshalb versuchen Sie ja ganz selbstverständlich und deshalb entspricht das auch den Usancen des Hauses, Initiativen der Opposition ganz nach hinten zu legen, damit diese nicht vor 19.30 Uhr an die Reihe kommen.

Ich meine, es gibt zumindest drei Gründe, die dazu führen sollten, dass wir hier im Haus etwas arbeitsamer werden. (Abg. Steinacker: Das ist aber auch sehr selektiv ...!) Erstens hält kein normaler Mensch die volle Konzentration über 12, 14 Stunden durch, und Sie werden mich mit der bisherigen Performance (Abg. Winzig: Wir schaffen das!) auch nicht davon überzeugen können, dass Sie das schaffen. (Abg. Winzig: Wir schaffen das ...!) Sie können gerne weiterhin so tun als ob, aber nachdem die Ergebnisse vorher schon feststehen, ist es keine große geistige Leistung, wenn Sie Ihre Zeit bis Mitternacht hier absitzen. (Abg. Winzig: Bringen Sie sich in den Aus­schüssen besser ein!) – Bitte? Was reden Sie da? Meine Ausschussarbeit, Frau Kollegin, können Sie nicht beurteilen, denn Sie sind im Regelfall nicht dabei. (Abg. Zarits: Da hat nicht einmal wer geklatscht!) – Da muss auch niemand klatschen, denn die Wahrheit ist nicht beifallsbedürftig, die ist evident, Herr Kollege. (Heiterkeit und Beifall bei JETZT und bei Abgeordneten der NEOS.)

Deshalb meine ich, es gibt gute Gründe, das, was Kollege Zinggl gesagt hat, ernst zu nehmen. Das Haus sollte das Arbeitspensum auf mehrere Tage verteilen und es sollte auch ernster nehmen, dass hier diskutiert wird. Davor sollten sich die Regierungs­fraktionen nicht weiter schützen wollen. – Danke. (Beifall bei JETZT.)

11.14


Präsidentin Doris Bures: Ein zweites Mal hat sich Herr Klubobmann Dr. Walter Rosenkranz zu Wort gemeldet. – Bitte.


11.14.50

Abgeordneter Dr. Walter Rosenkranz (FPÖ): Frau Präsidentin! Frau Bundes­minis­terin! Ganz kurz: Ich lasse die Abgeordneten meiner Fraktion von einem Sozialbau­schmarotzer, einem Immunitätsflüchtling und einem, der sich in der Zeit ohne Mandat ein Abgeordnetenmandat als Parteiobmann auf Parteikosten genehmigt hat, nicht als faule Abgeordnete diffamieren. (Anhaltender Beifall bei FPÖ und ÖVP.)



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Präsidentin Doris Bures: Herr Klubobmann, da Sie noch rund 3 Minuten Redezeit haben, ersuche ich Sie, sich in diesen 3 Minuten in der Ausdrucksweise ein wenig zu mäßigen. (Widerspruch bei der FPÖ. – Abg. Schimanek: Das ist ja unfassbar! – Ruf bei der FPÖ: Haben Sie dem Pilz nicht zugehört? – Beifall bei JETZT und bei Abgeord­neten der SPÖ. – Weitere Zwischenrufe bei der FPÖ.) Ich kann es jetzt gern wie­derholen: Ich halte nichts davon, dass wir in diesem Haus von Immunitätsflüchtlingen, Sozialschmarotzern et cetera reden. (Beifall bei SPÖ und JETZT. – Anhaltende Zwischenrufe bei der FPÖ.)

Und ich habe keinen Ordnungsruf erteilt, ich habe nur darum gebeten, während der restlichen Debatte – es handelt sich um eine Einwendungsdebatte zur Tagesordnung – und in den Redebeiträgen ein wenig mehr die Würde des Hauses zu beachten. (Abg. Hafenecker: Haben Sie gehört, was Kollege Pilz gesagt hat? – Zwischenruf des Abg. Neubauer.)

Herr Klubobmann, die 1 Minute kriegen Sie jetzt natürlich auf Ihre Redezeit. Sie haben jetzt wieder das Wort, und ich bitte, die Redebeiträge so zu fassen, dass wir nicht schon am Beginn der Tagesordnung permanent die Würde des Hauses verletzen. – Bitte. (Beifall bei SPÖ und JETZT. – Neuerlicher Widerspruch bei der FPÖ.)


Abgeordneter Dr. Walter Rosenkranz (fortsetzend): Frau Präsidentin! Im Rahmen der Würde des Hauses darf ich präzisieren: Der Gründer der Liste JETZT, vormals ein anderer Name, wohnt in Wien in einem Sozialbau (Abg. Belakowitsch: Gemein­dewohnung!), in einem Gemeindebau zu einer kleinen Miete. Er hat sehr viele Straf­verfahren anhängig, die aufgrund seiner Immunität nicht behandelt werden kön­nen, und er hat als Parteiobmann seiner Partei, als er kein Mandat hatte, einen Bezug von 8 800 Euro gehabt. Das sind nackte Tatsachen, und ich hoffe diesmal, mit der Würde des Hauses in Einklang zu stehen. (Beifall bei FPÖ und ÖVP.)

Die Abgeordneten von ÖVP und FPÖ arbeiten mit den Mitgliedern der Bundes­regierung so zusammen (Abg. Pilz: ... faul!), dass inhaltlich sehr gute Vorschläge und Gesetzesvorschläge unterbreitet werden. (Abg. Pilz: ... faul!) Es ist daher keine Vollzugs- oder Abstimmungsmaschinerie, wie Sie die Menschen hier glauben machen wollen. (Beifall bei FPÖ und ÖVP.)

Noch eines, Herr Universitätsprofessor Noll: Wenn Sie schon diesem Hohen Haus (neuerlicher Zwischenruf des Abg. Pilz) als Spiegel der Bevölkerung attestieren, dass hier keine überdurchschnittlichen Geisteskräfte vorhanden sind, dann verbeugen wir uns vor Ihrer Superintelligenz, Sie Held! (Beifall bei FPÖ und ÖVP.)

11.18


Präsidentin Doris Bures: Ich rufe jetzt noch einmal in Erinnerung, dass es sich um eine Einwendungsdebatte zur Tagesordnung handelt und auch die Redebeiträge dem gerecht werden sollten.

Frau Abgeordnete Dipl.-Ing.in Martha Bißmann, Sie gelangen zu Wort. – Bitte.


11.18.56

Abgeordnete Dipl.-Ing. (FH) Martha Bißmann (ohne Klubzugehörigkeit): Ich bin ziemlich froh (Abg. Hafenecker: Ein Opfer der Liste Pilz!), dass diese Debatte zustande gekommen ist. Ich würde nämlich gern die Gelegenheit nutzen, um auf ein Thema aufmerksam zu machen. (Abg. Schimanek: Na, na, na!)

Das betrifft die Aufmerksamkeit, die wir einander hier im Hohen Haus schenken. Es ist nur menschlich, dass man sich bei 12 Stunden dauernden Plenarsitzungen nicht in vollem Umfang gegenseitig die Aufmerksamkeit schenken kann, die diesem Format, der Plenarsitzung, eigentlich gebührt. Es ist aber genau das, was die Bürgerinnen und


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Bürger, die uns zusehen – es gibt hier Kameras: rechts, links, eine in der Mitte –, von uns erwarten: dass wir einander zuhören.

Ich bekomme regelmäßig, wirklich häufig, Zuschriften von Bürgerinnen und Bürgern, die sich darüber echauffieren, dass, wenn die Reihen der Kolleginnen und Kollegen Abgeordneten abgefilmt werden, so häufig Desinteresse, Abwesenheit und Ablenkung gezeigt werden. Glauben Sie mir – wir wissen es doch alle –, die Kameras suchen sich genau diese Szenen: wenn wir mit dem Handy beschäftigt sind oder in der Nase bohren! (Beifall bei Abgeordneten der ÖVP.)

Ich würde wirklich gerne die Gelegenheit nutzen, hier meinen Wunsch zu deponieren, dass wir uns überlegen und eine Diskussion darüber beginnen, wie wir das verbessern können, wie wir die Plenarsitzungen so organisieren können, dass wir es auch schaf­fen, aufmerksamer zu sein.

Ich bin ja als freie Abgeordnete nicht in der Präsidiale vertreten – das sieht die Ge­schäftsordnung nicht vor (Abg. Kitzmüller: Ja, genau!), das könnte man ja auch einmal reformieren; das ist jetzt aber nicht Thema (Abg. Gudenus: Alle drinhocken, ja! Unglaublich!) –, deshalb deponiere ich es jetzt hier auf diese Art und Weise. Ich habe einmal das norwegische Parlament besucht, und dort gibt es eine offizielle Mittags­pause von einer Stunde. Da verlassen alle den Plenarsaal – Regierungsvertreter, Abgeordnete – und essen gemeinsam in einer großen Kantine, in der es gesundes Essen gibt, mittag, und dann kommen alle wieder zurück. Die Anwesenheitsquote im Sitzungssaal ist im norwegischen Parlament viel, viel höher als hier im österreichi­schen, wenn ich auch gehört habe, dass es sich schon verbessert haben soll. Das wäre ein Reformvorschlag, vor allem für das sanierte Parlament, dessen Infrastruktur wir jetzt noch neu gestalten können.

12-Stunden-Tage hier im Parlament sind also wirklich nicht förderlich für die gegen­seitige Aufmerksamkeit, und bitte bedenken Sie bei jeder Rede, bei der Sie hier zuhören, immer mit: Die Bürgerinnen und Bürger dieses Landes sehen zu. Sie inter­essiert das, was wir hier am Rednerpult sagen, aber sie interessiert auch, dass wir einander zuhören. Das ist ganz wichtig. Es geht nicht darum, Herr Klubobmann Wöginger, dass wir es hier 12 Stunden „aushalten“, sondern es geht darum, dass wir einander 12 Stunden interessiert zuhören und dass eine Art Debattenkultur zelebriert und praktiziert wird, die unsere Steuerzahlerinnen und Steuerzahler einigermaßen zufriedenstellt. Vielen Dank für die Aufmerksamkeit. (Beifall bei Abgeordneten von ÖVP und NEOS.)

11.21


Präsidentin Doris Bures: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Nehammer. – Bitte.


11.22.02

Abgeordneter Karl Nehammer, MSc (ÖVP): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Hohes Haus! Sehr geehrte Damen und Herren auf der Galerie und zu Hause vor den Bildschirmen! Es ist für mich schon jedes Mal erstaunlich, wie schmerzbefreit man sein kann. (Beifall bei ÖVP und FPÖ. Bravoruf des Abg. Stefan.)

Wenn ich im Lexikon nachschauen würde, was da unter schmerzbefreit steht, fände ich plötzlich das Foto (Ruf bei der FPÖ: Nehammer!) des Kollegen Pilz. (Heiterkeit bei der FPÖ.)

Wie kann man in seinem Persönlichkeitsprofil so aufgestellt sein, dass man sich selbst als mächtigen alten weißen Mann bezeichnet, der sich für das, was er getan hat, woran er sich kaum mehr erinnern kann (neuerliche Heiterkeit bei der FPÖ), entschuldigt und sich dann hier herausstellt, den Finger (Abg. Gudenus: Stinkefinger!) der Moral erhebt,


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was auch immer das in der Definition des Herrn Pilz ist, und dann versucht, über die Würde des Hauses zu sprechen!

Sehr geehrte Frau Präsidentin, darin sehe ich das tatsächliche Problem! Herr Pilz ist jener Abgeordnete, der laut „Addendum“ derzeit die schlechteste Anwesenheitsquote bei Abstimmungen hier im Hohen Haus hat, nämlich 34,4 Prozent. (Oh-Rufe bei ÖVP und FPÖ.) Schlechter waren nur noch Katzian und Kern, und die sind nicht mehr hier im Hohen Haus. Das wäre einmal etwas zum Nachdenken für Kollegen Pilz. (Neuer­liche Oh-Rufe bei ÖVP und FPÖ.)

Aber jetzt ganz im Ernst: Sich hierherzustellen und über Feigheit zu sprechen – das ha­ben Sie getan, Herr Pilz! –, das ist wirklich ein starkes Stück. (Beifall bei ÖVP und FPÖ.)

Stellen Sie sich Ihrer Verantwortung für das, woran Sie sich nicht mehr erinnern kön­nen, wofür Sie sich aber trotzdem entschuldigt haben! Stellen Sie sich dieser Ver­antwortung, bevor Sie andere an Maßstäben messen, die Sie selbst offensichtlich nicht erfüllen!

Glauben Sie mir, ich werde morgen am Rednerpult stehen und die Parteien­finan­zie­rung, so wie wir sie beschließen werden, rechtfertigen und verteidigen (Abg. Loacker: Zum Thema schmerzbefreit!), weil ich glaube, dass das in einer parla­mentarischen Demokratie richtig und recht ist, und ich werde eines sicher nicht, Herr Pilz: mich vor Ihnen verstecken. (Zwischenruf des Abg. Pilz.)

Auf der anderen Seite ist es aber, glaube ich, das gute Recht dieses Hohen Hauses, seine eigene Tagesordnung zu beschließen. Das ist eine gute Usance, das wurde in diesem Fall getan, und das ist jetzt auf einmal das Problem – vordergründig, einfach nur vordergründig, genauso wie das, woran Sie sich offensichtlich leider nicht mehr erinnern können, was Sie getan haben.

Wir, meine Kolleginnen und Kollegen, haben schon im Nationalratsklub gesagt: Es ist ja auch zum Selbstschutz des Kollegen Pilz, dass die Sitzungen länger dauern, denn wenn er am Abend hier bei uns ist, dann gibt es vielleicht nichts mehr, woran er sich dann nicht mehr erinnern kann. (Beifall bei ÖVP und FPÖ. Abg. Wöginger: Jetzt ist z’sammg’räumt in der Hütt’n!)

11.25

11.25.23


Präsidentin Doris Bures: Man hat kaum den Eindruck, dass es sich um eine Debatte über Einwendungen gegen die Tagesordnung beziehungsweise über die Absetzung von Verhandlungsgegenständen von der Tagesordnung handelt, aber es ist so, und wir kommen – da dazu niemand mehr zu Wort gemeldet ist und die Debatte daher geschlossen ist – zur Abstimmung darüber; das wollte ich in Erinnerung rufen.

Es geht um die Einwendungen gegen die Tagesordnung, konkret um die Absetzung der Tagesordnungspunkte 17 bis 26 von der Tagesordnung.

Darüber wird nun abgestimmt.

Ich bitte jene Damen und Herren, die der Absetzung zustimmen, um ein Zeichen. – Das ist die Minderheit, abgelehnt.

Somit bleibt es bei der schriftlich verteilten Tagesordnung für die heutige Sitzung.

11.26.35Einlauf und Zuweisungen


Präsidentin Doris Bures: Hinsichtlich der eingelangten Verhandlungsgegenstände und deren Zuweisungen verweise ich gemäß § 23 Abs. 4 der Geschäftsordnung auf die im Sitzungssaal verteilte Mitteilung.


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Die schriftliche Mitteilung hat folgenden Wortlaut:

A. Eingelangte Verhandlungsgegenstände:

1. Schriftliche Anfragen: 2930/J bis 3156/J

Schriftliche Anfrage an den Präsidenten des Nationalrates: 25/JPR

2. Anfragebeantwortungen: 2501/AB bis 2694/AB

3. Regierungsvorlagen:

Bundesgesetz über die Wahrnehmung konsularischer Aufgaben (Konsulargesetz – KonsG) (512 d.B.)

Bundesgesetz, mit dem ein Bundesgesetz betreffend Grundsätze für die Sozialhilfe (Sozialhilfe-Grundsatzgesetz) und ein Bundesgesetz über die bundesweite Gesamt­statistik über Leistungen der Sozialhilfe (Sozialhilfe-Statistikgesetz) erlassen und das Bundesgesetz zur Integration rechtmäßig in Österreich aufhältiger Personen ohne österreichische Staatbürgerschaft (Integrationsgesetz-IntG) geändert werden (514 d.B.)

Bundesgesetz zur Durchführung von Verpflichtungen aus dem Protokoll von Nagoya sowie der Verordnung (EU) Nr. 511/2014 (544 d.B.)

B. Zuweisungen:

1. Zuweisungen seit der letzten Sitzung gemäß §§ 31d Abs. 5a, 32a Abs. 4, 74d Abs. 2, 74f Abs. 3, 80 Abs. 1, 100 Abs.4, 100b Abs. 1 und 100c Abs. 1:

Budgetausschuss:

Monatserfolg Jänner 2019, vorgelegt vom Bundesminister für Finanzen (Vorlage 41 BA)

Immunitätsausschuss:

Ersuchen der Staatsanwaltschaft Wien, GZ. 504 St 208/18m, um Zustimmung zur behördlichen Verfolgung des Abgeordneten zum Nationalrat Mag. Johann GUDENUS, M.A.I.S.

Ausschuss für Petitionen und Bürgerinitiativen:

Petition Nr. 20 betreffend „Erhalt des Status „Welterbe für das historische Zentrum von Salzburg““, überreicht vom Abgeordneten Mag. Dr. Wolfgang Zinggl

Bürgerinitiative Nr. 60 betreffend „Gegen Bankomatgebühren - für einen unent­gelt­lichen Zugang zum eigenen Bargeld in Österreich!“

2. Zuweisungen in dieser Sitzung:

a) zur Vorberatung:

Außenpolitischer Ausschuss:

Erklärung der Republik Österreich über den Einspruch gegen den Beitritt der Republik der Philippinen zum Übereinkommen zur Befreiung ausländischer öffentlicher Urkun­den von der Beglaubigung (510 d.B.)

Rechnungshofausschuss:

Bericht des Rechnungshofes betreffend Versorgung psychisch Erkrankter durch die Sozialversicherung – Reihe BUND 2019/8 (III-260 d.B.)

Bericht des Rechnungshofes betreffend psychosoziale Angebote in den Ländern Salzburg und Steiermark – Reihe BUND 2019/9 (III-261 d.B.)


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Bericht des Rechnungshofes betreffend ARE Austrian Real Estate GmbH (Konzern) – Reihe BUND 2019/10 (III-262 d.B.)

Bericht des Rechnungshofes betreffend mittelfristige Haushaltsplanung der Länder Niederösterreich und Oberösterreich sowie der Stadt Wien – Reihe BUND 2019/11 (III-263 d.B.)

Bericht des Rechnungshofes betreffend Unterricht für Kinder und Jugendliche mit Fluchterfahrung – Reihe BUND 2019/12 (III-264 d.B.)

Bericht des Rechnungshofes betreffend Nachkontrollen gemäß Umweltverträglich­keits­prüfungsgesetz bei Bundesstraßen – Reihe BUND 2019/13 (III-265 d.B.)

Verkehrsausschuss:

Protokoll zur Änderung des am 25. und 30. April 2007 unterzeichneten Luftver­kehrs­abkommens zwischen den Vereinigten Staaten von Amerika und der Europäischen Gemeinschaft und ihren Mitgliedstaaten (511 d.B.)

b) zur Enderledigung im Sinne des § 28b GOG (vorbehaltlich der endgültigen Entscheidung des Ausschusses):

Finanzausschuss:

Bericht des Bundesministers für Finanzen über die Tätigkeiten und Ergebnisse der 18. Wiederauffüllung der Internationalen Entwicklungsorganisation (IDA-18), der 14. Wie­der­auffüllung des Afrikanischen Entwicklungsfonds (ADF-14) sowie der 11. Wieder­auffüllung des Asiatischen Entwicklungsfonds (AsDF-11) (III-267 d.B.)

Unterrichtsausschuss:

Nationaler Bildungsbericht Österreich 2018, vorgelegt vom Bundesminister für Bildung, Wissenschaft und Forschung (III-268 d.B.)

Verkehrsausschuss:

Gemeinwirtschaftlicher Leistungsbericht 2017, vorgelegt vom Bundesminister für Verkehr, Innovation und Technologie (III-266 d.B.)

*****

Ankündigung eines Dringlichen Antrages


Präsidentin Doris Bures: Die Abgeordneten Dr.in Rendi-Wagner, Kolleginnen und Kollegen haben vor Eingang in die Tagesordnung das Verlangen gestellt, den zum gleichen Zeitpunkt eingebrachten Selbständigen Antrag 666/A(E) der Abgeordneten Dr.in Rendi-Wagner, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Die Bundesregierung muss Farbe bekennen: Solidarische Finanzierung aus den öffentlichen Budgetmitteln statt neuer Belastungen durch eine Pflegeversicherung!“ dringlich zu behandeln.

Gemäß der Geschäftsordnung wird der Dringliche Antrag um 15 Uhr behandelt wer­den.

Antrag auf Verlängerung des Eurofighter-Untersuchungsausschusses


Präsidentin Doris Bures: Vor Eingang in die Tagesordnung teile ich weiters mit, dass die Abgeordneten Ottenschläger, Plessl, Dr. Bösch, Bernhard und Dr. Pilz beantragt haben, die Frist für die Berichterstattung des Untersuchungsausschusses über das Kampfflugzeugsystem „Eurofighter Typhoon“ um drei Monate zu erstrecken.


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Der gegenständliche Antrag wird gemäß der Geschäftsordnung nach Beendigung der Verhandlungen in dieser Sitzung zur Abstimmung gebracht.

Behandlung der Tagesordnung


Präsidentin Doris Bures: Es ist vorgeschlagen, die Debatte über die Punkte 1 bis 5 sowie 20 bis 26 der Tagesordnung jeweils zusammenzufassen.

Wird dagegen ein Einwand erhoben? – Das ist nicht der Fall.

Redezeitbeschränkung


Präsidentin Doris Bures: Nach Rücksprache mit den Mitgliedern der Präsidial­kon­ferenz ist eine Tagesblockzeit von 8,5 „Wiener Stunden“ in Aussicht genommen, sodass sich folgende Redezeiten ergeben: ÖVP 157, SPÖ und FPÖ je 140 sowie NEOS und JETZT je 47 Minuten.

Gemäß § 57 Abs. 7 der Geschäftsordnung beträgt die Redezeit für die gesamte Tagesordnung von jenen Abgeordneten, die keinem Klub angehören, je 24 Minuten, darüber hinaus wird deren Redezeit auf 5 Minuten je Debatte beschränkt.

Wir kommen gleich zur Abstimmung über die soeben dargelegten Redebedingungen.

Ich bitte jene Damen und Herren, die dem zustimmen, um ein Zeichen. Das ist ein­stimmig so angenommen.

Damit gehen wir in die Tagesordnung ein.

11.29.181. Punkt

Bericht des Gesundheitsausschusses über das Volksbegehren (434 d.B.) „Don’t smoke“ (533 d.B.)

2. Punkt

Bericht des Gesundheitsausschusses über die Petition Nr. 1/PET: „DON’T SMOKE, das Nichtraucherschutzgesetz muss bleiben“, überreicht von den Abge­ordneten Dr. Pa­mela Rendi-Wagner, MSc, Mag. Dr. Matthias Strolz und Dr. Peter Kolba (534 d.B.)

3. Punkt

Bericht des Gesundheitsausschusses über den Antrag 405/A der Abgeordneten Dr. Pamela Rendi-Wagner, MSc, Mag. Gerald Loacker, Daniela Holzinger-Vogtenhuber, BA, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz über das Herstellen und Inverkehrbringen von Tabak­erzeugnissen und verwandten Erzeugnissen sowie die Werbung für Tabak­erzeugnisse und verwandte Erzeugnisse und den Nichtraucherinnen- bzw. Nicht­raucherschutz (Tabak- und Nichtraucherinnen- bzw. Nichtraucherschutzgesetz – TNRSG) geändert wird (535 d.B.)


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4. Punkt

Bericht des Gesundheitsausschusses über den Antrag 515/A der Abgeordneten Mag. Karin Greiner, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz über das Herstellen und Inverkehrbringen von Tabak­erzeugnissen und verwandten Erzeugnissen sowie die Werbung für Tabak­erzeugnisse und verwandte Erzeugnisse und den Nichtraucherinnen- bzw. Nicht­raucherschutz (Tabak- und Nichtraucherinnen- bzw. Nichtraucherschutzgesetz – TNRSG) geändert wird (536 d.B.)

5. Punkt

Bericht des Gesundheitsausschusses über den Antrag 610/A(E) der Abgeord­neten Daniela Holzinger-Vogtenhuber, BA, Kolleginnen und Kollegen betreffend Schutz von Kindern und Jugendlichen vor Passivrauch (537 d.B.)


Präsidentin Doris Bures: Wir gelangen zu den Punkten 1 bis 5 der Tagesordnung, über welche die Debatte unter einem durchgeführt wird.

Auf eine mündliche Berichterstattung wurde verzichtet.

Erster Redner in der Debatte ist Herr Abgeordneter Philip KucherBitte, Herr Abge­ord­neter.


11.30.37

Abgeordneter Philip Kucher (SPÖ): Frau Präsidentin! Geschätzte Damen und Herren! Frau Bundesministerin! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Frau Bundes­ministerin, die österreichische Bevölkerung ist ja von Ihnen als Ministerin schon einiges gewohnt. Sie haben als Sozialministerin gesagt, dass man von 150 Euro gut leben kann, Sie haben als Gesundheitsministerin gesagt, dass Rauchen gesund ist. (Zwi­schen­bemerkung von Bundesministerin Hartinger-Klein.) All das haben wir ja von Ihnen schon kennengelernt.

Was heute ganz neu war – das muss ich sagen! –, war wirklich Ihr Auftritt am Vor­mittag, als Sie von der Regierungsbank aus demokratisch gewählte Parteien auf eine Art und Weise diskreditiert haben, dass sogar erstmals hier herinnen diskutiert worden ist, ob eine Ministerin einen Ordnungsruf erhalten soll. Ist das wirklich Ihr Ernst? Ist das wirklich Ihr Ernst? (Beifall bei der SPÖ.)

Ich sage dazu: Frau Bundesministerin, es ist gut, dass Sie in vielen Fragen resolut sind, auf den Tisch hauen, aber ich würde mir dann wirklich erwarten, dass Sie das einmal in den eigenen Reihen machen. Wir reden heute über den Nichtraucherschutz, und es ist leicht, dass Sie über die anderen Parteien schimpfen, dass Sie sagen, was Sie nicht alles machen würden, aber der Mut fehlt Ihnen ja in den eigenen Reihen. Warum haben Sie diesen Mut, dieses resolute Auftreten nicht, wenn Strache und Kurz gemeinsam etwas auspackeln und sagen: Wir wissen besser Bescheid, was gesund ist, was nicht gesund ist, die Ärztinnen und Ärzte kennen sich nicht aus, wir wissen in Wahrheit, dass der Nichtraucherschutz ein Blödsinn ist!? – Warum stehen Sie da nicht auf und sagen: Herr Strache, Herr Kollege Kurz, das ist ein Wahnsinn, was ihr macht, das stimmt einfach nicht!? – Diese resolute Vorgangsweise wäre doch als Gesund­heitsministerin gerade in den eigenen Reihen einmal angebracht. Das machen Sie alles nicht! (Beifall bei der SPÖ.)

Die Zahlen haben wir alle im Gesundheitsausschuss gehört: Jeden Tag müssen vier Kinder und Jugendliche mit schweren Lungenentzündungen, mit Asthmaanfällen in Krankenhäusern behandelt werden. Drei Menschen sterben jeden Tag in Österreich an


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den Folgen des Passivrauchens – obwohl sie nicht einmal selber rauchen. Wir reden von 13 000 Menschen, die in Österreich jedes Jahr an den Folgen des Nikotinkon­sums – auch viele Passivraucher sind dabei – versterben. (Abg. Wurm: Falsch!)

Wir wissen jetzt alle, was zu tun wäre, wir wissen, dass der Nichtraucherschutz in Österreich ausgebaut werden müsste. Was passiert aber? – Wir haben eine Gesund­heitsministerin, die ganz offen sagt: Dagegen können wir nichts tun, das haben Kurz und Strache so ausgemacht!

Ja, ist das wirklich Ihr Ernst, dass Sie das so hinnehmen und sagen: Egal, was alle Ärztinnen und Ärzte sagen, was die Kinderkrebshilfe, die Krebshilfe, die Ärztekammer, Expertinnen und Experten sagen, es ist egal, Kurz und Strache haben entschieden!? – So kann man doch als Gesundheitsministerin wirklich nicht agieren! (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der NEOS.)

Das ist eigentlich tragisch gegenüber 900 000 Menschen, die in Österreich auf die Gemeindeämter gegangen sind und gesagt haben: Ich möchte mit meiner Unterschrift die Politik beeinflussen, sodass sie das Richtige tut! – Das ist tragisch gegenüber Ärztinnen und Ärzten, die sich viel Mühe gemacht haben, ihre Expertise zur Verfügung gestellt haben. Die haben ja die Zeit auch nicht gestohlen, die wollten uns überzeugen, die haben Fakten mitgebracht. Im Gesundheitsausschuss ist dann den Ärztinnen und Ärzten ausgerichtet worden: Traue keiner Studie, die du nicht selbst gefälscht hast!, als wären das irgendwelche Leute, die keine Ahnung haben.

So kann man doch mit Menschen nicht umgehen! Da hätten Sie aufstehen müssen, da hätten Sie resolut sein müssen – wenn es um Menschenleben in Österreich geht, um kranke Menschen und um Krankheit, die man verhindern kann! (Beifall bei der SPÖ.)

Wir haben das doch alle mitbekommen: Jeder von uns hat doch E-Mails von Menschen bekommen, die schwere Schicksalsschläge erlitten haben, die Angehörige verloren haben, die uns gesagt haben: Bitte, denkt doch darüber nach! Kämpft für den Nicht­raucherschutz! – Wir haben doch alle diese Beispiele gehört, und all diesen Menschen richten wir aus: Das ist völlig egal, Kurz und Strache haben etwas anderes ausgemacht! – Das ist ganz hart, vor allem auch gegenüber solchen Menschen.

Kann man so in Österreich arbeiten, dass Fakten völlig egal sind, dass die Fakten gar nicht mehr zählen und dass man nur noch über persönliche Befindlichkeiten redet, dass man darüber redet, was im Regierungsprogramm auf Kosten von Menschen ausgepackelt worden ist? –   So können wir doch alle miteinander nicht arbeiten, und ich bitte euch wirklich: Ruft den eigenen Bundeskanzler und den eigenen Vizekanzler zur Ordnung und sagt ihnen, dass wir in Österreich für Menschenleben kämpfen müssen! Wir haben es heute in der Hand. (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten von JETZT.)

Es ist auch kein Zufall – ich darf es nur noch einmal sagen –: Es ist Herr Vizekanzler Strache nicht da, und Sebastian Kurz ist ohnehin dafür bekannt, dass er immer dann im Ausland ist, wenn es irgendwo spannende Debatten gibt und es um menschliche Schicksale geht. Er war bei Ceta nicht im Plenum anwesend, bei der Aktion 20 000 ist er nicht da gewesen. Jetzt ist er im Ausland und erklärt sozusagen die demokratische Meinungsbildung und wie die Demokratie funktioniert. Wenn es da im Haus um direkte Demokratie geht, ist Herr Bundeskanzler Kurz natürlich nicht da. (Zwischenruf der Abg. Winzig.) Das ist eigentlich tragisch. (Beifall bei der SPÖ.)

Ich möchte noch einmal in Erinnerung rufen – weil wir wirklich sehr, sehr intensiv auch im Ausschuss diskutiert haben –: Alle Expertinnen und Experten haben zu uns gesagt: Diese österreichische Regelung, die Strache und Kurz jetzt ausgepackelt haben, ist eine Wischiwaschilösung. (Abg. Wurm: Falsch!) Niemand – niemand! – hat gesagt,


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dass es besser für die Gesundheit ist, dass wir den Nichtraucherschutz schwächen. Niemand hat das gesagt – niemand!

Da muss man auch so ehrlich sein und sich hinstellen und sagen: Herr Kollege Strache, wir haben alles probiert, wir haben überall herumdiskutiert, ob wir nicht doch argumentieren können, dass Rauchen gesund ist, aber alle Expertinnen und Experten waren anderer Meinung! – Man kann sagen: Herr Kollege Strache, wir haben keinen einzigen Arzt, keine einzige Ärztin gefunden, der oder die bereit war, diese Wischi­waschilinie der Bundesregierung zu vertreten und zu verteidigen! – Das kann man doch offen sagen. Man kann doch in den eigenen Reihen sagen: Wir haben uns geirrt, das ist ein Fehler, es geht um Menschenleben, korrigieren wir diesen Fehler!, und wenn wir schon selber nicht den Mut haben, dann soll doch wenigstens die öster­reichische Bevölkerung abstimmen dürfen! – Habt doch wenigstens diesen Mut! (Bei­fall bei der SPÖ.)

Symptomatisch war dann eine Diskussion, in der wir draufgekommen sind, dass in den Nichtraucherbereichen, in denen die Eltern mit den Kindern sitzen, die Schadstoff­konzentration oft viermal so hoch ist wie auf einer stark befahrenen Straße. (Abg. Wurm: Erzählen Sie die ganze Wahrheit! Die ganze Wahrheit!) Eltern sitzen dort mit ihren Kindern, wissen nicht, wie gefährlich das Ganze ist, sind dann einer Schad­stoffbelastung ausgesetzt – wir kennen die Situation, dass entweder die Türe offen ist oder dass das Abluftsystem nicht funktioniert –, und die Ärztinnen und Ärzte erklären uns, dass das bei Kindern umso schlimmer ist, weil die Lunge noch im Wachstum ist und weil die Atemfrequenz eine höhere ist.

Dann diskutieren wir – Kollegin Holzinger war dabei –, fragen: Frau Ministerin, was machen wir denn für den Schutz von Kindern und von Babys?, und die Frau Ministerin sagt darauf: Da ist halt die Frage, wo man die rote Linie zieht, weil man dann ja auch verbieten könnte, dass Kinder und Jugendliche überhaupt ins Gasthaus mitgehen, weil sie ja dort theoretisch auch Alkohol trinken könnten.

Das ist leider derselbe Schmäh, den uns Strache schon einmal versucht hat, einzu­reden. Ihr erinnert euch an den Schweinsbraten und an H.-C. Strache, als er gesagt hat: Das wird nämlich als Nächstes verboten, wenn wir jetzt den Nichtraucherschutz einführen! – Dasselbe erzählt uns jetzt die Frau Ministerin. Wenn Sie (in Richtung Bundesministerin Hartinger-Klein) fünf Bier trinken, sind Sie vielleicht rauschig, aber nicht wir alle. Das ist der Unterschied. (Heiterkeit bei und Zwischenbemerkung von Bundesministerin Hartinger-Klein.) Wenn Sie fünf Zigaretten rauchen, rauchen wir alle mit. So einfach ist es! So einfach ist es! (Heiterkeit und Beifall bei der SPÖ.)

Wenn Herr Strache seinen Schweinsbraten isst, kostet nicht jeder von uns den Schweinsbraten von Herrn Strache, und das macht den Unterschied. Es geht um den Schutz von Nichtraucherinnen und Nichtrauchern – so einfach ist es! –, indem man als Raucher vor die Türe geht, draußen die Zigarette raucht, miteinander diskutiert und sich unterhält. Das ist eine Möglichkeit. (Zwischenruf des Abg. Neubauer.) Es geht um den Schutz von Menschen, die in der Gastronomie arbeiten.

Weiters haben wir von neuen Studien, zum Beispiel über die Schäden durch den kalten Rauch, gehört. Ihr erinnert euch vielleicht – diejenigen, die im Gesundheitsausschuss waren –: Die Räume sind ja auch Stunden und Tage danach noch kontaminiert. Mir war das selber in dieser Form gar nicht bewusst, was das vor allem für das Reini­gungspersonal heißt, dass die Leute, die danach sauber machen müssen, weiterhin die Schadstoffe einatmen. Ich meine, die Reinigungskräfte gehören doch nicht zu jener Berufsgruppe, die am allerbesten verdient. Da müssten wir doch sagen: Wir sind als Politikerinnen und Politiker verantwortlich, auch für diese Menschen zu kämpfen und das Richtige zu tun! (Beifall bei der SPÖ.)


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Ich möchte nur um Folgendes bitten: Auf allen Wahlplakaten ist immer etwas von Mut und neuem Stil gestanden. Der neue Stil kann doch nicht sein, dass wir sagen: Die Fakten sind uns völlig egal, die Ärztinnen und Ärzte haben keine Ahnung, und Wunderwuzzi Sebastian Kurz ist überhaupt der Topexperte, der sich viel besser auskennt als alle Ärztinnen und Ärzte dieses Landes!

Ich bitte euch wirklich: Habt den Mut! Wenn ihr nicht selber bereit seid, in den eigenen Reihen einen Kurswechsel herbeizuführen, glaubt wenigstens 900 000 Menschen, die bereit waren und den Mut gehabt haben, für das Richtige auf das Gemeindeamt zu gehen und für den Nichtraucherschutz zu kämpfen! (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten von JETZT.)

11.38


Präsidentin Doris Bures: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Josef Riemer. – Bitte.


11.38.55

Abgeordneter Josef A. Riemer (FPÖ): Geschätzte Frau Präsident! Frau Bundes­minis­ter! Kollege Kucher, ich schätze dich sehr, aber bitte: Der Umgang mit einer Frau – auch wenn es eine Frau Bundesminister ist – soll so sein, wie es sich gehört; auch das würde der Würde des Hauses entsprechen! (Beifall bei Abgeordneten von FPÖ und ÖVP. – Abg. Wittmann: Mäßiger Applaus! Zwischenruf des Abg. Kucher.)

Das Zweite ist: Im alten Seminardeutsch – für Kollegen Noll, der ist ja ein ganz großer Universitätsprofessor – würde ich sagen: Wie innen, so außen, wie oben, so unten! Das bedeutet: Wenn man selbst raucht, soll man nicht anderen Leuten Lehrbeispiele erteilen, sondern man soll ein besseres Beispiel abgeben. Das wäre das Nächste, was ich einbringen möchte. Das bedeutet aber auch: Wenn ich heute, Kollege Kucher, zu dieser schwerwiegenden Thematik nichts anderes vorzubringen habe als Angriffe gegen die Bundesregierung zu einem anderen Thema, dann ist das eigentlich sehr be­dauerlich. (Abg. Lindner: So ein Schwachsinn! Abg. Loacker: Was habt ihr inhaltlich vorzubringen?)

Worum geht es eigentlich bei diesem Nichtrauchervolksbegehren? – Erstens einmal ist es, aus meiner subjektiven Sicht, ein Schießen mit Kanonen auf Spatzen. 900 000 Men­schen haben unterschrieben – und Respekt davor, Respekt vor all den Experten (Zwi­schenruf der Abg. Duzdar), ja, Respekt vor den Experten, aber es war eine Themen­verfehlung (Heiterkeit bei der SPÖ), denn worum geht es in Wirklichkeit?

In Österreich gibt es ein generelles Rauchverbot: Rauchen ist in öffentlichen Gebäu­den, Hallen, Festzelten, öffentlichen Verkehrsmitteln, Flughäfen und so weiter nicht erlaubt. Ausgenommen sind Bereiche in der Gastronomie, in denen das Rauchen gemäß § 13a Tabak- und Nichtraucherinnen- bzw. Nichtraucherschutzgesetz zulässig ist. Eine Ausnahme gilt für Gastronomiebetriebe, die über einen eigenen Raucherraum verfügen, der auch räumlich getrennt sein muss, und für Betriebe, deren Grundfläche 50 Quadratmeter unterschreitet. Es gibt auch baurechtliche und brandschutzrechtliche Regelungen und vielleicht auch die Situation eines totalen Rauchverbots, wie man sie in Konditoreien und manchen Kaffeehäusern sieht.

Eines muss ich bitte schon sagen: Das ist ja jetzt keine Debatte für oder gegen das Rauchen, die wir hier führen. Dass Rauchen schädlich ist, weiß ja jeder, aber es weiß auch jeder, der heute Skifahren geht, dass er sich einen Fuß brechen kann, auch das muss ich sagen, und trotzdem verurteilt ihn niemand. Es weiß auch bitte jeder, dass jeder Bürger, jeder Kunde die Möglichkeit hat, sich zu entscheiden, ob er in ein Nicht­raucherlokal oder in ein Raucherlokal oder in ein sogenanntes gemischtes Lokal geht.


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Es geht hier also um eine Grundsatzdiskussion, in der es darum geht: Verbotskultur oder Selbstverantwortung des Bürgers? Das ist die ganze Geschichte. (Beifall bei FPÖ und ÖVP. – Abg. Kucher: Was ist mit der Kellnerin?) – Das kommt schon noch; durchlesen, das kommt alles noch!

Dann kommt die Thematik Gesundheit. Es haben sich offensichtlich alle der Gesund­heit verschworen, auch die Herren Professoren, auch die Herren Experten. Wo haben Sie dann aber versagt? Sie reden von den Jugendlichen, den armen Jugendlichen. Bitte, diese Bundesregierung hat das strengste Jugendschutzprogramm punkto Rauchen geschaffen: Rauchverbot bis zum 18. Lebensjahr! Sie wissen das ganz genau, das reicht vom Bedienen eines Tabakautomaten bis dahin, in ein Raucherlokal zu gehen.

Im Ausschuss war ich natürlich sehr enttäuscht, als ich gehört habe, dass es Frauen in Wien gibt, die mit ihren Babys in Raucherlokale gehen. Ja bitte, das ist ja nicht einmal erlaubt! Und welche Frau das tut, ist auch zu hinterfragen. Die raucht höchstwahr­scheinlich auch zu Hause. Das ist natürlich nicht hinzunehmen.

Wir sind uns alle darin einig, dass bei den Jugendlichen anzusetzen ist. Was aber haben die Experten eingebracht? Haben sie Alternativen eingebracht? Haben sie Projekte dahin gehend eingebracht, wie man überhaupt die erste Zigarette verhindern kann? – Nein, das haben sie nicht. Sie haben als Einziges festgehalten: Wir erhöhen die Zigarettenpreise. – So geht das aber nicht! 560 000 Rauchern, die aufhören woll­ten, zu rauchen, konnte mit statistischen Zahlen auch nicht geholfen werden.

Diese Bundesregierung hat etwas gemacht: Sie schaut, dass man vorbeugend mit Programmen arbeitet, um die Jugend zu schützen, um sie vor der ersten Zigarette zu warnen. Dazu sind wir alle wohl auch als Zivilgesellschaft aufgerufen. Sich aber jetzt bei einigen wenigen Tausenden Betrieben abzuputzen, damit man politisches Klein­geld wechseln kann, finde ich bedauerlich.

Ich würde mir erwarten, dass man etwas gegen das Rauchen bei Jugendlichen macht. Ich würde mir erwarten, dass wir ungefähr 30 000 Drogenabhängige mit in dieses Pro­gramm aufnehmen. Ich würde mir erwarten, dass wir die Alkoholsüchtigen mit hinein in dieses Boot nehmen, die auch schon als Jugendliche mit dem Alkohol beginnen. Ich würde mir erwarten, dass wir auch die Debatte über Cannabis – vielleicht im Sinne von: eine Einstiegsdroge für Heroin später – mit aufnehmen. Das wäre ehrlich und das wäre zum Schutz unserer Jugendlichen. Wir brauchen aber keine blasphemischen Geschichten zulasten einiger weniger Gastwirte, die dadurch in ihrer Existenz bedroht sind! – Danke. (Beifall bei FPÖ und ÖVP.)

11.44


Präsidentin Doris Bures: Herr Abgeordneter Mag. Gerald Loacker ist der nächste Redner. – Bitte.


11.44.42

Abgeordneter Mag. Gerald Loacker (NEOS): Frau Präsidentin! Sehr geehrte Frau Bundesministerin! Hohes Haus! Ignoranz ist die Summe aller Maßnahmen, die man ergreift, um die Wahrheit nicht sehen zu müssen, sagt die Pädagogin Sandra Pulsfort.

Das Volksbegehren Don’t smoke mit seinen knapp 900 000 Unterschriften steht jetzt zur Debatte; daran muss ich jetzt nach der Rede des Kollegen Riemer erinnern. Wir haben im Gesundheitsausschuss vier Hearings abgehalten, und es gibt auch einen Bericht, 533 der Beilagen, den Sie auch online abrufen können. Experten, Mediziner vom Fach der Onkologie, Spezialisten der Allgemeinmedizin, Fachleute für Raucher­prävention, Ökonomen, ja auch ein Sachverständiger für Luftqualität in Innenräumen haben ihre Expertise zur Verfügung gestellt. Universitätsprofessoren, Doktoren, Diplom­ingenieure haben Studien zitiert, Studien präsentiert, die sie selbst erstellt haben,


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Krebsraten analysiert, die Zahl der Schlaganfälle und der Herzinfarkte dokumentiert, Beispiele aus Australien, Kanada, Deutschland, England und Finnland zitiert. Fakten über Fakten haben sich über die Ausschussmitglieder ergossen. Und dann kamen die Experten von ÖVP und FPÖ, und ich berichte Ihnen jetzt aus dem Hearing vom 26. Februar:

Mario Pulker von der Wirtschaftskammer, Sparte Tourismus und Freizeitwirtschaft, war der Experte von FPÖ und ÖVP, und er hat gesagt – ich zitiere wörtlich –: „Ich kann Ihnen nur sagen, dass ich meinen Betrieb, ein Hotelrestaurant in der Wachau mit 40 Zimmern, seit 2008 rauchfrei habe, weil mein Lokal ein Lokal ist, das internationale Gäste beherbergt. Ich kann Ihnen aber auch sagen, dass meine beiden Onkel je ein Dorfwirtshaus betreiben. Ein Onkel führt ein gemischtes Lokal, der andere ein Einraumlokal“ – und so weiter, und so weiter; also Familiengeschichte als Gegen­argument zu wissenschaftlichen Studien und zu wissenschaftlicher Evidenz.

Das war aber erst der Anfang. Dann kamen die Abgeordneten von ÖVP und FPÖ, und da ist es erst richtig losgegangen. Zuerst Kollege Hammer, der wiederum auf die Expertise des Kollegen Obernosterer verwiesen hat, und zwar mit den Worten – wieder wörtliches Zitat, das können Sie alles nachlesen –: „Die Zahlen, die Sie da präsentiert haben, sind absolut nicht nachvollziehbar. Kollege Obernosterer ist gerade gegangen; er ist Kärntner, er kann aus Kärnten, vor allem aus dem Lesachtal, wo er selber beheimatet ist, ganz andere Zahlen nennen.“ – Bitte, kommen Sie der ÖVP nicht mit Studien aus Australien und aus Deutschland, wenn die sich im Lesachtal auskennen! (Heiterkeit und Beifall bei NEOS und SPÖ.)

Nächster Auftritt, Kollegin Kirchbaumer, Zitat – wörtlich –: „Frau Vorsitzende! Werte Bundesministerin! Ich würde gerne eingangs meine Geschichte erzählen.“ – Das hat sie dann auch gemacht, aber die Details erspare ich Ihnen jetzt. Sie hat uns von ihren drei Versuchen, mit dem Rauchen aufzuhören, berichtet. – Kommen Sie der ÖVP auch nicht mit wissenschaftlicher Evidenz, wenn jemand eine Familiengeschichte zu erzäh­len hat!

Das war aber ein müder Auftakt – bis die FPÖ ins Spiel kommt. Kollege Wurm hat die Studien der Universitätsprofessoren mit den Worten quittiert: „Grundsätzlich traue ich nur Statistiken, die ich selber gefälscht habe“. – Das müssen sich Wissenschaftler im österreichischen Parlament von Abgeordneten anhören. Das ist doch eine Blamage für das Hohe Haus insgesamt! (Beifall bei NEOS und SPÖ sowie der Abg. Holzinger-Vogtenhuber.)

Alles, was ÖVP und FPÖ der Wissenschaft entgegenzusetzen haben, sind Anekdoten aus der Familie oder aus dem eigenen Leben. Und was Sie auch haben, ist eine Mehrheit (Abg. Wurm: Geh auf Tatsachen ein, Gerald, du erzählst Geschichten heute!), eine Mehrheit, mit der Sie über die 900 000 Unterschriften drüberfahren kön­nen, und eine Mehrheit, mit der Sie die Wissenschaft vom Tisch wischen können; aber Schopenhauer hat gesagt: „Die Wahrheit kann warten: denn sie hat ein langes Leben vor sich.“ (Beifall bei NEOS und SPÖ.)

11.48


Präsidentin Doris Bures: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Gabriela Schwarz. – Bitte.


11.49.03

Abgeordnete Gabriela Schwarz (ÖVP): Werte Frau Präsidentin! Frau Ministerin! Hohes Haus! Sehr verehrte Damen und Herren auf der Galerie und daheim vor den Bildschirmen! Zuerst einmal zu Kollegen Kucher, der jetzt, nachdem Kollegin Rendi-Wagner ihm das Amt übertragen hat, Gesundheitssprecher der SPÖ ist: Ich könnte


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mich nicht erinnern, lieber Philip, dass die Ministerin jemals behauptet hätte, rauchen sei gesund. Das halte ich für ausgeschlossen. (Beifall bei ÖVP und FPÖ.)

Ich halte es auch für relativ verzichtbar, den Bundeskanzler als Wunderwuzzi zu bezeichnen. Auch dagegen verwahre ich mich in aller Deutlichkeit.

Auch auf die Gefahr hin, Kollegen Loacker jetzt zu langweilen: Ich weiß, was es heißt, als Jugendliche zu rauchen zu beginnen und auch wieder damit aufzuhören. Wenn Sie das auch wissen - - (Abg. Scherak: Das weiß ich auch, aber das hat mit der Debatte nichts zu tun!) – Das hat schon etwas mit der Debatte zu tun (Abg. Loacker: Niemand interessiert sich für eure persönlichen Geschichten!), denn es geht darum, wie Jugendliche zu rauchen beginnen.

Wenn wir schon vom Gesundheitsausschuss und den Experten, die dort geredet haben, sprechen, dann darf ich sagen, es war eines ganz deutlich: Es ist nicht ein Faktor, der Jugendliche zum Rauchen bringt, sondern es sind mehrere Faktoren: das soziale Umfeld, der Freundeskreis und natürlich die Attraktivität, lässig und cool zu sein.

Wenn du (in Richtung Abg. Loacker) aus den Sitzungen des Gesundheitsausschusses zitierst, zitiere ich zum Beispiel aus dem Drogenbericht des Landes Oberösterreich, der letzte Woche erschienen ist. Daraus wird ganz klar ersichtlich, dass nicht zuletzt aufgrund der Diskussionen und aufgrund der Bewusstseinsänderung bereits wesentlich weniger Jugendliche rauchen als noch vor wenigen Jahren. Die Landeshaupt­mann­stell­vertreterin hat die Zahlen präsentiert: In der Gruppe der 15- bis 19-Jährigen rauchen in Oberösterreich nur mehr 13 Prozent täglich, 20 Prozent gelegentlich, 67 Pro­zent gar nicht. (Abg. Jarolim: ... so ahnungslos!) Zum Vergleich dazu: 2000 waren es 44 Prozent, 2015 waren es noch 33 Prozent, die täglich geraucht haben. Die Raucher­quoten sind jetzt Gott sei Dank auch bei den Mädchen rückläufig, wie wir vermerken dürfen.

Was heißt das für uns? – Es wurde heute schon mehrmals der Jugendschutz ange­sprochen: Der Verkauf an Jugendliche unter 18 Jahren ist nicht mehr gestattet. Es darf in Autos nicht geraucht werden, wenn Kinder und Jugendliche anwesend sind. (Abg. Wittmann: Vollständige Ahnungslosigkeit spricht da!)

Wir reden von der Gastronomie als einem Punkt. Wir sind dafür, den Jugendschutz, wir sind dafür, die Prävention wirklich zu verstärken und noch deutlicher hervor­zuheben. Da gibt es zum Beispiel auch ein höchst interessantes Projekt. Gemeinsam mit Pro Mente – das ist ja auch nicht irgendein Verein, sondern der beschäftigt sich auch mit Lebensgewohnheiten – gibt es eine wirklich gute Aktion, die Workshops beinhaltet, und eine App, wo sich Jugendliche Rat holen können, weil man gemerkt hat, dass gerade in Oberösterreich unverhältnismäßig viele Lehrlinge rauchen; im Gegensatz zu den Schülern und Studenten. In Oberösterreich sind es 43 Prozent Lehrlinge, aber nur 5,4 Prozent Schülerinnen und Schüler.

Ready4life heißt diese Aktion von Pro Mente, die genau darauf abzielt, nämlich mit den Lebensgewohnheiten, mit Stresssituationen und damit zurechtzukommen, dass man eben nicht cool ist, wenn man raucht. Die Austauschschülerin, die im Gesund­heits­ausschuss war, hat das Beispiel Australien gebracht. Sie hat gesagt, dort gilt es nicht mehr als cool, zu rauchen, und – was noch dazukommt, ein wichtiger Indikator – dort sind die Zigaretten auch wirklich sehr, sehr teuer.

Ich sage jetzt trotzdem aus meiner eigenen Erfahrung: 350 000 Zigaretten habe ich hochgerechnet bis zu dem Tag, an dem ich aufgehört habe, geraucht. Es ist nicht gescheit und es ist gar nicht cool, zu rauchen, und wir werden alles tun, damit mög-


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lichst viele Jugendliche erst gar nicht damit beginnen. – Danke vielmals. (Beifall bei ÖVP und FPÖ.)

11.52


Präsidentin Doris Bures: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Daniela Holzinger-Vogtenhuber. – Bitte.


11.52.32

Abgeordnete Daniela Holzinger-Vogtenhuber, BA (JETZT): Frau Präsidentin! Frau Ministerin! Liebe KollegInnen! Sehr geehrte Mitbürgerinnen und Mitbürger! Mit der Diskussion zum Nichtraucherschutz geht es mir wahrscheinlich wie den knapp 900 000 UnterstützerInnen des Don’t-smoke-Volksbegehrens: Es herrscht einfach schieres Unverständnis darüber, wie die Regierung und die Regierungsfraktionen weiterhin ihre trotzige, aber natürlich auch ignorante Haltung diesem Thema gegen­über aufrechterhalten können.

Um Sie herum stehen nach mittlerweile vier ExpertInnenhearings ÄrztInnen, Medizi­nerInnen, TechnikerInnen und ExpertInnen aus allen Bereichen der Wirtschaft, und die sagen immer wieder und belegen durch Statistiken, nicht durch persönliche Geschich­ten, sondern durch Statistiken und auch mehrfache Studien: Die Trennung in Raucher- und Nichtraucherbereiche funktioniert nicht! Die Regelung ist schlecht für den Nicht­raucherschutz der Gäste in gastronomischen Betrieben. Passivrauchen ist auch krebs­erregend. Und Sie behandeln Beschäftigte in der Gastronomie anders als alle anderen Beschäftigten?! Gibt es in anderen Arbeitnehmerbereichen nämlich den Schutz vor Passivrauchen, indem man in diesen Bereichen nicht arbeiten muss, so ist das in der Gastronomie überhaupt nicht der Fall. Jene Personen nämlich, die dort arbeiten, sind den Gefahren des Passivrauchens ausgesetzt, was, wie gesagt – belegt –, krebs­erre­gend ist.

Das wäre Argument genug, um als Gesundheitsministerin den Arbeitnehmerschutz auch für diese Personen entsprechend hochzuhalten, zu stärken, anstatt zu sagen: Das ist beschlossen worden, das haben wir im Regierungsübereinkommen so fest­gehalten, und ich setze das jetzt um. Von einer Gesundheitsministerin würde ich mir erwarten, die Gesundheit der Beschäftigten und der Lehrlinge in diesen Bereichen obenan zu stellen.

Expertinnen und Experten reden sich, wie gesagt, den Mund fusselig. Das haben wir in mehreren Hearings gehört, das haben wir in den Ausschusssitzungen besprochen. Wie antworten die Regierungsfraktionen? – Von der ÖVP kommt zum größten Teil Schwei­gen, aber die FPÖ – ganz klar – verteidigt ihren einzigen Verhandlungserfolg aus den Regierungsverhandlungen. Anders kann ich es mir nicht erklären, denn bei gebroche­nem Versprechen: Volksabstimmung zu Ceta, bei gebrochenem Versprechen zu: Mit uns kein 12-Stunden-Arbeitstag!, bei gebrochenem Versprechen zu: Wir führen sofort die direkte Demokratie ein!, ist es das Einzige, was am Ende des Tages noch übrig geblieben ist: Sie haben sich herausgeholt, dass man am Ende des Tages in der Gastronomie noch rauchen darf. Und das verteidigen Sie, um Ihr Gesicht nicht zu ver­lieren, um sich wenigstens noch an den letzten Strohhalm klammern zu können.

Zwei Argumente, die Sie konsequent ignorieren, in jeder Debatte, die uns im Gesund­heitsausschuss in öffentlichen ExpertInnenhearings mitgegeben und eingebracht wor­den sind: Das erste ist eine Studie von Dipl.-Ing. Tappler, eines gerichtlich beeide­ten Sachverständigen. Er hat sich angesehen, ob der Nichtraucherschutz in der Gas­tronomie entsprechend funktioniert, ob es sicher ist, wenn die Leute in den Nicht­raucherbereich ausweichen. 80 Prozent der untersuchten Mischbetriebe weisen 5 bis 10 Prozent erhöhte Feinstaubbelastung im Vergleich zur Außenluft auf; es ist ein signi-


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fikanter Übertritt von den Raucherbereichen in den Nichtraucherbereich nachweisbar. Und – ganz schlimm – in 74 Prozent der Betriebe, die untersucht worden sind, wird das Gesetz überhaupt nicht eingehalten, das heißt, es gibt überhaupt keinen Nichtraucher­schutz in diesen Bereichen.

Ich frage mich: Wie können Sie hier tatenlos sitzen und dem zusehen und sogar noch festschreiben, dass es dabei bleiben soll und wir am Status quo nichts ändern? – Das bedeutet für mich nicht mehr und nicht weniger als: Sie wollen eine Praxis verlängern, die aktuell schon nicht funktioniert, nämlich jene des aktuell nicht intakten und nicht funktionierenden Nichtraucherschutzes. Sie ruinieren die Gesundheit der Beschäftig­ten, die in diesen Bereichen tätig sind, weiterhin. Sie werden auch weiterhin die Ge­sundheit jener gefährden, die sich im Nichtraucherbereich aufhalten, und dazu zählen auch Kinder, weil sie glauben, dass es dort sicher ist. Aber dort ist es nicht sicher, weil es erhebliche Übertritte von Rauch in die Nichtraucherbereiche gibt.

Meiner Meinung nach ist es auch so, dass ein Jugendlicher, ein Lehrling überhaupt nichts in rauchbelasteten Umgebungen zu tun hat, aber damit stehe ich wohl allein hier. Die Regierungsfraktionen sehen das nicht so, sie behaupten es nur. Kollege Nehammer, anwesend beim „Runden Tisch“ im Oktober 2018, behauptet, es gibt nicht mehr die Möglichkeit oder es wird zukünftig verboten sein, dass Kinder und Jugend­liche sich in Raucherbereichen aufhalten.

Kollege Obernosterer in der Nationalratssitzung, Dezember 2018 – ich zitiere wörtlich –: „Unter 18-Jährige dürfen in keinen Raucherbereich mehr hineingehen, [...]“ – Das ist eine gezielte Fehlinformation. Das – würde ich sogar sagen – war damals gezielt gelo­gen, um die Bevölkerung zu täuschen, dass Sie einen Nichtraucherschutz für Jugend­liche einführen wollen. Was ist geschehen? – Nichts ist passiert. Es sind überhaupt keine Taten gefolgt!

Ich habe im letzten Gesundheitsausschuss die Ausrede gehört, Kollege Wurm hat das gesagt, die Ministerin habe hier keine Handhabe, sie sei nicht zuständig, die Länder seien zuständig. – Kollege Wurm, dann dürfte mein folgender Entschließungsantrag ganz nach Ihrem Geschmack sein. Ich bitte Sie zuzustimmen, wenn wir die Ministerin auffordern, mit den LandesjugendschutzreferentInnen tätig zu werden: „Die Bundes­minis­terin für Arbeit, Soziales, Gesundheit und Konsumentenschutz wird aufgefordert, mit den Landesjugendschutzreferentinnen und -referenten umgehend in Gespräche einzutreten, um einen umfassenden Schutz von Kindern und Jugendlichen vor Passivrauch – besonders in Raucherbereichen – zu erwirken.“

Ich bitte Sie um Ihre Zustimmung. Hören Sie auf mit Ankündigungen, hören Sie auf mit Beschwichtigungen, sondern setzen Sie einen tatsächlichen Arbeitnehmerschutz um und setzen Sie einen tatsächlichen Schutz von Kindern und Jugendlichen vor Passiv­rauchen um! Das wäre etwas, was man wirklich unterstützen könnte. – Vielen Dank. (Beifall bei JETZT.)

11.58


Präsidentin Doris Bures: Als Nächste hat sich nun die Frau Bundesministerin zu Wort gemeldet. – Bitte, Frau Ministerin.


11.58.43

Bundesministerin für Arbeit, Soziales, Gesundheit und Konsumentenschutz Mag. Beate Hartinger-Klein: Frau Präsidentin! Hohes Haus! Werter Herr Kucher – (in Richtung SPÖ:) Gratulation zum Gesundheitssprecher! –, ich weise es aufs Schärfste zurück – aufs Schärfste zurück! –, dass ich jemals gesagt hätte, rauchen sei gesund. Das habe ich nie gesagt, nie! (Beifall bei FPÖ und ÖVP.)


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Mir ist es ein ganz großes Anliegen – und es sitzen heute so viele Jugendliche auf der Zuschauergalerie –, dass die Jugendlichen gar nicht erst zu rauchen beginnen, denn wir alle wissen aus der Verhaltensforschung, wie wichtig es ist oder wie schwer es ist, wieder aufzuhören, welche Transmitter, Neurotransmitter hier eine Rolle spielen.

Und, Herr Kucher, ich sage Ihnen schon eines: Ich hoffe nicht, dass Sie fünf Bier täglich trinken, denn dann ist Ihre Gesundheit auch gefährdet. (Beifall bei der FPÖ.)

Mir ist es wichtig, für die Jugend Präventionsprogramme zu machen. Ich habe schon sehr viele Maßnahmen gesetzt, auch bei den Lehrlingen, dass sie nicht mehr, sage ich einmal, wie früher vier Stunden in solchen Lokalen arbeiten dürfen, sondern nur mehr eine Stunde. Also hier habe ich mehrere Maßnahmen gesetzt. (Abg. Wittmann: Also dieses Geschwätz ist ja unerträglich!) – Hören Sie zu, bitte! Wir haben mehrere Maßnahmen gesetzt.

Ich bin sehr froh. Ich habe mit dem Wissenschafter Professor Kunze und anderen ge­redet. (Abg. Wittmann: Ihr Geschwätz ist unerträglich! Handeln Sie!) Wir machen viele präventive Maßnahmen.

Ich kann nur sagen: Ich hoffe, dass durch die Diskussion viele gar nicht zu rauchen beginnen. (Beifall bei der FPÖ und bei Abgeordneten der ÖVP.)

12.00


Präsidentin Doris Bures: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Peter Wurm. – Bitte.


12.00.18

Abgeordneter Peter Wurm (FPÖ): Frau Präsidentin! Frau Minister! Hohes Haus! Werte Zuseher zu Hause vor den Bildschirmen! Rauchen ist ungesund. Rauchen ist eine schlechte Angewohnheit, ein Laster, eine Sucht. Rauchen stinkt, Rauchen ist teuer und kostet viel Geld. – Kann man so sagen, werden vermutlich viele, die Nicht­raucher sind, auch so sagen.

Ich kann aber auch sagen: Ob ich rauche, das ist meine persönliche, freie Ent­scheidung als erwachsener Mensch. Ich kann auch sagen: Rauchen schmeckt mir und entspannt mich. Ich kann auch sagen: Raucher sind geselliger, toleranter, Rauchen verbindet. – Das werden vermutlich die Raucher sagen. (Abg. Leichtfried: Da geht es doch nicht um die Raucher!)

Nur: Die Fragestellung heute – und das muss man schon noch einmal klarstellen – ist: Es geht eben nicht darum, ob jemand raucht oder nicht, auch nicht bei diesem Volksbegehren Don’t smoke und bei den anderen Punkten, die heute auf der Tagesordnung stehen. Es geht explizit darum, dass in der Gastronomie in Österreich gewisse Ausnahmen bestehen, wo es einen Raucherbereich geben kann. Das ist das Thema. Darum dreht sich diese hysterische Diskussion seit Jahren – seit Jahren! (Abg. Kucher: Jetzt ist es hysterisch!)

Ich stelle es noch einmal fest: Ich habe mittlerweile, in den letzten Jahren, viele meiner Gegenspieler verloren. Auch Rendi-Wagner hat heute die Funktion als Gesundheits­sprecher abgegeben, steht hier nicht mehr heraußen und meldet sich nicht mehr zu Wort, auch Strolz oder andere nicht.

Aber lassen Sie mich vielleicht Folgendes sagen – ich wiederhole es; das sollten alle zur Kenntnis nehmen oder verifizieren, denn diese Fakten kann man relativ leicht recherchieren –: In Österreich gibt es seit mehr als zehn Jahren ein generelles Rauchverbot, und zwar überhaupt ein generelles Rauchverbot, auch ein generelles Rauchverbot in der Gastronomie; seit über zehn Jahren! (Beifall der Abg. Povysil. – Abg. Leichtfried: Das ist ein bisschen ein Scherz!) 2015 wurde dieses Gesetz noch


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einmal verschärft. Das Rauchverbot wurde teilweise sogar auf freie Bereiche ausgedehnt: auf Schulhöfe, Zeltfeste und, und, und.

Österreich hat – das hat sich auch bewiesen, das haben auch die Experten bestätigt – eine der strengsten Nichtrauchergesetzgebungen weltweit. – Das einmal zu den Fakten. (Beifall bei der FPÖ und bei Abgeordneten der ÖVP. – Abg. Leichtfried: Das ist kein Faktum! Das ist ein Unsinn!)

Im Expertenhearing wurde auch festgestellt, dass die von der Bundesregierung getroffenen Maßnahmen, was den Jugendschutz betrifft, genau die richtigen sind, nämlich Jugendliche bis 18 Jahre zu schützen, dass sie keine Zigaretten kaufen können und auch keine rauchen dürfen. Auch der Schutz von Kindern vor Rauch in Autos als erste Maßnahme war eine ganz wichtige Entscheidung. Da haben die Experten gesagt, das ist genau die richtige Geschichte.

Was haben wir bei dieser Expertenrunde aber gelernt? – Ich möchte hier schon einige Dinge noch einmal aufzählen, weil sie wichtig sind. Für den Kollegen Loacker: Bitte halte dich an die Fakten! Die sind auf der Parlamentsseite nachzulesen. Man kann das alles nachlesen. Das war für viele eine Überraschung – davon hat man aber heute wenig gehört –: Österreich liegt beim Raucheranteil in Europa im Durchschnitt. Das heißt, wir sind nicht der Aschenbecher Europas, wie das die SPÖ immer behauptet. Wir liegen schön im Durchschnitt, auch bei den jugendlichen Rauchern.

Zweite Aussage der Experten – eine ganz wichtige; wurde heute unter den Tisch fallen gelassen –: Mehr als die Hälfte der EU-Staaten hat in der Gastronomie Ausnahme­regeln, so wie Österreich; mehr als die Hälfte! Also wir sind nicht das einzige Land in Europa, das in der Gastronomie Ausnahmeregeln hat.

Wichtigste Maßnahme: der Jugendschutz. Alles, was wir in diesem Bereich machen, verhindert einen hohen Raucheranteil langfristig am besten. Bei aktiven Rauchern steigt das Gesundheitsrisiko, abhängig von der Menge der Zigaretten und der Dauer der Jahre, die sie rauchen. Das ist auch keine neue Erkenntnis, aber das haben die Experten festgestellt. Der Anteil der Raucher wird auch in Österreich von Jahr zu Jahr geringer.

Eine weitere Aussage der Experten, die schon interessant war: Es gibt keinen kau­salen Zusammenhang zwischen dem Raucheranteil eines Staates und der Lebens­erwartung. Das heißt, ob der Raucheranteil gering oder hoch ist, wirkt sich nicht auf die Lebenserwartung in einem Land aus. Offensichtlich gibt es da andere Ursachen.

Weiters haben wir festgestellt – und das war schon sehr interessant –: Je nach Standort des Lokals kann die Feinstaubbelastung im Raucherbereich sogar geringer sein als im Nichtraucherbereich oder in der Außenluft. (Beifall bei der FPÖ.) Das kann man nachprüfen. Da sollten jetzt einige doch die Ohren spitzen! Das hat der eine Experte festgehalten. Die Erklärung dazu kam auch relativ schnell, weil ich nachgefragt habe. Seine Aussage war folgende: Es kann Ihnen passieren, wenn Sie neben einer Straßenbahnlinie wohnen, dass Sie dadurch in Ihrem Wohnbereich eine höhere Belastung haben als in einem Raucherbereich, weil das größte Risiko eben zum Beispiel der Feinstaub ist, der beim Bremsen auf den Straßenbahnschienen entsteht. Es wurde ebenso festgestellt, dass die Feinstaubbelastung, wenn Sie zu Hause mehrere Kerzen brennen haben, höher ist als im Raucherbereich; auch wenn Sie Räucherstäbchen verwenden, ist dies der Fall. Das hat der Experte festgestellt.

Auf eine Aussage sollte man noch einmal ganz deutlich hinweisen: Es gibt keine wissenschaftliche Studie, die das Passivrauchen betrifft. Was der Experte auf meine Nachfrage hin festgehalten hat – und so viel zur Wissenschaftlichkeit –, war: Alle Studien zum Passivrauchen basieren auf einer mathematischen Formel. Die Leute


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werden gar nicht befragt, ob sie mit Rauch passiv in Berührung gekommen sind. Das war die Aussage des Experten. Es kann jeder gerne herauskommen, auch Kollege Loacker, und erklären, ob diese Aussage richtig oder falsch ist. Das heißt, Passiv­rauchen und die ominösen Tausenden Toten basieren auf einer mathematischen Formel. Das hat der Experte bestätigt, kann man auch nachlesen. (Ruf bei der SPÖ: Rauchen ist gesundheitsschädlich! Passivrauchen ...!)

Es gäbe dazu noch relativ viel auszuführen. Wir werden vielleicht noch die Gelegenheit haben, darüber zu diskutieren. Was ich noch einmal festhalten will, ist Folgendes: Wir diskutieren seit Jahren ein Randthema, nämlich ganz wenige Prozente in der Gastro­nomie, wo es einen Raucherbereich gibt. Sollten Sie Raucher sein, werden Sie fest­stellen, Sie tun sich sehr schwer, einen Raucherbereich in der Gastronomie zu finden. Das mag auch gut sein.

Aber wir sind der Meinung: Das, was wichtig ist, ist der Kinder- und Jugendschutz. Den haben wir schon, meiner Meinung nach, sehr gut verstärkt – man kann noch mehr machen, es wird noch mehr passieren –, aber in letzter Konsequenz stehen wir für den freien Bürger und für die freie Entscheidung, ob man ein Raucher- oder ein Nicht­raucherlokal betritt, und das ist auch gut so. – Danke. (Beifall bei FPÖ und ÖVP.)

12.07


Präsidentin Doris Bures: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Diet­mar Keck. – Bitte.


12.08.05

Abgeordneter Dietmar Keck (SPÖ): Frau Präsidentin! Frau Bundesminister! Öster­reich hat sich dazu verpflichtet, wirksame Maßnahmen zum Schutz vor Passivrauchen am Arbeitsplatz, in geschlossenen Räumen, in öffentlichen Verkehrsmitteln und an geschlossenen öffentlichen Orten einzurichten. Nach dem novellierten Tabakgesetz von 2004 galten in Österreich schon ab 1. Jänner 2005 Rauchverbote in Räumen und an öffentlichen Orten.

Es wurde auch das ArbeitnehmerInnenschutzgesetz dahin gehend novelliert, dass Rauchen am Arbeitsplatz nicht mehr erlaubt ist – einzige Ausnahme: die Gastronomie, in der die Beschäftigten, insbesondere die Jugendlichen, dem äußerst gesundheits­schäd­lichen Rauch passiv ausgesetzt sind.

Die Experten, insbesondere Herr Dipl.-Ing. Tappler hat uns erklärt, dass alle Maß­nahmen, die gesetzt wurden, Nichtraucher in der Gastronomie nicht vor den gesund­heitsgefährdenden Stoffen, die Zigarettenrauch erzeugt, schützen.

Wir haben Kollegen Wurm ja auch beim letzten Hearing aufgefordert: Sag uns ein einziges Argument, das Rauchen in der Gastronomie zulässt, wodurch die Gesundheit nicht gefährdet ist! (Abg. Neubauer: Wahlfreiheit!) Er hat darauf hingewiesen, er werde es hier im Plenum sagen. Ich habe jetzt bei deiner Rede wirklich intensivst aufgepasst, ob irgendein Argument kommt, das die gesundheitlichen Bedenken, die alle Experten geäußert haben, zerstreut und Rauchen in der Gastronomie zulässt. Es ist kein einziges Argument von dir gekommen, das Rauchen in der Gastronomie für unbedenk­lich erklärt, das erklärt, dass Beschäftigte, die dort dem Rauch passiv – und das haben uns viele Experten erklärt – ausgesetzt sind, diesen krebserregenden Stoffen aus­gesetzt sind, dadurch nicht gefährdet wären. Wir setzen diese Menschen dem Rauch aus und ihre Gesundheit aufs Spiel.

Es ist wirklich schrecklich, was hier diesbezüglich passiert. Und es kommt kein Argu­ment außer: Ja, wir wissen, dass Rauchen schädlich ist, aber, mein Gott na! Es geht ja – wer hat das gesagt, Kollege Riemer – um die Eigenverantwortung der Bürger. (Abg. Riemer: Ja, natürlich!) Die Bürger sollen entscheiden, wo sie hingehen. Aber,


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Kollege Riemer (Beifall bei Abgeordneten der FPÖ) – klatschen Sie nur! (weitere Zwischenrufe bei der FPÖ) –, was ist denn im Ausschuss passiert, als es um die Eigenverantwortung der Bürger gegangen ist, als dort diskutiert wurde? – Gerade die FPÖ-Abgeordneten haben im Ausschuss erklärt, wir müssen ja das Rauchen lassen, denn am Land gibt es im Ort nur ein einziges Lokal, und dann könnte es sein, dass dieses nicht besucht wird. – Wie gehen Sie denn da mit der Eigenverantwortung der Bürger um? (Abg. Haider: Verbieten! Verbieten! Das hat schon die Grünen ... aus dem Parlament ....!)

Kollege Riemer, ich kann dir nur sagen: Das, was hier passiert, ist ein Wahnsinn! Ich kann aber den FPÖ-Abgeordneten jetzt zugutehalten: Seitdem wir über das Rauchen diskutieren, seit 2005, seitdem wir es auch in den ÖBB-Zügen abgeschafft haben – da gab es auch einen großen Aufstand der FPÖ-Abgeordneten –, sind sie immer dazu gestanden, dass geraucht wird. Das, was mich wirklich fürchterlich aufregt, ist aber die Haltung der ÖVP. Wir haben es mit der leider zu früh verstorbenen Gesundheits­ministerin Sabine Oberhauser und dem damaligen Vizekanzler Mitterlehner geschafft, im Jahr 2015 ein Rauchverbot in der Gastronomie einzuführen, mit einer Übergangs­frist bis 1. Mai 2018. Das ist mit den Stimmen der ÖVP mitbeschlossen worden.

Wir hatten eine Mehrheit in diesem Haus, weil wir gesagt haben, wir in diesem Haus sind für die Gesundheit der Menschen in Österreich verantwortlich. Wir haben dieses Gesetz für die Gesundheit der Menschen in Österreich beschlossen. Nur damit die ÖVP den Bundeskanzler in der Regierung stellen kann (Abg. Belakowitsch: Was heißt „nur“?), gibt sie einem Vorschlag des Koalitionspartners nach und fällt zu 100 Prozent bei einem Gesetz um, das die Gesundheit der Menschen in Österreich schützen sollte. (Abg. Belakowitsch: Der einzige Bundeskanzler, der ... , war euer Kern!)

Sie von der ÖVP sind dafür verantwortlich, dass Menschen, die in diesen Betrieben arbeiten müssen, weil sie nicht die Chance haben, sich den Arbeitsplatz nach Raucher­arbeitsplatz oder Nichtraucherarbeitsplatz auszusuchen, in diesen Betrieben krank werden können. Sie sind dafür verantwortlich, dass Menschen aufgrund dieser Erkran­kung sterben können. Sie sind dafür verantwortlich, dass es in Österreich Leid gibt, weil eine Maßnahme gesetzt wird, die man in diesem Parlament nicht vertreten kann. (Beifall der Abgeordneten Rendi-Wagner und Leichtfried.)

Aus diesem Grund, meine Damen und Herren, bringe ich folgenden Entschließungs­antrag ein:

Entschließungsantrag  

der Abgeordneten Philip Kucher, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Nichtraucher­schutz und Rauchverbot in der Gastronomie“

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesministerin für Arbeit, Soziales, Gesundheit und Konsumentenschutz wird aufgefordert, den eindeutigen Willen der österreichischen Bevölkerung im Sinne eines umfassenden Gesundheitsschutzes umzusetzen und dem Nationalrat unverzüglich eine Regierungsvorlage zuzuleiten, mit der ein absolutes Rauchverbot in der Gastro­nomie, so wie dies bereits mit 1.5.2018 vorgesehen gewesen wäre, eingeführt wird.“

*****

Ich bitte die ÖVP-Abgeordneten, wieder dem Entschluss, den sie schon 2015 gefasst hatten, zu folgen, diesem Entschließungsantrag zuzustimmen und das Rauchen in der


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Gastronomie zu verbieten. (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Riemer: Der ... hat immer gesagt, ...! Der war ein Gesundheitsminister!)

12.12

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Kucher

Genossinnen und Genossen

betreffend Nichtraucherschutz und Rauchverbot in der Gastronomie

eingebracht im Zuge der Debatte zum Bericht des Gesundheitsausschusses über das Volksbegehren „Don`t Smoke“ (434 d.B./533 d.B.)

Das Kippen des totalen Rauchverbots in der Gastronomie ist ein enormer gesund­heitspolitischer Rückschritt.13.000 bis 14.000 ÖsterreicherInnen sterben jährlich an den Folgen des Tabakkonsums.

Die meisten europäischen Länder haben bereits vor Jahren Rauchverbote eingeführt. Die Folge: eine signifikante Abnahme von Herzinfarkten, Atemwegserkrankungen und Frühgeburten. Kaum wo ist der gesundheitliche Nutzen wissenschaftlich so gut doku­mentiert wie beim NichtraucherInnenschutz.

Die internationale Gesundheitspolitik der letzten Jahre bewegt sich klar in Richtung NichtraucherInnenschutz. Die Debatte dazu wird bereits seit Jahrzehnten geführt, zah­lreiche Länder haben aufgrund der klaren wissenschaftlichen Fakten mittlerweile ge­nerelle Rauchverbote in der Gastronomie eingeführt. Diese haben in Folge zu einem signifikanten Rückgang der Tabak-assoziierten Erkrankungen in diesen Ländern ge­führt. Kaum wo ist der gesundheitliche Nutzen wissenschaftlich so gut dokumentiert wie beim NichtraucherInnenschutz.

Zahlreiche EU-Staaten haben in den letzten Jahren generelle Rauchverbote eingeführt, was Studien zufolge auch zu einer Senkung der RaucherInnenzahlen geführt hat. In Irland zum Beispiel herrscht seit 2004 ein striktes Rauchverbot in der Gastronomie und auch dort gibt es einen deutlichen Rückgang an RaucherInnen von 28 Prozent auf 21 Prozent.

Österreich ist in Sachen NichtraucherInnenschutz seit Jahren trauriges Schlusslicht. In kaum einem anderen Land der EU rauchen so viele Menschen wie hier, während die RaucherInnenzahlen in anderen Staaten sinken, stagnieren sie in Österreich.

Das von der SPÖ und ÖVP jahrelang verhandelte und im Jahr 2015 beschlossene NichtraucherInnenschutzgesetz sollte genau diesen Entwicklungen Einhalt bieten. Dem gegenüber hat die schwarz-blaue Bundesregierung, das Gesetz noch vor Inkrafttreten am 1. Mai 2018 rückgängig gemacht und somit das Rauchen in der Gastronomie weiter zugelassen.

Ein Argument gegen das Rauchverbot in Lokalen ist die Befürchtung der Wirte, dass die Umsätze der Gastronomen zurückgehen würden. Seit 20 Jahren ist jedoch wissen­schaftlich belegt, dass es durch Rauchverbote in der Gastronomie zu keinem wirt­schaftlichen Schaden für die Branche komme.

In Bayern gibt es z.B. seit 7 Jahren, seit 2010, ein generelles Rauchverbot in der Gastronomie. Seither gibt es ein Umsatzplus in der Gastronomie, sowohl in der Speise- als auch Getränkegastronomie.


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Auch in Italien gibt es seit 2005 ein Rauchverbot in der Gastronomie. Und obwohl es dort die Möglichkeit gibt, kleine Raucherräume einzurichten, wird das eher nicht gemacht. Die positiven Auswirkungen des Rauchverbots sind in Italien eindeutig: Um 4 Prozent weniger Menschen wurden in den ersten beiden Jahren wegen Herzinfarkts ins Spital gebracht. Auch die Sterblichkeit ist in diesem Zeitraum um drei Prozent gesunken.

Doch auch für PassivraucherInnen besteht ein erhöhtes Risiko und das ist besonders für die Beschäftigten in der Gastronomie relevant. Eine rauchfreie Gastronomie ist essenziell für den Schutz der Gesundheit von Tausendenden Beschäftigten in Öster­reich und einer noch viel größeren Anzahl von Kunden. Wenn jemand nur den Rauch von anderen inhaliert, hat er längerfristig die gleichen Risiken wie ein Raucher selbst – er hat die gleichen krebserregenden Substanzen im Körper. Von den 6 Millionen Menschen, die jährlich an den Folgen des Rauchens sterben, sind jährlich 600.000 PassivraucherInnen. Sie trifft das Ende des Rauchverbots in der Gastronomie ganz besonders.

In den im Gesundheitsausschuss durchgeführten Hearings wurde von allen anerkann­ten ExpertInnen auf die vielen gesundheitsschädlichen Auswirkungen eindringlich hingewiesen. All diese Apelle lassen die Regierungsparteien unbeeindruckt abprallen.

Seit dem Bekanntwerden des Vorhabens das generelle Rauchverbot in der Gastro­nomie zu kippen, hat sich auch in der Zivilgesellschaft sehr viel getan. Hundert­tausende Menschen haben ihren Unmut gegen die Abschaffung des Rauchverbots Luft gemacht. Zunächst haben fast 470.000 Menschen die Petition der österreichischen Krebshilfe und danach das Volksbegehren „Don`t Smoke“ unterschrieben. Für den Schutz der NichtraucherInnen haben 881.692 Menschen ihre Stimme abgegeben.

Dieses klare Bekenntnis der österreichischen Bevölkerung zum generellen Rauch­verbot in der Gastronomie, darf die Regierung nicht einfach übergehen.

Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgenden

Entschließungsantrag

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesministerin für Arbeit, Soziales, Gesundheit und Konsumentenschutz wird aufgefordert, den eindeutigen Willen der österreichischen Bevölkerung im Sinne eines umfassenden Gesundheitsschutzes umzusetzen und dem Nationalrat unverzüglich eine Regierungsvorlage zuzuleiten, mit der ein absolutes Rauchverbot in der Gastro­nomie, so wie dies bereits mit 1.5.2018 vorgesehen gewesen wäre, eingeführt wird.“

*****


Präsidentin Doris Bures: Dieser Entschließungsantrag ist ordnungsgemäß einge­bracht und steht daher auch mit in Verhandlung.

Zu einer tatsächlichen Berichtigung hat sich Herr Abgeordneter Wurm zu Wort gemeldet. – Herr Abgeordneter, Sie kennen die Bestimmungen der Geschäftsordnung: Beginnen Sie mit der Wiedergabe der zu berichtigenden Behauptung! – Bitte.


12.13.20

Abgeordneter Peter Wurm (FPÖ): Ich bemühe mich, Frau Präsidentin! – Kollege Keck hat behauptet, ich hätte im Gesundheitsausschuss im Rahmen des Experten-


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hearings nicht Stellung genommen, was das Passivrauchen oder quasi die Belastung von Arbeitnehmern, sprich Kellner/Kellnerin, betrifft.

Ich berichtige tatsächlich: Im Expertenhearing wurden auch auf meine Intervention und Nachfrage hin zwei Dinge festgestellt. Nach Einschätzung der Experten aus Deutsch­land und aus Österreich, der Nichtraucherexperten aus Deutschland, ist es ungefähr so, wenn ein Kellner oder eine Kellnerin 10 Stunden in einem schwer verrauchten Raucherlokal arbeitet, dass das so eine Auswirkung hat, als ob dieser Kellner/diese Kellnerin zwischen einer und drei Zigaretten selbst aktiv geraucht hätte. – Das war die Aussage der Experten - - (Zwischenruf des Abg. Wittmann.)


Präsidentin Doris Bures: Herr Abgeordneter! Was ist Ihre Berichtigung? (Abg. Belakowitsch: Er hat gesagt, er hat darauf hingewiesen!)


Abgeordneter Peter Wurm (fortsetzend): Der Vorwurf von Kollegen Keck war, dass ich zum Arbeitnehmerschutz nichts gesagt habe. (Zwischenruf des Abg. Keck.)

Zweite Geschichte – auch auf meine Nachfrage hin –: Es wurde von der Parlaments­direktion festgestellt, dass es in ganz Europa leider oder aus welchen Gründen - -


Präsidentin Doris Bures: Herr Abgeordneter, auch wenn Sie damit begonnen haben, dass Sie sich bemühen, sich an die Geschäftsordnung zu halten, sind Sie momentan schon sehr weit weg davon. Sie müssen die zu berichtigende Behauptung wieder­geben, diese dann den Fakten gegenüberstellen – keine Meinungsäußerung machen. Dazu haben wir in der Geschäftsordnung Wortmeldungen im Plenum vorgesehen. – Bitte. (Abg. Wittmann: Das ist ein Missbrauch der ...!)


Abgeordneter Peter Wurm (fortsetzend): Die Berufskrankheit Lungenkrebs existiert in Europa für Kellner nicht, ist nicht anerkannt. – Danke. (Beifall bei der FPÖ. – Ruf bei der FPÖ: Genau!)

12.15


Präsidentin Doris Bures: Das war selbst bei großzügiger Auslegung der Geschäfts­ordnung keine tatsächliche Berichtigung. (Abg. Belakowitsch: Na sicher war es eine! Das ist ja unglaublich! Da brauche ich nicht mal großzügig zu sein!) – Sie sind nicht zu Wort gemeldet, Sie können das später tun. (Abg. Belakowitsch: Das ist jetzt aber schon eine tatsächliche gewesen! Bitte lesen Sie nach!)

Zu Wort gelangt Frau Abgeordnete Martina Diesner-Wais. – Bitte, Frau Abgeordnete.


12.15.45

Abgeordnete Martina Diesner-Wais (ÖVP): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Frau Ministerin! Meine Damen und Herren im Hohen Haus! Werte Zuseher! Ich möchte mich recht herzlich bei der Initiative Don’t smoke und bei den 900 Unterzeichnern des Volksbegehrens bedanken, denn sie haben damit bei den Menschen Bewusstseins­bildung bewirkt. Das ist wichtig.

Im Gesundheitsausschuss hatten wir drei Expertenhearings. Es steht bei allen außer Streit, Rauchen ist schädlich. Angesichts dieser Debatte könnten wir heute diskutieren über ein - - (Abg. Wittmann: Sie verhöhnen die Unterzeichner!) – Nein, ich verhöhne die Unterzeichner nicht, sondern ich schätze sie dafür, dass sie für die Gesundheit eintreten.

Wir könnten heute über ein generelles Tabakwarenverbot diskutieren, weil Rauchen schädlich ist. (Abg. Wittmann: Sie verhöhnen die Unterzeichner!) Es gibt Menschen wie Ärzte, Krankenpfleger, Krankenschwestern, die rauchen, die eigentlich von ihrer beruflichen Tätigkeit und von ihrer Bildung her wissen, dass Rauchen ungesund ist. Ich


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stelle hier die Frage: Sollen wir diesen Menschen ihre Eigenverantwortung und ihre Entscheidungsfreiheit nehmen?

Wir sind in diesem Haus angetreten, die Rauchergesetze zu verschärfen, besonders betreffend Jugendliche. So haben wir einerseits für die Jugendlichen einen effizienten Schutz vorgesehen, andererseits aber die Eigenverantwortung für den Einzelnen belassen, damit er Eigenverantwortung und Wahlfreiheit hat.

Studien zeigen uns, dass 77 Prozent der Jugendlichen mit 18 bereits täglich oder regelmäßig Tabakwaren konsumieren. Jeder kennt Beispiele dafür, wie Jugendliche zu rauchen beginnen: Das beginnt meistens schon in der Schulzeit, an der Autobus­haltestelle. Warum? – Weil es einfach cool ist, weil man dadurch sozial anerkannt ist. Und genau dies gilt es zu drehen. Wir müssen dahin kommen, dass Rauchen eben nicht mehr cool ist, dass es nicht eine soziale Komponente darstellt, dass man da dabei ist.

Der beste Schutz, die beste Maßnahme, damit Jugendliche gar nicht erst zu rauchen beginnen, ist die Prävention; Projekte dazu sind einfach das Beste. Es ist sehr müh­sam und schwierig, Leuten, die schon rauchen, das Rauchen wieder abzu­gewöhnen. So haben wir mit 1.1.2019 ein bundesweites Verkaufsverbot von Tabak­erzeugnissen an Jugendliche unter 18 eingeführt. Wir haben in Niederösterreich auch ab 1.1.2019 eingeführt, dass an öffentlichen Orten und bei Veranstaltungen von Jugendlichen unter 18 Jahren Tabakprodukte weder erworben noch im Besitz sein noch konsumiert werden dürfen. Es gibt das Rauchverbot in Autos, wenn Jugendliche unter 18 Jahren dabei sind. In Schulen und öffentlichen Räumen gibt es das ja schon lange, aber seit 2019 gilt es auch auf sämtlichen Freiflächen.

Die Eigenverantwortung ist auch in der Gastronomie zum Tragen gekommen, denn gerade in der Gastronomie sind von jenen Lokalen, die im letzten Jahr neu eröffnet worden sind, 75 Prozent reine Nichtraucherlokale. Das ist ein guter Ansatz. (Beifall bei Abgeordneten der ÖVP und bei der FPÖ.)

Wir brauchen natürlich die Unterstützung für jene Leute, die zu rauchen aufhören wollen. Da sind die Sozialversicherungen, die Ärzte und die Apotheker gerne zur Hand und helfen mit.

Ich glaube, abschließend sagen zu können: Wir haben einen Weg begonnen, bei dem wir verbessern, mehr aufklären und mehr Prävention machen und damit auch die Jugendlichen und den einzelnen Bürger schützen. Wir wollen aber auch in Zukunft die Eigenverantwortung stärken. (Beifall bei ÖVP und FPÖ.)

12.20


Präsidentin Doris Bures: Zu einer tatsächlichen Berichtigung hat sich Frau Abge­ordnete Daniela Holzinger-Vogtenhuber zu Wort gemeldet. – Bitte.


12.20.21

Abgeordnete Daniela Holzinger-Vogtenhuber, BA (JETZT): Ich berichtige tatsäch­lich:

Kollegin Diesner-Wais hat behauptet, dass das Don’t-smoke-Volksbegehren nur 900 Un­ter­stützungsunterschriften hätte.

Auch wenn es von der ÖVP so gehandhabt wird, als wären es nur 900: Korrekt und berichtigt sind es 881 569 Unterstützungsunterschriften. – Danke. (Heiterkeit und Bei­fall bei JETZT und bei Abgeordneten der NEOS.)

12.20



Nationalrat, XXVI.GPStenographisches Protokoll66. Sitzung, 27. und 28. März 2019 / Seite 99

Präsidentin Doris Bures: Nun ist als nächste Rednerin Frau Abgeordnete Dr.in Irmgard Griss zu Wort gemeldet. – Bitte.


12.20.46

Abgeordnete Dr. Irmgard Griss (NEOS): Frau Präsidentin! Frau Bundesministerin! Meine Damen und Herren! Der ORF hat vor einigen Tagen einige Filme der groß­artigen Elisabeth Spira gebracht. Ich habe mir zwei davon angeschaut, den Film über den Prater und den Film über die Heurigen, und ehrlich gesagt, ich war ganz weg, wie viel da geraucht wurde. Jeder hat eine Zigarette in der Hand gehabt! Und das liegt nicht so lange zurück, das war in den Neunzigerjahren. (Abg. Stefan: Das ist immer noch so!) Damals war es offenbar noch so: Geselligkeit und Rauchen gehören zusam­men, und es gibt keine Geselligkeit ohne Rauchen. (Abg. Stefan: Gehen Sie einmal mit nach Simmering! Kommen Sie einmal mit!) Das hat sich grundlegend geändert. (Abg. Stefan: Nein, nur in gewissen Kreisen!) Ich glaube, man kann wirklich sagen: In der Öffentlichkeit ist Rauchen ein Minderheitenprogramm geworden. (Abg. Belakowitsch: Das stimmt nicht!) Viel weniger Leute rauchen. Es ist einfach gesellschaftlich nicht mehr in dem Maß akzeptiert, in dem das früher der Fall war. (Abg. Stefan: Dort, wo die NEOS ihre Stimmen ...!)

Es ist auch logisch: Heute kann niemand behaupten, dass Rauchen nicht gesundheits­gefährdend sei. Das behauptet auch niemand. Auch viele von uns – für mich trifft das jedenfalls zu – haben in ihrem Bekanntenkreis oder in ihrer Verwandtschaft Menschen, die krank sind, weil sie geraucht haben, die Lungenkrebs haben, die COPD haben, und es ist schrecklich, wenn man erleben muss, dass ein Mensch nach Luft ringt, dass er gewaltige Schmerzen hat, wie das bei Lungenkrebspatienten der Fall ist. Das ist dann abschreckend. Als meine Buben noch klein waren, habe ich einmal eine Verwandte besucht, deren Mann die Sauerstoffflasche neben sich gehabt und immer gesagt hat: Mach das Fenster auf, mach das Fenster auf! Als wir dann nach Hause gefahren sind, haben meine Buben gesagt: Wir werden nie rauchen! – Sie haben auch nie geraucht.

Es war daher auch völlig folgerichtig, dass 2015 beschlossen wurde, ein absolutes Rauch­verbot in der Gastronomie einzuführen. Österreich war damit eines der 13 EU-Länder, die dieses absolute Rauchverbot haben. Als dann im vergangenen Jahr dieses absolute Rauchverbot doch nicht mit Mai in Kraft trat, war das ein gewaltiger Rück­schritt – ein Rückschritt, der aus parteipolitischen Erwägungen der FPÖ gemacht wurde. Das schädigt jetzt nicht nur die Gesundheit derjenigen, die dort arbeiten müs­sen, es ist auch ein schlechtes Zeichen, gerade auch für die jungen Leute, dass in Lokalen noch geraucht werden darf. Auch wenn man immer wieder vom Passiv­rauchen spricht, so ist das eine verniedlichende Behauptung, denn die Passivraucher rauchen nicht, sie sind nur gezwungen, das einzuatmen, was die Raucher ausatmen – das ist kein Rauchen –; und diejenigen, die davon betroffen sind, sind die Beschäftig­ten in der Gastronomie.

Die Kosten für diesen Rückschritt zahlen wir alle – das Gesundheitssystem ist dadurch stark belastet –, aber in erster Linie die Beschäftigten in der Gastronomie.

Aber auch Sie beide, sowohl die ÖVP als auch die FPÖ, zahlen einen Preis, Sie zahlen einen Preis an Glaubwürdigkeit, denn: Die ÖVP hat das seinerzeit mitbeschlossen und ist ohne sachliche Gründe davon abgegangen; und für die FPÖ, die sich vor der Wahl nicht einkriegen konnte bei der Forderung nach direkter Demokratie und Beteuerun­gen, wie wichtig diese sei, sind die fast 900 000 Unterschriften kein Grund, diese Einstellung zu ändern. Daran sieht man, dass direkte Demokratie für Sie dann wichtig ist, wenn sie Ihren parteipolitischen Zielen dient. (Zwischenruf des Abg. Neubauer.)

Ich finde, verantwortungsvolle Politik schaut anders aus. – Danke. (Beifall bei NEOS und JETZT.)

12.25



Nationalrat, XXVI.GPStenographisches Protokoll66. Sitzung, 27. und 28. März 2019 / Seite 100

Präsidentin Doris Bures: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Ricarda Berger. – Bitte.


12.25.17

Abgeordnete Ricarda Berger (FPÖ): Frau Präsidentin! Geschätzte Frau Bundes­minis­ter! Geschätzte Kollegen! Sehr geehrte Zuseher hier auf der Galerie und vor den Bildschirmen zu Hause! Vorweg: Sie werden jetzt definitiv kein Plädoyer für das Rauchen von mir hören, und es ist auch völlig unbestritten, dass Rauchen die Gesund­heit schädigt – ich glaube, darüber sind wir, alle Anwesenden hier, uns einig.

Mein Ansatz gilt – zutiefst unseren freiheitlichen Wurzeln und Grundwerten entnom­men – der Freiheit, nämlich selbst entscheiden zu können, etwas zu tun oder zu unter­lassen. Ich werde da ganz kurz auf den Antrag der Liste JETZT eingehen.

Im Antrag wurde eine bundeseinheitliche Regelung zum Schutz von Kindern und Jugendlichen vor Passivrauch in Gastronomiebetrieben mit Raucherräumen gefordert, und ganz generell möchte ich sagen – auch wenn Sie von der Opposition es nicht wahrhaben wollen und permanent dagegenreden und alles, was wir machen, schlecht­reden –: Die aktuelle österreichische Bundesregierung unter Türkis-Blau hat das generelle Rauchverbot in einigen Bereichen vehement verschärft, und zwar gerade und vor allem im Bereich des Jugendschutzes, was mir besonders wichtig ist. Auch wenn Ihnen jetzt die Konstellation Türkis-Blau nicht gefällt – das sei Ihnen völlig unbe­nommen –, aber wir haben 60 Prozent der Zustimmung, und ich glaube, das alleine spricht für uns, meine sehr geehrten Damen und Herren. (Beifall bei FPÖ und ÖVP.)

Die aktuellen gesetzlichen Rahmenbedingungen bringen insgesamt eine wesentliche Verbesserung des Schutzes von Kindern und Jugendlichen, gerade und vor allem auch vor Passivrauch, mit sich. Wir haben das generelle Rauchverbot bis zur Volljährigkeit ausgedehnt. Das bedeutet, dass Jugendliche unter 18 Jahren den Raucherbereich der Lokale nicht mehr aufsuchen dürfen. Es wurde das Rauchen im Auto verboten, sprich: Wenn Kinder im Auto mitbefördert werden, darf nicht mehr geraucht werden. Weiters wurde auch ein Verbot des Verkaufs von Tabakwaren an Personen unter 18 Jahren eingeführt.

In Bezug auf Eltern beziehungsweise Erziehungsberechtigte, die Kleinkinder bezie­hungsweise Kinder in Raucherräume mitnehmen – was ich persönlich extrem unver­ant­wortlich finde –, ist unserer Ansicht nach jedoch primär Bewusstseinsbildung und Informationsarbeit erforderlich. Wir sind der Ansicht, es kann nicht und es soll nicht alles durch gesetzliche Ge- und Verbote geregelt werden. Das sind nämlich vor allem Fragen der persönlichen Entscheidungsautonomie. Man wird den Eltern auch nicht vorschreiben können, wie viel an Süßigkeiten das Kind zu essen hat, wie viel zuckerhaltige Limonaden ein Kind zu trinken hat, et cetera, et cetera.

Wir sind der Ansicht, dass der Staat da eben nur eine unterstützende Wirkung haben kann und auch nur unterstützend wirken sollte, nämlich zum Beispiel hinsichtlich der Sicherstellung, dass genügend rauchfreie Räume angeboten werden, oder durch Hilfestellung bei der Entwicklung der persönlichen Gesundheits- und Risikokompetenz.

Vielleicht noch zum Schluss – weil Kollege Kucher das vorhin zum Besten gegeben hat –: Im Gesundheitsausschuss wurde auch sehr heftig darüber diskutiert, wie weit man etwas regeln soll, kann und darf, und in diesem Zusammenhang wurde auch über Alkohol gesprochen. Kollege Kucher war es, der sinngemäß gesagt hat, Alkohol schadet Nichttrinkern nicht und dass es Passivtrinken nicht gibt.

Am gleichen Tag, an dem der Gesundheitsausschuss letzte Woche getagt hat, am 19. März, ist eine Studie zum Thema Passivtrinken des Münchner Instituts für Thera­pie­forschung veröffentlicht worden, und ich möchte daraus kurz zitieren:


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Auch Nichttrinker leiden in vielen Fällen unter den Folgen von Alkoholkonsum: Im Straßenverkehr verursachen Autofahrer tödliche Unfälle, bei Gewalttaten spielt oft Alkohol eine Rolle, und trinkende Mütter schädigen ihre ungeborenen Kinder. Schät­zungen zufolge sind im Jahr 2014 in Deutschland 12 650 Babys mit einer Fetalen Alko­holspektrumstörung zur Welt gekommen, darunter knapp 3 000 mit einem Fetalen Alkoholsyndrom. Die Kinder sind teils kleinwüchsig und haben Fehlbildungen im Gesicht. Ihre motorischen Fähigkeiten sind eingeschränkt, sie zeigen Störungen im Verhalten, bei den Gedächtnisfunktionen, bei Aufmerksamkeit und Lernfähigkeit. – Zitatende.

Kurz gesagt: Alkohol stellt auch für unbeteiligte Dritte eine Gefahr dar. – Nur so viel dazu.

Jetzt die Frage: Soll man Alkohol jetzt auch verbieten? Soll man den Ausschank von Alkohol jetzt auch verbieten? – Ich persönlich glaube, nicht. (Beifall bei der FPÖ sowie des Abg. Obernosterer.)

Fakt ist, jeder Raucher und Nichtraucher weiß, dass Rauchen ungesund ist und dass Rauchen auch zu fatalen Erkrankungen führen kann. Gerade vor dem Hintergrund dieses Wissens muss es aber jedem Einzelnen erlaubt sein, selbst zu entscheiden, ob er oder sie zur Zigarette greift oder nicht. Es geht eben – Kollege Riemer hat es gesagt – um Selbstverantwortung, meine sehr geehrten Damen und Herren. Es ist gerade die Selbstverantwortung, die wir unseren Bürgern geben wollen, eine Stärkung der Eigenverantwortung für das Leben und für die Gesundheit. – Vielen Dank. (Beifall bei FPÖ und ÖVP.)

12.30


Präsidentin Doris Bures: Als Nächste spricht Frau Abgeordnete Mag.a Karin Greiner. – Bitte.


12.30.28

Abgeordnete Mag. Karin Greiner (SPÖ): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Geschätzte Frau Bundesministerin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ja, wir diskutieren das Volksbegehren Don‘t smoke – und, leider, es wird von FPÖ und ÖVP ignoriert.

Aber – lassen Sie mich etwas Positives sagen – einige Vertreter der ÖVP sind zumin­dest sehr höflich. Frau Kollegin Diesner-Wais, es spricht für Sie, dass Sie sich bei den Unterzeichnerinnen und Unterzeichnern bedanken – ich fühle mich auch geehrt, dass ich ein Danke von Ihnen bekomme –, es grenzt jedoch fast an Verhöhnung, denn die Politik, die Sie machen, ist gänzlich anders und konträr. (Beifall bei der SPÖ.)

Worum geht es? – Es geht um den NichtraucherInnenschutz in den Gastronomie­betrieben. Ich beziehe mich auf einen weiteren Bereich, ich spreche über ein Rauch­verbot auf Kinderspielplätzen – das ist nämlich im Bundesgesetz nicht geregelt. (Zwi­schenruf des Abg. Hörl.)

Die SPÖ-Fraktion hat einen Initiativantrag für ein Rauchverbot auf Kinderspielplätzen eingebracht. Damit könnte man das gesetzlich ganz klar regeln. Die Gemeinden sagen, wir brauchen eine gesetzliche Handhabe. Kinderlobbys sagen, das sollte klar geregelt sein. Auch die UN-Kinderrechtskonvention spricht von bestmöglicher Vorsorge für Kinder.

Jetzt scheint es für viele logisch, auf Kinderspielplätzen neben den Kleinsten in unserer Gesellschaft nicht zu rauchen, für viele ist es das aber leider nicht. Wie verläuft die aktuelle Diskussion? – Heute, einige Male davor und auch im Ausschuss vergangene Woche haben VertreterInnen aller Fraktionen immer wieder betont, worauf es beim Nichtraucherschutz ankommt: auf Prävention, auf Bewusstseinsbildung, auf den


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persönlichen Schutz der Nichtraucherinnen und Nichtraucher, auf den Schutz der Jugendlichen und Kinder. – Ja und was ist mit den Kleinsten in unserer Gesellschaft auf den Spielplätzen? Wollen Sie diese nicht vor dem blauen Dunst schützen? (Beifall bei der SPÖ.)

Sehr geehrte Damen und Herren! Die FPÖ und die ÖVP werden diesem Antrag für ein Rauchverbot auf Kinderspielplätzen nicht zustimmen. Warum? – Die FPÖ meint, sie habe bereits alles Mögliche getan, um die Kleinstkinder zu schützen. Liebe Kollegen von der FPÖ, das stimmt nicht! Sie haben mir im Ausschuss erklärt, für die Spielplätze seien wir nicht zuständig, da seien die Gemeinden zuständig, da seien die Länder zuständig. – Ja, für den Bau, für die Erhaltung, aber wir sprechen hier vom Tabakgesetz! Das Tabakgesetz ist ein Bundesgesetz, liebe Kolleginnen und Kolle­gen – es betrifft mich, es betrifft Sie alle hier. (Abg. Wurm: ...! Da sind Sie am falschen Dampfer!) Sagen Sie Nein zum Rauchen auf Spielplätzen! Geben Sie sich doch einen Ruck! (Beifall bei der SPÖ.)

Es ist mir aufgefallen, vielen Kolleginnen und Kollegen in der ÖVP fällt es ja schwer, diesem Rauchverbot auf Spielplätzen nicht zuzustimmen – trotzdem werden sie mit Nein stimmen. Mit diesem Nein bringen Sie zum Ausdruck, dass Ihnen Kinder offen­sichtlich doch nicht so wichtig sind. (Abg. Amon – die Hände zusammenschlagend –: Bitte!)

Was machen Sie? – Sie spielen den Kinderschutz herunter. Sie sprechen von direkter Demokratie und Bürgerbeteiligung, aber Sie ignorieren knapp 900 000 Unterschrif­ten. – Danke. (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Belakowitsch: Knapp! Knapp vorbei ist auch daneben!)

12.34


Präsidentin Doris Bures: Als Nächste gelangt Frau Abgeordnete Rebecca Kirchbaumer zu Wort. – Bitte.


12.34.17

Abgeordnete Rebecca Kirchbaumer (ÖVP): Frau Präsidentin! Werte Bundesminis­terin! Werte Kolleginnen und Kollegen! Liebe Zuseherinnen und Zuseher zu Hause und hier auf der Galerie bei uns im Haus! Werter Kollege Loacker, ich weiß nicht, aber – vielleicht habe ich etwas nicht verstanden – ich glaube nicht, dass Experten ihre Expertise irgendwo aus dem Mistkübel ziehen oder irgendwo finden. Ich glaube, es geht da schon um Menschen. Wenn ich im Ausschuss erzähle, wie schwer es für mich war, mit dem Rauchen aufzuhören, und wie ich zu rauchen begonnen habe – nämlich in der Schule, weil ich einem Burschen imponieren wollte und in den Keller gegangen bin, weil der mir gesagt hat, du kannst gar nicht gut rauchen, du weißt gar nicht, wie es geht (Abg. Jarolim: Hoffentlich nicht der Herr Wurm!), und ich dann noch versucht habe, den Lungenzug zu üben (Abg. Jarolim: Hoffentlich war das nicht der Herr Wurm!) –, dann finden Sie es lächerlich, wenn man so etwas macht, wenn man so etwas sagt?!

Das finden Sie lächerlich? Das brauchen wir alles nicht, dass man heute hergeht und am Beispiel seiner eigenen Person zeigt, dass das schlimm ist und dass wir sagen müssen, unsere Jugend muss eine Aufklärung erhalten und es müssen auch die Eltern aufgeklärt werden? – Meine Eltern haben auch geraucht und rauchen heute Gott sei Dank nicht mehr, weil sie aufgehört haben. Aber das ist ja anscheinend lächerlich. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der FPÖ.)

1,8 Millionen Menschen in Österreich rauchen. Auch die müssen Gehör finden, ob man das hören will oder nicht. Ich persönlich habe in meinen Betrieben im Jahre 2007 ein


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Rauchverbot eingeführt, und das freiwillig – und das hatte schwere, sehr schwere Folgen für meinen Umsatz.

Immer mehr Gastronomiebetriebe machen freiwillig ein Nichtraucherlokal. Jeder Mensch in unserem Land hat hoffentlich die Wahlfreiheit und sagt, ich gehe in ein Raucherlokal, ich gehe in ein gemischtes Lokal oder ich gehe in ein Nichtraucherlokal – denn überwiegend gibt es in Österreich Nichtraucherlokale und nicht Raucherlokale. Ich persönlich mache von meinem Wahlrecht Gebrauch und gehe überwiegend in Nicht­raucherlokale, wenn sie vorhanden sind. (Ruf: Brav!)

Kinder werden dem Passivrauch vor allem vorwiegend zu Hause und im Auto aus­gesetzt. Was das Rauchen im Auto betrifft, so haben wir bereits beschlossen, dass das verboten ist, wenn Kinder mitfahren. Zu Hause ins Eigentumsrecht hineinzuwirken geht nicht, und das wollen wir auch nicht und dafür stehe ich auch nicht! (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der FPÖ.)

Der Tourismusunternehmer, der Gastronom, der Wirt und die Wirtin haben nämlich ein Eigentumsrecht – und das ist ein Eingriff in ihr Eigentumsrecht. Wenn sie hingegen selbstbestimmt von ihrem Wahlrecht Gebrauch machen, indem sie sagen: Nein, ich mache aus meinem Lokal ein Nichtraucherlokal!, dann ist das deren Entscheidung und nicht unsere Entscheidung. (Beifall des Abg. Hörl.)

Weiters möchte ich auch auf die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer eingehen und dabei speziell Sie, die Opposition aufseiten der SPÖ, ansprechen: Das Wort Selbst­verantwortung und das Wort Selbstbestimmung gibt es in Ihrem Wortschatz nicht. Glauben Sie mir eines: Unsere Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer sind der deut­schen Sprache mächtig und können mit uns reden, und sie tun es auch und sie dürfen es auch. (Abg. Wittmann: Aber Sie ignorieren das! Sie ignorieren es!) Wenn sie nicht dort arbeiten möchten, dann tun sie es auch nicht, denn wie wir wissen, herrscht der größte Fachkräftemangel in der Gastronomie. (Abg. Kucher: Entschuldigen Sie, da geht es um Todesfälle! Das ist so zynisch!) Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer sind mündige Bürger, die sich wehren können. (Ruf bei der SPÖ: Das ist ein Zynismus, bitte!)

Wichtig ist, abschließend zu sagen: Wir müssen uns – Eltern, Großeltern, die ganze Familie, auch wir – dazu bereit erklären, dass wir mit Vorbildwirkung vorangehen und schauen, dass unsere Kinder und Jugendlichen nicht mehr zu rauchen beginnen. (Beifall bei ÖVP und FPÖ. – Abg. Wittmann: Was ist denn das für eine Rede?)

12.38


Präsidentin Doris Bures: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Markus Vogl. – Bitte.


12.38.27

Abgeordneter Ing. Markus Vogl (SPÖ): Frau Ministerin! Hohes Haus! Ich möchte auch zu Beginn einmal das Positive voranstellen, und das ist die Art und Weise, wie wir in diesem Haus mit diesem Volksbegehren umgegangen sind: Es hat Experten­hearings gegeben, es hat Stellungnahmen gegeben. Wir haben sehr intensiv die Auswirkungen des Passivrauchens diskutiert. Wir haben den ArbeitnehmerInnenschutz diskutiert. Wir haben auch Vergleiche eingeholt, wie die Situation in Europa ist. Und nicht zuletzt wurden – Frau Kitzmüller meint ja, wir leisten als Opposition zu wenig – auch Anträge eingebracht, unter anderem auch ein Antrag von Kollegin Holzinger-Vogtenhuber, dem wir allerdings nicht zustimmen können, und zwar aus einem einfach Grund: nicht weil er inhaltlich falsch ist, sondern weil wir, die SPÖ, nach wie vor der Meinung sind, dass wir in Österreich den besten Nichtraucherschutz für unsere Kinder und Jugendlichen wollen und nicht den dritt- oder viertbesten. (Beifall bei der SPÖ.)


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Frau Ministerin! Sie haben es natürlich nicht leicht, denn Ihr Vizekanzler hat aufgrund seines eigenen Suchtverhaltens das Rauchen in der Gastronomie zur Koalitions­bedingung gemacht, der Herr Bundeskanzler hat bezüglich dieser Bedingung nachge­geben, hat zugestimmt, und natürlich ist es für Sie als Ministerin jetzt schwierig, zu sagen, es interessiert mich nicht, was der Herr Vizekanzler und der Herr Kanzler gemacht haben. Was wir uns aber schon erwarten würden – und darauf hat Kollege Kucher hingewiesen –: Sie sind Gesundheitsministerin, Sie sind Arbeits- und Sozial­ministerin, und wir würden uns eine deutliche Aussage zu diesem Thema erwarten – und nicht Aussagen, angesichts deren man sich fragen muss: Hat Österreich jetzt zwei Wirtschaftsministerinnen?

In der Diskussion – Frau Schwarz hat es angesprochen – hat mich persönlich eine Expertin besonders beeindruckt. Das war eine junge Frau, Katalin Widmann, die ihre persönlichen Erfahrungen in Australien dazu genützt hat, eine Vorwissenschaftliche Arbeit zu schreiben. Die Frage, die sie beschäftigt hat, war: Warum rauchen in Australien 3 Prozent der 15-Jährigen täglich, während es in Österreich 15 Prozent sind? – Die Antwort der ÖVP darauf ist: Es braucht mehr Aufklärung für die Jugend­lichen, mehr Information, dass Rauchen gesundheitsschädlich ist. Es braucht mehr Aufklärung und Information für die Jugendlichen, dass Rauchen ein Suchtmittel ist, und es braucht mehr Aufklärung und Information für die Jugendlichen, dass Rauchen wachstumsschädigend ist.

Kollegin Schwarz, ja, Sie haben recht, das ist ganz, ganz wichtig, aber die Antwort auf diese Differenz, auf diese Frage war eine andere. Die Antwort darauf ist: Es braucht auch die entsprechenden Rahmenbedingungen, und da ist die rauchfreie Gastronomie ein ganz wesentlicher und wichtiger Bestandteil. Sie können einem Kleinkind nicht erklären, dass Naschen schädlich ist, wenn Sie tagtäglich mit ihm in ein Zuckerlge­schäft gehen. Das wird das kleine Kind nicht kapieren. Und genauso ist es bei unseren Jugendlichen: Es reicht nicht der Appell, es braucht die Rahmenbedingungen, die dafür sorgen, dass unsere Kinder und Jugendlichen nicht rauchen, und da ist die rauchfreie Gastronomie eine ganz wesentliche Voraussetzung.

Deshalb an Sie, Frau Ministerin, eine Frage. Sie haben uns letztens auch eine Frage gestellt und deshalb die Frage an Sie: Wer schafft in Österreich diese rauchfreie Gastronomie? Wer schafft in Österreich diese rauchfreie Gastronomie? – Und die traurige Antwort, Frau Ministerin, ist: Sie als Gesundheitsministerin sind es nicht. Und merken Sie sich das: Die Leute draußen werden das registrieren! (Beifall bei der SPÖ sowie des Abg. Noll.)

12.41


Präsidentin Doris Bures: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Gabriel Obernosterer. – Bitte. (Abg. Scherak: Der erzählt uns sicher, wie es im Lesachtal mit dem Rauchen ist! – Abg. Jarolim: Sie wissen aber schon, dass wir nicht im Gesundheitsausschuss sind?!)


12.41.55

Abgeordneter Gabriel Obernosterer (ÖVP): Frau Präsidentin! Frau Bundesminis­terin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Meine sehr verehrten Damen und Herren auf der Galerie und zu Hause vor den Fernsehgeräten! Mein lieber Kollege von den NEOS! Wenn heute schon das Lesachtal, wo ich zu Hause bin, genannt worden ist, so in einer Weise, dass das ein bisschen ein Hinterwäldlertal ist, dann sage ich Ihnen voller Stolz: Ich bin ein stolzer Lesachtaler und ich bin stolz darauf, dass ich dort geboren bin und dass ich dort leben kann! (Beifall bei ÖVP und FPÖ. – Abg. Zinggl: Lesachtal zuerst!)

Dieses Thema, das wissen wir alle, ist ein ernsthaftes Thema, geht es doch um die Ge­sundheit, aber ich muss leider sagen, ich vermisse die Ernsthaftigkeit in der Diskussion


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wirklich, denn wenn als Erstredner der neue Gesundheitssprecher der SPÖ bei seinem ersten Redebeitrag herauskommt und Dinge behauptet, die überhaupt nicht stimmen, so war das ein katastrophaler Einstieg, Herr Kucher! (Rufe bei der SPÖ: Was? Was?) Er hat gesagt, die Frau Bundesministerin hätte gesagt: Rauchen ist gesund.

Meine Damen und Herren von der Opposition! Wenn euch fachliche Argumente nicht ausreichen, bitte behauptet nicht Dinge, die nicht wahr sind! (Beifall bei ÖVP und FPÖ. – Abg. Klaus Uwe Feichtinger: Und Sie haben fachliche Argumente für das Rauchen?) Aber das zieht sich fast schon bei jedem Thema durch, wenn die Regierung etwas gemacht hat, dass man mit Dingen hierherkommt und von diesem Rednerpult aus Dinge behauptet, die einfach nicht wahr sind.

Die Argumente sind heute alle genannt worden, und dass Rauchen nicht gesund ist, das wissen wir alle, das, glaube ich, brauchen wir uns gegenseitig nicht hundertmal zu sagen. Aber zu sagen, dass die Gastronomie schuld ist, dass unsere Kinder anfangen zu rauchen (Abg. Kucher: Die Politik ist schuld! Die Politik!) oder dass wir, die wir einmal geraucht haben, ich selber leider auch, angefangen haben zu rauchen, dagegen verwahre ich mich! Leute, daran ist nicht die Gastronomie schuld! Wir wissen, dass die Gastronomie heute auf die Kundenwünsche eingeht, und so ist es der Fall, dass man nur mehr in jedem siebenten Lokal rauchen darf, und das sind keine Speiselokale mehr, sondern das sind kleine Pubs oder kleine Gasthäuser.

Wenn wir von einer Selbstverantwortung reden und gesagt wird, es werden dort alle krank, dann gehe ich halt an dem siebenten Gasthaus vorbei und gehe ins nächste hinein, wo man eben nicht rauchen darf. Ich möchte noch einmal betonen: Dass es viele Tote durch das Rauchen gibt, ist leider wahr, aber die Gastronomie ist nicht schuld!

Eines möchte ich der SPÖ abschließend noch sagen: Wir wissen, dass wir mit unserem Nichtraucherschutzgesetz in Österreich europaweit im Mittelfeld liegen. Es gibt zwei Bundesländer in Deutschland, die haben ein wesentlich liberaleres Nicht­raucherschutzgesetz als wir, da darfst du auch in den Discos rauchen, zum Beispiel in Baden-Württemberg. Wisst ihr, wer in Baden-Württemberg dieses Gesetz gemacht hat? – Ein grüner Ministerpräsident in Koalition mit der SPÖ. (Zwischenrufe bei der SPÖ.) Wisst ihr, wer in Berlin dieses Nichtraucherschutzgesetz gemacht hat, das wesentlich liberaler ist als unseres? Da ist unseres noch wesentlich schärfer. – Das ist ein SPD-Bürgermeister gewesen. (Ruf bei der SPÖ: Ah, doch nicht SPÖ!) Das möchte ich einfach nur sagen.

Euer parteipolitisches Hickhack macht ihr auf Kosten der Gastronomie, der ihr unter­stellt, sie macht die Leute krank. Und das weise ich nochmals zurück: Die Gastronomie ist nicht schuld! Diese Regierung hat ein Jugendschutzprogramm auf den Tisch gelegt, das wesentlich schärfer ist, als es vorher war, als wir noch in der Koalition mit der SPÖ waren. Unser Bemühen ist es, auch an die Eigenverantwortung der Eltern oder Großeltern zu appellieren, darauf hinzuwirken, dass unsere Kinder, unsere Jugend­lichen nicht mehr zu rauchen beginnen, das muss unser aller Ziel sein. Aber die Gastronomie ist dafür allein nicht verantwortlich, das nehme ich nicht zur Kenntnis! – Danke. (Beifall bei der ÖVP.)

12.46


Präsidentin Doris Bures: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Mag.a Ruth Becher. – Bitte.


12.46.28

Abgeordnete Mag. Ruth Becher (SPÖ): Frau Präsidentin! Frau Ministerin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Die ÖVP und die FPÖ haben sich entschlossen, in der


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Gastronomie den Nichtraucherschutz zu verhindern. In anderen Staaten werden die NichtraucherInnen geschützt: In Belgien hat der Verfassungsgerichtshof ein diesbezüg­liches Urteil gesprochen, in Bulgarien, in Griechenland, und Ungarn hat sich zum Ziel gesetzt, erstes rauchfreies Land der Welt zu werden. Aber auch Wien hat hier Verant­wortung gezeigt und übernommen, nämlich auf den Märkten: Mit der neuen Markt­ordnung vom Oktober 2018 wurde beschlossen, dass alle Gastronomiebetriebe, in denen es vorher möglich war, zu rauchen – in den kleineren Bereichen, weil sie fast alle unter 50 Quadratmeter groß sind –, rauchfrei sein müssen. Das heißt, hier hat Wien wirklich eine Vorbildfunktion übernommen.

Sie haben uns mit Ihrer Haltung geopolitisch neu positioniert, nämlich hinaus aus den Staaten, aus den Zentren Europas, in denen es rauchfrei ist, hinein in die Landschaft, wo man aus unterschiedlichen Gründen dem Raucherschutz hinterherhinken kann.

Es ist heute schon erwähnt worden, es sind fast 900 000 Unterschriften, und mit diesen Unterschriften hat die Bevölkerung der Regierung den Sessel vor die Tür gestellt. Das sind doppelt so viele Unterschriften, wie die FPÖ bei ihren Ausländervolksbegehren erhalten hat. (Beifall bei der SPÖ.)

Neben der Ablehnung durch die Bevölkerung kommen auch immer wieder neue Erkenntnisse der Wissenschaft dazu, die belegen, dass Rauchen noch viel schwer­wiegendere Folgen hat, als man ursprünglich angenommen hat. Für mich war die vernichtendste Aussage beim Hearing im Gesundheitsausschuss die eines Sach­verständigen für Innenraumanalytik; er wurde heute schon genannt. Zusammen­fas­send hat er gesagt, dass die Trennung von Raucher- und Nichtraucherbereichen in der Praxis so gut wie nicht funktioniert, die meisten können die Bestimmungen nicht einhalten. Messungen haben auch gezeigt, dass in Nichtraucherbereichen die Schad­stoffausstöße in der Luft sehr hoch sind. Das heißt anders ausgedrückt: Wenn man sich in einem Nichtraucherbereich aufhält, wo daneben geraucht wird, ist man sozu­sagen ein astreiner Passivraucher.

Das sind Fakten, das ist nicht eine Geheimwissenschaft der SPÖ, und das wurde im Hearing im Gesundheitsausschuss allen Abgeordneten, also auch den Regierungs­parteien, zur Kenntnis gebracht.

Was die Regierungsparteien heute zu verantworten haben, tun sie im vollen Wissen und in Kenntnis der Tatsachen. Uns sollte es um ein Selbstverständnis gehen, dass wir als verantwortungsvolle Politiker und Politikerinnen Verantwortung übernehmen, an­statt sich für ein kurzfristiges politisches Taktieren zu entscheiden. – Vielen Dank. (Beifall bei der SPÖ.)

12.49


Präsidentin Doris Bures: Nun hat sich ein zweites Mal Herr Abgeordneter Peter Wurm zu Wort gemeldet. – Bitte, Herr Abgeordneter.


12.50.01

Abgeordneter Peter Wurm (FPÖ): Frau Präsidentin! Weil sich im Laufe der Dis­kussion noch einige Dinge zum Klarstellen ergeben haben und ich ein geduldiger Mensch bin, helfe ich gerne mit, fachliche, wissenschaftliche Aufklärungsarbeit für die NEOS oder für die SPÖ zu machen. Vielleicht noch einmal ganz kurz zur Erklärung, weil es immer wieder vorkommt, auch für die Kollegin Becher: Das (zwei Fachdossiers in die Höhe haltend) ist vom Parlament erstellt, ich bitte schön, einfach einmal hineinzuschauen – Situationsbericht Europäische Union –, anstatt immer Unwahrheiten oder Lügen zu verbreiten, die einfach keine wissenschaftlichen Fakten sind. – Erste Geschichte. (Zwischenrufe bei der SPÖ.)


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Zweite Geschichte: Ich weiß schon, dass die SPÖ ein bisschen ein Problem hat und auch wissenstechnisch relativ viele Lücken aufweist, aber ich möchte Frau Kollegin Greiner noch einmal helfen, denn der Antrag ist ja vom SPÖ-Klub eingebracht worden und nicht von Ihnen persönlich alleine. Frau Kollegin Greiner – wo ist sie denn?, da –, wenn Sie einen Antrag (diesen in die Höhe haltend) einbringen, was die Spielplätze betrifft, dann sollten Sie bitte mit den Kollegen der SPÖ in Wien einmal sprechen. Es gibt seit über zehn Jahren – ich habe es mit, ich gebe es Ihnen danach (ein Schrift­stück in die Höhe haltend) – das Gesetzblatt der Stadt Wien. Da ist ausdrücklich festgehalten: Rauchverbot auf Spielplätzen. (Abg. Greiner: Aber das Bundesgesetz gibt es nicht!) Zuständig ist – Frau Kollegin! – der Stadtrat der SPÖ, Czernohorszky oder wie der heißt, in Wien. Bitte fragen Sie den! – Also das ist geklärt. (Beifall bei der FPÖ und bei Abgeordneten der ÖVP. – Abg. Leichtfried: Was ist mit den Spielplätzen im Lesachtal?)

Auch noch einmal, bitte schön: Es ist eine Tragik, dass man das wiederholen muss, aber ich sage es noch einmal – Kollegin Daniela (in Richtung Abg. Holzinger-Vogtenhuber), bist du eh da, geistig?, ja; ich habe dir das im Ausschuss erklärt, ich erkläre es dir noch einmal (Abg. Bayr: Wo sind Sie geistig? – Abg. Leichtfried: Was soll denn das jetzt? – weitere Zwischenrufe bei der SPÖ), ich habe es dir mitgebracht (einen Ausdruck in die Höhe haltend) –: Wir können hier im Parlament Gesetze machen, aber wir können nicht alles hier beschließen, was in Gemeinde- oder Länderkompetenz ist. Das sollten wir hier alle wissen. Es gibt auch einen Dienst, den man befragen kann, was möglich ist.

Das, was du willst, liebe Daniela, das Betretungsverbot, sollten, könnten, müssten neun Jugendschutzbeauftragte der Länder in Österreich machen. Und es ist kein Ge­heimnis: Sieben davon gehören der Opposition an. Da gibt es von der SPÖ sehr viele, von den Grünen, und es gibt auch einen NEOS-Landesrat, der für das Gesetz zu­ständig wäre. Es gibt aber leider Gottes keinen freiheitlichen Landesrat, der im Jugendschutz in Österreich das Betretungsverbot für Kinder bis 18 Jahre festschreiben könnte.

Deshalb bitte, liebe SPÖ, auch hier: Macht euren Landesräten entsprechend Beine, damit wir das möglichst bald im Jugendschutz in den Bundesländern verankern können! – Danke. (Beifall bei FPÖ und ÖVP.)

12.53


Präsidentin Doris Bures: Herr Abgeordneter, Sie wissen, der Vorwurf der Unwahrheit ist natürlich einer, den man machen kann, jener der Lüge geht zu weit. (Abg. Wurm: Dann bleibe ich bei der Unwahrheit!) Ich ermahne Sie auch deshalb und ich werde mir, weil ich es akustisch wirklich nicht genau gehört habe, das Stenographische Protokoll bringen lassen, was die Bemerkung in Richtung der Frau Abgeordneten Holzinger-Vogtenhuber betrifft. Darum würde ich bitten, ich werde dann eine Entscheidung treffen.

Als Nächster zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Walter Bacher. – Bitte.


12.53.48

Abgeordneter Walter Bacher (SPÖ): Frau Präsidentin! Geschätzte Frau Ministerin! Ja, lieber Peter Wurm, das, glaube ich, hast du jetzt nicht notwendig gehabt, dass du so mit unserer Kollegin Daniela Vogtenhuber umgegangen bist. Vielleicht entschuldigst du dich noch, bevor dir die Präsidentin den Ordnungsruf erteilt. (Beifall bei der SPÖ.)

Kollege Peter Wurm hat sich bemüht, noch einmal Argumente mit hineinzubringen, warum das Ganze aus ihrer Sicht doch richtig ist und wir falsch liegen. Aber eines ist nach der ganzen Debatte jetzt wirklich unbestritten: Nur ein generelles Rauchverbot


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bietet einen tatsächlichen Schutz vor den negativen gesundheitlichen Auswirkungen durch den Tabakrauch. (Abg. Belakowitsch: Ein Zigarettenverbot also! – Abg. Stefan: Aha, jetzt kenne ich mich aus! Es geht Ihnen um ein Zigarettenverbot! Jetzt habe ich es verstanden! – Weitere Zwischenrufe bei der FPÖ.) Und die Akzeptanz der Bevölkerung ist da, auch wenn Sie es nicht hören wollen: 881 892 Stimmen der Bevölkerung haben hier ein eindeutiges Zeichen gesetzt. Die Regierung, Sie, die ÖVP und die FPÖ, ignorieren diese Stimmen. Wovor haben Sie Angst? Wovor haben Sie Angst? Sie ignorieren das Instrument der direkten Demokratie. Gerade Sie, meine Damen und Herren der FPÖ, treten hier die direkte Demokratie mit Füßen. (Beifall bei der SPÖ.)

Was hat Ihr damaliger Klubobmann Strache noch vor einigen Jahren groß hinaus­posaunt? – Wir werden die direkte Demokratie nach Schweizer Vorbild in der Ver­fassung verankern! Wir fordern, wenn ein Volksbegehren 150 000 oder 250 000 Unter­schriften erlangt, eine verbindliche Volksabstimmung! Das hat Kollege Strache damals gesagt. (Abg. Höbart: Kennen wir schon!) Im Oktober 2018 war dann die Inflation schon sehr groß, Kollege Klubobmann Rosenkranz hat sich hinter dem Regierungs­programm versteckt und dann nur mehr von einer Grenze von 900 000 Unterschriften gesprochen, und das auch erst im Jahr 2022.

Noch einmal: Wovor haben Sie Angst? (Abg. Höbart: Vor der SPÖ jedenfalls nicht!)

Sie verhöhnen die fast 900 000 Menschen aus verschiedensten sozialen Schichten mit unterschiedlichsten politischen Einstellungen. Sie verhöhnen diese Menschen, die ihre Stimme für ein gesundes Leben erhoben haben! Sie ignorieren den Weg, den diese Menschen gewählt haben, nämlich zu sagen, dass sie ein Recht auf frische Luft haben – am Arbeitsplatz, in der Freizeit, für die Kinder, für die Jugendlichen und auch für die Erwachsenen. Sie rauben den Menschen ihr Recht auf Gesundheit!

Ich dachte eigentlich, so viel Ignoranz kann man wohl kaum überbieten, aber leider hat mich Ihr Verhalten im Gesundheitsausschuss, bei den Hearings, eines Besseren belehrt. Sie, meine Damen und Herren der FPÖ und ÖVP, und auch die Frau Minis­terin, für die wohl Gesundheit ein Fremdwort ist, haben im Hearing im Gesundheits­ausschuss Ihre eigenen Experten ignoriert. Mit Ausnahme des Vertreters der Gastro­nomie haben sich alle Experten, auch die von den Regierungsparteien geladenen Experten, für einen Nichtraucherschutz ausgesprochen.

Die mittlerweile jahrzehntelange Entwicklung weg vom Tabakrauch hin zu mehr Lebensqualität, hin zu mehr frischer Luft, zu mehr Gesundheit war eine gute Entwick­lung. Sie stellen diese Entwicklung jetzt auf die Probe. Wir alle wurden gewählt, um dem demokratischen Willen der Menschen in unserem Land zu entsprechen. Das Volksbegehren hat gezeigt, dass fast eine Million Menschen dafür sind, dass wir im Gastronomiebereich rauchfrei werden. Nehmen Sie die direkte Demokratie ernst und stimmen Sie für eine Gesundheit für alle! (Beifall bei der SPÖ.)

12.57


Präsidentin Doris Bures: Zu einer tatsächlichen Berichtigung hat sich Frau Abgeordnete Mag.a Ruth Becher gemeldet. – Bitte.


12.57.34

Abgeordnete Mag. Ruth Becher (SPÖ): Ich berichtige tatsächlich: Kollege Obernosterer hat gesagt, dass die Regelungen in Berlin viel liberaler wären als die unsrigen, die österreichischen Regelungen. Diese Aussage ist falsch, ist unrichtig. Sie können das auf der Homepage der Stadt Berlin nachlesen: In Berlin besteht seit dem Jahr 2008 in allen Gaststätten, Discos und Klubs ein absolutes Rauchverbot. – Vielen Dank. (Beifall


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und Bravorufe bei der SPÖ. – Abg. Jarolim: Ich frage mich, wie der Obernosterer zu solchen Erklärungen kommt! Das ist aus den Fingern gesogen!)

12.58


Präsidentin Doris Bures: Nächste Wortmeldung: Herr Abgeordneter Hermann Krist. – Bitte.


12.58.13

Abgeordneter Hermann Krist (SPÖ): Sehr geschätzte Frau Präsidentin! Frau Bundesministerin! Hohes Haus! Zum wiederholten Male behandeln wir dieses wichtige Thema Volksbegehren Don’t smoke, und zum wiederholten Male frage ich mich, Frau Bundesminister: Wann nehmen Sie endlich Ihren Job und Ihre Verantwortung wirklich wahr?

Dass Sie eine etwas eigenwillige Auffassung vom Job als Ministerin haben und vor allem davon, für wen Sie sich einsetzen, ist ja hinlänglich bekannt, das können wir zur Freude ganz Österreichs jeden Tag in der Früh auf Ö3 vernehmen. An dieser Stelle ein herzliches Danke an die Kollegen von Ö3, es ist ein perfekter Start in den Tag! (Heiterkeit und Beifall bei der SPÖ.)

Dass Sie Expertenmeinungen und Fakten nur ganz selten als Entscheidungsgrundlage nehmen, haben manche der Kollegen schon ausgeführt, das ist ja tagtäglich über­deutlich ersichtlich. Sonst hätte es ja zum Beispiel nicht diesen Raubzug durch die AUVA oder die völlig unnotwendige Zerstörung der Selbstverwaltung der Gebietskran­kenkassen gegeben.

Meine Damen und Herren! Ich möchte aber auch noch auf einen Bereich hinweisen, nämlich auf den Sportbereich in Bezug auf Rauchen. Rauchen schadet der Gesund­heit. Rauchen beeinträchtigt die sportliche Leistung. Wer raucht, ist schneller außer Atem, verfügt über weniger Muskelkraft und reagiert langsamer. Das sage nicht ich, das sagen Experten aus den wissenschaftlichen Bereichen. Außerdem regenerieren Nichtraucher schneller als Rauchende. (Präsidentin Kitzmüller übernimmt den Vor­sitz.)

Frau Bundesminister, in regelmäßigen Abständen bekomme ich Post von Menschen, die sich über Ihre Einstellung als Gesundheitsministerin beschweren – hier (einen Ausdruck in die Höhe haltend) habe ich einen solchen Brief auszugsweise mit. Diese Briefe kommen von LehrerInnen, von ÄrztInnen, von SportlerInnen. Beispielsweise schreibt mir hier, in diesem Brief, ein langjähriger, engagierter Lehrer, der mit vielen Kindern auf Schulskikursen, bei Schwimmwochen, bei Wandertagen unterwegs war, ein Sportfunktionär und auch ein Opa – darauf legt er großen Wert –, und er ärgert sich zu Recht, dass in Skihütten, in Sportplatzkantinen oder in Wartebereichen bei Schwimm­bädern – dort, wo die Kinder warten, dass sie abgeholt werden, dort, wo sie sich treffen – geraucht werden darf und die Kinder dort den Passivrauch voll abbekommen. (Abg. Belakowitsch: Bei Skihütten Kinder abholen?)

Insbesondere im Hinblick auf unsere Kinder wäre es wirklich höchst an der Zeit, dass Sie endlich Ihren Job machen und eine Gesundheitsministerin für und nicht gegen die Menschen sind (Zwischenruf des Abg. Neubauer), dass Sie auch eine Gesund­heits­ministerin für die Kinder und deren Zukunft sind, denn Kinder sind unser wichtigster Schatz.

Wenn Sie das nicht können, Frau Minister, wäre vielleicht ein Jobwechsel anzuraten. (Abg. Neubauer: Das wäre für dich auch gut!) Sie können sicher ganz beruhigt zum AMS gehen, allerdings haben Sie auch dem AMS wichtige Gelder für arbeitsplatz­politische Maßnahmen entzogen (Ruf bei der FPÖ: Unglaublich!) – aber, um es mit den berühmten Worten der Edith Klinger zu sagen: Für Sie, Frau Ministerin, wird sich schon


Nationalrat, XXVI.GPStenographisches Protokoll66. Sitzung, 27. und 28. März 2019 / Seite 110

ein gutes Platzerl finden. (Beifall bei der SPÖ. – Zwischenbemerkung von Bundes­ministerin Hartinger-Klein.)

Meine Damen und Herren! Liebe leidgeprüfte Zuseherinnen und Zuseher zu Hause vor den Fernsehern! Wer aktiv ist, verliert die Lust aufs Rauchen; wer sportlich aktiv ist, verliert die Lust am Rauchen (Zwischenrufe bei der FPÖ) – und wer Ihnen, Frau Minister, beim Arbeiten zuschaut, verliert die Lust am Arbeiten, aber das werden wir zu verhindern wissen. (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Schimanek: Geniert euch! – Weitere Zwischenrufe bei der FPÖ.)

13.01


Präsidentin Anneliese Kitzmüller: Zu Wort gelangt Frau Abgeordnete Holzinger-Vogtenhuber. – Bitte schön, Frau Abgeordnete.


13.01.45

Abgeordnete Daniela Holzinger-Vogtenhuber, BA (JETZT): Wenn Sie sich dann wieder eingekriegt haben, würde ich gerne beginnen.

Kollege Wurm hat behauptet und gesagt, dass das Thema Passivrauchen ja nur ein Randthema wäre. Zudem hat er behauptet, es gibt zu wenige beziehungsweise keine wissenschaftlichen Erkenntnisse, was die Auswirkungen des Passivrauchens betrifft.

Zwei Fakten: Es gibt 400 000 Beschäftigte, die in der Gastronomie und im Tourismus arbeiten – so viel zu: ein Randthema! Das sind 400 0000 ArbeitnehmerInnen, die den Auswirkungen des Passivrauchens ausgesetzt sind. (Zwischenruf des Abg. Wurm.)

Fakt zwei, Kollege Wurm: Sie mögen gesagt haben, ich war geistig nicht anwesend. – Ich habe schnell (die Rednerin hält ihr Smartphone in die Höhe) am Handy etwas nachgeschaut, um Ihnen eine wissenschaftliche Erkenntnis auf Ihrem weiteren politi­schen Weg mitzugeben.

Sie sagen, es gibt keine wissenschaftlichen Erkenntnisse zu den Auswirkungen des Passivrauchens. Ich empfehle Ihnen die Seite (Abg. Povysil: Am Handy haben Sie die wissenschaftlichen Erkenntnisse?) – Frau Kollegin Povysil, kurz zuhören, dann erfah­ren Sie es auch! – des Gesundheitsministeriums, Ihres Gesundheitsministeriums, und zitiere wörtlich: „Beim Rauchen belastet der giftige Schadstoff-Cocktail die Atemluft der Umgebung. Raucherinnen/Raucher gefährden daher nicht nur sich selbst, sondern auch Nichtraucherinnen/Nichtraucher! Täglich sterben“ – und jetzt die wissenschaft­liche Erkenntnis – „in Österreich zwei bis drei Personen an den Folgen des Passiv­rauchens.“ – So viel zur wissenschaftlichen Erkenntnis! Lesen Sie es auf der eigenen Ministeriumshomepage nach! – Danke. (Beifall bei JETZT. – Zwischenrufe der Abge­ord­neten Belakowitsch und Wurm. – Abg. Zinggl – in Richtung der das Rednerpult verlassenden Abg. Holzinger-Vogtenhuber –: Entschließungsantrag! – Die Rednerin begibt sich erneut zum Rednerpult.)

13.03


Präsidentin Anneliese Kitzmüller: Zu einer tatsächlichen Berichtigung hat sich Herr Abgeordneter Obernosterer gemeldet. (Abg. Holzinger-Vogtenhuber: Geht es? Daher bringe ich erneut den Entschließungsantrag der Abgeordneten - -! – Abg. Rosenkranz: Das geht nicht! – Weitere Zwischenrufe bei FPÖ und ÖVP.) – Frau Abgeordnete, Sie müssen sich dann noch einmal zu Wort melden (Ruf: Das ist schon die zweite Wortmeldung!), oder ein anderer Kollege muss den Antrag einbringen.

Jetzt ist Herr Obernosterer dran. – Bitte, Herr Abgeordneter. (Abg. Rosenkranz: Der Kollege Zinggl ist auch immer so formalistisch!)



Nationalrat, XXVI.GPStenographisches Protokoll66. Sitzung, 27. und 28. März 2019 / Seite 111

13.03.53

Abgeordneter Gabriel Obernosterer (ÖVP): Frau Präsidentin! Frau Bundesminis­terin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Die Kollegin von der SPÖ hat behauptet (Rufe bei der SPÖ: Wer?), in Berlin darf man in den Gastlokalen nicht rauchen.

Ich berichtige – hier (sein Smartphone in die Höhe haltend) nachzulesen (Abg. Schellhorn: Wo?) –: Bei Größen von unter 75 Quadratmetern darf in Berlin in der Gastronomie geraucht werden. – Danke vielmals. (Beifall bei ÖVP und FPÖ.)

13.04


Präsidentin Anneliese Kitzmüller: Zu Wort gelangt Frau Abgeordnete Greiner. – Bitte, Frau Abgeordnete.


13.04.36

Abgeordnete Mag. Karin Greiner (SPÖ): Ich bin begeistert: Kollege Wurm hat mir seine Kooperation angeboten. Weiter so! Sie haben mir aber nichts Neues erzählt. Wenn, dann bringen Sie bitte auch einen Input mit. Es wäre ganz super, wenn wir da zusammen etwas zustande bringen.

Sie sagen, Wien hat sich darum gekümmert. – Ja, super! Wien ist vorbildlich, genau! Die wollten nämlich nicht auf den Bund warten, dass endlich auch diese Gesetzeslücke von uns geschlossen wird. (Abg. Wurm: Vor zehn Jahren schon! Vor zehn Jahren!) – Ja, das ist super! Wien ist vorbildlich.

Auch Berlin ist vorbildlich. Auch Innsbruck ist vorbildlich, wie Sie wissen. Graz ist zwar nicht ganz so vorbildlich, aber dort gibt es tolle Bemühungen, und ein ÖVP-Stadtrat wünscht sich, dass auch diese Gesetzeslücke im Bundesgesetz geschlossen wird. Er als ÖVP-Politiker wünscht sich ein Rauchverbot auf Kinderspielplätzen. Ich habe diesen Wunsch gerne aufgenommen und habe das weitergetragen. Leider lässt die ÖVP hier aus und macht nicht mit – sehr schade! Auch Leoben ist vorbildlich. Dort hat man mit SPÖ-, ÖVP- und FPÖ-Stimmen ein Rauchverbot auf Kinderspielplätzen durchgesetzt.

Warum warten wir aber, bis die Städte alle selbst initiativ werden und ihre eigene Suppe kochen? Es ist super, dass sie etwas tun, aber wir haben eine Verantwortung als Bundesgesetzgeber, lieber Kollege. (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Stefan: Warum warten wir nicht ab? Die Städte ... mit den Kompetenzen ...!)

13.06


Präsidentin Anneliese Kitzmüller: Nun gelangt Herr Abgeordneter Zinggl zu Wort. – Bitte schön.


13.06.08

Abgeordneter Mag. Dr. Wolfgang Zinggl (JETZT): Ich bringe anstelle meiner Kolle­gin Holzinger jetzt den Entschließungsantrag ein:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Daniela Holzinger-Vogtenhuber, BA, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Schutz von Kindern und Jugendlichen vor Passivrauch durch Einleiten von Gesprächen mit den Jugendschutzreferentinnen und Jugendschutzreferenten der Bundesländer“

Der Nationalrat wolle beschließen:


Nationalrat, XXVI.GPStenographisches Protokoll66. Sitzung, 27. und 28. März 2019 / Seite 112

„Die Bundesministerin für Arbeit, Soziales, Gesundheit und Konsumentenschutz wird aufgefordert, mit den Landesjugendschutzreferentinnen und -referenten umgehend in Gespräche einzutreten, um einen umfassenden Schutz von Kindern und Jugendlichen vor Passivrauch – besonders in Raucherbereichen – zu erwirken.“

*****

Das ist nichts anderes als das, was die Regierung selbst machen wollte. Vielleicht stimmen Sie irgendwann einmal dem zu, was Sie selbst machen wollten. – Danke. (Beifall bei JETZT. – Abg. Belakowitsch: Mein Gott! – Abg. Rosenkranz: Brauchen wir nicht, wir machen es einfach selbst!)

13.06

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Daniela Holzinger-Vogtenhuber, BA, Kolleginnen und Kollegen,

betreffend Schutz von Kindern und Jugendlichen vor Passivrauch durch Einleiten von Gesprächen mit den Jugendschutzreferentinnen und Jugendschutzreferenten der Bundesländer,

eingebracht im Zuge der Debatte zum Tagesordnungspunkt 5: Bericht des Gesund­heitsausschusses über den Antrag 610/A(E) der Abgeordneten Daniela Holzinger-Vogtenhuber, BA, Kolleginnen und Kollegen betreffend Schutz von Kindern und Jugendlichen vor Passivrauch (537 d.B.)

Im Zuge der Diskussion über den Nichtraucherschutz in der Gastronomie hatte die Bundesregierung Anfang 2018 angekündigt, für Jugendliche ein Betretungsverbot von Raucherräumen in der Gastronomie einführen zu wollen.

Dieser Ankündigung sind leider keine Taten gefolgt. Der ursprünglich geplante Schutz von Jugendlichen vor Passivrauch in der Gastronomie wurde – wahrscheinlich auf Zuruf der Wirtschaft – still und leise gestrichen bzw. den Ländern überantwortet.

Zum Fehlen des Schutzes der Jugendlichen kommt hinzu, dass immer wieder fälsch­licherweise behauptet wird, es würde diesen Schutz geben. So meinte etwa der ÖVP-Abgeordnete Obernosterer in der Nationalratssitzung vom 11.12.2018: „Unter 18-Jährige dürfen in keinen Raucherbereich mehr hineingehen", was ebenso falsch ist, wie die Aussage von ÖVP-Generalsekretär Karl Nehammer in einer ORF-Diskus­sionssendung (Runder Tisch, 8.10.2018), wo er meinte, dass sich Jugendliche unter 18 Jahren nicht mehr in Räumlichkeiten aufhalten dürfen, in denen geraucht wird.

Die Regierung und Vertreterinnen und Vertreter der Regierungsfraktionen erwecken mit solchen Behauptungen den Eindruck, sie hätten den Jugendschutz revolutioniert. Dabei wäre das Betretungsverbot nicht mehr als eine leichte Verbesserung des Status Quo. Zudem könnte es einige Wirte dazu bewegen, generell auf rauchfrei umzustellen.

Kinder und Jugendliche haben, egal ob als Gäste oder als Lehrlinge, nichts in verqualmten Räumen verloren und müssen hier den höchstmöglichen Schutz erfahren. Weil in der Gastronomie jegliche Schutzbestimmungen fehlen, sind selbst Kleinkinder zum Passivrauchen verurteilt.

Die Fachstelle für Suchtprävention der Steirischen GKK (VIVID) hat im April 2018 eine umfangreiche „Gesundheitsfolgen-Abschätzung zur Änderung des NichtraucherIn­nen­schutzes in der Gastronomie mit erweitertem Jugendschutz" publiziert. Diese Studie


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kommt zu eindeutigen Ergebnissen, was die Gefährdung von Kindern und Jugend­lichen durch Passivrauch in der Gastronomie betrifft.

In den Handlungsempfehlungen der Studie wird weiter klar ausgeführt:

„Die bundesweite Anhebung des Mindestalters fürs Rauchen auf 18 Jahre kann seine volle Wirkung nur dann entfalten, wenn sie einerseits mit einem bundesweiten Abga­beverbot (...) von Tabakwaren und verwandten Erzeugnissen einhergeht und sich das Rauchverbot für Kinder und Jugendliche andererseits bundesweit einheitlich auf den öffentlichen und privaten Raum erstreckt. (...)

Was den besonderen Schutz für MitarbeiterInnen der Gastronomie unter 18 Jahren angeht, so bedarf es der Sicherstellung, dass die Jugendlichen nicht im RaucherIn­nenbereich arbeiten dürfen."

Diese Empfehlungen wurden gesetzgeberisch bislang nicht umgesetzt.

Obwohl es beim Rauchverbot im Auto möglich war, eine bundeseinheitliche Regelung im Tabak- und Nichtraucherinnen- bzw. Nichtraucherschutzgesetz zu schaffen, wird nun seitens der Regierungsfraktionen argumentiert, dass eine Regelung zum Schutz von Kindern und Jugendlichen vor Passivrauch in gastronomischen Betrieben nicht möglich wäre. Im § 12 Tabak- und Nichtraucherinnen- bzw. Nichtraucherschutzgesetz wird unter anderem ein Rauchverbot für Räume, in denen Vereinstätigkeiten im Beisein von Kindern und Jugendlichen ausgeübt werden, sowie in Räumen, in denen Vereine Veranstaltungen, auch ohne Gewinnerzielungsabsicht, abhalten, festgeschrieben.

Zum Rauchverbot in privaten Verkehrsmitteln heißt es in § 12 (4) leg cit: „Rauchverbot gilt auch für geschlossene öffentliche und private Verkehrsmittel zur entgeltlichen oder gewerblichen Personenbeförderung. Dies gilt auch in nicht der entgeltlichen oder gewerblichen Personenbeförderung dienenden Verkehrsmitteln, wenn sich im Fahr­zeug eine Person befindet, die das 18. Lebensjahr noch nicht vollendet hat.“

Da die Regierungsfraktionen der Auffassung sind, dass eine Regelung zum Schutz von Kindern und Jugendlichen vor Passivrauch in gastronomischen Betrieben durch ein Betre­tungsverbot nur über die Ländergesetzgebung möglich ist, sollte die Bundes­ministerin ehestmöglich in Gespräche mit den zuständigen LandesrätInnen treten, um ein solches Betretungsverbot schnellstmöglich herbeizuführen.

Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgenden

Entschließungsantrag

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesministerin für Arbeit, Soziales, Gesundheit und Konsumentenschutz wird aufgefordert, mit den Landesjugendschutzreferentinnen und -referenten umgehend in Gespräche einzutreten, um einen umfassenden Schutz von Kindern und Jugendlichen vor Passivrauch – besonders in Raucherbereichen – zu erwirken.“

*****

13.06.40


Präsidentin Anneliese Kitzmüller: Der Antrag wurde nun ordnungsgemäß einge­bracht und steht mit in Verhandlung.

Es ist nun niemand mehr zu Wort gemeldet.

Wünschen die Berichterstatter ein Schlusswort? – Das ist nicht der Fall.


Nationalrat, XXVI.GPStenographisches Protokoll66. Sitzung, 27. und 28. März 2019 / Seite 114

Somit gelangen wir zur Abstimmung, die ich über jeden Ausschussantrag getrennt vornehme.

Zuerst gelangen wir zur Abstimmung über Tagesordnungspunkt 1: Antrag des Gesundheitsausschusses, seinen Bericht 533 der Beilagen zur Kenntnis zu nehmen.

Ich bitte jene Damen und Herren, die ihn zur Kenntnis nehmen, um ein entsprechendes Zeichen. – Das einstimmig angenommen.

Wir gelangen jetzt zur Abstimmung über den Entschließungsantrag der Abge­ord­neten Kucher, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Nichtraucherschutz und Rauch­verbot in der Gastronomie“.

Ich bitte jene Damen und Herren, die hiefür eintreten, um ein entsprechendes Zeichen. – Das ist die Minderheit, nicht angenommen.

Wir gelangen nun zur Abstimmung über Tagesordnungspunkt 2: Antrag des Gesund­heitsausschusses, seinen Bericht 534 der Beilagen zur Kenntnis zu nehmen.

Ich bitte jene Damen und Herren, die dem zustimmen, um ein entsprechendes Zeichen. – Das ist mit Mehrheit angenommen.

Wir gelangen zur Abstimmung über Tagesordnungspunkt 3: Antrag des Gesund­heitsausschusses, seinen Bericht 535 der Beilagen zur Kenntnis zu nehmen.

Ich bitte jene Damen und Herren, die ihn zur Kenntnis nehmen, um ein entsprechendes Zeichen. – Das ist mit Mehrheit angenommen.

Wir gelangen zur Abstimmung über Tagesordnungspunkt 4: Antrag des Gesund­heits­ausschusses, seinen Bericht 536 der Beilagen zur Kenntnis zu nehmen.

Ich bitte jene Damen und Herren, die ihn zur Kenntnis nehmen, um ein entsprechendes Zeichen. – Das ist die Mehrheit, angenommen.

Wir gelangen nun zur Abstimmung über Tagesordnungspunkt 5: Antrag des Gesund­heitsausschusses, seinen Bericht 537 der Beilagen zur Kenntnis zu nehmen.

Ich bitte jene Damen und Herren, die ihn zur Kenntnis nehmen, um ein entsprechendes Zeichen. – Das ist mit Mehrheit angenommen.

Wir gelangen nun zur Abstimmung über den Entschließungsantrag der Abgeordneten Holzinger-Vogtenhuber, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Schutz von Kindern und Jugendlichen vor Passivrauch durch Einleiten von Gesprächen mit den Jugendschutz­referentinnen und Jugendschutzreferenten der Bundesländer“.

Ich bitte jene Damen und Herren, die hiefür eintreten, um ein entsprechendes Zeichen. – Das ist die Minderheit, nicht angenommen.

13.09.306. Punkt

Bericht des Gesundheitsausschusses über den Bericht in Entsprechung der Entschließung des Nationalrates vom 5. Juli 2018 betreffend Liberalisierung von Cannabis zu medizinischen Zwecken, Nr. 27/E XXVI. GP, vorgelegt von der Bundesministerin für Arbeit, Soziales, Gesundheit und Konsumentenschutz (III-233/538 d.B.)


Präsidentin Anneliese Kitzmüller: Wir gelangen nun zu Punkt 6 der Tagesordnung.

Auf eine mündliche Berichterstattung wurde verzichtet.

Zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Androsch. – Bitte schön, Herr Abgeordneter.



Nationalrat, XXVI.GPStenographisches Protokoll66. Sitzung, 27. und 28. März 2019 / Seite 115

13.10.02

Abgeordneter Ing. Maurice Androsch (SPÖ): Frau Präsidentin! Sehr geehrte Frau Bundesministerin! Meine sehr geehrten Kolleginnen und Kollegen! Das, was wir heute diskutieren, ist der Bericht, den uns die Gesundheitsministerin zum Thema der Libera­lisierung von Cannabis zu medizinischen Zwecken vorgelegt hat – ein Thema, das viele Patientinnen und Patienten in Österreich bewegt, ein Thema, das viele Familienangehörige bewegt, das viele Menschen in Österreich bewegt. So haben mich gerade in den letzten Tagen und in den Tagen vor der Sitzung des Gesundheits­ausschusses eine Reihe von Bürgerinnen und Bürger kontaktiert, die wissen wollten, wie es da weitergeht, was in diesem Bereich passiert und ob es zu einer Legalisierung von Cannabis im medizinischen Bereich kommen wird.

Der Bericht fußt auf der Entschließung 27/E, die wir hier im Hohen Haus einstimmig gefasst haben, durch die die Frau Bundesministerin aufgefordert worden ist, sich dem Thema zu stellen, sich ihm zu widmen und vor allem die zukünftigen – das ist mir besonders wichtig: die zukünftigen – medizinischen, rechtlichen, ökonomischen Rah­men­bedingungen darzustellen, die notwendig sind, um die Liberalisierung von Can­nabis für medizinische Zwecke auch in Österreich voranzutreiben beziehungs­weise zu ermöglichen.

Jetzt liegt uns ein Bericht der Frau Bundesminister vor, der wenige Seiten umfasst und aus meiner Sicht sehr oberflächlich ist, das habe ich auch schon im Ausschuss gesagt. In diesem Bericht wird in groben Zügen über das Thema drübergeschaut, man be­schäftigt sich in groben Zügen damit, es fließen Stellungnahmen ein – es hat eben eine Ausschussbegutachtung gegeben, im Rahmen derer eine Reihe von Stellung­nahmen abgegeben worden sind; einige Stellungnahmen sind auch eingearbeitet worden, manche Stellungnahmen werden in diesem Bericht aber gar nicht erwähnt –, aber, was mir besonders fehlt, gerade die zukünftigen Rahmenbedingungen, die ein besonderer Schwerpunkt sind, und der Blick nach Deutschland, über die Grenze hinweg zu Ländern, die sich bereits intensiv mit dem Thema auseinandersetzen, was ebenfalls ein wichtiges Schwerpunktthema ist, wurden leider nur sehr oberflächlich oder gar nicht behandelt.

Frau Bundesminister, auch wenn Sie den Kopf schütteln und sagen: Das stimmt nicht!, stimmt das sehr wohl. Lesen Sie die Stellungnahmen nach! – Viele sind drinnen, aber jene von Wien ist nicht drinnen, jene von Tirol ist zum Beispiel nicht drinnen; in Ihrem Bericht wird nicht einmal erwähnt, dass diese Länder Stellungnahmen abgegeben haben.

Was mich betreffend Stellungnahmen ganz besonders verwundert: Sie beziehen sich in Ihrem Bericht immer wieder auf die Stellungnahme des österreichischen Sanitäts­rates (Zwischenbemerkung von Bundesministerin Hartinger-Klein) – des Obersten Sanitätsrates, danke schön! –, ein Gremium, dessen Sie sich natürlich bedienen können, das muss man ganz klar sagen; der Oberste Sanitätsrat ist ein Gremium, das Sie auch beraten soll, keine Frage. Nur: Die Stellungnahme des Obersten Sanitäts­rates findet sich nicht auf der Parlamentshomepage und ist auch nicht einsehbar. Sie sagen uns aber in Ihrem Bericht, dass diese Stellungnahme auf Fakten beruht, die ganz, ganz wichtig sind, um dieses Thema zu behandeln. Ich kenne aber auch die Fakten nicht, auf deren Basis der Oberste Sanitätsrat letzten Endes seine Stellung­nahme abgegeben hat.

Frau Bundesminister, es ist, wenn man sich so einem Thema widmet, schon wichtig, dass auch die Ernsthaftigkeit dahintersteht, diesem Parlament all das zur Verfügung zu stellen, was letzten Endes zukünftig zu einer Entscheidung führen kann oder zu einer Entscheidung führen soll. Das haben Sie nicht gemacht!


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Frau Bundesministerin, das ist ja kein Zufallsthema! Die WHO beschäftigt sich gerade sehr, sehr intensiv mit einer Reklassifizierung von Cannabis, weil viele Studien und die Erkenntnisse – so sagen es auch die Experten der WHO – letzten Endes dem Rech­nung getragen haben, dass man mittlerweile weiß, dass einzelne Wirkstoffe oder auch die Kombination von einzelnen Wirkstoffen bei Patientinnen und Patienten schon wesentlich zu einer Milderung der Symptome, einer Milderung der Schmerzen oder was auch immer beitragen. Das ist ein wichtiges Thema für die Österreicherinnen und Österreicher, ein wichtiges Thema für Patientinnen und Patienten in Österreich, ein wichtiges Thema gerade für Menschen, die an Schmerzen leiden, die chronische Schmerzen haben, die chronische Gelenksschmerzen haben und vieles darüber hinaus.

Frau Bundesminister, so wie wir es schon in den Reden zu den vorigen Themen gehört haben, möchte ich Sie ersuchen: Nehmen Sie auch dieses Thema ernst! Nehmen Sie es ernst und treiben Sie auch die Forschung in Österreich voran! Wir brauchen – da stimme ich Ihrem Bericht zu – intensivere unabhängige Forschung zu diesem Thema, um auch eine Entscheidung in diesem Parlament herbeiführen zu können. Da stimme ich zu, und deswegen möchte ich Sie auch auffordern: Machen Sie Ihre Arbeit! Machen Sie den Weg für Forschungen frei, und widmen Sie sich auch dem wichtigen Thema der Liberalisierung von Cannabis zu medizinischen Zwecken zum Wohle der Patientinnen und Patienten, die ganz viel Hoffnung in dieses Thema setzen! – Danke schön. (Beifall bei der SPÖ.)

13.14


Präsidentin Anneliese Kitzmüller: Zu Wort gelangt Frau Abgeordnete Povysil. – Bitte schön, Frau Abgeordnete.


13.14.55

Abgeordnete Dr. Brigitte Povysil (FPÖ): Sehr geehrte Frau Präsidentin! (Die Red­nerin stellt eine Papiertragetasche, die sie zum Rednerpult mitgebracht hat, hinter dieses. – Abg. Scherak: Nicht rauchen!) Sehr geehrte Frau Bundesministerin! Sehr geehrte Damen und Herren im Plenum, auf der Galerie und jene, die via Medien zusehen! Es ist immer wieder erschütternd, mit wie viel Fehlinformation, Halbwahr­heiten und falscher Dramatik die Bevölkerung im Gesundheitswesen verunsichert wird, und ich überlasse es Ihnen, verehrte Bürgerinnen und Bürger, zu urteilen, ob dies nicht auch einem parteipolitischen Kalkül entspricht, dass das auf Ihrem Rücken ausge­tragen wird.

Sehen Sie hier nun (eine Pflanze aus der Papiertragetasche nehmend und diese auf das Rednerpult stellend) das Objekt vieler Begierden: Cannabis, die Hanfpflanze, Cannabis sativa. (Abg. Leichtfried: Ist das legal?) – Ja, das ist durchaus legal, ich darf die hier herstellen. Keine Angst! Seit Jahrhunderten werden Hanfpflanzen zum Herstellen von Seilen, von Papier, von Textilien verwendet, sie haben aber auch mehr als hundert verschiedene Inhaltsstoffe. Die einen sind psychoaktiv – das ist THC –, die anderen sehr wenig psychoaktiv, da nicht ganz rein extrahierbar, das ist Cannabidiol. Diese beiden Stoffe werden zu Medikamenten verarbeitet, zu Medikamenten, die in Österreich zugelassen und erhältlich sind.

Damit kommen wir zur ersten wichtigen Frage: Sind Medikamente, die Cannabinoide, also Inhaltsstoffe der Cannabispflanze, enthalten, in Österreich erhältlich? – Die Ant­wort darauf lautet: Ja, in der Apotheke, nach Verschreibung eines Arztes mit einem Rezept. Er kann sie als Tabletten verschreiben, er kann sie als Tropfen verschreiben, und er kann auch einzelne Bestandteile auf einem Rezept individuell für den Patienten verschreiben. Eine Liberalisierung für medizinische Zwecke ist nicht notwendig, denn diese Medikamente sind erhältlich.


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Die zweite Frage, die wir uns stellen müssen, lautet: Welche Vorteile haben diese Medikamente gegenüber anderen bereits in Gebrauch befindlichen Medikamenten? – Dazu gab es auf Initiative der Ministerin, die uns einen Bericht darüber geliefert hat, eine Stellungnahme des Obersten Sanitätsrates, die selbstverständlich dem Bericht beigefügt wurde und nachzulesen ist. Was für ein Gremium ist dieser Oberste Sanitätsrat? – Darin sind vertreten: die Ärztekammer, die Apothekerkammer, darin ist aber auch die Ages vertreten, die derzeit als Einzige in Österreich Hanfpflanzen mit einem bestimmten THC-Gehalt, der nicht schädlich ist, anbauen darf, und darin ist auch die Gesellschaft für Anästhesie drin.

Was haben die dazu gesagt: Brauchen wir diese Medikamente, brauchen wir Can­nabinoide, ja oder nein? – Die Antwort war folgende: Die Medikamente für Schmerz­therapie, zur Appetitsteigerung oder zur Unterdrückung von Übelkeit und Brechreiz oder bei ausgeprägter Spastik sind dann gerechtfertigt, wenn mit den anderen Medikamenten, die derzeit am Markt sind, nicht das Auslangen gefunden wird oder wenn Sie einen Effekt haben, der besser ist als die Medikamente, die wir derzeit am Markt haben. – Das heißt: Kein Patient bekommt dieses Medikament nicht, wenn er es braucht.

Damit ist die Frage, ob klar ist, wann diese Medikamente eingesetzt werden, ganz klar bejaht. Natürlich gibt es noch immer klinische Forschung in diesem Bereich, weil es noch notwendig ist, die Evidenzlage zu verbessern; und für Cannabidiol, also den nicht berauschenden Anteil dieser Pflanze, ist momentan keine Empfehlung abgegeben worden, man setzt es aber eventuell bei Epilepsie bei Kindern ein, wenn dort nichts mehr hilft. Wir sind damit auf gleicher Linie mit dem Deutschen Bundestag, der letzte Woche beschlossen hat, dass die Genehmigungspflicht – entgegen dem, was die Fraktion Die Linke dort beantragt hat – vorerst nicht abgeschafft wird, dass die Genehmigungspflicht für diese Medikamente auch in Deutschland bleibt.

So kommen wird zur dritten Frage, und die lautet: Ist dieses Medikament für alle in Österreich gleich verfügbar? Kann jeder in Österreich das zu gleichen Bedingungen nehmen? – Daran arbeiten wir. Es gibt von uns einen Antrag, zu evaluieren, zu welchen Bedingungen in den verschiedenen Bundesländern Cannabinoide und canna­binoidhältige Arzneimittel zur Verfügung stehen, wie man an sie herankommt. Nach der Fertigstellung dieses Berichtes wird dies in ganz Österreich in gleicher Weise erhältlich sein.

Meine Damen und Herren, hören wir bitte mit einem auf, was mir in der Politik ständig entgegenschlägt: mit den maßlosen Übertreibungen und mit dem unlauteren Spiel verzerrter Emotionen! Wir sind dafür, dass auf einer guten Beweislage, im Rahmen einer guten Evidenz die cannabinoidhältigen Medikamente in Österreich allen Patien­ten zu gleichen Bedingungen zur Verfügung stehen, wenn diese sie brauchen. (Beifall bei FPÖ und ÖVP.)

13.20


Präsidentin Anneliese Kitzmüller: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Abgeord­neter Loacker. – Bitte schön, Herr Abgeordneter.


13.20.51

Abgeordneter Mag. Gerald Loacker (NEOS): Frau Präsidentin! Frau Bundesminis­terin! Hohes Haus! Wie in verschiedenen anderen Fragen, so arbeitete das Ministerium auch bei diesem Bericht leider weitgehend faktenbefreit. Was uns da vorgelegt wurde, ist meines Erachtens eine Zumutung; anstatt nämlich auf die medizinischen Ein­satzmöglichkeiten von Cannabis einzugehen, ist die politische Auftragsarbeit auf jeder Seite förmlich herauszulesen.


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So wird zum Beispiel auf das Abhängigkeitspotenzial des Wirkstoffs THC in Cannabis eingegangen, und zwar im selben Absatz, in dem auf Opiatabhängigkeit eingegangen wird. Jedem Fachmann ist klar, dass sich das völlig unterscheidet, aber das wird sicherheitshalber in einem Absatz verwurstet. So werden im Bericht auch die Wirkstoffe THC und CBD mehrfach in einem Aufwischen genannt. An einer anderen Stelle dann wieder nicht, da ist der Bericht in sich nicht schlüssig, weil auf einer Seite ausgewiesen wird, dass CBD – Cannabidiol – erstens kein Suchtgift und zweitens nicht rezeptpflichtig ist. Damit setzt der Bericht aber wieder den CBD-Erlass der Ministerin aus dem Dezember ins Unrecht, mit dem quasi ein CBD-Totalverbot für den Handel erlassen wurde. Dieser Erlass ist ja auch ein Willkürakt reinster Sorte und faktisch nicht haltbar.

In diesem Bericht hätte es eigentlich um den Einsatz von Blüten bei medizinischer Verwendung von Cannabis gehen sollen. Diesem Thema sind nur zwei Seiten gewidmet, und dies ohne jede Quellenangabe. Man kann überhaupt nicht nachlesen, wo das herkommt, was da behauptet wird. Wenn der Bericht davon spricht, dass es keine Evidenz in Bezug auf den Einsatz von Blüten in der Medizin gebe, dann wäre auch darauf einzugehen gewesen, dass diese in den Niederlanden und in Deutschland sehr wohl zum Einsatz kommen – dass die deutschen Kassen das ohne Evidenz machen, bin ich nicht so ohne Weiteres zu glauben bereit.

Warum das Ministerium derart Angst vor Fakten und vor Evidenz hat, verstehe ich nicht. Es kann ja durchaus herauskommen, dass die medizinische Evidenz es nicht hergibt, Cannabis und Cannabisblüten einzusetzen; das soll mir auch recht sein, aber ich will diese Politik der faktenbefreiten Willkür nicht haben. (Beifall bei den NEOS.)

13.23


Präsidentin Anneliese Kitzmüller: Als Nächste zu Wort gemeldet ist Frau Abgeord­nete Schwarz. – Bitte schön, Frau Abgeordnete.


13.23.40

Abgeordnete Gabriela Schwarz (ÖVP): Werte Frau Präsidentin! Frau Ministerin! Hohes Haus! Sehr verehrte Damen und Herren auf der Galerie und zu Hause! Zuerst möchte ich die Besuchergruppe von Jugend am Werk aus der Steiermark recht herzlich bei uns willkommen heißen. Schön, dass Sie da sind! (Allgemeiner Beifall.)

Eines der mir als Gesundheitssprecherin wichtigen Anliegen ist, dass alle Patientinnen und Patienten in Österreich jene Medikamente bekommen, die sie tatsächlich brauchen. Das betrifft insbesondere selbstverständlich auch die von dir, Gerald, ange­sprochenen Schmerzpatienten, Onkologiepatienten, vor allem diejenigen Menschen, die sich auf dem letzten Stück ihres Lebensweges befinden.

Wir haben letztes Jahr im Dezember im Plenum auf Anregung des Hospiz- und Pallia­tiv­forums eine Klarstellung betreffend den ärztlichen Beistand für Sterbende getroffen, und ich erachte das für wirklich wichtig, denn da geht es darum, dass Menschen, die sich am Ende ihres Lebens befinden, möglichst schmerzfrei, wenn nicht sogar schmerzlos sind. Alle, die Menschen in dieser Situation begleiten, egal ob das HospizmitarbeiterInnen sind, die Ärzteschaft, Ehrenamtliche, werden Ihnen bestätigen, wie wichtig das am Ende des Lebens ist.

Da geht es selbstverständlich auch um cannabinoidhaltige Arzneimittel. Es gibt in Österreich zurzeit 40 000 Verschreibungen pro Jahr, aber nicht überall nach den gleichen Bewilligungsvorgängen. Wenn Sie zum Beispiel in Kärnten ein Medikament bewilligt bekommen, heißt das nicht automatisch, dass das auch in Wien genehmigt wird. Dagegen bin ich, denn ich finde, das ist ungerecht und nicht in Ordnung, und deshalb war unsere Bitte an die Frau Ministerin, bei einer sachlichen Diskussion zu


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bleiben, denn cannabinoidhaltige Arzneimittel müssen genauso wie alle anderen Arzneimittel einen Bewilligungsvorgang durchlaufen, müssen eingereicht werden, klini­sche Studien müssen erstellt werden; erst dann werden sie zugelassen.

Unser Anliegen ist es, da wirklich evidenzbasiert mit allen Beteiligten zu reden und eine einhellige Vorgangsweise bei der Diagnose, bei der Bewilligung und bei der Ver­schreibung zu erzielen. Das wäre unser Anliegen. – Vielen Dank, Frau Ministerin. (Beifall bei ÖVP und FPÖ.)

13.25


Präsidentin Anneliese Kitzmüller: Als Nächste zu Wort gemeldet ist Frau Abgeord­nete Holzinger-Vogtenhuber. – Bitte.


13.25.53

Abgeordnete Daniela Holzinger-Vogtenhuber, BA (JETZT): Frau Präsidentin! Frau Ministerin! Liebe KollegInnen! Sehr verehrte Mitbürgerinnen und Mitbürger! Dass wir heute die Möglichkeit haben, im Plenum des Nationalrates diesen Bericht zu disku­tieren, fußt darauf, dass wir in der letzten Sitzung des Gesundheitsausschusses einen Antrag auf Nichtenderledigung gestellt haben.

Wir wollen, dass die aktuelle Situation breit in der Öffentlichkeit diskutiert wird. Wa­rum? – Nicht, weil der Bericht so gut wäre, nicht, weil der Bericht so richtungs­weisend wäre, nein, sondern weil der Bericht zentrale wissenschaftliche Evidenz verschweigt. Das ist der einzige Grund, warum wir gesagt haben, wir wollen, dass hier im Sinne der vielen Tausenden PatientInnen eine öffentliche Diskussion darüber stattfindet, damit jeder hört, wie es um die aktuelle Situation in der Gesundheitspolitik in diesem Land steht.

Ich möchte es auch begründen, warum wir die Einschätzung teilen – wie auch Kollege Loacker bereits erwähnt hat –, dass es jeglicher wissenschaftlichen Evidenz entbehrt, was uns im Gesundheitsausschuss vorgelegt worden ist: Auf saloppen elf Seiten wurde zusammengetragen, was die Meinungen verschiedener Seiten sind; ohne jegliche Quellenangaben, ohne Zitate internationaler Studien einzubeziehen, wurden Behauptungen in den Raum gestellt. (Abg. Zinggl: So eine Schlampigkeit!) Es wurden auf der einen Seite Behauptungen aufgestellt, wie: Wir glauben, dass die Kosten für das Naturprodukt zu hoch sind!, aber dem Hauptverband liegen keine Daten darüber vor und, und, und. Dieser Tenor zieht sich durch den gesamten Bericht, und das ist meiner Meinung nach unhaltbar.

Es gab einen einstimmigen Beschluss. Ich kann nicht verstehen, warum die Regie­rungsfraktionen mit dem Bericht einverstanden sind, weil er nicht einmal den einstim­migen Beschluss des Nationalrates umsetzt. Wir haben beschlossen, dass die Stellungnahmen, die im Zuge der Ausschussbegutachtung eingeholt worden sind, einbezogen werden. Wo ist die Stellungnahme der Apothekerkammer, die sich für Cannabis zu medizinischen Zwecken in Apotheken ausspricht? Wo ist die Stellung­nahme der Stadt Wien? Wo ist die Stellungnahme der Tiroler Landesregierung? – Diese sind allesamt positiv betreffend eine Liberalisierung im medizinischen Bereich. Wo ist die Stellungnahme der Präsidentin des Schmerzverbands? Wo ist die Stimme der 1,8 Millionen Schmerzpatientinnen und Schmerzpatienten in diesem Bericht? – Wiederum einfach ignoriert, weil es nicht in die Ideologie der aktuellen Bundesregierung passt! (Beifall bei JETZT und bei Abgeordneten der SPÖ.)

Es werden stattdessen ideologische Stehsätze in den Bericht aufgenommen. Es wer­den Stehsätze einbezogen, die den aktuellen Stand der internationalen Forschung überhaupt nicht miteinbeziehen.


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Frau Ministerin, Sie mögen mir als Oppositionspolitikerin vielleicht keinen Glauben schenken, was die aktuelle wissenschaftliche Basis betrifft, aber vertrauen Sie wenigstens der Weltgesundheitsorganisation? – Die Weltgesundheitsorganisation hat in den letzten Tagen eine aktuelle Empfehlung herausgegeben, und zwar – das möchte ich zitieren – will sie die Restriktionen gegen Cannabis für medizinische und wissenschaftliche Zwecke lockern und die Einstufung als zu wenig wirksam in der Medizin fallen lassen. – Das sagt die WHO, das sagt die Weltgesundheitsorganisation.

Der Oberste Sanitätsrat muss Ihnen das nicht mitteilen. Ich würde es aber schon hinterfragen, warum der Oberste Sanitätsrat mir als Ministerin das nicht mitteilt oder warum es vielleicht gezielt verschwiegen wird. Der Auftrag an das Ministerium wäre gewesen, sich wissenschaftliche Erkenntnisse anzueignen und diese in Berichtsform niederzuschreiben. Auch wenn der Oberste Sanitätsrat die WHO nicht anruft und nachfragt, wie es um die aktuelle Situation steht, so wäre es doch sehr wohl möglich gewesen, dass sich dieser auf die Empfehlungen stützt.

Die WHO schreibt nämlich in ihrer Stellungnahme: Die aktuellen Empfehlungen, Can­nabis in der Medizin zuzulassen und die bisherigen Restriktionen zu lockern, stützen sich auf neue Studienergebnisse zum medizinischen Nutzen verschiedener Cannabi­noide. Die bisherige Einstufung sei, so die WHO, medizinisch nicht mehr haltbar. – Das schreibt die WHO an UN-Generalsekretär António Guterres.

Ich bitte Sie, überdenken Sie diese Haltung, die Sie hier aufgrund eines Berichtes, der wissenschaftlich keinerlei Evidenz beinhaltet, einnehmen!

Genau aus diesem Grund möchte ich hier gemeinsam mit den anderen Oppositions­fraktionen einen Antrag einbringen. Ich möchte, dass dieses wichtige und zentrale Thema im Sinne der Tausenden SchmerzpatientInnen in diesem Land, im Sinne von vielen PatientInnen behandelt wird.

Kollegin Povysil, Sie haben gesagt: Es gibt ja eh Medikamente, die am Markt sind und die wirken! – Ja, aber die müssen erst einmal verschrieben werden (Abg. Povysil: Das können sie ja ohne Weiteres! Die werden auch verschrieben!), und dann müssen sich diese vielen Tausenden Schmerzpatienten diese Medikamente erst einmal leisten können. Das sind Kosten von 600 bis 800 Euro im Monat, das ist untragbar! Es kann mir niemand erklären, dass das Naturprodukt teurer wäre als ein durch einen Pharma­konzern, der noch dazu seine Gewinnabsichten zu bedienen hat, hergestelltes medizi­ni­sches Produkt.

Deshalb bringe ich folgenden Antrag ein:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Daniela Holzinger-Vogtenhuber, BA, Mag. Gerald Loacker, Philip Kucher, Kolleginnen und Kollegen betreffend „unabhängiger Bericht zum Stand der internationalen Forschung über die Wirksamkeit von Cannabis in der Medizin“

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Das Bundesministerium für Arbeit, Soziales, Gesundheit und Konsumentenschutz wird ersucht, das Ludwig Boltzmann Institut für Health Technology Assessment mit einem Evaluierungsbericht über den Stand der internationalen Forschung zur Wirksamkeit von Cannabis in der Medizin (‚Medizinalhanf‘) zu beauftragen. Dabei soll ausdrücklich die Wirksamkeit synthetischer und natürlicher Produkte (‚Blüten‘) im Lichte inter-


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nationaler Studien dargestellt werden. Dieser Bericht ist bis September 2019 dem Nationalrat vorzulegen.“

*****

Ich finde, jeder hat eine zweite Chance verdient, und ganz im Sinne der vielen Schmerzpatientinnen und -patienten in diesem Land bitte ich Sie dementsprechend um Unterstützung. – Vielen Dank. (Beifall bei JETZT.)

13.32

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Daniela Holzinger-Vogtenhuber, Gerald Loacker, Philip Kucher, und FreundInnen,

betreffend unabhängiger Bericht zum Stand der internationalen Forschung über die Wirksamkeit von Cannabis in der Medizin,

eingebracht in der Debatte zum TOP 6: Bericht des Gesundheitsausschusses über den Bericht in Entsprechung der Entschließung des Nationalrates vom 5. Juli 2018 betreffend Liberalisierung von Cannabis zu medizinischen Zwecken, Nr. 27/E XXVI. GP, vorgelegt von der Bundesministerin für Arbeit, Soziales, Gesundheit und Kon­sumentenschutz (III-233/538 d.B.)

Der aufgrund der einstimmigen Entschließung 27/E von der Bundesministerin für Arbeit, Soziales, Gesundheit und Konsumentenschutz angeforderte Bericht zur Libera­lisierung von Cannabis in der Medizin hat vom wissenschaftlichen und formalen Anspruch her dem Auftrag des Parlamentes nicht entsprochen. So wurden die Aus­schussbegutachtung und dabei die Argumente der zahlreichen positiven Stellung­nahmen zur Liberalisierung des Naturproduktes, ua der Bundesländer Tirol und Wien, nicht berücksichtigt.

Nun hat die WHO/Weltgesundheitsorganisation die Empfehlungen herausgegeben, die Restriktionen gegen Cannabis für medizinische und wissenschaftliche Zwecke zu lockern und die Einstufung „zu wenig Wirksamkeit in der Medizin“ fallen zu lassen.

Diese Empfehlungen stützt die WHO ausdrücklich auf neue Studienergebnisse zum medizinischen Nutzen verschiedener Cannabinoide – die bisherige Einstufung sei medizinisch nicht mehr haltbar, so die WHO in einem Schreiben an UN-General­sekretär António Guterres.

Im Lichte dieser Entwicklung scheint es ratsam, die Politik in Österreich dem inter­nationalen Standard anzunähern. Diesen zu erheben hat der vorliegende Ministeriums-Bericht leider nicht geleistet. Daher ist es notwendig, das Ministerium erneut zu be­auftragen, eine unabhängige wissenschaftliche Institution mit einem Bericht zu diesem Thema zu beauftragen.

Die unterfertigenden Abgeordneten stellen daher den folgenden

Entschließungsantrag

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Das Bundesministerium für Arbeit, Soziales, Gesundheit und Konsumentenschutz wird ersucht, das Ludwig Boltzmann Institut für Health Technology Assessment mit einem


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Evaluierungsbericht über den Stand der internationalen Forschung zur Wirksamkeit von Cannabis in der Medizin („Medizinalhanf“) zu beauftragen. Dabei soll ausdrücklich die Wirksamkeit synthetischer und natürlicher Produkte (‚Blüten‘) im Lichte internatio­naler Studien dargestellt werden. Dieser Bericht ist bis September 2019 dem National­rat vorzulegen.“

*****


Präsidentin Anneliese Kitzmüller: Der soeben eingebrachte Entschließungsantrag wurde ordnungsgemäß eingebracht, ist ausreichend unterstützt und steht mit in Verhandlung.

Zu einer tatsächlichen Berichtigung hat sich Frau Abgeordnete Povysil zu Wort gemeldet. – Bitte, Frau Abgeordnete.


13.32.55

Abgeordnete Dr. Brigitte Povysil (FPÖ): Frau Abgeordnete Holzinger-Vogtenhuber hat behauptet, dass es zu den Studien keine Quellennachweise gäbe. – Das ist unrichtig.

Ich darf Ihre Aufmerksamkeit darauf lenken, dass der Rektor der Medizinischen Uni­versität und Präsident des Obersten Sanitätsrates in seinem Vortrag und in seiner Auskunft gegenüber dem Gesundheitsausschuss bemerkt hat, dass sämtliche Quellen­nachweise vorhanden (Abg. Holzinger-Vogtenhuber: Wo? Wo?) und bei ihm – im Rahmen seiner Funktion im Obersten Sanitätsrat – natürlich auch einsehbar sind. (Beifall bei FPÖ und ÖVP.)

13.33


Präsidentin Anneliese Kitzmüller: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Abgeord­neter Kaniak. – Bitte schön, Herr Abgeordneter.


13.33.45

Abgeordneter Mag. Gerhard Kaniak (FPÖ): Frau Präsidentin! Sehr geehrte Frau Ministerin! Hohes Haus! Die Opposition hat in der jetzigen Debatte wieder einmal gezeigt, dass es bei der Liberalisierung von Cannabis zu medizinischen Zwecken offensichtlich mehr um eine Legalisierung von Cannabisblüten als um eine tatsächlich medizinische Anwendung geht, denn wenn behauptet wird, dass es keine legale Anwendungsmöglichkeit von Cannabisprodukten in der Medizin gibt (Abg. Heinisch-Hosek: Absichtliche Falschmeldung!), dann möchte ich darauf hinweisen, dass wir in Österreich Vorreiter waren und bereits seit dem Jahr 2000 ein cannabinoidhältiges Arzneimittel in Verwendung ist; 14 Jahre bevor das in Deutschland überhaupt möglich war. – So viel zum Thema, dass es in Österreich Restriktionen und eine politische Aversion dagegen gäbe, in der Medizin Cannabinoide einzusetzen.

Kollegin Holzinger-Vogtenhuber und Kollege Loacker haben jetzt die WHO-Empfeh­lungen zitiert: Dort ist auch ganz klar angeführt worden, dass es um Restriktionen gegen Cannabinoide in der medizinischen Therapie geht, und genau diese Restrik­tionen sind in Österreich, wie gesagt, ja gar nicht vorhanden.

Es ist eben ein komplexes Thema, das man pharmakologisch und medizinisch be­leuch­ten muss. In der Medizin und auch in der Sozialversicherung, wenn es um Kostenersatz geht, spielt das Thema Evidenz, die Wirksamkeit und Effektivität von Therapien, eine ganz große und zentrale Rolle. Ein Arzneimittel, das in Österreich für Therapien zugelassen werden soll und für das die Sozialversicherungen Kosten übernehmen sollen, muss einmal gewisse Grundvoraussetzungen erfüllen: Es muss


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sicher in der Anwendung sein, es muss eine exakte Dosierung ermöglichen und es muss eine vorhersehbare, nachweisbare Wirkung haben.

Die Experten im Gesundheitsausschuss und auch beim Hearing haben klargemacht, dass das für die Cannabisblüten nur sehr, sehr schwach belegt ist. Ich möchte Ihnen das anhand eines Beispiels einmal plastisch verdeutlichen: Stellen Sie sich vor, Sie gehen zu Ihrem Hausarzt und er verordnet Ihnen ein Blutdruckmittel! Sie nehmen das Rezept, gehen damit in die Apotheke und bekommen zu Ihrer Überraschung vom Apotheker ein Säckchen mit einem weißen Pulver. Sie sollen eine Messerspitze pro Tag nehmen, Sie wissen jetzt aber nicht, ob Sie auf einer Messerspitze – weil Messer vielleicht unterschiedlich groß sind – 10 Milligramm, 20 Milligramm, 50 Milligramm des Wirkstoffs haben. Sie können das schlucken, Sie können das inhalieren, Sie können das als Tee trinken, und je nachdem wie Sie es nehmen, haben Sie vielleicht eine schnelle starke Wirkung, vielleicht aber auch eine langsam einsetzende, viel schwächere Wirkung. (Abg. Povysil: Die Dosis macht das Gift!)

Glauben Sie tatsächlich, dass dies der Mehrzahl der Patienten eine Hilfe und eine korrekte Anwendung der Therapie ermöglicht? Oder ist es nicht doch vielleicht ge­schickter, Sie haben eine kleine weiße Tablette, die mit 20 Milligramm beschriftet ist und von der Sie wissen, wenn Sie diese nehmen, haben Sie in 10 Minuten die verläss­liche Wirkung?

Ich glaube, wir haben einen sehr richtigen und nachvollziehbaren Weg gewählt, wie Cannabinoide in die medizinische Therapie Einzug halten können. Ergibt die Datenlage anderes, gibt es klare medizinische Vorteile auch für eine inhalative Anwendung von Cannabisblüten, dann wird diese Therapie auch Eingang in die medizinische Anwen­dung in Österreich finden.

Das Problem, das wir tatsächlich haben und warum wir diese Diskussion aus meiner Sicht überhaupt führen, ist, dass wir es, obwohl THC in der medizinischen Therapie schon seit 19 Jahren verfügbar ist, in diesen 19 Jahren aufgrund der Zersplitterung in unserem Gesundheitssystem nicht geschafft haben, zu einer einheitlichen Verord­nungs­praxis und zu einer einheitlichen Kostenübernahme durch die Krankenver­siche­rungen zu kommen. Das ist ein Versäumnis der Vergangenheit. (Beifall bei FPÖ und ÖVP.)

Die jetzige Bundesregierung hat sich im Gesundheitsbereich das Ziel gesetzt, inno­vative und wirksame Therapien rasch allen betroffenen Patienten zur Verfügung zu stellen. Der Weg, den wir im Bereich der Cannabinoide einschlagen werden, ist der Entschließungsantrag, der auch im Gesundheitsausschuss eingebracht wurde, der die Heilmittelevaluierungskommission und die Krankenversicherungsträger in die Pflicht nimmt, eine einheitliche Regelung herbeizuführen.

Wir werden die Ungleichheiten und die Unsicherheiten bei der Verordnung und der Kostenübernahme von cannabinoidhältigen Arzneimitteln beseitigen und diese Therapie all jenen Patienten zugänglich machen, die sie auch tatsächlich benötigen. – Vielen Dank. (Beifall bei FPÖ und ÖVP.)

13.38


Präsidentin Anneliese Kitzmüller: Zu einer tatsächlichen Berichtigung hat sich Herr Abgeordneter Androsch zu Wort gemeldet. – Bitte schön, Herr Abgeordneter.


13.38.12

Abgeordneter Ing. Maurice Androsch (SPÖ): Ich berichtige zur Rede der Frau Vorsitzenden des Gesundheitsausschusses Povysil zum Thema der Stellungnahme des Obersten Sanitätsrates tatsächlich: Diese liegt in diesem Bericht nicht vor und es


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gibt auch keine Quellennachweise darin. – Danke. (Beifall bei der SPÖ sowie bei Abgeordneten von NEOS und JETZT.)

13.38


Präsidentin Anneliese Kitzmüller: Zu Wort gemeldet hat sich die Frau Bundes­minis­ter. – Bitte, Frau Bundesminister.


13.38.34

Bundesministerin für Arbeit, Soziales, Gesundheit und Konsumentenschutz Mag. Beate Hartinger-Klein: Frau Präsidentin! Hohes Haus! Ich möchte einleitend sagen, dass für mich als Gesundheitsministerin die bestmögliche medizinische Versor­gungs­sicherheit der Österreicherinnen und Österreicher im Zusammenhang mit Arzneimitteln und Lebensmitteln eines der obersten Ziele ist. Die Wirkung von Arznei­mitteln muss aber – auch hinsichtlich ihrer Neben- und Wechselwirkungen – in umfang­reichen Studien nachgewiesen werden, und diese müssen einen strengen Zulassungs­prozess durchlaufen.

Der Bericht basiert aus meiner Sicht neben rechtlichen Ausführungen zum Einsatz von Cannabis in der Medizin ausschließlich auf Expertenmeinungen, die zu diesem Zweck eingeholt wurden. Sie dürfen mir glauben, ich habe da sehr viele Expertengespräche geführt, und der Oberste Sanitätsrat umfasst alle medizinischen Fachgesellschaften, den Schmerzverband und, und, und. Es wurden also alle Fachgesellschaften mitein­gebunden. Der Vorsitzende, der Rektor der Medizinischen Universität Wien, Herr Professor Müller, ist Pharmakologe, wirklich ein internationaler Topexperte in dem Bereich, das ist auch noch zu betonen, der Ihnen im Gesundheitsausschuss Rede und Antwort gestanden ist. Er ist den Umgang mit Evidenzen, Studien und Forschung natürlich gewohnt. Ich muss ehrlich sagen, ich war über die Diskussion im Ausschuss sehr erschüttert, darüber, wie man den Herrn Professor, der wirklich ein Experte ist, abqualifiziert hat.

Ich weise schärfstens zurück, was Sie mir unterstellen, dass ich politische Inter­ventionen getätigt und dem Obersten Sanitätsrat entsprechende Vorgaben gemacht hätte. Für mich sind die Evidenz und die Wissenschaft oberste Priorität und natürlich auch, einen entsprechenden Überblick über die Einsatzmöglichkeiten von Cannabi­noiden in der Medizin zu schaffen.

Weiters wurden in dem Bericht die organisatorischen Rahmenbedingungen zum Ein­satz von cannabinoidhältigen Arzneimitteln und Cannabisblüten zusammengefasst. Das beruht auf einer umfassenden Stellungnahme von Universitätsprofessor DDr. Kress. Der Zusammenfassung der Expertenmeinungen ist zu entnehmen, dass Änderungen in diesem Bereich ausschließlich basierend auf aktuellen wissenschaftlichen Erkennt­nissen vorgenommen wurden. Und auch die WHO – die WHO, Frau Kollegin Holzinger-Vogtenhuber, bitte hören Sie zu! – sagt nicht, dass wir Cannabisblüten verwenden sollen; das sagt die WHO nicht. Sie sagt nur, dass wir auch forschen sollen und entsprechend kontrollieren. (Zwischenruf der Abg. Holzinger-Vogtenhuber.)

Genau diese Tatsache wurde interessanterweise am Donnerstag im Gesundheits­aus­schuss des Deutschen Bundestages bestätigt. Der Genehmigungsvorbehalt der Kran­ken­kassen wurde deshalb auch nicht gestrichen. Ich zitiere aus der Stellungnahme der deutschen Bundesärztekammer: „Da es sich bei den Cannabisblüten und -extrakten um Arzneimittel handelt, [...] für die keine ausreichende wissenschaftliche Evidenz vorliegt, ist es rechtfertigt, der Verordnung ein Genehmigungsverfahren [...] voranzustellen.“ Weiters betonen die Sachverständigen der Deutschen Gesellschaft für Schmerzmedizin – wenn Sie schon unserer eigenen nicht glauben –: „Der Gebrauch von Medizinalcannabis setzt eine besondere Erfahrung in der Diagnostik der Indika-


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tionen für Cannabinoide, in ihrer Anwendung (Applikationsweg, Dauer, Ausschluss­diagnosen und Nebenwirkungen) voraus.“

Der Missbrauch von Suchtgiftmitteln stellt eine große Gefahr dar. Das Suchtpotenzial und der Missbrauch von Cannabis, wenn es sich nicht um Medizinalhanf handelt, wur­den auch in einer rezenten Untersuchung der Ages – Frau Professor Wirthumer-Hoche ist Ihnen im Ausschuss als Auskunftsperson zur Verfügung gestanden –, ganz klar aufgezeigt. Die Erkenntnisse sind für mich als Gesundheitsministerin bedenklich. Die Agentur für Gesundheit und Ernährungssicherheit wurde durch mein Ministerium am 16. November 2018 beauftragt, Hanfautomaten und Verkaufsstellen in möglichst breitem Ausmaß und flächendeckend in Österreich zu beproben und die bei den Kontrollen beziehungsweise Analysetätigkeiten vorgefundenen Ergebnisse zu übermit­teln. Meine Damen und Herren, das Ergebnis war erschütternd. Die Beanstandungs­rate war nämlich fast 100 Prozent; von 46 Proben waren 45 zu beanstanden. Wir haben natürlich diesbezüglich sofort Anzeige bei der Staatsanwaltschaft beziehungs­weise bei den Bezirksverwaltungsbehörden erstattet.

Durch die Verschreibung von cannabishältigen magistralen Arzneimitteln ist es von 2016 auf 2018 zu einer Steigerung um 10 Millionen Euro gekommen; das geht aus einer Mitteilung der Sozialversicherung hervor.

Eines ist mir noch sehr, sehr wichtig: Sie kennen vielleicht einen der Topsuchtexperten Österreichs, Universitätsprofessor Dr. Musalek. Ich habe natürlich auch mit ihm Ge­spräche geführt und darf ihn hier zitieren. Er sagt, es dürfe nicht außer Acht gelassen werden, dass es sich bei Cannabis um ein Suchtmittel handelt, und es gelte: Je leichter ein Suchtmittel erhältlich ist, desto öfter wird dieses genommen; und das führt wiederum zu Suchterkrankungen. Auf meine Frage betreffend Gefahren und Risiken, die sich aus dem Einsatz von Cannabisblüten ergeben könnten, meinte er – ich zitiere –: Es besteht die Gefahr, dass man dabei einen Hype auslöst, der zu einer Einsatz- und Dosissteigerung führen kann, die in eine vermehrte Abhängigkeit führen könnte. – Zitatende.

Das heißt, sämtliche Suchtmechanismen und Abhängigkeiten müssen dargelegt wer­den; nicht umsonst steht Cannabis auf der Liste der illegalen Drogen.

Der Einsatz von Arzneimitteln gehört daher kontrolliert. Bei der Zulassung werden die seitens des Antragstellers vorgelegten Unterlagen im Hinblick auf Qualität, Sicherheit und Wirksamkeit nach EU-weit geltenden Regelungen geprüft. Ein Arzneimittel wird nur dann zugelassen, wenn Studiendaten ergeben, dass das Nutzen-Risiko-Profil im Verhältnis angemessen ist und der Nutzen das Risiko übertrifft.

Solange keine ausreichende medizinisch-wissenschaftlich Evidenzlage vorhanden ist, kann den strengen Richtlinien der Arzneimittelzulassung nicht entsprochen werden. Medizinisch-wissenschaftlich fundierte Expertisen und eine ausreichende Evidenzlage im Sinne der Patientensicherheit stehen für mich im Vordergrund. Alles andere, meine Damen und Herren, sind Experimente, auf die ich mich als Gesundheitsministerin nicht einlasse. (Beifall bei FPÖ und ÖVP.)

13.46

13.46.03


Präsidentin Anneliese Kitzmüller: Zu Wort ist dazu niemand mehr gemeldet. Somit schließe ich die Debatte.

Wünscht die Frau Berichterstatterin ein Schlusswort? – Das ist nicht der Fall.

Somit kommen wir zur Abstimmung.

Zunächst lasse ich über den Antrag des Gesundheitsausschusses abstimmen, den vorliegenden Bericht III-233 der Beilagen zur Kenntnis zu nehmen.


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Ich bitte jene Damen und Herren, die ihn zur Kenntnis nehmen, um ein entsprechendes Zeichen. – Das ist die Mehrheit, angenommen.

Weiters kommen wir zur Abstimmung über die dem Ausschussbericht 538 der Beilagen angeschlossene Entschließung betreffend „Liberalisierung von Cannabis zu medizi­nischen Zwecken“.

Ich bitte jene Damen und Herren, die dafür eintreten, um ein entsprechendes Zeichen. – Das ist mit Mehrheit angenommen. (E 56)

Wir gelangen nunmehr zur Abstimmung über den Entschließungsantrag der Abge­ord­neten Holzinger-Vogtenhuber, Kolleginnen und Kollegen betreffend „unabhängiger Bericht zum Stand der internationalen Forschung über die Wirksamkeit von Cannabis in der Medizin“.

Ich bitte nun jene Damen und Herren, die hiefür eintreten, um ein entsprechendes Zeichen. – Das ist die Minderheit, nicht angenommen.

13.47.197. Punkt

Bericht des Gesundheitsausschusses über die Regierungsvorlage (503 d.B.): Bundesgesetz, mit dem das Rezeptpflichtgesetz geändert wird (539 d.B.)


Präsidentin Anneliese Kitzmüller: Wir kommen nun zum 7. Tagesordnungspunkt.

Auf eine mündliche Berichterstattung wurde verzichtet.

Zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Povysil. – Bitte schön, Frau Abgeordnete.


13.47.45

Abgeordnete Dr. Brigitte Povysil (FPÖ): Frau Präsidentin! Sehr geehrte Frau Ministerin! Sehr geehrte Damen und Herren im Plenum, auf der Galerie und alle, die via Medien zusehen! Bei allen Digitalisierungsnovellierungen im Sinne des erleich­terten Zugangs zum Gesundheitssystem muss eines ganz klar sein, und das ist mir als Ärztin besonders wichtig: Im Hintergrund muss immer ein Arzt-Patienten-Verhältnis und ein Arzt-Patienten-Kontakt gegeben sein. Wir wollen nicht den digitalen Mediziner und wir wollen auch nicht die Anonymisierung des völlig unersetzlichen Vertrauens­verhältnisses zwischen Arzt und Patienten. (Beifall bei der FPÖ und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Nun gibt es bereits jetzt im Rezeptpflichtgesetz die Möglichkeit der elektronischen Signatur. Die ist noch ein bisschen kompliziert, und die Frau Ministerin möchte diese auch vereinfachen. Durch die Nutzung der bestehenden Infrastruktur wie dem Gesund­heitsinformationsnetz, das auch ein Teil der e-card-Infrastruktur ist, besteht keine Mehraufwendung, und es besteht auch die gebotene Sicherheit dieses Netzwerks. Das e-Rezept ist damit fälschungssicher, es kann nicht kopiert und auch nicht mehrmals eingelöst werden. Es gibt sofort eine Information über die Anzahl der eingehobenen Rezeptgebühren, die tagesaktuell an den Krankenversicherungsträger weitergemeldet wird. Es gibt keinen Missbrauch, es gibt kein Verlorengehen.

Insgesamt dient diese Novelle damit auch zu etwas, was wir ja ständig versuchen und was ein wichtiger Schritt für uns ist, nämlich einen weiterer Rückschritt in der massiven Bürokratie, die dieses Gesundheitssystem hat, zu vermeiden.

Natürlich kann der Patient aber nach wie vor ganz einfach zum Arzt gehen, mit ihm ein Gespräch führen, das Rezept einlösen, in die Apotheke gehen und sich sein Medika­ment persönlich holen. (Beifall bei FPÖ und ÖVP.)

13.49



Nationalrat, XXVI.GPStenographisches Protokoll66. Sitzung, 27. und 28. März 2019 / Seite 127

Präsidentin Anneliese Kitzmüller: Als Nächste zu Wort gemeldet ist Frau Abgeord­nete Heinisch-Hosek. – Bitte schön, Frau Abgeordnete.


13.49.59

Abgeordnete Gabriele Heinisch-Hosek (SPÖ): Frau Präsidentin! Frau Bundesminis­terin! Da, wo es um Modernisierung geht, um Digitalisierung, die für Ärztinnen und Ärzte und Patientinnen und Patienten Erleichterungen mit sich bringt, sind wir natürlich dabei. Ich denke, dass wir dann gleich im Anschluss auch Einstimmigkeit herbeiführen werden, was die Ausstellung elektronischer Rezepte anlangt. Das ist ganz klar.

Diese Vorteile, die das schafft, werden aber nicht alle Menschen betreffen. Führen wir uns kurz noch einmal den Vormittag vor Augen! Die Besucherinnen und Besucher wer­den nicht seit 9 Uhr Früh hier sitzen, und vielleicht gibt es auch einige Fernseh­zuse­herinnen und Fernsehzuseher, die erst jetzt zugeschaltet haben. Frau Ministerin, gestatten Sie mir also, dass ich das an dieser Stelle noch einmal sage: Ich habe wirklich noch nie erlebt, dass Sie so eine menschenverachtende Rede gehalten haben wie heute in der Früh. (Beifall bei der SPÖ.)

Ich darf Ihnen Folgendes noch einmal sagen, und ich meine das ganz ernst und ohne Zynismus: Es gibt über 300 000 Menschen in diesem Land, die Bedarfsorientierte Mindestsicherung brauchen. 86 000 davon sind arbeitslos, da ist es klar, aber jene 220 000 Leute, die behindert sind oder nicht genug Stunden zusammenbringen und dann aufstocken müssen, die andere Beeinträchtigungen haben, die Krankheiten ha­ben, die in Pension sind, haben es nicht verdient, dann pauschal von Herrn Gudenus als Sozialmissbraucher tituliert zu werden. Ich glaube, das hat sich niemand in diesem Land verdient. (Abg. Gudenus: Die Stadtregierung war gemeint!)

Sie versuchen, die Gesellschaft in verschiedene Klassen zu spalten (Abg. Haider: Das macht nur ihr! Das ist eine rote Spezialität! – Zwischenruf des Abg. Gudenus): in die, die es überhaupt nicht verdient haben, Sozialhilfe zu erhalten, und in die anderen, die das sehr wohl verdient haben. (Beifall bei der SPÖ.)

Ich komme zum Thema zurück: Ich glaube, dass sich Menschen vielfach zum Arzt oder zur Ärztin begeben müssen, weil der psychische Druck steigen wird, weil psychische Erkrankungen zunehmen werden, und weil der Satz: Armut macht krank, Wirklichkeit werden wird, weil Sie die Politik machen, die Sie machen. Ich denke an die Kinder­armut, die dadurch entstehen wird, und an die vielen Kinder, die davon betroffen sein werden. Ich denke an die vielen Kinder in diesem Land, die es nicht schaffen werden, am normalen Leben teilzunehmen, in der Schule zu folgen, ihre Ferien zu genießen, überhaupt Ferien zu haben.

Sie spalten die Gesellschaft absichtlich (Abg. Hauser: Ist das die perfekte Selbst...?), und ich finde es wirklich, wirklich bedauerlich, dass Sie diese Einschnitte im untersten sozialen Netz so betreiben, wie ich es in meiner jetzt 20-jährigen Laufbahn hier noch nicht erlebt habe. (Beifall bei der SPÖ.)

13.52


Präsidentin Anneliese Kitzmüller: Zu einer tatsächlichen Berichtigung hat sich Herr Abgeordneter Gudenus gemeldet. – Bitte schön, Herr Abgeordneter.


13.52.58

Abgeordneter Mag. Johann Gudenus, M.A.I.S. (FPÖ): Frau Präsidentin! Frau Kolle­gin Heinisch-Hosek hat gesagt, ich hätte in meiner Rede während der Aktuellen Stunde Sozialhilfeempfänger in Wien pauschal als Sozialmissbraucher bezeichnet. – Das ist nicht richtig.


Nationalrat, XXVI.GPStenographisches Protokoll66. Sitzung, 27. und 28. März 2019 / Seite 128

Wahr ist vielmehr, das ich gesagt habe, dass das System der Sozialhilfe in Wien unter der rot-grünen Stadtregierung strukturell unter einem Sozialmissbrauch leidet, der von der rot-grünen Stadtregierung durchgeführt wird – nicht mehr und nicht weniger. – Danke sehr. (Beifall bei FPÖ und ÖVP.)

13.53


Präsidentin Anneliese Kitzmüller: Zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Singer. – Bitte schön, Herr Abgeordneter.


13.53.44

Abgeordneter Johann Singer (ÖVP): Frau Präsidentin! Sehr geehrte Frau Bundes­ministerin! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Sehr geehrte Damen und Herren auf der Galerie und vor den Bildschirmen! Frau Kollegin Heinisch-Hosek, ich kann in keiner Weise Ihre Stellungnahme, die Sie gerade abgegeben haben, nachvollziehen. (Beifall bei ÖVP und FPÖ.) Ich möchte aber, ohne das weiter auszuführen, zum Tages­ordnungspunkt, den wir jetzt zu behandeln haben, zurückkommen.

Sehr geehrte Damen und Herren! In aller Munde ist, den Einsatz elektronischer Ver­wal­tungsmethoden und Verwaltungsabläufe zu vereinfachen. Mit der Abänderung des Rezeptpflichtgesetzes wollen wir einen Schritt in genau diese Richtung machen. Im Gesundheitsbereich ist die Ausstellung, Einlösung und Verrechnung von Rezepten für Arzneimittel wesentlich, viele Menschen sind sehr häufig damit konfrontiert, natürlich insbesondere die Ärztinnen und Ärzte.

Worum geht es? – Es geht um die elektronische Gestaltung von Rezepten, es geht darum, Verwaltungsabläufe weitgehend ohne Papier, ohne schriftliche Unterlagen ab­zu­wickeln, es geht darum, die elektronische Signatur der Rezepte so zu gestalten, dass es zu keiner Erhöhung des Arbeitsaufwands der Verschreibenden, aber natürlich auch zu keinen zusätzlichen Kosten kommt. Mitentscheidend, sehr geehrte Damen und Herren, ist natürlich die Frage der Sicherheit.

Mit der nun vorgeschlagenen Änderung des Rezeptpflichtgesetzes wird dies alles er­reicht. Danke, Frau Bundesministerin, für die Initiative, und danke auch an alle Fraktio­nen, die Zustimmung zu dieser Änderung signalisiert haben. Damit erleichtern wir die Arbeit von Medizinerinnen und Medizinern und halten uns an die im Regierungs­programm verankerten Grundsätze: Wir reduzieren den Verwaltungsaufwand, wir opti­mieren praktische Prozesse und wir entlasten die betroffenen Berufsgruppen.

Sehr geehrte Damen und Herren, im Zusammenhang mit den genannten Grundsätzen darf ich auch auf die Onlineplattform oesterreich.gv.at hinweisen. Damit können Bür­gerinnen und Bürger ab sofort zeit- und ortsunabhängig auf Desktops oder mobilen Geräten Informationen abrufen und Amtswege erledigen. Mit diesem App, dem soge­nannten digitalen Amt, ist das gesamte digitale Informationsangebot des Bundes un­ein­geschränkt erreichbar. Gemeinsam mit der digitalen Signatur können auch viele Amtswege erledigt werden, aktuell zum Beispiel die Beantragung einer Wahlkarte für die EU-Wahl im Mai, die Meldung einer neuen Wohnadresse, die Meldung der Geburt eines Kindes und vieles mehr – und das alles 24 Stunden am Tag.

Danke, Frau Digitalministerin Margarete Schramböck, damit hat Österreichs digitale Verwaltung ihre Spitzenstellung in der Welt gestärkt. (Beifall bei der ÖVP.) Also, sehr geehrte Damen und Herren, laden Sie sich das App auf oesterreich.gv.at herunter! Das ist ein Meilenstein in der österreichischen Verwaltung. – Herzlichen Dank. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der FPÖ.)

13.57



Nationalrat, XXVI.GPStenographisches Protokoll66. Sitzung, 27. und 28. März 2019 / Seite 129

Präsidentin Anneliese Kitzmüller: Zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Kaniak. – Bitte schön, Herr Abgeordneter.


13.57.23

Abgeordneter Mag. Gerhard Kaniak (FPÖ): Frau Präsidentin! Sehr geehrte Frau Bundesministerin! Sehr geehrtes Hohes Haus! Ich muss schon sagen, Frau Kollegin Heinisch-Hosek, wie Sie es schaffen, aus einer Änderung des Rezeptpflichtgesetzes über die Mindestsicherung eine Spaltung der österreichischen Gesellschaft zu konstru­ieren, ist wirklich erstaunlich, und es ist für mich in keiner Weise nachvollziehbar, wo Sie da einen thematischen Zusammenhang finden. (Beifall bei FPÖ und ÖVP.)

Kommen wir aber zum Thema: Wie mein Vorredner gesagt hat, schreitet in der öffent­lichen Verwaltung die Digitalisierung voran, und auch im Gesundheitswesen wollen wir uns dieser natürlich nicht verschließen. Bereits im Gesundheitstelematikgesetz 2012 wurde die Basis für die e-Medikation gelegt, und das aktuelle Rezeptpflichtgesetz sieht bereits die Möglichkeit einer qualifizierten elektronischen Signatur des Arztes vor. Neu werden soll jetzt mit dieser Gesetzesänderung, dass innerhalb eines gesicherten Gesund­heitsnetzwerkes, das die Ärzte ja bereits jetzt verwenden, keine qualifizierte Signatur mehr für jede einzelne Verordnung, für jedes einzelne Rezept notwendig ist. Das führt in der Praxis für die Ärzte zu einer deutlichen Ablaufvereinfachung, ohne dass es dabei zu einer Sicherheitslücke kommt.

Generell, und das gilt für sehr viele der neuen technologischen Möglichkeiten und Ge­setze, sollten wir darauf achten, dass wir nicht nur den Qualitätsstandard immer weiter nach oben lizitieren, sondern dass wir auch überbordende Bürokratie verhindern. Unser Ziel muss es sein, Abläufe zu verbessern und mehr Sicherheit im System und mehr Effizienz zu schaffen, aber nicht, die Arbeit zu verunmöglichen.

Ein persönliches Anliegen möchte ich an dieser Stelle auch noch kundtun: Dort, wo bei den Akteuren im Gesundheitswesen für diese zusätzliche Sicherheit ein zusätzlicher Aufwand entsteht – das betrifft die Ärzte, aber auch die Apotheken –, sollte dieser zusätzliche Aufwand angemessen abgegolten werden. Das betrifft nicht nur das elektronische Rezept, das zu mehr Sicherheit in der Datenübertragung und Lesbarkeit und damit auch zu mehr Sicherheit für die Patienten führen wird, sondern auch zum Beispiel die Umsetzung der Fälschungssicherheitsrichtlinie, die jetzt gerade stattgefun­den hat, die einfach auch für die abgebenden Stellen einen deutlichen Mehraufwand bedeutet, der momentan noch nicht abgegolten wird. Denn nur, wenn alle Akteure des Gesundheitswesens und der Vertriebsschiene eine angemessene Aufwandsentschä­digung bekommen, kann man auch mit einer entsprechend breiten Unterstützung für die Umsetzung rechnen.

Erst damit kann ein rascher und erfolgreicher Übertritt in das digitale Zeitalter auch im Gesundheitswesen gewährleistet werden. – Vielen Dank. (Beifall bei FPÖ und ÖVP.)

14.00

14.00.05


Präsidentin Anneliese Kitzmüller: Zu Wort ist dazu niemand mehr gemeldet. Die Debatte ist geschlossen.

Wünscht der Herr Berichterstatter ein Schlusswort? – Das ist nicht der Fall.

Wir gelangen somit zur Abstimmung über den Gesetzentwurf samt Titel und Eingang in 503 der Beilagen.

Ich ersuche jene Damen und Herren, die für diesen Gesetzentwurf sind, um ein Zeichen der Zustimmung. – Das ist einstimmig angenommen.

Somit kommen wir auch gleich zur dritten Lesung.


Nationalrat, XXVI.GPStenographisches Protokoll66. Sitzung, 27. und 28. März 2019 / Seite 130

Ich bitte jene Damen und Herren, die diesem Gesetzentwurf auch in dritter Lesung ihre Zustimmung geben, um ein entsprechendes Zeichen. – Das ist wiederum die Einstim­migkeit und somit ist der Gesetzentwurf in dritter Lesung angenommen.

14.00.588. Punkt

Bericht des Gesundheitsausschusses über den Antrag 646/A(E) der Abgeord­ne­ten Mag. Gerald Loacker, Kolleginnen und Kollegen betreffend Maßnahmen gegen die restriktive Stellenplanungspolitik der Kassen und Ärztekammern (540 d.B.)

Präsidentin Anneliese Kitzmüller: Wir gelangen zum 8. Punkt der Tagesordnung.

Auf eine mündliche Berichterstattung wurde verzichtet.

Zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Loacker. – Bitte, Herr Abgeordneter.


14.01.27

Abgeordneter Mag. Gerald Loacker (NEOS): Frau Präsidentin! Frau Bundesminis­terin! Hohes Haus! Die Versorgung mit Kassenarztstellen geht jetzt schon seit vielen Monaten durch die Medien. Besonders im ländlichen Raum kommt es immer wieder vor, dass man für die Gemeinde keinen Allgemeinmediziner findet, in ganzen Regionen keine Kinderärzte auf Kasse und keine oder nur sehr wenige Frauenärzte auf Kasse verfügbar sind.

Wenn man sich das anschaut, sieht man, dass die Zahl der Kassenvertragsärzte seit 2006 um 3 Prozent abgenommen hat, während die Bevölkerung natürlich gewachsen ist. Zugenommen hat lediglich die Zahl der Wahlärzte, zu denen die Patienten gehen müssen, wenn sie eben keinen Termin bei einem Kassenarzt bekommen. Da muss man sich einmal fragen, warum das so ist.

Die Politik hat die Stellenplanung für die Kassenarztstellen der sogenannten Selbst­verwaltung der Kassen übergeben, die Kassenfunktionäre dealen sich das mit der Ärztekammer aus. Da findet jetzt ein Geschäft zulasten Dritter statt, die Kassen und die Ärztekammer machen sich nämlich aus, dass es wenige Kassenstellen gibt, und beide profitieren davon. Wie funktioniert das?

Wenn es weniger Kassenarztstellen gibt, profitiert natürlich die Kasse, denn dann können die Leute nicht zum Kassenarzt gehen, die Kassen müssen es nicht zahlen, sie müssen maximal Wahlarztkosten im Ausmaß von 80 Prozent des Kassentarifs erstat­ten. Also für die Kassen ist es immer ein Geschäft, wenn der Patient nicht zum Kas­senarzt geht, die haben ein Interesse, wenig Kassenarztstellen zu haben.

Aber auch die Ärztekammer hat ein schönes Interesse. Wie funktioniert das auf dieser Seite? – Wenn es wenig Kassenarztstellen gibt, dann haben die Kassenärzte, die es gibt, immer die Hütte voll, da wird eine e-card nach der anderen gesteckt. So kann man mit den bescheidenen Honoraren, die die Kassen zahlen, einigermaßen etwas verdienen. Die anderen, die im Wahlarztbereich tätig sind, die machen auch ein Geschäft, weil die Leute ja dorthin kommen müssen, da die kassenärztliche Ver­sor­gung nicht ausreicht.

Draufzahlen tun die Patienten, die keinen Termin beim Kassenarzt bekommen. Da gibt es viele Regionen, in denen das ein Thema ist. Zum Beispiel im Bezirk Kufstein, dort gibt es für den ganzen Bezirk einen Frauenarzt auf Kasse. Ich könnte Ihnen viele Bezirke aufzählen, wo Sie auf einen Augenarzttermin vier oder fünf Monate warten, wenn Sie den beim Kassenarzt haben wollen.


Nationalrat, XXVI.GPStenographisches Protokoll66. Sitzung, 27. und 28. März 2019 / Seite 131

Wenn natürlich Leute vier oder fünf Monate auf einen solchen Termin warten müssen, dann werden sie eher bereit sein, privat etwas draufzulegen. Das ist das Geschäfts­modell, wie die Kassen und die Ärztekammer zulasten der Versicherten ihre Verträge abschließen. Deswegen will mein Antrag, dass dann, wenn die kassenärztliche Ver­sorgung nicht ausreicht, der Patient, der Versicherte zum Wahlarzt gehen kann und die Kasse das übernehmen muss. Das würde nämlich bei der Kasse auslösen, dass die nachdenken würden: Oh, was müssen wir tun, dass uns die Kosten nicht davon­ren­nen? Wie können wir die kassenärztliche Versorgung so sicherstellen, dass uns nicht solche Wahlarztrechnungen hereinschneien?

Im Ausschuss ist mir gesagt worden: Das ist ja völlig verfehlt, dann würden ja alle Wahlarzt werden. – Entschuldigung! Sie schauen die falsche Seite in diesem Ge­schäftsmodell zulasten der Patienten an. Wir müssen einen Druck auf die Kassen aufbauen, dass die die Versorgung der Patienten verbessern. Das geht nur, wenn der Patient ausweichen kann. Wenn ich immer hilflos dieser Zwangsversicherung, die ich nicht auswählen kann, ausgeliefert bin, dann haben die mich in der Hand, können mich kurz halten und zum Wahlarzt drängen.

Daher wäre es richtig, zu sagen: Wenn die Patienten von den Kassen keine aus­reichende Versorgung bekommen, dann können sie ihre Wahlarztrechnung in voller Höhe bei den Kassen abrechnen. – Danke schön. (Beifall bei den NEOS.)

14.05


Präsidentin Anneliese Kitzmüller: Zu Wort gelangt Frau Abgeordnete Povysil. – Bitte, Frau Abgeordnete.


14.05.44

Abgeordnete Dr. Brigitte Povysil (FPÖ): Frau Präsidentin! Frau Ministerin! Sehr geehrte Damen und Herren im Plenum, auf der Galerie, jene, die via Medien zusehen! Ja, Herr Kollege Loacker, Sie haben in der Einschätzung der Sachlage prinzipiell recht.

Aufgrund einer jahrzehntelang verfehlten Gesundheitspolitik stehen wir vor der Situa­tion, dass wir insbesondere im niedergelassenen Bereich zu wenig verfügbare Ärzte für eine regional flächendeckende Versorgung unserer Bundesländer haben. Dazu kommt, dass sich das Gleichgewicht zwischen den Vertragsärzten und den Wahlärzten ganz massiv auf die Seite der Wahlärzte neigt, das heißt, wir haben immer weniger Ärzte, die einen Kassenvertrag annehmen wollen. Warum? – Weil dieser Kassenvertrag ver­altet und eben nicht mehr attraktiv genug ist.

Der Ansatz ist aus unserer Sicht aber ein anderer als Ihrer. Wir sagen, wir müssen diesen Kassenvertrag weiterhin attraktiver machen, daher haben wir die Sozialver­sicherungsreform eingeleitet, dazu, im Rahmen dieser Sozialversicherungsform, auch die Neuverhandlung des Gesamtvertrags für die Ärzte und für die Kassen und auch für die Honorare, die dabei zu leisten sind.

Außerdem ist es uns wichtig, die Niederlassung wieder attraktiv zu machen. Wir haben da schon Ansätze gebracht: Es gibt Lehrpraxen, in denen die jungen Kollegen während der Ausbildung, in manchen Bundesländern sogar während des Studiums, bereits einen Eindruck vom niedergelassenen Beruf bekommen. Es gibt nun auch die Möglich­keit, Ärzte bei Ärzten anzustellen und eine Vielfalt von Niederlassungsmöglichkeiten, die – regional auf den Bedarf eingehend – entweder ein Primärversorgungszentrum oder eine Einzelordination oder eine Gruppenpraxis ermöglichen.

Ich denke, zur Aufrechterhaltung unseres Gesundheitssystems – das ein solidarisches, ein von allen getragenes Gesundheitssystem ist – muss es wirklich Ziel sein, bei be­stehender Pflichtversicherung unseren Patienten durch die Sozialversicherungen zu


Nationalrat, XXVI.GPStenographisches Protokoll66. Sitzung, 27. und 28. März 2019 / Seite 132

garantieren, dass sie in ihrer Region einen Hausarzt, einen Facharzt und eine medizi­nische Versorgung haben.

Würden wir nun, so wie Sie das beantragen, die Wahlarztkosten zur Gänze mit den Kassen abrechnen, dann würden immer weniger Ärzte einen Kassenvertrag in Anspruch nehmen. Wir hätten damit das Problem, dieses solidarische Gesundheitssystem – hin­ter dem wir stehen, das unsere Grundversorgung sichert – nicht aufrechterhalten zu können. Im Übrigen sei darauf hingewiesen, dass die Wahlarzterstattung derzeit Ge­gen­stand eines von der Europäischen Kommission gegen Österreich begonnenen Vertragsverletzungsverfahrens ist.

Meine Damen und Herren! Ich bin Ärztin, aus Leidenschaft und lange, und ich bin überzeugt, dass man meinen Beruf auch für die Kollegen wieder so attraktiv und lebbar machen muss, dass sie bei uns im Land bleiben und mit Freude und Empathie zum Wohle unserer Patienten arbeiten. (Beifall bei FPÖ und ÖVP.)

14.08


Präsidentin Anneliese Kitzmüller: Zu Wort gelangt Frau Abgeordnete Nussbaum. – Bitte.


14.08.50

Abgeordnete Mag. Verena Nussbaum (SPÖ): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Hohes Haus! Sehr geehrte Damen und Herren! Frau Ministerin! Der große Pluspunkt unseres Gesundheitssystems ist das Sachleistungsprinzip. Wir haben das Glück, mit der e-card derzeit noch die beste medizinische Versorgung zu erhalten.

Damit dies auch flächendeckend angeboten werden kann, wird regelmäßig berechnet, wie viele Ärztinnen und Ärzte an welchen Orten in Österreich notwendig sind, um die Bevölkerung angemessen zu versorgen. Dabei wird die Altersstruktur der Bevölkerung und unter anderem auch die geografische Lage berücksichtigt.

Die NEOS bemängeln nun, dass es weniger Kassenstellen im Vergleich zu den Jahren davor gibt, bedenken aber nicht, dass es nicht nur Einzelvertragsarztstellen gibt, son­dern dass sich zunehmend Ärztinnen und Ärzte auch in Gruppenpraxen organisieren und das in der Statistik aber meistens nur als eine Ordination aufscheint.

Ausdrücklich möchte ich auch noch darauf hinweisen, dass die Anzahl der Wahlarzt­praxen nach der Umsetzung der Arbeitszeitrichtlinie für Spitalsärzte gestiegen ist. Diese Steigerung bei den Wahlarztpraxen hat jedoch nichts mit einer Versorgungs­relevanz zu tun, denn es gibt eben sehr viele angestellte Ärztinnen und Ärzte, die als Nebenjob vielleicht 4 Stunden in der Woche eine Wahlarztpraxis offen haben.

Ein weiterer wesentlicher Punkt für uns ist, dass Wahlärzte an keine Tarife gebunden sind. Sie können für ihre Behandlungen so viel verlangen, wie sie wollen. Was heißt das für die Patientinnen und Patienten? – Das heißt, dass sie nach jedem Arztbesuch bei einem Wahlarzt Geld auf den Tisch legen müssen. Diese Lösung ist sozial unge­recht.

Wir stehen selbstverständlich für ein solidarisch finanziertes Gesundheitssystem, damit Leute, die sich keinen Wahlarzt leisten können, auch bestmöglich versorgt werden. Deshalb kämpfen wir weiterhin dafür, dass wir die Kassenstellen attraktivieren, dass wir den Beruf der Allgemeinmedizinerin, des Allgemeinmediziners attraktivieren und fordern schon seit Langem vermehrt Primärversorgungszentren und Gesundheits­zen­tren, denn das bringt mehr Flexibilität für die ÄrztInnen, aber auch für die PatientInnen. So wird der Zugang zu Sachleistungen für alle weiterhin ungehindert möglich sein. (Beifall bei der SPÖ.)


Nationalrat, XXVI.GPStenographisches Protokoll66. Sitzung, 27. und 28. März 2019 / Seite 133

Der Vorschlag, den Sie, meine Damen und Herren von den NEOS, eingebracht haben, wäre aus unserer Sicht ein weiterer Schritt in Richtung Privatisierung des Gesundheitssystems. Deshalb können wir diesem nicht zustimmen.

Frau Ministerin! Ich wundere mich ja eigentlich, warum auch Sie gegen diesen Vor­schlag der NEOS sind, denn gerade Sie stehen ja für die Zerschlagung unseres Sozial­versicherungssystems und für die Privatisierung unseres Gesundheitswesens. Danke. (Beifall bei der SPÖ. – Zwischenruf des Abg. Gudenus. Abg. Haider: Rote Realitäts­verweigerung!)

14.12


Präsidentin Anneliese Kitzmüller: Als Nächster zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Schellhorn. – Bitte schön, Herr Abgeordneter.


14.12.11

Abgeordneter Josef Schellhorn (NEOS): Frau Präsidentin! Geschätzte Frau Minister! Zu meiner Vorrednerin: Ich komme ein bisschen später dazu, was Sie jetzt gesagt haben, was die NEOS so wollen. Man weiß gar nicht, was die SPÖ so will, aber das werden wir später ein bisschen beleuchten.

Nun: Es gibt 129 Kassenarztstellen, die unbesetzt sind. Wie wir heute aus einer Grafik erfahren haben, sind 68 der Allgemeinmedizin zuzuordnen, 61 sind Facharztordi­na­tionen, die nicht besetzt werden können. 2018 sprach die Ärztekammer sogar von 1 400 fehlenden Plätzen. Wer das berechnet hat, ist fraglich, das ist, glaube ich, eine Fantasierechnung, wir können es nicht nachvollziehen.

Eines aber ist ganz klar: Die Versicherten sind in der Grundversorgung zunehmend auf Wahlärzte angewiesen. Das ist de facto ein Dilemma der ÖVP, der SPÖ und der FPÖ. Das ist auch klar zu kritisieren, weil aus ihrer Sicht da überhaupt kein Handlungsbedarf be­steht. Das empfinde ich als fatal. (Zwischenbemerkung von Bundesministerin Hartinger-Klein.– Ja, da komme ich auch noch auf Sie zu.

Was da passiert ist, ist Folgendes: Es gibt ein klares Versagen der Kammerselbst­ver­waltung, das heißt, es ist ein Versagen der Kammern. Diese Kammern, um sie na­mentlich zu nennen – Peter Haubner wird jetzt überrascht sein –, sind das: natur­gemäß die Wirtschaftskammer, die Arbeiterkammer, die Landwirtschaftskammer, der ÖGB, aber auch die Ärztekammer. Es muss uns bewusst sein, dass wir da einfach ein Komplettversagen haben.

Eines überrascht mich aber vor allem bei der SPÖ. Ich frage mich, wie stringent Ihre Politik eigentlich ist. Ich verstehe das nicht mehr ganz: Im Jänner sind Sie noch für mehr Kassenärzte gewesen, da hatten wir sogar einige parlamentarische Anträge dabei. Jetzt schützen Sie, die SPÖ, die Kassenbürokraten, die die Kassenarztstellen nicht besetzen. Das ist irgendwie ganz komisch: also im Jänner noch so und im März jetzt so. Vielleicht hat das auch damit etwas zu tun, dass gerade Arbeiterkam­mer­wahlen sind und dass Sie da einfach Ihre Bonzen auch schützen wollen? Das ist, glaube ich, die Tatsache, dessen müssen wir uns bewusst sein. (Beifall bei den NEOS und bei Abgeordneten der FPÖ.)

Wie das Ganze aber geht, hat schon auch etwas damit zu tun – die Regierung darf sich da jetzt nicht wegducken –, dass von dieser Sozialversicherungsreform – August Wöginger hat davon gesprochen – niemand etwas spüren wird. Das glauben wir. Vor allem die Versicherten werden keine Entlastung spüren. Das ist das Thema. Ansonsten spürt jeder Kammerfunktionär eigentlich etwas, nämlich dass es ihm ein bisschen bes­ser geht.


Nationalrat, XXVI.GPStenographisches Protokoll66. Sitzung, 27. und 28. März 2019 / Seite 134

Die Regierungsvertreter, die sozusagen noch immer glauben, dass die Kassenreform Probleme löst, die glauben, glaube ich, auch an den Osterhasen; der kommt recht bald. Es gibt aber auch welche, die auf der Regierungsbank sitzen und an Chemtrails glauben – es obliegt Ihnen, woran Sie glauben –, nur dass diese Reform den Ver­sicherten zugutekommt, das glaubt mittlerweile fast kein Bürger mehr.

Darum: Der gelernte Österreicher weiß auch, worum es geht. Diese Selbstverwaltung löst die Probleme der Menschen nicht, diese Selbstverwaltung arbeitet nicht für die Versicherten. Diese Selbstverwaltung arbeitet nur für die Selbstverwaltung, das sagt ja schon der Name.

Es gibt natürlich genügend Kammerfunktionäre in diesem Land – in Arbeiterkammer, Wirt­schaftskammer, Gewerkschaft, Landwirtschaftskammer –, die ein Pöstelchen brauchen, und diese Sozialversicherungsreform berücksichtigt einfach nur diese Kammerfunk­tionäre.

Darum stelle ich zum Schluss einen Entschließungsantrag, der folgenden Text hat:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Josef Schellhorn, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Moderni­sierung der Selbstverwaltung – Versichertenvertreterwahlen jetzt“

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesregierung wird aufgefordert, dem Nationalrat schnellstmöglich eine Regie­rungsvorlage vorzulegen, die zum Inhalt hat, dass die Mitglieder in den Gremien der Sozialversicherungsträger künftig nicht mehr von den Kammern beschickt werden, sondern von den Versicherten und Unternehmen direkt gewählt werden.“

*****

Vielen Dank. (Beifall bei den NEOS.)

14.17

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Josef Schellhorn, Gerald Loacker, Kolleginnen und Kollegen

betreffend Modernisierung der Selbstverwaltung - Versichertenvertreterwahlen jetzt

eingebracht im Zuge der Debatte in der 66. Sitzung des Nationalrats über den Bericht des Gesundheitsausschusses über den Antrag 646/A(E) der Abgeordneten Mag. Gerald Loacker, Kolleginnen und Kollegen betreffend Maßnahmen gegen die restriktive Stellenplanungspolitik der Kassen und Ärztekammern (540 d.B.) – TOP 8

Problem: die Kammer-beschickten Kassen und Ärztekammern betreiben entgegen der Versicherteninteressen eine restriktive Stellenplanungspolitik

Die Anzahl der Vertragsarztstellen ist seit 2006 um 3% zurückgegangen, gleichzeitig ist der Bevölkerungsanteil mit einem Alter über 75 Jahren um 26% angestiegen. Das Angebot an Vertragsärzt_innen und die Demographie sind somit seit längerem nicht mehr im Gleichgewicht. Es ist zudem ein starker Anstieg des Wahlarztsektors zu beobachten (seit 2006: +36%). Aufgrund dieser Entwicklungen ist die Bevölkerung mit immer höheren privaten Gesundheitskosten konfrontiert.


Nationalrat, XXVI.GPStenographisches Protokoll66. Sitzung, 27. und 28. März 2019 / Seite 135

Die Aufgabe der vertragsärztlichen Stellenplanung wurde vom Staat an die Selbst-verwaltung (Kammern, Krankenkassen und Ärztekammern) übertragen. Aufgrund der oben geschilderten Entwicklungen ist diese Situation nicht mehr hinnehmbar. Die Diskussion über die Sonderklasse-Ambulanzen hat zudem gezeigt, dass die Ärzte­kammern an steigender privatmedizinischer Versorgung interessiert sind. Die Kranken­kassen haben ebenfalls ein Interesse, Kosteneinsparungen über eine restriktive Stellen­planung zu erwirken. Zwar ist gegen die Privatmedizin grundsätzlich nichts einzuwen­den, aber der zunehmende Privatmedizinanteil in der Grundversorgung ist auf keinen Fall wünschenswert, vor allem wenn die Versicherten mit konstant hohen KV-Beitrags­sätzen konfrontiert sind.

Es braucht echte Versicherten-Vertretung statt Kammerfunktionärs-Nicht-Vertretung

Auch die SV-„Reform“ 2018 macht das österreichische Gesundheitswesen weder fairer noch effizienter oder effektiver. Bei den Wahlfreiheiten der Versicherten ändert sich nichts. So dürfen die Versicherten nicht einmal ihre eigenen Versicherten­vertreter_in­nen direkt wählen. Genau diese Direktwahl der Versichertenvertreter_innen würde aber dazu führen, dass Versicherteninteressen endlich wahrgenommen werden. Derzeit erfolgt glaubwürdige Versichertenvertretung nur über die Patientenanwaltschaft. Be­zeichnend ist hier zudem, dass die Arbeiterkammern, welche sich gern als die Ver­sichertenvertretung sehen, keine Konsumentenschutz-tests zu den enormen Kassenleistungsunterschieden machen. Dadurch würde man aber erst erkennen, dass GKK-Versicherte bei den Leistungen mit erheblichen Nachteilen konfrontiert sind. Stattdessen schützen die Arbeiterkammern ihre eigenen Kassen-Funktionär_innen dadurch, indem Konsumentenschutztests nur für private Versicherungen durchgeführt werden.

Versichertenvertreterwahlen („Urwahlen“) hat es bereits in der Anfangsphase der Republik gegeben.

Ursprünglich gab es in Österreich Versichertenvertreterwahlen, die sogenannten „Ur­wah­len“. Nach dem zweiten Weltkrieg hat man sich aber dazu entschieden, die Ver­sichertenvertreter_innen durch Kammerfunktionär_innen zu ersetzen. Unter anderem mit der Begründung, dass die „Vornahme solcher Urwahlen bei den gegenwärtigen Verhältnissen (Verkehrshindernisse, Papiermangel, unvollständige Versicherungsevi­denz usw.) größten Schwierigkeiten begegnen würde“. Das war 1947. Mittlerweile kann keine Rede mehr von Verkehrshindernissen, Papiermangel oder unvollständigen Ver­sicherungsevidenzen sein, womit wieder zu den ursprünglichen Urwahlen übergegan­gen werden kann.

Experten im SV-Reform-Experten-Hearing zu Versichertenvertreterwahlen

Mehrere Experten haben im SV-Reform-Experten-Hearing auf Versichertenver­treter­wahlen hingewiesen (Pichlbauer, Leisch). Zudem wurden die Demokratisierung und mehr Anreize zur Beteiligung der Versicherten gefordert (Hofmarcher). Ein Experte wies sogar darauf hin, dass er als Nicht-Kammermitglied nicht einmal indirekt an der Entsendung von Kammerfunktionär_innen in die SV-Gremien beteiligt sei (Raschauer). In Zusammenhang mit den Versichertenvertreter_innen stellte ein Experte zudem fest, dass eine höhere Zahl an Versichertenvertreter_innen nicht notwendigerweise nach­teilig sei, sofern sie sich als echte Versichertenvertreter_innen sehen (anstatt als Kam­merfunktionär_innen) und ihre Aufgabe dementsprechend im Sinne der Versicherten­vertretung wahrnehmen (Pichlbauer).

Deutsche Sozialversicherung als Vorbild („Sozialwahlen“) - Beispiel: Techniker Kranken­kasse (TK)


Nationalrat, XXVI.GPStenographisches Protokoll66. Sitzung, 27. und 28. März 2019 / Seite 136

In der deutschen SV sind Versichertenvertreterwahlen (Sozialwahlen) etwas völlig Normales (https://www.tk.de/techniker/unternehmensseiten/unternehmen/verwaltungsrat-der-tk/sozialwahl-2017-2012900). Dabei können die Versicherten und Unternehmen ihre eigenen Listen erstellen. Danach wählen die Versicherten und Unternehmen getrennt Versichertenvertreter_innen aus beiden Gruppen (z.B.: TK-Verwaltungsrat: 15 Vertre­ter_innen der Versicherten, 15 Vertreter_innen der Unternehmen). Dabei haben die Mitglieder der Kasse je ein Stimmrecht. Das Stimmrecht der Unternehmen orientiert sich an der Zahl ihrer Mitarbeiter_innen, die bei der jeweiligen Kasse versichert sind

Die unterfertigenden Abgeordneten stellen daher folgenden

Entschließungsantrag

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesregierung wird aufgefordert, dem Nationalrat schnellstmöglich eine Regie­rungsvorlage vorzulegen, die zum Inhalt hat, dass die Mitglieder in den Gremien der Sozialversicherungsträger künftig nicht mehr von den Kammern beschickt werden, sondern von den Versicherten und Unternehmen direkt gewählt werden.“

*****


Präsidentin Anneliese Kitzmüller: Der soeben eingebrachte Antrag wurde aus­reichend unterstützt, ist ordnungsgemäß eingebracht und steht mit in Verhandlung.

Als Nächste zu Wort gelangt Frau Abgeordnete Fichtinger. – Bitte, Frau Abgeordnete. (Abg. Haubner: ...gleichzeitig mit Nationalratswahlen!)


14.17.41

Abgeordnete Angela Fichtinger (ÖVP): Frau Präsidentin! Sehr geehrte Frau Minis­terin! Hohes Haus! Sehr geehrte Gäste auf der Galerie und Zuschauer an den Bild­schirmen! Ja, wir haben uns im Gesundheitsausschuss intensiv damit beschäftigt und wir wissen, dass es problematisch ist, genug Kassenärzte vorzufinden.

Das kann ich, speziell da ich den ländlichen Raum vertrete, wirklich bestätigen. Es ist auch eine große Herausforderung – und wird in der Zukunft große Konzentration und großen Einsatz fordern –, die Kassenarztstellen noch attraktiver zu gestalten.

Interessant ist aber schon, dass die SPÖ jetzt – nach einem Jahr, in dem sie in Opposition ist, wir erleben das auch immer in den Ausschüssen – weiß, was zu tun ist, was schnell zu tun ist und was fehlt. (Abg. Hauser: Genau!) Da denke ich mir, neun Jahre hat die SPÖ die Gesundheitsminister gestellt, es wäre genug Zeit gewesen, in diesem Bereich auch etwas zu tun. (Beifall bei ÖVP und FPÖ. Abg. Nehammer: So ist es!)

Wie schon angesprochen wurde: Kollege Loacker hat in seinem Antrag ja konkret gefordert, dass die Wahlarztkosten zur Gänze mit der Kassa abgerechnet werden könnten. – Sehr geehrte Damen und Herren! Würden wir diesem Antrag zustimmen, dann würden wir die Wahlärzte noch mehr stärken und die niedergelassenen Kas­senärzte noch mehr schwächen – abgesehen von der Kostenexplosion, die sich wahr­scheinlich dann auch zeigen würde.

Ich muss Ihnen recht geben: Ja, es gibt da Handlungsbedarf. Natürlich muss es uns auch ein Anliegen sein, dass die Menschen in Österreich, speziell im ländlichen Raum, gut von Ärzten, aber auch in Krankenhäusern versorgt werden.


Nationalrat, XXVI.GPStenographisches Protokoll66. Sitzung, 27. und 28. März 2019 / Seite 137

Nachdem ich selbst vor einem Monat im Landesklinikum Zwettl gewesen bin, darf ich auch an dieser Stelle einmal ein Dankeschön sagen für die wirklich beste medizinische Versorgung und gute Betreuung. Auch am Land gibt es, wie ich bestätigen kann, immer eine gute medizinische Versorgung, und das ist sehr wichtig. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der FPÖ.) Die beschlossene Kassenreform wird, wie Kollegin Povysil schon angesprochen hat, diesbezüglich sicher positive Effekte zeigen.

Ja, es ist notwendig, zusätzliche Angebote zu schaffen, um mehr Ärztinnen und Ärzte dafür begeistern zu können, dass sie sich am Land als Kassenärzte niederlassen, damit auch dort die medizinische Versorgung bestens gewährleistet ist und die lebenswerten Landgemeinden auch in Zukunft lebenswert bleiben. – Danke schön. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der FPÖ.)

14.21


Präsidentin Anneliese Kitzmüller: Zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Kaniak. – Bitte schön, Herr Abgeordneter.


14.21.08

Abgeordneter Mag. Gerhard Kaniak (FPÖ): Frau Präsidentin! Sehr geehrte Frau Bundesministerin! Hohes Haus! In diesem Punkt, den wir gerade diskutieren, muss ich sagen, ist die Analyse der Istsituation des Kollegen Loacker leider Gottes sehr richtig. Wir haben tatsächlich eine Fehlentwicklung in den letzten zehn, 20 Jahren in unserem öffentlichen Gesundheitssystem gehabt, wir haben zu wenig Kassenstellen ausge­schrie­ben beziehungsweise vergeben, besonders zu einer Zeit, als die Ärzte im niedergelassenen Bereich diese Kassenstellen noch händeringend gesucht hätten, und jetzt kämpfen wir mit dem Problem, dass wir sehr, sehr viele Wahlärzte haben, die die freien Kassenstellen nicht mehr annehmen wollen.

Wenn wir uns die Probleme im Detail anschauen, werden wir allerdings feststellen, dass sie von Bundesland zu Bundesland, von Gebietskrankenkasse zu Gebietskran­ken­kasse und von Landesärztekammer zu Landesärztekammer sehr unterschiedlich sind und dass die Bundesländer unterschiedliche Lösungen für die Probleme gesucht haben, um die Versorgung mehr recht als schlecht trotzdem zu gewährleisten.

In Oberösterreich, wo ich herkomme, haben wir zum Beispiel das Problem, dass wir sehr wenige Fachärzte unter Kassenvertrag, aber ausreichend Allgemeinmediziner haben. So haben wir dieses Leistungsdefizit im fachärztlichen Bereich in die Spitals­ambulanzen verlagert. In Wien haben wir das Problem, dass wir zu wenige Allge­meinmediziner mit Kassenvertrag haben. Auch diesen Versorgungsbedarf haben wir dort in die öffentlichen Ambulanzen der Spitäler verlagert.

Unterm Strich muss man sagen, dass das eine sehr ineffiziente Leistungsverlagerung ist und dass die Attraktivität der Kassenstellen und der Arbeit als Allgemeinmediziner, aber auch als Facharzt mit einem entsprechenden Kassenvertrag in den letzten Jahren offensichtlich deutlich abgenommen hat.

Den Lösungsansatz, den Sie, Herr Kollege Loacker, hier präsentieren, erachte ich jedoch als vollkommen unzweckmäßig. Haben Sie sich schon einmal überlegt, wie der bürokratische Aufwand in der Kostenerstattungsstelle der Sozialversicherungen ausschaut, wenn man bei jeder eingereichten Rechnung überprüfen muss, wie lange die Wartefrist des Betroffenen in seiner Region gewesen wäre? Das halte ich für nicht durchführbar.

Davon abgesehen würden wir auch einen vollkommen falschen Lenkungseffekt aus­lösen. Wir würden vor allem kurzfristig die Menschen ganz gezielt in die Wahlarztordi­nationen treiben und die öffentlichen Stellen überflüssig machen beziehungsweise wür­den sie nicht mehr in Anspruch genommen. Das führt in Summe zu einer Schwächung


Nationalrat, XXVI.GPStenographisches Protokoll66. Sitzung, 27. und 28. März 2019 / Seite 138

des öffentlichen Gesundheitssystems und der Kassenärzte und nicht zu einer Stärkung. Deshalb ist das aus meiner Sicht auch klar abzulehnen. (Beifall bei FPÖ und ÖVP.)

Die wahren Ursachen der Problematik liegen im Verantwortungsbereich der Sozial­versicherungen und der Ärztekammer, die ja für die Vergabe von Kassenarztstellen zuständig sind. Mitunter genau deswegen hat es auch eine Sozialversicherungsreform gegeben, die hier bundesweit einheitliche Regelungen, Vorgaben und auch ein einheitliches Honorarsystem vorsieht.

Frau Kollegin Nussbaum! Sie haben gut angefangen in Ihrem Vortrag, aber wenn Sie dann dazu kommen, dass die Sozialversicherungsreform der jetzigen Bundesregierung zu einer Zerschlagung der Sozialversicherungen geführt hat, dann sage ich Ihnen: Nein, das Gegenteil ist der Fall! Es wird eine Stärkung, eine Effizienzsteigerung in den Sozialversicherungen geben und keine Zerschlagung. (Beifall bei FPÖ und ÖVP. – Zwischenrufe bei der SPÖ.)

Die jetzige Bundesregierung wird Druck auf diese neuen Gremien ausüben, nämlich dahin gehend, dass der Österreichische Strukturplan Gesundheit auch umgesetzt wird und freie beziehungsweise unbesetzte Stellen in unterversorgten Gebieten besetzt werden.

Zusätzlich sind die Krankenkassen angehalten, ihre finanziellen Möglichkeiten auszu­schöpfen. Es gibt jetzt auch neue finanzielle Möglichkeiten, um diese freien Kassen­stellen und Strukturdefizite zu beseitigen, zum Beispiel durch die Innovationsfonds der einzelnen Landesstellen der Österreichischen Gesundheitskasse.

Die Bundesregierung hat auch schon mehrere weitere Maßnahmen getroffen. Im Dezember haben wir das neue Ärztegesetz beschlossen, das die Anstellung von Ärzten bei Ärzten ermöglicht, wir haben die Ausbildungsmaßnahmen beschlossen, wir haben die Gruppenpraxis erleichtert, alles mit dem Ziel, die niedergelassene Gesundheitsversorgung sowie die wohnortnahe Versorgung zu steigern. Dieses Ziel werden wir auch erreichen. – Vielen Dank. (Beifall bei FPÖ und ÖVP.)

14.25


Präsidentin Anneliese Kitzmüller: Als Nächste gelangt Frau Bundesminister Hartinger-Klein zu Wort. – Bitte, Frau Bundesminister.


14.25.19

Bundesministerin für Arbeit, Soziales, Gesundheit und Konsumentenschutz Mag. Beate Hartinger-Klein: Sehr geehrte Frau Präsidentin! Hohes Haus! Meine Damen und Herren! Bleiben wir bei den Fakten! Wir haben die größte Ärztedichte beziehungsweise die zweitgrößte Europas. Das heißt, wir haben genug Ärzte, das Problem ist nur, sie sind falsch verteilt. Da haben Sie natürlich vollkommen recht, wir haben zu viele Wahlärzte und zu wenig Kassenärzte. Wir haben aber schon sehr viele Maßnahmen gesetzt – und die Vorgängerregierung hat das verabsäumt; denn was haben Sie als Vorgängerregierung gemacht? – Sie haben eigentlich die Patienten in das Wahlarztsystem und natürlich auch in die Ambulanzen getrieben. (Beifall bei der FPÖ und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Das heißt, was wir jetzt gemacht haben, ist einerseits eine Sozialversicherungsreform, die garantiert, Frau Kollegin, dass die Versicherten für ihre Beiträge die gleichen Leis­tungen bekommen, und das heißt natürlich auch gleiche medizinische Leistungen vom Neusiedler See bis zum Bodensee. Das heißt, dass es bei diesen medizinischen Leistungen dem Allgemeinmediziner, bleiben wir bei diesem Beispiel, nicht um Quan­tität, sondern um Qualität gehen muss. Es ist wichtig, dass er sich für den Patienten


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Zeit nehmen kann, das ist unser Ziel. (Beifall bei der FPÖ und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Es ist wichtig, den Kassenarzt zu stärken, und das haben wir durch das Ärztegesetz, das Sie im Dezember einstimmig beschlossen haben, bewiesen. Durch diese Ge­setzesnovelle wurde unter anderem die Anstellung von Ärzten bei Ärzten ermöglicht. Das war schon lange gefordert worden und ist jetzt möglich. (Beifall bei Abgeordneten von FPÖ und ÖVP.)

Gerade im Bereich der Medizin arbeiten ja sehr viele Frauen, und es war wichtig, die Frauen zu stärken, indem man ihnen die Möglichkeit gibt, nicht nur selbstständig zu werden, sondern sich auch anstellen zu lassen, wenn sie das wollen. Wir haben sehr viele gesetzliche Maßnahmen gesetzt, nämlich die Förderung von Lehrpraxen und die Primärversorgung betreffend.

Was mir aber auch ein besonderes Anliegen ist – Frau Kollegin Fichtinger hat es schon gesagt, und da muss man auch die Fakten anschauen –, ist Folgendes: Wir haben vom Gefühl her, da gebe ich Ihnen recht, teilweise ländliche Räume, die keinen Allge­meinmediziner bekommen. Wenn man die derzeitige Zahl von 68 hernimmt, sind es nicht unbesetzte, sondern ausgeschriebene Stellen, und manche davon sind nur schwer zu besetzen. Natürlich gibt es diese Regionen.

Diese Regionen, meine Damen und Herren, schaue ich mir persönlich ganz genau an, mit den einzelnen Bürgermeistern und so weiter, weil wir hier konkrete Maßnahmen setzen, fördern wollen. Beispielsweise gibt es in der Steiermark für Ärztinnen und Ärzte, die eine schwer zu besetzende Kassenstelle übernehmen, 70 000 Euro Start­hilfe, finanziert von Gebietskrankenkasse und Ärztekammer.

Das heißt, wir setzen viele, viele Maßnahmen, die die Vorgängerregierung nicht ge­setzt hat. Wir garantieren, dass die Menschen im medizinischen Bereich die Betreuung bekommen, die sie brauchen. (Beifall bei FPÖ und ÖVP.)

14.28

14.28.57


Präsidentin Anneliese Kitzmüller: Zu Wort ist dazu niemand mehr gemeldet. Die Debatte ist geschlossen.

Wünscht der Herr Berichterstatter ein Schlusswort? – Das ist nicht der Fall.

Wir gelangen zur Abstimmung über den Antrag des Gesundheitsausschusses, seinen Bericht 540 der Beilagen zur Kenntnis zu nehmen.

Ich bitte jene Damen und Herren, die ihn zur Kenntnis nehmen, um ein entsprechendes Zeichen. – Das ist mit Mehrheit angenommen.

Wir gelangen nun zur Abstimmung über den Entschließungsantrag der Abgeordneten Schellhorn, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Modernisierung der Selbstver­wal­tung – Versichertenvertreterwahlen jetzt“.

Ich bitte jene Damen und Herren, die hiefür Ihre Zustimmung geben, um ein ent­sprechendes Zeichen. – Das ist die Minderheit und daher abgelehnt.

14.29.19  9. Punkt

Bericht des Verfassungsausschusses über den Antrag 607/A der Abgeordneten Werner Herbert, Mag. Friedrich Ofenauer, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Beamten-Dienstrechtsgesetz 1979, das Gehalts­gesetz 1956 und das Vertragsbedienstetengesetz 1948 geändert werden (Dienst­rechts-Novelle 2019) (545 d.B.)



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Präsidentin Anneliese Kitzmüller: Wir gelangen zum 9. Punkt der Tagesordnung.

Auf eine mündliche Berichterstattung wurde verzichtet.

Als erste Rednerin gelangt Frau Abgeordnete Yildirim zu Wort. – Bitte, Frau Abgeord­nete.

14.29.47


Abgeordnete Mag. Selma Yildirim (SPÖ): Frau Präsidentin! Herr Vizekanzler! Werte Kolleginnen und Kollegen! Sehr geehrte Damen und Herren!

Die Mitglieder der Regierungsparteien haben in den vorliegenden Gesetzesantrag die Erhöhung der Gehälter für Generalsekretäre verpackt. 9,5 Millionen Euro pro Jahr, so viel werden die von der Bundesregierung installierten elf Generalsekretäre und eine Generalsekretärin die österreichischen Steuerzahlerinnen und Steuerzahler kosten. Das sind circa 800 000 Euro pro Kopf. Natürlich wurden diese gut bezahlten Stellen nahezu ausschließlich mit Männern besetzt. (Zwischenruf des Abg. Gudenus.) Hier sei wieder einmal festgehalten, dass diese Regierung Fähigkeiten und Leistungen von Frauen offensichtlich negiert. Dies sei aber nur nebenbei erwähnt. (Beifall bei der SPÖ.)

Diese Posten wurden entgegen den damals geltenden gesetzlichen Bestimmungen nicht einmal öffentlich ausgeschrieben – ja, wer weiß, vielleicht wären sonst nicht die gewünschten Personen zum Zug gekommen? –, und Monate nach der Bestellung wurde dann durch eine rückwirkende Gesetzesänderung diese Vorgangsweise lega­lisiert. Stellen wir uns vor, ein Mitglied einer Regierungspartei fährt bei Rotlicht über die Kreuzung. Monate später wird rückwirkend bis zum Tag der Übertretung die Straßen­verkehrsordnung geändert und das Überfahren einer Kreuzung bei Rotlicht für zulässig erklärt. – Klingt komisch, ja, es ist aber so.

Trotz zahlreicher juristischer Bedenken von Expertinnen und Experten können die neuen Generalsekretäre ihre gut dotierten Verträge auch noch selbst verlängern, egal, ob sie ihre Leistung erbracht haben oder nicht. – Klingt ebenfalls komisch, ist aber so.

Es braucht keine zwölf hochbezahlten Generalsekretäre oder Personen mit Sonder­verträgen, sondern ein Mehr an Personal in der Verwaltung und Vollziehung. Dafür ist aber kein Geld da, und es wird Dienstposten um Dienstposten eingespart. Abgesehen von den formalen Bedenken beziehungsweise Fehlern der Regierung, die korrigiert werden mussten beziehungsweise noch müssen, kommen auch moralische Bedenken hinzu. Jährlich 9,5 Millionen Euro sind eine ganze Menge Geld für zwölf Personen. Viel höher wird die Summe, wenn man alle 216 Sonderverträge dazurechnet, die sich die Regierung in den Ministerbüros gönnt. Dann kommen wir auf etwa 28 Millionen Euro pro Jahr, eine ganze Menge Steuergeld, Geld, das die Regierung für sich selbst und für ihr loyal ergebene Personen einsetzt. (Beifall bei der SPÖ.)

Vom Sparen im System kann da wohl keine Rede sein! Das ist umso problematischer, weil diese Bundesregierung bei Projekten und Initiativen spart, die wichtige gesell­schaftspolitische Anliegen und Arbeiten verrichten und jeden Euro dringend benötigen würden. Kürzungen gibt es in allen Bereichen der Unterstützung von benachteiligten Menschen.

Gekürzt wird bei Fraueneinrichtungen, bei Familienberatungsstellen, bei der Mindest­sicherung, bei Projekten für Langzeitarbeitslose wie der Aktion 20 000, bei Deutschleh­rerinnen und Deutschlehrern und bei Integrationsmaßnahmen an Schulen. Obwohl die Regierung immer behauptet, dass ihr der Schutz von Frauen so wichtig sei, wurden die Seminare zu häuslicher Gewalt für Polizistinnen und Polizisten gestrichen. Sie waren seit 1997 Teil der Ausbildung.


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Wo die Prioritäten dieser Regierung liegen, ist also klar zu sehen: Eigenwerbung und Erhöhung der Parteienförderung statt Gewaltschutz, Sonderverträge und großzügige Versorgung von wenigen statt Unterstützung von Benachteiligten und Bedürftigen, Millionen für Generalsekretäre statt Arbeitsplätze in der unmittelbaren Verwaltung und im Vollzug.

Vor der Wahl hat das noch ganz anders geklungen, aber auch dieses Versprechen wird gebrochen. Gespart wird nicht im System, schon gar nicht spart die Regierung bei den eigenen Ausgaben, gespart wird ganz unmittelbar bei den Menschen. Das Ganze ist sehr bedauerlich, und wir werden diesem Antrag nicht zustimmen. (Beifall bei der SPÖ.)

14.34


Präsidentin Anneliese Kitzmüller: Als Nächster gelangt Herr Abgeordneter Ofenauer zu Wort. – Bitte.


14.34.51

Abgeordneter Mag. Friedrich Ofenauer (ÖVP): Frau Präsidentin! Sehr geehrter Herr Vizekanzler! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen im Hohen Haus! Geschätzte Zuse­herinnen und Zuseher auf der Galerie und vor den Fernsehgeräten! Es geht um die Dienstrechts-Novelle 2019. Vorwegschicken möchte ich, dass das wieder ein guter Anlass ist, um festzuhalten, dass der öffentliche Dienst der Grundpfeiler unseres Staates ist. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der FPÖ.)

Ich möchte aber auch auf die Kollegin Yildirim eingehen, die gesagt hat, dass ein Generalsekretär 800 000 Euro im Jahr verdienen würde. Wenn man das durch 14 dividiert, kommt man auf ein Gehalt von 57 142 Euro, und liebe Kolleginnen und Kollegen, das kann ja wohl nicht wahr sein; und es ist tatsächlich nicht richtig, dass das ein Generalsekretär verdient.

Noch dazu ist diese Darstellung, dass wir da die Gehälter der Generalsekretäre erhöhen würden, eine zum einen überzogene, zum anderen falsche Darstellung, denn wie im Ausschuss eingehend behandelt wurde, handelt es sich um einen Software­fehler. Aufgrund dieses Softwarefehlers ist im Zuge der Gehaltsvorrückungen ein Satz, mit dem die dienstrechtliche und die bezügerechtliche Zuordnung der Generalsekretäre geregelt wurde, herausgefallen. Diese Regelung wird jetzt wieder eingefügt.

Jetzt aber zum eigentlichen Thema, zur Dienstrechts-Novelle: Ich denke, dass unsere motivierten Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, egal in welchem Bereich, tagtäglich für einen reibungslosen Ablauf unseres Zusammenlebens und für die öffentliche Ordnung und Sicherheit sorgen. Ihr Tun und Wirken steht oft im öffentlichen Interesse, wird oftmals genau beachtet.

Sie sind oftmals auch außerhalb ihrer Dienstzeiten, freiwillig oder unfreiwillig, Ansprech­partner für die Menschen. Sie müssen dabei immer freundlich, höflich bleiben und den Menschen so begegnen, wie es der Situation entspricht, und die sind manchmal auch nicht zufrieden mit Entscheidungen, die Beamte und Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter im öffentlichen Dienst treffen müssen. Sie müssen ihren Dienst auch an Feiertagen und an Sonntagen leisten. Sie sind damit auch Repräsentanten unseres Bundes, unserer Länder und unserer Gemeinden.

Vielleicht wird es deswegen immer schwieriger, Menschen dafür zu begeistern und vor allem junge Männer und Frauen für den öffentlichen Dienst zu gewinnen, denn eines muss man schon auch festhalten: Die oftmals angesprochenen Privilegien sind in den letzten Jahren immer weniger geworden. Auch die Beamten werden alleine schon aufgrund des Wegfalls der Pragmatisierungen immer weniger und die Vertrags­be­diensteten mehr.


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Mit dieser Dienstrechts-Novelle 2019 führen wir auch die Karfreitagsregelung für öffentlich Bedienstete ein, sodass auch diese in Zukunft einen persönlichen Feiertag nehmen können und damit im Vergleich zur Privatwirtschaft nicht anders gestellt werden.

Doch sind die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter im öffentlichen Dienst, wie ich eingangs gesagt habe, ein Grundpfeiler unseres Staates. Deswegen muss es da insofern Aus­nahmen geben, als zum Beispiel bei der Polizei oder bei der Justiz Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter auch verpflichtet werden können, an einem solchen Feiertag Dienst zu leisten, wenn es für die Aufrechterhaltung des Dienstbetriebes zwingend notwendig ist, wobei in diesem Fall natürlich Feiertagszuschläge bezahlt werden.

Eines ist nämlich klar: Polizeistationen, Krankenhäuser und so weiter müssen Tag und Nacht besetzt werden, um für die Bevölkerung im Notfall da zu sein, so wie auch bisher an jedem Feiertag oder Sonntag.

Eine weitere Änderung in dieser Dienstrechts-Novelle ist eine Klarstellung, dass karenzierte Bundesbeamte keiner Nebentätigkeit beim Bund nachgehen können, weil eine Nebentätigkeit eine Haupttätigkeit voraussetzt. Daher wird das in Zukunft nicht mehr möglich sein, sondern diese brauchen dann in Zukunft einen privatrechtlichen Vertrag.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, abschließend bleibt nur mehr zu sagen: Egal in welcher Lebenslage, egal ob gute oder weniger gute Zeiten, sommers wie winters, unsere Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter im öffentlichen Dienst, in den öffentlichen Dienststellen sind für uns da. Ich denke, man kann an dieser Stelle ganz klar, deutlich und laut Danke sagen für diesen Einsatz im Dienste aller. Danke für den Einsatz an den Feiertagen, für den Einsatz an Sonntagen, für den Einsatz zu allen Tages- und Nachtzeiten für die Bevölkerung, für unsere Republik Österreich! – Danke schön. (Beifall bei ÖVP und FPÖ.)

14.39


Präsidentin Anneliese Kitzmüller: Als Nächster gelangt Herr Abgeordneter Loacker zu Wort. – Bitte schön, Herr Abgeordneter.


14.39.28

Abgeordneter Mag. Gerald Loacker (NEOS): Frau Präsidentin! Sehr geehrter Herr Vizekanzler! Jetzt haben Sie gehört, was der Vertreter des öffentlichen Dienstes zu den Regeln des öffentlichen Dienstes sagt. Worum es nie geht: Hier ist gleiches Recht für alle zu schaffen, nämlich für jene Menschen, die in der Wirtschaft arbeiten, und für jene, die im öffentlichen Dienst arbeiten. Das wäre jetzt möglich gewesen.

Es war notwendig, eine Neuregelung für den Karfreitag zu treffen, weil die alte Rege­lung europarechtlich nicht haltbar war. Bei dieser Gelegenheit hat man das zuerst für die Arbeiter und Angestellten in der freien Wirtschaft mit dieser etwas windigen Lösung mit dem persönlichen Feiertag beschlossen. Okay, man will das auch für den öffent­lichen Dienst gleich haben. Dann hätte man aber damit abfahren müssen, dass die Bundesbediensteten am Karfreitag ab Mittag frei haben dürfen. Das behalten diese nämlich.

Das ist eine Einbahnstraße. Es geht hier darum, dass für den öffentlichen Dienst jedes Mal das Beste aus beiden Welten herausgezogen wird. Sie dürfen immer ihre Besser­stellungen behalten, und wenn sich bei der Wirtschaft etwas verbessert, bekommen sie es dazu. Sie haben jetzt den halben Karfreitag frei und den persönlichen Feiertag. Das ist nicht gerecht, gleiches Recht für alle sieht anders aus.


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Ich weiß aus einer brandaktuellen Anfragebeantwortung, dass zumindest die Mitar­beitenden im Haus des Herrn Vizekanzlers auch am Allerseelennachmittag freinehmen dürfen, um auf die Gräber zu gehen. Wenn man beim Herrn Vizekanzler arbeitet, geht man also nicht wie die anderen Österreicher am Allerheiligen-, sondern am Aller­seelentag die Gräber besuchen. Blöderweise ist der dieses Jahr ein Samstag, jetzt fallen die um den halben Tag um, aber in anderen Jahren haben sie ihn dann wieder.

Übrigens hat das Ministerium des Herrn Vizekanzlers im Vorjahr den ganzen Karfreitag freigehabt. Diesen halben Tag zusätzlich zu schenken hat die Steuerzahler 23 000 Euro gekostet. Jetzt kann man sagen, 23 000 Euro sind ohnehin schon egal, wenn man sich anschaut, wie viel die Generalsekretäre verdienen. Ja, das kann man sagen, aber ich komme aus einer anderen Welt, wo man sagt: Kleinvieh macht auch Mist.

Diese Generalsekretäre, um das noch einmal festzuhalten, sind ein Übel. Es war eine der ersten Maßnahmen der Bundesregierung, Generalsekretäre in den Ministerien ein­zuführen. Die können sich selbst zu Beamten erklären, und die haben wir Steuerzahler ein Leben lang an der Backe. Wenn die Regierung einmal wechselt, dann bleibt er natürlich pragmatisierter Beamter mit seinen wunderbaren Bezügen und wird wahr­scheinlich als weißer Elefant irgendwo im Ministerium herumkugeln. Die Steuerzahler dürfen immer weiter berappen. Kommt ein neuer Generalsekretär, gibt es dasselbe Spiel, er pragmatisiert sich wieder selbst und bleibt uns auch auf alle Zeiten erhalten. – Das ist ein Sündenfall. Von wegen sparen im System! Bei den eigenen Leuten wird das Geld hinausgepfeffert, als gäbe es kein Morgen! (Beifall bei den NEOS und bei Abgeordneten der SPÖ.)

14.42


Präsidentin Anneliese Kitzmüller: Als Nächster zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Herbert. – Bitte schön, Herr Abgeordneter.


14.42.39

Abgeordneter Werner Herbert (FPÖ): Frau Präsidentin! Herr Vizekanzler! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Eigentlich bin ich mir nicht im Klaren: Ist die Opposition wirklich so ahnungslos, wie sie sich soeben hier präsentiert hat, oder ist das gezielte Unwahrheit, die einfach vom Rednerpult aus quasi straffrei verbreitet werden darf? Da kommt Frau Yildirim ans Rednerpult und sagt, ein Generalsekretär verdient 800 000 Euro im Jahr. (Abg. Erasim: Das hat sie nicht gesagt! Die Kosten!) Wenn man der Mathe­matik mächtig ist, kommt man mit einer einfachen überschlagsmäßigen Rechnung drauf, dass diese Rechnung nicht einmal ansatzweise funktionieren kann. Das ist nicht einmal in der Privatwirtschaft leicht möglich, geschweige denn im öffentlichen Dienst, wenn man die Dienstsystematik und das Gehaltssystem dort kennt. (Zwischenruf der Abg. Heinisch-Hosek.) Ist es Unwissenheit oder Dummheit? – Ich weiß nicht genau, was da treffender wäre.

Ich glaube, es ist wahrscheinlich dieser gewisse Anflug an Naivität, was man halt von sich gibt, wenn man von der Sache, von der man redet, keine Ahnung hat. (Abg. Heinisch-Hosek: Sie wissen es!) Sonst würde die Frau Kollegin ja auch nicht behauptet haben, dass die Gewaltprävention bei der Polizeischule abgeschafft wurde. (Abg. Schimanek: Ja, bravo!) Das stimmt nicht! (Beifall bei FPÖ und ÖVP.)

Die Seminare für Gewaltprävention bei der Polizeischule werden nicht mehr von den Frauenhäusern durchgeführt – das ist richtig –, aber sie wurden nicht gestrichen. Das ist ein wesentlicher Unterschied. So, wie Sie das hier darstellen, glaubt man, die Frauen werden bei der Polizei geringschätzig behandelt. Das passt genau in jenes Bild, das Sie uns heute schon den ganzen Tag vermitteln wollen: Diese Bundes­regie­rung ist schlecht, diese Bundesregierung macht alles böse, und die arme Bevölkerung


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muss darunter leiden. (Abg. Heinisch-Hosek: Stimmt ja!) Das ist Unsinn, ein Unsinn, und – Sie können mir glauben – auch wenn Sie es wiederholt von diesem Rednerpult aus behaupten, es wird nicht wahrer. Es wird nicht wahrer! (Beifall bei FPÖ und ÖVP.)

Anschließend höre ich noch Herrn Loacker, dem sein mittlerweile ohnehin bekanntes Beamtenbashing ja schon vorauseilt. (Zwischenruf des Abg. Loacker.) Ich kenne keinen, der derartig vehement seine Unwissenheit im Zusammenhang mit öffentlichem Dienst, Privatwirtschaft und den ganzen Mechanismen, die hier zusammenspielen, so plakativ, fast schon lächerlich zur Schau stellt wie Sie. Das muss ich Ihnen an dieser Stelle auch einmal sagen. (Zwischenruf des Abg. Wöginger.)

Sie behaupten, die Karfreitagsregelung hätte etwas mit dieser Möglichkeit zu tun, dass Beamte am Karfreitag einen halben Tag frei bekommen, und stellen dann mehr oder weniger in den Raum: Jetzt konsumieren sie beides – der geht am Karfreitag heim und kriegt wahrscheinlich gleichzeitig auch noch einen Feiertag. Wie funktioniert das? (Zwischenruf des Abg. Schellhorn.) Ihre Logik möchte ich auch einmal verstehen lernen, denn was Sie uns mit dieser Ansage eigentlich mitteilen wollten, ist für mich nicht wirklich schlüssig. (Beifall bei FPÖ und ÖVP. – Abg. Wöginger: Die verstehen das nicht!)

Hier unterstellt man einmal mehr dem öffentlichen Dienst etwas. Ich darf an die Aus­führungen von Herrn Kollegen Ofenauer anschließen: Der öffentliche Dienst leistet her­vorragende Arbeit, nicht nur für das Funktionieren des gesamten Staates, sondern auch als Serviceeinrichtung für die Bevölkerung, als Ansprechposition für die Bürger, damit vieles in diesem Staat so funktioniert, wie es funktioniert.

Ich kann noch nachvollziehen, dass man vielleicht mit einem eingeschränkten Be­wusstsein aus der Privatwirtschaft kommend das nicht unbedingt verstehen will. Eine andere Sache ist wiederum, dass man aber an dieser Stelle – und da schließt sich der Kreis zu der Kollegin von der SPÖ –, unwissend wohl, alles, was diese Bundes­regierung macht, bewusst krankredet und bewusst zum Nachteil der Bevölkerung hier zu zelebrieren versucht. (Abg. Jarolim: Die ist schon krank genug!) – Da können Sie der Kollegin von der SPÖ die Hand geben. Ich weiß nicht genau, ob das, was Sie zu vermitteln versucht haben, bei den Fernsehzuschauern oder bei jenen, die diese Auseinandersetzung hier verfolgen, tatsächlich auch so ankommt. (Zwischenruf des Abg. Klaus Uwe Feichtinger.)

Fest steht allerdings, dass die Dinge, die Sie hier unwahr zur Geltung gebracht haben, nicht wahrer werden, wenn Sie sie auch noch so oft wiederholen. Fest steht auch, dass wir mit unserem Vizekanzler H.-C. Strache einen Mann in Ressortzuständigkeit haben, der nicht nur auf den öffentlichen Dienst, sondern auch darauf schaut, dass das alles gerecht über die Bühne geht. (Beifall bei FPÖ und ÖVP. – Zwischenruf des Abg. Schellhorn.)

Da geht es nicht darum, dem öffentlichen Dienst besondere Vorteile zukommen zu lassen, da geht es darum, einen gerechten Zugang zu den Beamten und Vertrags­bediensteten zu finden. An dieser Stelle sei vermerkt, dass das in der Vergangenheit bei den Vorgängern, in der Zuständigkeit der SPÖ – Minister, Kanzler und Staats­sekretärin – nicht immer so der Fall war.

An dieser Stelle darf ich mich abschließend auch dem Dank von Kollegen Ofenauer anschließen: Ja, liebe Beamte, liebe Vertragsbedienstete, ihr leistet großartige Arbeit! Auch von meiner Fraktion Dank und Anerkennung für diese hervorragende Dienstleis­tung! (Beifall bei FPÖ und ÖVP.)

14.47



Nationalrat, XXVI.GPStenographisches Protokoll66. Sitzung, 27. und 28. März 2019 / Seite 145

Präsidentin Anneliese Kitzmüller: Zu einer tatsächlichen Berichtigung hat sich Frau Abgeordnete Yildirim zu Wort gemeldet. – Bitte schön, Frau Abgeordnete.


14.48.04

Abgeordnete Mag. Selma Yildirim (SPÖ): Sehr geehrte Damen und Herren! Zur tatsächlichen Berichtigung: Der Abgeordnete Ofenauer und auch der Abgeordnete Herbert haben behauptet, ich hätte eine falsche Zahl verwendet. (Abg. Hauser: Ja!) Das ist unrichtig. (Abg. Hauser: Das ist richtig!)

Der richtige Sachverhalt ist (weiterer Zwischenruf bei der FPÖ) – werte Kollegen, wenn Sie in der Lage sind, zuzuhören –: Ich habe von Kosten geredet, 800 000 Euro pro Generalsekretär an Kosten, die verursacht werden. (Abg. Kassegger: Das stimmt ja auch nicht!) – Fragen Sie Ihren Vizekanzler! Das ist eine Anfragebeantwortung aufgrund einer parlamentarischen Anfrage. Wenn das nicht stimmt, dann müssen Sie Ihren Vizekanzler fragen, was er da für Kosten und Beträge angibt, aber unterstellen Sie nicht und unterlassen Sie Begriffe wie Unwissenheit oder Dummheit! Lernen Sie, zuzuhören! (Beifall bei der SPÖ sowie bei Abgeordneten von NEOS und JETZT. – Weitere Zwischenrufe bei der FPÖ.)

14.48


Präsidentin Anneliese Kitzmüller: Zu Wort gemeldet ist der Herr Vizekanzler. – Bitte schön.


14.49.00

Bundesminister für öffentlichen Dienst und Sport, Vizekanzler Heinz-Christian Strache: Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich will wieder sachlich auf den Tagesordnungspunkt und auf den Inhalt, der heute zur Debatte steht und zu beschließen sein wird, zurückkommen. (Abg. Heinisch-Hosek: Das war sachlich!)

Ja, es gibt den Hintergrund des Karfreitagsurteils des Europäischen Gerichtshofes. Ja, wir hatten keine Freude mit diesem Urteilsspruch des Europäischen Gerichtshofes, denn wir haben mit der Regelung, wie sie bis dato gültig war, sehr gut gelebt. Leider hat man hier nicht im Sinne der positiven Diskriminierung entschieden. Ich denke, das ist traurig, aber das haben wir zur Kenntnis zu nehmen. Deshalb war es auch not­wendig, eine Reparatur sowohl für die Privatwirtschaft als auch für den öffentlichen Dienst sicherzustellen, um die Diskriminierung in diesem Bereich abzuwenden.

Mit den aktuell zur Beschlussfassung vorliegenden gesetzlichen Bestimmungen gibt es eben, so wie in der Privatwirtschaft, in Zukunft auch für den öffentlichen Dienst den persönlichen Feiertag/aufgewerteten persönlichen Urlaubstag, den sich jeder, gleich welcher Konfession, aussuchen kann und worauf es einen Anspruch gibt. (Ruf bei der SPÖ: Das ist eine Verhöhnung!) Das ist gut und richtig so. Damit haben wir dieses Urteil entsprechend bewertet und in Zukunft auch die Diskriminierung abgebaut.

Wenn es um das gleiche Recht geht, das hier geschaffen wird: Ja, wir schaffen das gleiche Recht. Herr Kollege Loacker hat gesagt, nein, das sei nicht der Fall. Es wird gleiches Recht für die Angehörigen aller Konfessionen sichergestellt, und zwar für alle Beamten, gleich, welcher Konfession sie angehören. Im Bereich des Bundesdienstes gibt es natürlich da oder dort Dinge, die wir adaptieren müssen und anders gestalten müssen als in der Privatwirtschaft. (Abg. Schellhorn: Keine Ahnung!)

Wenn es um die Aufrechterhaltung der öffentlichen Sicherheit und Ordnung geht, im Justizwachebereich, im Polizeibereich, beim Bundesheer, aber auch wenn es um den Katastrophenschutz oder um Spitalsbedienstete geht, dann müssen wir dort auch entsprechend zum Nachteil dieser Beamten – in der Privatwirtschaft ist das anders –


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sicherstellen, dass sie nicht einen einseitigen Rechtsanspruch haben, denn sonst würde unsere Gesellschaft im wahrsten Sinne des Wortes gefährdet werden. Wir müssen da also auch entsprechend reagieren und dafür Sorge tragen, dass eben unsere Sicherheit und Ordnung und auch die öffentliche Ruhe nicht gefährdet sind.

Ausgenommen von den neuen Bestimmungen zum persönlichen Feiertag sind grund­sätzlich die Lehrer im Bund, weil sie nämlich einem gänzlich anderen Regime unter­liegen und daher auch gar nicht betroffen sind.

Natürlich muss man hier anmerken, dass diese Lösung auch im Einvernehmen mit allen Gewerkschaften zustande gekommen ist.

Herr Abgeordneter Loacker, Sie sagen, das sei jetzt fürchterlich, weil es jetzt nach wie vor die aufrechte Regelung aus dem Jahr 1954, die damals beschlossen worden ist, gibt. Ja, wir stehen nach wie vor zu dieser Lösung. Die wurde auch nicht vom EuGH aufgehoben, und wir finden es gut, dass auch in der Privatwirtschaft viele Betriebe in Regionen, wo es viele Protestanten gibt, ihren Angestellten am Karfreitag ab Mittag, gleich ob Protestant oder Katholik, freigeben. Das ist eine freiwillige Möglichkeit für viele Unternehmen, die diese auch wahrnehmen.

Genauso gibt es die freiwillige Möglichkeit auch im Bundesdienst in den Ministerien, und wir halten uns an diese Regelung aus 1954, dass man diese Möglichkeit auch in Zukunft für alle Beamten schaffen und nutzen kann, und zwar im Sinne einer Gleich­stellung für alle Konfessionen, ab 12 Uhr am Karfreitag freihaben zu können.

Darüber hinaus geht es natürlich auch um technische Anpassungen und gesetzliche Klarstellungen, die getroffen werden, die notwendig sind, was heute gar nicht ange­sprochen worden ist. Das geschieht zum Beispiel im Bereich der Nebentätigkeit, damit das auch entsprechend geklärt ist und es hier eine Rechtssicherheit für die Sozial­versicherungsträger gibt, und auch beim neuen elektronische Meldeverfahren, das wir sicherstellen.

Darüber hinaus wird jetzt auch im § 4 Abs. 1 im Gehaltsgesetz endlich der Begriff uneheliches Kind durch eigenes Kind ersetzt. Das wurde in Wirklichkeit schon im Änderungsgesetz 2013 beschlossen und mit Wirksamkeit vom 31. Jänner 2013 be­seitigt, es ist aber sozusagen nie im Gehaltsgesetz formal vollzogen worden. Jetzt passiert es endlich. Man wundert sich oftmals, dass Dinge so lange von einer Vorgän­gerregierung gar nicht vollzogen worden sind. Das tun wir jetzt.

Wenn es jetzt um die Behebung der Folgen eines IT-Gebrechens, nämlich eines tech­nischen Gebrechens, geht, so haben das im Ausschuss auch die dafür zuständigen Beamten, glaube ich, sehr klar erklärt. Worum geht es dabei? – Im Zuge der legistischen Umsetzung des Gehaltsbeschlusses für den Bundesdienst müssen nach Abschluss der Gehaltsverhandlungen und eben rechtzeitig vor der Beschlussfassung im Parlament rund 5 000 Gehaltsansätze im Dienstrecht valorisiert werden. Dese Valorisierung erfolgt nach einem automatisierten System über den IT-Bereich. Dabei wurde im Gesetzestext aufgrund einer schadhaften Software ein bestehender Satz ge­löscht, der eigentlich nicht entfallen hätte sollen. Bis Dezember 2018 war ja das Gesetz gültig, und durch diesen IT-Fehler ist dieser Satz rausgerutscht, und auf einmal hat sich etwas verändert, was gar nicht beabsichtigt gewesen ist.

Das reparieren wir jetzt, das ist genau der Hintergrund. Trotz der etablierten Qualitäts­sicherung durch die Fachsektion, wo ja, wie Sie wissen, die Gewerkschaft Öffentlicher Dienst, die Bundesbesoldung und auch die Qualitätssicherung das letztlich überprüfen, ist es allen dreien nicht aufgefallen, sondern erst danach. Jetzt geht es darum, das zu korrigieren. Dieses Versehen ist eben mit der vorliegenden Novelle letztlich zeitnah zu beheben. Genau darum geht es.


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Ich gehe jetzt gar nicht auf die einzelnen Unterstellungen ein. Ja, wir sind trans­parenter, Frau Kollegin Yildirim. Der Unterschied zwischen dieser Regierung und der Vorgängerregierung unter einem sozialistischen Bundeskanzler ist einfach der, dass wir nicht mehr Beamte, Bedienstete und Mitarbeiter auslagern, sondern wir im Sinne einer Transparenz heute in den Kabinetten, in den Ministerien jetzt auch die General­sekretäre einsetzen. (Zwischenruf der Abg. Heinisch-Hosek.) Die Möglichkeit hat es auch vorher gesetzlich gegeben, und wir machen auch das System der Kabinetts­mitarbeiter transparent sichtbar und lagern nicht mehr Mitarbeiter aus, die früher Millio­nen Euro gekostet haben, aber gar nicht sichtbar gewesen sind. (Beifall bei FPÖ und ÖVP. – Zwischenruf des Abg. Schellhorn.)

Das ist genau der Unterschied, dass wir das ehrlich und transparent gestalten und nicht verstecken, wie das in der Vergangenheit der Fall gewesen ist. (Zwischenruf des Abg. Klaus Uwe Feichtinger.) Wenn es dann um die Mitarbeiterbewertungen geht, dann sollten Sie selber vielleicht einmal bei der SPÖ Wien beim Stadtrat Hacker nachfragen, wieso der in seinem Stadtratsbüro 26 Mitarbeiter braucht (Abg. Gudenus: Der Sparefroh!), wenn Sie schon in Ihrer Darstellung immer wieder in den Raum stellen, dass mein Ministerium beispielsweise 25 Mitarbeiter hat. Da frage ich mich, wieso der Stadtrat 26 braucht (Abg. Gudenus: In dieser Koalition für lauter Unsinn!), bei völlig anderen Aufgaben, die zu bewerkstelligen sind. (Beifall bei FPÖ und ÖVP.)

14.56


Präsidentin Anneliese Kitzmüller: Frau Abgeordnete, Sie haben noch 4 Minuten Zeit. Werden Sie das schaffen? – Hervorragend, bitte schön.


14.56.32

Abgeordnete Melanie Erasim, MSc (SPÖ): Frau Präsidentin! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Werte Zuseherinnen und Zuseher! Das Reparieren des Gesetzes in Bezug auf Generalsekretäre (Abg. Deimek: Die sind ja nicht neu!), eine Erweiterung des Karfreitagsmurks auf den Bundesdienst, das sind – wie eben schon erörtert – die Eckpfeiler dieses Gesetzes.

An die Abgeordneten Ofenauer und Herbert: Es ist schon allerhand, dass Sie jetzt anscheinend selbst nachzurechnen beginnen, wie viel das, was Sie hier beschließen, auch de facto kostet, denn 57 000 Euro sind es, die pro Stelle anfallen, nicht pro Per­son, sondern die monatlichen Kosten inklusive Lohnnebenkosten, inklusive Mitar­beiterinnen und Mitarbeiter. (Zwischenrufe bei der FPÖ.) Es ist schön, dass Sie viel­leicht jetzt munter werden und draufkommen, dass das horrende Summen sind! (Beifall bei der SPÖ.)

Geschätzter Minister, es ist schön, wenn Sie von Transparenz reden, aber Stellen ohne jegliche Ausschreibung zu besetzen ist aus unserer sozialdemokratischen Sicht alles andere als transparent. (Neuerlicher Beifall bei der SPÖ. – Abg. Martin Graf  auf die schwarz-gelbe Kleidung der Rednerin deutend –: Dieses monarchistische Gelb-Schwarz gefällt mir gar nicht!)

Während meine Kollegin Yildirim auf die Generalsekretäre eingegangen ist, möchte ich auf den Karfreitag eingehen und hier noch einmal die Frage in den Raum stellen, was der Karfreitag eigentlich ist. Am Karfreitag gedenken Christen auf der ganzen Welt des Leidens und Sterbens Jesu Christi. Für evangelische Gläubige und Altkatholiken ist es der höchste kirchliche Feiertag des Jahres. (Anhaltende Zwischenrufe bei der FPÖ.) Doch durch Ihre Vorgehensweise, durch die Vorgehensweise der türkis-blauen Regie­rung ist dieser Karfreitag zu einem Symbol arbeitnehmerInnenfeindlicher Politik gewor­den, einem Symbol Ihrer Politik, bei der Minderheitenrechte nicht gewahrt werden und


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Arbeitszeitverlängerungen am laufenden Band produziert werden. (Abg. Neubauer: Das ist reiner Klassenkampf, was Sie betreiben!)

Sie hatten eine wirkliche Chance, hier den klaren Empfehlungen des EuGH zu folgen und diesen Feiertag für alle gleichermaßen zu gewähren, doch Sie folgen eins zu eins den Empfehlungen des Handelsverbandes und haben sich für die schlechteste aller Varianten entschieden: Sie streichen für alle Evangelischen und Altkatholiken diesen Feiertag und gewähren aber weiterhin Privilegien für viele andere. (Abg. Rosenkranz: Sie haben nicht einmal das Erkenntnis verstanden!)

Eines ist schon allerhand – und jetzt geht es um das Beamtendienstrecht –: Sie beschließen diese Katastrophenregelung, fügen aber in der Ausschussdebatte sofort hinzu, dass Sie als Minister gegen Ihre eigene gesetzliche Regelung mittels Erlässen vorgehen werden und einerseits den Feiertag streichen, aber andererseits die Privile­gien für einige wenige wieder belassen.

Ich sage Ihnen eines, Herr Minister: Ich gönne jedem Arbeitnehmer und jeder Arbeit­nehmerin jede zusätzliche freie Stunde, aber gläubigen Minderheiten einen Feiertag wegzunehmen und für einzelne Berufsgruppen Sonderregelungen zu gewähren, ist an Doppelmoral nicht zu überbieten. (Beifall bei der SPÖ.)

Das, was Sie in Ihrer Kampagne zur Arbeiterkammer machen, ist Folgendes: Sie diffa­mieren diese Kammer, die 365 Tage im Jahr für ArbeitnehmerInnenrechte da ist, die dafür sorgt, dass die Rechte der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer gegen genau diese Vorgehensweisen gestärkt werden. Sie als FPÖ diffamieren sie in Schmutz­kübelkampagnen ... (Ruf bei der FPÖ: Nein, nein, nein, nein, nein! – Abg. Höbart: ... um die Dringliche!)


Präsidentin Anneliese Kitzmüller: Frau Abgeordnete, ich muss Sie um den Schluss­satz bitten, denn wir  müssen zur Behandlung des Dringlichen Antrages kommen.


Abgeordnete Melanie Erasim, MSc (fortsetzend): Ihnen geht es um Privilegien, um Millionen für Generalsekretäre, um Millionen für aufgeblähte Ministerbüros. (Abg. Gudenus: ... Krankenhaus Nord!) Geben Sie denen etwas zurück (Ruf bei der FPÖ: Ja, ja!), die wirklich für den Reichtum Österreichs verantwortlich sind, nämlich den Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern! (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Gudenus: Energetiker!)

15.00


Präsidentin Anneliese Kitzmüller: Ich unterbreche nun die Verhandlungen über den Tagesordnungspunkt 9, damit die verlangte Behandlung eines Dringlichen Antrages gemäß der Geschäftsordnung um 15 Uhr stattfinden kann.

Die Abstimmung über Tagesordnungspunkt 9 findet nach der Behandlung des Dring­lichen Antrages statt.

15.01.50Dringlicher Antrag

der Abgeordneten Dr.in Pamela Rendi-Wagner, MSc, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Die Bundesregierung muss Farbe bekennen: Solidarische Finan­zierung aus den öffentlichen Budgetmitteln statt neuer Belastungen durch eine Pflegeversicherung!“ (666/A)(E)


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka (den Vorsitz übernehmend): Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich begrüße auf der Regierungsbank den Herrn Bundeskanzler, den Herrn Vizekanzler, Frau Bundesministerin Hartinger-Klein und Herrn Bundesminis­ter Dr. Moser.


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Wir gelangen zur dringlichen Behandlung des Selbständigen Antrages 666/A(E).

Da dieser inzwischen allen Abgeordneten zugegangen ist, erübrigt sich eine Verlesung durch den Schriftführer.

Der Dringliche Antrag hat folgenden Wortlaut:

Die Finanzierung der Pflege- und Betreuungsleistungen ist eine der größten Heraus­forderungen unserer Zeit.

Mehr als fünf Prozent der ÖsterreicherInnen brauchen Pflege. Statistisch gesehen ist jede vierte Familie hierzulande mit der Problematik der Hilfsbedürftigkeit Angehöriger unmittelbar konfrontiert.

Derzeit beziehen rund 450.000 Personen Pflegegeld und leisten für Pflege- und Betreuungsleistungen einen Eigenbeitrag von rund 600 bis 700 Mio. Euro.

Die Gesamtausgaben (Staat und Privat) für Pflege und Betreuung belaufen sich in Österreich Ende 2018 bei rund 5,7 Mrd. €: Bund und Länder je rund 2,5 Mrd Euro und Privatleistungen rund 650 Mio Euro.

Der Fiskalrat hat in einer Pressemitteilung vom 4.7.2017 errechnet, dass von 2015 auf 2030 die gesamtstaatlichen Nettoausgaben (Bruttoausgaben abzgl. Privatanteil) von 1,3% des BIP auf 1,4 bis 1,9% steigen. Im Worst-Case Szenario steigen die Pflege­kosten also in 15 Jahren um rund 45% (d.h. real um 2,5% p.a.). Ausgehend von diesem Szenario würden die Pflegekosten von rund 5,7 Mrd. Euro im Jahr 2018, real auf rund 7,7 Mrd. Euro im Jahr 2030 steigen.

Unterstellen wir eine Inflationsrate von 2% so steigen die nominellen Kosten für die Pflege jährlich um rund 4,5%. D.h. um rund 270 Mio. Euro pro Jahr. Dem steht ein nominelles Wachstum der staatlichen Einnahmen (siehe Strategiebericht der Bundes­regierung) von rund 3% gegenüber. Es verbleibt somit ein Delta von 1,5% oder knapp 90 Mio. Euro jährlich.

So gesehen also eine Herausforderung, der unser Sozialstaat mit Sicherheit ge­wach­sen ist.

Was aber macht die schwarz/blaue Bundesregierung?

•             Die schwarz/blaue Bundesregierung schreibt zur Finanzierung der Pflege folgendes in ihrem Regierungsprogramm:

„Zusammen.

Für unser Österreich.

Regierungsprogramm 2017 – 2022

Seite 119 

Nachhaltige Qualitätssteigerung bei Pflege und Betreuung

Pflege und Betreuung ist für alle Menschen in Österreich in bestmöglicher Qualität nachhaltig sicherzustellen. Mit einem klaren Bekenntnis zur Steuerfinanzierung aus einer Hand muss garantiert werden, dass das Geld bei den Menschen ankommt und nicht in den Strukturen versickert…“

•             Die schwarz/blaue Bundesregierung veranstaltet sehr medienwirksam einen so genannten „Pflegegipfel“. Das Ergebnis: sehr vage und unkonkret:

„Hartinger-Klein betonte vor Beginn der Veranstaltung, eine allfällige Pflegever­siche­rung dürfe "sicher nicht privat" kommen. Es solle entweder ein steuerfinanziertes


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System oder eines ähnlich der Sozialversicherung geben, sagte sie.“ (APA0274 II, CI 21.03.2019)

Auch FPÖ-Klubobmann Walter Rosenkranz sah dies ähnlich: Keine Option sei etwa eine Pflegeversicherung nach deutschem Vorbild, "das ist gescheitert", sprach er sich klar gegen eine Versicherungspflicht (wie etwa bei der KfZ-Versicherung) aus. Ob es letzten Endes ein rein steuerfinanziertes System oder ein Sozialversicherungs-Modell werden soll, sei nicht die entscheidende Frage, sagte der Klubchef am Rande der Veranstaltung zur APA. (APA0274 II, CI 21.03.2019)

VP-Klubobmann August Wöginger meinte beim Pflegegipfel: „Die Ministerin hat auch eine Studie diesbezüglich auch in Auftrag gegeben, was das Schlagwort ‚Pflegever­siche­rung‘ anbelangt. Ich glaube, wir müssen hier diesbezüglich offen sein und einen breiten Diskussionsprozess zulassen.“ (21.3.2019, ORF-III-Livestream, 27:46–28:30min)

Er will sich auch nicht auf ein bestimmtes Modell festlegen: „Es geht darum, wie die steigenden Kosten im Pflegebereich in Zukunft abgedeckt werden sollen und da „wollen wir nicht von vornherein sagen, nur das ist das richtige Modell, sondern uns geht es um die Absicherung der Pflege in finanzieller Hinsicht und wir wollen uns alle Modelle anschauen.“ (vgl. ORF Hohes Haus, 24.3.2019)

Bundeskanzler Sebastian Kurz hält sich alle Optionen offen: „Wir schauen uns Modelle in aller Welt an und wollen ein System finden, das bestmöglich zu Österreich passt und eine nachhaltige Finanzierung sicherstellt", so Kurz. Die studierten Modelle reichten von einer Pflegeversicherung über eine Steuerzweckwidmung bis hin zu einer reinen Budgetfinanzierung. (APA 259, 18.3.2019)

•             Die schwarz/blaue Bundesregierung hält ihre verschriftlichen Versprechen nicht einmal eine halbe Legislaturperiode. Kein klares Bekenntnis mehr zur Steuerfinan­zierung aus einer Hand.

Die Einführung einer Pflegeversicherung nach Sozialversicherungsmodell würde be­deuten, dass alle Pflichtversicherten einen prozentuellen Beitrag ihres Einkommens zu leisten hätten. Wenn man nunmehr die Pflege- und Betreuungskosten von rund 5,7 Mrd. Euro in Pflichtbeiträge der rund 4,1 Mio. Erwerbstätigen umwandelt, ergäbe sich ein durchschnittlicher jährlicher Beitrag und somit eine zusätzliche Belastung von rund 1.400 Euro pro Jahr für jeden Versicherten.

Das kann und darf nicht die Lösung der Finanzierungsfrage in der Pflege sein!

Der Staat hat genug Geld, um die Pflege zu finanzieren. Die Menschen müssen nicht durch eine zusätzliche Pflegeversicherung belastet werden!

Weniger Eigenwerbung der Regierung und weniger Personal in den Ministerbüros, schon ist ein großer Teil der notwendigen Pflegefinanzierung gesichert.

Es bedarf eines Pflegsystems, das Sicherheit und Verlässlichkeit bietet und auf soli­den, finanziellen, durch öffentliche Budgetmittel finanzierten Beinen steht. Die Men­schen in unserem Land haben sich das verdient.

Die unterfertigenden Abgeordneten stellen daher nachstehenden

Entschließungsantrag

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesregierung wird aufgefordert, entsprechend dem eigenen Regierungs­pro­gramm sicherzustellen, dass in Zukunft alle Pflegeleistungen ausschließlich aus den


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öffentlichen Budgetmitteln und keinesfalls über eine Pflegeversicherung jedweder Art finanziert werden.“

In formaler Hinsicht wird verlangt, diesen Antrag im Sinne des § 74a Abs. 1 iVm § 93 Abs. 1 GOG-NR zum frühestmöglichen Zeitpunkt zu behandeln und einem Antrag­stel­ler/einer Antragstellerin Gelegenheit zur mündlichen Begründung zu geben.

*****


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Ich darf nunmehr Frau Klubobfrau Rendi-Wagner das Wort erteilen. – Bitte.


15.02.40

Abgeordnete Dr. Pamela Rendi-Wagner, MSc (SPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Bundeskanzler! Sehr geehrte Bundesregierung! Hohes Haus! Sehr geehrte Damen und Herren! Wir haben heute einen Dringlichen Antrag zur Pflege­finanzierung eingebracht. Warum? – Wir haben ihn eingebracht, weil wir Klarheit wol­len, und wir wollen, dass FPÖ und ÖVP, dass die Bundesregierung endlich Farbe be­kennen.

Die Frage ist: Können sich alle Menschen in Zukunft in Österreich darauf verlassen, bei höchster Qualität gepflegt zu werden? Können sie sich sicher sein, dass die Finanzierung der Pflege keine neuen Belastungen, finanzielle Belastungen für sie bringt? Oder wird die Pflegefinanzierung künftig mit einer sogenannten Pflegever­sicherung zu einem weiteren schwarz-blauen Belastungspaket für die Menschen? (Abg. Belakowitsch: Was heißt „zu einem weiteren“?)

Die diesbezüglichen Widersprüche innerhalb der Koalition in den letzten Wochen und Monaten verunsichern die Menschen jeden Tag mehr. (Ruf bei der FPÖ: Sie verun­sichern die Menschen!) Was die Menschen verdient haben, ist Gewissheit, ist Klarheit, dass jemand im Bedarfsfall, im Pflegefall auf sie schaut, sie pflegt und die Angehörigen bestmöglich unterstützt. (Beifall bei der SPÖ sowie der Abg. Zadić.) Es ist eine sichere und verlässliche Pflege in allen Lebenslagen, die sich Menschen für sich selbst wünschen und natürlich auch für ihre Angehörigen.

Herr Bundeskanzler, schauen wir uns an, was Sie in Ihrem Regierungsprogramm niedergeschrieben haben. Sie bekennen sich dort in Sachen Pflege ganz klar zu einer Steuerfinanzierung aus einer Hand. Sehr geehrte Damen und Herren von ÖVP und FPÖ, da können wir nur zustimmen. Glauben Sie mir, das wird in dieser Legislatur­periode nicht sehr oft passieren, dass ich Sie auffordere, zu Ihrem Regierungs­pro­gramm – zumindest, was diesen Punkt betrifft – zu stehen. Die ÖVP hat in den letzten Wochen und Monaten durch ihre Aussagen aber erkennen lassen, dass sie offenbar andere Pläne hat, als es im Regierungsprogramm steht, und offenbar andere Pläne hat als der Koalitionspartner FPÖ.

Ich erinnere mich, dass auch Sie, Herr Bundeskanzler, in einem Interview am 15. Dezember letzten Jahres die Pflegeversicherung als ein Modell bezeichnet haben, dass Sie sich grundsätzlich gut vorstellen können. Ich erinnere mich auch an August Wöginger, den Klubobmann, der letzte Woche – wir waren alle gemeinsam beim Pflegegipfel, zu dem Frau Bundesministerin Hartinger geladen hat – gesagt hat, man müsse bezüglich einer Pflegeversicherung offen sein.

Erstens weiß niemand so recht, was sich hinter dem Wort Pflegeversicherung ver­bergen soll. Ich frage mich auch, was die FPÖ dazu sagt. Sie tendieren doch – das war am Donnerstag beim Pflegegipfel auch zu hören – Richtung steuerfinanziertes Pflege­system. Sehr konkret war es am Ende des Tages allerdings auch nicht, und ein paar


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Hintertüren sind doch auch offen geblieben. (Abg. Neubauer: Am Ende des Tages waren Sie gar nicht mehr dort!) Es ist in Aussage und Definition weit von Klarheit entfernt. Ich frage mich, sehr geehrte Abgeordnete von FPÖ und ÖVP, haben Sie sich von Ihrem Regierungsprogramm ausnahmsweise doch verabschiedet? Das wollen wir heute erörtern.

Worum geht es? – Es geht um eine klare Aussage. Es geht darum, dieses Thema und die Entscheidung dazu nicht auf die lange Bank zu schieben, sondern klare und schnelle Lösungen zu finden, denn die Anforderungen steigen, die Herausforderung steigt von Tag zu Tag. Das ist eigentlich eine gute Nachricht, denn dahinter steckt, dass wir alle immer älter werden. Die absolute Lebenserwartung steigt, in der Gesund­heitsversorgung wurde in den letzten Jahrzehnten offenbar etwas richtig gemacht. Das ist gut so, aber damit steigt natürlich die Herausforderung für Politik und Gesellschaft, in unserem Land die Pflege für alle und in Würde zu gewährleisten.

Ich glaube, es wird Ihnen nicht gelingen, qualitativ hochwertige Pflege sicherzustellen, wenn das Fundament dafür, nämlich ein einheitliches und sicheres Finanzierungs­konzept, fehlt. Wir haben dazu bisher abgesehen von Ihrem Regierungsprogramm und vielen mündlichen Aussagen, die sich davon entfernen, keine klare Aussage. Die Frage ist: Was gilt nun? Gilt das schwarz-blaue Regierungsprogramm, gilt, was die ÖVP sagt? Übrigens war das schwarz-blaue Regierungsprogramm in den letzten 15 Monaten so etwas wie die Bibel der Regierung. Ich frage mich, was mit dem Glaubensbekenntnis jetzt ist, wenn es um das Thema der Pflegefinanzierung geht.

Was sagt die ÖVP dazu? Was sagt die FPÖ dazu? Oder ist es erneut ein Versuch, durch Tarnen und Täuschen ein Belastungspaket für die Österreicherinnen und Öster­reicher vorzubereiten?

Ja, die Herausforderungen hinsichtlich einer qualitativ guten Pflege steigen von Tag zu Tag, aber wir alle – als Politik, als Gesellschaft, als Individuen – müssen diese Heraus­forderung meistern, denn sie betrifft uns selbst früher oder später und indirekt durch die Pflege unserer Angehörigen. Wir alle wissen, dass eine gesicherte Finanzierung möglich ist, wenn der politische Wille dazu da ist.

Das Geld ist auch da, denn wir sehen, was Sie in den letzten Monaten ausgegeben haben. Wir sehen, wie viel Sie für PR und Marketing Ihrer Kabinette ausgeben, wie viel die Generalsekretäre, die ohne Ausschreibung in alle Ministerien gesetzt wurden, kosten. Das Geld ist also da. Wir sagen: Verwenden wir dieses Geld für die Menschen in diesem Land! (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten von JETZT.)

Wenn wir über Pflege diskutieren, auch unter Experten, dann sollten wir darauf achten, dass wir Menschen, die Pflege benötigen, niemals als Problemfälle bezeichnen. Sie sind kein Problem unserer Gesellschaft, sie gehören dazu, wie das Altern zum Leben dazugehört. Sie sind Menschen, die es verdient haben, gut und in Würde zu altern, aber im Fall einer Pflegebedürftigkeit brauchen sie eben Unterstützung. Auf diese Unterstützung und ihre Familien müssen sich die Menschen, die in diese Situation geraten, verlassen können, und an dieser Stelle kommt die Politik ins Spiel. Es ist ganz einfach.

Erst vor ein paar Tagen gab es eine Wifo-Studie, die ganz aktuelle Daten auf den Tisch gelegt hat. Diese besagt, bis 2030 werden gut 24 000 zusätzliche Pfleger und Pflege­rinnen in Österreich benötigt werden, eine hohe Zahl, und bis 2050 sind es laut den Berechnungen mehr als doppelt so viele Pfleger und Pflegerinnen. Man muss heute vorsorgen, um dieser Herausforderung zu begegnen. Ich sage Ihnen, sehr geehrte Damen und Herren, lassen Sie die Menschen in diesem Land nicht allein, sie benö­tigen unsere Unterstützung! (Beifall bei der SPÖ sowie der Abg. Zadić.)


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Unterstützen wir jene Menschen, die ihre Angehörigen pflegen, unterstützen wir jene, die in der mobilen Pflege arbeiten, die in der stationären Pflege arbeiten, in den Pflege­heimen. Zeigen wir ihnen allen, den Angehörigen und den im Pflegebereich Berufs­tätigen, dass wir an ihrer Seite stehen und dass wir wissen, was sie jeden Tag und vor allem auch in der Nacht – Pflege ist ein beinhartes Geschäft und beinharte Arbeit in der Nacht – leisten. Zeigen wir ihnen, dass wir an ihrer Seite stehen, weil wir wertschätzen, dass sie einen wichtigen Beitrag für den Zusammenhalt in unserer Gesellschaft leisten.

Beim Pflegegipfel am Donnerstag letzter Woche haben wir bereits diskutiert, und ich habe dabei grob umrissen, was aus Sicht der Sozialdemokratie für die Pflegever­sorgung der Zukunft notwendig ist. Aus unserer Sicht braucht es Verlässlichkeit und Sicherheit. Es braucht eine staatliche Finanzierung durch einen sogenannten Pflege­garantiefonds. Es braucht – und das gibt es bislang nicht – bundesweit einheitliche Rahmenvorgaben für Qualität, und es braucht endlich eine systematische Unter­stüt­zung für alle Betroffenen und Angehörigen.

Wozu brauchen wir einheitliche Qualitätsvorgaben? – Wir brauchen sie, weil wir in Österreich derzeit neun unterschiedliche Pflegesysteme haben. Es hängt davon ab, ob Sie in Wien altern, in Niederösterreich oder in Tirol, mit unterschiedlichen Qualitäts­standards im Pflegesystem von Bundesland zu Bundesland. Ich sage aber, alle Öster­reicherinnen und Österreicher haben sich eine gute Pflege verdient, in gleich hoher Qualität, egal wo. Genau das können wir nur gewährleisten, wenn es eine stabile staatliche Pflegefinanzierung durch einen Pflegegarantiefonds gibt – Stichwort Pflege aus einem Topf, in dem Ländermittel und Bundesmittel zusammengefasst werden. Es darf nämlich keinen Unterschied machen, wie groß das Vermögen ist, das man hat, oder wie hoch die Pension ist, ob man in Tirol oder in Niederösterreich gepflegt wird. (Beifall bei der SPÖ.)

Über diesen Pflegegarantiefonds – indem wir alle finanziellen Mittel, die es vonseiten des Staates gibt, in einen Topf geben – können wir steuern, dass es in Österreich bundesweit einheitliche Qualitätsstandards in der Pflege gibt. Unsere Aufgabe und Ansage dafür ist ganz klar: Das Geld muss dorthin fließen, wo Qualität erreicht wird.

Wir müssen auch damit aufhören, in der Pflegedebatte so zu tun, als gäbe es nur die stationäre Pflege auf der einen Seite und die Pflege daheim auf der anderen Seite. Menschen haben ganz unterschiedliche Bedürfnisse. Sie haben unterschiedliche Fami­lien, unterschiedliche Erkrankungen, sie haben unterschiedliche Ressourcen. Genauso flexibel, individuell und unterschiedlich müssen auch die Pflegemodelle werden. Das sind sie derzeit nicht, deswegen braucht es überall in Österreich gleich hohe Qualität, angepasst an die jeweiligen Lebensrealitäten der zu Pflegenden und ihrer Familien.

In dieser Pflegedebatte dürfen wir auch auf die Angehörigen nicht vergessen, auf die Familien selbst, die das wichtigste Umfeld für die zu Pflegenden sind. Jemanden zu pflegen, selbst zu pflegen oder diese Pflege selbst zu organisieren, ist eine wahre Mammutaufgabe und ein behördlicher Hürdenlauf; deswegen müssen wir die Ange­hörigen in dieser emotional schwierigen Situation vom ersten Tag an unterstützen und durch bundesweit einheitliche Pflegeservicestellen begleiten. (Beifall bei der SPÖ so­wie der Abg. Zadić.)

Wir dürfen eines nicht vergessen, nämlich dass ein Drittel der pflegenden Angehörigen berufstätig ist, und wir dürfen auch nicht vergessen, dass es dabei in 90 Prozent der Fälle um Frauen geht, die diese Doppelbelastung und oft Dreifachbelastung – weil es Kinder im Haushalt auch noch gibt – zu schultern haben, die dadurch gezwungen wer­den, von einem Tag auf den anderen aus Berufstätigkeit und Erwerbstätigkeit auszu­steigen und vielleicht auf ihre Pensionsansprüche zu verzichten. Ja, Frauen und Angehörige werden von einem Tag auf den anderen aus ihrer Erwerbstätigkeit ge-


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drängt. Das Engagement für die Pflege darf aber nicht von der Zustimmung oder dem Goodwill des Arbeitgebers abhängig sein. Wir sagen, die Möglichkeit, Pflegekarenz oder Pflegeteilzeit in Anspruch zu nehmen, reicht nicht aus. Es braucht endlich einen Rechtsanspruch für alle Angehörigen. (Beifall bei der SPÖ.)

Letzte Woche beim sogenannten Pflegegipfel habe ich vor allem eine Frage gestellt – wir haben alle gut diskutiert, darüber besteht kein Zweifel –, die zentrale Frage war: Was passiert am Tag danach? Am Tag nach dem Pflegegipfel müssen nämlich endlich Taten folgen. Wir haben keine Zeit mehr. Diese Herausforderung wächst von Tag zu Tag und wird seit 15 Monaten auf die lange Bank geschoben, denn erst im Okto­ber 2018 haben Sie, Herr Bundeskanzler, angekündigt (Zwischenruf des Abg. Wöginger), dass es bis Ende 2018 – Dezember 2018 – ein Pflegekonzept geben wird.

Jetzt ist März 2019. Wir haben kein Pflegekonzept, und jetzt werden wir seitens der Bundesregierung auf das Jahresende 2019 vertröstet. Mit jedem Tag, an dem nichts passiert und keine Lösungen auf dem Tisch liegen, wird diese Herausforderung größer. Mit jedem Tag, an dem nichts passiert, verschärft sich das Problem, und mit jedem Tag, an dem Sie sich, sehr geehrte Damen und Herren von FPÖ und ÖVP, uneinig sind, wie die Finanzierung abzusichern ist, steigt die Verunsicherung in der Bevölke­rung. (Beifall bei der SPÖ sowie der Abg. Zadić.)

Ich sage, wir alle sind von diesem Thema betroffen, wir alle altern und werden gepflegt werden müssen. Menschen haben ein Recht darauf, Antworten und Verlässlichkeit seitens der Politik einzufordern.

Ja, wir geben Ihnen heute die Möglichkeit, Farbe zu bekennen. Stehen Sie zu Ihrem eigenen Regierungsprogramm? Stehen Sie zu der dort festgeschriebenen Steuerfinan­zierung der Pflege, oder fallen Sie um? Bekennen Sie sich dazu, einer Pflegever­sicherung eine Absage zu erteilen? Bekennen Sie sich dazu, einem Belastungspaket für die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer eine klare Absage zu erteilen, oder fallen Sie auch in dieser Frage um?

Heute haben Sie die Möglichkeit, zu zeigen, was Ihr Wort und Ihr Regierungs­pro­gramm Ihnen wirklich wert sind. Wir und die Österreicherinnen und Österreicher wer­den Sie daran messen. – Vielen Dank. (Beifall bei der SPÖ sowie der Abg. Zadić.)

15.18


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Ich darf die Schülergruppe der Rudolf-Steiner-Landschule in Schönau recht herzlich bei uns im Hohen Haus begrüßen. Herzlich willkommen! (Allgemeiner Beifall.)

Zu Wort gemeldet ist nun der Herr Bundeskanzler. – Bitte.


15.19.16

Bundeskanzler Sebastian Kurz: Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Schülerinnen und Schüler auf der Besuchergalerie! Sehr geehrte Damen und Herren Abgeordnete! Liebe Kollegen in der Bundesregierung! Vielen Dank für die Möglichkeit, mit Ihnen heute das Thema Pflege zu diskutieren, das, wie Sie wissen, eines der drei Schwer­punktthemen der Bundesregierung im Jahr 2019 ist.

Wir haben uns neben den Themen Digitalisierung und Steuerentlastung ganz bewusst dieses Thema ausgewählt, weil wir der festen Überzeugung sind, dass es ein Thema ist, dem wir uns widmen müssen, bei dem es Luft nach oben gibt, bei dem es die Mög­lichkeit gibt, einiges zu verbessern, eine nachhaltige Finanzierung sicherzustellen und viele Menschen in Österreich zu unterstützen, die pflegebedürftig sind, aber auch diejenigen zu unterstützen, die als pflegende Angehörige Verantwortung in unserer Ge­sellschaft übernehmen.


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Ich darf vielleicht einleitend kurz auf die Zahlen eingehen: Es gibt rund 450 000 pfle­gebedürftige Menschen in unserem Land, rund 940 000 Angehörige pflegen und betreuen. Sie machen das teilweise in der Pension, teilweise aber neben dem Job, neben der Erwerbstätigkeit. Sie leisten Unglaubliches, und sie haben sich Dank und Anerkennung, aber auch Unterstützung seitens der Republik verdient.

Hinter jeder einzelnen Person steht ein Schicksal – desjenigen, der pflegebedürftig geworden ist, des pflegenden Angehörigen, der vielleicht nicht weiß, wie er alles unter einen Hut bringen soll: Erwerbstätigkeit, Familie, Kinder und pflegebedürftige Eltern. Hinter jeder einzelnen Zahl stehen Personen, die es schwer genug haben und die man nicht beneiden sollte.

Ich weiß aus meiner eigenen Familie ganz genau, was es auslöst, wenn ein Mensch, der sich immer aufopfernd um die Kinder, Enkelkinder und Urenkelkinder gekümmert hat, plötzlich auf Unterstützung und Hilfe angewiesen ist; was das bei diesem Men­schen auslöst, was das aber auch bei den Kindern und Enkelkindern auslöst, was sich für die Angehörigen ändert, die auf einmal eine sehr große Verantwortung übertragen bekommen. Gerade deswegen würde ich Sie bitten: Nutzen Sie dieses Thema nicht dazu, Ängste zu schüren, es eignet sich nicht dafür! (Beifall bei ÖVP und FPÖ.)

Es gibt 450 000 pflegebedürftige Menschen, die auf ein funktionierendes System ange­wiesen sind. Es gibt fast eine Million pflegende Angehörige, die auf ein funktionie­rendes System angewiesen sind. Wir können als Republik dankbar dafür sein, was da geleistet wird: vom Pflegepersonal, aber auch von den Angehörigen, die pflegen und betreuen.

Diejenigen, die pflegebedürftig sind und davor ihr Leben lang in unserem Land gear­beitet haben, die etwas geleistet haben und dann in der Pension diesem Risiko aus­gesetzt sind, verdienen unsere Unterstützung. Betreffend all diese Menschen gilt: Es sollte nicht auf ihre Kosten Politik gemacht werden, es sollten nicht Ängste geschürt werden, über die sie dann vielleicht nachdenken, obwohl sie sich mit anderen Themen beschäftigen sollten. Sie verdienen es nicht, dass damit parteipolitisches Kleingeld geschlagen wird. (Beifall bei ÖVP und FPÖ.)

Wenn Sie, Frau Klubobfrau Rendi-Wagner, heute sagen, mit jedem Tag, an dem nichts passiert, werde das Problem größer (Ruf bei der SPÖ: Dann tuts endlich einmal was!), dann muss ich Ihnen sagen: Ich wollte in meiner heutigen Rede eigentlich niemandem einen Vorwurf machen, nicht mit dem Finger darauf zeigen, wer das System ge­schaf­fen hat oder wer vielleicht schuld daran ist, dass man etwas verändern muss. (Zwi­schenruf des Abg. Schieder.) Wenn Sie aber schon sagen, jeder Tag, an dem nichts passiert, mache das Problem größer, muss ich schon einmal ganz kurz darauf hin­weisen, dass für dieses System die Sozialdemokratie verantwortlich ist. (Beifall bei ÖVP und FPÖ. – Rufe bei der SPÖ: Ja, ja!)

Zehn Jahre lang waren sozialdemokratische Minister, die genau dieses System ge­schaffen haben, zuständig. (Abg. Schieder: Das ist jetzt aber auch schon eineinhalb Jahre her!) Ich würde nicht so weit gehen, zu sagen, dass dieses System furchtbar, grauenhaft und schlecht ist und dass jeder Tag, den dieses System so weiterbesteht, ein Riesenproblem darstellt. (Abg. Schieder: Das war ein Kurz-Schluss!) Ich glaube aber sehr wohl, dass wir es besser machen können. Wir als Bundesregierung haben daher den Anspruch, das System zu verbessern, pflegende Angehörige zu unterstüt­zen, zu stärken, ihnen das Leben leichter zu machen. (Abg. Leichtfried: Ja tuts einmal was, nicht nur reden!)

Wir möchten eine nachhaltige Finanzierung gewährleisten, sodass Pflege nicht nur heute, sondern auch morgen und in den nächsten Jahrzehnten möglich ist. Diejenigen, die pflegen beziehungsweise die pflegebedürftig sind, sollen sich sicher sein können,


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dass sie die maximale Unterstützung seitens der Republik erhalten. Was wollen wir also tun? – Da das ein sehr sensibles Thema ist, haben wir uns ganz bewusst dazu entschieden, einen ordentlichen Dialog mit allen Stakeholdern zu führen: mit den Ländern, mit den Gemeinden, mit pflegenden Angehörigen, mit Personen, die im Pflegebereich arbeiten und Expertinnen und Experten sind. (Abg. Schieder: Ich glau­be, es stimmt nicht, weil der Präsident schläft gerade ein!)

Ich darf mich ganz herzlich bei unserer zuständigen Ministerin Beate Hartinger-Klein dafür bedanken, dass sie diesen Prozess aufgesetzt hat und einen breiten Dialog möglich macht. Ich darf mich bei Josef Moser dafür bedanken, dass er – noch aus seiner Zeit im Rechnungshof – sehr viel Expertise einbringt, in welchen Bereichen das System effizienter und funktionaler gemacht werden kann.

Ich darf vielleicht ganz kurz, um Sicherheit zu geben und nicht Ängste zu schüren oder zu verunsichern, darauf eingehen, was unser Ziel ist. (Abg. Heinisch-Hosek: Rechts­anspruch auf Teilzeit!) Zum Ersten: pflegende Angehörige besser unterstützen. Diese Menschen haben unsere Unterstützung verdient. Sie bekommen heute schon Unter­stützung seitens der Republik, aber wir wollen diese Unterstützung weiter ausbauen, um für möglichst viele Menschen vor allem ein Altern in Würde zu Hause sicherzu­stellen. (Beifall bei ÖVP und FPÖ. – Neuerlicher Zwischenruf der Abg. Heinisch-Hosek.)

Zweites Ziel: eine bessere Organisation der Pflege, ein stärker bedarfsorientiertes Angebot. Es gibt verschiedene Möglichkeiten der Pflege: von der Pflege zu Hause bis zum Heim, dazu Zwischenstufen wie Tagesbetreuungsstätten oder auch die Mög­lich­keit der mobilen Pflege. Das wollen wir bestmöglich aufstellen, sodass zum einen sichergestellt ist, dass das Steuergeld ideal eingesetzt ist, zum anderen aber auch eine bestmögliche Betreuung gewährleistet ist.

Zum Dritten: eine ordentliche Ausbildung des Pflegepersonals, weil es wichtig ist, dass es neben den pflegenden und betreuenden Angehörigen auch professionelle Pflege­rin­nen und Pfleger gibt, die die Angehörigen unterstützen, die aber auch in den Pflege­heimen eine ganz wesentliche Aufgabe unserer Gesellschaft wahrnehmen.

Das sind drei Hauptpunkte, an denen wir arbeiten. Darüber hinaus stellt sich natürlich – und das haben Sie richtigerweise angesprochen – die Frage der Pflegefinanzierung. Da wäre unsere Bitte, dass man unideologisch an dieses Thema herangeht, dass man nicht versucht, sofort das eine oder andere System auszuschließen oder schlechtzu­machen. Wir schauen uns gerade weltweit alle unterschiedlichen Systeme an und versuchen, das bestmögliche System für Österreich zu finden, damit wir sicherstellen können, dass eine nachhaltige Finanzierung der Pflege gewährleistet wird. Was ich Ihnen heute versprechen kann, ist, dass wir als Bundesregierung die Steuer- und Abgabenbelastung senken. Es wird also sichergestellt, dass die Menschen in unserem Land nach unserer Regierungszeit weniger Steuern und Abgaben zahlen als vor unserer Regierungstätigkeit. (Beifall bei ÖVP und FPÖ.)

Ich darf daher zum Abschluss eine Einladung aussprechen: Es gibt einen sehr gut aufgesetzten Prozess, in dem wir ganz bewusst den Dialog mit unterschiedlichen Stakeholdern führen und unterschiedliche Meinungen einholen wollen, um dann unideologisch und ganz pragmatisch die besten Ideen auszuwählen. Ich lade Sie ein, sehr geehrte Damen und Herren von der Opposition (Abg. Heinisch-Hosek: Machen Sie jetzt eine Weltreise oder laden Sie uns alle ein?): Beteiligen Sie sich an diesem Prozess, arbeiten Sie bei diesem sensiblen und wichtigen Thema konstruktiv mit! Und ich bitte Sie zum Abschluss: Nutzen Sie dieses Thema nicht, um Ängste in der Bevöl­kerung zu schüren! (Abg. Heinisch-Hosek: Die sind schon da!) – Vielen Dank. (Beifall


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bei ÖVP und FPÖ. – Abg. Heinisch-Hosek: Vorige Woche im Sozialausschuss wäre das schon möglich gewesen! – Abg. Schieder: Jetzt ist Pause, oder?)

15.28


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Wir gehen in die Debatte ein.

Ich darf darauf aufmerksam machen, dass die Redezeit nunmehr maximal 10 Minuten beträgt und jeder Fraktion insgesamt 25 Minuten zustehen.

Zu Wort gemeldet ist als Erster Herr Abgeordneter Muchitsch. – Bitte sehr.


15.29.07

Abgeordneter Josef Muchitsch (SPÖ): Herr Präsident! Herr Bundeskanzler! Ge­schätzte Regierungsmitglieder! Das ist ein Thema, bei dem wir eigentlich keinen Populismus brauchen würden, Herr Bundeskanzler. Pflege geht uns alle an. Warum geht sie uns alle an? – Weil niemand davor gefeit ist, dass ihn das Thema selbst einmal betrifft. Die Zahlen sprechen klar für sich: 460 000 pflegebedürftige Menschen und über 900 000 Angehörige, die sich mit diesem Thema befassen. Ich glaube, jeder hier in diesem Raum hat in seinem Umfeld, in seiner Familie aktuell mit Pflege zu tun. In meinem Fall ist es meine Schwester, die meine Mutter seit dem 24. Jänner rund um die Uhr betreut. Den Menschen, die das tagtäglich tun, gebührt höchster Respekt, große Anerkennung und Dankbarkeit dafür, dass sie das tun! (Beifall bei SPÖ, ÖVP und FPÖ sowie bei Abgeordneten von NEOS und JETZT.)

Herr Bundeskanzler, es geht wirklich nicht um Angstmache. Es geht darum, dass wir heute wissen, dass 440 000 – Sie sagen 450 000 – Menschen in Pflege sind. (Abg. Wöginger: 460 000!) – 460 000. Die Zahlen sind ja nicht aktuell angepasst, aber Fakt ist, das sagen alle voraus, dass wir in elf Jahren, also 2030, 600 000 Menschen in Pflege haben werden. Es ist daher schon wichtig, ein durchaus gut funktionierendes System auch weiterzuentwickeln. Ich möchte das jetzige nicht schlechtreden, ich möchte nur eines sagen: Wir müssen dieses System weiterentwickeln, das ist die Bot­schaft.

Fakt ist, dass das Thema Pflege in der Vergangenheit ganz klar eine rote Handschrift getragen hat: sei es die Einführung des Pflegegeldes 1993, sei es die Einführung des Pflegefonds 2011, sei es die Pflegekarenz – all das ist unter sozialdemokratischen Bundesministern geschehen. (Beifall bei der SPÖ. – Ruf bei der FPÖ: Warum macht ihr es dann so schlecht?!)

Wissen Sie, meine sehr geehrten Damen und Herren, Frau Bundesministerin, ich durfte auch bei diesem Pflegegipfel am 21. März dabei sein, und ich habe dort durch­aus von allen politischen Vertretern eine Einigkeit gehört. Ich habe auch genau zuge­hört, was vor allem August Wöginger und Walter Rosenkranz gesagt haben. Am 21. März um 10.18 Uhr hat sich Walter Rosenkranz eindeutig gegen eine Pflegever­sicherung ausgesprochen. Er hat gesagt, dass wir das, was in Deutschland schon gescheitert ist, in Österreich nicht noch einmal zu probieren brauchen. (Abg. Rosenkranz: Ja!) Wir werden die FPÖ diesbezüglich beim Wort nehmen.

Lieber Walter Rosenkranz, du hast ganz klar gesagt, kein Crashtest betreffend die Pflege in Österreich (Abg. Rosenkranz: Richtig!), keine Pflegeversicherung; umso weniger verstehe ich den Widerspruch, der in dieser Koalition herrscht, wenn dann August Wöginger sagt, man müsste sich „die verschiedensten Modelle“ ansehen, wenn der Herr Bundeskanzler in einer APA-Meldung vom 18. März zurückrudert und sagt, man müsse sich schon auch noch andere Systeme anschauen. Sie haben im Koalitionsabkommen auf Seite 119 ein klares Bekenntnis zum staatlich finanzierten Pflegesystem abgelegt – bitte stehen Sie dazu und rudern Sie jetzt nicht wieder zurück!


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Sie haben, Herr Bundeskanzler, die Einladung zur Zusammenarbeit angesprochen: Wir merken von dieser Einladung leider nichts. Am 20. März haben wir als SPÖ im Sozial­ausschuss genau das eingebracht, was Sie mit den vier Punkten heute angesprochen haben. Herr Bundeskanzler, Sie haben drei Hauptziele formuliert – dann bin ich eh schon fertig –: Pflegende noch besser unterstützen, bedarfsorientiertes Angebot auf­stellen, Ausbildung des Pflegepersonals – das sind die drei Hauptpunkte der Bundes­regierung. Wir als SPÖ haben all diese Ziele formuliert, Sie haben dem nicht zuge­stimmt, Sie haben das wieder vertagt! (Abg. Gödl: Das ist ein parteipolitisches Spiel!)

Jetzt gibt es hier heute eine riesengroße Chance. Es gibt ein Koalitionsabkommen, in dem Sie sich auf Seite 119 ganz klar gegen eine Pflegeversicherung aussprechen, und wir alle können heute hier im Hohen Haus gemeinsam den ersten Pflock einschlagen und sagen: Wir wollen keine Angst machen, wir wollen keine Verunsicherung ausüben. Wir alle, alle Parteien hier in diesem Parlament, stehen für ein staatlich finanziertes Pflegesystem. Wenn Sie dazu stehen, stimmen Sie heute dem SPÖ-Entschließungs­antrag zu! (Beifall bei SPÖ und JETZT. – Abg. Schieder: So einfach ginge es! Zustimmen ...!)

15.34


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Klubobmann Wöginger. – Bitte.


15.34.26

Abgeordneter August Wöginger (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Bun­deskanzler! Geschätzte Mitglieder der Bundesregierung! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Wir fragen uns ja schon wochenlang: Erstens, wer schafft an in der SPÖ, und zweitens, wie hätten Sie es denn gerne? (Zwischenruf des Abg. Leichtfried. – Abg. Heinisch-Hosek: Na habts ihr Sorgen!)

Frau Kollegin Rendi-Wagner stellt sich hier ans Rednerpult und fragt, was „am Tag danach“ passiert. Es sei furchtbar und es sei dringend notwendig zu handeln. (Abg. Heinisch-Hosek: Ist es auch! – Weitere Zwischenrufe bei der SPÖ.) Kollege Muchitsch stellt sich ans Rednerpult und sagt, es trage alles die sozialdemokratische Handschrift und alle Errungenschaften seien auf die Sozialdemokratie zurückzuführen. (Ja-Rufe bei der SPÖ.) Liebe Kolleginnen und Kollegen, da wird wieder sichtbar, wie unter­schiedlich die Meinungen sogar in Ihren eigenen Reihen sind, sogar innerhalb von drei Bankreihen. Da habe ich Herrn Doskozil aus dem Burgenland noch gar nicht erwähnt. (Beifall bei ÖVP und FPÖ. – Zwischenrufe bei der SPÖ.)

Eines, Frau Kollegin Rendi-Wagner, muss man aber schon hinterfragen: Wo war die SPÖ wirklich in den letzten elf Jahren? (Ruf bei der SPÖ: Mit euch in der Koalition! – Abg. Heinisch-Hosek: Wir haben eure Angriffe abgewehrt!) – Angeblich im Gesund­heits­ressort und auch im Sozialressort, zumindest war das die Situation. Und jetzt fragen Sie: „Was passiert am Tag danach?“ (Abg. Rendi-Wagner: Abschaffung des Pflegeregresses! – Abg. Drozda: Abschaffung des Pflegeregresses! – Neuerlicher Zwischenruf der Abg. Rendi-Wagner.)

Diese Bundesregierung hat die Pflege als Schwerpunktthema festgelegt. (Abg. Leichtfried: Dann tuts bitte einmal was!) Uns liegen nämlich die Menschen, die zu Hause betreut und gepflegt werden, aber auch jene Menschen, die diese Betreuung und Pflege durchführen, am Herzen, und deshalb ist die Pflege ein Schwerpunktthema dieser Bundesregierung, neben zwei anderen wichtigen Themen. (Abg. Heinisch-Hosek: Was ist mit der Karenz eigentlich?) Im Dezember wurde ein Ministerratsvortrag verabschiedet, der genau diese Punkte beinhaltete. (Ruf bei der SPÖ: Gewaltig!) Und jetzt kommen Sie (in Richtung Abg. Rendi-Wagner) hier ans Rednerpult und fragen:


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„Was passiert am Tag danach?“, weil die Sozialministerin letzten Donnerstag dankens­werterweise einen breiten Diskussionsprozess gestartet hat. (Zwischenruf der Abg. Heinisch-Hosek.)

Wir wollen nämlich einen breiten Diskussionsprozess. Warum? – Weil wir Bund, Länder, Gemeinden, die pflegenden Angehörigen, das Pflegepersonal, alle, die mit der Pflege letzten Endes konfrontiert sind und zu tun haben, einbinden wollen. (Abg. Heinisch-Hosek: Das haben wir immer gemacht!) Das ist der neue Stil dieser Bundesregierung: Wir binden die Menschen beim Thema Pflege ein, und deshalb gibt es auch einen breiten Diskussionsprozess. (Beifall bei ÖVP und FPÖ.)

Derzeit gibt es im Pflegesystem insgesamt 6,5 Milliarden Euro: Bund, Länder, Gemein­den. Wir sind zuständig für Pflegegeld, Pflegefonds, 24-Stunden-Betreuung und auch für den Teil, den wir im Finanzausgleich mitgestalten. Die Gemeinden und die Bundes­länder sind vor allem vor Ort für die mobile Betreuung und für die Heimpflege zustän­dig. Der Eigenanteil jener Menschen, die in Heimen sind, beträgt derzeit rund 1 Milliar­de Euro. 6,5 Milliarden Euro sind also insgesamt im Pflegesystem.

Der Grundsatz dieser Bundesregierung lautet: daheim vor stationär. Über 80 Prozent der zu Pflegenden – das sind rund 460 000 Menschen in Österreich, rund 5 Prozent der Gesamtbevölkerung – werden zu Hause betreut und gepflegt. (Abg. Heinisch-Hosek: Unentgeltlich, von Frauen!) Unser Respekt, unsere Wertschätzung und unsere Hochachtung gelten den pflegenden Angehörigen, die eine ganz wertvolle Arbeit in unserer Gesellschaft leisten. (Beifall bei ÖVP und FPÖ.)

Wir wollen daher in diesem Bereich bestmöglich unterstützen. Da geht es zum Beispiel um die Frage der Anrechnung der Pensionszeiten. Wir haben hier bereits ein Modell ab der Pflegestufe 3 mit 50 Prozent. Viele in der Bevölkerung wissen das gar nicht. Ab der Stufe 4 werden - - (Abg. Heinisch-Hosek: Das haben wir gemacht, nur zur Erinnerung!) – Frau Kollegin Heinisch-Hosek, ich habe ja nicht gesagt, dass alles schlecht wäre. Ihr selber sagt ja, es sei alles so furchtbar und jetzt müsse alles auf der Stelle geändert werden! Wir haben das nicht gesagt! (Abg. Heinisch-Hosek: Nein, das haben Sie schon gesagt!)

Frau Klubobfrau Rendi-Wagner stellt sich ans Rednerpult und sagt, in der Pflege bestehe dringender Handlungsbedarf (Abg. Heinisch-Hosek: Sie haben das gerade gesagt! – weiterer Zwischenruf der Abg. Rendi-Wagner), weil das und das und das nicht passe. Ich sage nicht, dass alles schlecht ist in der Pflege, ich glaube, dass wir in Österreich derzeit durchaus auch gute Modelle haben. (Beifall bei ÖVP und FPÖ. – Abg. Rendi-Wagner: Weiterentwicklung!)

Wir wollen diese aber natürlich weiterentwickeln und eine noch bessere Unterstützung für jene ermöglichen, die diese Betreuung und Pflege zu Hause machen. Es besteht natürlich ein Unterschied zwischen Betreuung und Pflege, und da müssen wir genau hinschauen, was ist Betreuung und was ist wirklich Pflege. Das wollen wir auch in der Struktur und Organisation herausarbeiten.

Beim Pflegepersonal geht es darum, die Lücke bei den 15- bis 17-Jährigen zu schließen, sodass man bald in eine Ausbildung einsteigen kann. Es geht um die Frage, wie wir auch WiedereinsteigerInnen für diesen durchaus herausfordernden Beruf gewinnen können, weil wir natürlich in Zukunft mehr Pflegepersonal benötigen.

Die Frage der Digitalisierung ist ein wesentlicher Bestandteil und ist ja auch ein Schwerpunktthema dieser Bundesregierung, und die Deregulierung gehört auch dazu. Als langjähriger Betriebsrat des Roten Kreuzes, das ungefähr 900 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter im Pflegebereich hat, weiß ich, dass die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter oft gar keine Zeit mehr für die PatientInnen haben, weil die Dokumentationspflichten in


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den letzten Jahren ausgeufert sind. Wir müssen auch die Kontrollsysteme dort, wo doppelt gemoppelt wird, deregulieren. Es ist unsere Aufgabe, da tätig zu werden. (Beifall bei ÖVP und FPÖ.)

Dann, meine Damen und Herren, stellen wir uns der Frage der Finanzierung. Da eines jetzt immer wieder zitiert wird: Was habe ich letzten Donnerstag gesagt? – Dass die Ministerin diesbezüglich eine Studie in Auftrag gegeben hat. Ist es nicht legitim, dass wir diese Studie abwarten, da wir insgesamt 6,5 Milliarden Euro im System haben? (Abg. Heinisch-Hosek: Beim Gesundheitssystem wart ihr schneller mit der Zerschla­gung!) Eine ganz offene Frage: Was ist denn falsch daran, dass wir uns – als politisch Verantwortliche in Österreich – einfach auch Modelle, die es europaweit gibt, ansehen (Ruf bei der SPÖ: Was denn noch ...! – Zwischenruf des Abg. Rossmann) und einmal abwägen: Ist das sinnvoll oder nicht?, oder: Wollen wir das oder wollen wir das nicht? (Zwischenruf des Abg. Noll.) Mehr habe ich nicht gesagt.

Jetzt herzugehen und uns einbetonieren oder einzementieren zu wollen, halte ich für falsch, meine Damen und Herren. Wir starten einen offenen Diskussionsprozess und warten die Ergebnisse dieser Studie natürlich ab, damit wir letzten Endes die beste Lösung für die Österreicherinnen und Österreicher anbieten und umsetzen können. Das ist unser Zugang, auch was die Frage der Finanzierung anbelangt. (Beifall bei ÖVP und FPÖ.)

Meine Damen und Herren, wir haben uns dieses Schwerpunktthema gesetzt. Der Start ist mit der Auftaktveranstaltung sehr gelungen. Wir beginnen jetzt mit einem breiten Diskussionsprozess und laden dazu auch alle, die mit der Pflege in Verbindung stehen, ein. Immerhin sind das rund eine Million Menschen, die zu den pflegenden Ange­hörigen gehören, und 460 000 Menschen, die in Österreich Pflegegeld beziehen.

Ich lade Sie auch namens der Volkspartei ein, sich an diesem Diskussionsprozess zu beteiligen. Der Ministerratsvortrag wurde im Dezember verabschiedet. Er beinhaltet die Grundausrichtung der wesentlichen Punkte, daher brauche ich nicht im März im Sozialausschuss einen Antrag zu beschließen, der schon im Dezember durch den Ministerrat gegangen ist. Ich bitte Sie, sich an der Diskussion zu beteiligen, keine Ängste zu schüren und die Propaganda hintanzustellen. Das wäre bei dem Thema wichtig. (Beifall bei ÖVP und FPÖ. – Abg. Leichtfried: Propaganda hintanstellen wäre gut in eurem Fall!)

15.42


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Frau Abgeordnete Wagner ist zu Wort gemel­det. – Bitte.


15.42.17

Abgeordnete Petra Wagner (FPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Mitglieder der Bundesregierung! Hohes Haus! Jetzt stehe ich vor Ihnen und versuche für mich persönlich einzuordnen, was hier bei einem Thema, das uns alle angeht, gerade passiert. Ich bin mir ziemlich sicher, meine Damen und Herren, dass wir alle dasselbe wollen, nämlich sicherstellen, dass jeder, der pflegebedürftig ist, auch die Betreuung und Pflege bekommt, die er braucht.

Trotzdem scheint es nicht möglich zu sein, dass wir für die Sache an einem Strang ziehen, unsere Kräfte bündeln und gemeinsam das Bestmögliche für jene schaffen, für die wir hier arbeiten, nämlich für unsere Österreicherinnen und Österreicher. (Beifall bei der FPÖ und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Denn was passiert? – Während die Bundesregierung an einem Masterplan Pflege arbeitet, fühlen sich einzelne Parteienvertreter offenbar immer wieder bemüßigt, mit mehr oder weniger ausgegorenen Ideen oder Konzepten vorzupreschen. (Rufe bei der


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SPÖ: Geh, geh, geh!) Ich muss sagen, vorrangig sind es jene Vertreter der Opposition, deren Sozialminister es bis vor Kurzem noch selbst in der Hand gehabt hätten, mit Taten statt Ankündigungen zu überzeugen, aber offenbar ist eben manchen ein rascher medialer Aufmerksamkeitserfolg wichtiger als konstruktive Zusammenarbeit.

Das ist schade (Abg. Heinisch-Hosek: ... die Regierung!), meine Damen und Herren, denn die Bundesregierung, allen voran unsere Bundesministerin, hat mit ihrem Dialog­forum erst vor Kurzem bewiesen (Zwischenruf des Abg. Jarolim), dass sie an einer gemeinsamen Arbeit in breitem Rahmen interessiert ist. (Abg. Leichtfried: Das war jetzt ein ..., da hält der Bundeskanzler eine Rede!)

Es heißt die alte Baustelle Pflege aufzuräumen, und zwar lieber gestern als heute. Seien wir ehrlich, die Probleme, die wir jetzt im Bereich Pflege haben, sind nicht erst vor Kurzem aufgetaucht und bekanntgeworden. Man hat sie nur viel zu lange vor sich hergeschoben. Darum drängt die Zeit, um eine gute Lösung zu finden. Da gebe ich Ihnen recht. (Zwischenruf des Abg. Jarolim.) Es soll sich kein Mensch Fragen stellen müssen wie: Was passiert, wenn ich Pflege brauche? Ist jemand da, der mich pflegt? Kann ich mir die Pflege leisten? Genau das ist unsere Aufgabe, meine Damen und Herren, den Menschen diese Sorgen zu nehmen.

Diese Bundesregierung ist sich dieser Verantwortung bewusst. Wir stellen uns dieser Aufgabe und packen sie an. Wir arbeiten an einer ganzheitlichen Lösung, wir arbeiten am Masterplan Pflege. Es wurden auch bereits wichtige Schritte gesetzt, etwa die Sicherstellung der Finanzierung des entfallenen Pflegeregresses, damit Pflegebedürf­tige und ihre Angehörigen auch weiterhin keine Angst um das eigene Ersparte haben müssen.

Mit einem neuen Gütesiegel für Vermittlungsagenturen wurde ein wichtiger Schritt zur Qualitätssicherung in der 24-Stunden-Betreuung gesetzt. (Zwischenruf bei der SPÖ.) Die längst überfällige Erhöhung des Pflegegeldes ist paktiert, und auch eine neue Pflegehotline wird den Betroffenen als Unterstützung angeboten. Das sind schon erste Schritte in die richtige Richtung, und ich würde mir wünschen, dass diese Bundes­regie­rung und unsere Sozialministerin bei ihrer Aufgabe, Lösungen zu finden, die best­mögliche Unterstützung aller bekommt, weil es bei der Pflege um mehr als um Partei­politik geht. (Beifall bei FPÖ und ÖVP.)

Es geht um die Pflegezukunft der Menschen, für die wir hier sitzen, jene Menschen, die sich darauf verlassen, dass wir für sie die besten Lösungen finden, und das, meine Damen und Herren, tun wir auch. – Danke schön. (Beifall bei FPÖ und ÖVP.)

15.46


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Herr Abgeordneter Loacker ist zu Wort gemel­det. – Bitte.


15.46.14

Abgeordneter Mag. Gerald Loacker (NEOS): Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Bundeskanzler! Geschätzte Mitglieder der Bundesregierung. Es wäre nicht Österreich, wenn nicht die Dinosaurierparteien ÖVP, SPÖ und FPÖ zuerst über die Finanzierungs­konzepte sprächen (Ruf bei der FPÖ: Da seid ihr in Richtung Mauspartei unterwegs!), bevor sie über effiziente Modelle der Pflegestrukturen sprechen. Es wird auch gleich eine Festlegung getroffen; man hat sich im Rahmen des Pflegeforums des Sozial­ministeriums gleich festgelegt, was alles ganz sicher nicht in Frage kommt.

Es kommt eine Versicherungslösung nicht infrage, und das zieht sich von der SPÖ bis hin zur Wirtschaftskammer durch, auch Herr Gleitsmann hat gesagt, es komme über­haupt nicht infrage. Man hat sich gleich einmal einzementiert, bevor man überhaupt darüber nachgedacht hat, was ein Pflegesystem leisten soll, was es können soll, was


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es bieten soll, anstatt sich das vorher zu überlegen: Wenn es das und das können soll, dann organisieren wir es auf diese Weise und finanzieren es in einem dritten Schritt.

Wenn wir bis 2060 mit einer Verdoppelung der Pflegeausgaben rechnen müssen, wer­den Sie mit dem Zugang, den Sie hier gewählt haben, nicht weit hüpfen. Da kann der Herr Bundeskanzler das Wort bestmöglich in seine Rede einbringen, es wird an den Tatsachen auch nichts ändern.

Die Parlamentsdinosaurier haben es auch nicht geschafft, mit ihren Landesfürsten darüber zu reden, wie die Pflegestrukturen ausschauen sollen. Man hat es bei der Ab­schaffung des Pflegeregresses gesehen. Damals hat ja die ÖVP behauptet, die Abschaffung des Regresses koste 100 Millionen Euro im Jahr. Man musste kein Experte sein, um zu sehen, dass diese 100 Millionen Euro nicht reichen, aber man hat es behauptet. Es langt jetzt auch vorne und hinten nicht. Die Länder haben dem ganzen Salat im Bundesrat zugestimmt – einstimmig hat der Bundesrat die Abschaf­fung des Pflegeregresses beschlossen! –, und nachher sind dieselben Länder gekom­men und haben gesagt: Oh, mimimi, uns reicht das Geld nicht!

Es geht aber immer nur ums Geld, die Strukturen werden gleich belassen, und man schüttet noch mehr Geld in Strukturen, von denen wir sehen, sie funktionieren so auf Dauer nicht. Keiner ist bereit, an diesen Strukturen etwas zu ändern.

Jetzt ist der Pflegeregress abgeschafft und wir beobachten interessanterweise einen Run auf die Pflegeheime. Wir sehen bereits, dass beispielsweise die Zuschüsse für die 24-Stunden-Betreuung zurückgehen, weil weniger Menschen zu Hause und mehr in den Heimen sind. Bei den Ländern laufen die Kosten aus dem Ruder, aber Klubobmann Wöginger sagt: Das Wichtigste ist Pflege daheim vor stationär. Dann frage ich mich: Wo? Bei der Pflege daheim gibt es den Regress natürlich nach wie vor. Wenn jemand Pflegeleistungen zu Hause in Anspruch nimmt, gilt der Regress nach wie vor, nur im Heim gilt er nicht. Es ist von dieser Bundesregierung auch eine Erhöhung des Pflegegeldes ab Stufe 4 angekündigt worden. Ja, aber ab Stufe 4 ist die Wahrscheinlichkeit hoch, dass man bereits im Heim ist. Diejenigen zu Hause sind in den allermeisten Fällen in Pflegestufe 1, 2 und 3. Sie bekommen keine Erhöhung. Was soll da daheim vor stationär bedeuten? – Das sind doch alles leere Floskeln. Es wird einem beim Zuhören schlecht. (Beifall bei den NEOS.)

Für die Zuhörerinnen und Zuhörer: Warum haben die Menschen nichts davon, wenn ab Pflegestufe 4 erhöht wird? – Das geht eins zu eins an die Länder, denn wenn die Menschen ab Stufe 4 aufwärts in den Pflegeheimen sind, bekommt das Pflegegeld der Träger des Heimes und nicht der Pflegebedürftige. Damit stopfen die Regierungs­par­teien nur wieder jenes Loch, das sie bei der Abschaffung des Pflegeregresses selbst aufgerissen haben. Den Menschen aber wird erklärt: Oh, wir tun so viel für Pflege daheim vor stationär! – Das Gegenteil ist der Fall: Es ist ein großes Hilfspaket für die finanzmaroden Länder. Nur Floskeln kennzeichnen diesen Pflegemasterplan, der An­fang des Jahres im Ministerrat beschlossen worden ist. Es ist also eine super Zusam­menfassung der Istsituation. Wenn man sich fragt, was da kommt, bleibt überhaupt nichts übrig.

Jetzt kommt eine Studie zur Finanzierung der Pflegevorsorge. Gut, ich kann nichts gegen eine Studie einwenden. Die Ministerin hat in der Fachzeitschrift „Österreich“ verkündet, was sie zur Pflege macht, nämlich ein Pflegetelefon. (Oh-Rufe bei NEOS und SPÖ.) – Oh, ein Pflegetelefon! (Heiterkeit bei Abgeordneten der NEOS sowie des Abg. Leichtfried.) Ja, also erstens hat das Bürgerservice des Sozialministeriums, das jetzt zurück umgetauft wird, bis vor Kurzem noch Pflegetelefon und Sozialtelefon ge­heißen, und zweitens haben natürlich ganz viele Bundesländer schon ein eigenes


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Pflegetelefon, und jetzt kommt noch ein Bundespflegetelefon dazu. – Also davon haben natürlich die Bürger total viel! (Beifall bei den NEOS.)

Was auch super wird, ist die Imagekampagne: Stellen Sie sich vor, eine Imagekam­pagne! Stellen Sie sich vor, Sie sind Krankenpfleger und jetzt kommt eine Image­kam­pagne: Ja, da geht es Ihnen besser! (Heiterkeit bei Abgeordneten der NEOS und der SPÖ.) Wenn Millionen hinausgeworfen werden und irgendeine FPÖ-nahe Agentur etwas entwerfen darf, wenn dann fett in den Medien inseriert wird und wir eine freund­liche Berichterstattung für die Regierung bekommen, hilft Ihnen das als Pflegekraft total. So funktioniert diese Regierung: eine gigantische Propagandamaschine, wo das Geld immer nur in die eigenen Taschen und in die Taschen der Parteigänger gespült wird. Die Bürger interessieren Sie Nüsse.

So, und jetzt soll daraus ein Pflegekonzept entstehen? – Im Leben nicht! In dieser Legislaturperiode, geschätzte Damen und Herren, werden Sie das leider nicht sehen! (Beifall bei den NEOS.)

15.52


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Abgeordnete Holzinger-Vogtenhuber. – Bitte.


15.52.11

Abgeordnete Daniela Holzinger-Vogtenhuber, BA (JETZT): Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Bundeskanzler! Frau Ministerin! Herr Minister! Liebe KollegInnen und liebe ZuhörerInnen! Kollege Rosenkranz, 450 000 Menschen nennt die Statistik als PflegegeldbezieherInnen. Es sind 450 000 Einzelschicksale, und jeder Mensch, der pflegebedürftig wird, hat eine eigene Geschichte und eine ganz eigene Krankheits­geschichte. 450 000 Einzelschicksale und weit über eine Million Menschen, die sich um diese pflegebedürftigen Menschen kümmern – Angehörige auf der einen Seite, aber natürlich auch Pflegekräfte auf der anderen Seite.

In den allermeisten Fällen werden die pflegebedürftigen Personen aber von Angehö­ri­gen betreut. Wir haben gehört, es sind 940 000 Erwachsene und – ein Fakt, der mir ganz wichtig ist anzuführen – über 42 000 Kinder und Jugendliche, die Angehörige pfle­gen, und das täglich, wöchentlich, natürlich auch an den Wochenenden, in der Freizeit, unentgeltlich, einfach weil es darum geht, geliebten Menschen auch das zurückgeben zu können, was man selbst einmal erhalten hat, nämlich dass man auf­gezogen worden ist, behütet aufwachsen konnte und natürlich auch unterstützt wurde.

Jetzt macht die Bundesregierung in ihrer Stellungnahme immer wieder deutlich – und auch der Herr Bundeskanzler hat die Schlagworte heute erwähnt –: daheim vor statio­när, mobile Pflege, mobile Betreuung vor stationär. Wenn solche Slogans auch nur einen Hauch von Glaubwürdigkeit haben sollen, dann müssen sie auch dement­sprechen­de politische Handlungen nach sich ziehen. Herr Bundeskanzler, ganz konkret ange­sprochen: Wenn Sie sagen, Sie wollen, dass Menschen zu Hause betreut werden können, dann stelle ich die große Frage in den Raum, warum Sie genau bei jenen Per­sonen, nämlich jenen in der Pflegestufe 1 bis 3, die zum größten Teil zu Hause betreut werden – weil es erst ab Pflegestufe 4 überhaupt möglich ist, in ein Heim zu kommen – und daher von Angehörigen gepflegt werden, laut – Sie haben es erwähnt – Minis­terratsbeschluss die Evaluierung so auslegen, dass die Stufen 1 bis 3 nicht indexiert werden.

Es soll erst ab Pflegestufe 4 indexiert werden und darunter der Ausgleich des Kauf­kraftverlustes, der ja nichts anderes als eine kalte Entwertung ist, nicht zugestanden werden. Ich frage mich wirklich, ob das Hand und Fuß hat, was Sie hier heute sagen, nämlich: Wir wollen, dass die Leute zu Hause in ihrer gewohnten Umgebung bleiben


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können, nicht das Schicksal erfahren müssen, dass sie dann am Ende ihres Lebens in einem Heim landen. Gleichzeitig ist es genau jene Gruppe, der sie keine Indexierung des Pflegegeldes zugestehen wollen. Also das ist für mich die größte Unbekannte in der heutigen Debatte. (Beifall bei JETZT.)

Nun zur Höhe des Pflegegeldes: Mein Kollege Bruno Rossmann wird hier auch noch einen Entschließungsantrag einbringen, denn ich glaube, es ist der größte menschliche und politische Skandal, wenn wir uns ansehen, wer dieses Pflegegeld bekommt. Da sehen wir besonders in Pflegestufe 6, Pflegestufe 7 eine Entwertung über die letzten Jahre. Alleine seit der letzten Anhebung 2015 beträgt die Entwertung in der höchsten Pflegestufe 100 Euro, seit der Einführung des Pflegegeldes sind es in der höchsten Stufe, in der Pflegestufe 7, 600 Euro Entwertung.

Ich glaube, es kann in keinster Weise in unserem Sinne sein, dass jene Menschen, die dieses Pflegegeld wie einen Bissen Brot brauchen, diese Entwertung und diese Kürzung hinnehmen müssen, wenn wir nicht vorhaben, das Pflegegeld der Stufen 1 bis 3 anzuheben. Ich ersuche Sie also bitte diesbezüglich um Zustimmung zu unserem Antrag, wenn Sie es wirklich ernst damit meinen, jenen Angehörigen helfen zu wollen, die Personen betreuen, die in Pflegestufe 1 bis 3 eingestuft sind.

Wir haben in den letzten Monaten auch zahlreiche parlamentarische Anfragen ein­ge­bracht, weil es nicht nur um die Indexierung des Pflegegeldes, sondern natürlich auch um nachhaltige Reformen im Bereich der Pflege geht. Wir haben einige Bereiche ausgelotet, betreffend derer wir auch noch Anträge einbringen werden, um gemeinsam an einer nachhaltigen Pflegereform arbeiten zu können.

Ich möchte Ihnen noch einige wichtige Punkte nennen, um die es mir bei dieser Reform besonders geht. Es geht auf der einen Seite, wie bereits angesprochen, um eine Ausbildungsoffensive, da es meiner Meinung nach in keinster Weise sein kann, dass wir unser Pflegesystem zu einem erheblichen Teil auf der Ausbeutung und der Not osteuropäischer ArbeitnehmerInnen aufbauen. Es kann nicht sein, dass wir keine nachhaltige Lösung für die 24-Stunden-Betreuung auf die Beine stellen können.

Es geht um die gesetzliche Verankerung eines Qualitätssiegels, weil ich es ebenfalls nicht unterstützen kann, dass Menschen den hohen Beitrag für eine 24-Stunden-Betreuung erstens kaum aufbringen können, weil das Pflegegeld dazu nicht ausreicht, und auf der anderen Seite dann auch noch auf Agenturen ausweichen müssen, die mafiös und intransparent wie Inkassobüros funktionieren. Wir werden diese weiterhin auf unserem Markt zulassen, da es, wie es die aktuelle Bundesregierung geplant hat, nur freiwillige Gütesiegel geben wird.

Es geht um die Pensionsanrechnung für pflegende Angehörige, wie ich bereits gesagt habe, in der Stufe 1 bis 3, weil es eben erst ab Stufe 4 überhaupt möglich ist, in ein Pflegeheim zu kommen. Da Kollege Muchitsch ein Beispiel erwähnt hat, möchte auch ich in diesem Zusammenhang einen besonderen Dank an meine Mutter aussprechen, die sich zuerst um ihre Schwiegermutter gekümmert hat, sich jetzt um ihre eigenen Eltern kümmert und von der Politik ausgerichtet bekommt, dass sie die letzten Jahre offiziell nichts gearbeitet hat. Das sind Probleme und Zustände, die geändert gehören. (Beifall bei JETZT und SPÖ.)

Es geht nicht nur um einen Dank, es geht nicht nur um eine Anerkennung, es geht auch um eine finanzielle Unterstützung für pflegende Angehörige. (Ruf bei der FPÖ: Das stimmt nicht! Es geht darum, dass du bei der Wahrheit bleibst!) Es geht zudem um die Unterstützung für 42 000 Jugendliche, die ihre Angehörigen pflegen und damit zu einem großen Teil auch Schule und Ausbildung gefährden und nicht das Leben eines Jugendlichen – eine unbeschwerte Kindheit vielleicht – haben. Es geht um die Aus­weitung der Ersatzpflege. Das soll heißen, sich auch einmal als pflegender Angehö­ri-


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ger eine Auszeit nehmen zu können und vielleicht ein paar Wochen auf die eigene Gesundheit schauen zu können. Pflege darf nicht arm machen und sich aufzuopfern darf nicht krank machen.

Es geht um einen Rechtsanspruch auf Pflegekarenz. Es geht um den Ausbau der mobilen Dienste und auch um die Möglichkeit, dass diese mobilen Dienste in dem Ausmaß leistbar sind, in dem sie in einer gewissen Pflegestufe nötig sind. Es geht um bundesweit einheitliche Qualitätsstandards und Kosten. Es kann nicht sein, dass die mobile Pflege in manchen Bundesländern das Doppelte als in anderen Bundesländern kostet.

Es geht um verbesserte Arbeitsbedingungen und Entlohnung im Sozialbereich. Frau Ministerin, wir haben beide die Referate von Laura Glaser und Bernhard Herzog, zwei Studierenden des Studiengangs Gesundheits- und Krankenpflege an der FH Salzburg, beim Forum Pflege gehört. Ich habe sehr positiv aufgenommen, dass sich junge Menschen überhaupt dieser Herausforderung stellen, weil es eine Grundhaltung, eine soziale Überzeugung braucht, überhaupt in diesen Beruf zu gehen. 

In den ersten Monaten ihrer Ausbildung und der Praxis haben sie Erlebnisse machen müssen, die ich ihnen nicht gewünscht hätte. Ein Satz war ganz zentral für das, was sie sich für das Pflegesystem wünschen: Die Pflege darf keinen Schritt zurück machen, nach dem Motto: warm, satt und sauber. In der Pflege geht es darum, noch Mensch sein zu können. – Zitatende.

Mensch sein zu können: Das ist auch von Ihnen, Frau Ministerin Hartinger-Klein, erwähnt worden, nämlich: die Zeit zu haben, sich mit den Pflegebedürftigen auch aus­einanderzusetzen, sie nicht nur zu füttern, sich nicht nur um sie zu kümmern und körperliche Hygiene et cetera durchzuführen, sondern auch den Menschen vor sich zu haben und ein Gespräch zu führen, Hingabe zum Beruf haben zu können. Deshalb braucht es auch eine Verbesserung der Arbeitsbedingungen für Pflegekräfte in unserem Land.

Was ist aus meiner Sicht dazu zu tun? – Ich denke, es hat keinen Sinn, hier und heute die einzig wahre Lösung anzukündigen und sofort einen umfassenden Beschluss zu fassen. Was es aber sehr wohl braucht, ist, dass wir uns in Erinnerung rufen, worauf wir uns schon beim Forum Pflege verständigen konnten. Ich war, Herr Rosenkranz – ich habe Sie am Anfang erwähnt –, besonders von Ihrem Redebeitrag überrascht, dass Sie sich nämlich dezidiert für eine solidarische Finanzierung und eine dement­sprechend steuerlich aufgestellte, nachhaltige Pflegefinanzierung ausgesprochen haben. Sie ha­ben die Solidargemeinschaft erwähnt, die zusammenstehen muss, um für diese Men­schen da zu sein. Das ist es auch, was ich einbringen möchte.

Ich werde den Antrag natürlich unterstützen, weil es in meinem Sinne ist, dass die Not des Einzelnen nicht dazu führt, dass einzelne Pflegeagenturen Gewinne machen, dass die Not des Einzelnen nicht dazu führen darf, dass sie für Private Gewinne bedeutet, sondern dass wir gemeinsam – steuerlich solidarisch – für die Pflege jedes Einzelnen von uns stehen, einstehen und das auch unterstützen. – Vielen Dank. (Beifall bei JETZT.)

16.02


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Als Nächste ist Frau Abgeordnete Heinisch-Hosek zu Wort gemeldet. – Bitte.


16.02.24

Abgeordnete Gabriele Heinisch-Hosek (SPÖ): Herr Präsident! Mitglieder der Bun­des­regierung! Herr Bundeskanzler! Pflege berührt und betrifft – in der Vergangenheit,


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in der Gegenwart und sicherlich noch viel mehr in der Zukunft. Ich glaube, ein Blick in die Vergangenheit lohnt sich.

Ich erwähne noch einmal die Jahreszahl 1993. Sie, Herr Bundeskanzler, waren damals sieben und in der ersten oder zweiten Volksschulklasse – völlig egal. Sie waren sieben und ein Volksschulkind, als ein roter Sozialminister das Bundespflegegeld eingeführt hat. Ich glaube nicht, dass es angemessen ist, zu sagen, in der Vergangenheit sei nichts passiert. (Beifall bei der SPÖ. – Zwischenruf bei der ÖVP.) Rote Sozialminister und ‑ministerinnen haben immer versucht, das System – so gut es ging – weiterzu­entwickeln und auch zukunftsfit zu machen. (Zwischenbemerkung von Bundeskanzler Kurz.) Das Gegenteil wurde gerade behauptet.

Wenn Sie, Herr Klubobmann Wöginger, wie vorhin sagen (Zwischenruf der Abg. Belakowitsch): Wir wollen die beste Lösung für die Menschen in Österreich! – die beste Lösung: 12-Stunden-Tag (Zwischenbemerkung von Bundeskanzler Kurz), die beste Lösung: Kürzungen beim AMS (Abg. Nehammer: Beim Thema bleiben!), die beste Lösung: 1,50-Euro-Stundenlohn-Jobs, die beste Lösung: Kürzungen, Kürzungen, Kürzungen (Zwischenruf des Abg. Wöginger, dann ist das eine gefährliche Dro­hung, wenn Sie sagen: Wir wollen die beste Lösung in der Pflege!, dann kann ich dem, ehrlich gesagt, nicht folgen. (Beifall bei der SPÖ.)

Bevor ich mich zwei Gruppen zuwende, die besondere Beachtung brauchen: Mir fällt auf, es dürfte einen ziemlichen Zwist in der Koalition geben (Zwischenruf bei der SPÖ), einen ziemlichen Zwist insofern, als Herr Klubobmann Rosenkranz sich nicht zu Wort meldet. Sie stehen nicht auf der Rednerliste, aber vielleicht kommt das ja noch. (Abg. Rosenkranz: Haben Sie Sehnsucht nach mir?!) – Herr Klubobmann, nein, sicher nicht! (Abg. Rosenkranz: Na also, dann tue ich Ihnen jetzt einen Gefallen ...!) Ich darf Sie aber zitieren: „Keine Option sei etwa eine Pflegeversicherung nach deutschem Vor­bild.“ Es ist keine Option. Frau Bundesministerin Hartinger-Klein hat auch Ähnliches gesagt. (Abg. Rosenkranz: Wenn Sie mich schon zitieren, dann zitieren Sie mich richtig! Ich habe Sie bei der Veranstaltung nämlich nicht gesehen!) Das heißt, Sie wollen keine Pflegeversicherung. Bei der ÖVP ist das nicht ganz klar, die wollen die beste Lösung. Ich habe schon Beispiele genannt.

Es ist wahrscheinlich so, dass Sie Zeit schinden wollen, weil Sie sich nicht einig sind, ob Sie ein staatlich finanziertes Pflegesystem oder ein Pflegesystem auf dem Rücken der SteuerzahlerInnen wollen (Zwischenruf der Abg. Belakowitsch), das im Übrigen 1 400 Euro pro Jahr und Arbeitnehmerin oder Arbeitnehmer kosten würde – lassen Sie sich das einmal auf der Zunge zergehen!

Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Ja, es gibt nicht nur die zwei Leistungen Pflege daheim oder Pflege im Heim, es gibt dazwischen eine Palette an Möglichkeiten: teilstationäre Pflege, mobile Pflege, Tagespflege, aber auch – diese Gruppe wurde heute schon genannt – 24-Stunden-Betreuung. (Abg. Wöginger: Das Ablenkungs­manöver haut nicht so ganz hin!) Ich bin wirklich zutiefst überzeugt, dass es richtig und wichtig ist, dass sich nicht nur der Sozialdemokratische Wirtschaftsverband, sondern auch die Gewerkschaft Vida – Vidaflex in diesem Fall – dieser Personengruppe, die schon fast 70 000 Personen in Österreich ausmacht, widmen und diese 24-Stunden-Betreuung auf neue Beine stellen.

Es ist so, dass es rund 600 Agenturen in Österreich gibt, die nicht immer seriös mit den Betreuerinnen – vielleicht auch Betreuern – umgehen. Es wäre ganz wichtig, dass Rechtssicherheit geschaffen wird, dass für Qualität gesorgt wird, dass die Leistbarkeit für Familien im Vordergrund steht und dass die 24-Stunden-Betreuung auf bessere und neue Beine gestellt wird, denn es gibt Knebelverträge, viele intransparente Vorge­hensweisen und kaum Qualitätssicherung. Qualität hat einen Preis, das ist klar, und


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daher wäre es wichtig, dass man bei der 24-Stunden-Betreuung ganz schnell reagiert, Herr Bundeskanzler, und den Wertverlust von 150 Euro, der seit 2007 besteht, ausgleicht und eine Erhöhung vornimmt.

Es hätte des Weiteren schon längst, auch vorige Woche in der Sozialausschuss­sitzung, erfolgen können (Ruf bei der SPÖ: Unglaublich!), dass man das, was der Herr Bundeskanzler gesagt hat – man wolle die pflegenden Angehörigen besser unter­stützen –, umsetzt und den Rechtsanspruch auf Pflegeteilzeit und auf Pflegekarenz beschließt. Da braucht man nicht auf ein Riesenpaket zu warten, für das Sie Studien in Auftrag geben – womit Sie es das ganze Jahr lang verschleppen –, das hätte man gleich machen können. (Abg. Wöginger: Wir wollen aber ein Paket!) Dazu waren Sie leider, leider nicht bereit. (Beifall bei der SPÖ.)

Die zweite Gruppe: Ich bedanke mich wirklich bei allen Frauen und Männern in diesem Land, die ihre Angehörigen zu Hause pflegen und die sich, wie es die Frau Klub­vor­sitzende der SozialdemokratInnen, Pamela Rendi-Wagner, gesagt hat, von heute auf morgen vielleicht nicht mehr im Job, sondern außerhalb des Jobs befinden. Ich glaube, es braucht auch da schnelle Hilfen und Lösungen für Personen, die als Angehörige Personen pflegen, die ganz überraschend und schnell krank geworden sind und Pflege benötigen. Das heißt, eine Ausweitung der Pflegefreistellung wäre notwendig. Diese Personen sollen aber auch, wenn akut geholfen werden muss und man nicht im gemeinsamen Haushalt lebt, Hilfe bekommen.

Man braucht da nicht bis Ende 2019 zu warten, das hätte man schon vorige Woche beziehungsweise heute hier im Parlament beschließen können. Ich sehe nicht ein, warum Sie so lange warten. (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Jarolim: Bravo! Kurz und glasklar!)

16.07


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Als Nächster ist Herr Abgeordneter Gödl zu Wort gemeldet. – Bitte.


16.07.52

Abgeordneter Mag. Ernst Gödl (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Geschätzter Herr Bundeskanzler! Frau Bundesminister! Herr Bundesminister! Liebe Kolleginnen und Kollegen! (Ruf bei der SPÖ: Sehr kreativ! – Zwischenruf des Abg. Krainer.) Werte Damen und Herren vor den Bildschirmen und hier im Saal! Diese Debatte im Hohen Haus hat ja heute schon etwas turbulent begonnen. Ein Abgeordneter hat ein Pau­schalurteil gefällt, indem er gesagt hat, manche hier sind faule Abgeordnete. Ich möchte nur feststellen, dass dieser Abgeordnete, nämlich Herr Peter Pilz, der sich selbst zum fleißigen Abgeordneten auserkoren hat, schon wieder einmal nicht im Haus ist und wieder nicht an der Debatte teilnimmt. (Beifall bei ÖVP, FPÖ und NEOS.)

Diese Debatte war unwürdig. Es wäre auch unwürdig, Frau Klubobfrau Pamela Rendi-Wagner, das Thema der Pflege in Österreich vordergründig und ganz stark auf der Frage der Finanzierung aufzuhängen. Das ist allen Menschen gegenüber, die zu Hause pflegen – das sind, wie wir schon gehört haben, fast 1 Million Menschen –, un­würdig, denn diese fragen nicht vordergründig nach der Finanzierung, sondern danach, wie sie den Pflegealltag bewältigen können.

Faktum ist, dass laut unserer Verfassung Pflege in die Kompetenz der Länder fällt. Faktum ist auch – das hat meine Vorrednerin richtig gesagt –, dass der Bund in vielen Bereichen in der Vergangenheit bereits unterstützend in diese Kompetenz der Länder eingegriffen hat. 1993 – das war zu Zeiten von Vranitzky und Busek in der Regierung, glaube ich – wurde das Pflegegeld eingeführt und 2011 zum Beispiel der Pflegefonds.


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2007 haben wir die 24-Stunden-Betreuung in einen legalen Rahmen gebracht und in den letzten Jahren auch eine Unterstützung beschlossen.

Es wurde also aufseiten des Bundes sehr, sehr viel getan, um die Pflege in den Ländern und in den Gemeinden zu stärken, es soll daher gerade jetzt, wenn wir über das System Pflege in Österreich nachdenken, keinesfalls die Frage der Finanzierung im Vordergrund stehen. Unsere Bundesregierung, unser Herr Bundeskanzler hat mit dem Masterplan Pflege auch den richtigen Weg eingeleitet, um alle Fragen, die da auftauchen, ganz klar zu beleuchten.

Frau Kollegin von der Liste Pilz (Abg. Wöginger: JETZT!) – Liste JETZT –, Sie sollten vielleicht auch mit mehreren Leuten sprechen. Ich war vor einigen Tagen im Bezirk Weiz unterwegs und habe mit pflegenden Angehörigen wie auch mit der Caritas gesprochen. Die Menschen, die da zu uns kommen – ich bin auch Obmann eines Sozialhilfeverbandes –, fragen gar nicht, ob das Pflegegeld erhöht wird. Wissen Sie, was sie sagen? – Sie sagen: Ich pflege nun schon seit Monaten, Jahren meine Mutter, meine Schwiegermutter und brauche dringend Unterstützung, damit ich hin und wieder auch Freizeit habe!

Die Caritas – ich möchte ausdrücklich die Caritas im Bezirk Weiz erwähnen – hat zum Beispiel einen ganz tollen Pflegeentlastungsdienst ins Leben gerufen, mit dem pflegende Familien, pflegende Angehörige Woche für Woche für ein paar Stunden entlastet werden, damit sie eben durchschnaufen und ihre privaten Angelegenheiten erledigen können. (Beifall bei ÖVP und FPÖ.)

Da wollen wir ansetzen. Die Finanzierungsfrage, Frau Rendi-Wagner, steht am Schluss dieses Prozesses. (Abg. Rendi-Wagner: Das steht im Regierungsprogramm!) Im Moment steht ganz oben die Frage, wie wir Pflege so organisieren können, dass es den Wünschen der Menschen am gerechtesten wird, nämlich so, dass möglichst viele die Pflege zu Hause erledigen können (Zwischenruf der Abg. Rendi-Wagner) und dass die pflegenden Angehörigen in vielerlei Hinsicht Unterstützung erfahren. (Beifall bei ÖVP und FPÖ.)

Ich glaube daher, dass der Weg, den wir gehen, mit diesem breiten Dialogprozess, in den alle Projektpartner – der private Bereich, die Länder, die Gemeinden, der Bund sowie die vielen NGOs – richtig eingebunden werden, doch der absolut richtige Weg ist. Sie versuchen nun, so quasi ein bisschen Angst zu schüren – wie es auch der Herr Bundeskanzler gesagt hat –, dahin gehend, dass da irgendetwas im Unklaren sei. Ich möchte nur noch einmal darauf hinweisen – auch der Herr Bundeskanzler hat es getan –: In den letzten Jahren war die Verantwortung für die Pflege, gekoppelt mit der Gesundheit, immer in Ihrer Kompetenz.

Die größte Rache eines Politikers sind natürlich die Archive der Stenographischen Protokolle. Ich kann da etwa nachlesen, was Sie, Herr Stöger, zum Beispiel noch als Minister für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz vor circa zwei Jahren hier im Haus zum Thema Pflege gesagt haben: „weil das Pflegesystem wirkt und wir stolz darauf sein können“. Frau Rendi-Wagner hat in einer Enquete des Bundesrates gesagt: „mit dieser Reform“ – das war eine Reform der Ausbildung – „ist es uns meines Erachtens auch gelungen, dem schon jetzt bestehenden und zukünftig sicher noch breiter werdenden Spektrum an Pflege gerecht zu werden.“ – Sie selbst haben ja bis vor Kurzem noch behauptet, dass es ein System ist, das prinzipiell funktioniert.

Ja, wir müssen an vielen Stellschrauben drehen, weil wir wissen, dass wir eine altern­de Bevölkerung haben, dass die Menschen zum Glück immer älter werden und wir die Pflege zu Hause, die vermehrt notwendig wird, einfach auch besser absichern müssen. Daher möchte ich festhalten – lieber Beppo Muchitsch, auch an dich adressiert –: Wir haben im Sozialausschuss keinen einzigen Antrag abgelehnt. (Heiterkeit bei SPÖ und


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NEOS. – Zwischenruf des Abg. Muchitsch.) Was wir getan haben, ist, diese Anträge zu vertagen. (Zwischenrufe bei der SPÖ.) Warum? – Wir wollen am Schluss nämlich ein gesamtheitliches Pflegekonzept haben, und zwar mit den Punkten (Abg. Loacker: Mit schlechten Argumenten!), wie wir unterstützen müssen, und am Schluss steht dann die Frage der Finanzierung – auch die werden wir klären.

Das ist unser Anspruch, das ist unser Regieren. Da sind wir unseren Wählern und den Menschen in Österreich auch im Wort. (Beifall bei ÖVP und FPÖ.)

16.13


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Als Nächste ist Frau Abgeordnete Povysil zu Wort gemeldet. – Bitte.


16.13.57

Abgeordnete Dr. Brigitte Povysil (FPÖ): Herr Präsident! Herr Bundeskanzler! Frau Ministerin! Herr Minister! Ich bin schon ein wenig fassungslos. (Zwischenrufe bei der SPÖ.) Da schlage ich heute in der Früh die Presse auf, und was sehe ich? – Eine Presseaussendung von Kollegen Muchitsch: SPÖ macht Pflege zur Toppriorität. – Ja, jetzt kommen Sie da drauf, Herr Abgeordneter? Jetzt? (Abg. Muchitsch: Länder! Länder! Lesen! Lesen! – Weitere Zwischenrufe bei der SPÖ.)

Herr Abgeordneter Leichtfried setzt noch eine nächste Presseaussendung drauf (ein Schriftstück in die Höhe haltend), in der er die Regierung für ihre Untätigkeit seit ein­einhalb Jahren kritisiert. (Abg. Leichtfried: Das stimmt aber! – Weiterer Ruf bei der SPÖ: Sinnerfassend lesen!) – Ja, Herr Abgeordneter, acht Jahre lang haben Sie die Möglichkeit gehabt, tätig zu werden, acht Jahre lang! Dem stellen Sie nun eineinhalb Jahre gegenüber – leichte Fassungslosigkeit macht sich breit. (Beifall bei FPÖ und ÖVP. – Zwischenrufe bei der SPÖ.)

Das geht aber weiter, denn dann initiiert Frau Klubobfrau Rendi-Wagner eine Dring­liche Anfrage zum Thema Pflege (Zwischenruf des Abg. Leichtfried) und legt am selben Tag, meine Damen und Herren, ihre Grundkompetenz als frühere Gesundheits­ministerin zurück, indem sie ihre Funktion als Gesundheitssprecher zurückgibt. (Zwischenruf bei der SPÖ.) Was für ein Symbol! Was für ein Zeichen! (Beifall bei FPÖ und ÖVP. – Abg. Rendi-Wagner: Nein, die Kompetenz habe ich nicht zurückgelegt! Falsch! Die Kompetenz sitzt ja da!)

Meine Damen und Herren, Sie haben sich schon mit der Dringlichen zum Ärztemangel ein Eigentor geschossen, nun kommt mit dieser Pflegegeschichte die nächste Nie­derlage. – Ich denke, diese Sozialdemokratie benötigt eine gute Beratung, aber das ist nicht meine Aufgabe, das müssen Sie machen. (Zwischenrufe bei der SPÖ.)

Nun, was hat unsere Gesundheitsministerin gemacht? – Einen breiten Dialog zwischen Politik und Wissenschaft, aber auch pflegenden Angehörigen und zukünftig Pflege­bedürftigen organisiert. Sie hat in diesem breiten Dialog Pflege – fit für die Zukunft alle zu Wort kommen lassen. Was hat sie noch gemacht? (Zwischenruf des Abg. Klaus Uwe Feichtinger.) – Sie hat eine Studie in Auftrag gegeben, um die Pflege und die Finanzierung der Pflege sicherzustellen. Was hat sie noch gemacht? (Abg. Klaus Uwe Feichtinger: Ein drittes Mal nix!) – Sie hat ein Qualitätszertifikat für die Pflege ent­wickelt – etwas ganz Wichtiges –, damit die Qualität in der Pflege im Zusammen­hang mit Vermittlungsagenturen sichergestellt wird.

Unser Credo ist: Pflege daheim vor stationärer Pflege. Vorgesehen ist ein Bündel von Maßnahmen, ich nenne nur die Demenzstrategie, ich nenne die Qualitätssicherung, ich nenne die Förderung von Vereinbarkeit von Beruf und Pflege, und ich nenne auch die Erhöhung des Pflegegelds in der vierten Stufe.


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Meine Damen und Herren, Pflege und ärztliche Tätigkeit in der Medizin sind von exis­tenzieller Bedeutung, und wir brauchen dazu Leute, die Wissen haben, die Können haben, die Empathie haben und die Durchhaltevermögen haben – dafür sorgen wir. (Beifall bei FPÖ und ÖVP.)

16.17


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Als Nächster ist Herr Abgeordneter Scherak zu Wort gemeldet. – Bitte.


16.17.28

Abgeordneter Dr. Nikolaus Scherak, MA (NEOS): Herr Präsident! Frau Bun­desminister! Herr Bundesminister! Wir sind uns grundsätzlich, glaube ich, einig, dass die Bundesregierung eines sehr gut kann, nämlich umfassende Ankündigungs- und Showpolitik. Und, Herr Kollege Gödl, weil Sie gesagt haben, es gibt einen breiten Dialog und einen breiten Prozess: Das ist etwas, das ich mir auch wünsche und das wir als NEOS auch selbst gestartet haben. (Zwischenruf des Abg. Gödl.) Ich muss nur auch dazusagen: Im Zusammenhang mit der jetzigen österreichischen Bundes­regie­rung drängt sich halt der Verdacht auf, dass es nicht ganz ernst gemeint ist.

Was wir in den letzten Monaten gesehen haben: Es ist große politische Inszenierung, es ist immer ein bisschen Problembeschreibung – manchmal haben Sie, das muss man dazusagen, bei der Problembeschreibung sogar recht –, es sind dann irgend­welche Punktationen, die gemacht werden, und am Schluss sind es halt leider sehr oft irgendwelche Husch-Pfusch-Gesetze, die nicht sonderlich sinnvoll sind. (Neuerlicher Zwischenruf des Abg. Gödl.)

Das Gleiche haben wir ja leider Gottes nun auch beim Thema Pflege. Wenn man sich die Ankündigungen anhört: Wir haben den Masterplan Pflege, der im Wesentlichen eine Bestandsaufnahme ist, das Pflegetelefon – das haben wir auch schon gehört; das klingt gut, Frau Bundesministerin, aber etwas, das schon da ist, ein wenig umzu­benennen und dann als großen Erfolg zu verkaufen ist ein wenig skurril – und eine Imagekampagne, von der die zu Pflegenden wenig haben, genauso wenig wie die Pfleger. Deswegen drängt sich natürlich ein bisschen der Verdacht auf, dass das wie­derum nur Ankündigungs- und Showpolitik der Bundesregierung ist und man eben nicht daran interessiert ist, dieses Problem und diese Herausforderungen langfristig zu lösen.

Herr Kollege Gödl, ich stimme Ihnen übrigens auch zu, wenn Sie sagen, wir sollten zuerst darüber diskutieren, wie ein Pflegesystem ausschauen soll, bevor wir über die Finanzierung sprechen – da gebe ich Ihnen vollkommen recht. Wir müssen schauen, was ein Pflegesystem leisten kann, was es leisten soll und wohin wir überhaupt wollen. Das Problem ist nur: Wir diskutieren in allererster Linie deswegen schon so früh über die Finanzierung, weil eine breite Einheitsfront aus SPÖ, FPÖ, ÖVP und damals auch den Grünen mit der populistischen Abschaffung des Pflegeregresses ohne Gegen­finanzierung im letzten Wahlkampf ein umfassendes Pflegefinanzierungschaos in den Ländern verursacht hat.

Sie sind gemeinsam mit den anderen Kollegen daran schuld, dass wir diese Dis­kussion führen müssen, weil Sie da eingeknickt sind. Das war insbesondere vonseiten der ÖVP einigermaßen absurd. Dass die SPÖ das will, wissen wir, dass die FPÖ das will, kann man sich auch vorstellen, aber Sie sind diejenigen, die schuld daran sind, dass wir den Pflegeregress ohne Gegenkonzept abgeschafft haben. Das ist das große Problem, deswegen müssen wir auch jetzt schon über die Finanzierung diskutieren. (Beifall bei den NEOS.)


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Ich sage Ihnen etwas: Natürlich kann man sich jetzt hierherstellen – wie KollegInnen von der SPÖ – und sagen: Na ja, wir finanzieren das dann alles aus dem Steuertopf! – Frau Kollegin Heinisch-Hosek, Sie haben etwas gesagt, was ich ein bisschen skurril fand; Sie haben gesagt, entweder gibt es ein staatlich finanziertes Pflegesystem oder es wird wieder auf dem Rücken der Steuerzahlerinnen und Steuerzahler passieren. (Abg. Heinisch-Hosek: Ich habe ...beiträge gemeint!) – Also ich gehe davon aus, dass die Steuerzahlerinnen und Steuerzahler unseren Staat finanzieren; das heißt, egal wie Sie es haben wollen, es ist Fakt, dass sie zur Kasse gebeten werden. (Abg. Heinisch-Hosek: Vermögensteuern zum Beispiel!)

Das erinnert mich ein wenig an den Landeshauptmann des Burgenlandes, Herrn Landeshauptmann Doskozil, der sich die Welt irgendwie so vorstellt: Es gibt einen Bankomaten, da drückt man drauf, und dann kommt das Geld raus. – Das ist einigermaßen schwierig. (Beifall bei den NEOS und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Ja, liebe Kollegen von der ÖVP, es freut mich, wenn Sie in diesem Zusammenhang klatschen, aber ich habe auch die Sorge, dass Sie es dann sind, die wieder einknicken und genau dieses sozialistische Konzept dann auch umsetzen werden, denn wenn ich Ihrem Koalitionspartner zuhöre, der ja auch davon ausgeht, dass man das alles staatlich finanzieren kann, dass das total unproblematisch ist, dann mache ich mir einigermaßen Sorgen. Es haben alle hier im Haus noch vertretenen Parteien – außer die Kollegen von JETZT, die damals mehrheitlich noch nicht da waren (Abg. Wurm: Neoliberal sind die nicht!) – der Abschaffung des Pflegeregresses zugestimmt, und das war damals das populistische Einknicken während des Wahlkampfs. Darum haben wir jetzt diese großen Probleme.

Herr Kollege Klubobmann Wöginger hat gesagt, das Credo der ÖVP ist, dass daheim gepflegt wird anstatt stationär. Seit Sie den Pflegeregress abgeschafft haben, ist Folgendes passiert: Es kommen immer mehr Leute ins Heim, müssen dort gepflegt werden. Das haben Sie mitzuverantworten, und deshalb müssen wir diese Diskussion jetzt auch ernsthaft führen.

Ja, ich gebe Ihnen im Zusammenhang mit der breiten Einbindung recht. Ich glaube auch, dass wir zuerst darüber diskutieren müssen, was ein Pflegesystem können muss, was wir von der Pflegeversorgung wollen, wie gepflegt werden soll, wo gepflegt werden soll, wie wir es schaffen, dass Menschen in Würde altern können, wie wir es vor allem schaffen, dass diese Menschen weiterhin selbstbestimmt und so gut wie möglich eigenverantwortlich leben können. Ich sage Ihnen aber ehrlich: Was ich mitbekomme und was ja auch im Regierungsprogramm steht, die Vollverstaatlichung der Pflegefinanzierung, das macht mir einigermaßen Sorgen. Sie stellen sich hin, streuen – sehr unseriös, wie die SPÖ – den Menschen Sand in die Augen und erklä­ren: Wir finanzieren das alles, es ist überhaupt kein Problem!

Die Frage, wo das Geld herkommt, kann die SPÖ zwar beantworten, weil sie dann laut nach Erbschaftssteuern schreit, Sie können sie aber nicht beantworten. (Abg. Heinisch-Hosek: Erbschaftssteuern! Erbschaftssteuern!) Da ein Versprechen abzugeben, dass die Menschen am Schluss der Legislaturperiode weniger zahlen müssen, halte ich für einigermaßen unseriös, und ich würde mir wirklich wünschen, dass wir dieses ernsthafte Thema ernsthaft diskutieren und nicht einfach sagen: Ja, am Schluss wird das schon irgendwie gezahlt werden! – So wird es jedenfalls nicht funk­tionieren. (Beifall bei den NEOS.)

16.22


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Herr Abgeordneter Rossmann ist zu Wort gemel­det. – Bitte.



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16.22.44

Abgeordneter Mag. Bruno Rossmann (JETZT): Herr Präsident! Hohes Haus! Ja, Herr Kollege Scherak, ich stehe zu dem, wie ich im Wahlkampf in Bezug auf die Abschaffung des Pflegeregresses abgestimmt habe. Würde es heute eine Abstimmung geben, würde ich wieder so abstimmen wie im Herbst 2017. (Beifall bei JETZT und SPÖ.) Wenn ich Ihnen aber zuhöre, Herr Scherak, so vermisse ich Lösungsansätze für die Finanzierung des Pflegesystems. Oder habe ich schlecht zugehört? – Das glaube ich nicht. Sie haben nur Herrn Landeshauptmann Doskozil kritisiert und gesagt, er glaube, das Geld komme aus dem Bankomaten.

Diskutieren wir bitte ernsthaft! Wir stehen wirklich vor einem ernsthaften Problem, vor einem demografischen Problem, das es zu lösen gilt. Das ist eine große Heraus­forderung. Die langfristigen Schätzungen zeigen, dass wir kein Problem mit der Pen­sionsfinanzierung haben. Das ist vernachlässigbar. Da werden die Ausgaben sehr langfristig, bis 2060, von 14 auf 14,5 Prozent des BIP steigen – um einen halben Prozentpunkt. Das ist nicht nichts, aber das ist bewältigbar. Die Ausgaben für die Pflege aber werden bis 2060 von derzeit rund 1,8 Prozent auf 3,4 Prozent des BIP ansteigen. Da geht es um andere Dimensionen. Das sind um 1,6 Prozentpunkte mehr, als wir heute dafür ausgeben, und davor dürfen wir die Augen nicht verschließen.

Ich gebe ja dem jetzt nicht mehr anwesenden Herrn Bundeskanzler recht: Es ist ein Problem, das nicht dazu geeignet ist, um daraus politisches Kleingeld zu schlagen. Was aber macht Herr Bundeskanzler Kurz im nächsten Atemzug? – Im nächsten Satz schiebt er die Schuld dafür, dass wir keine Lösung für die Finanzierung der Pflege haben, der SPÖ zu und tut so, als wäre die ÖVP nicht seit 1986 in der Bundes­regierung und damit in politischer Verantwortung für die Lösung dieses Problems. (Beifall bei JETZT und bei Abgeordneten der SPÖ.)

Werfen wir einen Blick in das Regierungsprogramm, dort steht klipp und klar drinnen: Wir bekennen uns zu einer Steuerfinanzierung, das heißt zu einer solidarischen Finan­zierung des Pflegesystems. Vergangene Woche hat es einen Pflegegipfel gegeben, da hörte sich das schon ganz anders an; auch Kollege Wöginger hat es ja heute etwas anders gesagt. Herr Kollege Wöginger hat gesagt: Wir wollen uns alle Modelle anschauen! – Ja, wie lange wollen wir uns noch Modelle anschauen? (Zwischenruf des Abg. Gödl.) Wir wollen Studien in Auftrag geben! – Dazu gibt es zig Studien vom Österreichischen Institut für Wirtschaftsforschung. Herr Kollege, Sie müssen es sich nur einmal anschauen, es lesen, und dann müssen Entscheidungen getroffen werden! (Beifall bei JETZT. – Abg. Gödl: Alles gelesen!)

Was Sie wollen, ist eine Verschleppung, und demgegenüber sagte Frau Bundes­minis­terin Hartinger-Klein vor dem Gipfel, eine private Pflegeversicherung dürfe sicher nicht kommen – da bin ich ganz bei Ihnen –; entweder müsse die Pflege steuerfinanziert oder ähnlich wie die Sozialversicherung finanziert werden. Auch da bin ich ganz bei Ihnen, denn ich bin der Ansicht, dass die Finanzierung des Pflegesystems eine öffentliche Aufgabe ist, die auch öffentlich finanziert werden muss.

Wenn Herr Kollege Wöginger einen breiten Diskussionsprozess einfordert: Dafür bin ich auch, aber für einen wirklich breiten Diskussionsprozess unter Beteiligung aller, keine politische Inszenierung, wie wir sie beim Pflegegipfel letzte Woche erlebt haben. (Abg. Gödl: Sie waren ja gar nicht dort! Sie waren ja gar nicht dabei! Sie haben gefehlt!) Inszenierungen zu machen und keine Lösungen anzubieten ist überhaupt das Kennzeichen dieser Regierung. Welche Lösung hat der Herr Bundeskanzler in Aussicht gestellt? Das ist ja dasselbe wie bei der Steuerreform, schauen Sie her: Da ist in Mauerbach etwas beschlossen worden, das ist so unkonkret, da ist etwas ange-


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kündigt worden, aber bis heute wissen wir nicht, wie das umgesetzt werden soll. Ganz ähnlich erlebe ich das im Zusammenhang mit der Pflegefinanzierung.

Es muss also eine solidarische Pflegefinanzierung sein. Und was kommt da infrage? – Natürlich kommen da die Wiedereinführung der Erbschafts- und Schenkungssteuer ebenso wie eine Vermögensteuer infrage. (Abg. Schellhorn: Wir haben kein Einnah­men-, sondern ein Ausgabenproblem!) Und warum? – Dafür gibt es mehrere gute Gründe: Wir haben in Österreich ein Steuerstrukturproblem, das heißt, die Steuern auf Arbeit sind zu hoch, die Steuern auf Vermögen sind zu niedrig. Das kann man durch Steuerstrukturverschiebungen ausgleichen.

Wir haben eine extreme Ungleichverteilung von Vermögen, sie ist etwa ähnlich un­gleich wie in den USA: Die reichsten 10 Prozent der Bevölkerung besitzen zwei Drittel des gesamten Nettovermögens. Wenn wir bei der Wiedereinführung einer Erbschafts­steuer einen Freibetrag in der Größenordnung von 500 000 Euro vorsehen, dann be­ziehen wir uns dabei auf die reichsten 10 Prozent des Landes; die untersten 90 Pro­zent des Landes werden dabei steuerfrei gestellt. Eine Erbschaftssteuer ist also ein wichtiger Baustein zur Finanzierung des Pflegesystems, die – und das ist unverzicht­bar – solidarisch erfolgen muss. Aus diesem Grund werde ich natürlich auch dem Antrag der SPÖ zustimmen.

Wenn es darum geht, rasch zu handeln, dann hätte man das heute schon machen können. Wir hätten heute hier in diesem Haus über einen Initiativantrag von mir, der vergangenen Mittwoch im Sozialausschuss behandelt wurde, abstimmen können. Es war ein Antrag auf Valorisierung des Pflegegelds. Dieser Antrag wurde mit den Stim­men von FPÖ und ÖVP vertagt. Vonseiten der FPÖ wundert es mich, weil die FPÖ ja früher, als sie noch nicht in der Regierung war, zahlreiche Anträge auf Valorisierung des Pflegegelds gestellt hat. Jetzt aber, wo Sie in der Regung sind und das umsetzen könnten, wollen Sie nichts mehr davon wissen.

Das Schlimme an der Vertagung meines Antrages ist, dass am selben Tag eine Sitzung des Verfassungsausschusses stattgefunden hat, in der beschlossen wurde, die Parteienförderung zu valorisieren. Das halte ich wirklich für eine Riesensauerei (Beifall bei JETZT), die klar zeigt, worauf Sie in dieser Bundesregierung hinauswollen. Sie wollen nicht den Menschen, die in Not sind, die zu pflegen sind, und deren Ange­hörigen helfen; nein, es geht Ihnen um pralle Parteikassen – in einem Land, in dem die Parteienförderung ohnehin viel zu hoch ist und in dem wir eine Parteispendensituation haben, die intransparent ist wie in wenigen anderen Ländern. Das ist es, worum es Ihnen geht, aber nicht um Hilfe für Menschen, die in Not sind.

Daher bringe ich jetzt folgenden Antrag ein:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Mag. Bruno Rossmann, Kolleginnen und Kollegen betreffend „die Valorisierung des Pflegegeldes“

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesregierung soll sicherstellen, dass das Pflegegeld spätestens ab 2020 jährlich entsprechend des Verbraucherpreisindex valorisiert wird.“

*****

Sie haben also heute hier noch einmal die Chance, diesem Antrag zuzustimmen, und ich fordere Sie auf, das zu tun.


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Im Übrigen werde ich neuerlich einen Initiativantrag einbringen, mit dem ich auf eine Valorisierung des Pflegegelds hinauswill. Ich werde in dieser Situation nicht locker­lassen. (Beifall bei JETZT.) Ich will nicht, dass Sie auf der einen Seite eine Valo­risierung der Parteienförderung beschließen, aber auf der anderen Seite den Men­schen nicht geben wollen, was ihnen zusteht, und jenen Menschen, die in Not sind, nicht helfen wollen.

Schauen wir uns an, was die Nichtvalorisierung des Pflegegelds bedeutet: in der Pflegestufe 7 gegenüber 2015 ein Verlust von 100 Euro, seit 1993 ein Verlust von 600 Euro. Das ist viel Geld für diese Menschen. Ich verstehe das ehrlich gesagt nicht, und daher fordere ich Sie auf, diesem Antrag hier und heute zuzustimmen und die Lösung oder zumindest eine Teillösung hinsichtlich der Finanzierung des Pflege­sys­tems nicht weiter zu verhindern. – Vielen Dank. (Beifall bei JETZT.)

16.32

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:

Entschließungsantrag

des Abgeordneten Bruno Rossmann, Freundinnen und Freunde

betreffend die Valorisierung des Pflegegeldes

eingebracht im Zuge der Debatte zum Dringlichen Antrag betreffend „Die Bundes­regierung muss Farbe bekennen: Solidarische Finanzierung aus den öffentlichen Budgetmitteln statt neuer Belastungen durch eine Pflegeversicherung“ in der 66. Sit­zung des Nationalrates

Begründung

Am 20.03.2019 wurde ein Antrag (563/A) zum Pflegegeld und dessen automatischer Anpassung an die Inflation im Sozialausschuss diskutiert, am Ende jedoch mit den Stimmen der Regierungsparteien vertagt. Am selben Tag stimmten die Regierungs­parteien im Verfassungsausschuss für eine automatische Anpassung an die Inflation, nämlich jene der Parteienförderung. Im zugehörigen Antrag (619/A) wird diese Politik für die eigene Tasche damit gerechtfertigt, dass eine Erhöhung der Parteienförderung seit 2015 ausgeblieben ist.

Doch auch die Höhe des Pflegegeldes wurde zuletzt mit dem BGBl. I Nr. 12/2015 angepasst. Um der seither verzeichneten Steigerung des Verbraucherpreisindex auch Rechnung zu tragen, müssten in der höchsten Pflegestufe mittlerweile bereits 100 Euro mehr bezogen werden. Berücksichtigt man die Entwicklung des Verbraucherpreisindex seit der Einführung des Pflegegeldes 1993, müsste der Auszahlungsbetrag in der höchsten Pflegestufe sogar um 600 Euro höher liegen, um die seither eingetretenen Kaufkraftverluste auszugleichen.

Die Bundesregierung befindet sich also auf einem Scheideweg. Entweder ihr ist die gepredigte Entlastung der Menschen ein Anliegen und sie entschließt sich für die überfällige Wertsicherung des Pflegegeldes, oder aber sie beschränkt sich auf die ent­behrliche Valorisierung der in Österreich ohnehin weit überhöhten Parteienförderung, Obergrenzen für Wahlkampfkosten und Spendenoffenlegungen – eine Valorisierung, die bloß der intransparenten Finanzierung politischer Apparate zugutekommt. An dieser Stelle offenbart sich das wahre Verständnis von sozialer Gerechtigkeit in diesem Haus.

Die unterfertigenden Abgeordneten stellen daher folgenden


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Entschließungsantrag

Der Nationalrat wolle beschließen:

Die Bundesregierung soll sicherstellen, dass das Pflegegeld spätestens ab 2020 jährlich entsprechend des Verbraucherpreisindex valorisiert wird.

*****


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Der Entschließungsantrag ist ordnungsgemäß eingebracht, ausreichend unterstützt und steht somit in Verhandlung.

Als Nächste gelangt Abgeordnete Sandler zu Wort. – Bitte.


16.32.27

Abgeordnete Birgit Silvia Sandler (SPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Mitglieder der Bundesregierung! Hohes Haus! Werte Zuseher und Zuseherinnen! Rund 18,4 Pro­zent der österreichischen Wohnbevölkerung leben mit einer oder mehreren Behin­de­rungen. Das sind Menschen, die alleine leben, Menschen, die in Wohngemeinschaften leben, die in Einrichtungen leben oder bei ihren Eltern leben. Das Pflegegeld ist dazu gedacht, dass diese Menschen den finanziellen Mehraufwand, den sie durch ihren psychischen oder physischen Gesundheitszustand haben, zumindest finanziell abge­golten bekommen. Dieser Mehraufwand ist bei verschiedenen Menschen unter­schied­lich: Ältere brauchen in der Pflege andere Unterstützung als Jüngere und Menschen mit Behinderung haben andere Bedürfnisse als Kranke. Das muss individuell abgeklärt und gefördert werden.

Ein trägerunabhängiger Pflegeservice wäre genau solch eine Drehscheibe, die als eine Ansprechstelle fungieren könnte. Menschen mit Behinderung haben dasselbe Recht wie jeder und jede andere, frei wählen zu können, wie, wo und mit wem sie leben wollen. Das ist häufig nur mit spezieller Unterstützung möglich und oft auch nur, wenn das nötige Kleingeld vorhanden ist.

Um auch ihnen ein selbstbestimmtes Leben ohne finanzielle Sorgen zu ermöglichen, braucht es eine klare und transparente Finanzierung. Wir reden von Menschen, die kaum oder ein geringes Einkommen haben; wir reden von Menschen, die meist von vielem, was für andere selbstverständlich ist, ausgeschlossen sind; wir reden von Menschen, die wissen, was es heißt, mit wenig auszukommen; und wir reden von Menschen, die Wertvolles für die Gesellschaft leisten können und auch wollen, wenn man sie nur lässt – wir reden von Menschen, die sich auf keinen Fall eine Pflege­versicherung leisten können.

Für uns ist absolut klar, dass es keine Pflegeversicherung geben kann (Beifall bei der SPÖ), für uns ist klar, dass es gerade für diese Menschen keine zusätzliche Belastung geben kann und für uns ist auch völlig klar, dass es nur mit einem staatlich finanzierten Pflegesystem gehen wird.

Menschen mit Behinderung leisten Wertvolles in der Gesellschaft. Ja, und dazu brauchen sie unsere Unterstützung. Als PolitikerInnen ist es unsere Pflicht, Rahmenbedingungen für alle zu schaffen, um eine echte Teilhabe an allen Bereichen des gesellschaftlichen Lebens zu ermöglichen. Ein bundesweit einheitliches Pflegesystem, das die Qualität und Ansprüche für alle Menschen in Österreich gleich regelt, wäre gerade für Men­schen mit Behinderung eine wichtige Erleichterung. Diese Ansprüche, von denen ich gesprochen habe, sind eben bei Menschen mit Behinderungen andere. Auch die müssen Platz haben. Sie müssen in dieser Diskussion und in einem nachhaltigen Pflegekonzept Platz haben.


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Wir brauchen eine Absicherung für ihre persönliche Assistenz im Freizeitbereich, die bedarfsorientiert und bundesweit einheitlich geregelt ist. Wir brauchen bundesweit einheitliche Unterstützung für technische Hilfeleistungen, nicht nur in der Schule oder in der Arbeit, sondern auch in der Freizeit. Wir brauchen spezielle Schulungen für Menschen in der Pflege, die sich um Menschen mit Behinderung in den Senioren­zentren kümmern werden. Wir brauchen eine jährliche Valorisierung des Pflegegeldes in allen Pflegestufen. Und wir brauchen eine bessere Bezahlung und bessere Arbeits­bedingungen für die Pflegekräfte.

Frau Ministerin, stehen Sie bitte zu Seite 119 des Regierungsprogramms, wo steht: „Mit einem klaren Bekenntnis zur Steuerfinanzierung aus einer Hand muss garantiert werden, dass das Geld bei den Menschen ankommt“.

Handeln Sie endlich, Ihre Versprechungen pflegen niemanden! – Danke, Glück auf! (Beifall bei der SPÖ.)

16.36


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Diesner-Wais. – Bitte.


16.36.49

Abgeordnete Martina Diesner-Wais (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Frau Bundesminister! Herr Bundesminister! Werte Kollegen! Liebe Zuhörer! Pflege ist ein Thema, das uns eigentlich fast alle irgendwann betrifft oder angeht. Laut einer aktu­ellen Wifo-Studie wird es in der Langzeitpflege in Österreich – ob das jetzt die Hauskrankenpflege, die mobile Pflege oder auch die stationäre Pflege ist – 2030 20 000 und 2050 60 000 Pflegestellen mehr als bisher brauchen und das ist natürlich eine große Herausforderung im personellen Bereich.

Die Entwicklungen im Pflegebedarf sind aber nichts, das erst kürzlich bekannt geworden ist, sondern sie sind schon seit Jahren bekannt. So stelle ich mir die Frage, warum die SPÖ in den letzten Sitzungen immer Dringliche Anfragen und Anträge zu Themen einbringt, für die sie bis vor Kurzem selbst verantwortlich war. (Abg. Leichtfried: Weil jetzt nichts mehr weitergeht! – Zwischenrufe der Abgeordneten Knes, Rendi-Wagner und Vogl.) Ich habe eine Vermutung, dass in den letzten Jahren der Mut gefehlt hat, die dringenden Probleme in diesem Bereich anzugehen.

Die neue Bundesregierung hat es sich eben zum Ziel gesetzt, die Themen Steuer­reform, Digitalisierung und besonders die Pflege in diesem Jahr zu Schwerpunkt­themen zu machen. Gesundheit und Pflege haben oberste Priorität. So wurde, wie wir heute schon gehört haben, im Dezember der Masterplan Pflege beschlossen. Im März, vor einer Woche, ist der Startschuss für den Dialog, für eine großartige Pflegereform gefallen. Der Masterplan Pflege bildet die Grundlage zu diesem Dialog und dieser Dialog sollte zwischen Bund, Land, Gemeinden und allen Betroffenen geführt werden. Ich denke, das ist etwas Wichtiges. Er hat fünf Ziele. Zuerst muss erhoben werden, was wir in welcher Form brauchen und erst dann geht es darum, die Finanzierung dafür zu finden.

Bessere Unterstützung für die pflegenden Angehörigen ist ein wichtiger Punkt, denn die pflegenden Angehörigen sind jene, die unser Sozialsystem günstig gestalten und die auch sehr verlässlich sind. Ich persönlich hatte in meiner Familie in letzter Zeit auch einen Pflegefall und daher weiß ich, welch große Herausforderung das für die Angehörigen bedeutet. Daher gilt meine ganz besondere Wertschätzung allen, die in der Pflege tätig sind, denn das ist eine besondere Herausforderung.

In Österreich sind rund 1,4 Millionen Menschen unmittelbar vom Thema Pflege be­troffen. Der Anteil der häuslichen Pflege ist mit 80 Prozent sehr hoch.


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Besonders bei den Bäuerinnen gibt es diesbezüglich einen hohen Anteil, denn sie sind es, die die Pflege noch in einem höheren Maß als andere zu Hause praktizieren. Daher ist es besonders wichtig, dass es eine bessere Unterstützung für die pflegenden Angehörigen gibt, dabei ist auch besonderes Augenmerk auf die Pflege von Demenz­kranken zu legen. Damit können wir gewährleisten, dass die Menschen in ihren eigenen vier Wänden alt werden können, und das auch langfristig absichern. Wir haben es heute schon öfter gehört: ambulant geht vor stationär. Das ist auch christlich-sozial. (Zwischenruf des Abg. Knes.)

Ein wichtiger Punkt ist für mich auch Qualifizierung und Ausbildung. Über die pfle­genden Angehörigen hinaus sind die Hilfsdienste und die Organisationen der Haus­krankenpflege ein wichtiger Eckpfeiler und eine große Stütze, die öffentliche Zuwen­dungen brauchen, um diese in Zukunft abzusichern. Wir brauchen bis 2030 24 000 Kräfte in der Pflege mehr und bis 2050 laut Wifo-Studie doppelt so viele. Daher müs­sen wir jeden Einzelnen, ob jung oder alt, der sich für Pflege interessiert, auch dafür begeistern können, eine Pflegeausbildung zu machen. Besonderes Augenmerk möchte ich da natürlich auch auf die Umsteiger richten, die in die Pflege und die Betreuung einsteigen wollen.

Der Punkt Nutzung von neuen Technologien ist gerade im Zusammenhang mit dem Thema, in den eigenen vier Wänden alt zu werden, eine Chance. Es geht um die Bedürfnisse der Menschen, die im Mittelpunkt stehen sollen. Es soll in diesem Jahr auch darum gehen, dieses Modell mit allen, die daran beteiligt sind, zu diskutieren, um damit ein Pflegemodell für die Zukunft auf die Füße zu stellen, mit dem wir alle glücklich sein können. Es geht darum, zusammenzuarbeiten, um die beste Pflege für jeden Einzelnen gewährleisten zu können. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der FPÖ.)

16.42


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Herr Abgeordneter Ragger ist zu Wort gemel­det. – Bitte.


16.42.16

Abgeordneter Mag. Christian Ragger (FPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Ge­schätzter Herr Bundeskanzler! Liebe Frau Ministerin! Lieber Herr Minister! Wenn wir heute über die Pflegeversicherung sprechen, dann ist es ja auch Aufgabe dieses Hauses, es nicht einseitig zu sehen, ob wir eine Pflegeversicherung oder andere Finanzierungsformen wählen wollen. Ich glaube, wir machen es uns heute zu leicht, wenn wir hier sagen: Wir müssen finanziell absichern, dass es möglich ist, die Menschen, die im Alter versorgt werden müssen, zu versorgen.

Wir müssen uns zuerst einmal anschauen, wie wir sie absichern. Wenn es heute – Sie alle haben die Zahlen gehört, der Herr Bundeskanzler hat sie genannt – 450 000 zu Pflegende in Österreich gibt, dann muss man diesbezüglich auch sehen, wie sie versorgt werden, wie sie gepflegt werden, wo sie versorgt werden und mit welcher Qualität sie versorgt werden. Frau Klubobfrau Rendi-Wagner hat es erwähnt.

Wie ist heute die Qualität der Pflege in Österreich? – Es sei mir erlaubt, das ein bisschen herunterzubrechen, weil ich nämlich seinerzeit als Soziallandesrat 64 verschiedene Pflegeheime evaluieren lassen habe, aber auch geschaut habe, was Qualität bedeutet. Es gibt klassische Pflegeversorgungsformen, wie wir jetzt gehört haben, 80 Prozent der Menschen werden mit Aufwand der Familie intensivst und vielfach auf Kosten der Familie versorgt, und es gibt auch abgestufte Formen teilstationärer Pflege sowie letztlich stationäre Pflegeeinrichtungen.


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Wo wollen wir aber hin? – Es ist ja nicht so, dass wir jetzt das Rad neu erfinden müssen. Wir haben es in ganz Europa untersucht, wir sehen ja auch, dass heute ganz Europa unter einem Kostendruck steht, weil nämlich – und das wissen Sie selber – die stationäre Pflege eindeutig die teuerste Form ist. Die günstigste Versorgung ist die Versorgung zu Hause.

Wenn wir diese Formen untergliedern wollen, dann müssen wir beginnen, diese Formen auch neu zu leben, nämlich so wie es auch andere Länder machen. Nehmen wir zum Beispiel die Schotten heraus, die Cottages gebildet haben, die eine zentrierte Einheit gebildet haben, um die herum sie kleine Versorgungseinrichtungen gemacht haben; man kann auch Amsterdam heranziehen.

Wir alle pilgern jedes Jahr zum Forum Alpbach. Hat sich aber irgendjemand einmal die Mühe gemacht, Ambient Assisted Living, was vor einigen Jahren der Schwerpunkt des Forums Alpbach gewesen ist, in die Tat umzusetzen, indem man nämlich Digita­lisierungen wirklich auch nach Hause bringt? – Das ist bei uns versiegt. Das heißt, auch dieser Punkt ist anzuschauen.

Die Region Veneto macht es zum Beispiel so – wir in Kärnten haben da auch einzelne Betreuungsformen herausgenommen und übernommen –, dass in untergliederten kleinen Einrichtungen maximal sechs Personen, die trotz Pflege noch selbst versorgungsfähig sind, das heißt, die niedrige Pflegestufen haben, niederschwellig versorgt werden können. Das ist eine wesentliche Voraussetzung dafür, um eine Kostenentlastung zu erreichen, denn eines ist gewiss: Die Kosten in einem Pflegeheims – wenn wir es heute über den Kamm scheren – belaufen sich im Schnitt auf 127 Euro pro Tag und Person, aber das sind Normkosten.

Wir müssen diese Normkosten zuerst, wenn wir wirklich über die Zukunft der nächsten Generation und der Generation der Älteren nachdenken wollen, in echte Kosten umrechnen, um zu untersuchen, was ein Haus heute wirklich effektiv kostet. Sie wer­den sehen, dass es da riesige Bandbreiten gibt. Dementsprechend ist auch dieser Bereich anzusehen, bevor wir über eine Pflegeversicherung oder über eine staatliche Versorgung reden.

Der dritte Punkt ist die qualitative Ausbildung. Ich habe miterlebt, dass eine diplomierte Krankenschwester am Abend dagesessen ist und Hunderte Medikamente eingepackt hat – Hunderte Medikamente, stundenlang. Entspricht das der Ausbildung einer diplo­mierten Kraft? Warum schafft es Deutschland längst, da eine Verblisterung durch­zuführen? Warum kann das Schweden seit 20 Jahren vorweisen? Damit werden Hunderte Millionen Euro gespart, weil die Medikamente professionell an die älteren Menschen abgegeben werden.

All diese Gedanken sollen wir uns auch im Sozialausschuss zu Gemüte führen, sodass wir über das Thema Pflege wirklich effektiv, echt und ohne Polemik sprechen können. Am Ende des Tages können wir dann entscheiden, ob wir staatlich oder mittels Pflegeversicherung finanzieren. Seien Sie sich aber eines gewiss – und ich möchte dieser Diskussion nicht vorgreifen –: Wenn Sie wollen, dass wir eine Pflegeversiche­rung einführen, dann müssen wir eine fünfte Säule einführen. Wenn Sie heute auf der Basis von 5,7 Milliarden Euro, was die effektiven Kosten sind, diese Pflegeversiche­rung einführen, dann brauchen Sie 4,5 Prozent der Bruttolohnsumme der Öster­reiche­rinnen und Österreicher. (Zwischenruf des Abg. Knes.) Das heißt, die Arbeit wird deut­lich teurer, der Wirtschaftsstandort Österreich ist gefährdet und wir müssen dann eine neue Form der Finanzierung finden. – Danke. (Beifall bei der FPÖ und bei Abge­ordneten der ÖVP.)

16.47



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Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Ich darf die Gäste von Gabriel Obernosterer, die Seniorinnen und Senioren aus Kärnten, recht herzlich bei uns im Hohen Haus begrüßen. – Herzlich willkommen. (Allgemeiner Beifall.)

Zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Griss. – Bitte.


16.47.50

Abgeordnete Dr. Irmgard Griss (NEOS): Herr Präsident! Frau Ministerin! Herr Bun­desminister! Meine Damen und Herren! Wenn man die Redebeiträge Revue passieren lässt, stellt man fest, dass man grundlegende Widersprüche oder Uneinigkeiten eigent­lich vergebens sucht – und das ist ja auch gut so.

Uns allen ist bewusst, dass die Organisation der Pflege eine ganz große Herausfor­derung ist. Uns allen ist auch bewusst, dass diese Herausforderung in den kommen­den Jahren noch größer werden wird. Der Grund ist die demografische Entwicklung, die kleineren Familieneinheiten, die verstärkte Berufstätigkeit der Frauen.

Es ist also ganz klar, dass diesbezüglich ein Bedarf besteht, der noch größer werden wird und den der Staat in irgendeiner Weise berücksichtigen und auch decken müssen wird. Aus meiner Sicht ist die primäre Frage heute daher nicht – jetzt bin ich bei meinem Vorredner und auch bei meinen Kollegen –: Wie bringen wir dann das Geld auf?, sondern die primäre Frage ist: Wie machen wir es, wie organisieren wir das? Dann wird man fragen: Was kostet das?, und dann wird man schauen: Wie können wir dieses Geld aufbringen? – Die Notenpresse ist da wahrscheinlich nicht das richtige Mittel.

Ich glaube, wenn man sich dem Thema nähert, muss man vier Fragen stellen. Die erste Frage ist: Was können wir tun, damit die Menschen länger fit bleiben? Was können wir mit Prävention hinsichtlich Pflegebedürftigkeit erreichen? Wie können wir Menschen mobil halten? Das ist einmal das Wichtigste, glaube ich, denn wer nicht pflegebedürftig wird, der muss gar nicht gepflegt werden, beziehungsweise es wird der Zeitraum dann viel kürzer.

Der zweite Punkt, der sehr wichtig ist – das wurde ja schon wiederholt angesprochen ‑: Die Menschen wollen zu Hause bleiben. Wie machen wir es möglich, dass Menschen zu Hause gepflegt werden? Wir haben ja das Riesenglück – ein unverdientes Glück, denn wir können gar nichts dafür –, dass der Lebensstandard in unseren östlichen Nachbarländern niedriger ist, sodass Frauen aus diesen Ländern bereit sind, diese schwere Aufgabe bei uns zu übernehmen. Was täten wir, hätten wir nicht die 24-Stunden-Betreuerinnen? Jeder kann das in seinem Umfeld beobachten. Was also tun wir, um die Pflege zu Hause möglich zu machen? Eines Tages werden diese Frauen nämlich nicht mehr kommen, jedenfalls nicht in dieser Zahl.

Das Dritte, das ganz wichtig ist: Noch immer tragen Angehörige die Hauptlast. Wie unterstützen wir sie? Auch das ist angesprochen worden, auch das muss man sich überlegen. Kann man jeden anstellen? Kann der Bund jetzt so viele Beschäftigungs­verhältnisse schaffen?

Das Vierte, das wir uns fragen müssen, ist: Wie machen wir es attraktiv, in der Pflege zu arbeiten? Wie können wir das bewerkstelligen? – Es wird nicht nur übers Geld laufen, es wird auch das Ansehen, die Wertschätzung sein, die diese Menschen in der Gesellschaft erhalten. NEOS haben daher ein Projekt aufgesetzt – Frau Kdolsky leitet das –, in dem Vorschläge ausgearbeitet werden, wie Pflege organisiert werden kann.

Im Februar gab es dazu eine Auftaktveranstaltung. Dort sind Vertreter und Ver­treterinnen von Pflegeberufen, Experten und Expertinnen zusammengekommen. Seit­her gab es schon einige Workshops, und da hat sich zumindest eines herauskris­tal-


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lisiert: Wir müssen bei den Primärversorgungsnetzwerken ansetzen. Das ist eine gute Idee, und es ist gut, dass diese eingeführt wurden. Was wir brauchen – dazu haben wir in Skandinavien ein Vorbild, dort gibt es die Community Nurses –, das sind Ansprech­personen und Pflegepersonen in diesen Netzwerken, Pflegepersonen, die sich das Umfeld der Personen anschauen, die sie beraten und die auch bestimmte Pflege­leis­tungen erbringen.

Um das aufzuwerten, wird man den Pflegepersonen, dem Pflegepersonal auch Auf­gaben übertragen können, die jetzt von Ärzten wahrgenommen werden. Man wird sie auch besser bezahlen müssen. Dazu wird es notwendig sein, dass man auch einen Pflegekostenkatalog erstellt. Das fehlt jetzt. Es gibt zwar eine Abgeltung für die ärztlichen Leistungen in einem Primärversorgungsnetzwerk, aber noch nicht für die Leistungen des Pflegepersonals. Das ist aber dringend notwendig.

Da müssen wir ansetzen, und ich glaube, da sind alle gefordert: Wir brauchen alle guten Ideen von allen Seiten, egal, von wem sie kommen. Setzen wir uns dafür ein, beschäftigen wir uns damit! – Danke. (Beifall bei den NEOS.)

16.53


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Vogl. – Bitte.


16.53.10

Abgeordneter Ing. Markus Vogl (SPÖ): Herr Bundeskanzler! Frau Ministerin! Herr Minister! Hohes Haus! Vielleicht sollten wir uns noch einmal anschauen, worüber wir hier diskutieren. (Abg. Belakowitsch: Über den Antrag!) Der Entschließungstext ist ganz einfach: „Die Bundesregierung wird aufgefordert, entsprechend dem eigenen Regierungsprogramm sicherzustellen, dass in Zukunft alle Pflegeleistungen aus­schließ­lich aus den öffentlichen Budgetmitteln und keinesfalls über eine Pflegever­sicherung jedweder Art finanziert werden.“

Es geht also um die Grundsatzfrage: Verstehen wir Pflege und Betreuung in unserer Gesellschaft als eine gemeinsame solidarische Aufgabe oder ist das ein persönliches Risiko? (Zwischenruf des Abg. Neubauer.)

Wir sagen – und das hat bis jetzt auch das Regierungsprogramm gesagt –, dass es eine gemeinsame Verantwortung und Aufgabe sein soll. Auf einmal gibt es jedoch Dis­kussionen, die von diesem Regierungsprogramm abweichen, und anstatt darauf ein­zugehen und uns zu erklären, was wirklich der Inhalt dahinter ist, macht man etwas, das sich in den Rhetorikschulungen offensichtlich bewährt hat – der Herr Bundes­kanzler ist ja ein Weltmeister darin –: Man behauptet etwas, was nie gesagt worden ist, und behauptet dann das Gegenteil.

Niemand von der SPÖ ist hier herausgekommen – schon gar nicht unsere Bundes­parteivorsitzende – und hat hier Angst geschürt. (Abg. Wurm: Bissi schon! – Zwi­schenruf der Abg. Belakowitsch.) Wir haben nur auf ein Thema hingewiesen, nämlich dass wir es für richtig halten, dass das Regierungsprogramm in der bestehen­den Form in diesem Punkt umgesetzt wird. Wir haben darauf hingewiesen, dass es natürlich in diesem Bereich riesige Herausforderungen gibt. Der Herr Bundeskanzler (auf den leeren Platz auf der Regierungsbank weisend), der solche Dinge ja immer nur aus der Entfernung verfolgt, ist aber sofort hergegangen und hat die Fakten ins Gegenteil verkehrt. Er macht auch noch etwas immer ganz geschickt: Er stellt sich hin und sagt: Ich moderiere jetzt ein bisschen, denn ich bin da jetzt im Hohen Haus, also moderiere ich ein bisschen, beschreibe ein bisschen das Problem. – Was aber ist die Lösung? (Zwischenruf des Abg. Neubauer.) Vom Beschreiben und Moderieren wird es nämlich


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nicht wirklich besser; und dann kommt am Schluss noch dieser Killersatz: Und ich lade zur Diskussion ein.

Ich glaube, dass sich da manche nicht ganz ernst genommen fühlen – so formuliere ich es einmal, denn alles andere würde, glaube ich, einen Ordnungsruf bedeuten –: Wir hatten ja die Diskussion zur Sozialhilfe Neu. Dazu hat es – ich weiß nicht, wie viele – Stellungnahmen gegeben. Wo war da die Einbindung und die Diskussion dazu? Wo ist das echte Angebot, mit uns in eine Diskussion einzutreten?

Wir als SPÖ nehmen das jedoch zur Kenntnis: Das Regierungsprogramm ist an­scheinend nicht mehr in Stein gemeißelt. Vor mir sitzt Kollege Peter Wurm. – Peter, wir haben damit auch die Chance, etwas durchzusetzen, das auch uns wichtig ist: die Sammelklage. (Zwischenrufe des Abg. Eßl.) Das ist etwas, von dem wir wissen, dass es klug wäre, das umzusetzen, und offenbar fühlt sich der Regierungspartner eh nicht mehr daran gebunden. (Zwischenrufe bei der ÖVP. – Heiterkeit des Abg. Wurm.) Das heißt, wir hätten da die Chance, in Zukunft gemeinsam wirklich etwas für die Menschen in diesem Land weiterzubringen! (Abg. Wurm: Mit dir gerne! – Zwischenruf der Abg. Schimanek.)

Um jetzt aber zur Ernsthaftigkeit zurückzukommen: Ich glaube, die gute Nachricht – das ist ja auch angesprochen worden und das haben wir immer wieder betont – ist: Ja, wir werden älter. Die zweite gute Nachricht ist: Wir haben mehr Lebensjahre bei guter Gesundheit. Das sind Dinge, die uns freuen sollten. Gleichzeitig sollten wir aber nicht die Augen vor den Herausforderungen verschließen, nämlich dass diese Entwicklung keine Selbstverständlichkeit ist, denn die Entwicklung, die wir heute erleben, ist das Erbe einer jahrzehntelangen harten Politik.

Diese Politik hat damit angefangen, dass wir uns darum gekümmert haben, dass die Arbeitsbedingungen in den Betrieben für die Menschen menschenwürdiger werden. (Beifall bei der SPÖ sowie des Abg. Noll.) Wenn wir also heute erleben, dass wir ernten, was wir vor vielen Jahrzehnten zu säen begonnen haben, dann wissen wir auch, dass das, was wir aktuell in der Politik erleben, durchaus dazu führen kann, dass das Problem, vor dem wir gemeinsam stehen werden, ein deutlich größeres sein wird. Die Frage ist nämlich, ob wir heute eine Arbeitswelt haben, die gesünder oder weniger gesund als noch vor drei oder vier Jahren ist, und ob wir eine Gesundheits- und Arbeitsministerin haben, die die Probleme der Menschen draußen ernst nimmt und Lösungen sucht – oder ob Sie, Frau Ministerin, sich als verlängerte Werkbank der Wirtschaft verstehen und im Sinne einer Wirtschaftsministerin agieren.

Ja, wir stehen vor einer Herausforderung! Es ist schon oft angesprochen worden: Wir brauchen in den nächsten Jahren zusätzlich 24 000 Menschen in der Pflege und Betreuung brauchen. Das ist, wenn wir uns anschauen, in welchem Umfang der öster­reichische Arbeitsmarkt pro Jahr wächst, nicht wirklich eine riesige Herausforderung. Es ist aber natürlich insofern eine Herausforderung, als wir wissen, dass der Pflege­bereich nicht das Image hat, das er verdient. Natürlich ist es eine Herausforderung, in diesem Bereich tätig zu werden, weil die Belastung, Menschen zu betreuen, Menschen zu pflegen, oft an die Substanz geht.

Es geht an die Substanz der pflegenden, betreuenden Angehörigen, es geht aber auch an die Substanz der Menschen, die in diesem Bereich beruflich tätig sind. Darum braucht es – das ist oft angesprochen worden – Modelle, die in Zukunft beides er­möglichen: dass einerseits betreuende Angehörige Unterstützung bekommen und für die, die zu pflegen und zu betreuen sind, jene Flexibilität in der Betreuung, die sie brauchen, gewährleistet ist; dass aber andererseits auch die Ansprüche der Beschäf­tigten in dieser Branche entsprechend wahrgenommen und wertgeschätzt werden. Auch jene dürfen wir am Ende dieser Diskussion nicht vergessen.


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Ich darf am Schluss noch einmal zeigen, dass es auch anders geht: Das Land Bur­genland hat ein sehr faktenbasiertes Konzept erarbeitet, in dem man aufzeigt, was an kleinen Schritten notwendig ist, um diesem Problem zu begegnen. Da ist natürlich noch Diskussion nötig und viele werden noch eingebunden werden müssen, um am Ende des Tages zu einem runden Konzept zu kommen, aber man ist dort einen Schritt weiter: Man kennt schon die Richtung, in die man gehen möchte. Das hat diese Regierung bis jetzt nicht geliefert, und es ist schon oft aufgezeigt worden, dass wir das wahrscheinlich auch nicht so schnell zu Gesicht bekommen werden. (Beifall bei der SPÖ sowie des Abg. Noll.)

16.58


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Frau Abgeordnete Schwarz ist zu Wort gemel­det. – Bitte.


16.58.44

Abgeordnete Gabriela Schwarz (ÖVP): Werter Herr Präsident! Herr Bundeskanzler! Frau Ministerin! Herr Minister! Auf das Beispiel Burgenland komme ich gleich zu sprechen; zunächst möchte ich noch einmal betonen, was der Herr Bundeskanzler zu Beginn gesagt hat: elf Jahre von der SPÖ geführtes Sozialministerium, zehn Jahre von der SPÖ geführtes Gesundheitsministerium – und jetzt wird es dringend. Irgendwie dürfte das System haben, ich erinnere nur an die Sondersitzung zum Thema Ärzte­mangel. (Beifall bei der ÖVP. – Abg. Keck: 30 Jahre ÖVP in der Regierung!)

Zum Burgenland: Vorschläge wie zum Beispiel jenen, alle pflegenden Angehörigen beim Land anzustellen – und am nächsten Tag aus den eigenen Reihen ausgerichtet zu bekommen, dass man sich das arbeitsrechtlich erst wirklich anschauen und die Frage klären müsse, was das zum Beispiel für den KV der Pfleger bedeuten würde –, halte ich für reichlich überschießend und diskussionswürdig. (Ruf bei der SPÖ: Ihr habt schon etwas am Tisch, oder?)

Ich möchte jetzt auch gar nicht auf die Details im Konzept der burgenländischen SPÖ eingehen, denn ich setze mich ungern mit vielen Überschriften auseinander, unter denen nichts Praktikables steht. Ich bin da wirklich für konstruktive Diskussionen auf breiter Basis (Abg. Klaus Uwe Feichtinger: Das ist eh schon aus dem Regierungs­programm ...!), wie es sie zum Beispiel beim Pflegeforum letzte Woche gab.

Herr Kollege Rossmann, Sie haben gesagt, dort hätten nur Parteien diskutiert. Schade, dass Sie nicht dort waren!

Ich war nämlich bis zum Schluss dort, und dort sind sehr wohl pflegende Angehörige und junge Menschen, die den Pflegeberuf erlernen, zu Wort gekommen. Das haben Sie leider versäumt. Das richte ich auch an den Kollegen Loacker; schade, dass er nicht dort war, obwohl er darauf Bezug genommen hat, und schade, dass er in seiner Rede nicht einen wirklichen, konstruktiven Vorschlag geliefert hat.

Ich halte es für wichtig, dass wir das Thema Pflege auf breiter Basis mit allen Be­teiligten diskutieren. Es geht selbstverständlich um die pflegenden Angehörigen, denen wir die höchste Wertschätzung zollen, aber auch um alle, die in den stationären Ein­richtungen und in den mobilen Einrichtungen tätig sind. Auch sie haben unsere höchste Anerkennung und Wertschätzung verdient. (Beifall bei Abgeordneten der ÖVP sowie des Abg. Rosenkranz.)

Es geht um das Thema Ausbildung. Es geht darum, wie wir diese Berufe für junge Menschen so attraktiv machen, wie wir es zum Beispiel von den zwei jungen Men­schen gehört haben, die beim Pflegeforum waren, die mit Herz dabei sind und die sagen, sie möchten den Menschen etwas zurückgeben. Es ist ein Beruf für die Zukunft; wir müssen die Arbeitsbedingungen überprüfen und den Beruf wirklich attraktiver ge-


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stal­ten. Organisation ist auch für uns selbstverständlich ein Thema. Die Entlastung aller, die in diesem Bereich zu tun haben, ist uns extrem wichtig. Und dann geht es um die Finanzierung. Da jetzt Einzelnes herauszunehmen, halte ich für das Spielen politischen Kleingelds, und dafür bin ich nicht zu haben.

Wir haben von Anfang an gesagt, wir nehmen uns ein Jahr Zeit, wir diskutieren mit allen, wir versuchen, möglichst breit aufzustellen. Ich habe bei einer anderen Podiums­diskussion eine Vertreterin einer NGO erlebt, die vom Podium aus gesagt hat: Hört doch endlich auf zu jammern! Das ist die erste Bundesregierung, die sich dieses Themas wirklich profund annimmt! (Beifall bei Abgeordneten von ÖVP und FPÖ.)

Wir sind unseren Kindern und Enkelkindern verpflichtet. Wir nehmen diese Aufgabe sehr ernst. Wir haben uns ein Ziel gesetzt: In einem Jahr werden wir ein Paket prä­sentieren können, das zukunftsfit ist und das nicht nur wie bei der burgenländischen SPÖ bis 2030 hält, sondern weitaus länger. – Danke. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der FPÖ.)

17.01


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Frau Abgeordnete Belakowitsch ist zu Wort ge­meldet. – Bitte.


17.02.03

Abgeordnete Dr. Dagmar Belakowitsch (FPÖ): Herr Präsident! Sehr geehrte Minis­ter! Herr Bundeskanzler! Werte Kolleginnen und Kollegen! Der heutige Dringliche Antrag, Frau Kollegin Rendi-Wagner, ist halt auch wieder so ein bissl ein Geplätscher. Sie fordern da jetzt, dass das Regierungsprogramm umgesetzt wird oder dass sicher­gestellt wird, dass es umgesetzt wird.

Da kann ich Ihnen versprechen: Natürlich wird das umgesetzt. (Abg. Rendi-Wagner: Super!) Wir sind jetzt nicht einmal eineinhalb Jahre dabei, das umzusetzen. Also mir ist der ganze Sinn der heutigen Debatte nicht ganz klar, zumal dieser Diskussionsprozess im Bereich der Pflege erst begonnen hat – Sie waren ja letzte Woche selbst dabei. Darum verstehe ich nicht ganz, warum Sie heute etwas auf die Tagesordnung setzen, bei dem wir ganz zu Beginn eines Diskussionsprozesses stehen, und glauben, Sie bekommen jetzt eine fertige Lösung. Das ist ja unseriös oder wäre unseriös, würde jetzt irgendjemand hergehen und sagen: So wird es ausschauen! – Dann bräuchte es keine Diskussion. (Beifall bei der FPÖ.)

Das ist möglicherweise zu Ihrer Zeit in Ihrer Fraktion so gewesen, die neue Bundes­regierung lebt hier einen etwas anderen Stil. (Präsidentin Bures übernimmt den Vor­sitz.)

Wissen Sie, es ist ja heute schon oft gesagt worden, es hat ja seit dem Jahr 2006 bis 2017 sozialdemokratische Sozialminister gegeben, und da war nicht alles schlecht, was in der Pflege passiert ist. Ich möchte Sie aber schon daran erinnern, weil Sie sich so als die Kämpfer für die Pflege herstellen: Es war unter dem sozialistischen Sozial­minister Hundstorfer, als im Jahr 2011 der Zugang zu den Pflegestufen 1 und 2 er­schwert wurde. Unter dem gleichen sozialistischen Sozialminister Hundstorfer wurde der Zugang im Jahr 2015 noch einmal erschwert. Da ist eine ganze Pflegestufe de facto weggefallen.

Sie tun immer so, als hätten Sie alles Gute gemacht. – Na, das Gegenteil war der Fall: Sie haben den Leuten etwas genommen, nämlich denen, die sich nicht wehren kön­nen. Das ist eine Tatsache gewesen. Und sich jetzt da herzustellen und zu sagen: Wir wollen jetzt endlich ein Ergebnis haben, weil letzte Woche ein Diskussionsprozess begonnen hat!, ist etwas, das unehrlich und eigentlich auch sinnlos ist, weil jeder, der


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sich ernsthaft in den Prozess einbringt, heute nicht sagen kann, wohin die Reise genau gehen wird.

Dass Sie einen Antrag stellen, dass ein Regierungsprogramm umgesetzt wird, ehrt Sie zwar und ist ein lieber Versuch, aber ich sage es Ihnen ganz ehrlich: Das Regie­rungsprogramm wird umgesetzt. Das haben wir ja schon bei jenen Punkten gesehen, die bereits abgearbeitet sind. Wir haben erst heute in der Früh über die Sozialhilfe Neu diskutiert – auch ein ganz wesentliches Thema –, und jetzt ist es eben die Pflege, die hier bearbeitet wird. Auch die wird zugunsten der Menschen in diesem Land bearbeitet werden. Da wird es am Ende des Tages eine Lösung geben, die den Menschen nützt, sich an den Bedürfnissen der Menschen in diesem Land orientiert und nicht von irgendwo oben kommt, nach dem Motto: Da darf nicht, dort darf nicht, das muss, das muss!

Zuerst lassen Sie uns einmal erheben: Was wollen wir? Was brauchen wir? Was brauchen wir im Bereich der Ausbildung? Was brauchen wir im Bereich der Betreu­ungs­möglichkeiten? Da müssen wir wissen, wohin die Reise geht, was der Bedarf in den nächsten Jahren, in den nächsten Jahrzehnten ist, wenn beispielsweise die gebur­tenstarken Jahrgänge in ein Alter kommen, in dem sie möglicherweise in die Situation kommen, dass sie gepflegt werden müssen. All das muss man in diese Situation mit­einplanen.

Man muss aber auch sehen, was die Wünsche der Menschen sind. Und ja, 80 Prozent aller Pflegebedürftigen – das ist heute schon mehrmals gesagt worden – werden daheim gepflegt, weil sie das wollen. Sind wir den Menschen, die das tun, den pfle­genden Angehörigen, die das tun, doch endlich auch dankbar! Die öffentliche Hand erspart sich dadurch nämlich an die 3 Milliarden Euro im Jahr im Vergleich dazu, wenn all diese Leistungen sozusagen auf die öffentliche Hand abgewälzt würden.

All das muss man hier einarbeiten. Pflege ist ein so vielschichtiger Bereich. Das kann man hier jetzt nicht in 2 Stunden abhandeln, noch dazu mit so einer Wald-und-Wiesen-Thematik, wie Sie sie hier bringen. Sie haben in Ihren Antrag alles hineingepackt, hineingebracht ohne eine Struktur. Genauso ist natürlich auch die Debatte verlaufen, weil keiner eigentlich genau gewusst hat: Wohin wollen Sie von der SPÖ? Was wollen Sie eigentlich? (Zwischenruf des Abg. Klaus Uwe Feichtinger.) Sie haben hier eine Diskussion angezettelt, Sie haben keine Stoßrichtung vorgegeben, Sie haben nicht gewusst, was Sie möchten. Sie wollen nur einfach gegen etwas sein.

Ich meine, das ist auch ein Anspruch, den haben wir jetzt schon kennengelernt. Das sei Ihnen unbenommen. Sie können das auch weiterhin so machen. Die Bundes­regierung wird auch in Zukunft weiterarbeiten. (Beifall bei Abgeordneten von FPÖ und ÖVP.)

17.06


Präsidentin Doris Bures: Nun hat sich Frau Bundesministerin Mag.a Hartinger-Klein zu Wort gemeldet. – Bitte, Frau Ministerin.


17.06.30

Bundesministerin für Arbeit, Soziales, Gesundheit und Konsumentenschutz Mag. Beate Hartinger-Klein: Sehr geehrte Frau Präsidentin! Werter Bundeskanzler! Kollege Moser! Hohes Haus! Zuerst muss ich mich bei Ihnen bedanken, Frau Kollegin Klubobfrau Pamela Rendi-Wagner. Sie haben mir und der Regierung zum zweiten Mal die Möglichkeit gegeben, aufzuzeigen, welche Baustellen Sie hinterlassen haben und welchen Mut die Regierung hat, Reformen zu betreiben. (Beifall bei Abgeordneten von FPÖ und ÖVP. – Zwischenrufe der Abgeordneten Drozda und Rendi-Wagner.)


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Wenn ich mir Ihren Antrag anschaue: Da sind nicht einmal die Zahlen richtig. Sie sprechen nämlich von einem Eigenbeitrag von 500 bis 700 Millionen Euro. In der Pflegedienstleistungsstatistik 2017, die Sie ja auch kennen, stehen Beiträge von 1,4 Milliarden Euro. Also nicht einmal die Zahlen in Ihrem Antrag stimmen. (Abg. Rendi-Wagner: Das stimmt nicht! – Abg. Drozda: Das schreit nach einer tatsächlichen Berichtigung!)

Meine Damen und Herren, uns, mir speziell, ist es wichtig, die Gesamtheit zu betrach­ten, wenn wir das Thema Pflege hier diskutieren. Um die Gesamtheit zu betrachten, ist es wichtig, festzustellen, wer, wie, wo gepflegt wird. Das muss zuerst geklärt werden: die Qualität der Pflege und natürlich auch – Frau Kollegin Griss hat das als Einzige angesprochen – die Prävention. Das heißt, wir müssen schauen, dass die Menschen – wir werden immer älter – gesund älter werden. Auch da, sage ich einmal, sind Ver­säumnisse der ehemaligen SPÖ-Gesundheitsminister vorhanden, denn wir werden leider Gottes noch nicht gesund älter. Auch da ist anzusetzen, denn wenn wir gesund älter werden, brauchen wir die Pflege nicht.

Zur Frage, wo gepflegt wird: Das Credo lautet natürlich, mehr zu Hause und weniger stationär. Das heißt, dass wir hier natürlich auch entsprechende Maßnahmen setzen müssen.

Zur Frage, wie: Da geht es um die Pflege selbst, darum, welche Ausbildungen unsere Leute brauchen. Wir haben sehr viele qualifizierte Leute, von den Pflegeassistenten, Pflegefachassistenten, über Diplomierte Gesundheits- und Krankenpfleger, Sozial­helfer, Heimhelfer bis zu den in der 24-Stunden-Betreuung-Tätigen. Das heißt, wir haben schon sehr viel, um da auch eine quasi integrierte, entsprechende Versorgung darzulegen.

Ich habe bei dem Dialog, den wir vorige Woche geführt haben, der wirklich sehr viel abgedeckt hat und sehr breit aufgesetzt war – mir ist die breite Diskussion sehr, sehr wichtig –, Florence Nightingale zitiert. Florence Nightingale – für diejenigen, die mit der Pflege nicht so viel zu tun haben – war eine der größten Sozialreformerinnen, selbst Krankenschwester im englischsprachigen Raum. Sie hat schon gesagt: Für die Pflege ist eine spezielle, sage ich einmal, Berufung notwendig, eine Hingabe zu den Menschen. – Das hat natürlich so ein Pflegekonzept auch abzudecken. Wir wollen, dass unsere Menschen qualifiziert, mit Herz entsprechend gepflegt werden. Das muss unser Ziel sein.

All diese Themen sind zu lösen – wie eine Triagierung, sagt man in der Medizin, also sprich: mithilfe eines Assessments, um wirklich zu sehen, was der zu Pflegende braucht. Braucht er nur eine 24-Stunden-Betreuung? Braucht er eine Gesundheits- und Krankenpflege? In einem Assessment ist abzustimmen, was der Einzelne konkret braucht. Ich verwende hier den Begriff personalisierte Pflege – das Wort personalisiert kommt auch aus der Medizin –, das heißt auf den Einzelnen bezogen. Welchen Bedarf, welche Bedürfnisse hat der Einzelne? Das alles, meine Damen und Herren, ist zu klären, bevor ich die Frage der Finanzierung angehe.

Wie der Herr Bundeskanzler schon gesagt hat, schauen wir uns natürlich an, welche Pflegemodelle, Pflegekonzepte es im internationalen Bereich gibt. Ich bin für alles offen, aber eines ist auch klar: Wir wollen ein solidarisch finanziertes System, in welcher Form auch immer. Wir werden das genau analysieren, uns das genau an­schauen, aber eines ist sicher: Wir sichern die Pflege für alle Österreicherinnen und Österreicher nachhaltig. Die Pflege ist zukunftsfit und sicher. (Beifall bei FPÖ und ÖVP.)

17.10



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Präsidentin Doris Bures: Zu einer tatsächlichen Berichtigung hat sich Frau Klub­vorsitzende Dr.in Pamela Rendi-Wagner gemeldet. – Bitte.


17.11.06

Abgeordnete Dr. Pamela Rendi-Wagner, MSc (SPÖ): Frau Präsidentin! Frau Bun­des­ministerin Hartinger-Klein hat gerade behauptet, dass die Zahlen in unserem Dringlichen Antrag zum Eigenbeitrag, was die Pflegefinanzierung betrifft, falsch wären und laut ihren Aussagen 1,3 Milliarden Euro Eigenmittel umfassen würden. (Bundes­ministerin Hartinger-Klein: 1,4!)

Ich berichtige tatsächlich: Das ist falsch, Frau Bundesministerin, denn Ihre Angabe bezieht sich auf die Zeit vor Abschaffung des Pflegeregresses. (Bundesministerin Hartinger-Klein: 2017!) Die tatsächlichen Zahlen nach Abschaffung des Pflegeregres­ses sind 600 bis 700 Millionen Euro. Sie sollten die Zahlen Ihres Hauses kennen. – Danke schön. (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Plessl: Das kann ja passieren! – Abg. Höbart: Das haben die SPÖ-Wähler jetzt sicher verstanden!)

17.11


Präsidentin Doris Bures: Frau Abgeordnete Dipl.-Ing.in Karin Doppelbauer ist nun zu Wort gemeldet. Sie haben 4 Minuten, Frau Abgeordnete. – Bitte.


17.12.03

Abgeordnete Dipl.-Ing. Karin Doppelbauer (NEOS): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Mitglieder der Bundesregierung! Hohes Haus! Liebe Zuseherinnen und liebe Zuseher! Ich lade Sie zu einer kleinen Zeitreise ins Jahr 2017 ein. Damals hatten wir Vorwahlkampf, und wie Sie sich vielleicht erinnern können, ist dieser ein bisschen in ein politisches Süßigkeitenverteilen ausgeartet, denn plötzlich hat es viele Wahl­zuckerl gegeben, und das größte Wahlzuckerl, das wir im Jahr 2017 hatten, war die Abschaffung des Pflegeregresses. Faktum ist, außer NEOS haben alle hier diesem Zuckerl nicht widerstehen können, Sie haben alle entgegen jeder Vernunft für die Abschaffung gestimmt, ohne sich ernsthaft zu überlegen, wie die Finanzierung aus­schauen kann.

Verstehen Sie mich bitte nicht falsch, die Struktur und die Strategie, wie sie eben besprochen wurden, müssen natürlich vorher überlegt werden, und wir wissen alle, dass die Pflege höchst wichtig und reformbedürftig ist – das haben wir heute schon mehrmals klargestellt, auch meine Kollegin Irmgard Griss hat das schön skizziert –, aber man muss die Finanzierung auch von Anfang an mitbedenken. 2017 hat das niemanden in diesem Haus interessiert – und so, wie es ausschaut, haben Sie offenbar auch nicht sehr viel dazugelernt, denn auch jetzt sieht man wieder, dass hier zwar darüber gesprochen wird, dass man sich Modelle anschauen soll, die gerade evaluiert werden, aber was man dann doch aus den Medien vernimmt, ist: Nein, nein, das wird alles solidarisch bezahlt! – Und von wem? – Natürlich vom Steuerzahler, von der Steuerzahlerin, von den Unternehmerinnen und von den Unternehmern und natürlich von der nächsten Generation.

Tatsache ist auch, dass Österreich ein wohlhabendes Land ist, und natürlich kann man Pflege finanzieren, wenn man sich ein kluges System überlegt. Davon sieht man aber im Augenblick noch nicht sehr viel und es fehlen schlicht und einfach die grund­legenden Zahlen, die man brauchen würde, um sich so ein System auch zu überlegen.

Erinnern wir uns an die Budgetdebatte 2018: Die Länder haben gesagt, sie brauchen 1 Milliarde Euro zusätzliches Geld wegen der Abschaffung des Pflegeregresses. Der Bundesminister für Finanzen hat gesagt, es sind 100 Millionen Euro, die Experten haben sich irgendwo dazwischen gefunden. Das ist ein Faktor 1 : 10 – so kann man


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kein vernünftiges Konzept planen. Zuletzt hat die Landeshauptleutekonferenz einen Rahmen von 340 Millionen Euro genannt. Der Herr Finanzminister hat das im Februar nicht bestätigen können, er hat gesagt: Na ja, schauen wir uns halt einmal an, was es kostet, und dann rechnen wir es hoch! – Das ist am Ende des Tages nicht die Art und Weise, wie man mit Zahlen umgeht, so kann man auch keine kluge Strategie entwickeln. Man braucht hier zumindest grundlegendes Zahlenmaterial, um nach vorne zu schreiten.

Abgesehen von diesem Zahlendschungel gibt es aber noch etwas anderes, was uns gar nicht gefällt, und zwar ist das die weitere Verstaatlichung der Pflege ohne Rücksicht auf Verluste. Sie sagen: Mehr zu Hause, weniger stationär!, aber Sie sub­ventionieren zuerst einmal die hohen Pflegestufen. Bei den unteren Pflegestufen, den Pflegestufen 1 bis 3, die nämlich dazu da sind, genau jenen Menschen zu helfen, die zu Hause pflegen, die die Angehörigen unterstützen, die zu Hause helfen und superwichtig sind, wird nichts gemacht. Das ist das Gegenteil dessen, was die Men­schen wirklich wollen. Es gibt eine Studie – Sie haben, glaube ich, gesagt, 80 Prozent aller Menschen wollen zu Hause gepflegt werden –, in der wir sehen, dass 96 Prozent aller Menschen sagen, dass sie zu Hause gepflegt werden wollen. Nur 4 Prozent der ÖsterreicherInnen wollen im Alter in ein Heim.

Was passiert da also? – Wir wählen die teuerste aller Varianten, die wir subven­tio­nieren, und wir machen etwas, das nicht dem entspricht, was die Österreicherinnen und Österreicher eigentlich wollen.

Es geht in der Pflege um sehr viel Geld, es geht aber vor allem um die Menschen, es geht um die Pflegebedürftigen, es geht um die Pflegerinnen und Pfleger und es geht um die Angehörigen. Ich appelliere deshalb in aller Ernsthaftigkeit an Sie: Hören Sie auf die Bedürfnisse der Menschen, Frau Bundesminister! Prüfen Sie faire und nachhaltige Modelle der Finanzierung (Bundesministerin Hartinger-Klein spricht mit Bundeskanzler Kurz und Bundesminister Moser) – es ist eh gleich aus, vielleicht hören Sie mir noch ganz kurz zu – und achten Sie auch auf ein Budget, das auch nachkommende Generationen solidarisch mittragen können! Kurz gesagt: Machen Sie faktenbasierte Politik, die auf die Bedürfnisse der Menschen, die betroffen sind, wirklich eingeht! – Danke sehr. (Beifall bei den NEOS.)

17.16


Präsidentin Doris Bures: Nun ist Herr Abgeordneter Alois Stöger zu Wort gemeldet. – Bitte, Herr Abgeordneter.


17.16.24

Abgeordneter Alois Stöger, diplômé (SPÖ): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Sehr geehrte Mitglieder der Bundesregierung! Herr Bundeskanzler, Sie haben behauptet, Pflege ist ein Schwerpunktthema dieser Bun­desregierung 2019. Das ist gut so. Wenn es ein Schwerpunktthema wäre, wäre es gut gewesen, wenn du an deinem Platz sitzt und zuhörst, wie die Abgeordneten hier miteinander diskutieren. (Abg. Wöginger: Er ist eh da!) – Vorher war er es nicht, eine ganze Stunde nicht. (Abg. Gödl: Ja, aber du bist der wichtigste Redner in der SPÖ!) Eine ganze Stunde war er nicht da und ich frage: Ist das glaubwürdig? Ist das glaubwürdig, was da stattfindet? (Abg. Hauser: Zwei Minister sitzen da, bitte!) – Okay!

Der Herr Bundeskanzler hat ein paar wichtige Fakten gesagt, aber er hat auch einen Schlusssatz gesagt, und dieser Schlusssatz ist eine gefährliche Drohung. Er hat nämlich gesagt, er verspricht den Menschen, dass er keine neuen Steuern einführt. Jetzt kenne ich mehrere Finanzminister dieser Republik: Wenn hier keine Mittel zur Verfügung stehen, wie wird dann Geld für die Pflege vorhanden sein? Eine richtige,


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ernst zu nehmende und glaubwürdige Antwort, Herr Bundeskanzler, wäre gewesen: Liebe Österreicherinnen und Österreicher, ich verspreche euch, dass die Pflege durch öffentliche Mittel gesichert wird. – Das haben Sie nicht gesagt. (Beifall bei der SPÖ.)

Es war die Sozialdemokratie (Abg. Neubauer: ... die SPÖ! Bevor man diskutiert, was festlegen!), die die Pflege für die Menschen immer wieder zum Thema gemacht hat und konkret gehandelt hat, 1993 mit der Einführung des Pflegegeldes. Viele sozial­demokratische Landessozialreferenten haben sich bemüht, Pflegeeinrichtungen in den Ländern zu entwickeln, mobile Dienste aufzustellen und Pflege auch insgesamt zu finanzieren. Ich kann mich selber erinnern, wir haben – damals noch in der Gebiets­krankenkasse, das ist schon lange her – das Angebot Angehörige nehmen Auszeit eingeführt, um pflegende Angehörige zu unterstützen. Das war ein Vorzeigemodell, mit dem wir das begonnen haben.

Ich habe mich – nachdem ich Sozialminister geworden bin – bemüht, mich innerhalb von fünf Wochen darum zu kümmern, dass die Mindestpension erhöht wird, damit sich Menschen auch Pflege leisten können, und für die Alleinstehenden die Mindestpension um 13 Prozent erhöht. Wir haben den Pflegeregress abgeschafft und den Menschen die Angst genommen, dass sie ihr Einkommen verlieren, dass sie das, was sie auf­gebaut haben, verlieren. Das sind sozialdemokratische Maßnahmen. Und wir haben die Mittel für alle behinderten Menschen unterstützt. Wir haben auch die Grundlagen dafür geschaffen – Frau Abgeordnete Rendi-Wagner als Ministerin –, dass Primär­ver­sor­gungszentren möglich sind; jetzt geht es darum, diese umzusetzen. (Abg. Belakowitsch: Und was war jetzt mit der Pflege? – Zwischenruf des Abg. Zarits.)

Und was macht die Bundesregierung? – Sie beginnt eine Diskussion und schiebt das auf die lange Bank. (Abg. Belakowitsch: Er will nicht ..., als er Sozialminister war!) Ich sage Ihnen, meine sehr verehrten Damen und Herren: Wenn in einer Familie ein Pflegefall auftritt, dann geht das ganz schnell. Der Schlaganfall kommt von heute auf morgen, die Pflegebedürftigkeit kommt von heute auf morgen. (Abg. Zanger: Schneller! Abg. Belakowitsch: Der kommt nicht von heute auf morgen, der kommt schneller!) Wir haben uns darum bemüht, dass man in den Krankenanstalten Remobi­lisationsmaßnahmen aufbaut. Wir haben uns darum bemüht, dass man das Entlas­sungsmanagement verbessert. Alles ist gemacht worden, und es ist gut so – danke an die, die es machen! Wenn aber jemand einen Schlaganfall hat und pflegebedürftig wird, haben die Menschen zu Hause keine Chance. Sie brauchen eine Finanzierung, und erst dann können sie die entsprechenden Leistungen auch entwickeln.

Sie haben gesagt, daheim vor stationär. Ich frage etwas laut: Wie viele Menschen, die pflegebedürftig sind, sind dann allein daheim? Wir brauchen auch andere Methoden. Daheim vor stationär ist zu kurz gegriffen.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, Pflege findet in Österreich statt, es ist nur die Frage, wer sie bezahlt: Bezahlt die Pflege die rumänische 24-Stunden-Pflegekraft durch ihren geringen Lohn, bezahlen die Pflege die Töchter und die Schwiegertöchter, indem sie pflegen, oder finanzieren wir das solidarisch, gemeinsam über den Steuertopf? Darauf braucht es heute eine Antwort! Herr Bundeskanzler, heute hätten Sie die Chance gehabt, das zu sagen. Die Sozialdemokratie steht da dahinter. (Beifall bei der SPÖ. Abg. Hauser: Wieso haben Sie die Antwort nicht gegeben?  Zwischenruf der Abg. Schwarz.)

17.21


Präsidentin Doris Bures: Nun hat sich Herr Bundesminister Moser zu Wort ge­meldet. – Bitte.



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17.21.54

Bundesminister für Verfassung, Reformen, Deregulierung und Justiz Dr. Josef Moser: Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrter Herr Bundeskanzler! Sehr geehrte Kollegin! Sehr geehrte Frau Klubobfrau Rendi-Wagner! Ich möchte mich bei Ihnen dafür bedanken, dass Sie dieses Thema wiederum aufgebracht haben. Die Debatte hat gezeigt, dass es wichtig ist, sich gerade jetzt mit dem Thema Pflege auseinanderzusetzen, da man in der Vergangenheit Planungen bei Weitem nicht einhalten konnte – das gilt auch für die Länder. Das heißt, man hat immer geplant, dass die Kosten um 4 bis 6 Prozent steigen werden, gestiegen sind sie teilweise aber um 12 oder mehr Prozent.

Das Thema muss daher angegangen werden, auch weil die Demografie – Entwicklung des Älterwerdens – schlagend wird. Es ist auch richtig, was in dem Zusammenhang der ehemalige Gesundheitsminister Steger gesagt hat (Rufe bei der SPÖ: Stöger!) – Stöger, Entschuldigung , dass sehr viel passiert ist. Es wurde einiges getan. Es hat sich aber in der Vergangenheit immer wieder gezeigt, dass die bestandenen Probleme nicht ausreichend angegangen worden sind und dass man die Potenziale des Pflege­systems nicht genützt hat.

Ich möchte nur ein Beispiel erwähnen, weil Sie die Einführung des Pflegegeldes 1993 angesprochen haben: Das war sehr wichtig, aber es hat mit der Zeit dazu geführt, dass eine Bürokratie aufgebaut worden ist, die in sich nicht schlüssig war, die in sich nicht vernetzt war, wo man in dem Fall über 200 Stellen gehabt hat, die für Pflegegeld­zuerkennungen eingesetzt gewesen sind, mit der Folge, dass teilweise bis zu 6 Prozent der Pflegebedürftigen, die Anträge gestellt haben, gestorben sind, bevor der Antrag überhaupt erledigt worden ist. Das hat in letzter Konsequenz dazu geführt, dass man aus den über 200 Stellen fünf Stellen gemacht hat und dementsprechend Potenzial gehoben hat.

Sie haben erwähnt, wie gut das System ist. Ich möchte in dem Zusammenhang auch erwähnen, was Ihre Klubobfrau richtigerweise in ihrer Begründung gesagt hat, nämlich dass wir immer noch enorme Probleme im Pflegesystem haben und diese nur dann lösen können, wenn wir das Effizienzpotenzial, das in der Pflege vorhanden ist, auch heben.

Das heißt, wir haben aktuell die Problematik, dass die Pflege immer noch zwischen Bund, Ländern und Gemeinden aufgeteilt ist, mit der Folge, dass die Deckung jener Kosten, die tatsächlich anfallen, nicht bei den Bedürftigen ankommt. Wir haben das System, dass der Bund zwar Geldleistungen erbringt, die Länder aber Sachleistungen bezahlen und da Vermischungen herbeigeführt werden. – Das ist ein Problem.

Das zweite Problem ist, dass die Länder die Kosten ersetzen und die Heimbeiträge festlegen. Diesen Beträgen liegen aber im Wesentlichen nicht die tatsächlichen Kosten zugrunde, sondern sie sind ein Verhandlungsergebnis zwischen dem Land und dem Pflegeheimbetreiber.

Gleichzeitig besteht die Problematik, dass die Kosten nicht transparent sind und nicht sichergestellt ist, dass das aufgewendete Geld tatsächlich bei den Betroffenen an­kommt – ein Umstand, der seinerzeit, als der Pflegefonds eingeführt worden ist, auch dazu geführt hat, dass man in die Richtung gehen wollte, Betreuungsschlüssel, Zimmergrößen und Qualitätskriterien festzulegen, damit eben die Betroffenen, die in der Vergangenheit mehr als 1 Milliarde Euro eingezahlt haben, auch zu ihren überprüf­baren Leistungen kommen. Das war nicht der Fall, und das ist nach wie vor nicht der Fall.


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Wir brauchen daher eine zusammengefasste, über alle Betreuungsformen gehende, regional differenzierte Angebotsplanung, sodass wir uns in einer Region anschauen: Was wird in dem Zusammenhang gebraucht? Ich glaube, wir sind alle einer Meinung, dass wir sehr wohl jeden Betroffenen mobil und nicht stationär in einem Heim versorgen möchten, das noch dazu 30 000 Euro pro Jahr mehr kostet als eine mobile Betreuung. Das erfordert aber eine zusammengefasste Planung und eine gewisse Qualität, die festzulegen ist, die es derzeit aber nicht gibt.

Das heißt, es gibt ein System, das Sie, Frau Klubobfrau, angesprochen haben, das eingeführt worden ist, aber gleichzeitig ist es so, dass sich in der Vergangenheit eine Struktur gebildet hat, die nicht jene Transparenz aufweist, die nötig wäre, damit der Bedürftige auch zu der Leistung kommt, die er braucht. Deshalb erfolgt jetzt diese Reform unter Einbindung aller, auch unter Einbindung der Länder. Wir werden das auch in der Bund-Länder-Arbeitsgruppe behandeln.

Zu dem, was der Herr Bundeskanzler angesprochen hat: Ja, logisch, wir alle haben die Verantwortung, dafür Sorge zu tragen, dass Pflege finanziert wird, und zwar eine Pflege, die natürlich aus öffentlichen Geldern finanziert wird. Das ist unsere Aufgabe, das ist unsere Verantwortung in dem Bereich. Bevor wir aber wieder darüber reden, wie wir das Geld verteilen und die Mittel aufstocken, haben wir die Verantwortung, dass das Geld – derzeit mehr als 6 Milliarden Euro pro Jahr – tatsächlich so eingesetzt wird, dass es bei den Betroffenen ankommt.

Das erfordert eine gesamthafte Planung. Das erfordert auch, dass wir Qualitäts­maß­stäbe festlegen, was bis dato nicht der Fall war. In letzter Konsequenz erfordert es auch, dass mehr Transparenz bei den Pflegetarifen besteht. Ich glaube, es ist nicht bewältigbar, dass es derzeit allein in einem Bundesland bei gleicher Pflegestufe und gleichem Betreuungsaufwand über 200 Tarife gibt. Dementsprechend beträgt auch der Kostenunterschied mehr als 600 Euro. Wenn man sich anschauen möchte, welche Leistung man wofür bekommt, sieht man das nicht.

Man muss sich dieser Thematik auch hinsichtlich der Benchmarkbetrachtung anneh­men: Eine mobile Stunde kostet in einem Bundesland 12 Euro und in einem anderen Bundesland 30 Euro. Das heißt also, man soll das Potenzial, das sich daraus ergibt, heben, nicht nur, um die Pflege der Bedürftigen leistbar zu machen, was die öffentliche Hand betrifft, sondern auch, um eine Qualität zu bieten, die bei den Betroffenen an­kommt.

Genau das ist der Weg, den wir gehen. Genau das ist der Weg, in den wir alle einbeziehen, und es ist hervorragend, dass – das wurde angesprochen – alle Frak­tionen bereit sind, diesen Weg mitzugehen, weil es in letzter Konsequenz ein Weg ist, der uns alle betrifft. – Danke. (Beifall bei ÖVP und FPÖ.)

17.27


Präsidentin Doris Bures: Nächster Redner: Herr Klubobmann August Wöginger. – Bitte.


17.27.58

Abgeordneter August Wöginger (ÖVP): Frau Präsidentin! Herr Bundeskanzler! Geschätzte Mitglieder der Bundesregierung! Meine Damen und Herren! Die Rede des Kollegen Stöger hat mich veranlasst (Ruf bei der SPÖ: Was?), noch einmal ans Rednerpult zu treten, weil das im Endeffekt die Bankrotterklärung der Sozialdemokratie ist, meine Damen und Herren! (Beifall bei ÖVP und FPÖ.)

Wenn man selbst sechs Jahre den Gesundheitsminister (Abg. Kucharowits: Das war mit der ÖVP!) und über zwei Jahre den Sozialminister der Republik Österreich stellt, also acht Jahre lang im Gesundheits- und Sozialbereich die Hauptverantwortung auch


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für den wichtigen Bereich der Pflege trägt oder mitträgt, sich dann hierherstellt (Abg. Heinisch-Hosek: Du warst Koalitionspartner!) und auf das Jahr 1993 zurückgreifen muss, um zu sagen, dass damals etwas Wesentliches eingeführt worden ist (neuer­licher Zwischenruf der Abg. Heinisch-Hosek), und dann auch noch die Dreistigkeit hat, einem erfolgreichen Bundeskanzler zu unterstellen, ihm sei dieses Thema nicht wichtig (Abg. Heinisch-Hosek: Reiß dich zusammen!), meine Damen und Herren, dann hört sich für mich der politische Diskurs auf! (Beifall bei ÖVP und FPÖ. Abg. Heinisch-Hosek: Ihr wart nie dabei, gell?)

Gehen Sie in sich, kehren Sie vor der eigenen Tür, und arbeiten Sie wenigstens jetzt mit! (Abg. Heinisch-Hosek: Ihr wart nie dabei! Wöginger war nie dabei! Weiterer Ruf bei der SPÖ: ... Bundeskanzler!) Sie haben es jahrelang verabsäumt, irgendetwas in diesem Bereich zu tun. Gehen Sie wenigstens jetzt in der Diskussion und auch in der Bereitschaft mit, in den Dialog einzutreten, und unterstützen Sie uns und diese erfolgreiche Bundesregierung mit Sebastian Kurz an der Spitze, der das Thema Pflege zum Schwerpunktthema für 2019 erhoben hat, weil ihm die Menschen in Österreich am Herzen liegen, meine Damen und Herren! – Das ist die Wahrheit. (Beifall bei ÖVP und FPÖ.)

17.29


Präsidentin Doris Bures: Es hat sich noch Herr Abgeordneter Josef Muchitsch zu Wort gemeldet. – Bitte, Sie haben das Wort. (Abg. Höbart: Die Retro-Gewerkschafter werden es wieder richten! – Zwischenruf des Abg. Neubauer.)


17.30.16

Abgeordneter Josef Muchitsch (SPÖ): Sehr geehrte Damen und Herren! (Ruf bei der FPÖ: Das Hemd ist aus den Sechzigerjahren!) Werter Kollege August Wöginger, es war jetzt überhaupt nicht notwendig, das zu machen, was du jetzt gemacht hast. (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Nehammer: Das glaube ich ...!)

Warum? – Herr Bundesminister Moser hat sich wirklich bemüht, am Ende dieser Debatte einen runden Abschluss zu finden, und er hat ihn gefunden, indem er alle gemeinsam aufgefordert hat, sich dieses Themas anzunehmen. Wir sind auch nicht hergegangen und haben gesagt: Jetzt sitzt ihr da zweieinhalb Stunden vorne auf dieser Regierungsbank, das Thema ist so wichtig, und dann hört ihr nicht einmal den Abgeordneten zu, wenn sie hier ihre Ideen und Vorschläge zur Pflege einbringen! (Abg. Hauser: Das stimmt ja nicht, die Minister sind ja dagesessen!) Herr Bundes­kanzler, das war auch nicht fair! Frau Bundesministerin, das auch nicht! (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten von JETZT.)

Nehmt euch selber bei der Nase und schaut endlich, dass es da einen Konsens gibt! Das war unwürdig, denn: Wir haben etwas für die Pflege getan, mit euch wäre es eh nicht möglich gewesen. (Beifall bei der SPÖ.)

17.31

17.31.26


Präsidentin Doris Bures: Zu Wort ist dazu niemand mehr gemeldet. Die Debatte ist geschlossen.

Damit gelangen wir nun zur Abstimmung über den Selbständigen Entschließungs­antrag 666/A(E) der Abgeordneten Dr.in Rendi-Wagner, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Die Bundesregierung muss Farbe bekennen: Solidarische Finanzierung aus den öffentlichen Budgetmitteln statt neuer Belastungen durch eine Pflegever­siche­rung!“.

Ich bitte jene Damen und Herren, die diesem Antrag zustimmen, um ein Zeichen. – Das ist die Minderheit, abgelehnt.


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Wir gelangen nunmehr zur Abstimmung über den Entschließungsantrag der Abge­ordneten Mag. Rossmann, Kolleginnen und Kollegen betreffend „die Valorisierung des Pflegegeldes“.

Wer spricht sich für diesen Entschließungsantrag aus? – Das ist die Minderheit, abgelehnt.

17.32.17Fortsetzung der Tagesordnung


Präsidentin Doris Bures: Damit nehme ich die Verhandlungen über den Punkt 9 der Tagesordnung wieder auf.

Mir liegt dazu keine Wortmeldung mehr vor.

17.32.28

Damit schließe ich die Debatte gleich wieder.

Wir kommen zur Abstimmung über den Tagesordnungspunkt 9, Gesetzentwurf samt Titel und Eingang in 545 der Beilagen.

Ich bitte jene Damen und Herren, die dem Gesetzentwurf zustimmen, um ein ent­sprechendes Zeichen. – Das ist mit Mehrheit so angenommen.

Wir kommen sogleich zur dritten Lesung.

Ich bitte um Zustimmung in dritter Lesung von jenen Abgeordneten, die eine solche zu erteilen wünschen. – Der Gesetzentwurf ist somit auch in dritter Lesung ange­nom­men.

17.33.0510. Punkt

Bericht des Verfassungsausschusses über den Antrag 603/A der Abgeordneten Mag. Wolfgang Gerstl, Mag. Harald Stefan, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Staatsdruckereigesetz 1996 geändert wird (546 d.B.)


Präsidentin Doris Bures: Wir gelangen zum 10. Punkt der Tagesordnung.

Auf eine mündliche Berichterstattung wurde verzichtet.

Zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Christoph Stark. – Bitte.


17.33.34

Abgeordneter Christoph Stark (ÖVP): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolle­ginnen und Kollegen im Hohen Haus! Liebe Mitbürgerinnen und Mitbürger! Ich darf nun zu einer deutlich einfacheren Materie als die der Pflege kommen, nämlich zur Materie des Staatsdruckereigesetzes, und ich gehe hier von Einstimmigkeit aus, die ich hiermit als solche bezeichne und auch ankündigen darf. Wir behandeln, wie gesagt, das Staatsdruckereigesetz, das das Manko im Hinblick auf das EU-Wettbewerbsrecht be­seitigt.

Die Österreichische Staatsdruckerei wurde – und damit darf ich einen kleinen ge­schichtlichen Bogen spannen – 1804 als k. k. Hof- und Staatsdruckerey gegründet, 1999 als GmbH abgespalten und schließlich im Jahr 2000 privatisiert. Seit 2006 werden alle – alle! – österreichischen Sicherheitsdokumente im Hochsicherheitsraum der Österreichischen Staatsdruckerei mit den Daten unserer Bürgerinnen und Bürger personalisiert und an die gewünschten Adressen verschickt. Es werden hier auch Sicherheitsprodukte anderer Art, nämlich Briefmarken und anderes, für Kundinnen und


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Kunden auf vier Kontinenten – also fast für die gesamte Welt – produziert. Seit Novem­ber 2011 notiert die Österreichische Staatsdruckerei auch an der Wiener Börse.

Auch die Bilanz der Staatsdruckerei kann sich sehen lassen: Der Umsatz wurde bei­spielsweise von 40 Millionen Euro im Jahr 2015 auf 46,7 Millionen Euro im Jahr 2017/18 gesteigert, ebenso die Exportquote von 7,3 auf 10,7 Prozent, also auch das ist eine durchaus erfolgreiche Geschichte, die vor allem die 148 Mitarbeiterinnen und Mitar­beiter schreiben.

Sie ist somit ein Paradebeispiel, wie man aus einem Staatsbetrieb einen Marktführer und mehr noch, sogar einen Innovation Leader machen kann. Damals – 2000 – wur­den die Verantwortlichen für die Privatisierung durchaus gescholten. Heute ist die Österreichische Staatsdruckerei ein grundsolides Unternehmen und ein Hightechvor­zeigebetrieb. Die Kunden auf vier Kontinenten zeigen auch, dass man im Ausland auf österreichische Qualität setzt, und die Anzahl von Produkten in den verschiedensten Bereichen unterstreichen auch die Innovationen des Unternehmens.

Die Staatsdruckerei ist aber auch im digitalen Bereich auf dem Vormarsch: 2006 wurde der E-Reisepass eingeführt, und im digitalen Ausweissystem, der MIA-App, können Dokumente wie Führerschein und andere auf dem Smartphone angezeigt werden. Natürlich gibt es auch da die Wahlmöglichkeit zwischen der digitalen und der analogen Welt.

Daneben ist aber gerade die Sicherheit ein ganz, ganz wichtiger Grundpfeiler der Staatsdruckerei. Diese ist ein wichtiger Partner für Österreich und ihre Kunden auf der gesamten Welt. Gerade in diesem Bereich sind die Daten ein sehr hohes und wichtiges Gut, das es bestens zu schützen gilt. Daher ist es essenziell, dass der Punkt Sicherheit in alle Auftragsvergaben mit einfließt.

An dieser Stelle möchte ich mich, wie gesagt, bei den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern der Staatsdruckerei für ihre qualitative und umsichtige Arbeitsweise, die eben weltweit geschätzt wird, sehr herzlich bedanken. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der FPÖ.)

Alle Kundinnen und Kunden, die zum Beispiel einen österreichischen Reisepass in Händen halten, wissen die Wertigkeit dieser Arbeit ebenso zu schätzen. Angesichts der internationalen Nachfrage nach den Produkten können wir zu Recht auf dieses österreichische Unternehmen stolz sein.

Auf Basis eines Urteils des Europäischen Gerichtshofes vom März 2018, das eine europaweite Ausschreibung einschlägiger Dienstleistungsaufträge eingemahnt hat, würde nun die bestehende österreichische Regelung erstens gegen die Dienstleis­tungsfreiheit, zweitens gegen die Richtlinie zur Koordinierung der Verfahren zur Vergabe öffentlicher Dienstleistungsaufträge und drittens gegen die Richtlinie zur Koordinierung der Verfahren zur Vergabe öffentlicher Lieferaufträge verstoßen. Österreich hat somit gegen EU-Recht verstoßen, indem nationale Vorschriften beibe­halten wurden, nach denen öffentliche Auftraggeber bestimmte Dienstleistungs­auf­träge – den sogenannten Sicherheitsdruck – an die Staatsdruckerei vergeben mussten. Betroffen sind gemäß den Erläuterungen auch Notpässe, Aufenthaltstitel und andere Druckwerke.

Meine Damen und Herren, liebe Kolleginnen und Kollegen, klar ist, wir möchten uns keinesfalls gegen den freien Wettbewerb stellen. Klar ist aber auch, dass wir die Leistungen und die Qualität, die Geschichte und das internationale Standing dieser hochspezialisierten Einheit der Österreichischen Staatsdruckerei schätzen. Umso erfreulicher ist es, dass sich alle Parteien dem neuen Staatsdruckereigesetz ange­schlossen haben. Im Ausschuss wurde dieser Entwurf einstimmig angenommen. Mit


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dem Antrag kommen wir der EuGH-Entscheidung selbstverständlich nach, haben entsprechende Änderungen vorgenommen und die erforderlichen Schritte eingeleitet.

Ich hoffe nun auch hier im Plenum auf eine einstimmige Annahme dieses Entwurfs des Staatsdruckereigesetzes und sehe dieser Abstimmung mit Freude entgegen. – Vielen Dank. (Beifall bei ÖVP und FPÖ.)

17.39


Präsidentin Doris Bures: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Angela Lueger. – Bitte.


17.39.29

Abgeordnete Angela Lueger (SPÖ): Frau Präsidentin! Herr Minister! Werte Kolle­ginnen und Kollegen des Hohen Hauses! Werte Besucherinnen und Besucher auf der Galerie! Herr Kollege Stark hat schon die ganze Geschichte der Österreichischen Staatsdruckerei erzählt.

Die Regierungsparteien sind jetzt eigentlich nur dem gefolgt, dass das Gesetz geändert werden muss, weil dem Urteil des EuGH vom 20.3.2018 Rechnung getragen werden muss. Mit diesem Urteil wurde die Republik verurteilt, dass es eine europa­weite Ausschreibung speziell für die Herstellung von Reisepässen mit Chip, Not­pässen, Aufenthaltstiteln, Personalausweisen, Führerscheinen im Scheckkartenformat und Zulassungsbescheinigungen mit Chip, was bis dato ausschließlich die Staats­druckerei gemacht hat, geben muss. Wir wurden verurteilt, weil nicht europaweit ausgeschrieben, sondern direkt an die Österreichische Staatsdruckerei vergeben wor­den ist.

Bedauerlicherweise, sage ich jetzt ganz offen und ehrlich, ist der EuGH mit seinem Urteil der EU-Kommission gefolgt, die in ihrer Begründung festlegte, dass Österreich nicht nachweisen konnte, dass wesentliches Sicherheitsinteresse im Rahmen der Aus­schreibung gewahrt werden konnte. Es wurde auch das Argument nicht zur Kenntnis genommen, dass Druckaufträge aller amtlichen Dokumente zentral an die Staats­druckerei erteilt wurden, und es hat auch nicht das Argument gezählt, dass es eine wirksame Verwaltungskontrolle war und, so wie der Kollege vor mir gesagt hat, es auch ein gutes Unternehmen geworden ist, bei dem wir sicher sein konnten, dass die Dokumente auch in Ordnung ausgestellt werden.

Das heißt, das Argument der Versorgungssicherheit, das Argument der Vertrauens­würdigkeit gegenüber dem Auftragnehmer haben leider für dieses Urteil nicht gezählt. Es muss aber doch im Interesse der Österreicherinnen und Österreicher sein, wenn wir unsere Staatsdruckerei, bei der wir uns verlassen konnten, dass die Reisepässe und alles ordnungsgemäß ausgestellt werden, beauftragen. Es ist doch so, dass wir die größtmöglichen Sicherheitsstandards brauchen, um vor Fälschungen sicher zu sein.

Wenn Daten jetzt vielleicht europaweit hin- und hergeschickt werden müssen, so muss der Datenschutz ganz einfach gewährleistet werden, egal welches Unternehmen diese europaweite Ausschreibung jetzt gewinnen mag. Die Sicherheit im Bereich sensibler Daten muss gewährleistet sein, daher darf ich noch zusätzlich folgenden Antrag ein­bringen:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Angela Lueger, Kolleginnen und Kollegen betreffend „größtmögliche Sicherheitsstandards und Datenschutzstandards bei Ausschreibungen für sensible Dokumente der Republik Österreich“


Nationalrat, XXVI.GPStenographisches Protokoll66. Sitzung, 27. und 28. März 2019 / Seite 195

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesregierung, insbesondere die zuständigen Bundesminister, werden aufge­for­dert, bei nunmehr erfolgenden Ausschreibungen betreffend die Produktion sensibler Dokumente, wie insbesondere Reisepässe mit Chip, in der Ausschreibung Bedin­gungen festzulegen, die garantieren, dass bei der Produktion dieser Dokumente höchste Sicherheitsstandards in punkto Fälschungssicherheit sowie höchste Daten­schutzstandards bei den durchführenden Unternehmungen gegeben sein müssen. Die zuständigen Bundesminister werden ersucht, über die gesetzten Maßnahmen zeitnah dem Nationalrat zu berichten.“

*****

Ich hoffe, dass auch Sie diesen zusätzlichen Antrag unterstützen. Wir werden den Hauptantrag der Regierungsparteien auch unterstützen. (Beifall bei SPÖ und JETZT.)

17.43

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Angela Lueger, Genossinnen und Genossen betreffend größt­mög­liche Sicherheitsstandards und Datenschutzstandards bei Ausschreibungen für sen­sible Dokumente der Republik Österreich

eingebracht im Zusammenhang mit der Debatte über den Bericht des Verfassungs­ausschusses 546 der Beilagen über den Antrag 603 Art der Abgeordneten Mag. Wolfgang Gerstl, Mag. Harald Stefan, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundes­gesetz mit den der Staatsdruckereigesetz 1996 geändert wird

Der Europäische Gerichtshof hat festgestellt, dass die Republik Österreich gegen euro­päisches Recht bei der Erteilung von Dienstleistungsaufträgen über die Herstellung von Reisepässen mit Chip, Notpässen, Aufenthaltstiteln, Personalausweisen, Führer­scheinen im Scheckkartenformat und Zulassungsbescheinigungen im Chipkarten­format mangels vorheriger Ausschreibung auf Ebene der Europäischen Union ver­stoßen hat.

Es ist jedenfalls im Interesse der Österreicherinnen und Österreicher sowie der Republik, dass bei der Ausschreibung von solchen Dienstleistungsaufträgen möglichst hohe Sicherheitsstandards betreffend die Fälschungssicherheit, aber auch möglichst hohe Datenschutzstandards bei den beauftragten Unternehmungen gewährleistet sind. Die unterzeichneten Abgeordneten stellen daher folgenden

Entschließungsantrag

Der Nationalrat wolle beschließen:

Entschließung

Der Nationalrat hat beschlossen:

„Die Bundesregierung, insbesondere die zuständigen Bundesminister, werden aufge­fordert, bei nunmehr erfolgenden Ausschreibungen betreffend die Produktion sensibler Dokumente, wie insbesondere Reisepässe mit Chip, in der Ausschreibung Bedingun­gen festzulegen, die garantieren, dass bei der Produktion dieser Dokumente höchste


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Sicherheitsstandards in punkto Fälschungssicherheit sowie höchste Datenschutz­standards bei den durchführenden Unternehmungen gegeben sein müssen. Die zu­ständigen Bundesminister werden ersucht, über die gesetzten Maßnahmen zeitnah dem Nationalrat zu berichten.“

*****


Präsidentin Doris Bures: Der Entschließungsantrag ist ordnungsgemäß eingebracht und steht daher mit in Verhandlung.

Der nächste Redner ist Herr Abgeordneter Mag. Harald Stefan. – Bitte.


17.43.42

Abgeordneter Mag. Harald Stefan (FPÖ): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrter Herr Bundesminister! Sehr geehrte Damen und Herren! Ja, es ist richtig, wir haben eine Verurteilung durch den Europäischen Gerichtshof, der festgestellt hat, dass es nicht zulässig ist, die Druckaufträge an die Staatsdruckerei ohne Ausschreibung zu vergeben. Es war aber bisher schlicht und einfach gesetzlich vorgesehen. Im Staats­drucke­reigesetz ist ausdrücklich festgehalten, dass Aufträge zur Produktion von Pässen, Notpässen und derartigen sicheren Dokumenten nur über die Staatsdruckerei laufen dürfen. Es gab daher für die Ministerien keine andere Möglichkeit.

Es ist richtig, dass die Staatsdruckerei kein öffentliches Unternehmen ist. Sie ist börsennotiert und behauptet sich auch auf dem Markt, hat auf vier Kontinenten Kunden. Wir haben schon gehört, auch der Umsatz ist ganz deutlich gestiegen. Sie ist also ein sehr erfolgreiches Unternehmen und wird sich daher sicher auch weiterhin darum bewerben, Aufträge zu bekommen, auch wenn es Ausschreibungen gibt.

Tatsache ist jedenfalls, dass es korrekt und richtig ist und wir das jetzt auch so vollziehen, dass es bei derartigen Aufträgen keine Vergaben ausschließlich an die Staatsdruckerei gibt, aber die Standards müssen natürlich trotzdem gewahrt werden. Den Antrag, der gerade eingebracht wurde, kannte ich bisher nicht. Ich würde ihn mir gerne noch anschauen, weil ich nicht weiß, ob man ihm jetzt in der Form zustimmen kann. Tatsache ist aber, dass natürlich künftig auch bei den Vergaben, wenn es Ausschreibungen gibt, all die Standards gesichert sein müssen, denn es geht da um höchst sensible Produkte wie Pässe, Notpässe, Führerscheine in Scheckkartenformat und so weiter, also um ganz sensible Dokumente, denen ganz sensible Daten zugrunde liegen. Die Standards werden sicher auch bei Ausschreibungen weiterhin gewährleistet sein.

Tatsache ist jedenfalls, dass es jetzt darum geht, einen korrekten Zustand herzustellen, und daher bin ich überzeugt, dass alle zustimmen werden. (Beifall bei FPÖ und ÖVP.)

17.45

17.45.58


Präsidentin Doris Bures: Zu Wort ist dazu niemand mehr gemeldet. Die Debatte ist geschlossen.

Wünscht der Herr Berichterstatter ein Schlusswort? – Das ist nicht der Fall.

Wir gelangen zur Abstimmung über den Gesetzentwurf samt Titel und Eingang in 546 der Beilagen.

Ich bitte jene Damen und Herren, die sich dafür aussprechen, um ein Zeichen der Zustimmung. – Das ist einstimmig angenommen.

Wir kommen sogleich zur dritten Lesung.


Nationalrat, XXVI.GPStenographisches Protokoll66. Sitzung, 27. und 28. März 2019 / Seite 197

Wer in dritter Lesung die Zustimmung gibt, den bitte ich um ein entsprechendes Zeichen. – Der Gesetzentwurf ist somit in dritter Lesung einstimmig angenommen.

Wir gelangen nunmehr zur Abstimmung über den Entschließungsantrag der Abge­ordneten Lueger, Kolleginnen und Kollegen betreffend „größtmögliche Sicherheits­standards und Datenschutzstandards bei Ausschreibungen für sensible Dokumente der Republik Österreich“.

Wer spricht sich für diesen Entschließungsantrag aus? – Das ist die Minderheit, abgelehnt.

17.47.0411. Punkt

Bericht des Verfassungsausschusses über den Antrag 604/A der Abgeordneten Mag. Wolfgang Gerstl, Mag. Harald Stefan, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Verwaltungsgerichtshofgesetz 1985 geändert wird (547 d.B.)


Präsidentin Doris Bures: Wir gelangen zum 11. Punkt der Tagesordnung.

Auf eine mündliche Berichterstattung wurde verzichtet.

Erste Wortmeldung: Herr Abgeordneter Mag. Josef Lettenbichler. – Bitte.


17.47.37

Abgeordneter Mag. Josef Lettenbichler (ÖVP): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Geschätzter Herr Minister! Werte Kolleginnen und Kollegen! Wir verhandeln bei diesem Tagesordnungspunkt eine Vereinfachung bei der Postenausschreibung im Bereich des Verwaltungsgerichtshofes.

Worum geht es konkret, und warum gehen wir das an? – Auslöser für diese Novelle ist, dass es in den Jahren 2019, 2020 und 2021 gleich zu mehreren Neubesetzungen im Verwaltungsgerichtshof aufgrund zeitlich gestaffelter Ruhestandsversetzungen kommt. Die Frage ist: Was machen wir?, denn die bisherige gesetzliche Regelung sieht vor, dass die Ausschreibung zur Nachbesetzung dieser Planstellen frühestens drei Monate vor beziehungsweise längstens ein Monat nach Freiwerden der Planstelle zu erfolgen hat. Das Beibehalten dieser Regelung hätte zur Folge, dass man in den nächsten Jahren eigentlich ständig, fast schon permanent Ausschreibungsverfahren durchzu­führen hätte, weil es eben zu überdurchschnittlich vielen Neubesetzungen kommt. Das alles ist natürlich mit nicht unerheblichem Aufwand verbunden. Ressourcen werden gebunden, und diese Woman- und Manpower ist – darin sind wir uns alle einig – besser in der Ausübung der originären Aufgaben eingesetzt.

Hinzu kommt insbesondere während der Sommermonate ein erheblicher Zeitdruck, denn für diesen gesamten Besetzungsvorgang sind Beschlüsse im Ministerrat notwen­dig, und im Sommer gibt es bekanntlich weniger Ministerratssitzungen. Also auch da hätte man erhöhten Druck und käme allenfalls auch in Verzug.

Was machen wir daher konkret? – Wir schaffen nun die Möglichkeit, mehrere Aus­schreibungsverfahren in einem durchzuführen, indem wir die Fristen für die Ausschrei­bungen zur Nachbesetzung von Richterplanstellen um insgesamt fünf Monate aus­dehnen – zusätzlich drei Monate davor und zwei Monate danach. Es kann demzufolge künftig eine Reihungsliste erstellt und im Bedarfsfall darauf zurückgegriffen werden, sprich, der oder die Nächstgereihte wird herangezogen. Das ist eine Praxis, die sich in vielen anderen Institutionen bestens bewährt hat, und so wollen wir es hier nun auch gestalten.


Nationalrat, XXVI.GPStenographisches Protokoll66. Sitzung, 27. und 28. März 2019 / Seite 198

Es ist dies ein Zeichen der guten Zusammenarbeit zwischen den Höchstgerichten und der Bundesregierung. Die Höchstgerichte sind an die Regierung, an den Gesetzgeber herangetreten, um diese Verbesserung, diese Vereinfachung umzusetzen, damit wir beschleunigen können. Ich bedanke mich auch bei den Oppositionsparteien, die diesen Antrag unterstützen.

Es handelt sich um einen Bereich, der vielleicht draußen bei der Bevölkerung, bei der Wirtschaft keine so große Betroffenheit hervorruft, aber auch in kleinen Schritten muss man Reformen angehen. Es ist vielleicht nicht so spürbar, aber es geht auch um eine Entbürokratisierung, und da schließt sich der Kreis, denn unsere Bundesregierung und wir als Abgeordnete – vornehmlich der Koalitionsparteien – haben uns zum Ziel gesetzt, dass wir Österreich in vielen Bereichen reformieren und wieder fit machen wollen.

Ich darf mich bei Bundesminister Moser ausdrücklich dafür bedanken, dass er da in vielen, vielen Bereichen die treibende Kraft ist. Ich darf nur seinen letzten Vorstoß zu Gold Plating erwähnen; damit wollen wir in vielen Bereichen viele Regelungen herun­terfahren und vor allem in der Zukunft ausufernde Überbürokratisierung bei der Umsetzung von EU-Verordnungen in Österreich vermeiden.

Erwähnen will ich auch – weil sie vor Kurzem präsentiert wurde – die Initiative der Bundesregierung betreffend das Digitale Amt, ausgeführt und federführend umgesetzt von Bundesministerin Schramböck. Dadurch spürt der Bürger unmittelbar, dass Dinge schneller gehen, einfacher und kostengünstiger werden.

Gestern wurde die jüngste Initiative vorgestellt, die auch ein Schnellerwerden bewirken soll – im wahrsten Sinne des Wortes –, nämlich eine Initiative für schnelleres Internet, die jetzt durch T-Mobile umgesetzt wird. In dem Bereich des 5G-Netzes haben wir in Europa den Lead, die Vorreiterrolle. Es freut mich auch, dass von den 17 Gemeinden, die ausgewählt wurden, vier Standorte in Tirol sind, nämlich St. Johann in meinem Wahlkreis, Innsbruck, die Landeshauptstadt, Serfaus und meine Heimatgemeinde Kirchbichl. Es ist ja wichtig, dass wir Alternativen zum Breitbandausbau schaffen, der oftmals mit sehr hohen Kosten verbunden ist und zeitlich mitunter nicht immer das schnellste Verfahren ist. Es ist wichtig, dass wir in diesem 5G-Bereich eine schnelle Datenhightechautobahn finden. Der Rollout soll nun Schritt für Schritt vorangetrieben werden, aber der erste Schritt – europaweit – wurde eben im 5G-Pionierland Öster­reich gesetzt, und das freut mich.

Das alles sind Punkte, die zeigen: Wir wollen schneller werden! Wir wollen besser werden! Wir wollen reformieren! Die Bürger sollen das spüren! – Dafür arbeiten wir. Ich bedanke mich für das Mitgehen bei diesem kleinen Schritt für diese Reform. – Danke. (Beifall bei ÖVP und FPÖ.)

17.52


Präsidentin Doris Bures: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Dr. Peter Wittmann. – Bitte.


17.52.58

Abgeordneter Dr. Peter Wittmann (SPÖ): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrter Herr Bundesminister! Grundsätzlich handelt es sich hierbei um eine vernünf­tige Lösung. Wie mein Vorredner schon gesagt hat, stehen viele Pensionierungen im Bereich des Verwaltungsgerichtshofes an, und es ist grundvernünftig, diese Fristen zu verlängern, um mehrere Ausschreibungen zusammenfassen zu können.

Diese Reihungsliste kann natürlich auch dafür verwendet werden, dass man den Frau­enanteil erhöht, der im Verwaltungsgerichtshof noch etwas schmerzhaft niedrig ist. (Beifall bei der SPÖ.)


Nationalrat, XXVI.GPStenographisches Protokoll66. Sitzung, 27. und 28. März 2019 / Seite 199

Wir stimmen diesem Antrag zu, aber dass das eine große Reform ist, das bestreite ich. (Beifall bei der SPÖ.)

17.53


Präsidentin Doris Bures: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Mag. Harald Stefan. – Bitte.


17.54.00

Abgeordneter Mag. Harald Stefan (FPÖ): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrter Herr Bundesminister! Sehr geehrte Damen und Herren! Ich habe den letzten Satz des Herrn Kollegen Wittmann nicht ganz verstanden. Hat jemand behauptet, dass es eine große Reform ist? (Zwischenruf des Abg. Wittmann.) – Gut, dann habe ich da akustisch etwas nicht gehört.

Tatsache ist, dass damit schlicht und einfach im Einvernehmen mit dem Verwaltungs­gerichtshof eine Verbesserung bei den Ausschreibungen hergestellt werden soll, weil man in der Vergangenheit festgestellt hat, dass die Fristen, die es derzeit gibt, sehr knapp oder zu knapp sind. Bisher war es so: Wenn jemand ausschied, musste man innerhalb von einem Monat eine Neuausschreibung machen, und wenn man bereits gewusst hat, dass ein Richter aus dem Verwaltungsgerichtshof ausscheidet, konnte man erst drei Monate davor ausschreiben. Jetzt werden die Fristen davor auf sechs Mo­nate und danach auf drei Monate verlängert. Damit kann man viel flexibler aus­schreiben. Man kann auch Ausschreibungen zusammenfassen, was ja auch verschie­dene positive Effekte hat.

Es ist einfach eine sinnvolle Regelung, und soviel ich weiß, stimmen auch alle zu. Von einer großen Reform würde ich tatsächlich auch nicht reden, aber es ist doch immerhin gut, zu sehen, dass die Zusammenarbeit zwischen dem Parlament und dem Verwal­tungsgerichtshof in diesem Fall funktioniert und wir, wenn wir feststellen, dass es Änderungsbedarf gibt, diesen auch durchführen. (Beifall bei FPÖ und ÖVP.)

17.55

17.55.26


Präsidentin Doris Bures: Zu Wort ist dazu niemand mehr gemeldet. Die Debatte ist geschlossen.

Wünscht der Herr Berichterstatter ein Schlusswort? – Das ist nicht der Fall.

Wir gelangen zur Abstimmung über den Gesetzentwurf samt Titel und Eingang in 547 der Beilagen.

Ich bitte jene Damen und Herren, die sich dafür aussprechen, um ein zustimmendes Zeichen. – Das ist einstimmig so angenommen.

Wir kommen sogleich zur dritten Lesung.

Wer in dritter Lesung dem Gesetzentwurf zustimmt, den bitte ich um ein Zeichen. – Der Gesetzentwurf ist in dritter Lesung einstimmig beschlossen.

17.56.0712. Punkt

Bericht des Ausschusses für Menschenrechte über den Antrag 664/A(E) der Abgeordneten Dr. Gudrun Kugler, Dr. Susanne Fürst, Kolleginnen und Kollegen betreffend Verhinderung von Parallelgesellschaften und Radikalisierung (531 d.B.)


Präsidentin Doris Bures: Damit gelangen wir nun zum 12. Punkt der Tagesordnung.

Auf die mündliche Berichterstattung wurde verzichtet.


Nationalrat, XXVI.GPStenographisches Protokoll66. Sitzung, 27. und 28. März 2019 / Seite 200

Ich begrüße Frau Staatssekretärin Edtstadler hier im Parlament und verabschiede Herrn Minister Moser. – Danke vielmals.

Ich rufe die erste Rednerin auf: Frau Abgeordnete Dr.in Alma Zadić. – Bitte, Sie haben das Wort.


17.56.51

Abgeordnete Dr. Alma Zadić, LL.M. (JETZT): Frau Präsidentin! Geschätzte Frau Staatssekretärin! Herr Minister! Liebe Zuseherinnen und Zuseher! Hohes Haus! Wir diskutieren heute über einen Antrag von ÖVP und FPÖ, bei dem sich für mich als Juristin zwei Fragen stellen. Der Antrag zielt lediglich auf die islamistische Radika­lisierung und nicht auf den islamistischen Extremismus ab. Das ist mir ehrlich gesagt ein bisschen unerklärlich. Auch wenn Radikalisierung oder Radikalismus oder Extre­mismus umgangssprachlich synonym verwendet werden, so ist das dennoch nicht das Gleiche. Der Extremismus an sich zielt ja darauf ab, unsere Grundwerte und die freie Demokratie zu beseitigen, und gegen den Extremismus müssen wir alle entschieden angehen.

Ein zweiter Punkt, den ich hier schon auch noch einbringen möchte, ist: Dieser Antrag zielt lediglich auf die Verhinderung von islamistischer Radikalisierung – und Sie meinen wahrscheinlich auch den islamistischen Extremismus – ab. Angesichts der jüngsten Ereignisse in Christchurch und der weltweiten Zunahme von rechtsextremem Terror und auch rechtsextremen Gewaltdelikten und Tötungsdelikten ist es für mich absolut fahrlässig, dass Radikalisierung und Extremismus, und zwar jeglicher Extremismus, hier nicht betrachtet wurden, denn nur durch eine Betrachtung der gesamtheitlichen Situation können wir auch eine nachhaltige Lösung und eine seriöse Auseinan­dersetzung mit diesem Extremismusphänomen herbeiführen.

Daher ist es auch mein Anliegen, dass wir uns alle gemeinsam entschieden gegen jegliche Formen von Extremismus stellen, gegen den islamistischen Extremismus, gegen den Rechtsextremismus, gegen den Linksextremismus und sonst gegen jeg­lichen politischen, religiösen und weltanschaulich motivierten Extremismus. (Beifall bei JETZT und bei Abgeordneten der SPÖ.)

Wir müssen uns gegen jegliche Ideologie, die zum Ziel hat, unseren demokratischen Verfassungsstaat und die damit verbundenen Grundsätze zu beseitigen, aussprechen und sie entschieden bekämpfen.

Da es uns ein Anliegen ist, das Ganze gesamtheitlich zu betrachten, bringe ich daher heute auch einen Abänderungsantrag ein, und ich bin davon überzeugt, dass auch Sie sich diesem Abänderungsantrag anschließen werden, denn dieser Abänderungsantrag zielt darauf ab, dass sich die Bundesregierung entschieden gegen jegliche Formen von Extremismus einsetzt.

Ich stelle folgenden Abänderungsantrag:

Abänderungsantrag

der Abgeordneten Dr.in Alma Zadić, LL.M., Kolleginnen und Kollegen

Der Nationalrat wolle beschließen:

Die eingangs genannte Entschließung wird wie folgt abgeändert:


Nationalrat, XXVI.GPStenographisches Protokoll66. Sitzung, 27. und 28. März 2019 / Seite 201

„Entschließung

betreffend Verhinderung von Parallelgesellschaften und Extremismus:

,Die Bundesregierung wird ersucht, alles in ihrer Verantwortung Stehende zu tun, um jeglicher Form von religiösem, weltanschaulichem oder politischem Extremismus in Österreich vorzubeugen und entgegenzuwirken, sowie die Bildung von Parallelgesell­schaften und extremistischen Milieus zu verhindern.‘“

*****

Vielen Dank. (Beifall bei JETZT sowie der Abgeordneten Griss und Leichtfried.)

18.00

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:

Abänderungsantrag

der Abgeordneten Dr.in Alma Zadic, LL.M., Kolleginnen und Kollegen

zum Antrag 664/A(E) betreffend Verhinderung von Parallelgesellschaften und Radi­kalisierung, (531 d.B.), in der Fassung des Berichtes des Ausschusses für Menschen­rechte – TOP 12

Der Nationalrat wolle beschließen:

Die eingangs genannte Entschließung wird wie folgt geändert:

„Entschließung

betreffend Verhinderung von Parallelgesellschaften und Extremismus:

„Die Bundesregierung wird ersucht, alles in ihrer Verantwortung Stehende zu tun, um jeglicher Form von religiösem, weltanschaulichem oder politischem Extremismus in Österreich vorzubeugen und entgegenzuwirken, sowie die Bildung von Parallelgesell­schaften und extremistischen Milieus zu verhindern.“

Begründung

Am 19. März 2019 wurde der Antrag 664/A(E) der Abgeordneten Dr.in Gudrun Kugler, Dr.in Susanne Fürst, Kolleginnen und Kollegen im Ausschuss für Menschenrechte in Verhandlung genommen. Bezüglich des Antrags stellen sich zwei entscheidende Fragen:

Erstens, weshalb der Antrag 664/A(E) nur auf die Verhinderung von „Radikalisierung“ und nicht auch von „Extremismus“ abzielt. Das deutsche Bundesamt für Verfassungs­schutz hält diesbezüglich fest: „Die Verfassungsschutzbehörden unterscheiden zwi­schen ‚Extremismus‘ und ‚Radikalismus‘, obwohl beide Begriffe oft synonym gebraucht werden. Bei ‚Radikalismus‘ handelt es sich zwar auch um eine überspitzte, zum Extremen neigende Denk- und Handlungsweise, die gesellschaftliche Probleme und Konflikte bereits ‚von der Wurzel (lat. radix) her‘ anpacken will. Im Unterschied zum ‚Extremismus‘ sollen jedoch weder der demokratische Verfassungsstaat noch die damit verbundenen Grundprinzipien unserer Verfassungsordnung beseitigt werden. So sind z. B. Kapitalismuskritiker, die grundsätzliche Zweifel an der Struktur unserer Wirt­schafts- und Gesellschaftsordnung äußern und sie von Grund auf verändern wollen,


Nationalrat, XXVI.GPStenographisches Protokoll66. Sitzung, 27. und 28. März 2019 / Seite 202

noch keine Extremisten. Radikale politische Auffassungen haben in unserer plura­listischen Gesellschaftsordnung ihren legitimen Platz. Auch wer seine radikalen Ziel­vorstellungen realisieren will, muss nicht befürchten, dass er vom Verfassungsschutz beobachtet wird, jedenfalls nicht, solange er die Grundprinzipien unserer Verfas­sungs­ordnung anerkennt. Als extremistisch werden dagegen die Aktivitäten bezeichnet, die darauf abzielen, die Grundwerte der freiheitlichen Demokratie zu beseitigen.“1

Das deutsche Bundeskriminalamt definiert Radikalisierung als einen „oft schleichenden Prozess“, der „in einem Wechselspiel aus eigenen Erfahrungen, Kontakten mit extre­mistischen Szenen und dem Konsum von Propaganda“ entsteht. 2 Bereits bestehender Extremismus bedingt neben anderen Faktoren den Prozess der Radikalisierung. Für eine wirksame Prävention müssen religiöser, weltanschaulicher oder politischer Extre­mismus und die dahin führende Radikalisierung also gemeinsam gedacht und angegangen werden. 

Zweitens ist fraglich, weshalb der Antrag 664/A(E) lediglich die Verhinderung von „islamistischer Radikalisierung“ zum Ziel hat. Angesichts der jüngsten Ereignisse in Christchurch, Neuseeland, und der weltweiten Zunahme rechtsextremen Terrors und rechtsextremer und rassistischer Gewalt- und Tötungsdelikte ist die verkürzte Dar­stellung nicht nachvollziehbar. Islamistischer und rechtsextremer Terror verstärken sich gegenseitig, indem sich Feindbilder verfestigen und die Brutalität und menschen­verachtende Haltung der einen Seite zur Rechtfertigung von Hass und Gewalt der anderen werden.

Eine seriöse Auseinandersetzung mit dem Thema und nachhaltige Lösung des Phä­nomens verlangt, dass wir in Österreich mit aller Entschiedenheit nicht nur dem isla­mistischen Extremismus, sondern jeglichem Extremismus – sei er religiös, politisch oder weltanschaulich motiviert –, der darauf abzielt, unseren demokratischen Verfas­sungsstaat und die damit verbundenen Grundprinzipien (wie Pluralismus, Gewalten­teilung und die Akzeptanz der Menschenrechte) unserer Verfassungsordnung zu be­seitigen, entgegentreten.

Auch der deutsche Verfassungsschutz warnt vor den Vernetzungen und Kooperationen von Rechtsextremen in Europa, welche sich „in jüngster Vergangenheit“ intensiviert haben. Laut vorläufigen Zahlen des deutschen Bundeskriminalamts gab es in Deutsch­land im ersten Halbjahr 2018 fast jeden zweiten Tag einen Anschlag mit rechts­extremem Hintergrund. 3 In Österreich sieht die Situation ähnlich aus. So wurden im ersten Halbjahr 2018 in Österreich 335 rechtsextreme Taten sowie 95 rassistische, 29 antisemitische und neun antimuslimisch motivierte Tathandlungen verzeichnet. Im gesamten Jahr 2017 waren es 660 Tathandlungen, welche einen rechtsextremen Hintergrund hatten. 4

1 https://www.verfassungsschutz.de/de/service/glossar/extremismus-radikalismus.

2https://www.bka.de/DE/IhreSicherheit/RichtigesVerhalten/Radikalisierung/radikalisierung_node.html .

3 https://www.welt.de/politik/deutschland/article178857820/Rechtsextreme-Gewalttaten-Behoerden-warnen-vor-rechtsextremem-Gefaehrdungspotenzial.html .

4  https://www.parlament.gv.at/PAKT/VHG/XXVI/AB/AB_01182/imfname_708164.pdf.

*****


Präsidentin Doris Bures: Der Abänderungsantrag ist ordnungsgemäß eingebracht, steht daher auch mit in Verhandlung.


Nationalrat, XXVI.GPStenographisches Protokoll66. Sitzung, 27. und 28. März 2019 / Seite 203

Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Dr.in Fürst. Sie haben das Wort. – Bitte.


18.00.59

Abgeordnete Dr. Susanne Fürst (FPÖ): Frau Präsidentin! Frau Staatssekretärin! Sehr geehrte Damen und Herren! Frau Dr. Kugler und ich haben uns entschlossen, einen Antrag einzubringen, in dem wir die Bundesregierung ersuchen, auch weiterhin alles in ihrer Macht Stehende zu tun, um jeglicher islamistischer Radikalisierung entgegenzuwirken und sich dem weiteren Erstarken von Parallelgesellschaften entgegenzustellen – Parallelgesellschaften, deren Lebensstil einfach mit dem von uns gepflogenen Lebensstil nicht vereinbar ist.

Ja, Frau Kollegin Zadić, wir sprechen uns gegen jede Form von Extremismus und Radikalisierung aus, aber dieser Antrag befasst sich eben mit der islamistischen Bedrohung und mit der Entstehung von Parallelgesellschaften und auch den schon bestehenden Parallelgesellschaften.

Schon im Ausschuss hat sich Herr Abgeordneter Noll als Einziger, seine Partei vertretend, gegen diesen Antrag ausgesprochen. Alle anderen Parteien konnten dem zustimmen. Herr Abgeordneter Noll hat uns heute schon gesagt, dass die Wahrheit nicht beifallsbedürftig und evident sei. Er kann sie aber offensichtlich dennoch nicht erkennen, denn es beruht nun einmal auf Fakten, dass wir mit Buddhisten, Hinduisten oder Griechisch-Orthodoxen keine Probleme haben, unsere Lebensstile nicht kollidieren und es da auch nicht solche Parallelgesellschaften gibt, mit denen wir Probleme haben. Es gibt eben hier spezifische Probleme, nicht mit dem Islam als solchem, wenn er als Religion verstanden wird – so wie wir es verstehen, als private Religionsausübung, die vom Grundrecht auf Religionsfreiheit gedeckt ist –, sondern mit dem, was man unter dem politischen Islam zusammenfassen kann; gemeint ist damit, was unsere politische Ordnung, unsere Gesellschaftsordnungen, unsere Verfassungs­ordnung angreift und was damit nicht vereinbar ist. Darauf zielt dieser Antrag ab. (Beifall bei der FPÖ und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Wobei mit diesem Antrag keinesfalls irgendwie gesagt werden soll, dass die Bun­desregierung bisher in diesem Punkt säumig gewesen ist. Ganz im Gegenteil: Sie tut alles in ihrer Macht Stehende, um genau diesen Tagesordnungspunkt zu unterstützen; aber es werden ja nicht alle Maßnahmen und es wird ja nicht jede Politik auf Bun­desebene gemacht, sondern es gibt ja auch die Hauptstadt Wien mit ihrer Stadt­regierung, die immer noch rot-grün ist. Da wird leider vieles zugelassen, es wurde seit Jahren zugeschaut, wie Parallelgesellschaften entstehen.

Man hat da zugelassen, vom Kindergarten weg, dass Inhalte gelehrt werden, die die Kinder nur dazu bringen sollen, sich ja nicht zu integrieren, und dass die Kinder von unseren Kindern segregiert werden. In den Schulen wird das fortgesetzt. Es wurde jahrelang unterdrückt, was gerade in den Wiener Schulen schon los ist, bis auch LehrerInnen, die sich eigentlich dezidiert der größten Oppositionspartei nahe fühlen, an die Medien gegangen sind, weil sie von den Wiener Behörden, auch vom Stadtschulrat, vollkommen im Stich gelassen werden.

Ich zitiere nur ganz kurz: Wenn einmal von 25 Kindern 21 zu integrieren sind, ist das nicht mehr zu lösen. Die religiös motivierten Konflikte gehören bereits zum Schulalltag. Der Unterschied zwischen ihrer Welt zu Hause und unserer Welt ist einfach zu groß. Es gibt eine wachsende Bildungsfeindlichkeit. Abstammung und Religion sind nun einmal für muslimische Familien besonders wichtig. Es wird die Scharia bei einem Teil der Muslime über alle unsere Regeln gestellt.


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Das heißt, gerade die SPÖ sagt hier das eine – es ist schön, dass sie mit unserem Antrag mitgegangen ist, vielleicht schließt sie sich jetzt auch unserer Politik an –, es kommt andererseits aber auch immer darauf an, was man tut. In Wien ist ja die SPÖ noch in der Regierung und leider konterkariert sie da vollkommen die Absichten dieses Antrages. (Ruf bei der SPÖ: Stimmt nicht!) Das halte ich eigentlich für unpackbar. – Danke. (Beifall bei FPÖ und ÖVP.)

18.05


Präsidentin Doris Bures: Nun ist Herr Abgeordneter Dr. Harald Troch zu Wort gemeldet. – Bitte. (Ruf: Jetzt wird es schwer!)


18.05.29

Abgeordneter Dr. Harald Troch (SPÖ): Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! In Zeiten der Radikalisierung stellt sich natürlich auch im Zusammenhang mit diesem Thema die Frage: Wie sicher fühlen sich Juden in Österreich beziehungsweise in Europa?

Ich darf hier Oskar Deutsch, den Präsidenten der Israelitischen Kultusgemeinde in Österreich, zitieren. Oskar Deutsch meint zu einer Studie der EU-Grundrechteagentur, die im Dezember 2018 veröffentlicht wurde: Sie „zeigt, dass das Wort ,besorgnis­erregend‘ nicht zutreffend ist. Es ist eine Katastrophe. In 12 Ländern, darunter auch in Österreich, wurde untersucht, wie Juden sich im Alltag fühlen, wie gefährdet sie sind. Die Zahlen sprechen für sich, aber gegen Europa.“ 

Die Fakten sind mehr oder weniger bekannt. Es gibt Mobbing von jüdischen Mit­schülern, es gibt Belästigungen, Attacken, Morde in Frankreich. Das heißt, die Frage stellt sich schon, was zu dieser Radikalisierung geführt hat.

Ich darf hier kurz Arik Brauer – bekannter Musiker, Kulturschaffender, Maler – zitieren. Arik Brauer sagt im „Kurier“-Interview: „Ein neuer Antisemitismus wurde [...] importiert. In großer Sorge sei er, dass wir „in Europa den mühsam errungenen Humanismus“ aufs Spiel setzen.

Zu uns kommen tatsächlich Menschen aus vielen Ländern. Ja, in einigen ist Anti­semitismus Staatsdoktrin, das ist bekannt. Für die SPÖ ist aber völlig klar: Wir sagen Nein zu Antisemitismus. Wir sagen Nein zu Radikalisierung. Wir sagen aber auch Nein zu Parallelgesellschaften.

Es gibt nicht nur den neuen importierten Antisemitismus, der vielen Menschen, vor allem Juden, Sorge macht. Es gibt auch den alten rechten Antisemitismus. Da ist es auch einmal angebracht, sich die FPÖ in diesem Zusammenhang näher anzuschauen. Vizekanzler Strache hat in einer Rede 2018 versprochen, gegen Antisemitismus auch in den eigenen Reihen vorzugehen. Oskar Deutsch, wieder von der Kultusgemeinde, meint: „Was Strache gesagt hat, war richtig. Die Mitglieder des Kultusrates haben erwartet, dass nach der Rede Taten folgen. Das kam auch, aber verkehrt. Es gab an die 50 antisemitische oder neonazistische Vorfälle, seit die FPÖ in der Regierung ist. Fast nie gab es Konsequenzen.“

Deutsch weiter: „FPÖ-Politiker wie Herr Landbauer, der ja Auslöser für die Rede von Herrn Strache war, gehen kurz auf Tauchstation und werden nach ein paar Monaten wieder eingesetzt.“ (Beifall bei der SPÖ.)

Der Antrag von ÖVP und FPÖ zu Parallelgesellschaften und Radikalisierung ist daher unvollständig. Um diesem Trick auch etwas Gegenwind zu geben, darf ich für die SPÖ folgenden Entschließungsantrag einbringen:


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Entschließungsantrag

der Abgeordneten Dr. Harald Troch, Kolleginnen und Kollegen betreffend „konsequente Bekämpfung rechtsextremer Aktivitäten und des Antisemitismus“

„Die österreichische Bundesregierung und insbesondere der Bundesminister für Inneres werden aufgefordert

- rechtsextreme Aktivitäten effektiv, aktiv umfassend zu bekämpfen

- die rechtsextremen zum Teil globalen Netzwerke zu bekämpfen und trocken zu legen

- Die Auflösung der ,Identitären Bewegung‘ raschestmöglich zu prüfen und gegebenen­falls zu vollziehen

- Jegliche Form von Antisemitismus so konsequent wie möglich zu bekämpfen“

*****

Ich ersuche um Zustimmung. – Danke. (Beifall bei der SPÖ.)

18.09

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Dr. Harald Troch und Genossinnen

zum Bericht des Ausschusses für Menschenrechte über den Antrag 664/AE der Abgeordneten Dr. Gudrun Kugler, Dr. Susanne Fürst, Kolleginnen und Kollegen betreffend Verhinderung von Parallelgesellschaften und Radikalisierung (531 d.B.)

(TOP 12 der 66. Sitzung des Nationalrates am 27. März 2019, XXVI. GP)

betreffend konsequente Bekämpfung rechtsextremer Aktivitäten und des Antisemitis­mus

Das grauenhafte Attentat eines Rechtsextremisten in Christchurch, Neuseeland, hat auf traurige Art bewiesen, dass der rechtsextreme global vernetzte Terror genauso gefährlich einzuschätzen ist wie der islamistische Terror. So sehr es richtig ist, gegen islamistische Radikalisierungen in Österreich vorzugehen und diesen entgegen­zu­wirken und die Bildung von Parallelgesellschaften zu verhindern, so muss zugleich auch rechtsextremen Aktivitäten mit aller Entschiedenheit entgegengetreten werden.

Auch das deutsche Nachrichtenmagazin "Der Spiegel" widmet in seiner dieswöchigen Ausgabe dem Thema Rechtsextremismus die Titelgeschichte: "Die braune Verschwö­rung. Das globale Netzwerk rechter Terroristen".

Eine neue negative Qualität stellen die Informationen über Verbindungen zwischen dem rechtsextremen Christchurch-Attentäter und den "Identitären" in Österreich dar: Diese Verbindungen sind eine Gefahr für die nationale Sicherheit.

Leider haben die Sicherheitsbehörden den rechtsextremen Netzwerken in Österreich bisher nicht die erforderliche Beachtung geschenkt. Der Geheimdienst wurde von die­ser Regierung geschwächt und die für Rechtsextremismus zuständige Mitarbeiterin in ihrer Handlungsfähigkeit dramatisch eingeschränkt.

Wenn der Verfassungsschutz die Identitären "aktuell als eine der wesentlichen Träge­rinnen des modernisierten Rechtsextremismus" einschätzt und man die jüngsten offen-


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kundig gewordenen Tatsachen berücksichtigt, so stellt sich die Frage, warum die Bun­desregierung die Auflösung der Identitären nicht schon längst geprüft hat.

Offenbar wurden von der ÖVP/FPÖ Bundesregierung die rechtsextreme Gefahr lange kleingeredet oder gar ignoriert.

Die unterzeichneten Abgeordneten stellen daher den

Entschließungsantrag

Die österreichische Bundesregierung und insbesondere der Bundesminister für Inneres werden aufgefordert

- Rechtsextreme Aktivitäten effektiv, aktiv und umfassend zu bekämpfen

- Die rechtsextremen zum Teil globalen Netzwerke zu bekämpfen und trocken zu legen

- Die Auflösung der "Identitären Bewegung" raschestmöglich zu prüfen und gegebe­nen­falls zu vollziehen

- Jegliche Form von Antisemitismus so konsequent wie möglich zu bekämpfen

*****


Präsidentin Doris Bures: Der Entschließungsantrag ist ordnungsgemäß eingebracht, steht daher mit in Verhandlung.

Zu Wort gelangt Frau Abgeordnete Dr.in Gudrun Kugler. – Bitte.


18.09.37

Abgeordnete Dr. Gudrun Kugler (ÖVP): Frau Präsidentin! Frau Staatssekretärin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich glaube, das Thema islamistische Radikalisierung und Parallelgesellschaften ist zu ernst für politisches Hickhack. Das habe ich da jetzt sehr stark herausgehört. Wir dürfen die Problematik nicht vertuschen, nicht verstecken, wir müssen sie über Parteigrenzen hinweg offensiv angehen.

Man kann aber über dieses Thema nicht sprechen, ohne die Attacken auf zwei Moscheen in Christchurch zu verurteilen. Ich habe das auch im Menschenrechtsausschuss am 19. März getan, ich möchte es hier noch einmal tun. Wir werden das Problem des rechtsextremen Radikalismus morgen mit gutem Grund besprechen, aber heute besprechen wir ein unglaublich wichtiges Anliegen, nämlich die Frage: Wie kann Öster­reich dem vorbeugen, dass es weiter zu vermehrter islamistischer Radikalisierung kommt? Wie können wir in Österreich Parallelgesellschaften verhindern?

Da geht es nicht um irgendwelche Wortspiele, sondern es geht um den sozialen Frieden. Es geht um den Schutz von Religionen vor Missbrauch. Es geht nicht um das Verteufeln von Religion, es geht nicht um das Verteufeln des Islam, sondern es geht um die Ablehnung des Islamismus.

Was ist eigentlich der Unterschied zwischen Islam und politischem Islam? – Der politische Islam wünscht sich einen islamischen Staat und möchte aus unserem Staat einen islamischen Staat machen. Manche wollen das mit friedlichen Mitteln erreichen, andere mit Gewalt. Der Islam selbst fühlt sich in Geiselhaft des politischen Islam. Durch die Abgrenzung, die wir auch von politischer Seite machen, wird der Islam selbst von dieser Geiselhaft befreit.

Im Jänner hat der Europarat von seiner Sorge gesprochen, dass es in einigen euro­päischen Ländern Schariagerichtsbarkeit gibt – in England relativ offen, bei uns ver-


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steckt –, Scharia-Streitschlichtungsstellen oder auch Entscheidungen im zivilrecht­lichen Bereich wie Eheschließungen von Minderjährigen oder Mehrfachehen; all das gibt es auch unter der Hand versteckt in Österreich. Hier, liebe Kollegin Zadić, liebe Liste JETZT, sagen Sie, alle Religionen müssen gleich behandelt werden. Wir können Ihrem Abänderungsantrag nicht zustimmen, weil er alle Religionen in einen Topf wirft.

Ich nenne Ihnen nur ein paar Zahlen. In Österreich gab es eine große Umfrage unter Menschen, die sich zu bestimmten Religionen bekennen. 73 Prozent der Muslime in Österreich sagen: Die Regeln des Koran sind mir wichtiger als die Gesetze Öster­reichs. 66 Prozent der Muslime sagen: Die westlichen Länder wollen den Islam zerstö­ren.

Frau Zadić, Herr Noll oder überhaupt Liste JETZT: Der Verfassungsschutz in Öster­reich beobachtet radikale und extremistische Gruppen. Die einzige Gruppe mit Bezug zu einer Religion ist jene, die mit Islamismus zu tun hat. Auf der EU-Terrorliste be­finden sich unter den ersten zehn Terrororganisationen acht islamistische. Da können wir nicht sagen: Alle Religionen sind gleich zu behandeln. Das ist Kultur- und Reli­gions­relativismus, der uns politisch nicht weiterbringt.

Zum Thema Kindergartenförderung – auch das ist heute schon gefallen –: Da ist Wien besonders belastet. 2009 wurde das kostenlose verpflichtende Kindergartenjahr eingeführt. Das hat eine Flut an Gründungen von Kindergruppen und -gärten hervor­gebracht. Dabei kam es zu Betrug, es kam zu Indoktrination von islamistischer Seite. Die Stadt Wien hat Gott sei Dank das Thema aufgegriffen, die Zahl der Kontrolleure aufgestockt. Da dürfen wir Hoffnung haben, dass wir zu einer Verbesserung der Situation gelangen. Das Problem gibt es nicht nur in Wien, aber Wien hat auf jeden Fall, was die Zahl betrifft, das größte Problem; darum ist es auch in unserem Antrag explizit genannt.

Apropos Wien: Wir haben in den letzten Tagen in den Zeitungen gelesen, dass in einer nicht genehmigten Moschee in Floridsdorf ein Aufruf zum Märtyrertum getätigt wurde. Wir haben heute in der Zeitung gelesen, dass es so aussieht, als ob ein IS-Attentäter aus Deutschland in Wien lebt und von Wien aus wirkt. All das und noch viel mehr sind gute Gründe für diesen Antrag, gute Gründe, dass die Bundesregierung weiterhin engagiert gegen Radikalisierung, gegen Extremismus und gegen die Bildung von Parallelgesellschaften vorgeht. – Vielen Dank. (Beifall bei ÖVP und FPÖ.)

18.14


Präsidentin Doris Bures: Frau Abgeordnete Dr.in Stephanie Krisper ist die nächste Rednerin. – Bitte.


18.14.48

Abgeordnete Dr. Stephanie Krisper (NEOS): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Liebe Zuseherinnen und Zuseher, an die ich mich heute wenden will, weil ich Ihnen etwas bewusst machen möchte! Wir diskutieren heute über zwei Anträge der Regierungsparteien ÖVP und FPÖ, die in einer scheinheiligen Manier fordern (Abg. Neubauer: Ordnungsruf!), man möge Parallelgesellschaften und Radi­kalisierung verhindern sowie Schlepperei und illegale Migration bekämpfen.

Jetzt sind diese Zielsetzungen und diese Anträge wunderbar, wir stimmen inhaltlich völlig zu – wenn es nicht so wäre, dass diese Regierung absolut kein Interesse daran hat, diese Ziele zu erreichen. Warum nicht? – Weil diese Parteien ÖVP und FPÖ davon profitieren, wenn Integration nicht funktioniert und Migration nicht gemanagt wird. Diese beiden Parteien wissen genau, dass ihre bewusste Desintegrationspolitik dazu beiträgt, dass es mehr statt weniger Klüfte in unserer Gesellschaft gibt, dass


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Menschen Angst haben und deswegen eher ausländerfeindliche Parteien wählen. Das ist das Geschäftsmodell der FPÖ und mittlerweile auch der ÖVP.

Heute sagen die Regierungsparteien A in diesen Anträgen, um Sie, geschätzte Wäh­lerinnen und Wähler, zu täuschen, denn sonst machen sie B. Was haben sie denn bis jetzt im Bereich Integration gemacht? – Sie haben geflüchtete Jugendliche in Isola­tionshaft aufs Land geschickt. Sie haben gefordert, Musliminnen und Muslime aus dem Gemeindebau zu verbannen. Sie haben in schlimmster klischeehafter Manier bei der e-card-Kampagne mit der Ali-Werbung pauschal alle türkischen Mitbürgerinnen und Mitbürger als Sozialbetrüger verunglimpft. Sie haben das Angebot an Deutschkursen für Asylwerber gekürzt, und gleichzeitig planen sie die Hürde von B1-Deutschkennt­nissen bei der Mindestsicherung für Asylberechtigte.

Und Bundeskanzler Kurz? – Statt auf die Stimmen mit Herz und Hirn innerhalb seiner Partei zu hören, nämlich auf jene, die in den Ländern und Gemeinden wirklich bei den Menschen sind und für Integration eintreten, hört er nur mehr auf Innenminister Kickl. Er setzt die Latte für Unmenschlichkeit und Ausgrenzung immer tiefer. Der letzte Vor­schlag war jener des 1,50-Euro-Stundenlohns für Asylwerber. Da eilt Bundeskanzler Kurz eher vor, um zu sagen, er hatte diese grandiose, absurde Idee schon viel früher, aber er hört nicht auf seine Bürgermeister und Landeshauptleute der ÖVP, die zu Recht dagegenreden.

Was bleibt? – Ein perfider Cocktail von Desintegrationspolitik. Im Bereich Migration hat diese Bundesregierung behauptet, etwas für die Hilfe vor Ort tun zu wollen, damit sich Menschen eben erst gar nicht auf den Weg zu uns machen müssen. Was haben Sie getan? – Sie haben die Mittel für Entwicklungszusammenarbeit gekürzt und absolut keinen Vorschlag gebracht, wie Sie Verbesserungen erzielen wollen, damit die Men­schen nicht nach Europa kommen müssen oder wollen.

Wir NEOS sagen A und fordern auch A. Wir unterstützen diese Anträge und kämpfen für Maßnahmen zu deren Umsetzung durch konkrete Anträge, die aber dann von den Regierungsparteien in den jeweiligen Ausschüssen vertagt werden. Wenn es also darauf ankommt – walk the talk –, dann zeigt sich die Scheinheiligkeit der Regierungs­parteien. (Abg. Amesbauer: Was ist schon wieder scheinheilig? Zum Thema reden!)


Präsidentin Doris Bures: Frau Abgeordnete, ich würde Sie bitten, die Formulierung „Scheinheiligkeit“ zurückzunehmen!


Abgeordnete Dr. Stephanie Krisper (fortsetzend): Ich nehme sie zurück und ersetze sie durch Unwille zur Wahrheit.

Ich bitte Sie, sehr geehrte Bürgerinnen und Bürger, sich jeden Satz, jedes Versprechen der Bundesregierung bezüglich dieser Themen zweimal anzuschauen und aus der Schein- - (Heiterkeit bei den NEOS), aus der Wahrheitsfremde, der Doppelzüngigkeit, den Unwahrheiten Ihre Schlüsse zu ziehen, ob Sie diesen Parteien noch einmal vertrauen wollen, falls Sie es einmal gemacht haben, denn es geht hier letztendlich um unser Zusammenleben, um die Sicherheit in unserem Land, etwas, das nicht für billige Pointen und politisches Kalkül aufs Spiel gesetzt werden soll. – Danke sehr. (Beifall bei den NEOS.)

18.18


Präsidentin Doris Bures: Als Nächster: Herr Abgeordneter Hannes Amesbauer. – Bitte.


18.18.56

Abgeordneter Hannes Amesbauer, BA (FPÖ): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Frau Staatssekretärin! Geschätzte Damen und Herren! Wir sprechen hier über islamistische


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Radikalisierung und Bildung von Parallelgesellschaften und darüber, wie man dem entgegenwirken kann, und nicht über Integration und sonstige Themenbereiche, Frau Kollegin Krisper.

Da muss man einmal festhalten: Radikalisierung findet statt. Und es findet auch gezielt islamistische Radikalisierung statt. Ich hätte nie gehört, dass wir mit irgendeiner anderen Glaubensgemeinschaft dermaßen große Probleme haben, wobei es bei diesem Antrag, bei dieser Debatte gar nicht um den Glauben und um die Religion an sich geht, sondern eben um Radikalisierung und Parallelgesellschaften.

Diese Radikalisierung, meine Damen und Herren, findet bekanntermaßen statt. Das sind ja keine Meinungen, das sind Fakten, die evidenzbasiert nachzuverfolgen sind. Die Radikalisierung findet im Internet statt, findet in Schulen statt, findet in Moscheen statt, findet auch in Asylwerberquartieren statt.

Wir haben insbesondere auch mit der Flüchtlingskrise, die im Jahr 2015 ihren Höhe­punkt gefunden hat, erlebt, dass gerade mit den Flüchtlingsströmen auch ehemalige IS-Kämpfer, Dschihadisten, dass solche Menschen nach Europa und nach Österreich mitgekommen sind und auch in österreichischen Asylquartieren Radikalisierungs- und Rekrutierungsversuche gestartet haben. In diesem Zusammenhang ist es auch besonders wichtig, dass Innenminister Kickl angekündigt hat, sich mit aller Vehemenz gegen die Zurücknahme von sogenannten IS-Heimkehrern zu stellen. (Beifall bei FPÖ und ÖVP.)

Ich muss in diesem Zusammenhang auch sagen, ich finde den Begriff IS-Heimkehrer schwerstens verharmlosend. Warum? – Das klingt so, als würde irgendjemand von einem Abenteuerurlaub zurückkommen. In Wahrheit aber reden wir da von mutmaß­lichen Kopfabschneidern, von Mördern, von Terroristen, von Kriegstreibern und von Vergewaltigern! Man sollte schon aufpassen, welche Begrifflichkeiten man da verwen­det.

Der IS gilt ja in Syrien mittlerweile als militärisch besiegt. Was wir aber nicht brauchen, ist, dass wir diese Leute hierher holen und dass sie auch in unserem Land Schlä­ferzellen und Terrorzellen bilden. Wir sollten diesbezüglich vorgewarnt sein und wir wissen ja, was in Europa passiert ist – es war der islamistische Terror, der auch durch Europa eine Spur der Verwüstung gezogen hat, ob durch die Anschläge in Paris, ob in Berlin, ob in Nizza, ob in London oder in Stockholm oder durch Anschläge in anderen europäischen Staaten. Das ist bekannt, und wir müssen sicherstellen, dass solche Menschen mit so einem Gedankengut nicht nach Österreich und nach Europa gelan­gen, wo sie nichts verloren haben. Das sollte jedem klar sein, auch jedem Oppositions­politiker, meine sehr geehrten Damen und Herren! (Beifall bei FPÖ und ÖVP.)

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich bin Steirer, und in der Steiermark haben wir derzeit 26 Moscheevereine, alleine 19 davon in der Landeshauptstadt Graz. Zwölf davon werden als verfassungsfeindlich eingestuft. Gerade über Graz liest man, wenn man sich die Zeitungsmeldungen der letzten Jahre anschaut, unter anderem Folgen­des: 2016: „20 Jahre Haft für Prediger im Grazer Jihadisten-Prozess“; 2017: „Drei Höchststrafen im Grazer Dschihadisten-Prozess“; 2018: „Hohe Haftstrafen für zwei Dschihadisten-Paare“; 2018: „Sieben und acht Jahre Haft im Grazer IS-Prozess“. Und auch derzeit steht Graz wieder vor Dschihadisten-Großprozessen: Acht Anklagen gibt es bereits; gegen mindestens 30 weitere Personen wird derzeit ermittelt. In Wien – Frau Kollegin Kugler hat es vorher angesprochen – lautet die jüngste Meldung: „Illegale Moschee in Wien: Dort wird blanker Hass gepredigt“.

Wir haben hier etwas zu tun, und die Bundesregierung tut auch etwas: Bundesminister Kickl hat angekündigt, dass zurzeit ein Gesetz gegen den politischen Islam ausge­arbeitet wird. 4 000 neue Polizisten soll es bis zum Ende der Legislaturperiode geben.


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Und das Wichtigste ist die Unterbindung der illegalen Zuwanderung, vor allem aus dem arabischen Raum. Deshalb: Die europäischen Außengrenzen dicht!

Diese Bundesregierung ist auf dem richtigen Weg, und wir als österreichisches Parlament haben sie gefälligst dabei zu unterstützen. (Beifall bei der FPÖ und bei Abgeordneten der ÖVP.)

18.23


Präsidentin Doris Bures: Als Nächste zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Renate Gruber. – Bitte.


18.23.21

Abgeordnete Renate Gruber (SPÖ): Frau Präsidentin! Geschätzte Frau Staatssekre­tärin! Geschätzte Abgeordnete! Parallelgesellschaften: Wie definiert man diesen Be­griff? Parallelgesellschaften hat es leider zu jeder Zeit und in jedem Land der Welt gegeben. Auf alle Fälle abzulehnen sind Parallelgesellschaften, Radikalisierungen, welche unserem Staat und vor allem unserer Bevölkerung Schaden zufügen.

Dazu gehört jede Form des Extremismus, egal ob links oder rechts, die sogenannten Staatsverweigerer und unter anderem auch islamistische radikale Gruppierungen. Manche in diesem Haus neigen dazu, dies immer nur an Wien festzumachen. Öster­reich besteht nicht nur aus Wien, und dieses Phänomen betrifft uns alle in unter­schiedlichsten Ausprägungen.

Kürzungen wie zum Beispiel im Bildungsbereich vorzunehmen wird nicht zum ge­wünschten Erfolg führen, um Integration zu fördern. Von unterschiedlichen Kulturen profitieren wir, aber die Rechte und Pflichten beziehungsweise Gesetze gelten für alle, die sich in unserem wunderschönen Österreich aufhalten. Gegen Radikalisierung ist gemeinsam vorzugehen. Eine sensiblere Wortwahl, keine Inserate in Zeitungen, die den Antisemitismus und die Radikalisierung fördern, zu schalten ist mehr als ange­bracht und sollte eine Selbstverständlichkeit sein.

Gemeinsam müssen wir gegen den Extremismus vorgehen, und wir, die SPÖ, werden mit Sicherheit daraus kein politisches Kleingeld schlagen. Wir sind gegen alle Parallel­gesellschaften, die den Menschen in unserem Land Schaden zufügen. (Beifall bei der SPÖ.)

18.25


Präsidentin Doris Bures: Nun hat sich Frau Staatssekretärin Mag.a Edtstadler zu Wort gemeldet. – Bitte.


18.25.08

Staatssekretärin im Bundesministerium für Inneres Mag. Karoline Edtstadler: Sehr geehrte Frau Präsidentin! Hohes Haus! Geschätzte Zuseherinnen und Zuseher! Österreich ist ein sicheres und ein stabiles Land. In Österreich kann man in Frieden und Freiheit leben. Grundlage dafür sind unsere Grundwerte Demokratie, Menschen­rechte und Rechtsstaatlichkeit, und diese Grundwerte sind nicht verhandelbar. (Beifall bei ÖVP und FPÖ.) Ich verurteile deshalb auch ganz klar jede Form von Anschlägen extremistischer oder terroristischer Natur. Wir müssen diesen Tendenzen, die unserem liberalen und demokratischen Rechtsstaat widersprechen oder ihn gar unterwandern, entschieden entgegentreten. Entwicklungen wie Radikalisierung, Gewalt und Terroris­mus haben in unserem Land keinen Platz. (Beifall bei ÖVP und FPÖ.)

Es muss daher auch erlaubt sein, derartige Probleme ganz klar anzusprechen und sie nicht aus falsch verstandener Toleranz oder Zurückhaltung zu verschweigen. Ja, meine sehr geehrten Damen und Herren, der politische Islam ist eine große Herausfor-


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derung für demokratische westliche Staaten, daher haben wir in unserem Regierungs­programm auch ganz klar vorgesehen, gegen jede Form von Radikalisierungs­tenden­zen vorzugehen und diese abzuwenden.

Der gesamtgesellschaftliche Zusammenhalt und ein friedvolles Miteinander müssen dauerhaft aufrechterhalten werden. Wir setzen daher Maßnahmen. Staatschutz­rele­vante Personen müssen identifiziert werden, um Gefahren zu erkennen und auch abwenden zu können, und das alles machen wir auf Basis der rechtlichen Möglich­keiten des Sicherheitspolizeigesetzes und des Polizeilichen Staatsschutzgesetzes in engem Kontakt und in Zusammenarbeit mit den europäischen Sicherheitsbehörden.

Neben den klassischen repressiven Maßnahmen setzen wir aber auch ganz klar einen Fokus auf Prävention, und ich darf Ihnen hier nur auszugsweise Maßnahmen nennen, die diesbezüglich gesetzt worden sind und auch noch gesetzt werden.

Zum Ersten ist es ganz wesentlich, eine verstärkte interministerielle Zusammenarbeit zu etablieren, eine Sensibilisierung bei jenen Berufsgruppen vorzunehmen, die mit derartigen Personen zu tun haben, etwa bei der Polizei, aber auch bei der Justiz­wache, und eine enge Zusammenarbeit mit dem Bildungssektor zu etablieren.

Verstärkt ist aber auch die Zivilgesellschaft einzubinden. Eine Zusammenarbeit mit dem Netzwerk sozialer Zusammenhalt wurde bereits etabliert. Die Durchführung von Sicherheitsdialogen mit Vertretern islamischer Vereine und Moscheen gehört ebenfalls dazu, und bereits im Jahr 2017 wurde das Bundesweite Netzwerk Extremismus­prä­vention und Deradikalisierung gegründet. Unter Einbindung von rund 70 Experten wurde zudem die Nationale Strategie Extremismusprävention und Deradikalisierung etabliert. Aufbauend darauf wird auch ein Nationaler Aktionsplan zu Extremismus­prä­vention und Deradikalisierung vorgelegt werden, und zwar bis Ende dieses Jahres.

Abschließend möchte ich festhalten, dass jede Form des Extremismus, der politische Islam und auch die sonstigen damit verbundenen Herausforderungen ein Schwerpunkt der täglichen Arbeit sind, nicht nur im Bundesministerium für Inneres, sondern auch darüber hinaus, denn es ist ein sehr komplexes Phänomen, das eines breiten und ge­samtgesellschaftlichen Schulterschlusses bedarf. Ich danke daher den Abgeordneten Kugler und Fürst für die Einbringung dieses Antrages, und ich kann Ihnen versichern, dass diese Bundesregierung alles in ihrer Macht Stehende tun wird, um diese Radi­kalisierungstendenzen und Extremismus in diesem Land zu verhindern. – Vielen Dank. (Beifall bei ÖVP und FPÖ.)

18.29


Präsidentin Doris Bures: Frau Abgeordnete Angela Baumgartner ist nun zu Wort ge­mel­det. – Bitte.


18.29.17

Abgeordnete Angela Baumgartner (ÖVP): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Frau Staatssekretärin! Liebe Zuseherinnen! Liebe Zuseher! Liebe Kolleginnen! Liebe Kollegen! Parallelgesellschaften, politischer Islam und Radikalisierungs­tenden­zen haben in Österreich keinen Platz. Das hat die Bundesregierung festgehalten, und das wird mit diesem Antrag noch einmal unterstützt. Anlass für diese Entschließung im Menschenrechtsausschuss ist eine Resolution des Europarates von Ende Jänner dieses Jahres, die Besorgnis darüber ausdrückt, dass die Scharia in mehreren EU-Mitgliedstaaten offiziell wie inoffiziell Anwendung findet.

Es sind Schariaräte, die äußerst fragwürdige Urteile sprechen, fern von Rechts­staatlichkeit und Menschenrechten. Besonders Frauenrechte, Scheidungsfälle und ähnlich gelagerte Sachverhalte werden dort an den in Europa mühsam errungenen Grundrechten vorbei gehandhabt. Die Werte der Europäischen Menschenrechts­kon-


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ven­tion müssen gewahrt bleiben, deshalb werden die Mitgliedstaaten aufgefordert, proaktive Maßnahmen zu ergreifen.

Österreich garantiert Glaubens- und Religionsfreiheit und Rechtsstaatlichkeit. Mit dem 2015 in Österreich eingeführten Islamgesetz wird eine positive Grundeinstellung gegenüber dem Staat und der Gesellschaft gefordert. Unser Bundeskanzler Sebastian Kurz hat dieses Gesetz damals schon als Außenminister federführend unterstützt. Es wurde 2015 schon explizit ins Gesetz geschrieben, dass dem staatlichen Recht Vorrang vor dem religiösen einzuräumen ist. Dies lässt keine Missinterpretation zu.

Es gibt in Österreich spezielle Finanzierungsregeln für islamische Religionsgemein­schaf­ten, um Einflussnahme und Abhängigkeit durch Auslandsfinanzierung zu verhin­dern. Wir wollen keine Imame, die Angestellte anderer Regierungen sind, oder zweifel­hafte Jugendvereinigungen, in denen Inhalte von Parteien, die in anderen Ländern verboten sind, wieder eine Bleibe finden. Es muss auch speziell in der Kinder- und Jugendarbeit ein Fokus auf die große Gefahr der Beeinflussung durch das Internet gelegt werden.

Die Antisemitismusstudie des Parlaments, die kürzlich veröffentlicht wurde, zeigt: Es ist immer noch Antisemitismus in Österreich vorhanden. Besorgniserregendes antisemi­ti­sches Potenzial zeigt sich laut den vorliegenden Ergebnissen bei bereits länger in Österreich ansässigen Arabisch und Türkisch sprechenden Menschen. Man muss die Ursache näher untersuchen und bekämpfen.

Es wurde und wird in Österreich daran gearbeitet, dass solche Fehlentwicklungen, die erkannt wurden, auch klar angesprochen und abgewendet werden, damit die Men­schen in Freiheit leben können und der gesellschaftliche Zusammenhalt gewährleistet wird. – Danke. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der FPÖ.)

18.32


Präsidentin Doris Bures: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Robert Laimer. – Bitte.


18.32.33

Abgeordneter Robert Laimer (SPÖ): Geschätzte Frau Präsidentin! Frau Staats­sekre­tärin! Meine Damen und Herren! Ich denke, dass niemand von den im Parlament vertretenen Parteien an Parallelgesellschaften jeglicher Art Interesse findet (Abg. Höbart: Omar Al-Rawi! Schauen Sie einmal nach Wien, Herr Laimer!) – und damit meine ich alle Formen einer Parallelgesellschaft, nicht nur jene im Zusammenhang mit der im Fokus der Debatten stehenden islamischen Radikalisierung. (Abg. Höbart: Fragen Sie einmal den Herrn Al-Rawi, was der dazu sagt!)

Zur Aussage von Frau Kollegin Kugler, dass ein hoher Prozentsatz der Muslime fun­damentalistisch ist (Abg. Höbart: Das ist so!), gestatten Sie mir die Frage, ob Ihnen die Zehn Gebote oder die Bibel wichtiger sind als die Gesetze in Österreich. Oder können wir uns darauf einigen, dass Gesetze für alle gelten und zu gelten haben und von allen einzuhalten sind, egal ob Angehörige einer Konfession oder konfessionslos? (Beifall bei der SPÖ sowie der Abg. Zadić.)

Es geht aber nicht nur um das Phänomen der Instrumentalisierung des Islams zwecks verbrecherischer Motive und des Terrors, es gibt auch ein globales Netzwerk von Rechtsextremismus. Hier eine Einzeltätergeschichte zu konstruieren wäre fatal in der Bekämpfung dieser Täter. Genauso wie jener 2011 in Norwegen ist auch der aktuelle Massenmord ausschließlich aus rassistischen Motiven begangen worden. Es ist eben nicht so, wie der Vizekanzler behauptet, der die Identitären als „nicht-linke Bürger­bewegung“ und „friedlichen Aktionismus“ bezeichnete. Es ist vielmehr dokumentiert


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und auch bestätigt, dass diese sogenannte Bewegung rechtsextrem und auch gewaltbereit ist. (Beifall bei der SPÖ sowie der Abg. Zadić.)

Schon 2017 wollte der Bremer Innensenator der SPD Ulrich Mäurer den Identitären Waffenbesitz verbieten, genauso wie den Reichsbürgern, die als Gefahr und völlig zu Recht als Staatsfeinde eingestuft werden. So hat ein französischer Rechtsextremist der Identitären aus Lille mehr als 500 Waffen illegal verkauft. Sechs dieser Waffen wurden von einem Dschihadisten bei einem blutigen Anschlag 2015 in Paris verwendet. Eine Quelle ist die Zeitung „Ouest-France“. Die Spende des Massenmörders aus Neusee­land an die Identitären ist ein weiteres Indiz für die Vernetzung und die weltweite rassistische Verbindung, was durchaus zu der Sorge Anlass gibt, dass Umsturzpläne geschmiedet werden, um massive Angriffe auf die Demokratie auszuführen.

Geschätzte Damen und Herren, lassen Sie mich abschließend sagen: Der Ring Freiheitlicher Jugend – ebenso in einem Naheverhältnis zu den Identitären wie das blaue FPÖ-Establishment (Abg. Haider: He, he, he! Ein bissl zusammenreißen! Ein bissl aufpassen, was wir da sagen, gell!) – gratulierte den Identitären seinerzeit zu ihrem Aufmarsch in Wien 2014 – kein Wunder, wurden doch viele führende Akteure der Identitären auch politisch unter anderem in der Wiener Olympia sozialisiert. Man ist versucht, zu sagen: Hier schließt sich ein Kreis, und zwar ein Kreis der Menschenverachtung. (Beifall bei der SPÖ.)

18.36


Präsidentin Doris Bures: Als Nächste zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Clau­dia Plakolm. – Bitte.


18.36.09

Abgeordnete Claudia Plakolm (ÖVP): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Geschätzte Frau Staatssekretärin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Radikalisierung und Rekru­tierung im Zusammenhang mit terroristischen Ideologien, vor allem bei Jugendlichen, sind höchst alarmierend. In den Medien hört man immer wieder von jugendlichen IS-Kämpfern aus Österreich, die aus ideologischer Überzeugung in den Glaubenskrieg ziehen. Wer sind diese Jugendlichen? Und was können wir unternehmen, um Parallel­gesellschaften und Extremismus zu verhindern?

Durch verschiedene Internetkanäle werden dafür empfängliche Jugendliche beeinflusst und gelockt, dieser Effekt wird durch Echokammern im Web natürlich noch verstärkt – und das alles passiert online in geheimen Gruppen, abgeschirmt von der Öffentlichkeit. Auch bei gewissen Vereinen besteht der Verdacht einer extremistischen Indoktrinie­rung. Diese abgeschotteten Milieus sind der Nährboden für ideologisch motivierten Hass. Jegliche Tendenzen und Entwicklungen, die zu Radikalisierung, Gewalt und Ter­rorismus führen, haben keinen Platz in unserer Gesellschaft; so weit darf es gar nicht erst kommen.

Prävention und Sensibilisierung sind nicht ausschließlich Aufgabe der Behörden, dafür sind wir alle als Gesellschaft mitverantwortlich. In diesem Sinne werden bereits viele umfangreiche Maßnahmen umgesetzt, und es wurden auch Beratungsstellen einge­richtet, die sich ganz speziell auch an Angehörige und an das soziale Umfeld von radikalisierten Personen richten. Auch die Zusammenarbeit im Bildungsbereich, mit den Pädagoginnen und Pädagogen ist wesentlich, um abgeschottete Milieus zu verhindern und gefährliche Tendenzen früh zu erkennen.

Extremistische Aktivitäten sind unvereinbar mit den Prinzipien der Demokratie, mit unserem Rechtsstaat, mit unseren Werten, darum müssen wir alles unternehmen, um ein friedvolles Zusammenleben in Freiheit und Sicherheit weiterhin zu garantieren. Wir müssen geschlossen gegen Extremismus jeglicher Art vorgehen, egal ob er von links


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oder von rechts kommt oder ob er religiös motiviert ist. Darum möchte ich an dieser Stelle auch auf das grausame Massaker in Neuseeland Bezug nehmen und allen Opfern von brutaler Massengewalt weltweit und ihren Angehörigen meine Anteilnahme aussprechen. (Beifall bei Abgeordneten von ÖVP, SPÖ und FPÖ.)

Es ist unfassbar, welch verheerendes Ausmaß Hass annehmen kann. Radikalisierung hat in unserer Gesellschaft keinen Platz, egal aus welcher Richtung, darum ersuche ich alle Abgeordneten, wie es der Großteil auch schon im Ausschuss gemacht hat, dem vorliegenden Entschließungsantrag zuzustimmen. – Danke schön. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der SPÖ.)

18.38


Präsidentin Doris Bures: Als Nächste zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Maria Großbauer. – Bitte.


18.38.54

Abgeordnete Maria Großbauer (ÖVP): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Frau Staatssekretärin! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen hier im Hohen Haus! Wir besprechen die Problematik der islamistischen Radikalisierung und der Bildung von Parallelgesellschaften in Österreich – ein Themenfeld, das, wie wir schon gehört haben, unserer Bundesregierung ein großes Anliegen ist, das dieser Antrag weiter unterstützen soll.

Wir haben bereits von einigen Aspekten gehört, und ich möchte noch auf die Prob­lematik im Zusammenhang mit Kindern und Jugendlichen näher eingehen. Einen er­schütternden Einblick in den Alltag mancher Schulklassen gibt das Buch „Kulturkampf im Klassenzimmer“, ein Bericht der Lehrerin Susanne Wiesinger, die viele Jahre an einer Brennpunktschule in Wien Favoriten unterrichtet hat. Ich habe beim Lesen dieses Buches nach jeder Seite den Mut dieser Frau, so klare Worte über die Realität an vielen Wiener Schulen zu finden, noch mehr geschätzt. Schonungslos berichtet sie, wie sich Parallelgesellschaften gebildet haben, von Schülern, die ihre Religion über alles stellen, von Schülern, die ihre Mitschülerinnen nötigen, sich zu verhüllen.

Ich möchte an dieser Stelle Bundesminister Faßmann danken, der sich der Wichtigkeit dieses Themas bewusst ist und mit der Schaffung der Ombudsstelle für Wertefragen und Kulturkonflikte einen wichtigen Schritt diesbezüglich gesetzt hat. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der FPÖ.) Gleichzeitig geht mein Dank an Frau Wiesinger, die als Ombudsfrau ihre Erfahrungen und Erkenntnisse zu dieser Thematik einbringt und einen wertvollen Beitrag leistet.

Was können mögliche Maßnahmen sein, damit sich vor allem Kinder und Jugendliche in Österreich frei entwickeln können, unsere demokratischen Grundwerte kennenlernen und letztendlich auch annehmen? – Aus meiner Sicht braucht es vermutlich noch mehr wissenschaftliche Arbeit zur Erforschung von Ursachen der Radikalisierung von Jugendlichen in Österreich, es müsste noch mehr Beobachtung und Dokumentation über politisch-islamistische Personen und Vereinigungen geben, und es muss be­stimmt auch noch mehr Kontrolle betreffend Einhaltung von Statuten und Vereins­zweck von Vereinen wie Kindergruppen oder ähnlichen Einrichtungen geben.

Was können wir aber noch tun? – Es gibt verschiedenste Ansätze, und ich möchte eine Möglichkeit besonders herausstreichen, denn ich bin überzeugt, dass gemeinsames Singen oder Musizieren ab der 1. Klasse Volksschule massiv verstärkt werden sollte, weil dadurch auch Integration, Gewaltprävention und Inklusion gefördert werden. Dabei kann man auch sofort Ergebnisse sehen, zu welch positiver Stimmung das führen kann. Alle professionellen Programme und Aktivitäten im Zusammenhang mit Singen,


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Musizieren oder auch Theaterpädagogik zeigen, dass die Aggression sinkt, dass das Gemeinschaftsgefühl gestärkt wird und dass ein positiver Geist gefördert wird.

Besonders positiv möchte ich die Arbeit des Vereins Monsterfreunde in Wien hervor­heben, der ein super positives, motivierendes musikalisches Programm für Volksschu­len entwickelt hat und an vielen Schulen in Wien Großartiges leistet. In den Monster­freunde-Liedern werden außerdem ganz früh schon wichtige Werte auf spielerische Art vermittelt und nähergebracht.

Weitere Positivbeispiele in Wien sind der Verein Kultur für Kinder mit der Kultur­schultüte, ebenfalls für Volksschulen, die Programme Bakabu und Superar oder auch die Musikschule Wien. All diese Vereine und Institutionen haben aber ein Problem gemeinsam: Sie erreichen zu wenig Kinder, weil sie zu wenig Ressourcen haben. Es ist daher nicht nur der Bund gefordert, sondern natürlich auch die Länder und vor allem die Stadt Wien. – Vielen Dank. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der FPÖ.)

18.42


Präsidentin Doris Bures: Als Nächste zu Wort gemeldet: Frau Abgeordnete Dipl.-Ing.in Bißmann. – Bitte.


18.42.45

Abgeordnete Dipl.-Ing. (FH) Martha Bißmann (ohne Klubzugehörigkeit): Bevor ich zu meiner eigentlichen Rede komme, möchte ich Folgendes festhalten: Packen wir doch das Problem an der Wurzel und beschäftigen wir uns mit Jugendlichen, und wir werden sehr bald positive Effekte bei der Entradikalisierung bemerken – sowohl in den Gefängnissen als auch draußen! Setzen wir uns jetzt zusammen, nicht erst dann, wenn es zu spät ist, und arbeiten wir miteinander an einer Lösung! Was gewisse Kreise nämlich bewusst verschweigen: Die Musliminnen und Muslime in Österreich treten überwiegend, zum Großteil gegen Extremismus an, sie lehnen Extremismus ab. Terror kennt keine Religion, keine Ethnie, keine Hautfarbe.

Jetzt zum eigentlichen Antrag: Ich bedanke mich bei meinen Kolleginnen, den Dok­torinnen Gudrun Kugler und Susanne Fürst, für diesen Entschließungsantrag. Ich werde ihn mit meiner Stimme unterstützen. Dieser Antrag fordert die Regierung auf, Schritte gegen die Radikalisierung und die Herausbildung von Parallelgesellschaften zu unternehmen.

Ich möchte nun einen ganz konkreten Vorschlag unterbreiten, mit welcher Maßnahme genau das erreicht werden kann, nämlich mit einer Aufstockung des Budgets für mus­limische Gefängnisseelsorgerinnen und -seelsorger. Gefängnisse sind und waren nämlich immer schon Rekrutierungsgebiet für Radikalisierung, und gerade für die Präventionsarbeit ist die muslimische Gefängnisseelsorge von größter Bedeutung. Die Bedeutung von Religion nimmt in Haft zu, und wenn die SeelsorgerInnen nicht vor Ort sind, ist die Gefahr groß, dass die Inhaftierten radikale Inhalte von anderen Inhaftierten übernehmen.

Wir haben in den österreichischen Gefängnissen derzeit 2 000 muslimische Inhaftierte, die Mehrheit dieser Häftlinge ist seelsorgerisch unbetreut in Bezug auf ihre religiösen Belange. Da spart der Staat an der falschen Stelle. Gefängnisseelsorge ist wirksame Präventionsarbeit. Es geht auch um seelischen Beistand und um ethische Wertever­mittlung. Seelsorge ist Menschenrecht. Unsere muslimischen Mitbürgerinnen und Mit­bürger wollen und verdienen diesbezüglich Gleichbehandlung. Die katholischen Seel­sorger bekommen pro Jahr sechs volle Personalstellen für Gefängnisseelsorge vom Staat finanziert. Die muslimische Gefängnisseelsorge bekommt nicht einmal eine volle Stelle, nämlich nur 20 320 Euro im Jahr; das reicht nicht einmal für einen hauptberuf­lichen Seelsorger. Dieses wenige Geld wird nämlich unter anderem für die Fahrtkosten


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der ehrenamtlichen Seelsorger verwendet. Im letzten Jahr haben die ehrenamtlichen Gefängnisseelsorger sogar eine Sammelaktion gestartet und während der Freitags­gebete in den Moscheen Geld gesammelt. Immerhin kam da Geld für die Anstellung eines Gefängnisseelsorgers in Wien zusammen. Mit dem neuen Islamgesetz trat ja das Auslandsfinanzierungsverbot in Kraft, und daher benötigen die österreichischen muslimischen Gefängnisseelsorger dringend Unterstützung vom Staat.

Ich habe hier zwei Wortmeldungen von inhaftierten muslimischen Jugendlichen, denn auch Häftlinge vertreten wir hier im Hohen Haus, auch sie sind Teil unserer Gesellschaft.

Häftling 1: Es fehlt, dass wir fühlen, dass sich jemand um uns kümmert. Ich sage Ihnen ehrlich: Ich fühle mich hier einsam, ich habe keinen bei mir. Verstehen Sie? Das ist es. Ja, das ist zum Beispiel so, als würde ich ein Außenseiter sein. – Zitatende.

Häftling 2: Also ja, wie gesagt, in der Justizanstalt Josefstadt gibt es da zum Beispiel halt eine Seelsorge, einen Raum für Muslime zum Beten. Es kommt jeden Freitag oder jede zweite Woche ein Seelsorger: zusammen beten, ein bisschen über Islam reden und so. Dass da jede Woche ein Seelsorger zu uns kommt, mit uns redet, also das wäre schon etwas Gutes, wenn wir das hier auch hätten. – Zitatende.

Gefängnisseelsorge ist wirksame Deradikalisierungsarbeit, sie ist enorm wichtig, um dem Anliegen dieses Entschließungsantrages entgegenzukommen, nachzukommen. Experten sagen, dass es in Österreich vier volle muslimische Gefängnisseel­sor­gerstellen braucht, um wirksam Entradikalisierungsarbeit, aber auch Resozialisierungs­arbeit für die Zeit nach der Haft betreiben zu können. Eine Stelle wäre aber auch schon ein großer Fortschritt. Budgetmäßig bewegen wir uns da in einem Rahmen von 50 000 bis 200 000 Euro – für das Staatsbudget Peanuts, aber ein großer Beitrag für die Problemlösung.

Also packen wir das Problem an der Wurzel, kümmern wir uns um die Jugendlichen! Liebe Gudrun, ich schätze dich sehr, ich freue mich, wenn wir uns bald zusam­mensetzen und gemeinsam etwas ausarbeiten können. Überparteiliche Zusammen­arbeit ist gerade bei diesem Thema enorm wichtig. – Vielen Dank.

18.47


Präsidentin Doris Bures: Als Nächster zu Wort gemeldet: Herr Abgeordneter Efgani Dönmez. – Bitte.


18.48.02

Abgeordneter Efgani Dönmez, PMM (ohne Klubzugehörigkeit): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Frau Staatssekretärin! Geschätzte Kolleginnen und Kolle­gen! Der Terrorismus, den wir gegenwärtig wahrnehmen, und die Radikalisierung müssen wir als ein langes Kapitel der westlichen Modernisierung und auch der Glo­balisierung begreifen. Die Ursachen für Extremismus und der Radikalisierung sind multidimensional, die Bruchlinien der globalen Ungerechtigkeit gepaart mit Rück­ständigkeit und einer Tradition des orientalischen Despotismus sowie eines islamis­tischen Klerus, welcher den Nährboden dafür aufbereitet – in millionenfacher Weise über Predigten und sogenannte Koranschulen, über Medresen oder über TV-Sender, die von unseren Verbündeten wie Saudi-Arabien und so weiter finanziert werden, von denen wir wissen, dass die nicht nur Erdöl exportieren, sondern auch den salafistisch-wahhabitischen Islam; das ist genau jene Strömung innerhalb des Islam, die den Nährboden für Radikalisierung und Extremismus aufbereitet.

Die Logik der Islamisten, egal ob mit Krawatte und Anzug oder mit Sprengstoffweste, ist immer dieselbe, ihr Mantra lautet: Kümmere dich um die Religion, und das Gemeinwohl entsteht von selbst! Der sichtbare Terror ist nur die Spitze des Eisbergs,


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denn darunter liegt immer eine Theologie der Verachtung. Es ist hier unsere gemeinsame Aufgabe, die Diskussionen differenziert zu führen. Wir dürfen den Islam und diese Extremisten nicht im gleichen Atemzug erwähnen, da wird die Religion missbraucht. Es gibt auch in islamischen Kreisen sehr bedenkliche Strömungen, diesbezüglich müssen wir die säkularen und liberal-progressiv eingestellten Muslime unterstützen, damit sie diesen Diskurs auch führen können.

Eines ist klar: Herr Erdoğan wird diesen Kräften die Unterstützung nicht geben, die Muslimbruderschaft auch nicht. Wenn hier in diesem Haus der politische Wille vorhanden wäre, könnten wir diesen Leuten unter die Arme greifen, dass sie diese Diskussionen hier führen und dieses Gedankengut auch in die Communitys und auch in die Herkunftsländer hineintragen können. (Beifall bei Abgeordneten von ÖVP und FPÖ.) – Danke.

Wir haben – und das muss ich leider kritisch anmerken – die Zeit der EU-Rats­präsidentschaft nicht dafür genützt, hier in Wien so einen Dialog zu organisieren und uns einerseits gegen diese reaktionären Strömungen im Islam zu positionieren und gleichzeitig diese Diskussionen auch in die Herkunftsländer und in die Communitys in Österreich und in Europa hineinzutragen. Das haben wir verschlafen, aus welchen Gründen auch immer.

Es ist daher wichtig, dass wir dieser Theologie der Verachtung, die von ganz bestimm­ten, wenigen Gruppierungen aus dem Eck dieser islamischen Strömungen in die Welt gesetzt werden, massiv etwas entgegensetzen. Dieser legalistisch agierende Islamis­mus ist unser größtes Problem, denn die Gewaltbereiten, die Radikalen, die haben unsere Sicherheitsbehörden am Radar, aber das, was wir nicht am Radar haben, weder sicherheitspolitisch noch gesellschaftspolitisch, ist, was denn die Gründe dafür sind, die zur Radikalisierung führen. Es ist daher begrüßenswert, dass die Bundes­regierung eine Beobachtungsstelle betreffend religiösen Extremismus einrichten wird, damit wir uns das einmal ganz genau anschauen können, was denn hier der Nähr­boden ist, wer die handelnden Akteure sind, von wo sie Unterstützung bekommen, wer mit wem zusammenarbeitet und wie die Finanzierung stattfindet. Dann haben wir als politische Entscheidungsträger auch eine Entscheidungsgrundlage, und das ist wichtig für unsere politische Arbeit, und das ist auch wichtig für die Sicherheit dieses Landes und dafür, dass unsere Gesellschaft nicht noch weiter auseinandergetrieben wird und wir die Diskussionen differenziert führen können. Das ist sehr, sehr wichtig.

Ich betone deshalb immer wieder, und ich habe es auch in meinem Buch mehrmals erklärt, wie es zu diesen Radikalisierungen kommt und wie man dem entgegenwirken kann. Das Verhalten zählt und nicht die Herkunft. Das Buch ist im Leykamverlag publiziert worden; da habe ich das alles im Detail dargelegt und geschildert. Wichtig ist, dass dieses Wissen nicht ein Insiderwissen ist und bleibt, sondern einer breiten Öffentlichkeit zugänglich gemacht wird.

Abschließend gratuliere ich Ihnen, sehr geehrte Frau Staatssekretärin, dass Sie mit der Einrichtung dieser Beobachtungsstelle gegen religiösen Extremismus einmal den ersten Schritt setzen. – Danke vielmals für Ihre Aufmerksamkeit. (Beifall bei ÖVP und FPÖ.)

18.53

18.53.29


Präsidentin Doris Bures: Zu Wort ist dazu niemand mehr gemeldet. Die Debatte ist geschlossen.

Wünscht die Frau Berichterstatterin ein Schlusswort? – Das ist nicht der Fall.


Nationalrat, XXVI.GPStenographisches Protokoll66. Sitzung, 27. und 28. März 2019 / Seite 218

Damit kommen wir zur Abstimmung über die dem Ausschussbericht 531 der Beilagen angeschlossene Entschließung betreffend „Verhinderung von Parallelgesellschaften und Radikalisierung“.

Hiezu haben die Abgeordneten Dr.in Zadić, Kolleginnen und Kollegen einen Abände­rungsantrag eingebracht.

Ich werde daher zunächst über den erwähnten Abänderungsantrag und im Falle seiner Ablehnung über die dem Ausschussbericht 531 der Beilagen angeschlossene Ent­schließung abstimmen lassen.

Ich ersuche nun jene Damen und Herren, die sich für den Abänderungsantrag der Abgeordneten Dr.in Zadić, Kolleginnen und Kollegen aussprechen, um ein zustim­mendes Zeichen. – Das ist die Minderheit, abgelehnt.

Damit kommen wir jetzt zur Abstimmung über die dem Ausschussbericht 531 der Bei­lagen angeschlossene Entschließung betreffend „Verhinderung von Parallelgesell­schaften und Radikalisierung“.

Ich bitte jene Damen und Herren, die hiefür eintreten, um ein Zeichen der Zustim­mung. – Das ist mit Stimmenmehrheit angenommen. (E 57)

Wir gelangen nunmehr zur Abstimmung über den Entschließungsantrag der Abge­ordneten Dr. Troch, Kolleginnen und Kollegen betreffend „konsequente Bekämpfung rechtsextremer Aktivitäten und des Antisemitismus“.

Wer sich für diesen Entschließungsantrag ausspricht, den bitte ich um ein Zeichen. – Das ist die Minderheit, abgelehnt.

18.55.1713. Punkt

Bericht des Ausschusses für Menschenrechte über den Antrag 605/A(E) der Abgeordneten Dr. Gudrun Kugler, Dr. Susanne Fürst, Kolleginnen und Kollegen betreffend entschlossene Bekämpfung von Schlepperei und Menschenhandel (532 d.B.)


Präsidentin Doris Bures: Damit gelangen wir zum 13. Punkt der Tagesordnung.

Auf eine mündliche Berichterstattung wurde verzichtet.

Erste Rednerin ist Frau Abgeordnete Dr.in Fürst. – Bitte.


18.55.50

Abgeordnete Dr. Susanne Fürst (FPÖ): Frau Präsidentin! Frau Staatssekretärin! Sehr geehrte Damen und Herren! Frau Dr. Kugler und ich haben uns auch ent­schlossen, noch einen Antrag einzubringen, in dem wir die Bundesregierung ersuchen, weiterhin entschlossen Schlepperei und Menschenhandel auf nationaler und internatio­naler Ebene zu bekämpfen, sich auch gegen die damit verbundene illegale Migration zu stellen und in den Herkunftsländern präventiv tätig zu werden. Dieser Antrag ist einstimmig angenommen – eine sehr schöne Sache, danke für Ihre Zustimmung! (Beifall bei der FPÖ und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Wir haben uns in der westlichen Welt in den letzten Jahrzehnten großen Wohlstand durch große Leistungsanstrengungen erworben, und das weckt natürlich Begehrlich­keiten, vor allen Dingen in der afrikanischen und arabischen Welt, in deren Ländern man diesen Aufstieg nicht geschafft hat, was verschiedene Ursachen hat: Überbevöl­kerung, Kriege, auch viele Glaubenskriege; ein sehr großer Hemmschuh, auch für die wirtschaftliche Entwicklung jedes Landes, ist auch immer, wenn man die Hälfte der


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Bevölkerung, die Frauen, unterdrückt. Diese Länder haben sich leider kein Vorbild zum Beispiel an China, Thailand oder Vietnam genommen, wo die Menschen nicht danach trachten, zu emigrieren, nicht schauen, wo es ihnen besser geht, und dort hingehen, sondern wirklich ihr eigenes Land aufgebaut und einen Aufstieg hingelegt haben und sich in den letzten Jahren durch Bildung und Leistung zu Hunderttausenden aus der Armut befreit haben.

Leider wollen es sich viele Menschen aus der afrikanischen und arabischen Welt leichter machen, sie blicken auf das angebliche Schlaraffenland jenseits des Mittel­meers, wo sich ja ein Selbstbedienungsladen auftut, wo man voll versorgt wird, wo man ein Dach über dem Kopf bekommt, wo es Essen, Bargeld, medizinische Versor­gung, Schulen, einen Geldsegen allein für bloßes Kinder-in-die-Welt-Setzen gibt, und das alles auch, ohne zu arbeiten und ohne sich anpassen zu müssen.

Als sich dieses Schlaraffenland namens Europa 2015 entschlossen hat, seine Grenzen nicht mehr zu verteidigen und zu öffnen, und man bemerkt hat, dass wir uns gegen diesen Ansturm nicht wehren, war das der Startschuss für die Entstehung einer hochlukrativen Industrie, wie es sie, glaube ich, so vorher noch nie gegeben hat. Die Verbrecher konnten ja gar nicht glauben, was sich da für Möglichkeiten auftun, um mit geringen Anstrengungen maximalen Profit zu machen, den Leuten das Geld abzunehmen, sie in ein Boot zu setzen, ihnen ein Handy mit der eingespeicherten Telefonnummer einer NGO, die sie dann anrufen sollen, in die Hand zu drücken. Dann werden sie nach Europa gebracht, hier brauchen sie nur Asyl zu sagen, und dann geht der Prozess mit der Vollversorgung los.

Gegen diese Politik, die wir hier zugelassen haben, insbesondere die Vorgängerregie­rung, wenden wir uns entschieden – und wir müssen hier diesen Schaden wieder­gutmachen. Natürlich erleben auch viele Menschen auf ihrer Flucht Gewalt. Sie gehen ein Risiko ein, sie sitzen falschen Versprechungen auf – die Zukunft ist nicht ganz so rosig, wie sie ihnen dargestellt worden ist –, Jugendliche stranden, und im schlimmsten Fall überleben manche die Überfahrt nicht. Daher müssen die Schlepperei und der Menschenhandel beendet werden und muss dieser Weg über das Mittelmeer geschlossen werden. (Beifall bei der FPÖ und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Zum Abschluss: Wie gesagt, es ist wirklich schön, dass der Antrag einstimmig be­schlossen worden ist, aber auch hier stellt sich das Problem wie beim vorigen Tagesordnungspunkt, nämlich dass gerade die größte Oppositionspartei offensichtlich das eine sagt, aber das andere tut, denn sämtliche Maßnahmen, insbesondere die unseres Innenministers, dienen ja genau dazu, dass dieser Antrag unterstützt wird, dass die illegale Migration gestoppt wird.

Wenn man aber jetzt andererseits – um den Bogen zum heutigen Vormittag zu span­nen – mit der Mindestsicherung, die in Wien im wahrsten Sinn des Wortes ausge­schüttet wird, die Leute geradezu anlockt, dann entwickelt das eine Sogwirkung, und solange diese Vollversorgung anhält, werden sich die Leute in ein Boot setzen. (Präsidentin Kitzmüller übernimmt den Vorsitz.)

Das heißt: Wenn Sie das eine sagen, verhalten Sie sich bitte auch entsprechend und unterstützen Sie die Politik dieser Bundesregierung! – Danke. (Beifall bei FPÖ und ÖVP.)

19.00


Präsidentin Anneliese Kitzmüller: Als Nächste gelangt Frau Abgeordnete Schatz zu Wort. – Bitte.



Nationalrat, XXVI.GPStenographisches Protokoll66. Sitzung, 27. und 28. März 2019 / Seite 220

19.00.36

Abgeordnete Sabine Schatz (SPÖ): Frau Präsidentin! Sehr geehrte Frau Staats­sekretärin! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Ich möchte wieder zur ursprüng­lichen Intention des Antrages zurückkommen, die Populismusschraube – ich sage nur: Schlaraffenland – wieder zurückdrehen und mich dem Antrag der Regierungsparteien betreffend Bekämpfung von Schlepperei und Menschenhandel widmen. (Beifall bei Abgeordneten der SPÖ.)

Die Bundesregierung wird in dem Antrag aufgefordert, die entschlossene Bekämpfung von Schlepperei und Menschenhandel voranzutreiben. – Ja, wir haben diesem Antrag einstimmig zugestimmt, weil das klar sein sollte und für uns ja auch klar ist. Österreich hat das Palermoprotokoll abgeschlossen, wir haben sämtliche relevanten europäischen Maßnahmen und Richtlinien ratifiziert und es gibt eine Taskforce Menschenhandel im Außenministerium.

Österreich ist, was Menschenhandel betrifft, sowohl Ziel- als auch Transitland, das tat­sächliche Ausmaß kann aber vor allem aufgrund der Angst der Opfer, sich als Be­troffene von Menschenhandel zu outen, kaum abgeschätzt werden; betroffen sind gleichermaßen Männer, Frauen und Kinder. Was mir in diesem Antrag abgeht, sind konkrete Maßnahmen, was den Menschenhandel betrifft, und da möchte ich speziell auf Punkte eingehen, die die Opfer und den Opferschutz in den Vordergrund rücken.

Für mich ist zum einen einmal wichtig, dass man den Opfern jede Möglichkeit gibt, sich auch wirklich als Betroffene von Menschenhandel zu deklarieren. Das braucht einer­seits eine entsprechende Sensibilisierung von Polizistinnen und Polizisten – interkul­turelle und genderspezifische Kompetenz –, das braucht andererseits aber auch aus­reichend bekannte und finanziell ausreichend ausgestattete Erstanlauf- und Beratungs­stellen für Betroffene von Menschenhandel. (Beifall bei der SPÖ.)

Muttersprachliche Beratung steht da natürlich im Vordergrund. Die Betroffenen müssen entsprechend über ihre Rechte aufgeklärt werden können.

Wichtig ist auch – und das steht auch im Palermoprotokoll –, angemessene Unter­künfte zur Verfügung zu stellen: Schutzeinrichtungen, Übergangswohnungen und der­gleichen. Diese müssen in einem entsprechenden Ausmaß zu Verfügung stehen, genauso wie medizinische, psychologische und materielle Unterstützung.

Sie, Frau Staatssekretärin, haben ja auch im Ausschuss darauf hingewiesen, wie wichtig es ist, dass Betroffene sich sozusagen von sich aus melden und sagen, dass sie Opfer von Menschenhandel sind. Da möchte ich speziell noch einmal darauf hin­weisen, dass es im § 57 des Asylgesetzes – den haben Sie ja auch erwähnt – den Punkt „Auf­ent­haltsberechtigung besonderer Schutz“ gibt, der eben einen entsprechen­den Aufent­haltstitel zur Gewährleistung der Strafverfolgung insbesondere an ZeugIn­nen und Opfer von Menschenhandel und grenzüberschreitendem Prostitutionshandel verleiht.

Da ist es für mich besonders wichtig, entsprechende Maßnahmen umzusetzen, damit dieser Aufenthaltstitel nicht nur für die Dauer der Strafverfolgung der Täter gilt, sondern dauerhaft verliehen wird und nicht davon abhängig gemacht wird, ob das Opfer bereit ist, in einem möglichen Prozess gegen den Täter auszusagen oder nicht. Ich glaube, das sind zentrale Punkte, um Betroffene auch wirklich von ihren Menschenhändlern wegzuholen und sie aus der Dunkelheit sozusagen ans Licht zu bringen.

Sehr geehrte Damen und Herren! Menschenhandel ist eine ganz grobe Menschen­rechts­verletzung, gegen die wir alle miteinander konsequent vorgehen müssen. Ich denke, der Schutz der Opfer – Männer, Frauen wie Kinder – muss für uns alle an erster Stelle stehen. – Vielen Dank. (Beifall bei der SPÖ.)

19.04



Nationalrat, XXVI.GPStenographisches Protokoll66. Sitzung, 27. und 28. März 2019 / Seite 221

Präsidentin Anneliese Kitzmüller: Als Nächste ist Frau Abgeordnete Kugler zu Wort gemeldet. – Bitte schön.


19.04.37

Abgeordnete Dr. Gudrun Kugler (ÖVP): Frau Präsidentin! Sehr geehrte Frau Staats­sekretärin! Frau Kollegin Schatz, ich freue mich, wenn wir hier zum Thema Men­schenrechte wirklich konstruktiv zusammenarbeiten können. Ihre Vorschläge werden überlegt, sie stehen auch auf meiner Liste. Da muss man nachdenken, was gut ist, was richtig ist und wie man das umsetzen kann.

Ich darf Ihnen eine Geschichte erzählen: Ich habe mit einer Sozialarbeiterin ge­sprochen, einer Freundin von mir, die erzählt hat, wie sie zu zwei Frauen am illegalen Straßenstrich gegangen ist und gefragt hat: Wie geht es euch? Braucht ihr etwas?, und die beiden Frauen zu ihr auf Englisch gesagt haben: Wir würden gerne wissen, in welcher Stadt wir uns befinden. – Meine sehr geehrten Damen und Herren, auch das ist Realität in Österreich. Das sind gehandelte Menschen, das sind Sex­sklaven, Sexsklavinnen, die hier in Österreich ausgebeutet werden, und sie sind nicht wenige.

Österreich ist ein Zielland und ein Transitland des Menschenhandels, und Österreich bekennt sich zur entschlossenen Bekämpfung von Schlepperei und Menschenhandel und auch zur Setzung von Präventivmaßnahmen in den Herkunftsländern.

Ich darf Ihnen kurz erklären, wie es zum Menschenhandel kommt: Die Menschen, die gehandelt werden – Frauen, Männer, Kinder, am allermeisten Frauen –, kommen aus Drittländern, aber auch aus EU-Ostländern.

Zuerst zu den Drittländern, da gibt es nämlich ein neues Phänomen: Wenn die Aus­beuter, die Menschenhändler, die in Österreich Geld verdienen – unter Anführungs­zeichen – „Nachschub“ brauchen – ich entschuldige mich für das Wort –, dann infor­mieren sie die Schlepper an der nordafrikanischen Küste und sagen: Wir brauchen – vorwiegend – Frauen! – Die Schlepper suchen die Frauen, die sehr leicht zu Opfern werden. Sie missbrauchen, sie brechen, sie versklaven sie und sie bringen sie nach Europa, damit sie dort willenlos, versklavt weiter ausgebeutet werden.

In Österreich erlauben wir – ich stelle das jetzt zur Debatte, wie wir darüber denken –, dass Asylwerberinnen in der Prostitution arbeiten. Dadurch geben wir diesen Schlep­pern und Menschenhändlern einen rechtlichen Rahmen, insbesondere um Frauen auszubeuten, die ansonsten mittellos wären, um sie dann für die Reise mit einem hohen Entgelt bezahlen zu lassen. Ich glaube, wir müssen uns die Frage stellen, ob das nicht immer stärker zu einem Problem wird.

Die vom Menschenhandel Betroffenen kommen aber, wie ich gesagt habe, nicht nur aus Drittländern, sondern sie kommen zu zwei Dritteln auch aus Europa, aus Ost­europa, und zwar in dieser Reihenfolge: zuerst Rumänien, dann Ungarn und dann Bulgarien. Und dass es sich um viele Frauen, um viele Menschen handelt, zeigen folgende Zahlen: Die Opferschutzorganisation Lefö betreut 300 Frauen pro Jahr – in unserem kleinen Land –, die als Opfer des Menschenhandels identifiziert wurden. In den Anklagen gibt es in der österreichischen Justiz pro Jahr zwischen 100 und 130 Zeuginnen, das heißt Fälle, die aufgrund der Schwere und der Beweislage eine Anklage erlauben – und davon so viele.

Gott sei Dank ist das unserer Regierung klar, und die Initiativen, die gesetzt werden, sind stark. Ich sage nur für alle – man muss das gehört haben –: Es gibt eine Telefon­hotline und eine E-Mail-Adresse, an die man sich wenden kann, wenn man darauf aufmerksam wird, dass jemand eventuell als gehandelte Person ausgebeutet wird. Die E-Mail-Adresse menschenhandel@bmi.gv.at wird dafür Gott sei Dank rege in Anspruch genommen.


Nationalrat, XXVI.GPStenographisches Protokoll66. Sitzung, 27. und 28. März 2019 / Seite 222

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Europol hat zehn Schwerpunkte. Einer davon ist die Bekämpfung des Menschenhandels, und dort hat Österreich ab 1. April einen Kovorsitz. Österreich hat in der Bekämpfung des Menschenhandels eine Vor­reiterrolle; Gründe dafür gibt es genug.

Dass dieses große und schwere Anliegen der modernen Sklaverei unserer Bundes­regie­rung ein wichtiges Anliegen ist, dafür möchte ich ihr danken, und ich danke allen Kolleginnen und Kollegen, dass dieser Antrag nun einstimmig angenommen wird. – Vielen Dank. (Beifall bei ÖVP und FPÖ.)

19.09


Präsidentin Anneliese Kitzmüller: Als Nächste gelangt Frau Abgeordnete Zadić zu Wort. – Bitte, Frau Abgeordnete.


19.09.23

Abgeordnete Dr. Alma Zadić, LL.M. (JETZT): Frau Präsidentin! Geschätzte Staats­sekretärin! Geschätzter Herr Minister! Hohes Haus! Ich sage gleich am Anfang: Wir werden diesem Antrag zustimmen, weil wir das Thema für wichtig erachten und es uns auch ein echtes Anliegen ist, Menschenhandel und Schlepperei zurückzudrängen.

Ich finde es auch großartig, dass Sie, Frau Abgeordnete Kugler, den Menschenhandel und auch die sexuelle Ausbeutung erwähnt haben, und ich würde mich sehr freuen, wenn wir hier auch im Menschenrechtsausschuss gemeinsam Anträge schaffen, weil das tatsächlich ein Problem ist. Es werden viele Asylwerberinnen aus den libyschen Lagern nach Europa gebracht, nach Österreich gebracht, sexuell ausgebeutet, es werden aber auch Männer nach Österreich gebracht, die zu Zwangsarbeit gezwungen werden.

Wir alle wissen aus den Studien der ILO und anderer internationaler Organisationen: Der Menschenhandel floriert, er ist neben dem Drogenhandel und dem Waffenhandel eine der boomendsten Branchen. Über 100 Milliarden Euro Profit wird jährlich damit gemacht, ein Drittel davon stammt aus der Arbeitsausbeutung, zwei Drittel aus der sexuellen Ausbeutung, und ich glaube, gegen diesen Missstand müssen wir gemein­sam entschieden vorgehen.

Ich möchte Sie aber auch noch einmal auf die Situation in Libyen aufmerksam machen, denn nach den IOM-Schätzungen – ich glaube, das ist wirklich eine gravierende Zahl, das dürfen wir alle nicht unterschätzen – gibt es in Libyen 670 000 Schutz suchende Migrantinnen und Migranten. Wenn wir diese Situation verkennen, dann müssen wir uns an das Jahr 2015 und an die Jahre davor zurückerinnern, als wir auch in anderen Ländern die Situation verkannt haben.

Wir dürfen auch nicht vergessen, dass diese Bevölkerungsgruppen in Libyen regel­mäßig gravierenden Menschenrechtsverletzungen ausgesetzt sind, darunter Mord, Erpressung, Folter und viele andere Formen von Misshandlungen, sexueller Gewalt, Ausbeutung, Zwangsarbeit und eben Menschenhandel.

Die libysche Küstenwache wird von der EU stark unterstützt, weil wir uns erhoffen, dass sie die Schlepperei dort zurückdrängt, und weil wir auch hoffen, dass sie die Migrantenströme nach Europa eindämmt. Es werden darüber hinaus Milizen finanziert, aber diese sind zum Teil natürlich auch bei diesen ganzen Schlepperorganisationen wie auch an gewissen systematischen und schwerwiegenden Menschenrechts­verlet­zungen in den Lagern beteiligt.

Daher bringe ich folgenden Entschließungsantrag ein:


Nationalrat, XXVI.GPStenographisches Protokoll66. Sitzung, 27. und 28. März 2019 / Seite 223

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Dr. Alma Zadić, LL.M., Kolleginnen und Kollegen betreffend „Koope­ration zwischen EU und Libyen im Bereich Grenzschutz und Migrationsmanagement sowie die aktuelle Menschenrechtssituation in Libyen“

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesregierung wird aufgefordert, zu den verheerenden Zuständen in libyschen Anhaltezentren Stellung zu beziehen. Zudem wird die Regierung aufgefordert, alles in ihrer Macht Stehende zu tun, um eine Verbesserung der besorgniserregenden Situ­a­tion der über 670.000 Migratinnen, Migranten, Flüchtlinge und Asylsuchenden in Libyen zu erreichen. Weiteres wird die Bundesregierung ersucht, auf allen Ebenen, insbesondere in den Gremien der Europäischen Union sowie der Vereinten Nationen alle Aktivitäten zu unterstützen, die eine Verbesserung der Sicherheit und des Schutzes der sich in Libyen befindlichen Migrantinnen, Migranten, Flüchtlinge und Asylsuchenden gewähr­leisten, und die Verantwortung der Europäischen Union sowie der einzelnen Mitglieds­staaten für eine gesamteuropäische Lösung transparent zu machen.

Abschließend wird die Regierung aufgefordert, die Forderung der EU-Kommission nach einem Schließen der libyschen Flüchtlingszentren in vollem Umfang zu unter­stützen und sich für die Schaffung von sicheren, menschenrechtskonformen Alterna­tiven einzusetzen.“

*****

Vielen Dank. (Beifall bei JETZT sowie des Abg. Leichtfried.)

19.13

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:

Unselbständiger Entschließungsantrag

§ 55 GOG-NR

der Abgeordneten Dr.in Alma Zadic LL.M., Kolleginnen und Kollegen

betreffend Kooperation zwischen EU und Libyen im Bereich Grenzschutz und Migra­tionsmanagement sowie die aktuelle Menschenrechtssituation in Libyen

eingebracht im Zuge der Debatte zum Tagesordnungspunkt 13: Bericht des Aus­schusses für Menschenrechte über den Antrag 605/A(E) der Abgeordneten Dr. Gudrun Kugler, Dr. Susanne Fürst, Kolleginnen und Kollegen betreffend entschlossene Be­kämpfung von Schlepperei und Menschenhandel (532 d.B.)

Laut IOM-Schätzungen befinden sich etwa 670.000 Flüchtlinge, Asylsuchende, Migran­tinnen und Migranten in Libyen. Diese Bevölkerungsgruppe ist regelmäßig gravie­renden Menschenrechtsverletzungen ausgesetzt, darunter Mord, Erpressung, Folter und anderen Formen von Misshandlung, sexueller Gewalt, Ausbeutung, Zwangs­arbeit und Menschenhandel.  Schätzungsweise werden mehr als 6.000 Migrantinnen, Migran­ten und Flüchtlinge willkürlich und unbefristet über Monate oder sogar Jahre in ca. 20 offiziellen, staatlich betriebenen, überfüllten Internierungslagern festgehalten. Men­schen­rechtsorganisationen gehen zudem von weiteren inoffiziellen Lagern an Libyens Küste aus, in denen Flüchtlinge Opfer von Gewalt und Menschenhandel würden.1


Nationalrat, XXVI.GPStenographisches Protokoll66. Sitzung, 27. und 28. März 2019 / Seite 224

Die Zustände in libyschen Lagern sind absolut menschenunwürdig. Zugang zu medi­zinischer und sanitärer Grundversorgung ist in weiten Teilen des Landes einge­schränkt, in den Lagern im Grunde inexistent. Menschen hungern. Laut einer aktuellen Studie2 von Ärzte ohne Grenzen ist ein Viertel der Menschen akut mangelernährt bzw. unterernährt. Unter den Gefangenen sind ca. ein Drittel Kinder und Minderjährige. Gefangene berichten, oft tagelang kein Essen zu bekommen. Zudem halten zahlreiche Berichte detailliert fest, dass die Inhaftierten geschlagen, als Sklaven verkauft, für Zwangsarbeit missbraucht, hingerichtet werden. Folter und Vergewaltigung stehen an der Tagesordnung. Laut einer aktuellen Studie der „Women’s Refugee Commission“3 greifen die libysche Miliz und Küstenwache, die teils selbst Teil der Schlepper­netzwerke sind, und Menschenhändler zu immer extremeren Formen von sexueller Gewalt und Folter, um ihre Einkommensverluste zu kompensieren. Familien der Opfer werden erpresst.  Menschen, mit denen man kein Geld mehr erpressen konnte, werden getötet, um wieder Platz zu schaffen. Ein UNO-Bericht4 aus Dezember 2018 kommt zu ähnlich entsetzlichen Ergebnissen. Immer mehr Menschenrechts­organi­sationen beschreiben die menschenverachtenden Zustände als „Hölle“.5

Sehenden Auges forcieren die Mitgliedsstaaten der EU eine verstärkte Kooperation mit Libyen, obwohl es unmissverständlich klar sein müsste, dass Menschen unter katastro­phalen Bedingungen zurückgebracht werden und in die Hände von Schleppern und Menschenhändlern gedrängt werden. Menschenrechtsorganisationen warnen seit den ersten Abkommen mit Gaddafi in 2008 vor den „schmutzigen Deals“ mit Libyen und lokalen Milizen, die Menschenleben als Verhandlungsmasse behandeln. Diese Abkom­men zur Flüchtlingsabwehr sehen eine massive finanzielle, logistische und technische Unterstützung der EU für libyschen Hafteinrichtungen, die Küstenwache und Lokalbehörden sowie Milizen vor – also all jene Akteure, die an den systematischen und schwerwiegenden Menschenrechtsverstößen beteiligt sind. Erst Ende Februar 2019 hat Channel 4 News6, ein britischer TV-Sender, eine Videoaufzeichnung veröf­fentlicht, die zeigt, wie Menschen in einem libyschen Anhaltezentrum auf die brutalste Art und Weise gefoltert werden, und das in einer aus EU-Mitteln finanzierten Haftein­richtung.

Der europäische Kampf gegen Schlepper und Menschenhändler erfolgt bisher sym­bolisch und versagt bei der Eindämmung von Menschenleid. Die „Abschreckungs­mis­sionen“ der EU richten sich statt gegen die Menschenhändler gegen die Schutz­suchenden und diejenigen, die Opfer von Menschenhandel geworden sind. Damit wer­den diese in eine noch größere Notlage gedrängt.

Die zur Abschottungs- und Abschreckungspolitik verkommene europäische Flüchtlings- und Migrationspolitik verstärkt somit das bestehende Leid auf dieser ohnehin schon gefährlichen Mittelmeerroute. Laut UNHCR7 hat sich 2018 die Sterblichkeitsrate unter den MigrantInnen, nach der Schließung sicherer und legaler Flucht- und Migrations­wege im Vergleich zu 2017 fast verdreifacht. Das Aussetzen der Marinekomponente der Mission Sophia mit 31.03.2019, welche seit ihrem Bestehen mehr als 45.000 Menschen aus Seenot gerettet hat, wird zweifelsohne zu noch mehr Toten führen. Fortgeführt werden soll die zur "Sophia"-Mission gehörende Ausbildung der libyschen Küstenwache, sowie die Überwachung des Mittelmeerraumes zur Eindämmung des Menschenhandels und der Schlepperei durch Flugzeuge.

Eine gesamteuropäische Migrations- und Asylstrategie, die neben dem Ausbau des Grenzschutzes sowie der Bekämpfung von Menschenhandel/Schlepperei auch eine nachhaltige Bekämpfung von Fluchtursachen, Schaffung legaler und sicherer Migra­tions- und Fluchtwege, sowie die Möglichkeit regulärer Migration und Flucht beinhaltet, fehlt innerhalb der EU. Seit Jahren fordern ExpertInnen, dass nur ein gesamtheitlicher Ansatz nachhaltig und wirksam den Menschenhandel sowie die systematische Aus-


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beutung von Migrantinnen, Migranten, Asylsuchenden und Flüchtlingen und die gewalt­samen Übergriffe gegen diese Personengruppen in Libyen beenden kann.

Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgenden

Entschließungsantrag

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesregierung wird aufgefordert, zu den verheerenden Zuständen in libyschen Anhaltezentren Stellung zu beziehen. Zudem wird die Regierung aufgefordert, alles in ihrer Macht Stehende zu tun, um eine Verbesserung der besorgniserregenden Situ­ation der über 670.000 Migratinnen, Migranten, Flüchtlinge und Asylsuchenden in Libyen zu erreichen. Weiteres wird die Bundesregierung ersucht, auf allen Ebenen, insbesondere in den Gremien der Europäischen Union sowie der Vereinten Nationen alle Aktivitäten zu unterstützen, die eine Verbesserung der Sicherheit und des Schut­zes der sich in Libyen befindlichen Migrantinnen, Migranten, Flüchtlinge und Asyl­suchenden gewährleisten, und die Verantwortung der Europäischen Union sowie der einzelnen Mitgliedsstaaten für eine gesamteuropäische Lösung transparent zu machen.

Abschließend wird die Regierung aufgefordert, die Forderung der EU-Kommission nach einem Schließen der libyschen Flüchtlingszentren in vollem Umfang zu unter­stützen und sich für die Schaffung von sicheren, menschenrechtskonformen Alter­nativen einzusetzen.“

1 https://humanitariancompendium.iom.int/appeals/libya-2018.

2 Ärzte ohne Grenzen, LIBYEN: Mangelernährung im Internierungslager Sabaa in Tripolis – Screening-Bericht

Tripolis, Libyen (März 2019), https://www.aerzte-ohne-grenzen.de/sites/germany/files/2019-libyen-screening-bericht-mangelernaehrung-internierungslager.pdf.

3 Women’s Refugee Commission, Libya-Italy Report (März 2019) https://www.womensrefugeecommission.org/component/zdocs/document?id=1698-libya-italy-report-03-2019-pdf.

4 Office of the High Commissioner for Human Rights, Desperate and Dangerous: Report on the human rights situation of migrants and refugees in Libya (Dezember 2018), https://www.ohchr.org/Documents/Countries/LY/LibyaMigrationReport.pdf .

5 http://www.spiegel.de/politik/ausland/fluechtlinge-in-libyen-europa-schickt-menschen-in-die-hoelle-a-1219935.html.

6 https://www.channel4.com/news/torture-and-shocking-conditions-the-human-cost-of-keeping-migrants-out-of-europe (25. Februar 2019).

7 UNHCR, Desperate Journeys: January – December 2018 (Januar 2019) https://data2.unhcr.org/en/documents/download/67712.

*****


Präsidentin Anneliese Kitzmüller: Der soeben eingebrachte Entschließungsantrag wurde ausreichend unterstützt, ordnungsgemäß eingebracht und steht mit in Verhandlung.

Zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Amesbauer. – Bitte schön.



Nationalrat, XXVI.GPStenographisches Protokoll66. Sitzung, 27. und 28. März 2019 / Seite 226

19.13.39

Abgeordneter Hannes Amesbauer, BA (FPÖ): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Frau Staatssekretärin! Herr Bundesminister! Hohes Haus! Wenn wir über die Schlepperei und das Schlepperunwesen sprechen, dann sprechen wir auch von hochkriminellen Strukturen und Organisationen, bei denen nicht nur Menschen mit falschen Versprech­ungen nach Europa gebracht werden, die wir hier nicht haben wollen, sondern mit de­nen Menschen auch ein Geschäft machen und viel Geld damit verdienen, dass letztlich auch zigfaches menschliches Leid produziert wird.

Wenn wir immer wieder Berichte hören, wonach Tausende Menschen im Mittelmeer ertrunken sind, dann sind das Dinge, die keiner hören will, bei denen auch jeder zu Recht sagt, das wollen wir nicht und das müssen wir unterbinden, und da gehören auch entsprechende Maßnahmen getroffen und eingeleitet.

Die Antwort auf dieses Schlepperunwesen können nicht irgendwelche NGOs sein – das wird Gott sei Dank auch in der EU immer mehr so gesehen –, die Menschen zum Beispiel wenige Kilometer vor der libyschen Küste aufsammeln und dann Hunderte Kilometer nach Europa transportieren. Das kann nicht die Lösung sein! Die Lösung muss einerseits sein, dass dieses Schlepperunwesen mit entschiedener Härte und mit Konsequenz bekämpft wird, und andererseits, dass man diesen Schleppern auch die Geschäftsgrundlage entzieht, indem man ihnen, wenn man das salopp formuliert, die Kundschaft abspenstig macht.

Da gibt es mehrere Maßnahmen, auf nationaler Ebene natürlich die Maßnahmen, die diese Bundesregierung schon eingeleitet hat: indem man eben die Anreize, ins Sozialsystem einzuwandern und sich deswegen überhaupt auf die Reise zu machen, drastisch senkt, damit diese Menschen wissen, dass man nicht so ohne Weiteres ins Sozialsystem einwandern kann, dass Österreich kein Land ist, in dem Milch und Honig für Menschen aus aller Herren Länder fließen, dass die Aussichten auf einen positiven Asylbescheid, wenn man illegal einreist, wenn man über einen sicheren Drittstaat einreist, gleich null sind, dass der starke Anstieg der Zahlen der Abschiebungen, wie wir ihn seit Antritt dieser Bundesregierung erleben, auch eine abschreckende Wirkung hat und dass vor allem auch der EU-Außengrenzschutz massiv verstärkt wird, meine sehr geehrten Damen und Herren.

Wir brauchen an den europäischen Außengrenzen eine No-Way-Politik, wenn Sie so wollen – und dazu bekenne ich mich auch – eine Festung Europa, denn nur wir haben zu sagen, wer zu uns kommt, und niemand anderer, und schon gar nicht irgendwelche kriminellen Schlepper, meine sehr geehrten Damen und Herren. (Beifall bei der FPÖ sowie der Abgeordneten Haubner und Jachs.)

Gerade dank der österreichischen Ratspräsidentschaft, die den Außengrenzschutz als eines der zentralen Themen gehabt hat, findet auch auf EU-Ebene ein immer stärkeres Umdenken in diese Richtung statt. Solange dieser nicht funktioniert – und leider funktioniert er in vielen Bereichen noch immer nicht so, wie wir uns das vorstellen –, müssen auch die nationalen Grenzkontrollen aufrechterhalten werden, so wie das derzeit zur Sicherheit Österreichs durch das Bundesheer und die Polizei auch gemacht wird.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Dieser Antrag ist gut und wichtig, damit die Bundesregierung sieht, dass dieses Parlament die Maßnahmen dieser Bundes­regie­rung im Kampf gegen die Schlepperei und somit gegen die irreguläre Migration unter­stützt – und das auch einstimmig. Das ist ein gutes Zeichen.


Nationalrat, XXVI.GPStenographisches Protokoll66. Sitzung, 27. und 28. März 2019 / Seite 227

Es ist viel passiert, aber es ist noch viel mehr zu tun. Wie gesagt: Nur wir haben zu entscheiden, wer in unser Land kommt, niemand anderer, und schon gar keine krimi­nellen Schlepper. (Beifall bei der FPÖ und bei Abgeordneten der ÖVP.)

19.17


Präsidentin Anneliese Kitzmüller: Als Nächste gelangt Frau Abgeordnete Sandler zu Wort. – Bitte schön, Frau Abgeordnete.


19.17.31

Abgeordnete Birgit Silvia Sandler (SPÖ): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Werte Mitglieder der Bundesregierung! Hohes Haus! Frau Kollegin Kugler, ich danke Ihnen wirklich innigst, dass zumindest Sie sachlich argumentiert haben – danke!

Laut Schätzungen der UNO wird mit Menschenhandel jährlich ein Profit von min­destens 32 Milliarden Dollar gemacht. Eine genaue Datenlage gibt es dazu nicht, weil die Dunkelziffer so hoch ist. Dem steht eine verschwindend geringe Zahl an Verurtei­lungen gegenüber.

Die häufigste Form von Menschenhandel in Österreich ist nach wie vor jene der sexuellen Ausbeutung, allerdings sind auch Fälle von Arbeitsausbeutung, Ausbeutung durch Bettelei oder zur Begehung von strafbaren Handlungen sowie Kinderhandel zu verzeichnen. Beim Kinderhandel sprechen wir vor allem von Kindern, die sexuell ausgebeutet werden, von Kindern im Alter ab zehn Jahren.

Zur Betreuung dieser Opfer von Kinderhandel muss es bundesweit einheitliche Ein­richtungen geben, in denen spezialisierte Betreuungsplätze für diese betroffenen Kin­der angeboten werden, vor allem, weil sich laut Aussage von PsychologInnen Kinder bei Kinderhandel, wie viele andere missbrauchte Kinder auch, gar nicht als Opfer begreifen. Gerade für diese Kinder braucht es auch ganz spezielle Schulungen für BetreuerInnen und ExekutivbeamtInnen.

Die Taskforce Menschenhandel hat aber auch festgestellt, dass es bei der Arbeits­ausbeutung in der Landwirtschaft, im Tourismus und in privaten Haushalten kaum zu strafrechtlichen Verurteilungen kommt, daher sollte man diesbezüglich auch überprü­fen, ob die vorhandenen Bestimmungen gegen Menschenhandel wirklich ausreichend sind.

Die Taskforce schlägt auch vor, dass das sogenannte No-Punishment-Prinzip ins Ver­waltungsstrafrecht und vor allem in den Bereich des Kinderhandels aufgenommen wird. Dies besagt, dass Opfer des Menschenhandels, die unter Zwang Straftaten begehen, unter Umständen nicht bestraft werden können.

Herr Kollegen Amesbauer, ich gebe Ihnen recht, dass man die Ursachen bekämpfen muss. In Artikel 9 des Palermoübereinkommens haben sich die Staaten verpflichtet, Maßnahmen zu treffen und zu verstärken, um die Ursachen, wie etwa Armut, Unter­entwicklung und fehlende Chancengleichheit, zu bekämpfen, damit Menschen, insbe­sondere Frauen und Kinder, nicht leichte Opfer des Menschenhandels werden.

Natürlich ist diese Hilfe vor Ort die schwierigste, aber dennoch müssen wir weiterhin Projekte und die internationale Zusammenarbeit gegen Menschenhandel unterstützen. Wir müssen alles in unserer Macht Stehende tun, um die Lebensbedingungen der Menschen vor Ort so zu gestalten, dass es gar keinen Grund mehr gibt, sich in die Fänge von Menschenhändlern zu begeben. – Danke. (Beifall bei der SPÖ.)

19.20


Präsidentin Anneliese Kitzmüller: Zu Wort gemeldet hat sich die Frau Staats­sekretär. – Bitte, Frau Staatssekretär.



Nationalrat, XXVI.GPStenographisches Protokoll66. Sitzung, 27. und 28. März 2019 / Seite 228

19.20.39

Staatssekretärin im Bundesministerium für Inneres Mag. Karoline Edtstadler: Sehr geehrte Frau Präsidentin! Herr Bundesminister! Hohes Haus! Werte Zusehe­rin­nen und Zuseher! Schlepperei und Menschenhandel zählen für mich zu den schlimms­ten Menschenrechtsverletzungen, und da besteht wohl Einigkeit. Zumeist geschieht das im Rahmen organisierter Kriminalität, verbunden mit anderen Verbrechen, etwa mit Drogenhandel oder auch Korruption, vor allem entlang von Fluchtrouten.

Wir stehen da ganz klar vor grenzüberschreitenden Herausforderungen, wenn wir die­sen Phänomenen und dieser Kriminalitätsform nachhaltig den Boden entziehen wollen. Genau aus diesem Grund haben wir während des österreichischen Ratsvorsitzes im Bereich der Schlepperei einen Schwerpunkt gesetzt, und der Rat der Justiz- und Innen­minister hat im Dezember 2018 ein entsprechendes Maßnahmenpaket be­schlos­sen.

Worum geht es? – Es geht um die bessere Nutzung von Synergien, um die Stärkung der vorhandenen Kapazitäten und um eine Maximierung der Nutzung von Einrichtun­gen der Europäischen Union in Drittstaaten. Das Joint Operational Office, angesiedelt im Bundeskriminalamt, ist hierfür ein Best-Practice-Modell. Das Bundeskriminalamt – es wurde schon angesprochen – spielt auch auf europäischer Ebene bei Europol eine entscheidende Rolle, denn es hat im Zusammenhang mit der Bekämpfung der illegalen Migration und Schlepperei bei der sogenannten Empact-Plattform den Vorsitz inne. Die Zusammenarbeit entlang der Seidenstraße ist aber auch ganz wichtig und wesentlich, und es wurde ebenfalls investiert, um da weiterzukommen.

Im Bereich des Menschenhandels darf ich ein ganz wesentliches Projekt ansprechen, nämlich ein Twinningprojekt in Serbien mit dem Titel Support to strengthening fight against trafficking in Human Beings, im Rahmen dessen Serbien zwei Jahre Unter­stützungsleistungen bekommt, um dort den Aufbau von Strukturen zu fördern. Frau Abgeordnete Kugler hat es ebenfalls schon angesprochen, auch im Bereich des Menschenhandels ist es wieder das Bundeskriminalamt, das da den Kovorsitz innehat und eine wesentliche Rolle spielt. Die Bekämpfung der sexuellen Ausbeutung im Rah­men organisierter Kriminalität durch eine in Ungarn ansässige Gruppe wird ebenfalls durch ein Projekt gefördert, indem man operativ zusammenarbeitet.

Abschließend darf ich festhalten, dass es ganz wesentlich ist, die grenzüber­schrei­tende Zusammenarbeit zu verstärken, um diesen kriminellen Netzwerken den Boden zu entziehen. Es ist aber genauso wesentlich, einen guten EU-Außengrenzschutz zu etablieren und – da bin ich bei Abgeordneter Schatz – auch die Opfer bestmöglich zu unterstützen und Hilfe vor Ort zu gewähren, damit Menschen, insbesondere Frauen und Kinder, den Menschenhändlern und Schleppern eben nicht in die Hände fallen.

Der letzte Punkt – auch das kann ich nur unterstreichen –: Es ist ganz wesentlich, den Opfern auch in Österreich den entsprechenden Schutz zu gewähren. Ich darf darauf verweisen, dass sowohl das Innen- als auch das Justizministerium mit Lefö seit Jahr­zehnten, nämlich seit über 20 Jahren, eine ausgezeichnete Kooperation haben und bestens zusammenarbeiten.

Ich kann Ihnen im Sinne des Antrages versichern, dass wir auch in diesem Bereich alles in unserer Macht Stehende machen werden, um diesen Kriminalitätsformen den Boden zu entziehen und die Opfer bestmöglich zu schützen. – Vielen Dank. (Beifall bei ÖVP und FPÖ.)

19.24


Präsidentin Anneliese Kitzmüller: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Abge­ord­neter Fürlinger. – Bitte schön, Herr Abgeordneter.



Nationalrat, XXVI.GPStenographisches Protokoll66. Sitzung, 27. und 28. März 2019 / Seite 229

19.24.31

Abgeordneter Mag. Klaus Fürlinger (ÖVP): Hohes Präsidium! Frau Staatssekretärin! Herr Minister! Zunächst eine kurze Anmerkung zum Antrag der Kollegin Zadić: Frau Kollegin, wir haben, glaube ich, im Menschenrechtsausschuss vereinbart, dass wir die Dinge, die zu regeln sind, gemeinsam regeln und keine Sololäufe machen. Ich würde Sie daher, auch wenn die Grundintention des Antrages sicherlich keine falsche ist, bitten, ihn zu einem geeigneten Zeitpunkt noch einmal einzubringen, damit wir ihn entsprechend beurteilen und diskutieren können.

Meine Damen und Herren! Die Frau Staatssekretärin hat es gesagt: Sklavenhandel, Menschenhandel und all diese Dinge sind Verbrechen, und dieses Haus und die Republik haben sich im Strafgesetzbuch entsprechende Gesetze gegeben, um diese zu verhindern. Unser nationales Strafrecht genügt aber leider nicht, daher muss die Regierung auf Basis dieses Entschließungsantrages die Initiative ergreifen, eine inter­nationale Initiative ergreifen. Wir müssen der Europäischen Union, glaube ich, sehr klar vermitteln, dass kleingeistiges Denken beim Schutz der Außengrenzen nicht zielfüh­rend ist, weil wir dort viel mehr brauchen, als wir jetzt haben.

Frau Kollegin Schatz, ich habe heute wieder viel dazugelernt: Wenn die Regierung diesen Antrag einbringt, ist es Populismus, und wenn Sie diesen Antrag unterstützen, dann ist es natürlich gut. Sie tun das hier natürlich ausladend und mit viel Empathie für die Opfer. Das Ziel unseres Antrages, Frau Kollegin, ist, dass es keine Opfer mehr gibt. Das ist der entscheidende Punkt, dort wollen wir hin. (Beifall bei ÖVP und FPÖ.)

Um das hier auch ganz klar zu sagen: Es kann selbstverständlich nicht zwei Antworten auf die Frage, ob ein Mensch im Mittelmeer gerettet werden muss oder nicht, geben. Es gibt aber immer mindestens zwei, wenn nicht mehr Antworten auf die Frage, wohin das Rettungsschiff fährt, und wenn wir da die richtige Antwort finden, dann werden wir der internationalen Schlepperei schnell einen Riegel vorschieben. (Beifall bei ÖVP und FPÖ.)

19.26


Präsidentin Anneliese Kitzmüller: Zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Riemer. – Bitte schön, Herr Abgeordneter.


19.26.43

Abgeordneter Josef A. Riemer (FPÖ): Geschätzter Herr Bundesminister! Geschätzte Frau Staatssekretärin! Frau Präsidentin! Kollege Fürlinger, dein Wort in Gottes Ohr! Ich sage, wir stehen auf der Spitze des Eisbergs, alles, was wir wissen, ist noch zu wenig. Wir wissen, je globalisierter die Wirtschaft, desto globaler scheint die Kriminalität vertreten zu sein.

Ich denke, die Bundesregierung tut einiges: Es ist schon erwähnt worden, im Bun­deskriminalamt ist das Joint Operational Office angesiedelt, das ja wirklich eine Erfolgsgeschichte ist, ein Best-Practice-Modell. Österreich macht in diesem Bereich viel, ob das am Balkan ist, in China et cetera. – Das ist die eine Geschichte.

Die Bundesregierung tut aber auch in Österreich sehr viel: Ich denke nur an die Südsteiermark, St. Anna am Aigen bis Eibiswald, dass da die kleine Grenze, nicht die europäische, gesichert ist – aber auch da gibt es, wenn man mit den Polizisten spricht, eben diese Aufgriffe.

Einige Zahlen, die erwähnt wurden, möchte ich noch verstärken: UNODC hat fest­gestellt, dass circa 30 Prozent der identifizierten Opfer Minderjährige sind. Österreich ist, wie wir gehört haben, nicht nur Transitland, sondern auch Zielland. Ein Quellland ist zum Beispiel Rumänien, und alle ziehen durch Österreich. Österreich hat einen hohen


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Anteil an Rumäninnen, die zu Sexarbeit zwangsverpflichtet werden. Wir haben es schon gehört, es ist ein Milliardengeschäft, nämlich so stark wie die ganze Drogen- und Waffenlobby zusammen.

Wir müssen aber auch akzeptieren, dass jährlich ungefähr hunderttausend Menschen durch Menschenhandel nach Europa kommen; in Wien geht es da um Tausende – jährlich! Es ist also nicht nur so, dass man sagt, die Bundesregierung soll etwas tun, sondern auch wir müssen da die Augen aufmachen und das als Zivilgesellschaft stärker mitverfolgen.

1,2 Millionen Kinder weltweit werden nach Schätzungen des UN-Hilfswerks jedes Jahr Opfer von Kinderhandel. Na ja, wofür werden die verwendet? – Wir müssen davon ausgehen, dass es nicht nur um sexuelle Handlungen geht. Es geht darum, dass diese zur Adoption freigegeben werden. Es geht bitte um den ganzen Komplex der Kinder­soldaten. Auch das sollte man mitberücksichtigen, was da im Zusammenhang mit dem Thema Armut passiert.

Und wenn wir schon Österreich als Zielland und Transitland nennen, dann müssen wir auch wissen, von wo wir unsere guten Gurken oder Zitrusfrüchte herkriegen. Die kom­men aus Spanien, und da sollte man sich genauer anschauen, was in den Folien­häusern dort passiert, in denen Marokkaner oder Leute aus der Dritten Welt oder aus ärmeren EU-Staaten unter sklavenähnlichen Zuständen arbeiten. All das, was wir günstig essen, ist vielleicht durch Sklaverei und ähnlichen Handlungen bedingte Leis­tung.

Also Augen auf und keine Scheinheiligkeit! Die Erste Welt Europa bedient sich sehr gerne auch der sogenannten Dritten Welt. Solange wir hier diesen mafiösen Schichten nicht Einhalt gebieten, haben wir überhaupt keine Chance, weder die Polizei noch der Gesetzgeber.

Die große Aufgabe ist also, auch in moralischer Hinsicht sehr viel zu tun. Solange gesellschaftlich höchste Kreise sich der Kinderpornografie und der Kinder bedienen, sind wir noch weit davon entfernt, von einem sicheren Europa zu sprechen. – Danke. (Beifall bei der FPÖ und bei Abgeordneten der ÖVP.)

19.30


Präsidentin Anneliese Kitzmüller: Als Nächste zu Wort gemeldet ist Frau Abgeord­nete Grünberg. – Bitte, Frau Abgeordnete.


19.31.01

Abgeordnete Kira Grünberg (ÖVP): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Geschätzte Frau Staatssekretärin! Geschätzter Herr Minister! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Liebe Zuseherinnen und Zuseher! Wie wir heute schon gehört haben, ist Österreich mitten­drin im Menschenhandel. Das mag jetzt irgendwie irritierend klingen, doch leider bele­gen viele tragische Schicksale genau das. Wie viele Opfer und Betroffene es tat­sächlich gibt, lässt sich nicht festmachen; man geht von einer hohen Dunkelziffer aus. Fest steht nur, dass die meisten Betroffenen Frauen sind, diese immer jünger werden und vorwiegend zur Sexarbeit gezwungen werden.

In den meisten Fällen werden junge Frauen unter Vortäuschung falscher Tatsachen in verhältnismäßig reiche Länder wie Österreich gelockt. Es wird ihnen ein Job als Kellnerin, als Babysitterin, als Hausangestellte oder Ähnliches angeboten und ver­sprochen. Wiederfinden tun sie sich dann allerdings oftmals in den Fängen von Frei­ern, die die jungen Frauen enorm unter Druck setzen und ihnen Gewalt antun. Die Drohung beziehungsweise Vorstellung, dass Familie und Freunde zu Hause im Heimatland erfahren, dass sie de facto in der Prostitution gelandet sind, lässt sie vor


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Scham vergehen. Eigentlich wollten sie die Familie daheim stolz machen und dazu beitragen, dass es ihnen allen endlich besser geht.

Die beinharte Realität hingegen ist eine Abwärtsspirale ohne greifbaren Ausweg. All das erschwert es, die Wahrheit betreffend diese enormen Menschenrechts­verlet­zungen ans Licht zu bringen. Aus Angst und Scham scheuen die Betroffenen den Weg zur Polizei, und vielen sind ihre Rechte gar nicht bekannt. Die zusätzliche Tragik an dem Ganzen ist, dass Menschenhandel eines der lukrativsten Geschäfte organisierter Kriminalität ist. Das UN-Büro für Drogen- und Verbrechensbekämpfung spricht von einem jährlichen Profit von etwa 32 Milliarden US-Dollar.

Im Wissen, dass es nie zur Gänze verhindert werden kann, können wir aber alle sehr wohl zur Bewusstseinsbildung beitragen und gemeinsam an Präventivmaßnahmen und Maßnahmen zum Opferschutz arbeiten. Genau darauf zielt der vorliegende Antrag ab. Vielleicht denken Sie alle am 30. Juli an die heutige Debatte zurück, denn das ist der internationale Tag gegen Menschenhandel. – Vielen Dank. (Beifall bei ÖVP und FPÖ.)

19.34

19.34.06


Präsidentin Anneliese Kitzmüller: Zu Wort ist dazu niemand mehr gemeldet. Ich schließe die Debatte.

Wünscht die Frau Berichterstatterin ein Schlusswort? – Das ist nicht der Fall.

Wir kommen jetzt zur Abstimmung über die dem Ausschussbericht 532 der Beilagen angeschlossene Entschließung betreffend „entschlossene Bekämpfung von Schlep­perei und Menschenhandel“.

Ich bitte jene Damen und Herren, die hiefür ihre Zustimmung geben, um ein ent­sprechendes Zeichen. – Das ist einstimmig angenommen. (E 58)

Wir gelangen nun zur Abstimmung über den Entschließungsantrag der Abgeordneten Dr. Zadić, LL.M., Kolleginnen und Kollegen betreffend „Kooperation zwischen EU und Libyen im Bereich Grenzschutz und Migrationsmanagement sowie die aktuelle Menschenrechtssituation in Libyen“.

Ich bitte jene Damen und Herren, die hiefür ihre Zustimmung geben, um ein Zeichen. – Das ist die Minderheit, der Antrag ist somit abgelehnt.

19.35.1114. Punkt

Bericht des Unterrichtsausschusses über den Antrag 620/A der Abgeordneten Mag. Dr. Rudolf Taschner, Wendelin Mölzer, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Schulorganisationsgesetz, das Schulunter­richts­gesetz, das Schulunterrichtsgesetz für Berufstätige, Kollegs und Vorberei­tungs­lehrgänge und das Privatschulgesetz geändert werden (541 d.B.)


Präsidentin Anneliese Kitzmüller: Wir gelangen nun zum 14. Tagesordnungspunkt.

Auf eine mündliche Berichterstattung wurde verzichtet.

Als Erste zu Wort gemeldet ist Frau Mag. Dr. Sonja Hammerschmid. – Bitte schön.


19.35.48

Abgeordnete Mag. Dr. Sonja Hammerschmid (SPÖ): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Herr Bundesminister! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Werte Zuseher vor den Fernsehschirmen! Wir diskutieren heute einmal mehr über die Deutschförderklassen, weil es eine Novelle dazu geben soll, und ich möchte die Gelegenheit nutzen, hier ein erstes Resümee zu ziehen.


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Versprochen wurde viel, ich kann mich noch gut erinnern, Kollege Taschner hat gleich zu Beginn in den Raum gestellt, die meisten Kinder werden schon nach den ersten Semestern den Übertritt in die Regelklasse schaffen. – Nun, das hat sich nicht bewahr­heitet. Bundesminister Faßmann ist schon ein bisschen vorsichtiger bei der Ein­schät­zung, wie die Deutschförderklassen wirken, er hat sich bis heute nicht festgelegt.

Herr Bundesminister, eine neue Maßnahme ohne Zielsetzung, was wann in welcher Zeit zu erreichen ist, finde ich bemerkenswert; sagen wir es einmal so. Wussten Sie, dass diese Maßnahme dem Populismus geschuldet ist und nicht die Wirkung haben wird, die Sie sich vielleicht erhofft haben, und war das der Grund dafür, hier keine Ziel­zahlen zu nennen? War das vielleicht auch der Grund, warum die Sprachstartgruppen, die gut implementiert waren, die im Kern Kleingruppenunterricht vorgesehen hatten, einfach ohne Evaluierung und ohne Nachweis der Wirksamkeit abgeschafft wurden?

Nun, wie sieht die Bilanz aus? – 16 Prozent der Schülerinnen und Schüler konnten nach dem ersten Semester in die Regelklasse wechseln. – 16 Prozent, das ist sicher nicht der Erwartungswert!

Das ist auch kein Wunder, denn die Sprachwissenschafter, Bildungswissenschafter haben davor gewarnt, Kinder für 15 Stunden von den deutschsprachigen Kindern zu separieren. Sie haben davor gewarnt, 25 Kinder in Deutschförderklassen mit nur einer Lehrperson zusammenzustecken. Das war noch nicht genug: Die Sprachförderung in den Regelklassen für jene, die sie noch dringend brauchen würden, denn Sprach­kompetenzerwerb dauert jahrelang, wurde von elf Stunden auf sechs Stunden zurück­gefahren. 450 Sprachpädagoginnen und -pädagogen wurden den Schulen weggenom­men und weitere 400 Unterstützungspersonen ebenso. Bessere Sprachförderung mit der Hälfte der Sprachpädagogen? – Ich wage es zu bezweifeln.

Dass es dennoch 16 Prozent geworden sind, ist einem Kraftakt der Direktorinnen und Direktoren und der Pädagoginnen und Pädagogen zu verdanken (Beifall bei der SPÖ sowie der Abgeordneten Zadić und Holzinger-Vogtenhuber), denn sie haben kaum die Möglichkeit gehabt, sich darauf einzustellen. Sie standen wirklich vor gewaltigen Herausforderungen, haben noch das letzte Kammerl in ein Klassenzimmer umfunk­tio­niert, haben Bibliotheken, Werkräume geschlossen, um daraus Klassen zu machen. Pädagoginnen und Pädagogen ohne ausreichende Schulung in Deutsch als Zweit­sprache fanden sich oftmals ganz plötzlich in Deutschförderklassen mit 25 Kindern wie­der.

Bei einer Tagung, die vor Kurzem stattgefunden hat, haben Pädagoginnen und Päda­gogen auch aus ihrer Erfahrung Resümee gezogen: Sie sprechen von viel zu großen Gruppen – ich erinnere, es wurde von 15 auf 25 Kinder aufgestockt. Sie haben fest­gestellt, dass die Einbindung in die Regelklasse äußerst unzureichend funktioniert, denn 7 Stunden in Turnen, Musik und Zeichnen reichen für das Sprachbad, das auch die Wissenschafterinnen und Wissenschafter wirklich fordern, um Sprachkompetenz gut zu erwerben, einfach nicht aus. Dann ist da noch die soziale Ausgrenzung dieser Kinder: Sie sprechen davon, dass die Kinder in den Deutschförderklassen von den Kindern aus der Regelklasse oftmals beschimpft werden, verspottet werden.

Der Druck auf diese Kinder erhöht sich nochmals durch die Wahrscheinlichkeit, dass sie durch die Separation in den Deutschförderklassen den Aufstieg in die nächste Klasse nicht schaffen und daher wiederholen müssen.

Und damit es noch ein bisschen zynischer wird: Durch die Wiedereinführung des Sitzenbleibens in der zweiten Klasse Volksschule stigmatisiert man diese Kinder nochmals, da man ihnen die Möglichkeit nimmt, im Klassenverband zu bleiben und in den ersten drei Jahren einfach aufzuholen. Die Kinder lernen unterschiedlich schnell, und wenn sie nicht sitzenbleiben würden, hätten sie die Möglichkeit, im Klassen­ver-


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band weiterzulernen. – Bravo, kann ich nur sagen, der maximale Schaden ist ange­richtet! (Beifall bei SPÖ und JETZT.)

Jetzt wird an diesem neuen Gesetz wieder herumgedoktert, und jetzt geht es ausge­rechnet um den Aufstieg der außerordentlichen Schülerinnen und Schüler aus den Deutschförderklassen unter bestimmten Umständen in die nächste Schulstufe. Vorher lässt man sie sitzenbleiben – führt das Sitzenbleiben wieder ein –, dann versucht man, das wieder aufzumachen.

Herr Bundesminister, das wird alles nicht besser. Ich appelliere einmal mehr an Sie: Hören Sie auf Ihre Kolleginnen und Kollegen aus der Bildungswissenschaft und vor allem auf die Pädagoginnen und Pädagogen! Kehren Sie bitte zu den gut etablierten, integrativen Maßnahmen zurück, verdoppeln Sie die Zahl der Pädagoginnen und Pädagogen in den Klassen mit besonderen Herausforderungen wieder, und überlassen Sie es bitte den erfahrenen DirektorInnen und Pädagoginnen und Pädagogen, am Schulstandort autonom, treffsicher, so wie es die Kinder brauchen und wie es die Räumlichkeiten hergeben, zu gestalten! (Beifall bei SPÖ und JETZT sowie des Abg. Hoyos-Trauttmansdorff.)

Ich plädiere für mehr Vertrauen in unsere Pädagoginnen und Pädagogen, denen ich an dieser Stelle wirklich herzlich Danke sage. Eine Nachtlektüre empfehle ich noch: Der Nationale Bildungsbericht ist heute herausgekommen, und er widmet sich auch dem Thema Separation und Homogenisierung von Klassen; und was da drinnen steht, unterstreicht meine hier vorgetragene Kritik. – Vielen Dank. (Beifall bei der SPÖ sowie der Abgeordneten Hoyos-Trauttmansdorff und Zadić.)

19.42


Präsidentin Anneliese Kitzmüller: Zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Taschner. – Bitte schön, Herr Abgeordneter.


19.42.06

Abgeordneter Mag. Dr. Rudolf Taschner (ÖVP): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Hohes Haus! Sehr geehrte Frau Kollegin Hammerschmid, ich muss Ihnen zunächst einmal in mehreren Punkten recht geben, aber bevor ich Ihnen detailliert recht gebe, will ich noch ein anderes Thema ansprechen, das in diesem Gesetzeswerk, das wir jetzt beschließen, ebenfalls behandelt wird, das ist eine Änderung bei der Matura, eine ganz kleine Änderung: Die jungen Damen und Herren, die die neuen Beispiele bekom­men werden, werden diese auch wirklich neu bekommen, und die neuen Beispiele sind auch besser; nicht besser in der Hinsicht, dass sie einfacher geworden wären – es ist das Fach Mathematik, das behandelt wird –, sondern besser insofern, als sie sprach­lich besser geworden sind.

In diesem Ministerium gibt es in Wirklichkeit mehrere Aufgabenfelder, nämlich Auf­gaben, die man sehr schnell, sehr rasch erledigen muss, und Aufgaben, die mittelfristig erledigt werden müssen. Sehr schnell und sehr rasch erledigt werden mussten erstens die Angelegenheit mit den Deutschförderklassen und zweitens die Sache mit der Matura, insbesondere weil in Mathematik eine starke Volatilität des Durchkommens vorhanden ist, die sich nicht erklären lässt, außer durch die Tatsache, dass vielleicht in sprachlicher Hinsicht Ungleichheiten da sind.

Das ist dank der Initiative des Herrn Bundesministers geschehen, der ja auch einen wirklichen Schulfachmann zurate gezogen hat, Herrn Dr. Scholz, der ja mathematisch nicht geradezu musikalisch ist, aber gerade deshalb gut gewählt ist, weil er durch die Länder gezogen ist und sich angehört hat, was die Bedürfnisse sind.

Ich kenne die neuen Beispiele nicht, ich kenne sie Gott sei Dank nicht, denn da müsste ich ja einen Eid schwören, dass ich sie nicht verrate, und das will ich mir gar nicht


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antun. Ich kenne sie also nicht, aber ich habe mir sagen lassen, es wird jetzt besser werden.

Frau Kollegin Hammerschmid, das ist natürlich wieder ein Versuch. Wissen Sie, wir sind diejenigen, die sich wirklich bemühen und das versuchen. Es gibt ja andere, die aus ideologischen Gründen sagen: Das kann überhaupt nicht gehen, das machen wir gar nicht!

Jetzt komme ich auf die Deutschförderklassen zu sprechen: Sie haben vollkommen recht, ich habe mich geirrt. Ich habe mich geirrt, ich hatte geglaubt, es würde besser gehen. Es hat sich gezeigt, dass der Bedarf wirklich sehr groß ist. Er ist wirklich sehr groß; und man hat vorher nicht hingeschaut, das habe ich auch festgestellt. (Beifall bei ÖVP und FPÖ.) Man hat vorher nicht hingeschaut, und wenn die Deutschförderklassen nicht gekommen wären, würden noch weniger Kinder Deutsch können.

Wenn Sie sich die Zahlen genauer anschauen, werden Sie feststellen: Es ist tat­sächlich so, die sind nicht so gut, wie ich es gehofft hatte, aber es gibt unglaubliche Unterschiede. Neue Mittelschulen in Kärnten: 100 Prozent steigen auf, haben also die Deutschförderklassen positiv erledigt. Komischerweise sind es in den Nachbar­bun­desländern Steiermark und Tirol ganz wenige. (Abg. Hammerschmid: Stimmt ja nicht!) – Ich habe die Zahlen da. Ich habe die Zahlen vom Ministerium bekommen. Wollen Sie mir erklären, das Ministerium hat mir etwas Falsches gesagt?

Neue Mittelschulen, Kärnten: 100 Prozent. – Es ist wirklich so. Bei den Volksschulen in Oberösterreich: gute Ergebnisse; in Niederösterreich: interessanterweise gar nicht so gute. Es gibt eine starke Volatilität. Das liegt vielleicht auch daran, dass man das Standardmesssystem noch nicht eingeführt hat. Es wird eingeführt werden, und es wird eine große Hilfe für die Lehrerinnen und Lehrer sein, von denen ich wirklich sagen muss – und da muss ich Ihnen ebenfalls recht geben, Frau Kollegin Hammerschmid –: Sie strengen sich wirklich über die Maßen an. Das ist wirklich bemerkenswert und sehr gut, und man kann den Lehrern – männlich, weiblich –, nur herzlichst dafür danken, dass sie sich diese Arbeit antun. Sie tun es ja für uns und für das Land. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der FPÖ.)

Nebenbei bemerkt: Die Lehrer werden jetzt noch weiter gefordert werden, fürchte ich, denn jetzt müssen sie auch noch diese Tests durchführen. Wir wollen aber hoffen, dass diese Testarbeit relativ wenig Aufwand ist. Es wird jetzt schon so viel getestet, meine sehr verehrten Damen und Herren, man muss da aufpassen, der Herr Minister weiß das ganz genau: Mit Fiebermessen kriegt man die Grippe nicht weg. Man muss Fieber messen, darf aber nicht nur Fieber messen. Das ist eine Selbstverständlichkeit. Wir werden weiter versuchen, die Deutschförderklassen besser zu machen.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, natürlich ist das eine Aufgabe, die schnell erledigt werden muss. Es war ein Crashkurs, den man eingeführt hat. Es kann sein, dass wir noch nicht das Optimum hergestellt haben – durchaus möglich –, aber wir bemühen uns darum, das zu tun. Wir hören auch von verschiedenen Seiten – ich bin auch durch die Länder gezogen, ich habe es von einer Wiener Volksschuldirektorin gehört –, es sei großartig, wie das bei ihnen funktioniert; andere sagen: Ich habe große Schwierigkeiten! – Das sehen wir alles ein. Wir werden uns weiterhin bemühen, weil wir offen sind und nicht ideologisch verbrämt wie irgendwelche Leute, die sagen: Wir sind die Experten!

Glauben Sie mir, ich kenne den Wissenschaftszirkus. Viele Experten kommen, weil sie Mitläufer sind, gewissen Zeitgeistideen folgen und nichts anderes machen. (Ruf bei der SPÖ: Da werden sich viele bedanken!) Sie können nur denen vertrauen, bei denen Sie wirklich das Empfinden haben – wie bei Herrn Dr. Scholz –: Das ist jemand, der vom Innersten her von der Wahrhaftigkeit getragen ist und von Schule auch etwas versteht!


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Diese Experten sagen uns: Es ist gut, was ihr gemacht habt, macht weiter so! Ihr werdet mit den Deutschförderklassen dafür sorgen, dass sich die Kinder in diesem Land integrieren können, gute Österreicher werden und dann Steuern zahlen und unserem Land – sich selber und auch unserem Land – weiteren Wohlstand ver­schaffen werden! – Und das ist das Ziel dieser ganzen Aktion. – Ich danke Ihnen, meine sehr verehrten Damen und Herren. (Beifall bei ÖVP und FPÖ.)

19.48


Präsidentin Anneliese Kitzmüller: Herr Abgeordneter Hoyos-Trauttmansdorff gelangt zu Wort. – Bitte schön, Herr Abgeordneter.


19.48.31

Abgeordneter Douglas Hoyos-Trauttmansdorff (NEOS): Frau Präsidentin! Herr Minister! Hohes Haus! Die letzten verbliebenen Besucher auf der Galerie! Die Novelle, die wir hier vor uns haben, hat ja mehrere Teile, einerseits die Deutschklassen – darauf gehe ich nachher ein –, andererseits die Mathematura, die Kollege Taschner schon angesprochen hat. Wir wollen diese vereinfachen, und das finde ich grundsätzlich gut. Ich bin zwar kein großer Fan der allgemeinen Zentralmatura in Mathematik, so wie sie durchgeführt wird – wir würden da ganz andere Maßnahmen vorsehen und großzügig reformieren –, allerdings ist das ein Schritt in die richtige Richtung, und dem kann man durchaus zustimmen. Noch nicht angesprochen wurde das Privatschulgesetz, auch diesbezüglich sagen wir durchaus, dass es sinnvoll ist, Schritte mitzugehen.

Jetzt sind natürlich die Deutschklassen das große Thema, und es wurde auch schon viel dazu gesagt, nur nicht von jedem. Ich möchte als Erstes Kollegen Taschner lobend erwähnen, denn ich finde, dass Sie etwas sehr Großartiges gemacht haben, was nur wenige Politiker machen, und zwar einzugestehen, dass man einmal nicht recht hatte. Das, finde ich, muss man auch einmal sagen, weil das sehr selten passiert. (Beifall des Abg. Schellhorn sowie bei Abgeordneten von ÖVP und FPÖ.) – So bekommt man zumindest Applaus von der ÖVP, das ist ja auch nicht alltäglich.

Etwas Grundsätzliches zu den Deutschklassen – Frau Kollegin Hammerschmid hat auch schon einiges dazu gesagt –: Aus unserer Sicht wurde das Ganze von Anfang an ein bisschen verbockt. Alle Expertinnen und Experten haben gesagt, dass das nicht funktionieren wird, und wir haben das auch gesagt, die gesamte Opposition hat das gesagt. Es wurde wenig zugehört, und jetzt ist es genau so gekommen. Jetzt beginnen Sie, an Schräubchen zu drehen, und versuchen, ein bisschen etwas zu reformieren – nur, ganz ehrlich: Das wird nicht sehr viel ändern.

Wir wissen, wo die Probleme liegen. Wir wissen – und darüber haben Sie, Herr Kollege Taschner, auch schon sehr ausführlich gesprochen –, dass es in manchen Schulen funktioniert und in anderen nicht. Na, das ist ja der Beweis dafür, dass genau dieses Thema im Rahmen der Schulautonomie geregelt werden muss, dass wir den Päda­gogInnen vor Ort vertrauen sollen. Und was machen Sie? – Sie machen jetzt genau das Gegenteil, erstellen wieder Rahmenpläne, evaluieren, und seitens des Minis­te­riums versucht man, das irgendwie von oben herab zu lenken, und man glaubt, es dadurch lösen zu können. – Das wird eben nicht geschehen.

Wir müssen endlich beginnen, den Pädagoginnen und Pädagogen vor Ort zu vertrauen und ihnen das Vertrauen auszusprechen, ihnen Möglichkeiten zu geben und nicht zu sagen: Na ja, wir haben da ein System, und wir drehen da bei uns am Minoritenplatz ein bisschen weiter und weiter und weiter und weiter!, denn am Ende des Tages wird sich nichts ändern.

Wenn Sie dann als Regierung noch die Mittel für Integration kürzen, wird auch im Bereich Integration nichts weitergehen, und man hat am Ende des Tages leider sehr


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oft das Gefühl, dass Sie gar nicht gewillt sind, tatsächlich Maßnahmen zur Verän­de­rung voranzutreiben. Aus unserer Sicht können und wollen wir da gar nicht mehr mit – wir wollten von Anfang an nicht mit –, weil es eben nicht zum Ziel führt.

Wir wollen eine ernsthafte Integration, das heißt: Vertrauen wir den Pädagoginnen und Pädagogen vor Ort und setzen wir weitere Maßnahmen, um Integration voranzu­trei­ben! Es liegen da schon einige Sachen auf dem Tisch – Ganztagsbetreuung und so weiter –, damit die Sprache gelernt werden kann, weil das natürlich sehr wichtig ist. Dementsprechend gibt es leider von uns keine Zustimmung. (Beifall bei den NEOS.)

19.51


Präsidentin Anneliese Kitzmüller: Zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Mölzer. – Bitte schön, Herr Abgeordneter.


19.51.57

Abgeordneter Wendelin Mölzer (FPÖ): Frau Präsidentin! Herr Bundesminister! Hohes Haus! Geschätzte Damen und Herren via Livestream, vor den Fernsehschirmen, auf der Besuchergalerie! Es wurde, glaube ich, schon ausgeführt, dass wir vor allem technische Änderungen vornehmen, die natürlich begrüßenswert sind, vor allem was die Frage der Zentralmatura, der Mathematikzentralmatura, betrifft; es gibt auch Adap­tierungen betreffend das Privatschulgesetz und auch betreffend die Deutschförder­klassen, die ja jetzt, glaube ich, Hauptthema der Debatte sind.

Frau Kollegin Hammerschmid, ich finde es ein wenig zynisch von Ihnen, dass Sie sagen, die Maßnahmen, die Sie in Ihrer Regierungszeit ergriffen haben, wären quasi besser als das, was wir hier implementiert haben, und dass Sie das schon nach einem halben Jahr wissen. Das ist deswegen zynisch, weil wir ja wissen, dass die Zahlen nicht unbedingt dafür gesprochen haben, dass das, was in der Vergangenheit in den Schulen passiert ist, gut war. (Zwischenrufe der Abgeordneten Hammerschmid und Kucher.)

Wir wissen, dass halt leider Gottes 30 Prozent der Kinder nach neun Schuljahren nicht sinnerfassend lesen konnten – 30 Prozent! Kannst du dich erinnern, lieber Philip Kucher? Wir wissen natürlich, dass das auch maßgeblich mit der Integrationsfrage zu tun hat, und deswegen haben wir einerseits den Schritt gesetzt, Deutschförderklassen einzuführen. Ein weiterer wichtiger Teil, der ja erst kommt, im System implementiert wird, ist die standardisierte Sprachstandserhebung. Da ist es, lieber Kollege Hoyos-Trauttmansdorff, glaube ich, sehr wohl wichtig, einheitliche Regeln zu schaffen, weil wir nach einheitlichen Regeln – von Vorarlberg bis Wien – messen wollen, wie gut die Kinder Deutsch können. Da bringen wir eine Einheitlichkeit hinein. Man kann, glaube ich, nicht nach einem halben Jahr sagen, das sei gelungen oder nicht gelungen.

Ich bin überzeugt davon, dass es zielführend ist, auf diesem Weg zu bleiben und zu versuchen, die alten Maßnahmen, die nicht funktioniert haben, zu ersetzen; dann wird das sicher besser werden. (Beifall bei der FPÖ und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Etwas ganz Grundsätzliches noch: Sie, vor allem von der Sozialdemokratie, sagen immer zu allem Nein – aus verschiedensten Gründen, aus ideologischen Gründen, weil Sie sich nicht eingestehen können, dass Sie etwas falsch gemacht haben –, Sie wollen vernünftige Maßnahmen nicht unterstützen. Das sieht man ja auch in der Kopftuchverbotsdebatte. Ich habe gerade heute gehört, dass in Wien – das ist ja auch schon medial diskutiert worden – beispielsweise die 15a-Vereinbarung betreffend das Kopftuchverbot in Kindergärten aus Gründen einer Signalwirkung nicht entsprechend umgesetzt werden soll. Dafür sind bekanntlich Sie als Sozialdemokratie verantwortlich.

Wir wissen aus den letzten zwei Unterrichtsausschusssitzungen, dass Sie die Zustim­mung verweigern, wenn es darum geht, das Kopftuchverbot in den Volksschulen um-


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zu­setzen; da geht es eben darum, ein starkes Signal für Integration, gegen den poli­tischen Islam, gegen den Missbrauch von Kindern zu setzen. Da verweigern Sie sich.

Es ist mir schon klar, Sie haben durch die Masseneinwanderung der letzten Jahrzehnte die grundlegenden Probleme mitverursacht. (Zwischenruf der Abg. Greiner.) Sie haben auch entsprechend dazu beigetragen, dass da keine flankierenden Maßnahmen getrof­fen wurden, und sind jetzt nicht in der Lage, das einzugestehen und zu versuchen, in die richtige Richtung gehende Maßnahmen zu setzen.

Ich möchte noch festhalten – das ist, glaube ich, ganz wichtig –, dass es gut ist, dass Sie nicht mehr an der Regierung teilhaben können, dass wir das in die Hand genom­men haben. Das wurde ja von den Wählern so entschieden.

Ich möchte abschließend – das tue ich nicht zum ersten Mal –, ein Plädoyer an all jene Menschen richten, die zu uns gekommen sind, in unserem Land leben: Es geht nicht nur darum, dass möglichst viel Geld und Fördermittel eingesetzt werden, wie es die Sozialisten machen würden, sondern vor allem auch darum, entsprechenden Willen an den Tag zu legen, sich zu integrieren und etwa die deutsche Sprache zu lernen. – Danke. (Beifall bei FPÖ und ÖVP.)

19.55


Präsidentin Anneliese Kitzmüller: Zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Kovacevic. – Bitte, Herr Abgeordneter.


19.55.46

Abgeordneter Christian Kovacevic (SPÖ): Frau Präsidentin! Geschätzter Herr Minister! Liebe Zuseherinnen und Zuseher zu Hause und hier auf der Galerie! Ge­schätzte KollegInnen! Hohes Haus! Werter Herr Kollege Mölzer, du schaffst es immer wieder, recht gut zu beginnen, am Ende bleibt aber dann doch wieder dasselbe über. Es sind halt inhaltslose Beschuldigungen (Abg. Mölzer: Aber!), irgendwelche Unter­stellungen gegenüber der SPÖ. Ich weiß nicht, was das soll. Wollen wir uns jetzt endlich einmal einer sinnhaften Diskussion stellen?

Sie haben die Deutschförderklassen beschlossen. Wir waren von Anfang an skeptisch, waren dagegen. Sie haben Ihre Argumente, wir unsere. Es fällt mir nicht im Traum ein, jetzt irgendetwas zu kritisieren, was Ihre Parteilinie betrifft. Ich weiß nicht, was das soll. Welchen Hintergrund hat das? (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Plessl: Ablenkung! Eine reine Ablenkung! – Abg. Mölzer: Sagt, wenn ihr was falsch gemacht habt! Das habe ich noch nie gehört!)

Wir haben von Anfang an auf die Auswirkungen der Separierung und der Deutsch­förderklassen hingewiesen. Jetzt haben wir erste Ergebnisse auf dem Tisch. Wie gesagt, wir sehen uns dadurch bestätigt. Die Experten sehen sich dadurch bestätigt. Ihr interpretiert das so, dass man noch mehr Nachholbedarf hat. – Ja, okay, könnt ihr so sehen! Ich sehe es so, dass diese Kinder in den Regelklassen unter anderen deutschsprachigen Kindern vielleicht eher und schneller Deutsch gelernt hätten.

Eines interessiert mich schon, liebe Kollegen von der FPÖ: Ja, woher wissen Sie das? Das ist eine berechtigte Frage. Sie sagen, Sie sehen sich durch diese Ergebnisse bestätigt. Der Herr Bundesminister sagt, er kann die Auswirkungen noch gar nicht ein­schätzen, weil es noch zu früh ist. Das ist interessant, wenn der Herr Bundesminister sagt, dass es noch zu früh ist, aber einzelne Abgeordnete der FPÖ sich schon eine eigene Meinung bilden und die dann für bare Münze verkaufen. Das gebe ich schon auch einmal zu bedenken. (Beifall bei der SPÖ.)

Ich gebe Ihnen in einem Punkt recht, Herr Bundesminister, Sie haben auch den Ver­besserungsbedarf angesprochen, dass es noch mehr zu tun gibt, zum Beispiel die


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Reduktion von 25 auf 15 Schüler oder auch mehr Investitionen in die Lehrerausbildung, und das deckt sich bitte ganz genau mit den Ergebnissen und Erfahrungen aus der Region. Ich habe das zum Beispiel im Tiroler Unterland so wahrgenommen, da wurde mir auch von den Direktorinnen und Direktoren bestätigt: Es geht nicht so sehr darum, ob in Deutschförderklassen separiert wird oder nicht, es geht vielmehr darum, dass wir insgesamt ganz einfach mehr Personal für die Unterstützung von Kindern mit außer­ordentlichem Status brauchen, dass mehr Ressourcen bereitgestellt werden müssen.

Es geht darum, dass wir Sprachfördermaßnahmen in Summe vermehren können. Unsere Forderung ist es schon seit Langem, dass Sprachförderpersonal zumindest in den ersten und zweiten Klassen verdoppelt wird, und dazu stehen wir auch weiterhin. (Beifall bei der SPÖ.)

Den von Ihnen herbeigeredeten oder herbeigewünschten Erfolg sehen wir also leider nicht. Wir sehen mehr die Bestätigung, dass dieses System nicht funktioniert und dass die Kinder die Sprache im vermehrten Umgang mit Kindern in der Regelklasse, die eben schon Deutsch sprechen, schneller gelernt hätten. Es gibt dazu auch einige Aus­sagen von Expertinnen und Experten, die das bestätigen, auch in der „Tiroler Tages­zeitung“ war dies so zu vernehmen.

Abschließend noch kurz zur Rede des Herrn Kollegen Taschner: Ich habe versucht, das zu verstehen, auch das mit den 100 Prozent aus Kärnten, die Sie erwähnt haben. Ich habe noch einmal in unseren Unterlagen nachgeforscht. Wir haben eine APA-Mel­dung, in der steht: Kärnten 0 Prozent Umstiege von der Deutschförderklasse in die Regelklasse. – Ich glaube, das ist auch mehrfach so in den Medien kolportiert worden. (Zwischenruf des Abg. Taschner.) Vielleicht handelt es sich um ein Missverständnis, aber die APA-Meldung verweist auch aufs Bundesministerium. – Danke schön. (Beifall bei der SPÖ.)

19.59


Präsidentin Anneliese Kitzmüller: Zu Wort gelangt Frau Abgeordnete Salzmann. – Bitte, Frau Abgeordnete.


19.59.32

Abgeordnete MMMag. Gertraud Salzmann (ÖVP): Sehr geehrter Herr Minister Faßmann! Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Sehr ge­ehrte Damen und Herren vor den Bildschirmen, so Sie jetzt noch ausharren! Die Inves­titionen in die Deutschförderklassen lohnen sich.

Sehr geehrte Damen und Herren! Wenn bereits nach einem Semester, nach einem halben Schuljahr 16 Prozent vom außerordentlichen Status in den ordentlichen Status überführt werden können, dann ist das auch ein Erfolg. Oder wollen Sie diesen Schülern ins Gesicht sagen: Du hast keinen Erfolg, weil du jetzt als ordentlicher Schüler da bist!? (Beifall bei ÖVP und FPÖ.)

Einen zweiten Punkt möchte ich in Richtung SPÖ sagen: Ihr sprecht davon, dass es keine integrative Förderung gebe. Das stimmt nicht. Es gibt regional sehr große Unter­schiede bei den Sprachstandserhebungen. Ich bin sehr viel unterwegs und rede sehr viel mit Lehrerinnen und Lehrern. Es gibt genug Bezirke, in denen einfach nicht so viele Schüler da sind, dass man eine eigene Deutschförderklasse einrichtet. Ich könnte Ihnen da genug Beispiele aufzählen. Da wird sehr wohl integrativer Sprachför­der­unterricht gemacht. So einfach, wie es dargestellt wird, ist es also nicht.

Im Durchschnitt, meine Damen und Herren, hat in Österreich ein Viertel aller Schü­lerinnen und Schüler mit einer anderen Umgangssprache im Unterricht zu kämpfen. Wenn man die Unterrichtssprache nicht ausreichend versteht, dann ist es hinlänglich nachvollziehbar, dass man vom Unterricht nicht allzu viel profitieren kann. Da gibt es


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regional einfach sehr große Unterschiede. Wenn ich die Neuen Mittelschulen her­nehme, dann sehe ich, dass etwa ein Drittel der Schüler nicht Deutsch als Umgangs­sprache haben. Wenn ich noch einmal genauer hinschaue, dann sehe ich, dass das in Kärnten etwa 16 Prozent und in Wien etwa 73 Prozent sind. Dass das natürlich ganz andere Herausforderungen für die Lehrerinnen und Lehrer bedeutet, ist auch klar.

Meine Damen und Herren, dass Sprache der Schlüssel zur Integration und zum Bil­dungserfolg ist, darüber sind wir uns, glaube ich, alle einig. Bundesminister Faßmann hat die richtige Entscheidung getroffen: Er hat die Deutschförderklassen zu Beginn dieses Schuljahres eingeführt. Wir haben da ganz genau hingeschaut. Wir sehen diese Probleme, die seit Jahren auf dem Tisch liegen, für die seit Jahren nicht wirklich die Lösungen gekommen sind, die notwendig sind. Wir sind sehr froh, dass du, Herr Minister, das gemacht hast.

Es gibt jetzt standardisierte Testungen, die den Sprachstand objektiv und zielgerichtet erheben und somit auch prüfen, ob ein Schüler, eine Schülerin in den ordentlichen Status übernommen werden kann oder nicht. Diese Maßnahmen sind notwendig, um ein frühzeitiges Erlernen der Sprache, aber auch ein frühzeitiges Überführen in den ordentlichen Status zu ermöglichen. Wir dürfen kein Kind zurücklassen. (Beifall bei ÖVP und FPÖ.) Sprache, meine Damen und Herren, ist das Ticket für eine erfolgreiche Bildungslaufbahn. (Beifall bei ÖVP und FPÖ.)

20.03


Präsidentin Anneliese Kitzmüller: Zu Wort gelangt Frau Abgeordnete Holzleitner. – Bitte.


20.03.15

Abgeordnete Eva Maria Holzleitner, BSc (SPÖ): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Werte Kolleginnen und Kollegen! Liebe Zuseherinnen und Zuseher! Seit Herbst letzten Jahres gibt es nun die Deutschförderklassen für Schülerinnen und Schüler, die nicht über ausreichende Sprachkenntnisse verfügen – je nach Schultyp circa 15 bis 20 Stun­den Deutschunterricht in gesonderten Klassen. Wir haben es schon gehört: Zeichnen, Turnen, Musik, diese Fächer werden flächendeckend in allen Bundesländern im regulären Klassenverband unterrichtet.

Was heißt das aber für diejenigen Schülerinnen und Schüler, die zum Großteil aus dem Klassenverband gerissen, sozusagen auch stigmatisiert werden und vorwiegend getrennt von Freundinnen und Freunden unterrichtet werden? Was sind die Folgen? Wir haben es schon gehört: Von rund 9 700 Kindern, die im Herbst in eine Deutsch­förderklasse gewechselt sind, konnten circa 1 500 nach einem Semester in den Regelunterricht wechseln, im Schnitt sind das 16 Prozent.

Genauer angesehen gibt es aber eklatante Unterschiede: Während in Oberösterreich 26,3 Prozent gewechselt sind, waren es im benachbarten Niederösterreich nur 3,6 Pro­zent. Die zu Beginn erstellten Prognosen der Regierung lauteten, dass der überwie­gende Teil dann in den Regelunterricht überstellt wird. Dem ist aber nicht so, Kollege Taschner hat schon eingestanden, dass er sich geirrt hat.

Ganz konkret, Presseaussendung ÖVP-Klub, Mai 2018: „Taschner zeigt sich zuver­sichtlich, dass die meisten Schülerinnen und Schüler in kurzer Zeit in die Regelklassen wechseln können und verweist in diesem Zusammenhang auf Niederösterreich, wo sich“ das System bewährt hat.

Pressekonferenz Bundesminister Faßmann, März 2019, Niederösterreich: Nur knapp 4 Prozent der Schülerinnen und Schüler steigen nach einem Semester von Deutsch­klassen wieder in den Regelunterricht ein. – Zitatende.


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Wir haben es gehört – auch Kollege Kovacevic hat es angesprochen –, in Kärnten sind es sogar 0 Prozent. Keine einzige Schülerin und kein einziger Schüler konnte nach der Sprachprüfung in die Regelklasse übernommen werden. Aufgrund dieses fatalen Ergebnisses – das muss man wirklich so sagen – der sogenannten Deutschförder­klas­sen in den Bundesländern braucht es da anscheinend schon nach einem halben Jahr gewisse Adaptierungen und vielleicht sogar ein Zugeständnis, dass die Förderklassen doch nicht der richtige Weg zur Vorzeigeintegration oder sogar -inklusion sind. Wir sagen: Nein! – Wir waren von Anfang an gegen das System der Deutschförderklassen, gegen die Segregation und Stigmatisierung von Kindern und Jugendlichen. (Beifall bei der SPÖ sowie des Abg. Noll.)

Für uns ist eines klar: Es braucht weitere Mittel für den Ausbau der Zusammenarbeit im Klassenverband. Der Klassenverband sollte gefördert und Kinder nicht stigmatisiert werden. Es braucht keine Deutschförderklassen.

Auch wenn man in der Schule gelernt hat, dass Minus und Minus im mathematischen Sinne Plus ist, wissen wir auch, dass ein Fünfer ein Fünfer bleibt, auch wenn ich der Lehrerin oder dem Lehrer sage, dass ich mich bemüht habe. (Beifall bei der SPÖ.)

20.06


Präsidentin Anneliese Kitzmüller: Als Nächster zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Hauser. – Bitte schön, Herr Abgeordneter.


20.06.40

Abgeordneter Mag. Gerald Hauser (FPÖ): Frau Präsidentin! Sehr geehrter Herr Minister! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Ja, Kollege Kovacevic, es gibt unter­schiedliche Zugänge zu diesem Problem. Unser Zugang ist, dass Kinder, bevor sie eingeschult werden, Deutsch können müssen, weil nur damit ein Erwerb von Wissen möglich ist. Einem Kind, das die deutsche Unterrichtssprache nicht kann, das dem Unterricht nicht folgen kann, kann ergo auch kein Wissen vermittelt werden. Deswegen waren wir von Haus aus für Deutschförderklassen, denn das ist für uns die Grundvor­aussetzung, um Wissen überhaupt erwerben zu können.

Ihr Zugang ist ein anderer. Wenn Sie jetzt die Ergebnisse hernehmen und sagen, nur 16 Prozent haben nach einem Semester den Übertritt von der Deutschförderklasse in die reguläre Klasse geschafft und das sei ein so schlechtes Ergebnis, dass man Deutschförderklassen überdenken müsse, sagen wir: Es ist gut, dass wir Deutsch­förderklassen eingerichtet haben, weil die Sprachkenntnisse so defizitär waren, dass ein Semester nicht ausgereicht hat, um entsprechend gute Sprachkenntnisse zu erwerben, dass der Übertritt in das reguläre Klassenwesen überhaupt zu schaffen war. (Beifall bei FPÖ und ÖVP.)

Das Glas ist also weder halb voll noch halb leer. Fakt ist, dass die Deutschkenntnisse einfach nicht ausgereicht haben und deswegen verstärkte, vertiefende Deutschkennt­nisse weiter unterrichtet werden müssen.

Wie aber schaut das Schulsystem grundsätzlich aus? – Spätestens seit dem Aufschrei der Lehrerinnen und Lehrer über die Zustände in der Schule und spätestens seit dem Buch „Kulturkampf im Klassenzimmer“ von Frau Wiesinger, das alle aufgerüttelt haben müsste, das durch alle Medien gegangen ist und die Zustände bei uns in den Schulen aufgezeigt hat, ist es doch notwendig, gegenzusteuern.

Ich darf nur daran erinnern, dass in Wien 51 Prozent der Schüler mit nicht deutscher Umgangssprache zu Hause kein Deutsch sprechen und natürlich in der Schule extreme Probleme haben. Ich darf daran erinnern, dass wir in den vergangenen Perioden Initiativen und Anträge eingebracht haben, damit zum Beispiel in den Pausen deutsch gesprochen wird. Sie haben diese Initiativen abgelehnt. Das wären also alles


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wichtige und wesentliche Initiativen von uns gewesen, um die Integration durchzu­setzen und um den Spracherwerb zu vertiefen.

Wenn ich nun in etwa die Ergebnisse und den Output dieses Buches wiedergeben kann, darf ich zitieren – es gibt in Wien Brennpunktschulen, in Wien Favoriten, in denen 100 Prozent Zuwandererkinder unterrichtet werden müssen –: „Die meisten wür­den zu Hause nie deutsch sprechen, dadurch gestalte sich der Unterricht ‚höchst problematisch‘. Unter den Pädagogen mache sich Frustration breit: ‚In Wien laufen uns die Lehrer davon‘“, sagt der Gewerkschafter. – Das muss uns zu denken geben.

Wir haben das Schulsystem so zu gestalten, dass unsere Kinder beim Schuleintritt die Unterrichtssprache Deutsch können müssen, damit nicht die Pädagoginnen und Pädagogen ob der schlechten Deutschkenntnisse und ob der schlechten Integration so frustriert sind, dass sie uns davonlaufen. Deswegen ist unser Ansatz mit den Deutschförderklassen ein richtiger und erster wichtiger Ansatz. (Beifall bei FPÖ und ÖVP.)

20.10


Präsidentin Anneliese Kitzmüller: Als Nächster hat sich der Herr Bundesminister zu Wort gemeldet. – Bitte schön.


20.10.36

Bundesminister für Bildung, Wissenschaft und Forschung Dr. Heinz Faßmann: Sehr geehrte Frau Präsidentin! Hohes Haus! Ich bin ja in einem gewissen Sinn über­rascht, dass man angesichts dreier relativ kleiner technischer Änderungen abermals eine Diskussion mit den Argumenten, über die wir schon oft gesprochen haben, be­ginnt.

Herr Kovacevic, das haben Sie schon ganz richtig gesagt, wir tauschen eigentlich immer die gleichen Argumente aus. Herr Kovacevic, meine erste Bemerkung trifft Sie, auch Sie haben stark begonnen und endeten relativ schwach. (Beifall bei ÖVP und FPÖ. – Zwischenruf der Abg. Bayr. Weitere Zwischenrufe bei der SPÖ.) Sie endeten sozusagen in der Forderung, mehr Ressourcen in das System hineinzustecken. Ich möchte Sie nur daran erinnern: 10 Schülerinnen und Schüler einer Neuen Mittelschule entsprechen einer Lehrerposition, im Volksschulbereich sind es 14,5 Schülerinnen und Schüler. Dazu kommen noch 20 Prozent Zuschläge. Dazu kommen von den Ländern noch sogenannte Überzugslehrer, in die sie selbst investieren.

Wenn wir uns internationale Ausgabenpositionen anschauen, dann müssen wir sagen, Österreich hat ein Bildungssystem, in das viel investiert wird. Ich sage jetzt keine Superlative, teuer oder zu teuer, ich sage nur ganz realistisch: Wir investieren wirklich viel in das Bildungssystem. Ich glaube, all jene, die Bildungspolitik betreiben, sollten sich selbst ab und zu die Frage erlauben: Investieren wir es strategisch richtig?, und auch versuchen, sie kritisch zu beantworten. (Beifall bei ÖVP und FPÖ.)

Darf ich meine zweite Bemerkung machen: Sonja Hammerschmid, du bist ja schon eine perfekte Politikerin geworden, wirklich, also da kommen die Schwarz-Weiß-Zeich­nungen. (Abg. Bayr: Vergeben Sie auch Noten oder nur verbale Beurteilung? – Zwi­schenruf der Abg. Kucharowits.) – Augenblick, darf ich fertig reden? (Abg. Rosenkranz: Nicht genügend ist auch verbal!)

Sonja, du hast mir vorgeworfen oder beschrieben, dass ich keine Zielwerte genannt habe. Ja, zu Recht, denn ich weiß natürlich, dass in einem komplexen System das Nennen von Zielwerten ausgesprochen schwierig, wenn nicht sogar unmöglich ist, weil so viele Unwägbarkeiten dabei sind.


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Frau Holzleitner! Sie haben zu Recht eine dieser Unwägbarkeiten genannt: Oberöster­reich: 26 Prozent Übertrittsquote; Niederösterreich: knapp über 3 Prozent, 3,6 Prozent Übertrittsquote. Man kann ja schwer argumentieren, dass die Kinder in Oberösterreich alle um so viel sprachbegabter sind als jene in Niederösterreich. Dabei muss man sagen: Das sind ganz offensichtlich unterschiedliche administrative Praxen, wie dieses neue System gelebt wird. (Beifall bei ÖVP und FPÖ.) Aus dem Grund, Frau Holzleitner, sagen wir auch: Ja, dieser standardisierte Test ist sehr gut, ist sehr wichtig.

Diese zwei Zahlen, Herr Hoyos, zeigen natürlich auch sofort: Es gibt Limits von Auto­nomie und Föderalismus.

Weil du, Sonja, die Heterogenisierung angesprochen hast: Im Nationalen Bildungs­bericht ist in dem Kapitel nicht von den Deutschförderklassen die Rede (Abg. Hammerschmid: Letzter Absatz!), sondern in dem Kapitel ist von einem interessanten Phänomen die Rede, nämlich: Wie gehen Direktorinnen und Direktoren bei der Einstufung mit neu angemeldeten Kindern um? In welche Klassen werden sie gegeben? Da gibt es beispielsweise das interessante Phänomen, dass die Protestanten dann in eine eigene Klasse kommen, weil der Stundenplan leichter organisierbar ist.

Herr Hoyos! Die Grenzen der Autonomie gibt es, glauben Sie es mir, und es muss manchmal auch Vorgaben geben. Alles nur in den autonomen Handlungsbereich von Direktorinnen und Direktoren zu geben, ist eine Übertreibung. Sie schütteln den Kopf, aber die Wahrheit liegt natürlich immer dazwischen, und man braucht das richtige Maß von Autonomie und die richtige Balance. (Beifall bei ÖVP und FPÖ.)

Es ist also relativ einfach: Ich glaube, man kann diesen drei technischen Änderungen, die im Prinzip vollkommen harmlos sind und Sinn machen, mit ruhigem Gewissen zustimmen. (Beifall bei ÖVP und FPÖ.)

20.15


Präsidentin Anneliese Kitzmüller: Zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Hofinger. – Bitte schön.


20.15.50

Abgeordneter Ing. Manfred Hofinger (ÖVP): Geschätzte Frau Präsidentin! Herr Bun­desminister! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Wir diskutieren, wie es der Herr Bun­desminister gerade gesagt hat, eine technische Änderung des Schulunterrichts­geset­zes, bei der es eigentlich um eine Besserstellung der Schülerinnen und Schüler geht, die der deutschen Muttersprache nicht so mächtig sind.

Ich glaube, das ist eine ganz wichtige Änderung. Ich finde es aber bedauerlich, dass auch da schon wieder ideologische Vorbehalte von der SPÖ und auch von den NEOS als Gründe vorgebracht werden, warum sie nicht zustimmen können. (Zwischenruf bei der FPÖ.)

Ich glaube, das ist genau der falsche Punkt. Man hört bei den Reden immer: Wir müs­sen gemeinsam eine Lösung finden! Jeder findet das Problem groß genug, aber schlussendlich, wenn es um das Abstimmen geht, dann sind Sie doch wieder auf Ihrer Seite und nicht auf der Seite der Kinder und der Migrationskinder. (Beifall bei ÖVP und FPÖ. – Zwischenruf bei den NEOS.)

Bei vielen Gesprächen – auch ich als Lehrer führe natürlich viele Gespräche mit Lehrern, Eltern und Kindern – werden genau diese Deutschförderklassen gefordert. Es ist schwierig, das haben wir heute schon mehrmals gehört, aber wir müssen ge­meinsam daran arbeiten. Die Menschen erwarten sich das auch, dass wir hier – wie zum Beispiel heute – auch Änderungen bestehender Gesetze durchführen.


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Wir sind als Regierung auch dafür da, um dafür zu sorgen, dass solche typischen Sätze, wie wir sie bei den Deutschförderklassen in der Vergangenheit oft gehört haben – die Sprache ist das Tor zur Integration, wer der Sprache nicht mächtig ist, der kann dem Unterricht nicht folgen, und so weiter –, keine Worthülsen sind. Die Regie­rung erkennt diese Probleme, löst sie, setzt Lösungen um, entwickelt Gesetze und ändert diese Gesetze auch ab. Ich glaube, da sind wir auf einem sehr, sehr guten Weg. (Beifall bei ÖVP und FPÖ.)

Ich kann es mir fast nicht verkneifen, ich möchte noch einen Punkt aus dem Ausschuss herausgreifen: Vonseiten der SPÖ hat es geheißen, Integration kann ausschließlich im Klassenverband funktionieren. Das sehen wir generell anders, vor allem Brennpunkt­schulen erzählen uns da ganz andere Dinge. Ich glaube, dass es diese Deutsch­förderklassen gebraucht hat, damit zuerst die Sprache erlernt wird. Umgekehrt wäre es genauso: Wir könnten auch keinem syrischsprachigen Unterricht folgen. Wenn man die Sprache nicht kann, kann niemand dem Unterricht folgen.

Darum, glaube ich, ist es umso wichtiger, diese Deutschförderklassen zu implemen­tie­ren und da abzuändern. Die Integration ist keine Einbahnstraße, es sind auch die Eltern der Migrationskinder gefordert. Ich bin aber sicher und – wie ich glaube – es ist unbestritten, dass die Sprache etwas ganz, ganz Wichtiges ist. Nur dann, wenn die Kinder die Sprache beherrschen, können sie im späteren Leben erfolgreich sein. Es wirkt sich auch auf das Elternhaus und schlussendlich auch auf den gesamten Inte­grationsprozess positiv aus.

Frau Hammerschmid, aus Ihren Ausführungen möchte ich etwas Positives hervor­streichen: Es kommt immer auf das Bemühen der Schulleiterinnen und Schulleiter und der PädagogInnen an. Denen möchte ich einen herzlichen Dank für ihre Bemühungen aussprechen. – Danke. (Beifall bei ÖVP und FPÖ.)

20.19


Präsidentin Anneliese Kitzmüller: Zu Wort gelangt Frau Abgeordnete Pfurtscheller. – Bitte, Frau Abgeordnete.


20.19.21

Abgeordnete Dipl.-Kffr. (FH) Elisabeth Pfurtscheller (ÖVP): Frau Präsidentin! Sehr geehrter Herr Minister! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Liebe Zuseherinnen und Zuseher! Da wir uns in dieser Jahreszeit befinden, in welcher sich sehr viele Schüle­rinnen und Schüler auf ihre Matura vorbereiten, möchte ich noch einmal ganz kurz auf die Verbesserungen bei der Mathematikmatura eingehen. Ich möchte jenen, die gerade Mathe büffeln, vielleicht ein paar Ängste nehmen und ihnen Mut für die Mathematikmatura machen. Mathe ist ja für viele leider ein kleines Angstfach.

Folgende Verbesserungen werden heute beschlossen: Die Textverständlichkeit wird jedenfalls verbessert, das heißt, die Prüfungsaufgaben gehen durch eine sprachliche Qualitätskontrolle. Es gibt klare Arbeitsanweisungen und der Hinweistext am Anfang wurde gestrafft, sodass er übersichtlicher ist. Für die AHS-Maturanten gibt es eine Flexibilisierung des Zeitmanagements. Das bedeutet, die Zeitbeschränkung zwischen Teil eins und Teil zwei wird im AHS-Bereich aufgehoben. Es gibt noch weitere Punkte, die gewährleisten sollen, dass die Punktevergabe bei der Benotung dann wirklich sehr gerecht und nachvollziehbar stattfindet. Was noch dazukommt: Jene Schülerinnen und Schüler, die zu Wiederholungsprüfungen zugelassen werden, die vor dem regulären Haupttermin sind, kommen auch schon in den Genuss der Neuerungen.

Das Thema Matura bringt mich aber noch zu einem anderen Punkt, und ich freue mich sehr, dass der Herr Minister heute da ist und ich mich persönlich bei ihm bedanken kann. Ich komme aus dem Bezirk Reutte in Tirol, der ein Randbezirk ist. Der Herr


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Minister hat es uns ermöglicht, dass ab dem Schuljahr 2020/2021 eine erste Klasse einer HTL für Wirtschaftsingenieurwesen mit dem Schwerpunkt Betriebsinformatik eröffnet werden kann. Das ist für einen Bezirk wie unseren, der in einer ländlichen Region liegt, eine ganz große Sache, eine Win-win-Situation für ganz viele, nicht nur für zwei Parteien.

Erstens einmal geht es uns natürlich um die jungen Menschen, die eine hochwertige und zukunftsorientierte Ausbildung in Wohnortnähe absolvieren können. Für uns ist es natürlich extrem wichtig, dass diese jungen Menschen nicht woanders in die Schule gehen, zum Beispiel in der Landeshauptstadt, und dann nicht mehr zurückkommen. Die Chance, dass sie bei uns im Bezirk bleiben, ist dann einfach um einiges größer. Wir haben sehr viele hoch entwickelte Industriebetriebe und Gewerbebetriebe bei uns in der Region, die diese jungen Menschen auch nachfragen. Den Eltern bleiben natür­lich hohe Kosten erspart. Wir sind also sehr, sehr glücklich.

Ich möchte hier eben noch einmal die Gelegenheit dafür nutzen, im Namen unseres Bezirkes meinen herzlichen Dank auszudrücken. – Danke schön. (Beifall bei ÖVP und FPÖ.)

20.22

20.22.32


Präsidentin Anneliese Kitzmüller: Zu Wort ist dazu niemand mehr gemeldet. Ich schließe die Debatte.

Wünscht die Frau Berichterstatterin ein Schlusswort? – Das ist nicht der Fall.

Somit gelangen wir zur Abstimmung über den Gesetzentwurf in 541 der Beilagen.

Hiezu liegt ein Verlangen auf getrennte Abstimmung der Abgeordneten Mag. Dr. Hammer­schmid vor.

Ich werde daher zunächst über die vom erwähnten Verlangen auf getrennte Abstim­mung betroffenen Teile und schließlich über den restlichen, noch nicht abgestimmten Teil des Gesetzentwurfes abstimmen lassen.

Wir gelangen zur getrennten Abstimmung über Art. 1, Art. 2 Z 1 und 2 sowie Art. 2 Z 3 § 82j samt Überschrift in der Fassung des Ausschussberichtes.

Ich ersuche jene Mitglieder des Hohen Hauses, die diesen Teilen des Gesetzentwurfes ihre Zustimmung geben, um ein diesbezügliches Zeichen. – Das ist die Mehrheit, ange­nommen.

Schließlich komme ich zur Abstimmung über die restlichen, noch nicht abgestimmten Teile des Gesetzentwurfes samt Titel und Eingang in der Fassung des Ausschuss­be­richtes.

Ich bitte jene Damen und Herren, die hiefür ihre Zustimmung erteilen, um ein beja­hen­des Zeichen. – Das ist einstimmig, angenommen.

Wir kommen sogleich zur dritten Lesung.

Ich bitte jene Damen und Herren, die auch in dritter Lesung ihre Zustimmung geben, um ein entsprechendes Zeichen. – Das ist die Mehrheit. Somit ist der Entwurf auch in dritter Lesung angenommen.

20.24.07 15. Punkt

Bericht des Unterrichtsausschusses über den Antrag 649/A(E) der Abgeordneten Douglas Hoyos-Trauttmansdorff, Kolleginnen und Kollegen betreffend arbeitslos gewordene AMS Trainer_innen (542 d.B.)



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Präsidentin Anneliese Kitzmüller: Wir gelangen zum 15. Punkt der Tagesordnung.

Auf eine mündliche Berichterstattung wurde verzichtet.

Wir steigen in die Debatte ein.

Als Erster zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Rosenberger. – Bitte schön, Herr Abgeordneter.


20.24.38

Abgeordneter Dipl.-Ing. Alois Rosenberger (ÖVP): Geschätzte Frau Präsidentin! Herr Bundesminister! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Geschätzte Damen und Herren vor den Übertragungsgeräten! Ja, es gibt noch Tagesordnungspunkte im Unterrichts­aus­schuss, bei denen Einstimmigkeit herrscht und die einhellige Zustimmung erfahren, lieber Kollege Hoyos-Trauttmansdorff, wobei – und ich werde das am Schluss argu­mentieren – auch eine Vertagung glasklar argumentierbar wäre.

In diesem Antrag wird der Herr Bundesminister ersucht, zu prüfen, ob es möglich wäre, dass aus den kolportierten 1 200 arbeitslosen Trainern des AMS Lehrpersonal zu rekrutieren wäre, deren Einsatz an Schulen mit besonderen Herausforderungen zu prü­fen und, weil sich diese Personen in einer stiftungsähnlichen Maßnahme befinden, auch zu prüfen, ob man nicht finanzielle Ressourcen in das System Schule hinein­transferieren kann.

Im Wesentlichen sind es fünf Punkte, die Zustimmung finden. Zum einen: Personal im Bildungsbereich wird benötigt, das ist keine Frage.

Der zweite Punkt ist, dass dieses Personal auch in verschiedenen Verwendungen be­nötigt wird: als Unterstützungspersonal, auch als Verwaltungspersonal, als Sprachleh­rerinnen und Sprachlehrer, wie auch immer.

Zum anderen ist als dritter Punkt zu nennen, dass diese Erwachsenenbildner, die im AMS Trainerfunktion ausüben, schon eine gewisse Affinität zum Lehrberuf haben. Das heißt, es handelt sich um eine vorselektierte Gruppe, bei der es absolut interessant ist, dass man sich ihr zuwendet.

Und – ich habe es schon erwähnt – da sich diese Personen in einer Arbeitsstiftung befinden, könnte das, was ein Kostentreiber und auch ein Hemmschuh ist, die Nach­qualifizierungsmaßnahmen im pädagogischen Bereich, auch finanziert werden.

Als letzter Punkt, und den halte ich für ganz besonders wichtig: Es handelt sich um Quereinsteigerinnen und Quereinsteiger. Grundsätzlich ist ja unser Dienstrecht dafür vorgesehen – nach einer pädagogischen, facheinschlägigen Ausbildung. Das Positive daran ist, dass diese Quereinsteiger aufgrund ihrer Berufs- und Studienerfahrung eine etwas andere Sichtweise in die Schule hineinbringen. Lehrerinnen und Lehrer müssen vor allem sehr firm in der Kommunikation sein, Kommunikation in der Kollegenschaft, aber auch mit den Eltern. Da ist es wichtig, die Lebenswelten, in der sich die Eltern, die Kinder, die Kollegenschaft, welche Personen auch immer befinden, wirklich zu ver­stehen, um entsprechend kommunizieren zu können.

Die Gehälter, die in der Privatwirtschaft meistens wesentlich höher sind, insbesondere in der technischen Industrie, und die aufwendige Nachqualifizierung sind ein Hemm­schuh. Die Schwäche des Vorschlags ist: Der Herr Bundesminister und das Minis­te­rium haben mit dem AMS Kontakt aufgenommen, und weniger als eine Handvoll Personen – zwei, die in dieser Arbeitsstiftung sind – machen die Erfolgsaussichten dieser Maßnahme enden wollend. Trotzdem wird der Herr Bundesminister versuchen,


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zu prüfen, ob man das im Sinne des Antrages weiterentwickeln kann. Daher kommt von uns einstimmige Zustimmung. – Danke. (Beifall bei ÖVP und FPÖ.)

20.28


Präsidentin Anneliese Kitzmüller: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Abge­ordneter Bacher. – Bitte, Herr Abgeordneter.


20.28.23

Abgeordneter Walter Bacher (SPÖ): Frau Präsidentin! Sehr geehrter Herr Minister! Hohes Haus! Ja, dieser Antrag der NEOS ist durchaus positiv zu sehen, wie es mein Vorredner auch schon gesagt hat, und deshalb unterstützen wir auch das Anliegen, zu prüfen, ob arbeitslos gewordene AMS-TrainerInnen an Schulen mit besonderen Herausforderungen eingesetzt werden können.

Es geht schließlich auch darum, dass Menschen mit guter Ausbildung nicht zuletzt auch durch den von der Sozialministerin verursachten Personalabbau ihren Job verlo­ren haben, und denen soll geholfen werden. In unserem Bildungssystem werden jeden­falls dringend Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter mit guter Ausbildung gebraucht. Vor allem in Schulen, in denen besondere Herausforderungen zu bewältigen sind, stehen die Schulleiterinnen und Schulleiter sehr oft vor unlösbaren Problemen, hauptsächlich, weil entsprechendes Personal fehlt.

Vor allem im Bildungsbereich sind wir gefragt, sicherzustellen, dass alle die gleichen Chancen bekommen, dass alle die gleichen Chancen wahrnehmen können, unabhän­gig davon, welche Voraussetzungen die jungen Menschen von zu Hause im sozialen oder finanziellen Bereich mitbekommen. Alle Kinder sollten die gleichen Chancen haben. Das zumindest sollte oder muss unser Ziel sein.

Eine Möglichkeit auf dem Weg hin zur Chancengleichheit wäre der Chancenindex gewesen. Bis heute wurde er von dieser Regierung nicht umgesetzt. Es fehlt mir bei Ihren bildungspolitischen Entscheidungen einfach an Konzepten, an Konzepten für die bestmögliche Bildung für die Kinder in unserem Land, und das von klein auf. Es geht nicht darum, ob es Herbstferien geben soll, ja oder nein, ob es zwei freie Tage mehr geben soll, ja oder nein. Es geht um mehr, es geht um die Zukunft unserer Kinder. (Beifall bei der SPÖ.)

Da darf man vom Unterrichtsministerium schon erwarten, dass entsprechende Kon­zepte vorgelegt werden.

Die Qualifikation unserer Lehrerinnen und Lehrer ist hervorragend und umfassend. Im Schulsystem werden darüber hinaus aber viele weitere Menschen benötigt, damit der Unterricht und das Rundherum wie Lerneinheiten, Freizeiteinheiten, Vertiefungen et cetera erfolgreich ablaufen können. Dazu gehören qualifizierte Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, die man durchaus unter den ehemaligen AMS-TrainerInnen finden kann.

Trotzdem ist es notwendig, Konzepte zu erarbeiten, um für alle die gleichen Chancen zu schaffen, damit unser Land zukunftsfit bleibt. Deshalb ist der Chancenindex umge­hend umzusetzen. – Danke. (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten von JETZT.)

20.30


Präsidentin Anneliese Kitzmüller: Zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Mölzer. – Bitte.


20.31.03

Abgeordneter Wendelin Mölzer (FPÖ): Frau Präsidentin! Sehr geehrter Herr Minister! Hohes Haus! Herr Kollege Bacher, Sie können einfach unser Regierungsprogramm lesen, da finden Sie genug Konzepte im bildungspolitischen Bereich zum Thema, wie


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es unseren Kinder in Zukunft besser gehen wird – ganz einfach. (Beifall bei FPÖ und ÖVP.)

Zum Antrag: Ich glaube, es ist schon ausführlich dargelegt worden. Es ist eine gute Idee, der wir natürlich auch gerne nähertreten und in der wir einen guten Ansatz sehen, auch wenn es vielleicht derzeit nur zwei Personen betrifft. Vielleicht wird das einmal mehr werden. Wir wissen ja, dass – wie es schon angesprochen wurde – in Form des Lehrermangels ein gröberes Problem auf uns zukommt und wir da dringend Maß­nahmen ergreifen müssen, um gegenzusteuern, natürlich quantitativ wie auch qua­litativ.

Auch da – Stichwort Regierungsprogramm – haben wir uns seitens der Bundes­regie­rung ja einiges vorgenommen. Es wird darum gehen, eben den Quereinstieg zu erleichtern, nicht nur für AMS-Trainer, es wird darum gehen, unter Umständen den Wiedereinstieg von bereits qualifizierten Lehrkräften, Pädagoginnen und Pädagogen zu erleichtern, und es wird dann natürlich auch darum gehen, die Lehrerausbildung besser zu gestalten, um die besten Köpfe in den pädagogischen Beruf zu bringen.

Ich glaube, da haben wir uns vieles vorgenommen, daran müssen wir gemeinsam arbeiten, das umzusetzen. Ich möchte an dieser Stelle – ich habe es schon öfter thematisiert – auf die interessante Privatinitiative Teach For Austria hinweisen, die ja die letzten Jahre sehr, sehr erfolgreich Menschen aus anderen Fachbereichen, aus anderen Berufen in den Lehrberuf hineinbringt. Das funktioniert sehr gut, ich habe mir das öfter angeschaut. Ich glaube, es ist ein – wenn man so will – Best-Practice-Modell, ein Erfolgsmodell, nach dem wir auf jeden Fall trachten sollten oder an dem wir uns orientieren sollten und an dem man sieht, wie man es schafft, gute Köpfe in die Klas­senzimmer zu bekommen.

Gerade heute habe ich der „Presse“ entnommen, dass dieses Modell von Teach For Austria beispielsweise auch in den elementarpädagogischen Bereich implementiert werden soll. Ich glaube, es ist für uns sicher eine gute Orientierungshilfe, in diesem Sinne zu arbeiten.

Danke einmal an NEOS für die Initiative. Ich möchte als Obmann des Unterrichts­ausschusses auch darauf hinweisen, dass, wenn vernünftige Vorschläge von der Opposition kommen, es kein Problem für uns ist, ihnen auch die Zustimmung zu ertei­len. – Danke. (Beifall bei FPÖ und ÖVP.)

20.33


Präsidentin Anneliese Kitzmüller: Zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Hoyos-Trauttmansdorff. – Bitte schön.


20.33.38

Abgeordneter Douglas Hoyos-Trauttmansdorff (NEOS): Frau Präsidentin! Herr Minister! Da drüben sind auch noch ein paar Besucher auf der Galerie, die sich zu so später Stunde noch unsere Debatten anschauen.

Es wurde ja schon gesagt, worum es geht. Ich bin sehr glücklich, dass es hier, so wie es ausschaut, zu einem einstimmigen Beschluss kommt, weil ich glaube, dass es ganz essenziell ist, die Probleme anzugehen, die wir im Bildungsbereich haben. Das sind mehrere, es wurde ja unter anderem schon der Lehrermangel angesprochen. Genau den kann man dadurch sehr gezielt verbessern. Wir haben jetzt schon einen Lehrer­mangel an den Schulen, wir haben gerade erst eine Antwort auf eine parlamentarische Anfrage bekommen, aus der relativ deutlich hervorgeht, dass wir nach wie vor einiges zu tun haben.


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Wenn es Personal gibt, das eine pädagogische Ausbildung hat oder zumindest in der Nähe einer pädagogischen Ausbildung einiges gemacht hat, und wir dieses Personal umschulen können, in die Schulen bringen können, ist das durchaus ein sehr wichtiger Ansatzpunkt, bei dem wir glauben, dass das einiges nützen kann.

Ein Punkt, den ich besonders herausstreichen will – und das, glaube ich, ist das Attraktive an dem Angebot, das das Ministerium aussprechen kann –, ist, dass man neben dem Beruf, dem man nachgeht, eine Ausbildung beispielsweise an einer Pädak machen kann oder an einer Pädagogischen Hochschule, um auch langfristig im System Fuß zu fassen. Ich glaube, das ist genau diese Attraktivität, die ja das Minis­terium bieten kann, um dann wirklich langfristig einen Plan zu haben.

Was wir darüber hinaus auch machen müssen und was wir, glaube ich, aus dieser Initiative lernen können, ist, wie wir als Arbeitgeber generell für QuereinsteigerInnen attraktiver werden können. Kollege Mölzer hat Teach For Austria angesprochen. Wir müssen es aber, glaube ich, auch darüber hinaus schaffen, mehr QuereinsteigerInnen ins Schulsystem zu holen, weil die eine ganz große Wissensbasis mitbringen, nämlich in Bezug auf ganz normale Themen, mit denen man es im Leben einfach zu tun hat.

Aus der Wirtschaft kommend wäre beispielsweise Sepp Schellhorn sicher ein groß­artiger Lehrer, aber es gibt auch ganz, ganz viele andere, die da spannende Aspekte hineinbringen könnten, von denen die Schülerinnen und Schüler extrem profitieren könnten. Ich glaube, das wäre eine Maßnahme, mit der man wieder weitere Schritte im Bereich Quereinsteiger setzen kann. Da kann man auch noch einiges sonst mitneh­men.

Wir werden auf jeden Fall dranbleiben und werden uns ganz genau anschauen, wie das durchgeführt wird und wie man das auch in weiteren Schritten evaluieren kann, weil wir wirklich glauben, dass das eine Riesenchance für alle ist, auf der einen Seite für die Schülerinnen und Schüler und auf der anderen Seite für die arbeitslos gewor­denen AMS-LehrerInnen. – Danke schön. (Beifall bei den NEOS.)

20.36


Präsidentin Anneliese Kitzmüller: Zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Cox. – Bitte.


20.36.19

Abgeordnete Stephanie Cox, BA (JETZT): Frau Präsidentin! Herr Minister! Werte Kolleginnen und Kollegen! Geschätzte Damen und Herren vor den Bildschirmen! Ich schließe mich den Vorrednern an. Wir werden dem Antrag auch zustimmen, und wir finden die Idee sehr gut, auch wenn es sich jetzt nur um ein paar Personen handelt. Ich glaube, da geht es um den Vorstoß, da geht es darum, dass man das auch einmal in der Form testet.

Da gibt es Personen, die einen Mehrwert für unser Schulsystem bieten können. Ich glaube, das ist eine wichtige Maßnahme. Ich würde hier aber auch gerne noch ein Stück weiter gehen, denn ich glaube – wir haben es schon angesprochen –, Lehr­kräftemangel ist ein Fakt. Das heißt, das muss man dann auch angehen. Es gibt ver­schiedene Arten, wie man es angehen kann.

Eine Variante sind Quereinsteigerinnen und Quereinsteiger. Da braucht es aber gene­rell einmal die Möglichkeit für Quereinsteigerinnen und Quereinsteiger. Wir haben Teach For Austria heute als Beispiel gesehen. Es wurde schon zur Genüge gesagt, warum das funktioniert. Das ist ein Beispiel, wie es funktionieren kann. Man muss aber auch sagen, dass es ja schon zahlreiche Sonderverträge an den Schulen gibt, also man hat ja auch für LehramtsstudentInnen, die mit akademischen und beruflichen Qua­lifikationen ausgestattet sind, Sonderverträge.


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Der Einstieg ist aber nicht immer einfach, und deswegen muss man sich auch anschauen, wie man mit diesen Sonderverträgen umgehen kann. Manchmal gibt es diese Sonderverträge für ein Jahr. Da ist die Frage, okay, wie kann man diese verlängern, denn manchmal kann man sie nur für ein Jahr verlängern. Das ist halt vor allem für Menschen unattraktiv, die längerfristig einsteigen möchten. Das heißt, es geht einerseits um diese Verträge, die man sich anschauen muss, und dann natürlich auch um die Ausbildung. Also im Moment ist es ja quasi ein vierjähriges Bachelorstudium und dann kommt noch der Masterstudiengang.

Da wäre die Forderung von meiner Seite, dass Sie Ausbildungsprogramme für Quer­einsteigerInnen im Schulsystem auch umsetzen, denn es gibt ja schon eine gesetzliche Grundlage dafür, und diese dann aber auch entsprechend beworben werden. Ich glaube, es wird auch spannend werden, wie man so etwas bewirbt und wie man da an die Österreicherinnen und Österreicher herantreten kann, denn ich glaube, bei vielen ist das noch gar nicht in den Köpfen drinnen, dass der Umstieg eine Möglichkeit für sie ist, wenn das in Zukunft möglich ist.

An die Bundesregierung kommt auch noch die Bitte von mir, dass man sich auch die akademischen und die beruflichen Vorqualifikationen anschaut, die Anrechnung der beruflichen Vorqualifikationen. Das betrifft beispielsweise auch Praxiserfahrung, die manche Sondervertragslehrkräfte bereits mitbringen. Da stellt sich, glaube ich, die Frage, wie man das rechtlich bewerten kann.

Das sind jetzt noch meine Wünsche diesbezüglich. Ich glaube, es ist eine spannende Box, die wir gerade aufmachen. Wir müssen uns anschauen, wie das in weiterer Form erfolgreich umgesetzt werden kann. (Beifall bei JETZT.)

20.39


Präsidentin Anneliese Kitzmüller: Herr Abgeordneter Schandor ist zu Wort gemel­det. – Bitte schön.


20.39.33

Abgeordneter Dipl.-Ing. Christian Schandor (FPÖ): Frau Präsidentin! Herr Bundes­minister! Werte Kollegen! Hohes Haus! Geschätzte Zuhörer und Zuseher! Wir begrüßen den Antrag der NEOS, zu prüfen, inwieweit jene arbeitslos gewordenen AMS-Trainer als Lehrer an unseren Schulen eine Folgeverwendung finden können.

Wir haben schon gehört, dass es einen Lehrermangel gibt, vor allem in der Bun­deshauptstadt. Dieser, aber auch der zu erwartende Lehrermangel bedingt durch die bevorstehenden Pensionierungen – und das betrifft vor allem Kollegen, die ihre Laufbahn in den Schulen Ende der 1970er-Jahre und Anfang der 1980er-Jahre begon­nen haben – rechtfertigt diese Möglichkeit für Quereinsteiger.

Viele dieser Trainer haben bereits Erfahrung in der Erwachsenenbildung, und da könnte man durch adäquate Aus- und Fortbildung an unseren pädagogischen Hoch­schulen Lehrpersonal für unsere Schulen rekrutieren. Wie weit das dienstrechtlich machbar ist, gilt es zu prüfen. Ob da Sondervertragsregelungen greifen und der­gleichen, muss man sich ansehen.

Meine Damen und Herren, das könnte aber auch ein Pilotprojekt für weitere Qualifi­zierungsmaßnahmen für Quereinsteiger sein, und das macht eben diesen Antrag so interessant. Daher unterstützen wir diesen Antrag des Kollegen Hoyos-Trauttmansdorff. – Danke schön. (Beifall bei FPÖ und ÖVP.)

20.41


Präsidentin Anneliese Kitzmüller: Zu Wort gemeldet hat sich nun der Herr Bundes­minister. – Bitte schön.



Nationalrat, XXVI.GPStenographisches Protokoll66. Sitzung, 27. und 28. März 2019 / Seite 250

20.41.18

Bundesminister für Bildung, Wissenschaft und Forschung Dr. Heinz Faßmann: Ich wollte mich eigentlich nicht zu Wort melden, denn der Vorschlag des Abgeordneten Hoyos-Trauttmansdorff ist ausgezeichnet. Ich bin der Meinung, das ist eine gute Idee, dieser gehen wir nach und überlegen, wie wir sie realisieren können.

Ich habe mich dennoch zu Wort gemeldet. In den Stenographischen Protokollen des Parlaments werden ja die Dinge für die Ewigkeit aufbewahrt und gespeichert, und wenn der Ausdruck Lehrermangel fällt, werden die späteren Dissertanten sagen: Der zuständige Minister hat nichts zum Lehrermangel gesagt, obwohl er weiß, dass wir keinen generellen Lehrermangel haben. – Das möchte ich nur protokollarisch festge­halten haben.

In den nächsten Jahren werden jährlich circa 1 200 Volksschullehrerinnen in Pension gehen – aber es gibt auch circa 1 400 Absolventinnen und Absolventen der ent­sprechenden Ausbildung an den Pädagogischen Hochschulen. In der Sekundarstufe ist das Verhältnis nicht viel anders: Rund 2 400 werden jährlich in Pension gehen, und das System – unter Anführungszeichen – „produziert“ etwa 2 500, 2 600 neue Lehre­rinnen und Lehrer.

Den Begriff des Lehrermangels möchte ich also so nicht stehen gelassen haben – das heißt aber nicht, dass es nicht in manchen Regionen und bei manchen Fächern – insbesondere bei Mint-Fächern – Schwierigkeiten gibt. Nichtsdestotrotz – oder viel­leicht gerade deswegen –, Frau Cox, ist auch die Sache der Öffnung von Mint-Fächern eine ganz wesentliche Angelegenheit. – Danke. (Beifall bei ÖVP, FPÖ und JETZT sowie des Abg. Schellhorn.)

20.43

20.43.01


Präsidentin Anneliese Kitzmüller: Zu Wort ist dazu niemand mehr gemeldet.

Die Debatte ist geschlossen.

Wünscht der Herr Berichterstatter ein Schlusswort? – Das ist nicht der Fall.

Wir kommen jetzt zur Abstimmung über die dem Ausschussbericht 542 der Beilagen an­geschlossene Entschließung betreffend „arbeitslos gewordene AMS Trainer_innen“.

Ich bitte jene Damen und Herren, die hiefür eintreten, um ein Zeichen der Zustim­mung. – Das ist einstimmig und somit angenommen. (E 59)

20.43.39 16. Punkt

Bericht des Unterrichtsausschusses über den Antrag 656/A(E) der Abgeordneten Stephanie Cox, BA, Kolleginnen und Kollegen betreffend geschlechtersensible Pädagogik im Elementarbereich und in der frühkindlichen Erziehung (543 d.B.)


Präsidentin Anneliese Kitzmüller: Wir gelangen nun zum 16. Punkt der Tagesord­nung.

Auf eine mündliche Berichterstattung wurde verzichtet.

Zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Kucharowits. – Bitte.


20.44.04

Abgeordnete Katharina Kucharowits (SPÖ): Frau Präsidentin! Sehr geehrter Herr Minister! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Liebe Zuseherinnen und Zuseher! Ich würde gerne mit einem Kinderrecht starten, nämlich mit dem Recht auf Bildung. Dieses


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Recht auf Bildung steht allen Kindern zu. Einfach gesagt: Ein Kind ist ein Kind ist ein Kind – ich finde, dass das auch irrsinnig gut zu diesem Antrag passt.

Ein Kindergarten, eine Kinderkrippe ist ganz einfach die erste Bildungseinrichtung, und wir müssen alles tun, dass diese Bildungseinrichtungen optimal ausgestattet sind und die Kinder bestmöglich unterstützt werden.

Heute geht es um einen Antrag der Kollegin Cox, ein Danke dafür! Es geht im Kon­kreten darum, geschlechtersensible Pädagogik umzusetzen und damit den vorhan­denen Geschlechterrollen vehement entgegenzutreten. Das soll in der Elementar­bildung implementiert und verankert werden, also zum einen geht es um den Bereich der Ausbildung der Pädagoginnen und Pädagogen. Zum anderen geht es um den BildungsRahmenPlan, und den, geschätzte Kolleginnen und Kollegen von den Regie­rungsfraktionen, haben Sie im Regierungsprogramm auch angekündigt.

Was bedeutet dieses Vorhaben jedoch konkret und warum ist das unserer Meinung nach so wichtig? – Immer noch werden Mädchen und Buben durch antrainierte bezie­hungs­weise tradierte Muster beeinflusst, zum Beispiel wofür sich ein Mädchen, ein Bub inter­essieren darf, womit es oder er eher spielen soll, welche Verhaltensmuster an den Tag gelegt werden dürfen oder auch nicht. In weiterer Folge geht es darum, welche Berufs­entscheidung eine junge Frau, ein junger Mann trifft, die in Rollen gedrängt werden.

Immer noch, geschätzte Kolleginnen und Kollegen, werden Spielzeuge explizit für Mädchen oder für Buben erzeugt – und wenn es nur an tradierten Farben festgemacht ist –, das ist im Jahr 2019 eigentlich unpackbar und völlig absurd! (Beifall bei der SPÖ sowie der Abgeordneten Cox und Noll.)

Umso wichtiger ist es, dass wir gerade in einer Phase, die ungemein prägend ist – und das ist dieses Alter –, ein Kind so fördern, wie es ist: nach seinen und ihren Talenten und nach den Interessen, ohne eben Schubladen oder Vorlagen vorzugeben. Einfach so, wie jedes Kind ist, soll man es ausprobieren lassen, entdecken lassen und optimal begleiten und unterstützen. Von unserer Seite gibt es daher volle Unterstützung für jeden Vorschlag, der hilft, Stereotype aufzubrechen und geschlechtersensibel zu bilden und auszubilden.

Es gibt, und das wissen wir alle, supermotivierte Pädagoginnen und Pädagogen – aber auch die leben nicht unter einer Käseglocke beziehungsweise sind nicht unter einer Käseglocke aufgewachsen, wie im Übrigen wir alle nicht: Prägungen und Muster neh­men sie aus ihren Erfahrungen und aus ihrem Leben mit.

Es braucht daher im Rahmen der Ausbildung – immer auf dem aktuellsten und neues­ten Stand, möchte ich dazusagen – ein wissenschaftlich und didaktisch fundiertes, geschlechtersensibles Curriculum, einen entsprechenden Lehrplan, beste Begleitung und beste Rahmenbedingungen; sowohl in der Ausbildung als auch in der Weiter­bildung und Fortbildung von Pädagoginnen und Pädagogen, damit sie eben die Kinder bestmöglich ohne Stereotype unterstützen können.

Es sollen endlich alle ohne frühe Rollenzwänge aufwachsen können. Unterstützen wir die PädagogInnen in ihrem Job, brechen wir endlich alte Rollenbilder auf, und das jetzt, liebe Kolleginnen und Kollegen! (Beifall bei SPÖ und JETZT.)

20.47


Präsidentin Anneliese Kitzmüller: Zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Kuss-Bergner. – Bitte, Frau Abgeordnete.


20.47.41

Abgeordnete Angelika Kuss-Bergner, BEd (ÖVP): Frau Präsidentin! Geschätzter Herr Minister! Werte Kolleginnen und Kollegen! Werte Zuseherinnen und Zuseher! Das


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Schöne und Spannende im Unterrichtsausschuss ist, dass wir über alle Fraktionen hinweg einen gemeinsamen Nenner haben: Wir wollen das Beste für die Kinder und Jugendlichen in Österreich – das ist unser großes gemeinsames Ziel.

Die Diskrepanzen ergeben sich allerdings aus den verschiedenen Sichtweisen, was für unsere Kinder das Beste ist und vor allem wie der Weg dorthin aussieht, der zum Besten für unsere Kinder führen soll. Besonders offensichtlich wurde diese unter­schiedliche Sichtweise in der letzten Sitzung des Unterrichtsausschusses.

Zu Beginn des Ausschusses haben wir stundenlang das Kopftuchverbot bis zum zehnten Lebensjahr diskutiert – leider konnten wir noch keine Einigung im Ausschuss erzielen. Gemäß den Bildungszielen sind ja jegliche geschlechterspezifische Rollenzu­schreibungen – die durch ein Kopftuch eindeutig gegeben sind! – immer zu hinter­fragen. Ich darf noch einmal darauf hinweisen, dass wir leider trotz großer Bemühun­gen des Ministers beim Thema Kopftuchverbot noch keinen parteiübergreifenden Kon­sens erzielen konnten.

Als letzten Tagesordnungspunkt behandelten wir dann einen Antrag betreffend „ge­schlechtersensible Pädagogik im Elementarbereich und in der frühkindlichen Erzie­hung“. Für die Zuseherinnen und Zuseher zu Hause: Wir konnten, was das Kopftuch­verbot anbelangt – eine wichtige Maßnahme zum Schutz von Mädchen in ihrer Entwicklung der Persönlichkeit –, noch keine Einigung erzielen. Im selben Ausschuss kommt ein Antrag zum Thema geschlechtersensible Pädagogik. Der Antrag, in dem der Regierung vorgeworfen wird, zu wenig in diesem Bereich zu tun – ich werde Ihnen noch ganz klar darlegen, was da schon alles in die Wege geleitet wurde –, kann nur abgelehnt werden. (Beifall bei ÖVP und FPÖ.)

Für mich persönlich ganz schwer auszuhalten war diese Diskrepanz in der Diskussion: keine Einigung beim Kopftuchverbot, aber zeitgleich die Forderung nach geschlech­tersensibler Pädagogik. Frau Cox hat in der Einleitung des Antrages Folgendes ge­schrieben, was wohl jeder von uns im Ausschuss unterstützen kann:

„Nicht nur aus der Berufswelt, sondern bereits aus der frühkindlichen Erziehung ken­nen wir sie – tradierte Rollenbilder und Stereotype. Sie sind so tief in unserer Gesell­schaft verankert, dass sie nicht nur unser Denken und Handeln beeinflussen, sondern auch die Berufs- und Ausbildungswahl der Kinder und Jugendlichen.“

Damit wären wir beim Thema. Wir haben ein gemeinsames großes Ziel, nur haben wir verschiedene Herangehensweisen, wie man dorthin kommt. Ich werde Ihnen meine persönliche dazu sagen: Als Erstes, meine Damen und Herren, orientieren sich die Kinder natürlich am Elternhaus, dort wird vorgelebt und Rollenbilder werden vermittelt. Mein Zugang ist, dass dort die Verantwortung liegen soll, mit welchem Rollenbild mein Kind aufwächst. Ich möchte auch nicht, dass der Staat das übernimmt. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der FPÖ.)

Das andere ist natürlich, was in der Schule abläuft. Da kann abgefedert werden, wenn verschärfte Rollenbilder vermittelt wurden und da kann selbstverständlich geschlech­tersensibel gearbeitet werden. Dort, wo wir Pädagoginnen und Pädagogen fachlich mit den gesetzlichen Rahmenbedingungen helfen können, machen wir das natürlich. Konkret heißt das, der Rahmenlehrplan ist gesetzlich verankert worden. (Die Rednerin hält ein Schriftstück mit der Aufschrift „BildungsRahmenPlan“ in die Höhe.) Liebe Frau Cox, das haben Sie gefordert – das ist erledigt. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der FPÖ.)

Es gibt einen Werteleitfaden, Werte leben und bilden, Elementarpädagogik (ein Schriftstück mit der Aufschrift „Werte leben, Werte bilden – Wertebildung im Kinder­garten“ in die Höhe haltend), druckfrisch von 2018 – ist erledigt. Etwas ganz Wichtiges


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ist der Grundsatzerlass „Reflexive Geschlechterpädagogik und Gleichstellung“. (Die Rednerin hält ein Schriftstück mit der Aufschrift „Grundsatzerlass Reflexive Geschlech­ter­pädagogik und Gleichstellung“ in die Höhe.) Ich darf Ihnen die Lektüre wirklich ans Herz legen, das ist auch aus dem Jahr 2018. Der Erlass enthält etwa Anregungen zu Fragen der Gleichstellung an öffentlichen Schulen.

Aufgrund dieser Maßnahmen wundert mich die Aussage von Frau Abgeordneter Kucharowits in der letzten Ausschusssitzung, und auch von Ihnen, Frau Cox, im gegenständlichen Antrag, dass ÖVP und FPÖ gegen geschlechtersensible Pädagogik wären. Liebe Frau Kucharowits und liebe Frau Kollegin Cox: Herr Minister Faßmann hat in seinem Ressort die Umsetzung dieser Forderungen schon längst auf den Weg gebracht! (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der FPÖ.)

20.52


Präsidentin Anneliese Kitzmüller: Zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Cox. – Bitte, Frau Abgeordnete.


20.53.06

Abgeordnete Stephanie Cox, BA (JETZT): Frau Präsidentin! Herr Minister! Werte Kolleginnen und Kollegen! Mir ist eines tatsächlich sehr wichtig, deshalb werde ich es noch einmal wiederholen – meine Kollegin hat es eingangs schon erwähnt, was in meinem Antrag steht –: Wir sehen sie nicht nur in der Berufswelt, sondern wir kennen die traditionellen und sehr beeinflussten Rollenbilder und die Stereotype bereits aus der frühkindlichen Erziehung. Sie sind ganz tief in der Gesellschaft verankert und beeinflussen dadurch natürlich auch unser Denken und unser Handeln sehr, sehr stark, vor allem dann auch die Berufs- und die Ausbildungswahl der Kinder und Jugendlichen. In weiterer Folge führt das zu ungleichen Einkommen und Karriere­chancen. Wir haben vorhin den Bereich der Naturwissenschaften und Mathematik angesprochen, da sehen wir das auch ganz, ganz stark, da gibt es etliche Studien in diese Richtung.

Die frühkindliche Erziehung ist also sehr wichtig und beeinflusst auch den Lebens- und Berufsweg der Kinder und Jugendlichen sehr stark. Wenn man sich das Umfeld der Kinder ansieht, sprechen wir von den Familien, vom Kindergarten, von den Schulen. Die jungen Menschen werden natürlich auch durch die Werbung beeinflusst. Die gesamte Lebenswelt beeinflusst sehr stark die Geschlechterrollen, mit denen sie konfrontiert sind. Das Ziel muss es da sein, dass jeder Mensch unabhängig von den Geschlechterklischees oder Erwartungen anderer die Wahl treffen kann, welchen Bildungs- und Berufsweg er für sich selber wählen möchte. (Beifall bei JETZT.)

Für dieses Anliegen ist der Kindergarten, also die Elementarpädagogik sehr wichtig. Nicht nur der Ort, sondern natürlich auch die Pädagoginnen und Pädagogen vor Ort spielen da eine essenzielle Rolle. Da geht es zum Beispiel um Verkleidungen: Es ist ganz wichtig, dass Mädels im Kindergarten Ärztinnen sein dürfen, sich als Mecha­nikerinnen verkleiden dürfen, aber die Burschen andererseits auch Krankenpfleger sein dürfen. Da darf nicht mit den Rollenklischees, die es in der Gesellschaft gibt, gespielt werden, sondern es muss sehr offen darauf zugegangen werden.

Was Bücher im Kindergarten angeht, ist es auch wichtig, dass Mädels und vor allem Frauen in den Büchern Heldinnen sein dürfen, dass wir in den Büchern Männer zeigen, die auch fürsorglich sind und Gefühle haben. Das sollte normal sein und das sollte auch in den Büchern im Kindergarten abgebildet sein. (Beifall bei JETZT.)

Wenn es vielleicht auch sexistische Äußerungen gibt, müssen Pädagogen und Päda­goginnen darauf richtig reagieren und reflektieren können, was das eigentlich bedeutet. In der Praxis könnte ein Beispiel sein, dass sich bei Lukas zu Hause hauptsächlich die


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Mutter um die Hausarbeit kümmert, und dann im Kindergarten aber Lukas auch in der Puppenküche mit anpackt. Ich glaube, das ist wichtig, weil das dann zu Hause zu Reflexionsprozessen führt, und dafür können der Kindergarten und die Elementar­pädagogik hilfreich sein. (Präsident Sobotka übernimmt den Vorsitz.)

Kommen wir jetzt noch ganz kurz zum Antrag, der schon von meinen Kolleginnen angesprochen wurde! Ich habe drei Vorschläge gebracht, Nummer eins: Es wurde ja im Regierungsprogramm angekündigt, dass es einen neuen BildungsRahmenPlan für elementare Einrichtungen geben soll. Da hätten wir die geschlechtersensible Päda­gogik gerne noch viel stärker verankert gehabt. Sie ist in einem Satz formuliert, das ist sehr wenig. Da würde ich mir eine noch zentralere Rolle wünschen.

Im Unterrichtsausschuss habe ich erfahren, es wird nicht einen neuen BildungsRah­menPlan geben, sondern es gibt quasi konkrete Punkte, die herausgenommen werden. Das ist zum Beispiel die Wertebildung im Kindergarten, „Werte leben, Werte bilden“. Dabei kommt aber geschlechtersensible Pädagogik zu kurz: Da geht es nicht um geschlechtersensible Pädagogik, sondern beispielsweise wird im Zusammenhang mit dem Kopftuch erwähnt, dass es die Gleichwertigkeit der Geschlechter gefährde. Bei der Weiterbildung für den Kindergarten sollte das Thema Geschlechtergleichheit einen höheren Stellenwert bekommen. Es wird angesprochen, aber noch zu wenig. Wir müssen da viel stärkeren Fokus darauf legen, weil das eine sehr wichtige Thematik ist. Wenn es schon keinen neuen BildungsRahmenPlan gibt, dann wünsche ich mir eine stärkere Einbindung.

Nummer zwei betrifft den Leitfaden „Geschlechtssensible Pädagogik“ – der ist noch aus dem Jahr 2009. Ich würde mir da ein Update in Zusammenarbeit mit den ExpertIn­nen aus Wissenschaft und Praxis wünschen.

Nummer drei – und das ist auch noch wichtig, das wurde jetzt von meiner Kollegin nicht in der Form angesprochen – betrifft die Ausbildung der PädagogInnen. Da soll geschlechtersensible Pädagogik nicht nur in den Bafeps, also in den Bildungsanstalten für Elementarpädagogik verankert werden, sondern es geht uns vor allem um die tertiäre Ausbildung. Da sind die Regelungen ja von Bundesland zu Bundesland sehr unterschiedlich, da fände ich es sinnvoll, das Thema ähnlich zu behandeln, anzu­schauen, was da eigentlich in den Bundesländern passiert, was gelehrt wird, und das dann auf die gleiche Ebene zu holen. (Beifall bei JETZT.)

Wie Sie sehen, ist da noch immer viel zu tun. Es braucht einen stärkeren Fokus, es braucht den Abbau der Stereotype, der traditionellen Rollenbilder. Das Thema ist nicht umsonst auch im Frauenvolksbegehren ein Punkt gewesen, deswegen haben wir diesen Antrag hier eingebracht. Bei diesem Anliegen reichen nicht nur ein paar Sätze und Versprechungen, sondern da brauchen wir noch viel mehr. Es geht um sehr viel, und deswegen brauchen wir die beste Ausbildung und die beste Vorbereitung für unsere Pädagoginnen und Pädagogen. – Danke schön. (Beifall bei JETZT und bei Abgeordneten der SPÖ.)

20.59


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Als Nächste zu Wort gemeldet ist Frau Abgeord­nete Mühlberghuber. – Bitte.


20.59.37

Abgeordnete Edith Mühlberghuber (FPÖ): Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Bun­desminister! Werte Kolleginnen und Kollegen! Dieser Antrag der Liste JETZT ist im Unterrichtsausschuss zu Recht abgelehnt worden.

Wir haben ja schon gehört, der BildungsRahmenPlan ist jetzt mit der neuen Bund-Länder-Vereinbarung vereinfacht und verbindlich festgelegt worden. Dieser ist auch


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von allen elementaren Bildungseinrichtungen verpflichtend einzusetzen und umzuset­zen. Es braucht auch keinen neuen BildungsRahmenPlan, sondern vielmehr eine Wei­terentwicklung der einzelnen Bereiche. Damit wurde auch bereits begonnen. Der erste Bereich ist Ethik und Gesellschaft.

Ich möchte jetzt aber zum wesentlichen Teil dieses Antrages kommen. Es wird ge­fordert, geschlechtersensible Pädagogik im Elementarbereich und in der frühkind­lichen Erziehung als wesentlichen Bestandteil bundesweit zu verankern. Damit ist gemeint, dass geschlechtersensible Pädagogik dazu führen soll, dass traditionelle Rollenbilder und Stereotype in den Hintergrund gestellt werden. Ich nehme an, Frau Cox, Sie meinen damit auch, dass Mädchen für technische Berufe oder für klassische Männer­berufe begeistert werden sollen, damit sie dort irgendwann mehr verdienen.

Das heißt aber im Gegenzug auch, dass den Jungs Frauenberufe in Frauendomänen, wie zum Beispiel Friseurin, schmackhaft gemacht werden sollen. Frau Kollegin, ich sage Ihnen dazu: Rollenbilder werden zu Hause vermittelt, und das ist auch gut so, denn es ist ein Elternrecht und hat im Kindergarten und in der Volksschule überhaupt nichts verloren. (Beifall bei FPÖ und ÖVP.)

Sehr geehrte Damen und Herren, jedes Kind entwickelt sich anders, jedes Kind ist anders im Charakter, in den Zügen, bei den Talenten, Bedürfnissen, Vorlieben und Fähigkeiten. Die Wahl der Berufsausbildung hängt ganz vom Typ des Kindes und des Jugendlichen, von seiner Begabung und vom Berufswunsch ab, egal, ob ein Mädchen einen technischen Beruf erlernen oder ausüben möchte oder einen traditionellen Frauenberuf erlernen oder ausüben möchte.

Es geht nicht um das Geschlecht, es geht vielmehr um die Wahlfreiheit und die Chancengleichheit, und im Vordergrund müssen immer die Freude und die Begabung am Beruf stehen, denn alles, was man mit Freude und Begabung macht, macht man auch gut. Da brauchen wir kein Gendern, sondern Wahlfreiheit und Chancengleichheit. Das Gendern hat im Kindergarten und in der Volksschule überhaupt nichts verloren. – Vielen Dank. (Beifall bei FPÖ und ÖVP.)

21.03


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Niss. – Bitte.


21.03.30

Abgeordnete Dr. Maria Theresia Niss, MBA (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Geschätzter Herr Minister! Sehr verehrte Kolleginnen und Kollegen! Sehr verehrte Zuseherinnen und Zuseher vor den Fernsehbildschirmen, wenn Sie dort noch sind! Frauen und Männern die gleichen Chancen einzuräumen, das verstehen wir unter Chancengleichheit, und das ist nicht nur unser verfassungsmäßiger Auftrag, sondern es ist auch im Regierungsprogramm verankert.

Daran müssen wir tagtäglich arbeiten, und ja, es besteht kein Zweifel, dass wir da schon im Kindergartenalter anfangen müssen. Wenn du, liebe Kollegin Cox, daher in deinem Antrag schreibst, dass wir wollen, dass sich Kinder und Jugendliche frei ent­falten können, sodass sie ihren eigenen Interessen und Berufswünschen nach­gehen, dann kann ich das als Mensch, als Mutter und als Unternehmerin nur zehnmal unterschreiben (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der FPÖ) – als Mensch, weil es die Menschenwürde erfordert, als Mutter, weil ich es auch für meine eigenen Kinder möchte, und als Unternehmerin, weil ich hoffe, dass wir damit auch mehr Mädchen die Chance geben, sich auf eine Arbeit als Technikerin, Forscherin oder IT-Expertin vorzubereiten, denn wir wissen, das sind alles nicht nur spannende Jobs, sondern sie sind auch hoch angesehen und meistens gut bezahlt.


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Ich habe aber dennoch so manches Problem mit deinem Antrag, liebe Frau Kollegin, denn was du darin forderst, ist eigentlich Bürokratie. Den Minister und sein Team aufzufordern, etwas zu erarbeiten, was es gibt, nämlich einen Leitfaden zu schreiben, den wir haben. Wir haben es heute schon gehört: Der Grundsatzerlass „Reflexive Ge­schlechterpädagogik und Gleichstellung“ ist auch in den Schulen für Kindergarten­pädagogik anzuwenden und betrifft dort nicht nur die Lehrerinnen und Lehrer, sondern auch die Schülerinnen und Schüler. Das sind eben die zukünftigen Elementarpäda­goginnen und hoffentlich auch die zukünftigen Elementarpädagogen. – Es wäre näm­lich einmal der erste Beitrag für eine geschlechtersensible Pädagogik, wenn wir mehr männliche Pädagogen hätten; aber das nur am Rande. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der FPÖ.)

Wir brauchen aber keine Bürokratie, sondern das, was wir brauchen, ist Tun. Mir ist es daher wichtiger, dass sich das Ministerium mit der Überarbeitung der Lehrpläne beschäftigt, mit der Reform der Polytechnischen Schule und mit der Erarbeitung einer Forschungsstrategie. Ich glaube nämlich, das bringt uns, unsere Gesellschaft und Österreich definitiv weiter. (Beifall bei der ÖVP sowie des Abg. Rosenkranz.)

In Bezug auf die Geschlechtersensibilität müssen wir natürlich auch in den Familien und in der Gesellschaft ansetzen, denn es bringt nichts, wenn wir zwar in den Kinder­garteneinrichtungen geschlechtersensibel erziehen, aber zu Hause den Mädchen eine Schminkpuppe und den Burschen nur einen Chemiebaukasten schenken. Da müssen wir unsere Gesellschaft definitiv weiterentwickeln, meine Damen und Herren. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der FPÖ.)

Dem zum Trotz möchte ich aber noch eines sagen: Meine Töchter ziehen nun einmal gerne ein rosa Kleid an, und das ist in Ordnung so. (Beifall bei ÖVP und FPÖ.) Da lasse ich mir auch nicht durch so manchen Genderwahn Gegenteiliges vorwerfen. Mir ist es nämlich wichtig, dass alle unsere Kinder zu selbstbewussten und selbstbe­stimm­ten jungen Menschen erzogen werden und wir sie in ihrer Persönlichkeitsentwicklung so stärken, dass sie nicht mehr an irgendwelche Erwartungshaltungen glauben, die sie erfüllen müssen, dann kann nämlich auch die glitzerbegeisterte Prinzessin eine Tech­nikerin oder eine Physikerin werden und der motorsportbegeisterte Bursche ein Kinder­gartenpädagoge, und genau das soll unser Ziel sein. (Beifall und Bravorufe bei der ÖVP sowie Beifall bei der FPÖ. – Abg. Heinisch-Hosek: Super! Ja, ja!)

Dazu brauchen wir aber nicht mehr Vorschriften und mehr Bürokratie. Wir brauchen eine ernstgemeinte, proaktive Zusammenarbeit aller männlichen und weiblichen Päda­gogen, der Eltern und der Gesellschaft, um echte Veränderung zu bewirken. Dazu lade ich Sie alle ein. – Vielen Dank. (Beifall bei ÖVP und FPÖ.)

21.07


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Herr Abgeordneter Schandor ist zu Wort gemel­det. – Bitte.


21.07.55

Abgeordneter Dipl.-Ing. Christian Schandor (FPÖ): Herr Präsident! Herr Bundes­minister! Werte Kollegen! Die österreichische Bundesverfassung ist nach herrschender Auffassung von sechs Grundprinzipien geprägt, dem republikanischen, dem demokra­tischen, dem rechtsstaatlichen, dem bundesstaatlichen, dem gewaltentrennenden und dem liberalen Prinzip.

In einer liberalen Demokratie steht es jedem im Rahmen der allgemeinen Gesetze frei, sein Leben, sein Familienleben so zu gestalten, wie er beziehungsweise sein Partner es für richtig hält, und für seinen Lebensstil auch im öffentlichen Meinungsaustausch – wobei hier die Schule nicht ausgeschlossen ist – Argumente vorzubringen.


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Staatliche Indoktrination in einer bestimmten Richtung, sei es jetzt in die traditionelle oder in die andere, in die fortschrittliche Richtung, hat im staatlichen Unterricht nichts zu suchen. Im BildungsRahmenPlan (Zwischenrufe der Abgeordneten Heinisch-Hosek und Vogl) ist an mehreren Stellen das Thema Geschlechtersensibilität ange­führt und eine entsprechende Orientierung für den Umgang gegeben.

Dieser BildungsRahmenPlan – wir haben das schon gehört – ist mit der neuen Bund-Länder-Vereinbarung verbindlich festgelegt worden. Dieser ist von allen elementaren Bildungseinrichtungen verpflichtend ein- und umzusetzen. Das ist eine wesentliche Neuerung gegenüber der bisherigen Situation. Geschlechtersensible Pädagogik ist verbindlich und bundesweit auch in der Ausbildung einheitlich geregelt – Kollegin Niss hat das schon angeführt.

Geschlechterpolitik muss für beide Geschlechter gelten (Abg. Heinisch-Hosek: Ist ja eh klar!) und muss sowohl die Interessen der Frauen als auch die der Männer berücksichtigen. Aus diesem Grund muss eine verantwortliche Politik die unterschied­lichen geschlechtsspezifischen Bedürfnisse abbilden, und die Berücksichtigung dieser ist sowohl für die kulturelle als auch für die individuelle Identität unabdingbar.

Meine Damen und Herren, um Gleichberechtigung zwischen den Geschlechtern zu schaffen, muss man die Geschlechter nicht abschaffen und sich über die Natur hinwegsetzen, sondern beiden Geschlechtern gleiche Chancen sowie Rechte in allen Bereichen einräumen. Dafür treten wir ein. – Danke. (Beifall bei FPÖ und ÖVP.)

21.10

21.10.33


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort ist dazu niemand mehr gemeldet. Die Debatte ist daher geschlossen.

Wünscht die Berichterstatterin noch ein Schlusswort? – Das ist nicht der Fall.

Daher gelangen wir zur Abstimmung über den Antrag des Unterrichtsausschusses, seinen Bericht 543 der Beilagen zur Kenntnis zu nehmen.

Ich bitte jene Damen und Herren, die dafür sind, ihn zur Kenntnis zu nehmen, um ein entsprechendes Zeichen. – Das ist die Mehrheit.

21.11.0517. Punkt

Bericht des Rechnungshofausschusses über den Antrag 561/A der Abgeord­ne­ten Gabriela Schwarz, Dr. Brigitte Povysil, Kolleginnen und Kollegen gemäß § 99 Abs. 1 GOG auf Beauftragung des Rechnungshofes mit der Durchführung eines besonderen Aktes der Gebarungsprüfung hinsichtlich Ressortführung des Ge­sundheitsministeriums in der XXIV. und XXV. Gesetzgebungsperiode in den Jahren 2009 bis 2017 durch SPÖ-Gesundheitsminister (517 d.B.)


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Wir gelangen nun zu Tagesordnungspunkt 17.

Auf eine mündliche Berichterstattung wurde verzichtet.

Zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Greiner. – Ich darf Sie bitten.


21.11.49

Abgeordnete Mag. Karin Greiner (SPÖ): Herr Präsident! Sehr geehrte Frau Rech­nungshofpräsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! VertreterInnen der Regierungs­parteien haben beim Rechnungshof einen Antrag auf Gebarungsprüfung des Gesund­heitsressorts eingebracht. Was besonders interessant ist, gleich eingangs: Die Antragstellerinnen, die beiden Gesundheitssprecherinnen, waren persönlich nicht im Ausschuss. Jetzt geben sie ihre Namen dafür her, sind aber nicht da, um den Antrag


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zu erläutern beziehungsweise an der Diskussion teilzunehmen. Das zeigt, wie ernst man sich selbst nimmt.

Nun zum Antrag: Dieser Antrag ist wohl einzigartig und noch nie da gewesen. Noch nie hat sich eine Regierungspartei angemaßt, einen derart umfangreichen Antrag an den Rechnungshof zu stellen. Der Rechnungshof ist ein unabhängiges Prüfungsorgan und wartet sicher nicht auf Zurufe der Regierungsparteien für eine derartige Überprüfung. (Beifall bei der SPÖ.)

Es ist nicht die Aufgabe des Rechnungshofes, Politikfelder zu überprüfen. (Ruf bei der ÖVP: Sind Sie nervös oder was?! – Weitere Zwischenrufe bei der ÖVP.) Sie legen mit diesem Antrag den Rechnungshof lahm, beanspruchen Ressourcen über Gebühr. Warum greifen Regierungsparteien überhaupt auf ein derartiges Instrument, das an und für sich ein Oppositionsinstrument ist, zu? (Ruf bei der ÖVP: Aha!) – Weil Sie demokratisch bewährte Strukturen unterminieren und aushöhlen wollen. (Beifall bei der SPÖ. – Ruf bei der ÖVP: Demokratie heißt Mehrheit! – Weitere Zwischenrufe bei der ÖVP.)

Sie lähmen den Rechnungshof. Sie wollen keine Ausschussbegutachtungen. Sie pro­duzieren Huschpfuschgesetze (Abg. Hauser: Welche denn?!) und Sie missachten Bürgerstimmen. (Anhaltende Zwischenrufe bei der ÖVP.) 881 962 Bürgerstimmen sind Ihnen egal.

Warum stellt die FPÖ so einen Antrag? Aus Ihren Reihen kommt die Gesundheits­ministerin. Wieso fragen Sie sie nicht direkt, das wäre doch auf kurzem Wege abzu­klären? – Entweder haben Sie keine Gesprächsbasis oder Sie trauen ihr die Kom­petenz nicht zu, die Fragen zu beantworten. (Beifall bei der SPÖ.)

Warum stellt die ÖVP einen derartigen Antrag? – Der heutige Bundeskanzler war in der vergangenen Gesetzgebungsperiode bei den Ministerratsrunden dabei, außer er war gerade wieder einmal im Ausland. Er war bei sämtlichen Beschlüssen dabei. Alle Beschlüsse im Gesundheitsressort wurden einstimmig gefasst. Man hat es gemeinsam getragen. Er war dabei, und wenn er sich nicht mehr erinnern kann: Die Beschlüsse sind digitalisiert, per Knopfdruck abrufbar. (Abg. Rosenkranz: Angst ist ein schlechter Ratgeber!) Warum machen Sie das nicht? Reden Sie da nicht miteinander? (Beifall bei der SPÖ.)

Liebe Kollegen, habt ihr alle die zahlreichen Rechnungshofberichte zum Thema Ge­sundheit nicht gelesen? – Seit 2009 gibt es dazu 66 Berichte. Kennen Sie die oder haben Sie die nicht gesehen oder wollen Sie sie nicht lesen?

Es ist so oft geprüft worden, denn es sind im Gesundheitsressort viele Sozialversiche­rungsträger, Gebietskörperschaften involviert. – Na, klar, dass man da genau prüft. Aber bitte, schaut euch die Berichte doch an!

Meine Empfehlung: Lesen Sie die 66 Berichte! (Rufe bei der FPÖ: Tun wir eh!) Fragen Sie Ihre eigene Gesundheitsministerin! Sie sollte Ihnen Antwort geben können! Fragen Sie Ihren eigenen Bundeskanzler! Er sollte sich erinnern können. Und torpedieren Sie nicht den Rechnungshof mit derart inakzeptablen ausufernden Anträgen! (Beifall bei der SPÖ.)

21.15


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Frau Abgeordnete Smodics-Neumann ist zu Wort gemeldet. – Bitte. (Abg. Rosenkranz: Angst ist ein schlechter Ratgeber! – Ruf bei der ÖVP: Schlechte Rede! Schlechte Rede! – Weitere Zwischenrufe bei der ÖVP.)



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21.15.38

Abgeordnete Mag. Maria Smodics-Neumann (ÖVP): Herr Präsident! Sehr geehrte Frau Präsidentin des Rechnungshofes! Sehr geehrte Frau Abgeordnete Greiner, bei Ihrer Wortmeldung fällt es mir schwer, dass ich im Zeitlimit bleibe, aber ich werde mich bemühen. (Ruf bei der ÖVP: Ist nicht notwendig!)

Vielleicht ein Satz vorweg: Auch die Vertreter der Regierungsparteien sind Abgeord­nete und haben die gleichen Rechte. – Das sei einmal dazu gesagt. (Beifall bei ÖVP und FPÖ.)

Spätestens seit Frau Abgeordnete Pamela Rendi-Wagner die Obmannschaft übernom­men hat (Rufe bei der FPÖ: Ist die da? Wer ist das? – Rufe und Gegenrufe zwischen SPÖ und FPÖ), beschäftigt sie das Hohe Haus mit Problemstellungen zu Gesundheits­themen, die diesem durchgehend von der SPÖ geführten Gesundheitsministerium schon während ihrer Amtszeit bekannt waren. Frau Greiner, da haben wir ein bisschen ein Thema mit der Zeitachse.

Der drohende beziehungsweise bereits eingetretene Ärztemangel, der von Ihrer Seite auch in einer Sondersitzung thematisiert wurde, war jetzt aber nicht das Ergebnis eines plötzlichen Meteoriteneinschlages, nachdem die neue Bundesregierung angetreten ist. Ganz im Gegenteil: Bereits im Jahr 2012, in der Amtszeit von Herrn Altminister Stöger, hat eine Studie auf den drohenden Ärztemangel hingewiesen: Bis 2030 fehlen 2 800 bis 7 400 Ärzte.

Jetzt haben wir uns heute schon recht intensiv mit vielen Herausforderungen des Sozialministeriums auseinandergesetzt, und ich darf wiederum die Rede Ihrer Frau Klubobfrau von heute Nachmittag kurz zitieren: Jeden Tag, an dem keine Maßnahmen ergriffen wurden, verschärft sich das Problem, jeden Tag steigt die Verunsicherung.

Vom Tag der Veröffentlichung der Studie am 20. Juli 2012 bis zum Tag der Angelo­bung der neuen Bundesregierung und damit dem Übergang des Ministeriums in die Agenden von Bundesminister Hartinger-Klein sind somit 1 977 Tage vergangen, an denen das SPÖ-geführte Sozialministerium offensichtlich nicht die richtigen Maßnah­men getroffen hat, damit sich die Prognose der Studie nicht bewahrheitet. Frau Greiner, es geht nicht um die Beschlüsse, die gefasst worden sind, sondern es geht um die Be­schlüsse, die nicht gefasst worden sind.

Das österreichische Gesundheitssystem, das österreichische Sozialversicherungs­system und auch das österreichische Pflegesystem sind definitiv nicht dafür geeignet, damit Aufmerksamkeit spendende Werbeeinschaltungen für die österreichische Sozial­demokratie zu schalten. Es ist definitiv nicht dafür geeignet – um Herrn Stögers große Sorge zu zerstreuen –, ja in der wichtigen Sendezeit im ORF performen zu können oder – das haben wir heute in der Geschäftsordnungsdebatte zur Kenntnis nehmen müssen (Abg. Leichtfried: Es war eine Einwendungsdebatte, nicht eine Geschäftsord­nungsdebatte!); und um Herrn Kollegen Rossmann zu zitieren – politische Inszenie­rung zu betreiben. Herr Rossmann, dramaturgisch waren Sie heute auch nicht schlecht.

Für alle diese Spielchen sind diese Themen viel, viel zu heikel und viel, viel zu wichtig. Um hier die Politisierung und vor allem die Polemisierung aus diesem Thema heraus­zunehmen, ist es dringend notwendig – und ich danke der Frau Präsidentin im Vor­hinein: ich weiß, dass Sie das hervorragend machen werden, der Rechnungshof ist unabhängig –, eine Gebarungsprüfung für die Jahre 2009 bis 2017 vorzunehmen und einmal Tatsachen auf den Tisch zu legen, damit diese Realitätsverweigerung und Anpatzerei endlich ein Ende hat, und vielleicht auch, um Beispiele zu bekommen, wie man es nicht macht.


Nationalrat, XXVI.GPStenographisches Protokoll66. Sitzung, 27. und 28. März 2019 / Seite 260

Wir haben heute schon von vielen Maßnahmen seitens der neuen Bundesregierung zu diesem Thema gehört; dazu ein kleines Beispiel, ein aktuelles Beispiel. In der SPÖ-geführten Gemeinde Sollenau in Niederösterreich ist seit circa zwei Jahren bekannt, dass der Gemeindearzt in Pension gehen wird. Es ist nichts passiert. Vor Kurzem hat auf Antrag der ÖVP Sollenau eine Sondergemeinderatssitzung stattgefunden, in deren Rahmen Mittel bereitgestellt wurden, um den Standort attraktiver zu machen. Diese Planstelle wird nun gemeinsam mit der Ärztekammer ausgeschrieben. (Abg. Plessl: Aber wer schreibt die Planstelle aus? Können Sie uns das sagen?) Das wird einer Lösung zugeführt, ist also relativ unkompliziert, wenn man sich darum kümmert – man muss es nur tun. (Abg. Plessl: Wer schreibt die Planstelle aus?)

Eine Sache wäre mir in diesem Bereich noch ganz wichtig. Ich möchte gerne noch etwas zu Kollegin Holzinger-Vogtenhuber im Zusammenhang mit den Pflegeagenturen sagen. Ich möchte mich hier in aller Form bei den 138 Agenturen in Wien und den 880 Agenturen in ganz Österreich für die Aussage der Kollegin Holzinger-Vogtenhuber entschuldigen. Ihre Aussage war, dass Agenturen ihre Klienten ausbeuten, dass in Agenturen mafiöse Zustände herrschen. Das ist eine Verunglimpfung einer ganzen Branche (Zwischenrufe bei der SPÖ) und aus meiner Sicht einer gewählten Volks­vertreterin nicht würdig. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der FPÖ.)

Ich hoffe, dass diese Aussage mangels Kenntnis der Materie erfolgt ist. Es ist eine Einzelmeinung, die zur Kenntnis zu nehmen ist. Trotzdem lege ich allerallergrößten Wert darauf (Abg. Leichtfried: Wegen der Redezeit wäre es!) – ich glaube, ich kann hier schon für den Großteil der Abgeordneten sprechen, wenn ich das sage –, dass wir genau wissen, welche tolle Arbeit Agenturen leisten, mit der sie Pflege zu Hause über­haupt möglich machen. – Herzlichen Dank für Ihre Arbeit! (Beifall bei ÖVP und FPÖ.)

21.21


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Als Nächste ist Frau Abgeordnete Griss zu Wort gemeldet. – Bitte. (Zwischenruf des Abg. Jarolim.)


21.21.51

Abgeordnete Dr. Irmgard Griss (NEOS): Herr Präsident! Frau Präsidentin des Rech­nungshofes! Meine Damen und Herren! Als ich diesen Antrag zum ersten Mal gesehen habe, war mein erster Eindruck und meine erste Reaktion: schon wieder ein Unter­suchungsausschuss! – Dann habe ich genauer hingeschaut und dann habe ich ge­sehen, das ist ein Antrag auf eine Rechnungshofprüfung.

Es ist ein Antrag, der in jeder Hinsicht ungewöhnlich ist: ungewöhnlich, was die Be­gründung betrifft, ungewöhnlich, was die Themenbereiche sind, die geprüft werden können, und ungewöhnlich, was die Befristung für den Prüfungszeitraum betrifft.

Wie lautet die Begründung? – Die Begründung lautet: Die frühere Gesundheits­minis­terin und derzeitige Klubobfrau der SPÖ habe bei der Klubklausur der SPÖ im Jänner gesagt, dass ein Hausärztemangel bestehe. Dieser Hausärztemangel sei aber darauf zurückzuführen, dass die ehemalige Gesundheitsministerin und ihre Vorgänger nicht die notwendigen Maßnahmen getroffen hätten. Die jetzige Frau Bundesministerin habe aber schon Maßnahmen getroffen, die diese Mängel beheben. Frau Ministerin Hartinger-Klein hat das heute auch bestätigt. Sie hat heute bereits gesagt, was sie schon alles gemacht hat.

Wenn man sich nun diese Begründung anschaut, dann fragt man sich, warum der Rechnungshof das nun prüfen soll, was in der Vergangenheit versäumt wurde. Wenn die Frau Ministerin ohnedies schon diese Mängel oder einen großen Teil der Mängel durch Maßnahmen behoben hat, dann weiß man ja offenbar, was fehlt oder was falsch gelaufen ist.


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Wozu daher eine Prüfung durch den Rechnungshof? – Diese Prüfung durch den Rech­nungshof hat offenbar den Zweck, die politische Verantwortung für nicht getroffene Maßnahmen, für Fehlentwicklungen festzustellen. Die politische Verantwortung festzu­stellen, ist aber Aufgabe eines Untersuchungsausschusses und nicht Aufgabe des Rechnungshofes.

Nehmen wir an, der Rechnungshof prüft wirklich nur bis zu dem Zeitpunkt, bis zu dem er laut Antrag prüfen soll. Was macht der Rechnungshof dann? – Er stellt dann fest, in der Vergangenheit hat Frau Rendi-Wagner das und das versäumt, aber Gott sei Dank ist es vielleicht schon durch Frau Hartinger-Klein behoben. Welche Empfehlung gibt der Rechnungshof dann ab?

Das heißt also, dieser Antrag, dass der Rechnungshof prüfen solle, ist verfehlt. Der einzige Zweck kann nur sein, Munition für die parteipolitische Auseinandersetzung zu bekommen. Das ist aber nicht die Aufgabe einer Rechnungshofprüfung.

Außerdem – da bin ich nun bei Frau Kollegin Greiner – wird der Rechnungshof dadurch blockiert. (Ruf bei der SPÖ: Stimmt!) Ressourcen des Rechnungshofes werden dadurch gebunden und er kann dafür etwas anderes nicht prüfen. Die Unab­hängigkeit des Rechnungshofes darf sich aber nicht nur darin zeigen, wie er prüft und zu welchem Ergebnis er kommt, der Rechnungshof muss auch entscheiden können, was er prüft. Daher sind wir gegen diesen Antrag. (Beifall bei NEOS, SPÖ und JETZT.)

21.25


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Als Nächste ist Frau Abgeordnete Povysil zu Wort gemeldet. – Bitte. (Abg. Povysil – auf dem Weg zum Rednerpult –: Herr Präsi­dent, ich war nicht darauf gefasst! Ich dachte, ich komme später dran!)


21.25.56

Abgeordnete Dr. Brigitte Povysil (FPÖ): Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren im Plenum und auf der Galerie! Sehr geehrte Frau Präsidentin des Rech­nungs­hofes! Na ja, die Nervosität der Sozialdemokraten ist verständlich, wenn auch unan­gebracht. Ich wiederhole es: Acht Jahre lang wurden die Gesundheitsminister gestellt. Landesräte, Stadträte und Bürgermeister hatten Sie zur Verfügung (Zwischenrufe bei der SPÖ), Generaldirektoren des Hauptverbands der Sozialversicherung hatten Sie zur Verfügung, um das zu machen, was Sie uns nun vorwerfen, nämlich Gesundheitspolitik in dem Sinne, in dem es für die heutige Zeit notwendig ist. Das und genau das, dass das nämlich verabsäumt würde, werfen Sie uns nun vor. (Zwischenruf der Abg. Heinisch-Hosek.)

Das heißt, die SPÖ hat einfach versäumt, zeitgerecht zu agieren. Daher ist es nun notwendig, über eine Gebarungsprüfung die Gesundheitspolitik der letzten zwei Geset­zes­perioden zu überprüfen.

Frau Dr. Griss, weil Sie gefragt haben: Natürlich setzen wir mit dieser Maßnahme einen ungewöhnlichen Schritt. Sie ist aber notwendig, denn diese Überprüfung soll die rechtliche, organisatorische, finanzielle und personelle Natur, also sämtliche von diesen Gesundheitsministern durchgeführten gesundheitspolitischen Fragen, klären. Diese sind in unseren 27 Fragen an die Rechnungshofuntersuchung zusammen­ge­fasst.

Wer prüft? – Wir haben es bereits gesagt: der Rechnungshof. Warum? – Er prüft un­parteiisch, er prüft weisungsfrei und er überprüft Tatsachen. Damit, meine Damen und Herren – das ist der Grund dieser Gebarungsüberprüfung (Abg. Plessl: Politische Verantwortung!) –, sind politische Schuldzuweisungen und politische Unwahrheiten auf dem Rücken unserer Patienten endlich obsolet. (Beifall bei FPÖ und ÖVP.)

21.28



Nationalrat, XXVI.GPStenographisches Protokoll66. Sitzung, 27. und 28. März 2019 / Seite 262

Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Als Nächster ist Herr Abgeordneter Zinggl zu Wort gemeldet. – Bitte. (Abg. Jarolim: Das war zum dritten Mal die gleiche Rede! – Ruf bei der FPÖ: Weil er nie da ist!)


21.28.16

Abgeordneter Mag. Dr. Wolfgang Zinggl (JETZT): Herr Präsident! Frau Präsidentin! Ich habe nichts gegen Sonderprüfungen, schon gar nicht, wenn es um die Prüfung von offensichtlich - - (Rufe und Gegenrufe bei Abgeordneten von SPÖ und FPÖ. – Präsident Sobotka gibt das Glockenzeichen.) – Danke, Herr Präsident. Ich habe nichts gegen Sonderprüfungen, habe ich gesagt, und ich habe schon gar nichts gegen Sonderprüfungen, wenn es um die Aufdeckung von offensichtlichen Missständen geht. Wenn es zum Beispiel um die Kosten des Grünen Berichts im Nachhaltigkeits­minis­terium ginge, hätte ich da einiges beizutragen – aber darauf kommen wir schon irgend­wann noch einmal.

Für die Sonderprüfung des Gesundheitsministeriums habe ich nicht sehr viel übrig, und zwar, weil sie ganz eindeutig parteipolitisch motiviert ist, das ist ja ganz leicht erkenn­bar. Im Wesentlichen gibt es auch gar keinen Verdacht auf irgendwelche Missstände, auf irgendwelche unwirtschaftlichen Tätigkeiten. Es ist also ein Ablenkungsmanöver, wie Kollegin Griss es schon ganz richtig gesagt hat. Der Rechnungshof soll daran gehindert werden, wichtigere und aktuelle Prüfungen vorzunehmen.

Noch deutlicher wird das durch das zweite Begehren, das vor Kurzem eingereicht worden ist, nämlich das Verlangen auf eine neuerliche Prüfung des Burgtheaters aus dem Jahre Schnee. Wir wissen, dass dem Burgtheater mittlerweile durch Follow-ups mehr oder weniger seine Wirtschaftlichkeit attestiert wurde und auch, dass sämtliche Missstände dort behoben sind. Was passiert da aber? – Indem diese Prüfung ein­gereicht wurde, wird eine Möglichkeit der Opposition, nämlich das Minderheitsrecht, mit 20 Abgeordneten eine Prüfung zu verlangen, versperrt.

Sie versperren damit auch noch zusätzlich die aktuellen Prüfungen. Frau Präsidentin Kraker hat auf meine diesbezügliche Frage in der Ausschusssitzung gesagt, dass beispielsweise die Follow-up-Prüfung zum Bundesdenkmalamt – da ist nämlich wirklich Gefahr im Verzug, weil sich seit den letzten Prüfungen kaum etwas geändert hat und es nach wie vor drunter und drüber geht – nichts gemacht werden kann, weil nämlich das Burgtheater noch einmal geprüft werden muss.

Sie versuchen also ständig, die Aufmerksamkeit auf die Missstände der letzten Legis­laturperiode zu lenken, in der Sie, werte Kolleginnen und Kollegen von der ÖVP, genauso an der Regierung beteiligt waren. Das wird noch eine Zeit lang gehen, aber irgendwann einmal wird es Ihnen nichts mehr nutzen und wir werden umso besser erkennen, was jetzt alles aus dem Ruder läuft und was jetzt viel Geld kostet (Abg. Rosenkranz: Und das wird sich dann der Kollege Zinggl zur besten Zeit von zu Hause anschauen!), zum Beispiel die vom Rechnungshof kritisierten Verschiebungen im Sozialversicherungssystem, Herr Kollege Rosenkranz.

Der Rechnungshof hat diesbezüglich ganz eindeutig erkannt, dass kein Einsparungs­potenzial zu erkennen ist, dass im Gegenteil die Umformatierungen sehr viel Geld kosten werden, dass ferner kein internes Kontrollorgan mehr existiert und es kaum ohne Leistungsreduktionen vor sich gehen kann – von irgendwelchen Zahnärzten und -ärztinnen beziehungsweise Psychotherapien, die eigentlich entgolten werden müssten, weil die Versicherten ja dafür bezahlen, ganz zu schweigen.

Ich glaube, da geht einiges schief. Wir werden weiterhin – auch unabhängig vom Rech­nungshof – darauf achten und die Dinge, die tatsächlich zu prüfen wären, eben ohne


Nationalrat, XXVI.GPStenographisches Protokoll66. Sitzung, 27. und 28. März 2019 / Seite 263

Hilfe des Rechnungshofes genauer ansehen. – Danke. (Beifall bei JETZT sowie des Abg. Leichtfried.)

21.32


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Als Nächster ist Herr Abgeordneter Zarits zu Wort gemeldet. – Bitte. (Abg. Neubauer: Wo ist denn der Herr Pilz?! – Abg. Rosenkranz: Der ist grad fleißig!)


21.32.17

Abgeordneter Christoph Zarits (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Frau Rech­nungshofpräsidentin! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! „Neue Kraft. Neuer Mut“ – so plakatiert sich die neue Parteivorsitzende der SPÖ. Ich glaube, es gehört auch sehr, sehr viel Mut dazu, wenn gerade die ehemalige Gesundheitsministerin und derzeitige Vorsitzende der SPÖ, die in den letzten zehn Jahren, von 2008 bis 2017, für den Gesundheitsbereich zuständig war, nun Probleme aufdeckt, die in der Vergangenheit entstanden sind und für die die SPÖ verantwortlich ist. (Zwischenruf der Abg. Heinisch-Hosek.) Das finde ich schon sehr, sehr bemerkenswert. (Abg. Heinisch-Hosek: Legen Sie eine andere Platte auf!)

Vom Jahr 2008 bis zum Jahr 2017 war das Gesundheitsressort immer in den Händen der Sozialdemokratie. (Abg. Klaus Uwe Feichtinger: Wenn ich 32 Jahre in der Regie­rung wäre, täte ich mich auch fürchten!) Ich glaube, es ist wichtig und richtig, dass wir da den Rechnungshof einschalten, um die Missstände und Probleme, die aufgetaucht sind, zu untersuchen. (Zwischenrufe bei der SPÖ.) Ich denke, das ist auch eine Frage der Transparenz. (Beifall bei ÖVP und FPÖ.)

Wir schauen aber nicht nur in die Vergangenheit, meine geschätzten Damen und Herren, sondern setzen auch Maßnahmen für die Zukunft. Wir haben schon die rich­tigen Schritte gesetzt, richtige Entscheidungen getroffen, was die Sozialversicherungen betrifft – das ist ja heute auch schon erwähnt worden. Wir investieren in die Stärkung des niedergelassenen Bereichs. Wir brauchen mehr Kassenärzte – das ist heute auch schon angesprochen worden –, und wir wollen die Finanzierung von Landarzt­stipen­dien. (Zwischenruf bei der SPÖ.)

Was auch wichtig ist: Es ist uns mit dem neuen Ärztegesetz gemeinsam mit der Freiheitlichen Partei endlich gelungen, dass Ärzte anstellen können – das ist sehr, sehr wichtig. Die neue Bundesregierung, die ÖVP und die FPÖ, wollen Probleme lösen, die es leider Gottes aufgrund der Vergangenheit im Gesundheitsbereich gibt. (Beifall bei ÖVP und FPÖ.)

Meine geschätzten Kolleginnen und Kollegen! Herr Gesundheitssprecher, lieber Philip Kucher, wenn du als neuer Gesundheitssprecher wirklich mithelfen möchtest, Prob­leme im Gesundheitsbereich zu lösen, dann würde ich dich bitten, mit deinen Funk­tionärinnen und Funktionären aus der Sozialversicherung zu reden, die endlich auf­hören sollen, Unwahrheiten zu verbreiten (Ruf bei der SPÖ: So ein Blödsinn!) und damit die Patientinnen und Patienten zu verunsichern. (Zwischenruf bei der SPÖ.) Das haben sich unsere Versicherten nicht verdient. (Beifall bei ÖVP und FPÖ.)

Geschätzte Kolleginnen und Kollegen, wir stehen zur Überprüfung der Gesundheits­politik, für die die SPÖ Verantwortung getragen hat. Herr Kollege Kucher, Herr Ge­sund­heitssprecher, du kannst heute mehr Mut beweisen als deine Vorgängerin und unserem Antrag zustimmen. (Beifall bei ÖVP und FPÖ.)

21.35


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Als Nächster ist Herr Abgeordneter Kucher zu Wort gemeldet. – Bitte. (Abg. Klaus Uwe Feichtinger: 2000 bis 2006 ...! – Abg. Zarits: 2008 habe ich gesagt! – Abg. Klaus Uwe Feichtinger: 32 Jahre in der Regierung!)



Nationalrat, XXVI.GPStenographisches Protokoll66. Sitzung, 27. und 28. März 2019 / Seite 264

21.35.21

Abgeordneter Philip Kucher (SPÖ): Herr Präsident! Frau Rechnungshofpräsidentin! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Ich glaube, Präsident Sobotka kann es als gebürtiger Niederösterreicher selbst gar nicht fassen, was da heute vor sich geht, wie sich eine Partei – das geht vor allem in Richtung FPÖ – derartig selbst zerfleischen kann, dass es nur so eine Freude ist.

Was ist denn passiert und wovon reden wir heute? – Gesundheitsministerin Hartinger hat eine Kassenreform vorgelegt und hat gesagt, das ist eine super Kassenreform. Auf die ganz einfache Frage, ob die Leistungen für alle Menschen in Österreich in Zukunft gleich gut sein werden, hat sie gesagt: Na selbstverständlich nicht, Beamte und Politiker haben selbstverständlich weiterhin bessere Kassenleistungen, bessere Zahn­be­handlungen als die klassischen Hackler! (Heiterkeit des Abg. Lindner.) Sie hat gesagt, es wird sich da gar nichts ändern. (Beifall bei der SPÖ.) Als Zuckerl zum Drüberstreuen hat sie dann gesagt, es gibt eine Patientenmilliarde. Das Problem: Sie hat selber nicht ganz genau gewusst, wo diese Patientenmilliarde ist. Dann hat Klubobmann Rosenkranz gesagt: Wir wissen zwar nicht, wo sie ist, aber es klingt gut, es klingt gut!

Die Rechnungshofpräsidentin hat dann ihren Job als Prüforgan gemacht und gesagt (Abg. Rosenkranz: Entschuldigen Sie, das ist jetzt nicht der Villacher Fasching!): Diese Patientenmilliarde gibt es gar nicht! Es hat sie nicht nur die Gesundheits­minis­terin nicht gefunden, auch der Rechnungshof weiß bis heute nicht, wo sich diese Patien­tenmilliarde versteckt hat. (Beifall bei der SPÖ.) Die Rechnungshofpräsidentin hat das kritisiert, dann ist Klubobmann Rosenkranz – deswegen das schlechte Gewis­sen – ausgerückt und hat in Richtung Rechnungshofpräsidentin Dinge von sich gegeben, die ich wegen ihres Niveaus gar nicht wiederholen möchte. (Zwischenruf des Abg. Rosenkranz.)

Dann seid ihr nach vorne gegangen und habt gesagt: Angriff ist die beste Verteidigung (Abg. Rosenkranz: Sie leben in einem Paralleluniversum!), machen wir zwei Dinge: Auf der einen Seite müllen wir den Rechnungshof zu, indem wir die SPÖ bis ins Jahre Schnee zurück prüfen lassen – ein Wahnsinn, mit einem Kraut-und-Rüben-Antrag, der auch handwerklich ein Pfusch ist, das wissen Sie ganz genau –, und geben ihm nicht einmal das Personal zum Prüfen! Die Rücklagen dort werden aufgelöst, es können nicht einmal die Prüfer angestellt werden, die notwendig wären, weil ihr das Geld blockiert, aber den Rechnungshof mit Aufgaben zumüllt, dass es nur so eine Freude ist. (Beifall bei der SPÖ.) Ihr müllt den Rechnungshof zu und nehmt damit auf der anderen Seite auch der Opposition die Kontrollrechte (Zwischenruf der Abg. Schimanek), weil ihr Angst habt, dass wir draufkommen, was Hartinger so tut.

Was das Schlimmste ist: Frau Kollegin Povysil, ich möchte wirklich, dass Sie sich bei Kollegen Zanger und Kollegin Belakowitsch – in der Reihe vor Ihnen – entschuldigen. Wir waren in der Vergangenheit nicht immer einer Meinung, aber Sie tun, als hätten Kollege Zanger im Rechnungshofausschuss und Kollegin Belakowitsch als Gesund­heits­sprecherin geschlafen! (Zwischenruf bei der ÖVP.)

Wir waren nicht immer einer Meinung; natürlich haben sie ihren Job gemacht! Sie haben kritisiert, wir haben den Gesundheitsbereich auch kritisch durchleuchtet. Es hat 60 Prüfberichte gegeben. Josef Moser war da dahinter. Ihm nun auszurichten, dass er seinen Job nicht gemacht hat: Das ist ja alles billig, das ist ein gegenseitiges Hackl­schmeißen aus lauter Angst (Ruf bei der FPÖ: Na geh!), weil wir Hartinger dabei erwischt haben, dass sie einfach die Unwahrheit sagt. (Beifall bei der SPÖ. – Zwi­schenrufe bei der FPÖ.)


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So kann man nicht arbeiten, das ist kein demokratischer Umgang! Ich bitte wirklich um eine Entschuldigung bei den Abgeordneten, die in der Reihe vor Ihnen sitzen, denn so kann man nicht arbeiten. (Beifall und Bravorufe bei der SPÖ sowie Beifall des Abg. Rossmann.)

21.38


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Als Nächster ist Herr Abgeordneter Zanger zu Wort gemeldet. – Bitte. (Rufe und Gegenrufe zwischen Abgeordneten von FPÖ und SPÖ.)


21.38.36

Abgeordneter Wolfgang Zanger (FPÖ): Frau Präsidentin des Rechnungshofes! Zur Rede des Kollegen Kucher möchte ich jetzt sofort nichts sagen. (Heiterkeit bei der FPÖ. – Zwischenrufe bei der SPÖ.) Seine Hyperventilation hier heraußen hat mir schon gewisse Sorge bereitet, lassen wir ihn einmal etwas abkühlen (Heiterkeit und Beifall bei FPÖ und ÖVP) und kommen wir dann noch einmal darauf zurück. (Zwi­schenrufe bei der SPÖ.)

Stellen wir einmal Fakten fest (Zwischenruf bei der SPÖ): Der Rechnungshof ist eine anerkannte Institution in Österreich und genießt hohes Ansehen (Abg. Noll: Er soll das doch bitte auch bleiben!), er liefert auf Zahlen und Fakten basierende Expertisen. (Ruf bei der SPÖ: Das hat ja keiner gesagt! – Zwischenruf des Abg. Kucher.) Es ist für mich als ehemaliger Oppositionskollege hier herinnen auch nicht ganz einsichtig, dass die Opposition glaubt (Abg. Jarolim: Das ist die falsche Rede!), das als Exklusivrecht gepachtet zu haben. Das ist nicht so, also so sehe ich es. (Abg. Yılmaz: Das war aber bis jetzt immer so! – Heiterkeit bei der SPÖ.)

Es steht nirgends geschrieben, dass Abgeordnete der Regierungsfraktionen den Rech­nungs­hof nicht zu einer Prüfung heranziehen können. Es ist möglich, es ist gesetzlich geregelt, also auch richtig und in Ordnung so. (Zwischenrufe bei der SPÖ.) Und dann kommen Vorwürfe von Frau Kollegin Greiner, es sei eine Anmaßung, das zu tun. (Abg. Greiner: Na ja freilich!) Frau Kollegin Greiner, wenn so viele Böcke geschossen worden sind wie im Gesundheitswesen in den letzten Jahren, dann wäre es im Gegen­teil fahrlässig, diesen Bericht nicht einzufordern. (Beifall bei FPÖ und ÖVP. Zwi­schenruf des Abg. Kucher.)

Sie stellen fest – oder glauben festzustellen , dass der Rechnungshof blockiert wird. (Zwischenruf der Abg. Greiner.) Es ist ganz selbstverständlich und ganz normal, dass Personal abgestellt wird, wenn Sie Prüfungen verlangen, wenn das aber die Regie­rungsfraktionen machen, heißt das auf einmal blockieren! – Das ist doch in sich nicht schlüssig, was Sie da argumentieren! (Ruf bei der FPÖ: Da hat er recht! Gegenrufe bei der SPÖ.)

Die Regierung handelt auch insofern höchst verantwortungsvoll, als man mit dieser Prüfung eigentlich zwei Fliegen mit einer Klappe schlägt, denn anstatt eines teuren Beratungsunternehmens, das die Fehler der SPÖ-Gesundheitsminister hätte auflisten müssen  das hätte irrsinnig viel Geld gekostet , nimmt man den eigenen Rechnungs­hof, von dem man weiß, da sind diese Kompetenzen vorhanden. Auf der anderen Seite erspart man sich auch eine lästige Anfrage von Ihnen, wenn es dann um die Kosten für diese Beratungsfirma geht. Man sieht ja – die ersten Konsequenzen haben sich schon breitgemacht , Frau Rendi-Wagner hat das blanke Entsetzen gepackt, und sie hat die Funktion der Gesundheitssprecherin abgegeben. (Heiterkeit bei der FPÖ. Zwischen­rufe bei der SPÖ.)

Jetzt kann man über Frau Kollegin Rendi-Wagner sicher einiges sagen, aber aufgrund ihrer Ausbildung als Ärztin sicher nicht, dass sie eine inkompetente Gesundheits-


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sprecherin der SPÖ gewesen wäre. Das kann man sicher nicht feststellen. (Ruf bei der FPÖ: Im Gegensatz zur jetzigen Position! Zwischenrufe bei der SPÖ.)

Lieber Kollege Kucher, ich schätze und kenne dich als korrekten Abgeordneten­kolle­gen, abgesehen von so mancher Hyperventilation. Lassen wir das so! Ich habe mich aber auch gefragt, welche Kompetenzen du wohl mitbringst. Ich glaube nicht, dass es das Studium der angewandten Betriebswirtschaftslehre ist. Ich glaube auch nicht, dass es das Studium der politischen Kommunikation ist. Noch viel weniger glaube ich, dass es deine Vorsitzführung beim VSStÖ war. (Ruf bei der FPÖ: Na ja, das am ehesten!) Und auch glaube ich nicht, dass es deine Leiterstelle im Renner-Institut war. Dann bin ich aber draufgekommen, was es ist: dein höchst ehrenwerter Zivildienst beim Roten Kreuz, ein Jahr lang! (Ruf bei der FPÖ: Na schau her! Abg. Leichtfried: Das ist mehr als ...!)

Lieber Kollege Kucher, was ich damit sagen möchte, ist Folgendes: Das alles sagt nicht aus, dass du nicht auch ein kompetenter Gesundheitssprecher deiner Fraktion werden kannst, aber angesichts des Geschwurbels (Zwischenruf des Abg. Lindner), das du da von dir gegeben hast, habe ich mir gedacht: Wenn der neue SPÖ-Ge­sundheitssprecher so schnell einen Doktor braucht, dann gute Nacht! (Beifall bei der FPÖ und bei Abgeordneten der ÖVP.)

21.43

21.43.47


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort ist dazu niemand mehr gemeldet. Damit ist die Debatte geschlossen.

Wünscht der Berichterstatter ein Schlusswort? – Das ist nicht der Fall.

Damit gelangen wir zur Abstimmung.

Ich bitte jene Damen und Herren, die zustimmen, den Rechnungshof mit der beson­deren Gebarungsüberprüfung gemäß dem Ausschussantrag in 517 der Beilagen zu beauftragen, um ein entsprechendes Zeichen. Das ist mit Mehrheit angenommen.

21.44.1618. Punkt

Bericht des Rechnungshofausschusses über den Tätigkeitsbericht 2018 des Rechnungshofes – Reihe BUND 2018/67 (III-228/515 d.B.)


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Wir gelangen nun zum Tagesordnungspunkt 18.

Auf eine mündliche Berichterstattung wurde verzichtet, daher erhält Herr Abgeordneter Lettenbichler gleich das Wort. – Bitte.


21.44.39

Abgeordneter Mag. Josef Lettenbichler (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Ge­schätzte Frau Präsidentin! Werte Kolleginnen und Kollegen! Der Tätigkeitsbericht 2018 des Rechnungshofes weist über das Alltagsgeschäft einer Kontrollbehörde hinausge­hend auf zahlreiche Aktivitäten und Initiativen hin, die gesetzt wurden. Stellvertretend für alle anderen möchte ich erwähnen, dass sich der Rechnungshof eine neue Stra­tegie gegeben hat, diese in einem sehr gut aufgesetzten Prozess erarbeitet hat. Es wurde auch eine umfassende Organisationsreform umgesetzt. Was besonders erwäh­nenswert ist, ist, dass der Nutzen für den Bürger und für die Bürgerin in noch größerem Ausmaß in den Fokus der Prüfungsplanung und Prüfungsausführung gestellt wird.

Betreffend sein Kerngeschäft, das Prüfen selber, hat der Rechnungshof 91 Berichte veröffentlicht. Im Jahr 2018 legte der Rechnungshof dem Nationalrat 66 Berichte, den Landtagen 38 Berichte sowie den Bundesrechnungsabschluss 2017, den Einkom­mens-


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bericht und den Tätigkeitsbericht vor. Ein Fokus wurde auch auf die Nutzung von Synergien bei der Aus- und Fortbildung von Prüfungsmitarbeiterinnen und -mitarbeitern gesetzt, eben durch eine bessere Abstimmung und Koordinierung und durch gemein­same Fortbildungsmaßnahmen.

Der Schwerpunkt, den sich der Rechnungshof für die Jahre 2018 bis 2020 gegeben hat, lautet: „Qualität der Leistungserbringung des öffentlichen Sektors; insbesondere in Bezug auf Bürgernutzen, Kostenoptimierung und zeitgemäße Aufgabenerfüllung“.

Da möchte ich ein wenig einhaken und einige Punkte herausnehmen. Es wurden unter anderem auch das Ticketvertriebssystem der ÖBB oder die Tagesbetreuung von Schülerinnen und Schülern untersucht. Von den Erkenntnissen dieser Untersuchung hat der Bürger, hat die Bürgerin unmittelbar etwas. Diese Erkenntnisse sind auch für den Alltag verwertbar. Da ist auch lobend zu erwähnen, dass bei der Erstellung der Berichte mehr und mehr ein Schwerpunkt auf die Verständlichkeit gelegt wird, damit diese Berichte auch der breiten Öffentlichkeit, dem interessierten Bürger, der inter­essierten Bürgerin besser zugänglich sind.

Erwähnen möchte ich auch den vom Rechnungshof erstellten und veröffentlichten Leitfaden zum Management von öffentlichen Bauprojekten. Auf etwa 80 Seiten werden anhand dieses Leitfadens Hilfestellungen für den gesamten Ablauf eines Bauprojektes geliefert, von der Projektorganisation und der Projektplanung über die Kosten- und Terminplanung bis hin zu Vergabefragen oder der Bauausführung und Abrechnung. Es ist ja meist so, dass in Kommunen Bauprojekte nur alle fünf, sechs, sieben Jahre anstehen und die dafür nötige Infrastruktur in den Bauämtern nicht gegeben ist. Da kann ein solcher Bauleitfaden natürlich wertvolle Hinweise geben. Der Rechnungshof greift dabei auch auf seine durch zahlreiche Bauprüfungen erworbene Kompetenz, Expertise zurück, und dass er diese nun weitergibt, ist natürlich für die Bürger, für die einzelnen Kommunen von großem Vorteil.

Leider ist dieser Bauleitfaden für die Stadt Wien um einige Jahre zu spät gekommen  dieser Hinweis sei mir erlaubt, weil ja Exbürgermeister Häupl gerade einen glorreichen Auftritt vor der Untersuchungskommission im Wiener Gemeinderat gehabt hat und mit dem Satz, er übernehme keine Verantwortung für die Details einer Baustelle, dieses Sittenbild von Rot-Grün zusammenfasst, dass man überhaupt keinen Bezug mehr zum Geld zu haben scheint; ob da 1 Milliarde mehr oder weniger ausgegeben wird, dürfte ihm und anderen damals führenden Stadträten und der Stadtregierung eigentlich egal gewesen sein. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der FPÖ.)

Dem Rechnungshof selber, den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern, stellvertretend Ihnen, Frau Präsidentin, darf ich ein herzliches Danke sagen. Sie sind auf einem sehr guten Weg. Die Akzente und die Schwerpunkte, die gesetzt wurden, die Organisations­reform und die Strategie, die erarbeitet wurde, machen uns optimistisch, dass der Rechnungshof auch in den kommenden Jahren sehr gute Arbeit leisten wird. – Ich bedanke mich herzlich. Danke schön. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der FPÖ.)

21.49


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Frau Abgeordnete Greiner ist zu Wort gemel­det. – Bitte.


21.49.44

Abgeordnete Mag. Karin Greiner (SPÖ): Herr Präsident! Geschätzte Frau Rech­nungshofpräsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Der Tätigkeitsbericht 2018 des Rechnungshofes spiegelt einmal mehr das sehr vielschichtige Tätigkeitsspektrum des


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Rechnungshofes wider. Es war die Diskussion im Ausschuss ja auch sehr konstruktiv und interessant.

Die Frau Präsidentin hat betont, worauf es vordergründig ankommt, nämlich auf die Qualität der Prüfarbeit. Was ist noch essenziell?  Die Bürgerorientierung, auch das wurde hervorgehoben, der Nutzen für die Bürgerinnen und Bürger, und selbstver­ständ­lich haben die BürgerInnen ein Recht auf Gewährleistung, dass öffentliche Gelder sparsam, wirtschaftlich und zweckmäßig eingesetzt werden.

Sehr geehrte Damen und Herren, damit die Qualität der Prüfarbeit aber auch weiterhin stimmen kann, braucht es eine entsprechende budgetäre Ausstattung des Rech­nungshofes. Bis dato konnte man auf Rücklagen zugreifen, ab 2020 wird das aber nicht mehr möglich sein, und es muss wirklich unser aller Aufgabe als Abgeordnete sein, ein Auge darauf zu haben, dass der Rechnungshof auch in Zukunft ausreichend Budget zur Verfügung hat.

Was bringen die Rechnungshofprüfungen außer Transparenz noch? Sie bewirken zahlreiche Verbesserungen bei den geprüften Institutionen, und da ist es speziell erfreulich, dass wir bei den Gemeinden einen Umsetzungsgrad der Empfehlungen von knapp 80 Prozent feststellen können. Das heißt, da wird für die BürgerInnen direkt vor Ort auch wirklich etwas verbessert.

Der Rechnungshof arbeitet ja mit anderen Prüfinstitutionen zusammen, mit den Lan­desrechnungshöfen etwa, mit denen Prüfpläne akkordiert werden, damit man Doppel­gleisigkeiten vermeidet, damit man auch Synergien nutzt und Wissen gut zu­sam­menführt. Insofern ist es nicht erfreulich, wenn der Rechnungshof mit Prüfanträgen zugemüllt und seine Arbeit behindert und verzögert wird.

Nicht nur national arbeitet der Rechnungshof mit anderen Institutionen intensiv zusam­men, auch international erfolgt im Rahmen der Intosai ein regelmäßiger Erfahrungs- und Informationsaustausch.

Abschließend darf ich mich namens der SPÖ-Fraktion bei Ihnen stellvertretend, Frau Präsidentin, für die wirklich qualitätsvolle Kooperation bedanken. Wir wissen es alle, die Obfrau wird es mir wahrscheinlich bestätigen: Der Rechnungshofausschuss ist einer der arbeitsintensivsten Ausschüsse. Wir sehen einander sehr oft und arbeiten sehr intensiv, und da ist es auch gut, dass der Rechnungshof seine Expertise zur Ver­fügung stellt, weil gerade für uns als Parlamentarierinnen und Parlamentarier fundierte, aussagekräftige Berichte wirklich eine grundlegende Voraussetzung für eine gute Kontrolltätigkeit sind.

Mein abschließender Appell an alle Kolleginnen und Kollegen: Es ist unsere Aufgabe, dafür zu sorgen, dass das Budget weiterhin ausreichend vorhanden ist. Ich danke Ihnen. (Beifall bei der SPÖ.)

21.53


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Nächster Redner ist Abgeordneter Kainz. – Bitte sehr.


21.53.07

Abgeordneter Alois Kainz (FPÖ): Herr Präsident! Sehr geehrte Frau Rechnungshof­präsidentin! Hohes Haus! Sehr geehrte Damen und Herren, auf der Galerie und vor den Bildschirmen zu Hause! Ich möchte heute auf den Tätigkeitsbericht 2018 des Rechnungshofes näher eingehen.

Die neue Strategie für die Prüfungs- und Beratungstätigkeit des Rechnungshofes 2018 bis 2028 lautet: „Wir prüfen. Unabhängig und objektiv für Sie.“ Dadurch soll es ins­besondere zu einer Erhöhung der Transparenz über den Einsatz öffentlicher Mittel, zu


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einer Steigerung der Wirksamkeit des öffentlichen Mitteleinsatzes, zu einer Schärfung des Bewusstseins für Gleichstellung und Diversität sowie zur Intensivierung der Kooperation mit anderen Kontrolleinrichtungen kommen.

Meine Damen und Herren! Der Rechnungshof ist eine sehr wichtige Institution für unser Land,  und es ist ihm verfassungsrechtlich die Unabhängigkeit garantiert. Es ist nur zu begrüßen, wenn sich der Rechnungshof strategisch neu ausrichtet und seine Arbeit noch unabhängiger und objektiver erledigen kann.

Einen neuen Leitfaden gibt es für den Bereich des öffentlichen Bauwesens. In meinen Augen ist das öffentliche Bauwesen von großer Bedeutung, da es in diesem Bereich um sehr viel Geld geht, und zwar um Gelder unserer Steuerzahler und Steuer­zahle­rinnen. Es freut mich, dass die Prüfungen in diesem Bereich künftig noch besser kon­trolliert werden können. Darüber hinaus sollen künftig auch unsere Bürger und Bür­gerinnen besser eingebunden werden. Insbesondere wird das dadurch bewirkt, dass der Rechnungshof regelmäßig dazu aufruft, Prüfungsvorschläge einzubringen.

Besonders gefällt mir, dass der Rechnungshof nun auch in den sozialen Netzwerken aktiv ist. Man kann die Prüfungsvorschläge zum Beispiel auch via Facebook an den Rechnungshof schicken. Dadurch werden sicher gerade auch Jugendliche angeregt, Prüfungsvorschläge einzubringen. Diese Art der Einbindung der Bürger und Bürgerin­nen erhöht definitiv den Nutzen der Arbeit des Rechnungshofes.

Liebe Kollegen und Kolleginnen, ich denke, Sie sehen, wir alle profitieren von einer qualitativ hochwertigen Kontrolle durch den Rechnungshof. In meinen Augen hat der Rechnungshof hier einen richtigen Schritt in Richtung Erhöhung der Qualität der Leistungserbringung im öffentlichen Sektor gesetzt, insbesondere in Bezug auf den Bürgernutzen, die Kostenoptimierung und die zeitgemäße Aufgabenerfüllung. Danke. (Beifall bei der FPÖ und bei Abgeordneten der ÖVP.)

21.56


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist nun Abgeordnete Griss. – Bitte.


21.56.18

Abgeordnete Dr. Irmgard Griss (NEOS): Herr Präsident! Frau Präsidentin des Rech­nungshofes! Meine Damen und Herren! Ich kann mich dem Dank an die Frau Präsi­dentin des Rechnungshofes und an ihre Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter für die wert­volle Arbeit, die sie im Dienste der Republik leisten und so für die Qualität des öffentlichen Dienstes sorgen, nur anschließen.

Anschließen möchte ich mich auch dem, was Frau Kollegin Greiner betreffend das Budget des Rechnungshofes gesagt hat: Da ist noch Luft nach oben. Der Rech­nungshof kann nicht alle Planstellen besetzen, weil er nicht die notwendigen Mittel hat, und die Rücklagen sind schon fast zur Gänze aufgebraucht.

Es gibt aber noch einen anderen Bereich, in dem die Bedingungen für den Rechnungs­hof verbessert werden sollen, ja, im Interesse von uns allen verbessert werden müssen, und das sind die Kompetenzen des Rechnungshofes, vor allem die Kompe­tenz, öffentliche Unternehmen zu prüfen, wenn der Bund zu mehr als 50 Prozent beteiligt ist oder wenn die öffentliche Hand tatsächlich beherrscht. – Tatsächlich beherrschen ist ein unbestimmter Rechtsbegriff, und das bringt Unsicherheit hinein. Wir haben das Verfahren am Verfassungsgerichtshof erlebt, das dazu geführt hat, dass der Rechnungshof den Flughafen Wien nur bis zu einem bestimmten Zeitpunkt prüfen darf. Es ist eigentlich eine totale Verschwendung, wenn der Rechnungshof Ressourcen darauf verwenden muss, dass er die Berechtigung bekommt, etwas zu prüfen.


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Morgen werden wir das auch zum Thema machen, im Zusammenhang mit einem anderen Bereich, in dem eine Erweiterung der Kompetenzen des Rechnungshofes dringend notwendig ist, und zwar dem Parteiengesetz. Der Rechnungshof ist zwar zuständig, die Rechenschaftsberichte der Parteien zu prüfen, er darf das aber inhaltlich nicht tun; es ist eine eher formale Prüfung.

Der nächste Punkt ist: Der Rechnungshof erstellt den Rechnungsabschluss für den Bund. Auch das ist längst überholt: Den soll der Bund erstellen, und der Rechnungshof soll das prüfen.

Noch zwei andere Bereiche, in denen eine legistische Änderung notwendig ist: Das eine ist, dass die Stellungnahmefrist von drei Monaten verkürzt werden sollte; das ist viel zu lang. Das Zweite ist: Die geprüften Institutionen sollen verpflichtet sein, von sich aus dem Rechnungshof zu melden, was sie mit den Empfehlungen gemacht haben: ob sie sie umgesetzt haben, und wenn nicht, warum nicht. Jetzt gibt es ein Nachfrage­verfahren und eine Follow-up-Prüfung. Wir haben das auch schon im Ausschuss be­sprochen, und es ist jetzt unsere Aufgabe, für diese legistischen Anpassungen zu sorgen, damit der Rechnungshof seine Dienste für die Republik noch besser erfüllen kann. Danke. (Beifall bei den NEOS.)

21.59


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Abgeordneter Plessl. – Bitte.


21.59.28

Abgeordneter Rudolf Plessl (SPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Geschätzte Prä­sidentin des Rechnungshofes! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Geschätzte Damen und Herren! Der Tätigkeitsbericht 2018 des Rechnungshofes – dieser wird als Hilfsorgan des Nationalrates bezeichnet  ist ein sehr wichtiges Instrument.

Auch ich möchte mich zuerst bei der Präsidentin und ihren Bediensteten für diese umfassenden Berichte, die sie uns zur Verfügung gestellt haben, recht herzlich bedanken.

Der Rechnungshof hat seit dem Jahr 2018 eine neue Organisationsstruktur, und ich möchte darstellen, dass noch immer nicht alle Möglichkeiten ausgeschöpft worden sind, alle Möglichkeiten dahin gehend – da geht es um das Personal –, 288 Vollzeit­äqui­valente dementsprechend zu besetzen. Wir haben schon 2018 mitgeteilt, dass die Regierung nicht ausreichend Budget zur Verfügung gestellt hat, um alle besetzen zu können. Derzeit sind 277 Vollzeitbeschäftigtenäquivalente im Rechnungshof besetzt.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Gerade beim vorigen Verhandlungspunkt haben wir darüber gesprochen, dass eine Prüfung des Gesundheitsbereiches von 2009 bis 2017 durchgeführt werden soll, wodurch große Ressourcen vom Rechnungs­hof gebunden werden sollen. Es wäre aber vielleicht wichtiger gewesen, vor allem 2018 durch den Rechnungshof zu prüfen, denn Sie haben eine sehr große Kritik an dieser Bundesregierung geäußert, weil gewisse Zahlen nicht nachvollziehbar sind, die die Gesundheitsministerin gemeinsam mit dem Vizekanzler und dem Bundeskanzler genannt hat. Vielleicht können wir darüber noch nachdenken, wie wir das machen, denn gerade in diesem Bereich wäre es interessant, auch Nachforschungen vom Rech­nungshof anstellen zu lassen.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Wir haben den Umstand, dass gerade beim Budgetausgleich 2020 nicht mehr die entsprechenden Rücklagen vorhanden sind. Es braucht dementsprechend unbedingt mehr Budget, um die anstehenden Arbeiten erledigen zu können, und wir als Nationalrat sind dazu berufen, darauf zu achten, dass


Nationalrat, XXVI.GPStenographisches Protokoll66. Sitzung, 27. und 28. März 2019 / Seite 271

der Rechnungshof auch die ausreichenden Budgetmittel bekommt, damit er die Aufgaben erfüllen kann.

Ich möchte noch erwähnen, dass im Jahr 2018 insgesamt 66 Berichte hier vorgelegt worden sind; der Bundesrechnungsabschluss 2017, der Einkommensbericht und die Tätigkeitsberichte. Es gibt noch viele, viele andere Bereiche, für die der Rechnungshof zuständig ist – Bundesrechnungsabschluss, Einkommensbericht, Stabilitätspakt, Un­vereinbarkeits- und Transparenzgesetz, Medientransparenzgesetz, Bundespräsi­denten­wahlgesetz –, und ich möchte mich noch einmal recht herzlich für diese Arbeit be­danken. (Beifall bei der SPÖ.)

22.02


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist die Frau Präsidentin des Rechnungshofes. – Bitte.


22.02.32

Präsidentin des Rechnungshofes Dr. Margit Kraker: Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Hohes Haus! Ich möchte mich einleitend für die anerkennenden Worte, die Sie zum Rechnungshof gefunden haben, sehr bedanken. Der Tätigkeitsbericht für das Jahr 2018 soll die Situation im Rechnungshof, die Lage der Kontrolle insgesamt – etwas, was für Sie als Nationalrat von besonderem Interesse sein muss – und natürlich auch die Initiativen, die wir versuchen, im Rechnungshof zu setzen, um den Herausforderungen, die sich an den Rechnungshof stellen, gerecht zu werden, aufzeigen.

Wir haben im Jahr 2018 eine Reihe von neuen Initiativen gesetzt; unter anderem wurde hier auch schon die Strategie genannt, und der Titel der Strategie lautet: „Wir prüfen. Unabhängig und objektiv für Sie.“ Was heißt das? – In den beiden Worten unabhängig und objektiv sind schon zwei wesentliche Punkte enthalten. Wir prüfen natürlich zum überwiegenden Teil aus eigener Initiative. Prüfaufträgen, die vom Nationalrat kommen, entweder als Minderheitsrechte wie in diesem Fall, wie wir in der Debatte gerade gesehen haben, oder auch als ein Mehrheitsbeschluss, oder auch von Ländern, auch da gibt es Minderheitsrechte, und auch Ersuchen von Landesregie­rungen, all denen versuchen wir nachzukommen – aber im Rahmen unseres verfas­sungsmäßigen Mandats, so wie wir sozusagen unseren Auftrag haben, nämlich die Gebarung zu überprüfen, und im Rahmen der bestehenden Ressourcen. Wir ver­suchen jedenfalls, immer unabhängig und ohne parteipolitische Einflüsse zu agieren. Das möchte ich hier einmal festhalten.

Der Rechnungshof ist für den gesamten Nationalrat da – weder für Regierung noch für Opposition alleine –, der Rechnungshof ist zur Kontrolle da, der Rechnungshof will Fakten aufzeigen und Ihnen objektive Berichte vorlegen. Dafür stehen wir, das ist mir ganz wichtig (Beifall bei ÖVP, SPÖ und FPÖ), und dafür steht auch die Arbeit, stehen auch die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des Rechnungshofes. An dieser Stelle muss ich auch sagen: Alles, was dem Rechnungshof zugutekommt, entstammt der Kraft der Prüferinnen und Prüfer, denn nur sie leisten diese hervorragende Arbeit, auf der das Vertrauen des Rechnungshofes sozusagen basiert.

Wir haben sehr viele Initiativen, aber ich möchte sie jetzt nicht alle aufzählen. Wir haben von der Organisationsreform, von neuen internen Reformen im Rechnungshof gesprochen. Wir versuchen, verständlich zu arbeiten, wir versuchen, zeitgemäße Instrumente zu finden, um uns öffentlich zu artikulieren und wir versuchen, auch unserem Auftrag – zu prüfen und zu beraten – nachzukommen. Wir haben hier zum Beispiel den Bauleitfaden erwähnt; Sie haben ihn auch erwähnt. Der Bauleitfaden ist


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vielleicht ein wenig spät gekommen, kann aber auch in der Zukunft noch wertvolle Hilfestellung leisten, wenn ich etwa an die Sanierung des Parlamentsgebäudes denke.

Darüber hinaus arbeiten wir auch intensiv mit anderen Kontrollinstitutionen zusammen; innerhalb Österreichs mit den Landesrechnungshöfen. Wir stimmen unsere Prüfpläne ab. Auf meine Initiative hin haben wir beispielsweise eine gemeinsame Grundaus­bildung ins Leben gerufen, und die wurde auch abgehalten.

Im vergangenen Jahr gab es auch eine Initiative. Wir haben mit der Volksanwaltschaft ein gemeinsames Symposium hier im Hohen Haus veranstaltet. Es geht um die parla­mentarischen Kontrollinstitutionen, und ich denke, auch da geht es um sehr viele Gemeinsamkeiten. Es geht um das Bemühen, Transparenz zu schaffen, und es geht auch darum, Missstände abzustellen. Das ist unsere wesentliche Funktion, Fehler in der Verwaltung aufzuzeigen und hier Kritik zu üben, die dann in Verbesserungen münden soll. Ich möchte mich auch beim Präsidenten des Nationalrates dafür bedan­ken, dass wir diese Tagung hier in diesem Saal abhalten durften.

Ja, wir haben sehr viel gearbeitet. Wir haben 91 Prüfberichte vorgelegt, wir haben Quer­schnittsprüfungen gemacht. Wir prüfen unsere Wirksamkeit im Nachfrage­verfah­ren. Da gibt es natürlich Potenzial nach oben, und da werde ich mich auch anstrengen, das Nachfrageverfahren in Zukunft aussagekräftiger zu gestalten, denn es ist natürlich wichtig, dass eine Betroffenheit bei den geprüften Stellen erzeugt wird und dass es eben nicht egal ist, ob etwas umgesetzt wird oder nicht.

Darüber hinaus haben wir eine Reihe von Sonderaufgaben. Die Sonderaufgaben reichen vom Rechnungsabschluss bis zum Anpassungsfaktor für Politikergehälter und den Aufgaben in Bezug auf das Parteiengesetz. Wir haben schon öfters gesagt, dass uns da originäre Einschaurechte fehlen, nichtsdestotrotz nehmen wir unsere Aufgabe sehr ernst, denn es geht ja sozusagen darum, wenn wir einen Rechenschaftsbericht veröffentlichen, dass dieser nach unserem Ermessen inhaltlich oder ziffernmäßig auch stimmt.

Darüber hinaus ist es so, dass ich das sehr unterstützen kann, was auch die Frau Vorsitzende des Rechnungshofausschusses gesagt hat, was die Prüfkompetenzen betrifft. Es wurde die Prüfzuständigkeit bei öffentlichen Unternehmen angesprochen. Die Prüfung in Bezug auf das Parteiengesetz, das habe ich schon gesagt, ist unzu­reichend. Es geht um die Verkürzung der Stellungnahmefrist und es geht natürlich auch um zeitgemäße Instrumentarien für den Rechnungshof.

Lassen Sie mich zum Abschluss noch sagen: Ich bedanke mich dafür, dass der Nationalrat auf der Seite des Rechnungshofes steht, wenn es darum geht, dass wir eine solide finanzielle Ausstattung haben. Ich denke, das ist das Um und Auf, um Ihnen qualitätsvolle Berichte liefern zu können. Ich denke, dass das aber auch ganz be­sonders in Ihrem Interesse ist, im Interesse auch der Öffentlichkeit und der Allge­meinheit, und in diesem Sinne hoffe ich auf Unterstützung bei der nächsten Budget­beschlussfassung. – Vielen Dank. (Beifall bei ÖVP, SPÖ, FPÖ und NEOS.)

22.08


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Lausch. – Bitte. (Ruf bei der SPÖ: Das wäre ein schöner Abschluss gewesen!)


22.09.03

Abgeordneter Christian Lausch (FPÖ): Vielleicht wenn der Vogl noch geredet hätte. – Herr Präsident! Frau Rechnungshofpräsidentin! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Es ist mir eine große Ehre, als Letzter zu diesem Tagesordnungspunkt nach der Präsidentin noch reden zu dürfen. Das Thema ist schon ziemlich erschöpft, da gebe ich Kollegen Vogl recht. Es ist eigentlich schon vieles gesagt, aber ich muss der Frau


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Präsidentin auch ein bissl widersprechen. Ich glaube, 91 abgeschlossene Prüfungen im Kalenderjahr 2018 sind eine gute Bilanz, eine sehr gute, da sehe ich nicht mehr sehr viel Luft nach oben.

Wo ich noch Luft nach oben sehe, ist, dass der Rechnungshof als Ergebnis dieser Prü­fungen 2 739 Anregungen gegeben hat – was auch nicht unwichtig ist an den Prüfun­gen – und davon nur, sage ich jetzt einmal, 1 285 umgesetzt wurden; bei 884 wurde die Umsetzung zugesagt, das sind 79 Prozent. Also da sehe ich vielleicht noch Luft nach oben, dass man mehr befolgt, was der Rechnungshof in pingelig genauester und guter Überprüfung feststellt und man das zum Wohle der Republik dann tatsächlich auch so umsetzt.

Was 2018 auch dabei war, das war das Krankenhaus Nord in Wien; der Bauab­schluss – kein Ruhmesblatt laut Rechnungshofbericht! Aber es war sehr gut, dass der Rechnungshof geprüft hat, denn das war die Grundlage dafür, dass es jetzt im Landtag einen Untersuchungsausschuss gibt. Und es werden auch noch einige Anzeigen bei der StA Wien erfolgen, wo nachgeprüft wird, ob es nicht irgendwelche relevanten, zur Anklage zu bringenden Punkte gibt. Also das Krankhaus Nord betreffend sind die Zahlen erschreckend. Im Prinzip ist man 2007 bei einer eher ungenauen Kalkulation von 350 Millionen Euro ausgegangen, 2010 waren es 824,92 Millionen Euro, und nach Schätzungen von 1,017 Milliarden Euro kostet das Krankenhaus schlussendlich 1,5 Milliarden Euro. Also da ist einiges schiefgelaufen.

Daher ist es absolut gut, dass es einen Rechnungshof gibt, der das prüft, der das aufdeckt, dass es dann Untersuchungsausschüsse gibt und dass dann die verant­wort­lichen Personen, die die politische Verantwortung zu tragen haben und kläglich versagen, im Endeffekt auch zur Verantwortung gezogen werden.

Bravo Rechnungshof – ein gutes Hilfsorgan für das Parlament, das in einige dunkle Gassen Klarheit bringt. – Danke, Frau Präsidentin, Ihnen und Ihren Mitarbeitern. (Bei­fall bei FPÖ und ÖVP.)

22.11

22.11.48


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort ist dazu niemand mehr gemeldet. Damit ist die Debatte geschlossen. (Abg. Jarolim: Aber von der Rede kann sich der Wurm eine Ecke abschneiden! – Weitere Rufe und Gegenrufe zwischen Abgeordneten von SPÖ und FPÖ.)

Wünscht der Berichterstatter ein Schlusswort? – Das ist nicht der Fall.

Dann kommen wir zur Abstimmung über den Antrag des Rechnungshofausschusses, den vorliegenden Bericht III-228 der Beilagen zur Kenntnis zu nehmen.

Wer für diesen Bericht ist, den bitte ich um ein Zeichen der Zustimmung. – Das ist einstimmig angenommen.

22.12.4319. Punkt

Bericht des Rechnungshofausschusses über den Bericht des Rechnungshofes betreffend Allgemeiner Einkommensbericht 2018 – Reihe Einkommen 2018/1 (III-223/516 d.B.)


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Wir gelangen zu Punkt 19 der Tagesordnung.

Auf eine mündliche Berichterstattung wurde verzichtet.

Zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Singer. – Bitte.



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22.13.03

Abgeordneter Johann Singer (ÖVP): Herr Präsident! Sehr geehrte Frau Präsidentin des Rechnungshofes! Geschätzte Damen und Herren! Hohes Haus! Wir diskutieren jetzt den Einkommensbericht 2018, der aufgrund des Bezügebegrenzungsgesetzes vom Rechnungshof alle zwei Jahre erstellt und dem Nationalrat vorgelegt wird. Er ist immer wieder eine gute Grundlage, sich über den aktuellen Stand der Einkommen, der Entwicklungen in einzelnen Kategorien, aber auch der Anzahl der Beschäftigten ein umfassendes Bild zu machen.

Der vorliegende Bericht bezieht sich auf die Jahre 2016 und 2017. Mit detaillierten Auswertungen wirkt der Bericht seit 1998 klärend für viele Fragen. Wichtig aus meiner Sicht ist allerdings eine eingehende Beschäftigung mit dem Bericht, um konkrete Schlüsse ziehen zu können.

Einige Punkte aus diesem Bericht möchte ich herausgreifen. Wir hatten 2017 4 317 336 unselbstständig Erwerbstätige. Das bedeutet gegenüber dem Vorjahr eine Steigerung um 1,87 Prozent. Unselbstständig Erwerbstätige erzielten 2017 ein mittle­res Bruttojahreseinkommen von 27 545 Euro. Die niedrigsten Einkommen waren mit rund 20 000 Euro bei den ArbeiterInnen zu finden, das höchste mittlere Einkommen mit 56 132 Euro verzeichnen die BeamtInnen.

Damit diese Spreizung sachlich korrekt bewertet werden kann, gibt der Bericht detaillierte Hinweise. Er führt aus, dass es eine Reihe von Faktoren gibt, die sich positiv auf die Einkommenshöhe der BeamtInnen auswirken. BeamtInnen sind im Ver­gleich zu anderen Gruppen nicht nur überdurchschnittlich häufig AkademikerInnen, sondern im Schnitt auch deutlich älter als VertreterInnen anderer Beschäftigungs­grup­pen. Sie stehen seltener in einem Teilzeitbeschäftigungsverhältnis, und auch der Anteil der nicht ganzjährig beschäftigten BeamtInnen ist sehr gering. Daraus wird klar, dass die Vergleichbarkeit der einzelnen Beschäftigungsgruppen untereinander nur auf Basis gleicher Parameter möglich wird.

Sehr geehrte Damen und Herren! Interessant ist, wenn man nämlich den Arbeits­zeit­effekt ausblendet, dass zum Beispiel ganzjährig vollbeschäftigte männliche Angestellte mit Ausnahme der 20- bis 29-Jährigen im Mittel durchwegs höhere Einkommen als Beamte erzielen. Besonders bei Männern zwischen 40 und 49 Jahren fällt der Unter­schied sehr deutlich aus.

Laut Bericht gab es in Österreich rund 849 000 ganzjährig Teilzeit- und über 2 Millio­nen ganzjährig Vollzeitbeschäftigte. Das entspricht einem Teilzeitanteil von 32 Prozent. Klar erkennbar ist auch: Teilzeitbeschäftigung ist weiblich. 82 Prozent der ganzjährig Teilzeitbeschäftigten sind weiblich. Hingegen beträgt der Frauenanteil bei den ganz­jährig Vollzeitbeschäftigten nur 33 Prozent. Und: Teilzeitbeschäftigte verdienen natur­gemäß weniger als Vollzeitkräfte. Wenn das Einkommen, wie im Bericht, pro Kopf be­rechnet wird, drückt das natürlich den statistischen Schnitt und damit das Durch­schnitts­einkommen der dadurch betroffenen Gruppen.

Noch ein Wort zu den PensionistInnen: Wir haben in Österreich rund 2 370 000 Pen­sio­nistInnen. Davon haben 89 Prozent ihren Wohnsitz in Österreich. Nach Abzug der Steuern und Krankenversicherung bezogen PensionistInnen mit Wohnsitz in Österreich ein mittleres Jahreseinkommen von 18 350 Euro. Die Differenzierung zwischen Frauen und Männern zeigt, dass Frauen mit 15 039 Euro nur 68 Prozent vom Männer­einkom­men haben. Natürlich wirken sich atypische Beschäftigungsverhältnisse bei den Frauen negativ aus. Insgesamt macht der Frauenanteil bei den PensionistInnen 55 Prozent aus.

Sehr geehrte Damen und Herren! Dieser Bericht ist ein sehr umfassender – herzlichen Dank an alle, die bei der Erstellung mitwirkten. Zusammenfassend lässt sich feststel-


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len, dass Frauen vor allem aber auch durch die Teilzeitbeschäftigung weniger ver­dienen als Männer. Der Grund für den hohen Anteil der Frauen bei Teilzeitbe­schäfti­gung liegt im hohen Maße in der Aufgabe, Kinder zu betreuen und Pflegeleistungen zu erbringen. Wir haben uns heute schon sehr intensiv mit den vielfältigen Herausfor­derungen der Pflege beschäftigt. Wir sind uns wohl alle einig, dass die Pflege und Betreuung zu Hause aus verschiedensten Gründen sehr wichtig ist. Ich unterstütze und begrüße daher alle Maßnahmen, die die soziale Absicherung der in Kinderbetreuung und Pflege tätigen Frauen besser gewährleisten. – Herzlichen Dank. (Beifall bei ÖVP und FPÖ.)

22.18


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Frau Abgeordnete Becher ist zu Wort gemel­det. – Bitte.


22.18.39

Abgeordnete Mag. Ruth Becher (SPÖ): Herr Präsident! Frau Präsidentin des Rech­nungshofes! Um den vorliegenden Einkommensbericht auch richtig einordnen zu kön­nen, möchte ich noch einmal festhalten, dass es in Österreich knapp an die 4,4 Mil­lionen Beschäftigten gibt, wobei die Vollzeitbeschäftigung im Vergleich zum Jahr 2010 bei den Frauen um 3 Prozent zurückgegangen und bei den Männern um fast 7 Prozent gestiegen ist.

Die Einkommen der Männer übersteigen natürlich die der Frauen im Bereich der Voll­zeitbeschäftigung sehr eklatant. Männer verdienen im Durchschnitt 44 140 Euro und Frauen nur 36 796 Euro. Das heißt, bei den Teilzeitbeschäftigten ist es aber umge­kehrt. Das besagt, dass das nicht unbedingt eine Frage der Ausbildung ist. In dem Bericht des Rechnungshofes ist ja auch nachgewiesen, dass die Unterschiede bei allen Bildungsformen sehr ähnlich sind.

Räumlich gesehen gibt es natürlich sehr beträchtliche Unterschiede: Bundesweit hin­ken die Frauen mit 84 Prozent den männlichen Einkommen hinterher, in Wien ist die Situ­ation anders. Dort erhalten die Frauen 93 Prozent dessen ihrer männlichen Kolle­gen – und das ist österreichweit doch die frauenfreundlichste Situation. (Beifall bei der SPÖ.)

Diese Tatsache ist sicherlich einerseits eine Frage der Arbeitsteilung in der Familie, aber vor allem auch die Frage der Vereinbarkeit von Beruf und Familie. Da gibt es doch eklatante Unterschiede. Ich glaube, man kann sagen, es gibt in Österreich neun Geschwindigkeiten. Gestern hat mich eine Frau kontaktiert, die umgezogen ist und ihren Sohn in einer Speckgürtelgemeinde von Wien in einem Kindertagesheim unter­gebracht hat. Sie muss jetzt für ihr zweijähriges Kind fast 400 Euro pro Monat bezahlen. (Abg. Belakowitsch: Ah ja! Das war bis vor ein paar Jahren in Wien auch so!) Das ist natürlich für einen Landeskindergarten, der nur bis 15 Uhr offen hat, ein enormer Betrag. Das muss man sich einmal vor Augen halten. In Wien gibt es den Gratiskindergarten – dort sind es 360 Euro. Man kann das nämlich noch aufteilen: 13 Euro Beschäftigungsbeitrag und 20 Mal 3,60 Euro für das Essen. Das ist ein enormer Betrag, den man für die Betreuung der Kinder bis 15 Uhr bezahlen muss.

Jetzt kann man sagen, das ist ein Einzelfall, aber, wenn man sich das anschaut, im Westen sind ja die Standards noch viel schlechter. Insgesamt gibt es 21 Tage, an denen die Kindergärten im Durchschnitt geschlossen haben. In Tirol sind es 34 Tage. Bei den Öffnungszeiten schaut es ganz schlecht aus: Da sind in Vorarlberg 55 Prozent der Einrichtungen nur bis 15 Uhr geöffnet, in Tirol nur 49,7 Prozent und in Ober­öster­reich gar nur 43,8 Prozent. In Wien hingegen können die Eltern darauf vertrauen, dass die Voraussetzungen für eine Vollzeitbeschäftigung am besten sind. Zwei Drittel der


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Kindertagesheime haben 10 und mehr Stunden geöffnet und haben nur 4,4 Schließ­tage im Jahr.

Zusammengefasst muss man sagen: Es wird endlich Zeit, dass allen Frauen in Öster­reich faire und gleiche Bedingungen zu garantieren sind. – Vielen Dank. (Beifall bei der SPÖ.)

22.22


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Herr Abgeordneter Zanger ist zu Wort gemel­det. – Bitte.


22.22.38

Abgeordneter Wolfgang Zanger (FPÖ): Herr Präsident! Frau Präsidentin des Rech­nungshofes! Kollege Singer hat es schon ein bisschen beleuchtet: Es gibt im Einkom­mensbericht diese Tabelle mit den mittleren Bruttojahreseinkommen. Die fangen ganz oben mit den Beamten mit 56 000 Euro Jahreseinkommen, Medianeinkommen – die Hälfte verdient mehr, die Hälfte verdient weniger – an, 34 000 Euro brutto Jahresein­kommen sind es für die Vertragsbediensteten, 31 466 Euro für die Angestellten, und dann gibt es einen großen Sprung zu den Arbeitern mit 20 006 Euro brutto.

Das sind, wenn man sich das durchrechnet, auf ein Monatsgehalt umgelegt 1 429 Euro brutto im Monat. Das verdient also maximal die Hälfte der Arbeiter. Der Rest verdient darüber, aber die Hälfte verdient diesen Betrag oder weniger. Jetzt ist es natürlich so, dass sich daraus ein politischer Auftrag in zweierlei Hinsicht ableitet: Man kann einerseits das Brutto erhöhen, dafür sind die Gewerkschafter da drüben (in Richtung SPÖ) in den Kollektivvertragsverhandlungen verantwortlich, aber da passiert eh nichts außer große Sprüche klopfen und viele Unwahrheiten erzählen, vor allem jetzt, da die Arbeiterkammerwahlen stattfinden. Oder man kann als politischer Verantwortungs­träger wirklich etwas tun und schauen, dass für die Arbeiter, für die Fleißigen in diesem Land etwas mehr netto vom Brutto übrig bleibt.

Da möchte ich jetzt ansetzen, denn das tut diese Regierung. Eine der von Ihnen am meisten kritisierten Maßnahmen, die heuer zu greifen beginnt und die die Leute schon spüren, ist der Familienbonus Plus, der in diese Einkommenskategorie fällt. (Zwi­schen­rufe der Abgeordneten Knes und Heinisch-Hosek.)

Ja, ja, ja, passt schon. Wir haben uns das Ganze schon einmal durchgerechnet. Kol­lege Knes, dir wird jetzt bald einmal der Mund offen bleiben, denn eines sage ich dir jetzt schon: Gerade ihr Gewerkschafter seid in der letzten Zeit herumgerannt und habt gesagt, dieser Familienbonus Plus ist nichts anderes als eine Schimäre. (Abg. Heinisch-Hosek: Stimmt ja überhaupt nicht! Sie fantasieren!) Das, was da übrig bleiben soll, das wird euch nicht im Sackl bleiben. Das ist alles ein großer Schmäh der Regierung.

So, und jetzt, da die Ersten umgestellt oder zumindest beantragt haben, sich den Familienbonus Plus auszahlen zu lassen, kommen sie auf einmal drauf: Boah, da bleiben mir ja wirklich 125 Euro im Monat netto mehr übrig. Wieso haben mir denn meine Betriebsräte und Gewerkschafter erzählt, dass das nicht wahr ist? Da sage ich: Jetzt siehst du wenigstens einmal, was das für Beidl sind. Auf der anderen Seite sich hier herausstellen, wohl wissend, dass es anders ist, herziehen über diese tollen Maß­nahmen der Regierung und irgendeinen Blödsinn erzählen, der gar nicht stimmt. (Heiterkeit bei Abgeordneten der FPÖ.)

Aber mittlerweile sind ja die Arbeiter Gott sei Dank nicht mehr das, was ihr glaubt. Die sind nicht blöd. Sie können rechnen, sie können schauen, sie können hinterfragen, und das tun auch sehr viele. (Abg. Heinisch-Hosek: Herr Präsident!) Darauf bin ich stolz und ich freue mich, wenn ich jetzt das Feedback von den Arbeitern in meiner Region


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höre, die sagen: Ihr tut endlich wirklich etwas für uns. – Danke. (Beifall bei der FPÖ und bei Abgeordneten der ÖVP. – Abg. Wittmann: Was ist das für ein Vorsitz?)

22.25


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Griss. – Bitte.


22.25.59

Abgeordnete Dr. Irmgard Griss (NEOS): Herr Präsident! Frau Präsidentin des Rechnungshofes! Meine Damen und Herren! Der Allgemeine Einkommensbericht wird immer aufgrund der Daten der Statistik Austria erstellt und ist ein rein deskriptiver Bericht. Das unterscheidet ihn von anderen Rechnungshofberichten. Ich stelle mir aber eigentlich die Frage: Warum muss das der Rechnungshof machen? Das könnte genauso die Statistik Austria machen. Auch das bindet Ressourcen des Rech­nungs­hofes. Es ist nicht notwendig, die Statistik Austria kann das genauso machen. Auch das sollte man überlegen, ob nicht dieser Allgemeine Einkommensbericht von der Statistik Austria erstellt werden soll.

Wenn man sich den Bericht anschaut, dann hält sich die Überraschung sehr in Gren­zen. Es kommt eigentlich immer das Gleiche heraus: Frauen verdienen weniger als Männer. Und was das Erstaunliche ist: Auch wenn man alles herausrechnet, die unter­schiedlichen Branchen, in denen Frauen und Männer tätig sind, auch wenn man herausrechnet, dass Frauen in einem größeren Maß teilzeitbeschäftigt sind, bleibt immer noch ein Unterschied, der eigentlich nicht erklärt werden kann – außer bei den Beamtinnen, aber da steht es im Gesetz.

Aber in der Wirtschaft bekommen Frauen auch bei gleicher Ausbildung, bei gleichem Beschäftigungsausmaß oft weniger als Männer. Das ist eigentlich absolut inakzeptabel. (Abg. Haubner: Es gibt die Kollektivverträge!) – Es gab in der Vergangenheit noch Männer- und Frauenkollektivverträge. Die gibt es Gott sei Dank nicht mehr, aber es ist noch immer so, dass Frauen letztlich weniger bekommen.

Wenn man sich das von einem politischen Standpunkt aus anschaut, ist es ganz un­verständlich. Es gibt mehr Frauen als Männer, daher mehr Wählerinnen als Wähler, daher müsste sich die politische Macht der größeren Zahl auswirken. Es gibt auch mehr als genug gut ausgebildete Frauen. Man braucht sich nur die Absolventin­nen­zah­len der Universitäten und Fachhochschulen anzuschauen. Warum ist das also so? – Ich glaube, darüber müssen wir alle nachdenken.

Es ist sehr interessant, dass verdienen ja doppeldeutig ist. Verdienen heißt bekommen: was ich bekomme, ich verdiene so und so viel. Es heißt aber auch zustehen: Ich verdiene es, dass ich so viel bekomme. Ich glaube, was wir erreichen müssen, ist, dass in der allgemeinen Auffassung bei Frauen und bei Männern verdienen auch im Sinn von bekommen für Frauen das Gleiche sein muss wie zustehen.

Frauen steht das Gleiche zu wie Männern. Sie verdienen gleich viel in diesem Sinn. Daran müssen wir arbeiten. (Beifall bei den NEOS sowie bei Abgeordneten von ÖVP und SPÖ.)

22.29


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Herr Abgeordneter Rossmann ist zu Wort gemel­det. – Bitte.


22.29.18

Abgeordneter Mag. Bruno Rossmann (JETZT): Herr Präsident! Frau Präsidentin! Der Einkommensbericht, den wir jetzt um 22.15 Uhr folgende diskutieren, ist eines der zentralsten Dokumente zur Entwicklung der Einkommen, die wir in Österreich haben –


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nicht zur Entwicklung der Einkommenssituation der Selbstständigen und Gewerbetrei­benden, dort ist es eine Katastrophe, aber dieses Dokument ermöglicht oder würde eine faktenorientierte Politik ermöglichen.

Was steht nun in diesem Bericht drinnen? – Es gibt eine gute Nachricht und viele schlechte Nachrichten. Die gute Nachricht: Die Realeinkommen erholen sich langsam, bis 2017 wohlgemerkt, in diesem Jahr endet der Bericht. Und die schlechte Nachricht unter den vielen schlechten Nachrichten: Die inflationsbereinigten Einkommen haben sich für die ärmsten 10 Prozent der Beschäftigten um fast ein Drittel verschlechtert. Das bedeutet, dass sich die Einkommensschere in Österreich weiter geöffnet hat.

Wer sind nun die Verlierer und Verliererinnen und die Gewinner und Gewinnerinnen? – Die Gewinner sind ganz eindeutig die Beamten. Diese können sich gegenüber 1998 heute über ein Realeinkommen freuen, das um 25 Prozent höher ist als 1998. Schauen wir uns das für die Arbeiterinnen und Arbeiter an, für das ärmste Zehntel der Arbei­terinnen und Arbeiter, so müssen wir feststellen, dass sich diese um 43 Prozent weni­ger leisten können als 1998 – also Beamte plus 25 Prozent, Arbeiterinnen und Arbeiter des unteren Einkommenszehntels minus 43 Prozent. Eigentlich ein Skandal! (Beifall bei JETZT und bei Abgeordneten der SPÖ.) Und das soll vor der Öffentlichkeit abge­schirmt werden, aber das sind genau die Dinge, über die man diskutieren muss.

Gleichzeitig – das muss ich auch noch sagen – ist in diesem Zeitraum der Wohlstand Österreichs um 50 Prozent gestiegen. Dass sich diese Menschen des untersten Einkommenszehntels, Arbeiterinnen und Arbeiter, zu Recht an den Rand gedrängt fühlen, ist nur allzu verständlich. Es ist daher auch nur allzu verständlich, wenn diese – sagen wir einmal so – anfällig werden für den Populismus, insbesondere den Rechts­populismus. (Abg. Haider: Der Rechtspopulismus geht ja noch! Aber der Linkspopulis­mus ist das Gefährliche!)

Natürlich kann man etwas gegen diese Ungerechtigkeit tun, aber die Regierung tut ja nichts. Die jetzige Regierung, Herr Kollege, verschärft diese Situation noch einmal insofern, als sie das untere Einkommensdrittel systematisch benachteiligt.

Ich möchte jetzt folgenden Entschließungsantrag betreffend Mindestlohn, der geeignet wäre, diese Situation zumindest ein wenig zu lindern, einbringen:

Entschließungsantrag  

der Abgeordneten Bruno Rossmann, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Mindest­lohn“

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Regierung soll in Absprache mit den Sozialpartnern sicherstellen, dass eine Arbeitsstunde in Österreich faktisch mindestens mit 10 Euro brutto bzw. ein Monat in Vollzeitbeschäftigung mindestens mit 1.750 Euro brutto entlohnt werden muss.“

*****

Die jetzigen 1 500 Euro, die bis Jahresende angepeilt werden sollen, reichen nicht aus – reichen deshalb nicht aus, weil es viele Menschen gibt, die ja von dieser Rege­lung gar nicht erfasst werden. Ich denke an die vielen Menschen, die in prekären Arbeitssituationen arbeiten.

Jetzt kann man sich natürlich fragen  und das kann man auch im Bericht nachlesen –: Warum klaffen die Einkommen so auseinander? – Ein Grund für dieses Auseinander­klaffen besteht darin, dass wir eine sehr stark steigende Teilzeitbeschäftigung haben. Sie hat sich von 1998 bis 2017 von 16 auf 28 Prozent erhöht. Die Teilzeitbeschäftigung ist weiblich, das wissen wir: Vier Fünftel aller Teilzeitbeschäftigten sind Frauen. Die


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Ursachen sind bekannt, seit Langem im Übrigen. Es sind nicht die Frauen, die freiwillig in Teilzeit arbeiten – nein! Die Ursachen sind, dass sie zum überwiegenden Teil die Kindererziehung und die Pflege älterer Menschen übernehmen. Die Antworten fehlen, seit Jahren im Übrigen, auch jetzt fehlen sie natürlich.

Wo ist der Ausbau der Kinderbetreuungseinrichtungen? Wo sind die Ganztags­schu­len? (Abg. Zanger: Mütterförderung!) Wo sind die Lösungen für die Pflege, über die wir heute schon diskutiert haben, bei der mobilen Pflege zum Beispiel? Das sind große Heraus­forderungen, die Antworten brauchen, auch im Sinne der Verbesserung der Ein­kom­menssituation und der sich öffnenden Einkommensschere, über die ich gesprochen habe.

Der Handlungsbedarf ist groß, denn niedrige Einkommen heute schlagen sich später auch in niedrigen Pensionen nieder. Wenn wir so weitertun, werden wir in Bälde ein großes Problem der Einkommensarmut im Alter haben. – Vielen Dank. (Beifall bei JETZT und bei Abgeordneten der SPÖ.)

22.34

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:

Entschließungsantrag

des Abgeordneten Bruno Rossmann, Freundinnen und Freunde

betreffend Mindestlohn

eingebracht im Zuge der Debatte zum Bericht des Rechnungshofausschusses über den Bericht des Rechnungshofes betreffend Allgemeiner Einkommensbericht 2018 – Reihe Einkommen 2018/1 (III-223/516 d.B.) - TOP 19

Begründung

Der Einkommensbericht 2018 zeigt, dass gerade die untersten Einkommensklassen der Arbeiterschaft zwischen 1998 und 2017 von Realeinkommensverlusten betroffen sind und im Lohnwachstum deutlich hinter Angestellten sowie Beamten und Beamtinnen hinterherhinken:


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Nur zum Teil ist eine dermaßen ernüchternd ausfallende Entwicklung der mittleren Einkommen auf die ansteigende Teilzeitquote zurückzuführen. Insbesondere die Ungleichheit in der Einkommensentwicklung ist augenscheinlich und zeigt sich auch in den nominellen Beträgen der Bruttojahreseinkommen:

Eine Möglichkeit, der Ungleichheit in den Erwerbseinkommen entgegen zu wirken, ist ein (gesetzlicher) Mindestlohn. Die Wirtschaftskammer verweist hierzu auf eine Ver­einbarung mit dem Gewerkschaftsbund, nach welcher „bis 31. 12. 2019 kein Mindest­lohn in einem Kollektivvertrag (KV) unter 1.500 Euro pro Monat liegen soll.“1 Ein Blick auf die nominellen Bruttojahreseinkommen verrät jedoch, dass diese Zielsetzung in ihrer Höhe unzureichend ist.

Hinzu kommt, dass sie den kleinen, nicht von Kollektivverträgen erfassten Teil der österreichischen Arbeitnehmer und Arbeitnehmerinnen außen vor lässt. Eine Proble­matik, die durch zunehmend aufkommende neue Formen der Arbeit und damit zusam­menhängende Beschäftigungsverhältnisse – insbesondere Plattformarbeit, vom Crowd­working bis zum Minijob – noch wachsen dürfte.

Die unterfertigenden Abgeordneten stellen daher folgenden

Entschließungsantrag

Der Nationalrat wolle beschließen:

Die Regierung soll in Absprache mit den Sozialpartnern sicherstellen, dass eine Arbeitsstunde in Österreich faktisch mindestens mit 10 Euro brutto bzw. ein Monat in Vollzeitbeschäftigung mindestens mit 1.750 Euro brutto entlohnt werden muss.

1 https://news.wko.at/news/oesterreich/position_mindestlohn.html.

*****


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Der Antrag ist ordnungsgemäß eingebracht, aus­reichend unterstützt und steht somit mit in Verhandlung.

Zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Niss. – Bitte.



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22.35.08

Abgeordnete Dr. Maria Theresia Niss, MBA (ÖVP): Herr Präsident! Sehr geehrte Frau Präsident! Hohes Haus! Verehrte Zuseherinnen und Zuseher! Der Rechnungshof hat in seinem Einkommensbericht festgestellt, dass es zwischen Männern und Frauen noch immer relevante Einkommensunterschiede gibt. Das haben wir heute schon einige Male gehört.  Ja, wir haben da noch einiges zu tun.

Schauen wir uns das Thema aber einmal genauer an, um dann auch wirklich die rich­tigen Lösungen zu finden. Vorab möchte ich sagen, dass es keine Lohndiskriminie­rungen gibt (Abg. Heinisch-Hosek: Aber in realiter!), denn in keinem Kollektivvertrag wird ein Unterschied nach dem Geschlecht gemacht. Wir haben keine Lohndiskrimi­nie­rung, sondern wir haben eine Gehaltsschere. Der sogenannte Gender Pay Gap beträgt laut Eurostat knapp über 20 Prozent. Bereinigt nach Berufsgruppe, nach Branche und nach Zugehörigkeit bleiben noch rund 5 bis 10 Prozent übrig. Keine Frage: Die müssen wir wegbekommen. Da gibt es keine Diskussion.

Ich möchte aber auch an den anderen 10 bis 15 Prozent arbeiten, die erklärt werden können: durch unterschiedliche Branchen, durch Berufe und durch Erfahrung. Ich möchte nämlich in keinem Land leben, in dem man für unterschiedliche Leistung das­selbe verdient. (Abg. Heinisch-Hosek: Das Gegenteil ist leider der Fall!) Diese Regie­rung möchte jeder Frau und jedem Mann dazu verhelfen, leistungsgerecht entlohnt zu werden. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der FPÖ.)

Ich möchte, dass Österreich ein Land wird, wo wir mehr Frauen haben, die diese 10 bis 15 Prozent erklärbaren Differenzen ausgleichen können. Da gibt es zwei Ansatz­punkte: einerseits eine qualifizierte Kinderbetreuung, und zwar in ganz Österreich und länger als von 9 bis 12 Uhr (Abg. Heinisch-Hosek: Wieso kann man das ... machen?) – daran arbeiten wir, aber ja, da gibt es noch einiges zu tun –, andererseits aber natürlich die Berufswahl. 2018 war die beliebteste Branche für weibliche Lehrlinge der Handel, für Burschen war es die Metalltechnik. (Abg. Heinisch-Hosek: Sie regieren ja! Ent­schuldigung! Machen Sie doch was!)

Jetzt frage ich Sie: Wo, glauben Sie, verdient man mehr? Schauen wir uns den weiblichen Anteil der IT-Absolventen an den Unis an, die mit Topgehältern in die ersten Jobs gehen! Da liegt der weibliche Anteil unter 20 Prozent. Es geht aber nicht um mehr Regulierung, es geht um Entscheidungen. Gott sei Dank entscheidet in Österreich jede Frau selbst, welche Karriere sie anstrebt (Beifall bei Abgeordneten der ÖVP), aber leider fallen die Entscheidungen oft genug zugunsten einer schlecht bezahlten Branche. Daher wäre es der richtige Ansatz, anstatt ständig zu lamentieren, Frau Kollegin (Abg. Heinisch-Hosek: Sie lamentieren! – Abg. Haubner – in Richtung SPÖ –: Sie haben nichts getan!), Frauen zu ermutigen, auch technische Berufe zu ergreifen und in diesem Bereich eine Ausbildung zu absolvieren.

Eine Computersoftware basiert auf Binärzahlen und fragt nicht nach dem Geschlecht des Programmierers. Ein Auto fährt nicht nur gut mit einer Frau am Steuer, sondern kann auch sehr gut von ihr entwickelt werden. Wir sind in der Verantwortung, Frauen in ihrer Entscheidung zu unterstützen, sie aber nicht zu bevormunden. Das ist meine Auffassung und das ist die Auffassung dieser Regierung. – Vielen Dank. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der FPÖ.)

22.38


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Knes. – Bitte.



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22.38.20

Abgeordneter Wolfgang Knes (SPÖ): Herr Präsident! Frau Rechnungshof­prä­si­den­tin! Zunächst ein persönliches Dankeschön dafür, dass Sie um diese Nachtzeit noch bei uns weilen und wir Ihren Bericht, den Sie vorgelegt haben, hier diskutieren können. Wenn man die letzten Redebeiträge hier gehört hat, dann zermürbt es einen wirklich – sogar als Mann.

Wir sprechen hier von einer Einkommensschere, und diese Einkommensschere ist da, die kann man nicht leugnen. Das bringt auch dieser Einkommensbericht tatsächlich aufs Tapet. Die Statistik Austria  Frau Griss hat es auch angesprochen  unterstützt natürlich den Rechnungshof. Es kommen gute Ansätze, auch vom Kollegen Singer, wir haben auch im Ausschuss darüber diskutiert, aber natürlich haut es einen fünf Kilometer zurück, wenn solche Redebeiträge wie jene des Kollegen Zanger kommen. Also da versteht dich überhaupt keiner mehr. (Beifall bei der SPÖ. Zwischenruf des Abg. Zanger.)

Wir sprechen von Damen, die hier in Österreich erwerbstätig sind, die die gleiche Leis­tung wie die Männer erbringen, und trotzdem: Der Gap  der, den meine Vorrednerin ausgesprochen hat, stimmt nicht  liegt nach wie vor bei 16 Prozent. Das ist der Gap. Wenn man schon von Zahlen redet, dann soll man die richtigen Zahlen nennen. (Beifall bei der SPÖ.)

Wenn man dann aber sieht, dass es von 2010 bis 2017 – auf Grundlage dieses Rech­nungshofberichtes – eine Steigerung der Zahl aller unselbstständig Erwerbstätigen, die in Österreich tätig sind, von 13 Prozent gegeben hat, die Anzahl vollzeitbeschäftigter Frauen im gleichen Zeitraum aber um 3 Prozent gefallen ist und die Politik noch immer so Kleinklientel spielt, Herr Zanger, dann spielt es das nicht mehr. Dann kommt die Wahrheit nämlich heraus. Dann kommt die Wahrheit heraus. (Beifall bei der SPÖ.)

Dann kommt die Wahrheit nämlich insofern raus, als dass jetzt endlich Schluss sein muss mit Lippenbekenntnissen. Man muss diesen Rechnungshofbericht die Frauen betreffend ernst nehmen und die Einkommensschere schließen. Und da bitte ich wirklich auch die ÖVP: Warum haben wir es bei allen öffentlich Bediensteten geschafft, dass die Zahlen bei den Beamtinnen auf 98 Prozent beziehungsweise bei den Ver­tragsbediensteten auf 78 Prozent angestiegen sind, während wir in der Wirtschaft interessanterweise bei 53 Prozent herumpurzeln? Also da stimmt ja vieles nicht mehr, und da bitte ich wirklich auch die ÖVP, einmal Farbe zu bekennen.

Ich verlange heute und hier einen Unterausschuss des Gleichbehandlungsaus­schus­ses, um endlich diesen Gap zu schließen. Und da werden wir sehen, wo ihr als Regie­rungsparteien eure Verantwortung in Zukunft seht. (Beifall bei der SPÖ.)

Herr Zanger, wenn Sie schon auf die Arbeiterkammer schießen, möchte ich Ihnen nur ein Wahlergebnis aus Kärnten bringen: 78,8 Prozent für die FSG. Wo ist denn die FPÖ? (Ruf bei der ÖVP: Bei welcher Wahlbeteiligung?) Wahlbeteiligung in meinem Betrieb: 85 Prozent; FSG: 88,9 Prozent. So schaut es aus! (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Zanger: Wir werden immer stärker! Wart ab!)

22.41


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Abgeordneter Hauser. – Bitte.


22.41.18

Abgeordneter Mag. Gerald Hauser (FPÖ): Herr Präsident! Geschätzte Frau Rech­nungshofpräsidentin! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Also, Herr Kollege Knes, jetzt muss ich wirklich tief Luft holen. Ich verstehe deine Welt, deine Darstellung nicht


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mehr. Nur zur Erinnerung, auch für das Fernsehpublikum und für die wenigen Zuhörer, die wir noch haben: Herr Knes, sag mir bitte, welchen Zeitraum dieser Rechnungs­hofbericht abdeckt! Welchen bitte, Herr Knes? (Zwischenruf des Abg. Knes.) 2016 und 2017! (Oh-Rufe bei der FPÖ.) Wer war denn da Sozialminister, Herr Knes? Ich war einmal im Hauptberuf Lehrer, Herr Knes: Wer war denn da Sozialminister, bitte? Preisfrage in deine Richtung. Also so eine perfekte Selbstanklage hier heraußen habe ich überhaupt noch nie gehört! (Beifall bei der FPÖ und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Es ist ja unverschämt! Es ist ja unverschämt, da herauszukommen, große Töne zu spucken und zu sagen, ich verlange einen Unterausschuss. Einen Unterausschuss?! Wissen Sie, was wir machen müssen? Einen weiteren Rechnungshofbericht, der Ihre Unfähigkeit aufdeckt! Das ist notwendig und nicht ein Unterausschuss! (Beifall bei der FPÖ und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Sie waren zuständig! Sie waren zuständig: 2016, 2017! (Zwischenrufe der Abge­ordneten Heinisch-Hosek und Knes.) – Herr Kollege Knes, Sie waren gerade am Wort, jetzt bin ich am Wort! Ihre Zwischenrufe nützen Ihnen überhaupt nichts!

Ich wiederhole noch einmal: Wir diskutieren einen Rechnungshofbericht 2016/2017, wo die SPÖ den Bundeskanzler und den Sozialminister stellte. Die SPÖ hat seit 1945 zumeist die Sozialminister gestellt. (Abg. Schimanek: Und die Frauenministerin! – Abg. Haider: Und die Gesundheitsministerin!) Also ich würde sagen: Schämt euch! Stellt euch bitte ins Eck und geht einmal in euch, bevor hier weiterhin solche Un­wahrheiten verbreitet werden! (Beifall bei der FPÖ.)

Jetzt zum Rechnungshofbericht, der nächsten Schande: Zwischen 2010 und 2017 ist die Zahl der vollzeitbeschäftigten Frauen um 3 Prozent zurückgegangen, minus 3 Pro­zent! Über das sollte man reden: Wieso ist das passiert? – Weil nämlich die Teilzeit­beschäftigung das überwiegende Argument für Einkommensunterschiede ist. (Zwi­schen­rufe bei der SPÖ.) Wir müssen also einmal versuchen, viel mehr Frauen in Vollzeit zu bringen, soweit es geht, und sie nicht in der Teilzeit zu belassen. (Beifall bei Abgeordneten der ÖVP.) Das alles gilt natürlich immer auf freiwilliger Basis.

Wovon hängt denn das Einkommen ab? – Das Einkommen hängt von der Ausbildung ab. Ja, bei der Ausbildung, bei der Bildungspolitik müssen wir ansetzen, und da haben wir schon einiges in Bewegung gebracht. Bessere Ausbildung bedeutet mehr Chancen. (Zwischenruf des Abg. Rossmann.) Das Einkommen hängt von der Branche ab, in der ich beschäftigt bin. Es gibt Hochlohnbranchen. Es hängt davon ab, ob ich Beam­ter/Beamtin oder Arbeiter/Arbeiterin bin.

Noch einmal ein Zahlenbeispiel: Ihr sagt immer, Arbeiterinnen und Arbeiter sind eure Klientel – das war irgendwann einmal. Das mittlere Bruttojahreseinkommen bei den Arbeiterinnen und Arbeitern war 20 006 Euro. Die Frauen haben ein mittleres Brutto­jahreseinkommen von 11 570 Euro, die Männer, die Arbeiter, eines von 26 239 Euro. Also 26 239 zu 11 570 Euro bei den Frauen – das ist ein eklatanter Unterschied. Auch da ist der Beweis erbracht, dass die sozialistische Politik hier vollkommen versagt hat. (Beifall bei der FPÖ und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Was tun wir? Was ist zu tun? – Wir haben uns zum Ziel gesetzt, die Verschuldung zurückzufahren. Wir wollen einmal ausgeglichen budgetieren, weil alle zusätzlichen Schulden zusätzliche Belastungen für die nächste Generation bedeuten. Wir haben bereits mit den Entlastungen angefangen. Kleine Einkommen wurden entlastet: Je­mand, der einen Verdienst von 1 600 Euro brutto hat, hat 300 Euro Ersparnis pro Jahr – ein wichtiger Schritt!


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Es wurde schon erwähnt, der Familienbonus Plus ist eine große sozialpolitische Leistung, den alle Steuerzahler, alle, die Steuer bezahlen, spüren werden. (Beifall bei der FPÖ und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Und die Abschlüsse bei den Pensionen waren dieses Jahr wesentlich höher als unter sozialistischen Regierungen. Die Pensionisten mit niedrigen Pensionen haben wesent­lich mehr bekommen als die Pensionisten mit höheren Pensionen. Auch die Lohn­abschlüsse waren dieses Jahr großartig: Sie lagen bei 3 Prozent und mehr. (Zwi­schenruf des Abg. Knes. – Weitere Zwischenrufe bei der SPÖ.) All das ist passiert. Das wird die Bevölkerung entlasten.

Herr Kollege Knes! Geh in dich! Es hat keinen Sinn, dass du permanent in meine Richtung schreist. Dieser Rechnungshofbericht hat aufgezeigt, dass die SPÖ-Politik in den letzten Jahrzehnten versagt hat. (Beifall bei FPÖ und ÖVP.)

22.47


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Frau Rechnungshofprä­sidentin Kraker. – Bitte.


22.47.08

Präsidentin des Rechnungshofes Dr. Margit Kraker: Sehr geehrter Herr Präsident! Hohes Haus! Ich möchte noch einmal festhalten: Warum macht der Rechnungshof diesen Bericht? Es ist dies kein klassischer Prüfbericht, sondern es handelt sich hier um eine Sonderaufgabe des Rechnungshofes. Wir machen und erfüllen diese Aufgabe aufgrund des Bezügebegrenzungsgesetzes. Wir sind verpflichtet, alle zwei Jahre die durchschnittlichen Einkommen der gesamten Bevölkerung dem Nationalrat, dem Bundesrat und den Landtagen zu berichten, aufgeschlüsselt nach Branchen, Berufs­gruppen, Funktionen, nach Frauen und Männern.

Wie gesagt, der Rechnungshof hat diesen Bericht für 2016/2017 Ende Dezember 2018 vorgelegt, in Kooperation mit der Statistik Austria. Wir arbeiten da zusammen, weil wir natürlich Datenquellen brauchen. Wir machen eine deskriptive Darstellung, wir ana­lysieren nicht die Ursachen. Die Schlüsse aus dem Bericht zu ziehen, aus den Fakten, die wir Ihnen liefern, liegt natürlich bei Ihnen.

Die Frage, wer es macht, ist davon getrennt, dass ich es für wichtig halte, dass es einen derartigen Einkommensbericht gibt, weil er darlegt, wo die Unterschiede in den Einkommen liegen, die Unterschiede in sozialer Stellung, in der Frage der Beschäfti­gungsverhältnisse, Vollzeit, Teilzeit, atypische Beschäftigungen, unselbstständig, selbst­ständig Erwerbstätige, Pensionistinnen und Pensionisten und natürlich auch viele ver­schiedene andere Faktoren, die da eine Rolle spielen.

Wir versuchen, diesen Einkommensbericht verständlich darzulegen. Wir haben einen Übersichtsfolder auf sechs Seiten gemacht, wo Sie sofort sozusagen überblicksartig sehen, wie die Unterschiede zwischen Frauen und Männern sind, wie die Unterschiede nach Bundesländern sind, auch nach Branchen, nach Bildung et cetera.

Es wurde schon besprochen, wie das Medianeinkommen ist und wie das Einkommens­verhältnis zwischen Männern und Frauen ausschaut. Ich möchte dabei einen Punkt hervorheben: Natürlich hängt alles sehr stark vom Wirtschaftsbereich ab, in dem eine Person unselbstständig beschäftigt ist. Unterschiede gibt es zwischen den Branchen, aber auch innerhalb von Branchen, etwa in der Dienstleistungsbranche. Und es gibt Zusammenhänge mit dem Ausmaß von Teilzeit- und Saisonbeschäftigung und mit dem Frauenanteil.

Ich möchte drei Branchen hervorheben, etwa Energieversorgung: Da korrespondiert ein sehr hohes mittleres Einkommen mit einem hohen Vollzeitanteil und einem gerin-


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gen Frauenanteil. Im Bereich Gesundheit und Soziales gibt es ein relativ geringes mittleres Einkommen bei geringstem Vollzeitanteil und höchstem Frauenanteil. Und im Bereich Beherbergung und Gastronomie gibt es das geringste mittlere Einkommen bei geringem Vollzeitanteil und hohem Frauenanteil.

Ich möchte jetzt schon zum Ende kommen, denn jeder kann im Bericht tagtäglich und nicht nur heute, sondern das ganze Jahr nachlesen, woran es hakt und welche Schlüsse man daraus zieht. In diesem Sinne, glaube ich, ist das eine gute Arbeits­grund­lage für den Nationalrat. – Danke schön. (Beifall bei ÖVP und FPÖ.)

22.50


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Herr Abgeordneter Zanger, ich bitte Sie, den vergleichenden Ausdruck zu Betriebsräten und Gewerkschaftern, den Sie gewählt haben, zurückzunehmen. (Abg. Zanger: Ich weiß gar nicht, worum es geht!) Sind Sie bereit, den Ausdruck, den Sie vergleichend zu Gewerkschaftern und Betriebsräten laut Protokoll getätigt haben, zurückzunehmen: „was das für Beidl sind“? (Abg. Zanger: Ich wollte sagen: Trinken wir lieber ein Seidel!) – Bitte? (Abg. Zanger: Ich wollte sagen: Trinken wir lieber ein Seidel! – Heiterkeit bei FPÖ und ÖVP.) Nehmen Sie ihn zu­rück? – (Abg. Zanger nickt bejahend.) – Danke.

Zu Wort gemeldet hat sich noch Herr Abgeordneter Lindner. Ich darf ihm das Wort erteilen. – Bitte.


22.51.46

Abgeordneter Mario Lindner (SPÖ): Herr Präsident! Herr Abgeordneter Hauser, das war schon, das muss ich zu Recht sagen, eine sehr wortgewaltige Rede; aber span­nend wird die ganze Geschichte und das, was Sie jetzt gesagt haben, im April im Plenum, weil wir da, meine sehr geehrten Damen und Herren, das Frauenvolks­begeh­ren diskutieren. Fast 500 000 Menschen in Österreich haben es unterschrieben, wir haben es im Gleichbehandlungsausschuss schon des Öfteren diskutiert, und da hört man dann auf einmal, wenn es um Frauenpolitik geht, von dieser Regierung sehr, sehr, sehr wenig.

Lieber Kollege Hauser, wir als Sozialdemokratie werden mit Ihnen im April den Elchtest zur Frauenpolitik machen, und da wird sich zeigen, was Sie von den Forderungen des Frauenvolksbegehrens halten. Da geht es nämlich ganz konkret darum, wie man Macht teilen kann, da geht es ganz konkret darum, wie man Einkommensunterschiede beseitigen kann, wie man Arbeit verteilen kann, wie man Armut bekämpfen kann, wie man Wahlfreiheit ermöglichen, Vielfalt leben, selbstbestimmt leben, Gewalt verhindern, Schutz gewähren kann.

Also, meine sehr geehrten Damen und Herren von der ÖVP und von der FPÖ, wenn Sie es mit der Frauenpolitik in diesem Land ernst meinen, dann haben Sie noch bis April Zeit, in sich zu gehen. Die Anträge werden es beweisen, was Ihnen die Frauen in diesem Land wert sind. (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Gudenus: Was? Das ist ja peinlich, bitte! – Weitere Zwischenrufe bei der FPÖ.)

22.53

22.53.16


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort ist jetzt dazu niemand mehr gemeldet. Die Debatte ist geschlossen.

Wünscht der Berichterstatter ein Schlusswort? – Das ist nicht der Fall.

Dann komme ich zur Abstimmung über den Antrag des Rechnungshofausschusses, den vorliegenden Bericht III-223 der Beilagen zur Kenntnis zu nehmen.


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Wer dafür ist, den bitte ich um ein Zeichen der Zustimmung. – Das ist einstimmig. Damit ist der Antrag angenommen.

Wir gelangen nun zur Abstimmung über den Entschließungsantrag der Abgeordneten Rossmann, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Mindestlohn“.

Ich bitte jene Damen und Herren, die für den Entschließungsantrag sind, um ein Zeichen der Zustimmung. – Das ist die Minderheit. Abgelehnt.

22.54.0820. Punkt

Bericht des Rechnungshofausschusses über den Bericht des Rechnungshofes betreffend Inklusiver Unterricht: Was leistet Österreichs Schulsystem? – Reihe BUND 2019/4 (III-242/550 d.B.)

21. Punkt

Bericht des Rechnungshofausschusses über den Bericht des Rechnungshofes betreffend IT-Betreuung an Schulen – Reihe BUND 2018/47 (III-188/551 d.B.)

22. Punkt

Bericht des Rechnungshofausschusses über den Bericht des Rechnungshofes betreffend Schulversuche; Follow-up-Überprüfung – Reihe BUND 2018/49 (III-191/552 d.B.)

23. Punkt

Bericht des Rechnungshofausschusses über den Bericht des Rechnungshofes betreffend Schulstandortkonzepte/-festlegungen im Bereich der allgemein bil­denden Pflichtschulen in den Ländern Oberösterreich und Steiermark; Follow-up-Überprüfung – Reihe BUND 2017/41 (III-41/553 d.B.)

24. Punkt

Bericht des Rechnungshofausschusses über den Bericht des Rechnungshofes betreffend Nationalstiftung für Forschung, Technologie und Entwicklung; Follow-up-Überprüfung – Reihe BUND 2017/43 (III-43/554 d.B.)

25. Punkt

Bericht des Rechnungshofausschusses über den Bericht des Rechnungshofes betreffend Technische Universität Wien – Finanzsituation; Follow-up-Überprü­fung – Reihe BUND 2018/28 (III-139/555 d.B.)

26. Punkt

Bericht des Rechnungshofausschusses über den Bericht des Rechnungshofes betreffend Beteiligungen von Universitäten an Unternehmen; Medizinische Universität Wien und Universität Linz – Reihe BUND 2018/53 (III-199/556 d.B.)


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Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Wir gelangen nun zu den Punkten 20 bis 26 der Tagesordnung, über welche die Debatte unter einem durchgeführt wird.

Auf eine mündliche Berichterstattung wurde verzichtet.

Daher darf ich gleich Herrn Abgeordneten Gahr zum Rednerpult bitten und ihm das Wort erteilen. – Bitte.


22.54.57

Abgeordneter Hermann Gahr (ÖVP): Herr Präsident! Frau Präsident des Rechnungs­hofes! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Wir kommen nun zum Rechnungs­hofbericht „Inklusiver Unterricht: Was leistet Österreichs Schulsystem?“ Es geht dabei um Kompetenz, Finanzierung, aber auch um eine sehr sensible gesellschaftspolitische Materie: wie wir mit Menschen mit Behinderung in der Bildung umgehen.

Der Rechnungshof hat das Bildungsministerium, den Landesschulrat in Kärnten und in Tirol sowie das Amt der Landesregierung in Kärnten und in Tirol überprüft und hierbei den Schwerpunkt auf den Unterricht von Schülerinnen und Schülern mit Beein­träch­tigung gelegt. Ziel war es, die Maßnahmen des Ministeriums zur Umsetzung der Behin­dertenrechtskonvention der Vereinten Nationen zu überprüfen und zu hinterfragen.

Insgesamt hat der Rechnungshof 40 Empfehlungen ausgesprochen, davon sind 22 direkt an das Bildungsministerium gegangen. Unser Herr Bundesminister hat im Aus­schuss, in dem es eine durchaus angeregte Diskussion zur Inklusion gegeben hat, berichtet, dass sich elf Empfehlungen in Umsetzung befinden, sieben wurden bereits umgesetzt, vier Empfehlungen des Rechnungshofes wurden im Bildungsministerium noch nicht umgesetzt.

Österreich hat also vor zehn Jahren diese UN-Behindertenrechtskonvention ratifiziert, und der Rechnungshof hat auch festgestellt, dass es, was die Umsetzung, das Tempo und die Durchlässigkeit betrifft, noch einige Mängel gegeben hat, und hat quasi den Auftrag gegeben, rascher umzusetzen.

Es hat damals im Jahr 2015 eine Richtlinie zur Entwicklung von inklusiven Modell­regionen ohne Sonderschulen gegeben, in der Steiermark, in Kärnten und in Tirol, aber lediglich die Pflichtschulen, Volksschulen und Neuen Mittelschulen waren befasst.

Insgesamt hätte das bis 2020 fertig sein sollen. Es hat ja jetzt in der neuen politischen Konstellation einen gewissen Strategiewechsel oder eine gewisse Neuausrichtung gegeben. Die Einhaltung des Zeitplans ist nicht erfolgt, und der Rechnungshof hat empfohlen, hier eine eigene Strategie zu entwickeln, was die Umsetzung betrifft, die eine Durchlässigkeit bis hin zu den Hochschulen und der Erwachsenenbildung be­inhalten sollte. Der Rechnungshof hat hier also eine qualitative Verbesserung gefor­dert.

Was wurde konkret bereits umgesetzt? – Es gibt drei Schwerpunkte den inklusiven Unterricht betreffend, zu denen es bereits Umsetzungen gegeben hat. Der Herr Bundesminister hat darüber berichtet und hat ganz klar ausgeführt, dass es eine Balance zwischen inklusivem Unterricht und Sonderschulen geben muss. Beide Systeme haben ihre Berechtigung, und hier geht es vor allem um das Kindeswohl, das immer im Mittelpunkt stehen muss. Es gibt aber auch Grenzen, und ich glaube, es ist ganz klar: so viel Inklusion wie möglich, aber keinen Zwang dazu. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der FPÖ.)

Was waren die drei konkreten Maßnahmen, die hier gesetzt wurden? – Das Bundes­ministerium hat österreichweit 109 Planstellen zur Verfügung gestellt, um ein bedarfs­gerechtes Angebot von pädagogischen Förderungen in bester Qualität zu ermöglichen. Die Feststellung eines sonderpädagogischen Förderbedarfes, die Wahl des geeigneten


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Lehrplans sowie die Beratung der Eltern über den geeigneten Schulstandort werden zukünftig von Experten der Bildungsdirektion selbst wahrgenommen. Und der dritte Schwerpunkt ist, dass es seit heuer ein Bescheidverfahren auf Grundlage des Allge­meinen Verwaltungsverfahrensgesetzes gibt. Damit werden Treffsicherheit, Transpa­renz und Qualität der sonderpädagogischen Förderung erhöht, und auch die Daten­grundlage wird deutlich verbessert.

Zusammenfassend kann man sagen, dass dieser Rechnungshofbericht das Thema Inklusion durchaus kritisch beleuchtet hat, aber man auch absolut feststellen kann, dass sich die Dinge im Sinne unserer behinderten Menschen weiterentwickeln, die Ausbildung auch in der bestmöglichen Qualität erhalten sollten. Ich glaube, es liegt an uns allen, hier gemeinsam mit unserem Bundesminister die Inklusion weiterzuent­wickeln. – Danke. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der FPÖ.)

22.59


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Hochstetter-Lackner. – Bitte.


22.59.50

Abgeordnete Irene Hochstetter-Lackner (SPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Frau Präsidentin! Geschätzte Damen und Herren! Ich muss noch einmal auf die Aus­führungen meines Vorvorredners, Herrn Hausers von der FPÖ, zurückkommen, der sich über meinen Kollegen Knes so echauffiert und gemeint hat, die Frauen müs­sen raus aus der Teilzeit. – Ja, wie sehr könnte ich Ihnen da recht geben! Dann arbeiten Sie doch als Regierung gleich einmal daran! Dann hätten Sie doch heute Vormittag einfach den SPÖ-Vorschlägen zur Pflege und zur Aufwertung des Pflege­berufes zugestimmt! (Beifall bei der SPÖ.)

Dann unterstützen Sie doch die Bürgermeister vor Ort dabei, Kinderbetreuungsplätze in Einrichtungen zu installieren, die den ganzen Tag geöffnet haben können und nicht mehr Schließzeiten als Öffnungszeiten haben! Und dann unterstützen Sie doch auch die Nachmittagsbetreuung für die Kinder in diesem Land, damit die Eltern wissen, dass die Kinder auch nachmittags gut versorgt sind, oder unterstützen Sie auch die Ganztagsschule! (Präsidentin Bures übernimmt den Vorsitz.)

Auch der Familienbonus für die Alleinerzieherinnen zeugt nicht von einer guten Frauenpolitik dieser Bundesregierung. Sie holen die Frauen nicht aus der Teilzeit, sondern Sie verbannen sie hinter den Herd. (Abg. Neubauer: Das ist ein Wahnsinn! Wo leben denn Sie?) Das ist die Frauenpolitik, die Sie von FPÖ und ÖVP machen! (Beifall bei der SPÖ.)

Wenn wir aber bei diesem Tagesordnungspunkt zum Thema Inklusion reden, dann braucht es keine Ideologie und dann braucht es auch keine Emotion, sondern es braucht ganz einfach die besten Lösungen für unsere Kinder in diesem Land. Aus dem Rechnungshofbericht geht eindeutig hervor, dass Kärnten als Modellregion mit dem Thema Inklusion hervorragend umgeht, und er zeigt einfach auch auf, dass der Kurs der Regierung in den letzten Jahren, der Kurs auch der vorigen Regierung bei diesem Thema einfach gestimmt hat. In Kärnten beträgt die Integrationsquote derzeit 92 Prozent, das ist die höchste in ganz Österreich.

Wer von jenen Kindern, die das brauchen, inklusiv aufwächst, der wird mutig, der wird kritisch, der wird emanzipiert. Diese Kinder können Krisen besser bewältigen und erreichen höhere Bildungsabschlüsse.

Das, was Sie wollen, fordern und in Ihrem Regierungsprogramm festgeschrieben haben, nämlich die Sonderschulen wieder zu stärken, geht genau in die entgegen­gesetzte Richtung und entspricht nicht der Behindertenkonvention. (Beifall bei der


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SPÖ. – Abg. Knes: Genau! Bravo!) Somit machen Sie alle Erfolge einfach wieder zunichte.

Ich werde hier nicht ansprechen, dass es endlich auch Zeit wird, dass Eltern, wenn sie ein beeinträchtigtes Kind haben, einen Rechtsanspruch bekommen – einen Rechts­an­spruch auf eine Nachmittagsbetreuung, einen Rechtsanspruch auf qualitativ hoch­wertiges Pflegepersonal und, und, und. Sie haben so viele offene Punkte zu erledigen, Sie haben so viele offene Punkte, die Sie behandeln müssen. (Abg. Neubauer: Die Sie uns hinterlassen haben!) – Die hat niemand hinterlassen.

Ich lade Sie einfach ein: Schauen Sie es sich in einem sozialdemokratisch geführten Bundesland einfach an! Fahren Sie mit mir mit nach Kärnten, schauen Sie es sich an! Sie dürfen sich auch gerne von der SPÖ einmal etwas abschauen. (Abg. Lausch – den Kopf schüttelnd –: Die Experten haben ganz was anderes gesagt!) Sie müssen nicht einfach glauben, dass Sie in diesem Land alles zerstören sollen.

Sie sollten es deshalb tun, weil es wichtig ist für die Kinder und weil es wichtig ist für die Eltern. Die brauchen da einfach mehr als alle anderen eine berechenbare Politik, eine Politik, auf die sie sich verlassen können, und nicht eine Politik, die einfach nicht weiß, wie sie damit umgehen soll, weil sie gerade mitten im Zerstörungskurs ist. (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Kucher: Herr Kollege Hauser, die Einladung steht! – Abg. Hauser: Ich finde das positiv! Das hab ich schon im Ausschuss gesagt!)

23.03


Präsidentin Doris Bures: Als Nächster spricht Herr Abgeordneter Walter Rauch. – Bitte.


23.03.25

Abgeordneter Walter Rauch (FPÖ): Sehr geehrte Frau Präsident! Frau Rechnungs­hofpräsident! Hohes Haus! Ich beziehe mich auf den Bericht betreffend Schulstand­ortkonzepte und Schulstandortfestlegungen im Bereich der allgemein bildenden Pflicht­schulen in den Ländern Oberösterreich und Steiermark, und da explizit mehr auf die Steiermark. Es wurde im August 2016 vom Rechnungshof überprüft, ob die diesbe­züglichen Empfehlungen in den beiden Bundesländern auch umgesetzt wurden.

Ich beziehe mich jetzt auf die Ausführungen der Kollegin von der SPÖ, die gerade vor mir hier am Rednerpult stand: In der Steiermark wird ja dieses Ressort von einer SPÖ-Landesrätin geführt, und von den zwölf Empfehlungen wurden vier umgesetzt, zwei nur teilweise und sechs überhaupt nicht. Auch daran kann man also auf der einen Seite sehen, dass nicht alles eitel Wonne ist, wenn Sie in Ihrem Bereich, vor allem im Bil­dungsbereich, entsprechend hantieren, und auf der anderen Seite muss man auch dazusagen, dass dieses Ressort schon jahrelang und jahrzehntelang von der SPÖ geführt wurde.

Nichtsdestotrotz – das ist ein wichtiger Punkt – darf man auch die Bildungsdirektion in der Steiermark nicht ganz außen vor lassen. Auch da gibt es Themen, die nicht ganz korrekt behandelt werden. Wenn man sich nur den regionalen Bildungsplan in der Steiermark anschaut, so stellt man fest, dass dieser eigentlich sehr retrobehaftet ist, dass noch immer jener aus dem Jahr 2013 vorhanden ist, diesbezüglich keine Evaluierung erfolgt ist und dass auf der Internetseite noch immer Altlandeshauptmann Voves draufsteht. Da gibt es also auch noch gewissen Nachholbedarf.

Jetzt noch ein Punkt, der mit Blick auf das Bildungsministerium positiv zu erwähnen ist: Die Südoststeiermark, ein Bezirk in der Steiermark, wird jetzt Bildungsmodellregion. Dadurch haben wir natürlich den Vorteil, dass wir auf der einen Seite die Standort­festlegung, auf der anderen Seite auch die Konzepte, die Bildungskonzepte neu evaluieren können. Wir sind damit einer von zwei Bezirken in ganz Österreich, und so


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eine Modellregion ist für eine gesamte Region ein wichtiger Punkt und ein wesentlicher Faktor, um auch die Bildung im ländlichen Raum weiterzuentwickeln.

Weil ich in Richtung der Pilze oder der Liste JETZT, wie sie jetzt heißt, schaue, noch eine Anmerkung, denn eines ist mir heute schon aufgefallen: Am Vormittag gab es helle Aufregung bei den Aussagen des Kollegen Pilz hier vorne am Rednerpult betref­fend die faulsten Abgeordneten. Ich beobachte seit dem Nachmittag die Anwesenheit des Kollegen Pilz (Ruf bei der ÖVP: Wo ist er?): Er glänzt durch Abwesenheit!

Ich frage mich, oder ich frage Sie als Klub: Wie geht es Ihnen damit, dass sich ein Kollege von Ihnen hier herausstellt, großartig verkündet, wie fleißig und wie attraktiv er seine Tätigkeit durchführt, aber den gesamten Nachmittag bis jetzt nicht anwesend ist? (Abg. Höbart: Der nimmt sich doch selber nicht mehr ernst!) Also ich wünsche Ihnen mit Ihrer Arbeit und mit Ihrer Tätigkeit viel Erfolg, aber der Fleißigste kann er nicht sein. (Beifall bei FPÖ und ÖVP.)

23.07


Präsidentin Doris Bures: Als Nächste spricht Frau Abgeordnete Dr.in Irmgard Griss. – Bitte.


23.07.09

Abgeordnete Dr. Irmgard Griss (NEOS): Frau Präsidentin! Frau Präsidentin des Rechnungshofes! Meine Damen und Herren! Auch ich möchte mich mit dem Bericht über die beiden Modellregionen Kärnten und Tirol im Zusammenhang mit dem inklu­siven Schulsystem befassen.

Es ist ja sehr verdienstvoll, dass der Rechnungshof diese Prüfung gemacht hat, weil dabei etwas ganz Wesentliches herausgekommen ist. Für mich ist die entscheidende Erkenntnis – das hat die Debatte im Ausschuss ganz klar gezeigt –, dass Ideologie in diesem Bereich nichts verloren hat, sondern dass es nur darum gehen kann, wie man erreichen kann, dass Kindern mit Beeinträchtigung ein selbstständiges Leben ermöglicht wird, dass es nur darum gehen kann, wo Kinder am besten aufgehoben sind, wo auf ihre Bedürfnisse am besten Rücksicht genommen wird, und auch dass es Eltern darum geht – weil immer von der Wahlfreiheit gesprochen wird –, wo ihr Kind am besten aufgehoben ist, ob das nun in einer Sonderschule ist – Tirol hat ja die Son­derschulen auch für andere Kinder geöffnet, hat da also auch eine Entwicklung durchgemacht – oder ob es in einer inklusiven Klasse ist wie in Kärnten, wo man mit kooperativen Kleinklassen dann Rückzugsmöglichkeiten für Kinder geschaffen hat.

Es war für mich besonders beeindruckend, wie die Kärntner Bildungsdirektorin diese Bemühungen geschildert hat, wie man sich bemüht herauszufinden, was für das einzelne Kind am besten passt – wie viel es mit den anderen Kindern zusammen sein kann, wann es einen Rückzugsraum braucht, wie es betreut werden kann –, und welches Glück es auch für die Eltern bedeutet, wenn sie sehen, dass ihr Kind so aufgehoben ist. Aber nicht nur für die Eltern: Die Kärntner Bildungsdirektorin hat uns auch gesagt, dass die Chancen von behinderten Kindern, die inklusiv unterrichtet werden, später auf dem Ersten Arbeitsmarkt unterzukommen, wesentlich größer sind als die Chancen von Kindern mit gleicher Behinderung, die eine Sonderschule besucht haben.

Und der weitere große Vorteil für die Gesellschaft als Ganzes ist: Kinder, die in der Schulzeit mit behinderten Kindern zusammenkommen, begegnen Menschen mit Beein­trächtigungen dann auch als Erwachsene ganz anders. Es stärkt also das Miteinander in der Gesellschaft, und das ist ein Wert, der über die Hilfe für die betroffenen Kinder und deren Eltern hinausgeht, das ist ein Wert für das Miteinander in der Gesellschaft. (Beifall bei den NEOS und bei Abgeordneten der SPÖ.)

23.10



Nationalrat, XXVI.GPStenographisches Protokoll66. Sitzung, 27. und 28. März 2019 / Seite 291

Präsidentin Doris Bures: Als Nächste gelangt Frau Abgeordnete Stephanie Cox zu Wort. – Bitte.


23.10.27

Abgeordnete Stephanie Cox, BA (JETZT): Frau Präsidentin! Frau Rechnungs­hof­präsidentin! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Die Bilanz des Rechnungs­hofes zur schulischen Inklusion von Kindern mit Behinderungen ist nicht sehr rosig. Der Aufbau eines inklusiven Bildungssystems in Österreich stockt, und es fehlt ein Gesamtkonzept vom Kindergarten bis zur Erwachsenenbildung.

In Österreich ist die UN-Behindertenrechtskonvention schon seit über zehn Jahren in Kraft, darin ist die Inklusion von Kindern mit Beeinträchtigungen, mit Behinderungen im Schulwesen als ein wesentliches Ziel verankert, und trotzdem schottet unser der­zeitiges Schulsystem systematisch Kinder mit Behinderungen und besonderen Bedürf­nissen in Sonderschulen ab. Die Regierung will diese Ausgrenzung in einigen Schulen sogar noch verstärken. Im Regierungsprogramm steht das Ziel beziehungsweise kann man vernehmen, dass der Erhalt und die Stärkung des Sonderschulwesens betrieben werden soll.

Natürlich ist schulische Inklusion keine Hauruckaktion und der Umbau des Schul­systems hin zur Inklusion muss Schritt für Schritt erfolgen. Die Ressourcen müssen umgeschichtet werden, das Know-how von Sonderpädagoginnen und -pädagogen muss auch im Regelsystem genutzt werden. Wir müssen da auch nicht ganz bei null anfangen, weil wir das Glück haben, dass es bereits zahlreiche Best-Practice-Beispiele und Modellregionen gibt, beispielsweise Kärnten. (Beifall bei JETZT.)

Unser gemeinsames Ziel sollte es sein, dass Menschen mit Behinderungen ein selbst­verständlicher Teil der Gesellschaft sind. Das muss unser Ziel sein. Was bedeutet das? Das beginnt bereits in der Schule: Jedes Kind ist anders und wird mit all seinen Stärken und Schwächen gefördert und als Individuum wahrgenommen, egal, ob mit oder ohne Behinderungen oder sonstigen speziellen Bedürfnissen. Alle Kinder befin­den sich unter einem gemeinsamen Dach in einer gemeinsamen Schule. Innerhalb dieser Schule wird bestmöglich auf all die Bedürfnisse der einzelnen Kinder eingegan­gen. Es gibt dort auch kleinere Klassen mit bis zu acht SchülerInnen, Therapie­möglichkeiten, Rückzugsräume und entsprechend geschultes Personal.

Die Diversität unserer Gesellschaft muss sich auch in der Schule widerspiegeln. Das ist sehr, sehr wichtig. (Beifall bei JETZT.)

23.13


Präsidentin Doris Bures: Nun hat sich die Präsidentin des Rechnungshofes zu Wort gemeldet. – Bitte, Frau Dr.in Kraker.


23.13.13

Präsidentin des Rechnungshofes Dr. Margit Kraker: Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Der Rechnungshof beschäftigt sich immer wieder mit dem Thema Schule und Unterricht. Im letzten Rechnungshofausschuss haben wir vier Berichte beraten, das waren zwei Follow-up-Überprüfungen zum Thema Schulver­suche und Schulstandorte in Oberösterreich und in der Steiermark und dann zwei, wie ich glaube, sehr relevante Themen aus der heutigen Zeit: das Thema der IT-Betreuung an Schulen und das Thema inklusiver Unterricht, Umsetzung der Verpflichtungen aus der Behindertenkonvention. Ich denke, dass alle Berichte auch immer wieder auf­zeigen, wo es Schwächen im Schulwesen gibt, wo es auch strukturelle Fragen gibt und weiterhin Handlungsbedarf besteht.


Nationalrat, XXVI.GPStenographisches Protokoll66. Sitzung, 27. und 28. März 2019 / Seite 292

Bei der Follow-up-Überprüfung der Schulversuche muss der Rechnungshof an sich ein Lob aussprechen, denn es kam tatsächlich zu einer gewaltigen Reduktion der Zahl von Schulversuchen, und zwar durch das Bildungsreformgesetz 2017 und das Schulrechts­än­derungsgesetz. Schulversuche wurden ja oft auch dazu verwendet, sozusagen die starren Regelungen des Schulrechts ein wenig zu umgehen oder um letztlich keine Entscheidung hinsichtlich der Umsetzung zu treffen. Der Rechnungshof mahnt immer wieder ein, dass Schulversuche auch richtige Ziele und Vorgaben haben müssen, damit man sie evaluieren und dann tatsächlich in das Regelschulwesen implemen­tieren kann.

Was die übrigen Bereiche betrifft, IT-Betreuung an Schulen, aber auch Inklusion und Schulstandorte, sieht man die Schwächen, die sich aus der zersplitterten Aufgaben­verteilung im Schulbereich ergeben, denn es geht immer um die Frage der Zustän­digkeit für Lehrpersonen auf der einen Seite und um die Schulerhaltung auf der anderen Seite. Betreffend IT-Betreuung an Schulen ist die zentrale Aussage: Lehrerin­nen und Lehrer, Pädagoginnen und Pädagogen sollen sich auf den Unterricht und die pädagogisch-fachliche Komponente konzentrieren und nicht auf technische Angele­genheiten im Zusammenhang mit der IT.

In der Praxis lässt sich das nicht immer so leicht trennen, und es gibt dann eine Überschneidung im allgemeinen Pflichtschulbereich, wo drei Gebietskörperschaften involviert sind. Da gibt es österreichweit unterschiedliche Modelle: In einzelnen Län­dern gibt es Gebietsbetreuungsmodelle, und ich muss auch sagen, wir begrüßen es an sich, wenn die Länder sich darum kümmern, dass es zu einer Standardisierung kommt, aber es gibt dann auch die Tendenz, dass Lehrpersonen im technischen Bereich zur IT-Betreuung herangezogen werden, und dann gibt es Verschiebungen in der Kosten­tragung, weg von den Schulerhaltern hin zum Bund, der ja letztlich die Lehrpersonen finanziert.

Umgekehrt ist es aber auch so, dass oft der Bund zu wenig tut und ein Land Bun­desschulen unterstützt. Das entsteht eben alles aus dieser Verwobenheit heraus, und da verlangen wir eine Klärung – eine Klärung der Zuständigkeiten, eine Klärung, wie wir Anforderungen im Bildungssystem heutzutage tatsächlich erfüllen wollen.

Ähnlich verhält es sich auch im Bereich des inklusiven Unterrichts, denn auch im Zusammenhang mit inklusivem Unterricht ist es so, dass vieles die Schulerhaltung betrifft – wenn man etwa an das Gebäude denkt, an Barrierefreiheit, wenn man an das Pflege- und Hilfspersonal denkt, bei dem sich die Frage stellt, wer denn rechtlich dafür zuständig ist, deren Klärung aber immer noch ansteht; da geht es auch darum, dass der Bund aufgrund des Finanzausgleichs Sonderpädagogikressourcen zur Verfügung stellt, die aber möglicherweise nicht mehr passend sind. Das hat sich etwa auch am Beispiel Kärnten oder Tirol gezeigt.

Also wir glauben, dass da noch einiges zu tun ist, um tatsächlich einen gelingenden Unterricht gestalten zu können, denn zersplitterte Zuständigkeiten sollen niemals zum Nachteil von Schülerinnen und Schülern gereichen.

Im Bereich der Schulstandorte geht es auch um die Frage des Einsatzes von Lehr­personal an einzelnen Schulen und die äußere Schulorganisation, die die Länder beziehungsweise die Gemeinden – wo sie im Pflichtschulbereich auch Schulerhalter sind – machen. Dazu braucht es unseres Erachtens Bildungskonzepte, dazu braucht es optimale Standortkonzepte, die wirklich eine gerechte Planung nach einzelnen Kom­ponenten – nach der Frage der Schülerzahlprognosen, nach der Frage des ganz­tägigen Betreuungsangebotes und möglicherweise nach der vorhandenen Gebäudeka­pazität – ermöglichen.


Nationalrat, XXVI.GPStenographisches Protokoll66. Sitzung, 27. und 28. März 2019 / Seite 293

Man hat Bildungsdirektionen eingerichtet, aber natürlich hat man die Kompetenz­zer­split­terung de facto noch nicht gelöst. Wir werden uns das genau anschauen. Wir werden uns bei den Schulstandorten natürlich auch genau anschauen, wie sich die Cluster letztlich auswirken.

Was ich noch sagen möchte, ist, dass die Kinder im Mittelpunkt stehen – das sagen immer alle Bildungspolitiker –, aber das Wichtige sind digitale Kompetenzen, die eben tatsächlich auch gemessen werden. Es gab keine fundierte Einschätzung zur Situation der digitalen Kompetenz an den Schulen, und es fehlte da eine Evaluierung. Das ist heutzutage zentral.

Betreffend Kinder mit Behinderungen und inklusivem Unterricht möchte ich eigentlich den Herrn Bildungsminister zitieren, der im Ausschuss gesagt hat, dass Inklusion ein wichtiges Thema ist, an dem die Gesellschaft gemessen wird. – Diesen Worten kann ich mich nur anschließen, und ich möchte auch sagen, dass der Rechnungshof aner­kennt, dass es Modellregionen gibt. Jetzt gilt es, aus diesen Erkenntnissen zu lernen, und da muss man ein Resümee ziehen und eine Präzisierung des Begriffs der Inklu­sion auch für Österreich herbeiführen. – Danke schön. (Beifall bei der ÖVP sowie bei Abgeordneten von SPÖ, FPÖ und JETZT.)

23.19


Präsidentin Doris Bures: Frau Abgeordnete Angela Baumgartner ist als nächste Red­nerin zu Wort gemeldet. – Bitte.


23.19.53

Abgeordnete Angela Baumgartner (ÖVP): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr ge­ehrte Frau Rechnungshofpräsidentin! Liebe Zuseherinnen und Zuseher! Liebe Kolle­ginnen und Kollegen! Frau Präsidentin, Sie haben mir schon einiges vorweggenom­men, ich möchte aber trotzdem noch auf einige Punkte bezüglich IT-Betreuung an Schulen eingehen.

Die Veränderungen, die sich durch die fortschreitende Digitalisierung ergeben, müssen auch ins österreichische Bildungssystem einfließen. Hierzu wird unser Bundesminister Heinz Faßmann den Masterplan Digitalisierung in der Bildung vorlegen, dessen ein­zelne Maßnahmen bis 2023 umgesetzt werden sollen.

Einige Punkte möchte ich erwähnen. Einerseits werden digitale Kompetenzen und In­halte in den Lehrplänen berücksichtigt: Aus-, Fort- und Weiterbildung der Päda­go­gen, Ausbau von Schulen und FHs mit IT-Schwerpunkten, Ausbau der technischen Infra­struktur an den Schulen.

Einer der Hauptkritikpunkte des Rechnungshofes ist, dass es keine einheitliche Auf­gabenbeschreibung betreffend Bundes- und Landeslehrerinnen und -lehrer sowie erhebliche qualitative und quantitative Unterschiede in der IT-Ausstattung der Schulen gibt. An Pflichtschulen gibt es im Unterschied zu den Bundesschulen keine Trennung zwischen pädagogisch-fachlicher und rein technischer IT-Betreuung. Unser Bundes­minister will die Lehrerinnen und Lehrer von technisch-administrativen Routinetätig­keiten im IT-Bereich entlasten.

Nach dem Modell IT-Betreuung Neu für die Bundesschulen, das eine Trennung der pädagogisch-fachlichen Betreuung von den technischen Aufgaben vorsieht, sollen auch die Pflichtschulen so organisiert werden. Lehrerinnen und Lehrer sollen sich voll und ganz auf den Unterricht konzentrieren, das kommt den Kindern in den Schulen zugute und steigert die Qualität des Unterrichts. Die Kosten für IT-Ausstattung und technische Betreuung und Wartung sind vom Schulerhalter zu tragen.


Nationalrat, XXVI.GPStenographisches Protokoll66. Sitzung, 27. und 28. März 2019 / Seite 294

Als Bürgermeisterin einer kleinen Gemeinde und somit auch Schulerhalterin möchte ich darauf hinweisen, dass die Kosten für IT-Ausstattung und Wartung durch eine gemeinsame Beschaffung in Grenzen gehalten werden sollten, damit wir auch den Schulen in kleineren Gemeinden die bestmögliche Ausstattung zur Verfügung stellen können.

Wir wollen und müssen unsere Kleinschulen erhalten. Wir haben tolle Schulen, toll ausgebildete Lehrerinnen und Lehrer, die den Aufgaben noch besser nachkommen können, wenn ihnen die nötige Infrastruktur zur Verfügung gestellt wird. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der FPÖ.) Vielleicht wiederhole ich mich, aber die Schulen in den kleinen Gemeinden tragen auch zum Dorfleben bei, deshalb muss es unser Ansinnen sein, diese Schulen zu erhalten. Mit gemeinsamen IT-Standards, mit IT-Betreuung und der bestmöglichen Infrastruktur ist dies möglich. Das alles macht es viel leichter und ist sicher auch zum Vorteil für die Ausbildung unserer Schüler. – Danke. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der FPÖ.)

23.23


Präsidentin Doris Bures: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Mag.a Ruth Becher. – Bitte.


23.23.11

Abgeordnete Mag. Ruth Becher (SPÖ): Frau Präsidentin! Frau Präsidentin des Rech­nungshofes! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Der Umgang mit Computern ist heutzutage eine Schlüsselqualifikation, und daher danke ich auch dem Rechnungshof sehr, dass er sich dieser Frage gewidmet hat.

Dort, wo es funktioniert, entstehen großartige Projekte, ich nenne nur zwei Beispiele aus meinem Bezirk: einerseits die HTL Donaustadt, die tatsächlich eine Jobbörse mit Jobgarantie ist; bei einer Messe in diesem Monat haben sich 14 Firmen präsentiert und sozusagen den SchülerInnen Jobs angeboten.

Das zweite Beispiel sind die Hertha-Firnberg-Schulen für Wirtschaft und Tourismus mit einem besonderen Ausbildungszweig, nämlich Kommunikation und Mediendesign. Diese haben in Zusammenarbeit mit der FH Technikum Wien besondere Lernziele und machen auch hervorragende Arbeit. (Beifall bei der SPÖ.)

Der Rechnungshofbericht lobt Bereiche, in denen es ein einheitliches System gibt, zum Beispiel funktioniert es bei der Stadt Wien von der Computerwartung über die Software bis zur leistungsfähigen Internetverbindung sehr gut.

In den Ländern und Gemeinden gibt es natürlich Unterschiede. Da ist eine Forderung – Teilziel 36 –, dass das auch für die Gemeinden vereinheitlicht werden soll, dass ein einheitliches System entwickelt werden soll. Es ist natürlich wichtig, dass Kinder und Jugendliche, egal, ob sie in einer kleinen Gemeinde oder in einer Großstadt unter­richtet werden, die gleichen Chancen haben, denn das sind die Zukunftsfragen für unsere Kinder. Daher verwundert es mich einerseits, dass von der Bundesregierung keine Signale in Richtung Verbesserung kommen, weder im Regierungsüber­einkom­men noch seitens des Ministeriums.

Auf der Homepage des Ministeriums ist nachzulesen, dass 5 000 Euro für einzu­reichende IT-Projekte abzuholen sind. Genannt sind verschiedenste Schultypen, aber zum Beispiel nicht die HBLAs. Das entspricht eigentlich nicht der Vereinheitlichung, die der Rechnungshof fordert. In diesem Sinn hat die Regierung noch sehr viel zu tun. – Vielen Dank. (Beifall bei der SPÖ. – Bravoruf des Abg. Jarolim.)

23.25



Nationalrat, XXVI.GPStenographisches Protokoll66. Sitzung, 27. und 28. März 2019 / Seite 295

Präsidentin Doris Bures: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Peter Gerstner. – Bitte.


23.25.54

Abgeordneter Peter Gerstner (FPÖ): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Frau Rechnungshofpräsidentin! Werte Kollegen! Sehr geehrte Besucher und Zuseher vor den Bildschirmen! Es ist wirklich eine Schande für Österreich, dass die ehemaligen sozialdemokratischen Minister die Berichte des Rechnungshofes mehr als nur einmal ignoriert haben.

Ich möchte heute meine Redezeit aber nicht dafür verwenden, all diese falschen Entscheidungen aufzuzählen, denn dann wären wir noch länger da. Darum beziehe ich mich heute zu dieser späten Stunde auf den Rechnungshofbericht zum Thema Schul­versuche. Nach einer vorangegangenen Gebarungsüberprüfung betreffend Schulver­suche überprüfte der Rechnungshof die Umsetzung ausgewählter Empfehlungen, der überprüfte Zeitraum umfasst das Schuljahr 2017/2018, es war also eine Follow-up-Überprüfung.

Vorab: Der ursprüngliche Rechnungshofbericht aus dem Jahr 2015 war ein Desaster für das Ministerium und zeigte im Zusammenhang mit dem damals im Bildungssystem eingeschlagenen Weg auf, dass das ein Irrweg war. Bis zum 7. Jänner 2018 oblagen die Angelegenheiten betreffend Bildung dem ehemaligen Bundesministerium für Bil­dung. Erst als im Jänner 2018 die Novelle des Bundesministeriengesetzes wirksam wurde, änderte sich die Zuständigkeit ein wenig und das Bundesministerium für Bil­dung, Wissenschaft und Forschung übernahm die Zuständigkeit und Verantwort­lich­keit.

Festzuhalten ist, dass das damals SPÖ-geführte Ministerium von den 14 Empfeh­lungen des Rechnungshofes aus dem Jahr 2015 nur fünf umgesetzt hat, drei teilweise und sechs Empfehlungen gar nicht. Da ist man dann im Ministerium draufgekommen, dass man vielleicht doch etwas ändern müsste, und hat mit dem Schulrechts­ände­rungsgesetz 2016 und dem Bildungsreformgesetz 2017 die Grundlage dafür ge­schaf­fen, die Schulversuche deutlich zu reduzieren. So gab es im Schuljahr 2012/2013 noch ganze 5 351 Schulversuche. Im Schuljahr 2017/2018 waren es dann nur noch 1 420 Schul­versuche. Somit wurde die Zahl der Schulversuche um 74 Prozent verrin­gert.

Zuvor hatte man oft das Gefühl, dass jede zweite Schule ein einziger Schulversuch ist. Unsere Kinder haben am allerwenigsten gelernt, Hauptsache, es gab anstelle von Noten Beurteilungssätze und dergleichen. Es ist eigentlich ein Wunder, dass kein Trostpreis für Schüler mit einer ungenügenden Leistung ins Leben gerufen wurde.

Da der Bericht des Rechnungshofes äußerst detailliert, aber auch sehr objektiv ist, gilt es für uns Freiheitliche, diesen Bericht zur Kenntnis nehmen.

Uns Abgeordneten der Regierungskoalition ist und bleibt es immer ein Anliegen, die vielen aus der Vergangenheit stammenden Missstände mithilfe des Rechnungshofes aufzuzeigen und zu korrigieren. Die unzähligen Fehler der Vergangenheit werden in unserer FPÖ/ÖVP-Regierung keinen Platz finden, denn unsere FPÖ/ÖVP-Regierung ist den Bürgern von Österreich im Wort. (Beifall bei der FPÖ und bei Abgeordneten der ÖVP. – Zwischenruf des Abg. Klaus Uwe Feichtinger.)

Zum Schluss ein Wort: Nur mit einer exzellenten Bildung haben unsere Kinder eine Chance auf eine erfolgreiche und glückliche Zukunft. – Danke schön. (Beifall bei der FPÖ und bei Abgeordneten der ÖVP. – Abg. Jarolim: Das ist so erschütternd, das ist ein Wahnsinn! – Abg. Schimanek: Na, der Jarolim! – Weitere Zwischenrufe bei der FPÖ.)

23.30



Nationalrat, XXVI.GPStenographisches Protokoll66. Sitzung, 27. und 28. März 2019 / Seite 296

Präsidentin Doris Bures: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Mag. Hanger. – Bitte.


23.30.44

Abgeordneter Mag. Andreas Hanger (ÖVP): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Frau Präsidentin des Rechnungshofes! Werte Kolleginnen und Kollegen! Hohes Haus! Wir debattieren unter diesen Tagesordnungspunkten verschiedene Rech­nungshofberichte zu unserem Bildungssystem.

In meinem Debattenbeitrag darf ich mich – wie von meinem Vorredner bezie­hungsweise von der Frau Präsidentin des Rechnungshofes auch schon in Aspekten ausgeführt – ebenfalls mit dem Rechnungshofbericht zu den Schulversuchen aus­ei­nan­dersetzen. Basis für diesen Rechnungshofbericht – es war eine Follow-up-Überprüfung aus dem Jahr 2017 – war ein Rechnungshofbericht aus dem Jahr 2015, der sich sehr kritisch mit der Situation der Schulversuche in Österreich auseinandergesetzt hat.

Wie mein Vorredner schon angeführt hat, gab es in Österreich über 5 000 Schul­ver­suche an 2 900 Standorten. Die Highlights für mich persönlich waren zum Beispiel die Schulversuche zur alternativen Leistungsbeurteilung, die über 50 Jahre lang geführt worden sind, oder Schulversuche zum Ethikunterricht, die 17 Jahre lang erprobt wor­den sind. Der Rechnungshof kritisierte dazumal: Es braucht klare Zeiträume, es braucht klare Ziele, es braucht klare Kriterien, damit die Zielerreichung dann auch überprüft werden kann. Es braucht eine einheitliche Administration, und es braucht natürlich auch Kostentransparenz und eine Verwaltungsvereinfachung.

Die Zeit ist vergangen, es kam dann Gott sei Dank im Jahr 2016 zum Schul­rechts­änderungsgesetz, im Jahr 2017 zum Bildungsreformgesetz, und siehe da, mit diesen Maßnahmen ist es tatsächlich gelungen, die Zahl der Schulversuche deutlich zu redu­zieren. Die alternative Leistungsbeurteilung wurde ins Regelschulsystem übergeführt.

Im Rechnungshofbericht wurde dann noch angemerkt, dass auch eine Entscheidung zum Ethikunterricht notwendig ist. Auch das ist mittlerweile passiert. Der Bildungs­minister hat ja angekündigt, den Ethikunterricht für Konfessionslose, für diejenigen, die sich vom Religionsunterricht abgemeldet haben, ins Regelschulsystem überzuführen. Konkret schaut es so aus, dass im Herbst 2020 in der Oberstufer der AHS sowie in den polytechnischen Lehrgängen und 2021 in den berufsbildenden höheren Schulen sowie in den Berufsschulen der Ethikunterricht in das Regelsystem übergeführt werden soll.

Abschließend möchte ich festhalten, dass ich mich beim Rechnungshof bedanken will, weil ich denke, dass gerade auch der Bericht des Rechnungshofes ganz maßgeblich dafür verantwortlich war, dass diese Organisationsreformen eingeleitet worden sind. Und ich möchte festhalten, dass es schön ist, dass sich auch im Bildungssystem in Österreich etwas bewegt. – Herzlichen Dank. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeord­neten der FPÖ.)

23.33


Präsidentin Doris Bures: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Doris Margreiter. – Bitte.


23.33.23

Abgeordnete Doris Margreiter (SPÖ): Frau Präsidentin! Frisch und munter geht es weiter mit der Rechnungshofprüfung beziehungsweise der Follow-up-Prüfung betref­fend Schulversuche im Schuljahr 2017/2018. Kollegen habe es schon im Vorfeld angesprochen, und ich möchte Herrn Rauch noch einmal sagen, dass es eben 14 Empfehlungen waren – fünf vollständig, drei teilweise und sechs noch nicht um­gesetzt; das ergibt 14 und nicht 13.


Nationalrat, XXVI.GPStenographisches Protokoll66. Sitzung, 27. und 28. März 2019 / Seite 297

Hauptkritikpunkt – Sie haben es vorhin auch gesagt – war die große Zahl an Schul­versuchen. Da wurde um 74 Prozent reduziert, indem etwa die alternative Leistungs­beurteilung in das Regelschulwesen übernommen wurde. Die Kollegen Rauch, Hauser und Gerstner werden das vielleicht nicht so gerne hören, aber das war eine Maßnahme der Vorgängerregierung, die eben im Rahmen des Schulrechtsänderungs­geset­zes 2016 und des Bildungsreformgesetzes 2017 eingeleitet wurde.

Es ist schon ein bisschen spannend, dass gerade die Herren von der FPÖ ihren Koalitionspartner ständig negieren, es war nämlich die ÖVP, die überhaupt am längsten an einer Regierung beteiligt war und die zudem von 1996 bis 2007 das Unterrichts- beziehungsweise Bildungsressort innehatte. – Das muss dazu auch einmal gesagt werden. (Beifall bei der SPÖ.)

Mit dem Bildungsreformgesetz 2017 wurden außerdem die Regelungen für Schulver­suche harmonisiert und wurde eben auch die Höchstdauer von Schulversuchen gesetzlich festgelegt.

Herr Kollege Hanger, Sie haben im Vorfeld die Ethikschulversuche angesprochen: Es ist richtig, das hat Minister Faßmann jetzt umgesetzt, allerdings ist es wiederum keine gute Entscheidung, weil wir diese dringend auch für die Unterstufe, also die erste bis vierte Grundstufe, brauchen. Es gibt viele konfessionslose SchülerInnen, und da sind Sie leider wieder nicht tätig geworden. Das muss man auch dazusagen – also keine gescheite Lösung.

Jetzt noch einmal zum Schulstandortkonzept, weil hier von der Steiermark gesprochen worden ist, für alle: Ich komme aus Oberösterreich. Oberösterreich hat eine schwarz-blaue Landesregierung, und wir von der SPÖ setzen uns wirklich schon seit vielen, vielen Jahren und auch jetzt noch für den Ausbau ganztägiger Schulformen ein. Die verschränkte Ganztagsschule ist uns ein ganz besonderes Anliegen. Diese Schulform wird allerdings kaum angeboten, und das hat auch der Bericht des Rechnungshofes betreffend die beiden geprüften Bundesländer, eben Oberösterreich und Steiermark, gezeigt. Man hat empfohlen, der stark steigenden Nachfrage nachzukommen. – Das ist nicht passiert, und es schaut auch nicht danach aus, dass es passieren wird.

Da heute auch schon sehr viel von Nachmittagsbetreuung und auch – von Kollegen Hauser zum Beispiel – von Ausbildung gesprochen wurde: Die Frauen in Österreich waren noch nie so gut ausgebildet, das ist mit Sicherheit kein Grund für den Gender Pay Gap.

Es ist auch um Bevormundung – bei Kollegin Niss – gegangen: Wir haben einfach keine wirkliche Wahlfreiheit; das muss man auch einmal sagen.

Schaut man sich Oberösterreich an: Da muss jetzt für die Nachmittagsbetreuung wieder bezahlt werden, was zu einer Reduzierung der Betreuungsmöglichkeiten ge­führt hat. Es geht weg von einer tatsächlichen Bildungseinrichtung Hort in Richtung einer Kinderaufbewahrung. Der Hort hat zudem auch in den Ferien offen, auch das muss angeführt werden.

Spannend finde ich auch, dass immer mehr Familien wirklich Schwierigkeiten haben, gemeinsam Urlaubszeit zu verbringen, weil sie eben die Ferienzeit überbrücken müssen. Das wird jetzt mit den Herbstferien sicher nicht sehr viel besser.

Abschließend möchte ich noch Folgendes sagen: Ihre Worte höre ich wirklich, aber die Taten sprechen eine ganz andere Sprache. Mir scheint, dass Sie eher das Motto haben: Besser spät und nie! – Danke schön. (Beifall bei der SPÖ.)

23.37


Präsidentin Doris Bures: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Mag. Hauser. – Bitte.



Nationalrat, XXVI.GPStenographisches Protokoll66. Sitzung, 27. und 28. März 2019 / Seite 298

23.37.41

Abgeordneter Mag. Gerald Hauser (FPÖ): Geschätzte Frau Präsidentin! Sehr ge­ehrte Frau Rechnungshofpräsidentin! Wir debattieren unter diesen Tagesordnungs­punkten sieben Berichte, es ist also nicht möglich, auf alle Berichte einzugehen.

Ich möchte mich deswegen zur Inklusion äußern – leider ist Kollege Kucher nicht da; ich beginne von hinten –, weil mir das ein Anliegen ist. Die Inklusion in Kärnten ist sicherlich vorbildlich, das habe ich auch schon im Rechnungshofausschuss festgestellt. Kollege Kucher hat mich ja nach Kärnten eingeladen, und ich nehme diese Einladung gerne an, weil es uns, wie Sie wissen, in Tirol nicht möglich ist, Schulen, auch Son­derschulen zu besuchen, weil das in Tirol als einzigem Bundesland nicht gestattet wird. Auf der einen Seite werden wir in der Politik immer wieder kritisiert, wenn wir uns Situationen und Leistungen vor Ort und auch in den Schulen nicht anschauen, aber in Tirol ist es uns eben verboten; deswegen nehme ich die Einladung nach Kärnten gerne an. Also Kollege Kucher: Bitte einen Schulbesuch organisieren und ich komme!

Wie ist die Position der Freiheitlichen Partei zur Inklusion? – Wir sagen, so viel Inklu­sion wie nur möglich, allerdings sind wir für die Wahlfreiheit. Wahlfreiheit bedeutet, dass die Auswahl zwischen Sonderschulen und inklusiven Modellen bestehen bleiben muss.

Ich möchte hier wirklich auch einmal eine Lanze für die Sonderschulen brechen, weil das in der ganzen Debatte untergeht. Wir haben hervorragende Sonderschulen mit hervorragend ausgebildeten Pädagoginnen und Pädagogen, mit einer sehr guten Infrastruktur, die tatsächlich für die Bedürfnisse von schwerbehinderten Kindern ein­gerichtet und ausgestattet sind. Diese Schulen leisten hervorragende Arbeit. Ich gra­tuliere dazu! (Beifall bei der FPÖ und Abgeordneten der ÖVP.)

Was sind die Voraussetzungen für Inklusion? – Es bedarf pädagogischer Voraus­set­zun­gen, es bedarf räumlicher Voraussetzungen, es bedarf vor allem auch Pflege- und Hilfspersonals, das zu finanzieren ist. Die Schwierigkeit hat ja schon die Frau Rech­nungshofpräsidentin aufgezeigt. Das Pflege- und Hilfspersonal ist von den Schuler­haltern, sprich von den Gemeinden, zu finanzieren, und da gibt es massive finanzielle Probleme, speziell für Klein- und Kleinstgemeinden, die nicht in der Lage sind, ent­sprechend Hilfspersonal zur Verfügung zu stellen.

Ich fordere bei der Debatte auch Ehrlichkeit ein. Ein Beispiel: Wenn gesagt wird, dass in Tirol im Bezirk Reutte das inklusive Modell zu 100 Prozent umgesetzt wurde, ist das eben nur die halbe Wahrheit. Was ist die ganze Wahrheit? – Es gibt im Bezirk Reutte keine Sonderschule mehr, und betroffene Eltern, die Kinder haben, die gerne eine Sonderschule besuchen würden, müssen entweder ihren Wohnsitz verlegen – ich ken­ne solche Beispiele – oder ins benachbarte Allgäu ausweichen. Das ist auch nicht die Lösung.

Wir brauchen also in der gesamten Debatte mehr Ehrlichkeit. Unterm Strich sind wir für die Wahlfreiheit. Ich erinnere noch daran, dass es auch eine parlamentarische Initiative gegeben hat (ein Schriftstück in die Höhe haltend), die über 24 000 Eltern betroffener Kinder unterschrieben haben, die für den Erhalt der Sonderschulen sind, weil sie sagen: Wahlfreiheit bedeutet eben, zwischen Inklusion oder Sonderschule auszu­wäh­len. Das sollte man nicht unter den Tisch fallen lassen. (Beifall bei der FPÖ und bei Abgeordneten der ÖVP.)

23.41


Präsidentin Doris Bures: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Angela Fichtinger. – Bitte.



Nationalrat, XXVI.GPStenographisches Protokoll66. Sitzung, 27. und 28. März 2019 / Seite 299

23.41.33

Abgeordnete Angela Fichtinger (ÖVP): Frau Präsidentin! Sehr geehrte Frau Rech­nungshofpräsidentin! Ich darf ganz kurz auf den Rechnungshofbericht Nummer 2017/41 bezüglich Schulstandortkonzept im Bereich der allgemein bildenden Pflichtschulen in Oberösterreich und der Steiermark eingehen. Es handelt sich um eine sogenannte Follow-up-Überprüfung zur Umsetzung von Empfehlungen aus dem Jahr 2014.

Konkret gab der Rechnungshof dem Bundesministerium für Bildung fünf, dem Land Oberösterreich 13 und dem Land Steiermark zwölf Empfehlungen. Von diesen 30 Emp­fehlungen wurden 16 vollinhaltlich beziehungsweise teilweise umgesetzt. Der Rech­nungs­hof regt im Bereich des Bundesministeriums für Bildung an, die unterschied­lichen Voraussetzungen für die Schulerrichtung zu evaluieren, ebenso die Finanzie­rungsverantwortung betreffend Landeslehrpersonen zu reformieren und in einer Hand zu konzentrieren.

Auch die Vor- und Nachteile von Schulsprengeln seien umfassend zu beleuchten, genauso wie der Punkt Optimierung der Schulstandortstruktur von Volksschulen. Es geht dabei genau um Kleinstschulen mit weniger als 25 Schülern. Jeder Bürgermeister oder jede Bürgermeisterin weiß, was Veränderungen zum Beispiel beim Schulsprengel bedeuten und was es bedeutet, wenn in einer Gemeinde die Schule geschlossen wird.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, ich bin mir sicher, dass Sie mir zustimmen, wenn ich sage, dass Bildung nicht nur der Schlüssel für beruflichen Erfolg ist, sondern auch das gesellschaftliche Zusammenleben positiv beeinflusst. Es muss daher unser aller Auftrag sein, dass die Jüngsten in unserer Gesellschaft die besten Möglichkeiten vorfinden, egal, in welchem Bundesland. – Danke. (Beifall bei der ÖVP und bei Abge­ordneten der FPÖ.)

23.43


Präsidentin Doris Bures: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Andreas Kollross. – Bitte.


23.44.02

Abgeordneter Andreas Kollross (SPÖ): Frau Präsidentin! Kolleginnen und Kollegen! Zuseherinnen und Zuseher! Frau Präsidentin des Rechnungshofes! Ich möchte auch ganz kurz zur Follow-up-Überprüfung betreffend das Schulstandortkonzept in der Steiermark und Oberösterreich einige Gedanken anbringen, allerdings aus Sicht eines Bürgermeisters.

Ich möchte mich aber zuvor, da ich ja noch gar nicht so lange im Rechnungs­hofaus­schuss tätig bin, bei Ihnen (in Richtung Rechnungshofpräsidentin Kraker) und bei Ihrem Team bedanken und Ihnen meinen Respekt ausdrücken, weil ich denke – und das kann man, glaube ich, parteiübergreifend festhalten –, dass wir immer wieder sehr umfangreiche, ausführliche, aber auch sehr richtige Anmerkungen des Rechnungs­hofes bekommen. Die Berichte sind auf der einen Seite natürlich dazu da, zu über­prüfen, was in unserer Republik stattfindet, zeigen uns auf der anderen Seite aber immer auch Handlungsspielraum, um zu schauen, wie wir die eine oder andere Frage sehen und wo man bei der einen oder anderen Frage etwas verbessern muss. (Beifall bei der SPÖ.)

Trotzdem ist es auch wichtig, dass man das eine oder andere Mal feststellt und festhält, dass man nicht alles, was der Rechnungshof aufzeigt, auch als richtig emp­findet, weil es ja letztendlich eine politische Bewertung ist. Als Bürgermeister muss ich oder möchte ich ganz einfach zur Schließung der Klein- und Kleinstschulen etwas sa­gen, die im Rechnungshofbericht auch intensiv angeführt ist, aber eher so als Anmer-


Nationalrat, XXVI.GPStenographisches Protokoll66. Sitzung, 27. und 28. März 2019 / Seite 300

kung, dass das ein Ziel oder eine Zielvorgabe ist und dass die Länder gefälligst dafür zu sorgen haben, dass so viele Klein- und Kleinstschulen wie möglich geschlossen werden.

Ich glaube, wenn wir sagen, dass die Staatsverfassung in Österreich so ist, wie sie ist, nämlich, dass wir auf der einen Seite Stadt und auf der anderen Seite Land haben, dann muss uns das am Ende des Tages auch politisch etwas wert sein, dann muss uns das auch ökonomisch etwas wert sein. Dann, glaube ich, ist es wichtig, dass der ländliche Raum ein wesentlicher Beitrag ist und dass es dort ganz einfach infra­strukturelle Maßnahmen braucht. Dazu gehört die Schule. Wir wissen, dass in vielen Gegenden die Post, die Bank, der Polizeiposten oder was auch immer schon lange nicht mehr im ländlichen Raum vorhanden sind. Ich glaube deshalb, dass es ganz, ganz wichtig ist, dass man mit Sorgfalt umgeht und schaut, ob man Schulen wirklich schließt.

Vor allen Dingen hat ja auch die Vorgängerregierung mit dieser Clusterregelung durch­aus praktikable Instrumente entwickelt, um die Schulen möglicherweise eben nicht schließen zu müssen. Ich glaube, man sollte sich das wirklich genau anschauen, und man sollte schauen, ob man nicht die Schulen in den kleineren Gemeinden erhalten kann, weil das auch für die Identität der Gemeinden ganz einfach wichtig ist.

Ich wollte eigentlich auch noch etwas zu den Schulsprengeln sagen, aber die Zeit ist in Wirklichkeit um. Vielleicht noch ein letzter Satz: Ich glaube nur, dass es wichtig ist, auch wenn wir als Bund nicht zuständig sind, dass wir einen Schritt weiterkommen, was die Schulsprengel betrifft. Ich denke, dass die in der Form nicht mehr zeitgemäß sind. Wenn die Entwicklung im Bildungssystem so ist, dass man sich ein Stück mehr entscheiden kann, dann muss man auch im Schulsprengelbereich etwas tun, damit nicht die Bürgermeisterin/der Bürgermeister diejenige/derjenige ist, die/der am Ende entscheidet, ob ein Kind in eine andere Schule gehen kann oder nicht. – Danke schön. (Beifall bei der SPÖ.)

23.47


Präsidentin Doris Bures: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Dr.in Lintl. – Bitte.


23.48.00

Abgeordnete Dr. Jessi Lintl (FPÖ): Frau Präsidentin! Sehr geehrte Frau Rechnungs­hofpräsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Ich beziehe mich auf den Tagesord­nungspunkt 26, den Rechnungshofbericht Nummer 53 aus 2018. Der Rechnungshof hat die Beteiligungen an Unternehmen der MedUni Wien und der Uni Linz sowie die Wahrnehmung der Aufsicht durch das Bildungsministerium überprüft.

Im überprüften Zeitraum, nämlich 2012 bis 2016, hielten die 22 öffentlichen Uni­ver­sitäten Geschäftsanteile an insgesamt 105 Firmen. Der Rechnungshof kritisierte in seinem Bericht erhebliche finanzielle Verluste bei den Unternehmensbeteiligungen. So hatte im Jahr 2015 die MedUni Wien Verluste in der Höhe von 11,6 Millionen Euro zu verzeichnen, und bei der Uni Linz waren es in demselben Jahr knapp 500 000 Euro. Angesichts dieser Verluste bei den beiden Unis empfiehlt der Rechnungshof, bei den bestehenden und bei neuen Beteiligungen mehr auf Sparsamkeit und Wirtschaftlichkeit zu achten.

Er weist zudem darauf hin, dass die Unis durch ihre Beteiligungen Marktrisiken ein­gehen, Unternehmer-, Kredit-, Veranlagungs- und Haftungsrisiken mitzutragen haben, deren sich die Universitäten oft gar nicht bewusst sind.

Grundsätzlich sollten sich die Beteiligungen der Unis an der Zweckmäßigkeit ihrer Aufgaben orientieren, was laut Rechnungshof bei den zwei überprüften Hochschulen der Fall war, denn die Unternehmen, an denen sich die Unis beteiligt hatten, waren


Nationalrat, XXVI.GPStenographisches Protokoll66. Sitzung, 27. und 28. März 2019 / Seite 301

überwiegend in den Bereichen Forschung und Lehre tätig. Allerdings kritisierte der Rechnungshof die teilweise zu hohen Vergütungen für die Geschäftsführungen der Beteiligungsunternehmen, die trotz der Verluste bezahlt wurden.

Die Vergütungen sollen grundsätzlich leistungsabhängig sein und sich von der Bezah­lung her an dem universitären Umfeld orientieren. Außerdem soll auf personelle Ent­flech­tungen geachtet werden, um Interessenkonflikte zu vermeiden.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Die Liste der Kritikpunkte des Rechnungs­hofes ist lang. Aus freiheitlicher Sicht ist es ohnehin nicht wünschenswert, wenn sich Universitäten im großen Stil an Wirtschaftsunternehmen beteiligen, denn es fehlt ihnen meist an der Expertise. Wir sind der Meinung, dass Universitäten in ihrer Kernkom­petenz, nämlich der Lehre und der Forschung, tätig sein sollen.

Vielen Dank für den Bericht, Frau Präsidentin! Ich habe noch eine kleine Bemerkung zur neuen Homepage des Rechnungshofes: Im Moment ist es so, dass die Berichte fast nicht zu finden sind, weil man nach Schlagworten suchen muss. Ich möchte Sie bitten und ich wünsche mir, dass wieder das alte System eingesetzt wird, bei dem man die Berichte nach Nummer und Jahreszahl sehr einfach finden konnte. – Danke schön. (Beifall bei der FPÖ und bei Abgeordneten der ÖVP.)

23.51


Präsidentin Doris Bures: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Hannes Amesbauer. – Bitte.


23.51.27

Abgeordneter Hannes Amesbauer, BA (FPÖ): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Frau Rechnungshofpräsidentin! Geschätzte Damen und Herren! Ich werde mich jetzt ganz kurz zu den Schulstandortkonzepten, die im Rechnungshofbericht überprüft wurden beziehungsweise einer Follow-up-Überprüfung unterzogen wurden, äußern.

Es ist so wie bei jedem Rechnungshofbericht – inhaltlich brauche ich ohnehin nichts zu sagen, das hat jeder vor mir schon angesprochen –, dass die Steiermark in diesem Fall manche Teile umgesetzt hat, manche Empfehlungen teilweise umgesetzt hat und einige Empfehlungen nicht umgesetzt hat. Ich muss ehrlich sagen, beim Thema der Schul­standorte und der Schulauflassungen bin ich froh oder wäre ich froh, wenn nicht so engagiert umgesetzt würde, denn wir haben in der Steiermark eine beispiellose Schul­schließungswelle vor allem im ländlichen Raum erlebt.

Da verstehe ich nicht, dass als einziges Kriterium die Mindestschüleranzahl heran­gezogen werden soll. Wir hatten da Fälle, bei denen Neue Mittelschulen betroffen waren, die statt 70 Schülern für zwei, drei Jahre 64 hatten, und dann sind Schul­schließungen eingeleitet worden. Man muss da immer auch andere Kriterien zur Anwendung bringen, wie zum Beispiel die Zumutbarkeit der Entfernung zur nächsten Schule oder auch den Erhaltungszustand der Schule, des Schulgebäudes. Es ist nicht sehr förderlich, wenn die Gemeinde viel Geld investiert, und dann die Schule geschlos­sen wird.

Wir sprechen davon, dass in der Steiermark in der vorigen Periode der mittlerweile glorreich gescheiterten Reformpartnerschaft unter Voves über 40 Schulstandorte und auch in der jetzt laufenden acht Schulstandorte geschlossen wurden. Es waren immer sozialistische Bildungslandesrätinnen und -landesräte, das war Elisabeth Grossmann, das war dann Michael Schickhofer und ist jetzt Frau Lackner.

Man muss natürlich fairerweise dazusagen, dass sich auch die ÖVP im Landtag in der Steiermark nicht mit Ruhm bekleckert hat, was dieses Thema betrifft, und den treuen


Nationalrat, XXVI.GPStenographisches Protokoll66. Sitzung, 27. und 28. März 2019 / Seite 302

Erfüllungsgehilfen der Sozialisten gespielt hat. Jörg Leichtfried weiß ja, wovon ich spreche.

Ich will das auf den Punkt bringen, auch wir Freiheitliche in der Steiermark haben immer gesagt, es macht keinen Sinn, wenn in einer Volksschule irgendwo vielleicht nur mehr drei oder vier Kinder angemeldet sind, das ist ganz klar. Man sollte aber auch andere Kriterien und nicht nur die Schüleranzahl hernehmen, denn die Schule ist sehr wichtig, die Schule ist in einem kleinen Ort ein wichtiges Herzstück für die Bevölkerung, für die Gesellschaftsentwicklung. Das ist auch wissenschaftlich belegbar. Mein Standpunkt ist da ganz klar: Wer den ländlichen Raum, der ohnehin immer mehr ausgedünnt wird und ausgedünnt wurde, erhalten will, schließt keine Schulen. (Beifall bei der FPÖ und bei Abgeordneten der ÖVP.)

23.54

23.54.21


Präsidentin Doris Bures: Zu Wort ist dazu niemand mehr gemeldet. Die Debatte ist geschlossen.

Wird seitens der Berichterstattung ein Schlusswort gewünscht? – Das ist nicht der Fall.

Wir kommen zur Abstimmung, die ich über jeden Ausschussantrag getrennt vornehme.

Wir kommen jetzt zur Abstimmung über Tagesordnungspunkt 20: Antrag des Rech­nungshofausschusses, den Bericht betreffend Inklusiver Unterricht: Was leistet Österreichs Schulsystem? in III-242 der Beilagen zur Kenntnis zu nehmen.

Wer sich für die Kenntnisnahme ausspricht, den bitte ich um ein Zeichen. – Das ist einstimmig angenommen.

Wir kommen zur Abstimmung über Tagesordnungspunkt 21: Antrag des Rechnungs­hofausschusses, den Bericht betreffend IT-Betreuung an Schulen in III-188 der Beila­gen zur Kenntnis zu nehmen.

Wer ist für die Kenntnisnahme? – Das ist einstimmig angenommen.

Nun kommen wir zur Abstimmung über Tagesordnungspunkt 22: Antrag des Rech­nungshofausschusses, den Bericht betreffend Schulversuche; Follow-up-Überprüfung in III-191 der Beilagen zur Kenntnis zu nehmen.

Wer ist für die Kenntnisnahme? – Das ist einstimmig angenommen.

Ferner kommen wir zur Abstimmung über Tagesordnungspunkt 23: Antrag des Rechnungshofausschusses, den Bericht betreffend Schulstandortkonzepte/-festlegun­gen im Bereich der allgemein bildenden Pflichtschulen in den Ländern Oberösterreich und Steiermark; Follow-up-Überprüfung in III-41 der Beilagen zur Kenntnis zu nehmen.

Wer ist für die Kenntnisnahme? – Das ist auch einstimmig angenommen.

Abstimmung über Tagesordnungspunkt 24: Antrag des Rechnungshofausschusses, den Bericht betreffend Nationalstiftung für Forschung, Technologie und Entwicklung; Follow-up-Überprüfung in III-43 der Beilagen zur Kenntnis zu nehmen.

Wer ist für die Kenntnisnahme? – Das ist einstimmig angenommen.

Abstimmung über Tagesordnungspunkt 25: Antrag des Rechnungshofausschusses, den Bericht betreffend Technische Universität Wien – Finanzsituation; Follow-up-Überprüfung in III-139 der Beilagen zur Kenntnis zu nehmen.

Wer ist für die Kenntnisnahme? – Auch dieser Bericht ist einstimmig angenommen.

Schließlich kommen wir zur Abstimmung über Tagesordnungspunkt 26: Antrag des Rechnungshofausschusses, den Bericht betreffend Beteiligungen von Universitäten an


Nationalrat, XXVI.GPStenographisches Protokoll66. Sitzung, 27. und 28. März 2019 / Seite 303

Unternehmen; Medizinische Universität Wien und Universität Linz in III-199 der Beila­gen zur Kenntnis zu nehmen.

Wer spricht sich für die Kenntnisnahme aus? – Auch das ist einstimmig angenom­men.

23.57.1927. Punkt

Erste Lesung: Antrag der Abgeordneten Dr. Alfred J. Noll, Kolleginnen und Kol­le­gen betreffend ein Bundesgesetz über den Zugang zu Informationen (Infor­ma­tionsfreiheitsgesetz – IFG) (631/A)


Präsidentin Doris Bures: Wir gelangen zu Tagesordnungspunkt 27.

Wir gehen in die Debatte ein.

Danke, Herr Dr. Noll, dass Sie schon am Rednerpult sind. Sie haben das Wort.


23.57.39

Abgeordneter Dr. Alfred J. Noll (JETZT): Nur als Postskriptum zur vormittäglichen Einwendungsdebatte: Ausgerechnet die beiden, die am lautesten gerufen haben, dass sie durchhalten, Klubobmann Wöginger und Frau Kollegin Winzig, sind natürlich schon seit Langem nicht mehr da. Offenkundig haben sie nicht durchgehalten. (Beifall bei JETZT. – Abg. Kassegger: Wo ist der fleißige Peter? – Abg. Wurm: Wo ist das Schwam­merl?)

Österreich hinkt – und wir wissen das alle – den modernen Standards einer Informa­tionsgesellschaft als europäisches Schlusslicht nach. Innerhalb der EU-Staaten sind wir im Rahmen des Global-Right-to-Information-Rating-Map-Systems unter den zehn Letztgereihten – nicht an zehnter oder an 50. oder an 100. Stelle! Wir sind beim Informationsfreiheitsranking unter den zehn Letztgereihten auf der gesamten Welt, und dort sind wir tatsächlich.

Der gute Herr Bundeskanzler Kurz hat noch vor einigen Jahren einen gläsernen Staat statt eines gläsernen Bürgers gefordert. Er hat selber ein Informationsfreiheitsgesetz angekündigt – na ja, mir hat er es in die Hand versprochen –, aber leider ist es im Regierungsprogramm nicht mehr drinnen. Unter Türkis-Blau sind Transparenz und Informationsfreiheit leider kein Thema mehr, und wir haben deshalb einen kompletten Neuregelungsvorschlag vorgelegt und auch versucht, die entsprechenden Verfas­sungs­bestimmungen dazu einmal zu entwerfen.

In vielen anderen Ländern – Sie wissen das, von den USA bis Schweden – ist das längst Standard. In Österreich wird meines Erachtens ohne große Not gemauert, weil ich ja vielen Leuten hier im Saal abnehme, dass sie eigentlich für ein modernes Informations- und Transparenzrecht wären. Solange das politische Leben in Österreich derart verbeamtet und auch verbürokratisiert ist, wie es sich uns täglich darstellt, und wir vom Wind der Transparenz leider allzu wenig bemerken, wird die weitere Luft in diesem Land vom Amtsgeheimnis abhängen und geprägt sein.

Ich meine, dass wir hier im Parlament die Chance hätten, tatsächlich etwas zu tun, und ich lade daher die anderen Parteien ein, gemeinsam hier im Saal über diesen Entwurf zu diskutieren. Ich freue mich jetzt schon auf die Diskussion. Das Parlament könnte da etwas umsetzen, wofür es allseits Respekt bekommen würde. – Danke. (Beifall bei JETZT sowie des Abg. Jarolim.)

0.00



Nationalrat, XXVI.GPStenographisches Protokoll66. Sitzung, 27. und 28. März 2019 / Seite 304

Präsidentin Doris Bures: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Prinz. – Bitte.


0.00.49

Abgeordneter Nikolaus Prinz (ÖVP): Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Zur Ersten Lesung des Informationsfreiheitsgesetzes darf man, glaube ich, durchaus sagen, dass es in Österreich eigentlich sehr transparent zugeht, dass die Bundes­regierung sehr viele Informationen weitergibt, weil es um Transparenz geht und damit alle die entsprechenden Informationen haben. (Abg. Scherak: Der war gut!) Wir werden das im Verfassungsausschuss natürlich gerne inhaltlich diskutieren.

Zur Eingangsbemerkung des Kollegen Noll nur so viel: Wer im Glashaus sitzt, sollte nicht mit Steinen werfen. Der Listengründer Ihrer Organisation nimmt es ja mit Infor­mationen nicht so genau, würde ich sagen, mit der Freiheit noch viel weniger, vor allem mit der Freiheit, die man sich gegenüber anderen herausnimmt. Da sollte man ein bisschen vorsichtig sein. Da Herr Kollege Pilz heute mitgeteilt bekommen hat, dass er nur bei 34 Prozent der Abstimmungen anwesend ist, habe ich wirklich geglaubt, dass er das ernst nimmt. Das hat bis zum frühen Nachmittag einigermaßen funktioniert – seither wurde er nicht gesehen. (Abg. Schimanek: Der ist schon lange nicht mehr da!) Richten Sie es ihm aus: vorsichtig bleiben!

Wir werden die Einladung zur Diskussion natürlich annehmen. (Beifall bei ÖVP und FPÖ.)

0.02


Präsidentin Doris Bures: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Dr. Peter Wittmann. – Bitte. (Zwischenrufe bei der SPÖ.)


0.02.15

Abgeordneter Dr. Peter Wittmann (SPÖ): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Kollege Noll, es war noch viel ärger: Der erste Antrag für das Informationsfreiheitsgesetz ist von Kurz gekommen, nur hat er nach der Ankündigung in den Medien die Lust daran verloren. Wie immer war ihm halt die Ankündigung wichtiger als die Durchsetzung und Umsetzung. (Zwischenruf der Abg. Steinacker. – Abg. Neubauer: Deutsche Sprache, schwere Sprache!)

Es ist an ihm selbst gescheitert, das Gesetz ist nicht gekommen. Wir waren da ziemlich weit, er hat dann sogar die Firmen hineinreklamiert, und als alles drinnen war, wurde gesagt: Nein, jetzt ist es zu viel, jetzt stimmen wir nicht mehr mit! – Nur so viel zur Genese der letzten Verhandlungen. Wir haben immerhin zwei Jahre gebraucht, bis wir gewusst haben, dass die ÖVP nicht mitstimmt.

Ein Wort noch zu meinem Vorredner: Kollege Pilz war wenigstens so fair, dass er gesagt hat, er würde gerne lieber früher aufhören. (Abg. Neubauer: Aber nicht um 12, zu Mittag!) Herr Kollege Wöginger hat gesagt: Nein, wir machen das bis in die Nacht hinein! – Nur kommt er dann nicht. Das finde ich nicht sehr fair den anderen Abgeordneten gegenüber. (Beifall bei SPÖ und JETZT.)

Vielleicht noch zum Nachdenken über Nacht: Heute ist diese App zur Digitalisierung, die so super ist, abgefeiert worden. Im Meldegesetz steht aber, dass nicht nur der, der sich ummelden will, eine Unterschrift zu leisten hat, sondern auch der Unter­kunft­geber – und ich frage mich, wie das bei dieser App gewährleistet ist. (Zwischenruf der Abg. Steinacker.) Entweder ist sie ganz einfach gesetzeswidrig, oder es gibt eine Verordnung, dann ist diese gesetzeswidrig. Mir hat noch keiner gesagt, wie das funktionieren soll, dass der Vermieter bei dieser App die Unterschrift setzt.


Nationalrat, XXVI.GPStenographisches Protokoll66. Sitzung, 27. und 28. März 2019 / Seite 305

Auch da ist also wieder die Ankündigung weit besser als die Umsetzung – wie immer bei dieser Regierung! (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Neubauer: Das stimmt leider nicht, was Sie jetzt gesagt haben! Als Wohnbaubonze kennt er sich aus, aber mit dem Miet­recht nicht!)

0.04


Präsidentin Doris Bures: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Mag. Schrangl. – Bitte.


0.04.27

Abgeordneter Mag. Philipp Schrangl (FPÖ): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren Abgeordnete und Zuseher vor den Fernsehgeräten! Ein Bundesgesetz über die Informationsfreiheit: Wir haben das in der letzten Legislatur­periode schon einmal diskutiert, wir sind damals auch sehr weit gekommen. Es ist dann an mehreren Dingen gescheitert.

Ich glaube, wenn wir so ein Informationsfreiheitsgesetz implementieren wollen, dann müssen wir alle erforderlichen Player in der Republik Österreich mitnehmen. Wir haben das schon einmal bei der Änderung der Verwaltungsgerichtsbarkeit geschafft, es gibt jetzt die Landesverwaltungsgerichte und das Bundesverwaltungsgericht. Wenn dieses neue Gesetz nicht zahnlos werden soll, dann müssen auch die Bundesländer dabei sein, dann muss auch der Rechnungshof dabei sein.

Ich freue mich auf jeden Fall, dass Sie ziemlich genau den Vorschlag vorgelegt haben, den wir schon vor zwei Jahren besprochen haben. Ich freue mich auch, wenn wir das im Verfassungsausschuss näher besprechen.

Ich hätte zum Entwurf gleich noch zwei Anmerkungen. Erstens: Der Artikel 22a B-VG, der in § 1 des Antrages erwähnt wird, ist mir nicht bekannt. Zweitens: Die Frist von einer Woche ist vielleicht auch ein bisschen kurz, Herr Kollege Noll. Auf jeden Fall werden wir aber darüber und auch über den Rest des Gesetzentwurfs sprechen. Ich freue mich. – Herzlichen Dank. (Beifall bei FPÖ und ÖVP.)

0.06

00.06.09


Präsidentin Doris Bures: Zu Wort ist dazu niemand mehr gemeldet. Die Debatte ist geschlossen.

Ich weise den Antrag 631/A dem Verfassungsausschuss zu.

00.06.2028. Punkt

Erste Lesung: Antrag der Abgeordneten Dr. Alfred J. Noll, Kolleginnen und Kolle­gen betreffend ein Bundesverfassungsgesetz, mit dem das Bundes-Verfassungs­gesetz (B-VG) geändert wird (632/A)


Präsidentin Doris Bures: Wir gelangen zum 28. Punkt der Tagesordnung.

Wir gehen in die Debatte ein.

Herr Abgeordneter Dr. Noll, Sie haben 1 Minute Restredezeit. Bitte.


0.06.43

Abgeordneter Dr. Alfred J. Noll (JETZT): Ich freue mich über die gestaltende Kraft, die ich in dieser Republik gewonnen habe. Herr Klubobmann Wöginger ist jetzt da, also muss ich ihm nicht mehr vorhalten, dass er nicht da ist. (Abg. Wöginger: Bin immer da! – Weitere Zwischenrufe bei ÖVP und FPÖ.) – Da war er nicht! Da war er sicher nicht! (Ruf bei der FPÖ: Pilz fehlt uns noch!)


Nationalrat, XXVI.GPStenographisches Protokoll66. Sitzung, 27. und 28. März 2019 / Seite 306

Ich halte trotzdem daran fest, dass es gescheiter wäre, in Zukunft Sitzungen, die bis nach 24 Uhr dauern, zu unterlassen. (Abg. Wöginger: Ihr habt ja noch eine Einwen­dungsdebatte machen müssen! – Zwischenruf bei der FPÖ.)  Herr Pilz ist dort, wo er jetzt ist.

Jetzt sage ich Ihnen noch etwas, sehr gern auch dem Kollegen Prinz: Ich bin ja nicht der Kurator des Kollegen Pilz. Wenn Sie etwas von ihm wissen wollen, dann fragen Sie ihn ganz einfach – das ist ganz einfach! (Zwischenrufe der Abg. Kassegger und Wöginger.) – Nein, der ist nicht hier! Der ist nicht so schnell wieder zurückgekommen wie Sie, Herr Klubobmann! (Abg. Wöginger: Der kommt auch nicht mehr! – Prä­sidentin Bures gibt das Glockenzeichen.) 

Was den Artikel 22a betrifft, Herr Kollege Schrangl: Na ja, den konnten Sie nicht finden, weil wir ihn gerade als verfassungsgesetzliche Grundlage für das Informa­tions­freiheitsgesetz neu einführen wollen.

Einen schönen Abend und eine angenehme Nachtruhe wünsche ich Ihnen allen. (Beifall bei JETZT und bei Abgeordneten der ÖVP.)

0.07


Präsidentin Doris Bures: Davor ist jetzt aber noch Herr Abgeordneter Mag. Weidinger zu Wort gemeldet. – Bitte.


0.08.06

Abgeordneter Mag. Peter Weidinger (ÖVP): Geschätzte Frau Präsidentin! Werte Kolleginnen, werte Kollegen! Jeder weiß es in diesem Haus: Der Kapitän geht als Letzter von Bord, und unser Klubobmann August Wöginger ist der Mann, der immer hier steht und sich für die Republik einsetzt. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der FPÖ. – Zwischenruf des Abg. Scherak.)

Herr Kollege Noll! Die Intention des von euch eingebrachten Gesetzesvorschlags ist ja, die Demokratie zu stärken. Im Demokratieindex des „Economist“, geschätzte Damen und Herren, ist Österreich ganz, ganz weit vorne. Das spricht für die Transparenz, das spricht für die Informationsfreiheit, und das Regierungsprogramm der Parlaments­mehrheit, geschätzte Damen und Herren, atmet den Geist der Freiheit und der Trans­parenz. Das ist gut so. (Beifall bei ÖVP und FPÖ. – Zwischenruf des Abg. Scherak.)

Der Vorschlag der Liste JETZT bezieht sich ja eigentlich auf eine alte Regierungs­vorlage der letzten Legislaturperiode, die zum Inhalt hatte, im Bereich Information Nachbesserungen vorzunehmen. Ich möchte deswegen auch das Protokoll der dama­ligen Diskussion bemühen, weil man das Vorhaben ja in Begutachtung geschickt hatte. Da hat es verschiedene Standpunkte gegeben: Die einen haben gesagt, es gebe zu wenig Transparenz, die anderen haben gesagt, es gebe zu viele Kosten und zu wenig Nachvollziehbarkeit, wie man damit umgehen solle.

Seit diesem Gesetzentwurf der vorigen Legislaturperiode – der fast eins zu eins abgeschrieben wurde – hat sich die gesetzliche Situation aber verändert, indem der Verwaltungsgerichtshof Erkenntnisse zutage gebracht hat, meine Damen und Herren. Erstens gab es die klare Auslegung bezüglich Artikel 10 EMRK, dass die freie Meinungsäußerung höchste Priorität hat. Zweitens möchte ich an die Möglichkeit der Säumnisbeschwerde erinnern, die eine deutliche Verbesserung für den Einzelnen, der an Informationen kommen möchte, darstellt. Drittens, meine Damen und Herren, werden diese Regierung und diese Parlamentsmehrheit immer auf der Seite der Menschen sein und sich für Transparenz und Information einsetzen. – Danke vielmals. (Beifall bei ÖVP und FPÖ.)

0.10

00.10.25



Nationalrat, XXVI.GPStenographisches Protokoll66. Sitzung, 27. und 28. März 2019 / Seite 307

Präsidentin Doris Bures: Zu Wort ist dazu niemand mehr gemeldet. Die Debatte ist damit geschlossen.

Ich weise den Antrag 632/A dem Verfassungsausschuss zu.

Die Tagesordnung ist erschöpft.

00.10.43Abstimmung über einen Antrag auf Verlängerung des Eurofighter-Untersuchungsausschusses


Präsidentin Doris Bures: Wir kommen nunmehr zur Abstimmung über den Antrag der Abgeordneten Ottenschläger, Plessl, Dr. Bösch, Bernhard und Dr. Pilz, die Frist für die Berichterstattung des Untersuchungsausschusses über das Kampfflugzeugsystem „Eurofighter Typhoon“ um drei Monate zu erstrecken.

Ich bitte jene Damen und Herren, die für diesen Fristerstreckungsantrag sind, um ein Zeichen. – Das ist einstimmig angenommen.

00.11.19Einlauf


Präsidentin Doris Bures: Ich gebe bekannt, dass in der heutigen Sitzung die Selbständigen Anträge 666/A(E) bis 701/A(E) eingebracht worden sind.

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Die nächste Sitzung des Nationalrates, die geschäftsordnungsmäßige Mitteilungen und Zuweisungen betreffen wird, berufe ich für 00.12 Uhr – das ist gleich im Anschluss an diese Sitzung – ein.

Diese Sitzung ist geschlossen.

00.11.45Schluss der Sitzung: 00.11 Uhr

 

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